Verfassung^ schütz Linksextremistische Bestrebungen bericht Rech tsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische 1994 Bestrebungen von Ausländern Spionage Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetzestexte ISSN: 0177-0357 - Herausgeber: Bundesministerium des Innern, Graurheindorfer Straße 198 53117 Bonn, Juli 1995 Herstellung: Mirgel & Schneider GmbH, 53129 Bonn Druck: Graphischer Großbetrieb Pößneck, 07381 Pößneck 3 Vorwort des Bundesministers des Innern Der jährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und ein wesentlicher Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Unser freiheitlicher Rechtsstaat verfügt über ein Instrumentarium, um die Wiederholung einer Entwicklung zu verhindern, in der Grundprinzipien der Verfassung von ihren Gegnern angegriffen und ausgehöhlt werden konnten. Der Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, verlangt, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts offensiv zu führen. Die Bundesregierung setzt dabei auf die geistig-politische Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Ordnung einräumt. Der demokratische Rechtsstaat kann nicht allein von staatlichen Behörden geschützt und bewahrt werden. Dies ist Aufgabe aller Bürger. Deren Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungsschutz. Hierfür müssen der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Der Information bedarf es auch deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele verschleiern, Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz ablegen oder durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen vermeintlich als Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. Die Kriterien für die Grenzziehung zwischen Extremisten und Demokraten beschreibt SS 4 Bundesverfassungsschutzgesetz. Zu den fundamentalen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, gegen die sich extremistische Bestrebungen richten, zählen vor allem: - Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, - der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft, - die Volkssouveränität, - die Gewaltenteilung, # 4 Vorwort des Bundesministers des Innern - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit und Rechtsbindung der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien - und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Der Begriff "extremistisch" trägt der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht schon deshalb verfassungsfeindlich sind, weil sie eine bestimmte, nach allgemeinem Sprachgebrauch "radikale", d.h. an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben. "Extremistisch" und damit verfassungsfeindlich sind Bestrebungen im Rechtssinne deshalb nur, wenn sie sich gegen diesen Grundbestand von Werten und Rechten unserer freiheitlichen rechtsstaatlichen Verfassung richten. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1994 zusammen. Er kann keinen erschöpfenden Überblick geben, sondern unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse, analysiert und bewertet dieEntwicklungen und Zusammenhänge. Der Verfassungsschutzbericht ist eine Orientierungshilfe für die plitische Auseinandersetzung, keine abschließende juristische Bewertung. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung der von verfassungsfeindlichen Kräften beeinflußten Organisationen. Die Erwähnung einer Organisation im Bericht und die Darstellung ihrer Bestrebungen allein läßt noch keine Rückschlüsse auf die Verfassungstreue der einzelnen Mitglieder solcher Vereinigungen zu. Manfred Kanther INHALTSVERZEICHNIS Überblick 13 Linksextremistische Bestrebungen 19 I. Übersicht in Zahlen 20 1. Organisationen und Mitgliederstand 20 2. Verlage, Publikationen und Kommunikationsnetze 20 3. Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund 23 II. Linksextremistischer Terrorismus 26 1. "Rote Armee Fraktion" (RAF) 26 1.1 Mitglieder der RAF im Untergrund 28 1.2 Umteld der RAF 28 1.3 Inhaftierte aus der RAF 30 1.4 Internationale Kontakte 31 2. "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) 32 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ)/"Rote Zora" 33 III. Sonstige militante Linksextremisten 34 1. Potential 34 2. Ziele 37 3. Aktionsformen 38 4. Strukturen 39 6 Inhaltsverzeichnis 5. Aktionsfelder 42 5.1 "Antifaschismus/Antirassismus" 42 5.2 "Kampf gegen Umstrukturierung" 45 5.3 "Internationalismus" 48 IV. Parteien und sonstige Gruppierungen 49 1. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 51 1.1 DKP 51 1.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) 54 1.3 "Marx-Engels-Stiftung e.V." (MES) 56 2. "Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 57 3. "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 59 4. Trotzkistische Gruppen 60 5. "Marxistische Gruppe" (MG) 62 6. "Rote Hilfe e.V." 62 7. "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) 64 V. Erläuterungen und Dokumentation 69 VI. Übersicht über die genannten und andere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 72 Rechtsextremistische Bestrebungen 75 I. Übersicht in Zahlen 76 1. Organisationen und Mitgliederstand 76 2. Organisationsunabhängige publizistische Einrichtungen 78 3. Periodische Publikationen 78 Inhaltsverzeichnis 7 II. Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund 79 1. Übersicht 79 2. Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund 81 2.1 Entwicklung der Gewalttaten 81 2.2 Ursachen für den Rückgang der Gewalttaten 81 2.3 Aufschlüsselung der Gewalttaten nach Tatarten 82 3. Zielrichtungen der Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund 84 3.1 Gesetzesverletzungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund 84 3.2 Gesetzesverletzungen mit antisemitischem Hintergrund 87 3.3 Gesetzesverletzungen gegen politische Gegner 90 3.4 Gesetzesverletzungen mit sonstigen Zielrichtungen 91 3.5 Urteile 91 IM. Militante Rechtsextremisten 93 1. Übersicht 93 2. Analyse der Gewalttäter 93 2.1 Analyse der verurteilten Gewalttäter (1991 bis 1994) 93 2.2 Analyse der (mutmaßlichen) Gewalttäter (1994) 95 3. Rechtsextremistische Skinheads 96 3.1 Skinhead-Bands und ihre Songs 96 3.2 Skinhead-Konzerte 97 3.3. Vertrieb von Tonträgern mit Skinhead-Musik 98 3.4 Skinhead-Fanzines 98 3.5 Strafverfahren und Indizierungen 99 IV. Neonazismus 99 1. Zielsetzung 99 2. "Anti-Antifa"-Aktivitäten 100 3. "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 103 4. "Nationale Liste" (NL) 106 5. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 108 6. Neonazikreis um Thies CHRISTOPHERSEN 110 7. Neonazikreis um Ernst ZÜNDEL 111 8 Inhaltsverzeichnis 8. "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 112 9. "Deutsche Nationalisten" (DN) 114 10. "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) 115 11. Herausgeberkreis "REMER DEPESCHE"/"DEUTSCHLAND REPORT" 116 12. "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) 117 13. Verbot der "Wiking-Jugend e.V." (WJ) 118 14. * Auswirkungen staatlicher Maßnahmen auf die neonazistische Szene 119 14.1 Aktivitäten führender Mitglieder verbotener Organisationen 120 14.2 Strukturelle Veränderungen 122 V. Parteien 123 1. "Deutsche Volksunion" (DVU) 123 1.1 Zielsetzung 123 1.2 Teilnahme an Wahlen 127 1.3 Organisation 128 1.4 Finanzen 128 1.5 Sonstige Aktivitäten 128 1.6 "National-freiheitliche" Verlage 129 2. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 129 2.1 Zielsetzung 129 2.2 Teilnahme an Wahlen 132 2.3 Organisation 133 2.4 Finanzen 133 3. "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) 133 3.1 Zielsetzung 133 3.2 Teilnahme an Wahlen 136 3.3 Organisation 136 4. "Die Republikaner" (REP) 136 4.1 Allgemeines/Zielsetzung 136 4.2 Fremdenfeindlichkeit 137 4.3 Antisemitismus 138 4.4 Ideologie der Volksgemeinschaft 139 4.5 Agitation gegen die angebliche Umerziehung der Deutschen 139 4.6 Angriffe gegen Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie 140 4.7 Organisation 142 4.7.1 Strukturen 142 4.7.2 Entwicklung 142 Inhaltsverzeichnis 9 4.8 Teilnahme an Wahlen 144 4.9 Gerichtsverfahren 147 4.9.1 Von den REP angestrengte Gerichtsverfahren 147 4.9.2 Urteile gegen REP-Mitglieder 148 VI. Jugendund Studentenorganisationen 150 1. Überblick 150 2. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 150 3. "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) 152 VII. Sonstige Gruppen 153 VIII. Selbständige (organisationsunabhängige) publizistische Einrichtungen 154 1. "Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur" 154 2. "Nation Europa - Verlag GmbH" 154 3. "ARNDT-Verlag" und "ARNDT-Buchdienst/Europa Buchhandlung" 156 4. "Verlagsgesellschaft Berg GmbH" 156 5. "Eigenverlag Manfred ROUHS" 156 6. "Grabert-Verlag" 157 7. Annex: Intellektualisierung des Rechtsextremismus ("Neue Rechte") 157 IX. Nutzung der Informationstechnik durch Rechtsextremisten 158 1. Mailboxen 158 2. Info-Telefone 160 2.1 "Nationale Info-Telefone" (NIT) 160 2.2 Sonstige Info-Telefone 161 3. Computerspiele 161 X. Auslandsbeziehungen deutscher Rechtsextremisten 162 1. Internationaler Revisionismus 162 10 Inhaltsverzeichnis 2. Rechtsextremistisches Propagandamaterial aus den USA 164 3. Internationale Treffen 164 4. Staatliche Maßnahmen gegen ausländische Rechtsextremisten 164 XI. Ursachen für die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsextremismus 165 1. Entwicklung der rechtsextremistischen Parteien 165 2. Entwicklung neonazistischer Personenzusammenschlüsse 166 XII. Erläuterungen und Dokumentation 168 XIII. Übersicht über die genannten und andere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 172 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 173 I. Übersicht in Zahlen 174 1. Organisationen und Mitgliederstand 174 2. Publizistik 176 3. Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen 176 II. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 178 1. Kurden 178 2. Türken 187 2.1 Überblick 187 2.2 Linksextremisten 187 2.3 Islamisten 191 Inhaltsverzeichnis 11 3. Araber 192 3.1 Palästinenser 192 3.2 Algerier 193 4. Iraner 194 4.1 Überblick 194 4.2 Anhänger der iranischen Regierung 194 4.3 Gegner der Regierung im Iran 195 5. Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien 195 6. Sikhs 196 7. Tamilen 197 III. Erläuterungen und Dokumentation 198 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Teil-, Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 203 Spionage 207 1. Übersicht 208 2. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 209 2.1 Strukturelle Entwicklungen 209 2.2 Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte 209 2.3 Aufklärungsziele der Auslandsnachrichtendienste 211 2.4 Aufklärungsschwerpunkte Wirtschaft, Wissenschaft und Technik 211 2.5 Methoden russischer Nachrichtendienste 213 2.5.1 Operationsbasis in der ehemaligen DDR 214 2.5.2 Personalund Informationsressourcen aus der ehemaligen DDR 214 2.5.3 Legale Residenturen in der Bundesrepublik Deutschland 215 3. Nachrichtendienste der übrigen GUS-Republiken 216 4. Osteuropäische Nachrichtendienste 216 5. Aktivitäten von Nachrichtendiensten des Nahen und Mittleren Ostens 218 5.1 Aktivitäten iranischer Nachrichtendienste 218 12 Inhaltsverzeichnis 5.2 Aktivitäten syrischer Nachrichtendienste 220 6. Nachrichtendienstlich gesteuerter Technologietransfer 221 6.1 Sensitive Exporte 221 6.2 Illegaler Handel mit radioaktiven Stoffen 223 7. Nachrichtendienste der ehemaligen DDR 224 8. Festnahmen und Verurteilungen 225 Verfassungsschutz durch Aufklärung 227 Anhang 235 Strukturdaten 237 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes 240 - Bundesverfassungsschutzgesetz 240 - MAD - Gesetz 255 - BND - Gesetz 260 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes 265 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) 267 Abkürzungsverzeichnis 291 Sachwortregister 295 Überblick I. Allgemeine Vorbemerkungen Der Verfassungsschutzbericht dient im wesentlichen der Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland. Er beruht auf Informationen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Landesbehörden für Verfassungsschutz gewonnen hat. Aufgabe des BfV - und auch der Landesbehörden für Verfassungsschutz - ist nach SS 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG) die Sammlung und Auswertung von Informationen über 1. BESTREBUNGEN, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche TÄTIGKEITEN für eine fremde Macht, 3. BESTREBUNGEN im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Gesetzliche Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen ist u.a. das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für "politisch bestimmte, zielund zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß", der darauf gerichtet ist, elementare Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen (SS 4 Abs. 1 BVerfSchG). Bei den in diesem Bericht aufgeführten Personenzusammenschlüssen (Parteien, Organisationen und Gruppierungen) liegen die Voraussetzungen für ein Tätigwerden des Verfassungsschutzes - zumindest in Form von tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen/ Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 BVerfSchG - ausnahmslos vor. Die 14 Überblick Erkenntnislage zu den dargestellten Gruppierungen kann allerdings im Hinblick auf Umfang und Dichte der angefallenen Informationen jeweils ganz unterschiedlich sein, was wiederum Einfluß auf die Art und Weise der Beobachtung durch das BfV haben kann. Die Bewertung einer Gruppierung als extremistisch bedeutet nicht in jedem Fall, daß alle ihre einzelnen Mitglieder extremistische Bestrebungen verfolgen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Verfassungsschutzbericht 1994 keine abschließende Aufzählung aller im Sinne des SS 3 Abs. 1 BVerfSchG verfassungsschutzrelevanten Personenzusammenschlüsse darstellt. II. Linksextremistische Bestrebungen Gruppierungen mit linksextremistischen Bestrebungen verfolgen Ziele unterschiedlich ausgeprägter, im wesentlichen revolutionär-marxistischer oder anarchistischer Weltanschauungen, die im Gegensatz zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch gewalttätige Linksextremisten bestand auch 1994 fort. Die RAF-Mitglieder im Untergrund haben den mit ihren Erklärungen von 1992 eingeschlagenen Weg der Neubestimmung "revolutionärer Politik" und des Aufbaus einer "Gegenmacht von unten" beibehalten. Das über Jahre stabile RAF-Gefüge - die sogenannte Kommandoebene, das "Gefangenenkollektiv" und der Unterstützerbereich - existiert nicht mehr. Die Spaltung in Befürworter und Ablehner der neuen RAF-Politik hat sich verfestigt. Die neue, aus Anhängern früherer RAF-Konzeptionen entstandene terroristische Gruppierung "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) setzte die Serie ihrer Straftaten mit Sprengstoffanschlägen fort und kündigte für die Zukunft weitere "militant/bewaffnete" Angriffe auf Staat und Gesellschaft an. Anarchistische Autonome bildeten weiterhin den Kern des gewalttätigen und gewaltbereiten linksextremistischen Potentials. Ihre Anziehungskraft für zumeist jüngere Anhänger blieb erhalten. Sie blieben einig in ihrem Haß auf Staat und Gesellschaft sowie in der Bereitschaft, Gewalt anzuwenden; ihre Bemühungen um stärkere Vernetzung und Organisierung kamen voran. Wichtige Aktionsfelder blieben der "Antifaschismus/Antirassismus" und der "Kampf gegen Umstrukturierung" urbaner Regionen, aber auch die Internationalismusarbeit, so z.B. die Solidarität mit dem "kurdischen Befreiungskampf". Militante Autonome verübten wieder die Mehrzahl der Überblick 15 Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund; mit Brandanschlägen und Zerstörungen bei Straßenkrawallen verursachten sie Schäden in Millionenhöhe. Die Anzahl der Mitglieder in marxistisch-leninistischen und sonstigen revolutionär-marxistischen Organisationen veränderte sich kaum. Ihre Bemühungen um neue Mitglieder in den östlichen Bundesländern waren nur wenig erfolgreich. Der "antifaschistische Kampf" war auch für revolutionäre Marxisten ein herausragendes Agitationsund Aktionsthema; ideologische Differenzen schlössen Bündnisse mit gewaltbereiten Linksextremisten nicht aus. Den verschiedenen Strömungen des Linksextremismus gemeinsam waren die anhaltenden Bemühungen, die Entwicklungen und Erfahrungen der vergangenen Jahre ideologisch-politisch zu verarbeiten: den Zusammenbruch des "realen Sozialismus" ebenso wie das von der RAF eingestandene Scheitern des "bewaffneten Kampfes" und den Bruch im RAF-Gefüge. Diskussionen über den eigenen politischen Standort, über Ziele des revolutionären Kampfes, über eine neue wirkungsvolle Strategie und Taktik unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen wurden fortgesetzt. Revolutionäre Marxisten behaupteten mit zunehmender Bestimmtheit, der historische Niedergang des "realen Sozialismus" habe seine Ursache nicht im Marxismus-Leninismus selbst, sondern nur in der mangelhaften Ausführung einer an sich guten Idee. III. Rechtsextremistische Bestrebungen Gruppierungen mit rechtsextremistischen Bestrebungen versuchen, politische Ziele auf der Grundlage einer unterschiedlich ausgeprägten nationalistischen, rassistischen oder staatsautoritären bis totalitären Weltanschauung zu verwirklichen, die im Gegensatz zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Die Anzahl der Mitglieder in Organisationen und Personenzusammenschlüssen, die wegen rechtsextremistischer Bestrebungen beobachtet werden, und der nicht organisierten Einzelpersonen ist gegenüber 1993 um 7.900 Personen zurückgegangen. Das Neonazipotential ist dagegen um etwa 1.300 Personen höher anzusetzen. Dieser Anstieg geht einher mit der besonders 1994 forcierten Bildung neuer Strukturen in Form von aktionsbzw. themenbezogenen Zusammenschlüssen, die solchen Personen eine Beteiligung erleichtern, die - wie etwa rechtsextremistische Skinheads - straffe Organisationsformen ablehnen. 16 Überblick Mit der "Wiking-Jugend" (WJ) wurde Ende 1994 die größte rechtsextremistische Jugendorganisation verboten. Neben der öffentlichen Ächtung des Rechtsextremismus waren insbesondere die staatlichen Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus (Vereinsverbote, Exekutivmaßnahmen, konsequente Strafverfolgung) und der daraus resultierende Verfolgungsdruck ursächlich für den starken Rückgang der Gewalttaten. Gleichwohl weisen die immer noch hohe Zahl der Gewalttaten und der Anstieg bei den Gesetzesverletzungen mit antisemitischem Hintergrund auf ein nach wie vor erhebliches Täterpotential hin. Abgesehen von punktuellen, zahlenmäßig unbedeutenden Mandatsgewinnen auf kommunaler Ebene spielten rechtsextremistische Parteien bei Wahlen keine Rolle. IV. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 1994 stieg die Zahl der von ausländischen Extremisten verübten Gesetzesverletzungen weiter an. Die von ihnen verübten Gewaltakte forderten fünf Todesopfer. Wie 1993 ist der mit Abstand größte Teil der Gesetzesverletzungen kurdischen und türkischen Gruppen zuzurechnen. Die seit November 1993 in Deutschland verbotene "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) hat auf das Verbot mit juristischen und organisatorischen Maßnahmen sowie zahlreichen demonstrativen, zum Teil außerordentlich gewalttätigen Aktionen reagiert. War die unmittelbar dem Verbot folgende Phase im November und Dezember 1993 noch vorwiegend von zahlreichen Vereinsneugründungen und überwiegend friedlich verlaufenen Kundgebungen gekennzeichnet, so kam es in der ersten Jahreshälfte 1994 zu einer Vielzahl gewalttätiger Ausschreitungen. Dabei forcierte die PKK zunehmend die Konfrontation mit der Polizei. Immer wieder wurden Veranstaltungsverbote oder Auflagen für genehmigte Kundgebungen bzw. Versammlungen mißachtet. Versuche der Polizei, die behördlichen Maßnahmen durchzusetzen, wurden mit gewaltsamen Übergriffen beantwortet. Parteiabweichler bzw. "Verräter" werden nach wie vor von der PKK bestraft. So erschossen unbekannte Täter am 17. Dezember einen ehemaligen PKK-Funktionär, der von der Organisation des Verrats verdächtigt worden war. Die linksextremistischen türkischen Gruppen "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) und "Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten" (TKP (ML)) entwickelten aufgrund interner Auseinandersetzungen nur geringe öffentliche Aktivitäten. Bei den zum Teil Überblick 17 gewaltsam ausgetragenen Flügelkämpfen innerhalb der "Devrimci Sol" kam ein Mensch ums Leben. Ein Raubüberfall im Zusammenhang mit einer Spendengeldkampagne einer Spaltergruppe der TKP (ML) forderte drei Todesopfer. Unter den islamisch-extremistischen türkischen Gruppierungen zeigte der von dem Türken Cemaleddin KAPLAN*' geführte "Verband islamischer Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) im Vergleich zu früheren Jahren weitaus weniger öffentliche Aktivitäten. Innerhalb des Verbandes zeichneten sich Spaltungstendenzen ab. Mehr als ein Jahr nach der Unterzeichnung des "Gaza-JerichoTeilautonomieabkommens" wurde die fortschreitende Umsetzung des Abkommens von zahlreichen Anschlägen in der Nah-Ost-Region begleitet. Der Autobombenanschlag auf das "Argentinisch Israelische Hilfswerk" im Juli in Buenos Aires (95 Tote, 200 Verletzte) und die Sprengstoffanschläge auf zwei israelische Einrichtungen im selben Monat in London (insgesamt 19 Verletzte) zeigen jedoch, daß der Konflikt im Nahen Osten auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland haben könnte. Die sich bereits 1993 abzeichnende zunehmende Bedrohung deutscher Sicherheitsinteressen durch die algerische "Islamische Heilsfront" (FIS) hat sich weiter verstärkt. Der maßgebliche Auslandsrepräsentant der FIS, Rabah KEBIR, lebt in Deutschland. FISAnhänger verübten hier bislang noch keine Gewalttaten. Allerdings waren im Bundesgebiet lebende FIS-Anhänger mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Beschaffung von Waffen und anderem technischen Gerät für den Einsatz im Heimatland beteiligt. Während die regimetreuen iranischen extremistischen Organisationen kaum öffentliche Aktivitäten entwickelten, betrieb die oppositionelle Gruppe "Volksmodjahedin Iran" (MEK) intensive Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation gründete zahlreiche neue Vereine, die mit Sportund Kulturveranstaltungen neue Mitglieder werben sollen. Nachrichtendienste der Heimatländer versuchen, die Dissidentenszene auszuspionieren und zu verunsichern. Anlaß zur Sorge geben zudem weiterhin die Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien. V. Spionage Das wiedervereinigte Deutschland ist wegen seiner zentralen Lage in Europa sowie seiner politischen und wirtschaftlichen Bedeutung im 1995 verstorben 18 Überblick westlichen Staatengefüge für fremde Nachrichtendienste Ausspähungsziel geblieben. Da Spionage heute weit weniger als früher Ausdruck von Gegnerschaft ist, sondern primär der Wahrnehmung von Informationsund Interessenvorteilen dient, sehen manche Länder auch keinen Widerspruch zwischen ihrem Wunsch nach politischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland und ihrem gleichzeitigen Bestreben, die Bundesrepublik auszuforschen. Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten konzentrieren sich nicht nur auf die Informationsbeschaffung aus den Bereichen Politik, WirtschaftA/Vissenschaft und Militär. Sie umfassen z.B. auch die illegale Beschaffung von Waren, die für Rüstungszwecke benötigt werden und Ausfuhrbeschränkungen unterliegen. Zu den Aufgaben mancher fremder Nachrichtendienste gehört daneben die Überwachung von Angehörigen der politischen Opposition des eigenen Landes in Deutschland, wobei die Anwendung von Gewalt nicht ausgeschlossen ist. Deutliche Aktivitäten zeigen nach wie vor die Nachrichtendienste der Russischen Föderation. Andere Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten haben mit wachsender Eigenständigkeit und zunehmender außenpolitischer Orientierung ebenfalls Bedarf an nachrichtendienstlich gewonnenen Informationen über die Bunderepublik. Dies gilt auch für weitere Staaten des früheren Ostblocks, deren Nachrichtendienste immer noch Stützpunkte in Deutschland unterhalten. Die Spionageabwehr hat Spionageaktivitäten solcher Nachrichtendienste, aber auch von Nachrichtendiensten einiger Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, in konkreten Fällen aufgedeckt und durch die Enttarnung der Agenten unterbunden. Auch die Aufarbeitung von Aktivitäten der ehemaligen DDRNachrichtendienste hat die Spionageabwehr 1994 beschäftigt. Die Enttarnung ehemaliger inoffizieller Mitarbeiter dieser Dienste ist auch weiterhin notwendig, um eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit im Auftrag anderer Nachrichtendienste zu verhindern. V E R F A S S U N G SSCHUTZBERICHT 1 ^ S 5 ^ " * * Linksextremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen *J*| Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetzestexte 20 Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Das Gefüge des organisierten Linksextremismus, so wie es sich nach dem Zusammenbruch der DDR und der Einigung Deutschlands entwickelt hat, hat sich 1994 nicht wesentlich verändert. Nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften gehörten - einschließlich der "Kommunistischen Plattform" (KPF) der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) - etwa 33.700 Personen Organisationen oder Personenzusammenschlüssen an (1993: 33.800), bei denen linksextremistische Bestrebungen feststellbar sind. Die Zahl der von den Verfassungsschutzbehörden beobachteten Personenzusammenschlüsse hat sich von 139 auf 156 erhöht. Alle Linksextremisten - trotz unterschiedlicher ideologischer Richtungen und praktischer Konzeptionen - verfolgen das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen. Anarchistisch orientierte Gruppierungen wollen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung zerschlagen oder zersetzen, um eine nach ihren Vorstellungen herrschaftsfreie Gesellschaft - die Anarchie - zu errichten. Einige dieser Gruppen greifen in ihren sozialrevolutionären Konzepten auf marxistische wie anarchistische Theorien zurück. Diesem Spektrum gehören - trotz Fluktuation - wie im Vorjahr mehr als 6.000 Anhänger an, darunter mehr als 5.000 gewaltbereite Personen, die sich selbst meist als Autonome bezeichnen. Marxistisch-leninistische Gruppen, trotzkistische und die meisten revolutionär-marxistischen Zusammenschlüsse propagieren Klassenkampf und Revolution, um eine sozialistisch/kommunistische Gesellschaft zu errichten. Diese Organisationen, die sich im wesentlichen in den westlichen Bundesländern entwickelt haben, zählen wie in den vergangenen Jahren insgesamt über 27.000 Mitglieder. Sie können zur Unterstützung in Teilbereichen auf eine Anzahl linksextremistisch beeinflußter Organisationen mit nahezu 16.000 Mitgliedern zurückgreifen. 2. Verlage, Publikationen und Kommunikationsnetze Die Zahl der von Linksextremisten gesteuerten Verlage und Vertriebsdienste, die linksextremistische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher verbreiten, ist mit 40 im wesentlichen konstant geblieben. Auch die Gesamtzahl und die Jahresauflage der von linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen herausgegebenen periodischen Publikationen hat sich kaum verändert; die Linksextremistische Bestrebungen 21 Mitglieder linksextremistischer und linksextremistisch beeinflußter Organisationen -nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften- 22 Linksextremistische Bestrebungen Linksextremismuspotential 1992 1993 1994 Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Terroristen und sonstige gewaltbereite Linksextremisten*) 61 6.800 59 6.700 66 6.700") MarxistenLeninisten und andere revolutionäre Marxisten***) Kernund Nebenorganisationen 41 27.200 42 27.600 44 27.400 beeinflußte Organisationen 36 16.500 38 16.300 46 15.800 Summe 138 34.000 16.500 139 34.300 16.300 156 34.100 15.800 Nach Abzug von Mehrfachmitca. ca. ca. ca. ca. ca. gliedschaften 33.500 12.500 33.800 12.200 33.700 11.800 "Partei des Demokratischen Sozialisca. ca. ca. mus"(PDS)**") 147.000 131.000 124.000 *) Erfaßt sind nur Gruppen, die festere Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. **) Das Mobilisierungspdtential der "Szene" umfaßt zusätzlich mehrere tausend Personen. ***) Einschließlich "Kommunistischer Plattform" der PDS. Hinzu kommen die Mitglieder weiterer linksextremistischer Gruppen in der PDS. ****) Die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) ist gesondert ausgewiesen, da nicht davon ausgegangen werden kann, daß alle Mitglieder bewußt linksextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen. Mitglieder der KPF der PDS, die nicht gleichzeitig Mitglieder der PDS sein müssen, sind in den Zahlenangaben über Marxisten-Leninisten berücksichtigt. Gesamtjahresauflage von insgesamt noch etwa 300 Publikationen betrug bis zu 4 Millionen Exemplare. Linksextremisten haben 1994 verstärkt neue elektronische Techniken, insbesondere sogenannte Mailboxen, genutzt, um die Kommunikation zu verbessern und den Organisierungsprozeß in der linken Szene voranzubringen. So hat der von Angehörigen der autonomen/antiimpeMailboxen rialistischen Szene betriebene bundesweite Mailboxverbund "SpinnenNetz" über die Gründungsmailbox Mainz/Wiesbaden hinaus weitere Mailboxen in Bonn, Berlin und Frankfurt/M. mit zusammen annähernd 100 ständigen Nutzern (Personen oder Gruppen) eingerichtet. "SpinnenNetz", nach ursprünglicher Absicht der Betreiber als Informationsdienst und Archiv für elektronische Nachrichten-als "elektronischer >lnfoladen< - geplant, hat sich zu einem "Medium zur Vernetzung politischer Gruppen/Organisationen/Medienprojekte" entwickelt. Das Info-System soll stützpunktartig über das gesamte Bundesgebiet ausgebreitet werden und allen "revolutionären Gruppen" zur Koordinierung und zum Austausch von Informationen für Linksextremistische Bestrebungen 23 Diskussionen mit theoretischen und praktischen Ansätzen zur Verfügung stehen. Als Grundposition bekräftigte "SpinnenNetz" die "Notwendigkeit revolutionärer Aufhebung der bestehenden Eigentumsund Machtverhältnisse, der bestehenden Ausbeutungsund Unterdrückungsstrukturen für die allseitige Emanzipation der Menschen." ("Antifa-Info Frankfurt" Nr. 13, Oktober 1994) Über "SpinnenNetz" wurden vermehrt Nachrichten zu Ereignissen abgesetzt, die für die linksextremistische Szene von Bedeutung sind, wie z.B. Aufrufe zu Protestaktionen für den kurdischen "Befreiungskampf", zu Gegenaktionen zum "Rudolf-Heß-Gedenktag" (Mitte August), zu Protesten anläßlich der Feiern zum "Tag der Deutschen Einheit" (3. Oktober in Bremen) oder des EU-Gipfels (9./10. Dezember in Essen). Auch interne Anweisungen zu Ziel und geplantem Ablauf eigener Aktivitäten sowie Hinweise zu deren Schutz wurden mitgeliefert. Der Zugang zu den Nachrichten ist hierarchisch geregelt. Den Mailboxbetreibern nicht näher bekannte Personen können nur eingeschränkt als "Gast" Nachrichten lesen. Eine erweiterte Zugangsberechtigung hängt insbesondere vom Grad der aktiven Mitarbeit auch in politischen Zusammenhängen ab und wird zusätzlich mit Paßwörtern reglementiert. Außerdem verwenden "SpinnenNetz"-Nutzer insbesondere zum Austausch sensibler/persönlicher Informationen immer häufiger Verschlüsselungsprogramme. "SpinnenNetz" ist über ein "International Counter Network" (ICN) auch in den computergestützten internationalen Informationsaustausch eingebunden. Neben den bereits vorhandenen Verbindungen in westeuropäische Länder und die USA wurden "Vernetzungen" mit Personen und Gruppen in Nordund Osteuropa sowie im Nahen Osten aufgebaut. 3. Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund Die Zahl der Gesetzesverletzungen, bei denen Linksextremisten als Täter oder Tatbeteiligte bekanntgeworden sind oder nach den Tatumständen in Betracht kommen, ist 1994 auf 879 (1993: 1.410) zurückgegangen. Darunter waren 656 Gewalttaten (1993: 1.120). Nach wie vor ist ein erheblicher Teil linksextremistisch motivierter Gewalttaten dem "antifaschistischen Kampf" zuzurechnen, gerichtet gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten, aber auch gegen den Staat, dem eine Unterstützung "faschistischer Kräfte" unterstellt wird. Die Zahl solcher militanter Aktionen gegen "Rechte" ist 24 Linksextremistische Bestrebungen mit 201, darunter 70 Fälle mit Körperverletzungen und fast 30 Brandund Sprengstoffanschläge, um 44% gegenüber dem Vorjahr gesunken; die Entwicklung korrespondiert mit dem starken Rückgang der von Rechtsextremisten verübten Gewalttaten. Bei Aktionen mit linksextremistischem Hintergrund wurden 280 Polizeibeamte verletzt (1993: etwa 250). Die nachfolgende Übersicht gibt das tatsächliche Ausmaß linksextremistischer Gewalt nur unvollkommen wieder; ein Vergleich mit den Gesetzesverletzungen im Bereich des Rechtsextremismus ist wegen der oftmals ungleichen Ausprägung der Gewalt - linksextremistische Straßenmilitanz, rechtsextremistische Angriffe vielfach auf Einzelpersonen - nur bedingt möglich. Auch existieren für den Bereich des Linksextremismus keine ebenso weitgehenden Strafvorschriften wie gegen Propagandadelikte mit rechtsextremistischem Bezug. Übersicht über Gewalttaten und sonstige Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund *> Zeitraum: (01.01.-31.12.) 1993 1994 Tötungsdelikte2I 1 - Schußwaffenanschläge 3 2 Sprengstoffanschläge 17 7 Brandanschläge3) 139 110 Landfriedensbrüche * 125 69 Körperverletzungen 88 62 Widerstandshandlungen 25 16 Raubüberfälle 25 7 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luftoder Straßenverkehr 28 90 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 669 293 Gewalttaten insgesamt 1.120 656 Gewaltandrohungen 107 67 Sonstige Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 183 156 Gesamt 1.410 879 1) Aus statistischen Gründen wurde jede gewaltsame Aktion nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand oder von mehreren Tätern gemeinsam begangen wurde. So wurden z.B. die Ausschreitungen vom 2. und 3. Oktober in Bremen, bei denen linksextremistische Gewalttäter Polizeibeamte verletzten, Kraftfahrzeuge in Brand setzten und sonstige erhebliche Sachbeschädigungen begingen, nur als eine Gewalttat - ein Fall von Landfriedensbruch - gezählt. Die zahlreichen Schmieraktionen mit geringen Sachschäden sind in der Übersicht nicht enthalten, da hierüber keine verläßlichen Angaben zu erlangen sind. 2) 1993: 1 vollendetes Tötungsdelikt. 3) Umfaßt Brandstifungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. 4) Darunter 53 (1993: 83) Fälle mit Körperverletzungen. Sofern die Vergleichszahlen für 1993 von früheren Statistiken abweichen, beruhen die jetzigen Angaben auf einem aktuelleren Erkenntnisstand. Linksextremistische Bestrebungen 25 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund (Monatsvergleich) Änderung des Artikels 16 GG; Brandanschlag am 29. Mai 1993 auf ein von türkischen Staatsangehörigen bewohntes Mehrfamilienhaus in Solingen. Tod des türkischen Staatsangehörigen Halim Dener am 30. Juni 1994 in Hannover; Durchsuchungen am 5. und 6. Juli 1994 * bei mutmaßlichen Angehörigen der "Autonomen Antifa (M)" in Göttingen; geplanter Castor-Transport. H Entscheidung am 23. September 1993 über den Austragungsort der Olympischen Spiele im Jahr 2000. i Geplanter Castor-Transport. Militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten Zeitraum: (01.01.-31.12.) 1993 1994 Schußwaffenanschläge - 1 Sprengstoffanschläge 1 1 Brandanschläge" 40 26 Landfriedensbrüche2l 61 28 Körperverletzungen 59 43 Raubüberfälle 7 4 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 192 98 Erfaßte militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten (gesamt) 360 201 1) Umfaßt Brandstifungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brand mittein. 2} Darunter 27 {1993: 43) Fälle mit Körperverletzungen. Sofern die Vergleichszahlen für 1993 von früheren Statistiken abweichen, beruhen die jetzigen Angaben auf einem aktuelleren Erkenntnisstand. 26 Linksextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund (in den Bundesländern) 200 m : ::: * iii .. j l (50 100 ! I M iE 1 n e I 1 ! I I I S f IIII I 1PS P! II. Linksextremistischer Terrorismus Einige linksextremistische Gruppierungen versuchten auch 1994, ihren Zielen mit Terroranschlägen näherzukommen. Terroristische Aktionen der "Roten Armee Fraktion" (RAF) blieben aus; die RAF-Mitglieder im Untergrund kündigten jedoch die Fortsetzung "revolutionärer Politik" an. Die "Antiimperialistische Zelle" (AIZ), ein Zusammenschluß von Anhängern früherer RAF-Konzeptionen, setzte die Reihe ihrer schweren Straftaten fort. Terroristische Anschläge verübten auch "Revolutionäre Zellen" (RZ) sowie die aus RZ-Zusammenhängen entstandene Frauengruppe "Rote Zora". 1. "Rote Armee Fraktion" (RAF) Die terroristische RAF hat 1994 den mit ihrer Erklärung vom April 1992 eingeschlagenen Weg beibehalten; sie hatte damals Ziele und Linksextremistische Bestrebungen 27 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund (je 100.000 Einwohner in den Bundesländern) 3,0 er "1 *o *a 1 o" I P I Auswirkungen ihrer Terroraktionen selbstkritisch untersucht und das Fortsetzung Scheitern ihres "bewaffneten Kampfes" eingestanden. Sie hatte erklärt, der neuen "RAFkünftig auf eine Avantgarderolle verzichten zu wollen und andere linksPolitik" extremistische Gruppierungen aufgefordert, gemeinsam mit der RAF nach einer neuen Konzeption für revolutionäre Politik zu suchen und gemeinsam den Aufbau einer "Gegenmacht von unten" zu betreiben. Zugleich hatte die RAF - auch in der Hoffnung, die Freilassung ihrer inhaftierten Genossen erreichen zu können - erklärt, sie werde die bisherigen Angriffe auf Repräsentanten aus Wirtschaft und Politik aussetzen. Seit diesem Einschnitt hat sich das bisher stabile RAF-Gefüge aus den terroristischen Akteuren im Untergrund - der RAF-Kommandoebene -, aus dem Kollektiv der inhaftierten RAF-Mitglieder und aus den RAFUnterstützem schrittweise aufgelöst bis hin zum Zerfall in Befürworter und Ablehner der neuen RAF-Politik. Diese Spaltung hat sich 1994 verfestigt. Die Mehrheit der Inhaftierten aus der RAF sowie weite Teile des terroristischen Unterstützerbereiches - des früheren RAF-Umfeldes - stehen dem neuen politischen Kurs der RAF im Untergrund ablehnend gegenüber. 28 Linksextremistische Bestrebungen jflll W7 1.1 Mitglieder der RAF im Untergrund Nach wie vor existiert eine handlungsfähige Gruppe von RAFMitgliedern im Untergrund. In einer ausführlichen Erklärung, datiertauf den 6. März, bekräftigten sie, daß sie ihre Anstrengungen zur Neuorientierung "revolutionärer Politik" trotz erheblicher Kritik aus den Reihen bisheriger RAF-Unterstützer und anderer gewaltbereiter Linksextremisten fortsetzen wollen. Sie beklagten, das Echo auf ihre Bemühungen um eine perspektivische Diskussion in der "Szene" und um den Aufbau von "sozialer Gegenmacht von unten" sei bisher eher ernüchternd. Die erforderlichen Diskussionen seien noch nicht in Gang gekommen; ursächlich dafür seien neben eigenen Fehlern, insbesondere ihrer mangelnden Sorgfalt bei neuen Kontakten und daher der Arglosigkeit beim Umgang mit einem V-Mann einer Verfassungsschutzbehörde, die unzureichende Mobilisierungsund Organisationsfähigkeit der "radikalen Linken". Konzept "revoluDiese "radikale Linke" bezeichneten die RAF-Mitglieder im Untergrund tionärer Politik" als den wesentlichen Partner für die Erarbeitung einer neuen revolukonkretisiert tionären Konzeption und als Träger eines revolutionären Umwälzungsprozesses. Wichtig sei vor allem, die soziale Komponente revolutionärer Kämpfe herauszustellen; "das soziale" sei der "kern der revolution". Option für Die RAF bekräftigte erneut ihre Bereitschaft, auch künftig "bewaffnet "bewaffneten zu kämpfen", falls der Staat die Entwicklung einer neuen revolutionären Kampf" Konzeption massiv behindern werde. 1.2 Umfeld der RAF "Fraktionierung" Die bislang als RAF-Umfeld bezeichnete Struktur von Personen und im terroristischen Gruppierungen, die die ideologischen Vorstellungen der RAF propaUnterstützergandistisch umsetzten, Solidaritätsaktionen für deren inhaftierte bereich Mitglieder durchführten sowie die Kommunikation zu den Illegalen und die Rekrutierungsmöglichkeiten sicherstellten, ist auseinandergefallen. Linksextremistische Bestrebungen 29 Nur ein kleiner Teil der früheren RAF-Unterstützer befürwortete vorbehaltlos die neue konzeptionelle Linie der in der Illegalität lebenden RAFMitglieder. Das größere Lager wollte sich mit den Positionen der Illegalen nicht identifizieren, blieb aber in den politischen Vorstellungen und Zielen ebenfalls nicht homogen. Ein Teil sieht sich in der Tradition der früheren RAF, hält die Grundelemente des langjährigen Konzeptes der RAF (Kontinuität des bewaffneten Kampfes, Avantgardeanspruch) für unverzichtbar, schließt aber Modifizierungen z.B. hinsichtlich der Zielfelder und Aktionsebenen nicht aus. Der andere, zahlenmäßig größere Teil zeigte sich unsicher und abwartend; viele sprachen sich dafür aus, in gemeinsamer "Aufarbeitung der Geschichte" der RAF eine Basis für das erneute Zusammenwachsen der unterschiedlichen Fraktionen zu suchen und Möglichkeiten zur Überwindung der Krise der "radikalen Linken" insgesamt zu erproben. Mit Positionspapieren und Diskussionsangeboten suchten sie auch bei anderen linksextremistischen Gruppierungen, insbesondere im Bereich der autonomen Szene, Interesse zu wecken. Frühere RAFMitglieder und langjährige Unterstützer der RAF berichteten bei Veranstaltungen anderer Linksextremisten über ihre Beweggründe und Erfahrungen im "bewaffneten Kampf", so u.a. auf einem im April von der "Autonomen Antifa (M)" in Göttingen initiierten "Seminar" zur "Geschichte des bewaffneten und militanten Kampfes der BRD". Mit einer eigenen Filmdokumentation zur Entwicklung der RAF in den 70er Jahren versuchten RAF-Anhänger auf Veranstaltungen in mehr als 20 Städten im gesamten Bundesgebiet Diskussionen über Berechtigung und Notwendigkeit "revolutionärer Gewalt" anzustoßen. Die Vorgänge in Bad Kleinen im Juni 1993, die u.a. zur Festnahme des RAF-Mitgliedes Birgit HOGEFELD geführt hatten, blieben für die bisherigen Unterstützer der RAF ein herausgehobenes Thema. Personen aus dem früheren Umfeld der RAF, aber auch aus anderen linksextremistischen Gruppierungen, behaupteten in Flugschriften, Broschüren und auf Vortragsveranstaltungen immer wieder - wahrheitswidrig -, das RAF-Mitglied Wolfgang GRAMS sei in Bad Kleinen von BGSAgitation zum Beamten ermordet worden. Das im November gegen Birgit HOGEVerfahren gegen FELD eröffnete Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in der terroristiRAF-Mitglied schen RAF und Beteiligung an deren Mordtaten nahm die "Szene" als HOGEFELD Gelegenheit, gegen Gerichte und die Bundesanwaltschaft zu agitieren und das rechtsstaatliche System der Bundesrepublik Deutschland zu verunglimpfen. RAF-Anhänger riefen Anfang November mit einem Flugblatt "Glaubt den Lügen der Mörder nicht" zum Besuch des HOGEFELD-Prozesses auf. Durch aufmerksame Beobachtung des Verfahrens und öffentliche Kritik müsse verhindert werden, daß "regierungsamtliche Lügner" zu den Vorgängen in Bad Kleinen völlig un- 30 Linksextremistische Bestrebungen atwortwg für Bad " M i gehindert schalteten und walteten. In diesem Prozeß gehe es auch um die Aburteilung der Politik und Praxis der RAF seit Mitte der 80er Jahre; deswegen sei wichtig zu verhindern, daß Birgit HOGEFELD mundtot gemacht werde. Diese kündigte in einer umfangreichen Prozeßerklärung an, für die RAF werde es "keine Rückkehr zur alten Strategie als politisches Konzept" geben, die RAF beanspruche aber "ein Recht auf Selbstverteidigung". Offensichtlich als Folge der "Fraktionierung" und der Verunsicherung über die künftige politische Linie gingen auch die Anzahl und die Beteiligung an öffentlichen Solidaritätskundgebungen für inhaftierte RAF-Mitglieder zurück. Lediglich an der Kampagne zur Freilassung des ehemaligen RAF-Mitglieds Irmgard MÖLLER, die-zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt - seit 1972 inhaftiert war", beteiligten sich Personen aus allen Lagern des ehemaligen RAF-Umfeldes. 1.3 Inhaftierte aus der RAF Die Spaltung im RAF-Gefüge kennzeichnete auch die Situation im bisherigen "Gefangenenkollektiv", das sich weiterhin unversöhnlich in "Befürworter" und "Ablehner" der neuen RAF-Politik unterteilt hat. Unverändert befürworteten drei in der JVA Celle inhaftierte frühere RAFMitglieder (Karl-Heinz DELLWO, Lutz TAUFER, Knut FOLKERTS) sowie die in Bad Kleinen festgenommene Birgit HOGEFELD die Linie der Linksextremistische Bestrebungen 31 RAF im Untergrund. Die Mehrheit der Inhaftierten aus der RAF, als deren Wortführer bisher Brigitte MOHNHAUPT, Helmut POHL, Christian KLAR oder Rolf HEISSLER auftraten, distanzierte sich vom Kurswechsel der Illegalen. Aus der Sicht dieser Inhaftierten ist es notwendig, am "bewaffneten Kampf" als strategischem Mittel zur Entwicklung des revolutionären Prozesses festzuhalten; die Guerilla müsse revolutionäre Praxis unabhängig von staatlichem Verhalten z.B. in der "Gefangenenfrage" entwickeln. Ihre Handlungsfähigkeit als Kollektiv demonstrierten die zwölf inhafHungerstreik tierten "Ablehner" Ende Juli/Anfang August in einem einwöchigen der Inhaftierten Hungerstreik zur Unterstützung der Forderung nach Freilassung von aus der RAF Irmgard MÖLLER (vgl. Nr. 1.2). In einer Hungerstreikerklärung behaupteten diese Inhaftierten, sie hätten seit 1988 einen Dialog mit staatlichen Stellen gesucht mit dem Ziel von Hafterleichterungen bis hin zur Freilassung. Diese Bemühungen seien gescheitert; daher wollten sie mit dem Hungerstreik die Gefangenensituation wieder zum Thema machen. Auch Birgit HOGEFELD schloß sich dem Streik für einige Tage an, um sich Möglichkeiten zur politischen Verständigung mit den anderen Inhaftierten offenzuhalten. Die Resonanz auf den Hungerstreik blieb in der linksextremistischen Szene insgesamt gering. 1.4 Internationale Kontakte Wie in den zurückliegenden Jahren unterhielten Personen aus dem terroristischen Umfeld vielfältige Kontakte zu inhaftierten Mitgliedern und zu Anhängern ausländischer linksextremistischer und terroristischer Gruppen und Organisationen; dabei spielten Kontakte zur "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) eine herausgehobene Rolle. Seit dem PKK-Verbot (November 1993) wuchs die Bereitschaft zur Initiierung und Organisation von Solidaritätsveranstaltungen zugunsten der PKK (vgl. Kap. III, Nr. 5.3). Das Interesse von Personen aus dem früheren RAF-Umfeld an politischen Entwicklungen in Ländern Mittelund Südamerikas blieb unverändert hoch; Kontakte zu politischen Gruppierungen dort, die früher als Guerilla gekämpft haben, werden intensiv gepflegt. Ziel ist offensichtlich, die Erfahrungen anderer revolutionärer Bewegungen zu nutzen, deren heutige politische Möglichkeiten zu messen und Orientierungshilfen für die Entwicklung eigener Konzepte zu ziehen. Auch 1994 waren die Kontakte zu Mitgliedern der MLN-TUPAMAROS in Uruguay besonders lebhaft. 32 Linksextremistische Bestrebungen Der maßgeblich von Personen des früheren RAF-Umfeldes getragene "Initiativkreis >l_ibertad!<" versuchte weiterhin, revolutionäre Gruppierungen im Inund Ausland für die Idee eines "internationalen Kampftages für die Freiheit aller politischen Gefangenen weltweit" zu interessieren. 2. "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) Neue terroristiDie AIZ, die seit 1992 unter wechselnden Bezeichnungen, u.a. als "ansche Gruppierung tiimperialistische Widerstandszelle nadia shehadah" mit Positionsverübt weitere papieren und Selbstbezichtigungen zu Straftaten in Erscheinung geAnschläge treten ist, will "antiimperialistischen Widerstand" entwickeln und sich dabei - nach eigenen Angaben - an den Zielen und Überlegungen der RAF bis zu deren Mordanschlag auf den Leiter der Treuhandanstalt, Dr. Rohwedder, im April 1991 orientieren. Die neue Linie der RAFMitglieder im Untergrund kritisierte die AIZ als Weg in den Reformismus. In der Nacht zum 5. Juni verübte die AIZ einen Sprengstoffanschlag auf das Gebäude der Kreisgeschäftsstelle der CDU in Düsseldorf. Es entstand erheblicher Sachschaden. Die Aktion richtete sich - so die Täter in einer mehrseitigen Selbstbezichtigung - gegen die CDU als "deutschnationale partei des brd-imperialismus der 90er jähre". Einen weiteren Sprengstoffanschlag versuchte die AIZ am 24725. September am Gebäude des FDP-Landesverbandes in Bremen. Die Sprengvorrichtung wurde am Morgen des 26. September vor dem Gebäude gefunden. Diesmal erklärte die AIZ, ihre Aktion ziele auf die nationalistische Einheitsfeier am 3. Oktober in Bremen und sei ein wei- Linksextremistische Bestrebungen 33 terer Schritt in der militanten Auseinandersetzung mit der von den herrschenden Parteien vertretenen Politik. Dabei trage insbesondere die FDP die Verantwortung für eine imperialistische Großmachtpolitik. Sie führe das deutsche Wirtschaftssystem in einen entfesselten Kapitalismus. In einer Anfang November mehreren Presseagenturen und Zeitungsredaktionen zugesandten Erklärung agitierte die AIZ u.a. gegen das vereinte Europa und das EU-Gipfeltreffen im Dezember in Essen. Für die Zukunft kündigte sie an: "unsere politik wird dahin gehend orientiert sein, dort militant/bewaffnet anzugreifen, wo die brd-eiiten ihre arbeitsplätze bzw. ihre Wohnsitze haben." 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ)/"Rote Zora" Die RZ verfolgen unverändert das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung in Deutschland Sozialrevolutionär zu überwinden. Sie bezeichnen die Bundesrepublik Deutschland und andere westliche Industrieländer als imperialistische Staaten, deren Politik auch mit "bewaffneten" Aktionen bekämpft werden müsse. Dazu gehören insbesondere Brandund Sprengstoffanschläge gegen - aus der Sicht der RZ - vermittelbare Ziele, um politische Konfliktfelder zuzuspitzen und Protestbewegungen zu erzeugen. Auch die Absicht der RZ, möglichst viele eigenständige Zellen zu schaffen, die selbst die Voraussetzungen für ihren Kampf entwickeln, hat weiterhin Gültigkeit. Das RZ-Konzept, "bewaffnete" Aktionen nicht aus dem Untergrund, Anschläge im sondern aus konspirativen Strukturen in der "Legalität" zu führen, finRahmen von det in Strategiediskussionen der militanten linksextremistischen Szene Kampagnen und des bisherigen RAF-Unterstützerbereichs verstärktes Interesse. Auch 1994 verübten Gruppen, die das Konzept der RZ umsetzen wollen, Anschläge. Mit Brandanschlägen auf Fahrkartenautomaten des Verkehrs-Verbundes in Frankfurt/M. am 1. Januar wurde erstmals nach sechs Jahren wieder im Raum Frankfurt/M. eine terroristische Aktion von RZ verübt. Die Täter verknüpften in ihrer Selbstbezichtigung, wie schon bei zahlreichen früheren RZ-Anschlägen, Solidarität für Asylsuchende und Flüchtlinge mit allgemeinen sozialen Themen. Die Fahrpreiserhöhung der öffentlichen Verkehrsmittel in Frankfurt/M. habe den Druck auf die sozial schwächer gestellten Bevölkerungsteile, darunter "Ausländer und Asylbewerberinnen", noch verstärkt. Auch bei einem am 26. Oktober in Leipzig von einer RZ verübten Brandanschlag auf Fahrzeuge eines Unternehmens, das Versorgungs- 34 Linksextremistische Bestrebungen guter für Asylbewerberheime liefert, griffen die Täter die Asylund Flüchtlingsthematik auf. Die "Rote Zora", eine aus RZ-Zusammenhängen entstandene Frauengruppe, hatte schon in einer ab Dezember 1993 verbreiteten Broschüre neue Aktivitäten angekündigt. Hauptziel der "Roten Zora" sei, die patriarchale Macht zu zerstören. Dazu seien illegale militante Organisierung, die Bestrafung von Tätern und die Zerstörung von Institutionen, die die Gewaltverhältnisse organisierten und reproduzierten, unabdingbar. Die "Rote Zora" bezeichnete sich als verantwortlich für Brandanschläge am 13. Juni in Nürnberg und in Meilitz (Thüringen) gegen ein Versorgungsunternehmen für Asylbewerberheime. III. Sonstige militante Linksextremisten 1. Potential Den ganz überwiegenden Anteil des gewaltbereiten linksextremistischen Potentials stellen nach wie vor die Autonomen. Auf ihr Konto gingen wieder mehr als 80 Prozent der Körperverletzungen und Sachbeschädigungen mit linksextremistischem Hintergrund. Medienwirksames Aufsehen erregten sie 1994 vor allem mit Ausschreitungen anläßlich der Feiern zum "Tag der Deutschen Einheit" in Bremen (Sachschaden: mehrere hunderttausend DM). Linksextremistische Bestrebungen 35 Autonome Gruppierungen - insbesondere solche, die sich "aktioniAutonome stisch" in linksextremistische Kampagnen (z.B. "Antifaschismus") einGruppierungen behalten fügten - behielten auch 1994 ihre Anziehungskraft für zumeist jüngere Anziehungskraft "Aussteiger"2'. Zum Jahresende waren bundesweit mehr als 5.000 für zumeist Personen den gewaltbereiten Autonomen zuzuordnen; damit blieb das jüngere Gesamtpotential - bei personeller Fluktuation - weitgehend konstant. "Aussteiger" Schwerpunkte lagen unverändert in den städtischen Ballungszentren wie Berlin, Rhein-Main-Gebiet, Ruhrgebiet, aber auch in kleineren Universitätsstädten wie Göttingen und Freiburg i.Br. 36 Linksextremistische Bestrebungen 5 I E HABEN D I E "WAHL Eine Macht. Eine Million Soldaten, nochmal so viele Polizisten. Jeder Deutsche ein Auto. Hunderttausende von Gelängnissen, Ein unübersehbares Heer von Finanzbeamten. Die ßundesliga wird aufgestockt und der 1.FC Köln muß dann gegen Beuten 09 antreten. Ein BOMiflionen Volk. Und eine hohe Mauer an der deutschpolnischen Grenze von 1937. Mit Schießbefehl für Bundesgrenzschutz. Damit kein Pole zu uns rein kann. Und auch sonst niemand. Wir "ollen unter uns sein. Deshalb müssen wir wieder ein Volk mehrere Fuhrer haben. Das muß sein in einer Demokratie! und reich müssen wir auch bleiben - wegen der Anziehungstatt bis zum Ural. Und endlich keine Schicksalsirage der Nation mehr. Nur noch Antworten. Auf demokralischer Basis, und jeder, der kein Demokrat isl, kriegt eins in die Fresse. ALLES OHNE UNS DIE UNREGIERBAREN M O M ! LISTE | Bei den Wahlen zum Europa-Parlament am 12. Juni kandidierten Autonome, die grundsätzlich antiparlamentarisch orientiert sind, auf einer eigenen Liste: "Die Unregierbaren - Autonome Liste". Mit insgesamt 37.768 Stimmen (0,1 %) hatten sie unerwartet großen Zuspruch. Die landesweit höchste Stimmenzahl erzielten sie in NordrheinWestfalen (8.662 Stimmen; 0,1%), das auf Landesebene prozentual beste Ergebnis in Berlin (2.388 Stimmen; 0,2%). In Wuppertal (Stadt) entfielen auf "Die Unregierbaren" 0,4% der abgegebenen gültigen Stimmen, in Bremen (Stadt), Göttingen und Freiburg i.Br. je 0,3%. Vor den Wahlen hatten "Die Unregierbaren" offen erklärt, die Konstituierung als Partei sei lediglich Mittel zum Zweck der Propa- Linksextremistische Bestrebungen 37 ganda. Es gehe darum, die Möglichkeiten des Wahlkampfes für autonome/antifaschistische Agitation zu nutzen und den Herrschenden legal auf der Nase rumzutanzen: "Was am Wahltag selber passiert, ist uns schnuppe". 2. Ziele Autonome haben ihre Wurzeln im spontaneistischen Flügel der 68er Einig in der Bewegung. Sie folgen verschwommenen anarchistischen, bisweilen Bereitschaft zur Gewalt auch kommunistischen Vorstellungen. Viele begnügen sich mit einem Grundgefühl ("feeling") von "AntiStaatlichkeit". Sie verweigern sich von außen aufgezwungenen Gesetzen und Regeln, wollen nicht "funktionieren", sondern "nach eigenen Gesetzen" - d.h. autonom - leben. Ihre Forderungen zielen zumeist nicht auf Veränderungen zum Nutzen irgendeines Kollektivs oder der Gesellschaft insgesamt, sondern auf die eigene ungehemmte Entfaltung ("Politik der 1. Person"). Einig sind sie sich in ihrem Haß auf Staat und Gesellschaft und in der Bereitschaft, zur Durchsetzung politischer Ziele Gewalt - gerechtfertigt als angebliche "Gegengewalt" - anzuwenden. So agitierten beispielsweise Autonome aus Kassel, die staatliche Herrschaftssicherung stehe im Interesse einer Weltwirtschaftsordnung, die Millionen von Menschen das Recht auf Überleben abspreche. Allein dies sei Legitimation genug, eine solche "HERRschaftsform" und deren Repräsentanten anzugreifen3'. Mit Blick auf den "Fall Kaindl"4' artikulierte sich innerhalb der autonomen Szene - insbesondere in Berlin - eine Strömung, die offensiv dafür eintritt, bei Angriffen auf "Faschos" auch deren Tötung in Kauf zu nehmen: "Es wundert uns heute, daß es in den vielen bisherigen Auseinandersetzungen mit Faschistinnen nicht schon früher Tote unter ihnen gegeben hat." [(Flugblatt von Aktivisten aus dem "UnterstützerInnenkreis zum "Fall Kaindh")] Die Tötung des Faschisten Kaindl sei politisch legitim, verständlich und nachvollziehbar: "Seien wir doch mal ehrlich. Nach der Tötung von Kaindl dachten doch viele - na und? Hat's mal einen von denen erwischt. Vielen war es auch einfach gleichgültig bis scheißegal. (...) Wir müssen unsere Befreiung erzwingen, wenn's sein muß auch mit Gewalt, auch mit tödlicher Gewalt (...). Wann der Zeitpunkt gekommen ist, z.B. auch die Form des Attentates als politisches Mittel einzusetzen, darüber müssen wir lange diskutieren. Der Zeitpunkt scheint für viele jetzt noch nicht da zu sein." ("INTERIM" Nr. 275 vom 24. Februar 1994) 38 Linksextremistische Bestrebungen Wiederholt beklagten Autonome mangelndes Geschichtsbewußtsein und unzureichende Theoriearbeit innerhalb der Szene. Möglichkeiten zur Bestandsaufnahme und zur Verständigung über Perspektiven der Bewegung soll ein für Ostern 1995 in Berlin geplanter bundesweiter "Autonomie-Kongreß der undogmatischen linksradikalen Bewegungen" bieten - Motto: "Autonome auf dem Weg ins 21. Jahrhundert". Bundesweite Vorbereitungstreffen fanden dazu am 28729. Mai in Halle, vom 26. bis 28. August in Kassel und am 28V29. November in Erfurt statt. 3. Aktionsformen Autonome Gewalt äußert sich in unterschiedlichen Formen; im Szenejargon ist die Rede von: - "Klandestinen Aktionen" (= heimliche Anschläge), vor allem gegen Sachen. Dabei gehen Autonome in der Regel geplant und konspirativ vor. Spontane Anschläge unter Alkoholeinfluß sind untypisch. Nur in Ausnahmefällen gelingt es der Polizei, Tatverdächtige zu ermitteln; bei Autonomen gilt die Parole: "Keine Aussagen bei Bullen und Justiz"; und von - "Massenmilitanz" (Straßenkrawalle), oftmals verbunden mit Angriffen auf die Polizei. Dabei treten Autonome häufig in einheitlicher "Kampfausrüstung" auf, als "schwarzer Block" und mit "Haßkappen" vermummt. Linksextremistische Bestrebungen 39 Neben den Feiern zum "Tag der Deutschen Einheit" nahmen "Straßenkrawalle" Autonome 1994 auch andere "Reizthemen" zum Anlaß für mit hohen SachStraßenkrawalle mit hohen Sachund zum Teil schweren und z.T. schweren Personenschäden Personenschäden (Beispiele: 16. Januar in Mannheim, Proteste gegen "Umstrukturierung", Sachschaden: etwa 500.000 DM/28. Januar in Salzgitter, Proteste gegen Wahlveranstaltung der Partei "Die Republikaner" (REP), 20 Polizeibeamte wurden verletzt/11. Februar in Hannover, Proteste gegen Veranstaltung der REP, 25 Polizeibeamte wurden verletzt/23. Februar, 5. März und 13. März in Potsdam, Proteste gegen Räumung besetzter Häuser, insgesamt 20 Polizeibeamte wurden verletzt/11. März in Bremen, Proteste gegen geplante REP-Veranstaltung, Sachschaden: etwa 250.000 DM/18. März in Stuttgart, Proteste gegen REP-Veranstaltung, 15 Polizeibeamte wurden verletzt/19. September in Hamburg, Proteste gegen "KaindlProzeß", Sachschaden: etwa 200.000 DM/1. Dezember in Hamburg, Proteste gegen mögliche Räumung eines "Bauwagenplatzes", 22 Polizeibeamte wurden verletzt). 4. Strukturen Autonome sind - nach ihrem Selbstverständnis - "hierarchiefeindlich". Sie kennen keine verbindlichen Entscheidungsinstanzen, keine Einrichtung, von der aus Aktionen zentral "angeordnet" werden könnten. Organisationsform ist die - häufig wechselnde - Kleingruppe. Autonome betreiben auch - anders als die meisten übrigen linksextremistischen Gruppen - keine gezielte Nachwuchswerbung, keine Schulungsveranstaltungen für Neulinge und Interessenten. Wer aufgenommen werden will, muß sich selbst um Kontakte und Akzeptanz bemühen und - zumindest bei "halboffenen" und "geschlossenen" Gruppen - "Sicherheitsüberprüfungen" über sich ergehen lassen. Größeren militanten Demonstrationen gehen zumeist Besprechungen (bundesweite, regionale oder örtliche Vorbereitungstreffen, Vollversammlungen, "Plena") voraus. Am Ende stehen in der Regel keine förmlichen Beschlüsse, sondern die Bekräftigung, "alle Aktionsformen", also auch militante, zu akzeptieren, ferner informelle Absprachen (Zuständigkeiten für Funkund Telefonkontakte sowie Nutzung von Mailboxen, Einrichtung von "Ermittlungsausschüssen" und "Sani-Gruppen", Kleben von Plakaten). Der Ablauf der Demonstrationen wird nicht in Einzelheiten vorgeplant, er hängt von spontanen Entschlüssen, vom "feeling" der "streetfighter", von der Einschätzung der "Durchsetzbarkeit" und des "Kräfteverhältnisses" gegenüber der Polizei ab. So betonten Autonome im Vorfeld der Ausschreitungen anläßlich der Feiern zum "Tag der Deutschen Einheit" in Bremen: 40 Linksextremistische Bestrebungen "Es ist für uns keine >graduelle Festlegung< von Militanz als solcher möglich. Entscheidend ist, daß wir uns politisch durchsetzen können, was von den unmittelbaren Kräfteverhältnissen vor Ort abhängen wird." ("INTERIM" Nr. 298 vom 8. September 1994) "Eine 'militärische Schlacht" wird niemand wollen, wenn der Gegner (...(stärker ist." (Papier des "Anti-Rassismus-Büros", Bremen) Die autonome Szene hat ihren eigenen Jargon und ihre eigenen Medien. So gibt es etwa 30 bedeutendere - z.T. konspirativ hergestellte und verbreitete - Szeneblätter. Bundesweit verbreitet sind die wöchentlich in Berlin erscheinende Schrift "INTERIM", das unter wechselnden ausländischen Tarnadressen vertriebene Untergrundblatt "radikal" und die internationale Zeitung "CLASH". Im Jahre 1994 erschienen drei Nummern der "radikal". In der Nummer 150 (Juli 1994) gab das Blatt Hinweise für das Leben in der Illegalität und veröffentlichte "Tips und Tricks zum Abtauchen". Regionale Bedeutung behielten Schriften wie "RAZZ" (Hannover), "AGITARE BENE" (Köln), "Ruhrgebietsinfo" und "SWING - Autonomes Rhein-Main-Info". Zur Agitation und Mobilisierung, darüber hinaus für Warnhinweise auf befürchtete staatliche Maßnahmen und zur Verbreitung von Rechercheergebnissen zu rechtsextremistischen und vermeintlich rechtsextremistischen Organisationen nutzen Autonome - neben den Szenepublikationen - in hohem Maße auch zugangsgeschützte Mailbox-Systeme (vgl. Kap. I, Nr. 2). Zusätzlich finden zu diesem Zweck nichtkommerzielle alternative Radioprojekte, Piratensender, ein bundesweites Infotelefon (Sitz Delmenhorst), eine Vielzahl regionaler Infound Notruftelefone sowie "Telefonketten" ("Alarmketten") Verwendung. Wichtige Anlaufstellen für Szeneangehörige (u.a. als Infobörse, zur Verbreitung von Szenepublikationen, zur Vermittlung von "Pennplätzen" bei überregionalen Veranstaltungen) sind die etwa 80 Infoläden in mehr als 60 Städten; viele von ihnen stehen in Kontakt zu vergleichbaren Einrichtungen im Ausland. "Internationale InfoladenTreffen" fanden vom 31. März bis 4. April in London und vom 27. Oktober bis 1. November - mit geringer Resonanz - in Bielefeld statt. Bemühungen um Szeneübergreifende Bemühungen um stärkere Vernetzung und "Organisierung" Organisierung des gewaltbereiten linksextremistischen Potentials - seit kommen voran -\ gg2 v o r allem im "Antifaschismus-Kampf" forciert - kamen weiter voran. Zwar brach die maßgeblich von der Berliner Gruppe "Für eine linke Strömung" (F.e.l.S.) und ihrem Zeitungsprojekt "ARRANCA" betriebene "Initiative zum Aufbau einer bundesweiten revolutionären Organisation" (10 Gruppen hatten sich zunächst beteiligt) nach internen Differenzen auseinander, gleichzeitig konnte jedoch die militante 42 Linksextremistische Bestrebungen "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) ihre Strukturen festigen und neue Anhänger gewinnen (bundesweite Treffen der AA/BO fanden am 19./20. Februar in Bonn, am 14./15. Mai in Bielefeld, am 17. Juli in Göttingen, am 30./31. Juli in Passau, am 17./18. September in Plauen und am 12./13. November in Nürnberg statt). Die AA/BO, deren "Kopf" nach wie vor die militante "Autonome Antifa (M)" in Göttingen ist, umfaßte zum Jahresende 14 Mitgliedsorganisationen aus elf Städten/Regionen. Sie trat mit Parolen wie "Antifa heißt Angriff" und "Kampf dem Faschismus heißt Kampf dem imperialistischen System" auf; dabei propagierte sie - als angeblich vermittelbare Aktionsformen - körperliche Angriffe auf "Faschos" sowie Anschläge gegen deren Eigentum und gegen "faschistische Strukturen". Ein ähnliches Organisierungskonzept wie die AA/BO verfolgt die Ende November 1993 in Hamburg gegründete "Antifaschistische Jugend/ Bundesweiter Zusammenschluß" (AJ/BZ), der inzwischen 15 Gruppen angehören, u.a. aus Berlin, Braunschweig, Göttingen, Hamburg und Stuttgart. Die AJ/BZ tritt für eine "revolutionäre antifaschistische Jugendbewegung" ein. Andere "Jung-Antifas" aus dem autonomen Spektrum, die "Edelweißpiraten", sind nach eigenen Angaben in mehr als 80 Orten/Regionen vertreten. "Stämme" der "Edelweißpiraten" nennen für nahezu 40 Städte Kontaktanschriften. Die "Edelweißpiraten" sind Initiator der z.T. militant betriebenen Kampagne "Stoppt Nazi-Zeitungen". 5. Aktionsfelder 5.1 "Antifaschismus/Antirassismus" Autonome gehen Ein erheblicher Teil linksextremistisch motivierter Gewalttaten ist dem gewaltsam gegen Aktionsfeld "Antifaschismus/Antirassismus" zuzuordnen. "Faschos" sowie Verantwortliche Systematisch spähten Autonome "Faschos" (oder vermeintliche und "Profiteure" "Faschos") und deren Strukturen sowie Verantwortliche und "Profides angeblichen teure" des angeblichen staatlichen Rassismus aus und veröffentlich"staatlichen ten ihre Ergebnisse. Rassismus" vor Das autonome Szeneblatt "AGITARE BENE" (Köln) publizierte in der Ausgabe April 1994 eine "Mitgliederliste der REPs des Ortsverbandes Köln". Die Liste mit Namen und Adressen von 110 Personen hatten militante "Antifas" bei einem Überfall auf REP-Mitglieder am 1. Oktober 1993 entwendet. Andere "Antifas" veröffentlichten eine Broschüre "Hinter den Kulissen ... Faschistische Aktivitäten in Brandenburg" mit den Namen von insgesamt 264 Personen; dabei bekräftigten sie: "Wenn wir ihre Treffen verhindern wollen, nehmen wir bewußt Gewalt als Mittel in Kauf." Linksextremistische Bestrebungen 43 Militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten (je 100.000 Einwohner in den Bundesländern) 1994 1993 0,5 iliiL.I I! !! in Eines der zahlreichen Beispiele "antifaschistisch" motivierter Militanz waren die koordinierten Brandanschläge auf Kraftfahrzeuge zweier Rechtsextremisten am 12. August - aus Protest gegen die von Neonazis ausgerufene "Rudolf-Heß-Aktionswoche" - in Eschwege 44 Linksextremistische Bestrebungen (Hessen) und Hessisch-Lichtenau. Der Taten bezichtigten sich "einige antifaschistische feuersalamanderinnen". Autonome stellten ihre Proteste gegen diese "Nationale Aktionswoche" unter die bundeseinheitliche Bezeichnung "Antifaschistische Aktion 94". Daran beteiligten sich - eigenen Angaben zufolge - 43 Gruppen in 35 Städten/Regionen. Am 4. Dezember verübten unbekannte Täter Brandanschläge auf eine Druckerei in Weimar und auf Kraftfahrzeuge zweier Zeitungsvertriebsfirmen in Berlin. Es entstand Sachschaden in Millionenhöhe. Der Taten bezichtigten sich "revolutionäre Lesbenfrauengruppen und andere revolutionäre Gruppen". Sie verwiesen auf die Beteiligung der Angegriffenen an Herstellung und Vertrieb der Zeitung "Junge Freiheit". Die Zeitschrift "radikal" veröffentlichte in ihrer Ausgabe 149 (März 1994) Adressen und Telefonnummern angeblicher "Absahnerinnen der rassistischen Asyl-Gesetzgebung". Diesen dürfe keine ruhige Minute vergönnt sein: "Greift an!" Zwei der genannten Firmen wurden später Ziel von Anschlägen der "Roten Zora" bzw. einer "Revolutionären Zelle" (vgl. Kap. II. Nr. 3). Linksextremistische Bestrebungen 45 Militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder 1994 vermeintliche Rechtsextremisten (Tatartenvergleich) 1993 Schußwaffenanschläge 0 1 Sprengstoffanschläge 1 1 Brandanschläge* 40 26 Landfriedensbrüche** 61 28 ' Körperverletzungen 59 43 Raubüberfälle 7 4 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 192 98 Erfaßte militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten (gesamt) Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. Darunter 27 Fälle (1993: 43) mit Körperverletzungen. Weitere Beispiele für "antirassistisch" motivierte Militanz sind Brandanschläge auf den Pkw des Leiters einer "Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber" (ZAst) am 18. November in Oldenburg (Niedersachsen) und auf Lastkraftwagen einer privaten Sicherheitsfirma am 24. Dezember in Reutlingen (Baden-Württemberg). Einen "antifaschistischen" und "antirassistischen" Zusammenhang konstruierten auch die bisher unbekannten Täter, die am 25. September die Kreisgeschäftsstelle der CDU in Siegburg (NordrheinWestfalen) in Brand setzten (Sachschaden: etwa 500.000 DM). 5.2 "Kampf gegen Umstrukturierung" Ein hohes Maß an Militanz zeigten Autonome auch wieder in ihrem Linksextremi"Kampf gegen Umstrukturierung", d.h. gegen Maßnahmen zur stischer "Kampf Stadtsanierung und Strukturverbesserung innerstädtischer Wohnviertel, gegen Umstrukturierung" bleibt gegen angebliche Spekulanten und "Miethaie". In Berlin richteten sich militant mehrere Anschläge gegen den Ausbau der Stadt zum Regierungssitz. 