Verfassung^ schütz Linksextremistische Bestrebungen bericht Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdend 1990 und extremistische Bestrebungen von Ausländern Spionageabwehr ISSN: 0177-0357 3 Vorwort des Bundesministers des Innern Der jährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und ein wesentlicher Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Unser freiheitlicher Rechtsstaat verfügt über ein Instrumentarium, um die Wiederholung einer Entwicklung zu verhindern, in der Grundprinzipien der Verfassung von ihren Gegnern angegriffen und ausgehöhlt werden konnten. In dem Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, sieht die Bundesregierung eine wichtige Aufgabe und ist bereit, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts auch offensiv zu führen. Sie setzt dabei - in Übereinstimmung mit ihren Vorgängern und den Regierungen in den Ländern - auf die Überzeugungskraft der geistig-politischen Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einräumt. Die Erhaltung des demokratischen Rechtsstaats kann nicht allein von staatlichen Behörden geleistet werden. Sie ist vielmehr Aufgabe aller Bürger. Ihre Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungsschutz. Hierfür müssen der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Der Information bedarf es auch deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele verschleiern, Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz ablegen oder durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen vermeintlich als Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. 4 Vorwort des Bundesministers des Innern Die Kriterien für die Grenzziehung zwischen Extremisten und Demokraten beschreibt SS 4 Bundesverfassungsschutzgesetz. Zu den fundamentalen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen vor allem: - Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung - die Volkssouveränität - die Gewaltenteilung - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - die Unabhängigkeit der Gerichte - das Mehrparteienprinzip - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien - und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausbildung einer Opposition. Bis 1973 wurden solche Bestrebungen zuweilen als "radikal" bezeichnet. Der Begriff "extremistisch" trägt demgegenüber der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht schon deshalb verfassungsfeindlich sind, weil sie eine bestimmte, nach allgemeinem Sprachgebrauch "radikale" , d. h. an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben. Sie sind "extremistisch" und damit verfassungsfeindlich im Rechtssinne nur dann, wenn sie sich gegen den oben umschriebenen Grundbestand unserer freiheitlichen rechtsstaatlichen Verfassung richten. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1990 zusammen. Er kann keinen erschöpfenden Überblick geben; er unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse und analysiert und bewertet die Entwicklungen und Zusammenhänge. Er ist als Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung, nicht als eine abschließende juristische Würdigung zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der von verfassungsfeindlichen Kräften beeinflußten Organisationen. Die Erwähnung einer Organisation im Bericht allein läßt noch keine Rückschlüsse auf die Verfassungstreue der einzelnen Mitglieder solcher Vereinigungen zu. Dr. Wolfgang Schäuble 5 INHALTSVERZEICHNIS Überblick 11 Linksextremistische Bestrebungen 19 I. Übersicht in Zahlen 20 1. Organisationen und Mitgliederstand 20 2. Verlage und periodische Publikationen 20 3. Linksextremisten im öffentlichen Dienst 24 II. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten 24 1. Politischer Standort 24 2. Organisationen und Gruppierungen 25 2.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 25 2.1.1 DKP 25 2.1.2 Nebenorganisationen der DKP 28 2.1.3 DKP-beeinflußte Organisationen 29 2.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW), jetzt: "Sozialistische Initiative" (Sl) 31 2.3 "Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 32 2.4 "Kommunistischer Bund" (KB) 33 2.5 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 34 2.6 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) 35 2.7 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 35 2.8 "Trotzkistische Gruppen" 37 2.9 "Radikale Linke" 37 2.10 "Marxistische Gruppe" (MG) 38 III. Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre 40 1. Autonome 42 2. Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 45 3. "Anarcho-syndikalistische" und "anarcho-kommunistische" Gruppen 45 IV. Aktionsfelder 46 1. Kampagne gegen die Einheit Deutschlands 46 2. Teilnahme an Wahlen 48 2.1 Wahlbündnis zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 48 2.2 Landtagswahlen 50 2.3 Kommunalwahlen 50 3. "Antimilitarismus"-Arbeit und "Friedenskampf" 50 4. "Antifaschismus"-Arbeit 51 5. "Antiimperialismus-" und "lntemationalismus"-Arbeit 52 6. Betriebsund Gewerkschaftsarbeit 54 6 Inhaltsverzeichnis 7. Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst 55 8. Kampf um "Freiräume" 56 V. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 58 1. Entwicklung der Terroraktionen 58 2. "Rote Armee Fraktion" (RAF) 60 2.1 "Kommandobereich" und "Militante" 60 2.2 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" 65 2.3 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" 67 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" 70 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen 70 5. Internationale Verflechtungen 71 6. Strafverfahren 73 6.1 Anklagen 73 6.2 Verurteilungen 74 VI. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 74 1. Übersicht in Zahlen 74 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten 75 VII. Erläuterungen und Dokumentation 76 VIII. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 82 Inhaltsverzeichnis 7 Rechtsextremistische Bestrebungen 87 I. Übersicht in Zahlen 88 1. Organisationen und Mitgliederstand 88 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste 90 3. Periodische Publikationen 90 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst 90 II. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 91 1. Zielsetzung 91 2. Zahlen 91 3. Neonationalsozialistische Gruppen 92 3.1 "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) 92 3.2 "Deutsche Alternative" (DA) 96 3.3 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 97 3.4 "Nationale Offensive" (NO) 99 3.5 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 100 3.6 "Nationalistische Front" (NF) 101 3.7 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 102 3.8 "Neonationalsozialistenkreis um Curt MÜLLER" 102 3.9 "Bürgerund Bauerninitiative" (BBI) 102 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) 102 3.11 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) 103 3.12 "Aktion Sauberes Deutschland" (ASD) 104 III. "National-Freiheitliche"/"Nationaldemokraten" 104 1. Ideologische Standorte 104 2. "Deutsche Volksunion-Liste D" (DVU) 106 2.1 Zielsetzung 106 2.2 Organisation 108 2.3 Finanzen 108 2.4 Teilnahme an Wahlen 108 2.5 Wahlbündnis mit der NPD 108 2.6 Sonstige Aktivitäten 109 3. "Deutsche Volksunion e.V." (DVU e.V.) 109 4. "National-freiheitliche" Verlage 109 5. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 109 5.1 Zielsetzung 109 5.2 Teilnahme an Wahlen 111 5.3 Organisation 112 5.4 Finanzen 112 6. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 112 IV. Sonstige rechtsextremistische Gruppen 113 8 Inhaltsverzeichnis V. Jugendgruppen 113 1. Überblick 113 2. Rechtsextremistische Subkulturszene 113 3. "Wiking-Jugend e.V." (WJ) 114 VI. Rechtsextremistische Verlage, Vertriebsdienste und Verbreitung von Computerspielen 115 1. Organisationsunabhängige Schriftenverlage 115 1.1 GRABERT-Verlag 115 1.2 Verlag Diagnosen 115 1.3 Nation Europa-Verlag GmbH 116 2. Vertriebsdienste und Buchverlage 116 3. Verbreitung von Computerspielen 117 VII. Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern 117 1. Vorbemerkung 117 2. Neonationalsozialismus 117 3. "Nationaldemokraten"/"National-Freiheitliche" 118 4. Rechtsextremistische Subkulturszene 119 VIII. Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 120 1. Weltweite Revisionismus-Kampagne 120 2. Neonationalsozialistisches Propagandamaterial aus dem Ausland 120 3. Internationale Treffen 121 IX. Gewalttaten von Rechtsextremisten 122 1. Tötungsdelikte 122 2. Brandund Sprengstoffanschläge 122 3. Strafverfahren 123 X. Weitere Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug 124 1. Überblick 124 2. Körperverletzungen und Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 124 3. Gewaltandrohungen 126 4. Sonstige Gesetzesverletzungen 126 5. Beweggründe/Zielrichtungen 126 XI. Erläuterungen und Dokumentation 130 XII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 132 Inhaltsverzeichnis 9 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 135 I. Übersicht in Zahlen 136 1. Organisationen und Mitgliederstand 136 1.1 Überblick 136 1.2 Organisationen 136 1.3 Mitglieder 138 2. Publizistik 139 3. Sicherheitslage, Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen 139 II. Mitgliederentwicklung und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 141 1. Iren/Nordiren 141 2. Araber 143 2.1 Mitgliederentwicklung 143 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 143 3. Kurden 146 3.1 Mitgliederentwicklung 146 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 146 4. Iraner 148 4.1 Mitgliederentwicklung 148 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 149 4.2.1 Überblick 149 4.2.2 Anhänger der iranischen Regierung 149 4.2.3 Gegner der iranischen Regierung 149 5. Türken (ohne Kurden) 151 5.1 Mitgliederentwicklung 151 5.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 151 5.2.1 Überblick 151 5.2.2 "Neue Linke" 152 5.2.3 Orthodoxe Kommunisten 154 5.2.4 Islamische Extremisten 155 5.2.5 Extreme Nationalisten 155 6. Sonstige 156 6.1 Jugoslawen 156 6.2 Sikhs 156 6.3 Tamilen 157 III. Erläuterungen und Dokumentation 158 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 163 10 Inhaltsverzeichnis Spionageabwehr 167 1. Ausgangslage 168 2. Der ehemalige DDR-Staatssicherheitsapparat 169 2.1 Einfluß des MfS auf Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR 169 2.2 Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit 171 2.2.1 Umfang der Ausspähung 173 2.2.2 Abschaltung der Quellen oder Weitergabe an sowjetische Dienste 174 3. Fernmeldeaufklärung durch die Hauptabteilung III des MfS 177 4. Der ehemalige militärische Nachrichtendienst 181 5. Künftige Rolle der sowjetischen Nachrichtendienste 181 6. Festnahmen und Verurteilungen 184 Anhang 185 Abkürzungsverzeichnis 186 Sachwortregister 189 Strukturdaten 195 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes 196 Art. 2, Bundesverfassungsschutzgesetz Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes 212 Überblick I. Linksextremistische Bestrebungen Der organisierte Linksextremismus befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel - eine Konsequenz des Scheiterns des realen Sozialismus in der ehemaligen DDR. Alle Linksextremisten sind in ihrem Selbstverständnis herausgefordert; viele versuchen, ihre Strategie und Taktik entsprechend der veränderten Situation neu zu bestimmen. Dabei wird die traditionelle Abgrenzung zwischen "orthodoxem Kommunismus" und "Neuer Linke" zunehmend hinfällig. Durch Abspaltungen und neue Zusammenschlüsse bilden sich andere organisatorische Strukturen heraus. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen. Unverändert hielten Linksextremisten jedoch an ihren verfassungsfeindlichen Fernzielen fest: Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Diktatur oder der Anarchie. Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) war von den Umwälzungen am stärksten betroffen; sie verlor mit der DDR ihren ideologisch-politischen und materiellen Rückhalt. Die Partei konnte ihren Niedergang bisher nicht stoppen. Sie beharrt jedoch auf ihrem dogmatischen Kurs als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse und hofft, sich mit anderen dogmatischen Kräften zu einer vereinigten kommunistischen Partei in ganz Deutschland zusammenschließen zu können. Das organisierte Umfeld der DKP ist erheblich geschrumpft. Hauptamtliche Apparate sind kaum noch vorhanden. Einige der kommunistisch beeinflußten Organisationen versuchen jedoch, ihre Arbeit fortzusetzen, so die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA). Auch im Bereich der revolutionär-marxistischen Organisationen der bisherigen "Neuen Linken", die zunächst von der Krise nicht unmittelbar betroffen war, begannen sich die Strukturen zu verändern. Einzelne Gruppen sehen sich in ihrem dogmatischen Kurs bestätigt; andere suchen nach neuen organisationsübergreifenden Zusammenhängen und arbeiten - wie Aktivisten aus der DKP - mit der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) zusammen. Die PDS, vormals "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED), wirkt auf diesen Prozeß ein. Anarchistische und sonstige Sozialrevolutionäre Gruppierungen knüpften ebenfalls Kontakte zu Gesinnungsgenossen in den neuen Bundesländern und agierten mit ihnen zusammen. Dabei propagierten Autonome unverändert Gewalt als Mittel der Politik und gingen auch gewalttätig vor, etwa bei Hausbesetzungen und Protesten gegen den Golfkrieg. 