46 Linksextremistische Bestrebungen Militante Aktionen von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten (Monatsvergleich) Brandanschlag am 29. Mai 1993 auf ein von türkischen Staatsangehörigen bewohntes Mehrfamilienhaus in Solingen. Das Szeneblatt "INTERIM" machte die "Umstrukturierung der Stadtteile" zum Schwerpunkt seiner Ausgabe Nr. 292 vom 23. Juni. Angriffsziele waren vor allem Fahrzeuge und Maschinen von Bauunternehmen, die öffentliche Aufträge ausführten, hochwertige Privat-Kraftfahrzeuge ("Nobelkarossen", "Bonzenschlitten") und Gebäude von "Spekulanten". Zu körperlichen Angriffen auf Polizeibeamte kam es bei "Hausbesetzer-Demos" u.a. in Potsdam und Hamburg (vgl. Nr. 3). Exemplarisch für die Begründung von Anschlägen mit dem Tatmotiv "Kampf gegen Umstrukturierung" ist eine Selbstbezichtigung zu Sachbeschädigungen an Villen in Berlin (29. August): Die Besitzer seien Geldsäcke, die aus der Spekulation mit der Ware Wohnraum dicke Profite machten. Sie verdienten an der Umwandlung Berlins zur Dienstleistungsmetropole, zum Regierungssitz und zur neuen Hauptstadt für Yuppies, Bonzen und Beamte: "Zerren wir sie zwischen ihren protzigen Villen, Geldschränken und Nobelkarossen hervor an die Öffentlichkeit !!! (...) FÜR SELBSTBESTIMMTE WOHNUND LEBENSRÄUME!! ENTEIGNUNG ALLER SPEKULANTEN UND HAUSBESITZER." Linksextremistische Bestrebungen 47 Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund (Tatartenvergleich) 1993 Tötungsdelikte* 1 0 Schußwaffenanschläge 3 2 Sprengstoffanschläge 17 7 Brandanschläge** 139 110 Landfriedensbrüche*** 125 69 Körperverletzungen 88 62 Widerstandshandlungen 25 16 Raubüberfälle 25 7 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luftoder Straßenverkehr 28 90 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 669 293 Gewalttaten insgesamt 1.120 656 Gewaltandrohungen 107 67 Sonstige Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 183 156 Gesamt 1.410 879 1993: 1 vollendetes Tötungsdelikt. Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. Darunter 53 Fälle (1993: 83) mit Körperverletzungen. Die seit Jahren in Berlin operierende linksextremistische Gruppierung "Klasse gegen Klasse" blieb mit Anschlägen aktiv; u.a. organisierte sie am 30. Mai zeitgleiche Brandanschläge auf insgesamt neun hochwertige Kfz (in den Bezirken Kreuzberg, Schöneberg und Neukölln - Gesamtschaden: mehrere hunderttausend DM). Am 10. September verübte sie einen Sprengstoffanschlag auf das Wohnhaus eines angeblichen Handlangers von Spekulanten in Zehlendorf, am 23. September einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug des früheren Regierenden Bürgermeisters Walter Momper. Ihr Selbstverständnis legte die Gruppierung im Februar in einem umfangreichen "SelbstiPterview" dar, das sie in der Szene verbreitete. Angefügt war - unter 48 Linksextremistische Bestrebungen Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Hintergrund (Zielrichtung) 1200 1120 Gesamt davon: 1000 Links gegen Rechts "Kampf gegen Umstrukturierung" 800 656 600 360 400 265 200 1993 1994 -..!.., >,. .,:-...-. dem Titel "NOBELKAROSSENTOD" - eine detaillierte Anleitung zum Bau zeitverzögerter Brandsätze, die Nachahmer als Vorlage für die Durchführung von Gewalttaten nutzten. 5.3 "Internationalismus" "Solidarität mit Im Mittelpunkt autonomer "Internationalismus-Arbeit" stand die "Solidem kurdischen darität mit dem kurdischen Befreiungskampf und der PKK". Befreiungskampf" Angehörige der autonomen/antiimperialistischen Szene engagierten im Mittelpunkt sich in "Kurdistan-Komitees", suchten Kontakte vor Ort und beteiligautonomer ten sich an der bundesweiten Demonstration "Freiheit für Kurdistan - "Internationalismus-Arbeit" Für das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes" am 12. März in Bonn. Auf den Tod des 16jährigen kurdischen Asylbewerbers Halim Dener (30. Juni in Hannover) reagierten sie u.a. mit "Scherbendemos" am 2. und 3. Juli in Berlin, einem Brandanschlag auf eine Polizeistation am 8. Juli in Nürnberg sowie Brandund Buttersäureanschlägen gegen fünf Polizeireviere am 11. Juli in Hannover. In einer Selbstbezichtigung zu den Anschlägen in Hannover erklärten "Autonome Internationalisten und Internationalistinnen": Die Angriffe seien eine Reaktion auf den Mord an Halim Dener durch Bullen. Solange der BRD-Staat das türkische Regime ökonomisch, politisch und militärisch in die Lage versetze, Völkermord an den Kurden zu begehen, werde es auch Widerstand geben5). MMP Linksextremistische Bestrebungen 49 Aus "Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf" verübten Linksextremisten u.a. Brandanschläge am 24. Juni gegen ein Fahrzeug einer "Rüstungsfirma" in Hamburg (Sachschaden: 40.000 DM) und am 27. Oktober gegen das Gebäude des Kreiswehrersatzamtes in Bad Freienwalde/Brandenburg (Sachschaden: mehr als 150.000 DM). Angehörige der autonomen/antiimperialistischen Szene beteiligten sich an den bundesweiten Vorbereitungskonferenzen der "Kampagne gegen das Essener Gipfeltreffen der Europäischen Union" (9./10. Dezember), führten aber auch gesonderte "linksradikale" Vorbereitungstreffen durch (5. November und 3. Dezember in Oberhausen). Mit Blick auf die von einem Aktionsbündnis geplante Großdemonstration (10. Dezember) formulierten sie aggressiv: "Laßt uns das Eurpäische Haus zum Einsturz bringen! Kill the nation!"6', an anderer Stelle: "Verhindern wir den EU-Gipfel in Essen!!!"7' und "Kommt nach Essen Politikerjagen!"; dabei solle versucht werden, die Schreibtischtäter und ihre Limousinen anzugreifen8'. Trotz Verbotes sammelten sich am 10. Dezember in der Essener Innenstadt mehr als 1.000 Personen, darunter etwa 400 aus der autonomen/antiimperialistischen Szene, zu Protesten gegen den EU-Gipfel. Die Polizei nahm mehr als 900 Personen in Gewahrsam. Bei Vorkontrollen stellte sie u.a. Baseballschläger, Äxte, Gefäße für Molotowcocktails, ein Depot mit Farbbeuteln sowie Nietengürtel und Sturmhauben sicher. IV. Parteien und sonstige Gruppierungen Die organisatorischen Strukturen von marxistisch-leninistischen und Revolutionärsonstigen revolutionär marxistischen Parteien und Organisationen bliemarxistische Organisationen ben - mit wenigen Ausnahmen - stabil. Bemühungen solcher weitgehend stabil - nur geringe Erfolge in östlichen Bundesländern 50 Linksextremistische Bestrebungen Vereinigungen aus den alten Bundesländern (z.B. der "Deutschen Kommunistischen Partei" - DKP) um Mitglieder in den neuen Ländern hielten an. Sie hatten aber nur geringen Erfolg. In den westlichen Bundesländern schlössen sich in erheblichem Umfang Mitglieder aus den Reihen der DKP und der revolutionär-marxistischen "Neuen Linken" der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) an. Nicht weiter umgesetzt wurden Überlegungen, die Kommunisten u.a. aus der DKP, der "Kommunistischen Plattform der PDS" (KPF) und der - noch 1990 in der DDR gegründeten - "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) zu einer einheitlichen kommunistischen Partei zusammenzuführen. Die KPD steht nach Fraktionsbildungen und internen Querelen vor dem Zerfall. Linksextremistische Bestrebungen 51 Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament (12. Juni) und zum Orientierung an Deutschen Bundestag (16. Oktober) richteten insbesondere die DKP, Wahlstrategie der PDS Organisationen in deren Umfeld sowie einzelne kleinere revolutionärmarxistische Gruppierungen ihre Aktivitäten an der Wahlstrategie der PDS aus und nutzten das Angebot, auf den "offenen Listen" der PDS zu kandidieren. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten behaupteten mit zunehmender Bestimmtheit, der Zusammenbruch des Sozialismus in der DDR und den anderen Ländern des "realen Sozialismus" habe seine Ursache nicht im Marxismus-Leninismus selbst, sondern nur in der mangelhaften Ausführung einer an sich guten Idee. Im Kampf gegen das vereinigte Deutschland - die Vereinigung wird als Geburt eines "4. Reiches" diffamiert - engagierte sich die in Hamburg erscheinende linksextremistische Monatsschrift "Konkret". Ihr Verleger brachte im Laufe des Jahres die Tageszeitung "junge Welt" (jW, von 1947 bis 1990 Zentralorgan der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) in der ehemaligen DDR) auf die politische Linie von "Konkret". "Konkret" und jW richteten gemeinsam mit anderen Blättern aus dem linken Spektrum sowie der kleinen, aus dem 1991 aufgelösten "Kommunistischen Bund" (KB) hervorgegangenen "Gruppe K" am 12. November in Dresden eine "theoretische Konferenz" über die Themen Nation, Nationalismus und Antinationalismus aus. Die Konferenz, an der mehrere hundert Personen teilnahmen, stand unter dem Motto: "Links ist da, wo keine Heimat ist". Die Organisatoren verfolgen offensichtlich das Konzept, mit solchen Aktivitäten eine antinationale Linke zu sammeln und zu fördern. 1. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 1.1 DKP Die DKP hielt auch 1994 an ihrer ideologischen Linie und ihren bisherigen Organisationsstrukturen fest; sie ist in allen westlichen und nach eigenen Angaben inzwischen auch in den meisten östlichen Bundesländern organisiert. Ihre Mitgliederzahl sank unter 6.000; mehr als zwei Drittel der Mitglieder sind bereits älter als 60 Jahre. Altersbedingte Mitgliederverluste konnte die DKP trotz einzelner Zugewinne nicht ausgleichen. Eine leistungsfähige Jugendorganisation als potentielle "Kaderreserve" fehlt. Gleichwohl behauptete Parteisprecher Heinz STEHR, die DKP sei ein politischer Faktor, dessen Wirken weit über die Zahl der Mitglieder hinausgehe91. Rolf PRIEMER, ebenfalls Sprecher der DKP, betonte: Die 52 Linksextremistische Bestrebungen DKP stelle 1.700 Funktionäre in Vereinen, 370 gewerkschaftliche Funktionäre, Betriebsund Personalräte, Jugendvertreter und Vertrauensleute sowie 37 Parlamentarier auf Kommunalebene; außerdem unterhalte die Partei vielfältige Bündnisbeziehungen. Zur politischen Ausrichtung erklärte er: Festhalten am "Die Mehrheit unserer Mitglieder ist nach vielen Diskussionen über MarxismusPolitik und Praxis, über Thesen zur programmatischen Erneuerung und Leninismus als DKP-Statut zu der Erkenntnis gelangt, daß eine kommunistische Partei Anleitung zum in Deutschland notwendig ist. Nämlich eine Partei, die festhält am soHandeln zialistischen Ziel im Sinne der im Manifest der Kommunistischen Partei von Marx und Engels formulierten Grundaussagen; die den grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen anstrebt; die sich auf die moderne Arbeiterklasse als entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft orientiert; die ihr theoretisches Fundament in der schöpferischen Anwendung und Weiterentwicklung der Theorie von Marx, Engels und Lenin für unsere heutigen Kampfbedingungen hat." (Rolf PRIEMER, Sprecher der DKP, Referat auf der 8. Parteivorstandstagung, zitiert nach "DKP-Informationen" Nr. 7/94 vom 24.10.1994) Zur Finanzierung ihrer Aktivitäten blieb die DKP fast ausschließlich auf Mitgliedsbeiträge und Spenden angewiesen. Der durchschnittliche Monatsbeitrag lag unter 20 DM. Die geringen Einnahmen zwangen die Partei wieder zu einem strikten Sparkurs; ihr stehen - neben wenigen hauptamtlichen Funktionären beim Parteivorstand - nur noch ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung. Im Rechenschaftsbericht nach SS 23 Parteiengesetz wies die DKP für 1993 Einnahmen von 3,0 Mio DM aus, darunter 1,1 Mio DM an Spenden - einschließlich Großspenden und einer Erbschaft von insgesamt fast 250.000 DM. Zur Entwicklung eigenständiger Kampagnen früherer Ausprägung fehlte der DKP die Kraft. Den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten richtete sie auf die Wahlbündnispolitik. Hauptaugenmerk galt der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS); bei ihr machte die DKP "eine breite Palette von Übereinstimmungen, für die gemeinsam gekämpft werden kann, vor allem außerparlamentarisch, aber auch bei Wahlen"'01 aus. Die Parteiführung konzentrierte ihre Bemühungen darauf, Mitglieder und Funktionäre der DKP auf den "offenen Listen" der PDS zu den Europaund Bundestagswahlen zu plazieren. Kandidatur auf Als Test für die wahlpolitische Zusammenarbeit wertete sie die "offenen Listen" Nominierung eines DKP-Parteivorstandsmitglieds auf der "offenen der PDS Liste" der PDS zur Europawahl am 12. Juni. Die Parteiführung sprach von einem großen Gewinn für das Verhältnis zwischen PDS und DKP11). Der Versuch, zur Bundestagswahl am 16. Oktober DKP-Sprecher Linksextremistische Bestrebungen 53 Wir sind reich UZ-Interview mit Hintergrunc an Reichen Pahl-Rugenstein Nacht. Haitl-Intervi Seite 3 Selten Seite 13 unsere o z l i l l s t l i c h a Woc ****** -- -- Die Politik auf Pump Jetzt kommt's drai läßt das Volk bluten In jeder S t u n d " m a c h t der pQMUk Bonns zu linden. Dafiir als und Gehalier. aber natürlich mit UnBete Öffenlliche Sektor u n s e r e s S nur einige Positionen: lerschieden. Während die UntethehLandes B u n d e s - L a n d e s - - H Milliarden DM zahlte die Bonmm tind groBen Eirlkorrimen turi lwr "^positi *mri KnmmiinalhiihAnton Regierung an die GolfkriegsVermögen steuerlich und abgaben- K amSSSHSSSSSSi, f"- " " " ""j-i-.--.rtai"-Insoesaml wird die Staats-"-<*--Mill""" DM " - " D--I"* JatadkiZMiWKr Grenze Oberst"; f - f g l & * > % "Ich dam" seit 1 l K | H _ "undes fOrCuba doppeln. B | | l Die Folge: In diesem werden sogar 144 Miiliar SleucrceldemnlchlfurSr etell'Dirvor, Ä Europa-WahlIteitw- 3 - und kein Jungwählö roehthindarrtät^Ä"(r) IS ttz~j!~?~* i tllcn hu hui iidongea. ._ *uiiruple Dynsin den dreieinha sue, deren Herrsrhaftssichentng den Folgen des,, n demonWashington sehr am Herzen liegt, stensturm" nnri sehen ist Und nachdem Saddam Hussein alle redtiefpunkt. AulU^nderUNOerfUllthat.rnertrWieder mii von 'ispolsük tenitchinjüngsierZeitdieStimmen .Unier für den Fortfall der verhängten Wählern Sanktionen. Eine neue IrakHysterie egeisiebringt diese Stimmen vorerst zum DKP *tooni- M von "ü " "deg< Vermmmen. wieaudiunma-Washiitgtonzt". dellerneutamGoif.Eidemonstrien erneut seinen WeligeixlarrnenunFron*" nicht U , lassen. Schon SPD-Bundesp" heugen in vom " . , _ --"J"?^" sprurt.ohne Rücklicht 111/die Folsam die Station *J?rf gen. Zynisch c^nUS-AulfeominiFriedenstruppe s " " s p r - dtea selbst em Alibi liefern. PS PS ChrisBpher. Saddam Hussein "als Zusätzliche Motive für den USmüsse einen Jurctitbareri Preit" grilndung ango Serite"^'"^*. ~~~-T^.n.MMrfJMm* ton.*", m A * T A1", r w fni^tot^w, "wU-fit, .-h-- 54 Linksextremistische Bestrebungen Heinz STEHR auf einen aussichtsreichen Listenplatz der Landesliste der PDS in Brandenburg zu bringen, scheiterte allerdings. STEHR nahm die Wahl auf Platz 14 der Liste nicht an. Insgesamt 22 Mitglieder der DKP bewarben sich in 16 Wahlreisen im Bundesgebiet als Direktkandidaten und auf sieben Landeslisten der PDS. Keines der DKP-Mitglieder erhielt ein Mandat. Ungeachtet dessen betrachtete die DKP ihren Einsatz als Erfolg. Sie habe das in ihren Kräften Liegende getan, um zum Wiedereinzug der PDS in den Bundestag beizutragen. Dadurch sei das Verhältnis zwischen beiden Parteien rationaler geworden und habe sich stabilisiert. Die DKP wolle sich nun um Gespräche, Kontakte und Zusammenarbeit mit PDS-Abgeordneten bemühen12'. Solidarität mit Schwerpunkt der "Internationalismusarbeit" der DKP blieb die Kubaden KommuSolidarität. Stolz verkündete die Partei um die Jahresmitte, sie habe nisten in Kuba s e i t Beginn ihrer Kampagne im März 1991 über 400.000 DM für das Castro-Regime gesammelt. Für 1995 ist die Aufstellung von Arbeitsbrigaden zum Bau eines Gesundheitszentrums auf Kuba bereits abgesprochen. Das von Mitgliedern der DKP, der von ihr beherrschten "Freundschaftsgesellschaft Bundesrepublik Deutschland - Kuba e.V." und dem stalinistisch ausgerichteten "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 1993 initiierte "Netzwerk Cuba - Informationsbüro e.V." (Sitz Bonn) führte im September eine bundesweite Solidaritätskampagne "Ein Schiff für Cuba" durch, bei der nach eigenen Angaben Sachund Geldspenden im Wert von fünf Millionen DM gesammelt werden konnten. Der Vorsitzende des "Informationsbüros" war im Dezember 1993 mit dem kubanischen "Orden der Freundschaft" ausgezeichnet worden. SDAJ Eng der DKP verbunden blieb die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ). Auf dem Weg zu ihrem Fernziel, dem Sozialismus, propagierte sie weiterhin den "revolutionären Bruch"131 mit der gegenwärtigen Gesellschaft; die "kapitalistische BRD" sah sie "mit dem Faschismus schwanger" gehen"1. Zu dem traditionellen Pfingstcamp der SDAJ in Bottrop kamen rund 400 Teilnehmer. Die Gruppe arbeitete in Aktionsbündnissen auch mit gewaltbereiten Linksextremisten zusammen, so bei "antifaschistischen" Aktivitäten und bei den Vorbereitungen zu Protesten gegen den EU-Gipfel in Essen im Dezember (vgl. Kap. III, Nr. 5.3). 1.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) Die VVN-BdA blieb mit etwa 8.500 Mitgliedern die größte linksextremistisch beeinflußte Organisation. Ihre frühere Unterordnung unter die DKP besteht nicht mehr; allerdings haben weiterhin aktive und ehe- Linksextremistische Bestrebungen 55 malige Mitglieder der DKP bestimmenden Einfluß in den FührungsKommunistische gremien der VVN-BdA. Der Bundeskongreß der VVN-BdA beschloß Sicht des Antifaschismus am 28./29. Mai in Braunschweig einen Leitantrag "Gemeinsam gegen Rechts. Für eine antifaschistische Republik! Neonazis stoppen! Kriegseinsätze verhindern! Humanismus durchsetzen!" Damit verfügt die VVN-BdA erstmals seit 1990 wieder über eine programmatische Nachrichten aus der juTfeßÄ senden Güniher D&s, smmantifa-rundschau Fehruar-Marz lt94 ..JtJd".MM"Wj."-.-i..U s unwählbar machen antifa-rundschau r i u s g e g e b c n v o m RunrfesauMChuR der V V N / B u n d d "Ol auf die Feuer der Neonazis" Nach dem "Auschwitz-Lügen-Urteil" brennt in Lübeck die Synagoge Holocaust und zählte m einer Pres/eine aufgeladen, *eöf.m Rassismus. seerklärung auf. wieviel .genchftche Antisemitsimus und Neonazismus Freibriefe' für Neonazis es in letzter aMrverr*jeg^nzutr"ten und dabei auch Zeit gegeben hatte Vor (fiesem Hintergrund verwunden es nicht, daß Franz Schönhuber as M W I J n erster Linie dar sich ausbreiwagt, einen Tag nach dem Synatende Rassismus u n d wachsende UM :: "Art müssen enlschiedert bekämpft wergogenbrand die Juden tut den Antisemitismus veranftvortlch tu machen und Ignatz Bubis als .Volksver kittel von Forderung und Vemarmlosung dieser undetfvoOen Entwicklung. Dazu Juristische Freibriefe hetzet" rteumdel. Die Empörung gehären auch das verhängnisvolle darüber m Parlamenten und Medien BGH Urteil über ein straffreies Verist bütat, so lange darausrechtendtidi werten der AuschwiK-Lüge und das a e notwendigen poMiscfien und juriSchüren von Ängsten vor angeblichen stischen Konsequenzen gezogen werden. Die peintictie .Betroffenheit". w -Überfremdungen '" die Süddeutsche Zeitung nach dem r>e Außenminister Kinkel nach dem BGH Urteil Der Zentralrat der Juden Brandanschlag artikulierte, HBt mrheBetont u m ) in de> OftenUicnen Erklä- n Deutschland bewertete das Urteil 5er Richtung allerdings wenig hoffen: rung .Da staatliches Handeln und k u n und treffend: .Ol auf die Feuer Lichtetketien sollen wir wieder mal gesellschaftliches Engagement gegen der Neonazis". Die VVN Bund dei bilden, damit das .deutsche Ansejede Form von Rassismus und NeoAntifaschisten nannte es einen .gehenim Ausland rücht leidet. nazismus nach wie vor vöhg ungenü nchHichen Freibrief zur Leugnung des n erledigt Schönhuber und zu stoppen. Werbt werterhm Aufgabe für alle Die Mitglieder der W N - B u n d der AntHaschJsten < das Bttd bereits vom Titel der Januar-Ausgabe N* meinen, daB der Demonstrant gegen den " r 1993 in Rastatt für seine phantasievoBe Emurchaus auch bunflesweile Beachtung verrieiH (Foto: VVN-BdA O t f t o t s M l ) 56 Linksextremistische Bestrebungen Grundlage; sie bekräftigt darin die traditionelle kommunistische Doktrin, nach der Rechtsextremismus seine Ursache in der kapitalistischen Klassengesellschaft habe: "(...) Rechtsextreme und rassistische Denkund Verhaltensweisen sind keine Randerscheinung. Sie entstehen in der Mitte unserer Gesellschaft. Wissenschaftler, Medien und Politiker tragen dazu bei, Nationalismus und Rassismus im Alltagsbewußtsein der Menschen zu verstärken, so daß diese selbst in demokratische Organisationen und Institutionen hineinwirken. Zu den Hauptursachen der Rechtsentwicklung gehört die Umverteilungspolitik, die von Banken und Konzernen und den sie stützenden politischen Kräften betrieben wird. (...) Das zeigt die Zeit vor 1933: Der Hauptfeind steht im eigenen Land. (...)" (Beilage der "antifa-rundschau" - Nr. 18/Juni-Juli 1994, hrsg. vom Bundesausschuß der VVN-BdA) Die VVN-BdA versteht sich als Bündnisorganisation, in der "unterschiedliche Zugänge zum Antifaschismus" Platz finden. So akzeptierte sie als Mitglieder Angehörige der "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT), einer Vorfeldorganisation des "Bundes Westdeutscher Kommunisten" (BWK); darüber hinaus arbeitete der Landesverband der VOLKSFRONT in Nordrhein-Westfalen in der VVN-BdA mit. Bereitschaft zur Ein prominentes Mitglied der VVN-BdA warb für Aktionseinheiten mit Zusammenarbeit gewaltbereiten Autonomen: Diese seien durch die Bank Antifaschisten, auch mit gewalt- - Antifaschisten auf der Straße. Die VVN-BdA solle auf diese jungen bsroitcn Links Menschen zugehen a und nicht warten, bis sie sich selbsttätig a der W N - extremisten BdA zuwendeten151. Mit ideologisch ähnlich ausgerichteten Verbänden wie der nur in Berlin (West) aktiven "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten" (WNA/dA) sowie dem "Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener" (IWdN) - aus den neuen Bundesländern - und dem "Bund der Antifaschisten" (BdA) führte die VVN-BdA eine gemeinsame Veranstaltung zum 50. Jahrestag des 20. Juli 1944 (am 16. Juli in Berlin) durch. Ein "engerer Schulterschluß" kam allerdings nicht zustande. 1.3 "Marx-Engels-Stifung e.V." (MES) Die MES blieb wichtigste und aktivste "wissenschaftliche" Institution im Umfeld der DKP. Sie verfügt über eine eigene "Förderergesellschaft", die mehr als 450 Personen umfaßt, darunter Sozialund Politikwissenschaftler und Hochschullehrer größtenteils aus der DKP Linksextremistische Bestrebungen 57 und der PDS. Die MES bemühte sich weiterhin, die Geschichte der beiKommunistische den deutschen Staaten nach 1945 im kommunistischen Sinne "aufKampagne zur zuarbeiten" und dabei die Charakterisierung des SED-Regimes als "Aufarbeitung" Unrechtsstaat zu relativieren. Dazu veranstaltete sie gemeinsam mit dem "Marxistischen Arbeitskreis zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung bei der Historischen Kommission der PDS" und der Geschichtskommission der DKP eine Konferenz "Arbeiterbewegung, Antifaschismus und die beiden deutschen Staaten" am 3./4. September in Berlin. Am 3./4. Dezember richtete die MES in Wuppertal eine Tagung "Deutsche Einheit? Zeitgeschichtliche Reflektionen" aus, mit der Gegenpositionen zum Abschlußbericht der EnqueteKommission des Deutschen Bundestages "Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland" gefestigt werden sollten. Nach übereinstimmender Auffassung der Teilnehmer161 setze dieser Bericht den "Kalten Krieg" mit anderen Mitteln fort. Dagegen habe Prof. ELM (MdB PDS) gemahnt, die deutsche Einheit könne erst dann verwirklicht werden, wenn die Westdeutschen die DDR-Geschichte als alternativen, wenn auch gescheiterten Entwicklungsweg anerkennen würden. 2. "Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die 1982 gegründete MLPD relativierte ihre Position zu den bisherigen politischen Vorbildern Marx, Engels, Lenin, Stalin und MaoTse-Tung. Seit Mitte September erscheint in ihrer Wochenzeitung "Rote Fahne" die kurze Selbstdarstellung der Partei in veränderter Form. Dort heißt es nun: Die MLPD wende den Marxismus-Leninismus und die Ideen Mao Tse-Tungs schöpferisch auf die heutige Situation an. Engels und Stalin werden nicht mehr erwähnt17'. Zugleich kritisierte die Partei Stalin wegen mangelnder Konsequenz im Klassenkampf: "Die MLPD hat nie ein Hehl daraus gemacht, daß sie die Leistungen Stalins beim Aufbau des Sozialismus und der Niederschlagung des Hitlerfaschismus verteidigt. Sie kritisiert jedoch auch seine zwei Hauptfehler: Der notwendige ideologische Kampf gegen die Träger der kleinbürgerlichen Denkweise wurde vernachlässigt, und auf die Mobilisierung der Volksmassen gegen die entarteten Vertreter der Bürokratie wurde verzichtet." ("Rote Fahne" Nr. 46/94 vom 19. November 1994, S. 18) Die Zahl der MLPD-Mitglieder ist auf etwa 2.300 angewachsen. In den Mittelpunkt der ideologischen Arbeit, die auf die Fortentwicklung der MLPD zur "Partei der Massen" ausgerichtet ist, stellte das Zentralkomitee (ZK) die "Lehre von der proletarischen Denkweise" - bei gleichzeitiger Bekämpfung "kleinbürgerlicher" Tendenzen. Diese sei die entscheidende Grundlage, die neuen Aufgaben im Parteiaufbau und im 58 Linksextremistische Bestrebungen Kampf gegen Klassenkampf zu meistern181. In einem "Programm der agitatorischen ideologische Offensive für den echten Sozialismus" erhielten die Mitglieder Abweichungen Weisungen zur einheitlichen Anwendung der Parteilinie, insbesondere zu den Schwerpunktaufgaben Bündnisorganisationen und Bundestagswahlkampf. Zur Bundestagswahl am 16. Oktober kandidierte die MLPD unter dem Motto "Die Kohl-Regierung muß abtreten! Für den echten Sozialismus!" in allen 16 Bundesländern mit einer "MLPD/Offene Liste" und einigen wenigen Direktkandidaten. Dabei bemühte sie sich, eine Wahlhelferbewegung zur Unterstützung ihrer 106 Bewerber aufzubauen. Daran beteiligt waren u.a. der MLPD-Jugendverband "REBELL", die MLPD-gesteuerte "Aktion Arbeitsplätze für Millionen" und der MLPD-beeinflußte Frauenverband "Courage"191. Mit 10.254 Zweitstimmen (0,0%) blieb die MLPD bei der Bundestagswahl bedeutungslos; dennoch verkündete ihr Vorsitzender Stefan ENGEL: "Wir haben in diesem Wahlkampf unsere gesellschaftliche Kraft bewiesen". Es sei nicht darauf angekommen, Parlamentssitze zu erringen, sondern einen Schritt zu tun, die relative Isolierung der MLPD zu durchbrechen. Betroffen zeigte sich die MLPD über den Erfolg der PDS: Obwohl diese in Nordrhein-Westfalen nicht einmal den Bruchteil der Mitglieder der MLPD aufweise und dort keine reale gesellschaftliche Kraft darstelle, habe sie trotzdem etwa 50 mal soviel Stimmen erhalten20'. Bemühungen um Hohe Erwartungen setzte die MLPD in den Frauenverband "Courage"; Bündnispolitik mit dessen Organisationsform - die MLPD spricht von überparteilicher Selbstorganisation - und gleichzeitiger marxistisch-leninistischer Überzeugungsarbeit der Partei lasse sich die relative Isolierung der MLPD durchbrechen211. Das ZK sah sich allerdings - offenbar um Unsicherheiten und Gefahren ideologischer Abweichung unter den Mitgliedern auszuräumen - zu der Klarstellung veranlaßt, daß Überparteilichkeit keine Unabhängigkeit von der MLPD bedeute22'. Zur Vertiefung der Erfahrungen in der Frauenarbeit diente aus Sicht der MLPD der "Internationale Kongreß des Frauenverbandes Courage" am 29./30. Oktober in Köln. Er stand unter dem Motto "Frauen verbinden Welten - Frauen kämpfen international". Fast 1.000 Teilnehmerinnen aus Asien, Afrika, Südamerika und Europa diskutierten u.a. über die Entwicklung eines "internationalen Frauennetzwerkes" - ein konkretes Ergebnis wurde nicht erzielt23'. Internationale Verbindungen pflegte die MLPD ferner auf einer "4. Internationalen Konferenz maxistisch-leninistischer Organisationen"; das MLPD-Organ "Rote Fahne" vom 2. Juli berichtete dazu, fast 20 Gruppen und Organisationen aus vier Kontinenten hätten sich beteiligt24'. Linksextremistische Bestrebungen 59 Für 1995 kündigte die MLPD ihren V. Parteitag an. Das ZK erstellte dazu eine Resolution "Auf der Grundlage der proletarischen Denkweise vorwärts zum V. Parteitag der MLPD"Z5). 3. "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Der BWK -1980 aus einer Spaltung des damaligen "Kommunistischen Arbeit in und Bundes Westdeutschland" (KBW hervorgegangen - orientierte sich mit der PDS weitgehend an der PDS (vgl. Nr. 7). Er sieht sich selbst als Teil der sozialistischen Bewegung; die PDS sei die Chance, Politik aus der Vielfalt emanzipatorischer Kritik zu bestimmen26'. BWK-Mitglieder traten in die PDS ein, Landesverbände des BWK konstituierten sich als Arbeitsgemeinschaften BWK bei/in der PDS. BWK/PDS-Mitglieder kandidierten zu den Bundestagswahlen auf den "offenen Listen" der PDS. Ähnliche Verflechtungen wurden auch bei der Medienfirma "Gesellschaften für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH" (GNN) deutlich, die aber überwiegend unter der Kontrolle des BWK blieb. Die Publikation "Politische Berichte" - früheres Zentralorgan des BWK - erschien seit Anfang 1994 in neuem Layout und Format. Verlegt wird die Zeitung nach wie vor von der "GNN-Verlagsgesellschaft Politische Berichte", Köln; Druckerei ist nunmehr die 60 Linksextremistische Bestrebungen "Tribüne Druck GmbH", Berlin (zur Zeit der DDR Verlag des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes" -FDGB-). Themen in den "Politischen Berichten" und Autoren aus der PDS spiegeln die Annäherung des BWK an die PDS wider. Mehrere Gesellschafter und Geschäftsführer der GNN-Niederlassung in Schkeuditz (bei Leipzig) gehören der PDS an. Diese Niederlassung verlegt auch das Informationsblatt "Linke Kommunalpolitik", das u.a. aus der Fusion des - wesentlich von der PDS bestimmten - früheren "Informationsblattes kommunalpolitisches Forum" mit der Publikation "antifaschistische Kommunalpolitik", die bei GNN-Köln verlegt wurde, hervorging. Auch nach der Annäherung der GNN-Gesellschaften an die PDS erschienen dort u.a. das linksextremistische Magazin "Geheim", das von Personen des bisherigen RAF-Umfeldes herausgegebene "Angehörigen Info" und der "Kurdistan-Rundbrief", an dem auch Anhänger der verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) mitwirkten. Die BWK-Vorfeldorganisation "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) verlor an Bedeutung; sie suchte zunehmend die Nähe der VVN-BdA (vgl. Nr. 1.2) und öffnete ihr Organ "Antifaschistische Nachrichten" einem breiteren Herausgeberkreis. 4. Trotzkistische Gruppen Inhaltlich erstreckten sich die Aktivitäten trotzkistischer Gruppen in erster Linie auf den "antifaschistischen" Kampf. Darüber hinaus waren sie vor allem mit sich selbst beschäftig; so kam es, was unter Trotzkisten nicht unüblich ist, zu organisatorischen Veränderungen durch Spaltungen, Neugründungen und Umgruppierungen. Insgesamt kam die Mitgliederentwicklung nicht voran: Den inzwischen 16 Organisationen, die sich einem der 14 konkurrierenden Dachverbände des internationalen Trotzkismus zuordnen, sowie einigen weiteren Zirkeln gehören unverändert rund 1.500 Mitglieder an. Besonders rege blieben die mehr als 300 vom britischen Dachverband "Committee for a Worker's International" (CWI) angeleiteten Trotzkisten. Sie benannten die deutsche CWI-Sektion "VORAN zur sozialistischen Demokratie e.V." im Mai in "Sozialistische Alternative VORAN" (SAV) um. Dazu erklärten sie, nach über 20 Jahren Arbeit als "marxistischer Flügel von Jungsozialisten und SPD" sei eine neue revolutionäre sozialistische Organisation nötig27'. Die SAV sei Teil einer internationalen, weltweit präsenten marxistischen Strömung281. "AntifaschistiDie SAV-gesteuerte Organisation "Jugend gegen Rassismus in scher Kampf" Europa" (JRE) behauptete, eine der am besten vernetzten antirassistivon Trotzkisten schen Jugendorganisationen in Deutschland geworden zu sein. Sie Linksextremistische Bestrebungen 61 führte vom 13. bis 21. August in Bayern ein "internationales Anti-NaziCamp" durch, zu dem auch Anhänger ausländischer JRE-Sektionen anreisten. Die rund 1.300 Teilnehmer wurden dort ideologisch für einen - auch militanten - Kampf gegen tatsächliche und vermeintliche "Nazis" eingestimmt. In Flugblättern erklärte JRE, viele ihrer etwa 40 Gruppen hätten Nazis in ihrer Nachbarschaft geoutet, auf ihre soziale Isolierung hingewirkt und sie zum Teil aus ihren Wohnorten vertrieben. Die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) änderte ihre Strategie und Taktik - augenscheinlich auf Weisung des trotzkistischen Dachverbandes "International Socialists" (IS, Sitz Londen): SAG-Mitglieder traten den Jungsozialisten in der SPD bei. Schon Ende 1993 hatte die SAG in internen Papieren diese neue entristische, d.h. auf verdeckte Mitarbeit in anderen Organisationen ausgerichtete Strategie festgelegt: Es gelte, politische Konflikte der Jusos mit der Mutterpartei zuzuspitzen, um eine Minderheit der linken Jusos für den Aufbau einer revolutionären Alternative zu gewinnen. Rund 80 SAG-Kader akzeptierten dies nicht und spalteten sich im Juli als "InternationalistischSozialistische Organisation" (ISO) ab; der SAG verblieben daraufhin noch mehr als 200 Mitglieder. Ihr warfen die Dissidenten ein Schwanken zwischen Aktionismus und Rückzug vor. Sie kritisierten ferner die Führung einer allwissenden Zentrale, das Verheizen der Mitglieder und eine zunehmende Bürokratisierung29'. Gleichwohl orientiert sich auch die neue Sektion an den IS. Auch in der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP), die 1986 durch Spaltung der VSP Zusammenschluß der trotzkistischen "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) und der damaligen stalinistisch-proalbanischen "Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten" (KPD) entstanden war, gab es eine Spaltung. Sie ging zurück auf seit Jahren anhaltende Diskussionen über die Bildung einer eigenständigen Organisation für Trotzkisten. Ein Teil der Mitglieder bildete daraufhin im Oktober zusammen mit einer kleinen "Gruppe Spartakus" einen "Revolutionär-Sozialistischen Bund" (RSB). Er will sich auf dem XIV. Weltkongreß der "IV. Internationale - Vereinigtes Sekretariat" (Sitz Paris) im Laufe des Jahres 1995 um Anerkennung als deutsche Sektion bemühen. Auch andere trotzkistische Formationen blieben aktiv. Die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA) kandidierte bei der Europawahl am 12. Juni - erfolglos - unter dem Tarnnamen "Plattform Europa der Arbeitnehmerinnen und Demokratie" (PEAD), der "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) stellte zwei Direktkandidaten für die Bundestagswahl auf. Die "Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD) beklagte weiterhin eine "antikommunistische Hexenjagd" und solidarisierte sich öffentlich mit inhaftierten Funktionären des SEDRegimes wie z.B. Erich MIELKE. 62 Linksextremistische Bestrebungen 5. "Marxistische Gruppe" (MG) Die MG hielt - entgegen ihrer angeblichen Auflösung im Mai 1991 - ihre organisatorischen Strukturen aufrecht; sie blieb eine der größten linksextremistischen Gruppierungen in Deutschland. Der Zusammenhalt wurde durch Wohngemeinschaften, Zusammenhänge am Arbeitsplatz und konspirative Treffen gewahrt. Wichtigstes Medium zur ideologisch-politischen Anleitung der MGAnhänger blieb die "Politische Vierteljahreszeitschrift GEGENSTANDPUNKT" aus der gleichnamigen Verlagsgesellschaft (Sitz München). Die Zeitschrift enthält weiterhin keinen direkten Hinweis auf die MG; die im Impressum genannten Personen und die Gesellschafter des Verlags wurden jedoch früher als führende MG-Funktionäre bekannt. Daneben vertreibt der Verlag ältere Publikationen der MG. In den meisten MGInstrumente zu Hochburgen bot die "GEGENSTANDPUNKT-Redaktion" "Gelegenheit Agitation und zur politischen Diskussion auf einem regelmäßigen JOUR FIXE"30'. Die Propaganda Themenauswahl dieser, die Tradition früherer "Teach-ins" der MG fortsetzenden öffentlichen Veranstaltungsreihe korrespondiert mit dem Inhalt der jeweils aktuellen "GEGENSTANDPUNKT"-Ausgabe. Der Anspruch der Gruppe auf ein Erkenntnismonopol in politischen Fragen sowie das Fortbestehen ihrer verfassungsfeindlichen Zielsetzung wird im Selbstverständnis der Zeitschrift deutlich: "Sie (die Zeitschrift) kann den Kapitalismus heutiger Prägung sogar erklären und den deutschen Imperialismus dazu - und sie hat deswegen weder für ihn noch für die moralischen Rechtfertigungen und Verbesserungsvorschläge, die auf den >Weg Deutschlands in die Normalität< gemünzt sind, etwas übrig. GEGENSTANDPUNKT ist das Organ derer, die angesichts der Unarten von "Marktwirtschaft und Demokratie' immer noch wissen: >Das liegt am System.<" (Systemvorstellung "LINK-S" vom 25. November 1994) Die MG nutzte zur Verbreitung ihrer Agitation weiter die Mailbox "LINK-S". Als Systembetreiber tritt seit Jahresende ein GNNFunktionär in Stuttgart auf. Für eingetragene Nutzer (User) wird dort auch das "CHRONIK-Archiv für marxistische Theorie" angeboten, für das ein MG-Funktionär verantwortlich zeichnet. Im Laufe des Jahres wurde die Zahl der gespeicherten Dokumente von ca. 5.600 auf über 7.000 erhöht. 6. "Rote Hilfe e.V." Die "Rote Hilfe", 1975 auf Initiative der "Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten" (KPD)311 gegründet, versteht sich als Rechtsund Hafthilfeorganisation in der Tradition einer gleichnamigen kommunistisch gesteuerten Gruppierung der Weimarer Zeit. Heute Linksextremistische Bestrebungen 63 GEGENSTANDPUNKT l'tiliiischr Viertrljahrnreitvclirifl 3-94 Der Wahlkampf: Festival des Nationaltsmus Deutschlands Ausländerproblem Bemenuingen über de" regierenden Fundamenraüsmus in etnerr bekanntermaßen .euslandedreundtehen Lane* NATO heute KnegspaW der impenafisierv Vorhaben, Leistungen Gnjndlagcn Die Türkei Noch em enoenahget NATO-Fronistaal im Aufbruch Der Kampf um die "Normalisierung" Nordkoreas Wie de USA Bei Slüdt neuer Ordnung m Angnft nehmen Neue Trends in der irrrperraisvschen Beireuung der Weh" R u a n d a - Haiti - K u b a Bne fast etrtcbe Brian* der sogenanrflen Retocrnercu/esse in Rußland - au^jeslelK zur Enrictitung eines deutschen Rechts auf Kontrolle über das sowietische Atomerbe Die "Unordnungsmacht" Erhältlich im Frankfurter Buchhandel u.a. bei: Bockenheimer Bücherwarte * Carolus * Hugendubel' Huss * Internationale Buchhandlung Südseite * Karl Marx * Mühlhausen * Uni-Buch (Studentenhaus) arbeitet sie als "Solidaritätsorganisation für die gesamte Linke", vor alSolidarität für lem für "politisch Verfolgte" und "politische Gefangene" in linksextremistiDeutschland. Sie will ausdrücklich keine karitative Einrichtung sein, sche Straftäter sondern betroffenen Personen aus dem "Bereich des Antifaschismus, des Sozialismus und Kommunismus, des Feminismus, des Anarchismus, des autonomen und antiimperialistischen Spektrums, der Anti-Atomkraft-, der Umweltschutzund Friedensbewegung" materielle und politische Hilfe gewähren. So vermittelte sie Linksextremisten anwaltliche Unterstützung und übernahm auch zum Teil deren Prozeßkosten. Die vierteljährlich erscheindende Zeitschrift "Die Rote Hilfe" informierte über ihre Aktivitäten und agitierte gegen den staatlichen "Repressionsapparat". Zu Inhaftierten aus der RAF unterhielten Mitglieder der "Roten Hilfe" persönliche Kontakte. Sie beteiligten sich auch an Demonstrationen zur Verbesserung von Haftbedingungen und zur Entlassung von inhaftierten RAF-Mitgliedern, ebenso an bundesweiten Aktionen "gegen staatliche Verfolgung von Antifaschisten" und gegen das Verbot der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Die mehr als 1.000 Mitglieder, mehrheitlich gewaltbereite Linksextremisten, sind überwiegend in Ortsgruppen organisiert, u.a. in Kiel, Berlin, Bielefeld, Delitzsch (bei Leipzig), Essen, Göttingen, Hamburg, Heilbronn und Kempten; in weiteren Städten wurden Gruppengründungen vorbereitet. 64 Linksextremistische Bestrebungen 7. "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) Die 1990 in PDS umbenannte "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) - sie zählte nach eigenen Angaben Ende 1994 ca. 124.000 Mitglieder321 - verkörpert nicht mehr den Typ einer orthodoxFundamentale kommunistischen Kaderpartei leninistischer Prägung. Jedoch bieten Ablehnung des die politische Praxis und die programmatische Entwicklung der Partei bestehenden unübersehbare Anhaltspunkte dafür, daß sie die freiheitliche demoGesellschaftskratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht aksystems zeptieren sondern überwinden will. Die PDS versteht sich als linke "Strömungspartei" für unterschiedliche sozialistische Kräfte, denen Kritik und Ablehnung der bestehenden politischen und ökonomischen Verhältnisse gemein sind. Das Parteiprogramm erklärt hierzu, die PDS sei ein Zusammenschluß unterschiedlicher linker Kräfte, die - bei allen Meinungsverschiedenheiten - darin übereinstimmten, daß die Dominanz des privatkapitalistischen Eigentums überwunden werden müsse: Gegen "In der PDS haben sowohl Menschen einen Platz, die der kapitalistiKapitalismus schen Gesellschaft Widerstand entgegensetzen wollen und die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen, als auch jene, die ihren Widerstand damit verbinden, die gegebenen Verhältnisse positiv zu verändern und schrittweise zu überwinden." Beseitigung des Kapitalismus, Überwindung des mit ihm verbundenen politischen Systems sowie Errichtung einer neuen "sozialistischen Gesellschaft" gehören somit, auch wenn die "Revolutionsrhetorik" des Marxismus-Leninismus vermieden wird, zu den Zielen der Partei. Im 1993 beschlossenen und bis heute gültigen Parteiprogramm erklärt die PDS: "Die Existenzkrise der Zivilisation macht die Umwälzung der herrschenden kapitalistischen Produktionsund Lebensweise zu einer Frage menschlichen Überlebens." Weiter heißt es in Anlehnung an das "Manifest der Kommunistischen Partei"33': Für Sozialismus "Der Sozialismus ist für uns ein notwendiges Ziel - eine Gesellschaft, in der die freie Entwicklung der einzelnen zur Bedingung der freien Entwicklung aller geworden ist." Die geistigen Wurzeln, auf die sich die PDS im Programm beruft, sind weit gefaßt: Im Geist von "Dem Erbe von Marx und Engels, den vielfältigen Strömungen der deutMarx und Engels schen und internationalen Arbeiterbewegung sowie anderen revolutionären und demokratischen Bewegungen kritisch verbunden und dem Antifaschismus verpflichtet, (...)" Linksextremistische Bestrebungen 65 Zur weiteren programmatischen Orientierung verabschiedete der Parteivorstand der PDS im November 1994 "10 Thesen zum weiteren Weg der PDS", die eine noch anhaltende Ideologiedebatte entfacht haben. Auf der 1. Tagung des 4. Parteitages der PDS (27. bis 29. Januar 1995 in Berlin) wurden die Thesen zur weiteren Diskussion an die Basisorganisationen der Partei überwiesen. Anstelle der Thesen verabschiedete der Parteitag das Fünf-PunktePapier "Sozialismus ist Weg, Methode, Wertorientierung und Ziel". Es steht in Kontinuität zum Parteiprogramm und hält am Anspruch grundlegender Veränderung der Staatsund Gesellschaftsordnung fest. Hervorgehoben wird der "sozialistische Charakter der PDS": "Er resultiert aus unserer Überzeugung, daß die kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen die großen Menschheitsfragen nicht nur nicht gerecht, sondern gar nicht lösen können." Das Papier dokumentiert auch die ablehnende Haltung der PDS gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wenn festgestellt wird "(...), daß die PDS in prinzipieller Opposition zu den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland steht." Vorwürfe aus den eigenen Reihen, die PDS entwickle sich zu einer sozialdemokratischen Partei, wies der alte und neue Parteivorsitzende Lothar BISKY auf dem Parteitag deutlich zurück: "Wer die PDS auf dem Weg nach Bad Godesberg sieht, hat auch eine andere Tatsache nicht begriffen: Godesberg, der Parteitag von 1959, markierte den Weg der SPD in die Bonner Republik. Die ist jedoch am Ende. Wir befinden uns auf dem Weg in die Berliner Republik, und die kann durchaus ein völlig anderes Gesicht erhalten, als es sich die Herrschenden wünschen." Zu tragenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen GrundVorrang des Ordnung - Primat des gewählten Parlaments, Gewaltlosigkeit in der poaußerparlamentalitischen Auseinandersetzung - verhält sich die PDS zweideutig. Zwar rischen Kampfes zeigt sie sich zur Mitarbeit in den Parlamenten von Bund und Ländern bereit. Im Parteiprogramm wird aber der außerparlamentarische Kampf um gesellschaftliche Veränderungen als entscheidend charakterisiert; einzelne Parteifunktionäre stellen auch öffentlich den Wert der parlamentarischen Demokratie in Frage oder verneinen ihn. So äußerte der Fraktionsvorsitzende der PDS im Berliner Abgeordnetenhaus PeterRudolf ZOTL, die Oppositionsrolle der Partei werde in der Öffentlichkeit mit der Hoffnung verbunden, die PDS könne das politisch-parlamentarische System, in dem die politische Entscheidung immer mehr zum parteipolitischen Machtkalkül verkomme, verändern. Viele Bürger im Osten wollten die Brechung der Parteienherrschaft341. 66 Linksextremistische Bestrebungen Angela MARQUARDT, Mitglied des Parteivorstandes der PDS (zugleich Repräsentantin der AG "Junge Genossinnen in und bei der PDS" - A G Junge Genossinnen - und seit Januar 1995 stellvertretende Bundesvorsitzende) behauptete, Wahlen wären verboten, wenn sie wirklich etwas änderten. Wahlkampf und Parlamente böten aber immerhin die Möglichkeit, linke Inhalte in die Medien zu transportieren35'. Die parlamentarische Demokratie sei in vielem eine Scheindemokratie. Man könne zwar nicht am Parlament vorbeigehen, die PDS glaube aber an ein nachparlamentarisches System. Das Ziel einer Veränderung des Systems dürfe sie nicht aus den Augen verlieren36'. Der jüngste Parteitag hat die zweideutige Haltung zum Parlamentarismus bestätigt. Im beschlossenen Fünf-Punkte-Papier heißt es: "Einig sind wir uns dahingehend, daß die PDS unabhängig von der konkreten parlamentarischen Rolle das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in außerparlamentarischen Bewegungen und Aktionen sieht und ihr gesellschaftliches Oppositionsverständnis von der jeweiligen Rolle in einem Parlament nicht berührt wird." Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung wird von einzelnen PDS-Funktionären nicht eindeutig abgelehnt. Die "Kommunistische Plattform der PDS" (KPF) und die AG Junge Genossinnen äußern sich zu militantem Vorgehen zustimmend oder billigend. Solidarität und Zusammenarbeit mit gewaltbereiten Linksextremisten, z.B. mit Autonomen, gehören für sie zur politischen Praxis. In den eigenen Reihen duldet und fördert die Partei offen linksextremistische Strukturen, die sich insbesondere in der KPF und der AG Junge Genossinnen manifestieren. Kommunistische Die KPF - der PDS-Vorsitzende Lothar BISKY rechnete ihr etwa 5.000 Plattform der PDS Mitglieder zu37' - bekräftigte auch 1994 ihr Bekenntnis zum MarxismusLeninismus. Nach einer programmatischen Erklärung, verfaßt von drei Sprechern der KPF, bildet der wissenschaftliche Kommunismus, wie er durch Lenin, Luxemburg, Gramsci, Trotzki, Bucharin oder Mao TseTung weiterentwickelt worden sei, die Grundlage für die Politik der KPF. Ziel der KPF sei die revolutionäre Transformation der alten, der Klassengesellschaft, in eine neue, klassenlose Gesellschaft38'. Die Bundeskonferenz der KPF am 10./11. Dezember in Berlin beschloß, sich um mehr Einfluß in der PDS zu bemühen. KPFMitglieder gehören zu den politisch aktivsten Personen in der Partei. Sie waren 1994 in nahezu allen entscheidenden Gremien einschließlich des PDS-Parteivorstandes vertreten. KPF und PDS-Parteiführung versicherten sich wiederholt gegenseitiger, wenn auch kritischer Solidarität. Weder die PDS-Führung noch die KPF betreiben eine Linksextremistische Bestrebungen 67 Loslösung der Plattform von der PDS. In einem im Herbst bekanntgewordenen Positionspapier der KPF heißt es u.a.: "Das Ausscheiden der Kommunistischen Plattform aus der PDS würde von der überwiegenden Mehrzahl der Parteimitglieder - auch jenen, die kommunistischen Ansichten nahestehen - nicht verstanden und (mit Recht) als Sektierertum bewertet werden." Der PDS-Bundesvorsitzende BISKY warnte, wer die Plattform angreife, wende sich auch gegen die PDS391. Der Landesvorsitzende der PDS Brandenburg, Helmut MARKOV, bezeichnete es als verheerend, Gedanken an eine Ausgrenzung der KPF auch nur zu äußern. Diese verkörpere für ihn eine Richtung, die auf dem Programm der PDS fuße. Deren Mitglieder seien deshalb ebensolche Demokraten wie andere PDS-Mitglieder40'. Der Parteitag im Januar 1995 hat am grundsätzlichen Einvernehmen zwischen PDS und KPF nichts geändert. Zwar wurde Sahra WAGENKNECHT nicht wieder in den Parteivorstand gewählt. Jedoch wurde gleichzeitig eine Ergänzung zum Fünf-Punkte-Papier beschlossen, welche die Stellung der KPF in der PDS bekräftigt: "Als sozialistische Partei kann und darf die PDS nicht antikommunistisch sein. Sie ist nicht bereit, auf demokratisch-kommunistische Positionen in ihren Reihen zu verzichten." Die AG Junge Genossinnen (etwa 500 Mitglieder) dient als Bindeglied AG Junge der PDS zu jugendlichen undogmatischen Linksextremisten, besonGenossinnen ders Autonomen. Gewalt als Mittel der politschen Auseinandersetzung zusammen mit gewaltbereiten ist für die Mitglieder der AG kein Tabu. An einem im Mai in Strausberg Linksextremisten durchgeführten "Widerstandskongreß" der AG beteiligten sich laut "Neues Deutschland" auch Vertreter der autonomen Antifa und Personen, die wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung mehrjährige Straftaten verbüßt haben41'. In einem Bericht zum Kongreß schrieb Angela MARQUARDT: "In einer Zeit, wo wir uns die Mittel unseres Widerstandes nicht mehr aussuchen können (...), ist es für meine Begriffe sinnlos, ständig neu über die Gewaltfrage zu diskutieren. (...) Und wer Gewaltfreiheit proklamiert, ist meiner Meinung nach blauäugig." ("PDS-Pressedienst" Nr. 20 vom 20.5.1994) Auf ihrem Bundeskongreß am 16./17. Dezember in Magdeburg forderte die AG Junge Genossinnen in einem Positionspapier ein Oppositionsverständnis, das Widerstand gegen jede Form von Herrschaftspolitik bedeutet. Eine an das politische System der Bundesrepublik Deutschland angepaßte Oppositionspartei hätte ihre Existenzberechtigung verloren42'. M, 68 Linksextremistische Bestrebungen In einem Interview zur Bundeskonferenz behauptete Angela MARQUARDT, in allen PDS-Landesverbänden gebe es Junge Genossinnen, in der Regel auch in allen Großstädten im Osten wie im Westen; zumindest im Westen habe die AG großen Zulauf31. Mit Angela MARQUARDT - nunmehr stellvertretende Parteivorsitzende der PDS - und Halina WAWCZYNIAK verfügt die AG über zwei Vertreter im Parteivorstand. Weitere In den westlichen Bundesländern - die Partei zählt dort nach eigenen Linksextremisten Angaben ca. 2.400 Mitglieder441 - gehören zur PDS auch ehemalige in der PDS Maoisten aus dem "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) sowie Trotzkisten aus der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP). Im Sommer formierte sich eine "Arbeitsgemeinschaft Autonome Gruppen in und bei der PDS". Aufrufe zur Gründung einer "Anarchistischen Plattform in und bei der PDS" werden seit Herbst bundesweit verbreitet. Der jüngste Parteitag verabschiedete Maßnahmen zur Forcierung der Westausdehnung der Partei. Zusammenarbeit Auch Verflechtungen und Zusammenarbeit mit Kommunisten und mit inund ausLinksextremisten anderer Gruppierungen - vor allem der DKP - werländischen den von der PDS nicht in Abrede gestellt. Linksextremisten Zur Bundestagswahl am 16. Oktober kandidierten für die PDS auf den "offenen Listen" und als Direktkandidaten (oder in beiden Funktionen) etwa 50 Personen, die sonstigen linksextremistischen Organisationen (z.B. der DKP) angehören bzw. in jüngerer Vergangenheit angehörten. Von den Abgeordneten der PDS, die über Landeslisten in den Bundestag einzogen, waren drei früher in der DKP aktiv; ein weiterer übt nach wie vor Funktionen in der VSP (vgl. Nr. 4) aus. Zu ausländischen kommunistischen Parteien und Organisationen unterhält die PDS kontinuierliche freundschaftliche Beziehungen. Im Programm bezeichnet sie dies als "Internationalismus". Insgesamt ergeben sich aus einer Reihe von Zielsetzungen der Partei und programmatischen Aussagen bis in die Parteispitze tatsächliche Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen der Gesamtpartei. Auch hat sich die PDS nicht von den linksextremistischen Strömungen in der Partei, die insbesondere von der "Kommunistischen Plattform", der "AG Junge Genossinnen" und Gruppen aus dem "Bund Westdeutscher Kommunisten" verkörpert werden, getrennt; teilweise haben diese ihre Positionen innerhalb der PDS sogar - auch nach dem Bundesparteitag im Januar 1995 - gefestigt. Linksextremistische Bestrebungen V. Erläuterungen und Dokumentation 1) Die weitere Vollstreckung der Jugendstrafen von zwei Freiheitsstrafe gegen Irmgard Jahren bzw. 15 Monaten auf MÖLLER wurde ab 1. DeBewährung. Die zu 15 Mozember 1994 gem. SS 57a naten Jugendstrafe VerurStGB zur Bewährung ausgeteilte erklärte später in einem setzt. Interview: "Daß dabei ein Mensch liegengeblieben ist, 2) Die Mehrzahl der Autonomen ist zwar nicht die Strategie gehört zur Gruppe der 18bis vom antifaschistischen Kampf, 28jährigen; der "Durchaber es kann vorkommen, schnittsautonome" ist Schüund an dem Punkt distanzieler, Auszubildender, Student re ich mich nicht" (zit. nach: - oftmals in Ausbildung oder "INTERIM" Nr. 313 vom 22. Studium gescheitert -, jobbt Dezember 1994). gelegentlich oder ist arbeitslos. Die "Verweildauer" in der 5) "Autonome Internationalisten Szene beträgt für viele nur und Internationalistinnen" wenige Jahre. Als szenetyhatten sich bereits - mit einer pisch kennzeichneten Autoz.T. wortgleichen Begrünnome eine "Moral, die soziadung - zu Sachbeschädile Aneignungsformen wie gungen an Reisebüros in der beispielsweise Einklauen, Nacht zum 4. April in Schwarzfahren, >SozialbeHannover bekannt: "In der trug< (...) eindeutig legitiNacht vom Montag den miert" ("INTERIM" Nr. 281 4.4.94 haben wir die Einvom 7. April 1994). gangstüren fast aller hanno3) "INTERIM" Nr. 293 vom 30. verschen Reisebüros dichtJuni 1994 gemacht, (weit über 100), bei der Konzernzentrale TUI die 4) Gerhard KAINDL, Funktionär Türen und Fenster des Einder rechtsextremistischen gangsbereiches zerstört und "Deutschen Liga für Volk und Buttersäure hineingekippt, Heimat", war am 4. April um ein Zeichen gegen die all1992 in einem Lokal am tägliche >friedliche< FinanRande des Bezirks Berlinzierung des türkischen Kreuzberg bei einem Überfall Regimes zu setzen." von "Antifas" erstochen, eine weitere Person schwer ver6) Zentraler Aufruf aus dem letzt worden. Im November autonomen/antiimperialisti1994 wurden drei Tatbeschen Spektrum. teiligte zu jeweils dreijährigen Haftstrafen verurteilt, zwei 7) "radikal" Nr. 149 vom März weitere Beteiligte erhielten 1994 70 Linksextremistische Bestrebungen 8) Flugblatt "Autonomer Grup24) RF Nr. 26/94 vom 2.7.1994, pen" S. 16-19 9) Heinz STEHR, Sprecher der 25) RF Nr. 21/94 vom 28.5.1994, DKP, Rede auf einer VeranS. 15; Resolution des 6. ZKstaltung der DKP zum 75. Plenums, Mai 1994, S. 1 Jahrestag der KPD-Gründung, 7. Oktober in Völk26) Entwurf einer neuen Satzung lingen (internes Manuskript) des BWK, "Politische Berichte" Nr. 11 vom 10) HeinzSTEHR.Referataufder 3.6.1994, S. 13 7. Tagung des DKP-Partei27) "VORAN" Nr. 161 vom vorstandes, zitiert nach Mai/Juni 1994 "DKP-Informationen" Nr. 3/94 vom 20.6.1994 28) SAV-Broschüre "Wofür wir 11) DKP-Zentralorgan "Unsere kämpfen ..." Zeit" (UZ) vom 10.6.1994 29) "Erklärung zur Gründung der 12) "DKP-Informationen" Nr. 7/94 Internationalistisch-Sozialistivom 24.10.1994 schen Organisation" (ISO), in: "Internationaler Sozialismus" 13) "Neues Deutschland" (ND) Nr. 1, September/Oktober vom29./30.1.1994 1994 14) Antrag an den 12. Bundes30) Flugblatt, Beilage zu "GEkongreß der SDAJ am 12. GENSTANDPUNKT" Nr. März 1994 3/94 15) UZ vom 14.10.1994 31) Die KPD vereinigte sich 1986 mit der trotzkistischen 16) ND vom 10./11.12.1994 "Gruppe Internationale Mar17) "Rote Fahne" (RF) Nr. 36/94 xisten" (GIM) zur "Vereinigten vom 10.9.1994, S. 2 Sozialistischen Partei" (VSP). 18) RFNr.21/94vom28.5.1994, 32) PDS-Schatzmeister Dietmar S. 9 BARTSCH im "Neuen Deutschland" vom 25.2.1995 19) Programm des ZK, März 1994, S. 9 33) Die entsprechende Stelle im "Manifest der Kommunisti20) RF Nr. 42/94 vom schen Partei" lautet: "Wenn 22.10.1994, S. 3, 6, 7, 10 das Proletariat im Kampf ge21) vgl. "lernen und kämpfen" gen die Bourgeoisie sich not(luk) Nr. 10/94, S. 25 wendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich 22) Programm des ZK, März zur herrschenden Klasse 1994, S. 11 macht und als herrschende 23) luk Nr. 10/94, S. 27; RF Nr. Klasse gewaltsam die alten 44/94 vom 5.11.1994, S. 12 Produktionsmittel aufhebt, Linksextremistische Bestrebungen 71 so hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes der Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf. An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist" (MEW, Bd. 4, S. 482). 34) PDS-Mitgliederzeitschrift "Disput" Nr. 18/94 35) "PDS-Pressedienst" Nr. 30 vom 29.7.1994 36) "Sozialistische Zeitung" (SoZ) Nr. 19 vom 22.9.1994 37) Leipziger Volkszeitung vom 11. März 1994 38) "KPF der PDS, Wir stellen uns vor - Warum sind Kommunistinnen in der PDS?", Berlin, Februar 1994, S. 23, 25 39) ND vom 18.4.1994 40) ND vom 30.11.1994 41) ND vom 16.5.1994 42) "PDS-Pressedienst" Nr. 51 vom 23.12.1994 43) ND vom 22.12.1994 44) PDS-Schatzmeister Dietmar BARTSCH im "Neuen Deutschland" vom 25.2.1995 72 Linksextremistische Bestrebungen VI. Übersicht über die genannten und andere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1994 (1993) und Auflage - z.T. geschätzt) Arbeiterbund für 200 (200) Kommunistische den Wiederaufbau der Arbeiterzeitung KPD (AB) - monatlich - - München - -3.500(1.500)über Autonome 5.000 (5.000) "Szene Blätter" INTERIM (wöchentl.), SWING (monati), CLASH und radikal (unregelmäßig) Bund Westdeutscher 250 (300) Kommunisten (BWK) - Köln - BWK-beeinflußte Organisation: Volksfront gegen 200 (200) Mitteilungen Reaktion, Faschis- - vierteljährlichmus und Krieg - 800 (800) - (VOLKSFRONT) - Köln - unter Deutsche Kommu6.000 (6.000) Unsere Zeit (UZ) nistische Partei (DKP) - vierzehntäglich - - Essen - -8.000(14.000)Marxistische Blätter - zweimonatlich - - 3.000 (3.200) - Vorfeldorganisationen der DKP: Sozialistische 200 (400) Position - magazin Deutsche Arbeiterder SDAJ jugend (SDAJ) - zweimonatlich - - Essen - - 600 (600) - Vereinigung der 8.500 (8.500) antifa-rundschau Verfolgten des - unregelmäßig - Naziregimes - -9.000(9.500)Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (VVN-BdA) - Frankfurt/M. - Marx-EngelsStiftung e.V. -Wuppertal- Linksextremistische Bestrebungen 73 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz(z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1994 (1993) und Auflage - z.T. geschätzt) Föderation Gewaltgraswurzelrevolution - freier AktionsgrupFÜR EINE GEWALTpen (FöGA) FREIE HERRSCHAFTS(KoordinierungsLOSE GESELLSCHAFT stelle der anarchi- - monatlich - stischen "Graswur-4.000(4.000)zelbewegung" mit ca. 80 "Gewaltfreien Aktionsgruppen" und "Kollektiven") Freie Arbeiterinnen direkte aktion und Arbeiter Union - zweimonatlich - (FAU-IAA) - 3.000 (3.000) - - Frankfurt/M. - Freie ArbeiterFanal Union/Anarchisti- - vierteljährlich - sche Partei (FAU/AP) - Heidelberg - Marxistische Gruppe 10.000 (10.000) GEGENSTANDPUNKT (MG)*) - vierteljährlich - - München - -7.000(6.000)etwa Marxistisch2.300 (2.000) Rote Fahne Leninistische Partei - wöchentlich - Deutschlands (MLPD) -7.500(7.500)- - Essen - lernen und kämpfen (luk) - monatlich - - 1.000 (1.500) - MLPD-Nebenorganisation: REBELL-Jugendverband der MLPD MLPD-beeinflußte Organisation: Frauenverband Courage Courage Partei des Demoetwa (etwa Disput kratischen Sozia124.000 132.000) - 2 x im Monat - lismus (PDS) - Berlin - PDS-Pressedienst - wöchentlich - Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS - monatlich - über Rote Hilfe e.V. (RH) 1.000 (700) Die Rote Hilfe - Kiel - - vierteljährlich - -2.000(2.000)*) Nach eigenen Angaben im Mai 1991 aufgelöst. 74 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1994 (1993) und Auflage - z.T. geschätzt) Sozialistische 250 (250) Klassenkampf Arbeitergruppe (SAG) - monatlich - - Berlin - -4.000(3.500)Vereinigte 180 (270) Sozialistische Zeitung Sozialistische (SoZ) Partei (VSP) -vierzehntäglich- - Köln - -2.000(2.000)SoZ-Magazin - 3 xjährlich - -2.000(2.000)SoZ-Aktuell - 1 0 xjährlich-12.000(12.000)Sozialistische Alternative 320 (300) VORAN VORAN (SAV) - monatlich - - Köln - -1.000 (1.000) - Marxistische Hefte - unregelmäßig - - 500 (500) - SAV-beeinflußte Organisation: Jugend gegen 1.100 (1.000) Rassismus in Europa (JRE) - Köln - V E R F A S S U N G S S C H U T Z B E R I C H T " Linksextremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionage Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetzestexte 76 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Rückgang der Ende 1994 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 82 (1993: 78) Zahl der Organisationen und Personenzusammenschlüsse, die von den Mitglieder Verfassungsschutzbehörden wegen rechtsextremistischer Bestrebungen beobachtet wurden. Die Zahl der Mitglieder solcher Personenzusammenschlüsse und der nicht organisierten Einzelpersonen ist - nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften (870) - mit 56.600 Personen gegenüber dem Vorjahr (64.500) um 7.900 Personen deutlich zurückgegangen. In diesen Zahlen sind die Mitglieder der Partei "Die Republikaner" (REP) enthalten, ohne daß damit alle einzelnen Mitglieder schon als Rechtsextremisten zu bewerten sind. Nur leicht rückläufig mit rund 5.400 (1993: rund 5.600) war die Zahl der militanten Rechtsextremisten; dazu rechnen insbesondere rechtsextremistische Skinheads in überwiegend strukturlosen Zusammenschlüssen auf regionaler und lokaler Ebene. Das Neonazipotential wird um etwa 1.300 Personen höher mit ca. 3.000 angesetzt; rund 1.150 (1993: rund 950) Neonazis gehören keinen Personenzusammenschlüssen an. Anstieg des Für den leichten Rückgang bei den militanten Rechtsextremisten dürfNeonazipotentials ten insbesondere die vielfältigen staatlichen Maßnahmen ursächlich sein. Die höher anzusetzende Zahl der Neonazis ist auf eine Tendenz weg von festgefügten Organisationen hin zur lose strukturierten themenbezogenen Zusammenarbeit zurückzuführen. Damit versuchen die Neonazis, weiteren staatlichen Organisationsverboten zu entgehen und ziehen zugleich weitere junge Leute an. Für diese neuen Strukturformen charakteristisch ist das Fehlen von formalen Mitgliedschaften und Vorständen; besondere Bedeutung kommt der Anleitung durch regionale Führungsfiguren zu, die untereinander in Kontakt stehen. Dies erleichtert auch Skinheads, die feste Organisationsformen ablehnen, ein begrenztes Mitwirken. Die nicht mehr nur auf eine einheitliche, überregionale Organisation ausgerichtete Zielsetzung der Neonazis erklärt zudem den Anstieg der Zahl ihrer Zusammenschlüsse auf 33 (1993: 27). Mitgliederverluste Der in Parteien organisierte Rechtsextremismus mußte deutliche der Parteien Mitgliederverluste hinnehmen: Die "Deutsche Volksunion" (DVU) hatte einen Mitgliederschwund von etwa 6.000, das sind über 23%, die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) von etwa 500. Die REP haben etwa 3.000 Mitglieder weniger als im Vorjahr. Rechtsextremistische Bestrebungen 77 63.100* Rechtsextremistisches (61.900) 65.400' Personenpotential (64.500) Gesamtpotential (abzüglich der Mehrfachmitgliedschaften) Mitglieder in Parteien militante Rechtsextremisten, insbes, rechtsextr. Skinheads 50.000 51.980* Neonazis gesamt * Bis einschließlich Mitglieder in 1991 sind die Mitsonstigen Vereinigungen 40.950 glieder der Partei Mitglieder in Jugendund (39.800) "Die Republikaner" Studentenorganisationen (REP) in der Gesamtzahl nicht enthalten. Ende 1992 beschlossen' die Verfassüngs40.000 schutzbehörden, zu den REP systematisch Informationen zu sammeln und auszuwerten. 30.000 10.000 2.600 2.610 2.400 2.370 2.220 2.420**^ 2.200 2.450 1.420 1.460 2.240 2.000 1.700 1.550 2.300 1.820 1.520 1.150 1.150 1.300 1.400 1.500 1.200 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 78 Rechtsextremistische Bestrebungen Rechtsextremismuspotential 1992 1993 1994 Gruppen Mitglieder Gruppen Mitglieder Gruppen Mitglieder Militante Rechtsextremisten, insbesondere rechtsextremistische Skinheads - 6.400 4 5.600 1 5.400 Neonazis 33 2.200 27 2.450 33 3.740 *> (davon unorganisiert) (800) (950) (1.150) Parteien 6 51.980 8 55.130 4 45.400 davon u.a. "Deutsche Volksunion" (DVU) 26.000 26.000 20.000 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 5.000 5.000 4.500 "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) 800 900 900 "Die Republikaner" (REP)**' 20.000 23.000 20.000 Studentenund Jugendorganisationen 6 700 6 700 8 260 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 38 1.820 33 1.520 36 2.670 Summe 83 63.100 78 65.400 82 57.470 Nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 61.900 64.500 56.600 ***' ') Davon 800 Mehrfachmitgliedschaften. 1992 und 1993 wurde die Zahl dieser Mehrfachmitgliedschaften nicht gesondert ermittelt. (tm)) Hinsichtlich der Partei "Die Republikaner" (REP) kann nicht davon ausgegangen werden, daß alle Mitglieder bewußt rechtsextremistische Ziele verfolgen oder unterstützen. In den Verfassungsschutzberichten der Vorjahre war das Mitgliederpotential der REP in diese Auflistung noch nicht einbezogen. "*) Insgesamt 870 Mehrfachmitgliedschaften (800 Neonazis, 70 sonstige Rechtsextremisten) 2. Organisationsunabhängige publizistische Einrichtungen Ende 1994 gab es 35 (1993: 33) organisationsunabhängige rechtsextremistische publizistische Einrichtungen. Es handelt sich im wesentlichen um Buch-, Zeitungsund Schriftenverlage sowie Vertriebsdienste. 3. Periodische Publikationen Die Zahl der rechtsextremistischen Publikationen blieb mit 86 gegenüber 1993 konstant. 54 (1993: 62) Schriften erschienen mindestens Rechtsextremistische Bestrebungen 79 viermal im Jahr; diese hatten eine Gesamtauflage von über 6,5 Millionen Zahl und AufExemplaren (1993: fast 6,5 Millionen). lagenhöhe rechtsextremistischer Publikationen kaum verändert II. Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund 1. Übersicht*1 1994 wurden 7.952 (1993: 10.561) Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund bekannt: 1.489 (1993: 2.232) Gewalttaten und 6.463 (1993: 8.329) sonstige Gesetzesverletzungen1'. Sie verteilen sich nach Zielrichtungen wie folgt (1993 in Klammem): Gesetzesverletzungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund (vgl. Nr. 3.1) Gewalttaten 860 (1.609) sonstige Gesetzesverletzungen 2.631 (5.112) Gesetzesverletzungen insgesamt 3.491 (6.721) Gesetzesverletzungen mit antisemitischem Hintergrund (vgl. Nr. 3.2) Gewalttaten 41 (72) sonstige Gesetzesverletzungen 1.325 (584) Gesetzesverletzungen insgesamt 1.366 (656) Gesetzesverletzungen gegen politische Gegner (vgl. Nr. 3.3) Gewalttaten 95 (157) sonstige Gesetzesverletzungen 148 (108) Gesetzesverletzungen insgesamt 243 (265) Gesetzesverletzungen mit sonstigen Zielrichtungen (vgl. Nr. 3.4) Gewalttaten 493 (394) sonstige Gesetzesverletzungen 2.359 (2.525) Gesetzesverletzungen insgesamt 2.852 (2.919) Bei den insgesamt verzeichneten Gesetzesverletzungen mit erwieseStarker Rückgang nem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund ergibt der Gesetzesversich gegenüber 1993 ein Rückgang von 25%. letzungen aber Anstieg der Ein prägnanter Anstieg von 127% war im Bereich der sonstigen GesetzesverGesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem antiseletzungen mit mitischem Hintergrund feststellbar. Dieser Anstieg ist auch auf die antisemitischem Hintergrund Zunahme der Volksverhetzungen/Aufstachelungen zum Rassenhaß um rund 130% zurückzuführen. Mitursächlich hierfür sind anonyme *) Die Zahlen basieren auf Angaben des BKA. 80 Rechtsextremistische Bestrebungen Gesetzesverletzungen 1993 und 1994 12000 10.561 Gesetzesverletzungen gesamt davon: 10000 sonstige Gesetzesverletzungen Gewalttaten 8000 6.463 6000 * 4000 : ::: 2000 1993 1994 Mehrfachtäter, die zahlreiche antisemitische Pamphlete mit volksverhetzendem Inhalt versandten (vgl. Nr. 3.2). Überwiegend Die weitaus meisten Gesetzesverletzungen wiesen auch 1994 einen Gesetzesverfremdenfeindlichen Hintergrund auf. Die Aufteilung der Gesetzesletzungen mit verletzungen nach Zielrichtungen zeigt folgende Grafik: fremdenfeindlichem Hintergrund 6.721 5.000 Gesetzesverletzungen gesamt Mit fremdenfeindlichem Hintergrund Mit antisemitischem Hintergrund 4.000 ^ gegen politische Gegner sonstiger Zielrichtungen 2.919 2.852 3.000 davon Gewalttaten 1.000 I 1.366 1.000 265 243 1993 1994 1993 1994 1993 1994 1993 1994 Rechtsextremistische Bestrebungen 81 2. Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund 2.1 Entwicklung der Gewalttaten Nach der Vereinigung Deutschlands eskalierte rechtsextremistisch motivierte Gewalt in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß. Zwar stieg die Zahl der Gewalttaten schon in früheren Jahren von 120 (1985) auf 309 (1990) kontinuierlich an. 1991 - im ersten Jahr nach der Vereinigung - schnellte die Zahl der Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr aber fast um das Fünffache auf 1.492 hoch. 1992 wurden sogar 2.639 Gewalttaten bekannt - eine Steigerung um das 8,6fache gegenüber 1990. Diese Entwicklung konnte 1993 gestoppt werden: die Zahl der Gewalttaten ging gegenüber dem Vorjahr um 15% auf 2.232 zurück. Diese positive Tendenz hat sich 1994 in noch deutlicherem Ausmaß fortgesetzt. Der Rückgang gegenüber 1993 beträgt 33%. Grund für eine Entwarnung ist damit aber nicht gegeben. 2.2 Ursachen für den Rückgang der Gewalttaten Vornehmliches Angriffsziel militanter Rechtsextremisten waren in den Auswirkungen Jahren 1991 und 1992 die Asylbewerber. Nach dem starken Rückgang des neuen der Asylbewerberzahl verlor diese Problematik in der öffentlichen Asylrechts und Diskussion ab 1993 zunehmend an Bedeutung. Potentielle Täter, die glaubten, im Sinne des Großteils der Bevölkerung zu handeln ("Wir machen das, was sich die anderen wünschen, sich aber nicht trauen"), sahen sich ohne Rückhalt. Die Haltung der Bevölkerung manifestierte sich u.a. in den zahlreichen "Lichterketten" als Reaktion auf den Brandanschlag in Mölln in der Nacht zum 23. November 1992. Entwicklung der Gewalttaten 1985 bis 1994 2.500 Mie(r)\^ 2.000 WO m\m 1.489 1.000 500 255 *2# 120 _ 189 1" 193 ^ J ^ # 1985 1986 1987 1988 1969 1990 1991 1992 1993 1994 Sofern die Zahlen von früheren Statistiken abweichen, beruhen die jetzigen Angaben auf einem aktuelleren Erkenntnisstand. 82 Rechtsextremistische Bestrebungen Dies führte zugleich zu einer erheblichen Entschärfung des Mobilisierungseffektes. So war zwar nach dem Brandanschlag von Solingen am 29. Mai 1993 nochmals ein Anstieg der Gewalttaten festzustellen, jedoch bei weitem nicht mehr in dem früheren Ausmaß. 1994 war ein solcher Effekt nach schweren Gewalttaten wie dem Brandanschlag in Bielefeld am 20. April (vgl. Nr. 3.1) so gut wie nicht mehr zu verzeichnen. der repressiven Auch die repressiven staatlichen Maßnahmen - wie Verbote neonazistaatlichen stischer Organisationen und zahlreiche polizeiliche ExekutivmaßMaßnahmen nahmen -zeigten Wirkung bei den potentiellen Tätern und Mitläufern. Die durch die Gerichte im Einzelfall vorgenommene Bewertung von Brandstiftungen als Mord bzw. Totschlag, die Verurteilung der Täter schwerster Gewalttaten zu langjährigen Freiheitsstrafen sowie die eingehende Berichterstattung hierüber in den Medien dürften ihre abschreckende Wirkung auf potentielle Täter nicht verfehlt haben. 2.3 Aufschlüsselung der Gewalttaten nach Tatarten Keine TodesEine Aufschlüsselung der Gewalttaten nach Tararten zeigt, daß die opfer, Rückgang schweren Gewalttaten - Tötungsdelikte sowie Brandund Sprengbei den Branostoffanschläge - deutlich um 57% bzw. 68% zurückgegangen sind. Im lind Sprengstoffanschlägen Gegensatz zu den Jahren zuvor war 1994 kein vollendetes Tötungsdelikt zu verzeichnen. 1994 Art der Gewalttaten 1993 Tötungsdelikte* 10 23 Sprengstoffanschläge 1 3 Brandanschläge** 100 311 Landfriedensbrüche 49 93 Körperverletzungen 625 899 Sachbeschädigungen mit ^*-704 903 erheblicher Gewaltanwendung 1993: 3 Tötungsdelikte. 20 versuchte Tötungsdelikte. 1994: 10 versuchte Tötungsdelikte Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. Allerdings zeigen die zehn versuchten Tötungsdelikte, daß Rechtsextremisten nach wie vor den Tod von Menschen zumindest billigend in Kauf nehmen. Zwei Beispiele belegen die Entschlossenheit und die Brutalität, mit denen Täter vorgehen: Rechtsextremistische Bestrebungen 83 In Halle griffen drei Personen im Alter von 23 bis 29 Jahren am 1. März einen Ghanaer in der Straßenbahn an. Sie beleidigten und schlugen ihn; einer der Täter trat auf das Opfer ein. Bei dem Angriff wurde der Ghanaer so stark gegen eine Scheibe gestoßen, daß diese aus der Fassung gedrückt wurde. Durch die Wucht der Tritte stürzte das Opfer aus der Fensteröffnung. Das Landgericht Halle verurteilte die Täter am 20. September wegen gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren mit Bewährung bis zu drei Jahren und neun Monaten. Das Urteil ist rechtskräftig. In Lübeck wurde in der Nacht zum 25. März ein Brandanschlag auf die Synagoge verübt. Die Täter hatten zunächst Brandbeschleuniger in den unverschlossenen Windfang der Synagoge geschüttet. Anschließend hatten sie mit einem Molotowcocktail den gesamten Windfang in Brand gesetzt. In den Wohnungen der Obergeschosse hielten sich zu diesem Zeitpunkt fünf Personen auf; sie konnten sich unverletzt retten. Der Sachschaden beträgt rund 150.000 DM*'. 3. Zielrichtungen der Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund Motivationsrichtungen der Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund waren nicht nur Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Sie richteten sich auch gegen politische Gegner und Strafverfolgungsorgane, in einigen Fällen auch gegen Obdachlose und Homosexuelle oder gar gegen Behinderte. 3.1 Gesetzesverletzungen mit fremdenfeindlichem Hintergrund Als fremdenfeindlich sind alle Handlungen anzusehen, die sich gegen Begriff der Personen und deren Rechtsgüter richten, die wegen ihres Aussehens, Fremdenihrer Rasse, Herkunft oder Nationalität als "fremd" erscheinen, wobei feindlichkeit diese "Fremdheit" und die damit angeblich typischerweise verbundenen "minderwertigen" Eigenschaften für die Täter handlungsmotivierend oder zumindest mitmotivierend sind2'. Fremdenfeinlichkeit resultiert also aus den Komponenten Rassismus, Nationalismus und mangelnder Offenheit für andere Kulturen. Trotz des Rückgangs der Gewalttaten mit erwiesenem oder zu verFremdenfeindmutendem rechtsextremistischem Hintergrund um rund 47% von lichkeit als 1.609 auf 860 war Fremdenfeindlichkeit auch 1994 überwiegendes maßgebliches Motiv für Gewalt *) Das OLG Schleswig-Hostein verurteilte am 13. April 1995 die vier Angeklagten im Alter von 20 bis 25 Jahren zu Freiheitsbzw. Jugendstrafen zwischen zwei Jahren und sechs Monaten sowie vier Jahren und sechs Monaten wegen Brandstiftung bzw. Beihilfe hierzu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 84 Rechtsextremistische Bestrebungen Motiv für die Anwendung von Gewalt. Allerdings ging deren Anteil an den Gewalttaten von rund 86% (1992) über 75% (1993) auf 58% zurück. Bestimmend hierfür dürften die bereits beschriebenen Ursachen, insbesondere der Rückgang der Asylbewerber, sein (vgl. Nr. 2.2). Mit 71 % sind die besonders schweren Gewalttaten - Tötungsdelikte (1994 kein vollendetes Delikt) sowie Brandund Sprengstoffanschläge - mit fremdenfeindlichem Hintergrund sehr stark gesunken. Der Anteil der sonstigen Gesetzesverletzungen mit diesem Hintergrund ist gegenüber der Gesamtzahl der sonstigen Gesetzesverletzungen von 62% auf 39% zurückgegangen. Die meisten Gesetzesverletzungen ereigneten sich in Nordrhein-Westfalen (1.038), Baden-Württemberg (347) und Niedersachsen (341). Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Danach waren die Bundesländer Hamburg, SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern am stärksten betroffen. FremdenfeindDie Anzahl fremdenfeindlicher Gesetzesverletzungen ist nicht abhänliche Gesetzesgig vom Anteil der Ausländer in den Bundesländern. So weist Badenverletzungen unWürttemberg mit 12,3% Ausländeranteil statistisch 3,4 Gesetzesverabhängig vom letzungen pro 100.000 Einwohner auf, Mecklenburg-Vorpommern mit Anteil der Ausländer an der Bevölkerung Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem 1994 fremdenfeindlichem Hintergrund I verteilt nach Tatarten 1993 I Tötungsdelikte* 20 8 Sprengstoffanschläge 3 1 Brandanschläge** 284 80 Landfriedensbrüche 36 27 Körperverletzungen 727 494 Sachbeschädigungen mit 539 250 erheblicher Gewaltanwendung Bedrohungen / Nötigungen 1.414 548 Propagandadelikte 1.437 834 sonstige Tatarten, u.a. 2.261 1.249 Volksverhetzung, Beleidigungen, Aufstachelung zum Rassenhaß 1993: 2 Tötungsdelikte, 18 versuchte Tötungsdelikte; 1994: 8 versuchte Tötungsdelikte. Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. Rechtsextremistische Bestrebungen 85 1.038 Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem fremdenfeindlichem Hintergrund verteilt auf die Bundesländer 347 34, 210 II n 1 h c ö> öl ' N III C tt tu e II "1 " o H I 5 ji c P ! 0> f L. Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem fremdenfeindlichem Hintergrund in den Bundesländern je 100.000 Einwohner 86 Rechtsextremistische Bestrebungen einem Ausländeranteil von nur 1,6% demgegenüber 6,3 Gesetzesverletzungen. Beispiele für Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund: In Dannstadt-Schauernheim (Rheinland-Pfalz) zündeten unbekannte Täter am 19. Januar im Briefkasten eines Asylbewerberwohnheimes eine selbstgefertigte 13 em lange Rohrbombe. Von den rund 100 Bewohnern des Heimes wurde niemand verletzt. Es entstand Sachschaden. In Bielefeld warfen sechs Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren am 20. April einen Brandsatz in die erste Etage eines von türkischen Staatsangehörigen bewohnten Hauses. Die Bewohner konnten sich unverletzt in Sicherheit bringen. Es entstand Sachschaden von rund 150.000 DM. Das Landgericht Bielefeld verurteilte die Täter am 27. Oktober wegen gemeinschaftlicher schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Verstoß gegen das Waffengesetz zu Jugendstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten - diese wurde zur Bewährung ausgesetzt - sowie drei Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In Magdeburg kam es am 12. Mai mehrfach zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen. Am frühen Nachmittag verfolgte eine Gruppe von 30 bis 40 angetrunkenen Skinheads und Hooligans fünf Afrikaner, die in einem Cafe Zuflucht suchten. Die Verfolger schlugen sämtliche Scheiben des Lokals mit Stühlen und Tischen ein. Bei der geleisteten Gegenwehr wurden drei Angreifer verletzt. In der Folge kam es zu weiteren Ausschreitungen verschiedener Skinheadund Hooligan-Gruppen in der Magdeburger Innenstadt. Dabei wurden ein algerischer Aylbewerber und ein deutscher Jugendlicher verletzt. Gegen insgesamt 18 Personen wurde Anklage erhoben. Vier der Angeklagten waren bereits wegen Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund bekannt. Acht Personen im Alter von 18 bis 23 Jahren wurden inzwischen zu Freiheitsbzw. Jugendstrafen zwischen einem Jahr und sechs Monaten - ausgesetzt zur Bewährung - sowie drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. In Bielefeld wurde am 2. Juli ein Brandanschlag auf ein überwiegend von türkischen Staatsangehörigen bewohntes Haus verübt. Die in der Kellergarage und im Obergeschoß eines Anbaus gelegten Brandherde verursachten einen Sachschaden von rund 16.000 DM. Ein 28jähriger Tatverdächtiger befindet sich seit dem 3. Juli in Untersuchungshaft. Er soll Kontakte zur "Deutschen Volksunion" Rechtsextremistische Bestrebungen 87 (DVU) und zur verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) gehabt haben. In Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) verletzte am 30. November ein 1 öjähriger einen 29jährigen Studenten aus dem Sudan mit mehreren Messerstichen lebensgefährlich. Der Täter hatte den Sudanesen ohne Grund zunächst beschimpft und ihm dann mehrmals in Bauch und Rücken gestochen. Gegen den 15jährigen wurde ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags eingeleitet. 3.2 Gesetzesverletzungen mit antisemitischem Hintergrund 1994 wurden 1.366 Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem antisemitischem Hintergrund erfaßt. Empörung im Inund Ausland riefen vor allem der Brandanschlag auf die Synagoge in Lübeck in der Nacht zum 25. März (vgl. Nr. 2.3) und die Ausschreitungen auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald am 23. Juli hervor. Gegenüber 1993 (656 Gesetzesverletzungen)*1 ist ein Anstieg um 108% zu verzeichnen. Dieser Anstieg liegt ausschließlich im Bereich der Straftaten ohne Gewalteinwirkung wie Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Beleidigung, Propagandadelikte und einfache Sachbeschädigung; die Zahl der Gewalttaten ging dagegen um 43% - von 72 auf 41 - zurück. Entwicklung der Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder vermutetem antisemitischem Hintergrund 1985 bis 1994 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 Sofern die Zahlen von irüheren Statistiken abweichen. beruhen die jetzigen Angaben auf einem aktuelleren Stand. *) Die Vorjahreszahl ist durch die Einführung der Polizeistatistik "Antisemitische Straftaten" z u m 1. Juli 1993 nur bedingt vergleichbar. 88 Rechtsextremistische Bestrebungen Gesetzesverletzungen 1994 mit antisemitischem Hintergrund 1993 I Tötungsdelikte' Sprengstoffanschläge Brandanschläge Landfriedensbrüche Körperverletzungen Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung Bedrohungen / Nötigungen Volksverhetzung / Aufstachelung zum Rassenhaß Propagandadelikte sonstige Tatarten, u.a. Beleidigungen, Sachbeschädigungen ohne erhebliche Gewaltanwendung * versuchtes Tötungsdelikt Die insgesamt 1.366 Gesetzesverletzungen, darunter 65 (1993: 68) Schändungen jüdischer Friedhöfe, verteilen sich auf folgende Tatarten: Überproportionale Zunahme bei Der starke Anstieg der sonstigen Gesetzesverletzungen ist auf die den Volksverüberproportionale Zunahme bei den Volksverhetzungen/Aufstachehetzungen und lungen zum Rassenhaß um 130% zurückzuführen. Mitursachlich hierAufstachelungen für ist, daß 1994 im Gegensatz zum Vorjahr viele Hetzschreiben mehrzum Rassenhaß fach versandt wurden. So sind allein 36 Schreiben mit dem Pseudonym "Hugenberg" und 15 Schreiben mit dem Pseudonym "HermannWahnfried Eichmann" bekanntgeworden. Adressaten solcher Schreiben waren u.a. auch Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden. Die aufgrund der Mehrfachanzeigen eingeleiteten Ermittlungsverfahren (rund 190) sind in der Statistik enthalten. Ferner sind die sonstigen Tatarten (u.a. Beleidigungen, Sachbeschädigungen ohne erhebliche Gewaltanwendung) überproportional um das 9,5fache angestiegen. Beispiele für Gesetzesverletzungen mit antisemitischem Hintergrund: Auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar (Thüringen) randalierten am 23. Juli zahlreiche Skinheads. Sie brüllten rechtsextremistische Parolen und beschädigten einen Arbeitskarren sowie Fensterscheiben durch Steinwürfe. Eine Rechtsextremistische Bestrebungen 89 Zeugin wurde mit den Worten "Dich brenn' ich eigenhändig an" bedroht. Das Amtsgericht Weimar verurteilte in drei Prozessen insgesamt 16 Angeklagte im Alter von 16 bis 28 Jahren u.a. wegen Landfriedensbruchs und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu Jugendarresten sowie Freiheitsund Jugendstrafen bis zu einem Jahr und acht Monaten. Die Freiheitsund Jugendstrafen wurden mit Ausnahme der Höchststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Die Täter gehörten überwiegend der "rechten Szene" in Gera und Erfurt an; eine Täterin ist seit 1994 Landesvorsitzende der "Deutschen Nationalisten" (DN) in Thüringen. In der Gedenkstätte Sachsenhausen (Brandenburg) zeigten mehrere Personen am 2. September den "Hitlergruß", verlangten "die Öfen sollten wieder angemacht werden" und bespuckten Mahnmale. 90 Rechtsextremistische Bestrebungen Bei der Durchsuchung der Wohnungen von vier Tatverdächtigen fand die Polizei Aufkleber mit Hakenkreuzen und weiteres Propagandamaterial. Zwei der Tatverdächtigen sind bereits durch Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund aufgefallen. Die Gedenkstätte war bereits im September 1992 Ziel eines Brandanschlags. Dabei war eine Baracke zerstört worden, in der ein Museum zur Erinnerung an die jüdischen Häftlinge untergebracht war. - Auf dem jüdischen Friedhof in Neunkirchen (Saarland) wurden in der Nacht zum 18. September 27 Grabstellen verwüstet. Grabsteine wurden umgestoßen, Marmorplatten zertrümmert und Hakenkreuze und SS-Runen geschmiert. Ein Denkmal wurde mit den Parolen "Judas verrecke", "Ignatz Israel Bubis, wir kriegen euch alle", "Wer beim Juden kauft, ist ein Volksverräter" und "Nur für Arier" geschändet. Als Tatverdächtiger wurde am 18. November ein 19jähriger Skinhead festgenommen. Er hat die Tat gestanden. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung stellte die Polizei SS-Abzeichen, rechtsextremistisches Propagandamaterial sowie eine Reichskriegsflagge sicher. 3.3 Gesetzesverletzungen gegen politische Gegner Starker Rückgang Die Gewalttaten gegen politische Gegner sind zwar um 39% von 157 bei den Gewaltim Jahr 1993 auf 95 zurückgegangen. Durch die "Anti-Antifa"-Aktitaten gegen politivitäten (vgl. Kap. IV, Nr. 2) hat der "Kampf Rechts gegen Links" jedoch sche Gegner eine neue Qualität erlangt. Beispiele für Gewalttaten gegen politische Gegner: - Am 12. März überfielen 10 bis 15 der "rechten" Szene zuzuordnende Jugendliche einen regelmäßig von "linken" Gästen besuchten Jugendclub in Flößberg (Sachsen). Sie schlugen mit Baseballschlägern, Gummiknüppeln und anderen Schlagwerkzeugen auf die Gäste ein und zertrümmerten den Großteil der Einrichtung. Elf Personen wurden verletzt, sieben davon so schwer, daß sie stationär behandelt werden mußten. Am 30. April drangen etwa zehn Personen der "rechten" Szene mit Gewalt in eine Begegnungsstätte der "Alternativen Jugend" in Potsdam ein. Sie zwangen Anwesende, sich auf den Boden zu legen und schlugen dann mit Baseballschlägern, Eisenstangen und Holzknüppeln auf die Opfer ein und zerstörten das Mobiliar. Fünf Jugendliche erlitten Verletzungen. Gegen neun Tatverdächtige im Alter zwischen 16 und 20 Jahren wurde Anklage erhoben wegen gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung. Rechtsextremistische Bestrebungen 91 3.4 Gesetzesverletzungen mit sonstigen Zielrichtungen Weitere Angriffe richteten sich gegen Menschen mit behauptetem "unZielpersonen: deutschen Wesen", zu denen Rechtsextremisten geistig oder körperGeistig oder körperlich Behinlich Behinderte, Obdachlose und Homosexuelle zählen, sowie gegen derte, ObdachAngehörige der Strafverfolgungsorgane. lose und Homosexuelle Beispiele: In Frankfurt/M. skandierten am 14. Januar zwei unbekannte Jugendliche gegenüber einem Rollstuhlfahrer "Scheiß Behinderte", "Heil Hitler" und "Deutschland den Deutschen". Sie packten den Rollstuhl, schoben diesen zu einer rund 20 Meter entfernten Treppe und ließen ihn fünf Stufen hinunterrollen. Es war lediglich auf glückliche Umstände zurückzuführen, daß der Rollstuhlfahrer nicht stürzte. In Hamm (Nordrhein-Westfalen) schlug, trat und stach ein 1 /jähriger Jugendlicher am 13. März auf einen dem Stadtstreichermilieu zuzurechnenden 61jährigen Mann ein. Er verletzte ihn lebensgefährlich. Die Jugendstrafkammer des Landgerichts Dortmund verurteilte den Täter am 6. Dezember zu drei Jahren Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In Zechlinerhütte (Brandenburg) setzten unbekannte Täter am 2. April vor dem Ferienzentrum "Anne Frank", in dem das "Ostertreffen der Schwulen und Lesben" stattfand, mit einem Molotowcocktail ein Transparent in Brand. Sie skandierten rechtsextremistische Parolen und sangen "Wir ehren Adolf Hitler und verehren Rudolf Heß". 3.5 Urteile Auch 1994 sprachen die Gerichte wegen rechtsextremistischer Gewalttaten hohe Freiheitsstrafen aus: Das Landgericht Wuppertal verurteilte am 7. Februar zwei 20 und 27 Jahre alte Skinheads sowie einen 32jährigen Gastwirt u.a. wegen Mordes zu Jugendbzw. Freiheitsstrafen von 8, 10 und 14 Jahren. Dabei ging das Gericht von verminderter Schuldfähigkeit der Täter aus. Die Skinheads hatten am 13. November 1992 in einer Wuppertaler Gaststätte einen Mann, der sich selbst als "Jude" bezeichnet hatte, nach vorherigem gemeinsamem Alkoholgenuß mit Tritten mißhandelt, mit Alkohol Übergossen und angezündet. Dabei waren sie von dem Gastwirt durch antisemitische Parolen angefeuert worden. Anschließend hatten die drei Täter ihr Opfer gemeinsam in einem Pkw nach Venlo (Niederlande) verbracht. Das Opfer war während der Fahrt verstorben. 92 Rechtsextremistische Bestrebungen Das Landgericht Konstanz (Baden-Württemberg) verurteilte am 1. Juni einen 28jährigen Haupttäter und seine zwei 25jährigen Mittäter u.a. wegen Sachbeschädigung, versuchter Brandstiftung und Störung der Totenruhe zu Freiheitsstrafen von vier Jahren und fünf Monaten, vier Jahren sowie zwei Jahren und drei Monaten. Die Täter hatten in wechselnder Tatbeteiligung am 6. Februar und 17. Oktober 1992 Sachbeschädigungen an bzw. Brandanschläge auf Asylbewerberunterkünfte in Gottmadingen und Singen (Baden-Württemberg) verübt. Außerdem hatten sie im Oktober 1992 jüdische Friedhöfe und Gedenkstätten im Bodensee-Raum geschändet. Einer der beiden 25jährigen hatte Kontakte zur Skinhead-Szene und wurde bereits wegen einer Straftat mit rechtsextremistischem Hintergrund verurteilt. Die beiden anderen Täterstanden rechtsextremistischen Organisationen nahe, so den 1992 bzw. 1993 verbotenen neonazistischen Organisationen "Nationale Offensive" (NO) und "Heimattreue Vereinigung Deutschlands" (HVD). Das Landgericht Waldshut (Baden-Württemberg) verurteilte am 1. September einen 24jährigen Täter u.a. wegen dreifachen versuchten Mordes, schwerer Branstiftung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten. Zwei 19 und 20 Jahre alte Mittäter erhielten u.a. wegen schwerer gefährlicher Körperverletzung bzw. Brandstiftung und Sachbeschädigung Jugendstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten sowie von einem Jahr und neun Monaten. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Die drei Verurteilten hatten in wechselnder Tatbeteiligung zwei Anschläge gegen eine Asylbewerberunterkunft in Küssaberg-Rheinheim (BadenWürttemberg) verübt. Am Abend des 17. April 1993 hatten der 24jährige Haupttäter und der 20jährige Mittäter Steine gegen die Unterkunft geworfen. Eine in einem Raum unmittelbar unter dem Fenster schlafende Person war verletzt worden. In den frühen Morgenstunden des 7. November 1993 hatten der 24jährige und der 19jährige mit einem Molotowcocktail einen Brandanschlag auf die Unterkunft verübt. Die Bewohner hatten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Es war ein Sachschaden von rund 200.000 DM entstanden. Das Landgericht Stuttgart verurteile am 5. Oktober zwei Täter im Alter von 27 und 39 Jahren wegen versuchten Mordes sowie wegen versuchter und vollendeter Brandstiftung zu je sieben Jahren Freiheitsstrafe. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Die Täter hatten am 5. und 15. August 1993 in Kirchheim/Teck aus fremdenfeindlicher Haltung Brandanschläge gegen zwei von Ausländern bewohnte Häuser verübt. Rechtsextremistische Bestrebungen 93 Militante Rechtsextremisten 1. Übersicht Die Zahl der militanten Rechtsextremisten, insbesondere der rechtsextremistischen Skinheads, betrug Ende 1994 rund 5.400 (1993: rund 5.600). Zwischen dem Rückgang der Zahl der Gewalttaten um 33% und dem relativ geringen Rückgang der militanten Rechtsextremisten um nur rund 4% besteht nur scheinbar ein Mißverhältnis. Um das insgesamt bestehende Gefährdungspotential quantifizieren zu können, werden zu den militanten Rechtsextremisten auch als gewaltbereit einzuschätzende Personen gezählt, die also 1994 nicht notwendigerweise gewalttätig gewesen sein müssen. Bis Mitte der 80er Jahre bestimmten rund zehn Jahre lang strukturierte Gruppen wie die "Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann", die Gruppe um die Rechtsterroristen Odfried HEPP und Walther KEXEL, die "Deutschen Aktionsgruppen" (DA) des ehemaligen Rechtsanwalts Manfred ROEDER (vgl. Kap. IV, Nr. 12) und die Gruppen "Werwolf" sowie die "Aktionsgemeinschaft Nationaler VerbändeA/ölkischer Bund" (ANVA/B) des Peter NAUMANN das Lagebild im Rechtsterrorismus. Solche Strukturen sind in jüngerer Zeit in der militanten Szene jedoch Lose strukturierte die Ausnahme. Bei den Tätergruppen handelt es sich heute um allenGruppen mit spontanem falls lose strukturierte Gruppierungen, aus denen heraus fast immer ohEntschluß zu ne oder mit kurzem Planungsvorlauf der Entschluß zu einer Gewalttat Gewalttaten entsteht. 2. Analyse der Gewalttäter 2.1 Analyse der verurteilten Gewalttäter (1991 bis 1994) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die Daten aus 758 Urteilen gegen Personen, die seit 1991 an Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund beteiligt waren, analysiert3'. Dabei kommen folgende Ergebnisse zu Tage: Altersstruktur und Geschlecht 78% der Täter gehörten der Altersgruppe der 14bis 20jährigen Überwiegend Jugendlichen und Heranwachsenden an. Innerhalb dieser Gruppe männliche stellten wiederum die 17jährigen mit 23%, die 18jährigen mit rund 25% Jugendliche und Heranwachsende und die 19jährigen mit rund 20% den Hauptanteil. Zwischen 21 und 30 Jahre alt waren rund 18,5% der Täter, 3% waren älter als 30 Jahre. Nur etwa 1 % der Täter war weiblich. 94 Rechtsextremistische Bestrebungen Schulbildung41 Untere bis allenRund 78% der Täter hatten die Hauptschule besucht, rund 10% die falls mittlere Realschule, jeweils 4% die Polytechnische Oberschule in der ehemaSchulbildung vorligen DDR und das Gymnasium sowie rund 2% die Gesamtschule. Der herrschend Rest von 2% verteilt sich auf weitere Schulformen (z.B. Fachgymnasien oder Höhere Handelsschulen). Berufsausbildung51 Fast zur Hälfte Rund 46% der Täter gingen noch zur Schule oder befanden sich in eiSchüler oder nem Ausbildungsverhältnis. Über eine abgeschlossene BerufsausAuszubildende bildung verfügten 24% der Täter. Rund 29% hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung; von diesen hatten rund 27% ihre Ausbildung mindestens einmal abgebrochen. Ausgeübte Tätigkeit61 Mit rund 56% stand der überwiegende Anteil der Verurteilten in einem Berufsausbildungsbzw. Arbeitsverhältnis. Rund 10% waren noch Schüler. Nur je rund 4% waren Angestellte bzw. Angehörige der Bundeswehr. Der Anteil von 22% Arbeitslosen läßt sich aus der Altersstruktur erklären, da der Wechsel von Schule zu Beruf bzw. Berufsausbildung häufig mit einer Phase der Arbeitslosigkeit verbunden ist. Familienverhältnisse71 Probleme bei den Tätern selbst oder im Elternhaus (z.B. Alkohol oder Erziehungsschwierigkeiten) waren bei rund 42% erkennbar. Rund 15% der Täter oder deren Eltern lebten getrennt oder geschieden. In 39% der Fälle ergaben sich keine Anhaltspunkte für gestörte Familienverhältnisse. Vorerkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden Erkenntnisse über die Mitgliedschaft in einer rechtsextremistischen Partei/Organisation lagen bei rund 4% (30) der 758 Täter vor. Mitgliedschaften bestanden vor allem in der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) (7), den vom Bundesministerium des Innern verbotenen Vereinigungen "Deutsche Alternative" (DA) (7), "Wiking-Jugend e.V." (WJ) (4) sowie der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) (3). Weitere rund 5% (39) hatten sonstige Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen, insbesondere zur NPD (10) und zu den vom Bundesministerium des Innern verbotenen FAP (16), "Nationalistischen Front" (NF) (5) und DA (4). 2.2 Analyse der (mutmaßlichen) Gewalttäter (1994) 1994 wurden dem Bundesamt für Verfassungsschutz 1.143 Beteiligte Rechtsextremistische Bestrebungen 95 an Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund bekannt. Zum Teil handelt es sich um Tatverdächtige, teilweise ergingen bereits Urteile gegen die Betroffenen. Die Altersstruktur ergibt - im Vergleich mit den Vorjahren - folgendes Bild8': 1994 1993 1992 1991 unter 18 Jahren: 20,3% 16,8% 23,9% 21,2% 18-20 Jahre: 36,5% 39,1% 43,3% 47,8% 2 1 - 3 0 Jahre: 35,0% 36,5% 29,9% 28,3% 3 1 - 4 0 Jahre: 4,2% 4,9% 2,5% 2,2% 41 Jahre und älter: 4,0% 2,7% 0,4% 0,5% Der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden betrug damit 1994 Mehr als die 56,8% und hat sich gegenüber 1993 (55,9%) nur geringfügig veränHälfte Jugenddert. liche und Heranwachsende Zu 252 (22%) der namentlich bekannten (mutmaßlichen) Gewalttäter lagen bereits verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse vor: Rechtsextremistischer Vorlauf der 133 Personen waren zuvor bereits mindestens einmal an einer (mutmaßlichen) Gewalttat mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremiGewalttäter stischem Hintergrund beteiligt oder standen im Verdacht einer Beteiligung; bei 48 Personen trifft dies für eine sonstige Gesetzesverletzung (z.B. Propagandadelikt) zu; 71 Personen waren zuvor bereits wegen Mitgliedschaften oder sonstigen Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen bekanntgeworden, so z.B. zur verbotenen FAP, zur "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG), zur "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) oder zur verbotenen NF. 3. Rechtsextremistische Skinheads An den Gesetzesverletzungen mit erwiesenem oder zu vermutendem rechtsextremistischem Hintergrund, vor allem an den Gewalttaten, waren auch 1994 in erheblichem Maße rechtsextremistische Skinheads beteiligt. Allerdings ist die sichere Zuordnung von Tatverdächtigen zur Skinhead-Szene zuweilen erschwert, weil Skinheads immer öfter aus takti- 96 Rechtsextremistische Bestrebungen Maßgebliche sehen Gründen auf ihr typisches "Outfit" verzichten. Sie versuchen damit Beteiligung von insbesondere berufliche Nachteile zu vermeiden, sich vor Angriffen durch Skinheads an "Linke" zu schützen und sich polizeilichen Ermittlungen zu entziehen. Gesetzesverletzungen Ihre rechtsextremistische Einstellung kommt in den oft nach exzessivem Alkoholgenuß verübten Gewalttaten gegen Fremde und Andersdenkende sowie in neonazistisch-aggressiven Liedern zum Ausdruck. Nach einer Analyse der verurteilten Gewalttäter (vgl. Nr. 2.1) war bei rund 30% der Täter die Zugehörigkeit zur Skinhead-Szene erkennbar. Davon gehörten rund 35% zur Altersgruppe der 14bis 17jährigen, rund 47% zur Gruppe der Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre). 16% waren zwischen 21 und 24 Jahre alt; älter waren lediglich rund 2%. 3.1 Skinhead-Bands und ihre Songs SkinheadZur Skinhead-Musikszene zählen neben den rechtsextremistischen Musikszene Skinhead-Bands die nicht rechtsextremistischen "Oi-Bands" und die "antirassistisch" eingestellten "SHARP-Bands" (Skinheads against racism prejudice). Der Inaktivität einiger bekannter rechtsextremistischer Skinhead-Bands wie "Legion Condor", "Macht & Ehre" und "Ostfront AVK" standen 1994 zahlreiche Neugründungen gegenüber. Ende 1994 waren rund 40 (1993: rund 30) aktive rechtsextremistische Skinhead-Bands bekannt. Songs mit Auch 1994 erschienen wieder Tonträger mit eindeutig rechtsextremirassistischen stischen Inhalten. So ruft die Band "Volkszorn" in den Songs "Stolz" Inhalten und "Ali" zum Kampf gegen Punker und Türken auf: "Große, kleine Punker schlagen, tausend dumme Türken jagen, das ist das, was mir gefällt, das ist das, was uns gefällt". "Ali, der Türke wurde nicht gefragt, man hat ihn einfach fortgejagt. Mark für Mark hat er abkassiert und so manches doitsche Mädchen massakriert. Doch ein Volk stand auf, geschlossen und fest, bekämpft die Kanakenpest". (CD "Alles für Doitschland", 1994, Indizierungsantrag ist gestellt) Glorifizierung Glorifizierung nationalsozialistischer "Kultfiguren" sowie Angriffe gegen von Rudolf Heß Homosexuelle finden sich in den Songs "Rudolf Heß" und "Schwule" der "Doitschen Patrioten" (Magdeburg): "Rudolf Heß, bei diesem Namen schlagen deutsche Herzen hoch. Ein Mann im Kampf für's Vaterland, sein Name sei hochgelobt". "Stehen nur auf ihr Geschlecht, bei dem Gedanken wird mir schlecht. Heiraten woll'n sie in Amsterdam, für mich sind sie geisteskrank. Schwuler, Schwuler, mach mich nicht an, Schwuler, Schwuler, verschwinde hier". (MC "Nur für euch", 1994, indiziert, BAnz. Nr. 186 vom 30. September 1994) Rechtsextremistische Bestrebungen 97 Rassistische/neonazistische Texte verbreitet auch die Gruppe "Saccara" (Meppen), z.B. in dem Lied "Rassenkrieg": "Es ist Krieg, der tausenfache Mord, (...). Stehst ein für deine Rasse, bist du ein wahrer Held. (...) Es ist Rassenkrieg total." (CD "Der letzte Mann", 1993/94, indiziert, vgl. BAnz. Nr. 224 vom 30. November 1994) Auch die bildlichen Darstellungen auf den Covern der Tonträger zeigten die rechtsextremistische Einstellung der Bands. 3.2 Skinhead-Konzerte Mit rund 20 Veranstaltungen bewegt sich die Zahl der 1994 in Nur wenige Deutschland durchgeführten Skinhead-Konzerte - nicht zuletzt aufSkinheadgrund staatlicher Verbote-weiterhin auf niedrigem Niveau. DieTeilnehKonzerte merzahl lag jeweils bei 150 bis 500 Personen. Die Konzerte fanden z.T. unter Beteiligung ausländischer Bands und Skinheads statt. Um befürchtete Exekutivmaßnahmen zu vermeiden, meldeten die Organisatoren die Konzerte bei den zuständigen Behörden nicht mehr als solche an, sondern gaben sie beispielsweise als private Feiern aus. Den Teilnehmern wurde der Veranstaltungsort meist mündlich und kurzfristig mitgeteilt. Veranstaltungen mit Beteiligung deutscher Bands oder Skinheads fanden zudem im benachbarten Ausland statt, weil die Teilnehmer dort weniger staatliche Maßnahmen befürchteten. Das mit Abstand größte Konzert wurde am 14. April bei Brunn (Tschechien) mit etwa 1.000 Teilnehmern veranstaltet. Dort zeigten u.a. deutsche Skinheads den "Hitlergruß" vor einer "Reichskriegsflagge". In Rudolstadt (Thüringen) wurden am 14. Mai 19 Teilnehmer eines Skinhead-Konzerts vorläufig festgenommen. Sie hatten Waffen, Schlagwerkzeuge und verbotenes Propagandamaterial mitgeführt. Anläßlich eines von den Behörden verbotenen Konzerts in Dankeisried (Bayern) am 23. Juli kam es wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstößen gegen das Versammlungsbzw. Waffengesetz zu 66 vorläufigen Festnahmen. Ein Teil der Skinheads reiste aufgrund des Verbots des Konzertes zu einem Skinhead-Treffen nach Luzern (Schweiz) weiter. 3.3 Vertrieb von Tonträgern mit Skinhead-Musik Die einschlägig bekannten Firmen beschränkten sich - insbesondere wegen der gegen sie anhängigen Strafverfahren - im wesentlichen darauf, Tonträger rechtsextremistischer Musikgruppen nur mit entschärften Texten in ihre Angebotslisten aufzunehmen. Daneben traten 1994 verstärkt sogenannte Einzelanbieter hervor, die sowohl Tonträger, meist Demo-Tapes, mit eindeutig neonazistischem/rassistischem, fremdenfeindlichem und antisemitischem Inhalt als auch bereits indi- 98 Rechtsextremistische Bestrebungen zierte Tonträger anboten. Diese werden u.a. bei Skinhead-Konzertveranstaltungen vertrieben. Außerdem werden rechtsextremistische Tonträger im benachbarten Ausland (Polen, Tschechien, Frankreich und Belgien) hergestellt oder vertrieben mit dem Ziel, Strafverfahren in der Bundesrepublik Deutschland oder eine bestehende Indizierung des Tonträgers zu umgehen. 3.4 Skinhead-Fanzines Zahl der Fanzines Die Zahl der in Deutschland bekanntgewordenen rechtsextremistileicht gestiegen schen Skinhead-Fanzines hat sich mit rund 25 (1993: rund 20) leicht erhöht. Während die Herausgeber und Vertreiber einiger bekannter Publikationen keine aktuellen Ausgaben herstellten, erschienen einige rechtsextremistische Fanzines 1994 zum ersten Mal. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren (vgl. Nr. 3.5) sowie zahlreiche Indizierungen erschwerten die Herstellung und Verbreitung. Die meisten Herausgeber gaben sich bei der textlichen und bildlichen Darstellung zurückhaltend, um staatlichen Maßnahmen zu entgehen. Auch wurden SkinheadFanzines als "Rundbriefe an Freunde und Kameraden" und nicht als Veröffentlichung im Sinne des Pressegesetzes bezeichnet. Dennoch enthielten Fanzines wieder Texte und Zeichnungen mit rassistischem und neonazistischem Inhalt. ^ISir^rSr;i?ÄS^L. Rechtsextremistische Bestrebungen 99 3.5 Strafverfahren und Indizierungen Gegen Mitglieder von vier Skinhead-Bands und gegen drei Vertreiber Konsequente von Tonträgern mit Skinhead-Musik ergingen 1994 Strafurteile wegen Strafverfolgung Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. So wurden Musiker der Bands "Kraftschlag" und "Triebtäter" zu Freiheits/Jugendstrafen zwischen sieben und zehn Monaten verurteilt. Gegen die Mitglieder der Band "Oi Dramz" erfolgte ein Schuldspruch, wobei die Entscheidung über die Verhängung gemäß SS 27 JGG für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen den Inhaber des "ESV-Versands" wurde eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ausgesprochen. Gegen die Inhaber von "Skull-Records" erging eine Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie eine Jugendstrafe von sechs Monaten. Der Manager und die Mitglieder der Band "Radikahl" wurden zu Geldstrafen verurteilt. Gegen weitere fünf Bands, Vertreiber von Skinhead-Musik und Herausgeber von Skinhead-Fanzines wurden Ermittlungsverfahren durchgeführt. Zahlreiche Indizierungen erschwerten zudem den ungehemmten VerIndizierungen von Tonträgern und trieb von Tonträgern und Skinhead-Fanzines mit rechtsextremistiFanzines schem Inhalt. IV. Neonazismus 1. Zielsetzung Der Neonazismus knüpft an die Ideologie des Nationalsozialismus an, Totalitärer und so wie sie im Programm der NSDAP aus dem Jahr 1920 und der NSrassistischer Führerstaat Diktatur von 1933 bis 1945 zum Ausdruck kommt. Wunschbild der Neonazis ist ein totalitärer und rassistischer Führerstaat mit einer Einheitspartei. Nationale Interessen werden auf Kosten der Interessen anderer Nationen und der Individualrechte der "Volksgenossen", d.h. derjenigen, die "deutschen Blutes" sind, überbewertet. Die "deutsche Rasse" stellt die Elite dar, alle "Andersrassigen" werden als minderHaß insbesondere wertig klassifiziert. Fremdenfeindliche Agitation sowie Gewaltund songegen Juden stige Straftaten sind die Folge. Da nach dem Programm der NSDAP kein Jude Volksgenosse sein kann, richtet sich der Haß der Neonazis insbesondere auch gegen Juden. Eine Nachahmung des von Hitler repräsentierten "Dritten Reiches" war bis Anfang der 80er Jahre das einzig erstrebenswerte Ideal der 100 Rechtsextremistische Bestrebungen Bedeutung der Neonazis. In der Folgezeit kam von einigen Neonazis die Forderung "linksnationalnach einer "Abkehr vom Hitlerismus" auf. Sie wollten sich stärker an sozialistischen" dem sogenannten linken Flügel der historischen NSDAP orientieren, alPropagandisten geht zurück so den "antikapitalistisch" und "Sozialrevolutionär" ausgerichteten Strömungen um die Brüder Dr. Otto und Gregor Strasser oder den SAStabschef Ernst Röhm9'. Nach dem Verbot der "Nationalistischen Front" (NF) im November 1992 verblaßte die Bedeutung dieser "linksnationalsozialistischen" Propagandisten innerhalb der neonazistischen Szene. 2. "Anti-Antifa"-Aktivitäten Zunehmende Ausgelöst wurden die geschilderten innovativen Tendenzen bereits Resonanz 1992 mit den "Anti-Antifa"-Aktivitäten, die auf WORCH zurückgehen. Die "Anti-Antifa", deren erklärtes Ziel die "Feindaufklärung" des politischen Gegners ist, findet Resonanz im gesamten rechtsextremistischen Spektrum. Die rechtsextremistische Szene, die jahrelang einem zahlenund organisationsmäßig überlegenen Gegner gegenüberstand, sieht in den "Anti-Antifa"-Aktivitäten ein geeignetes Instrument, selbst offensiv werden zu können und sich nicht auf die Abwehr gegen sie gerichteter linksextremistischer Angriffe beschränken zu müssen. Darüber hinaus richten sich die Aktivitäten auch gegen Personen aus Politik, Gesellschaft und Staat. Die Aktivisten rekrutieren sich aus dem gesamten rechtsextremistischen Spektrum, insbesondere aus den verbotenen neonazistischen Oganisationen FAP, NL (vgl. Nr. 3 und 4), DA, NF und NO. Auch für eine Einbindung der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) (vgl. Kap. VI, Nr. 2) gibt es Hinweise. Ende 1994 engagierten sich bundesweit etwa 200 Personen in der "Anti-Antifa". Sie sind in örtlichen, unstrukturierten Gruppierungen zusammengeschlossen oder arbeiten diesen zu. Der Schwerpunkt lag in den alten Bundesländern. Die Aktivisten stehen - zumindest teilweise - untereinander in Verbindung. Ihre Ausspähungsergebnisse werden regional, aber auch zentral ausgewertet. "Anti-Antifa"-lnformationen, z.B. Namen, Anschriften und Fotos von politischen Gegnern, werden in unterschiedlichem Ausmaß in rechtsextremistischen Publikationen veröffentlicht. "Anti-Antifa"Mitte März erschien in neuem Format aber mit unverändertem Inhalt Publikation eine weitere Ausgabe der "Anti-Antifa"-Publikation "DER EINBLICK - "DER EINBLICK" Die nationalistische Widerstandszeitschrift gegen zunehmenden Rotfrontu. Anarchoterror". Die Schrift hatte bereits im November 1993 große Publizität erlangt. Über ein Postfach in Dänemark vertrie- Rechtsextremistische Bestrebungen 101 ben fungierte sie als überregionales Mitteilungsblatt der "Anti-Antifa". Nach regionalen Bezügen geordnet wurden Namen, Adressen und Anlaufstellen von politischen Gegnern in großer Zahl publiziert*1. Eine im Januar in Wupptertal erschienene "Anti-Antifa"-Druckschrift veröffentlichte Material von über 30 gegnerischen Objekten. An erster *) Die beiden 26 und 23 Jahre alten Hauptverantwortlichen für die Herausgabe der Neonazischrift wurden am 31. Januar 1995 vom Jugendschöffengericht Groß Gerau zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren ohne Bewährung bzw. von einem Jahr mit Bewährung verurteilt. Das Gericht befand sie für schuldig, mit iher "schwarzen Liste" über politische Gegner öffentlich zu Straftaten gegen Andersdenkende aufgerufen zu haben. Der 23jährige hat das Urteil angenommen. 102 Rechtsextremistische Bestrebungen Stelle wurden Foto, Anschrift und Telefonnummer eines Oberstaatsanwaltes publiziert. In der neonazistischen Publikation "Die Neue Front" wurde als "ANTIANTIFA-MELDUNG" unter der Überschrift "HERR GENERALBUNDESANWALT. HERZLICH WILLKOMMEN AN DER FRONT!" ein Foto des Generalbundesanwalts abgebildet. Auf seine Stirn ist ein Maschinengewehr gerichtet. Auf derselben Seite wurde auch der Name eines Koblenzer Staatsanwaltes mit vollständiger Adresse und Telefonnummer veröffentlicht101. Angehörige der "Anti-Antifa" haben 1994 zahlreiche Demonstrationen angemeldet. Allein für die Zeit vom 2. bis 10. April (Schwerpunkt 9./10. April) erfolgten - überwiegend durch führende Angehörige der FAP und der DN - Anmeldungen für 18 Kundgebungen der "Anti-Antifa" in 14 Städten zu Themen wie "Nie wieder Kommunismus" und "Kein Fußbreit den sogenannten Antifaschisten". Die Demonstrationen wurden von den zuständigen Ordnungsbehörden verboten und fanden nicht statt. Die Vielzahl der angemeldeten Kundgebungen, die z.T. zeitgleich mit denselben Rednern erfolgen sollten, deutet darauf hin, daß sie ohnehin nur vorgetäuscht waren, um die Sicherheitsbehörden zu binden bzw. von tatsächlich geplanten Veranstaltungen abzulenken. Die - aus der Sicht der Rechtsextremisten - erfolgreich agierende "Anti-Antifa" zeigt, daß strukturierte Organisationen dazu nicht immer erforderlich sind. Alternativ bieten sich für bestimmte Anlässe und Kampagnen solche organisationsübergreifenden, fast "rechtsautonomen" Vorgehensweisen an. Dabei spielen folgende Faktoren eine zentrale Rolle: eine - wenn auch zeitlich befristete - gemeinsame Zielsetzung, die Erkenntnis, für staatliche Gegenmaßnahmen weniger angreifbar zu sein, die Hoffnung, durch das engere Zusammenrücken der Beteiligten einen "Volksfront-Effekt" zu erzielen, - die Nutzung moderner Kommunikationsmittel. Dementsprechend forderte der Neonazi Christian SCHOLZ in den "Nachrichten der HNG" (vgl. Nr. 8): "Wir (...) müssen auf der einen Seite den Rechtskampf gegen die erfolgten (und theoretisch noch erfolgenden) Verbote weiter forcieren, und auf der anderen Seite aus den alten und verkrusteten Strukturen der Szene eine Art Volksfront (ähnlich APO: alle machen mit, keiner ist verantwortlich) bilden. - W o keine erkennbare Organisation vorhanden ist, kann man diese auch nicht zerschlagen!" ("Nachrichten der HNG" 159/94, S. 17) Rechtsextremistische Bestrebungen 103 "Autonome Strukturen" und "autonome Zellen", von denen RechtsZiel: "Autonome extremisten sprechen, sind das Ziel. Ein "autonomer KoordinierungsStrukturen" kreis" war 1994 an den Vorbereitungen für die geplanten, aber in Deutschland verhinderten Rudolf-Heß-Gedenkveranstaltungen beteiligt. Die Anlehnung an Aktionsund Strukturmodelle der Linksextremisten ist dabei unverkennbar, obwohl der Begriff "autonom" von den Linksextremisten synonym für anarchistische und anarchokommunistische Zielvorstellungen verwendet wird. Für die Neonazis bedeutet er lediglich das Fehlen überkommener Organisationsformen. 3. "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP)*' Die 1979 gegründete und seit 1984 von ehemaligen Anhängern der Mitgliederzahl 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktiunverändert visten" (ANS/NA) unterwanderte FAP konnte 1994 nicht an ihren starken Mitgliederzuwachs von 1993 anknüpfen. Die Zahl ihrer Mitglieder stagnierte bei rund 430. Sie verfügte über fünf aktive Landesverbände in Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie weitere Stützpunkte. Neben der Herausgabe ihrer Publikationen "STANDARTE" und "Aufbruch" beschränkten sich die Aktivitäten der FAP auf die PS e "tE^flts der Bundesrepublik m . In dieser Ausgabe Entscheiduns im Februar? = :::: Das Bundesministerium des Innern hat am 24. Februar 1995 den Verein "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) verboten und aufgelöst, weil er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtete. Bundesregierung und Bundesrat hatten im September 1993 beim Bundesverfassungsgericht das Verbot der FAP wegen der verfassungswidrigen Agitation der Partei, die diese in aggressiver kämpferischer Weise betrieb, beantragt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß die FAP keine Partei im Sinne von Artikel 21 Grundgesetz darstellt, so daß eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Verfassungsgericht nicht möglich war. Damit unterlag die FAP den vereinsrechtlichen Vorschriften. Für ein Verbot war danach das Bundesinnenministerium zuständig. 104 Rechtsextremistische Bestrebungen Durchführung vereinzelter Kundgebungen und interner Treffen sowie die Teilnahme an Veranstaltungen zusammen mit anderen rechtsextremistischen Organisationen. So beteiligten sich FAP-Aktivisten anläßlich des 7. Jahrestages des Todes des Hitler-Stellvertreters führend am "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" am 13. August in Luxemburg (Stadt) (vgl. Nr. 14.2). Hervorzuheben ist darüber hinaus die Durchführung des "Bundesparteitages" am 9. April in Berlin und des "Landesparteitages" des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen am 12. November in Friesenhagen (Rheinland-Pfalz). Während der letztgenannten Veranstaltung erhoben SA-ähnlich gekleidete Versammlungsteilnehmer anläßlich der Totenehrung Adolf Hitlers den rechten Arm zum "Hitlergruß". Die Staatsanwaltschaft Koblenz leitete gegen die Teilnehmer der Veranstaltung ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen SS 86a StGB sowie gegen das Versammlungsgesetz (Uniformverbot) ein*1. Am 5. November trafen sich unter maßgeblicher Beteiligung von FAPAngehörigen etwa 200 Neonazis in einer Stuttgarter Gaststätte, um eine neue rechtsextremistische Organisation zu gründen. Wegen zu erwartender massiver Störung der öffentlichen Sicherheit löste die Polizei die Veranstaltung auf. Dabei kam es zu Tumulten, in deren Verlauf acht Polizeibeamte verletzt wurden. So griff der Versammlungsleiter, der Neonazi Axel HEINZMANN (48), einen Polizeibeamten mit einem Messer an. Der FAP-Funktionär Christian HEHL (25) warf eine Glasflasche auf Polizeibeamte. Beide Personen wurden festgenommen**). Der Bundesvorsitzende der FAP, Friedhelm BUSSE (65), wurde bereits auf der Hinfahrt zu der Veranstaltung vorläufig festgenommen. Er führte u.a. 15 Exemplare des Hitler-Buches "Mein Kampf" mit sich, die er offenbar verteilen wollte. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Zahlreiche von der FAP angemeldete Demonstrationen wurden verboten. Bei einem Großteil der angekündigten Aktionen dürfte es sich allerdings lediglich um Scheinanmeldungen ohne ernsthafte Absicht, die Demonstrationen auch durchzuführen, gehandelt haben. Sie dienten insbesondere dazu, Arbeitskräfte bei (Polizei-)Behörden zu binden. Mangels Unterstützungsunterschriften ist es der FAP nicht gelungen, an der Bundestagsund der Europawahl teilzunehmen. *) Im Zuge des Verfahrens fanden am 14. Februar 1995 in neun Bundesländern Hausdurchsuchungen bei Angehörigen der FAP stau. Es wurden insgesamt 66 Objekte - davon 51 in Nordrhein-Westfalen - durchsucht. Dabei wurde neben Uniformen Propagandamaterial der FAP sowie anderer rechtsextremistischer Organisationen - u.a. der NSDAP/AO (vergl. Nr. 5) - sowie Waffen sichergestellt. Aufgrund dieser Zufallsfunde wurden weitere Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet. ") Am 2. Februar 1995 verurteilte das Amtsgericht Stuttgart HEINZMANN wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Widerstands und HEHL wegen schweren Landfriedensbruchs und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von einem Jahr. Rechtsextremistische Bestrebungen 105 Die FAP vertrat rassistisch geprägte fremdenfeindliche Ziele: Agitation gegen "Den Kindern wird nämlich in den Schulen mit unglaublichen Aktionen Ausländerund der Unterschied zwischen den verschiedenen Kulturen wegmanipuliert. Anstatt lesen und schreiben zu lernen, mußten Hamburger Grundschüler jetzt multikulturelle Wochen über sich ergehen lassen, bei denen in den Schulpausen statt Schwarzbrot mit Käse lieber Fladenbrot mit Döner Kebap aufgetischt wurde. Die gravierenden Probleme, die eine hohe Ausländerquote mit sich bringt (Krimininalität, Arbeit, Wohnung etc.) sehen die Kinder doch nicht. Und genau das wird bezweckt!" ("STANDARTE" 1/94, S. 8) Am 12. März demonstrierten etwa 40 Personen, die zum Teil Gegenstände mit dem Emblem der FAP bei sich führten, vor der südafrikanischen Botschaft in Bonn. Dabei wurden Sprechchöre gebildet, wie "AWB und FAP - die Verbindung ist okay" und "Hängt Nelson Mandela". Am 13. März ging dem Polizeipräsidium Bonn hierzu per Telefax eine an die "Systempresse" gerichtete und mit "Heil Deutschland" von Siegfried BORCHARDT unterzeichnete Pressemitteilung des FAP-Landesvorstandes von Nordrhein-Westfalen zu. Darin heißt es u.a., bei der Demonstration habe es sich um eine spontane Reaktion von FAP-Angehörigen auf die Ermordung dreier Gefolgsleute der - rassistischen - "Afrikaaner Weerstandsbeweging" (AWB) durch "negroide" Militärpolizisten am Vortage in Südafrika gehandelt. Vehement agitierte sie gegen die Anerkennung der polnischen gegen die AnerWestgrenze durch die Bundesregierung: kennung der polnischen West"Wir sind ein Volk! Kein Verzicht auf Ostdeutschland. Breslau-Königsgrenze berg-Stettin - sind deutsche Städte wie Berlin! Wir wehren uns für Deutschland!" (FAP-Flugblatt: "DEUTSCHLAND EINIG VATERLAND") Auf Verzichts Politiker verzichtet mai Auf xomtotr Ocutfdila I Ä l - U Hamburg Arb"iterpartei ",le Berlin' NIE! FmiKuücbe Deutscht Arbeiterpartei 106 Rechtsextremistische Bestrebungen Anklage gegen Gegen führende Funktionäre und Mitglieder der FAP wurden ErmittNeonazi HEISE lungsverfahren eingeleitet und Verurteilungen u.a. wegen Körperverletzung und Propagandadelikten ausgesprochen. So wurde gegen den mehrfach einschlägig vorbestraften Vorsitzenden des Landesverbandes Niedersachsen, Thorsten HEISE (25), Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben. Ihm wird vorgeworfen, am 11. Februar auf einer Abiturfeier in Sudheim (Niedersachsen) mit einer Gaspistole auf Gäste geschossen und diese z.T. verletzt zu haben. Neonazi BUSSE Das Landgericht Stuttgart verurteilte am 26. Januar den Bundesverurteilt vorsitzenden der FAP, Friedhelm BUSSE (65), wegen Verstoßes gegen das Vereinigungsverbot (SS 85 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Die Strafe wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil ist rechtskräftig. BUSSE wurde für schuldig befunden, den organisatorischen Zusammenhalt der verbotenen ANS/NA aufrechterhalten zu haben. 4. "Nationale Liste" (NL)*1 Neonazi WORCH Die NL, die sich als "Partei des neuen Nationalismus" verstand, wurmaßgeblicher de 1989 von Anhängern des 1991 verstorbenen Neonazi-Führers Organisator der Michael KÜHNEN gegründet. Maßgebliche Funktionäre dieses Ham"Rudolf-HeßGedenkaktion" burger Vereins waren der Vorsitzende Thomas WULFF (31) und sein Stellvertreter Christian WORCH (38). WORCH, einer der intellektuellen Führer der neonazistischen Szene in Deutschland war maßgeblich an Planung und Durchführung der "Rudolf-Heß-Gedenkaktion" am 13. August in Luxemburg (Stadt) beteiligt, zu der Neonazis unterschiedlicher Organisationszugehörigkeit angereist waren (vgl. Nr. 14.2). Er wurde am 30. November wegen Fortführung der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) vom Frankfurter Landgericht zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Fortsetzung der Als Reaktion auf die hauptsächlich von Linksextremisten getragene "Anti-Antifa""Antifa"-Bewegung setzte die NL auch 1994 ihre "Anti-Antifa"-KamKampagne pagne (vgl. Nr. 2) fort. In ihrem Publikationsorgan "INDEX" wurden regelmäßig Anschriften, in Einzelfällen auch die persönlichen Lebensumstände politischer Gegner veröffentlicht. Agitation gegen Ihre Agitation konzentrierte sich u.a. auf Asylpolitik und Agitation geAsylbewerber und gen die Europäische Union: die EU Die Behörde für Inneres der Freien und Hansestadt Hamburg hat am 24. Februar 1995 die "Nationale Liste(NL) nach dem Vereinsgesetz verboten, weil sich der Verein gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtete. Der Hamburger Senat hatte im August 1993 beim Bundesverfassungsgericht das Verbot der NL beantragt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, daß die NL keine Partei im Sinne von Artikel 21 Grundgesetz darstellt. Damit unterlag die NL den vereinsrechtlichen Vorschriften. Rechtsextremistische Bestrebungen 107 Nr. 43 6. Jahrgang Mai 1994 Michael Kühnen Deutschlands Freiheitskämpfer A 25.4.1991 "Wenn wir Deutschen uns gegen die kriminellen Ausländer und den >multikulturellen< Völkerbrei wehren, den gewissenlose Politiker uns aufgehalst haben, dann werden wir als "Rassisten" beschimpft! Wenn aber Fremde aus aller Welt unser Land millionenfach überfluten und hier schlimmste Verbrechen begehen (Drogenhandel, Vergewaltigungen, Raubüberfälle), dann werden sie zu Mitbürgern ernannt! Wenn auch Sie diese >multikriminellen< Zustände in unserem Deutschland nicht mehr länger ertragen können, dann sind Sie bei uns richtig." ("INDEX", Sonderausgabe September 1994, S. 2) "Ob rot oder schwarz, grün oder gelb: Sie alle sind zu Totengräbern unseres Volkes geworden, sie schauen der schleichenden Invasion tatenlos zu oder unterstützen diese noch mit ihrem Multikulturgeschwätz!" ("INDEX" 45/94, S. 2) "Genug davon, daß die "Europäische Union< in Brüssel befiehlt und das deutsche Volk gehorchen muß (...)." "Deutsches Geld für Deutsche Aufgaben!" ("INDEX" 43/94, S. 12) 108 Rechtsextremistische Bestrebungen 5. "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) Verbreitung von Die NSDAP-AO gilt als weltweit größter Produzent und Vertreiber von NS-PropagandaNS-Propagandamaterial. Sie verfügt in Deutschland seit Jahren über material aus den zahlreiche "Stützpunkte", die auch 1994 von der "Auslandszentrale" USA in Lincoln/Nebraska (USA) umfassend mit diesen Materialien versorgt wurden. Diese in den USA straffrei hergestellten Schriften, Aufkleber und Handzettel werden von deutschen Gesinnungsgenossen bei ihren Schmier-, Klebeund Verteilaktionen in großem Umfang verwendet. Der amerikanische Staatsbürger Gary Rex LAUCK (41), der seit Jahren als "Propagandaleiter" der NSDAP-AO auftritt, gibt - neben neun fremdsprachigen Zeitungen - auch die alle zwei Monate erscheinende deutschsprachige Publikation "NS Kampfruf" heraus. Durch die Veröffentlichung des Buches "Eine Bewegung in Waffen, Band II: Strategie und revolutionärer Kleinkrieg" als Artikelserie im "NS Kampfruf" sind Militanz und Gewaltbereitschaft in der Neonaziszene gefördert worden. Antisemitische Seit Jahren veröffentlicht LAUCK maßgeblich antisemitische und rasAgitation sistische Artikel. Im "NS Kampfruf", Ausgabe März/April, heißt es in dem Artikel "2000 Jahre Antisemitismus": "Erst die urwüchsigen, gesunden Barbaren aus dem Norden (Germanen) erkannten instinktiv den ekligen Wurm in den Juden. Kurzerhand schlugen sie ihn tot und befreiten so unbewußt ihre Feinde, die Römer und Griechen, jahrhundertlang von dieser Pest. Doch die Juden wühlten weiter." ("NS Kampfruf" 106/94, S. 1,8) Die Internationale NS-Presse Die NSDAP/AO gibt großformatige NS-Zeitungen in zehn Sprachen heraus: Deutsch, Englisch, Swedisch, Ungarisch, Französisch, Holländisch, Spanisch, Italienisch, Portugiesisch und Danisch. (Ferner finanziert sie eine russische NS-Zeitung, die in Rußland gedruckt wird.) Nationalsozialisten in der ganzen Welt kämpfen in den Reihen der NSDAP/AO mii. Denn sie wissen: Zusammen sind wir stark! Kamerad! Mach' mit! Abonnieren ! Beitreten ! Mitkämpfen S"imn Zijn V/t Sterk tnsienw nvi sian SVfcRtGFS ^ W l K W E I l A HEWegDER FOKHUND* SSWSMP NS KAMPFRUF t'omrade Assassinated ! Fegyver es zäszlö. Sieg in Rudofstadt Rechtsextremistische Bestrebungen 109 NS KAMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI AUSLANDS - UND AUFBAUORGANISATION 2000 Jahre Antisemitismus irrs.^Ä'Ä "In der Tat, jeder Jude hat einen Zwischennamen, und für tausende von Jahren war es - >Verlogen< -. Folglich, auf was warten sie? Wunder oder Ehrlichkeit? Keine soziale Ordnung in der Welt wird geistig gesund bleiben, die den psycho-neurotischen Juden beherbergt (...) und der Jude wird jede Kultur entstellen und wird jedes gastliche Volk vernichten." ("NS Kampfruf" 106/94, S. 8) In der September/Oktober-Ausgabe des "NS Kampfruf" ruft LAUCK Aufruf zu zu verstärkten Propagandaaktivitäten auf. Eine wirkungsvolle Möglichverstärkten Propagandakeit, "die Entfremdung zwischen dem Volk und dem Bonner Regime aktivitäten zu fördern", sieht er in der massenhaften Überschwemmung Deutschlands mit nationalsozialistischem Propagandamaterial: "Gerade die rabiatesten Verteidiger des Bonner Besatzungsregimes - nämlich die Opportunisten, die als aggressive >Anti-Nazis< besonders >auffällig< werden möchten - sollen die NS-Aktivisten mit gerade jenen Kampfmitteln angreifen, die diese Kreaturen am meisten fürchten: nicht Bomben und Gewehre, sondern NS-Propagandamaterial, und zwar MASSENWEISE und VERDAMMT AUFFÄLLIG!" ("NS Kampfruf" 109/94, S. 1) 110 Rechtsextremistische Bestrebungen Leugnung 6. Neonazikreis um Thies CHRISTOPHERSEN des Holocaust Der aus der "Bürgerund Bauerninitiative" (BBl) hervorgegangene bundesweite Unterstützerkreis von Personen um Thies CHRISTOPHERSEN (76) - einem ehemaligen SS-Sonderführer, der 1986 vor der Strafverfolgung in Deutschland nach Dänemark geflohen war und gegen den seitdem in Deutschland ein Haftbefehl besteht - konnte auch 1994 kein Jahrestreffen wie in früherer Zeit durchführen. Die von CHRISTOPHERSEN in Dänemark als "Nordische Dichtertage" geplante mehrtägige Zusammenkunft wurde wegen massiver Protestaktionen "Antifaschistischer Initiativen" und zahlreicher dänischer Bürger abgesagt. CHRISTOPHERSEN, der neuerdings resignative Züge erkennen läßt, gehört zu den maßgeblichen Leugnern des Holocaust. In der von ihm vierteljährlich herausgegebenen Publikation "Die Bauernschaft", deren Herausgabe Ende 1994 der in Kanada lebende deutsche Revisionist Ernst ZÜNDEL (vgl. Nr. 7) übernahm, werden neonazistische und antisemitische Artikel veröffentlicht. Er gilt auch heute noch als glühender Verehrer Adolf Hitlers: "Es ist erfreulich, daß die Bedeutung Adolf Hitlers von Menschen, die nicht in Deutschland leben, besser gewürdigt wird als von den bundesdeutschen Wohlstandsbürgern. Dadurch bleibt Adolf Hitler unsterblich. So wie der Kaiser Barbarossa der Sage nach niemals gestorben ist und einst wieder kommen wird. Er ist wieder gekommen: aber hatte keinen roten Bart mehr, sondern nur einen kleinen Schnurrbart." ("Die Bauernschaft" 3/94, S. 65 f.) Rechtsextremistische Bestrebungen 111 "Alle Bemühungen, den Nachweis zu erbringen, daß sehr viele der Greueltaten, die uns angelastet werden, in Wahrheit nicht geschehen sind, werden verboten und unterdrückt, und neuerdings sollen sie auch bestraft werden." ("Die Bauernschaft" 2/94, S. 53) Am 20. September wurden in Preußisch Oldendorf (Kreis Minden) über Exekutiv3.000 Exemplare der Ausgabe 3/94 der Publikation "Die Bauernschaft" maßnahmen beschlagnahmt. 7. Neonazikreis um Ernst ZÜNDEL Der in Toronto/Kanada lebende deutsche Staatsbürger Ernst ZÜNDEL Leugnung (55) ist - wie CHRISTOPHERSEN (vgl. Nr. 6) - einer der weltweit führendes Holocaust den Revisionisten*'. Sein Unterstützerkreis setzt sich zusammen aus in Kanada lebenden deutschstämmigen Emigranten sowie aus Gesinnungsgenossen in Deutschland und anderen Ländern, die als Multiplikatoren für ZÜNDELs Gedankengut dienen und ihn mit Spenden unterstützen. Über seinen "Samisdat Publishers Ltd"-Verlag in Toronto verbreitet ZÜNDEL seit 1979 rechtsextremistisches Propagandamaterial. In seinen Publikationen agitiert er vornehmlich gegen die "Lügen und Geschichtsfälschungen des Zionismus". ZÜNDEL ist Initiator und Finanzier der beiden pseudowissenschaftlichen "Leuchter-Gutachten"11', die in der revisionistischen Propaganda als wichtige "Beweismittel" gegen den Holocaust gelten. Neuerdings versucht er, durch den Kauf von Sendezeiten bei amerikanischen Radiound Fernsehsendern (die in Deutschland nur über Satellitenanlagen zu empfangen sind), seine Thesen im nordamerikanischen Raum, aber auch in anderen Ländern, zu verbreiten. In den von ihm verfaßten "Germania-Rundbriefen" leugnet er den Holocaust und betreibt "Aufklärungskampagnen" zu dem angeblichen "sechs Millionen-Schwindel" und der "Kriegsschuldfrage". 1994 leitete ZÜNDEL eine an Parlamentarier und andere politische Entscheidungsträger gerichtete internationale Briefkampagne gegen die Aufnahme der sogenannten Auschwitz-Lüge als Straftatbestand in das deutsche Strafgesetzbuch ein. In der Mai-Ausgabe seines "Germania-Rundbriefes" heißt es: "Wenn eine Regierung seinen Bürgern verbietet, unter Androhung von horrenden Strafen, seine eigene Geschichte zu untersuchen und zu erforschen und spezifisch verbietet, daß Forschungsresultate, die das eigene Volk entlasten, automatisch (mit) bis zu 3 Jahren Gefängnis geahndet werden, dann ist gegen solch ein perverses, groteskes und gei*) Leugner oder Verharmloser der Massenvernichtung von Juden im Dritten Reich (vgl. Kap. X, Nr. 1)"n3) 112 Rechtsextremistische Bestrebungen steskrankes System Widerstand zu leisten, wo nur immer möglich und in welcher Form (es) der mündige Bürger eines solchen Staates für angemessen und angebracht, sowie für effektiv betrachtet." ("Germania-Rundbrief" 182/94, S. 3) ZÜNDEL verurteilt ZÜNDEL wurde 1991 wegen seiner revisionistischen Agitation vom Amtsgericht München zu einer Geldstrafe von 12.600 DM verurteilt. Er unterhält enge Verbindungen zu den deutschen Neonazis ALTHANS und CHRISTOPHERSEN, von dem er Ende 1994 die Herausgabe der Publikation "Die Bauernschaft" übernahm (vgl. Nr. 6). Internationale Kontakte bestehen über den Revisionisten David IRVING (vgl. Kap. X, Nr. 1) nach Großbritannien, aber auch in die Niederlande, nach Frankreich, in die Vereinigten Staaten von Amerika und seit Mitte des Jahres zu dem russischen Nationalistenführer Wladimir SCHIRINOWSKIJ. 8. "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Die 1979 gegründete HNG zählt mit rund 340 (1993: rund 220) Mitgliedern weiterhin zu den mitgliederstärksten neonazistischen Organisationen. Allerdings konnte sie auch 1994 ihr Ziel, in den neuen Bundesländern verstärkt Mitglieder zu gewinnen, nicht verwirklichen. Sie wird seit 1991 von der NS-Aktivistin Ursula MÜLLER (61) geleitet. NACHRICHTEN DER SeDtember 1994 16. Jahrgang - Nr. 164 u"'*gBber: HMsorganisalion tut nationale politisch Gebogene und deren Anoehof ioe e.V. iriNG". Rechtsextremistische Bestrebungen 113 Neben der satzungsmäßig vorgegebenen Zielsetzung der "GefangenenUnterstützung betreuung" ist die HNG vor allem bestrebt, aus der Haft entlassene inhaftierter Gesinnungsgenossen wieder in die neonazistische Szene einzuglieNeonazis dern. Die HNG ist Sammelbecken und Solidargemeinschaft sowie zentrale Kontaktstelle für Neonazis aus Deutschland und dem benachbarten Ausland. In ihrer Publikation "Nachrichten der HNG" werden regelmäßig eine "Gefangenenliste" zur Kontaktvermittlung und Betreuung inhaftierter Neonazis sowie Leserbriefe von Neonazis aus dem Inund Ausland veröffentlicht. Gleichzeitig soll die Publikation "Politische Verfolgung in der BRD" doAgitation gegen kumentieren und über die "wachsenden Repressionsmaßnahmen des repressive staatliche Maßnahmen herrschenden Systems gegen volkstreue Kräfte der nationalistischen Opposition" aufklären. Dauerthemen sind daher Kriminalisierung, Polizeiund Justizterror sowie die Verbote neonazistischer Organisationen. So schreibt der Neonazi Christian SCHOLZ (28), zusammen mit der HNG-Vorsitzenden MÜLLER verantwortlicher Schriftleiter der "Nachrichten der HNG", in einem Beitrag über "Brennende Ausländer und die Folgen" u.a.: "Es war immer unser Bestreben, unsere politischen und weltanschaulichen Vorstellungen und Ziele legal zu vertreten. Das ist jetzt nahezu unmöglich geworden: - Organisationen, Parteien, Demonstrationen etc. werden zerschlagen bzw. verboten, - unzählige Angehörige der Szene in Gesinnungshaft und nicht zuletzt die alltäglichen Versuche von Repressionskräften des Systems zur psychischen Zermürbung unserer Leute haben ein politisches Klima geschaffen, das recht explosiv ist. Lodern dann irgendwo Flammen oder ist die Luft durch Explosionsknalle geschwängert, wer ist dann dafür verantwortlich?! Wir im Gegenteil müssen auf der einen Seite den Rechtskampf gegen die erfolgten (und theoretisch noch erfolgenden) Verbote weiter forcieren, und auf der anderen Seite aus den alten und verkrusteten Strukturen der Szene eine Art Volksfront (ähnlich APO: alle machen mit, keiner ist verantwortlich) bilden. - Wo keine erkennbare Organisation vorhanden ist, kann man diese auch nicht zerschlagen!" ("Nachrichten der HNG" 159/94, S. 17) Zu den staatlichen Verbotsmaßnahmen wurde kommentarlos und als "Volksweisheit" das Zitat abgedruckt: "Wer aber politische Gefangene schafft und Parteien verbietet, darf sich nicht wundern, wenn er eines Tages eine RAF sein Eigen nennt." ("Nachrichten der HNG" 159/94, S. 6) Ein unter der Rubrik "LITERATUR DER REVOLUTION" von dem Hamburger Neonaziführer WORCH (vgl. Nr. 4) verfaßter Beitrag "Die Quadratur des Teufelskreises" enthält u.a. folgende Aussage: 114 Rechtsextremistische Bestrebungen "Wenn die bundesdeutsche Justiz nicht aufhört, meine Kameraden mit Terrorurteilen zu unterdrücken, kann niemand die Folgen absehen. Ich kann nicht verhindern, daß einzelne Kameraden durchdrehen und zur Waffe greifen. Dann gäbe es (eine) zweite Terrorfront." ("Nachrichten der HNG" 159/94, S. 9) Zur Forderung des "Deutschen Richterbundes", die Strafverfolgung der sogenannten Auschwitz-Lüge zu erleichtern, heißt es in einem Beitrag: "Wenn sich nun Richter ungefragt in die Tätigkeitsbereiche des Gesetzgebers einmischen dürfen, um die politische Dreckarbeit des Systems zu unterstützen, kann man bald nicht mehr von einem Rechtsstaat, sondern von einem Obrigkeitsund Polizeistaat sprechen. Gegen die Verfolgung der revisionistischen Vorkämpfer. - Der Wahrheit eine Gasse!" ("Nachrichten der HNG" 160/94, S. 19) 9. "Deutsche Nationalisten" (DN) Die 1993 in Mainz gegründete Vereinigung will sich nach ihrer Satzung "an der demokratischen Willensbildung des deutschen Volkes" beteiligen und an öffentlichen Wahlen teilnehmen. Mitbegründer und Bundesvorsitzender ist Michael PETRI (22). Bereits als Jugendlicher leitete PETRI einen Ortsverband der rechtsextremistischen "Deutschen Volksunion" (DVU) (vgl. Kap. V, Nr. 1). Anschließend bekleidete er die Funktion des Vorsitzenden des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der im Dezember 1992 verbotenen DA (vgl. Nr. 14.1). Rechtsextremistische Bestrebungen 115 Nach ihrem Programm treten die DN für einen Austritt Deutschlands Agitation gegen aus der NATO ein. die NATO und Zur "Ausländerpolitik" erklären die DN u.a.: "Ausländer sind übermäßig hoch an der Kriminialität beteiligt." gegen Ausländer "Eine Ausländerrückführung muß geplant und angewandt werden, da Deutschland sonst eine multikulturelle und multikriminelle Gesellschaft droht (...)." (Programm der DN, S. 4 f.) 1994 wurden Landesverbände in Hessen, Bayern, Thüringen, Berlin und Nordrhein-Westfalen gegründet. Die Mitgliederzahl hat sich auf rund 100 (1993: 50) erhöht. 10. "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) Die aus dem "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ) hervorgeFormal aufgelöst, gangene Gruppierung "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) erklärte aber weiter aktiv im Januar ihre Auflösung, um sich einem Verbot zu entziehen. Tatsächlich setzten die Anhänger ihre politische Betätigung in unabhängigen Kameradschaften fort. Eine Vielzahl von Plakataktionen ehemaliger JFMitglieder, insbesondere nach ihrer angeblichen Selbstauflösung, weisen allerdings ebenso wie, wenn auch konspirativ organisierte, Veranstaltungen auf fortwirkende Aktivitäten überwiegend in Berlin und Brandenburg hin. Das ehemalige JF-Mitteilungsblatt "Angriff", das in kämpferischer Art Ideologie der und Weise neonazistische Losungen propagiert, erscheint - ohne HinVolksgemeinschaft weis auf die J F - weiterhin. Das Selbstverständnis der Verfasser kommt darin besonders plastisch zum Ausdruck: "Wir tragen den Sozialrevolutionären Kampf gegen die Ausbeutung des Menschen. Wir bringen die Politik des dritten Weges. Das Volk steht über dem Staat. Volksgemeinschaft bedeutet das Gegenteil von Zwangskollektiv. Daher verlangt der Kampf für ein biologisch gesundes Volk mit gesundem Nachwuchs die nachdrückliche Durchsetzung des Familiengedankens." ("Angriff" 5/94, S. 19) Auch die antisemitische Grundhaltung wird in einem Artikel im Antisemitische "Angriff" deutlich. Dort finden sich - unter Bezugnahme auf den KinoAgitation Film "Schindlers Liste", dessen Regisseur Steven Spielberg als "krummnasiger Macher" bezeichnet wird - Begriffe wie "HolocaustSchmunzette", "Sch(w)indlers Liste", "Die wahre Geschichte von Auschwitz"'21. 116 Rechtsextremistische Bestrebungen 11. Herausgeberkreis "REMER DEPESCHE"/"DEUTSCHLAND REPORT" Die "REMER DEPESCHE", für die zuletzt ein Herausgeberkreis - angeblich mit Sitz in England - verantwortlich war, hat mit der Ausgabe Februar 1994 ihren Druck und Vertrieb eingestellt. Sie wurde von Juni 1991 bis Anfang 1993 von dem früheren 2. Vorsitzenden der 1952 verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP), Otto Ernst REMER (82), herausgegeben. REMER ist wegen seiner hetzerischen RevisionismusAgitation wiederholt vorbestraft. Anfang 1994 hat er sich dem Strafantritt zur Verbüßung einer 22monatigen Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß durch die Flucht nach Spanien entzogen. Leugnung des Nachfolgepublikation ist der seit August 1993 erscheinende Holocaust "DEUTSCHLAND REPORT". Diese Publikation hat das revisionistische Gedankengut und die unverblümte antisemitische und fremdenfeindliche Hetze der "REMER DEPESCHE" übernommen. Zentrales Thema im "DEUTSCHLAND REPORT" ist die sogenannte Auschwitz-Lüge. So wurde als Schlagzeile eine Aussage des flüchtigen Altnazis REMER vor dem spanischen Fernsehen wiedergegeben: Rechtsextremistische Bestrebungen 117 "Auch in Spanien bekenne ich: Es gab keine Gaskammern für den sogenannten Judenmord. Das beweist das Rudolf-Gutachten l3>. Sie werden mit der Lüge nicht durchkommen." ("DEUTSCHLAND REPORT" 3/94, S. 1) In einem Bericht mit der Überschrift "Judenführer Bubis hat es geschafft: Auschwitz-Denkverbots-Gesetz ist da - wissen verboten, zweifeln verboten, fragen verboten, denken verboten, glauben befohlen!" heißt es u.a.: "Mit der Verabschiedung des neuen >Auschwitz-Gesetz< am 20. Mai 1994 haben uns die antideutschen, demokratiefeindlichen Kräfte im Deutschen Bundestag ins tiefste Mittelalter zurückgeworfen." ("DEUTSCHLAND REPORT" 5/94, S. 1) Insbesondere Politiker werden in der Schrift in übelster Weise diffaAgitation gegen miert. In einem Bericht mit der Überschrift "Kanther verteidigt Kriegsdie deutsche schuldlüge, er beleidigt und verunglimpft das Andenken Verstorbener" Kriegsschuld heißt es über den Bundesminister des Innern: "Kanther weiß all das und bekräftigt dennoch öffentlich, daß er all seine polizeiliche Macht, seinen parlamentarischen Einfluß einsetzen wird, um die Kriegsschuldlüge gegen das deutsche Volk aufrechtzuerhalten. Er beleidigt, verunglimpft und beschmutzt damit Millionen ermordeter deutscher Kinder, Frauen, verwundete und wehrlose deutsche Soldaten. Nach der Wende wird Kanther dafür und für viele andere während seiner politischen Amtszeit verübte Verbrechen vor ein Volksgericht gestellt werden. Mit diesem Gedanken sollte sich dieser brutale antideutsche Agitator schon mal vertraut machen." ("DEUTSCHLAND REPORT" 4/94, S. 8) 12. "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) Die 1971 gegründete "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) ist nur noch eine kleine Gruppe. Sie wird von dem ehemaligen Rechtsanwalt und Rechtsterroristen Manfred ROEDER (65) geleitet. Zu den wenigen politischen Aktivitäten der DBI gehören von ROEDER auf seinem Anwesen in Schwarzenborn (Hessen) jährlich ausgerichtete "Freundestreffen". In den regelmäßig erscheinenden DBI-Publikationen "Deutscher Jahrweiser" und "Deutsche Bürgerinitiative e.V. -weltweit" sowie in gelegentlich verteilten Flugblättern der DBI verbreitet ROEDER Zahlreiche nationalistische, antisemitische und fremdenfeindliche Parolen. Kontakte des Neonazis ROEDER unterhält zahlreiche Kontakte zu ausländischen RechtsROEDER zu extremisten, z.B. nach Südafrika. Vor allem entwickelte er aufgrund seiausländischen nes Engagements für das "Deutsch-Russische Gemeinschaftswerk - RechtsextreFörderverein Nord-Ostpreußen" (gegründet im Februar 1993) eine remisten 118 Rechtsextremistische Bestrebungen ge Reisetätigkeit nach Rußland. Dieser Verein hat eigenen Aussagen zufolge das Ziel, Hilfe bei der Existenzgründung von deutschstämmigen Personen aus den asiatischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion im Gebiet des vormaligen Ostpreußen zu leisten. 13. Verbot der "Wiking-Jugend e.V." (WJ) WesensverDas Bundesministerium des Innern hat am 10. November die neonawandtschaft der zistische "Wiking-Jugend e.V." (WJ) wegen ihrer WesensverwandtWJ mit NSDAP schaft mit der NSDAP und der "Hitler Jugend" verboten. und HJ Die am 2. Dezember 1952 in Wilhelmshaven gegründete WJ entstand aus dem Zusammenschluß der "Reichsjugend", der "Deutschen Unitarischen Jugend" und der "Vaterländischen Jugend". Sie wurde seit Juli 1991 von dem Neonazi Wolfram NAHRATH (31) geleitet. Zuletzt gehörten ihr rund 400 Mitglieder an, in der Mehrzahl Erwachsene. Laut "Fahrtenplan 1994" verfügte die WJ über die Gaue Nordmark, Niedersachsen, Preußen/Berlin, Hessen/Franken/Rheinland-Pfalz, Rhein-Westfalen, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sachsen. Die einer rassistisch geprägten "Nordland"-ldeologie anhängende und nach dem Führerprinzip geleitete WJ verfolgte das Ziel, als "volkstreue nordländische Jugendbewegung" für Fahrt und Lager, für Körperertüchtigung und für geistig und handwerkliche Weiterbildung zu sorgen sowie die Anteilnahme der jungen Generation am politischen Geschehen zu wecken141. Darin kam die Diktion der Hitlerjugend (HJ) zum Ausdruck, die die gesamte deutsche Jugend körperlich, geistig und sittlich im Geiste des Nationalsozialismus zum Dienst am Volk und zur Volksgemeinschaft erziehen wollte151. Die Vermittlung der national- Rechtsextremistische Bestrebungen 119 sozialistischen Weltanschauung bzw. nationalsozialistischer Prinzipien erfolgte mit dem Ziel, das derzeitige "System" durch den nationalsozialistischen Staat zu ersetzen. So polemisierte die WJ in der Vergangenheit gegen die parlamentarische Demokratie und bezeichnete sie als "Verfallserscheinung sterbender Völker"16'. Deutsche Politiker wurden diffamiert171. Sie gehörten auf "den Abfallhaufen der deutschen Geschichte"181. Im Mittelpunkt der Aktivitäten der WJ standen die alljährlich über Pfingsten ausgerichteten "Tage volkstreuer Jugend" in Hetendorf (Niedersachsen), bei denen regelmäßig auch Mitglieder anderer neonazistischer Organisationen, z.B. der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), vertreten waren. Im Rahmen des Pfingsttreffens am 22. Mai marschierte die WJ mit rund 150 uniformierten Personen durch Hetendorf. Zum Verbotsvollzug wurden am 10. November in zehn Bundesländern ExekutivmaßHausdurchsuchungen durchgeführt und das Vereinsvermögen benahmen in zehn schlagnahmt. Umfangreiches Schriftund Propagandamaterial, OrgaBundesländern nisationsunterlagen sowie militärähnliche Ausrüstungsgegenstände (u.a. Tarnanzüge, Koppelschlösser, Stahlhelme) konnten sichergestellt werden. 14. Auswirkungen staatlicher Maßnahmen auf die neonazistische Szene Staatliche Bekämpfungsmaßnahmen wie die Verbote von zehn rechtsextremistischen Organisationen seit November 1992 sowie zahlreiche Exekutivmaßnahmen und Verurteilungen zu teilweise langjährigen 120 Rechtsextremistische Bestrebungen Verunsicherung Freiheitsstrafen führten zur erheblichen Verunsicherung der neonaziin der neonazististischen Szene, die sich danach - jedenfalls teilweise - zurückhaltenschen Szene der verhielt. 14.1 Aktivitäten führender Mitglieder verbotener Organisationen Mitglieder verDie ehemaligen Funktionäre und Mitglieder der vom Bundesministebotener Organirium des Innern Ende 1992 verbotenen Organisationen "Deutsche sationen weiter Alternative" (DA), "Nationale Offensive" (NO) und "Nationalistische aktiv Front" (NF) sind z.T. als Einzelaktivisten oder in anderen rechtsextremistischen Organisationen tätig. So engagieren sich einzelne Mitglieder der ehemaligen DA wie Michael PETRI (22) zugunsten der "Deutschen Nationalisten" (DN) (vgl. Nr. 9). PETRI, bis zum Verbot der DA deren Landesvorsitzender in RheinlandPfalz, ist jetzt Bundesvorsitzender der DN. Er und einige seiner Gesinnungsgenossen sind vor dem Landgericht Koblenz angeklagt, den organisatorischen Zusammenhalt der DA entgegen dem Verbot aufrechterhalten zu haben. Der frühere Bundesvorsitzende der NO, Michael SWIERCZEK (33), beschränkt sich seit deren Verbot hauptsächlich auf die Herausgabe der Publikation "Rechtskampf". Darin berichtete er über den Stand der Maßnahmen gegen die Organisationsverbote der NO, der NF und der DA sowie über die juristischen Auseinandersetzungen um die von Bundesregierung und Bundesrat im September 1993 beim Bundesverfassungsgericht gestellten Verbotsanträge gegen die FAP und die NU9'. Ferner knüpfte SWIERCZEK Kontakte zu ausländischen Rechtsextremisten und warb für organisationsübergreifende Szenevorhaben, z.B. eine "Internationale Solidaritätswoche" vom 2. bis 17. Juli, die allerdings ohne Widerhall in der rechtsextremistischen Szene blieb. Aufruf zur Bildung Der ehemalige Vorsitzende der NF, Meinolf SCHÖNBORN (39), vervon überparteisuchte auch 1994, durch Rundschreiben und "Berichte zur Lage" seilichen "Propane Anhänger zusammenzuhalten und seine politischen Ziele weiterzugandaverteilerkreisen" verfolgen. Anstelle von Mitgliedsbeiträgen sollten Spenden entrichtet werden. Eine weitere wesentliche finanzielle Einnahmequelle war sein Versandhandel mit Propagandamaterial. In einem Flugblatt "Deutschland uns Deutschen" rief SCHÖNBORN zur Bildung von überparteilichen "Propagandaverteilerkreisen" (PVK) auf: Durch "möglichst breite und flächendeckende Verbreitung unserer Ideale durch Aufklärung im Volk zum Nationalismus" sollte eine "breite außerparlamentarische nationalistische Opposition" ermöglicht werden. Angestrebt werde der "Aufbau von vielen kleinen nationalistischen Zellen". Der PVK-Aufbau wurde später auch als Aktion "Deutschland uns Deutschen" (DUD) bekannt. Im Sommer erwarb SCHÖNBORN in Kvaers (Dänemark) mit Hilfe dort ansässiger Gesinnungsgenossen ein Haus, um von dort aus Rechtsextremistische Bestrebungen 121 faschistische Linke zunehme klärungsnotstand. Wie, um alles A m 5. Juli siellle sich 3öttinger "Auti Antifa (MiBesuch ein: Beamte des niedersächsischen Landeskriminalamtes durchsuchten 15 Privatwohpe nungen, das Gebäude des "AHgeStudentenausschusses" ge (AStA) und einen nicht ganz ui bekannten Buchladen. Der Vorhe wurf, zu dessen möglicher Erhärtung die Beamten Beweismittel Die "Arbeiterpartei Kurdistans", die PKK, ist in der Bundesrepublik DeutschSichern sollten: Bildung einer kriland verboten und (auf dem Papier) auch aufgelöst. Aber irgendwie scheint minellen bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung! sich niemand so nchtig um dieses Verbot zu kümmern. Nicht erst seit den Nach Auskunft der Tagen nach dem Tode von Halim Dener scheint klar Die "SicherheitsexperGeneralstaatsanwaltsschaft ist der Begriff "Antifaschistisch" im Naten" werdenjs^ä^sS^gr^icht fertig! men der "Autonomen Antifa" lediglich "ein griffigesMi] der Kurde Deutticher als alle mehr oder weniger stumpfsinniilt, unterdem gen Erklärungen aus dem Bundesinnenministerium tutschland. zur PKK und zu den in der BRD lebenden Kurden in jungen zeigte diese Demonstration auf. wo viele Kurden steBRD verhen: An der Seite der PKK nämlich! \\ ans". DieMehr als 20.000 Menschen aus allen Teilen \\ Vethängder Republik und wohl auch aus dem benachbarten Ausland waren zusammengekommen, um des toten Jungen zu gedenken An Fahnen und Abzeichen Istreife der verbotenen Partei mangelte es dabei keinesuiiue andewegs. Die Demonstranten zeigten mit einem über700 Oi ^ gab es großen Bud des PKK-Anführers Apo (zu deutsch: fer^r"s"s:-SS** iq stM9 "'olizei.eklärt. Onkel) Öcalan (zu deutsch: Der Rachel) ohne Scheu, ihr politisches Herz schlägt. Einer der Männer, die am Sarge des Toten standen, verwechselte die lQp0*i I I Der Fußgängerzone Hannovers offenbarmit den Bergen onaW' \ . dain seiner kurdischen Heimat und erschien gar in der .nuli Uniform der kurdischen Guerilla! Wer nun erwartet hatte, die Polizei wiiitie eingehe greifen, sah sich getäuscht. Böse Zungen sprechen 5 EsSSSssSsSK* IM"*" O P P " " ^ . " " - " von einem schlechten Gewissen beiden Damen und Herren im grünen Gewände. Wie dem auch sei: Eine Polizeiaktion in größerem Umfange gab es nicht. Das wäre auch nicht unproblematisch gewesen, schließlich sprach der Bürgermeister von Hannover zu den angereisten Kurden. Vor einer Fahne der PKK! Ein rechtliches Nachspiel wird dieser Auftritt einer vermutlich nicht haben. Wie Miedersachsens Innenwurde: An der Version der Poliminister Glogowski am Montag nach der Demo besind Zweifel wohl durchaus zulässig. Denn daß kanntgab, geht er davon aus. daß Straftaten im Zuein Beamter des wohlausgebildeten und nicht eben sammenhang mit der Trauerkundgebung nicht verzimperlichen Sondere in satzkommandos wirklich folgt werden. Originalkommentar des Herrn Innen"durch einen Unfair und "strauchelnd-jemanden erministere: "Es ist klug, hier besonnen abzuwägen und schießt, klingt nicht eben wahrscheinlich. nicht mit den Gefühlen der Menschen zu spielen"! Für den S.Juli riefen verschiedene kurdische Diese Erkenntnis dürfte Strafverfahren in der VereinigungeninderBundesrepubtikzurTeilnahme BRD in Zukunft wohl revolutionieren. Um die Gean einem Trauerzug für ihren toten Landsmann durch fühle der Angeklagten zu schonen, wird von SirafHannover auf. verfahren einfach abgesehen. 122 Rechtsextremistische Bestrebungen unbehelligt von deutschen Behörden seinen Versandhandel betreiben zu können. Demonstrationen deutscher und dänischer Gruppen veranlaßten ihn, seine Aktivitäten in Dänemark einzustellen. Am 21. Novemberwurde SCHÖNBORN in Gütersloh aufgrund eines Haftbefehls vorübergehend festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, die verbotene NF organisatorisch aufrechterhalten und NS-Propagandamaterial verbreitet zu haben. 14.2 Strukturelle Veränderungen Bemühungen der neonazistischen Szene, die verbotenen Organisationen zusammenzuhalten oder Ersatzorganisationen zu gründen, waren nicht besonders erfolgreich. So wurden und werden daneben neue Aktionsformen entwickelt. Die bislang in einzelne - voneinander abgegrenzte und auf ihre Eigenständigkeit bedachte - Gruppen zersplitterte Szene verzichtet in zunehmendem Maße auf Rivalitäten, Egoismen sowie Streitigkeiten um Führungsansprüche unter den neonazistischen Organisationen. VerflechtungsAn die Stelle bisheriger Abgrenzung tritt die Zusammenarbeit unteransätze des schiedlicher Gruppierungen und Personen des rechtsextremistischen rechtsextremisti- - auch nichtneonazistischen - Lagers. Durch moderne Kommunikaschen Lagers tionsmittel wird eine "informationelle Vernetzung" (vgl. Kap. IX) hergestellt. So werden Kontakte gehalten, ohne auf Organisationen mit festgefügten Strukturen zurückgreifen zu müssen. Dadurch wird einerseits die Durchführung schlagkräftiger Aktionen ermöglicht, andererseits versucht, keine Ansatzpunkte für staatliche Verbotsmaßnahmen zu bieten. Demonstration So reisten am 13. August - dem Hauptaktionstag der von führenden in Luxemburg Neonazis ausgerufenen "Heß-Aktionswoche" - rund 180 Neonazis (Stadt) nach Luxemburg. Zu dem Veranstaltungsort Luxemburg, der zunächst Rechtsextremistische Bestrebungen 123 unbekannt war, wurden sie anhand von Durchsagen der "Nationalen Info-Telefone" und später durch Anweisungen über Mobilfunk geleitet. In Luxemburg (Stadt) randalierten dann mehr als hundert Neonazis vor der deutschen Botschaft; fast alle wurden von der luxemburgischen Polizei in Gewahrsam genommen. Beispiel für die Kontakte bis in das nichtneonazistische rechtsextremiKandidatur stische Lager hinein ist die - erfolglose - Kandidatur des Neonazis Bela des Neonazis ALTHANS auf der Ewald ALTHANS (28) auf der Liste der "Nationaldemokratischen Partei Liste der NPD Deutschlands" (NPD) bei der Oberbürgermeisterwahl in München. Die Partei "Die Republikaner" (REP) wurde bei der Bundestagswahl durch Unterstützung der den stellvertretenden Vorsitzenden der 1995 verbotenen NL, Christian REP durch den Neonazi WORCH WORCH (38) (vgl. Nr. 4), unterstützt. V. Parteien 1. "Deutsche Volksunion" (DVU) 1.1 Zielsetzung Die von Dr. Gerhard FREY zentralistisch geführte "Deusche VolksRelativierung union" (DVU) läßt seit ihrer Gründung eine eindeutige ideologische des Holocaust Ausrichtung vermissen. Sie legt vielmehr Wert auf bewußt allgemein gehaltene programmatische Formulierungen. Demgegenüber setzten die als Sprachrohre der DVU fungierenden Publikationen Dr. FREYs, "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und "Deutsche Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA), ihre Versuche fort, die geschichtliche Einmaligkeit des nationalsozialistischen Holocaust durch Aufrechnung mit Verbrechen anderer Völker herunterzuspielen: "Tatsächlich ist es ungewöhnlich, daß gegenwärtig in zahlreichen Städten der Vereinigten Staaten von Amerika gigantische HolocaustMuseen entstehen, die alle nur von deutschen Untaten handeln, während auf dem riesigen Territorium der Vereinigten Staaten von Amerika die Ausrottung der rechtmäßigen Einwohner "von Gottes eigenem Land< nirgendwo auch nur halbwegs angemessen gewürdigt wird oder gar bei Staatsbesuchen zum protokollarischen Zeremoniell gehört. Völlig uninteressant in den USA sind auch die Abermillionen bei der Negersklaverei Ermordeten, die Terroropfer von Köln, Hamburg, Wien, Dresden usw. (...), die Opfer von Hiroshima und Nagasaki, der 200 Kriege und Miltärabenteuer des US-Kolonialismus usw. usw." (DNZ 17/94, S. 1) 124 Rechtsextremistische Bestrebungen Mit demselben Ziel wird unter dem Vorwand angeblicher Wahrheitsfindung Zahlenkosmetik betrieben, insbesondere bei den KZ-Opfern. Alle, die sich zu diesem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte bekennen, werden als antideutsche Kräfte und Vasallen des Auslands verunglimpft: "Gewiß gibt es im Ausland eine beachtliche Zahl einflußreicher, vor allem lautstarker Deutschenhasser. Auf deren Äußerungen stürzen sich unsere heimischen Radikalumerzieher und stellen sie stets groß heraus. Denn sie wollen sich als verlängerter Arm >des Auslandes< darstellen, um von ihrer Mickrigkeit abzulenken. Sie präsentieren sich als Sachwalter dessen, was >die Welt< von uns Deutschen angeblich verlange." (DNZ 46/94, S. 4) Antisemitische Die Zeitungen schürten eine breit angelegte antisemitische StimStimmungsmungsmasche, indem sie die Integrität jüdischer Repräsentanten und mache der Juden im allgemeinen durch direkte und geschickt verbrämte Anfeindungen in Frage stellten: Rechtsextremistische Bestrebungen 125 "Wenn Meinungsumfragen als >erschreckend< gewertet werden, denen zufolge beachtliche Prozentsätze der Deutschen den "jüdischen Einfluß< in der Bundesrepublik für mächtig oder allzu mächtig empfinden, so sollten sich Meinungsmacher ernsthaft die Frage stellen, ob dies nicht auch daran liegt, daß man Ignatz Bubis als eine Art >Big Brother< darstellt, der >watching you< ist. Wer den Herrn Bubis wie einen Rohrstock für das Volk präsentiert, darf sich nicht wundern, wenn als Reaktion eine Bewegung anschwillt, die die "Freiheit des Rückens* wünscht." (DWZ/DA 16/94, S. 1) "Der 1956 in Paris geborene Michel Friedman (...) beweist, daß Selbstgeißelung und Nationalmasochismus, noch dazu wenn sie ein halbes Jahrhundert nach historischen Ereignissen exerziert werden, zu keiner vernünftigen Politik führen können, sondern mit immer weitergehenden Dreistigkeiten beantwortet werden. Sein Standardsatz "Ausländeroder Judenfeindlichkeit sind Menschenfeindlichkeiten* ist wahr und unwahr zugleich: Denn das deutsche Volk ist vielleicht das ausländerfreundlichste auf dieser Welt. Kein Volk könnte auf Dauer sich mit Anmaßungen wie denen des Friedman anfreunden." (DWZ/DA 18/94, S. 1) DNZ und DWZ/DA versuchen davon abzulenken, daß RechtsextreRelativierung misten an fremdenfeindlichen Straftaten maßgeblich beteiligt sind: des Ausmaßes fremdenfeind"Während die Medien jede noch so harmlose Rangelei zwischen deutlicher Straftaten schen und ausländischen Jugendlichen zum Beleg für Rassenhaß und Femdenfeindlichkeit in Deutschland machen und während jeder Hitzkopf kurzerhand zum "Rechtsextremisten* erklärt wird, wenn er - aus welchen Gründen auch immer - einen Zusammenstoß mit Ausländern hatte, breiten sich in der Bundesrepublik nahezu ungehindert ausländische Jugendbanden aus, die vor keiner Gewalttat zurückschrecken." (DWZ/DA 23/94, Beilage, S. IV) "Auch sogenannte antisemitische, neonazistische Schändungen in der Bundesrepublik entpuppen sich in der Regel als böse Streiche von Kindern oder als Rabaukenakte von Rauschtätem, die mit Politik im allgemeinen und schon gar nicht mit der Rechten irgend etwas zu tun haben." (DNZ 31/94, S. 2) Eine beliebte Methode hierbei ist, an Straftaten mit rechtsextremistischem Anfangsverdacht anzuknüpfen, bei denen sich nachträglich herausstellt, daß sie von Ausländern oder Linken begangen oder vorgetäuscht worden waren. Täter aus dem rechtsextremistischen Spektrum werden demgegenüber als Außenseiter apostrophiert. 126 Rechtsextremistische Bestrebungen GroßmachtsGroßmachtansprüche schimmern in vielfältiger Weise durch. So weransprüche ,-|en n a c n c(er Vereinigung Deutschlands und dem Eintritt Österreichs und anderer Staaten in die EU Forderungen erhoben: "Der Hinzutritt von vier souveränen Staaten stellt ein weiteres zentrales Hemmnis gegen einen Brüsseler Zentralstaat dar und zugleich eine Garantie für die Fortentwicklung in Richtung eines Staatenbundes mit Wirtschaftsund Zollgemeinschaft. Eine Erweiterung in den östlichen Teilen Mitteleuropas dürfte der nächste Schritt sein. Frankreich wird mehr und mehr in eine Randlage gedrängt, während Deutschland auch in der Union das Herz Europas ist. Die Allmacht der französischen Politik in Brüssel geht ihrem Ende entgegen und Deutsch als wichtigste Arbeitssprache in der EU kann nicht auf Dauer diskreditiert werden." (DNZ 21/94, S. 7) Anspruch auf in dieses Denkschema paßt auch der ständige Appell, deutsche Nordostpreußen Ansprüche auf Nordostpreußen anzumelden: "Es ist wahrlich bemerkenswert: Bereits Gedanken an eine deutsche Zukunft Ostpreußens und Königsbergs lösen bei etablierten Politikern einen seltsamen Mechanismus aus. Sie werden in aller Regel kreidebleich, bekommen oft Atemnot und manche verfallen in das, was man Rechtsextremistische Bestrebungen 127 landläufig unter Hysterie versteht. Und dies nicht etwa aus aufrichtiger Freude über eine denkbare weitere Wiedervereinigung. Nein. Panische Angst, Alpträume bekommen die. Königsberg-Nein danke, heißt es in Bonn." (DNZ 4/94, S. 4) Publizistische Fürsprache fanden der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß Publizistische und die vor der deutschen Strafjustiz nach Spanien und Dänemark geFürsprache für Altnazis flüchteten deutschen Altnazis Otto Ernst REMER und Thies CHRISTOPHERSEN. Mitglieder demokratischer Parteien werden als "Pharisäer" und Diffamierung "Absahner" verächtlich sowie damit einhergehend für Parteienverdemokratischer Politiker drossenheit verantwortlich gemacht. Diese "Gesinnungsakrobaten" heuchelten "Alles für Deutschland!" oder "Europa unsere Zukunft!" und hätten doch nur ihre eigenen "weit überhöhten Diäten" und "völlig unangemessenen Privilegien" im Sinn20'. Wie schon gegen seinen Vorgänger wird auch gegen Bundespräsident Herzog Front gemacht: "In seinem ersten größeren Pressegespräch, das nach der Präsidentenwahl veröffentlicht worden ist, signalisiert Roman Herzog, daß er in von Weizsäckers Trampelpfaden nationaler Selbstzerknirschung und unablässiger >Bewältigung< des vor fast einem halben Jahrhundert untergegangenen NS-Regimes wandeln will." (DWZ/DA 23/94, S. 1) Schon während seiner Amtszeit als Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde gegen ihn polemisiert: "Ist Roman Herzog (...) der eigentliche >Vater< des Verzichts auf die deutschen Ostgebiete? (...) Zur Wiedervereinigung von Bundesrepublik und DDR wäre es auch ohne einen derart radikalen Verzicht auf die Ostgebiete gekommen, zu dem Bonn - offenbar unter Herzogs Beratung - sich bereitfand." (DNZ 6/94, S. 1,2) Die Agitation gegen Ausländer hatte nicht mehr den früheren hohen Stellenwert. Mit Schlagworten wie Überfremdung, Ausländerkriminalität und Multikultur wurde dieses Thema dennoch weiterhin aufgegriffen. 1.2 Teilnahme an Wahlen Die DVU beteiligte sich 1994 nicht an den Wahlen. Gründe hierfür dürfKeine Teilnahme ten die defizitäre finanzielle Situation und die entmutigenden an Wahlen Ergebnisse bei den Kommunalwahlen in Hessen und der Bürgerschaftswahl in Hamburg im Jahr 1993 gewesen sein. 128 Rechtsextremistische Bestrebungen Treffen Um eine "Selbstblockade" bei künftigen Wahlen zu verhindern und so Dr. FREYs mit den Abwärtstrend ihrer Parteien umzukehren, gingen die BundesSCHÖNHUBER vorsitzenden von DVU und der Partei "Die Republikaner" (REP) (vgl. Nr. 4), Dr. FREY und SCHÖNHUBER, am 22. August mit einer gemeinsamen Presserklärung an die Öffentlichkeit. Bereits seit Herbst 1993 hatte Dr. FREY für ein beiderseitiges Bündnis geworben. Auf der Großkundgebung der DVU am 24. September in Passau gab er für die bayerische Landtagswahl eine Wahlempfehlung für die REP ab. In seinen Wochenzeitungen verteidigte er SCHÖNHUBER gegen dessen parteiinterne Widersacher. Kandidatur für Für 1995 hat die DVU wieder ihre Teilnahme an Wahlen angekündigt. 1995 in Bremen Eine Signalwirkung für ganz Deutschland erhofft sie sich von einem erangekündigt folgreichen Abschneiden bei der Bremer Bürgerschaftswahl. Der Wahlkampfauftakt erfolgte Ende Oktober mit einem Spendenaufruf. Bei der letzten Wahl in Bremen im Jahre 1991 hatte die DVU mit 6,2% der Stimmen insgesamt sechs Mandate erhalten. Nach Austritten stellt sie allerdings nur noch drei Abgeordnete. 1.3 Organisation Starker Rückgang Die DVU verfügt bundesweit über 16 Landesverbände. Die Mitder Mitgliederzahl gliederzahl ist rückläufig. Sie ging im Vergleich zu 1993 um 6.000 auf rund 20.000 zurück (Dr. FREY behauptet höhere Zahlen). 1.4 Finanzen Angespannte Die DVU befindet sich in einer angespannten Finanzlage. Nach Finanzlage Angaben eines Wirtschaftsprüfers auf der DVU-Großkundgebung am 24. September in Passau ist sie derzeit mit etwa neun Millionen DM verschuldet. Dieser Betrag werde von Dr. FREY finanziert. Die DVU müsse daher bestrebt sein, durch Spenden und sonstige Einnahmequellen das Defizit auszugleichen. 1.5 Sonstige Aktivitäten Großkundgebung Wichtigste Veranstaltung für die DVU-Mitglieder und -Sympathisanten in Passau ohne war die Großkundgebung am 24. September in der Passauer SCHIRINOWSKIJ Nibelungenhalle. Gemessen an der massiven Propaganda für die Veranstaltung in den Wochenzeitungen DNZ und DWZ/DA blieb die Teilnahme mit rund 2.000 Personen (die DNZ gab 6.000 an) hinter den Erwartungen zurück. Die Zahl entspricht der von 1993. Eine Enttäuschung für die Partei und die Teilnehmer war die unfreiwillige Absage des 1993 als Redner aufgetretenen Vorsitzenden der nationalistischen "Liberaldemokratischen Partei Rußlands" (LDPR), Wladimir SCHIRINOWSKIJ, dem die Einreise nach Deutschland verweigert worden war. Ihm sollte in Passau der von Dr. FREY neu gestiftete Preis für "Deutsch-russische Freundschaft" verliehen werden. Rechtsextremistische Bestrebungen 129 Dr. FREY sieht in dieser Verbindung die Chance einer Revision der Oder-Neiße-Linie, insbesondere im Hinblick auf das nördliche Ostpreußen. In Passau wurde ein Grußwort von SCHIRINOWSKIJ verlesen. 1.6 "National-freiheitliche" Verlage Die "DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" und die "FZVeröffentlichung Freiheitlicher Buchund Zeitschriftgenverlag GmbH" offerierten weivon "Enthüllungsbüchern" terhin sogenannte Enthüllungsbücher. 1994 erschienen "Verheimlichte Dokumente - Band 2 - Massenmord - Lügen gegen Deutschland, Kriegsschuld-Schwindel, Vertuschte Verbrechen der Sieger" sowie "Wladimir SCHIRINOWSKIJ - Was ich wirklich will". Zum Verlagsprogramm gehören auch Medaillen, Landkarten, Fahnen, Plakate, Musikkassetten, CDs sowie Videos mit überzogener Betonung des Deutschtums. 2. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD)211 2.1 Zielsetzung Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) sieht als vorVerunglimpfung rangiges politisches Ziel die Schaffung eines Nationalstaates an, der der freiheitlichen demokratischen anstelle der vom Grundgesetz garantierten Individualrechte die Grundordnung Verpflichtung des einzelnen auf die Volksgemeinschaft und die nationale Solidarität und damit eine nationalistisch-kollektivistische Grundhaltung betont. u0~ (Es reicht. Den Betrug beenden! Sicherheit durch Recht und Ordnung Nationaldemokraten Für Deutschland 130 Rechtsextremistische Bestrebungen Dementsprechend ist die NPD nach eigenem Selbstverständnis die "Wahlpartei der nationalen Opposition in Deutschland"22', die "einzige und zudem echte soziale wie nationale Alternative zum >BonnerSystem<"23'. Sie verunglimpft dieses "System" "Meinungsund Informationsfreiheit sind (...) in diesem Lande hohle Phrasen geworden." ("Deutsche Stimme" 9/94, S. 1) "Die Unterdrückungsmechanismen des "Bonner Systems< (treten) immer brutaler und deutlicher zu Tage." ("Deutsche Stimme" 8/94, S. B) "Die Verfassungsfeinde sitzen in Bonn!" ("Deutsche Stimme" 9/94, S. 1) "Der bürgerlich-klerikale Faschismus des >Mitte-Systems<, das wie wild um sich schlägt und Verbot nach Verbot erläßt, weil es sein Ende nahen sieht, straft das für alle sichtbar Lügen, was lautstark verkündet wird: >Wir leben im freiesten Staat, den es je auf deutschem Boden gegeben hat"." ("Deutsche Stimme" 1/94, S. B) Rechtsextremistische Bestrebungen 131 und will durch den völkischen Kollektivismus Veränderungen schaffen: "All den Kräften der Verneinung und Herabwürdigung unseres Volkes Ideologie des und Vaterlandes, im Innern wie draußen, setzen wir die Idee der Volksvölkischen gemeinschaft, der nationalen Solidargemeinschaft der Deutschen entKollektivismus gegen." ("Deutsche Stimme" 10-11/94, S. B) Die staatliche Eigenständigkeit Deutschlands wird in Abrede gestellt: Agitation gegen angebliche "Die BRD war auch zu keiner Zeit ein souveräner Staat." Fremdherrschaft ("Deutsche Stimme" 10-11/94, S. 7) "Wir Deutschen wurden 1945 nicht befreit, sondern versklavt und leiden seitdem unter Fremdherrschaft." ("Niedersachsen Spiegel" 2/94, S. 7) "Die Bonner Parteien wollen, daß Deutschland eine politische Kolonie der USA bleibt." ("Deutsche Stimme" 5/94, S. 9) Antisemitismus wird in der Agitation gegen den Vorsitzenden des Antisemitische Zentralrats der Juden in Deutschland, Bubis, deutlich. Dieser sei der und rassistische Agitation "neue (jüdisch-alliierte) Hochkommissar von und über Deutschland." ("Deutsche Stimme" 9/94, S. B) "Wie die italienische Politik von der Mafia bestimmt wird, so werden wir durch das mosaische Syndikat aus Frankfurt beherrscht." ("Deutsche Stimme" 6-7/94, S. 7) Gegen den Aufenthalt von Ausländern in Deutschland agitiert die NPD mit ihrem Standardrepertoire an Schlagwörtern wie "Asylbetrug", "Überfremdung", "Ausländerstopp" und "multikulturell" gleich "multikriminell". Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sprechen aus ihrer Warnung vor der "Vermehrung und Ausbreitung fremder Rassen, Kulturen und Religionen, auch jederlei Mischung, in unserem (...) Land." ("Deutsche Stimme" 9/94, S. 6) "Die Verdummungspolitik der Multi-Kulti-Lobby kommt auf immer ausgefallenere und abwegigere Begründungsversuche für ihren Vernichtungsfeldzug gegen das eigene Volk." ("Deutsche Stimme" 4/94, S. D) Nach wie vor fordert die NPD die "Rückgabe der russisch, tschechisch Forderung nach und polnisch besetzten deutschen Ostgebiete"24' und spricht von einer Rückgabe der "Teilwiedervereinigung"261. ehemaligen deutschen Ostgebiete Die europäische Einigung kommentiert sie mit der Voraussage, alles werde "in einem chaotischen Regionenund Völkerbrei enden"261. 132 Rechtsextremistische Bestrebungen Agitation gegen Deshalb gehe es in erster Linie darum, "der Flucht vor der Nation Einhalt die EU zu gebieten"27'. Die "Vermischung" sehr unterschiedlicher Völker führe zu dauerhaften Konflikten oder gar zur Zerstörung der vorhandenen Völker. Deutschland müsse auch morgen noch "das Land der Deutschen sein"281. Intensivierung der Ein Schwerpunkt der NPD-Aktivitäten, insbesondere ihres ParteiRevisionismusvorsitzenden Günter DECKERT (54), war die Intensivierung der rechtsKampagne und extremistischen Revisionismus-Kampagne, mit der die Schuld des der Bündnisinitiativen Nazi-Regimes am 2. Weltkrieg und der Massenmord an den Juden in den Konzentrationslagern bestritten wird. Verstärkt - wenn auch ohne Erfolg - engagierte sich die Partei für das von DECKERT geforderte "Bündnis Deutschland", das zur Bündelung und Kooperation aller rechtsextremistischen Parteien - mit der NPD als Kristallisationspunkt - führen sollte. "Mannheimer Das Medienecho auf das "Mannheimer Urteil" gegen den ParteivorUrteil" gegen sitzenden DECKERT brachte der NPD einen aus ihrer Sicht willkomParteivorsitzenden menen Popularitätsschub und "Presserummel wie noch nie"291. DECKERT aufgeDECKERT war am 23. Juni vom Landgericht Mannheim u.a. wegen hoben Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe von 10.000 DM verurteilt worden. Aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Strafmaßes und der Strafaussetzung zur Bewährung hob der Bundesgerichtshof dieses Urteil am 15. Dezember auf. Die Revision DECKERTS wurde als offensichtlich unbegründet verworfen. Die Verurteilung ist damit im Schuldspruch rechtskräftig. Das Verfahren wurde zur erneuten Verhandlung über das Strafmaß und die Strafaussetzung zur Bewährung an das Landgericht Karlsruhe zurückverwiesen. 2.2 Teilnahme an Wahlen Niederlagen bei Erstmals seit ihrer Gründung vor 30 Jahren beteiligte sich die NPD nicht Wahlen an der Bundestagswahl. Der Beschluß hierzu wurde gefaßt, nachdem die Partei bei der Wahl zum europäischen Parlament am 12. Juni einen Stimmenanteil von lediglich 0,2% erzielt hatte und damit nicht in den Genuß der staatlichen Teilfinanzierung (früher: Wahlkampfkostenerstattung) gekommen war. An den Landtagswahlen nahm die NPD in einzelnen Wahlkreisen in Niedersachsen (13. März), Bayern (25. September) und MecklenburgVorpommern (16. Oktober) teil. Sie erreichte mit 0,2% in Niedersachsen sowie jeweils 0,1 % in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern nur unbedeutende Ergebnisse. Punktuelle Wahlteilnahmen der NPD gab es auch bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Baden-Württem- Rechtsextremistische Bestrebungen 133 berg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. Hierbei gelang es der Partei lediglich in Baden-Württemberg vier Mandate zu erringen. Mit 3,4% der Stimmen wurde der NPD-Vorsitzende DECKERT in den Stadrat von Weinheim/Rhein-Neckarkreis wiedergewählt. Als Kreisrat im Rhein-Neckar-Kreis wurde er mit 1,1% der Stimmen ebenfalls bestätigt. 2.3 Organisation Die NPD verfügt bundesweit über 15 Landesverbände; Berlin und Rückgang der Brandenburg bilden einen gemeinsamen Landesverband. Die OrganiMitgliederzahl sationsstrukturen in den neuen Bundesländern sind nach wie vor nur schwach ausgeprägt. Die Mitgliederzahl ging zurück; sie stagnierte zum Jahresende bei etwa 4.500 (1993: 5.000). 2.4 Finanzen Die NPD konnte auch 1994 ihre aus WahlkampfkostenvorausVerbesserung der Finanzlage durch zahlungen des Bundes (1990) und des Landes Baden-Württemberg Erbschaft und (1992) resultierenden Schulden in Höhe von insgesamt 1,2 Millionen Spenden der DM nicht begleichen. An Stundungszinsen zahlt sie jährlich 32.000 DM. Parteimitglieder Dennoch hat sich die Finanzlage der Partei nach mehreren Jahren erstmals gebessert. In Baden-Württemberg fiel der NPD mit einem Villengrundstück eine größere Erbschaft zu. Testamentarische Auflagen lassen eine freie Verfügung jedoch erst nach Ablauf einer Fünfjahresfrist zu. In der Altmark (Sachsen-Anhalt) erwarb die NPD als Schulungszentrum ein Gebäude aus dem Besitz einer ehemaligen landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Finanziert wurde der Gesamt-Kaufpreis von über 200.000 DM durch Spenden der Parteimitglieder. 3. "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) 3.1 Zielsetzung Die im Oktober 1991 gegründete, aus dem rechtsextremistischen Völkisch-kollekVerein "Deutsche Allianz-Vereinigte Rechte" hervorgegangene Partei, tivistische Tendenzen deren Programm Anlehnungen an das der NPD aufweist, neigt zu einem völkischen Kollektivismus, der die Belange der "Volksgemeinschaft" zu Lasten der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte überbewertet. Völkisch-kollektivistische Tendenzen lassen sich etwa im Parteiprogramm erkennen. Sie versteht sich als Wegbereiterin einer "vereinigten Rechten" Rechtsextremistische Bestrebungen 135 "Daß Einigung machbar und durchzuhalten ist, haben wir in der Deutschen Liga geradezu vorbildlich unter Beweis gestellt. (...) Was bei uns seit Jahren möglich ist, ließe sich auch auf ein größeres Modell übertragen - wenn man nur will!" (Erklärung des Bundesvorstandes vom 1. November 1994 zum "Superwahljahr 1994") und sieht sich politischer Verfolgung ausgesetzt: "Einmal mehr zeigt es sich, daß absichtlich ein bürgerkriegsähnliches Klima geschaffen wird, in dem jedes Mittel recht ist, um die Gegner der Masseneinwanderung zu terrorisieren." ("Bayern-Info" 3/94, S. 4) Die DLVH redet einer pauschalen Diffamierung aller Ausländer und Agitation gegen Aylbewerber das Wort: Deutschland werde durch Asylantenund ^."flf"^(tm)"01 Minderheiten Einwandererströme überflutet. In ihren Propagandaschriften, zu denen bis April (3. Ausgabe) insbesondere die "Deutsche Rundschau" zählte - die Zeitschrift fusionierte mit der Monatszeitschrift "Nation und Europa - Deutsche Monatshefte zur Europäischen Neuordnung" (vgl. Kap. VIII, Nr. 2) -, agitiert die DLVH allerdings nicht nur gegen Ausländer, sondern gegen Minderheiten schlechthin. So schreibt das DLVH-Bundesvorstandsmitglied Karl RICHTER (32): "Was heute noch normal ist, wird morgen als >rassistisch<, "diskriminierend" und >minderheitenfeindlich< am Pranger der veröffentlichten Meinung stehen. Heute sind Fixer, Homos, Lesben, Asylbetrüger, Schwerkriminelle noch Minderheiten in unseren Breiten. "Political correctness" macht's möglich, daß aus Asozialen und Randfiguren nach und nach Mitbürger wie Du und ich werden. In der nächsten Generation werden sie womöglich das Sagen haben." ("Nation und Europa - Deutsche Rundschau" 7-8/94, S. 4) Darüber hinaus offenbart die DLVH ein verzerrtes Geschichtsbild: "Die 1945 vorgenommene Aufteilung der Welt nach Sieger und Besiegten muß endgültig überwunden werden. Dazu gehört der Wegfall der UN-Feindstaatenklauseln und die Ermöglichung einer Geschichtsschreibung, die der Wahrheit entspricht und sich nicht für Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbrauchen läßt. Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung dürfen nicht zur politischen Erpressung führen." (Parteiprogramm, S. 2, in der Fassung der Parteiunterlagen des Bundeswahlleiters vom 5. April 1994) Schon 1993 relativierte RICHTER die NS-Verbrechen, indem er ihnen die Verbrechen anderer Völker gegenüberstellte und die Zahl der jüdi- 136 Rechtsextremistische Bestrebungen sehen Toten anzweifelte30'. Die DLVH fordert folglich eine Revision der Geschichtsschreibung, die sie für Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbraucht sieht. 3.2 Teilnahme an Wahlen Kandidaturen nur Die DLVH verzichtete auf die Teilnahme an der Bundestagswahl und bei Kommunalan Landtagswahlen. Sie beschränkte sich auf die Kommunalwahlen in wahlen in NordNordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. rhein-Westfalen und BadenIn Nordrhein-Westfalen trat sie lediglich in den kreisfreien Städten an. Württemberg In Köln verlor sie bei 1,2% Stimmenanteil ihre beiden Mandate im Stadtrat, in Hagen erhielt sie 0,2%. Aufsehen erregte der Wahlkampf in Köln wegen einer Plakatund Flugblattaktion mit dem Portrait von Altbundeskanzler Dr. Konrad Adenauer und dem Untertitel "Er würde heute Deutsche Liga wählen". In Baden-Württemberg kandidierte die DLVH bei den Kreistagswahlen in zwei Landkreisen: Im Schwarzwald-Baar-Kreis errang Jürgen SCHÜTZINGER (41), einer der Vorstandssprecher der DLVH, wieder ein Mandat (2,8%). Das Mandat im Kreistag Tuttlingen ging verloren. Bei den Gemeinderatswahlen kandidierte die Partei in drei Städten/Gemeinden. Sie errang insgesamt drei Mandate, eines in Tuttlingen und zwei in Villingen-Schwenningen. 3.3 Organisation Schwerpunkte in Der Parteiaufbau der DLVH ist immer noch nicht abgeschlossen. Die Baden-WürttemSchwerpunkte der Arbeit liegen weiterhin in Baden-Württemberg, berg, NordrheinNordrhein-Westfalen und Bayern. Insbesondere in den neuen BundesWestfalen und ländern verläuft die Entwicklung schleppend. Die Mitgliederzahl stagBayern niert bei etwa 900. 4. "Die Republikaner" (REP) 4.1 Allgemeines/Zielsetzung Die Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen in der Partei "Die Republikaner" haben sich 1994 verdichtet. Verfassungsfeindliche Positionen ergeben sich bei derartigen Phänomenen weniger aus dem Parteiprogramm oder sonstigen offiziellen Verlautbarungen, sondern aus Bekundungen und Verhaltensweisen von Funktionären, Gremien und Mitgliedern sowie aus den Publikationsorganen. Die Partei hat unter dem Druck der Öffentlichkeit, sich demokratisch zu legitimieren, ihr Parteiprogramm zumindest im Wortlaut demokratischen Gepflogenheiten angepaßt. Unabhängig davon kommen in den REP rechtsextremistische Denkmuster und Forderungen zum Vorschein, z.B. Kollektivismusvorstellungen unter beson- Rechtsextremistische Bestrebungen 137 derer Herausstellung der Volksgemeinschaft und unter gleichzeitiger Ablehnung oder Beschneidung der vom Grundgesetz garantierten Individualrechte. Ihre Funktionäre reden von einer Überschwemmung durch Ausländer, die zur Aushöhlung des Rechts auf nationale und kulturelle Selbstbestimmung führen könnte, bzw. von einer "allmählichen Entdeutschung Deutschlands". Schmähende bis rassistische Äußerungen verdeutlichen, daß sich Rechtsextrerechtsextremistische Positionen der REP bis in die Parteispitze hinein mistische Positionen bis in die manifestieren konnten. Parteispitze Auch in ihren Schriften, zu denen maßgeblich das Parteiorgan "DER hinein REPUBLIKANER" zählt, agitierten die REP gegen Ausländer und Asylbewerber. Die Strategen der Partei verstanden es, in simplifizierender Verallgemeinerung Arbeitslosen-, Kriminalitäts-, Wohnungsund Umweltprobleme mit der Zuwanderung von Asylbewerbern und Ausländern zu verquicken. 4.2 Fremdenfeindlichkeit Im "Infoblatt der Republikanischen Jugend Hessen" erklärte der REPAgitation gegen Landesjugendbeauftragte in Hessen, Björn CLEMENS (27): Ausländer, insbesondere Asylbe"Der Massenzuwanderung wurde viel zu spät und nur äußerst halbwerber herzig entgegengetreten. Dabei wurde noch verkannt, daß das Hauptproblem nicht die materielle Belastung unseres Staates, sondern die kulturelle Auszehrung unseres Volkes ist. Multikulturelle Gesellschaftsutopien und nach immer mehr Macht strebende Ausländerorganisationen stellen eine erheblich größere Langzeitgefahr dar als die Belastung, denen das Bundesfinanzministerium ausgesetzt ist." ("Jugend REPort" 1/94, S. 1) Zur Bundestagswahl schürten die REP in ihrer zentralen Wahlkampfzeitung "Zur Sache" in einem ganzseitigen Artikel die Furcht vor "Überfremdung". Schon im Titel fragte die Partei demagogisch "Noch Herr im eigenen Land?". Sie behauptete, nach der Wahl würden "die Dämme brechen" und "Überfremdung" drohen, warnte vor "enormen Kosten" und erklärte: "Einwanderung heißt: Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, steigende Kriminalität, Zusammenbruch des Sozialstaates. (...) Nach dem Wahltag wird die Einwanderung weitergehen. Grundgesetzänderungen liegen bereits in der Schublade, um aus Deutschland einen multikulturellen Vielvölkerstaat zu machen. (...) Das einzige, was diese katastrophale Entwicklung verhindern kann, ist der Protest der Wähler. (...) Der Wähler muß ein deutliches Signal setzen, damit die Überfremdung nicht mehr weitergeht. Es geht um unser aller Zukunft." 138 Rechtsextremistische Bestrebungen Der damalige Beisitzer im REP-Bundesvorstand, Burghard SCHMANCK (56), schrieb in der Oktober-Ausgabe des Parteiorgans: "In Europa leben etwa 20 Millionen Muslime, die unter islamistischer Führung von einem islamischen Europa mit der Achse GroßbritannienFrankreich-Europa träumen. (...) Die nur anfänglich friedliche Masseneinwanderung führt zu einer zunehmenden Entrechtung der einheimischen Bevölkerung und nimmt ihr schließlich das elementarste Menschenrecht, nämlich das Recht auf Heimat. (...) Wachsendes islamisches Selbstbewußtsein gefährdet wesentliche Teile unserer mühsam errungenen Menschenrechte und Grundfreiheiten. (...) ("DER REPUBLIKANER" 10/94, S. 5) 4.3 Antisemitismus Antisemitische Nachdem das Thema Ausländer/Asylbewerber an Zugkraft verloren Agitation hatte, nahm die Antisemitismus-Agitation der REP zu. Im Mittelpunkt der Angriffe stand der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis. SCHÖNHUBER bezeichnete ihn wiederholt als "Volksverhetzer"311. Auf der Aschermittwochsveranstaltung der REP am 16. Februar in Osterhofen (Bayern) erklärte SCHÖNHUBER, er frage sich, ob er immer die Hand vorhalten müsse, wenn Herr Bubis huste? Er sage nein. 50 Jahre Demut seien genug. Wenn es in Deutschland (wieder) Antisemitismus gebe, dann sei Herr Bubis mitschuldig. Zu der in einer Fernsehsendung aufgestellten Behauptung von Bubis, Anhänger der REP würden Häuser anzünden, nahm SCHÖNHUBER wie folgt Stellung: "Der verachtenswerte Antisemitismus in Deutschland hat einen Namen: Ignatz Bubis, auf dem linken Auge blind, auf dem rechten einen Zerrspiegel. Die Deutschen haben es satt, von Herrn Bubis unentwegt geschulmeistert zu werden. Hat dieser selbsternannte Sittenrichter wirklich eine so weiße Weste, daß sie ihn für diese Aufgabe qualifiziert? Zweifel sind angebracht. (...) Ohne auch nur einen Funken eines Beweises für seine ungeheuerliche Behauptung zu haben, liefert er Gegnern unserer Partei eine Art moralische Rechtfertigung für den immer stärker werdenden physischen und psychischen Terror gegen uns. Herr Bubis erfüllt damit die Funktion eines Schreibtischtäters. Wenn in der Tat der von uns nicht nur abgelehnte, sondern auch aktiv bekämpfte Antisemitismus wieder zunimmt, so muß sich der Zentralrat der Juden die Frage gefallen las- Rechtsextremistische Bestrebungen 139 sen, ob er gut beraten war, eine so zwielichtige Figur wie I. Bubis an die Spitze zu stellen." (REP-Flugblatt mit Presseerklärungen vom 4. und 7. März 1994) 4.4 Ideologie der Volksgemeinschaft Die Würde des Menschen und seine Freiheitsrechte - nicht nur die des Unterordnung Deutschen - sind oberste Werte der Verfassung. Die REP ordnen dades Individuums gegenüber "Volk" gegen das Individuum dem "Volk" und der "Gemeinschaft" unter. So und "Gemeinerklärte der Hamburger Landesvorsitzende Werner JAMROWSKI (82) schaft" zum Freiheitsverständnis seiner Partei: "Auch in einer Demokratie muß das Freiheitsverständnis patriotisch" verstanden werden, d.h. man muß die Rechte des einzelnen, in dem soziopolitischen Rahmen der Gemeinschaft des Volkes verstehen." ("DER REPUBLIKANER" 3/94, S. 10) Ziel der REP ist der "Erhalt Deutschlands als Lebensraum für das deutsche Volk. In diesem, unserem Vaterlande, muß jeder Deutsche eine sichere Lebensgrundlage haben und das Recht auf ein würdiges Leben verwirklichen können"32'. 4.5 Agitation gegen die angebliche Umerziehung der Deutschen Unverändert ist das Thema "Umerziehung" Teil der REP-Agitation. Letztlich sollen so Nationalsozialismus, Drittes Reich und Kriegsschuld verharmlost werden. Während einer Wahlveranstaltung am 20. Mai in Heidenheim (Baden-Württemberg) erklärte SCHÖNHUBER: "Ich habe es satt, daß unsere Kinder und Kindeskinder von Lehrern und Pastoren, die umerzogen worden sind, bis das Rückgrat überhaupt nicht mehr sichtbar ist und verkrümmt ist, daß die weiterhin unsere Kinder vergiften dürfen. Wir fordern auch neue Geschichtsbücher - nicht zur Verherrlichung des Dritten Reiches. Das Dritte Reich war ein Unrechtsstaat, aber zur geschichtlichen Darstellung von Dingen, wie sie wirklich waren und nicht so, wie es uns einige Amerikaner aus der Ostküste gerne vorgaukeln würden." In seiner Rede auf der Schlußveranstaltung des Europawahlkampfes der REP am 9. Juni in München hetzte SCHÖNHUBER im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie: "Wie die Aasgeier stürzten sich die Sieger auf das am Boden liegende Deutschland, zerstückelten es (...). Die Befreiung (war) im Westen (...) der Beginn einer Umerziehung, die systematisch den Deutschen nationale Würde, Selbstachtung nahm und Deutschland zu einer beliebig knetbaren Masse der Wünsche der 140 Rechtsextremistische Bestrebungen Siegerstaaten machte. (...) Wir sind und bleiben ein fremdbestimmtes Land. Die Geschichte wurde mit den Stiefelabsätzen der Sieger geschrieben. (...) Fazit dazu: Die Besatzungssoldaten ziehen ab, geistig und moralisch aber bleiben wir ein besetztes Land und das muß sich ändern." 4.6 Angriffe gegen Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie werden ständig in polemischer, teilweise diffamierender und verunglimpfender Weise angegriffen. Damit soll das Vertrauen in demokratische Institutionen erschüttert werden. So erklärte SCHÖNHUBER während der Aschermittwochsveranstaltung der REP am 16. Februar in Osterhofen (Bayern): "Ich weiß, daß der Tag kommen wird, (...) wo man einen Innenminister Schnoor, wo man einen Innenminister Birzele, wo man einen Innenminister Ziel zur Verantwortung ziehen wird. Es sind in Hannover und Salzgitter (Anm.: Beim Schutz von REP-Wahlveranstaltungen) 50 Polizisten verletzt worden und einige sogar schwer. An den Händen dieser Innenminister klebt das Blut der Polizisten. Alle sind geistige Terroristen (...). Liebe Freunde, es gibt keinen demokratischen Staat in Europa, der gegen eine demokratisch zugelassene Partei nachrichtendienstlich vorgeht, das gibt es nirgends, das gibt es nur bei uns. (...) Das sind Nazi-Methoden, die in Deutschland um sich greifen, und es wird Zeit, daß man diesen Lumpen das Handwerk legt." Auch während der Abschlußveranstaltung zur Europawahl (9. Juni in München) setzte SCHÖNHUBER seine Schmähungen und Verunglimpfungen fort. Er behauptete u.a., die Bundesrepublik sei, "was die Behandlung unserer Partei angeht, ein Unrechtsstaat, allerdings ohne KZ und physische Vernichtung": "12 Jahre NS-Erziehung und nahezu ein halbes Jahrhundert kommunistische Indoktrinierung haben Früchte getragen, faule und verderbliche. Aber der NS-Geist und der kommunistische Geist leben weiter, insbesondere beim Verfassungsschutz, der sich mit Ausnahme der physischen Folter der gleichen Methoden bedient wie Stasi und Gestapo. (...) Und die Nazis sprachen genau den gleichen Satz aus, den heute Birzele und andere gebrauchen. Nämlich, sie sprechen vom Verfolgungsdruck. Das sind rotlackierte Nazis. Die Birzeles und Schnoors." Rechtsextremistische Bestrebungen 141 An alle Haushalte mit Tagespost Mitgemacht heim Offene Grenzen: Die großen Wahl-Quiz! Mafiosi kommen Wo soll das noch enden? Allein "suen die Raffia 142 Rechtsextremistische Bestrebungen 4.7 Organisation 4.7.1 Strukturen Rückgang der Die REP verfügen bundesweit über 16 Landesverbände. Aufgrund der Mitgliederzahl Wahlniederlagen und innerparteilichen Querelen mußte die Partei jedoch einen Mitgliederrückgang hinnehmen. Ende 1994 verfügte die Partei bundesweit noch über knapp 20.000 Mitglieder, davon rund 3.500 in den neuen Bundesländern. 1993 hatte SCHÖNHUBER die Mitgliederzahl noch mit 23.000, davon 4.500 in "Mitteldeutschland" (gemeint sind die neuen Bundesländer), angegeben. Die Schwerpunkte liegen nach wie vor in Süddeutschland und in Nordrhein-Westfalen. "Republikanische Der Aufbau der Parteijugendorganisation "Republikanische Jugend" Jugend" (RJ) kam nur schleppend voran. Ihr gehören mehrere hundert Personen an. Die für den 9. April vorgesehene Gründung eines Bundesarbeitskreises der RJ mußte entfallen. Landesarbeitskreise der RJ existieren u.a. in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. "Republikanischer Bund der öffentlich Der im Oktober 1993 gegründete "Republikanische Bund der öffentBediensteten" lich Bediensteten" (RepBB) soll als Zusammenschluß aller im öffentlichen Dienst beschäftigten Parteimitglieder dazu dienen, "den ungerechtfertigten verleumderischen Angriffen und Einschüchterungsversuchen durch etablierte politische Beamte mit allen Mitteln des Rechtsstaates entgegenzutreten"33". Vorsitzender des RepBB (rund 150 Mitglieder) ist der Studiendirektor Burghard SCHMANCK (56) aus Werne. 4.7.2 Entwicklung Wahlniederlagen und parteiinterne Die zu Beginn des von den REP selbst als "schicksalhaft" apostroRichtungskämpfe phierten Wahljahres 1994 gehegten Hoffnungen, sich in den Parlamenten - ähnlich wie beim Wahlerfolg 1992 in BadenWürttemberg - als politisch relevante Kraft zu etablieren, sind zerstoben. Die Partei mußte empfindliche Niederlagen hinnehmen. Im Zuge der enttäuschenden Wahlergebnisse geriet der Parteivorsitzende Franz SCHÖNHUBER (71) selbst zunehmend in das Kreuzfeuer der Kritik und unter starken parteiinternen Druck. Nach seinem für die Partei überraschenden Treffen mit dem DVU-Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY (61) am 21. August eskalierten die Streitigkeiten. Ab Oktober kam es zweimal zu Amtsenthebungen SCHÖNHUBERS und Rechtsstreitigkeiten darüber. Im Zuge dieser Streitigkeiten bildeten sich innerhalb der Partei zwei Lager: Rechtsextremistische Bestrebungen 143 SCHÖNHUBER und seine Anhänger verstehen die REP als eine Partei des "rechten Lagers". Dort sehen sie ihre Wähler. Angestrebt wird von ihnen die Bildung einer "rechten Abwehrfront" gegen eine "linke Volksfront". SCHÖNHUBER setzt nach eigenen Worten auf "fundamentale Opposition", nachdem sein - taktisch motivierter - Kurs der Anpassung bzw. Annäherung an die bürgerliche Mitte den REP nicht die erhoffte Anerkennung gebracht hat. Den von seinen Gegnern Dr. Rolf SCHLIERER (39) und Alexander HAUSMANN (42) verfolgten "Weg zur bürgerlichen Mitte" bezeichnet er als einen "anachronistischen Weg"341. Der SCHLIERER/HAUSMANN-Flügel will die REP dagegen als eine konservative, nicht mehr stigmatisierte Kraft im demokratischen Spektrum rechts von der CDU/CSU etablieren. Zielgruppe sind vor allem die bürgerlichen Wähler, nicht die Wähler aus dem "rechten Lager". Wer glaube, in einer "rechten Allianz" sein Heil finden zu müssen, werde diese bürgerlichen Wähler verlieren, ohne neue hinzuzugewinnen35'. Ob diese Vorstellungen ernst gemeint oder nur nach außen vorgeschoben sind, bleibt abzuwarten. Am 17./18. Dezember fand in Sindelfingen (Baden-Württemberg) der Kurs der REP Bundesparteitag der REP statt. Die Teilnehmer waren sichtlich um die auch nach dem Erhaltung der Einheit der Partei bemüht. Die von vielen prognostizierBundesparteitag unklar te Spaltung blieb aus. 144 Rechtsextremistische Bestrebungen Kurz nach der Eröffnung des Parteitags erklärte SCHÖNHUBER, daß er sich nicht erneut um das Amt des Bundesvorsitzenden bewerbe. Bei der Wahl des neuen Bundesvorsitzenden setzte sich der bisherige stellvertretende Bundesvorsitzende und SCHONHUBER-Widersacher Dr. SCHLIERER gegen zwei Mitbewerber, die dem SCHÖNHUBERLager zuzurechnenden Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt und Bayern, Dr. Rudolf KRAUSE (46) und Wolfgang HÜTTL (44)*', durch. Von den 598 abgegebenen Stimmen entfielen 335 auf Dr. SCHLIERER, 224 auf Dr. KRAUSE. Bei der Wahl der fünf Stellvertreter Dr. SCHLIERERs erzielte Dr. KRAUSE mit 388 Stimmen allerdings mit Abstand das beste Ergebnis. Damit ist es dem neugewählten Bundesvorsitzenden nicht gelungen, die "Hardliner" aus der Partei zu drängen. Diese üben weiterhin zum Teil höchste Parteiämter aus. Der Parteitag hat über den künftigen Kurs der REP keine Klarheit gebracht. Um eine Spaltung der Partei zu vermeiden, wurde dieses zentrale Thema nicht ausdiskutiert. Die ideologisch-politischen und strategisch-taktischen Differenzen bestehen unverändert fort. 4.8 Teilname an Wahlen Die REP beteiligten sich 1994 an allen überregionalen Wahlen (Bundestagswahl, Europawahl und Landtagswahlen in acht Bundesländern) sowie in zehn Bundesländern auch an Wahlen auf kommunaler Ebene. Im Laufe des Jahres wandten sich immer mehr Angehörige rechtsextremistischer Organisationen gegen eine Aufsplitterung des "rechten Lagers" bei Wahlen. Insbesondere in der neonazistischen Szene wurde verstärkt zur Wahlunterstützung für die REP aufgerufen, weil nur für diese Partei die Chance gesehen wurde, in die Parlamente zu gelangen. Niederlagen bei Gleichwohl konnte die Partei bei der Wahl zum 13. Deutschen allen Wahlen Bundestag am 16. Oktober nur 1,9% der Zweitund 1,7% der Erststimmen erringen (1990: 2,1 % Zweitund 1,7% Erststimmen). Ihre größten Verluste mußten die REP in Bayern hinnehmen (minus 2,2 Prozent). Bei der Europawahl am 12. Juni erhielten die REP 3,9% der Stimmen. Dies bedeutet einen Verlust von 3,2 Prozent gegenüber der letzten Europawahl 1989. Die Partei büßte in allen Bundesländern - z.T. erheblich - Stimmen ein. Sie konnte bei dieser Wahl die 5%-Hürde im Landesdurchschnitt nur in Bayern (6,6%) und in Baden-Württemberg (5,9%) überspringen. *) Auf dem Landesparteitag des REP-Landesverbandes Bayern am 22. Januar 1995 wurde Alexander HAUSMANN zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Rechtsextremistische Bestrebungen 145 Amtliches Endergebnis der REP bei der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 (Zweitstimmen) mit Vergleichszahlen 1990 '94 | '90 3% II I! II

freiesten und freiheitlichsten Staat unserer Geschichte!"." ("KONGRESS-Protokoll 1994", S. 9) Den politisch Verantwortlichen für die Ausländerpolitik wurde Versagen gegen die Ausvorgeworfen: länderpolitik der Bundesregierung "Die alleinige Schuld an der zur Katastrophe führenden Ausländerpolitik trifft die Bonner Parteien und ihre Regierungen in Bund und Ländern. Eine unverantwortliche Mißachtung der eigenen Interessen des Deutschen Volkes führt mehr und mehr zur Zerstörung seiner Leistungsfähigkeit mit verheerenden Auswirkungen für die Zukunft." ("KONGRESS-Protokoll 1994", S. 25) 154 Rechtsextremistische Bestrebungen Zielvorstellung der GFP sei: "Daß wir als Deutsche weiterhin in einem deutschen Deutschland leben können - und nicht in einem Absurdistan oder einer Bananenrepublik; (...) daß Deutschland eben deutsch bleibt und nicht (...) das Ende unseres Volkes und seiner großartigen Kultur aus vielhundertjährigem Erbe (eintritt)." ("KONGRESS-Protokoll 1994", S. 10) Über den GFP-Arbeitskreis Hamburg bestehen Kontakte zu dem Vorsitzenden der rechtsextremistischen "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V." (GfbAEV), Jürgen RIEGER (48). Beide Organisationen sind Mitveranstalter der jährlich im Juni ausgerichteten "Hetendorfer Tagungswoche". VIII. Selbständige (organisationsunabhängige) publizistische Einrichtungen Von den 35 selbständigen publizistischen Einrichtungen (im wesentlichen Buch-, Zeitungsund Schriftenverlage sowie Vertriebsdienste) sind nur wenige nennenswert, darunter die "DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" des DVU-Vorsitzenden Dr. FREY (vgl. Kap. V, Nr. 1.6). 1. "Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur" Herausgabe Der von Roland BOHLINGER (57) betriebene Verlag gibt u.a. revisionirevisionistischer stische Schriften und Archiv-Editionen von Büchern, die während der Schriften Zeit des Nationalsozialismus erschienen sind, heraus, z.B. die von Othmar Krainz verfaßte Schrift "Das Judentum entdeckt Amerika". Der gegen dieses Buch vom Amtsgericht Husum erlassene Beschlagnahmebeschluß wurde im Mai rechtskräftig. Das bisher vom Verlag in unregelmäßigen Abständen herausgegebene rechtsextremistische Magazin "Nation - das politische Magazin für Deutsche" ist 1994 aufgrund geschäftlicher Unstimmigkeiten mit dem Chefredakteuer Adrian PREISSINGER (30) nicht erschienen. 2. "Nation Europa - Verlag GmbH" Der von Peter DEHOUST (58), Mitglied im Bundesvorstand der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH), geleitete Verlag gab bis Rechtsextremistische Bestrebungen 155 a a i m t- NATI0N1EUR0PA DEUTSCHE RUNDSCHAU ALLE MENSCHE SIND INLÄNDER. ZUHAUSE. COBURG - JUNI 1994 - 44. JAHRGANG ISSN 0027-8408 März die Monatsschrift "Nation und Europa - Deutsche Monatshefte Fremdenfeindzur Europäischen Neuordnung" heraus. Danach fusionierte das Blatt liche Agitation in der Publikation mit der "Deutschen Rundschau", dem Sprachrohr der DLVH (vgl. Kap. "Nation und V, Nr. 3.1). Seither erscheint die Schrift unter dem neuen Titel "Nation Europa - und Europa - Deutsche Rundschau" mit einer Auflage von rund 16.000 Deutsche RundExemplaren. Kontinuierlich wird darin der Zusammenschluß aller schau" rechtsextremistischen Kräfte gefordert, um den politischen Einfluß zu erhöhen. Fremdenfeindliche Agitation tritt nicht nur in den ständigen Rubriken "Neues von der Überfremdungsfront" und "Gewalt gegen Deutsche", sondern auch in anderen Artikeln hervor: "Weiterhin hier lebende ausländische Arbeitnehmer aus Nicht-EGStaaten täuschen unwirkliche Krisendimensionen vor. Entließe man sie nach Hause, sänke die so gefährlich hohe Arbeitslosenzahl, zeigten sich Strukturkrisen als nicht ganz so schwerwiegend und ihrer Lösung bedeutend näher, käme es zu erheblichen Entlastungen in den Sozialetats, beruhigte sich die ganze innere Situation in Deutschland entscheidend." ("Nation und Europa - Deutsche Rundschau" 6/94, S. 48) 156 Rechtsextremistische Bestrebungen 3. "ARNDT-Verlag" und "ARNDT-Buchdienst/Europa Buchhandlung" Bücher bekannter In dem von Dietmar MUNIER (40) betriebenen Verlag erscheinen RechtsextreBücher bekannter Rechtsextremisten, z.B. des britischen Revisiomisten nisten David IRVING, sowie sonstige Bücher mit rechtsextremistischen Inhalten, z.B. "Ein Weltkrieg wird programmiert" von Dirk Kunert. In einem Werbekatalog heißt es dazu: "Professor Kunert zeigt Schritt für Schritt, wie die aufsteigenden Randmächte UdSSR und USA ihren Führungsanspruch durchsetzen und Hitler zum Gejagten machen. Endlich wird die komplexe Vorgeschichte von banalen Propagandathesen befreit, die Hitler zum angeblich frei Handelnden stilisieren." (Werbekatalog 27, Folge/1994, S. 28) MUNIER biete auch Reisen in die ehemaligen deutschen Ostgebiete, z.B. nach Kaliningrad (Königsberg), an. Außerdem fördert er die Wiederansiedlung von Rußlanddeutschen in diesem Gebiet. 4. "Verlagsgesellschaft Berg GmbH" Agitation gegen Die von Dr. Gert SUDHOLT (51) geleitete "Verlagsgesellschaft Berg" die Anerkennung bietet rechtsextremistische Druckwerke an. In der vierteljährlich herder deutschen ausgegebenen Schriftenreihe "Deutsche Geschichte" wird gegen die Ostgrenze Bundesregierung wegen der Anerkennung der deutschen Ostgrenze agitiert: "Daher ist die deutsche Ostgrenze seit 1919 eine blutende Grenze, die friedensfeindlich war und friedensfeindlich bleibt, solange der derzeitige Status Quo aufrechterhalten wird. (...) Wie auch immer, wenn es ein freiwilliger Verzicht war, hat die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, leichtfertig und ohne jede Not gehandelt. Geschah dieser Verzicht jedoch aufgrund der einstigen Siegermächte, dann ist der 1990 mit Polen geschlossene Vertrag das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde." ("Deutsche Geschichte" 1/94, S. 4 f.) 5. "Eigenverlag Manfred ROUHS" FremdenfeindIn dem von Manfred ROUHS (29), ehemaliger Vorsitzender des liehe Agitation Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) und jetziger Funktionär der DLVH, geleiteten Verlag erscheinen die Publikationen "EUROPA VORN aktuell" (14tägig) und "EUROPA VORN spezial" (mindestens einmal im Jahr). In beiden Rechtsextremistische Bestrebungen 157 Schriften wird regelmäßig Fremdenfeindlichkeit geschürt. Die Morde von Solingen (29. Mai 1993) und Mölln (23. November 1992) wurden als Folge der Politik der demokratischen Parteien gewertet: "Falls tatsächlich junge Deutsche Mordanschläge der geschilderten Art gemacht haben, - was noch nicht bewiesen ist -, ist die Schuld nicht bei der Jugend oder den Jugendlichen zu suchen, sondern bei den verantwortlichen Politikern, die der deutschen Jugend ein artfremdes Umfeld angeboten haben. Oder anders gesagt: man kann Solingen und Mölln als Endresultat einer bankrotten Kulturpolitik der herrschenden Parteien bezeichnen." ("EUROPA VORN aktuell" Nr. 67, März 1994, S. 14) In allen Ausgaben von "EUROPA VORN aktuell" werden auf mehreren Seiten CD und LP von Skinhead-Bands (vgl. Kap. III, Nr. 3.1) angeboten. 6. "Grabert-Verlag" Das Vertriebsprogramm des von Wigbert GRABERT (53) geführten Verlages umfaßt Bücher mit rechtsextremistischen Inhalten, z.B. das 1994 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierte Buch "Feuerzeichen" von Ingrid WECKERT. Schwerpunkte im Verlagsprogramm sind nach wie vor Publikationen Publikationen mit mit revisionistischen, insbesondere die deutsche Kriegsschuld leugrevisionistischen nenden Themen, beispielsweise das von David L. HOGGAN verfaßte Inhalten Buch "Der erzwungene Krieg". Werke mit ähnlicher Thematik und Zielsetzung werden von dem Vertriebsdienst "Grabert-Versandbuchhandlung/Deutscher Buchkreis" angeboten, der dem Verlag angeschlossen ist. 7. Annex: Intellektualisierung des Rechtsextremismus ("Neue Rechte") In der Öffentlichkeit kam im Zusammenhang mit der Diskussion über Erosion der eine Intellektualisierung des Rechtsextremismus zunehmend der Abgrenzung Begriff der "Neuen Rechten" auf. Mit diesem Begriff werden ganz unzwischen Rechtsextremismus und terschiedliche Phänomene beschrieben. Vorherrschend in der Konservatismus Auseinandersetzung ist das Verständnis von der "Neuen Rechten" als "Scharnier" zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus411. In dieser Sicht ist die "Neue Rechte" keineswegs eindeutig dem Rechtsextremismus zuzuordnen. Gleichwohl ist in der Publizistik eine bedenkliche Erosion der exakten Abgrenzung zwischen rechtsextremistischen und ultra-konservativen Ausrichtungen unverkennbar. 158 Rechtsextremistische Bestrebungen IX. Nutzung der Informationstechnik durch Rechtsextremisten Fortschreitende In der rechtsextremistischen Szene ist die Nutzung der Informationsinformationelle technik weiter vorangeschritten. Die Übermittlung und breite Streuung Vernetzung rechtsextremistischen Gedankengutes durch moderne Kommunikationsmittel sind üblich geworden. Organisationsfreies Vorgehen mit dem gleichzeitigen Ziel der Einbindung auch organisationsgebundener Rechtsextremisten setzt - dies wurde insbesondere von den Neonazis frühzeitig erkannt - eine informationelle Vernetzung voraus (vgl. Kap. IV, Nr. 14.2). Durch die Nutzung von Mobiltelefon, Fax, Datex-J, Mailbox oder Info-Telefon können die bei einer fehlenden Struktur nicht vorhandenen Steuerungsmöglichkeiten wirkungsvoll ersetzt werden. Unter diesen Umständen ist die Durchführung rechtsextremistischer Aktionen nur noch von einer - oftmals zeitlich befristeten - gemeinsamen Zielsetzung abhängig. 1. Mailboxen Dem seit Frühjahr 1993 bestehenden organisationsübergreifenden "THULE-Netz" gehörten Ende 1994 folgende Mailboxen an: Widerstand BBS, Germania BBS, Empire BBS, Kraftwerk BBS, Janus BBS, Werwolf BBS, Propaganda BBS. Vier Mailboxen sind im Laufe des Fiutir HUltB Tiralml Eilt Ansicht Zurück üakro Optiton [82:11! 13 K I B l I ST AHB BBS urchssek" FMtfack ... eine neue Post foer Dich jttvain. -- Oi ;-.: - Rechtsextremistische Bestrebungen 159 Jahres aus dem "THULE-Netz" ausgestiegen, drei weitere Mailboxen haben sich nach Exekutivmaßnahmen dem Netz bislang nicht wieder angeschlossen. In einer Selbstdarstellung des "THULE-Netzes" heißt es: "Das Ziel der THULE-Mailboxen ist die Schaffung eines dezentralen Zielsetzung der Netzes. Wir nutzen die neuen Medien politisch und nationalistisch - "THULE"ai oxen deshalb organisieren wir uns mit dem Ziel, die Idee eines eigenen Datennetzes zu verwirklichen (...) Die THULE-Mailboxen (...) (haben) neben der Schaffung einer Gegenöffentlichkeit noch folgende Aufgaben zu erfüllen: 1. Herstellung und Verfestigung der Kontakte zwischen nationalen Gruppen. 