12 Überblick Der Prozeß zur Herstellung der Einheit Deutschlands prägte 1990 entscheidend die Aktivitäten von Linksextremisten. Zum Jahresende beteiligten sich Vertreter aller Strömungen auch aktiv an der Kampagne gegen einen Golfkrieg, und zwar ausgehend von ihren traditionell "antiimperialistischen", d. h. gegen die westlichen Demokratien und besonders die USA gerichteten Positionen. Wie schon seit Jahren waren anarchistisch orientierte Autonome für die Mehrzahl der von Linksextremisten verübten Gewalttaten, einschließlich der terroristischen Brandanschläge, verantwortlich. Die seit 1987 rückläufige Entwicklung der linksextremistisch motivierten Terrorakte* hielt auch 1990 an. So ist deren Zahl mit 81 Anschlägen gegenüber dem Vorjahr (101) weiter zurückgegangen. Gegen Jahresende zeichnete sich jedoch ab, daß die Anschlagszahlen wieder ansteigen. Der "Kommandobereich" der "Roten Armee Fraktion" (RAF) hat mit dem versuchten Mordanschlag auf den Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Hans Neusei am 27. Juli in Bonn und dem geplanten Attentat auf den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Ignaz Kiechle, Anfang März gezeigt, daß er den "bewaffneten Kampf" unbeirrt fortsetzt. Bei dem Anschlag auf Staatssekretär Neusei benannte sich das RAF-Kommando nach einem in Spanien an den Folgen eines Hungerstreiks gestorbenen Häftling der GRAPO/PCE(r). Dies zeigt die Bemühungen, die spanische Terrorgruppe GRAPO für eine Zusammenarbeit im Rahmen der angestrebten "antiimperialistischen Front in Westeuropa" zu gewinnen. Von einem Fortbestand des im September 1988 bekanntgegebenen Bündnisses zwischen der RAF und der italienischen Terrorgruppe "Brigate Rosse - PCC" (BR-PCC) muß weiterhin ausgegangen werden, obwohl die BR-PCC seitdem keine Terroraktionen mehr durchgeführt haben. Die Festnahmen früherer RAF-Mitglieder im Juni in der ehemaligen DDR haben nicht zu einer Schwächung der RAF geführt, da diese Personen sich bereits Anfang der achtziger Jahre vom Terrorismus gelöst hatten. Auch die "Militanten" der RAF haben ihre terroristischen Aktivitäten mit einem Sprengstoffanschlag am 4. Februar auf die Hauptverwaltung der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) in Essen, einem versuchten Sprengstoffanschlag am 25. Februar auf die Deutsche Bank in Eschborn sowie einem Brandanschlag Ende Februar auf die Fa. Siemens in Bonn fortgesetzt. Das beherrschende Thema im RAF-Spektrum war der Hungerstreik der in Spanien inhaftierten Mitglieder der GRAPO/PCE(r). Neben "Zur Definition der Begriffe "Terrorismus" und "Terrorakte" s. Erläuterungen und Dokumentation, Ziff. 117 und 118 Überblick 13 den Anschlägen der RAF, die alle auch im Zusammenhang mit dem Hungerstreik in Spanien standen, führten die Inhaftierten der RAF bis Anfang Mai abwechselnd zeitlich befristete Solidaritätshungerstreiks durch. Zusätzlich engagierte sich das RAF-Umfeld bei einer Vielzahl von Veranstaltungen und versuchte, mit militanten Aktionen dem Hungerstreik Nachdruck und Publizität zu verschaffen. Allerdings gelang es nicht, eine breitere Öffentlichkeit für dieses Thema zu interessieren. Insgesamt zeigte sich das RAF-Umfeld 1990 in einem wenig gefestigten Zustand. Dazu trug auch die Entwicklung in den osteuropäischen Staaten bei, die die Frage nach der Perspektive "antiimperialistischer" Politik aufwarf. Insbesondere die Abkehr von zehn in der ehemaligen DDR festgenommenen früheren RAF-Mitgliedem vom Terrorismus und ihre Bereitschaft zur Aufklärung von Ende der siebziger Jahre begangenen schweren Straftaten hinterließ im Unterstützerbereich Enttäuschung. "Revolutionäre Zellen" (RZ) haben 1990 fünf Anschläge verübt. Die autonome Frauengruppe der RZ, die "Rote Zora", blieb inaktiv. II. Rechtsextremistische Bestrebungen Der deutsche Rechtsextremismus wurde im Berichtsjahr durch die Wahlniederlagen der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), die fast völlige Inaktivität der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU) und die tiefgreifende innerdeutsche Entwicklung entscheidend geprägt. Anders als in den Vorjahren trat der rechtsextremistische Münchener Verleger Dr. Gerhard FREY 1990 außer mit einer Großveranstaltung seiner DVU in Passau kaum hervor. Der durch mindere Wahlkampfkostenerstattung bedingte Verlust von einigen Millionen DM infolge des schlechten Abschneidens bei der Europawahl 1989 zwang ihn, seine parteipolitischen Aktivitäten zu reduzieren. Dies war mit ursächlich für den starken Mitgliederrückgang in der DVU von 25.000 auf 22.000 Personen*. Damit endete auch die 1987 begonnene Zusammenarbeit mit den "Nationaldemokraten". Der NPD fehlte die finanzielle und propagandistische Unterstützung Dr. FREYs. Die vernichtende Niederlage bei der Bundestagswahl im Dezember hat sie in eine ernste Existenzkrise gedrängt. Der Parteivorsitzende hat sein Amt niedergelegt. Er und andere Führungskräfte versuchen, sich neu zu organisieren. Die Mitgliederverluste der DVU und der NPD sowie der Wählerrückgang bei der NPD haben ihre Ursache aber auch in der deutschen Vereinigung. Das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands hat 1990 die Themen, die noch vor Monaten den Rechtsex- * Dr. FREY nennt eine höhere Mitgliederzahl 14 Überblick tremisten beachtliche Wahlsiege bescherten, obsolet werden lassen. Die fortdauernde Aufnahme einer großen Anzahl von Asylanten und Aussiedlern und die sich dadurch weiter verschärfenden Unterbringungsprobleme, Wohnungsnöte und Arbeitslosigkeit könnten den Rechtsextremisten aber bald wieder als wirksame Agitationsbasis dienen. Dr. FREY hat darüber hinaus angekündigt, in diesem Jahre wieder voll in die Politik einsteigen zu wollen. Die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnische Westgrenze nutzen Rechtsextremisten zur Agitation und Propaganda, um mit Hilfe dieser Thematik Anhänger und Wähler zu gewinnen. Westdeutsche Rechtsextremisten haben seit dem Wegfall der innerdeutschen Grenze erfolgreich Kontakte zu ihren Gesinnungsgenossen in Ostdeutschland aufgenommen. Dies gilt insbesondere für die Neonationalsozialisten (Neonazis) um den 1991 verstorbenen Michael KÜHNEN und dessen "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front", aber auch für die NPD. In den neuen Bundesländern ist das militante Potential nationalistisch und rassistisch ausgerichteter Skinheads besonders groß und brutal. Zielgruppen ihrer Gewaltaktivitäten sind insbesondere Ausländer, subkulturelle Gruppierungen wegen ihres "undeutschen Wesens", ehemalige Kommunisten und kommunistische Einrichtungen. Zahlreiche bisher nicht aufgeklärte Übergriffe lassen die Vermutung zu, daß auch die sowjetischen Streitkräfte und ihre Einrichtungen in Deutschland ein bevorzugtes Angriffsziel der Rechtsextremisten darstellen. Die gewaltbetonten rechtsextremistischen Skinhead-Aktivitäten in den alten Bundesländern dauern wie in den Vorjahren an. Alle rechtsextremistischen Bestrebungen kennzeichnet aus ideologischer Sicht ein völkischer Nationalismus, dessen Triebfeder ein elitäres Rassedenken ist. Nicht die Gemeinsamkeiten der Geschichte, der Kultur und insbesondere der Sprache bestimmen nach rechtsextremistischer Weltanschauung die Zugehörigkeit zu einem Volk und zu einer Nation, sondern allein die biologische Abstammung (Rassevolk, Rassenation). Das ideologische Feindbild wird deshalb maßgeblich durch Fremdenund Rassenhaß insbesondere gegen Türken, Juden und Farbige geprägt. Diese Feindbilder kennzeichnen die Kampagnen der Rechtsextremisten gegen Asylanten, Asylbewerber und Gastarbeiter. Die Neonationalsozialisten (Neonazis) streben einen dem Programm der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) von 1920 entsprechenden Führerstaat an. Soweit sie in HITLER ihr Leitbild sehen, entspricht das "Dritte Reich" ihrer Systemvorstellung. Die "Nationalrevolutionäre" unter den Neonationalsozialisten streben hingegen ein NS-Staatsmodell mit stärkerer sozialistischer Ausprägung an. Überblick 15 Die "Nationaldemokraten" kleiden ihre völkisch-kollektivistischen Systemvorstellungen in Begriffe wie "Volksgemeinschaft" und "Volksganzes", wobei sie - wie die "National-Freiheitlichen" - trotz aller Wortbekenntnisse zum Grundgesetz die Freiheitsrechte des Individuums gegenüber den Interessen der Volksgesamtheit geringschätzen. Sie lassen dadurch erkennen, daß sie autoritäre bzw. totalitäre Strukturen befürworten. III. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Ausländische Extremisten bildeten auch im Jahr 1990 nur eine kleine Minderheit unter den in Deutschland lebenden etwa fünf Millionen Ausländern. Wie im Vorjahr gingen aber von ihnen erhebliche Gefahren für die innere Sicherheit sowie für wichtige innenund außenpolitische Belange Deutschlands aus. Die politisch-ideologischen Umwälzungen innerhalb der kommunistischen Bewegung, vor allem in Osteuropa, wirkten sich insbesondere bei den orthodox-kommunistischen Organisationen aus. Einige stellten ihre Aktivitäten ein oder reduzierten sie zumindest stark. Dieser Entwicklung trugen die Verfassungsschutzbehörden Rechnung; sie stellten in einer Reihe von Fällen die Beobachtung wegen Fortfalls der gesetzlichen Voraussetzungen ein. So mußten Ende 1990 in den alten Bundesländern nur noch 84 extremistische oder extremistisch beeinflußte Ausländergruppen (1989: 121) beobachtet werden. In diesen Gruppen waren 49.350 Personen organisiert. Im Jahr zuvor umfaßte das Mitgliederpotential noch 97.250 Personen. Eine entscheidende Minderung der Gefährdung der inneren Sicherheit kann aus diesem Rückgang allerdings nicht abgeleitet werden. Die Konflikte in den jeweiligen Heimatländern, die die auslösenden und tragenden Ursachen für die gewaltbereiten und terroristischen Bestrebungen der weiterhin beobachteten Ausländerorganisationen bilden, bestehen fort. Nirgendwo zeichnen sich Lösungen dieser Konflikte ab. Ausländische Extremisten verübten im bisherigen Bundesgebiet erneut schwerste Straftaten bis hin zum Mord, um ihre politischen Ziele durchzusetzen. Die Zahl der vorbereiteten bzw. versuchten oder vollendeten Terrorund sonstigen schweren Gewaltakte nahm im Vergleich zum Vorjahr von 15 auf 16 leicht zu. Gleiches gilt für die Zahl der Gewaltakte insgesamt, die von 39 auf 44 anstieg. Lediglich aufgrund des Rückgangs bei den Gewaltandrohungen und den Gesetzesverletzungen ohne weitere Gewaltanwendung sank die Gesamtzahl dieser politisch motivierten Gesetzesverletzungen auf 80 (1989: 113). Mit der Fortsetzung ihrer 1987 auf dem europäischen Kontinent begonnenen Serie schwerer Anschläge gegen Angehörige und 16 Überblick Objekte der britischen Rheinarmee erwies sich die "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) 1990 erneut als die gefährlichste ausländische Terrororganisation. Trotz der Festnahme von sieben PIRA-Mitgliedern in Belgien und den Niederlanden, die auch an Anschlägen im Bundesgebiet beteiligt gewesen sein dürften, ist mit der Fortführung der Terroraktivitäten zu rechnen. Im übrigen blieb Deutschland von schweren terroristischen Anschlägen ausländischer Extremisten verschont. Hierzu dürften die verstärkten Anstrengungen beigetragen haben, drohende Anschläge durch gezielte Beobachtungsmaßnahmen der Verfassungsschutzbehörden und präventives Eingreifen der Polizei zu unterbinden. Arabische - insbesondere palästinensische - Gruppierungen verübten 1990 im Bundesgebiet keine Terroranschläge. Dies dürfte zum einen auf die Zurückhaltung der Unterstützerstaaten, zum anderen darauf zurückzuführen sein, daß es der Führung der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) gelang, ihre Mitgliedsorganisationen auf Verhandlungskurs zu halten. Wie instabil die Sicherheitslage aber ist, zeigte die Androhung von Terroraktionen gegen westliche Ziele durch den Vertreter einer palästinensischen Widerstandsgruppe im Zusammenhang mit der Golfkrise. Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) blieb auch 1990 die aktivste unter den gewaltorientierten kurdischen Widerstandsgruppen. Anhänger der PKK versuchten erneut, von Geschäftsleuten Geld für den Kampf im Heimatland zu erpressen. Ansonsten hielt sich die Organisation mit Gewaltaktivitäten zurück, wohl um die Strafprozesse vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen ehemalige Funktionäre nicht in unerwünschter Weise zu beeinflussen. Die politische Entwicklung in Osteuropa führte bei den iranischen orthodox-kommunistischen Organisationen zur ideologischen Orientierungslosigkeit; ihre Aktivitäten wurden weitgehend gelähmt. Eine Gruppe der iranischen "Neuen Linken" agitierte in scharfer Form gegen die deutsche Wiedervereinigung. Gegen einen im Bundesgebiet lebenden iranischen oppositionellen Linksextremisten wurden Ausspähungsversuche zweier iranischer Staatsangehöriger gerichtet, die möglicherweise der Vorbereitung von Gewalttaten dienten. Anhänger der türkischen "Neuen Linken" machten erneut deutlich, wie groß die in ihren Reihen vorhandene Gewaltbereitschaft ist. Sie verübten eine Serie von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen im Bundesgebiet. Der türkische orthodoxe Kommunismus hingegen ist derzeit mangels Aktivität für die innere Sicherheit nahezu ohne Bedeutung. Die öffentlichen Aktivitäten der islamischfundamentalistischen und der extrem-nationalistischen Türken stagnierten. Überblick 17 Organisationsstrukturen der im bisherigen Bundesgebiet tätigen extremistischen Ausländervereinigungen waren in den neuen Bundesländern bis Ende 1990 nicht feststellbar. Ein Grund hierfür dürfte darin liegen, daß die Zahl der dort lebenden Ausländer vergleichsweise niedrig ist. In der ehemaligen DDR lebten schätzungsweise 200.000 Ausländer, von denen inzwischen vermutlich viele in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind. Noch ungeklärt ist der Verbleib der Kader palästinensischer Widerstandsund Terrorgruppen, die dort ideologisch und militärisch ausgebildet wurden. Kurdische Linksextremisten bemühten sich bereits Ende 1990 darum, das Gebiet der fünf neuen Bundesländer organisatorisch in ihre Aktivitäten einzubeziehen. IV. Spionageabwehr Der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland und die politische Neuorientierung in den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes haben zu entscheidenden Veränderungen der Bedrohung durch gegnerische Nachrichtendienste beigetragen. Bereits am 18. April 1990 haben die Innenminister der Bundesrepublik Deutschland und der damaligen DDR Einvernehmen darüber erzielt, daß nachrichtendienstliche Aktivitäten der beiden deutschen Staaten gegeneinander nicht mit dem Ziel, ein vereintes Deutschland zu schaffen, vereinbar sind und beendet werden müssen. Die Auflösung der Nachrichtendienste der ehemaligen DDR führte nicht nur zur Enttarnung zahlreicher Agenten, sondern auch zu einer Fülle erfolgversprechender Spuren, denen noch über eine geraume Zeit nachgegangen werden muß. Insgesamt war die Zahl der erkannten neuen Spionageaufträge, die weiterhin den Aufklärungsschwerpunkten Politik, Wirtschaft und Militär galten, rückläufig, nicht zuletzt auch infolge der unübersichtlichen Situation der sich in einer Reorganisationsphase befindenden Nachrichtendienste der ehemaligen Satellitenstaaten, die zudem noch ihre operativen Ziele neu definieren mußten. Aktiv zeigen sich nach wie vor die sowjetischen Nachrichtendienste, die insbesondere auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bemüht sind, ihre verlorengegangene Operationsbasis den veränderten Bedingungen anzupassen. I""* * * " yy^mtX *^t' **S w SS** VS.V-iaur."w vv".r^VÄVv%rjvvv :" 33 I- * "#- " * * 4 " *< * " 4M * " -- ** Wr y V * *^W ^ v <* . 2 SPS -i?K*IST r PS^* ' ^ ^ rjf* *W*1" -Ate:jf^4^&tfr* wir* . : " ^ >>" X/XA 20 Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Das Gefüge des organisierten Linksextremismus im westlichen Teil der Bundesrepublik Deutschland hat sich gegenüber 1989 stark verändert: Erheblicher Die Zahl der linksextremistischen Parteien und sonstigen GruppieMitgliederverlust rungen ging deutlich zurück; dies gilt auch für die Gesamtzahl ihrer und Mitglieder. Insbesondere bei der "Deutschen Kommunistischen organisatorischer Partei" (DKP) und ihrem Umfeld gab es erheblichen MitgliederVerfall im Bereich des orthodoxen schwund und organisatorischen Zerfall. Kommunismus Bei einzelnen anderen revolutionär-marxistischen Organisationen waren dagegen - verglichen mit dem Vorjahr - höhere Mitgliederzahlen festzustellen. Im Bereich der Anarchisten und sonstigen Sozialrevolutionäre ging zwar die Zahl der Zusammenschlüsse wieder zurück, einzelne Gruppen verzeichneten aber weiteren Zulauf an Mitgliedern. 1988 1989 1990 Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder MarxistenLeninisten und andere revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 31 46.600 33 34.200 30 25.200 Nebenorganisationen 24 16.400 21 7.200 14 900 beeinflußte Organisationen11 65 61.400 64 54.600 35 26.500 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre21 67 4.000 69 4.500 61 4.60031 Summe 187 67.000 61.400 187 45.900 54.600 140 30.700 26.500 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften und Kinderca. ca. ca. ca. ca. ca. organisationen 56.000 46.000 41.000 40.000 29.500 20.000 2. Verlage und periodische Publikationen Im Jahre 1990 verbreiteten noch mehr als 60 von Linksextremisten gesteuerte Verlage und Vertriebsdienste/Buchläden (1989: etwa 100) linksextremistische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Die DKP hat ihren "Medienapparat" weitgehend aufgeben müssen. Linksextremistische Bestrebungen 21 Mitglieder linksextremistischer und linksextremistisch beeinfiußter Organisationen - nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften - f 29 500 'Mitglieder in Linksextremistischen Organisationen Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre | Marxisten , 25 4000 Kern-/NebenOrganisationen " 20 000 "beeinflußte Organisationen . J 1 000 Deutsche Kommunistische Parter(DKP) ** 4 100 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 * A u u , Zahlenangaben 1990 nur für das bisherige Bundesgebiet " Nach eigenen Angaben mehr Linksextremistische Bestrebungen 23 0*"deg IT""" ei. Warum? ei 24 Linksextremistische Bestrebungen Linksextremisten und die von ihnen beeinflußten Organisationen gaben 1990 zuammen etwa 350 (1989: etwa 1.000) periodische Schriften mit einer Jahresauflage von über 13 Mio. (1989: etwa 32 Mio.) heraus. Davon entfielen etwa 4 Mio. (1989: 25 Mio.) auf die DKP und ihr Umfeld. Die periodischen Schriften der anderen revolutionären Marxisten und der Anarchisten steigerten ihre Jahresauflage auf etwa 9 Mio. (1989: knapp 7 Mio.) Exemplare. 3. Linksextremisten im öffentlichen Dienst4' Ende 1990 waren den Verfassungsschutzbehörden fast 1.500 (1989: 2.003) Linksextremisten im öffentlichen Dienst bekannt. Erfahrungsgemäß halten sich Angehörige des öffentlichen Dienstes, die Mitglieder linksextremistischer Gruppierungen sind, bei ihrem Engagement für ihre Organisation in der Öffentlichkeit zurück, um nicht als Linksextremisten erkannt zu werden. Die tatsächliche Zahl ist daher wahrscheinlich erheblich höher. Jedoch kann - bei der gegenwärtigen Entwicklung im Bereich des Linksextremismus - nicht in jedem Fall beurteilt werden, ob Angehörige des öffentlichen Dienstes, die bisher als Mitglieder linksextremistischer Organisationen bekannt waren, einer solchen noch angehören. Von den erkannten Linksextremisten waren 1990 fast 1.1 00 Mitglieder der DKP oder ihrer Vorfeldorganisationen, etwa 300 Anhänger der "Marxistischen Gruppe" (MG). Rund 200 Linksextremisten waren Bundesbedienstete, meist bei der Bundespost und Bundesbahn, wo sie überwiegend in untergeordneten Funktionen tätig waren. Über 900 Linksextremisten standen in Diensten der Länder; fast 400 waren bei Gemeinden und Gemeindeverbänden beschäftigt. Den Status eines Beamten hatten mehr als 600 Linksextremisten. II. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten 1. Politischer Standort Alle linksextremistischen Gruppierungen verfolgen das Fernziel, die freiheitliche Demokratie in Deutschland revolutionär zu beseitigen, um eine sozialistisch/kommunistische Herrschaft zu errichten oder zur Anarchie zu gelangen. Jahrzehntelang ließen sich zwei große Strömungen unterscheiden: die orthodoxen Kommunisten, die bedingungslos der von KPdSU und SED vorgegebenen Linie folgten, und die Gruppen der "Neuen Linken", die diese Linie ablehnten und sich an unterschiedlichen Linksextremistische Bestrebungen 25 Ideologien orientierten. Mit dem Scheitern des realen Sozialismus in den Ländern des bisherigen Ostblocks und der Vereinigung Deutschlands haben die orthodoxen Kommunisten, d. h. insbesondere die DKP und ihr Umfeld, ihre ideologisch politischen Gewißheiten, ihr Modell sowie ihren materiellen und moralischen Rückhalt verloren. Aber auch die Gruppen der "Neuen Linken", die zunächst vom Niedergang des realen Sozialismus nicht berührt waren, sich vielfach sogar in ihrer Kritik bestätigt sahen, gerieten zunehmend in Schwierigkeiten. Orthodoxe Kommunisten und "Neue Linke" diskutieren künftige Linksextremisten politische Linien, Strategien und Taktiken. Die Diskussionen werden diskutieren in den Organisationen kontrovers und über die traditionellen Abgrenkünftige politische Linien, zungen hinaus geführt. Einige, wie die DKP, bekräftigen ihren marxiStrategien und stisch-leninistischen Kurs, sind aber zum Dialog bereit und suchen Taktiken Verbündete unter Gruppen dogmatischer Kommunisten. Andere Linksextremisten bemühen sich um neue organisationsübergreifende Zusammenhänge, etwa in Zusammenarbeit mit der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS). Diese Partei, die Nachfolgerin der SED der ehemaligen DDR, wirkt aktiv auf die Diskussion ein. Es gibt zahlreiche Anhaltspunkte für eine linksextremistische Ausrichtung dieser Partei; sie wird die Entwicklung des Linksextremismus in Deutschland vermutlich weiter beeinflussen. 2. Organisationen und Gruppierungen 2.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 2.1.1 DKP Der Umbruch in der DDR, insbesondere der Machtverlust der SED, traf die DKP am nachhaltigsten, da sie von der SED politisch, ideologisch und materiell abhängig und dieser bedingungslos ergeben war. Die Partei konzentrierte sich im Jahre 1990 darauf, einen Ausweg DKP bemüht sich aus der Krise zu finden und den anhaltenden organisatorischen Nieum Ausweg aus dergang aufzuhalten. Sie änderte auf ihrem 10. Parteitag (24,/25. der Existenzkrise März in Dortmund) die Strukturen ihrer Führungsgremien, berief dort neue Personen und eröffnete Diskussionen über die Perspektiven der "revolutionären Linken" in einem vereinten Deutschland. Trotz des Zusammenbruchs der sozialistischen Länder beharrt die DKP auf ihrem dogmatischen Kurs gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie wertete den Sozialismus der DDR trotz dessen Scheiterns als Alternative zum Kapitalismus und als eine große Errungenschaft der revolutionären Arbeiterbewegung51. Die Partei halte an den sozialistischen Grundwerten fest; die kapitalistiDKP hält an sche Ausbeuterordnung dürfe nicht der Endzustand der mensch"sozialistischen" lichen Zivilisation sein61. Ihr Ziel bleibe - so bekräftigte die DKP - der Grundwerten fest 26 Linksextremistische Bestrebungen Sozialismus/Kommunismus71. Deshalb forderte sie die "sozialistische Umgestaltung" (Synonym für Revolution) nun auch für das vereinte Deutschland8'. Sich selber sieht die DKP weiterhin in der Rolle einer "revolutionären Partei der Arbeiterklasse"9', die ihre Tätigkeit auf die Theorien von Marx, Engels und Lenin gründe101. Der Klassenkampf, besonders die Entwicklung von außerparlamentarischen Kämpfen und Bewegungen, sei die wichtigste Form, das politische Kräfteverhältnis zugunsten der "linken und demokratischen Kräfte" zu verändern11'. Zur entscheidenden, existenzbestimmenden Frage für die DKP entwickelte sich im Laufe des Jahres ihr Verhältnis zur PDS (vgl. Kap. IV, Ziff. 2.1). Besonders eng gestalteten sich die Beziehungen der DKP zur "Kommunistischen Plattform" in der PDS. Bei einem Treffen des DKP-Sprecherrates mit dem PDS-Vorsitzenden Gregor GYSI am 20. April empfahl dieser der DKP, dem Beispiel der SED bei ihrer Umwandlung zur PDS zu folgen; die DKP solle sich einem Bündnis linker Kräfte öffnen und darin die Rolle einer kommunistischen Strömung oder Plattform übernehmen'2'. Diese Anregung fand bei einer DKP betont ihre größeren Zahl der DKP-Mitglieder Interesse. Die Parteiführung legte Eigenständigkeit sich jedoch bald fest: auch in einem vereinten Deutschland müsse neben der PDS die DKP neben der PDS als eigenständige Organisation erhalten bleiben13'. Die Entwicklung der PDS sei unsicher; außerdem werde eine Kraft benötigt, die ihre praktischen Erfahrungen aus dem Kampf gegen das "Monopolkapital" organisiert, d. h. als Partei, weitergeben könne14'. DKP-Kontakte zu Schon bald nach der Wende suchte die DKP auch das Gespräch mit kommunistischen neu entstandenen kommunistischen Gruppen in der damaligen Gruppen in den DDR. Als geeignete Ansprechpartner erschienen ihr vor allem die neuen Bundesländern dortige "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) und die marxistische Partei "Die Nelken". Überlegungen der DKP-Führung, sich mit gleichgerichteten Kräften zu einer vereinigten kommunistischen Partei zusammenzuschließen, stießen insbesondere bei Kontakten mit der KPD auf positive Resonanz15'. Auch gegenüber einigen linksextremistischen Organisationen in Westdeutschland (ehem. K- Gruppen) gab die DKP ihre frühere Distanz auf. Sie lud zu "Roten Tischen" in die parteieigene "Karl-Liebknecht-Schule" in Leverkusen ein und beriet dort mit Vertretern solcher Gruppierungen und Teilnehmern aus der ehemaligen DDR über ein Wahlbündnis und die Zukunft der Linken in Deutschland16'. Drastischer Abbau Der organisatorische Verfall der DKP infolge der ideologischen Krise des DKP-Parteiwurde durch den nahezu vollständigen Abbau des bisherigen Parteiapparates apparates noch beschleunigt. Nachdem die SED und nachfolgend die PDS die konspirative Finanzierung der DKP einstellten - allerdings wurde Anfang des Jahres noch ein Betrag von mehreren Millionen gezahlt - mußte die DKP die Mehrzahl ihrer hauptamtlichen Mitarbeiter entlassen, die meisten Büros aufgeben und zahlreiche Publikationen einstellen. Viele Funktionäre arbeiteten jedoch zunächst auch ohne feste Anstellung weiter. Linksextremistische Bestrebungen 27 Die große und aufwendig eingerichtete Parteizentrale in Düsseldorf wurde bereits im Frühjahr aufgegeben. Im Laufe des Jahres konzentrierte die DKP ihre zentralen InstituVerlagerung tionen, darunter den Parteivorstand und die Redaktionen ihrer zentraler DKPParteiorgane, in Essen. Dorthin wurden auch die Bundesleitungen Einrichtungen nach Essen der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend" (SDAJ) und der "Jungen Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) (vgl. Ziff. 2.1.2) verlagert. Das DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ), das in der Vergangenheit DKP-Zentralorgan als Tageszeitung erschien, wurde bis Mitte 1990 noch wöchentlich erscheint nach herausgegeben, dann vorübergehend eingestellt; seit August vorübergehender Einstellung erscheint die Zeitung alle zwei Wochen (Auflage: 20.000 Exemplavierzehntägig re); sie wird zu günstigen Bedingungen in einem Unternehmen der "Kommunistischen Partei Luxemburgs" gedruckt. Die früher beträchtliche Zahl von DKP-Kleinzeitungen ging 1990 weiter zurück; zum Jahresende erschienen noch etwa 80 in unterschiedlicher Auflagenhöhe. Der finanzielle Ruin der DKP traf auch ihre "Hausdruckerei", die Konkurs der Firma "Plambeck & Co. Druck und Verlag GmbH", Neuss, sowie DKPderen Tochterunternehmen, die "WG-Verlagsund Vertriebsgesell"Hausdruckerei" schaft mbH". Beide mußten wegen Zahlungsunfähigkeit im Mai bzw. Juni Konkurs anmelden. Die Buchhandlungen der "AKZENT Handelsgesellschaft mbH & Co. KG" - sie hatte Ende 1989 Vergleich angemeldet - wurden 1990 geschlossen. Die früher intensiv und aufwendig betriebene Schulung von DKPWeitgehende Mitgliedern kam 1990 weitgehend zum Erliegen. BildungsmateriaEinstellung der lien erschienen nicht mehr. Die in Berlin-Biesdorf eigens für die DKP DKP-Bildungsarbeit eingerichtete "SED-Parteischule Franz Mehring" war bereits zum Jahresende 1989 geschlossen worden. Lediglich in der DKP-eigenen " Karl-Liebknecht-Schule" in Leverkusen fanden noch Seminare statt. Die Welle von Austritten, die bereits 1989 begonnen hatte, setzte Erhebliche sich fort; sie erfaßte zunächst fast alle DKP-Erneuerer, aber auch Mitgliederverluste enttäuschte Traditionalisten. Verlauf und Ergebnisse des DKP-Parteider DKP tages im März konnten diese Entwicklung nicht aufhalten. Die damals öffentlich von der Partei genannte Mitgliederzahl, etwa 20.000, war schon überhöht; die tatsächliche Zahl sank im Laufe des Jahres aber noch weiter ab und tendierte zum Jahresende gegen 11.000. Ein Teil der ehemaligen DKP-Mitglieder organisierte sich in neuen Zusammenschlüssen wie dem "Sozialistischen Forum"171. Einige schlossen sich anderen linksextremistischen Gruppen an, gingen zur PDS oder arbeiteten bei den Grünen mit; etliche zogen sich aus der Politik zurück. 28 Linksextremistische Bestrebungen 2.1.2 Nebenorganisationen der DKP Existenzkrise der Auch die DKP-Nebenorganisationen wurden in die existentielle Krise DKP-Nebenhineingezogen. Diese Organisationen sind nach wie vor formell organisationen selbständig, jedoch eng mit der Partei verflochten und setzen sich offen für dieselben revolutionären Ziele ein. Schwere Einbußen gab es insbesondere bei den Nebenorganisationen für die Jugendarbeit: Starke Mitglieder- - Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) verlor einen verluste der SDAJ Großteil ihrer Mitglieder; gegen Jahresende gehörten ihr nur noch etwa 250 Personen an. Die organisatorischen Strukturen verfielen. Gleichwohl bemühte sich eine Kerngruppe traditionalistischer Funktionäre, den Jugendverband zu erhalten und Ansätze für die weitere Arbeit zu finden. Ein außerordentlicher Bundeskongreß (20/21. Januar in Essen, SDAJ versteht sich fortgesetzt am 21. April in Frankfurt/M.) bekräftigte ausdrücklich, weiterhin als daß sich die SDAJ als revolutionärer Jugendverband zu den Ideen revolutionärer, von Marx, Engels und Lenin bekenne und für sozialistisches sozialistischer Bewußtsein unter Jugendlichen kämpfe181. Ihr Ziel bleibe die Jugendverband grundlegende Umwälzung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse in Richtung Sozialismus191. In einer späteren Selbstdarstellung der Organisation hieß es: "Die SDAJ ist ein Verband für alle Jugendlichen, die diesem System das geben wollen, was es verdient: unendlichen Haß und den Willen zu dessen Überwindung." ("position-magazin der SDAJ", 12/90, S. 14) Linksextremistische Bestrebungen 29 Die SDAJ bemühte sich besonders um Kontakte zu linken/linksextremistischen Jugendorganisationen in der ehemaligen DDR. Sie initiierte "Rote Tische der Jugend", an denen - neben westSDAJ initiiert deutschen linksextremistischen Jugendverbänden - u. a. Vertreter "Rote Tische der der "AG junger Genossinnen in der PDS" und der "Freien DeutJugend" schen Jugend" (fdj) teilnahmen. Dabei wurden auch gemeinsame Aktivitäten abgesprochen, z. B. gegen die Einheit Deutschlands201. Der "Marxistische Studentinnenund Studentenbund Spartakus" MSB beschließt (MSB), jahrelang die stärkste und handlungsfähigste linksextremiAuflösung stische Studentenorganisation mit bedeutendem Einfluß in vielen studentischen Selbstverwaltungsgremien und in den "Vereinigten Deutschen Studentenschaften" (VDS), beschloß auf einem außerordentlichen Bundeskongreß (23. Juni in Münster) seine Auflösung. Vorausgegangene Versuche des MSB, über eine neue politische Orientierung einen breiteren Zusammenschluß von Studenten zu schaffen, waren erfolglos geblieben. Die "Jungen Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) JP-Aktivitäten entfalteten 1990 kaum noch Aktivitäten. Einen Antrag, den Vernahezu band aufzulösen, lehnte jedoch die Bundeskonferenz (3./4. März eingestellt in Essen) ab211. Sie beschloß "Thesen zum Erhalt und zur Erneuerung" der Organisation. Darin bekennen sich die JP zu den "Errungenschaften sozialistischer Länder und zu dem, was der Sozialismus für die Menschheit geleistet hat"221. Andere Nebenorganisationen der DKP versuchten weiterhin, sozialistische Ideologie zu verbreiten: - Die "Marx-Engels-Stiftung e.V." (MES) in Wuppertal hat das DeErheblich redubakel der DKP bisher überstanden. Sie wird weiterhin von langzierte Aktivitäten jährigen DKP-Funktionären geleitet. Die Zahl ihrer Veranstaltungen des Apparates für Propaganda und ging 1990 erheblich zurück. Agitation - Das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." (IMSF) in Frankfurt/M. konnte mit Hilfe von Spenden und der unentgeltlichen Tätigkeit früherer Mitarbeiter seine Auflösung verhindern, arbeitete jedoch nur noch erheblich eingeschränkt; u. a. erschienen drei Bände in seiner Schriftenreihe "IMSF-Forschung und Diskussion". Das Institut will als "Zentrum marxistischer Theoriebildung" weiterbestehen. Die bisherige enge Einbindung in das DKP-Spektrum soll aber aufgegeben werden231. 