2. Entwicklung einer Datenbank mit Informationen für nationale Aktivisten. Insbesondere soll die Herstellung von national gesinnten Publikationen durch die Bereitstellung von Artikeln gefördert werden. 3. Minderung des Verfolgungsdruckes durch das System, indem Kommunikationsmöglichkeiten bereitgestellt werden, die vom System nicht - oder nur mit erheblichem technischen Aufwand - ausgespäht werden können." ("THULE-Journal" 1/94, S. 3) Die dem "THULE-Netz" angehörenden Mailboxen sind jeweils in mehrere Zugriffsebenen aufgegliedert (Gast, User, Aktivist, Kader). Die Zugriffsebene, d.h. die Berechtigung, einen bestimmten Informationsbereich (sog. Brett) einzusehen, wird dem Benutzer vom Betreiber der Mailbox zugewiesen. Die Art der Inhalte der einzelnen Bretter reicht von rechtsextremistischen Szene-Texten, Flugblättern und Computerprogrammen bis hin zu allgemeinen Nachrichten. Ferner nutzen die Teilnehmer das Medium zum Austausch von persönlichen - zum Teil verschlüsselten - Nachrichten. Am 25. Oktober wurde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens (u.a. Exekutivmaßwegen des Verdachts der Volksverhetzung) die Wohnung des nahmen gegen Betreibers der Mailbox "Elias" in Oftersheim (Baden-Württemberg) Mailboxbetreiber durchsucht. Durchsuchungsmaßnahmen fanden am gleichen Tag auch bei Mailboxbetreibern in Hessen statt. In Frankfurt/M. richtete sich die Maßnahme gegen den Betreiber der Mailbox "Rechtsweg", der im Verdacht steht, indizierte Computerspiele ("Wolfenstein 3 D", "Doom") und Compact-Discs mit indizierter rechtsextremistischer SkinheadMusik angeboten zu haben. In Kassel durchsuchte die Polizei (u.a. wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungsWiriger Organisationen und der Volksverhetzung) die Wohnung des 160 Rechtsextremistische Bestrebungen Betreibers der Mailbox "Geier" (früher "Steiner"). In allen Fällen wurden die Computeranlagen und umfangreiches Diskettenmaterial beschlagnahmt. 2. Info-Telefone Info-Telefone sind zur Informationsübermittlung genutzte Anrufbeantworter. Die Ansagetexte enthalten Hinweise auf rechtsextremistische Veranstaltungen, Verlage und Publikationen und informieren über aktuelle politische, gesellschaftliche und kulturelle Themen sowie über Aktionen der linksextremistischen Szene. Die Betreiber der InfoTelefone sind bemüht, die Texte so zu formulieren, daß die rechtsextremistische Grundeinstellung zwar klar erkennbar bleibt, jedoch möglichst keine Angriffsfläche für eine strafrechtliche Verfolgung bietet. Dennoch wurden in der Vergangenheit mehrfach Info-Telefone - zum Teil nur vorübergehend - stillgelegt, weil Passagen der Ansagetexte gegen strafrechtliche Bestimmungen verstießen. 1994 gab es in Deutschland 18 Info-Telefone, von denen einige zeitweise nicht in Betrieb waren bzw. nur die Möglichkeit boten, auf dem Anrufbeantworter Nachrichten zu hinterlassen. 2.1 "Nationale Info-Telefone" (NIT) Koordinierung Besondere Bedeutung kommt den von ihren Betreibern so bezeichvon Veranstalneten "Nationalen Info-Telefonen" (NIT) zu, weil ihre Ansagetexte zum tungen und InforTeil mit identischen Grundinformationen versehen sind und um mationsbündeInformationen aus den jeweiligen Regionen ergänzt werden; es kann lung über "Nationale Info-Teledaher von einer gewissen Vernetzung der NIT ausgegangen werden. fone" 1994 wurden sieben NIT bekannt, von denen das NIT Mainz bereits Anfang des Jahres den Betrieb einstellte. Die NIT dienen der Koordinierung von Veranstaltungen und der Informationsbündelung. So wurden die Teilnehmer der "Rudolf-HeßGedenkaktion" am 13. August (vgl. Kap. IV, Nr. 4 und 14.2) mittels Mobilfunk konspirativ nach Luxemburg (Stadt) geleitet. Hinweise und Telefonnummern konnten zuvor den Ansagetexten einiger NIT entnommen werden. Das NIT Schleswig-Holstein wies Anfang Dezember auf Änderungen durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz bei den Straftatbeständen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Oganisationen (SS86a StGB) und der Volksverhetzung (SS130 StGB) hin. Die neue Rechtslage wurde durch eine Pressemitteilung des rechtsextremistischen "Deutschen Rechtsbüros" kommentiert: "Lassen sie äußerste Vorsicht walten, wenn sie Abzeichen, Runen, Lieder und Ähnliches verwenden oder wenn sie sich zu den in Deutschland lebenden Ausländern, zu den Juden oder Judenvernichtung im Dritten Reich äußern wollen." Rechtsextremistische Bestrebungen 161 Derartige vorbeugende Hinweise zielen darauf ab, Anknüpfungspunkte für staatliche Exekutivmaßnahmen, wie etwa die Hausdurchsuchung u.a. wegen des Verdachts der Volksverhetzung (SS130 StGB) und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener (SS189 StGB) beim Betreiber des NIT Hamburg, Jens SIEFERT (24), ehemaliges Vorstandsmitglied des FAP-Landesverbandes Hamburg, zu vermeiden. Der Verdacht gründete sich auf einen Ansagetext, in dem zu dem Spielberg-Film "Schindlers Liste" Stellung bezogen wurde: "Wie nicht anders zu erwarten war, ist die Hollywood-Seifenoper des Juden Steven Spielberg "Schindlers Liste< mit Oscar-Auszeichnungen überhäuft worden. Ein Film von Spielberg erhält grundsätzlich einen Oscar, richtet er sich gegen Nazi-Deutschland, kommen weitere dazu, und hält er den Auschwitz-Mythos am Leben, wird er mit sieben Oskars zum Film des Jahres." Die Betreiber der NIT sind zum Teil Angehörige der 1995 verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) (vgl. Kap. IV, Nr. 3). So betreibt der ehemalige FAP-Funktionär Andre GOERTZ (24) das NIT Schleswig-Holstein. 2.2 Sonstige Info-Telefone Daneben existieren weitere Info-Telefone, die sich nicht als NIT beInfo-Telefone der zeichnen. Ihre Ansagetexte enthalten auch nicht die teilweise identiNL, des IHV und schen Grundinformationen der NIT Im neonazistischen Bereich beder FWF stand das Info-Telefon der 1995 verbotenen "Nationalen Liste" (NL) (vgl. Kap. IV, Nr. 4), auf dessen Anrufbeantworter nur Nachrichten hinterlassen werden können, und das Info-Telefon des "Internationalen Hilfskomitees für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V." (IHV) in Ludwigshafen. In Frankfurt/M. betreibt die der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) (vgl. Kap. V, Nr. 3) nahestehende "Freie Wählergemeinschaft Frankfurt" (FWF) ein Info-Telefon. 3. Computerspiele Die Verbreitung von rechtsextremistischen Computerspielen, die Krieg Verbreitung und Nationalsozialismus verherrlichen, Rassismus schüren und natiorechtsextremistischer Computernalsozialistische Symbole verwenden, hat 1994 eine neue Dimension spiele nunmehr erreicht. Vermehrt tauchten Computerspiele mit rechstextremistiauch auf CD und schem Hintergrund auf Compact-Discs (CD) auf. Diese CDs werden über Mailboxen überwiegend von Handelsfirmen über allgemein zugängliche Kataloge vertrieben. Indizierte Computerspiele wie "Wolfenstein 3 D" oder das modifizierte Nachfolgespiel "DOOM" wurden auch über von Rechtsextremisten genutzte Mailboxen angeboten. 162 Rechtsextremistische Bestrebungen Die Verbreitung erfolgt in erster Linie durch jugendliche Computerfans, die Programme und Spiele vervielfältigen und dann auf Schulhöfen tauschen oder gegen geringes Entgelt verkaufen. Von den insgesamt etwa 60 bisher bekanntgewordenen Computerspielen sind einige im wesentlichen inhaltsgleich. Ermittlungsverfahren mußten in den meisten Fällen eingestellt werden, weil Hersteller und Vertreiber nicht zu ermitteln waren. Die Hersteller verbergen sich oft unter Phantasiebezeichnungen wie "Verein deutscher Anti-Neger" oder "Adolf Hitler Software Ltd.". X. Auslandsbeziehungen deutscher Rechtsextremisten 1. Internationaler Revisionismus Im Ausland ansässige Revisionisten versuchten auch 1994, durch Agitation und publikumswirksame Aktionen auf sich aufmerksam zu machen. Im Vergleich zu 1993 ist aber festzustellen, daß die international tätigen Revisionisten wegen behördlicher Gegenmaßnahmen und strafrechtlicher Verfolgung Deutschland als Betätigungsfeld meiden. Sie versuchen, in Nachbarländer und osteuropäische Staaten auszuweichen, in denen Strafbestimmungen wie in Deutschland gegen Herstellen und Verbreiten dieses Gedankengutes fehlen. ZÜNDEL Der in Kanada lebende Deutsche Ernst ZÜNDEL (vgl. Kap. IV, Nr. 7) vermied 1994 eine Einreise nach Deutschland. Er war am 16. Dezember 1991 vom Amtsgericht München wegen revisionistischer Agitation zu einer noch nicht vollstreckten Geldstrafe in Höhe von 12.600 DM verurteilt worden. In revisionistischen Publikationen, die er über seinen Verlag in Toronto vertreibt, agitiert er vorwiegend gegen die "Auschwitz-Lüge" und den Zionismus. Ende 1994 übernahm er von dem Revisionisten Thies CHRISTOPHERSEN die Herausgabe der Publikation "Die Bauernschaft" (vgl. Kap. IV, Nr. 6). Nach einem Besuch in Rußland und einem Treffen mit dem Vorsitzenden der "Liberaldemokratischen Partei Rußlands" (LDPR), Wladimir SCHIRINOWSKI^ im August äußerte ZÜNDEL, dort ein neues Agitationsfeld gefunden zu haben. In Rußland könne er den Revisionismus neu beleben. CHRISTOPHERSEN Gegen den Aufenthalt des in Dänemark lebenden Deutschen Thies CHRISTOPHERSEN (vgl. Kap. IV, Nr. 6) kam es dort im Herbst zu massiven Protesten. Im September wurde in Deutschland die Ausgabe 3/94 seiner Vierteljahresschrift "Die Bauernschaft" beschlagnahmt Rechtsextremistische Bestrebungen 163 Danach äußerte CHRISTOPHERSEN die Absicht, nach Deutschland zurückzukehren und sich den Behörden zu stellen. Er hat eine mehrmonatige Restfreiheitsstrafe zu verbüßen und noch andere Strafverfahren zu erwarten. Seit 18 Jahren gibt der Schweizer Neonazi und Revisionist Dr. Max WAHL WAHL (71) die Monatsschrift "Eidgenoss" heraus. Die auch in Deutschland verbreitete Schrift erscheint in den letzten Jahren nur noch alle zwei bis drei Monate. 1992 wurde WAHL vom Landgericht München I wegen mehrerer Artikel, in denen der Holocaust in beleidigender Weise geleugnet wird, zu Geldstrafen von insgesamt 25.200 DM verurteilt. Der Österreicher Gerd HONSIK (53), der sich 1992 der Strafverfolgung HONSIK in Österreich durch Flucht nach Spanien entzog, produziert neonazistisches Propagandamaterial, das nach Deutschland eingeschleust wird. Von Spanien aus verbreitet er auch seine Zeitschrift "Halt" sowie seine Bücher "Freispruch für Hitler?" und "Schelm und Scheusal", eine Schmähschrift auf Simon Wiesenthal. Seit seiner Flucht aus Österreich tauchen neue Ausgaben von "Halt" nur in großen Abständen auf. In der letzten bekanntgewordenen Ausgabe ("Halt" Nr. 71 vom März 1994) berichtet HONSIK über die Flucht des Altnazis Otto Ernst REMER (vgl. Kap. IV, Nr. 11) nach Spanien. Unter der Überschrift "Remer in Freundesland! - Kohls Menschenjäger griffen ins Leere! Schwere Schlappe der Bundesregierung im Krieg gegen Deutschland!" ergreift er Partei für REMER, der in Spanien von ihm betreut wird. REMER war im Oktober 1992 wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß zu einer 22monatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt worden. Dem Antritt der Strafe hatte er sich durch die Flucht entzogen. Gegen den Verfasser des "Leuchter Reports", den US-Amerikaner und LEUCHTER Revisionisten Fred A. LEUCHTER (51), sollte am 12. September vor dem Landgericht Mannheim wegen Verdachts der Volksverhetzung verhandelt werden. Der Angeklagte war aber zur Verhandlung nicht erschienen. Ihm wird vorgeworfen, am 10. November 1991 in einem Vortrag in Weinheim an der Bergstraße behauptet zu haben, der Holocaust sei wissenschaftlich widerlegt. Im Oktober 1993 war LEUCHTER während eines Aufenthaltes in Köln festgenommen worden. Nachdem er Ende November 1993 gegen eine Kaution von 20.000 DM aus der Untersuchungshaft entlassen worden war, reiste er sofort aus Deutschland aus. Gegen den britischen Holocaust-Leugner David IRVING (56) wurde am IRVING 9. November 1993 vom Ausländeramt der Stadt München ein Ausweisungsbescheid erlassen. Grund für diese Maßnahme waren IRVINGS Vortragsreisen, bei denen er rechtsextremistiches Gedanken- 164 Rechtsextremistische Bestrebungen gut verbreitete. Seitdem ist er nicht mehr nach Deutschland eingereist. Seine revisionistischen Thesen und Agitation versucht er weiterhin vom Ausland aus mit Videokassetten und Tonträgern fortzuführen. 2. Rechtsextremistisches Propagandamaterial aus den USA NS-PropagandaHauptproduzent des NS-Propagandamaterials, das aus dem Ausland material aus nach Deutschland geschleust wird, ist nach wie vor der Amerikaner den USA Gary Rex LAUCK (vgl. Kap. IV, Nr. 5). Die Produktion und der Vertrieb von NS-Propagandamaterial sind in den USA grundsätzlich nicht strafbar. LAUCK steuert und fördert entscheidend die Propagandaarbeit neonazistischer Zirkel in Deutschland. Durch die von ihm unterstützte Verbreitung von Zeitschriften, Aufklebern und Kleinplakaten mit antisemitischen und ausländerfeindlichen Parolen schürt er Fremdenhaß und antijüdische Ressentiments. 3. Internationale Treffen RechtsextreZu größeren Treffen deutscher Rechtsextremisten mit ausländischen mistentreffen in Gesinnungsgenossen kam es u.a. an folgenden Orten: Savoyen, Westflandern und - Am 25. Juni in Saint-Genix-sur-Guiers, Savoyen, zu einer geMadrid meinsamen Sommersonnenwendfeier französischer und deutscher Neonazis; vom 27. bis 28. August in Diksmuide in Westflandern anläßlich des westeuropäischen Rechtsextremistentreffens am Rande der "Ijzer-Wallfahrt" der Flamen; um den 20. November in Madrid anläßlich der Feiern zum Todestag des spanischen Diktators Francisco Franco Bahamonde. 4. Staatliche Maßnahmen gegen ausländische Rechtsextremisten Zurückweisung Am 12. April wurden der amerikanische Rechtsextremist John METZausländischer GER (26) und sein kanadischer Gesinnungsgenosse Toni Mc ALEER Rechtsextre(27) bei einem Einreiseversuch in die Bundesrepublik Deutschland auf misten beim Eindem Frankfurter Flughafen zurückgewiesen. Sie wollten von reiseversuch Frankfurt/M. aus nach München und dann nach Polen Weiterreisen, um sich dort - zusammen mit anderen inund ausländischen Rechtsextremisten - medienwirksam in Szene zu setzen. Als Höhepunkt war eine "Radioshow" von der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz aus vorgesehen. Wegen der Zurückweisung der Hauptakteure konnten die vorgesehenen Propagandaveranstaltungen nicht durchgeführt werden. Rechtsextremistische Bestrebungen 165 XI. Ursachen für die Entwicklung des gegenwärtigen Rechtsextremismus *> Seit dem verstärkten Aufkommen des Rechtsextremismus gegen Ende Keine monokausale Erklärung, der achtziger Jahre wird in Politik, Medien und Wissenschaft über die sondern UrUrsachen diskutiert, ohne daß sich dabei eine einheitliche Erklärung für sachenbündel diese Entwicklung herausgebildet hat. Dies hängt damit zusammen, daß ein komplexes gesellschaftliches Phänomen wie der politische Extremismus nicht monokausal interpretiert werden kann, sondern vielmehr von einem Ursachenbündel auszugehen ist. Die folgenden Ausführungen geben nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, sondern Eindrücke und Ergebnisse aus der Beobachtungstätigkeit der Verfassungsschutzbehörden wieder. Der Rechtsextremismus stellt kein einheitliches und geschlossenes Phänomen dar. Er artikuliert sich in unterschiedlichen Formen, insbesondere in Parteien und neonazistischen Gruppierungen. Während erstere über Wahlbeteiligungen um breitere gesellschaftliche Akzeptanz werben, geht es letzteren um provozierendes und teilweise militantes Auftreten. 1. Entwicklung der rechtsextremistischen Parteien Die rechtsextremistischen Parteien waren im Wahljahr 1994 erfolglos Rechtsextreund verloren viele Mitglieder. Dies hängt mit internen und externen mistische Parteien im Wahljahr Faktoren zusammen. 1994 erfolglos Dem in Parteien organisierten Rechtsextremismus in Deutschland ist es nicht gelungen, eine einheitliche Sammlungspartei herauszubilden. Keine rechtsexKeine Partei konnte sich als organisationsübergreifende, integrierende tremistische Sammlungspartei politische Kraft behaupten. Das Parteienlager ist vielmehr zersplittert und von gegenseitiger Konkurrenz gekennzeichnet. Einigungsbemühungen verschiedener Parteien hat es zwar häufiger gegeben. Sie kamen bislang aber zu keinem durchschlagenden Ergebnis. Beispielhaft dafür ist das Treffen zwischen den Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion" (DVU), Dr. FREY, und der Partei "Die Republikaner" (REP), SCHÖNHUBER, im August 1994. Beide waren lange Zeit persönlich und politisch verfeindet. Mit der Zusammenkunft wollten sie eine gemeinsame Abwehrhaltung gegenüber der "linken Volksfront" erreichen und eine "Selbstblockade" bei künftigen Wahlen verhindern. Die Annäherung SCHÖNHUBERS und Dr. FREYs löste bei den REP heftige innerparteiliche Kontroversen aus und führte schließlich zur Ablösung des langjährigen Vorsitzenden SCHÖNHUBER. *) Zu den Ursachen für den Rückgang der Gewalttaten vgl. Kap. II, Nr. 2.2 166 Rechtsextremistische Bestrebungen Die Gründe für die fortbestehende Zersplitterung der Parteien sind in ideologischen und strategischen Differenzen sowie persönlichen Animositäten zu sehen. Während etwa die REP darum bemüht waren, nach außen ein gemäßigteres Bild zu vermitteln, setzte die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) auf eine "harte" Linie, indem sie ihre "Revisionismus"-Propaganda forcierte. In der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) haben sich enttäuschte ehemalige Mitglieder von DVU, NPD und REP gesammelt; das Verhältnis der DLVH zu diesen Parteien ist schon dadurch nicht frei von Spannungen. Zersplitterung, Rivalitäten zwischen den Parteien und Streigigkeiten innerhalb der Parteien wirkten selbst auf die Mitglieder und Anhänger abschreckend. Hinzu kommt, daß rechtsextremistische Parteien nur in regionalen Schwerpunktbereichen arbeitsfähige Parteiapparate aufbauen konnten, die Gelegenheiten nach früheren Wahlerfolgen zur Parlamentsarbeit von Inkompetenz und Unfähigkeit gekennzeichnet waren sowie charismatische und integrierend wirkende Führungspersönlichkeiten fehlten. Öffentliches Zu den externen Faktoren, die die Etablierung einer rechtsextremistiEngagement schen Partei in den Parlamenten verhindert haben, gehört das vielfälgegen den Rechtstige öffentliche Engagement gegen den Rechtsextremisums. Die extremismus Aufklärungsarbeit von demokratischen Bürgern, Parteien und Verbänden, der Medien und Behörden verhinderte eine gesellschaftliche Akzeptanz derartiger politischer Strömungen. Außerdem hat nach der Entspannung der Asylrechtsproblematik ein wichtiges Thema der rechtsextremistischen Agitation entscheidend an Bedeutung verloren. All diese Faktoren zusammen führten im Vergleich zu früheren Jahren dazu, daß die Zustimmung für rechtsextremistische Parteien bei Wahlen rückläufig war und viele Mitglieder (1994 über 17%) diesen Parteien den Rücken kehrten. 2. Entwicklung neonazistischer Personenzusammenschlüsse MitgliederzuNeonazigruppen verzeichnen seit 1993 einen Aufwärtstrend in der wachs bei NeoMitgliederentwicklung. Insbesondere junge Männer, die sich von der nazis gesellschaftlichen Entwicklung benachteiligt fühlen, sind empfänglich für die Angebote der Neonazis, wie z.B. die klare Feindbildprojektion einer rassistischen Ideologie und die Vermittlung des Gefühls von Geborgenheit und Kameradschaft in einer Gruppe. In den neuen Bundesländern konnten nach der Wende von 1989 führende neonazistische Aktivisten aus dem Westen ein Sympathisantenpotential, das sich bereits zu DDR-Zeiten herausgebildet hatte, in ihre Vorhaben einbinden. Später formierten sich dort auch selbständige Gruppen. Rechtsextremistische Bestrebungen 167 Nach Gewalttaten und martialisch wirkenden Aufmärschen von neonazistischen Aktivistengruppen kam es in der Vergangenheit zu zahlreichen staatlichen Maßnahmen, die zu einer Verunsicherung der Szene führten und ihre Handlungsfähigkeit deutlich einschränkten. Allein zehn Organisationsverbote wurden von den lnnenministern/-senatoren des Bundes und der Länder seit Ende 1992 verhängt. Außerdem wurden zahlreiche Exekutivmaßnahmen gegen einzelne Aktivisten durchgeführt, wobei neben internen Unterlagen und Propagandamaterial auch militärähnliche Ausrüstungsgegenstände und Waffen sichergestellt wurden. Schließlich kam es zu einer ganzen Reihe von Verurteilungen gegen führende neonazistische Aktivisten mit teilweise langjährigen Freiheitsstrafen. Dies hat die neonazistische Szene zur Anpassung ihrer Aktivitäten an diese "Rahmenbedingungen" gezwungen. So ist eine gewisse Annäherung der verschiedenen Gruppierungen festzustellen, bisherige Differenzen werden zurückgestellt. Dazu trägt auch das Aufgreifen von Themen bei, die eine breitere Zustimmung finden, z.B. die gegen den gemeinsamen politischen Gegner gerichteten "Anti-Antifa" -Aktivitäten. Auch zeichnet sich die Entwicklung neuer Strukturformen ab. An die Entwicklung Stelle von festgefügten Organisationen treten vermehrt lose struktuneuer Strukturen rierte Personenzusammenschlüsse. Hierbei geht es um den Aufbau als Reaktion auf staatliche Maßweitgefächerter, locker gruppierter Aktionsbündnisse, Initiativen und nahmen Zellen, die unabhängig voneinander agieren sollen. Der Zusammenhalt soll u.a. dadurch erreicht werden, daß sich die Führungskader treffen. Auch spielt die Nutzung moderner Kommunikationssysteme wie Infotelefone, Mailboxen und Mobiltelefone eine herausragende Rolle. Im Vordergrund steht die informationelle Vernetzung, nicht die organisatorische Verflechtung. Ziel ist es, flexibler reagieren zu können, größere Wirkungen in der Öffentlichkeit zu erzielen und künftigen staatlichen Maßnahmen zu entgehen. Inwieweit diese Vorstellungen und Handlungskonzepte der Neonazis umgesetzt werden und auch greifen, bleibt abzuwarten. Rechtsextremistische Bestrebungen XII. Erläuterungen und Dokumentation 1) Gewalttaten sind: TötungsTatverdächtige, gegen die delikte, Brandund Sprengwegen fremdenfeindlicher stoffanschläge, LandfrieStraftaten - also Gewaltund densbrüche, Körperverletsonstige Straftaten - zwizungen sowie Sachbeschäschen Mai 1992 und digungen mit erheblicher Dezember 1993 ermittelt Gewaltanwendung. wurde. Sonstige GesetzesverletzunDer BfV-Analyse liegen Daten gen sind insbesondere: Bevon in den Jahren 1991 bis drohungen, Nötigungen, 1994 Verurteilten zugrunde, Verbreiten von Propagandadie an Gewalttaten mit erwiemitteln verfassungswidriger senem oder zu vermutendem Organisationen, Verwenden rechtsextremistischem (also von Kennzeichen verfasnicht ausschließlich fremdensungswidriger Oganisationen feindlichem) Hintergrund be(sog. Propagandadelikte), teiligt waren bzw. die AltersVolksverhetzungen und Aufstruktur (mutmaßlicher) Gestachelungen zum Rassenwalttäter 1994. haß. Dennoch zeigen sich in 2) vgl. Dr. Peter Frisch, Wandelt Teilbereichen der Untersusich der politische Extremischungen zumindest annähmus? im Jahrbuch EXTREernd Übereinstimmungen; so MISMUS & DEMOKRATIE, bei den Aussagen, daß herausgegeben von Uwe - die Täter/Tatverdächtigen Backes und Eckard Jesse, 5. überwiegend unter 21 Jahre Jahrgang 1993, S. 51 ff. (54) alt sind ("Trierer Studie": 61,2%), 3) Ein Vergleich mit dem End-der einfache Bildungsabbericht des im Auftrag des schluß bei weitem überwiegt BMI durchgeführten For("Trierer Studie": 60% schungsprojektes "Analyse Hauptschulabschluß), fremdenfeindlicher Straf-die Mehrzahl der Täter/ täter" von Willems, Würtz und Tatverdächtigen in einem Eckert (im folgenden "Trierer Berufsausbildungs/ArbeitsStudie" genannt) läßt sich nur verhältnis steht ("Trierer bedingt vornehmen, da Studie": 51,5%) und 22% Probanden, Zeiträume und arbeitslos sind ("Trierer Fragestellungen nicht idenStudie": 21,4%). tisch sind. Ein signifikanter Unterschied Untersuchungsgegenstand ergibt sich z.B. bei der der "Trierer Studie" waren Geschlechtsstruktur ("Trierer Rechtsextremistische Bestrebungen 169 Studie": weiblicher Anteil Fred A. LEUCHTER in engli5,1%). Zu Recht wird in der scher Sprache, mit denen "Trierer Studie" darauf hingebewiesen werden soll, daß in wiesen, daß die (fremdenAuschwitz und anderen feindliche) Gewalttat "nach Konzentrationslagern Menwie vor ein männertypisches schen in Gaskammern nicht Verhalten ist" und Frauen ermordet worden sein köneher sonstige Straftaten benen. Der Schweizer Revigehen. sionist Dr. Max WAHL lieferte dazu die deutsche Überset4) Es lagen die Angaben zu 597 zung. Tätern vor. 12) "Angriff" 6/94, S. 4 5) Es lagen die Angaben zu 648 Tätern vor. 13) Hierbei handelt es sich um ein von dem Dipl.-Chemiker 6) Es lagen die Angaben zu 704 Germar SCHEERER, geb. Tätern vor. RUDOLF, gefertigtes Gut7) Es lagen die Angaben zu 530 achten, das in ehrverletzenTätern vor. der Weise die offenkundige Tatsache systematischer 8) Die zum Teil erheblichen Massenvergasungen an JuAbweichungen gegenüber den leugnet. Das Gutachten der Altersstruktur der verurwar im Auftrag der Verteiteilten Täter (vgl. Nr. 4.2.1) digung REMERs erstellt und könnten sich dadurch erim Strafverfahren gegen REklären, daß die HauptMER als Beweismittel für die verfahren gegen Jugendliche "Auschwitz-Lüge" vorgelegt und Heranwachsende aus worden. Gründen der Spezialprävention des Jugendstrafrechts 14) BundessatzungZiff.il. schneller durchgeführt wer15) SS 2 des Gesetzes über die den. Hitlerjugend vom 1. Dezem9) Gregor Strasser und Röhm ber 1936 wurden 1934 auf Befehl 16) "Wikinger" 1/92, S. 14/15 Hitlers im Zusammenhang mit der Niederschlagung des 17) "Fahrtenplan 1993", S. 2; "Röhm-Putsches" ermordet. Einladung zu den "40. Tagen Dr. Otto Strasser setzte sich volkstreuer Jugend" in He1933 nach Kanada ab. Er tendorf/Niedersachsen verstarb 1974 in Deutschland. 18) "Wikinger" 4/92, S. 26 19) "Rechtskampf" 4/94, S. 6,12 10) "Die Neue Front" 4/5/94, S. 29 20) DNZ 44/94, S. 10 11) Hierbei handelt es sich um Broschüren des Amerikaners 21) Die "Jungen Nationaldemo- 170 Rechtsextremistische Bestrebungen kraten" (JN), die Jugendor1995 gem. SS170 Abs. 2 StPO ganisation der NPD, sind uneingestellt. ter Kap. VI, Nr. 2, dargestellt. 37) Das Ermittlungsverfahren ge22) "Deutsche Stimme" 10-11/ gen zwei REP-Mitglieder we94, S. D gen des Brandanschlags auf das Asylbewerberheim in 23) "Deutsche Stimme" 3/94, S. 2 Bergheim-Zieverich am 5. 24) "Deutsche Stimme" 6-7/ Oktober 1991 wurde am 3. 94, S. B März 1995 gem. SS170 Abs. 2 StPO eingestellt. 25) "Deutsche Stimme" 10-11/ 94, S. 1 38) "Einheit und Kampf" 2-3/ 94, S. 3 26) "Deutsche Stimme" 3/94, S. 1 39) "KONGRESS-Protokoll 27) "Deutsche Stimme" 2/94, S. 1 1994", S. 143 28) "Europa-Leitsätze" der NPD 40) "KONGRESS-Protokoll 29) "Deutsche Stimme" 9/94, S. C 1994", S. 143 30) "Deutsche Rundschau" 8-9/ 41) Wolfgang Gessenharter, Die 93, S. 9 "Neue Rechte" als Scharnier zwischen Konservativismus 31) vgl. u.a. Presserklärung der und Rechtsextremismus in REP vom 7. März 1994 der Bundesrepublik, in: 32) Quelle: Eine als "Entwurf Rainer Eisfeld/Ingo Müller Wahlflugblatt" bezeichnete (Hg.), Gegen Barbarei. Schrift, die der brandenburgiEssays für Robert M.W. sche REP-LandesvorsitzenKempner zu Ehren, Frankfurt de Prof. Wolfgang KURZa.M. 1989, S. 424-452. WEG (63) im Mai dem Innenminister des Landes Brandenburg mit der Bitte um Prüfung der Verfassungskonformität übersandt hatte. 33) Quelle: Protokoll der Gründungsversammlung vom 31. Oktober 1993 34) "DER REPUBLIKANER" 11/94, S. 4 35) "DER REPUBLIKANER" 11/94, S. 5 36) Das Ermittlungsverfahren gegen die beiden REP-Mitglieder wurde am 3. März Rechtsextremistische Bestrebungen 171 XIII. Übersicht über die genannten und andere erwähnenswerte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1994 (1993) und Auflage - z.T. geschätzt) 1. Neonazistische Gruppen Deutsche Bürgerinitiative e.V. Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) - weltweit - Schwarzenborn - - monatlich - -2.000Deutscher Jahrweiser - vierteljährlich - -1.000 - Deutsche Nationalisten (DN) 100 (50) - Mainz - Freiheitliche Deutsche 430 (430) STANDARTE Arbeiterpartei (FAP)*) - zweimonatlich - - München - -1.000Hilfsorganisation für 340 (220) Nachrichten der HNG nationale politische - monatlich - Gefangene und deren -400Angehörige e.V. (HNG) - Frankfurt/M. - Natonale Liste (NL)*) 30 (30) INDEX - Hamburg - -achtmal im Jahr - -950NSDAP-Auslandsund NS Kampfruf Aufbauorganisation (NSDAP-AO) - zweimonatlich - (Stützpunkte in der -2.000Bundesrepublik Deutschland) 2. Parteien Deutsche Liga für 900 (900) BLITZ-SCHLAG Volk und Heimat (DLVH) - unregelmäßig - - Berlin - -10.000Rhein-Ruhr-Blitz - unregelmäßig - -2.000Bayern-INFO - zweimonatlich - -1.000DIE NORDLICHTER NORDDEUTSCHE RUNDSCHAU - vierteljährlich - -500*) Am 24. Februar 1995 verboten 172 Rechtsextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1994 (1993) und Auflage - z.T. geschätzt) Deutsche Volksunion 20.000 (26.000) "Sprachrohre" der DVU: (DVU) - München - Deutsche NationalZeitung (DNZ) - wöchentlich - -42.000Deutsche WochenZeitung/Deutscher Anzeiger (DWZ/DA) - wöchentlich - -25.000Nationaldemokratische 4.500 (5.000) Deutsche Stimme Partei Deutschlands (NPD) - monatlich- - Stuttgart - - 45.000 - Die Republikaner (REP) 20.000 (23.000) DER REPUBLIKANER - Berlin - - monatlich - -80.000Die Republikaner - Nachrichten und Meinungen aus Berlin für Berlin - unregelmäßig - -1.000Jugend REPort - unregelmäßig - -20.000FREIHEITSGEDANKEN - unregelmäßig - -2.0003. Jugendund Studentenorganisationen Junge Nationaldemokraten (JN) 150 (190) DER AKTIVIST - Stolberg - - unregelmäßig - -500Einheit und Kampf - unregelmäßig - -1.500Wiking-Jugend (WJ)' 400 (400) Wikinger - Stolberg - - viermal im Jahr - -5004. Sonstige Gruppen Gesellschaft für 400 (400) Das freie Forum Freie Publizistik e.V. - vierteljährlich - (GFP) -700- - München - *) Am 10. November 1994 verboten. V - E R F A S S U N G S S C H U T Z B E R I t J H T Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Verfassungsschutz I durch Aufklärung Gesetzestexte * 174 Sicherheitsgefährdende und extremistische I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand11 Zahl ausländi1994 war erstmals wieder ein Anstieg der Mitgliederbzw. scher Extremisten Anhängerzahlen im Bereich des Ausländerextremismus zu verzeichsteigt an nen. Damit setzte sich die seit Mitte der 80er Jahre rückläufige Tendenz nicht mehr fort. Ende des Jahres waren nach Schätzungen der Verfassungsschutzbehörden insgesamt 47.050 (1993: 38.950) Personen Anhänger bzw. Mitglieder extremistischer oder erheblich extremistisch beeinflußter Organisationen21; 8.300 von ihnen waren Anhänger verbotener Organisationen aus dem kurdischen und türkischen Beobachtungsfeld. Ungeachtet der gestiegenen Zahl ausländischer Extremisten ist ihr AusländerAnteil an der Gesamtzahl der ausländischen Wohnbevölkerung (etwa mehrheit lehnt 6,9 Millionen Menschen) mit nicht einmal einem Prozent weiterhin geExtremismus ring. Die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Ausländer lehnt ab extremistische Verhaltensweisen ab. Anzahl und Mitglieder/Anhänger der in Deutschland aktiven extremistischen und erheblich extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen - einschließlich verbotener Organisationen - nach ihrem politisch-ideologischen Standort (Vergleichszahlen 1993 in Klammem): StaatsangeLinksextreExtremIslamischInsgesamt hörigkeit bzw. mistische nationaextremiVolkszugeGruppen listische stische hörigkeit Gruppen3' Gruppen4' Kurden*1 17/800 17/800 (10/800) B H (10/800) Türken*1 11/3.480 1/4.900 4/24.100 16/32.480 (10/3.350) (1/3.500) (5/18.950) (16/25.800) Araber 9/880 3/840 12/1.720 (9/1.050) H (3/700) (12/1.750) Iraner 2/950 1/350 3/1.300 (2/950) (-) (1/350) (3/1.300) Sonstige61 6/650 3/710 5/1.090 14/2.450 (7/600) (6/700) (5/1.200) (18/2.500) Zwischen45/6.760 4/5.610 13/26.380 62/38.750 summe (38/6.750) (7/4.200) (14/21.200) (59/32.150) *' Anhänger verbotener 8.300 8.300 Organisationen (6.800) (6.800) Summe 15.060 5.610 26.380 47.050 (13.550) (4.200) (21.200) (38.950) Bestrebungen von Ausländern 175 Mitgliederentwicklung extremistischer und entsprechend beeinflußter Ausländervereinigungen einschließlich verbotener Organisationen 55000 Gesamt | Linksextremistisch 47.050 Islamisch-extremistisch Extrem-nationalistisch 38.950 35000 75000 1992 1993 1994 Die islamisch-extremistischen Gruppen (im folgenden als "islamistisch" Islamisch-extrebezeichnet) verfügten Ende 1994 über das größte Mitgliederpotential mistische unter den extremistischen bzw. erheblich extremistisch beeinflußten Gruppierungen verfügen nach Ausländerorganisationen. Sie konnten ihren Mitgliederbestand auf inswie vor über das gesamt 26.380 (1993: 21.200) erhöhen. Die Zahl der Anhänger vergrößte Anhängerbotener Organisationen aus dem kurdischen und türkischen potential Beobachtungsfeld stieg im Vergleich zu 1993 von 6.800 auf ca. 8.300. Trotz geringer öffentlicher Aktivitäten konnten auch die extrem-nationalistischen türkischen Gruppen einen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Die Zahl der ausländischen extremistischen bzw. erheblich extremistisch beeinflußten Organisationen stieg auf insgesamt 62 (1993: 59). Ursache dafür sind insbesondere Vereinsneugründungen im kurdischen Beobachtungsfeld. 176 Sicherheitsgefährdende und extremistische Mitglieder der im Bundesgebiet aktiven extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen nach ihrem politisch-ideologischen Standort zum 31.12.1994 Linksextremistisch Extrem-nationalistisch Islamisch-extremistisch Darin sind 7.500 Anhänger der verbotenen PKK enthalten. ' Darin sind 800 Anhänger der verbotenen "Devrimci Sol" enthalten. 4.900 f.28ol 9S0 1.090 * II 880 840 _. (tm) ü eso 7io mt Kurden Türken Araber Iraner Sonstige 2. Publizistik Zahl der von Die Zahl der in Deutschland von extremistischen Ausländerorganisaextremistischen tionen verbreiteten periodischen Schriften stieg von 68 auf 73. Die meiAusländerorganisten dieser Publikationen, insgesamt 58 (1993: 54), wurde wieder von sationen herauslinksextremistischen Organisationen herausgegeben. 12 Publikationen gegebenen Publikationen hat (1993: 11) stammen von islamisch-extremistischen Gruppen und drei sich erhöht Schriften aus dem extrem-nationalistischen Bereich. 3. Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen GewaltbereitGewaltsame Aktionen ausländischer Extremisten/Terroristen bedroschaft ausländihen nach wie vor erheblich die innere Sicherheit der Bundesrepublik scher Extremisten Deutschland. Der erneute Anstieg der Gewalttaten von 195 im Jahr steigt weiter 1993 auf nunmehr 262 ist ein Beleg für die weiterhin wachsende Gewaltbereitschaft extremistischer Ausländer. Fünf Todesopfer Die Gewaltaktivitäten forderten 1994 fünf Menschenleben: Bei einer durch Gewaltakte tätlichen Auseinandersetzung zwischen Anhängern der rivalisierenden ausländischer Flügel innerhalb der türkischen linksextremistischen "Devrimci Sol" am Extremisten 6. November in Bergisch-Gladbach (Nordrhein-Westfalen) kam ein Bestrebungen von Ausländem 177 Türke ums Leben. Unbekannte Täter erschossen am 17. Dezember in Wuppertal einen ehemaligen Funktionär der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), der von der Organisation verdächtigt worden war, ein Verräter zu sein. Am Jahresende wurden drei Anhänger des zur "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP(ML)) gehörenden "Ostanatolischen Gebietskomitees" (DABK), die Gäste eines Lokals in Germersheim (Rheinland-Pfalz) ausrauben wollten, im Verlauf eines Schußwechsels mit Polizeibeamten und weiteren in der Gaststätte anwesenden Türken von diesen getötet. Die zu verzeichnenden 15 versuchten Tötungsdelikte ereigneten sich ebenfalls überwiegend im türkischen und kurdischen Beobachtungsfeld. Sie stehen zum Teil im Zusammenhang mit internen Flügelkämpfen linksextremistischer Organisationen, Spendengelderpressungen oder auch mutmaßlichen Bestrafungsaktionen innerhalb der PKK. Nicht nur die überwiegende Anzahl der 56 Brandanschläge, sondern auch der größte Teil der 59 Landfriedensbrüche wurden von mutmaßlichen Anhängern der PKK verübt. Konzentrierten sich die gewaltsamen Aktivitäten kurdischer Extremisten 1993 insbesondere auf gezielte gewalttätige Übergriffe auf türkische Einrichtungen, so war das Jahr 1994 geprägt von demonstrativen, breit angelegten und zum Teil äußerst gewaltsamen Aktionen. Insbesondere die zahlreichen Straßenblockaden im März und Aktionen im Zusammenhang mit dem Jahrestag der Verbotsmaßnahmen gegen die PKK am 26. November führten zu der hohen Anzahl der Landfriedensbrüche61. Während die Zahl der Gewaltandrohungen lediglich gering anstieg, erAnstieg von höhte sich die Zahl der sonstigen Gesetzesverletzungen um mehr als Gesetzesverletzungen Politisch motivierte Gesetzesverletzungen von ausländischen Extremisten 600 500 Gesetzesverletzungen gesamt 300 200 1992 1993 1994 178 Sicherheitsgefährdende und extremistische das Doppelte. Ursache für diesen drastischen Anstieg sind u.a. die zahlreichen Verstöße von PKK-Anhängern gegen das Vereinsgesetz. Ungeachtet des gegen die PKK verhängten Betätigungsverbots wurden immer wieder Symbole der PKK bzw. ihrer Teilorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) gezeigt, deren Tätigkeit in Deutschland ebenfalls verboten worden war. Insgesamt stieg die Zahl der von ausländischen Extremisten verübten Gesetzesverletzungen von 316 im Jahr 1993 auf 533. Bis auf wenige Einzelfälle ereigneten sich die meisten in den alten Bundesländern. Im einzelnen ergibt sich folgendes Bild7': 1993 1994 Tötungsdelikte*' 9 20 Sprengstoffanschläge 1 - Brandanschläge **' 56 56 Landfriedensbrüche ***' - 59 Freiheitsberaubungen 2 1 Raub/Erpressung ****' 31 49 Körperverletzungen 36 49 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 60 23 Nötigung 0 5 Gewalttaten insgesamt 195 262 Gewaltandrohungen 23 36 Sonstige Gesetzesverletzunger 81 98 235 Gesamt 316 533 1994: 5 Todesopfer, 1993: 5 Todesopfer Umfaßt Brandstifungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. Davon mindestens 21 Landfriedensbrüche mit Körperverletzungen und 4 Landfriedensbrüche mit 5 Tötungsversuchen; 1993 wurden Landfriedensbrüche nicht gesondert erfaßt. '' Im Bereich von Spendengelderpressungen muß von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden. Zahlreiche Spendengelderpressungsversuche sind verbunden mitz.T. schweren Körperverletzungen. II. Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Kurden In Deutschland leben etwa 450.000 bis 500.000 Kurden, von denen die überwiegende Mehrheit aus der Türkei stammt. Zahlreiche kurdi- Bestrebungen von Ausländern 179 sehe Organisationen kämpfen in ihren Heimatregionen zum Teil mit gewaltsamen, terroristischen oder militärischen Mitteln für einen Autonomiestatus sowie für die Gründung eines eigenen Kurdenstaates in der Türkei. Die nach wie vor mit Abstand größte, aktivste und militanteste Kurdenvereinigung ist die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), gegen die am 26. November 1993 in Deutschland ein Betätigungsverbot erlassen worden ist. Ziel der nach dem Kaderprinzip organisierten linksextremistischen Organisation war bislang ein unabhängiger kurdischer Staat in der Türkei. Nach Erklärungen des PKK-Führers Abdullah ÖCALAN strebt seine Organisation nunmehr lediglich einen Autonomiestatus an. Ob diese Äußerungen ernst zu nehmen sind, bleibt abzuwarten. Die am 26. November 1993 vollzogenen Verbotsverfügungen des Reaktionen der Bundesministeriums des Innern gegen die PKK einschließlich ihrer TeilPKK auf Verbotsund Nebenorganisationen "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" maßnahmen (ERNK), "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan) mit den ihr angeschlossenen 29 örtlichen Mitgliedsvereinen, "Kurdistan-Komitee e.V." sowie "Berxwedan-VerlagsGmbH" mit der Nachrichtenagentur "Kurdistan-Haber Ajansi/News Agency" (KURD-HA) führten zu juristischen Schritten und Umstrukturierungsmaßnahmen dieser Vereinigungen, aber auch zu zahlreichen öffentlichen Kundgebungen und gewalttätigen Aktionen. Während das Betätigungsverbot gegen die PKK und die ERNK rechtsTeilund Nebenbeständig geworden ist, haben die "Berxwedan-Verlags-GmbH", die organisationen KURD-HA, die FEYKA-Kurdistan und ihre örtlichen Mitgliedsvereine der PKK beschreiten Rechtsweg JUUJJJUJII: ÜUt i i l l i l i i H . i t * 4 X 180 Sicherheitsgefährdende und extremistische sowie das "Kurdistan-Komitee e.V." gegen die Verbotsverfügungen Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) erhoben, über die das Gericht noch nicht entschieden hat. Außerdem beantragten sie gegen den sofortigen Vollzug der Verbotsverfügungen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gemäß SS 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Anträge der "BerxwedanVerlags-GmbH", der KURD-HA, der FEYKA-Kurdistan und des "Kurdistan-Komitee e.V." auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Gericht ab. Es hat sich damit der Feststellung der Bundesregierung angeschlossen, daß PKK und ERNK Gewaltakte von Kurden in Deutschland organisieren und die vier vorgenannten Organisationen sie dabei tatkräftig unterstützen. Kein Staat - so das Gericht - brauche sich gefallen zu lassen, daß Ausländer gewalttätige Auseinandersetzungen auf seinem Territorium austragen. Demgegenüber wurde den Anträgen der örtlichen FEYKA-Mitgliedsvereine stattgegeben und mit Beschlüssen vom Juli 1994 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von ihnen erhobenen Klagen angeordnet, weil das Gericht diese Vereine nicht als in den Dachverband FEYKAKurdistan eingegliederte Teile, sondern als selbständige Organisationen qualifiziert hat, für deren Verbot die Länder zuständig wären. Inwieweit die örtlichen FEYKA-Mitgliedsvereine Verbotstatbestände verwirklicht haben, die solche eigenständige Verbote getragen hätten, hat das Gericht offen gelassen. Neugründung und Auf die Verbote reagierte die PKK mit umfangreichen organisatorischen Reorganisation Maßnahmen. Es kam zu zahlreichen Neugründungen sowohl örtlicher von PKK-nahen PKK-naher Vereine als auch überörtlicher Organisationen. Vereinigungen Im Dezember 1993 fand in Köln die Gründungsversammlung des "Kurdistan Informationsbüro in Deutschland" (KIB) statt. Nach außen präsentiert sich das Informationsbüro - wie zuvor das verbotene "Kurdistan-Komitee e.V." - als Propagandainstrument der PKK9). Vermutlich anstelle der verbotenen KURD-HA nahm Ende Dezember 1993 die "Kurdisch-Deutsche-Presseagentur" (KURD-A) ihre Tätigkeit auf. Die PKK-nahe türkischsprachige Tageszeitung "Özgür Gündem" (Freie Tageszeitung) hatte am 4. Dezember 1993 berichtet, zuständige Personen der KURD-HA hätten erklärt, die Presseagentur werde ihre Arbeit unter der Bezeichnung KURD-A fortsetzen101. Zum Aufgabenbereich der KURD-A gehören u.a. der Vertrieb von Zeitungen, Kassetten und Broschüren sowie die Produktion und der Vertrieb von Filmen und Nachrichtensendungen. Ebenfalls eingebunden in die Öffentlichkeitsarbeit für die Belange der PKK ist die in Bochum ansässige "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland" (YEK-KOM), die nach dem Verbot des Dachverbandes FEYKA-Kurdistan und seiner Mitgliedsvereine als "neue Föderation" Bestrebungen von Ausländern 181 der neugegründeten "Kulturvereine" geschaffen wurde. Ihr sind nach eigenen Angaben zwölf Vereine angeschlossen, weitere arbeiten mit ihr zusammen. Zu den Aufgaben des mutmaßlich im März gegründeten Dachverbandes gehören offiziell die Pflege der kurdischen Kultur, Sprache und Tradition sowie die Werbung für Völkerverständigung und Freundschaft. Darüber hinaus will sich YEK-KOM verstärkt für kurdischsprachigen Unterricht und eigene kurdischsprachige Radiound TV-Sendungen einsetzen. In einer auf den 30. Mai datierten deutschsprachigen Presseerklärung von YEK-KOM heißt es ganz im Sinne der PKK, man sei fest davon überzeugt, daß mit dem Verbot kurdischer Vereine und Organisationen auch ein Stück Demokratie und Freiheit in Deutschland abgebaut worden sei. Das hier lebende kurdische Volk sei aber nicht "mundtot" zu machen1". Das Verbot hat die Tätigkeit der PKK in Deutschland erschwert und der PKK-Anhänger Strafverfolgung nach SS20 Abs. 1 Nr. 4 Vereinsgesetz unterworfen. setzen trotz Dennoch begingen PKK-Anhänger massive Gewalttätigkeiten. Sie Verbots Gewaltignorierten immer wieder Versammlungsverbote und leisteten gewaltaktivitäten fort sam Widerstand gegen polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung dieser Verbote. Dabei wurde die Konfrontation mit der Polizei zum Teil bewußt gesucht. Im Zusammenhang mit den Feiern zum kurdischen Neujahrsfest Ausschreitungen NEWROZ (21. März) kam es in der Zeit vom 19. bis 28. März neben anläßlich des einer Vielzahl friedlicher Kundgebungen auch zu zahlreichen demonNEWROZ-Festes strativen Aktionen und Straßenblockaden mit massiven Übergriffen durch PKK-Anhänger. Die Blockaden dauerten mehrere Stunden und verursachten erhebliche Verkehrsstörungen. Die Polizei nahm mehr als 600 Störer vorläufig fest. Dabei wurden 106 Polizeibeamte und drei Feuerwehrleute verletzt. Außerdem entstanden hohe Sachschäden. 182 Sicherheitsgefährdende und extremistische Übersetzung: Hoch lebe Newroz Insbesondere im Raum Augsburg waren die Aktionen mit Übergriffen von PKK-Anhängern verbunden. Ungeachtet eines Veranstaltungsverbotes reisten am 19. März mehrere tausend PKK-Anhänger mit Bussen und Pkw in den Großraum Augsburg ein. Als Polizeibeamte versuchten, die Kurden zur Umkehr zu bewegen, blockierten sie neben Bundesstraßen auch die Autobahn A 8 (Karlsruhe-München). Etwa 2.000 Störer hatten sich in der Innenstadt von Augsburg versammelt. Dort bewarfen PKK-Anhänger Polizisten mit Steinen, Holzprügeln und Betonbrocken. Einige Demonstranten bespritzten Polizisten mit Benzin und griffen sie anschließend mit brennenden Holzlatten an. Um polizeiliche Maßnahmen abzuwehren, benutzten PKK-Anhänger Frauen und Kinder als lebende Schutzschilder. Bei weiteren Autobahnblockaden kam es am 22. März erneut zu schweren Ausschreitungen von PKK-Anhängern in Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und SchleswigHolstein. Die jeweils etwa 200 Personen umfassenden Tätergruppen forderten mehrheitlich die Anwesenheit von Presseoder Regierungsvertretern vor Ort. Einzelne PKK-Anhänger drohten mit ihrer Selbstverbrennung, sollte die Polizei die Straße mit Zwang räumen. In Fällen, in denen ein Räumungseinsatz der Polizei erfolgte, gingen die Demonstranten zum Teil außerordentlich brutal gegen die Beamten vor. Der Europasprecher der in Deutschland verbotenen ERNK, Kani YILMAZ, verurteilte der Tageszeitung "Özgür Gündem" zufolge die Polizeieinsätze während der Aktionen vom 19. bis 22. März. Die Polizei habe die Kurden, die nur ihre Rechte wahrnehmen wollten, grundlos angegriffen121. Bestrebungen von Ausländem 183 Übersetzung: Die Fahne, die Du hochgehalten hast, wird nicht fallen! Die Fahne, die weht, wird nicht fallen! Die Selbstverbrennung zweier Kurdinnen am 21. März in Mannheim nahm die PKK zum Anlaß, unter Beweis zu stellen, daß sie ungeachtet ihres Verbots kurzfristig Massen zu mobilisieren imstande ist. Zu einer "Trauerkundgebung" für die beiden Kurdinnen versammelten sich am 27. März in Mannheim - trotz eines Versammlungsverbots - annähernd 10.000 Personen. Wohl nicht zuletzt aufgrund des starken Polizeiaufgebots verlief der Trauermarsch weitgehend störungsfrei. Im Rahmen präventiv eingerichteter Kontrollstellen hatte die Polizei bereits zahlreiche gefährliche Gegenstände, wie Macheten, Steine und Baseballschläger bei Demonstrationsteilnehmern sichergestellt. Am 30. Juni wurde der 16jährige kurdische Asylbewerber Halim DENER bei einer Personenkontrolle in Hannover tödlich verletzt, als sich im Verlauf einer Rangelei mit Polizeibeamten versehentlich ein Schuß aus der Waffe eines Beamten löste. Der Jugendliche war beim Plakatieren für die verbotene ERNK angetroffen worden. Die PKK nahm den Tod des Jugendlichen zum Anlaß, öffentlichkeitsund medienwirksam für die Partei zu werben. Neben kleineren, zum Teil gewalttätigen Spontandemonstrationen in verschiedenen Städten führten PKK-Anhänger am 9. Juli in Hannover einen Trauermarsch durch. Unter den etwa 16.000 Teilnehmern befanden sich auch rund 350 Autonome aus dem deutschen linksextremistischen Spektrum. Während der Kundgebung zeigten zahlreiche Kurden Flaggen und Symbole der verbotenen Organisationen PKK und ERNK sowie Bilder des Generalsekretärs der PKK, Abdullah ÖCALAN. Auf Transparenten und in Sprechchören forderten die Teilnehmer die Aufhebung des PKKVerbots. 184 Sicherheitsgefährdende und extremistische Zu gewaltsamen Aktionen durch PKK-Anhänger kam es auch im August und September im Rahmen einer "Fahrradtour" und eines "Solidaritätsmarsches": Demonstrative Im Rahmen der u.a. vom neuen Dachverband YEK-KOM organisierten "Fahrradtour" der "Fahrradtour" von Bonn nach Genf zum Sitz der "Vereinten Nationen" PKK nach Genf (UN) war insbesondere die nur unter engen Auflagen genehmigte mit AusschreiAuftaktkundgebung am 18. August in Bonn, an der etwa 80 jugendtungen verbunden liche PKK-Anhänger teilnahmen, mit gewalttätigen Ausschreitungen verbunden. Anlaß war die Auflösung der Versammlung durch die Polizei, nachdem etwa 30 Jugendliche Symbole der verbotenen ERNK auf ihren T-Shirts gezeigt hatten. Mehrere Beamte und eine Teilnehmerin erlitten Verletzungen. Wenig später stürmten annähernd 40 mutmaßliche PKK-Anhänger die Bonner Hauptpost und verbarrikadierten sich. Die Polizei räumte die Post und nahm nahezu alle Demonstranten vorläufig fest. In Freiburg, wo sich am 23. August aus Anlaß der "Fahrradtour" mindestens 100 Kurden versammelt hatten, führte der Versuch der Polizei, verbotene Parteisymbole zu beschlagnahmen, ebenfalls zu heftigen Auseinandersetzungen. Die Demonstranten griffen Polizeibeamte mit Würgehölzern, Eisenstangen und Stahlkugeln an. Den Einsatzkräften gelang es dennoch, die Menge auseinanderzutreiben und mehrere Personen festzunehmen. Zehn Beamte erlitten Verletzungen. Nachdem die Teilnehmer der "Fahrradtour" schließlich die Erlaubnis erhalten hatten, vom Grenzübergang Weil am Rhein nach Genf zu fahren, übergaben sie am Sitz der UN eine Petion. Die Jugendorganisation der PKK, die "Union der Jugendlichen aus Kurdistan" (YCK), nahm in der dritten Ausgabe ihrer Publikation "Sterka Ciwan" (Jugendstern) vom Oktober/November Stellung zu den Aktionen während der "Fahrradtour". So hieß es, die Aktion in Bonn sei ein Akt der "heldenhaft Widerstand leistenden kurdischen Falken" gewesen und keine Aktion der alten "kurdischen Sklaven". Die Jugendlichen hätten sich vereint, um die eigene Kraft zu präsentieren, zu einer eisernen Faust gegen den Vernichtungskampf des Feindes zu werden und ihm eine starke Ohrfeige zu verpassen'31. "SolidaritätsAuch der von der PKK-Frauenorganisation "Freie Frauenbewegung marsch" der PKK aus Kurdistan" (TAJK) für die Zeit vom 26. September bis zum zum Europarat 1. Oktober geplante "Solidaritätsmarsch" von Mannheim zum Sitz des nach Straßburg Europarates in Straßburg war von massiven Übergriffen begleitet. PKKverläuft gewaltAnhänger ignorierten erneut das Verbot der Veranstaltung. Etwa 600 sam kurdische Frauen und Männer versammelten sich am 26. September in Mannheim und formierten sich dort zu einem Aufzug. Als Polizeibeamte einschritten, reagierten die Demonstranten, die zum Teil Fahnen mit dem Symbol der ERNK mit sich führten, äußerst aggressiv. Im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Polizei bespritzten Bestrebungen von Ausländern 185 Demonstranten Polizisten mit Benzin und versuchten gezielt, einen Beamten anzuzünden. Obwohl die Polizei insgesamt 340 Teilnehmer vorläufig in Gewahrsam nahm, demonstrierten am nächsten Tag erneut 200 Personen in Mannheim. Zwischen 30 und 70 Kurden, überwiegend Frauen, besetzten kurze Zeit das Rathaus und forderten die Aufhebung des Veranstaltungsverbotes. Bei der Räumung entwendete ein Demonstrant einem Polizisten dessen Dienstwaffe und gab einen Schuß in Richtung der Einsatzkräfte ab, der jedoch einen anderen Kundgebungsteilnehmer traf. Nach langwierigen Verhandlungen zwischen Vertretern der Stadtverwaltung und einem Sprecher der Demonstranten ließ die Stadtverwaltung Mannheim am 29. September etwa 250 kurdische Frauen in Bussen in das nahe der deutsch-französischen Grenze gelegene Achern (Baden-Württemberg) bringen. Von dort aus setzten die Kurdinnen ihren "Solidaritätsmarsch" fort. Etwa 125 Frauen, die im Besitz von gültigen Pässen waren, reisten schließlich mit Bussen nach Straßburg und übergaben einem Vertreter des Europarates eine Petition. Am 26. November demonstrierten PKK-Anhänger in zahlreichen Gewalttätige Städten mit Straßenblockaden und Kundgebungen gegen die im Ausschreitungen Vorjahr vollzogenen Verbotsmaßnahmen gegen die PKK und einige bei Kundgebungen anläßlich des ihrer Teilbzw. Nebenorganisationen. An den Protestaktionen in DarmJahrestages des stadt, Kassel, Dortmund, Stuttgart, Freiburg, Saarbrücken, Bonn, BetätigungsHannover, Osnabrück, Köln, Bielefeld, Frankfurt/M., Ulm, Bremen und verbots der PKK Gießen nahmen jeweils bis zu 350 Personen teil, darunter auch zahlreiche Frauen und Kinder. In Frankfurt/M. besetzten mindestens 30 Personen das Treppenhaus des Gebäudes einer Tageszeitung. In Stuttgart stellte die Polizei bei anreisenden Personen gefährliche Gegenstände (u.a. Klappmesser, Gummiknüppel, Holzlatten und ein Beil) sicher. Bei zahlreichen Kundgebungen zeigten die Demonstranten verbotene Parteisymbole und skandierten Parolen mit PKK-Bezug. Insbesondere in Kassel kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen mehrere Polizisten Verletzungen erlitten. In Bielefeld bewarfen Demonstranten zwei Polizeibeamte mit Brandsätzen. Abgesehen von dem Ziel, öffentliche Aufmerksamkeit für die "kurdiPKK-Anhänger sche Sache" zu gewinnen, ist die PKK in Deutschland vor allem darerpressen nach auf aus, bei Landsleuten zur Finanzierung der Organisation und ihrer wie vor SpendenTätigkeit Spenden zu sammeln. Neben der Versorgung und Ausgelder rüstung der Guerillakämpfer gilt es, sowohl die Stützpunkte im Nahen Osten (Syrien, Libanon, Iran und Irak) als auch den Parteiapparat in Europa zu unterhalten. Die von der PKK beauftragten Spendensammler üben dabei nicht nur massiven Druck auf zahlungsunwillige Landsleute aus, sondern gehen teilweise auch mit erheblicher Gewalt gegen sie vor. In zahlreichen Fällen suchten Geldeintreiber Zahlungsunwillige auf und verletzten sie mit Holzknüppeln, Baseballschlägern 186 Sicherheitsgefährdende und extremistische oder Billardstöcken teilweise so schwer, daß sie sich im Krankenhaus behandeln lassen mußten. Fast alle Opfer gaben an, zuvor Besuch von Kurden erhalten zu haben, die Spenden für die PKK gefordert und im Falle der Weigerung mit Repressalien gedroht hätten. Die Polizei hat inzwischen in vielen deutschen Städten, darunter in Frankfurt/M., Mainz, Bonn, Köln, Dortmund, Stuttgart und Berlin spezielle Ermittlungskommissionen eingesetzt, die Fälle von Spendengelderpressung, u.a. mutmaßlicher PKK-Anhänger, bearbeiten. Die häufige Inanspruchnahme der bei verschiedenen Polizeidienststellen eingerichteten "Sorgentelefone für kurdische und türkische Mitbürger" läßt vermuten, daß die tatsächliche Zahl der Erpressungsfälle um ein Vielfaches höher ist als die Zahl der angezeigten Fälle. PKK verfolgt Die PKK bestraft nach wie vor Parteiabweichler bzw. "Verräter": Zwei erneut Anhänger eines ehemaligen PKK-Funktionärs, der ein Buch herausDissidenten gegeben hat, in welchem der PKK-Generalsekretär ÖCALAN massiv angegriffen wird, wurden am 7. Oktober in Hamburg und Bremen überfallen und lebensgefährlich verletzt. Die Partei soll bereits das Lesen oder Verbreiten dieses Buches unter Strafe gestellt haben. Unbekannte Täter erschossen am 17. Dezember in Wuppertal einen ehemaligen PKK-Funktionär, der von der Organisation verdächtigt wurde, ein Verräter zu sein. PKK-Aktivisten zu In den gegen PKK-Funktionäre anhängigen Strafverfahren wegen in langen Freiheitsden Jahren 1984 bis 1987 verübter schwerer Straftaten gegen strafen verurteilt Parteiabweichler kam es auch 1994 zu weiteren Verurteilungen. Nachdem bis Ende 1993 insgesamt sieben Personen zu Freiheitsstrafen verurteilt worden waren, ergingen 1994 fünf weitere Urteile. Nach fast viereinhalb Jahren Dauer und mehr als 340 Verhandlungstagen ging in Düsseldorf am 7. März das Verfahren gegen ehemals neunzehn Funktionäre der PKK zu Ende. Der 5. Strafsenat des OLG Düsseldorf sah es als erwiesen an, daß zwei der insgesamt noch vier Angeklagten an der "Hinrichtung" vermeintlicher "Verräter" in Deutschland beteiligt waren und verurteilte sie zu lebenslangen Freiheitsstrafen u.a. wegen Mordes, in einem Fall in Tateinheit mit der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (SS129a StGB). Die beiden Mitangeklagten verurteilte das Gericht wegen gemeinschaftlicher schwerer Freiheitsberaubung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu Freiheitsstrafen von sieben bzw. sechs Jahren. Die Richter sahen es als erwiesen an, daß die Angeklagten dem PKK-"Komitee für Parteisicherheit, Nachrichtendienst und Kontrolle" angehörten, bei dem es sich zumindest in der Zeit von 1984 bis 1987 um eine terroristische Vereinigung gehandelt habe. Bereits am 12. Januar hatte der 7. Strafsenat des OLG Düsseldorf ein ehemaliges PKK-Mitglied wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Auch in diesem Fall hielten die Richter es für Bestrebungen von Ausländern 187 erwiesen, daß der Verurteilte Mitglied einer Parteieinheit war, die mutmaßliche Verräter und Abweichler bestraft. Inzwischen sind zahlreiche weitere Gerichtsverfahren gegen mutmaßliche PKK-Anhänger anhängig bzw. zum Teil schon abgeschlossen. Insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Aktionswellen der PKK gegen türkische Einrichtungen am 24. Juni und 4. November 1993 kam es 1994 zu ersten Verurteilungen"). 2. Türken151 2.1 Überblick Von den in Deutschland lebenden Ausländern bilden die Türken mit 1,85 Millionen mit Abstand die größte Gruppe. Von ihnen sind etwa 32.000 (1,7%) in extremistischen Vereinigungen organisiert, deren Aktionsspektrum zum großen Teil von den beherrschenden Themen der türkischen Innenpolitik bestimmt wird. Nennenswert in diesem Zusammenhang sind neben dem ungelösten Kurdenproblem vor allem wirtschaftliche Fragen sowie die zunehmenden islamistischen Strömungen in der Türkei Zu den Agitationsschwerpunkten der revolutionär-marxistischen türkiTürkische Linksschen Gruppierungen, die aufgrund ihrer Gewaltbereitschaft von beextremisten sonderer Sicherheitsrelevanz sind, zählten aber auch Themen der agitieren erneut gegen die deutschen Innenpolitik. Bevorzugt thematisiert wurden die Bereiche Bundesregierung "Ausländerpolitik der Bundesregierung" und "Ausländerfeindlichkeit in Deutschland". Gewalttätige Übergriffe türkischer Linksextremisten forderten 1994 vier Todesopfer. 2.2 Linksextremisten Nach wie vor operiert die in Deutschland seit 1983 verbotene "Devrimci Sol" in der Türkei mit terroristischen Mitteln. Gleichwohl scheint die Gruppe aufgrund der Erfolge türkischer Sicherheitsbehörden, insbesondere aber durch die Spaltung in zwei Lager, derzeit - möglicherweise auch nachhaltig - in ihren Aktionsmöglichkeiten eingeschränkt. Auch in Deutschland lähmten die verbal und teilweise gewaltsam ausFlügelkämpfe getragenen Flügelkämpfe weitgehend die öffentlichen Aktivitäten der innerhalb der "Devrimci Sol"-Mitglieder. Beide Lager sind kompromißlos und lassen "Devrimci Sol" keine Bereitschaft zur Einstellung der internen Auseinandersetzungen lähmen die öffentlichen Aktivitäten erkennen. Die Flügelkämpfe hatten sich Anfang 1993 an der Person der Gruppe und am Führungsstil des langjährigen Leiters der Organisation, Dursun KARATAS, entzündet. Der nach KARATAS benannte Flügel hat sich im Sommer den Namen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front" (DHKP-C) gegeben. 188 Sicherheitsgefährdende und extremistische Gleichwohl benutzt die Organisation mitunter auch noch die Bezeichnung "Devrimci Sol". GroßveranDer KARATAS-Flügel versuchte im Frühjahr und Herbst vergeblich, staltungendes zwei Großveranstaltungen durchzuführen. Für den 7. Mai hatte die KARATAS-Flügels Gruppe in Wuppertal eine Gedenkfeier für "gefallene Revolutionäre" orverboten ganisiert. Nachdem der "Devrimci Sol"-Hintergrund dieser Veranstaltung bekanntgeworden war, kündigte die Stadt den Mietvertrag für die angemietete Halle. Das für den 24. September in der Kölner Sporthalle geplante "türkischkurdische Kulturfest" hat der Kölner Polizeipräsident verboten, die dagegen eingelegten Rechtsmittel wurden wieder zurückgezogen. Am 1. Oktober führte die Gruppe in Brüssel eine Ersatzveranstaltung mit etwa 2.500 Besuchern durch. Am 9. September nahm die französische Polizei KARATAS und seine Begleiter - einen weiteren "Devrimci Sol"-Aktivisten und eine Türkin - bei einer Grenzkontrolle fest, als sie mit dem Pkw von Italien kommend nach Frankreich einreisen wollten. KARATAS und seine Begleiterin hatten sich mit gefälschten niederländischen Pässen ausgewiesen. Gegen die Festgenommenen erging Haftbefehl. Die französischen Behörden leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ein16'. KARATAS-AnAuch in Deutschland reagierte die Anhängerschaft von KARATAS auf hängerdemondie Festnahme. Im September kam es zu kleineren Protestkundgestrieren nach der bungen vor französischen diplomatischen Vertretungen in Bonn und Festnahme ihres Düsseldorf. Die Demonstranten übergaben dort Resolutionen, in denen der französischen Regierung vorgeworfen wurde, mit der Fest- Bestrebungen von Ausländern nähme eine politische Position eingenommen zu haben und den Kampf der Bewegung zu sabotieren. Am 12. Dezember besetzten zwölf KARATAS-Anhänger einen Turm des Kölner Doms und befestigten ein Transparent, auf dem die Freilassung von KARATAS gefordert wurde. In Berlin, Düsseldorf und Stuttgart wurden am 15. Dezember weitere demonstrative Aktionen vor französischen Einrichtungen durchgeführt. Der oppositionelle YAGAN-Flügel, benannt nach dem am 5. März 1993 von türkischen Sicherheitskräften getöteten Führungsfunktionär Bedri YAGAN, polemisierte in massiver Weise gegen den KARATAS-Flügel und verurteilte dessen "unrechtmäßiges Handeln". Die Oppositionsgruppe benutzt auch die Bezeichnung "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front Devrimci Sol" (THKP/-C Devrimci Sol). In seinen Veröffentlichungen sprach der YAGAN-Flügel KARATAS das Attribut eines Revolutionärs ab, weil er konterrevolutionäre Gewalt ausübe und Übersetzung: Mit der Waffe der Parteifront marschieren MRIl-CEPHE SiLAHIYLA wir zum Sieg. Revolutionäre Volksbefreiungspartei/ZAFERII front -'^H * ' T S P / *"*'" .. KP-C Devrimci Hallt Kurtulus Partlsl-Cephes damit systematisch die eigene revolutionäre Organisation angreife171. Die KARATAS-Anhänger wurden allerdings nicht nur verbal, sondern auch gewaltsam attackiert. So stürzten sich während einer Kundgebung zum 1. Mai in Hamburg etwa 20 ihrer Anhänger auf KARATASBefürworter und schlugen mit Holzlatten auf die politischen Rivalen ein. Einen vorläufigen Höhepunkt erreichten die gewaltsamen Übergriffe Flügelkämpfe am 6. November in Bergisch-Gladbach (Nordrhein-Westfalen). Dort innerhalb der wurde ein Anhänger des KARATAS-Flügels aus einer Gruppe von "Devrimci Sol" vermutlich vier Personen heraus durch einen Schuß getötet. Als drinfordern erneut ein Todesopfer gend tatverdächtig nahm die Polizei einen Aktivisten des YAGANFlügels fest. 190 Sicherheitsgefährdende und extremistische Eine von derYAGAN-Gruppefürden 9. April in Frankfurt/M. unter dem Motto "Die Gefallenen der Revolution sind unsterblich" geplante Abendveranstaltung wurde von der Stadt verboten. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof bestätigte das Verbot. Am Veranstaltungstag stoppte die Polizei in Frankfurt/M. und auf der Autobahn mehrere Busse mit etwa 400 mutmaßlichen Veranstaltungsteilnehmern. Spaltung auch Wie in den Vorjahren führte die "Türkische Kommunistische Partei/ innerhalb der Marxisten-Leninisten" (TKP (ML)) am 14. Mai in der Kölner Sporthalle TKP (ML) anläßlich des 22. Jahrestages der Parteigründung eine Veranstaltung mit etwa 7.000 Besuchern aus dem Inund Ausland durch. Bereits während dieser Großveranstaltung deutete ein TKP (ML)-Funktionär in seiner Rede erhebliche Differenzen innerhalb der Parteiführung an. Nur wenige Wochen später brach ein offener Machtkampf zwischen Anhängern der beiden konkurrierenden Fraktionen innerhalb der TKP (ML), dem "Partizan"-Flügel und dem "Ostanatolischen Gebietskomitee" (DABK), aus. Beide Fraktionen beanspruchten für sich die Führung in der Partei. Dadurch kam die politische Arbeit der TKP (ML) nahezu zum Erliegen. Drei Todesopfer In Zusammenhang mit ihrer jährlichen Spendenkampagne versuchten in Zusammenhang vier Aktivisten des DABK in den frühen Morgenstunden des 31. mit einer GeldbeDezember, unter Einsatz von Faustfeuerwaffen und einer Maschinenschaffungsaktion pistole, die etwa 20 Gäste eines türkischen Lokals in Germersheim des DABK (Rheinland-Pfalz) auszurauben. Beim Eintreffen der Polizei eröffneten die Täter sofort das Feuer, das auch aus dem Kreis der Besucher des Lokals auf die Täter gerichtet wurde. Bei der Schießerei kamen drei Täter ums Leben, der vierte Täter konnte festgenommen werden; ein Polizist erlitt Schußverletzungen. In den Wohnungen der Täter wurde Propagandamaterial der TKP (ML) sichergestellt. Der festgenommene Täter bestätigte, daß es sich bei der Tat um eine Geldbeschaffungsaktion für das DABK gehandelt habe. Als Basisorganisationen der TKP (ML) fungieren in Deutschland nach wie vor die "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATIK) sowie die "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATIF). Beide Verbände verschleiern seit jeher ihre Verbundenheit mit der Partei, deren Spaltung sich auch in den geringen Aktivitäten dieser Organisationen widerspiegelte. Die ATIF veranstaltete lediglich eine größere Kundgebung: Am 10. Februar protestierten rund 300 ihrer Anhänger in Duisburg gegen Exekutivmaßnahmen, die die Polizei in Duisburg im Zusammenhang mit der Tötung eines 34jährigen Türken am 14. Dezember 1993 in Merfeld (Nordrhein-Westfalen) durchgeführt hatte. Die TKP (ML) hatte sich zu der Tötung des Dissidenten bekannt. Mutmaßliche Anhänger der TKP (ML) verübten am 5. Dezember Brandanschläge auf ein türkisches Reisebüro und zwei türkische Bestrebungen von Ausländern 191 Banken in Köln. Es entstanden Sachschäden in Höhe von etwa 50.000 Anhänger der DM. An den Tatorten fand die Polizei Flugblätter der TKP (ML), in deTKP (ML) verüben nen die Freilassung eines in der Türkei inhaftierten Führungsfunktionärs Brandanschläge auf türkische gefordert und zur Rache für Kurdistan aufgerufen wurde181. Einrichtungen in In Ludwigsburg (Baden-Württemberg) zertrümmerten zwei unbekannDeutschland te Täter am 10. Dezember die Fensterscheibe des Büros der "Turkish Airlines" und warfen einen Molotowcocktail ins Gebäude. Der Brandsatz entzündete sich jedoch nicht. In einer am Tatort aufgefundenen Erklärung wurde ebenfalls die Freilassung des TKP (MyFührungsfunktionärs gefordert. 2.3 Islamisten Der von dem Türken Cemaleddin KAPLAN*' geführte "Verband islamiICCB entwickelt scher Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) tritt für einen gewaltnur geringe samen Sturz der türkischen Regierung und die Errichtung einer islamiöffentliche Aktischen Republik in der Türkei ein. Im Verbandsorgan des ICCB, der vitäten Zeitschrift "Ümmet-i Muhammed" (Die Gemeinde Mohammeds), wurde der türkischen Ministerpräsidentin Ciller in einem offenen Brief mit dem Tode gedroht. Frau Ciller solle nicht vergessen, daß der Todesengel Allah's viel mächtiger sei als Amerika19'. Im Vergleich zu früheren Jahren entwickelte der Verband nur geringe öffentliche Aktivitäten. Am 8. März gab KAPLAN, der in den Medien auch als "schwarze Stimme" oder "Khomeini von Köln" bezeichnet wird, in einer Kölner Moschee seine Wahl zum Kalifen (geistliches und weltliches Oberhaupt der Muslime als Nachfolger bzw. Stellvertreter Mohammeds) bekannt. Vor etwa 1.000 Besuchern erklärte er, die Feinde versuchten ihn und seine Anhänger zu vernichten; dennoch lohne es sich, für das Kalifat zu sterben. Seit etwa Mitte des Jahres mehren sich Hinweise, wonach der ICCB zunehmend mit internen Problemen zu kämpfen hat. In der Zeitschrift "Ümmet-i Muhammed" belegte KAPLAN einige ihrer Ämter enthobene Funktionäre des ICCB mit sogenannten Fatwas. So verbot er seinen Anhängern u.a., die Betroffenen zu grüßen oder mit ihnen zu sprechen20'. In einigen Ortsvereinen des ICCB führten interne Streitigkeiten um die Besitzrechte an Gebäuden und Vereinsvermögen zu gerichtlichen Ortsvereine Auseinandersetzungen. Folge dieser Streitigkeiten waren u.a. des ICCB spalten Abspaltungen in einigen Ortsvereinen. Ob sich die Spaltungssich ab tendenzen weiter konkretisieren, ist noch nicht abzusehen. Die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) ist mit etwa 20.000 Mitgliedern nach wie vor die mit Abstand mitgliederstärkste türkische islamistische Organisation .Sie tritt für die Einführung 1995 verstorben 192 Sicherheitsgefährdende und extremistische AMGT vertritt einer auf dem Koran basierenden Staatsordnung in der Türkei und für islamischen die weltweite Islamisierung ein, deren Maximen gegen die Fundamentalismus Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und betreibt antisemitische Hetzverstoßen. Zielsetzung ist die Gleichschaltung von Religion und Politik kampagne mit Dominanz der Religion. Der religiöse Geltungsanspruch ist gesellschaftsund politikbestimmend mit negativen Folgen für Menschenrechte und Demokratie. Obwohl sich die Organisation um ein moderates Erscheinungsbild bemüht, setzte die AMGT über ihren Multiplikator "Milli Gazete" (Nationalzeitung) auch ihre antisemitische Hetzkampagne21' fort. Ein Arbeitsschwerpunkt der Organisation waren Solidaritätsbekundungen für die Muslime in Bosnien. Ihren Jahreskongreß veranstaltete die AMGT wieder in Antwerpen. An diesem "10. ordentlichen Kongreß" am 11. Juni nahmen etwa 30.000 Personen teil, darunter Prof. Necmettin ERBAKAN, Vorsitzender der türkischen "Wohlfahrtspartei" (RP). 