2.1.3 DKP-beeinflußte Organisationen Seit jeher setzen Kommunisten für ihre Bündnispolitik Organisationen ein, deren maßgebliche kommunistische Beeinflussung sie zu tarnen versuchen. Bündnispolitik, die Zusammenarbeit mit Nichtkommunisten, bildet ein Kernstück marxistisch-leninistischer Strategie und Taktik. Dabei wird unterschieden: 30 Linksextremistische Bestrebungen die "Aktionseinheit der Arbeiterklasse", d. h. das Zusammenwirken vor allem mit Sozialdemokraten und Gewerkschaftern; das "breite antimonopolistische Bündnis", das über die "Arbeiterklasse" hinausgehend auch andere "fortschrittliche" Kräfte - Angehörige bürgerlicher Mittelschichten, Bauern, Intellektuelle u. a. - umfassen soll24'. Bündnisarbeit hat Nach wie vor mißt die DKP der Bündnisarbeit große Bedeutung für die DKP zu25). Dabei vertritt sie teilweise Forderungen, die an sich nicht weiterhin hohen verfassungsfeindlich erscheinen und auch bei Demokraten ZustimStellenwert mung finden können. Kommunisten jedoch - so einer der DKPSprecher - behalten auch in Bündnissen beim Einsatz für tagespolitische Belange stets die "weitergehenden sozialistischen Zukunftsziele" im Auge261. Gerade angesichts tiefer Verunsicherung beschwor die DKP ihre früheren bündnispolitischen Erfolge als "Quellen unserer Identität"271. Neue Ansätze, z. B. die Beteiligung an der Kampagne gegen die Wiedervereinigung Deutschlands (vgl. Kap. IV, Ziff. 1) oder Bündnisarbeit an Protestaktionen gegen einen Krieg am Golf (vgl. Kap. IV, Ziff. 3 bringt der DKP und 5), blieben zwar nicht erfolglos, brachten aber nicht den erhofftrotz einiger ten Aufschwung. Die Enthüllungen über die Finanzierung und Erfolge nicht den erhofften Steuerung der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen durch die SED Aufschwung führten dazu, daß frühere Bündnispartner auf Distanz gingen. Den Kommunisten fehlte aber auch ihr bisheriger, bei Bündnispartnern meist willkommener Apparat. Die traditionellen Bündnisorganisationen der DKP wurden von der Krise der Partei, mehr noch von der Einstellung der Finanzierung, KFAZ und ASK stark in Mitleidenschaft gezogen. Das "Komitee für Frieden, Ablösen sich auf rüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) und das "Antiimperialistische Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK), zwei früher sehr aktive Organisationen, lösten sich auf. Andere bemühten sich, ihre Existenz zu sichern. VVN-BdA Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antibleibt faschisten" (WN-BdA) blieb die mitgliederstärkste kommunistimitgliederstärkste sche Bündnisorganisation. In ihr konnten Kommunisten weiterhin Bündnisauf allen Ebenen einflußreiche Positionen besetzen. organisation Der Bundeskongreß (9./10. Juni in Düsseldorf) beschloß, die VVNBdA als bundesweite Organisation zu erhalten. Verlauf und Ergebnisse des Kongresses stießen bei einzelnen nichtkommunistischen Funktionären auf heftige Kritik: Es habe keine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gegeben. Die DKP habe nur gruppenegoistisch ihre eigene Politik in der WN-BdA durchsetzen wollen und sich ein Aushängeschild gesucht. Das Bestreben der Kommunisten, bisherige "Erbhöfe" und Einflußsphären Linksextremistische Bestrebungen 31 zu erhalten oder neue zu schaffen, sei offenkundig geworden281. "Antifaschistische" Viele, vor allem jüngere Mitglieder, aber auch langjährige FunkVorreiterrolle der tionäre, die sich den DKP-Erneuerern zurechnen, verließen die VVN-BdA nur noch auf lokaler und WN-BdA. Ihrer bisherigen Rolle als "initiierende und organisierenregionaler Ebene de Kraft der antifaschistischen" Bewegung konnte die Organisation nur noch auf lokaler und regionaler Ebene nach zu kommen (vgl. Kap. IV, Ziff. 4). - Die "Deutsche Friedens-Union" (DFU), früher die zentrale BündDFU auf nisorganisation der DKP, entschied auf einem Unionstag (9. Juni in Bundesebene Wiesbaden), den bundesweiten Verband aufzulösen; auf Regioaufgelöst nal-, Landesund Bezirksebene sollen die Mitglieder aber weiterarbeiten. Die Landesverbände bemühten sich mit unterschiedlichem Erfolg, ihre Organisation zu erhalten und die politische Arbeit fortzuführen. Ende Juni wurde ein Regionalverband RheinMain gegründet, der auch zentrale Funktionen übernahm. Nach außen entfaltete die DFU kaum noch Aktivitäten. Lediglich bei Vorbereitung und Durchführung der "Ostermärsche" (vgl. Kap. IV, Ziff. 3) waren DFU-Funktionäre noch führend beteiligt29'. - Innerhalb der "Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen" (DFG-VK) wurde erst seit dem Frühjahr mehr und mehr bekannt, in welchem Umfang der Verband von der DKP abhängig gewesen war. Kommunistische Funktionäre der DFG-VK DFG-VK bestätigt gaben zu, die DKP habe auch diese Organisation jahrelang erheberhebliche lich finanziell unterstützt; sie selbst hätten sich untereinander und finanzielle Unterstützung mit den zuständigen Funktionären des DKP-Parteivorstandes bedurch die DKP raten301. Solche Informationen führten zu heftigen Diskussionen und scharfen Angriffen auf diesen Funktionärskreis. Eine Untersuchungskommission bestätigte die Vorwürfe. Durch vorherigen Rücktritt oder Nichtkandidatur auf einem außerordentlichen Bundeskongreß (17. November in Frankfurt/M.) verloren die Kommunisten in der Bundesführung der DFG-VK ihre Positionen; in Kommunistischer Landesverbänden zeigten sich ähnliche Entwicklungen. Der komEinfluß stark munistische Einfluß in der DFG-VK ging stark zurück. zurückgegangen 2.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW), jetzt: "Sozialistische Initiative" (Sl) Der Niedergang der SEW setzte sich fort. Auf einem außerordentlichen Parteitag Mitte Februar, zu dem als Gäste u. a. Repräsentanten der PDS, der "wiedergegründeten" KPD der DDR sowie der KPdSU erschienen waren, traten der Vorsitzende Dietmar AHRENS und seine Stellvertreterin Inge KOPP zurück. Ein Antrag, die Partei ersatzlos aufzulösen, fand nicht die erforderliche Mehrheit. Ende April, auf einer Fortsetzung des Parteitags, benannte sich die SEW in "Sozialistische Initiative" (Sl) um; sie berief einen Sprecherrat (4 Personen) als neues Leitungsgremium. Dieser betonte, die Sl versteht sich Sl wolle als Nachfolgepartei der SEW die Kampferfahrungen der Geals Nachfolgenossinnen und Genossen der SEW in die Neuformierung der sozialipartei der SEW 32 Linksextremistische Bestrebungen stischen Linken einbringen. Gegen Jahresende verstärkten sich Tendenzen einer "Fusion" der Sl, die nur noch etwa 500 Mitglieder zählt (SEW zu Jahresbeginn: 2.400), mit der PDS. 2.3 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) MLPD bezeichnet Die 1982 gegründete MLPD gab sich vom Zusammenbruch des Vereinigung realen Sozialismus zunächst unbeeindruckt. In der Vereinigung Deutschlands als Deutschlands sah sie einen "einzigartigen imperialistischen Akt"; "einzigartigen imperialistischen mit der Annexion der DDR habe sich der westdeutsche ImperialisAkt" mus das zehntgrößte Industrieland der Welt einverleibt311. Die MLPD räumte ein, die Arbeiterbewegung habe mit der Zerstörung des einstmals starken sozialistischen Lagers eine schwere Niederlage hinnehmen müssen321. MLPD hält an Zugleich beschwor die MLPD "ihr festes Fundament auf der Lehren Grundlage der Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao TseMaoTsetungs und tung"331. Der Bundesrepublik Deutschland warf sie eine "FaschisieStalins fest rung des Staatsapparates" und "systematischen Abbau bürgerlichdemokratischer Rechte und Freiheiten" vor34'. Die MLPD nehme sich daher die Freiheit, weiter zu denken, als das Grundgesetz erlaube35'. Ihre Arbeit sei Anleitung zur revolutionären Selbstbefreiung, um kämpferische Aktionen gegen die Großmachtpolitik des BRDImperialismus auszulösen36'. Die Arbeiterklasse müsse nach Errichtung ihrer Macht die heutigen parlamentarischen Schwatzbuden durch arbeitende Volksvertretungen ersetzen371. Ebenso rief die MLPD zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber "modernem Antikommunismus" auf. Sie beklagte, daß ihre Jugendorganisationen Ziel antikommunistischer Zersetzungsarbeit38' seien und der "Marxistisch-Leninistische Bund Intellektueller" (MLBI) sich in kritischem Zustand befinde. Auch die Organisation der Partei - mit inzwischen etwa 1.500 Mitgliedern - müsse gestrafft werden. Die derzeit 16 Parteibezirke seien auf acht zu konzentrieren. MLPD agitiert Ihre bisherige Agitation gegen das "Europa der Monopole" erweigegen "Europaterte die MLPD zu einer Kampagne gegen die "Europaund Großund Großdeutschdeutschlandpolitik des BRD-Imperialismus". Dazu bemühte sie sich landpolitik des um Zusammenarbeit mit anderen Linksextremisten; dies scheiterte BRD-Imperialismus" aber an ihrem ideologischen Führungsanspruch. Lediglich mit einigen extremistischen Ausländergruppen, vor allem der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATIF), ergaben sich engere Verbindungen: Seit November gibt die MLPD eine gekürzte Ausgabe ihres Zentralorgans "Rote Fahne" in türkischer Sprache heraus. Neue Formierungen unter Beteiligung von Linksextremisten, wie die "Linke Liste/PDS" oder die "Radikale Linke", verwarf die MLPD als Spielarten des Antikommunismus. Die "Roten Tische" von DKP und anderen revolutionär-marxistischen Gruppen boykottierte sie nach anfänglicher Teilnahme mit der Begründung, es handele sich um ein Linksextremistische Bestrebungen 33 liquidatorisches Projekt kleinbürgerlicher und revisionistischer Organisationen391. Einer eigenen Kandidatur zu den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen fühlte sich die Partei nicht gewachsen. Sie rief deshalb zum "aktiven Wahlboykott" durch Abgabe ungültiger Stimmen auf40". Bei der Ausdehnung auf die fünf neuen Bundesländer zeigte sich die MLPD zögert bei MLPD eher zögerlich. Sie knüpfte Kontakte zur KPD der DDR und Ausdehnung auf prüft, ob es bei ihrem "gesamtnationalen Parteiaufbau" Verbündete neue Bundesländer geben könne. Auf einem Pressefest zum 20jährigen Bestehen der "Roten Fahne" (15. Dezember in Berlin) berichtete der MLPD-Vorsitzende Stefan ENGEL über erste Agitationseinsätze in den neuen Bundesländern und ihr "Eingreifen" in den Streik bei der Deutschen Reichsbahn im Dezember. 2.4 "Kommunistischer Bund" KB) Der 1971 gegründete KB geriet in seine bisher schwerste Krise. Spaltung des KB Er zerfiel in zwei Lager, die zunehmend unversöhnlich um die Aufgaben revolutionärer Marxisten im vereinten Deutschland streiten. Der "Mehrheitsflügel" arbeitete führend beim Aufbau der "PDS/ KB-Mehrheit Linke Liste" mit. Mitglieder erklärten, mit der deutschen Einheit sei unterstützt die Organisationsfrage für die Linke neu aufgeworfen411. Die Linke "PDS/Linke Liste" müsse Solidarität mit der PDS üben421, um über ein Wahlbündnis parlamentarische Repräsentanz zu erreichen. Die KB-Mehrheit stellte die Zentrale der Organisation in Hamburg zeitweilig der PDS als Anlaufstelle zur Verfügung; KB-Funktionär Heinrich ECKHOFF gehörte zu den maßgeblichen westdeutschen Initiatoren des Wahlbündnisses. Dieses Engagement zahlte sich aus: Zwei Bundestagsabgeordnete der "PDS/Linke Liste" gehören dem KB an. Die "Minderheit" im KB lehnte eine Zusammenarbeit mit der PDS KB-Minderheit ab; sie wollte den KB an der Seite der "Radikalen Linken" auf eine agitiert gegen Politik gegen die Einheit Deutschlands festlegen. Sie forderte staatliche Einheit Deutschlands "Destruktion und Verweigerung" statt Mitgestaltung431. Die Linke müsse den Haß auf das eigene Vaterland schüren und es bekämpfen44". Zu einer richtigen Utopie gehöre die Zerstörung des deutschen Staates und die Auflösung des deutschen Volkes in eine multikulturelle Gesellschaft45". Sozialstaatlichen Kompromiß und parlamentarische Demokratie bezeichnete die KB-Minderheit als besonders widerliche Elemente des BRD-Imperialismus46*. Für ihre Agitation konnten Funktionäre der KB-Minderheit wieder das linksextremistische Monatsblatt "konkret" (Auflage: mehr als 40.000) als Sprachrohr nutzen. Dessen Verleger pflichtete ihren "antinationalen" Ausfällen bei: Die Deutschen seien ein schlimmes Gesindel; besonders die Bewohner der fünf neuen Länder hätten mit ihren Montagsdemonstrationen gezeigt, daß sie ihre westlichen Brüder und Schwestern noch an Dummheit, Feigheit, Raffgier, Fremdenhaß und Chauvinismus überträfen471. 34 Linksextremistische Bestrebungen Seit November arbeiteten beide KB-Flügel auf eine vollständige organisatorische Trennung hin. Die Entscheidung sollte auf einem letzten KB-Kongreß, im Frühjahr 1991 fallen. Dort sollte auch über das Schicksal der weit über die Organisation hinaus beachteten KBZeitung "ak.-Arbeiterkampf" entschieden werden.* In der Vergangenheit hatte es der KB immer wieder verstanden, in nicht-extremistische Gruppen und Bewegungen hineinzuwirken und dort einen im Verhältnis zu seiner Mitgliederzahl überproportionalen Einfluß auszuüben. 2.5 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Der BWK, 1980 durch Abspaltung vom damaligen "Kommunistischen Bund Westdeutschland" (KBW) entstanden, sah sich auch durch die Umbrüche in Mittelund Osteuropa nicht veranlaßt, seine ideologische Orientierung infrage zu stellen. Er sah sich weiter im Besitz "gesicherter Erkenntnisse für revolutionäre Politik" und proBWK weiterhin pagierte die "proletarische Revolution in der BRD und Westberlin". für "proletarische Dazu müsse der Kampf gegen die eigene Bourgeoisie als HauptRevolution" feind geführt, der Staatsapparat durch die Selbstregierung der Produzenten zerbrochen werden. Das Proletariat müsse bereit sein, revolutionäre Errungenschaften auch in bewaffneten Auseinandersetzungen zu verteidigen. Selbst nach der Revolution müsse der Klassenkampf noch auf lange Zeit fortgesetzt werden' s) BWK gegen Die Positionen des BWK gegen die deutsche Einheit ähnelten der deutsche Einheit Staatsdoktrin der SED in der Ära Honecker: Noch im Frühjahr forderte der BWK die Streichung des Wiedervereinigungsgebots aus dem Grundgesetz und die völkerrechtliche Anerkennung der DDR; deren Annexion sei Völkerrechtsbruch49'. Politisch suchte der BWK die Nähe der DKP, mit der er traditionalistische kommunistische Positionen teilt. Gemeinsam mit der DKP unterstützte er die "Roten Tische". BWK-Mitglieder beteiligten sich darüber hinaus an zahlreichen "antiimperialistischen" und "antifaschistischen" Initiativen; sie konnten sich dabei wiederum auf die "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) stützen. BWK im publiziDer Schwerpunkt der BWK-Aktivität blieb im publizistischen Bestischen Bereich reich. Die BWK-Firma "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und unverändert aktiv Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte mbH" (GNN) stellte linksextremistischen Gruppierungen wieder ihre Informationsdienste und ihren Service zur Verfügung. Sie verlegte-neben dem BWK-Zentralorgan "Politische Berichte" und den "Antifaschistischen Nachrichten" der VOLKSFRONT - acht "Nachrichten"-Blätter zu berufsund fachspezifischen Fragen sowie rund 30 örtliche Publikationen ("Lokalberichte"). In den Herausgeber- * Am 20. April 1991 hat sich der KB aufgelöst. Linksextremistische Bestrebungen 35 kreisen dieser Blätter arbeiteten wie zuvor auch Mitglieder anderer linksextremistischer, aber auch demokratischer Organisationen mit. GNN verlegte außerdem den "Kurdistan-Rundbrief", an dem Anhänger der terroristischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) mitwirkten. Auf Abnehmer in der deutschen Terrorszene zielten das von "Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD" herausgegebene "Angehörigen-Info" und die Reihe "Dokumentationen zur Zeitgeschichte", in der Texte ausländischer terroristischer Organisationen verbreitet wurden. 