3. Araber 3.1 Palästinenser Mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des Teilautonomieabkommens zwischen Israel und der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) am 13. Oktober 1993 hat sich die wirtschaftliche und politische Lage im Autonomiegebiet nicht wesentlich verbessert. Die Haltung der Gegner des Abkommens hat sich indes noch verschärft. Das Bündnis der zehn in Opposition zu der Autonomievereinbarung stehenden Organisationen, das sich im Oktober 1993 den Namen "Nationale Demokratische und Islamische Front" gegeben hatte, hat sich umbenannt in "Allianz der Palästinensischen Kräfte" (AFP). Zu einer Eskalation der Gewalt führte insbesondere der Anschlag eines israelischen Siedlers in der Ibrahim-Moschee in Hebron am 25. Februar, der 29 Todesopfer forderte. Neben den darauf folgenden Vergeltungsschlägen in der Region, für die vornehmlich die sunnitischextremistische "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS) verantwortlich gemacht wird, kam es im Juli auch zu folgenschweren Racheakten außerhalb des Krisengebietes: Bei einem Attentat auf das "Argentinisch Israelische Hilfswerk" in Buenos Aires wurden 95 Menschen getötet und 200 verletzt. In London wurden bei zwei Bombenanschlägen auf israelische Einrichtungen insgesamt 19 Menschen verletzt. Die Täterschaft ist in beiden Fällen noch ungeklärt. Die palästinensischen Gruppen in Deutschland lehnen überwiegend weiterhin die Autonomievereinbarung und die darauf beruhenden fortschreitenden Veränderungen in der Region ab. Aus Anlaß des Massakers von Hebron fanden im Februar und März in Berlin, Köln und Bestrebungen von Ausländern 193 Bonn Demonstrationen statt, die von der "Volksfront für die Befreiung Palästinensische Palästinas" (PFLP) und der "Demokratischen Front für die Befreiung Gruppen in Palästinas" (DFLP) gemeinsam organisiert worden waren. Beide Deutschland lehnen GazaOrganisationen gehören der AFP an. In einer Flugschrift zum 1. Mai beJericho-Abkomzeichnete die DFLP das Massaker von Hebron als Ergebnis des men nach wie "Rabin-Arafat"-Abkommens. Dieses Abkommen sei ein Verrat an den vorab politischen Zielen der palästinensischen Revolution221. Unter der palästinensischen Revolution ist der bewaffnete Befreiungskampf gegen den Staat Israel für einen eigenen Palästinenserstaat zu verstehen. Öffentlichkeitsarbeit zur Mobilisierung der Gegner des Gaza-JerichoGroßdemonAbkommens betrieben auch die in Deutschland lebenden Anhänger stration von der HAMAS, die im "Islamischen Bund Palästina" (IBP) organisiert sind. HAMAS-AnhänSie verbreiteten u.a. Publikationsmaterial - vornehmlich politische gern in Berlin Erklärungen, die von HAMAS-Aktivisten aus der Heimatregion stammten. Gemeinsam mit türkischen Islamisten führten HAMAS-Anhänger als Reaktion auf das Massaker von Hebron am 27. Februar in Berlin eine Großdemonstration mit etwa 1.500 Teilnehmern durch. Von Lautsprecherwagen wurden Parolen gerufen wie "Kein Frieden mit den Juden", "Rabin ist ein Mörder" und "Tod den Juden". Zu den erbitterten Gegnern des Gaza-Jericho-Abkommens gehört nicht zuletzt die vom Iran beeinflußte schiitisch-extremistische "Hizb Allah" (Partei Gottes), die in den letzten Jahren in Deutschland nur geringe öffentliche Aktivitäten entfaltet. Im Februar fanden in Wuppertal und Berlin Gedenkveranstaltungen für "schiitische Märtyrer" statt, auf denen weitere Verhandlungen mit Israel abgelehnt und statt dessen der "heilige Krieg" ausgerufen wurde. Aus dem Libanon anreisende Funktionäre instruieren die Zweigorganisation in Deutschland und schwören die Anhänger auf die jeweils aktuelle politische Linie ein. 3.2 Algerier Maßgebliche islamistische Widerstandsgruppe in Algerien ist die dort verbotene sunnitisch-extremistische "Islamische Heilsfront" (FIS). Die FIS propagiert den gewaltsamen Widerstand gegen die algerische Regierung und sucht ihr Ziel, die Errichtung eines islamistischen Staatswesens, gemeinsam mit ihrem militärischen Arm, der "Islamischen Heilsarmee" (AIS), und - ebenso wie die "Bewaffneten Islamischen Gruppen" (GIA) - mit Hilfe terroristischer Mittel durchzusetzen. In Deutschland leben rund 23.000 Algerier; die genaue Zahl der FISVerbot der politiAnhänger ist nicht bekannt. Ranghöchster FIS-Vertreter in schen Betätigung Deutschland ist der "Leiter der Exekutivinstanz im Ausland", Rabah gegen ranghohen FIS-RepräsenKEBIR. Gegen KEBIR wurde im März wegen öffentlicher Erklärungen, tanten in in denen er zur Gewalt aufgerufen hatte, ein politisches BetätigungsDeutschland verbot erlassen, das seit Juni bestandskräftig ist. Danach darf er kei- 194 Sicherheitsgefährdende und extremistische ne öffentlichen politischen Erklärungen im Namen der FIS sowie gegen das algerische Regime und keine Aufrufe zur Gewalt abgeben. Im August wurde gegen KEBIR wegen Verstoßes gegen das politische Betätigungsverbot ein erstes Zwangsgeld in Höhe von 5.000 DM festgesetzt. Die Tätigkeiten der in Deutschland lebenden FIS-Anhänger konzentrieren sich auf die politisch-propagandistische Unterstützung der Islamisten in Algerien. In Deutschland verübten FIS-Anhänger bislang keine Gewalttaten. Allerdings waren im Bundesgebiet lebende FISAnhänger an der Beschaffung von Waffen und anderem technischen Gerät für den Einsatz im Heimatland beteiligt231. Die in Deutschland lebenden FIS-Anhänger unterhalten zum Teil Kontakte zu türkischen islamistischen Gruppen. So nahmen Anhänger der FIS an Veranstaltungen dieser Organisationen teil, in denen das Thema Algerien aufgegriffen wurde. 4. Iraner 4.1 Überblick Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der iranischen Regierung blieben 1994 aus. Sieht man von den lautstarken Propagandaaktivitäten der stärksten Oppositionsgruppe "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (MEK) ab, waren iranische Organisationen kaum öffentlich aktiv. 4.2 Anhänger der iranischen Regierung Islamistische Die in den regionalen Mitgliedsvereinen der islamisch-extremistischen U.I.S.A. zeigt "Union islamischer Studentenvereine in Europa" (U.I.S.A.) organisierkaum öffentliche ten Iraner traten weiterhin als einzige iranische Organisation für die Ziele Aktivitäten der "Islamischen Revolution" ein. Diese zielte zunächst darauf ab, im Iran einen auf dem Koran und der Scharia (islamisches Rechtssystem) gegründeten islamischen Gottesstaat zu errichten. Nach der Vollendung der Revolution dort konzentrieren sich die Anhänger der iranischen Regierung auf den Export der "Islamischen Revolution" in andere islamische Länder und letztlich auf die Islamisierung der Welt. Die unverändert spärlichen öffentlichen Aktivitäten der U.I.S.A. beschränkten sich auf Veranstaltungen im "Islamischen Zentrum Hamburg e.V." (IZH). Dieses größte schiitische Propagandazentrum in Westeuropa steht Muslimen verschiedener Nationalitäten offen. Darüber hinaus nahmen U.ISA-Mitglieder an der jährlichen bundesweiten Kundgebung anläßlich des sogenannten Jerusalemtages (GHODS-Tag) teil, die am 12. Mai in Hamburg stattfand. Etwa 5.000 Muslime demonstrierten dort für die "Befreiung Jerusalems". Bestrebungen von Ausländern 195 MOJAHED, Sonderheft, Nr. 350 vom 14.7.1994 "Das erfolgreiche Manöver KONDOR der BEFREIUNG fand am 30. Khordad (20. Juni) für die Dauer von 15 Tagen mit einer kompletten Panzerdivision statt." "Im Namen der gewählten Präsidentin der Republik des Widerstandes fand -Kondor der Befreiung', das größte Kriegsmanöver der 'Nationalen Befreiungsarmee lran< (NLA), in der Nähe der heimatlichen Grenzen statt. Der Oberkommandierende der NLA: Er beglückwünsche die edlen und liberalen Iraner, die eine Woche der nationalen Solidarität und des Schutzes für die >Präsidentin der Republikim Inland und Demonstrationen anläßlich des 30. Tir (21. Juli) im Ausland durchführen, zu dem heutigen Manöver der Befreiung der Nation des Iran." 4.3 Gegner der Regierung im Iran Die Uneinigkeit innerhalb der iranischen Opposition im Ausland konnte auch 1994 nicht überwunden werden. Die Mehrzahl der Organisationen war mit internen Problemen befaßt, die - verbunden mit einer ständig abnehmenden Anhängerschaft - öffentlichkeitswirksame Aktionen verhinderten. Die meisten Aktivitäten entfalteten die Anhänger der "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (MEK), die mit systematischen Geldbeschaffungsmaßnahmen in Deutschland den Guerillakrieg der MEK im Iran unterstützten. Die MEK hat 1994 weltweit eine neue politisch-propagandistische "Volksmodjahedin Offensive gestartet; dazu hat sie ihr organisatorisches Erscheinungsbild Iran" geben nach außen verändert. Die "Iranische Moslemische Studentensich ein neues Erscheinungsbild Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (IMSV), die in der Vergangenheit die Interessen der MEK vertreten hatte und in der die Anhänger in Deutschland organisiert waren, hat ihre Bedeutung verloren. An ihre Stelle trat der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI), ein Zusammenschluß von einigen iranischen Oppositionsgruppen und zahlreichen Einzelpersönlichkeiten, der von der MEK beherrscht wird. Der NWRI stellt sich selbst als einzige legitime Vertretung des demokratischen iranischen Widerstandes dar, obwohl die Organisation tatsächlich nur einen kleinen Teil der iranischen Opposition repräsentiert. 5. Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien Eine einvernehmliche Lösung zwischen den am Krieg beteiligten Serben, Kroaten und bosnischen Muslimen im ehemaligen Jugo- 196 Sicherheitsgefährdende und extremistische slawien ist noch nicht abzusehen. Für alle Kriegsparteien steht die Verwirklichung nationalistischerziele im Vordergrund. In Deutschland haben sich trotz der andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen die hier vertretenen serbischen, kroatischen, bosnisch-muslimischen und kosovo-albanischen Gruppierungen 1994 eher unauffällig verhalten. Die zum Teil tätlichen Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Angehörigen der jeweiligen Volksgruppen setzten sich zwar fort, allerdings mit weitaus geringerer Intensität. Demonstrationen Aber auch 1994 nahmen Demonstrationen bosnischer Muslime teilbosnischer Musweise einen unfriedlichen Verlauf. Am 6. Februar fand in Hamburg eilime mit unfried- n e Kundgebung unter dem Motto "Gegen Gewalttaten in Bosnien" lichem Verlauf s t a t t ^ n ^er Veranstaltung nahmen 600 Personen teil, darunter viele Frauen und Kinder. Am Generalkonsulat Rest-Jugoslawien bewarfen die Demonstranten Polizeibeamte mit Steinen, Flaschen und Holzknüppeln; ein Beamter erlitt eine Kopfverletzung, ein Polizeifahrzeug wurde beschädigt. Etwa 400 Demonstranten umgingen die Absperrung des Konsulats, skandierten Parolen und warfen Steine gegen das Gebäude. Dabei wurden einige Fensterscheiben zerstört. Die von Kundgebungsteilnehmern mitgeführten Transparente enthielten Aufschriften wie "Sarajevo, größtes KZ aller Zeiten" und "Bosnien - Friedhof Europas". An einer Demonstration am 21. April in Hamburg, die von der bosnischmuslimischen "Frauengruppe Muka" (Leid) unter dem Motto "Gorazde muß leben" angemeldet worden war, beteiligten sich etwa 800 Personen. Dabei kam es vor dem Generalkonsulat Rest-Jugoslawiens wieder zu massiven Ausschreitungen. Die Demonstrationsteilnehmer bewarfen Polizeibeamte, deren Dienstfahrzeuge und unbeteiligte Verkehrsteilnehmer mit Steinen. Fünf Polizeibeamte erlitten Verletzungen, mehrere Fahrzeuge wurden beschädigt. Obwohl es bei Demonstrationen anderer Volksgruppen des ehemaligen Jugoslawien bisher nicht zu Übergriffen kam, könnte eine fortschreitende Eskalation des Krieges in Bosnien-Herzegowina auch zu einer Verschärfung der Sicherheitslage in Deutschland führen. 6. Sikhs Die terroristisch operierenden Sikh-Organisationen im nordindischen Bundesstaat Punjab mußten durch den massiven Einsatz von Sicherheitskräften auch 1994 schwere Verluste hinnehmen. Die Verunsicherung derSikh-Gruppen im Punjab und interne Machtkämpfe spiegelten sich auch in den Aktivitäten der in Deutschland vertretenen Extremistengruppen wider. In der Öffentlichkeit traten SikhExtremisten 1994 nur selten auf. Bestrebungen von Ausländern 197 Aus Anlaß des indischen Nationalfeiertages ("Republic Day") fand am 26. Januar in Frankfurt/M. eine von Sikhs organisierte Demonstration mit einer Abschlußkundgebung vor dem indischen Generalkonsulat statt. Anhänger extreEtwa 300 Anhänger extremistischer Sikh-Gruppen demonstrierten am mistischer Sikh3. Februar in Bonn gegen den Besuch des indischen Premierministers Gruppen proteRao, der sich vom 2. bis 5. Februar in Deutschland aufhielt. Die stieren gegen den Demonstranten skandierten Parolen wie "Wir wollen Khalistan", Besuch des indi"Indisches Militär raus aus Punjab" und "Mr. Rao go back" und zeigschen Premierten Transparente mit entsprechenden Aufschriften. Den Hinduministers Organisationen wurde vorgeworfen, in zunehmendem Maße mit staatlichen indischen Stellen zusammenzuarbeiten. Auch die deutsche Entwicklungshilfe für Indien stütze und stabilisiere nur die dortige "korrupte" Regierung. Sie solle besser Minderheiten zukommen, die für ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpften24'. 7. Tamilen In Sri Lanka setzten sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der separatistischen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) und srilankischen Regierungstruppen unvermindert fort. Ein im Spätsommer 1994 einsetzender Friedensprozeß wurde am 24. Oktober jäh unterbrochen, als ein Kamikaze-Attentäter einen Bombenanschlag auf eine Wahlveranstaltung der "United National Party" (UNP) zu den Präsidentschaftswahlen am 9. November verübte. Dem Attentat fielen 57 Menschen zum Opfer, darunter auch der Präsidentschaftskandidat der UNP. Obwohl die LTTE jede Tatverantwortung bestritt, vermuten die srilankischen Sicherheitsbehörden eine Urheberschaft der Organisation. Seitdem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Jahre 1991 ein LTTE bedroht Ermittlungsverfahren gegen 20 LTTE-Aktivisten in Zusammenhang mit tamilische mutmaßlichen Spendengelderpressungen eingeleitet hat, schottet sich Landsleute in die deutsche Sektion der LTTE immer mehr ab. Ihre aggressive Deutschland Grundhaltung hat die Organisation dennoch nicht aufgegeben. Sie ist bereit, ihren Machtanspruch, alleinige Vertreterin tamilischer Interessen zu sein, auch gewaltsam durchzusetzen. So wurden seit 1992 mehrere Mitglieder eines von der LTTE unabhängigen tamilischen Vereins massiv bedroht. Sie sollten aus dem Verein austreten und sich der LTTE anschließen. Auch 1994 rief die LTTE immer wieder die in Deutschland lebenden Tamilen zu Spenden auf, um den Kampf in der Heimatregion zu finanzieren. 198 Sicherheitsgefährdende und extremistische III. Erläuterungen und Dokumentation 1) Die Zahlenangaben beruhen die einen totalitären islamiauf Schätzungen. Verändeschen Staat anstreben. rungen der Mitgliederzahlen gegenüber dem Vorjahr kön5) Zum Beispiel Armenier, nen auch auf neuere ErkenntInder, Volksgruppen des nisse zurückzuführen sein, ehemaligen Jugoslawien, bedeuten daher nicht immer Spanier, Tamilen und Orgaeinen tatsächlichen Mitglienisationen mit national gederzuwachs bzw. -verlust. mischter Mitgliedschaft. 2) Darunter werden hier 6) Darin liegt auch die Ursache Organisationen von im Bunfür den 1994 zu verzeichnendesgebiet lebenden Ausländen Rückgang der Sachbedern verstanden, deren schädigungen mit erhebliBestrebungen sich im Sinne cher Gewaltanwendung, da von SS 3 Abs. 1 des Gesetzes diese zumeist in den verübüber die Zusammenarbeit ten Landfriedensbrüchen des Bundes und der Länder enthalten sind und aufgrund in Angelegenheiten des dessen nicht gesondert Verfassungsschutzes und erfaßt wurden. über das Bundesamt für 7) Die Übersicht enthält ausgeVerfassungsschutz (Bundesführte bzw. versuchte oder verfassungsschutzgesetz) vorbereitete Aktionen. Die gegen die freiheitliche demoGewaltandrohungen sind gekratische Grundordnung sondert aufgeführt. Jede geoder - aus politischen waltsame Aktion und sonstiMotiven - gegen die Sicherge Gesetzesverletzung ist heit des Bundes oder eines nur einmal gezählt. Sind zum Landes richten oder die Beispiel während eines durch Anwendung von GeLandfriedensbruchs zugleich walt oder darauf gerichtete Körperverletzungen beganVorbereitungshandlungen gen worden, so erscheint nur auswärtige Belange der der Landfriedensbruch als eiBundesrpeublik Deutschland ne Gewalttat in der Statistik. gefährden. Wurden mehrere Gesetzes3) Extrem-nationalistische verletzungen gleichzeitig verGruppen sind Vereinigungen, übt, so wird ausschließlich die nationalistische Ziele in akder schwerer wiegende Vertiv kämpferischer, aggressiver stoß gezählt. Haltung verfolgen. 8) Sonstige Gesetzesverletzun4) Islamisch-extremistische gen in diesem Sinne sind Gruppen sind Vereinigungen, Verstöße gegen Strafund Bestrebungen von Ausländern 199 Bußgeldvorschriften in ereine und Organisationen auch kennbarem Zusammenhang ein Stück Demokratie und mit politisch extremistischer Freiheit in diesem Land abgeTätigkeit (z.B. Verstöße gebaut wurde. Man kann hier gen das Versammlungsdas kurdische Volk nicht gesetz oder das Vereins>mundtot< machen und von gesetz, Hausfriedensbruch). ihm verlangen zu schweigen, Anders als bei der "Poliwenn in Kurdistan mit deutzeilichen Kriminalstatistik - schen Waffen ihre VerStaatsschutzdelikte" (PKS-S) wandten umgebracht und ihre beziehen sich die ZahlenDörfer zerstört werden." angaben - ungeachtet des Zeitpunktes der Einleitung 12) "Özgür Gündem", Ausgabe und des Standes der Ermittvom 25. März 1994, in türkilungsverfahren - auf den Tatscher Sprache. Unter der zeitpunkt im Kalenderjahr. Überschrift "Das Volk ist der PKK gefolgt" bewertet der 9) Das Bundesministerium des ERNK-Europavertreter Kani Innern hat das KIB am 2. YILMAZ die diesjährigen März 1995 als ErsatzorgaVeranstaltungen zum nisation des "KurdistanNEWROZ-Fest: "Die in Komitee e.V." nach SS 8 Deutschland lebenden KurVereinsgesetz verboten und den haben ihre Nationalaufgelöst. farben getragen und wollten ihre Nationalfeste feiern. Sie 10) "Özgür Gündem", Ausgabe organisieren Veranstaltunvom 4. Dezember 1993, ungen und Kulturaktivitäten. Sie ter der Überschrift "KURDnehmen ein sehr natürliches HA unter neuer Bezeichnung und demokratisches Recht wieder eröffnet": "Zuständiwahr. Die deutsche Polizei ge Personen innerhalb der greift jedoch ohne einen Agentur erklärten, daß diese Grund das Volk an, greift seiihre Arbeit unter der Bezeichne (National) Farben an." nung "Kurdisch-Deutsche Agentun (KURD-A) fortsetzen werde." 13) "Sterka Ciwan", Ausgabe Nr. 3 vom Oktober/Novem11) Pressemitteilung der "Föderaber 1994, S. 16/17, unter der tion kurdischer Vereine in Überschrift "Die JugendDeutschland" (YEK-KOM), lichen werden zu Falken! Der Bochum, vom 30. Mai 1994 Kampf wird hier nicht enunter der Überschrift "Gefährden!": "Die in Europa lebenliche Parallelen - GSG 9 überden Jugendlichen aus Kurfällt kurdischen Kulturverein in distan haben sich, um ihre eiSaarbrücken": Als Föderation gene Kraft zu präsentieren sind wir der Meinung, daß mit und um zu einer eisernen dem Verbot kurdischer VerFaust gegen den Vernich- 200 Sicherheitsgefährdende und extremistische tungskampf des Feindes zu dische Asylbewerber wegen werden und ihm eine starke gemeinschaftlicher schwerer Ohrfeige zu verpassen, am Brandstifung und Sachbe18. August in Bonn vereint. schädigung zu jeweils zwei Sie trafen sich mit ihren Jahren und sechs Monaten Fahrrädern auf dem MünHaft. sterplatz in Bonn." 15) ohne Kurden 14) Am 6. Juli 1994 verurteilte 16) KARATAS konnte nach das Bayerische Oberste Außervollzugsetzung des Landesgericht (BayObLG) Haftbefehls untertauchen. wegen des Überfalls auf das türkische Generalkonsulat in 17) "RevolutionärerKampf", Nr. 2 München am 24. Juni 1993 von Juli bis August 1994, neun Täter wegen gemeinS. 1 f., unter der Überschrift schaftlicher Geiselnahme zu "Konterrevolutionäre Gewalt Haftstrafen von vier Jahren in den Volksreihen": "Wenn und sechs Monaten sowie jemand sich als Revolutionär drei Heranwachsende zu jebezeichnet und konterrevoluweils drei Jahren Jugendtionäre Gewalt anwendet, strafe. Ein Kurde erhielt eine dann kann man von RevoluHaftstrafe von zweieinhalb tionär nicht sprechen. (...) Jahren. Im Zusammenhang Dursun Karatas und seine mit der Gewaltwelle vom 4. Mitschuldigen, die gegen unJuni 1993 verurteilte u.a. das sere Oganisation, gegen unLG Köln am 3. Februar 1994 sere Freunde, Sympathizwei Angehörige der PKK santen und die Kämpfer Gewegen Brandstiftung und gewalt angewendet haben, sind fährlicher Körperverletzung keine einfachen Leute, sonzu zweieinhalb Jahren Haft, dern sie wissen sehr genau, am 9. Februar 1994 einen was sie tun. Die Gewaltpolitik, weiteren Kurden wegen verdie sie zur Zeit üben, ist ein sysuchter schwerer Brandstematischer Angriff gegen stiftung zu einer Freiheitsdie revolutionäre Organisastrafe von zwei Jahren und tion (...). Klar ist auch, daß drei Monaten und am 20./22. D. Karatas und seine MitApril 1994 zwei Kurden weschuldigen mit ihren Angriffen gen schwerer Brandstifung auf objektive und subjektive und Sachbeschädigung zu je Weise der Konterrevolution drei Jahren und drei Monaten dienen." Haft sowie fünf weitere Kurden zu je acht Monaten 18) Tatbekenntnis eines "KAZIM Freiheitsentzug ohne BewähEKICI-Vergeltungskommanrung wegen Verstoßes gegen do" vom 5. Dezember 1994 das Waffengesetz. Das LG mit der Überschrift "AYHAN Frankfurt verurteilte zwei kurUZALA ist lebendig festge- Bestrebungen von Ausländern nommen worden - wir wollen Isolationsstrafe belegt worihn lebendig wiederhaben". den. Es ist verboten, mit ihnen zu sprechen und sie in ih19) "Ümmet-i Muhammed", rer Wohnung aufzusuchen, Ausgabe Nr. 105 vom 1. denn dieses ist eine Sünde. Oktober 1994 unter der Selbst ihre Ehefrauen dürfen Überschrift "Offener Brief an nicht mit ihnen sprechen, das Tansu Ciller: >Frau Tansu, ist nicht erlaubt. Denn sie havergiß nicht, daß Du mit noch ben sich gegen die gemäß mehr Niederträchigkeiten/ der Scharia bestehende Schandtaten konfrontiert Führung aufgelehnt." wirst, wenn Du weiter im Amt des Ministerpräsidenten 21) "Milli Gazete" vom 31. Januar bleibst, dem Kalifen nicht 1994 im Zusammenhang mit folgst und über die Scharia dem Besuch des israelischen spottest. Ich möchte folgenStaatspräsidenten Weizdes ganz klar zum Ausdruck mann in der Türkei: "Ein Jude bringen, es erwarten Dich unterscheidet sich von dem schlechte Tage, die Du nicht Satan durch nichts. Wer von einmal in Deinen Träumen erdem Satan Erbarmen oder leben würdest. Vielleicht eine Wohltat erwartet, ist verläßt Du Dich auf die amedumm. Die Juden sind die rikanische StaatsbürgerQuellen der bösen Taten, die schaft, aber vergiß nicht, daß sich nicht nur gegen das Volk der Todesengel Allah's viel Palästinas, sondern auch gemächtiger ist als Amerika. gen die ganze Menschheit Informiere Dich genau über richten. (...) Hinter allen üblen das Leben des AmerikaIdeen und Ideologien, die Freundes Schah Reza heute die ganze Welt erfaßt Pahlavi, sei Realistin. Verhaben, stecken dieZionisten. suche als Muslimin zu leben Dieses Pack, welches und als Muslimin zu sterben. dermaßen charakterlos ist, Dieser mein offener Brief ist daß es zwecks Wahrung seieine Verkündung, ein Warner eigenen Interessen die nung und ein Rat<." ganze Menschheit opfern würde, wirft jetzt ein Auge auf 20) "Ümmet-i Muhammed", das Wasser unserer Flüsse." Ausgabe Nr. 96 vom 4. März 1994. Unter der Überschrift 22) Flugblatt der "FREUNDE "Eine Antwort auf Lügen und DER DEMOKRATISCHEN Verleumdungen" erklärt KAFRONT FÜR DIE BEFREIPLAN: "Die Helden, die in der UNG PALÄSTINAS (D.F.L.P.) Region Stuttgart eine Intrige IN KÖLN" anläßlich des angezettelt haben, und diejeTages der Arbeit (1. Mai) unnigen, die hinter ihnen steter der Überschrift "SOLIDAhen, sind mit derselben RITÄT MIT DEM PALÄSTI- 202 Sicherheitsgefährdende und extremistische NENSISCHEN VOLK": "Ein Siedler, unterstützt von Soldaten, hatte in der Ibrahim-Moschee das Feuer auf die Gläubigen eröffnet. Dies alles ist ein Ergebnis des Rabin-Arafat-Abkommens. (...) Dieses Abkommen ist ein Verrat an den politischen Zielen der palästinensischen Revolution." 23) Wegen dieses Sachverhalts hat der Generalbundesanwalt zwischenzeitlich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. 24) Flugblatt der "Babbar Khalsa International", "International Sikh Youth Federation", "Dal Khalsa Internationa!" und der "Khalistan-Regierung im Exil" unter der Überschrift "PROTEST gegen den Besuch des indischen Premierministers RAO": "Indien ist der größte Empfänger bundesdeutscher Entwicklungshilfe. Aber diese Gelder stützen nur die korrupte Regierung. Anstatt die Zentralregierung zu stabilisieren, sollten Minderheiten, die für ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpfen, unterstützt werden." Bestrebungen von Ausländern 203 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Teil-, Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder*' Publikationen -einschl. Sitz(z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1994 (1993) 1. Kurden 8.300 (6.900) Arbeiterpartei Kurdistans Berxwedan (Widerstand) (PKK)" : - monatlich - Kudistan Report - monatlich - Serxwerbun (Unabhängigkeit) - monatlich - Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK)"' Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK-KOM) - Bochum - Kurdistan Informationsbüro Pressemitteilungen (KB)*"' - Köln - Kurdisch-Deutsche Pressemehrsprachige Presseagentur (KURD-A) GmbH mitteilungen -täglich2. Türken 32.480 (25.800) 2.1 Linksextremisten 4.280 (4.050) Devrimci Sol ****' Devrimci Sol - (Revolutionäre Linke) Haber Bülteni (Devrimci Sol - Nachrichtenbulletin) - unregelmäßig - Türkische KommuPartizan nistische Partei/ - monatlich - Marxisten-Leninisten (TKP(ML)) Isci Köylü Kutulusu - monatlich - Einschließlich Anhänger verbotener Organisationen. Seit dem 26. November 1993 in Deutschland verboten. Am 2. März 1995 verboten. ) Seit dem 9. Februar 1983 in Deutschland verboten. 204 Sicherheitsgefährdende und extremistische Organisation Mitglteder Publikationen -einschl. Sitz(z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1994 (1993) Konföderation der Mücadele (Kampf) Arbeiter aus der - unregelmäßigTürkei in Europa (ATIK) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (AUF) - Duisburg - 2.2 Islamisten 24.100 (18.950) (= Islamische Extremisten) Verband der islamischen Ümmet-i Muhammed Vereine und Gemeinden (Die Gemeinde e.V., Köln (ICCB) Mohammeds) - Köln - - zweimal monatlich - Vereinigung der neuen "Sprachrohr": Weltsicht in Europa e.V. Milli Gazete (AMGT) (Nationalzeitung) - Köln - - täglich - 3. Araber 1.720 (1.750) Volksfront für die BeAIHadaf(DasZiel) freiung Palästinas - wöchentlich - (PFLP) - Bochum - Demokratische Front Al Hourriah für die Befreiung (Die Freiheit) Palästinas - wöchentlich - (DFLP) Hizb Allah Al-Ahd (Partei Gottes) (Die Verpflichtung) - wöchentlich4. Iraner 1.300 (1.300) 4.1 Anhänger der iranischen Regierung Union islamischer Ghods (Jerusalem) Studentenvereine - unregelmäßig/deutsch - in Europa (U.I.S.A.) Bestrebungen von Ausländern 205 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz(z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1994 (1993) 4.2 Gegner der Regierung im Iran Anhänger des "Nationalen Iran Liberation Widerstandsrates Iran" (Freiheit für Iran) (NWRI) - monatlich - Modjahed (Der Kämpfer) - wöchentlich - 5. Sikhs 600 (600) International Sikh Youth Federation (ISYF) Babbar Khalsa International (BK) 6. Tamilen 500 (500) Liberation Tigers Kalatil (In der Arena) of Tamil Eelam - alle zwei Wochen - (LTTE) - Gummersbach - V E R F A S S U N G S S C H U T Z B E R IC H T extremistische Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern "* Spionage erfassungsschutz " durch Aufklärung Gesetzestexte 208 Spionage 1. Übersicht Die BundesrepuObwohl sich die Weltlage seit 1989/1990 grundlegend gewandelt hat, blik Deutschland war die Bundesrepublik Deutschland 1994 weiterhin genötigt, sich mit - weiterhin AusSpionage anderer Staaten auseinanderzusetzen. Deutschland ist wie spähungsziel in den Vorjahren bevorzugtes Ausspähungsziel fremder Geheimfremder Nachdienste. Die Spionageabwehr hat dazu auch 1994 wieder genügend richtendienste Belege gewonnen. Breites AktionsEs bestätigte sich im Berichtsjahr wiederum, daß einige Staaten ihre spektrum fremder Geheimdienste außer für die Beschaffung von Informationen aus dem Nachrichtenpolitischen, wirtschaftlichen und militärischen Bereich für weitere dienste Zwecke nutzen; z.B. um in Deutschland illegal Waren zu beschaffen, die auch zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen können und daher Ausfuhrbeschränkungen unterliegen, oder um Angehörige der politischen Opposition des eigenen Landes, die sich in Deutschland aufhalten, zu überwachen und zu verfolgen, manchmal unter Anwendung massiver Gewalt. Das Spektrum kann bis hin zu terroristischen Aktionen reichen. Politische Bemerkenswert ist, daß manche Staaten des ehemaligen Ostblocks Annäherung trotz der politischen Umwälzungen keinen Widerspruch darin sehen, schließt Spionage zum einen politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit nicht aus Deutschland bis hin zu wirtschaftlicher Unterstützung zu suchen, andererseits aber die Bundesrepublik Deutschland auszuspionieren. Hierzu hat die Spionageabwehr auch 1994 wieder genügend Erkenntnisse gewinnen können. NachrichtenNach wie vor zeigen die Nachrichtendienste der Russischen Föderation dienste aus starke Präsenz und deutliche Aktivitäten auf deutschem Boden. Ländern der Andere Länder der Gemeinschaft Unabhaniger Staaten (GUS), die mit GUS wachsender Eigenständigkeit und zunehmender außenpolitischer Orientierung ebenfalls Bedarf an nachrichtendienstlich gewonnenen Informationen über das Ausland haben, erfordern zusätzliche Aufmerksamkeit. Die gesamte Palette nachrichtendienstlicher Möglichkeiten bis hin zum Einsatz von Agenten wird ausgeschöpft. Aktivitäten Auch für die Nachrichtendienste einiger Staaten des Nahen und nahund mittelMittleren Ostens bleibt Deutschland ein wichtiges Operationsgebiet. östlicher NachDies zeigt sich nicht zuletzt durch die Enttarnung und Festnahme eirichtendienste nes Agenten des syrischen Nachrichtendienstes. Neben der Beobachtung der klassischen Spionage gilt es bei diesen Ländern auch, die illegale Beschaffung von Rüstungsgütern zu verhindern. Dies wird, sofern Anhaltspunkte auf eine geheimdienstliche Steuerung hindeuten, zunehmend zu einem Arbeitsschwerpunkt auch für die Verfassungsschutzbehörden. Die Aufarbeitung von Aktivitäten der ehemaligen DDR-Nachrichtendienste hat die Spionageabwehr auch noch 1994 beschäftigt. Spionage 209 Zahlreiche Spionagefälle konnten aufgedeckt werden. Sie liegen nach Nachrichtenden Vorermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz jetzt in dienstederehemaligen DDR den Händen der Strafverfolgungsbehörden und der Justiz oder sind bereits durch eine Verurteilung abgeschlossen. Die Enttarnung von ehemaligen inoffiziellen Mitarbeitern der früheren DDR-Nachrichtendienste ist auch weiterhin notwendig, um eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit, z.B. für einen anderen Nachrichtendienst, zu verhindern. 2. Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Russischen Föderation 2.1 Strukturelle Entwicklungen Für wie wichtig die Russische Föderation das geheimdienstliche Die russischen Beschaffen von Informationen hält, zeigt sich schon daran, daß sie sieNachrichtendienste gewinnen ben Organisationen mit einschlägigem Auftrag und einer personellen an innenpolitiGesamtstärke in sechsstelliger Höhe unterhält. Die sich verstärkende scher Akzeptanz Akzeptanz der Nachrichtendienste durch die russische Regierung wurde u.a. durch Besuche des russischen Präsidenten Boris Jelzin bei dem für Auslandsaufklärung zuständigen SWR und dem "Föderalen Dienst für Spionageabwehr" (FSK) deutlich. Jelzin hob die Notwendigkeit und den hohen Stellenwert der russischen Aufklärung besonders hervor und forderte dazu auf, die operativen Möglichkeiten zum Wohle Rußlands zu nutzen. Im Bereich der Aufklärung brauche niemand zu befürchten, arbeitslos zu werden. In einer Zeit, in der in Rußland die Militärausgaben gekürzt werden müßten, seien durch Agenten beschaffte Informationen von besonderer Bedeutung. Daher müsse die Nachrichtenbeschaffung im Ausland gesteigert werden. Personelle und strukturelle Änderungen im Gefüge der russischen Dienste, zu denen es auch 1994 kam, betrafen in erster Linie den innerstaatlichen Sicherheitsapparat, weniger die Auslandsnachrichtendienste, die ihre Position eher gefestigt haben. 2.2 Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte Von den sieben eigenständigen, voneinander unabhängigen Nachrichtenund Sicherheitsdiensten sind von primärer Bedeutung für die deutsche Spionageabwehr die russischen Auslandsnachrichtendienste: Der zivile Auslandsnachrichtendienst SWR betreibt in Deutschland SWR Spionage in den traditionellen Bereichen Innen-, Außenund Sicherheitspolitik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik. Seit der Entwicklung Rußlands hin zur Marktwirtschaft kommt vor allem der Informationsbeschaffung im Bereich der Wirtschaft besondere Bedeutung zu. Der militärische Auslandsaufklärungsdienst GRU sieht SchwerGRU punkte vor allem in der Beschaffung von Informationen über die 210 Spionage Infrastruktur, Bewaffung und militärische Einsatzplanung der Bundeswehr und der westlichen Verteidigungsbündnisse NATO und WEU. Darüber hinaus betreibt die GRU verstärkt Aufklärung im wissenschaftlich-technischen Bereich; sie begibt sich damit in Konkurrenz zum SWR. Durch den Verkauf von Erkenntnissen auf diesem Gebiet an die russische Wirtschaft finanziert sie sich teilweise selbst. FAPSI ~ Die "Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und Information beim Präsidenten der Russsischen Föderation" (FAPSI) ist ein eigenständiger Nachrichtendienst für Fernmeldeund elektronische Aufklärung. Teile dieses Dienstes haben die Aufgabe, ausländischen Fernmeldeverkehr zu erfassen und zu entschlüsseln sowie - vorrangig mit technischen Mitteln - in ausländische Sicherheitsbehörden und andere geschützte Objekte einzudringen. Neben den Auslandsnachrichtendiensten gibt es im russischen Sicherheitsapparat mehrere Organisationen, die im wesentlichen innerstaatliche Schutzfunktionen haben: FSK - Als Nachfolgeorganisation des aufgelösten russischen Sicherheitsministeriums MBR wurde im Januar 1994 der "Föderale Dienst für Spionageabwehr" (FSK) *> ins Leben gerufen. Er übernahm vom MBR die Zuständigkeit für die Spionageabwehr im zivilen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich, für die Terrorismusbekämpfung und die Beobachtung des politischen Extremismus in Rußland. Durch seine Informationsbeschaffung im Bereich der Wirtschaft wird allerdings deutlich, daß die Tätigkeit auch dieses Nachrichtendienstes bis ins Ausland reicht (vgl. Nr. 2.4). Trotz erheblich reduzierter Personalstärke verfügt der FSK durch die Vielfalt seiner Aufgaben immer noch über eine ähnliche Machtfülle wie seine Vorläufer KGB und MBR. FPS - Auch innerhalb der russischen Grenztruppen besteht eine mit nachrichtendienstlichen Aufgaben befaßte Verwaltung mit grenzschutzbezogenen und militärspezifischen Aufgaben. GUO - Die "Hauptverwaltung Schutz" (GUO) ist für die Sicherheit der russischen Regierung sowie öffentlicher Einrichtungen zuständig. Diesem Dienst unterstehen paramilitärische Spezialeinheiten, das Wachregiment des Kreml, ein Fallschirmjägerregiment sowie mehrere Gruppen mit operativ-technischen Aufgaben. SBP - Nach dem Umsturzversuch vom Spätsommer 1993 verfügte Jelzin die Gründung eines weiteren Sicherheitsdienstes. Die SBP soll die Sicherheit des Präsidenten gewährleisten und ihn mit Anfang April 1995 wurde dieser Dienst umbenannt in FSB. Spionage 211 Informationen über politische Entwicklungen im nationalen und internationalen Bereich versorgen. 2.3 Aufklärungsziele der Auslandsnachrichtendienste Nach der Herstellung der deutschen Einheit hat die Bundesrepublik Ausspahungsziel Deutschland wegen ihrer zentralen Lage sowie ihrer wirtschaftlichen ersten Ranges - das wiedervereiund politischen Bedeutung für die russischen Nachrichtendienste unnigte Deutschland ter den Aufklärungszielen in Europa hohe Priorität. Die traditionellen Felder der Informationsbeschaffung sind Innen-, Außenund Sicherheitspolitik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik und der militärische Bereich. Ein besonderes Interesse der russischen Nachrichtendienste SWR und GRU galt der Haltung der westlichen Industrienationen gegenüber den Staaten der ehemaligen Sowjetunion und deren Problemen untereinander. Im sicherheitspolitischen Bereich konzentrierte sich das Interesse weiterhin auf die Entwicklung der westlichen Verteidigungsbündnisse NATO und WEU. Bei der GRU waren Aufklärungsbemühungen im Hinblick auf die Infrastruktur der Bundeswehr und die Nutzung militärischer Objekte, Waffen und Gerätschaften der ehemaligen NVA in den neuen Bundesländern zu verzeichnen. Darüber hinaus interessierte sich die GRU verstärkt für wissenschaftlich-technologische Forschungsund Entwicklungsergebnisse sowie für hochwertige Industrieprodukte mit sowohl zivilen als auch militärischen Anwendungsmöglichkeiten ("dual use products"). 2.4 Aufklärungsschwerpunkte Wirtschaft, Wissenschaft und Technik Mit Beginn der schrittweisen Umgestaltung der alten sowjetischen WirtschaftsWirtschaftsordnung werden in der russischen Föderation in besondespionage soll zur Verbesserung der rem Maße Informationen für den Aufbau eines modernen WirtschaftsWirtschaftslage systems benötigt. Seither laß sich die politsche Führung Rußlands auch in Rußland mit Hilfe der Nachrichtendienste verstärkt über die Funktionsmechabeitragen nismen des freien Wettbewerbs sowie die Regularien von Wirtschaftsabläufen in den westlichen Industrienationen unterrichten. Dieses Wissen soll dazu beitragen, den wirtschaftlichen Fortschritt in Rußland zu beschleunigen und eine Verbesserung der Wirtschaftslage sowie der allgemeinen Lebensverhältnisse herbeizuführen. Der Zielbereich der Wirtschaft wurde bereits bei der gesetzlichen WirtschaftsspioAufgabenzuweisung für die zivilen russischen Nachrichtendienste als nage als gesetzlicher Auftrag Schwerpunkt hervorgehoben. Dieses besondere Aufklärungsinteresse wird auch darin deutlich, daß mit der Ernennung PRIMAKOWs 1991 die Leitung des SWR einem promovierten Wirtschaftswissenschaftler übertragen wurde. PRIMAKOW hält die Beschaffung wirtschaftsbezogener Informationen für ein vorrangiges Anliegen des Auslandsnachrichtendienstes. Hierdurch werde der Dienst - so PRIMAKOW - günstige Bedingungen für die Entwicklung des Landes im wirtschaftlichen sowie wissenschaftlich-technologischen Bereich schaffen. Auch 212 Spionage der russische Präsident Jelzin betonte, die Auslandsaufklärung könne zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Sicherheit Rußlands einen wichtigen Beitrag leisten. Zur Durchsetzung der russischen Wirtschaftsinteressen müsse der freie Zugang zu den Märkten anderer Länder gewährleistet sein. Dies sicherzustellen, sei sowohl für die Außenpolitik als auch für die nachrichtendienstliche Aufklärung eine wichtige Aufgabe. Unübersehbar waren auch im Berichtsjahr wiederum die zahlreichen Versuche nachrichtendienstlich belasteter Personen, ein Einreisevisum für die Bundesrepublik Deutschland zu erhalten. SpezialabteiInnerhalb des SWR ist eine Spezialabteilung eigens für Aufklärungslungen für Wirtaktivitäten im Wirtschaftsbereich zuständig. Im Ausland werden ihre schaftsspionage Mitarbeiter z.B. auf Tarndienstposten in offiziellen russischen Vertrebeim SWR und tungen sowie in russischen Banken, Handelskammern oder Firmen FSK eingesetzt. U.a. für die Beobachtung ausländischer Konkurrenzunternehmen sind solche Stützpunkte eine erfolgversprechende Ausgangsbasis. Der Pressesprecherin des SWR zufolge werden alle offen beschafften Wirtschaftserkenntnisse nach einer Analyse an russische Firmen weitergeleitet. Im russischen Inlandsdienst FSK gibt es eine eigenständige Arbeitseinheit, die sich vor allem unter dem Aspekt der Spionageabwehr mit der Wirtschaft befaßt. Die Bedeutung dieser Abteilung, die nicht nur Schutzaufgaben wahrnimmt, sondern auch umfassende Informationsbeschaffung betreibt, hat der Leiterdes FSK, STEPASCHIN, in einem Interview erläutert. Die Tätigkeit des Nachrichtendienstes in diesem Bereich solle die Interessen russischer Unternehmen sichern und ihren Schutz bei internationaler wirtschaftlicher Zusammenarbeit gewährleisten. Den russischen Geschäftsleuten sollen Bedingungen verschafft werden, unter denen sie ihre wirtschaftliche Freiheit voll entfalten können, ferner solle ihnen im Konkurrenzkampf mit auslänWirtschaftsdischen Unternehmen eine klare Orientierung gegeben werden. Der spionage soll FSK beschaffe daher z.B. Informationen über Preisstrategien auf dem KonkurrenzfähigWeltmarkt, Bilanzen führender Konkurrenzfirmen oder Forschungskeit sichern und Entwicklungsdaten von Unternehmen im Ausland. Auch die Ausforschung ausländischer Geschäftsleute und Diplomaten in Rußland gehöre zum Aufgabenspektrum. Bei der Erstellung wirtschaftlicher Analysen und zur Wahrnehmung unterschiedlicher Beratungsfunktionen wolle der FSK eng mit der russischen Wirtschaft zusammenarbeiten. Ein weiteres wichtiges Tätigkeitsfeld der russischen Nachrichtendienste war auch 1994 die Spionage im wissenschaftlich-technologischen Bereich. Nach Äußerungen PRIMAKOWS sollen hier die Aktivitäten der Auslandsaufklärung ausgeweitet werden. Russische Nach- Spionage 213 richtendienstoffiziere, die in Deutschland eingesetzt sind, betreiben in Intensivierung der diesem Zusammenhang - häufig mit Hilfe von Kontaktpersonen, die Aufklärung im über entsprechende Zugänge verfügen - verstärkt offen Informationswissenschaftlichtechnologischen beschaffung. Darüber hinaus werden allgemein zugängliche Quellen, Bereich wie z.B. Datenbanken oder Fachbibliotheken, genutzt, um an aktuelle Informationen zu gelangen. Aber auch die verdeckte Aufklärung, d.h. Informationsbeschaffung etwa durch den Einsatz von Agenten, spielt in diesem Bereich eine Rolle. Die zunehmenden Ausspähungsaktivitäten im Bereich der Wirtschaft, WirtschaftsWissenschaft und Technik haben dazu geführt, daß die russischen spionage durch Nachrichtendienste auch Firmen für ihre Zwecke einsetzen, z.B. durch Beteiligung an Firmen Beteiligung an "Joint-Ventures". Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sind Aufklärungsbereiche, die sich vielfach überlagern. Dies gilt auch für die Zuständigkeiten der russischen Nachrichtendienste, die nicht überall klar abgegrenzt sind. Da - neben SWR und FSK - zunehmend auch der militärische Auslandsnachrichtendienst GRU im Zielbereich Wissenschaft und Technik operiert, muß künftig damit gerechnet werden, daß die verschiedenen russischen Dienste ihren Wettbewerb auch auf diesem Gebiet verstärkt in der Bundesrepublik Deutschland austragen. 2.5 Methoden russischer Nachrichtendienste In der Vorgehensweise der russischen Nachrichtendienste zeichnet Verlagerung der sich eine Entwicklung ab, die in den Vorjahren nur in Ansätzen zu erAgentenführung kennen war. So haben die von den russischen Nachrichtendiensten in nach Rußland Deutschland unterhaltenen getarnten Stützpunkte beispielsweise bei der Werbung und Führung von Agenten nicht mehr die Bedeutung früherer Jahre. Die verdeckte Beschaffung von Informationen verlagert sich jetzt stärker auf ein zentral von Rußland aus gesteuertes Agentennetz, das auch über Funk geführt wird. Schon in der Vergangenheit führten die russischen Nachrichtendienste Anwerbung von eine Reihe von Agenten nicht über Stützpunkte im Operationsgebiet, Aussiedlern sondern von Moskau aus. Dies galt z.B. für geheime Mitarbeiter, die als Aussiedler oder Asylbewerber nach Deutschland eingeschleust wurden. Nach wie vor ist diese Personengruppe für die russischen Nachrichtendienste interessant, weil der Werbungsaufwand gering ist und eine komplizierte Abtarnung in Deutschland nicht erforderlich ist. Manche Aussiedler werden von den russischen Nachrichtendiensten erst dann angesprochen und geworben, wenn sie bereits in Deutschland Fuß gefaßt haben und besuchsweise in ihre frühere Heimat zurückkehren. Die durch den nachrichtendienstlichen Einsatz von Aussiedlern und Asylbewerbern bereits seit längerem gepflegten Verbindungswege 214 Spionage werden nach dem Verlust nachrichtendienstlicher Stützpunkte in der ehemaligen DDR nunmehr in zunehmendem Maße auch für andere Bereich des russischen Agentennetzes genutzt. 2.5.1 Operationsbasis in der ehemaligen DDR Operative Die sowjetischen, später russischen Nachrichtendienste besaßen auf Stützpunkte in dem Gebiet der ehemaligen DDR umfangreiche nachrichtendienstliche militärischen Strukturen, die sie für ihre Spionage innerhalb der DDR, vor allem aber Einrichtungen auch als Operationsbasis gegen die Bundesrepublik Deutschland nutzten. Bis zum endgültigen Abzug der russischen Truppen 1994 wurden für die Agentenführung insbesondere die militärischen Liegenschaften als operative Stützpunkte genutzt. Da deutsche Sicherheitsbehörden in diesem Bereich keine Zugriffsmöglichkeiten hatten, konnten dort ungestört alle Vorbereitungen getroffen werden, um die Quellennetze der russischen Nachrichtendienste auf die neuen Bedingungen einzustellen. Umstellung der Der Rückzug vom Gebiet der ehemaligen DDR und die Verlagerung nachrichtendienstder Agentenführung in die Zentralen der russischen Nachrichtenlichen Kommunidienste nach Moskau hat vor allem Auswirkungen auf die nachrichkationswege tendienstliche Kommunikation, Persönliche Treffen zwischen Agent und Agentenführer sind heute erschwert. Sie waren - soweit sie in der ehemaligen DDR stattgefunden haben - wegen der relativ kurzen Reisewege wesentlich leichter zu arrangieren. Zwar ist es heute ohne weiteres möglich unter Verwendung einer Legende - z.B. zu "geschäftlichen Zwecken" - nach Rußland zu reisen, um den nachrichtendienstlichen Auftraggeber zu treffen. Die Reisen sind jedoch wegen der größeren Entfernung mit einem höheren zeitlichen Aufwand und mit höheren Kosten verbunden. Treffen in Drittländern bergen dagegen das Risiko, daß sich der Führungsoffizier auf fremdes Territorium begeben muß. Aus diesen Gründen streben die russischen Nachrichtendienste neuerdings an, die Zahl persönlicher Treffen zwischen Agent und Führungsoffizier zu senken. Statt dessen werden für die Kommunikation mit den Agenten verstärkt Funk, sog. Tote Briefkästen oder - beim Austausch schriftlicher Mitteilungen - Geheimschriftverfahren eingesetzt. 2.5.2 Personalund Informationsressourcen aus der ehemaligen DDR Informationserbe Durch ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit mit den Sicherheitsdes MfS behörden der ehemaligen DDR haben die sowjetischen Nachrichtendienste einen enormen Fundus an nachrichtendienstlichen Informationen über Deutschland erhalten. Außerdem übernahmen sie beim Zusammenbruch der DDR-Dienste eine Vielzahl von Unterlagen, teilweise den gesamten Aktenbestand einzelner Dienststellen. Dieses Material stellt zusammen mit den Erkenntnissen über Personen und Objekte, die insbesondere das frühere Ministerium für Staatssicherheit Spionage 215 (MfS) dem KGB im Rahmen der seinerzeitigen engen Zusammenarbeit regelmäßig ausgehändigt hat, auch noch in den kommenden Jahren ein unerschöpfliches Potential für eine nachrichtendienstliche Ausspähung der Bundesrepublik Deutschland dar. Die sowjetischen, später russischen Nachrichtendienste haben sich bei der Informationsbeschaffung jedoch nicht nur auf die Zusammenarbeit mit den Diensten der ehemaligen DDR verlassen, sondern dort auch eigene Agentennetze unterhalten. Das frühere KGB etwa verfügte über zahlreiche Verbindungen zu sogenannten KGB-Helfem. Dabei handelNutzung etablierte es sich um Bürger der DDR, die vor allem mit nachrichtendienstter Agentennetze lichen Unterstützungsaufgaben für das KGB betraut waren. Manche der "KGB-Helfer" waren hauptberuflich für das KGB tätig und durch eine Abdeckung im Behördenapparat der DDR getarnt. Auch arbeiteten DDR-Bürger als KGB-Agenten im Ausland. Die GRU unterhielt ebenfalls ein Agentennetz auf dem Gebiet der früheren DDR, das primär für einen nachrichtendienstlichen Einsatz im Krisenund Spannungsfall vorgesehen war. Die russischen Nachrichtendienste können in der Bundesrepublik Deutschland auch weiterhin auf diesen Personenkreis zurückgreifen. 2.5.3 Legale Residenturen in der Bundesrepublik Deutschland Die Russische Föderation unterhält an ihren offiziellen Vertretungen in Anhaltend hohe Deutschland - z.B. der Botschaft in Bonn und ihrer Außenstelle in Berlin Präsenz von - nach wie vor bedeutende nachrichtendienstliche Stützpunkte, sogeND-Mitarbeitern an russischen nannte Legalresidenturen. Insbesondere die beiden AuslandsnachLegalresidenrichtendienste SWR und GRU verfügen hier immer noch über eine beturen trächtliche, im Vergleich zu ihren Legalresidenturen in anderen europäischen Staaten hohe Anzahl von Mitarbeitern, die - auch als Diplomaten getarnt - spezielle Aufgaben wahrnehmen. Dazu gehört zwar in erster Linie die Informationsbeschaffung aus offenen Quellen, z.B. durch Kontaktpflege und unverfängliche Gesprächsabschöpfung. Daneben dienen die Legalresidenturen aber auch als Stützpunkte für verdeckte nachrichtendienstliche Aktivitäten bis hin zur Führung von Agenten. Aus diesem Grunde sieht sich die Spionageabwehr auch weiterhin veranlaßt, die Kontaktpersonen erkannter Nachrichtendienstoffiziere über deren nachrichtendienstlichen Hintergrund zu informieren. Einen Sonderfall stellte 1994 eine Residentur des Funkund FAPSI-Residentur Fernmeldeaufklärungsdienstes FAPSI in der Außenstelle der russiin Berlin schen Botschaft in Berlin dar. Augenfälligstes Ziel der FAPSI-Mitarbeiter war der Erwerb hochentwickelter Kommunikationselektronik von deutschen High-Tech-Unternehmen. In diesem Zusammenhang hat sogar der Leiter des Dienstes, Generalleutnant STAROWOJTOW, eine Besuchsreise zu namhaften Unternehmen der Elektronikbranche in Süddeutschland durchgeführt. 216 Spionage 3. Nachrichtendienste der übrigen GUS-Republiken Auch die Außer Rußland verfügen auch die anderen GUS-Republiken über NachrichtenNachrichtenund Sicherheitsdienste. Sie haben überwiegend Abdienste anderer wehrfunktionen und betreiben in den meisten Fällen keine Aufklärung GUS-Republiken gegen die westlichen Industriestaaten. Lediglich bei den Nachrichteninteressieren sich für Deutschland diensten Kasachstans, Weißrußlands und der Ukraine gibt es Anhaltspunkte dafür, daß Spionageaktivitäten im westlichen Ausland zu erwarten sind und die in Deutschland eingerichteten diplomatischen Vertretungen dieser Länder auch als nachrichtendienstliche Stützpunkte genutzt werden sollen. Kasachstan Das besondere Interesse des kasachischen Sicherheitsdienstes KNB gilt deutschstämmigen Aussiedlern und Asylbewerbern, Touristen und Geschäftsreisenden sowie Angehörigen deutscher staatlicher Vertretungen in Kasachstan. Der kasachische Dienst versucht, innerhalb dieses Personenkreises geheime Mitarbeiter anzuwerben, um mit ihnen von Kasachstan aus Agentenoperationen gegen die Bundesrepublik Deutschland durchzuführen. Insbesondere deutschstämmige Aussiedler bilden eine wichtige Zielgruppe für solche Aufklärungsaktivitäten. Weißrußland Die Republik Weißrußland wird nachrichtendienstlich durch die Russische Föderation unterstützt. Der russische Aufklärungsdienst SWR und das weißrussische KGB haben im Hinblick auf dessen finanzielle Probleme und unzureichende Infrastruktur im Ausland 1992 in einem Kooperationsabkommen vereinbart, "Beschaffungslücken" durch den SWR auszugleichen. Ukraine Die Ukraine verfügt inzwischen neben dem zivilen Nachrichtendienst SBU auch über einen militärischen Aufklärungsdienst, der dem Verteidigungsministerium unterstellt ist. 4. Osteuropäische Nachrichtendienste Auch andere osteuropäische Länder betreiben Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die Intensität ihrer nachrichtendienstlichen Aktivitäten ist unterschiedlich und reicht von der Informationsbeschaffung aus offenen Quellen bis hin zur Anwendung verdeckter nachrichtendienstlicher Methoden und Agentenführung über Funk. Einzelne Staaten haben aber auch erklärt, daß sie auf Spionage gegen Deutschland künftig verzichten werden und dies durch die Auflösung ihrer Legalresidenturen glaubhaft gemacht. Rumänische In Rumänien kann die Neuordnung der Nachrichtendienste nach nunNachrichtenmehr rund vier Jahren der Umgestaltung als abgeschlossen angesedienste hen werden. Der Inlandsdienst SRI, der zivile Aufklärungsdienst SIE so- -- -- i Spionage 217 wie der militärische Nachrichtendienst DIM verfügen inzwischen über eine gesetzliche Grundlage. Sowohl der zivile wie auch der militärische Nachrichtendienst unterhalten in den diplomatischen Vertretungen Rumäniens in Deutschland weiterhin gut besetzte Legalresidenturen. Besonders die Wirtschaftsspionage hat für Rumänien einen hohen WirtschaftsStellenwert. Zur Informationsgewinnung werden auch Agenten eingespionage durch rumänische setzt, die vornehmlich vom Heimatland aus geführt werden. Eine beNachrichtenliebte Methode des rumänischen Aufklärungsdienstes war es, akadedienste misch ausgebildete Personen gezielt als Asylbewerber oder Übersiedler in das Bundesgebiet einzuschleusen. Ein Beispiel hierfür ist der nachstehende Fall, der durch die Spionageabwehr kürzlich aufgedeckt wurde: Ein Diplomingenieur wurde, nachdem er eine nachrichtendienstliche Ausbildung erhalten hatte, im Jahr 1977 mit seiner Ehefrau aus Rumänien über Österreich in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust. Das Ehepaar versuchte zunächst vergeblich, als deutschstämmig anerkannt zu werden. Ein daraufhin gestellter Asylantrag wurde positiv beschieden. 1980 gelang es dem Agenten, bei einem bekannten Kraftfahrzeughersteller im Bereich Motorenentwicklung eingestellt zu werden. Der Agent begann jetzt mit seiner eigentlichen nachrichtendienstlichen Tätigkeit und lieferte technische Informationen an seine Auftraggeber. Hierzu traf er sich zweimal jährlich mit seinen Führungsoffizieren in Rumänien sowie in westlichen Ländern. Bei diesen Treffen übergab er Filme mit Aufnahmen von technischen Aufzeichnungen aus seinem Arbeitsbereich. Das Verratsmaterial fotografierte er in der Regel in seiner Wohnung. Die Filme entwickelte er selbst. Nach seiner Enttarnung durch die Spionageabwehr wurde er im Juli 1994 festgenommen*1. Die Suche nach weiteren im Bundesgebiet tätigen rumänischen Agenten dauert an. Die Auslandsnachrichtendienste Polens - der zivile Nachrichtenund Polnische Sicherheitsdienst UOP und der militärische Nachrichtendienst WSI - Nachrichtenunterhalten nach wie vor an den diplomatischen und konsularischen dienste Vertretungen in Deutschland stark besetzte Legalresidenturen. Die Legalresidenturen des UOP in Deutschland zählen zu den größten im westlichen Ausland. Diese Präsenz erfordert eine weitere sorgfältige Beobachtung. Bulgarien unterhält seit 1993 zwei Auslandsnachrichtendienste: den ziBulgarische vilen Nachrichtendienst NIS, der dem Staatspräsidenten unterstellt ist, Nachrichtenund den militärischen Nachrichtenund Sicherheitsdienst RUMNO, der dienste dem Verteidigungsminister untersteht. 1994 wurde die Tätigkeit der Anfang 1995 wurde er vom Oberlandesgericht Stuttgart zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten auf Bewährung und 10.000 DM Geldstrafe verurteilt. 218 Spionage bulgarischen Nachrichtendienste auf eine gesetzliche Grundlage gestellt; sie unterliegen seitdem auch einer parlamentarischen Kontrolle. Die beiden Auslandsnachrichtendienste sind unverändert an den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Bulgariens in der Bundesrepublik Deutschland vertreten. 5. Aktivitäten von Nachrichtendiensten des Nahen und Mittleren Ostens Als eines der führenden Industrieländer und als Zielland für Asylsuchende stellt die Bundesrepublik Deutschland ein interessantes Operationsgebiet auch für nahund mittelöstliche Nachrichtendienste dar. Ihre Aktivitäten steuern diese hauptsächlich aus getarnten Stützpunkten in den amtlichen und halbamtlichen Vertretungen ihrer Länder, den Legalresidenturen, die zumeist in Botschaften, Konsulaten oder auch in Büros der staatlichen Fluggesellschaften eingerichtet sind. Ziele nahund Neben der illegalen Beschaffung von Rüstungsgütern und Hochmittelöstlicher leistungstechnologie besteht ihre Hauptaufgabe im wesentlichen in der NachrichtenAufklärung, Ausforschung und Überwachung von in Deutschland dienste lebenden Landsleuten, die dem politischen System in ihrem Heimatland kritisch gegenüberstehen. Mit Hilfe der Nachrichtendienste werden oppositionelle Kräfte im Ausland bisweilen sogar gewaltsam verfolgt. 5.1 Aktivitäten iranischer Nachrichtendienste NachrichtenSeit der Etablierung der Islamischen Republik Iran ist in vielen Staaten dienste des Iran eine Reihe von Mordanschlägen auf iranische Dissidenten zu verzeichnen. 1994 kam es in der Türkei und im außereuropäischen Ausland zu Anschlägen auf iranische Oppositionelle, für die überwiegend iranische Sicherheitsdienste verantwortlich gemacht werden. Westeuropa blieb dagegen 1994 von derartigen Aktionen verschont. Die Haltung des Iran im Fall des britisch-indischen Schriftstellers Salman Rushdie, der wegen seines Romans "Satanische Verse" nach wie vor durch den Mordaufruf des Revolutionsführers KHOMEINI bedroht ist, änderte sich nicht. Die von KHOMEINI ausgesprochene "Fatwa" gegen Rushdie wird noch immer als gültig betrachtet. Vor dem Berliner Kammergericht wurde der Prozeß gegen vier Libanesen und einen Iraner wegen des Verdachts der Beteiligung an dem Attentat auf vier kurdisch-iranische Exilpolitiker am 17. September 1992 im Berliner Lokal "Mykonos" fortgesetzt. Der Generalbundesanwalt macht den iranischen Nachrichtendienst VEVAK für den Anschlag verantwortlich. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor ein wichtiges Operationsgebiet der iranischen Nachrichtendienste. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht die Überwachung und Ausforschung der in Deutsch- Spionage 219 land lebenden Iraner, immerhin rund 100.000 Personen. Die iranische Überwachung Regierung verfolgt damit mehrere Ziele. Sie will einerseits die im iranischer Ausland lebenden Fachkräfte zu einer Rückkehr in ihre Heimat beweOppositioneller in der Bundesgen, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes zu unterstütrepublik zen. Nicht rückkehrwillige Personen sollen zumindest zu einem regimefreundlichen Verhalten veranlaßt werden, etwa durch Aufgabe eines erworbenen Asylantenstatus und Annahme eines iranischen Nationalpasses. Andererseits sollen politische Gegner neutralisiert werden. Um ihre Lebensumstände, politischen Ziele und Kontaktpersonen auszuspähen, unterhalten die iranischen Nachrichtendienste auch im Bundesgebiet ein Netz geheimer Mitarbeiter. Es ist durchaus üblich, daß mißliebige Personen auf der Grundlage der gewonnenen Informationen von Angehörigen amtlicher iranischer Vertretungen oder sonstigen Vertretern der iranischen Regierung angesprochen und zur Beendigung ihrer oppositionellen Tätigkeit oder zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit aufgefordert werden. Ziel dieser Ausspähung sind in erster Linie die Anhänger der stärksten und aktivsten Oppositionsgruppierung "Volksmodjahedin Iran", die heute unter der Bezeichnung "Nationaler Widerstandsrat Iran" auftritt. Im Blickfeld liegen aber auch die Anhänger von politischen Organisationen der im Iran ansässigen kurdischen Minderheit, insbesondere der dort verbotenen "Kurdischen Demokratischen Partei des Iran" (KDPI), sowie Nationalisten und Monarchisten. Da sämtliche staatlichen Stellen des Iran nachrichtendienstlich penetriert sind, bieten sich vielfältige Möglichkeiten, auch auf im Ausland lebende Iraner Einfluß zu nehmen. Erste Kontakte entstehen z.B. durch die konsularische Betreuung. Nachrichtendienste können daraus Ansatzpunkte für eine Anwerbung finden und beispielsweise mit Versprechungen auf lukrative Geschäftsbeziehungen oder ungehinderte Besuchsreisen in die Heimat die Betroffenen zu einer Zusammenarbeit zu bewegen versuchen. Als weiterer bedeutender Arbeitsschwerpunkt der iranischen Einflußnahme auf Nachrichtendienste ist die gezielte Beeinflussung hier lebender nichtnicht-iranische iranischer Moslems zu nennen. Das Ziel der islamischen Revolution Muslime von 1978/79 war nicht nur die Etablierung eines islamischen Gottesstaates im Iran, sondern darüber hinaus der Export dieser Revolutionsideen in die anderen islamischen Länder sowie die islamischen Gemeinden im Ausland. Multiplikatoren und Unterstützer dieses in der iranischen Verfassung verankerten Auftrags sind amtliche iranische Vertretungen, Kulturzentren, religiöse Zentren, iranische Medien, iranische und iranisch-beeinflußte Organisationen sowie beeinflußte Angehörige anderer muslimischer Nationalitäten. In Deutschland sind dies neben der Botschaft sowie den vier Generalkonsulaten an herausragender Stelle islamische Zentren (Moscheen) in Hamburg, Berlin, 220 Spionage Münster und München, wo sich Türken, Libanesen, Iraker, Afghanen, Pakistaner und Nordafrikaner versammeln. Beschaffung für Ein weiterer Schwerpunkt der iranischen Nachrichtendienste liegt in der Rüstungszwecke Beschaffung wissenschaftlich-technischer Informationen sowie militärisch nutzbarer Güter. Der Iran verfolgt seit Jahren das Ziel, eigene Forschungsund Entwicklungskapazitäten in der Rüstung, insbesondere im Bereich der atomaren und chemischen Massenverichtungswaffen sowie der notwendigen Trägersysteme, aufzubauen, um vom Ausland unabhängig zu werden. Wegen der von westlichen Staaten verfügten Exportbeschränkungen für militärisch nutzbare Produkte ist der Iran darauf angewiesen, auf nicht offiziellen Wegen in den Besitz solcher Waren zu gelangen. Für eine eigene Rüstungsproduktion bedarf es darüber hinaus der Anwerbung geeigneter Experten und der Schulung des eigenen wissenschaftlichen Nachwuchses. Im besonderen Interesse der iranischen Nachrichtendienste stehen daher im Ausland lebende iranische Fachkräfte, die entweder zur Beschaffung relevanter Informationen angehalten oder - bei entsprechender Qualifikation - für eine Mitwirkung bei Rüstungsprojekten gewonnen werden sollen. 5.2 Aktivitäten syrischer Nachrichtendienste Syrische Syrien verfolgt ähnliche nachrichtendienstliche Ziele in Deutschland wie Nachrichtender Iran. Dazu unterhalten die syrischen Nachrichtendienste hier dienste Stützpunkte, aus denen heraus sie ihre Aktivitäten planen und steuern. In ihrer Arbeitsweise gehen die syrischen Nachrichtendienste zum Teil genauso rigoros vor wie ehemals die Dienste der Ostblockstaaten. Das hängt auch damit zusammen, daß Syrien beim Aufbau seiner Nachrichtendienste nachhaltig durch das sowjetische KGB und das MfS der ehemaligen DDR unterstützt wurde. Nach deren Vorbild greifen die syrischen Nachrichtendienste z.B. bei der Anwerbung von Anwendung von Informanten auf Druckmittel zurück, wie die Androhung von Druckmitteln Repressalien gegenüber in Syrien lebenden Angehörigen oder dem Verbot der Einreise ins Heimatland, falls eine nachrichtendienstliche Mitarbeit verweigert wird. Einen solchen Fall hat die Spionageabwehr 1994 aufgedeckt. Er zeigt gleichzeitig, daß syrische Nachrichtendienste in Deutschland auch "klassische Spionage", d.h., die konspirative Beschaffung politischer, wirtschaftlicher oder militärischer Informationen beteiben: Anknüpfungspunkt für die nachrichtendienstliche Verstrickung eines syrischen Arztes, der in Deutschland studiert hatte, war dessen Wunsch, sein Heimatland und die dort lebenden Verwandten besuchen zu können. Um die Streichung seines Namens von der syrischen Grenzfahndungsliste zu erreichen, nahm er Kontakt zur syrischen Botschaft in Bonn auf. Dort sagte ihm der als 3. Sekretär in der Spionage 221 Konsularabteilung abgetarnt tätige Resident des zivilen syrischen Nachrichtendienstes seine Unterstützung zu. Als Gegenleistung erklärte sich der Arzt zur Zusammenarbeit bereit. Aufgrund eines ihm erteilten Generalauftrages lieferte er insbesondere Informationen aus dem Bereich der Waffentechnik. Zugang zu derartigen Unterlagen hatte er in einer von ihm als Arzt betreuten Firma erlangt, die militärische Kampfmittel entsorgt. Die nachrichtendienstliche Verbindung endete mit der Festnahme des Arztes im Oktober 1994. 6. Nachrichtendienstlich gesteuerter Technologietransfer Für Länder, die ohne oder nur mit geringem eigenen Entwicklungsaufwand in den Besitz von Kriegswaffen, Rüstungsgütern und technisch-wissenschaftlichem Know-how gelangen wollen, ist Deutschland in mehrfacher Hinsicht interessant. Als eine der führenden Industrienationen und bedeutendes Exportland bietet Deutschland eine breite Auswahl von Produkten, die auch für die Waffenentwicklung Exportbeschrängenutzt werden können. Obwohl strikte Exportkontrollen der Ausfuhr kungen für sensitive solcher Waren in bestimmte Länder entgegenstehen, gibt es immer Güter wieder Versuche, die Ausfuhrbestimmungen zu umgehen. Nicht selten spielen dabei fremde Nachrichtendienste eine Rolle. 6.1 Sensitive Exporte Von besonderem Interesse für die Bundesrepublik Deutschland ist die Verhinderung sog. sensitiver Exporte. Dabei gilt es, die ungenehmigte Weitergabe von Gütern, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen im atomaren, biologischen oder chemischen Bereich geeignet sind, sowie die illegale Ausfuhr herkömmlicher Kriegswaffen zu verhindern. Empfängerländer sind häufig Staaten in den Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens. Die Beschaffung erfolgt meistens mit verdeckten Methoden, auch Methoden durch Nachrichtendienste, die hierbei ihre besonderen Möglichkeiten illegaler Wareneinsetzen können, oder durch Organisationen, die Geschäftsabläufe beschaffung wie Geheimdienste tarnen. Es bestehen verzweigte Beschaffungsnetze, deren Zweck primär darauf gerichtet ist, die militärische Endverwendung der Waren im Empfängerland zu verschleiern. Die Produkte, für die ein Exportantrag gestellt wird, geben nach der Art und Bezeichnung selten Anhaltspunkte für ihre rüstungstechnische Relevanz. Erst Hinweise auf den Endverbraucher oder beteiligte Firmen, die früher bereits im Zusammenhang mit sensitiven Exporten aufgefallen sind, können dann Indizien für den wahren Charakter des Geschäfts sein. Genaue Kenntnisse von Beschaffungsstrukturen und Verschleierungsmethoden - etwa die Fälschung von Endabnehmerbescheinigungen oder die Umleitung von Warensendungen über Drittländer - sind daher für die Aufklärung solcher Fälle unerläßlich. 