2.6 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Die VSP vermochte auch im vierten Jahr nach ihrer Gründung nicht an innerer Geschlossenheit zu gewinnen. Die Handlungsfähigkeit der Organisation verfiel zunehmend; ihre personelle Auszehrung setzte sich fort. Die schon traditionellen Spannungen zwischen MitSpannungen gliedern der ehemaligen "Kommunistischen Partei Deutschlands/ und Differenzen in Marxisten-Leninisten" (KPD) und der trotzkistischen "Gruppe Interder VSP nationale Marxisten" (GIM) hielten an. Zusätzlich wurden Differenzen innerhalb des trotzkistischen Flügels sichtbar: Ein Teil der Trotzkisten in der VSP will die Partei für breitere revolutionär-sozialistische Sammlungsbewegungen, so z. B. die "Radikale Linke" öffnen. Ein anderer Teil plädiert für eine stärkere Ausrichtung auf die "IV. Internationale (Vereinigtes Sekretariat)" und will sich deren "internationaler Disziplin" unterordnen. VSP-Funktionäre werteten die "Vielfalt revolutionär-sozialistischer Positionen" als charakteristisch für ihre Partei501; die VSP sei ein Scharnier, ein Brückenkopf zu sozialistischen, radikalen und revolutionären Kräften in den verschiedenen Zusammenhängen511. Die Einheit Deutschlands verleumdete die VSP als "imperialistisches Projekt Wiedervereinigung"521. Auf ihrer 3. ordentlichen Delegiertenkonferenz (9./10. Juni in Essen) befürwortete die VSP zu den ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen ein breites Wahlbündnis der Linken. Sie konnte jedoch über Auseinanderihre Wahltaktik keine Einmütigkeit erzielen. Einzelne ihrer Mitglieder setzungen um kandidierten schließlich bei der Bundestagswahl am 2. Dezember Wahltaktik für die "PDS/Linke Liste", andere unterstützten den Wahlboykott der "Radikalen Linken". 2.7 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Im stalinistisch ausgerichteten AB kam es 20 Jahre nach seiner AuseinanderGründung zu einem "Kampf zweier Linien" über die künftige revolusetzung um tionäre Strategie und Taktik. Ein Teil der Mitglieder spaltete sich im revolutionäre Strategie und Oktober ab und arbeitete - ebenfalls unter dem Namen "ArbeiterTaktik bund für den Wiederaufbau der KPD" - selbständig weiter; er gab auch das zuletzt 1988 erschienene Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ) wieder heraus. 36 Linksextremistische Bestrebungen Anachronistischer Zug 1990 Von Bonn 18. November und Kundgebungsorte des Analen Zuges 1990: * 1B.11. Bonn * 18.11. "In * 19.11, Frankfurt/Main * 20.11. Kassel * 21.11. Er- m * 22.11. Leipzig * 23.11. Dresden * 24.11. Cottbus i 24.11, Hoyerswerda * 26.11. Frankfurt/Oder * 27.11. ("Brandenburg * 2B.11. Rostock * 29.11. Schwerin I 3D.11. Magdeburg * 1.12. Potsdam * 2.12. Berlin ß Brecht statt Deutschland über alles Aufruf: Am Abend des 2. Dezember 1990 soll sich das Volk entwandtschaff zog das durch die deutsche Landschaft, rülpste, schieden haben, wer das neue große Deutschland regieren soll. kotzte, stank und schrie: Freiheit und Democracy!Darstellung des Brechtgedichts dem SchluB des Wahlkampfs Wochen zuvor wird sich In Bonn am Rhein ein Zug von Leuten Ebenso wie die Figuren in Brechts Gedicht deutlich machen, das Gepräge gegeben wird, des er verdient angesichts der Art mit Koffern und Kisten auf den Weg gemacht haben und wenig wozu ihnen die alte Losung von Freiheit und Demokratiedient, und Weise, wie dieses -Wahlgebiet" zusammengezimmert wurde. später das Gebiet der einstigen DOB erreichen. Am Abend dieses ahnt man 1990 beim Anblick des Zuges, weswegen sie das Volk Diese Art und Weise verspricht für die Zukunft nichts Gutes, und 2. Dezember soll er vor dem "ReichstagIn Berlin eintreffen. Er sein wollen und weswegen sie unter der Parole Wir sind "In wir wollen dazu beitragen, daB sich die deutsche Geschichte besteht "us hohen Beamten, Wlrtsehaftsführem usw., und an seiVolk dazu aufrufen, sich mit I h n e n zu vereinen, bis es dann nicht noch einmal In irgendeiner Weise wiederholt, egal ob aus ner Spitze marschiert ein General der Bundeswehr. Auf Schilschließlich helBt: Du sollst kina anderen Völker haben neben Dummheit oder weil man der "Pungermane" aus Brechts Gedern, die sie tragen, Ist zu lesen: Wir sind da" Volk. mir! Neben Akten, Besitzurkunden usw. darf in den Koffern und dicht ist. Für das Unternehmen *anachronistischer Zug" wird die Es ist die zeitgenössische Darstellung der Vision In Bertolt Kisten also such manches vermutet werden, das darauf seh IIB' Unterstützung jedes einzelnen und auch Jeder Organisation oder Brechts berühmtem Gedicht "Der anachronistische Zug oder Ben täßt. daß sie mit dem Umzug in die ehemalige RelcnshauptPartei angenommen. Aber keine wird deswegen davor bewahrt Freiheit und Democracyaus dem Jahre 1947: "Als von Süden, stsdt dorthin zurückkehren, wo sie seinerzeit gepackt wurden. sein, daB es ihr so geht wie der Regierungspartei, die auf einem aus den Tälern, herbewegte sich von wahlern pomphaft ein zerIhre heutigen Eigentümer waren vom Inhalt viellaicht selber peinPlakat verkündete "Wir freuen uns auf Deutschland-. Dieses Plalumpter Zug, der zwei alte Tete'n trug...Allerdings zeigt der Zug lich berührt Aber sie brechen so hastig nach Berlin euf, daB sie kat dürfte ziemlich genau die Gefühle der Figuren des Zuges zum weniger die wahler. Sondern "...Steuer-Spenden-Zins-Elntrelber, einfach alles mitschleppen, wovon sie sich auch bisher nicht Ausdruck bringen und wird von Ihnen sicher gerne mitgetragen Deutsches-Erbland-Einierleiber Blut und Dreck In Wahlvertrennen konnten. werden. Berlin, 2. Oktober 1990 BRD Einstige DDR Knut Becker Bernt Engelmann Bernd Henn Helga Rosenberg Ibrahim Böhme Stephan Hermlin Hans Modrow Hans Wauer Esther Bejara no Prof. Dr. Walter Fabian Hanne Hiob Thomas Schmitz-Bender Andre Brie Prof. Dr. Jürgen Kuczynaki Ekkehard Schall Prof. Dr. Manfred Wekwerth Prof. Frank Deppe Hermann L GramlIza Prof. Dr. Helmut Ridder Helge Sommerrock Gregor Gysi Ine Merkel Steffi Spire Jutta Ditfurth Wolfgang Veiten Linksextremistische Bestrebungen 37 Trotz schwindender Kräfte gelang dem AB nochmals die InszenieAB inszeniert rung des Brecht-Gedichts "Anachronistischer Zug oder Freiheit und "AnachronistiDemocracy" (zuletzt 1979 und 1980). Das Propagandaspektakel - schen Zug" aufgeführt in 16 Städten von Bonn bis Berlin - sollte den Eindruck vermitteln, mit der Einheit Deutschlands hielten Imperialismus und Faschismus in den fünf neuen Bundesländern Einzug; es entstehe "ein IV. Reich". Die PDS beteiligte sich als Mitveranstalter. Sie nutzte die Aktion für ihren Bundestagswahlkampf und trug wesentlich zur Finanzierung des mehr als eine halbe Million DM teuren Unternehmens bei. 2.8 Trotzkistische Gruppen Trotzkisten kamen auch 1990 ihren politischen Zielen nicht näher. Trotzkistische Einzelne Gruppen stellten ihre Aktivitäten ein. Andere bemühten Aktivitäten sich, in den neuen Bundesländern Anhänger zu gewinnen, hatten stagnieren aber nur wenig Erfolg. Insgesamt waren mehr als 800 Personen in etwa einem Dutzend trotzkistischer Gruppen und Zirkel organisiert, die meist einer der konkurrierenden Richtungen des internationalen Trotzkismus angehören; zusätzlich verfügt die VSP über 150 trotzkistische Mitglieder (vgl. Ziff. 2.6). Durch den Zerfall des realen Sozialismus sahen sich Trotzkisten in ihrer Kritik an den "stalinistischen Bürokratien" bestätigt: Der vor 50 Jahren von Stalin ermordete Trotzki habe historisch über Stalin gesiegt53'. Es gehe jetzt um den Sturz der Bürokraten im Osten und der Kapitalisten im Westen; Ziel sei eine weltweite demokratische Planwirtschaft541. Mehrere trotzkistische Zusammenschlüsse begannen mit dem Aufbau eigener Sektionen und Stützpunkte noch in der ehemaligen DDR. Die "Trotzkistische Liga Deutschlands" (TLD) benannte sich schon im Januar in eine gesamtdeutsche "Spartakist -Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD) um. Diese sowie der "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) und die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA, sie trat unter dem Namen "Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik" - VAA - auf) beteiligten sich mit eigenen Kandidaten an den Wahlen zur Volkskammer der ehemaligen DDR (18. März) und zum Deutschen Bundestag (2. Dezember). Sie erhielten nur wenige tausend Stimmen. Ihre Hoffnungen auf eine andere sozialistische Entwicklung in der ehemaligen DDR sahen Trotzkisten im Laufe des Jahres enttäuscht. Sie beschworen nun die "Arbeitereinheit in ganz Deutschland, in Europa"551, sprachen von einem kapitalistischen "Blitzkrieg gegen die Arbeiterklasse"56' und drohten: nach großdeutschem Reich komme Arbeiterwut57'. 2.9 "Radikale Linke" "Radikale Linke" Angesichts der Umbrüche und Diskussionen im ohnehin ideologisch will Kräfte gegen und organisatorisch zersplitterten Linksextremismus versuchte die den Parlamen"Radikale Linke" solche Kräfte zu bündeln, die den Parlamentaristarismus bündeln 38 Linksextremistische Bestrebungen mus, den Kapitalismus und das "Patriarchat" bekämpfen581. Initiatoren und Träger dieser - im Frühjahr 1989 begonnenen - Sammlungsbewegung sind Mitglieder revolutionär-marxistischer Organisationen, Erneuerer aus der DKP sowie frühere Anhänger des ökosozialistischen Flügels bei den GRÜNEN. Nach der Wende in der DDR verfolgte die "Radikale Linke" einen prinzipiell gegen die Einheit Deutschlands gerichteten Kurs (vgl. Kap. IV, Ziff. 1): Die Wiederoder Neuvereinigung sei das größte anzunehmende politische Unglück59'. Die "Radikale Linke" werde sich für die Zweistaatlichkeit von BRD und DDR einsetzen; ein durch Selbstbestimmung zu realisierendes Recht auf Imperialismus könne es nicht geben60'. "Radikale Linke" Nach der Vereinigung propagierte die "Radikale Linke" einen Wahlpropagiert boykott zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl und setzte Boykott der sich für außerparlamentarischen Widerstand in Deutschland ein. Bundestagswahl Eine politische Partei will die "Radikale Linke" nach wie vor nicht werden; ihr Formierungsprozeß kam jedoch voran: Ein "Koordinierungsausschuß" ist geschaffen worden, Planungen für eine eigene Zeitung sind angelaufen. 2.10 "Marxistische Gruppe" (MG)* Mitgliederzahl Anders als die meisten revolutionär-marxistischen Organisationen der MG weiter kennt die MG - entstanden Anfang der 70er Jahre aus den sosteigend genannten Roten Zellen - bisher keine nennenswerten Krisen, Austrittswellen oder Spaltungen. Sie wuchs - von der Öffentlichkeit fast unbemerkt - zu einer Organisation heran, in die inzwischen mehr als 10.000 Personen fest eingebunden sind; hinzu kommen mehrere Tausend, die regelmäßig an Schulungen und Teach-In's teilnehmen61'. Auch 1990 konzentrierte sich die MG hauptsächlich darauf, eigene Anhänger zu schulen und neue Interessenten für ihre Politik zu gewinnen. Dazu richtete sie wieder rund 400 öffentliche Veranstaltungen aus; an einigen nahmen über 1.000 Personen teil. Durch Teach-In's und Agitationsmaterial machte sie schon vor dem 3. Oktober in Ostdeutschland auf sich aufmerksam. Sie wandte sich dazu hauptsächlich an Schüler und Studenten. MG-Funktionäre aus den westlichen Bundesländern organisierten die Verbreitung des Zentralorgans "Marxistische Streitund Zeitschrift - Gegen die Kosten der Freiheit" (Auflage je Ausgabe 18.000) und einer Broschüre "Abweichende Meinungen zur deutschen Einheit" (fünfstellige Auflage). Die MG pries ihre eigenwilligen Vorstellungen weiterhin als die einzig richtige Auslegung des Marxismus an. Das Scheitern des realen Sozialismus in Osteuropa habe den Marxismus nicht widerlegt. Es sei nämlich eine verkehrte Vorstellung, daß der wissenschaftliche Verstand von den Tatsachen ausgehen müsse62'. Solcher Realismus sei nur eine andere Bezeichnung für Anpassung63'. Marx habe mit * Die MG hat am 21. Mai 1991 ihre angebliche Auflösung bekannt gegeben Linksextremistische Bestrebungen 39 seinem Hauptwerk "Das Kapital" nur eine Erklärung und Kritik des Kapitalismus, nicht aber ein Rezeptbuch für Sozialismus abgeliefert64'. Er habe nachgewiesen, wie Abhängigkeit, Armut und Gewalt zum Kapitalismus gehörten. Daraus folge für Kommunisten, diese Produktionsweise und die zu ihr gehörende Staatsgewalt zu bekämpfen. Peter Decker/Karl Held Abweichende Meinungen zur deutschen Einheit DDR kaputt M Deutschland ganz A Der Anschluß Eine Abrechnung mit der neuen Nation und ihrem Nationalismus Resultate Verlag Vorstellungen von Klassikern des wissenschaftlichen Sozialismus, der Kommunismus werde sich naturwüchsig herausbilden, seien antirevolutionär. Erforderlich sei vielmehr revolutionärer UmsturzMG fordert wille, die Verdammung der parasitären und faulenden Kapitalisten"revolutionären klasse und die Bereitschaft, eigene Ziele auch durchzusetzen651. Umsturzwillen" Die MG beschränkte sich weiterhin auf destruktive Kritik aller gesellschaftlichen und politischen Erscheinungen. Eine Beteiligung an Aktionen anderer Linksextremisten lehnte sie ab. Von deren Positionen und ideologischen Vorbildern grenzte sie sich aggressiv ab; sie betonte damit ihren eigenen elitären Anspruch. Auch weltweit vermochte die MG kein beispielgebendes politisches System zu erkennen: Nach jahrelang geäußerten Sympathien für die sowjetische Außenpolitik in der Ära Breshnew verkündete sie jetzt, das Schicksal des sowjetischen Systems sei für die MG belanglos: Es sei ihr scheißegal, was aus den realen Sozialisten werde66'. Nicht nur durch den elitären Anspruch ihrer Ideologie, sondern auch MG weist in ihrer Methode, Interessenten in die Organisation einzubinden, Merkmale einer weist die MG Merkmale einer Sekte auf. Sie wirbt um Leute, Sekte auf "denen nichts mehr gefällt in dieser Republik", die wissen wollen, 40 Linksextremistische Bestrebungen wie Kapitalismus und demokratische Staatsgewalt funktionierten und die in einer kommunistischen Organisation das richtige dagegen tun wollten67'. In den bevorzugten Zielgruppen - hauptsächlich angehende Akademiker - verbreitet sie Agitationsmaterial zu tagespolitischen Fragen und lädt zu unverfänglich erscheinenden "Diskussionsterminen" ein. Dort wird kritiklose Übernahme der von der MG vorgegebenen "Analysen" verlangt. Zeigt ein Interessent in solchen Sympathisantenplenen Bereitschaft, sich ideologisch anzupassen, so wird er mit dem Kandidatenstatus "belohnt". Er wird meist aufgefordert, in MG-Wohngemeinschaften zu ziehen; dort ist die soziale und ideologische Kontrolle garantiert. Soziale Außenbeziehungen werden vielfach abgebrochen. Der Aufstieg in den Status des MG-Mitglieds - in der Regel nach sieben bis zehn Jahren - markiert den Abschluß der Ausrichtung eines MG-Angehörigen auf die Sekte. Der Kandidat hat dann deren Ideologie so verinnerlicht, daß er als "sattelfest" gilt und gegenüber "niedrigeren Chargen" Weisungsbefugnis erhält. Fester Zusammenhalt der Gruppe, Opferbereitschaft der Mitglieder und jahrelang eingeübte Konspiration ermöglichten es der MG, Seilschaften in Behörden, in der Industrie und in Bildungseinrichtungen auszubauen. MG-Mitglieder, die dort in attraktive Positionen gelangt sind, ziehen Genossen unauffällig nach. Zum Teil betreiben MG-Mitglieder eigene Unternehmen oder Firmenketten, in denen fast ausschließlich "Genossen" beschäftigt werden. IM. Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre Anarchisten wollen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung zersetzen oder zerschlagen, um zu einer "herrschaftslosen" Gesellschaft, zur Anarchie, zu gelangen. Einige Gruppen propagieren sozialrevolutionäre Konzepte unter Rückgriff sowohl auf marxistische als auch auf anarchistische Theorien. Anarchistische Die Entwicklung der anarchistischen Zusammenschlüsse war im Aktivitäten Jahre 1990 unterschiedlich: Die "Graswurzelbewegung" stagnierte; stagnieren bzw. ^ie Aktivitäten von Anarchosyndikalisten, Anarchokommunisten und ge en zuruc anarchistischen Kleinzirkeln gingen zurück. Dagegen stieg die Zahl Zahl der der Anhänger autonomer Gruppierungen weiter an. Autonomen steigt Als Anlaufadressen und Koordinierungsstellen für die "Szene" fungierten weiter die "Infoläden" oder "libertäre Zentren", die in mehr als 50 Städten existieren. Die Betreiber waren bemüht, sich national und international zu vernetzen. Linksextremistische Bestrebungen 41 Überregionale Bedeutung als Diskussionsund Informationsforen libertärer und autonomer Gruppierungen behielten auch Publikationen wie "schwarzer faden" (Grafenau), "direkte aktion" (Hamburg), "SWING-autonomes rhein-main-info" (Frankfurt/M.), "INTERIM" (Berlin), "wildcat" (Karlsruhe) und die als "Zeitung aus dem Untergrund" erscheinde Schrift "radikal". 42 Linksextremistische Bestrebungen 1. Autonome Im bisherigen Bundesgebiet gibt es militante Linksextremisten, die sich selber als Autonome bezeichnen, in fast allen großen Städten. Schwerpunkte liegen in Berlin, Hamburg, Frankfurt/M. und im Ruhrgebiet. Die Zahl der Autonomen ist auf nahezu 2.300 angewachsen. Hinzu kommt ein Umfeld von mehreren tausend Personen, die sich bei besonderen Anlässen für gewalttätige Aktionen mobilisieren lassen. Die meisten Autonomen lehnen es ab, sich straff zu organisieren: Autonomie sei mit organisatorischer Unterordnung nicht zu vereinbaren; außerdem werde eine diffuse Szene für den Staat unberechenbar. Autonome Gruppierungen sind daher oft nur kurzlebig, durch aktuelle politische Themen und Protestaktionen bestimmt. Autonome Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept; in der ohne einheitliches "Szene" sind anarchistische, Sozialrevolutionäre, antikapitalistische, ideologisches antifaschistische und antiimperialistische Vorstellungen vertreten. Konzept Sich selbst glauben Autonome am ehesten über ein "gemeinsames Lebensgefühl" definieren zu können68'. So verbindet die verschiedenen autonomen Strömungen vor allem Haß gegen Staat und Gesellschaft. Das Leben hier im Herzen der Bestie691 werde geprägt von der menschenverachtenden Verwertungspolitik des Kapitals70', von Konkurrenz, Leistungsdruck und Vereinzelung. Autonome dagegen strebten ein selbstbestimmtes kollektives Leben an, ohne Ausbeutung und Unterdrückung, ohne Zwang zur Autonome Arbeit71'. Das ganze System müsse beseitigt werden. Als unerläßlibefürworten und ches Mittel im Kampf propagieren Autonome Gewalt. In militanten praktizieren Angriffen müsse sich der Wille zum Widerstand praktisch ausGewalt drücken72'. Der Kampf sei gegen das Kapital weltweit zu führen, Autonome ausgehend von den Metropolen Westeuropas. Deshalb agitierten agitieren gegen Autonome verstärkt gegen den geplanten Europäischen Binnengeplanten markt, der die Ausplünderung im Weltmaßstab neu ordne und die Europäischen imperialistische Vormachtstellung Deutschlands festigen solle. Binnenmarkt "Clash - Zeitung für den Widerstand in Europa" heißt der Titel eines neuen internationalen Szeneblattes, das seit Mitte des Jahres mehrfach herausgegeben wurde. Daran sind, neben Mitarbeitern von "Infoläden", Gesinnungsgenossen aus mehreren westeuropäischen Ländern beteiligt. Auf die innerdeutsche Entwicklung reagierten Autonome mit Enttäuschung und "Frust", aber auch mit zahlreichen militanten Aktionen (vgl. Kap. IV, Ziff. 1). Viele zeigten sich enttäuscht, daß man "dem Ausverkauf der DDR und dem Wiedervereiterungsgeschwafel" nichts Wirkungsvolles habe entgegensetzen können731. 45 Jahre nach Kriegsende, hieß es im Berliner Szeneblatt "INTERIM", besetzten wieder einmal deutsche Truppen ein Nachbarland. Die Beute sei stattlich: ein komplettes Land zur uneingeschränkten Ausschlachtung unter Verwertung der Bevölkerung74'. Linksextremistische Bestrebungen 43 Ein Teil der Autonomen beklagte in der Strategiediskussion, die auch 1990 anhielt, daß sich angesichts der politischen Umwälzungen das Bewegungstief verstärkt habe. Ursachen dafür seien fehlende Strukturen, unzureichender Informationsaustausch sowie endund ergebnislose Debatten. Militanz werde zur Randale ritualisiert. Viele seien begeistert vom eigenen coolen Auftreten und von brennenden Kulissen751. Für den weiteren Kampf im vereinigten Deutschland erklärten Autonome: "Wir haben jetzt Gelegenheit, unsere Ziele neu zu stecken und mit neuer Kraft den ganzen nationalistischen, sexistischen und rassistischen Rotz zu bekämpfen"761. 44 Linksextremistische Bestrebungen Wieder verstärkt debattiert wurde die Politik der RAR Zwar kritisierten autonome Gruppen erneut deren Militanzbegriff, weil der sich auf die bloße Durchführung von Anschlägen reduziere77'. Positiv bewerteten sie aber die Taterklärung der RAF zum Anschlag auf Staatssekretär Neusei. Diese zeige, daß die RAF von ihrem arroganten Avantgardedenken abrücke und für Kritik und Diskussion offener werde; zum ersten Mal habe sie Bedeutung und gegenseitige Abhängigkeit von bewaffnetem Kampf und Sozialrevolutionären Bewegungen herausgestellt78'. Militante AktioAnlässe zu militanten Aktionen fanden Autonome u. a. in Protesten nen gegen die gegen die Vereinigung Deutschlands und die Räumung besetzter Vereinigung Häuser (vgl. Kap. IV, Ziff. 1 und 8). Deutschlands und Räumung besetzer Häuser In Berlin (West) randalierten Autonome zusammen mit ausländischen Jugendlichen nach Abschluß einer "revolutionären 1. MaiDemo". Sie beschädigten Geschäfte und Kraftfahrzeuge; mit Steinen, Flaschen und Brandsätzen griffen sie die Polizei an. Mehr als 230 Polizisten wurden verletzt. In Hamburg beteiligten sich an den Ausschreitungen gegen die Premiere des Musicals "Phantom der Oper" am 29. Juni bis zu 1.000 Personen, darunter ca. 350 Autonome und Antiimperialisten. Über 70 Kraftfahrzeuge wurden demoliert, Scheiben zertrümmert, Barrikaden und ein Geschäft angezündet. Premierengäste wurden tätlich angegriffen, 28 Personen verletzt. Linksextremistische Bestrebungen 45 2. Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" Auch 1990 arbeiteten etwa 80 "gewaltfreie" Aktionsgruppen und Kollektive, die sich zur anarchistischen "Graswurzelbewegung" zählen, in der "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA) zusammen. Diese wollen in einer angeblich "gewaltfreien RevoluAnarchistische tion" durch Macht von unten den "staatlichen Herrschaftsund "Gewaltfreie Gewaltapparat" zurückdrängen und schließlich zerstören. Ihr Ziel Aktionsgruppen" wollen sei, anstelle des zentralisierten, autoritären Staates eine freiheitlich Staatsapparat basisdemokratische Gesellschaft mit einer selbstverwalteten, soziabeseitigen listischen Wirtschaftsordnung79'. Zu den "gewaltfreien" Kampfformen des "zivilen Ungehorsams" gehören bewußte Mißachtung staatlicher Gesetze, Besetzungen, Blockaden und Sabotage. Die FöGA engagierte sich vor allem in der "Antimilitarismusarbeit" (vgl. Kap. IV, Ziff. 3). Zum Jahresende riefen "gewaltfreie" Aktionsgruppen dazu auf, "Widerstand" gegen einen Golfkrieg zu leisten und alle "Kriegsdienste" zu verweigern. Sie warben dafür, Deserteure zu unterstützen und zu verstecken sowie Truppentransporte der US-Armee und der Bundeswehr zu behindern80'. Nach dem Zusammenbruch der DDR sah die "Graswurzelbewegung" Chancen für eine neue Kampagne gegen den Parlamentarismus. Ansätze in der dortigen Opposition zu rätedemokratischen, basisdemokratischen Alternativen könnten bewußt gemacht und vertieft werden. Anarchistische Parlamentarismuskritik bedeute eine Strategie der direkten gewaltfreien Aktionen und des zivilen Ungehorsams bis zum Massenstreik gegen parlamentarische Entscheidungen im einzelnen und schließlich gegen das parlamentarische System an sich81'. 3. "Anarcho-syndikalistische" und "anarcho-kommunistische" Gruppen Die anarcho-syndikalistische "Freie Arbeiterinnen-Union" (FAU) sieht in Betrieben die zentralen Orte des Widerstandes gegen das kapitalistische Ausbeutungssystem821. Ziel der FAU ist, über eine "soziale Revolution" und den Aufbau einer "direkt-demokratischen" Gewerkschaft eine "herrschaftslose" Gesellschaft herbeizufühAnarchoren83'. Als Kampfform propagiert die FAU die "direkte Aktion": BeSyndikalisten setzungen, Boykotts, Streiks und Sabotage. propagieren Im bisherigen Bundesgebiet bestanden 1990 über 20 Ortsgruppen "direkte Aktion" und Kontaktstellen der FAU. Die Gruppe in Köln stellt das Sekretariat der "Internationalen Arbeiter Assoziation" (IAA), eines weltweiten Zusammenschlusses anarcho-syndikalistischer Gewerkschafter. In der damaligen DDR hatte sich bereits im Januar 1990 eine FAU gebildet, u. a. mit einer Anlaufstelle in Berlin (Ost); bis zum Jahresende wurden über 10 weitere Kontaktadressen in den neuen Bundesländern bekannt. 46 Linksextremistische Bestrebungen Anarcho-kommunistische Gruppen wollen auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus über eine gewaltsame sozialistische Revolution und Diktatur des Proletariats die "freie klassenlose Gesellschaft", die Anarchie, erreichen84'. IV. Aktionsfelder 1. Kampagne gegen die Einheit Deutschlands Breites linksAus ihrer Feindschaft gegenüber der freiheitlichen Demokratie in extremistisches der Bundesrepublik Deutschland heraus mobilisierten LinksextreSpektrum gegen misten gegen einen "Anschluß" der DDR auf der Basis des Grund"Anschluß" der gesetzes. DDR Die DKP setzte sich noch zu Jahresbeginn vehement für die Souveränität der DDR ein und versuchte, eine entsprechende Kampagne zu initiieren. Im Kampf gegen den "großdeutschen Nationalismus auf dem Marsch in ein viertes Reich" sah sie ein neues Politikfeld, auf dem sich für Kommunisten neues Selbstverständnis gewinnen lasse851. Als die DKP aber erkannte, daß die staatliche Einigung Deutschlands unausweichlich sein würde, vollzog sie einen Kurswechsel. Sie agitierte gegen eine angeblich drohende "Einverleibung" der DDR und forderte, möglichst viele "Errungenschaften" der sozialistischen DDR zu retten. Alles müsse erhalten bleiben, was dem Fortschritt diene, eine antifaschistische Grundorientierung umfasse und neue Voraussetzungen für den Sozialismus auf deutschem Boden schaffe861. Linksextremistische Bestrebungen 47 Ähnlich wie bei der DKP entwickelten sich die Positionen in den meisten anderen revolutionär-marxistischen Organisationen. MLPD, der "IVIehrheitsflügel" des KB und Teile der VSP befürworteten eine Entwicklung hin zu einem "einheitlichen sozialistischen Deutschland"87'. Andere, z. B. die "Minderheit" des KB und die "Radikale Linke", blieben prinzipielle Gegner der staatlichen Einheit.. Für die linksextremistische Sammlungsbewegung "Radikale Linke" "Radikale Linke" wurde diese "antideutsche" Position zum bestimmenden Antrieb. initiiert bundesBereits im Januar forderte sie eine bundesweite Demonstration weite Demonstration "Nie wieder unter dem Motto "Nie wieder Deutschland". In dem Aufruf, d e r - Deutschland" wie die Demonstrationsvorbereitungen - auch von anderen linksextremistischen Organisationen (DKP, MLPD, KB, AB u. a.) unterstützt wurde, hieß es: In der Systemauseinandersetzung setze sich derzeit der Kapitalismus durch. Dessen Wohlstand basiere auf Krisen, Erwerbslosigkeit, Frauenunterdrückung und Rassismus in den kapitalistischen Staaten sowie auf dem Hunger und Elend der Staaten des Südens und Ostens. Die Forderung nach "Selbstbestimmung der Deutschen" meine die Einverleibung der DDR881. An der Demonstration, am 12. Mai in Frankfurt/M. beteiligten sich etwa 7.000 Personen, darunter rund 1.000 Autonome und andere gewaltbereite Linksextremisten sowie Mitglieder von DKP, MLPD, VSP und KB. Die Abschlußkundgebung endete mit Gewalttätigkeiten militanter Autonomer. Linksextremisten unterstützten auch eine Demonstration "Gegen die Einverleibung der DDR - Für ein selbstbestimmtes Leben" am 48 Linksextremistische Bestrebungen 29. September in Berlin, bei der über 5.000 Personen gegen die bevorstehende Wiedervereinigung und den i 218 StGB protestierten. Proteste und Zum "Tag der Einheit" (3. Oktober) kam es in zahlreichen Städten, Störaktionen vor allem in Westdeutschland, zu Protesten und Störaktionen, an anläßlich der denen Linksextremisten beteiligt waren. In Berlin demonstrierten Vereinigung Deutschlands am 3. Oktober unter der Parole "Deutschland halt's Maul - es reicht" ca. 8.000 Personen, darunter etwa 1.000 Autonome und andere Militante. Erneut auf Initiative der "Radikalen Linken" protestierten am 3. November in Berlin etwa 5.000 Personen unter dem Motto "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland". Zur Teilnahme aufgerufen hatten auch zahlreiche Gliederungen der DKP, die VSP, der KB und andere linksextremistische Gruppen sowie Anhänger autonomer Zusammenschlüsse. Auf Transparenten hieß es: "Deutschland muß sterben, damit wir leben können". Nach Ende der Veranstaltung randalierten etwa 200 Autonome; sie griffen die Polizei mit Steinen und Brandsätzen an, stürzten Fahrzeuge um und zündeten sie an. Auch mit zahlreichen Brandanschlägen auf öffentliche Einrichtungen, Banken, Kaufhäuser und sonstige Wirtschaftsunternehmen protestierten Autonome gegen die innerdeutsche Entwicklung. "Radikale Linke" Gegen Jahresende plädierten Anhänger der "Radikalen Linken" will konsequente dafür, auch nach der Vereinigung eine konsequente "Anti-Deutsch"Anti-Deutschlandland-Politik" zu betreiben. Für eine radikale Opposition sei DeutschPolitik" betreiben land einer der Staaten, die am dringendsten ihrer Zerschlagung bedürfen89'. 