222 Spionage BeschaffungsManche Länder setzen für die Beschaffung sensitiver Waren ihre amtstützpunkte in lichen oder halbamtlichen Vertretungen in Deutschland ein. Solche diplomatischen Stützpunkte bieten eine perfekte Tarnung, indem sie neben ihrer offiVertretungen ziellen Funktion - etwa der Förderung legaler Handelsbeziehungen - auch Möglichkeiten für den Abschluß oder die Vermittlung illegaler Geschäfte eröffnen. Im Vertrauen auf die Seriosität ausländischer Handelsvertretungen wissen deutsche Partner mitunter nicht, daß bei einigen Geschäften die von ihnen gelieferten Waren im Empfängerland letztlich eine militärische Verwendung finden und daher bei korrekter Deklarierung einem Exportverbot unterliegen würden. Andere wiederum nehmen dies bewußt in Kauf und setzen sich damit dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung aus. Wie solche Beschaffungsbemühungen ablaufen können, wurde am Beispiel einer Botschaft in Bonn festgestellt. Unter dem Schutz diplomatischer Immunität hatte ein Botschaftsangehörigerden Auftrag, notwendige Spezialteile für die zentrale Forschungsund Entwicklungseinrichtung seines Landes im Nuklearbereich zu beschaffen. Wegen der militärischen Zielrichtung dieses Projektes und aufgrund der internationalen Non-Proliferation-Politik für nukleare Rüstungskomponenten unterliegen entsprechende Warenzulieferungen aus Deutschland Ausfuhrbeschränkungen. Der Diplomat unterhielt Beziehungen zu mehreren deutschen Firmen, die er in seine Beschaffungsbemühungen eingebunden hatte. Eine Lieferung von Teilen, die für den Bau und Betrieb von Gasultrazentrifugen - diese werden zur Erzeugung von "waffengrädigem", hoch angereichertem Uran benutzt - bestimmt waren, konnte durch rechtzeitige Maßnahmen der zuständigen Behörden gestoppt werden. Der Diplomat wurde auf Veranlassung der Bundesregierung vorzeitig von seinem Posten abberufen. Eine andere Beschaffungsmethode besteht darin, daß die am Erwerb Firmengründung rüstungsrelevanter Waren interessierten Länder durch Mittelsmänner und -beteiligung eigene Firmen in Deutschland gründen oder eine Kapitalmehrheit an für nachrichtendeutschen Unternehmen erwerben. Das Geschäftsgeschehen wird dienstliche dann ausschließlich oder überwiegend von diesem Land bestimmt, der Zwecke Zugang zu den benötigten Waren damit erheblich erleichtert. Die Spionageabwehr ist auch gefordert, wenn Mitarbeiter fremder "Geschäftsreisen" Nachrichtendienste oder anderer verdeckt arbeitender Beschaffungsvon Beschaffungsorganisationen in die Bundesrepublik Deutschland einreisen, um hier agenten Kontakte zu deutschen Firmen aufzunehmen und sensitive Geschäfte zu planen bzw. durchzuführen. Wenn bereits eine eindeutige nachrichtendienstliche Zuordnung des "Geschäftsreisenden" möglich ist und der Reisezweck auf der Hand liegt, ist präventives Handeln erforderlich. In solchen Fällen wirken die Verfassungsschutzbehörden in der Regel darauf hin, daß kein Einreisevisum erteilt wird. Gelegentlich führt aber auch erst ein erheblicher Ermittlungsaufwand zur Aufklärung des Spionage 223 Verdachts. Das Instrumentarium kann von der intensiven Observation des Betroffenen zur Feststellung seiner Kontakte bis hin zur näheren Untersuchung seiner Geschäftsverbindungen reichen. Letztlich bleibt dann abzuwarten, ob sich die Planungen konkretisieren und ein sensitiver Handelsvorgang bevorsteht. In einem solchen Fall werden die zuständigen Zollbehörden eingeschaltet, um den Export zu verhindern. Sensitive Exporte, die in der Regel gegen das Außenwirtschaftsbzw. Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen, fallen in die Zuständigkeit unterschiedlicher Behörden. Die Verfassungsschutzbehörden können aufgrund ihres gesetzlichen Auftrages nur einen Teilbereich abdecken - nämlich dann, wenn Anhaltspunkte für einen nachrichtendienstlichen Hintergrund bestehen. Wegen der internationalen Dimension des Technologietransfers arbeitet das Bundesamt für Verfassungsschutz gerade auf diesem Gebiet eng mit ausländischen Partnerdiensten zusammen. Auch von ihnen erhält es wichtige Hinweise auf sensitive Beschaffungsbemühungen anderer Staaten; besteht keine eigene Zuständigkeit, wird geprüft, ob andere Stellen darüber unterrichtet werden können. 6.2 Illegaler Handel mit radioaktiven Stoffen Erstmals wurde 1994 in Deutschland illegal gehandeltes Material Illegaler Handel sichergestellt, das für die Herstellung von Nuklearwaffen verwendet mit waffenfähiwerden kann - insbesonder Plutonium 239, von dem bei unsachgem Nuklearmaterial gemäßer Handhabung wegen seiner Toxizität eine erhebliche Gefahr ausgeht, und hochangereichertes Uran. Auch wenn die in Deutschland sichergestellten geringen Mengen bei weitem nicht für den Bau einer Atomwaffe ausreichten, besteht die Sorge, daß illegal operierende Händlernetze über weiteres Material dieser Art verfügen und es in falsche Hände gelangen lassen. Wenn der Verdacht besteht, daß beim illegalen Handel mit radioaktiven Stoffen auf der Anbieteroder Abnehmerseite fremde Nachrichtendienste beteiligt sein könnten, besteht auch eine Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden. So ist etwa zu klären, ob fremde nachrichtendienstliche Stützpunkte in Deutschland in den Kauf oder Verkauf solcher Materialien verwickelt sind. Insbesondere muß verhindert werden, daß bestimmte Staaten aus den Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens illegale Verkaufsquellen nutzen, um eigene nukleare Waffenkapazitäten zu entwickeln. Schließlich besteht die Gefahr, daß "vagabundierendes" Nuklearmaterial für terroristische Zwecke verwendet wird. Zwar ist dies im Hinblick auf die bekannten terroristischen und militanten Gruppierungen des linksund rechtsextremistischen Spektrums in Deutschland derzeit nicht sehr wahrscheinlich. Doch zeigen Vorfälle im Ausland - z.B. der Versuch einer mafiosen Gruppe im November 1994, die litauische 224 Spionage Regierung mit der angedrohten Sprengung eines Kernkraftwerkes zu erpressen -, daß verbrecherisch erzeugte nukleare Schreckensszenarien möglich sind. 7. Nachrichtendienste der ehemaligen DDR Enttarnung eheNach wie vor ist nicht auszuschließen, daß bisher noch unentdeckte maliger MfSAgenten insbesondere der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des Agenten weiterhin Ministeriums für Staatssicherheit (MFS) der ehemaligen DDR von annotwendig deren Nachrichtendiensten übernommen und wieder gegen die Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden. So hat die HVA bis zu ihrem Ende eng mit den sowjetischen Nachrichtendiensten zusammengearbeitet und ihnen in großem Umfang Unterlagen und Informationen zukommen lassen. Über diese Daten - auch über geheime Mitarbeiter des MfS - verfügen heute die russischen Nachfolgeorganisationen. Erst mit der Enttarnung dieser Personen durch die Spionageabwehr entfällt die Möglichkeit ihrer Reaktivierung durch andere Nachrichtendienste. Bereits 1993 war es gelungen, den größten Teil des HVAAgentennetzes in der Bundesrepublik aufzudecken. 1994 wurden weitere HVA-Agenten enttarnt; auch gelang es, Kuriere oder Instrukteure zu identifizieren, deren Aufgabe es war, zu den im Bundesgebiet tätigen Agenten Verbindung zu halten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat seine Ermittlungsergebnisse an den Generalbundesanwalt übermittelt, der über die Strafverfolgung entscheidet. 12 Jahre Zahlreiche Spionagefälle fanden 1994 ihren gerichtlichen Abschluß, u.a. Freiheitsstrafe auch der Fall "TOPAS", der durch die Dauer und Ergiebigkeit der für "TOPAS" Agentenverbindung besonderes Aufsehen erregt hatte. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte im November 1994 den früher im Wirtschaftsdirektorat des NATO-Generalsekretariats tätigen Rainer RUPP wegen Landesverrats in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Seine Ehefrau erhielt wegen Beihilfe zum Landesverrat eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und 10 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Rainer RUPP Geheimdokumente aus der NATO-Zentrale an die HVA geliefert hatte, die auch dem sowjetischen KGB zur Kenntnis gelangt waren. Durch diese Verratstätigkeit habe RUPP die Gefahr eines besonders schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Verbündeten heraufbeschworen, da die Länder des ehemaligen Warschauer Pakts hierdurch einen umfassenden Überblick vor allem über die Streitkräfteplanung der NATO gewinnen konnten. Dies hätte im Verteidigungsfall zu verheerenden und möglicherweise kriegsentscheidenden Auswirkungen zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland und ihrer NATO-Partner geführt. Spionage 225 8. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahr 1994 wurden durch den Generalbundesanwalt 1.231 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet. 35 Personen wurden von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen. Gegen 27 Personen wurde Haftbefehl erlassen. Von den 35 Festgenommenen waren 30 Personen von einem Nachrichtendienst der ehemaligen DDR, zwei Personen von einem vormals sowjetischen, jetzt russischen Nachrichtendienst sowie je eine Person von einem kubanischen, rumänischen und syrischen Nachrichtendienst angeworben worden. Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte der Bundesrepublik Deutschland in 27 Strafverfahren insgesamt 41 Personen wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS 93-101a StGB). V E R F A S S U N G S S C H U T Z B E R I C H T II i l rEURcfsYlt i i t31 i l ( PS ) I Icfät iTsJ Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen i Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spiona~ * Verfassungsschutz durch Aufklärung esetzeste 228 Verfassungsschutz durch Aufklärung Verfassungsschutz durch Aufklärung Die Bedeutung der politischen Auseinandersetzung mit den verfassungsfeindlichen Bestrebungen erfordert eine intensive Aufklärung der Bürger über Art und Umfang der Gefahren, die durch den politischen Extremismus drohen. Diese Aufklärung ist ein Verfassungsauftrag an die Bundesregierung (NPD-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1975). Auch wenn unsere Demokratie heute gefestigt ist, dürfen wir die Risiken und Gefährdungen nicht verschweigen. Das sind Gewalt und Extremismus, Intoleranz und Ausländerhaß, übersteigerter Nationalismus und Fundamentalismus. Für die Bundesregierung kommt der präventiven und offensiven Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen eine besondere Bedeutung zu. Sie mißt deshalb der geistig-politischen Auseinandersetzung hohe Priorität bei. Zur Aufklärung gehört zunächst Kenntnisvermittlung. Darüber hinaus muß jedoch durch Aufklärung über die wahren Zielsetzungen von Extremisten und Terroristen eine klare Abgrenzung zu solchen Bestrebungen geschaffen werden, die Gefahren für die innere Sicherheit unseres Landes mit sich bringen können. Insgesamt gilt es, die Überzeugung von der auf Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Gemeinschaftsbezogenheit zentrierten Wertordnung unserer Verfassungsordnung zu vermitteln und die Bereitschaft zu fördern, für die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Staatswesens einzutreten. Verfassungsschutz durch Aufklärung 229 Unter dem Dach der geistig-politischen Auseinandersetzung finden sich vier Aufgabenbereiche: - Verfassungsschutz durch Aufklärung mittels Broschüren zu den Themen Extremismus, Gewalt, Terrorismus und Fremdenfeinlichkeit sowie durch Seminare für Lehrer, Mitarbeiter der Schülerpresse, Journalisten, Multiplikatoren in der Erwachsenenbildung, gesellschaftspolitische Fachtagungen; hierzu gehört auch der jährlich erscheinende Verfassungsschutzbericht - Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit 230 Verfassungsschutz durch Aufklärung - Sozialwissenschaftliche Forschungsvorhaben im Bereich der inneren Sicherheit - Ursachen und Bekämpfung von Gewalt. Wahrgenommen wird die Aufgabe "Verfassungsschutz durch Aufklärung" auf Bundesebene vom Bundesministerium des Innern und dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Der Bund und die Länder haben eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, in denen der Erfahrungsaustausch über die Öffentlichkeitsund Aufklärungsarbeit vorgenommen wird. Die gemeinsame Aufklärungskampagne der Innenminister von Bund und Ländern gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit bildet derzeit einen besonderen Schwerpunkt im Rahmen der geistig-politischen Auseinandersetzung im Bereich der inneren Sicherheit. Sie wurde im März des Jahres 1993 unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" auf den Weg gebracht. Ziel dieser Kampagne ist es, insbesondere den Jugendlichen eine klare Orientierung in Richtung Toleranz und Demokratie zu geben und deutlich zu machen, daß Gewalt kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein kann und darf. Mit Schülermaterialien, Großflächenplakaten, Anzeigen in Jugendzeitschriften, Postern, Spannbändern, Aufklebern und Buttons sowie Fernsehspots ist versucht worden, vor allem Jugendliche für "Fairneß gegenüber den Fremden und Verständnis für das Fremde" zu gewinnen. Im Bereich des Bundes wurden 1994 die Materialien bei den Bundesbehörden, bei bundesweiten Einrichtun- Verfassungsschutz durch Aufklärung 231 gen, aber auch bei Gewerbebetrieben und - auf Anforderung - bei Privatpersonen, breit gestreut. Zu nennen sind hier insbesondere die Postämter, Bahnhöfe, Autobahnrastund -tankstellen und die im Zentralverband des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes zusammengeschlossenen ca. 45.000 Kfz-Werkstätten. Ferner wurden die Werbematerialien, vor allem Spannbänder und Poster, bei großen Sportveranstaltungen eingesetzt. In den Ländern wurden die Werbematerialien vor allem über die Dienststellen der inneren Verwaltung, die Polizeibehörden und die Schulen verteilt. Ziel der Kampagne im Jahr 1994 war eine verstärkte inhaltliche Auseinandersetzung mit der Gewaltproblematik und dem Extremismus. Hauptzielgruppe waren wiederum die Jugendlichen, die den Großteil der fremdenfeindlichen Straftäter ausmachen. Zu den Maßnahmen 1994 gehörten ein Heft für Jugendliche mit dem Titel "basta Licht-Blicke! 232 Verfassungsschutz durch Aufklärung - Nein zur Gewalt" einschließlich einer pädagogischen Handreichung mit dem Ziel einer Aufklärung über Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt, Poster, die für eine breite Streuung der zentralen Botschaft "Gewalt ist die falsche Wahl" sorgen sollten, weitere Anzeigen in speziellen Jugendzeitschriften, die inhaltlich die Botschaft des Posters "Gewalt ist die falsche Wahl" und die richtige Wahl "FAIRSTÄNDNIS" unterstützen sollten sowie das Computerspiel "Dunkle Schatten", mit dem den Jugendlichen gezeigt werden soll, daß Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung sein kann und darf. Es ist das pädagogische Anliegen, ein entsprechendes Problembewußtsein zu schaffen, Vorurteile gegenüber anderen zu entlarven und möglichst zu positiven Bewußtseinsund Verhaltensänderungen zu kommen. Die Faszination der spielerischen Elemente und die Ernsthaftigkeit des Anliegens sind in "Dunkle Schatten" zu einem spannenden Movie Adventure Game verknüpft. Der Spieler erlebt "spielend", daß es in unserer Gesellschaft darauf ankommt, zusammen mit anderen, Ziele anzustreben und zu erreichen, und daß dabei soziales, tolerantes und konsequentes Verhalten den erfolgreichen, Gewalt und Haß überlegenen Weg darstellt. Wer das Spielziel erreicht, bekommt die Chance, bei einem bis zum 15. September 1995 laufenden Gewinnspiel teilzunehmen. Bisher sind eine Fülle von Postkarten mit dem richtigen Lösungswort eingegangen. Viele junge Menschen haben die Aufklärungskampagne "FAIRSTÄNDNIS" zum Anlaß genommen, um über ihre eigenen Aktivitäten gegen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu berichten. Hier hat sich einmal mehr gezeigt, daß der überwältigende Teil der Jugendlichen nicht fremdenfeindlich und rassistisch eingestellt ist. Es ist beabsichtigt, die Erfahrungsberichte der Jugendlichen für die Öffentlichkeit auszuwerten. Auch wenn Gewalttaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund in den letzten beiden Jahren abgenommen haben, und mit den in Kraft getretenen Verschärfungen des Strafrechts bei Delikten wie Volksverhetzung und der Verbreitung nationalsozialistischer Symbole hier weiter entschieden gegengesteuert wird, bleiben begleitende Maßnahmen im präventiven Bereich unerläßlich. Die Immunisierung von Jugendlichen gegen Gewalt, Extremismus und Fremdenfeindlichkeit gehört zu den wichtigsten Aufgaben von Politik und Gesellschaft. Deshalb ist beabsichtigt die "FAIRSTÄNDNIS"-Kampagne auch in den kommenden Jahren fortzusetzen. Eine große Anzahl von Kooperationspartnern aus den Bereichen Medien, Wirtschaft und Schule ist bereits unterstützend tätig geworden. Mehr Informationen über die "FAIRSTÄNDNIS"-Kampagne erhalten Sie beim Bundesministerium des Innern, Stichwort ..FAIRSTÄNDNIS", Graurheindorfer Straße 198, 53117 Bonn. 233 FAIRSTÄNDNIS Mensihenwürde nihten - Gegen Fremdenhaß DIE INNENMINISTER VON BUND UND LÄNDERN, UfMIlIVlBHW* nr- I 235 Anhang | Strukturdaten 237 I. Strukturdaten gemäß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1. Bundesamt für Verfassungschutz Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt an das BfV betrug 1994 217.839.828,84 DM (1993: 215.872.463,11 DM). Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte 1994 2.269 (1993: 2.273) Bedienstete. 2. Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt betrug 1994 117.831.000DM (1993:138.520.612-DM). Der Militärische Abschirmdienst hatte 1994 1.300 (1993: 1.656) Bedienstete. II.Weitere Strukturdaten Ende 1994 waren von Bund und Ländern gemeinsam im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) 963.440 (1993: 1.107.678) Personen gespeichert, davon 487.013 Personen (50,54%) aufgrund von Sicherheitsüberprüfungen (1993: 46,5%). V E R F A S S U N G S S C H U T Z B E R I C H T Bestrebungen Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Besti bongen von Ausländern Spionage Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetzestexte 240 Gesetzestexte Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20. Dezember 1990 Artikel 2 des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt Gesetz über die Zusammenfür Verfassungsschutz als Bunarbeit des Bundes und der desoberbehörde. Es untersteht Länder in Angelegenheiten dem Bundesminister des Innern. des Verfassungsschutzes und Das Bundesamt für Verfassungsüber das Bundesamt für schutz darf einer polizeilichen Verfassungsschutz (BundesDienststelle nicht angegliedert verfassungsschutzgesetz werden. BVerfSchG) (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Erster Abschnitt Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Zusammenarbeit, Aufgaben Bearbeitung von Angelegender Verfassungsschutzheiten des Verfassungsschutzes. behörden SS3 SS1 Aufgaben der Zusammenarbeitspflicht Verfassungsschutzbehörden (1) Der Verfassungsschutz (1) Aufgabe der Verfassungsdient dem Schutz der freiheitschutzbehörden des Bundes und lichen demokratischen Grundordder Länder ist die Sammlung und nung, des Bestandes und der Auswertung von Informationen, Sicherheit des Bundes und der insbesondere von sachund perLänder. sonenbezogenen Auskünften, (2) Der Bund und die Länder Nachrichten und Unterlagen, sind verpflichtet, in Angelegenüber heiten des Verfassungsschutzes 1. Bestrebungen, die gegen die zusammenzuarbeiten. freiheitliche demokratische (3) Die Zusammenarbeit beGrundordnung, den Bestand steht auch in gegenseitiger Unteroder die Sicherheit des Bunstützung und Hilfeleistung. des oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der SS2 Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Verfassungsschutzbehörden Landes oder ihrer Mitglieder (1) Für die Zusammenarbeit zum Ziele haben. Gesetzestexte 241 2. sicherheitsgefährdende oder im Sicherheitsüberprüfungsgesetz geheimdienstliche Tätigkeiten vom 20. April 1994 (BGBl. I S. im Geltungsbereich dieses 867) geregelt. Gesetzes für eine fremde Macht, (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen 3. Bestrebungen im GeltungsRechtsvorschriften gebunden bereich dieses Gesetzes, die (Artikel 20 des Grundgesetzes). durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtiSS4 ge Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Begriffsbestimmungen (2) Die Verfassungsbehörden (1) Im Sinne dieses Gesetzes des Bundes und der Länder wirsind ken mit a) Bestrebungen gegen den Be1. bei der Sicherheitsüberprüstand des Bundes oder eines fung von Personen, denen im Landes solche politisch beöffentlichen Interesse geheimstimmten, zielund zweckgehaltungsbedürftige Tatsachen, richteten Verhaltensweisen in Gegenstände oder Erkennteinem oder für einen Personennisse anvertaut werden, die zusammenschluß, der darauf Zugang dazu erhalten sollen gerichtet ist, die Freiheit des oder ihn sich verschaffen könBundes oder eines Landes von nen, fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu 2. bei der Sicherheitsüberprüfung beseitigen oder ein zu ihm gevon Personen, die an sicherhörendes Gebiet abzutrennen; heitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungsb) Bestrebungen gegen die wichtigen Einrichtungen beSicherheit des Bundes oder eischäftigt sind oder werden solnes Landes solche politisch belen. stimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in 3. bei technischen Sicherheitseinem oder für einen Personenmaßnahmen zum Schutz von zusammenschluß, der darauf im öffentlichen Interesse gegerichtet ist, den Bund, Länder heimhaltungsbedürftigen Tatoder deren Einrichtungen in ihsachen, Gegenständen oder rer Funktionsfähigkeit erheblich Erkenntnissen gegen die zu beeinträchtigen; Kenntnisnahme durch Unbefugte. c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische GrundDie Befugnisse des Bundesamtes ordnung solche politisch befür Verfassungsschutz bei der stimmten, zielund zweckgeMitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 sind richteten Verhaltensweisen in 242 Gesetzestexte einem oder für einen Persoan Gesetz und Recht, nenzusammenschluß, der darc) das Recht auf Bildung und auf gerichtet ist, einen der in Ausübung einer parlamentaAbsatz 2 genannten Verfasrischen Opposition, sungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu d) die Ablösbarkeit der Regierung setzen. und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen e) die Unabhängigkeit der GeBestrebungen nachdrücklich unrichte, terstützt. Voraussetzung für die f) der Ausschluß jeder GewaltSammlung und Auswertung von und Willkürherrschaft und Informationen im Sinne des SS3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlig) die im Grundgesetz konkreticher Anhaltspunkte. Verhaltenssierten Menschenrechte. weisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß hanSS5 deln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Abgrenzung der Anwendung von Gewalt gerichtet Zuständigkeiten der sind oder aufgrund ihrer WirVerfassungsschutzbehörden kungsweise geeignet sind, ein (1) Die Landesbehörden für Schutzgut dieses Gesetzes erVerfassungsschutz sammeln Inheblich zu beschädigen. formationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung (2) Zur freiheitlichen demokraihrer Aufgaben, werten sie aus tischen Grundordnung im Sinne und übermitteln sie dem Bundesdieses Gesetzes zählen: amt für Verfassungsschutz und a) das Recht des Volkes, die den Landesbehörden für VerfasStaatsgewalt in Wahlen und sungsschutz, soweit es für deren Abstimmungen und durch beAufgabenerfüllung erforderlich ist. sondere Organe der Gesetz(2) Das Bundesamt für Verfasgebung, der vollziehenden Gesungsschutz darf in einem Lande walt und der Rechtsprechung im Benehmen mit der Landesauszuüben und die Volksverbehörde für Verfassungsschutz tretung in allgemeiner, unmitInformationen, Auskünfte und Untelbarer, freier, gleicher und terlagen im Sinne des SS 3 samgeheimer Wahl zu wählen. meln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 b) die Bindung der GesetzgeAbs. 1 Nr. 1 bis 3 ist Vorausbung an die verfassungssetzung, daß mäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Ge1. sie sich ganz oder teilweise gewalt und der Rechtsprechung gen den Bund richten, Gesetzestexte 243 2. sie sich über den Bereich eines nicht zulässig. Die VerantworLandes hinaus erstrecken, tung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschrif3. sie auswärtige Belange der ten des Datenschutzrechts trägt Bundesrepublik Deutschland jede Verfassungsschutzbehörde berühren oder nur für die von ihr eingegebenen 4. eine Landesbehörde für VerDaten; nur sie darf diese Daten fassungsschutz das Bundesverändern, sperren oder löamt für Verfassungsschutz um schen. Die eingebende Stelle ein Tätigwerden ersucht. muß feststellbar sein. Das Bundesamt für VerfassungsDas Benehmen kann für eine schutz trifft für die gemeinsamen Reihe gleichgelagerter Fälle herDateien die technischen und orgestellt werden. ganisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des Bundesdaten(3) Das Bundesamt für Verschutzgesetzes. Die Führung fassungsschutz unterrichtet die von Textdateien oder Dateien, Landesbehörden für Verfasdie weitere als die in Satz 2 gesungsschutz über alle Unternannten Daten enthalten, ist unlagen, deren Kenntnis für das ter den Voraussetzungen dieses Land zum Zwecke des VerfasParagraphen nur zulässig für eng sungsschutzes erforderlich ist. umgrenzte Anwendungsgebiete zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimSS6 dienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von BestreGegenseitige Unterrichtung bungen, die darauf gerichtet der Verfassungsschutzsind, Gewalt anzuwenden oder behörden Gewaltanwendungen vorzubeDie Verfassungsschutzbehörden reiten. Die Zugriffsberechtigung sind verpflichtet, beim Bundesist auf Personen zu beschränken, amt für Verfassungsschutz zur die unmittelbar mit Arbeiten in Erfüllung der Unterrichtungsdiesem Anwendungsgebiet bepflichten nach SS 5 gemeinsame traut sind; in der Dateienordnung Dateien zu führen, die sie im au(SS 14) ist die Erforderlichkeit der tomatisierten Verfahren nutzen. Aufnahme von Textzusätzen in Diese Dateien enthalten nur die der Datei zu begründen. Daten, die zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die Speicherung SS7 personenbezogener Daten ist Weisungsrechte des Bundes nur unter den Voraussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Die Bundesregierung kann, wenn Abruf im automatisierten Verein Angriff auf die verfasfahren durch andere Stellen ist sungsmäßige Ordnung des 244 Gesetzestexte Bundes erfolgt, den obersten der die Parlamentarische KonLandesbehörden die für die trollkommission unterrichtet. Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des (3) Polizeiliche Befugnisse oder Verfassungsschutzes erforderWeisungsbefugnisse stehen dem lichen Weisungen erteilen. Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu deZweiter Abschnitt nen es selbst nicht befugt ist. Bundesamt für (4) Werden personenbezogeVerfassungsschutz ne Daten beim Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. SS8 Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuBefugnisse des Bundesamtes weisen. für Verfassungsschutz (5) Von mehreren geeigneten (1) Das Bundesamt für Maßnahmen hat das Bundesamt Verfassungsschutz darf die zur für Verfassungsschutz diejenige Erfüllung seiner Aufgaben erforzu wählen, die den Betroffenen derlichen Informationen einvoraussichtlich am wenigsten beschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und einträchtigt. Eine Maßnahme darf nutzen, soweit nicht die anzukeinen Nachteil herbeiführen, der wendenden Bestimmungen des erkennbar außer Verhältnis zu Bundesdatenschutzgesetzes dem beabsichtigten Erfolg steht. oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. SS9 (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Besondere Formen für Gegenstände und Instrumente Datenerhebung zur heimlichen Informationsbe(1) Das Bundesamt für schaffung, wie den Einsatz von Verfassungsschutz darf InformaVertrauensleuten und Gewährstionen, insbesondere personenpersonen, Observationen, Bildbezogene Daten, mit den Mitteln und Tonaufzeichnungen, Tarngemäß SS 8 Abs. 2 erheben, wenn papiere und Tarnkennzeichen anTatsachen die Annahme rechtferwenden. Diese sind in einer tigen, daß Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die 1. auf diese Weise Erkenntnisse Anordung solcher Informationsüber Bestrebungen oder Tätigbeschaffungen regelt. Die Dienstkeiten nach SS 3 Abs. 1 oder die vorschrift bedarf der Zustimmung zur Erforschung solcher des Bundesministers des Innern, Erkenntnisse erforderlichen Gesetzestexte 245 Quellen gewonnen werden deckten Einsatz technischer Mittel können oder zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen. 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegen(3) Bei Erhebung nach Absatz stände und Quellen des 2 und solchen nach Absatz 1, die Bundesamtes für Verfasin ihrer Art und Schwere einer sungsschutz gegen sicherBeschränkung des Brief-, Postheitsgefährdende oder geund Fernmeldegeheimnisses heimdienstliche Tätigkeiten ergleichkommen, wozu insbesonforderlich ist. dere das Abhören und Aufzeichnen des nicht öffentlich geDie Erhebung nach Satz 1 ist unsprochenen Wortes mit dem verzulässig, wenn die Erforschung deckten Einsatz technischer des Sachverhaltes auf andere, Mittel gehören, ist den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; ei1. der Eingriff nach seiner ne geringere Beeinträchtigung ist Beendigung dem Betroffenen in der Regel anzunehmen, wenn mitzuteilen, sobald eine Gedie Information aus allgemein zufährdung des Zweckes des gänglichen Quellen oder durch eiEingriffs ausgeschlossen werne Auskunft nach SS18 Abs. 3 geden kann, und wonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß 2. die Parlamentarische KontrollSS 8 Abs. 2 darf nicht erkennbar kommission zu unterrichten. außer Verhältnis zur Bedeutung Die durch solche Maßnahmen erdes aufzuklärenden Sachverhobenen Informationen dürfen haltes stehen. Die Maßnahme ist nur nach Maßgabe des SS 7 unverzüglich zu beenden, wenn Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 ihr Zweck erreicht ist oder sich Grundgesetz verwendet werden. Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. SS10 (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gesprochene Wort darf Speicherung, Veränderung mit technischen Mitteln nur heimund Nutzung lich mitgehört oder aufgezeichnet personenbezogener Daten werden, wenn es im Einzelfall zur (1) Das Bundesamt für VerAbwehr einer gegenwärtigen gefassungsschutz darf zur Erfüllung meinen Gefahr oder einer gegenseiner Aufgaben personenbezowärtigen Lebensgefahr für einzelgene Daten in Dateien speichern, ne Personen unerläßlich ist und verändern und nutzen, wenn geeignete polizeiliche Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht recht1. tatsächliche Anhaltspunkte für zeitig erlangt werden kann. Satz 1 Bestrebungen oder Tätigkeigilt entsprechend für einen verten nach SS 3 Abs. 1 vorliegen 246 Gesetzestexte 2. dies für die Erforschung und forderlichkeit der Speicherung zu Bewertung von Bestrebungen überprüfen und spätestens nach oder Tätigkeiten nach SS 3 fünf Jahren zu löschen, es sei Abs. 1 erforderlich ist oder denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse 3. das Bundesamt für Verfasnach SS3 Abs. 1 angefallen sind. sungsschutz nach SS 3 Abs. 2 tätig wird. (2) (aufgehoben) SS12 (3) Das Bundesamt für VerBerichtigung, Löschung und fassungsschutz hat die SpeicheSperrung personenrungsdauer auf das für seine bezogener Daten in Dateien Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn SS11 sie unrichtig sind. Speicherung, Veränderung (2) Das Bundesamt für Verund Nutzung fassungsschutz hat die in Dateien personenbezogener Daten gespeicherten personenbezogevon Minderjährigen nen Daten zu löschen, wenn ihre (1) Das Bundesamt für VerSpeicherung unzulässig war oder fassungsschutz darf unter den ihre Kenntnis für die AufgabenVoraussetzungen des SS 10 Daten erfüllung nicht mehr erforderlich über Minderjährige vor Vollenist. Die Löschung unterbleibt, dung des 16. Lebensjahres in zu wenn Grund zu der Annahme beihrer Person geführten Akten nur steht, daß durch sie schutzwürdispeichern, verändern und nutzen, ge Interessen des Betroffenen bewenn tatsächliche Anhaltspunkte einträchtigt würden. In diesem dafür bestehen, daß der MinFalle sind die Daten zu sperren. derjährige eine der in SS 2 des Sie dürfen nur noch mit EinGesetzes zu Artikel 10 Grundwilligung des Betroffenen übergesetz genannten Straftaten mittelt werden. plant, begeht oder begangen hat. In Dateien ist eine Speicherung (3) Das Bundesamt für Vervon Daten oder über das fassungsschutz prüft bei der Verhalten Minderjähriger vor VollEinzelfallbearbeitung und nach endung des 16. Lebensjahres festgesetzten Fristen, spätestens nicht zulässig. nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu (2) In Dateien oder zu ihrer berichtigen oder zu löschen sind. Person geführten Akten gespeiGespeicherte peronenbezogene cherte Daten über Minderjährige Daten über Bestrebungen nach sind nach zwei Jahren auf die ErSS 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 sind spä- Gesetzestexte 247 testens zehn Jahre nach dem telt werden. Eine Aufhebung der Zeitpunkt der letzten gespeicherSperrung ist möglich, wenn ihre ten relevanten Information zu Voraussetzungen nachträglich löschen, es sei denn, der entfallen. Behördenleiter oder sein Vertreter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. SS14 (4) Personenbezogene Daten, Dateianordnungen die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Daten(1) Für jede automatische Datei sicherung oder zur Sicherstellung beim Bundesamt für Verfaseines ordnungsgemäßen Besungsschutz nach SS 6 oder SS 10 triebes einer Datenverarbeitungssind in einer Dateianordnung, die anlage gespeichert werden, dürder Zustimmung des Bundesfen nur für diese Zwecke verwenministers des Innern bedarf, festdet werden. zulegen: 1. Bezeichnung der Datei, 2. Zweck der Datei, SS13 3. Voraussetzungen der SpeiBerichtigung und Sperrung cherung, Übermittlung und personenbezogener Daten Nutzung (betroffener Persoin Akten nenkreis, Arten der Daten), (1) Stellt das Bundesamt für 4. Anlieferung oder Eingabe, Verfassungsschutz fest, daß in Akten gespeicherte personenbe5. Zugangsberechtigung, zogene Daten unrichtig sind oder 6. Überprüfungsfristen, wird ihre Richtigkeit von dem Speicherungsdauer, Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf 7. Protokollierung. sonstige Weise festzuhalten. Der Bundesbeauftragte für den (2) Das Bundesamt für Datenschutz ist vor Erlaß einer Verfassungsschutz hat personenDateianordnung anzuhören. bezogene Daten zu sperren, (2) Die Speicherung personenwenn es im Einzelfall feststellt, bezogener Daten ist auf das erdaß ohne die Sperrung schutzforderliche Maß zu beschränken. würdige Interessen des BetrofIn angemessenen Abständen ist fenen beeintächtigt würden und die Notwendigkeit der Weiterdie Dateien für seine künftige führung oder Änderung der Aufgabenerfüllung nicht mehr erDateien zu überprüfen. forderlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden (3) In der Dateianordnung Vermerk zu versehen; sie dürfen über automatisierte personenbenicht mehr genutzt oder übermitzogene Textdateien ist die 248 Gesetzestexte Zugriffsberechtigung auf PersoRechtsvorschrift oder ihrem nen zu beschränken, die unmitWesen nach, insbesondere telbar mit Arbeiten in dem Gebiet wegen der überwiegenden bebetraut sind, dem die Textrechtigten Interessen eines dateien zugeordnet sind; AusDritten, geheimgehalten werzüge aus Textdateien dürfen den müssen. nicht ohne die dazugehörenden erläuternden Unterlagen überDie Entscheidung trifft der mittelt werden. Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. SS15 (3) Die Auskunftsverpflichtung Auskunft an den Betroffenen erstreckt sich nicht auf die (1) Das Bundesamt für VerHerkunft der Daten und die fassungsschutz erteilt dem BeEmpfänger von Übermittlungen. troffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf Antrag (4) Die Ablehnung der unentgeltlich Auskunft, soweit er Auskunftserteilung bedarf keiner hierzu auf einen konkreten Begründung, soweit dadurch der Sachverhalt hinweist und ein beZweck der Auskunftsverweigesonderes Interesse an einer rung gefährdet würde. Die Auskunft darlegt. Gründe der Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu ma(2) Die Auskunftserteilung unchen. Wird die Auskunftserteilung terbleibt, soweit abgelehnt, ist der Betroffene auf 1. eine Gefährdung der Aufgadie Rechtsgrundlage für das benerfüllung durch die AusFehlen der Begründung und darkunftserteilung zu besorgen auf hinzuweisen, daß er sich an ist, den Bundesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem 2. durch die Auskunftserteilung Bundesbeauftragten für den Quellen gefährdet sein können Datenschutz ist auf sein Verlanoder die Ausforschung des gen Auskunft zu erteilen, soweit Erkenntnisstandes oder der nicht der Bundesminister des Arbeitsweise des BundesInnern im Einzelfall feststellt, daß amtes für Verfassungsschutz dadurch die Sicherheit des zu befürchten ist, Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des 3. die Auskunft die öffentliche Bundesbeauftragten an den Sicherheit gefährden oder Betroffenen dürfen keine Rücksonst dem Wohl des Bundes schlüsseauf den Erkenntnisstand oder eines Landes Nachteile des Bundesamtes für Verfasbereiten würde oder sungsschutz zulassen, sofern es 4. die Daten oder die Tatsache nicht einer weitergehenden Ausder Speicherung nach einer kunft zustimmt. Gesetzestexte 249 SS16 Dritter Abschnitt Berichtspflicht des Übermittlungsvorschriften Bundesamtes für Verfassungsschutz SS17 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet Zulässigkeit von Ersuchen den Bundesminister des Innern über seine Tätigkeit. (1) Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um (2) Die Unterrichtung nach Übermittlung von personenbezoAbsatz 1 dient auch der Aufgenen Daten ersucht, dürfen nur klärung der Öffentlichkeit durch die Daten übermittelt werden, die den Bundesminister des Innern bei der ersuchten Behörde beüber Bestrebungen und Tätigkannt sind oder aus allgemein zukeiten nach SS 3 Abs. 1, die mingänglichen Quellen entnommen destens einmal jährlich in einem werden können. zusammenfassenden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch perso(2) Absatz 1 gilt nicht für benenbezogene Daten bekanntgesondere Ersuchen der Verfasgeben werden, wenn die Besungsschutzbehörden, des Milikanntgabe für das Verständnis tärischen Abschirmdienstes und des Zusammenhanges oder der des Bundesnachrichtendienstes Darstellung von Organisationen um solche Daten, die bei der oder unorganisierten GrupWahrnehmung grenzpolizeilicher pierungen erforderlich ist und die Aufgaben bekannt werden. Die Interessen der Allgemeinheit das Zulässigkeit dieser besonderen schutzwürdige Interesse der Ersuchen und ihre Erledigung reBetroffenen überwiegen. In dem gelt der Bundesminister des Bericht sind die Zuschüsse des Innern in einer Dienstanweisung. Bundeshaushaltes an das BunEr unterrichtet die Parlamentadesamt für Verfassungsschutz rische Kontrollkommission über und den Militärischen Abschirmihren Erlaß und erforderliche Ändienst sowie die jeweilige Gederungen. Satz 2 und 3 gilt nicht samtzahl ihrer Bediensteten anfür die besonderen Ersuchen zwizugeben. schen Behörden desselben Bundeslandes. SS18 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörden (1) Die Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren juristi- 250 Gesetzestexte sehen Personen des öffentlichen wordenen Informationen einRechts, die Staatsanwaltschaften schließlich personenbezogener und, vorbehaltlich der staatsanDaten über Bestrebungen nach waltschaftlichen SachleitungsbeSS 3 Abs. 1 übermitteln, wenn fugnis, die Polizeien sowie der tatsächliche Anhaltspunkte dafür Zoll, soweit er Aufgaben nach bestehen, daß die Übermittlung dem Bundesgrenzschutzgesetz für die Erfüllung der Aufgaben der wahrnimmt, unterrichten von sich Verfassungsschutzbehörde erforaus das Bundesamt für Verderlich ist. Absatz 1 Satz 3 findet fassungsschutz oder die VerfasAnwendung. sungsschutzbehörde des Landes über die ihnen bekanntgeworde(3) Das Bundesamt für nen Tatsachen, die sicherheitsVerfassungsschutz darf zur Ergefährdende oder geheimdienstfüllung seiner Aufgaben die liche Tätigkeiten für eine fremde Staatsanwaltschaften und, vorMacht oder Bestrebungen im behaltlich der staatsanwaltschaftGeltungsbereich dieses Gesetzes lichen Sachleitungsbefugnis, die erkennen lassen, die durch Polizeien sowie andere Behörden Anwendung von Gewalt oder um Übermittlung der zur Erfüllung darauf gerichtete Vorbereitungsseiner Aufgaben erforderlichen handlungen gegen die in SS 3 Informationen einschließlich perAbs. 1 Nr. 1 und 3 genannten sonenbezogener Daten ersuSchutzgüter gerichtet sind. Über chen, wenn sie nicht aus allgeSatz 1 hinausgehende Unterrichmein zugänglichen Quellen oder tungspflichten nach dem Gesetz nur mit übermäßigem Aufwand über den Militärischen Abschirmoder nur durch eine den Betrofdienst oder dem Gesetz über den fenen stärker belastende MaßBundesnachrichtendienst bleiben nahme erhoben werden können. unberührt. Auf die Übermittlung Unter den gleichen Vorausvon Informationen zwischen Besetzungen dürfen Verfassungshörden desselben Bundeslandes schutzbehörden der Länder findet Satz 1 keine Anwendung. 1. Behörden des Bundes und der bundesunmittelbaren juristi(2) Die Staatsanwaltschaften schen Personen des öffentliund, vorbehaltlich der staatsanchen Rechts, waltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie der 2. Staatsanwaltschaften und, Zoll, soweit er Aufgaben nach vorbehaltlich der staatsanwaltdem Bundesgrenzschutzgesetz schaftlichen Sachleitungsbewahrnimmt, und der Bundesfugnis, Polizeien des Bundes nachrichtendienst dürfen darüber und anderer Länder um die hinaus von sich aus dem Übermittlung solcher InformaBundesamt für Verfassungstionen ersuchen. schutz oder der Verfassungsschutzbehörde des Landes auch (4) Würde durch die Übermittalle anderen ihnen bekanntgelung nach Absatz 3 Satz 1 der Gesetzestexte 251 Zweck der Maßnahme gefährdet SS19 oder der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf das Übermittlung Bundesamt für Verfassungspersonenbezogener Daten schutz bei der Wahrnehmung der durch das Bundesamt für Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 Nr. 2 Verfassungsschutz und 3 sowie bei der Beobachtung (1) Das Bundesamt für Verterroristischer Bestrebungen fassungsschutz darf personenbeamtliche Register einsehen. zogene Daten an inländische (5) Die Ersuchen nach Absatz Behörden übermitteln, wenn dies 3 sind aktenkundig zu machen. zur Erfüllung seiner Aufgaben erÜber die Einsichtnahme nach forderlich ist oder der Empfänger Absatz 4 hat das Bundesamt für die Daten zum Schutz der freiVerfassungsschutz einen Nachheitlichen demokratischen Grundweis zu führen, aus dem der ordnung oder sonst für Zwecke Zweck und die Veranlassung, die der öffentlichen Sicherheit beersuchte Behörde und die Aktennötigt. Der Empfänger darf die fundstelle hervorgehen; die Nachübermittelten Daten, soweit geweise sind gesondert aufzubesetzlich nichts anderes bestimmt wahren, gegen unberechtigten ist, nur zu dem Zweck verwenZugriff zu sichern und am Ende den, zu dem sie ihm übermittelt des Kalenderjahres, das dem wurden. Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf perso(6) Die Übermittlung personennenbezogene Daten an Dienstbezogener Daten, die auf Grund stellen der Stationierungsstreiteiner Maßnahme nach SS 100a der kräfte übermitteln, soweit die Strafprozeßordnung bekanntgeBundesrepublik Deutschland daworden sind, ist nach den Vorzu im Rahmen von Artikel 3 des schriften der Absätze 1, 2 und 3 Zusatzabkommens zu dem Abnur zulässig, wenn tatsächliche kommen zwischen den Parteien Anhaltspunkte dafür bestehen, des Nordatlantikvertrages über daß jemand eine der in SS 2 des die Rechtsstellung ihrer Truppen Gesetzes zu Artikel 10 Grundhinsichtlich der in der Bundesgesetz genannten Straftaten republik Deutschland stationierplant, begeht oder begangen hat. ten ausländischen Truppen vom Auf die einer Verfassungsschutz3. August 1959 (BGBl. 1961 IIS. behörde nach Satz 1 übermittel1183, 1218) verpflichtet ist. ten Kenntnisse und Unterlagen findet SS 7 Abs. 3 und 4 des Gesetzes (3) Das Bundesamt für Verzu Artikel 10 Grundgesetz entfassungsschutz darf personenbesprechende Anwendung. zogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermitt- 252 Gesetzestexte lung zur Erfüllung seiner Aufgaben mittelt wurden. Der Empfänger ist oder zur Wahrung erheblicher auf die VerwendungsbeschränSicherheitsinteressen des Empkung und darauf hinzuweisen, fängers erforderlich ist. Die Überdaß das Bundesamt für Verfasmittlung unterbleibt, wenn aussungsschutz sich vorbehält, um wärtige Belange der BundesAuskunft über die vorgenommene republik Deutschland oder überVerwendung der Daten zu bitten. wiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist akSS20 tenkundig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweiÜbermittlung von sen, daß die übermittelten Daten Informationen durch das nur zu dem Zweck verwendet Bundesamt für werden dürfen, zu dem sie ihm Verfassungsschutz an übermittelt wurden, und das Strafverfolgungsund Bundesamt für VerfassungsSicherheitsbehörden in schutz sich vorbehält, um AusAngelegenheiten des Staatskunft über die vorgenommene und Verfassungsschutzes Verwendung der Daten zu bitten. (1) Das Bundesamt für (4) Personenbezogene Daten Verfassungsschutz übermittelt dürfen an andere Stellen nicht den Staatsanwaltschaften und, übermittelt werden, es sei denn, vorbehaltlich der staatsanwaltdaß dies zum Schutz der freiheitschaftlichen Sachleitungsbefuglichen demokratischen Grundnis, den Polizeien von sich aus die ordnung, des Bestandes oder der ihm bekanntgewordenen InforSicherheit des Bundes oder eines mationen einschließlich persoLandes erforderlich ist und der nenbezogener Daten, wenn tatBundesminister des Innern seine sächliche Anhaltspunkte dafür Zustimmung erteilt hat. Das bestehen, daß die Übermittlung Bundesamt für Verfassungszur Verhinderung oder Verfolgung schutz führt über die Auskunft von Staatsschutzdelikten erfornach Satz 1 einen Nachweis, aus derlich ist. Delikte nach Satz 1 dem der Zweck der Übermittlung, sind die in SSSS 74a und 120 des ihre Veranlassung, die AktenGerichtsverfassungsgesetzes gefundstelle und der Empfänger nannten Straftaten sowie sonstihervorgehen; die Nachweise sind ge Straftaten, bei denen auf gesondert aufzubewahren, geGrund ihrer Zielsetzung, das gen unberechtigten Zugriff zu siMotiv des Täters oder dessen chern und am Ende des KalenVerbindung zu einer Organisation derjahres, das dem Jahr ihrer tatsächliche Anhaltspunkte dafür Erstellung folgt, zu vernichten. vorliegen, daß sie gegen die in Der Empfänger darf die übermitArtikel 73 Nr. 10 Buchstabe b telten Daten nur zu dem Zweck oder c des Grundgesetzes geverwenden, zu dem sie ihm übernannten Schutzgüter gerichtet Gesetzestexte 253 sind. Das Bundesamt für Versetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz 1 fassungsschutz übermittelt dem und 2 sowie Abs. 2 Satz 1. Auf die Bundesnachrichtendienst von Übermittlung von Informationen sich aus die ihm bekanntgeworzwischen Behörden desselben denen Informationen einschließBundeslandes findet Satz 1 keine lich personenbezogener Daten, Anwendung. wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermitt(2) Die Verfassungsschutzlung für die Erfüllung der gesetzlibehörden der Länder übermitteln chen Aufgaben des Empfängers dem Bundesnachrichtendienst erforderlich ist. und dem Militärischen Abschirmdienst Informationen einschließ(2) Die Polizeien dürfen zur lich personenbezogener Daten Verhinderung von Staatsschutzunter den Voraussetzungen des delikten nach Absatz 1 Satz 2 das SS 20 Abs. 1 Satz 3 sowie Abs. 2 Bundesamt für VerfassungsSatz 2. schutz um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener SS22 Daten ersuchen. Der Bundesnachrichtendienst darf zur ErÜbermittlung von füllung seiner Aufgaben das Informationen durch die Bundesamt für VerfassungsStaatsanwaltschaften und schutz um die Übermittlung der Polizeien an den Militärischen erforderlichen Informationen einAbschirmdienst schließlich personenbezogener Daten ersuchen. Für Übermittlung von Informationen einschließlich personenbeSS21 zogener Daten durch die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich Übermittlung von der staatsanwaltschaftlichen Informationen durch die Sachleitungsbefugnis, die PolizeiVerfassungsschutzbehörden en sowie den Zoll, soweit er der Länder an StrafverAufgaben nach dem Bundesfolgungsund Sicherheitsgrenzschutzgesetz wahrnimmt, behörden in Angelegenheiten an den Militärischen Abschirmdes Staatsund dienst findet SS 18 entsprechende Verfassungsschutzes Anwendung. (1) Die Verfassungsschutzbehörden der Länder übermitteln den Staatsanwaltschaften und, SS23 vorbehaltlich der staatsanwaltÜbermittlungsverbote schaftlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien Informationen Die Übermittlung nach den Voreinschließlich personenbezogeschriften dieses Abschnitts unterner Daten unter den Vorausbleibt, wenn 254 Gesetzestexte 1. für die übermittelnde Stelle ersche oder überoder zwikennbar ist, daß unter Berückschenstaatliche Stellen übermitsichtigung der Art der Infortelt werden. mationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen das AllgeSS25 meininteresse an der Übermittlung überwiegen, Pflichten des Empfängers 2. überwiegende SicherheitsDer Empfänger prüft, ob die nach interessen dies erfordern oder den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezoge3. besondere gesetzliche Übernen Daten für die Erfüllung seiner mittlungsregelungen entgeAufgaben erforderlich sind. Ergibt genstehen; die Verpflichtung die Prüfung, daß sie nicht erforzur Wahrung gesetzlicher derlich sind, hat er die Unterlagen Geheimhaltungspflichten oder zu vernichten. Die Vernichtung von Berufsoder besonderen kann unterbleiben, wenn die Amtsgeheimnissen, die nicht Trennung von anderen Inforauf gesetzlichen Vorschriften mationen, die zur Erfüllung der beruhen, bleibt unberührt. Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem SS24 Fall sind die Daten zu sperren. Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich SS26 personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürNachberichtspflicht fen nach den Vorschriften dieses Erweisen sich personenbezogeGesetzes übermittelt werden, sone Daten nach ihrer Übermittlung lange die Voraussetzungen der nach den Vorschriften dieses Speicherung nach SS 11 erfüllt Gesetzes als unvollständig oder sind. Liegen diese Vorausunrichtig, so sind sie unverzüglich setzungen nicht mehr vor, bleibt gegenüber dem Empfänger zu eine Übermittlung nur zulässig, berichtigen, es sei denn, daß dies wenn sie zur Abwehr einer erhebfür die Beurteilung eines Sachlichen Gefahr oder zur Verfolgung verhalts ohne Bedeutung ist. einer Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländi- Gesetzestexte 255 Vierter Abschnitt Gesetzes für eine fremde Macht, Schlußvorschriften wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen Personen, SS27 Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des BunGeltung des desministers der Verteidigung Bundesdatenschutzgesetzes richten und von Personen ausgeBei der Erfüllung der Aufgaben hen oder ausgehen sollen, die nach SS3 durch das Bundesamt für diesem Geschäftsbereich angeVerfassungsschutz finden die hören oder in ihm tätig sind. SS 4 SSSS 10 und 13 bis 20 des Bundes Bundesverfassungsschutzdesdatenschutzgesetzes in der gesetzes findet Anwendung. Fassung des Gesetzes zur Fort(2) Darüber hinaus obliegt dem entwicklung der DatenverarbeiMilitärischen Abschirmdienst zur tung und des Datenschutzes keine Anwendung. Beurteilung der Sicherheitslage 1. von Dienststellen und Einrichtungen im Geschäftsbereich Artikel 3 des Bundesministers der Verteidigung und Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst 2. von Dienststellen und Einrich(MAD-Gesetz-MADG) tungen der verbündeten Streitkräfte und der internationalen SS1 militärischen Hauptquartiere, Aufgaben wenn die Bundesrepublik Deutschland in internationalen (1) Aufgabe des Militärischen Vereinbarungen VerpflichtunAbschirmdienstes des Bundesgen zur Sicherheit dieser ministers der Verteidigung ist die Dienststellen und EinrichtunSammlung und Auswertung von gen übernommen hat und die Informationen, insbesondere von Beurteilung der Sicherheitssachund personenbezogenen lage im Einvernehmen zwiAuskünften, Nachrichten und schen dem Bundesminister Unterlagen, über der Verteidigung und den zu1. Bestrebungen, die gegen die ständigen obersten Landesfreiheitliche demokratische behörden dem Militärischen Grundordnung, den Bestand Abschirmdienst übertragen oder die Sicherheit des worden ist, Bundes oder eines Landes gerichtet sind, die Auswertung von Informationen über die in Absatz 1 ge2. sicherheitsgefährdende oder nannten Bestrebungen und geheimdienstliche Tätigkeiten Tätigkeiten gegen diese Dienstim Geltungsbereich dieses stellen und Einrichtungen, auch 256 Gesetzestexte soweit sie von Personen ausgeheitsüberprüfungsgesetz vom hen oder ausgehen sollen, die 20. April 1994 (BGBl. IS. 867) genicht dem Geschäftsbereich des regelt. Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig (4) Der Militärische Abschirmsind. dienst darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert (3) Der Militärische Abschirmwerden. dienst wirkt mit (5) Der Militärische Abschirm1. bei der Sicherheitsüberprüdienst ist an die allgemeinen fung von Personen, die dem Rechtsvorschriften gebunden Geschäftsbereich des Bun(Artikel 20 des Grundgesetzes). desministers der Verteidigung angehören, in ihm tätig sind oder werden sollen und SS2 a) denen im öffentlichen Zuständigkeit Interesse geheimhaltungsin besonderen Fällen bedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Er(1) Zur Fortführung von kenntnisse anvertraut werAufgaben nach SS 1 Abs. 1 kann den, die Zugang dazu erder Militärische Abschirmdienst, halten sollen oder ihn sich soweit es im Einzelfall zwingend verschaffen können, oder erforderlich ist, seine Befugnisse gegenüber Personen ausüben, b) die an sicherheitsempfinddie dem Geschäftsbereich des lichen Stellen des GeBundesministers der Verteidischäftsbereichs des Bungung nicht angehören oder nicht desministers der Verteiin ihm tätig sind. Dies ist nur zuläsdigung eingesetzt sind oder sig werden sollen, 1. gegenüber dem Ehegatten 2. bei technischen Sicherheitsoder Verlobten einer in SS 1 maßnahmen im GeschäftsAbs. 1 genannten Person oder bereich des Bundesministers dem mit ihr in eheähnlicher der Verteidigung zum Schutz Gemeinschaft Lebenden, von im öffentlichen Interesse wenn angenommen werden geheimhaltungsbedürftigen muß, daß Bestrebungen oder Tatsachen, Gegenständen Tätigkeiten nach SS1 Abs. 1 oder Erkenntnissen gegen die auch von ihm ausgehen, Kenntnisnahme durch Unbefugte. 2. im Benehmen mit der zuständigen VerfassungsschutzbeDie Befugnisse des Militärischen hörde gegenüber Personen, Abschirmdienstes bei der Mitbei denen tatsächliche Anwirkung nach Satz 1 Nr. 1 haltspunkte dafür bestehen, Buchstabe a sind im Sicherdaß sie mit einer in SS 1 Abs. 1 Gesetzestexte 257 genannten Person bei BeBenehmen mit dem Militärischen strebungen oder Tätigkeiten Abschirmdienst Maßnahmen auf nach SS 1 Abs. 1 zusammenarPersonen erstrecken, die dem beiten, und wenn anderenfalls Geschäftsbereich des Bundesdie weitere Erforschung des ministers der Verteidigung anSachverhalts gefährdet oder gehören oder in ihm tätig sind und nur mit übermäßigem Aufwand der Zuständigkeit des Militärimöglich wäre. schen Abschirmdienstes unterliegen. Dies ist nur zulässig gegen(2) Zum Schutz seiner über Personen, bei denen tatMitarbeiter, Einrichtungen, Gesächliche Anhaltspunkte dafür genstände und Quellen gegen sibestehen, daß sie mit einer cherheitsgefährdende oder gePerson aus dem Zuständigkeitsheimdienstliche Tätigkeiten kann bereich der Verfassungsschutzder Militärische Abschirmdienst in behörde bei Bestrebungen oder Wahrnehmung seiner Aufgaben Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 des nach SS 1 Abs. 1, soweit es im BundesverfassungsschutzgeEinzelfall zwingend erforderlich setzes zusammenarbeiten, und ist, im Benehmen mit der zustänwenn anderenfalls die weitere digen VerfassungsschutzbehörErforschung des Sachverhalts de seine Befugnisse gegenüber gefährdet oder nur mit überPersonen ausüben, die dem mäßigem Aufwand möglich wäre. Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung nicht an(3) Der Militärische Abschirmgehören oder nicht in ihm tätig dienst und das Bundesamt für sind. Verfassungschutz unterrichten einander über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderSS3 lich ist. Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden SS4 (1) Der Militärische Abschirmdienst und die VerfassungsBefugnisse des Militärischen schutzbehörden arbeiten bei der Abschirmdienstes Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Die Zusammenarbeit be(1) Der Militärische steht auch in gegenseitiger UnterAbschirmdienst darf die zur stützung und Hilfeleistung. Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen ein(2) Zur Fortführung von Aufschließlich personenbezogener gaben nach SS 3 Abs. 1 des BunDaten erheben, verarbeiten und desverfassungsschutzgesetzes nutzen nach SS 8 des Bundesverkann eine Verfassungsschutzfassungsschutzgesetzes, soweit behörde, soweit es im Einzelfall nicht die anzuwendenden Bezwingend erforderlich ist, im stimmungen des Bundesdaten- 258 Gesetzestexte Schutzgesetzes oder besondere des BundesverfassungsschutzRegelungen in diesem Gesetz gesetzes findet Anwendung. entgegenstehen. Er ist nicht befugt, personenbezogene Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben SS6 nach SS 1 Abs. 2 zu erheben. SS 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Speicherung, Veränderung Bundesverfassungsschutzgesetund Nutzung zes findet Anwendung; die personenbezogener Daten Zustimmung zur Dienstanwei(1) Der Militärische Abschirmsung erteilt der Bundesminister dienst darf personenbezogene der Verteidigung. Daten nach SS 10 des Bundes(2) Polizeiliche Befugnisse oder verfassungsschutzgesetzes speiWeisungsbefugnisse stehen dem chern, verändern und nutzen, soMilitärischen Abschirmdienst weit es zur Erfüllung seiner nicht zu; er darf die Polizei auch Aufgaben erforderlich ist. Zur nicht im Wege der Amtshilfe um Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Maßnahmen ersuchen, zu denen Abs. 2 gespeicherte Daten über er selbst nicht befugt ist. Personen, die nicht dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind, SS5 dürfen für andere Zwecke nicht Besondere Formen der verwendet werden, es sei denn, Datenerhebung die Verwendung wäre auch für die Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 Der Militärische Abschirmdienst Abs. 1 zulässig. darf Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, nach (2) In Dateien oder zu ihrer SS9 des BundesverfassungsPerson geführten Akten gespeischutzgesetzes erheben, soweit cherte Daten über Minderjährige es sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit der Speicherung 1. zur Erfüllung seiner Aufgaben zu überprüfen und spätestens nach SS 1 Abs. 1 und SS 2 Abs. 1 nach fünf Jahren zu löschen, es sowie zur Erforschung der dasei denn, daß nach Eintritt der zu erforderlichen Quellen oder Volljährigkeit weitere Erkenntnisse nach SS 1 Abs. 1 oder SS 2 an2. zum Schutz der Mitarbeiter, gefallen sind. Dies gilt nicht, wenn Einrichtungen, Gegenstände der Betroffene nach SS 1 Abs. 3 und Quellen des Militärischen überprüft wird. Die Speicherung Abschirmdienstes gegen sipersonenbezogener Daten über cherheitsgefährdende oder Minderjährige vor Vollendung des geheimdienstliche Tätigkeiten, 16. Lebensjahres in zu ihrer auch nach SS 2 Abs. 2, Person geführten Akten und erforderlich ist; SS 9 Abs. 2 und 3 Dateien ist unzulässig. Gesetzestexte 259 SS7 SS10 Berichtigung, Löschung Übermittlung von und Sperrung Informationen an den personenbezogener Daten Militärischen Abschirmdienst (1) Der Militärische Abschirm(1) Die Behörden des Bundes dienst hat die in Dateien gespeiund der bundesunmittelbaren jucherten personenbezogenen Daristischen Personen des öffentliten zu berichtigen, zu löschen und chen Rechts unterrichten von sich zu sperren nach SS 12 des Bunaus den Militärischen Abschirmdesverfassungsschutzgesetzes. dienst über die ihnen bekanntge(2) Der Militärische Abschirmwordenen Tatsachen, die sicherdienst hat personenbezogene heitsgefährdende oder geheimDaten in Akten zu berichtigen und dienstliche Tätigkeiten für eine zu sperren nach SS 13 des Bunfremde Macht oder Bestrebundesverfassungsschutzgesetzes. gen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete VorbereiSS8 tungshandlungen gegen die in SS 1 Dateianordnungen Abs. 1 Nr. 1 genannten Schutzgüter gerichtet sind, wenn tatDer Militärische Abschirmdienst sächliche Anhaltspunkte dafür hat für jede automatisierte Datei bestehen, daß die Unterrichtung mit personenbezogenen Daten zur Erfüllung seiner Aufgaben eine Dateiordnung nach SS 14 des nach SS1 Abs. 1 und 2 erforderlich Bundesverfassungsschutzgesetzes ist. zu treffen, die der Zustimmung des Bundesministers der Vertei(2) Der Militärische Abschirmdigung bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 dienst darf nach SS 18 Abs. 3 des des BundesverfassungsschutzBundesverfassungsschutzgesetz gesetzes findet Anwendung. es jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen InformaSS9 tionen einschließlich personenbeAuskunft an den Betroffenen zogener Daten ersuchen. Der Militärische Abschirmdienst (3) Würde durch die Übermitterteilt dem Betroffenen über zu lung nach Absatz 2 der Zweck der seiner Person gespeicherte Daten Maßnahme gefährdet oder der Auskunft entsprechend SS 15 des Betroffene unverhältnismäßig beBundesverfassungsschutzgeseteinträchtigt, darf der Militärische zes; an die Stelle des dort geAbschirmdienst bei der Wahrnehnannten Bundesministers des mung der Aufgaben nach SS 1 Innern tritt der Bundesminister der Abs. 1 Nr. 2 amtliche Register einVerteidigung. sehen. Diese Einsichtnahme be- 260 Gesetzestexte darf der Zustimmung des AmtsSS13 chefs des Amtes für den Militärischen Abschirmdienst oder Geltung des Bundesseines Vertreters. datenschutzgesetzes (4) SS 17 Abs. 1 sowie SS 18 Bei der Erfüllung der Aufgaben Abs. 5 des Bundesverfassungsnach SS 1 Abs. 1 bis 3 und SS 2 finschutzgesetzes sind entspreden die SSSS 10 und 13 bis 20 des chend anzuwenden. Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der DatenverarSS11 beitung und des Datenschutzes keine Anwendung. Übermittlung personenbezogener Daten durch den Militärischen Abschirmdienst Artikel 4 (1) Der Militärische AbschirmGesetz über den dienst darf personenbezogene Bundesnachrichtendienst Daten nach SS 19 Abs. 1 bis 3 des (BND-Gesetz-BNDG) Bundesverfassungsschutzgesetz es übermitteln. Die Übermittlung SS1 an andere Stellen ist unzulässig. Organisation (2) Der Militärische Abschirmund Aufgaben dienst übermittelt Informationen (1) Der Bundesnachrichteneinschließlich personenbezogedienst ist eine Bundesbehörde im ner Daten an StaatsanwaltGeschäftsbereich des Chefs des schaften, Polizeien und den Bundeskanzleramtes. Einer poliBundesnachrichtendienst nach zeilichen Dienststelle darf er nicht SS 20 des Bundesverfassungsangeliedert werden. schutzgesetzes. (2) Der Bundesnachrichtendienst sammelt zur Gewinnung SS12 von Erkenntnissen über das Ausland, die von außenund Verfahrensregeln für die sicherheitspolitischer Bedeutung Übermittlung von für die Bundesprepublik DeutschInformationen land sind, die erforderlichen Für die Übermittlung von InforInformationen und wertet sie aus. mationen nach diesem Gesetz Werden dafür im Geltungsbereich finden die SSSS 23 bis 26 des dieses Gesetzes Informationen Bundesverfassungsgesetzes enteinschließlich personenbezogesprechende Anwendung. ner Daten erhoben, so richtet sich ihre Erhebung, Verarbeitung und Nutzung nach den SSSS 2 bis 6 und 8 bis 11. Gesetzestexte 261 SS2 Sicherheitsüberprüfungen ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz Befugnisse vom 20. April 1994 (BGBl. I S. (1) Der Bundesnachrichten867) anzuwenden. dienst darf die erforderlichen (3) Polizeiliche Befugnisse oder Informationen einschließlich perWeisungsbefugnisse stehen dem sonenbezogener Daten erheben, Bundesnachrichtendienst nicht verarbeiten und nutzen, soweit zu. Er darf die Polizei auch nicht nicht die anzuwendenden Beim Wege der Amtshilfe um stimmungen des BundesdatenMaßnahmen ersuchen, zu denen schutzgesetzes oder besondere er selbst nicht befugt ist. Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen (4) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat der Bundes1. zum Schutz seiner Mitarbeiter, nachrichtendienst diejenige zu Einrichtungen, Gegenstände wählen, die den Betroffenen vorund Quellen gegen sicheraussichtlich am wenigsten beeinheitsgefährdende oder geträchtigt. Eine Maßnahme darf heimdienstliche Tätigkeiten, keinen Nachteil herbeiführen, 2. für die Sicherheitsüberprüfung der erkennbar außer Verhältnis von Personen, die für ihn tätig zu dem beabsichtigten Erfolg sind oder tätig werden sollen, steht. 3. für die Überführung der für die Aufgabenerfüllung notwendiSS3 gen Nachrichtenzugänge und Besondere Formen der 4. über Vorgänge im Ausland, die Datenerhebung von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Der Bundesnachrichtendienst Bundesrepublik Deutschland darf zur heimlichen Beschaffung sind, wenn sie nur auf diese von Informationen einschließlich Weise zu erlangen sind und für personenbezogener Daten die ihre Erhebung keine andere Mittel gemäß SS 8 Abs. 2 des Behörde zuständig ist. Bundesverfassungsschutzgesetzes anwenden, wenn Tat(2) Werden personen bezogesachen die Annahme rechtfertine Daten beim Betroffenen mit gen, daß dies zur Erfüllung seiner seiner Kenntnis erhoben, so ist Aufgaben erforderlich ist. SS 9 des der Erhebungszweck anzugeben. BundesverfassungsschutzgeDer Betroffene ist auf die setzes ist entsprechend anzuFreiwilligkeit seiner Angaben und wenden. bei einer Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 1 Nr. 2 auf eine dienstund arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Bei 262 Gesetzestexte SS4 Bundesverfassungsschutzgesetz es zu treffen, die der Zustimmung Speicherung, Veränderung des Chefs des Bundeskanzlerund Nutzung amtes bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 personenbezogener Daten des Bundesverfassungsschutz(1) Der Bundesnachrichtengesetzes ist anzuwenden. dienst darf personenbezogene Daten nach SS 10 des BundesSS7 verfassungsschutzgesetzes speiAuskunft an den chern, verändern und nutzen, soBetroffenen weit es zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Der Bundesnachrichtendienst erteilt dem Betroffenen auf Antrag (2) Die Speicherung, Veränderung Auskunft über zu seiner Person und Nutzung personenbezogener nach SS 4 gespeicherte Daten entDaten über Minderjährige ist nur sprechend SS 15 des Bundesverunter den Voraussetzungen des fassungsschutzgesetzes. An die SS 11 des BundesverfassungsStelle des dort genannten Bunschutzgesetzes zulässig. desministers des Innern tritt der Chef des Bundeskanzleramtes. SS5 Berichtigung, Löschung SS8 und Sperrung personenbezogener Daten Übermittlung von Informationen an den (1) Der BundesnachrichtenBundesnachrichtendienst dienst hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Da(1) Die Behörden des Bundes ten zu berichtigen, zu löschen und und der bundesunmittelbaren juzu sperren nach SS 12 des Bunristischen Personen des öffentlidesverfassungsschutzgesetzes. chen Rechts dürfen von sich aus dem Bundesnachrichtendienst (2) Der Bundesnachrichtendienst die ihnen bekanntgewordenen hat personenbezogene Daten in Informationen einschließlich perAkten zu berichtigen und zu spersonenbezogener Daten übermitren nach SS 13 des Bundesteln, wenn tatsächliche Anhaltsverfassungsschutzgesetzes. punkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 Abs. 1 Nr. 1 SS6 erforderlich ist. Dateianordnungen (2) Die Staatsanwaltschaften Der Bundesnachrichtendienst hat und, vorbehaltlich der staatsanfür jede automatisierte Datei mit waltschaftlichen Sachleitungspersonenbezogenen Daten eine befugnis, die Polizeien sowie der Dateianordnung nach SS 14 des Zoll, soweit er Aufgaben nach dem Gesetzestexte 263 Bundesgrenzschutzgesetz wahrübermitteln, wenn dies zur nimmt, übermitteln dem BundesErfüllung seiner Aufgaben erfornachrichtendienst von sich aus die derlich ist oder wenn der Empfänihnen bekanntgewordenen Inforger die Daten für Zwecke der öfmationen einschließlich personenfentlichen Sicherheit benötigt. Der bezogener Daten, wenn tatsächliEmpfänger darf die übermittelten che Anhaltspunkte dafür besteDaten, soweit gesetzlich nichts hen, daß die Übermittlung für anderes bestimmt ist, nur zu dem seine Eigensicherung nach Zweck verwenden, zu dem sie SS 2 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich ist. übermittelt wurden. (3) Der Bundesnachrichten(2) Für die Übermittlung von dienst darf nach SS 18 Abs. 3 des Informationen einschließlich perBundesverfassungsschutzgesetz sonenbezogener Daten an andees jede Behörde um die Überre Stellen ist SS 19 Abs. 2 bis 4 des mittlung der zur Erfüllung seiner Bundesverfassungsschutzgesetz Aufgaben erforderlichen Informaes entsprechend anzuwenden; tionen einschließlich personenbedabei ist die Übermittlung nach zogener Daten ersuchen und Absatz 4 dieser Vorschrift nur nach SS 18 Abs. 4 des Bundeszulässig, wenn sie zur Wahrung verfassungsschutzgesetzes amtaußenund sicherheitspolitischer lich geführte Register einsehen, Belange der Bundesrepublik soweit es zur Erfüllung seiner Deutschland erforderlich ist und Aufgaben erforderlich ist. SS 17 der Chef des BundeskanzleramAbs. 1 und SS 18 Abs. 5 des tes seine Zustimmung erteilt hat. Bundesverfassungsschutzgesetz es sind anzuwenden. (3) Der Bundesnachrichtendienst übermittelt Informationen (4) Für die Übermittlung persoeinschließlich personenbezogenenbezogener Daten, die auf ner Daten an die StaatsanwaltGrund einer Maßnahme nach schaften, die Polizeien und den SS 100a der Strafprozeßordnung Militärischen Abschirmdienst entbekanntgeworden sind, ist SS 18 sprechend SS 20 des BundesverAbs. 6 des Bundesverfassungsfassungsschutzgesetzes. schutzgesetzes entsprechend anzuwenden. SS10 SS9 Verfahrensregeln Übermittlung von für die Übermittlung von Informationen durch den Informationen Bundesnachrichtendienst Für die Übermittlung von Infor(1) Der Bundesnachrichtenmationen nach SSSS 8 und 9 sind dienst darf Informationen eindie SSSS 23 bis 26 des Bundesverschließlich personenbezogener fassungsschutzgesetzes entDaten an inländische Behörden sprechend anzuwenden. 264 Gesetzestexte SS11 (2) Artikel 1 SS 10 Abs. 4 Satz 3 und 4 tritt am ersten Tage des Geltung des vierundzwangzigsten auf die Bundesdatenschutzgesetzes Verkündung folgenden KalenderBei der Erfüllung der Aufgaben monats in Kraft. Im übrigen tritt des Bundesnachrichtendienstes Artikel 1 am ersten Tage des sind die SSSS 10 und 13 bis 20 des sechsten auf die Verkündung folBundesdatenschutzgesetzes in genden Kalendermonats in Kraft; der Fassung des Gesetzes zur gleichzeitig treten das Gesetz Fortentwicklung der Datenverarzum Schutz vor Mißbrauch perbeitung und des Datenschutzes sonenbezogener Daten bei der nicht anzuwenden. Datenverarbeitung vom 27. Januar 1977 (BGBl. I S. 201), die Datenschutzveröffentlichungsord SS12 nung vom 3. August 1977 (BGBl. I S. 1477), die DatenschutzgeBerichtspflicht bührenordnung vom 22. DezemDer Bundesnachrichtendienst ber 1977 (BGBl. IS. 3153) und die unterrichtet den Chef des Datenschutzregisterordnung vom Bundeskanzleramtes über seine 9. Februar 1978 (BGBl. I S. 250) Tätigkeit. Über die Erkenntnisse außer Kraft. aus seiner Tätigkeit unterrichtet er darüber hinaus auch unmittelbar die Bundesminister im Rahmen ihrer Zuständigkeiten; hierbei ist auch die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig. Artikel 6 Inrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des Artikels 1 am Tage nach der Verkündung*' in Kraft; gleichzeitig tritt das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBl. I S. 682), geändert durch das Gesetz vom 7. August 1972 (BGBl. IS. 1382), außer Kraft. ") Das Gesetz wurde am 29.12.1990 verkündet. Gesetzestexte 265 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes Vom 11. April 1978 (BGBl. I S. 453) (Zuletzt geändert durch Gesetz trollkommission umfassend über zur Änderung des Gesetzes über die allgemeine Tätigkeit der in SS1 die parlamentarische Kontrolle Abs. 1 genannten Behörden und nachrichtendienstlicher Tätigkeit über die Vorgänge von besondedes Bundes und zur Änderung rer Bedeutung. Die Entwürfe der des Gesetzes zur Beschränkung jährlichen Wirtschaftspläne der des Brief-, Postund FernmeldeDienste werden der Kommission geheimnisses vom 27. Mai 1992, zur Mitberatung überwiesen. Die BGBl. I 1992 Seite 997)*' Bundesregierung unterrichtet die Kommission auf deren Verlangen über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. SS1 (1) Die Bundesregierung unter(2) Die Bundesregierung kann liegt hinsichtlich der Tätigkeit des die Unterrichtung über einzelne Bundesamtes für VerfassungsVorgänge nur verweigern, wenn chutz, des Militärischen Abdies aus zwingenden Gründen schirmdienstes und des Bundesdes Nachrichtenzuganges notnachrichtendienstes der Kontrolle wendig ist. Lehnt die Bundesredurch die Parlamentarische Kongierung unter Berufung auf Satz 1 trollkommission. eine Unterrichtung ab, so hat der für den betroffenen Nachrichten(2) Die Rechte des Bundesdienst zuständige Bundesminister tages und seiner Ausschüsse (SS 2 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG, bleiben unberührt. SS 1 Abs. 1 Satz 1 MADG) und, so(3) Die Kontrolle der Durchführung weit der Bundesnachrichtendes Gesetzes zu Artikel 10 des dienst betroffen ist, der Chef des Grundgesetzes bleibt den auf Bundeskanzleramtes (SS 1 Abs. 1 Grund von Artikel 10 Abs. 2 Satz Satz 1 BNDG) dies der Parlamen- 2 des Grundgesetzes vom tarischen Kontrollkommission auf Deutschen Bundestag bestellten deren Wunsch zu begründen. Organen und Hilfsorganen vorbehalten. SS3 Die politische Verantwortung der SS2 Bundesregierung für die in SS 1 ge(1) Die Bundesregierung unternannten Behörden bleibt unberichtet die Parlamentarische Konrührt. ') Das Gesetz ist am 13. April 1978 in Kraft getreten, die Änderungen am 12. Juni 1992 266 Gesetzestexte SS4 wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mit(1) Der Deutsche Bundestag glieder der Parlamentarischen wählt zu Beginn jeder WahlKontrollkommission ihr vorherige periode die Mitglieder der ParlaZustimmung erteilt. mentarischen Kontrollkommission aus seiner Mitte. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt minde(2) Er bestimmt die Zahl der stens einmal im Vierteljahr zusamMitglieder, die Zusammenmen. Sie gibt sich eine Geschäftssetzung und die Arbeitsweise der ordnung. Parlamentarischen Kontrollkommission. (3) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrich(3) Gewählt ist, wer die tung der Parlamentarischen KonStimmen der Mehrheit der Mittrollkommission verlangen. glieder des Deutschen Bundestages auf sich vereint. (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre (4) Scheidet ein Mitglied aus Tätigkeit auch über das Ende eidem Deutschen Bundestag oder ner Wahlperiode des Deutschen seiner Fraktion aus, so verliert es Bundestages solange aus, bis der seine Mitgliedschaft in der nachfolgende Bundestag gemäß Parlamentarischen KontrollkomSS 4 entschieden hat. mission; SS 5 Abs. 4 bleibt unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu SS6 wählen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus der ParlamentaDie Parlamentarische Kontrollrischen Kontrollkommission auskommission erstattet dem scheidet. Deutschen Bundestag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei SS5 sind die Grunsätze des SS 5 Abs. 1 (1) Die Beratungen der zu beachten. Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Parlamentarischen Kontrollkommission. Satz 1 gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, Gesetzestexte 267 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) Vom 20. April 1994 Der Bundestag hat das folgende SS 11 Datenerhebung Gesetz beschlossen: SS 12 Maßnahmen bei den einzelnen Überprüfungsarten Inhaltsübersicht Dritter Abschnitt Erster Abschnitt Verfahren Allgemeine Vorschriften SS 13 Sicherheitserklärung SS1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes SS 14 Abschluß der Sicherheitsüberprüfung SS2 Betroffener Personenkreis SS 15 Vorläufige Zuweisung einer SS3 Zuständigkeit sicherheitsempfindlichen Tätigkeit SS4 Verschlußsachen SS 16 Sicherheitserhebliche ErSS5 Sicherheitsrisiken, sicherkenntnisse nach Abschluß heitserhebliche Erkenntder Sicherheitsüberprüfung nisse SS 17 Ergänzung der SicherheitsSS6 Rechte des Betroffenen erklärung und Wiederholungsüberprüfung Zweiter Abschnitt Überprüfungsarten und Vierter Abschnitt Durchführungsmaßnahmen Akten über die SicherheitsSS7 Arten der Sicherheitsüberüberprüfung; Datenverarbeiprüfung tung SS8 Einfache SS 18 Sicherheitsakte und SicherSicherheitsüberprüfung heitsüberprüfungsakte SS9 Erweiterte SicherheitsüberSS 19 Aufbewahrung und Verprüfung nichtung der Unterlagen SS 10 Erweiterte SicherheitsüberSS 20 Speichern, Verändern und prüfung mit SicherheitsNutzen personenbezogeermittlungen ner Daten in Dateien 268 Gesetzestexte SS21 Übermittlung und SS 33 Sicherheitsüberprüfung auf Zweckbindung Antrag ausländischer Dienststellen SS 22 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogeSS 34 Ermächtigung zur Rechtsner Daten verordnung SS 23 Auskunft über gespeicherte SS 35 Allgemeine Verwaltungspersonenbezogene Daten vorschriften SS 36 Anwendung des BundesFünfter Abschnitt datenschutzgesetzes, BundesverfassungsschutzSonderregelungen bei gesetzes, MAD-Gesetzes Sicherheitsüberprüfungen für und BND-Gesetzes nicht-öffentliche Stellen SS 37 Strafvorschriften SS 24 Anwendungsbereich SS 25 Zuständigkeit SS 38 Änderung von Gesetzen SS 26 Sicherheitserklärung SS39 Inkrafttreten SS27 Abschluß der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe Erster Abschnitt sicherheitserheblicher ErAllgemeine Vorschriften kenntnisse SS 28 Aktualisierung der Sicherheitserklärung SS1 SS 29 Übermittlung von InformaZweck und Anwendungstionen über persönliche und bereich des Gesetzes arbeitsrechtliche Verhältnis(1) Dieses Gesetz regelt die se Voraussetzungen und das VerSS30 Sicherheitsakte der nichtfahren zur Überprüfung einer öffentlichen Stelle Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempSS 31 Datenverarbeitung, -nutfindlichen Tätigkeit betraut werzung und -berichtigung in den soll (Sicherheitsüberprüfung) automatisierten Dateien oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung). Sechster Abschnitt (2) Eine sicherheitsempfindReisebeschränkungen, liche Tätigkeit übt aus, wer Sicherheitsüberprüfungen 1. Zugang zu Verschlußsachen auf Antrag ausländischer hat oder ihn sich verschaffen Dienststellen und Schlußkann, die STRENG GEHEIM, vorschriften GEHEIM oder VS-VERTRAUSS 32 Reisebeschränkungen LICH eingestuft sind, Gesetzestexte 269 2. Zugang zu Verschlußsachen SS2 überstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich Betroffener Personenkreis verschaffen kann, wenn die (1) Eine Person, die mit einer Bundesrepublik Deutschland sicherheitsempfindlichen Tätigverpflichtet ist, nur sicherheitskeit betraut werden soll (Betrofüberprüfte Personen hierzu fener), ist vorher einer Sicherheitszuzulassen, überprüfung zu unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung bedarf 3. in einer Behörde oder einer der Zustimmung des Betroffenen, sonstigen öffentlichen Stelle soweit gesetzlich nichts anderes des Bundes oder in einem Teil bestimmt ist. Eine sicherheitsvon ihr tätig ist, die auf Grund empfindliche Tätigkeit darf erst des Umfanges und der Bedeunach Vollendung des 16. Letung dort anfallender Verbensjahres übertragen werden. schlußsachen von der jeweils Auf eine Sicherheitsüberprüfung zuständigen obersten Bunnach diesem Gesetz kann verdesbehörde im Einvernehmen zichtet werden, wenn für den Bemit dem Bundesministerium troffenen bereits ein gleichoder des Innern als Nationale höherwertige SicherheitsüberSicherheitsbehörde zum prüfung durchgeführt worden ist. Sicherheitsbereich erklärt worden ist. (2) Der volljährige Ehegatte oder Partner, mit dem der (3) Verpflichten sich Stellen der Betroffene in eheähnlicher GeBundesrepublik Deutschland gemeinschaft lebt (Lebenspartner), genüber Stellen anderer Staaten soll in die Sicherheitsüberprüfung durch Übereinkünfte, bei Personach den SSSS 9 und 10 einbezogen nen, die Zugang zu Verschlußwerden. Über Ausnahmen entsachen ausländischer Staaten scheidet die zuständige Stelle. Im haben oder sich verschaffen könFalle der Einbeziehung ist die nen, zuvor SicherheitsüberprüZustimmung des Ehegatten oder fungen nach deutschem Recht Lebenspartners erforderlich. durchzuführen, ist in diesen ÜberGeht der Betroffene die Ehe oder einkünften festzulegen, welche die eheähnliche Gemeinschaft Verschlußsachengrade des Verwährend oder erst nach erfolgter tragspartners VerschlußsachenSicherheitsüberprüfung ein, so ist graden nach diesem Gesetz verdie zuständige Stelle zu unterrichgleichbar sind. Derartige Festten, um sie in die Lage zu versetlegungen müssen sich im zen, die Einbeziehung des EheRahmen der Bewertungen dieses gatten oder des Lebenspartners Gesetzes halten und insbesondein die Sicherheitsüberprüfung re den Maßstäben des SS 4 entnachzuholen. Das gleiche gilt bei sprechen. später eintretender Volljährigkeit des Ehegatten oder Lebenspartners. 270 Gesetzestexte (3) Dieses Gesetz gilt nicht für Bundes, die eine Verschlußsache an eine nichtöffentliche 1. die Mitglieder der VerfasStelle weitergeben will. sungsorgane des Bundes, In den Fällen der Nummern 1 und 4 2. Richter, soweit sie Aufgaben kann bei nachgeordneten der Rechtsprechung wahrnehBehörden und sonstigen öffentlimen, chen Stellen des Bundes deren 3. ausländische Staatsangehörioberste Bundesbehörde Aufgage, die in der Bundesrepublik ben der zuständigen Stelle überDeutschland im Interesse zwinehmen. Die Aufgaben der zuschenstaatlicher Einrichtungen ständigen Stelle nach diesem und Stellen eine sicherheitsGesetz sind von einer von der empfindliche Tätigkeit nach SS 1 Personalverwaltung getrennten Abs. 2 Nr, 2 ausüben sollen. Organisationseinheit wahrzunehmen. (2) Mitwirkende Behörde bei SS3 der Sicherheitsüberprüfung ist Zuständigkeit das Bundesamt für Verfassungsschutz nach SS 3 Abs. 2 Nr. 1 des (1) Zuständig für die SicherBundesverfassungsschutzgesetheitsüberprüfung ist zes und im Geschäftsbereich des 1. die Behörde oder sonstige öfBundesministeriums der Verteidifentliche Stelle des Bundes, gung der Militärische Abschirmdie einer Person eine sicherdienst nach SS 1 Abs. 3 Nr. 1 heitsempfindliche Tätigkeit zuBuchstabe a des MAD-Gesetzes, weisen, übertragen oder sie soweit nicht in Rechtsvorschriften dazu ermächtigen will, zwischenstaatlicher Einrichtungen oder in völkerrechtlichen 2. bei deutschen StaatsangeVerträgen, denen die gesetzgehörigen aus Anlaß ihrer Täbenden Körperschaften gemäß tigkeit im sicherheitsempfindliArtikel 59 Abs. 2 des Grundchen Bereich bei der NATO gesetzes zugestimmt haben, etoder anderen zwischenwas anderes bestimmt ist. staatlichen Einrichtungen und Stellen das Bundesministe(3) Der Bundesnachrichtenrium des Innern als Nationale dienst, das Bundesamt für Sicherheitsbehörde, soweit Verfassungsschutz und der Milinichts anderes bestimmt ist, tärische Abschirmdienst führen Sicherheitsüberprüfungen bei 3. bei politischen Parteien nach Bewerbern und Mitarbeitern des Artikel 21 des Grundgesetzes eigenen Dienstes allein durch. Sie sowie deren Stiftungen die wenden hierbei die Vorschriften Parteien selbst, dieses Gesetzes an. Gleiches gilt, 4. im übrigen die Behörde oder wenn der Bundesnachrichtensonstige öffentliche Stelle des dienst oder der Militärische Ab- Gesetzestexte 271 schirmdienst eine sicherheitsdie Interessen der Bundesreempfindliche Tätigkeit nach Abpublik Deutschland oder eines satz 1 Nr. 1 und 4 zuweisen, überihrer Länder nachteilig sein tragen oder dazu ermächtigen kann. will. SS5 SS4 Sicherheitsrisiken, Verschlußsachen sicherheitserhebliche Erkenntnisse (1) Verschlußsachen sind im öffentlichen Interesse geheimhal(1) Im Sinne dieses Gesetzes tungsbedürftige Tatsachen, Geliegt ein Sicherheitsrisiko vor, genstände oder Erkenntnisse, wenn tatsächliche Anhaltsunabhängig von ihrer Darstelpunkte lungsform. Sie werden entspre1. Zweifel an der Zuverlässigkeit chend ihrer Schutzbedürfigkeit des Betroffenen bei der Wahrvon einer amtlichen Stelle oder auf nehmung einer sicherheitsderen Veranlassung eingestuft. empfindlichen Tätigkeit be(2) Eine Verschlußsache ist gründen oder 1. STRENG GEHEIM, wenn die 2. eine besondere Gefährdung Kenntnisnahme durch Unbedurch Anbahnungsund fugte den Bestand oder leWerbungsversuche fremder benswichtige Interessen der Nachrichtendienste, insbeBundesrepublik Deutschland sondere die Besorgnis der oder eines ihrer Länder gefährErpreßbarkeit, begründen den kann, oder 2. GEHEIM, wenn die Kennt3. Zweifel am Bekenntnis des nisnahme durch Unbefugte die Betroffenen zur freiheitlichen Sicherheit der Bundesrepublik demokratischen GrundordDeutschland oder eines ihrer nung im Sinne des GrundLänder gefährden oder ihren gesetzes oder am jederzeitiInteressen schweren Schaden gen Eintreten für deren Erzufügen kann, haltung begründen. 3. VS-VERTRAULICH, wenn die Ein Sicherheitsrisiko kann auch Kenntnisnahme durch Unbeauf Grund tatsächlicher Anhaltsfugte für die Interessen der punkte zur Person des EheBundesrepublik Deutschland gatten oder Lebenspartners voroder eines ihrer Länder schädliegen. lich sein kann, (2) Eine Erkenntnis ist sicher4. VS-NUR FÜR DEN DIENSTheitserheblich, wenn sich aus ihr GEBRAUCH, wenn die Kenntein Anhaltspunkt für ein Sichernisnahme durch Unbefugte für heitsrisiko ergibt. 272 Gesetzestexte SS6 Zweiter Abschnitt Rechte des Überprüfungsarten und Betroffenen Durchführungsmaßnahmen (1) Vor Ablehnung der Zulassung zu einer sicherheitsempSS7 findlichen Tätigkeit ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, Arten der sich persönlich zu den für die Sicherheitsüberprüfung Entscheidung erheblichen Tat(1) Entsprechend der vorgesesachen zu äußern. Der Betroffene henen sicherheitsempfindlichen kann zur Anhörung mit einem Tätigkeit wird entweder eine Rechtsanwalt erscheinen. Die Anhörung erfolgt in einer Weise, 1. einfache Sicherheitsüberprüdie den Quellenschutz gewährleifung oder stet und den schutzwürdigen 2. erweiterte SicherheitsüberprüInteressen von Personen, die im fung oder Rahmen einer Sicherheitsüberprüfung befragt wurden, Rech3. erweiterte Sicherheitsüberprünung trägt. Sie unterbleibt, wenn fung mit Sicherheitsermittsie einen erheblichen Nachteil für lungen die Sicherheit des Bundes oder durchgeführt. eines Landes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüber(2) Ergeben sich bei der prüfungen der Bewerber bei den Sicherheitsüberprüfung sicherNachrichtendiensten des Bunheitserhebliche Erkenntnisse, die des. nur durch Maßnahmen der nächsthöheren Art der Sicher(2) Liegen in der Person des heitsüberprüfung geklärt werden Ehegatten oder Lebenspartners können, kann die zuständige Anhaltspunkte vor, die ein SicherStelle mit Zustimmung des Beheitsrisiko begründen, ist ihm troffenen und der einbezogenen Gelegenheit zu geben, sich vor Person die nächsthöhere Art der der Ablehnung der Zulassung des Sicherheitsüberprüfung anordBetroffenen zu einer sicherheitsnen. SS 12 Abs. 5 bleibt unberührt. empfindlichen Tätigkeit persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. SS8 Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend. Einfache Sicherheitsüberprüfung (3) Die Absätze 1 und 2 sind (1) Die einfache Sicherheitsauch im Falle der Ablehnung einer überprüfung ist für Personen Weiterbeschäftigung in einer durchzuführen, die sicherheitsempfindlichen Tätigkeit anzuwenden. 1. Zugang zu VS-VERTRAULICH Gesetzestexte 273 eingestuften Verschlußsachen lungen ist für Personen durchzuerhalten sollen oder ihn sich führen, verschaffen können, 1. die Zugang zu STRENG GE2. Tätigkeiten in Bereichen nach HEIM eingestuften VerschlußSS 1 Abs. 2 Nr. 3 wahrnehmen sachen erhalten sollen oder ihn sollen. sich verschaffen können, (2) In den Fällen von Absatz 1 2. die Zugang zu einer hohen Nr. 2 kann die zuständige Stelle Anzahl GEHEIM eingestuften von der Sicherheitsüberprüfung Verschlußsachen erhalten solabsehen, wenn Art oder Dauer len oder ihn sich verschaffen der Tätigkeit dies zulassen. können, 3. die bei einem Nachrichtendienst des Bundes oder einer SS9 Behörde oder sonstigen öfErweiterte fentlichen Stelle des Bundes Sicherheitsüberprüfung tätig werden sollen, die nach Feststellung der BundesreEine erweiterte Sicherheitsübergierung gemäß SS 34 Aufgaben prüfung ist für Personen durchzuvon vergleichbarer Sicherführen, die heitsempfindlichkeit wahr1. Zugang zu GEHEIM eingestufnimmt, ten Verschlußsachen erhalten sollen oder ihn sich verschafsoweit nicht die zuständige Stelle fen können, im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheits2. Zugang zu einer hohen Anzahl überprüfung nach SS 8 oder SS 9 für VS-VERTRAULICH eingestufausreichend hält. ten Verschlußsachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, SS11 soweit nicht die zuständige Stelle Datenerhebung im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheits(1) Die zuständige Stelle und überprüfung nach SS 8 für ausreidie mitwirkende Behörde dürfen chend hält. die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten erheben. Der BetrofSS10 fene sowie die sonstigen zu befragenden Personen und nicht-öfErweiterte fentlichen Stellen sind auf den Sicherheitsüberprüfung mit Zweck der Erhebung, die AusSicherheitsermittlungen kunftspflichten nach diesem Eine erweiterte SicherheitsüberGesetz und auf eine dienst-, arprüfung mit Sicherheitsermittbeitsrechtliche oder sonstige ver- 274 Gesetzestexte tragliche Mitwirkungspflicht, an2. Einholung einer unbeschränksonsten auf die Freiwilligkeit ihrer ten Auskunft aus dem BundesAngaben hinzuweisen. Bei zentralregister, Sicherheitsüberprüfungen der in 3. Anfragen an das BundesSS 3 Abs. 3 Satz 1 genannten Personen kann die Angabe der kriminalamt, die Grenzschutzerhebenden Stelle gegenüber direktion und die Nachrichtenden sonstigen zu befragenden dienste des Bundes. Personen oder nicht-öffentlichen (2) Bei der SicherheitsüberStellen unterbleiben, wenn dies prüfung nach SS 9 trifft die mitwirzum Schutz des Betroffenen oder kende Behörde zusätzlich zu des Nachrichtendienstes erforAbsatz 1 folgende Maßnahmen: derlich ist. 1. Anfragen an die Polizeidienst(2) Die zuständige Stelle erhebt stellen der innegehabten die personenbezogenen Daten Wohnsitze des Betroffenen, in beim Betroffenen oder bei dem in der Regel beschränkt auf die die Sicherheitsüberprüfung einletzten fünf Jahre, bezogenen Ehegatten oder Lebenspartner. Reicht diese Er2. Prüfung der Identität des hebung nicht aus oder stehen ihr Betroffenen. schutzwürdige Interessen des Wird der Ehegatte oder LebensBetroffenen oder seines Ehepartner des Betroffenen in die gatten oder Lebenspartners entSicherheitsüberprüfung gemäß gegen, können andere geeignete SS 2 Abs. 2 einbezogen, trifft die Personen oder Stellen befragt mitwirkende Behörde bezüglich werden. der einzubeziehenden Person die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen. SS12 (3) Bei der SicherheitsüberMaßnahmen prüfung nach SS 10 befragt die mitbei den einzelnen wirkende Behörde zusätzlich von Überprüfungsarten dem Betroffenen in seiner Sicherheitserklärung angegebene Refe(1) Bei der Sicherheitsüberrenzpersonen und weitere geeigprüfung nach SS 8 trifft die mitwirnete Auskunftspersonen, um zu kende Behörde folgende Maßprüfen, ob die Angaben des nahmen: Betroffenen zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorlie1. sicherheitsmäßige Bewertung gen, die auf ein Sicherheitsrisiko der Angaben in der Sicherschließen lassen. heitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse (4) Die zuständige Stelle fragt der Verfassungsschutzbehörzur Feststellung einer hauptamtden des Bundes und der lichen oder inoffiziellen Tätigkeit Länder, des Betroffenen oder der einbe- Gesetzestexte 275 zogenen Person für den Dritter Abschnitt Staatssicherheitdienst der eheVerfahren maligen Deutschen Demokratischen Republik bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des StaatssicherSS13 heitsdienstes der ehemaligen Sicherheitserklärung Deutschen Demokratischen Re(1) In der Sicherheitserklärung publik an, wenn der Betroffene sind vom Betroffenen anzugeoder die einbezogene Person vor ben: dem 1. Januar 1970 geboren wurde und in dem Gebiet der ehe1. Namen, auch frühere, Vormaligen Deutschen Demokranamen, tischen Republik wohnhaft war 2. Geburtsdatum, -ort, oder Anhaltspunkte für eine Tätigkeit für den Staatssicher3. Staatsangehörigkeit, auch heitsdienst der ehemaligen frühere und doppelte StaatsDeutschen Demokratischen Reangehörigkeiten, publik vorliegen. Ergibt die An4. Familienstand, frage sicherheitserhebliche Erkenntnisse, übermittelt sie die zu5. Wohnsitze und Aufenthalte ständige Stelle zur Bewertung an von längerer Dauer als zwei die mitwirkende Behörde. Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf (5) Soweit es eine sicherheitsJahren, im Ausland ab dem erhebliche Erkenntnis erfordert 18. Lebensjahr, und die Befragung des Betroffenen oder seines Ehegatten oder 6. ausgeübter Beruf, Lebenspartners nicht ausreicht 7. Arbeitgeber und dessen oder ihr schutzwürdige Interessen Anschrift, entgegenstehen, kann die mitwirkende Behörde neben den Maß8. Anzahl der Kinder, nahmen nach den Absätzen 1 bis 3 9. im Haushalt lebende Persoweitere geeignete Auskunftsnen über 18 Jahre (Namen, personen oder andere geeignete auch frühere, Vornamen, GeStellen, insbesondere Staatsanburtsdatum und Geburtsort waltschaften oder Gerichte, beund Verhältnis zu dieser fragen oder Einzelmaßnahmen Person), der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen. 10. Eltern, Stiefoder Pflegeeltern (Namen, auch frührere, Vornamen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsangehörigkeit und Wohnsitz), 11. Ausbildungsund Beschäftigungszeiten, Wehroder 276 Gesetzestexte Zivildienstzeiten mit Angabe heitsüberprüfung nach den der Ausbildungsstätten, BeSSSS 9 und 10 (Namen, Vorschäftigungsstellen sowie namen, Anschrift und deren Anschriften, Verhältnis zur Person), 12. Nummer des Personalaus19. drei Referenzpersonen (Naweises oder Reisepasses, men, Vornamen, Beruf, be13. Angaben über in den verganrufliche und private Anschrift genen fünf Jahren durchgeund Rufnummern sowie zeitführte Zwangsvollstrecklicher Beginn der Bekanntungsmaßnahmen, und ob schaft) nur bei einer Sicherzur Zeit die finanziellen Verheitsüberprüfung nach SS 10, pflichtungen erfüllt werden 20. Angaben zu früheren Sicherkönnen, heitsüberprüfungen. 14. Kontakte zu ausländischen Der Erklärung sind zwei aktuelle Nachrichtendiensten oder zu Lichtbilder mit der Angabe des Nachrichtendiensten der Jahres der Aufnahme beizufügen. ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, (2) Bei der Sicherheitsüberdie auf einen Anbahnungsprüfung nach SS 8 entfallen die und Werbungsversuch hinAngaben zu Absatz 1 Nr. 8, 11 deuten können, und 12 und die Pflicht, Lichtbilder 15. Beziehungen zu verfasbeizubringen; Absatz 1 Nr. 10 sungsfeindlichen Organisaentfällt, soweit die dort genannten tionen, Personen nicht in einem Haushalt mit dem Betroffenen leben. Zur 16. anhängige Strafund Person des Ehegatten oder Disziplinarverfahren, Lebenspartners sind mit deren Einverständnis die in Absatz 1 Nr. 1 17. Angaben zu Wohnsitzen, bis 4,14 und 15 genannten Daten Aufenthalten, Reisen, nahen anzugeben. Ergeben sich aus der Angehörigen und sonstigen Sicherheitserklärung oder auf Beziehungen in und zu Grund der Abfrage aus einer der Staaten, in denen nach in SS 6 des BundesverfassungsFeststellung des Bundesschutzgesetzes genannten Verministeriums des Innern als bunddateien sicherheitserhebNationale Sicherheitsbeliche Erkenntnisse über den hörde besondere SicherEhegatten oder Lebenspartner heitsrisiken für die mit sicherdes Betroffenen, sind weitere heitsempfindlicher Tätigkeit Überprüfungsmaßnahmen nur befaßten Personen zu besorzulässig, wenn der Ehegatte oder gen sind, Lebenspartner mit seiner Zu18. zwei Auskunftspersonen zur stimmung in die erweiterte Identitätsprüfung des BetrofSicherheitsüberprüfung einbezofenen nur bei der Sichergen wird. Gesetzestexte 277 (3) Wird der Ehegatte oder das einer sicherheitsempfindLebenspartner in die Sicherheitslichen Tätigkeit entgegensteht. überprüfung einbezogen, so sind Die mitwirkende Behörde kann zusätzlich die in Absatz 1 Nr. 5 bis mit Zustimmung der zuständigen 7, 12, 13,16, 17 und 18 genannStelle und des Betroffenen in ten Daten anzugeben. die Personalakte Einsicht nehmen, wenn dies zur Klärung (4) Bei Sicherheitsüberoder Beurteilung sicherheitserprüfungen der in SS 3 Abs. 3 geheblicher Erkenntnisse unernannten Personen sind zusätzlich läßlich ist. die Wohnsitze seit der Geburt, die Geschwister und abgeschlossene Strafund Disziplinarverfahren sowie alle Kontakte zu ausländiSS14 schen Nachrichtendiensten oder Abschluß der zu Nachrichtendiensten der eheSicherheitsüberprüfung maligen Deutschen Demokratischen Republik anzugeben. (1) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, daß (5) Der Betroffene kann kein Sicherheitsrisiko nach SS 5 Angaben verweigern, die für ihn, Abs. 1 vorliegt, so teilt sie dies der einen nahen Angehörigen im zuständigen Stelle mit. Fallen Sinne des SS 52 Abs. 1 der Erkenntnisse an, die kein SicherStrafprozeßordnung oder den heitsrisiko begründen, aber weiLebenspartner die Gefahr strafterhin sicherheitserheblich sind, rechtlicher oder disziplinarischer so werden diese mitgeteilt. Verfolgung, der Entlassung oder (2) Kommt die mitwirkende Kündigung begründen könnten. Behörde zu dem Ergebnis, daß Über das Verweigerungsrecht ist ein Sicherheitsrisiko vorliegt, under Betroffene zu belehren. terrichtet sie schriftlich unter (6) Die Sicherheitserklärung ist Darlegung der Gründe und ihrer vom Betroffenen der zuständigen Bewertung die zuständige Stelle. Stelle zuzuleiten. Sie prüft die Bei nachgeordneten Stellen erAngaben des Betroffenen auf ihre folgt die Unterrichtung über deren Vollständigkeit und Richtigkeit. Zu oberste Bundesbehörde. diesem Zweck können die (3) Die zuständige Stelle entPersonalakten eingesehen werscheidet, ob ein Sicherheitsrisiko den. Die zuständige Stelle leitet vorliegt, das der sicherheitsempdie Sicherheitserklärung an die findlichen Tätigkeit des Betroffemitwirkende Behörde weiter und nen entgegensteht. Im Zweifel hat beauftragt diese, eine Sicherdas Sicherheitsinteresse Vorrang heitsüberprüfung durchzuführen, vor anderen Belangen. SS 6 Abs. 1 es sei denn, die zuständige Stelle und 2 ist zu beachten. hat bereits bei der Prüfung der Sicherheitserklärung festgestellt, (4) Lehnt die zuständige Stelle daß ein Sicherheitsrisiko vorliegt, die Betrauung mit dersicherheits- 278 Gesetzestexte empfindlichen Tätigkeit ab, teilt hebliche Erkenntnisse über den sie dies dem Betroffenen mit. Betroffenen oder den in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Ehegatten oder LebensSS15 partner bekanntwerden oder sich mitgeteilte Erkenntnisse als unVerläufige Zuweisung einer richtig erweisen. sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (2) Die mitwirkende Behörde prüft die sicherheitserheblichen Die zuständige Stelle kann in Erkenntnisse und stellt fest, ob ein Ausnahmefällen abweichend von Sicherheitsrisiko nach SS 5 Abs. 1 SS2 Abs. 1 die sicherheitsempfindvorliegt und unterrichtet die zuliche Tätigkeit des Betroffenen vor ständige Stelle über das Ergebnis Abschluß der Sicherheitsüberder Prüfung. Im übrigen ist SS 14 prüfung erlauben, wenn die mitAbs. 3 und 4 entsprechend anzuwirkende Behörde wenden. 1. bei der einfachen Sicherheitsüberprüfung die Angaben in der Sicherheitserklärung unSS17 ter Berücksichtigung der eigenen Erkenntnisse bewertet hat Ergänzung der oder Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung 2. bei der erweiterten Sicherheitsüberprüfung und bei der (1) Die Sicherheitserklärung ist erweiterten Sicherheitsüberdem Betroffenen, der eine sicherprüfung mit Sicherheitserheitsempfindliche Tätigkeit ausmittlungen die Maßnahmen übt, in der Regel alle fünf Jahre erder nächstniederen Art der neut zuzuleiten und im Falle einSicherheitsüberprüfung abgegetretener Veränderungen vom schlossen hat Betroffenen zu ergänzen. und sich daraus keine tatsäch(2) Bei sicherheitsempfindlilichen Anhaltspunkte für ein chen Tätigkeiten nach SS 10 ist in Sicherheitsrisiko ergeben haben. der Regel im Abstand von zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten. Im übriSS16 gen kann die zuständige Stelle eine Wiederholungsprüfung einleiSicherheitserhebliche ten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluß Erkenntnisse dies nahelegen. Das der Sicherheitsüberprüfung Verfahren bei der Wieder(1) Die zuständige Stelle und holungsprüfung entspricht dem die mitwirkende Behörde haben der Erstüberprüfung; die mitwirsich unverzüglich gegenseitig zu kende Behörde kann von einer erunterrichten, wenn sicherheitserneuten Identitätsprüfung abse- Gesetzestexte 279 hen. Die Wiederholungs3. Änderung des Familienüberprüfung erfolgt nur mit standes, des Namens, eines Zustimmung des Betroffenen, soWohnsitzes und der Staatsweit gesetzlich nichts anderes beangehörigkeit, stimmt ist, und mit der Zustimmung seines Ehegatten oder 4. Anhaltspunkte für ÜberschulLebenspartners, falls er einbezodung, insbesondere Pfängen wird. dungsund Überweisungsbeschlüsse, 5. Strafund Disziplinarsachen sowie dienstund arbeitsVierter Abschnitt rechtliche Maßnahmen. Akten über die (3) Die Sicherheitsakte ist keiSicherheitsüberprüfung; ne Personalakte. Sie ist gesonDatenverarbeitung dert zu führen und darf weder der personalverwaltenden Stelle noch dem Betroffenen zugänglich gemacht werden; SS 23 Abs. 6 SS18 bleibt unberührt. Im Falle des Sicherheitsakte und Wechsels der Dienststelle oder Sicherheitsüberprüfungsakte des Dienstherrn ist die Sicherheitsakte nach dorthin ab(1) Die zuständige Stelle führt zugeben, wenn auch dort eine siüber den Betroffenen eine Sichercherheitsempfindliche Tätigkeit heitsakte, in die alle die Sicherausgeübt werden soll. heitsüberprüfung betreffenden Informationen aufzunehmen sind. (4) Die mitwirkende Behörde führt über den Betroffenen eine (2) Informationen über die perSicherheitsüberprüfungsakte, in sönlichen, dienstlichen und ardie aufzunehmen sind: beitsrechtlichen Verhältnisse der Personen, die mit einer sicher1. Informationen, die die Sicherheitsempfindlichen Tätigkeit beheitsüberprüfung, die durchfaßt sind, sind zur Sicherheitsakte geführten Maßnahmen und zu nehmen, soweit sie für die das Ergebnis betreffen, sicherheitsmäßige Beurteilung erheblich sind. Dazu zählen insbe2. das Ausscheiden aus oder die sondere: Nichtaufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, 1. Zuweisung, Übertragung einer sicherheitsempfindlichen Tä3. Änderungen des Familientigkeit, die dazu erteilte standes, des Namens, eines Ermächtigung sowie deren Wohnsitzes und der StaatsÄnderungen und Beendigung, angehörigkeit. 2. Umsetzung, Abordnung, VerDie in Absatz 2 Nr. 4 und 5 gesetzung und Ausscheiden, nannten Daten sind zur Sicher- 280 Gesetzestexte heitsüberprüfungsakte zu neh(3) Die Unterlagen über die men, wenn sie sicherheitserhebSicherheitsüberprüfung bei der lich sind. mitwirkenden Behörde sind nach den in SS 22 Abs. 2 Nr. 2 genann(5) Die zuständige Stelle ist verten Fristen zu vernichten. pflichtet, die in Absatz 4 Satz 1 Gleiches gilt bezüglich der UnterNr. 3 und Satz 2 genannten Daten lagen zu den in SS 3 Abs. 3 geunverzüglich der mitwirkenden nannten Personen. Behörde zu übermitteln. Die Übermittlung der in Absatz 4 Satz 1 Nr. 2 genannten Daten erfolgt SS20 nach den in SS 22 Abs. 2 Nr. 1 festgelegten Fristen. Speichern, Verändern und Nutzen personenSS19 bezogener Daten in Dateien Aufbewahrung und Vernichtung der (1) Die zuständige Stelle darf Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz die in SS 13 Abs. 1 (1) Die Unterlagen über die Nr. 1 bis 6 genannten personenSicherheitsüberprüfung sind gebezogenen Daten, ihre Aktensondert aufzubewahren und gefundstelle und die der mitwirkengen unbefugten Zugriff zu den Behörde sowie die Beschäfschützen. tigungsstelle, Verfügungen zur Bearbeitung des Vorganges und (2) Die Unterlagen über die beteiligte Behörden in Dateien Sicherheitsüberprüfung sind bei speichern, verändern und nutzen. der zuständigen Stelle innerhalb eines Jahres zu vernichten, wenn (2) Die mitwirkende Behörde der Betroffene keine sicherheitsdarf zur Erfüllung ihrer Aufgaben empfindliche Tätigkeit aufnimmt, 1. die in SS 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 es sei denn, der Betroffene willigt genannten personenbezogein die weitere Aufbewahrung ein. nen Daten des Betroffenen Im übrigen sind die Unterlagen und des in die Sicherheitsüberüber die Sicherheitsüberprüfung prüfung einbezogenen Ehebei der zuständigen Stelle fünf gatten oder Lebenspartners Jahre nach dem Ausscheiden aus und die Aktenfundstelle, der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu vernichten, es sei denn, 2. Verfügungen zur Bearbeitung der Betroffene willigt in die weitedes Vorgangs sowie re Aufbewahrung ein oder es ist 3. sicherheitserhebliche Erkenntbeabsichtigt, dem Betroffenen in nisse und Erkenntnisse, die ein absehbarer Zeit erneut eine siSicherheitsrisiko begründen, cherheitsempfindliche Tätigkeit zuzuweisen, zu übertragen oder in Dateien speichern, verändern ihn dazu zu ermächtigen. und nutzen. Die Daten nach Gesetzestexte 281 Nummer 1 dürfen auch in die speicherten personenbezogenen nach SS 6 des BundesverfasDaten darüber hinaus im Rahmen sungsschutzgesetzes zulässigen des erforderlichen Umfangs nutVerbunddateien gespeichert werzen und übermitteln zur Aufden. klärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht SS21 oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuÜbermittlung und wenden oder Gewaltanwendung Zweckbindung vorzubereiten oder zur Aufklärung sonstiger Bestrebungen von er(1) Die im Rahmen der heblicher Bedeutung. Sicherheitsüberprüfung gespeicherten personenbezogenen Da(2) Die Übermittlung der nach ten dürfen von der zuständigen SS 20 in Dateien gespeichterten Stelle oder mitwirkenden BehörDaten ist nur zulässig, soweit sie de nur für für die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Zwecke erforderlich 1. die mit der Sicherheitsüberist. Die nach SS 20 Abs. 2 Nr. 1 geprüfung verfolgten Zwecke, speicherten Daten dürfen zur 2. Zwecke der Verfolgung von Erfüllung aller Zwecke des VerfasStraftaten von erheblicher sungsschutzes genutzt und überBedeutung, mittelt werden. 3. Zwecke parlamentarischer (3) Die mitwirkende Behörde Untersuchungsausschüsse darf personenbezogene Daten nach den Absätzen 1 und 2 nur an genutzt und übermittelt werden. öffentliche Stellen übermitteln. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die ihnen nach Satz 1 Nr. 2 (4) Die Nutzung oder Übermittübermittelten Daten für Zwecke lung unterbleibt, soweit gesetzeines Strafverfahrens nur verwenliche Verwendungsregelungen den, wenn die Strafverfolgung auf entgegenstehen. andere Weise erheblich weniger (5) Der Empfänger darf die erfolgversprechend oder wesentübermittelten Daten nur für den lich erschwert wäre. Die zuständiZweck verarbeiten und nutzen, zu ge Stelle darf die gespeicherten dessen Erfüllung sie ihm übermitpersonenbezogenen Daten dartelt werden, und zum Zweck der über hinaus für Zwecke der disziStrafverfolgung gemäß Absatz 1 plinarrechtlichen Verfolgung soSatz 1 Nr. 2. Eine nicht-öffentliche wie dienstoder arbeitsrechtlicher Stelle ist darauf hinzuweisen. Maßnahmen nutzen und übermitteln, wenn dies zur Gewährleistung des Verschlußsachenschutzes erforderlich ist. Die mitwirkende Behörde darf die ge- 282 Gesetzestexte SS22 a) bei einfachen Sicherheitsüberprüfungen nach Ablauf Berichtigen, Löschen von fünf Jahren nach dem und Sperren Ausscheiden des Betrofpersonenbezogener fenen aus der sicherheitsDaten empfindlichen Tätigkeit, (1) Die zuständige Stelle und b) bei den übrigen Überprüdie mitwirkende Behörde haben fungsarten nach Ablauf von personenbezogene Daten zu bezehn Jahren, beim Bundesrichtigen, wenn sie unrichtig sind. nachrichtendienst nach AbWird festgestellt, daß personenlauf von 25 Jahren, nach bezogene Daten unrichtig sind den in Nummer 1 genannoder wird ihre Richtigkeit vom ten Fristen, Betroffenen bestritten, so ist dies, soweit sich die personenbezogec) die nach SS 20 Abs. 2 Nr. 3 nen Daten in Akten befinden, dort gespeicherten Daten, wenn zu vermerken oder auf sonstige feststeht, daß der BetrofWeise festzuhalten. fene keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt (2) In Dateien gespeicherte oder aus ihr ausgeschieden personenbezogene Daten sind zu ist. löschen Im übrigen sind in Dateien ge1. von der zuständigen Stelle speicherte personenbezogene a) innerhalb eines Jahres, Daten zu löschen, wenn ihre wenn der Betroffene keine Speicherung unzulässig ist. sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei (3) Die Löschung unterbleibt, denn, der Betroffene willigt wenn Grund zu der Annahme bein die weitere Speicherung steht, daß durch sie schutzwürdiein, ge Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. In diesem Fall b) nach Ablauf von fünf Jahren sind die Daten zu sperren. Sie nach dem Ausscheiden des dürfen nur noch mit Einwilligung Betroffenen aus der sicherdes Betroffenen verarbeitet und heitsempfindlichen Tätiggenutzt werden. keit, es sei denn, der Betroffene willigt in die weitere Speicherung ein oder SS23 es ist beabsichtigt, dem Betroffenen in absehbarer Auskunft über Zeit eine sicherheitsempgespeicherte personenfindliche Tätigkeit zuzuweibezogene Daten sen, zu übertragen oder ihn dazu zu ermächtigen, (1) Auf Antrag ist von der zuständigen Stelle oder mitwirken2. von der mitwirkenden Behörde den Behörde unentgeltlich Aus- Gesetzestexte 283 kunft zu erteilen, welche Daten die Gründe der Auskunftsüber die anfragende Person im verweigerung aktenkundig zu Rahmen der Sicherheitsübermachen. Die anfragende Person prüfung gespeichert wurden. ist auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und (2) Bezieht sich die Ausdarauf hinzuweisen, daß sie sich kunftserteilung auf die Übermittan den Bundesbeauftragten für lung personenbezogener Daten den Datenschutz wenden kann. an die mitwirkenden Behörden, ist sie nur mit deren Zustimmung (5) Wird dem Anfragenden keizulässig. ne Auskunft erteilt, so ist sie auf sein Verlangen dem Bundesbe(3) Die Auskunftserteilung unauftragten für den Datenschutz zu terbleibt, soweit erteilen, soweit nicht die jeweils 1. die Auskunft die ordnungszuständige oberste Bundesbegemäße Erfüllung der in der hörde im Einzelfall feststellt, daß Zuständigkeit der speicherndadurch die Sicherheit des den Stelle liegenden Aufgaben Bundes oder eines Landes gegefährden würde, fährdet würde. Die Mitteilung des Bundesbeauftragten für den 2. die Auskunft die öffentliche Datenschutz darf keine RückSicherheit gefährden oder schlüsse auf den Erkenntnisstand sonst dem Wohle des Bundes der speichernden Stelle zulassen, oder eines Landes Nachteile sofern diese nicht einer weitergebereiten würde oder henden Auskunft zustimmt. 3. die Daten oder die Tatsache ih(6) Die zuständige Stelle gerer Speicherung nach einer währt der anfragenden Person Rechtsvorschrift oder ihrem Einsicht in die Sicherheitsakte, Wesen nach, insbesondere soweit eine Auskunft für die wegen der überwiegenden beWahrnehmung ihrer rechtlichen rechtigten Interessen eines Interessen nicht ausreicht und sie Dritten, geheimgehalten werhierfür auf die Einsichtnahme anden müssen gewiesen ist. Die Regelungen der und deswegen das Interesse des Absätze 2 bis 5 gelten entspreAnfragenden an der Auskunftschend. erteilung zurücktreten muß. (7) Die Auskunft ist unentgelt(4) Die Ablehung der lich. Auskunftserteilung bedarf einer Begründung nicht, soweit durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe, auf die die Entscheidung gestützt wird, der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet würde. In diesem Fall sind 284 Gesetzestexte Fünfter Abschnitt SS26 Sonderregelungen bei Sicherheitserklärung Sicherheitsüberprüfungen für nicht-öffentliche Stellen Abweichend von SS 13 Abs. 6 leitet der Betroffene seine Sicherheitserklärung der nicht-öffentlichen SS24 Stelle zu, in der er beschäftigt ist. Im Falle der Einbeziehung des Anwendungsbereich Ehegatten oder Lebenspartners nach SS 2 Abs. 2 fügt er dessen Bei Sicherheitsüberprüfungen Zustimmung bei. Die nicht-öffentvon Betroffenen, die von der zuliche Stelle prüft die Vollständigen Stelle zu einer sicherständigkeit und Richtigkeit der heitsempfindlichen Tätigkeit bei Angaben und darf, soweit dies ereiner nicht-öffentlichen Stelle erforderlich ist, die Personalmächtigt werden sollen, gelten unterlagen beiziehen. Sie gibt die folgende Sonderregelungen. Sicherheitserklärung an die zuständige Stelle weiter und teilt dieser vorhandene sicherheitserhebSS25 liche Erkenntnisse mit. Zuständigkeit (1) Zuständige Stelle ist das Bundesministerium für WirtSS27 schaft, soweit nicht im EinverAbschluß der nehmen mit ihm eine andere Sicherheitsüberprüfung, oberste Bundesbehörde die Weitergabe sicherheitsAufgabe als zuständige Stelle erheblicher Erkenntnisse wahrnimmt. Die zuständige Stelle unterrichtet (2) Die Aufgaben der nicht-öfdie nicht-öffentliche Stelle nur fentlichen Stelle nach diesem darüber, daß der Betroffene zur Gesetz sind grundsätzlich von eisicherheitsempfindlichen Tätigner von der Personalverwaltung keit ermächtigt oder nicht ergetrennten Organisationseinheit mächtigt wird. Erkenntnisse, die wahrzunehmen. Die zuständige die Ablehnung der Ermächtigung Stelle kann Ausnahmen zulassen, zur sicherheitsempfindlichen Täwenn die nicht-öffentliche Stelle tigkeit betreffen, dürfen nicht mitsich verpflichtet, Informationen, geteilt werden. Zur Gewährdie ihr im Rahmen der Sicherleistung des Verschlußsachenheitsüberprüfung bekanntwerschutzes können sicherheitserden, nur für solche Zwecke zu gehebliche Erkenntnisse an die brauchen, die mit der Sichernicht-öffentliche Stelle übermittelt heitsüberprüfung verfolgt werwerden und dürfen von ihr den. ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden. Die nicht-öffent- Gesetzestexte 285 liehe Stelle hat die zuständige SS30 Stelle unverzüglich zu unterrichSicherheitsakte der nichtten, wenn sicherheitserhebliche öffentlichen Stelle Erkenntnisse über den Betroffenen oder den in die SicherFür die Sicherheitsakte in der heitsüberprüfung einbezogenen nicht-öffentlichen Stelle gelten die Ehegatten oder Lebenspartner Vorschriften dieses Gesetzes bekanntwerden. über die Sicherheitsakte entsprechend mit der Maßgabe, daß die Sicherheitsakte der nicht-öffentSS28 lichen Stelle bei einem Wechsel des Arbeitgebers nicht abgegeAktualisierung der ben wird. Sicherheitserklärung (1) Die nicht-öffentliche Stelle leitet dem Betroffenen, der eine SS31 sicherheitsempfindliche Tätigkeit Datenverarbeitung, -nutzung ausübt, auf Anforderung der zuund -berichtigung in ständigen Stelle die Sicherheitsautomatisierten Dateien erklärung in der Regel alle fünf Jahre erneut zu. Die nicht-öffentliche Stelle darf die nach diesem Gesetz zur Erfüllung (2) Der Betroffene hat die in der ihrer Aufgaben erforderlichen perSicherheitserklärung angegebesonenbezogenen Daten des Benen Daten im Falle eingetretener troffenen in automatisierten Veränderung zu ergänzen. Die zuDateien speichern, verändern und ständige Stelle beauftragt die mitnutzen. Die für die zuständige wirkende Behörde, die MaßnahStelle geltenden Vorschriften zur men nach SS 12 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Berichtigung, Löschung und erneut durchzuführen und zu beSperrung finden Anwendung. werten. Sechster Abschnitt SS29 Reisebeschränkungen, Übermittlung von Sicherheitsüberprüfungen Informationen über persönauf Antrag ausländischer liche und arbeitsrechtliche Dienststellen und Verhältnisse Schlußvorschriften Die nicht-öffentliche Stelle hat der zuständigen Stelle das Ausscheiden aus sicherheitsempfindlicher SS32 Tätigkeit, Änderungen des FamiReisebeschränkungen lienstandes, des Namens, eines Wohnsitzes und der Staatsange(1) Personen, die eine sicherhörigkeit unverzüglich mitzuteilen. heitsempfindliche Tätigkeit aus- 286 Gesetzestexte üben, die eine Sicherheitssoweit nicht in Rechtsvorschriften überprüfung nach den SSSS 9 und zwischenstaatlicher Einrichtun10 erfordert, können verpflichtet gen oder völkerrechtlichen Verwerden, Dienstund Privatreisen trägen, denen die gesetzgebenin und durch Staaten, für die beden Körperschaften gemäß sondere Sicherheitsregelungen Artikel 59 Abs. 2 des Grundgelten, der zuständigen Stelle gesetzes zugestimmt haben, etoder der nicht-öffentlichen Stelle was anderes bestimmt ist. rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die Verpflichtung kann auch für die (2) Die Mitwirkung unterbleibt, Zeit nach dem Ausscheiden aus wenn auswärtige Belange der der sicherheitsempfindlichen TäBundesrepublik Deutschland tigkeit angeordnet werden. oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen (2) Die Reise kann von der zuentgegenstehen. Dies gilt auch ständigen Stelle untersagt werbei der Übermittlung personenbeden, wenn Anhaltspunkte zur zogener Daten an die auslänPerson oder eine beonders dische Dienststelle. sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegen, die eine erhebliche Ge(3) Die ausländische Dienstfährdung durch fremde Nachstelle ist darauf hinzuweisen, daß richtendienste erwarten lassen. die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung übermittelten (3) Ergeben sich bei einer Reise personenbezogenen Daten nur in und durch Staaten, für die befür Zwecke der Sicherheitssondere Sicherheitsregelungen überprüfung verwendet werden gelten, Anhaltspunkt, die auf eidürfen und die mitwirkende Benen Anbahnungsund Werhörde sich vorbehält, um Ausbungsversuch fremder Nachrichkunft über die vorgenommene tendienste hindeuten können, so Verwendung der Daten zu bitten. ist die zuständige Stelle nach Abschluß der Reise unverzüglich zu unterrichten. SS34 Ermächtigung zur Rechtsverordnung SS33 Die Bundesregierung wird erSicherheitsüberprüfung auf mächtigt, durch RechtsverordAntrag ausländischer nung festzustellen, welche BehörDienststellen den oder sonstigen öffentlichen (1) Ersucht eine ausländische Stellen des Bundes Aufgaben im Dienststelle die mitwirkenden Sinne des SS 10 Satz 1 Nr. 3 wahrBehörden um die Mitwirkung bei nehmen. einer Sicherheitsüberprüfung, so richtet sie sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, Gesetzestexte 287 SS35 Abschnitts und des Fünften Abschnitts sowie die SSSS 18 und Allgemeine 39 des BundesdatenschutzgeVerwaltungsvorschriften setzes, des Ersten Abschnitts und (1) Die allgemeinen Verwaldie SSSS 14 und 23 Nr. 3 des tungsvorschriften zur Ausführung Bundesverfassungsschutzgesetdieses Gesetzes erläßt das zes auch in Verbindung mit SS 12 Bundesministerium des Innern, des MAD-Gesetzes und SS 10 des soweit in den Absätzen 2 bis 4 BND-Gesetzes sowie die SSSS 1 nichts anderes bestimmt ist. und 8 des MAD-Gesetzes und SS 6 des BND-Gesetzes finden (2) Die allgemeinen VerwalAnwendung. tungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes im Bereich der (2) Für die DatenschutzSicherheitsüberprüfung in der kontrolle der von öffentlichen und Wirtschaft erläßt das Bundesnicht-öffentlichen Stellen nach ministerium für Wirtschaft im diesem Gesetz gespeicherten Einvernehmen mit dem Bundespersonenbezogenen Daten gelministerium des Innern. ten die SSSS 21 und 24 bis 26 des Bundesdatenschutzgesetzes. (3) Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes im GeschäftsSS37 bereich des Bundesministeriums der Verteidigung erläßt das Strafvorschriften Bundesministerium der Verteidi(1) Wer unbefugt von diesem gung im Einvernehmen mit dem Gesetz geschützte personenbeBundesministerium des Innern. zogene Daten, die nicht offenkun(4) Die allgemeinen Verwaldig sind, tungsvorschriften zur Ausführung 1. speichert, verändert oder dieses Gesetzes bei den Nachübermittelt, richtendiensten des Bundes erläßt die jeweils zuständige ober2. zum Abruf mittels automatiste Bundesbehörde im Einversierten Verfahrens bereithält nehmen mit dem Bundesoder ministerium des Innern. 3. abruft oder sich oder einem anderen aus Dateien verschafft, SS36 wird mit Freiheitsstrafe bis zu eiAnwendung des nem Jahr oder mit Geldstrafe beBundesdatenschutzgesetzes, straft. Bundesverfassungsschutzgesetzes, MAD-Gesetzes und (2) Ebenso wird bestraft, wer BND-Gesetzes 1. die Übermittlung von durch (1) Die Vorschriften des Ersten dieses Gesetz geschützten 288 Gesetzestexte personenbezogenen Daten, (2) Das Bundesverfassungsdie nicht offenkundig sind, schutzgesetz vom 20. Dezember durch unrichtige Angaben er1990 (BGBl. I S. 2954, 2970) wird schleicht oder wie folgt geändert: 2. entgegen SS 21 Abs. 1 oder 1. SS 3 Abs. 2 wird wie folgt geänSS 27 Satz 3 Daten für andere dert: Zwecke nutzt, indem er sie ina) Satz 2 wird wie folgt gefaßt: nerhalb der Stelle an einen anderen weitergibt. "Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungs(3) Handelt der Täter gegen schutz bei der Mitwirkung Entgelt oder in der Absicht, sich nach Satz 1 Nr. 1 sind im oder einen anderen zu bereichern Sicherheitsüberprüfungsoder einen anderen zu schädigen, gesetz vom 20. April 1994 so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis (BGBl. I S. 867) geregelt." zu zwei Jahren oder Geldstrafe. b) Die Sätze 3 und 4 werden (4) Die Tat wird nur auf Antrag aufgehoben. verfolgt. 2. SS 8 Abs. 4 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: SS38 "Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinÄnderung von Gesetzen zuweisen." (1) Artikel 1 SS 1 Abs. 2 des 3. SS 10 Abs. 2 wird aufgehoben. Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmelde(3) Das MAD-Gesetz vom geheimnisses vom 13. August 20. Dezember 1990 (BGBl. I 1968 (BGBl. I S. 949), das zuletzt S. 2954, 2977) wird wie folgt durch Artikel 2 des Gesetzes vom geändert: 27. Mai 1992 (BGBl. I S. 997) SS 1 Abs. 3 wird wie folgt geändert: geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Satz 2 wird wie folgt gefaßt: "Die Befugnisse des MiliSatz 3 wird wie folgt gefaßt: tärischen Abschirmdienstes "Sie haben für die Durchführung bei der Mitwirkung nach der vorstehend genannten AnSatzl Nr. 1 Buchstabe a sind ordnungen das erforderliche Perim Sicherheitsüberprüfungssonal bereitzuhalten, das gemäß gesetz vom 20. April 1994 dem Sicherheitsüberprüfungs(BGBl. I S. 867) geregelt." gesetz vom 20. April 1994 2. Die Sätze 3 und 4 werden auf(BGBl. I S. 867) überprüft und gehoben. zum Zugang zu Verschlußsachen des jeweiligen Geheimhaltungs(4) SS 24 Abs. 6 Satz 1 Nr. 7 des grades ermächtigt ist." Wehrpflichtgesetzes in der Fas- Gesetzestexte 289 sung der Bekanntmachung vom 13. Juni 1986 (BGBl. IS. 879), das zuletzt durch Artikel 6 Abs. 45 des Gesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) geändert worden ist, wird wie folgt gefaßt: "7.auf Verlangen der zuständigen Wehrersatzbehörde sich im Hinblick auf eine für sie vorgesehene sicherheitsempfindliche Tätigkeit in der Bundeswehr einer erstmaligen Sicherheitsüberprüfung und weiteren Sicherheitsüberprüfungen zu unterziehen. Die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung bestimmt sich nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867). Einer Zustimmung des Wehrpflichtigen bedarf es nicht." (5) SS 2 Abs. 2 Satz 3 des BNDGesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2979) wird wie folgt gefaßt: "Bei Sicherheitsüberprüfungen ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) anzuwenden." SS39 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Abkürzungsverzeichnis 291 Abkürzungsverzeichnis AA/BO Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD AFP Allianz der Palästinensischen Kräfte AIS Islamische Heilsarmee AIZ Antiimperialistische Zelle AJ/BZ Antifaschistische Jugend/Bundesweiter Zusammenschluß AMGT Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. ANS/NA Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten ANVA/B Aktionsgemeinschaft Nationaler VerbändeA/ölkischer Bund ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa BBl Bürgerund Bauerninitiative BdA Bund der Antifaschisten BSA Bund Sozialistischer Arbeiter BWK Bund Westdeutscher Kommunisten CWI Committee for a Worker's International DA Deutsche Aktionsgruppen DA Deutsche Alternative DABK Ostanatolisches Gebietskomitee DBI Deutsche Bürgerinitiative e.V. DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas DHKP-C Revolutionäre Volksbefreiungspartei/Tront DKP Deutsche Kommunistische Partei DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat DN Deutsche Nationalisten DNZ Deutsche National-Zeitung DUD Deutschland uns Deutschen DVU Deutsche Volksunion DWZ/DA Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei F.e.l.S. Für eine linke Strömung FEYKA-Kurdistan Förderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. FIS Islamische Heilsfront FMJ Förderwerk Mitteldeutsche Jugend FWF Freie Wählergemeinschaft Frankfurt 292 Abkürzungsverzeichnis GfbAEV Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung e.V. GFP Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. GIA Bewaffnete Islamische Gruppen GIM Gruppe Internationale Marxisten GNN Gesellschaften für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. IBP Islamischer Bund Palästina ICCB Verband islamischer Vereine und Gemeinden e.V., Köln ICN International Counter Network IHV Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V. IS International Socialists ISA Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation IMSV Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. ISO Internationalistisch-Sozialistische Organisation IWdN Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener IZH Islamisches Zentrum Hamburg JF Direkte Aktion/Mitteldeutschland JN Junge Nationaldemokraten JRE Jugend gegen Rassismus in Europa jW junge Welt KIB Kurdistan Informationsbüro in Deutschland KPD Kommunistische Partei Deutschlands KURD-A Kurdisch-Deutsche Presseagentur KURD-HA Kurdistan-Haber Ajansi/News Agency LTTE Liberation Tigers of Tamil Eelam MEK Organisation der Volksmodjahedin Iran MES Marx-Engels-Stiftung e.V. MG Marxistische Gruppe MLPD Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands NF Nationalistische Front NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund NIT Nationale Info-Telefone NL Nationale Liste NO Nationale Offensive NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands Abkürzungsverzeichnis 293 NSDAP-AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation NWRI Nationaler Widerstandsrat Iran PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PEAD Plattform Europa der Arbeiternehmerinnen und Demokratie PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas PKK Arbeiterpartei Kurdistans RAF Rote Armee Fraktion REP Die Republikaner RepBB Republikanischer Bund der öffentlich Bediensteten RJ Republikanische Jugend RP Wohlfahrtspartei RSB Revolutionär-Sozialistischer Bund RZ Revolutionäre Zellen SAG Sozialistische Arbeitergruppe SAV Sozialistische Alternative VORAN SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SpAD Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands TAJK Freie Frauenbewegung aus Kurdistan THKP/-C Devrimci Türkische VolksbefreiungsparteiAFront Devrimci Sol Sol TKP (ML) Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten U.I.S .A. Union islamischer Studentenvereine in Europa VOLKSFRONT Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg VSP Vereinigte Sozialistische Partei VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten WN-VdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten WJ Wiking-Jugend YCK Union der Jugendlichen aus Kurdistan YEK-KOM Föderation kurdischer Vereine in Deutschland Sachwortregister 295 Sachwortregister BOHLINGER, Roland 154 BORCHARDT, Siegfried 105 Brandund Sprengstoffanschläge 24, 32 f., 43 ff., 47, 49, 82 ff., 177 f., A 190 Bürgerund Bauerninitiative (BBl) AGITARE BENE 40, 42 110 Bund der Antifaschisten (BdA) 56 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Nationale Aktivisten (ANS/NA) Bundestagswahl 51 f., 54, 58 f., 103, 106 68, 104, 123, 132, 136, 144 Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) Aktionsgemeinschaft Nationaler VerbändeA/ölkischer Bund 61 (ANVA/B) 93 Bund Westdeutscher Kommunisten Allianz der Palästinensischen Kräfte (BWK) 56, 59 f., 68 (AFP) 192 f. BUSSE, Friedhelm 104,106 ALTHANS, Bela Ewald 112 f. Angehörigen Info 60 Angriff 115 c Anti-Antifa 100 ff., 106 Antifaschismus/Antirassismus CHRISTOPHERSEN, Thies 110 ff., 40,42 127, 162 f. Antifaschistische Aktion/BundesCLASH 40 weite Organisation (AA/BO) 42 CLEMENS, Björn 137 Antifaschistische Jugend/ Committee for a Worker's Bundesweiter Zusammenschluß International (CWI) 60 (AJ/BZ) 42 Computerspiele, rechtsextreAntifaschistische Nachrichten 60 mistische 161 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 26, Courage 58 32 f. APFEL, Holger 150 Arbeiterbund für den Wiederaufbau D der KPD (AB) 54 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 31, Das Freie Forum 153 48,60, 177 ff. DECKERT, Günter 132 f., 150 ARNDT-Buchdienst/Europa DEHOUST, Peter 154 Buchhandlung 156 DELLWO, Karl-Heinz 30 ARNDT-Verlag 156 Demokratische Front für die ARRANCA 40 Befreiung Palästinas (DFLP) 193 Aufbruch 103 DER EINBLICK 100 f. Autonome 34 ff., 42, 45 f., 48 f., DER REPUBLIKANER 137 56, 183 Deutsche Aktionsgruppen (DA) 93 Autonome Antifa (M) 29, 42 Deutsche Alternative (DA) 94 f., 100, 114, 120 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) B 117 Deutsche Bürgerinitative e.V. - weltBerxwedan-Verlags-GmbH 179 f. weit 117 Bewaffnete Islamische Gruppen Deutsche Geschichte 156 (GIA) 193 Deutsche Kommunistische Partei BISKY, Lothar 65 ff. (DKP) 50 ff., 54 ff., 68 296 Sachwortregister Deutsche Liga für Volk und Heimat Föderation der patriotischen (DLVH) 95, 133, 135 f., 153 ff., Arbeiterund Kulturvereinigungen 161, 166 aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutsche Nationalisten (DN) 102, Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) 114 f., 120 179 f. Deutsche National-Zeitung (DNZ) Föderation kurdischer Vereine in 123, 125 Deutschland (YEKKOM) 180 f., DeutscherJahrweiser 117 184 Deutsche Rundschau 135,155 Förderwerk Mitteldeutsche Jugend Deutsche Volksunion (DVU) 76, (FMJ) 115 114, 123, 127 f., 142, 165 f. FOLKERTS, Knut 30 Deutsche Wochen-Zeitung/ Freie Frauenbewegung aus Deutscher Anzeiger (DWZ/DA) Kurdistan (TAJK) 184 123, 125 Freie Wählergemeinschaft Frankfurt DEUTSCHLAND REPORT 116 (FWF) 161 Deutschland uns Deutschen (DUD) Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei 120 (FAP) 94 f., 100, 102 ff., 119, 161 DevrimciSol 176, 187 f. Freundschaftsgesellschaft BundesDie Bauernschaft 110 ff., 162 republik Deutschland - Kuba e. V. Die Neue Front 102 54 Die Republikaner (REP) 76, 123, FREY, Dr. Gerhard 123, 128 f., 128, 136 ff., 165 f. 142, 147, 154, 165 Die Rote Hilfe 63 Für eine linke Strömung (F.e.l.S.) Die Unregierbaren - Autonome Liste 40 36 FZ-Freiheitlicher Buchund Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JF) Zeitschriftenverlag GmbH 129 115 Doitsche Patrioten 96 DSZ-Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH 129,154 GEGENSTANDPUNKT 62 E Geheim 60 Germania-Rundbriefe 111 Edelweißpiraten 42 Gesellschaften für NachrichtenerEidgenoss 163 fassung und Nachrichtenverbreitung Einheit und Kampf 150 f. mbH (GNN) 59 ENGEL, Stefan 58 Gesellschaft für biologische ERBAKAN, Prof. Necmettin 192 Anthropologie, Eugenik und ESV-Versand 99 Verhaltensforschung e.V. (GfbAEV) EUROPA VORN aktuell 156 f. 154 EUROPA VORN spezial 156 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. Europawahl 36, 51 f., 61, 104, (GFP) 153 f. 132, 144 Gesetzesverletzungen ausländischer Extremisten 176 ff. F Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 23 ff, Föderation der Arbeiter aus der Gesetzesverletzungen mit rechtsexTürkei in Deutschland e.V. (ATIF) tremistischem Hintergrund 79 f., 190 84 f., 87 f., 90 f., 96 Sachwortregister 297 Gewalttaten 24 f., 38, 42, 79, Internationale Sozialistische 81 f., 85, 87, 90, 93, 95 f., 176 Arbeiterorganisation (ISA) 61 GNN-Verlagsgesellschaft Politische Internationalistisch-Sozialistische Berichte 59 f. Organisation (ISO) 61 GOERTZ, Andre 161 International Socialists (IS) 61 Grabert-Verlag 157 Iranische Moslemische StudentenGrabert-Versandbuchhandlung/ Vereinigung Bundesrepublik Deutscher Buchkreis 157 Deutschland e.V. (IMSV) 195 GRABERT, Wigbert 157 IRVING, David 112,156,163 GRAMS, Wolfgang 29 Islamische Heilsarmee (AIS) 193 Gruppe Internationale Marxisten Islamische Heilsfront (FIS) 193 f. (GIM) 61 Islamischer Bund Palästina (IBP) Gruppe K 51 193 Gruppe Spartakus 61 Islamisches Zentrum Hamburg e.V. (IZH) 194 Islamische Widerstandsbewegung H (HAMAS) 192 f. Halt 163 HAUSMANN, Alexander 143 f. HEHL, Christian 104 J HEINZMANN, Axel 104 JAMROWSKI, Werner 139 HEISE, Thorsten 106 Jugend gegen Rassismus in Europa HEISSLER, Rolf 31 (JRE) 60 f. HEPP, Odfried 93 Hilfsorganisation für nationale Junge Nationaldemokraten (JN) politische Gefangene und deren 100, 150 ff., 156 Angehörige e.V (HNG) 95, 112 f. Junge Welt (jW) 51 Hizb Allah (Partei Gottes) 193 HOGEFELD, Birgit 29 ff. HONSIK, Gerd 163 K HÜTTL, Wolfgang 144 KAPLAN, Cemaleddin 191 KARATAS, Dursun 187 ff. I KEBIR, Rabah 193 f. KEXEL, Walther 93 INDEX 106 KLAR, Christian 31 Infoläden 40 Klasse gegen Klasse 47 Info-Telefone 160 f. Kommunalwahlen 132 f., 136, Initiativkreis Libertad 32 144, 145 f. Interessenverband ehemaliger TeilKommunistische Partei Deutschnehmer am antifaschistischen Widerlands (KPD) 50 stand, Verfolgter des Naziregimes Konföderation der Arbeiter aus der und Hinterbliebener (IWdN) 56 Türkei in Europa (ATIK) 190 INTERIM 40,46 Konkret 51 International Counter Network (ICN) KOSIEK, Dr. Rolf 153 23 Kraftschlag 99 Internationales Hilfskomitee für naKRAUSE, Dr. Rudolf 144 tionale politische Verfolgte und deKurdisch-Deutsche Presseagentur ren Angehörige e.V. (IHV) 161 (KURD-A) 180 298 Sachwortregister Kurdistan-Haber Ajansi/News MOHNHAUPT, Brigitte 31 Agency (KURD-HA) 179 f. MÜLLER, Ursula 112 f. Kurdistan Informationsbüro in MUNIER, Dietmar 156 Deutschland (KIB) 180 Kurdistan-Komitee e.V. 179 f. Kurdistan-Rundbrief 60 N Nachrichten der HNG 102, 113 NAHRATH, Wolfgang 152 NAHRATH, Wolfram 118 Landtagswahlen 132, 136, 144 f. Nationaldemokratische Partei -Bayern 132,144,146 Deutschlands (NPD) 76, 94, 123, -Brandenburg 145 129 ff., 150, 166 - Mecklenburg-Vorpommern Nationaldemokratischer Hochschul132, 145 bund (NHB) 150,152 -Niedersachsen 132,145 Nationale Befreiungsfront Kurdistans - Saarland 145 (ERNK) 178 ff., 182 ff. - Sachsen 145 Nationale Info-Telefone (NIT) - Sachsen-Anhalt 145 123, 152, 160 f. -Thüringen 145 Nationale Liste (NL) 100, 106, 123, LAUCK, Gary Rex 1081,164 161 Legion Condor 96 Nationale Offensive (NO) 100, 120 LEUCHTER, Fred A. 163 Nationaler Widerstandsrat Iran Liberation Tigers of Tamil Eelam (NWRI) 195 (LTTE) 197 Nationalistische Front (NF) 95, 100, 120, 122 Linke Kommunalpolitik 60 Nationalsozialistische Deutsche LINK-S 62 Arbeiterpartei Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 108 Nation - das politische Magazin für M Deutsche 154 Nation Europa - Verlag GmbH 154 Macht & Ehre 96 Nation und Europa - Deutsche Mailboxen 22, 39 f., 62, 158 ff. Monatshefte zur Europäischen NeuMARKOV, Helmut 67 ordnung 135, 155 MARQUARDT, Angela 66 ff. Nation und Europa - Deutsche Marx-Engels-Stiftung e.V. (MES) Rundschau 155 56 f. NAUMANN, Peter 93 Marxistische Gruppe (MG) 62 Neonazis 76, 99 f., 103 f., 106, Marxistisch-Leninistische Partei 113, 122, 151, 158, 166 Deutschlands (MLPD) 57 ff. Netzwerk Cuba - InformationsMilli Gazete (Nationalzeitung) 192 büro e.V. 54 MitgliederVAnhängerzahlen, NS Kampfruf 108 f. Ausländerextremismus 174 f., 191 MitgliederVAnhängerzahlen, Linksextremismus 20, 51 f., 54, 57, 60 f., 63 MitgliederVAnhängerzahlen, OCALAN, Abdullah 179,183, Rechtsextremismus 76,103,112, 186 115, 118,128, 133, 136,142, 150 Özgür Gündem (Freie Tageszeitung) MOLLER, Irmgard 30 f. 180 Sachwortregister 299 Oi Dramz 99 Revolutionär-Sozialistischer Bund Organisation der Volksmodjahedin (RSB) 61 Iran(MEK) 194 f. RICHTER, Karl 135,153 Ostanatolisches Gebietskomitee RIEGER, Jürgen 154 (DABK) 177,190 ROEDER, Manfred 93,117 Ostfront AVK 96 Rote Armee Fraktion (RAF) 26 ff., 63 Rote Fahne 57, 58 P Rote Hilfe e.V. 62 f. RoteZora 26,331,44 Partei des Demokratischen SozialisROUHS, Manfred 156 mus (PDS) 5 0 1 , 5 4 , 5 7 , 5 9 1 , Ruhrgebietsinfo 40 64 ff. PETRI, Michael 114,120 Plattform Europa der Arbeitnehmerinnen und Demokratie (PEAD) 61 s POHL, Helmut 31 Saccara 97 Politische Berichte 59 f. Samisdat Publishers Ltd-Verlag PREISSINGER, Adrian 154 111 PRIEMER, Rolf 51 SCHLIERER, Dr. Rolf 1431 Propagandaverteilerkreise (PVK) SCHMANCK, Burghard 138, 142 120 SCHÖNBORN, Meinolf 120,122 Publikationen extremistischer SCHÖNHUBER, Franz 128, Ausländerorganisationen 176 138 ff., 142 ff., 147, 149, 165 Publikationen, linksextremistische SCHOLZ, Christian 102,113 20 SCHÜTZINGER Jürgen 136 Publikationen, rechtsextremistische SIEFERT, Jens 161 78 Skinheads 76, 93, 96 ff. Skull-Records 99 Sozialistische Alternative VORAN (SAV) 60 Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) Radikahl 99 61 radikal 40,44 Sozialistische Deutsche ArbeiterRAZZ 40 jugend (SDAJ) 54 REBELL 58 Spartakist-Arbeiterpartei DeutschRechtskampf 120 lands (SpAD) 61 REMER-DEPESCHE 116 SpinnenNetz 22 f. REMER, Otto Ernst 116, 127, 163 Sprengstoffund Brandanschläge Republikanische Jugend (RJ) 24, 32 f., 43 ff., 47, 49, 82 ff., 177 f., 142 190 Republikanischer Bund der öffentlich STANDARTE 103 Bediensteten (RepBB) 142 STEHR, Heinz 51, 54 Revisionismus 162 Sterka Ciwan (Jugendstern) 184 Revolutionäre VolksbefreiungsSTORR, Andreas 150 parteiAfront SUDHOLT, Dr. Gert 156 (DHKP-C) 187 SWIERCZEK, Michael 120 Revolutionäre Zellen (RZ) 26, 33 f., SWING - Autonomes Rhein-Main44 Info 40 300 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) TAUFER, Lutz 30 56,60 Terrorismus 26 Volkszorn 96 THULE-Netz 158 f. VORAN zur sozialistischen Tribüne Druck GmbH 60 Demokratie e.V. 60 Triebtäter 99 Vorderste Front 152 Trotzkistische Gruppen 60 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten W (TKP(ML)) 177, 190 f. Türkische Volksbefreiungspartei/WAHL, Dr. Max 163 Front Devrimci Sol WAWCZYNIAK, Halina 68 (THKP/-C Devrimci Sol) 189 Wehrsportgruppe (WSG) Hoffmann 93 Werwolf 93 U Wiking-Jugend e.V. (WJ) 94, 1181, 150 Ümmet-i Muhammed (Die Gemeinde Wohlfahrtspartei (RP) 192 Mohammeds) 191 WORCH,Christian 100,106,113, Union der Jugendlichen aus 123 Kurdistan (YCK) 184 WULFF, Thomas 106 Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.l.S.A.) 194 YAGAN, Bedri 189 YILMAZ, Kani 182 Verband islamischer Vereine und Gemeinden e.V., Köln (ICCB) 191 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 61,68 Vereinigung der neuen Weltsicht in ZOTL, Peter-Rudolf 65 Europa e.V. (AMGT) 191 f. ZÜNDEL, Ernst 110 ff., 162 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) 54 ff., 60 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten (WN-VdA) 56 Verlage, linksextremistische 20 Verlage, rechtsextremistische 78, 129 Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur 154 Verlagsgesellschaft Berg GmbH 156 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 193