2. Teilnahme an Wahlen 2.1 Wahlbündnis zur ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl Mit Blick auf die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl (2. Dezember) verstärkten sich seit dem späten Frühjahr, z. T. in Form sogenannter Roter Tische, die Kontakte westdeutscher Linksextremisten zur PDS in der damaligen DDR. Die PDS - sie rekrutiert sich fast ausschließlich aus Kadern der alten SED, bietet einer starken "Kommunistischen Plattform" Heimat und lehnt es ab, in Gesamtdeutschland "staatstragend" zu sein - schlug vor, eine westdeutsche "Linke Liste" zu bilden, die ein Wahlbündnis (Listenverbindung) mit der PDS eingehe. Die PDS wolle dafür ihre Beziehungen zur DKP nutzen, aber auch Verbindungen zu Organisationen aufbauen, zu denen sie bisher keine Beziehungen unterhalte901. Wesentliche Ansprechpartner - neben der DKP und ehemaligen Mitgliedern der DKP - wurden der KB, die VSP, der BWK und der AB. Linksextremistische Bestrebungen 49 Am 12. August konstituierte sich - dominiert von Mitgliedern und "Linke Liste/PDS" ehemaligen Mitgliedern linksextremistischer Organisationen - eine konstituiert sich "Linke Liste/PDS" als Bundespartei. In der Folgezeit wurden, mit als Bundespartei einem Minimum an Mitgliedern, in allen westlichen Bundesländern Landesverbände gegründet. Hauptbetreiber waren Mitglieder des KB und frühere Funktionäre der DKP. Unterstützerinitiativen kamen überwiegend aus der DKP, der VSP und dem BWK. In ihrem gemeinsamen Wahlprogramm, beschlossen auf einem Wahlkongreß am 15./16. September in Berlin (Ost), definierten sich PDS und "Linke Liste/PDS" als "antikapitalistische Bewegung mit sozialistischen Zielsetzungen". Eine neue deutsche Verfassung müsse radikal und plebiszitär demokratisch sowie antifaschistisch sein. Alle Strafvorschriften, die der politischen Verfolgung dienten, müßten gestrichen werden, insbesondere SS 129a StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen). Ein Staat, der Notstandsgesetze, Berufsverbote und Antiterrorgesetze nötig habe, so hieß es wörtlich, "kann nicht unser Staat sein". Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29. SeptemWestdeutsche ber, das Listenverbindungen zwischen Parteien aus dem (damaLandesverbände ligen) Bundesgebiet und der (damaligen) DDR für unzulässig erklärt der "Linken Liste/ PDS" lösen sich hatte, beschloß die PDS, gesamtdeutsch zu kandidieren. Die westauf und kondeutschen Landesverbände der "Linken Liste/PDS" lösten sich auf stituieren sich als und konstituierten sich als Landesverbände der PDS neu (mit dem Landesverbände Zusatz "Linke Liste"). der PDS Bei den Landtagswahlen in den neuen Bundesländern am 14. Linksextremisten Oktober kandidierten auf den offenen Listen der PDS ("Linke kandidieren auf Liste/PDS") neben alten SED-Mitgliedern u. a. Repräsentanten der offenen Listen der PDS auf dem Gebiet der ehemaligen DDR neugegründeten "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD), der revolutionär-marxistischen Partei "Die Nelken", der "Vereinigten Linken" (VL) und der "Freien Deutschen Jugend" (fdj). Über die "Linke Liste/PDS" gelangte der damalige stellvertretende Vorsitzende (heute Vorsitzende) der KPD in den Sächsischen Landtag. Auf die Listen der PDS entfielen insgesamt 11,6% der Stimmen. Bei den (gesamtdeutschen) Bundestagswahlen am 2. Dezember kandidierten auf den offenen Listen der PDS ("Linke Liste") neben alten SED-Mitgliedern u. a. Mitglieder und ehemalige Angehörige der DKP, des KB und der VSP911. So belegten hohe aktive DKPFunktionäre jeweils Platz 3 der Landeslisten Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Saarland. Auf die Listen der PDS ("Linke Liste") entfielen 1.129.578 Stimmen (2,4%). Ihre besten Ergebnisse erzielte die PDS in Mecklenburg-Vorpommern (14,2%) und in Brandenburg (11,0%); in ganz Berlin erhielt sie 9,7%. In den westlichen Bundesländern lagen die Ergebnisse durchweg bei etwa 0,3%, lediglich in Hamburg und Bremen bei jeweils 1,1%. Unter den gewählten Mandatsträgern befinden sich Angehörige des KB. 50 Linksextremistische Bestrebungen 2.2 Landtagswahlen Linksextremisten Bei der Landtagswahl im Saarland am 28. Januar kandidierte die bei LandtagsDKP in allen drei Wahlkreisen und auf der Landesliste mit insgesamt wahlen ohne 47 Bewerbern. Nach dem amtlichen Endergebnis erhielt sie 836 Erfolg Stimmen (0,1%). Bei der Landtagswahl 1985 hatte sie noch 2.317 Stimmen (0,3%) errungen. Zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai reichte die DKP keine Landesreserveliste ein. Sie kandidierte lediglich in 19 der insgesamt 151 Wahlkreise. Auf sie entfielen nach dem amtlichen Endergebnis 2.376 Stimmen (0,0%). Im Jahre 1985 hatte die DKP auf eine eigenständige Kandidatur verzichtet und stattdessen die von ihr gesteuerte "Friedensliste NRW" unterstützt, die 61.818 Stimmen (0,7%) erhalten hatte. An den Landtagswahlen in Niedersachsen (13. Mai) und Bayern (14. Oktober) beteiligte sich keine linksextremistische Partei. 2.3 Kommunalwahlen Bei den Kommunalwahlen in Bayern am 18. März konnten DKPMitglieder zwei Mandate (1984: sieben) erringen, und zwar über Bündnislisten. Die DKP selber war lediglich in zehn Gemeinden zur Wahl angetreten. Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein am 25. März kandidierte die DKP eigenständig nur in zwei Gemeinden. Eine Bündnisliste, auf der auch Mitglieder der DKP vertreten waren, erlangte zwei Mandate. DKP besitzt 60 Insgesamt haben DKP-Mitglieder bundesweit etwa 60 Mandate auf Mandate auf komkommunaler Ebene inne. munaler Ebene 3. "Antimilitarismus"-Arbeit und "Friedenskampf" Linksextremisten aller Richtungen agitierten weiterhin gegen die Engagement von Wehrpflicht, die Bundeswehr und die NATO. Das Engagement für Linksextremisten Aktionen im "Friedenskampf" und die Resonanz in der Öffentlichim "Friedenskeit gingen jedoch stark zurück. kampf" stark zurückgegangen Die DKP beklagte ihre verlorenen "Exklusivrechte" in der "Friedensbewegung"921 und bemühte sich, schon aus Gründen der Bündnispolitik, "friedenspolitisch" aktiv zu bleiben931. Gelegenheit dazu boten ihr und ihrem Umfeld wieder die traditionellen "Ostermärsche" (1990: 50.000 Teilnehmer; Veranstalterangaben: 90.000). Funktionäre der DKP und vor allem der DFU waren auch 1990 an Vorbereitung und Durchführung maßgeblich beteiligt; sie gaben den "Ostermarsch"-Aktionen das organisatorische Rückgrat94'. Bis zum Herbst boten sich Linksextremisten wenig Anlässe für "antimilitaristische" Aktivitäten. Beim Abtransport US-amerikanischer Chemiewaffen aus der Pfalz agitierten sie gegen angeblichen Militarismus und US-Imperialismus und versuchten vereinzelt, bei der Bevölkerung entlang der Transportstrecke Angst zu schüren. Linksextremistische Bestrebungen 51 Führende FöGA-Mitglieder bemühten sich, die von ihnen mitinitiierte Bewegung "Bundesrepublik ohne Armee" (BoA) in Gang zu halten. Auch andere linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen, insbesondere die DFG-VK, beteiligten sich daran. Die Kampagne fand jedoch in der Öffentlichkeit kein Interesse. Im Herbst, nach Beginn der Golfkrise, sahen Linksextremisten neue Chancen, die "Friedensbewegung" wiederzubeleben. Sie agitierten gegen die USA und ihre Verbündeten und unterstützten Demonstrationen und andere Aktionen gegen einen Krieg am Golf (vgl. Ziff. 5). 4. "Antifaschismus"-Arbeit Linksextremisten - Marxisten-Leninisten ebenso wie Anarchisten - betrachten Faschismus als zwangsläufige Folge des kapitalistischen Systems. "Antifaschismus"-Arbeit ist deshalb für sie auch immer Kampf gegen die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung. Die Gefahr des Faschismus als einer Herrschaftsform des Großkapitals95' könne, so Marxisten-Leninisten, letztlich nur durch eine sozialistische Revolution beseitigt werden. Die Bedeutung der "Antifaschismus"-Kampagne ließ 1990 im Vergleich zu den beiden Vorjahren deutlich nach. Die DKP und DKP und VVNihre "antifaschistische" Bündnisorganisation, die WN-BdA, büßten BdA verlieren nach dem Verlust ihrer Organisationskraft ihre führende Rolle in führende Rolle in der "antider "antifaschistischen" Bewegung weitgehend ein (vgl. Kap. Il, faschistischen" Ziff. 2.1.3). Ii) landesweiten, regionalen und örtlichen "antifaschiBewegung stischen" Bündnissen waren sie aber noch immer aktiv. Während einer bundesweiten "Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus" Mitte Februar in Frankfurt/M. zerbrach der 1989 gebildete "Arbeitsausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus", an dem DKP und VVN-BdA maßgeblich beteiligt gewesen waren. Zuvor war ein Antrag, DKP und SDAJ nicht mehr als Unterstützer des "Arbeitsausschusses" aufzuführen, von der Mehrheit der Konferenzteilnehmer abgelehnt worden. Nichtextremistische Bündnispartner zogen sich daraufhin zurück. Besondere Prägung erhielt der "Antifaschismus"-Kampf durch die innerdeutsche Entwicklung (vgl. Ziff. 1). Mit Parolen wie "Nie wieder Deutschland - Kein 4. Reich!" versuchten Linksextremisten, einen Bezug zur Zeit des Nationalsozialismus herzustellen. Die DKP forderte, die "Errungenschaften" der DDR, insbesondere die "antifaschistische Grundorientierung", zu erhalten961. Andere revolutionäre Marxisten und Autonome agitierten gegen die Wiedervereinigung als Ausdruck "großdeutschen Chauvinismus" und "Nationalismus". 52 Linksextremistische Bestrebungen Kontakte westAutonome "Antifa-Gruppen" aus Westdeutschland und dem Westdeutscher teil Berlins bemühten sich seit Jahresanfang um Kontakte zu Gleichautonomer gesinnten im Ostteil der Stadt und in der damaligen DDR und halfen, "Antifa-Gruppen" zu Gleichgesinndort "Antifa"-Gruppen aufzubauen. Die erste Antwort einer linksten in Berlin (Ost) radikalen Bewegung auf die Wiedervereinigung müsse sein, den und in den neuen Faschos eine militante Gegenwehr in den Weg zu stellen; dazu Bundesländern seien die erforderlichen Strukturen zu schaffen971. Am 20. April beteiligten sich, bei einer "antifaschistischen" Demonstration in Berlin (Ost), erstmals Autonome aus Berlin (West) an gewalttätigen Militante Angriffen auf die Volkspolizei. Zahlreiche militante Autonome aus Autonome aus Berlin (West) waren ebenfalls an den schweren Ausschreitungen Berlin (West) am 23. Juni in Berlin (Ost) beteiligt: Etwa 4.000 Personen aus beibeteiligen sich an "Antifaschistiden Teilen der Stadt hatten gegen "Faschismus, Rassismus und schen" Sexismus" demonstriert; dabei versuchten etwa 300 zum Teil verDemonstrationen mummte Gewalttäter zu einem von Rechtsextremisten bewohnten in Berlin (Ost) Häuserkomplex vorzudringen, dessen Zugangsstraße die Volkspolizei jedoch abgesperrt hatte. Sie griffen die Polizisten mit Brandflaschen, Stahlkugeln, Pflastersteinen sowie Feuerwerkskörpern an. Linksextremisten aller Richtungen beteiligten sich wie in den Vorjahren an Störaktionen und Kundgebungen gegen Veranstaltungen rechter oder rechtsextremistischer Organisationen. So kamen etwa 4.000 Personen, überwiegend Anhänger linksextremistischer und linksextremistisch beeinflußter Gruppen, zu einer "antifaschistischen" Protestkundgebung am 18. August nach Wunsiedel (Bayern); darunter waren ca. 800 Autonome und andere gewaltbereite Linksextremisten, auch aus der damaligen DDR. Entsprechend der Parole "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" 98 ' griffen militante Autonome wiederholt Teilnehmer von "Fascho-Treffen", aber auch Polizisten brutal an. Über sogenannte Antifa-Telefone sammelten und verbreiteten sie Informationen zu "faschistischen" Organisationen und einzelnen Personen; sie überfielen auch gezielt Rechtsextremisten. Gewalt rechtfertigten sie dabei als "Gegenwehr"991. 5. "Antiimperialismus-" und "lnternationalismus"-Arbeit Linksextremisten aller Richtungen fühlen sich verpflichtet, im weltweiten "antiimperialistischen" Kampf Solidarität mit Gesinnungsgenossen anderer Länder und revolutionären Befreiungsbewegungen der Dritten Welt zu üben, und zwar nicht nur durch praktische Hilfe Linksextremisten (Spendenaktionen, Arbeitsbrigaden u. a.), sondern auch durch "Wifür "Widerstand in derstand" im eigenen Land, in den "Metropolen". Gelegenheit dazu den Metropolen" bot ihnen z. B. der 30. Weltkongreß der Internationalen Handelskammer (ICC) Ende Juni in Hamburg. Am 26. Juni demonstrierten dort etwa 500 Personen; anschließend randalierten Gruppen von mehreren Hundert in der Innenstadt. Aktivitäten von Linksextremisten gegen die Apartheid in Südafrika gingen im Laufe des Jahres zurück; Aufrufe, den bewaffneten Linksextremistische Bestrebungen 53 Kampf dort zu unterstützen, wurden seltener. Aus Protest gegen Geschäftsbeziehungen mit Südafrika beschädigten militante Linksextremisten in der ersten Jahreshälfte zahlreiche SHELLTankstellen, zum Teil in einer abgestimmten Aktion mit Gesinnungsgenossen in den Niederlanden und Italien. Nach zwei bundesweiten "Anti-SHELL-Aktionstagen"im April und Juni erlahmte die Kampagne. SHELL RAUS AUS SÜDAFRIKA! MATERIALIEN Z U M SHELLBOYKOTT Für die DKP - mehr als für andere Linksextremisten - stand 1990 die Solidarität mit Cuba als der letzten Bastion des "realen Sozialismus" im Vordergrund. Die kommunistisch beeinflußte "Freundschaftsgesellschaft BRD - Cuba e.V." sammelte, unterstützt von der DKP, Spenden und Unterschriften unter einen Appell "Hände weg von Cuba!"1001. Die MLPD setzte die Solidaritätsarbeit zugunsten einer "Bruderpartei" in Peru fort und richtete erneut für deren Vertreter eine mehrwöchige Vortragsreise durch das Bundesgebiet aus. In Hamburg organisierten Autonome eine Veranstaltung mit einem Repräsentanten der peruanischen Terrororganisation "Sendero Luminoso". Nicaragua-Solidaritätsinitiativen, in denen Linksextremisten mitwirken, gerieten angesichts des Wahlsieges der demokratischen Kräfte in Nicaragua ("Abwahl der Revolution") in eine Krise. Viele Gruppen sahen die Niederlage der "Sandinistischen Front für die nationale Befreiung" (FSLN) als Fehlschlag ihrer eigenen revolutionären Arbeit. Die DKP setzte - wenn auch eingeschränkt - ihre Nicaragua-Solidaritätsarbeit fort. Entsprechend abgestimmte Projekte trügen dazu bei, die FSLN zu stärken und ihren Einfluß in der Bevölkerung zu erhöhen101'. 54 Linksextremistische Bestrebungen Die Arbeit der El Salvador-Solidaritätsgruppen, in denen Linksextremisten führend mitwirken, stagnierte. Die Spendensammlung "Waffen für El Salvador" zugunsten der Guerillaorganisation "Frente Farabundo Marti para la Liberacion Nacional" (FMLN) erbrachte aber auch 1990 wieder rund 200.000 DM102". Solidarität mit dem Kampf der terroristischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) erklärten die ca. 600 Teilnehmer eines "Antiimperialistischen Kongresses", der - dominiert von der MLPD - vom 30. März bis 1. April in Duisburg stattfand. Unter den Linksextremisten in der Palästina-Solidaritätsbewegung waren Autonome und "Antiimpis" mit ihrem strikt antiisraelischen Kurs weiterhin tonangebend; sie bestritten erneut das Existenzrecht des Staates Israel, der nur durch Expansion überleben könne; Israel sei der Kettenhund des Imperialismus gegen die arabischen Massen1031. "AntiimperiaZum irakischen Überfall auf Kuwait und den Ereignissen in der Golflistische" region setzte sich bei Linksextremisten die traditionell "antiimperiaBewertung der listische", d. h. gegen die westlichen Demokratien und besonders Golf krise durch Linksextremisten die USA gerichtete Bewertung durch. Diesen Staaten wurde vorgeworfen, einen Krieg in Kauf zu nehmen, um ihre imperialistischen Machtpläne im Nahen Osten durchzusetzen und sich die Verfügung über die Ölvorkommen zu sichern. Linksextremisten agitierten auch gegen einen angeblich vorgesehenen Einsatz der Bundeswehr aTn Golf und riefen zur Desertion auf. Autonome verlangten, den Widerstand gegen die "grenzenlose Gier des Imperialismus" auf. die Straße zu tragen1041. Gegen Jahresende beteiligten sich Linksextremisten aller Richtungen an örtlichen und regionalen Protestveranstaltungen1051 (vgl. Ziff. 3). 6. Betriebsund Gewerkschaftsarbeit Die meisten revolutionären Marxisten, Anarcho-Syndikalisten und Anarcho-Kommunisten betrachten die politische Arbeit in Betrieben als ein wichtiges Aktionsfeld. Besondere Grundorganisationen in DKP-Betriebsarbeit Betrieben ("Betriebsgruppen") unterhielt nach wie vor die DKP; Zahl drastisch und Aktivitäten gingen jedoch drastisch zurück. Nur noch wenige zurückgegangen DKP-Betriebszeitungen konnten erscheinen. Im Mai konstatierte die DKP trotzdem gute Ergebnisse bei den Betriebsratswahlen; klassenorientierte Kandidaten - darunter aktive und ehemalige DKPMitglieder - seien erfolgreich gewesen. Die geringer gewordenen geistigen und politischen Potenzen der DKP müßten jetzt auf die Betriebe konzentriert werden1061. So bemühte sich die Partei, ihre Betriebsarbeiter durch besondere Schulungen und Seminare zu motivieren1071. Eigene Betriebsgruppen unterhielt auch die MLPD (ca 60); sie gab auch eigene Betriebszeitungen heraus. Empört reagierte sie auf ein Linksextremistische Bestrebungen Urteil des Bundesgerichtshofes, das den Ausschluß ihres Vorsitzenden Stefan ENGEL aus der IG Metall (1986) und die Einstufung der MLPD als gewerkschaftsfeindliche Organisation für rechtens erklärte. Dagegen waren Mitglieder der DKP von gewerkschaftlichen Unvereinbarkeitsbeschlüssen nicht betroffen. Trotz des Niedergangs der DKP waren Kommunisten weiterhin in gewerkschaftlichen Funktionen auf allen Ebenen tätig, vorwiegend in Ortsund Kreisvorständen. DKP-Funktionäre mit Erfahrungen in der Betriebsund Gewerkschaftsarbeit unterstützten im Frühjahr die PDS im Wahlkampf und berieten sie, wie sie in der damaligen DDR unter den veränderten Bedingungen in Betrieben und Gewerkschaften wirken könne. Erneut griff die DKP Gewerkschaftsführer an, denen sie sozialpartnerschaftliche Politik vorwarf. Diese sähen ihre Gegner nicht in den Unternehmern, sondern in den linken Gewerkschaftern, den Mitgliedern der PDS und der DKP1081. In der Unterstützung gewerkschaftlicher Aktionen, so betonte die DKP-Führung immer wieder, lägen Chancen für die Neuformierung der Partei. Auf einem "Gewerkschaftspolitischen Forum" der DKP im Oktober beschwor der langjährige DKP-Funktionär Werner PETSCHICK (Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes der Fachgruppe Journalismus in der IG Medien) die früheren Erfolge der Partei: "Die Zahl der DKP-Mitglieder in Betriebsund Personalräten stieg ständig an, immer mehr wurden zu Delegierten bei Gewerkschaftstagen und auch die kleine Zahl von hauptamtlichen Wahlfunktionären stieg. Relativ starken Einfluß hatte die DKP in der IG Medien (früher IG DruPa) und der Gewerkschaft HBV. Nicht wenig akademisch gebildete Gewerkschaftssekretäre schlossen sich der DKP an oder sympathisierten mit ihr, wie auch ein Teil der Absolventen der Akademie der Arbeit. Jährlich warnten die Berichte des Verfassungsschutzes vor dem gewachsenen Einfluß der DKP in Betrieb und Gewerkschaft". (UZ vom 26.10.1990) 7. Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst Linksextremisten agitierten auch 1990 gegen staatliche Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst, demagogisch als "Berufsverbote" bezeichnet. Die kommunistisch beeinflußte Initiative "Weg mit den Berufsverboten" - von ihrer Gründung 1973 bis Ende 1989 im wesentlichen von der DFU finanziell und organisatorisch getragen - konnte nur noch wenig Aktivität entfalten. Unterstützung suchte sie wieder im Ausland. Sie beteiligte sich an einer internationalen Delegation, die Mitte Juni anläßlich der KSZE-Folgekonferenz nach Kopenhagen reiste, um dort 56 Linksextremistische Bestrebungen die internationale Öffentlichkeit mit den "Berufsverboten in der BRD" zu konfrontieren1091. Dabei wurden auch "Berufsverbote" in der damaligen DDR angesprochen, d. h. Maßnahmen der demokratisch gewählten Regierung der DDR und der Kommunen, um ehemalige SED-Funktionäre und Angehörige des "Ministeriums für Staatssicherheit" von der öffentlichen Verwaltung fernzuhalten. Unterstützt von Linksextremisten aus Westdeutschland und organisiert von der PDS gründete sich Ende August in Berlin (Ost) eine PDS unterstützt DDR-weite "Initiative gegen Berufsverbote"1101. Der PDS-Vorsitzenneugegründete de Gregor GYSI kündigte an, seine Partei wolle zusammen mit der ostdeutsche westdeutschen Initiative massiv öffentlich gegen Berufsverbote Initiative gegen vorgehen1111 und unterstütze die ostdeutsche Initiative112'. "Berufsverbote" 8. Kampf um "Freiräume" Häuserkampf als Anhänger autonomer und anderer gewaltbereiter Gruppierungen Schritt zum versuchten auch 1990, ihre besetzten Häuser gewaltsam zu verAufbau teidigen oder sich neue Freiräume zu verschaffen, um ein "ausrevolutionärer beutungsund herrschaftsfreies Leben" führen zu können113'. In Gegenmacht solchen selbstverwalteten Zentren, so umschrieben sie ihre Ziele, könnten sie sich vom menschenfeindlichen Alltag des kapitalistischen Systems befreien und zugleich die Gegenmacht von unten gegen die Realität von oben organisieren1141. PMi Tt/e Powee az we nam* UNS eeictm! FINGER WEG VOM HAfEB Uli K ö l n Sa DEMONSTRATION 22.12.90 Vorbereitung (W) Kefs 13.00 h F r . 2 1 . 1 2 . 20.00 h Chlodwigplatz Mwmtfämm Zum Widerstand forderten Autonome auch gegen Projekte von Städteplanung und Stadtsanierung auf, weil diese Instrumente der Umstrukturierung bestehende soziale Kontakte zerstören und den Interessen der Herrschenden anpassen würden1151. Linksextremistische Bestrebungen 57 Als "Ausweichmanöver gegenüber einem übermächtigen Feind" Westberliner wurde kritisiert, daß im Laufe des Jahres zahlreiche Anhänger der HausbesetzerWestberliner Hausbesetzerszene in leere oder besetzte Ostberliner szene zieht in den Ostteil der Stadt Häuser umzogen. Andererseits, hieß es aber auch, entstehe mit um dieser neuen Besetzerbewegung ein schwer einschätzbares und gefährliches Widerstandspotential gegen die Politik des Berliner Senats1161. Zum Jahresende hielt sich der größte Teil der militanten Autonomen Berlins im Ostteil der Stadt auf; zu ihren zentralen Wohnobjekten gehörten besetzte Häuser in der Mainzer Straße. Als 58 Linksextremistische Bestrebungen Mitte November dort und in angrenzenden Bezirken Häuser geräumt wurden, kam es zu schweren Angriffen auf die Polizei. Mehrere hundert Gewalttäter, verschanzt hinter Barrikaden, warfen mit Pflastersteinen, Gehwegplatten, Dachziegeln und Brandsätzen; ferner setzten sie Kraftfahrzeuge in Brand und plünderten Geschäfte. Mehr als 200 Polizisten wurden verletzt. Mit Parolen wie "Rache für die Mainzer Straße" und "Berlin ist überall" solidarisierten sich im ganzen Bundesgebiet militante Linksextremisten mit den Berliner Hausbesetzern. V. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 117>118> 1. Entwicklung der Terroraktionen Zahl der Der seit 1987 zu verzeichnende Rückgang terroristischer Aktionen Terrorakte weiter setzte sich auch 1990 fort. Mit einem versuchten Mordanschlag, 7 rückläufig Sprengstoffund 61 Brandanschlägen sowie 12 weiteren Straftaten (6 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr, 5 Anschläge auf Einrichtungen der Energiewirtschaft und ein Raubüberfall) hat die Zahl der linksextremistisch motivierten Terrorakte (insgesamt 81 )"91 gegenüber dem Vorjahr wiederum abgenommen (zum Vergleich 1987: 329, 1988: 197, 1989: 101). Gegen Jahresende zeichnete sich jedoch ein Wiederanstieg der Anschlagszahlen ab. Linksextremistische Bestrebungen 59 Trotz der insgesamt rückläufigen Anschlagsentwicklung war die Sicherheitslage in Deutschland angespannt. Ursache hierfür ist die Terroristische Serie von Gewalttaten, die die "Rote Armee Fraktion" (RAF) nach Bedrohung einjähriger Inaktivität mit dem Mord an dem Vorstandssprecher der besteht weiter Deutschen Bank Dr. Alfred Herrhausen im November 1989 eingeleitet und 1990 fortgesetzt hat. So war sie für einen versuchten Mord an dem Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Hans Neusei, ein geplantes Attentat auf Bundesminister Ignaz Kiechle, einen Raubüberfall, zwei Sprengstoffanschläge und einen Brandanschlag verantwortlich. Nur durch Zufall forderten diese Aktionen keine Todesopfer. Das Attentat auf Staatssekretär Neusei scheiterte, der Anschlag auf Bundesminister Kiechle wurde vor seiner Ausführung abgebrochen. Die Anschläge des Jahres 1990 verteilen sich nach Tätergruppen und Ausführungsart wie folgt (Vergleichszahlen 1989 in Klammern):120' Mord SprengBrandsonstige insanstoffanStraftaten gesamt schlage anschläge schläge "Kommandobereich" der "Rote Armee Fraktion" ' 1 121) ( 1 ) 122) 0 (0) 0 (0) 1 1 2 3 ' (0) 2 (1) Militante der RAF 0 (0) 2 (1) 1 (0) 0 (0) 3 (1) RAF-Anhänger 0 (0) 1 (0) 5 (7) 0 (0) 6 (7) "Revolutionäre Zellen "/"Rote Zora" (einschl. sog. Resonanz RZ) 0 (0) 1 (2) 4 (2) 0 (0) 5 (4) sonstige Gruppen/ Einzeltäter 0 (0) 3 (3) 51 (56) 11 (29) 65 (88) Summe 1 (1) 7 (6) 61 (65) 12 (29) 81 (101) Die rückläufige Entwicklung der Terrorakte ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Ehemals dominierende Themen wie "AntiKernkraft" und "Anti-Militarismus" haben durch die aktuelle Entwicklung - wie etwa den Verzicht auf die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf und die Entspannungspolitik im OstWestVerhältnis - zunehmend an Bedeutung verloren. Hinzu kam eine tiefe Verunsicherung des linksextremistischen Spektrums über die Veränderungen in der ehemaligen DDR und in Osteuropa,, die als Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus gesehen werden. 60 Linksextremistische Bestrebungen Obwohl der "real existierende Sozialismus" in den osteuropäischen Ländern den Vorstellungen autonomer und terroristischer Gruppierungen nicht sehr nahe kam, so war doch eine gewisse Grundsolidarität erkennbar. Nachdem diese Staaten zunehmend demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen übernehmen, muß die Akzeptanz des eigenen Gedankenguts mehr denn je in Frage gestellt werden. Daraus läßt sich allerdings keinesfalls die Prognose ableiten, daß terroristische Gewaltaktionen künftig an Bedeutung verlieren werden. Es können jederzeit neue Konfliktthemen aufgegriffen werden, durch die das zahlenmäßig gleichgebliebene gewaltbereite Potential zu militanten Aktivitäten motiviert wird. So wurde auch die Krise in der Golfregion von diesem Spektrum als Ausdruck imperialistischen Machtstrebens der Vereinigten Staaten und ihrer westlichen Verbündeten interpretiert1241. Wie plötzlich und sprunghaft die Anschlagsaktivitäten steigen können, zeigte sich auch anläßlich der Vereinigung Deutschlands. Allein im Oktober wurden 12 Terrorakte verübt. Regionale Anschlagsschwerpunkte waren die Bundesländer Berlin (16), Niedersachsen (16) und Nordrhein-Westfalen (13). In den neuen Bundesländern wurden seit dem Tag der Vereinigung nur 3 Terrorakte bekannt. Bislang gibt es dort noch kein den alten Bundesländern vergleichbares linksextremistisches Gewaltpotential. Allerdings ist zu befürchten, daß es langfristig zu einer Angleichung kommen wird. Hungerstreik der Die meisten Terrorakte standen im Zusammenhang mit dem HunGRAPO-Häftlinge gerstreik der in Spanien inhaftierten Mitglieder der linksextremistiin Spanien löst die schen Terrorgruppe GRAPO1251 und der hinter ihr stehenden politimeisten schen Partei PCE (r)126). Mit der seit November 1989 andauernden Terrorakte aus Aktion soll insbesondere die Zusammenlegung der Inhaftierten erreicht werden. Zur Unterstützung dieser Forderung verübten "Militante" der RAF sowie Täter aus dem RAF-Umfeld und dem militanten autonomen Bereich zwölf Brandund vier Sprengstoffanschläge. Auch der Mordversuch der RAF an Staatssekretär Neusei wurde u. a. mit dieser Thematik begründet. Darüber hinaus kam es zu einer Vielzahl von Sachbeschädigungen gegen Einrichtungen mit Bezügen zu Spanien. 2. "Rote Armee Fraktion" (RAF) 2,1 "Komandobereich" und "Militante" Mit dem beabsichtigten Anschlag auf den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ignaz Kiechle und dem gescheiterten Attentat auf den Staatssekretär im Bundesinnenministerium Hans Neusei hat der "Kommandobereich" der RAF deutlich gemacht, daß seine personelle und logistische Situation stabil Linksextremistische Bestrebungen 61 genug ist, weiterhin schwerste Terrorakte zu verüben. Die Festnahmen von zehn ehemaligen RAF-Mitgliedem in der früheren DDR im Juni haben den Kommandobereich nicht zu schwächen vermocht, da sich dieser Personenkreis bereits nach seiner Übersiedlung in die DDR Anfang der achtziger Jahre nicht mehr an Aktivitäten der RAF beteiligt hat. Allerdings zeigten sich 1990 - möglicherweise nur zeitweilige - Probleme der "Kommandoebene" in konzeptionell - ideologischer Hinsicht. Dies zeigte sich insbesondere bei dem beabsichtigten Anschlag auf RAF plante Bundesminister Kiechle. Obwohl die geplante Tat nicht ausgeführt Anschlag auf werden konnte, wurde das Vorhaben aufgrund einer zu früh abgeBundesminister Kiechle sandten Erklärung vom 2. März bekannt1271. Darin wird die Wahl des Anschlagsopfers damit begründet, daß der Agrarpolitik beim Zusammenschluß der westeuropäischen Staaten - von der RAF "westeuropäische Formierung" genannt - besondere Bedeutung zukomme. Aktuell sei der Kampf gegen die Verwirklichung des EGBinnenmarktes zu führen, wobei Großkonzerne als Angriffsziel im Vordergrund ständen. In einer nachgeschobenen Erklärung vom 3. März128' behauptete das ausführende "Kommando", die Aktion wegen einer angeblichen Gefährdung unbeteiligter Personen abgebrochen zu haben. Da die Aktion gegen den Bundesminister selbst der eigenen Anhängerschaft und einzelnen Inhaftierten kaum vermittelbar war, sah sich der "Kommandobereich" angesichts der geäußerten Kritik und der entstandenen Irritationen erstmals in der zwanzigjährigen Geschichte der RAF gezwungen, die Verantwortung für eine terroristische Aktion zu leugnen. In einer Erklärung vom 26. April1291, also RAF leugnet nach etwa zwei Monaten, stritt der "Kommandobereich" ab, das AttentatsAttentat geplant zu haben. Vielmehr habe der Verfassungsschutz die planungen gegen Erklärungen vom 2. und 3. März verfaßt, um die RAF zu diskreditieBundesminister Kiechle ren und Verunsicherung, Spaltung und Desorientierung innerhalb der revolutionären Linken herbeizuführen. Dieses - schon aufgrund der zeitlichen Verzögerung von nahezu zwei Monaten - unglaubhafte Dementi kann nur mit der an der Aktion geübten Kritik erklärt werden. Diese war offensichtlich so nachhaltig, daß sie für die RAF unerträglich wurde. Die Erklärung läßt auch auf Schwächen der "Kommandoebene" in ideologisch-konzeptionellen Fragen und auf einen gewissen Autoritätsverfall schließen. Wäre ihr Anspruch auf Meinungsführerschaft ungebrochen, so hätte sie - ohne den Verlust von Einfluß befürchten zu müssen - die Kritik an der Aktion hinnehmen können. Darüber hinaus wird durch das Dementi die der RAF bisher nachgesagte Wahrheitstreue in Frage gestellt. Am 27. Juli verübte die RAF einen Sprengstoffanschlag auf den RAF verübt Staatssekretär im Bundesinnenministerium Hans Neusei. Mit Hilfe Anschlag auf einer Lichtschranke brachten die Täter eine am Fahrbahnrand deStaatssekretär ponierte Sprengladung zur Detonation. Staatssekretär Neusei, der Neusei sich mit seinem Fahrzeug auf dem Weg zu seiner Dienststelle in Bonn befand, erlitt dabei leichte Verletzungen. Aufgrund der Tataus- 62 Linksextremistische Bestrebungen führung und des verwendeten Sprengstoffes sind Parallelen zu den Anschlägen auf den Vorstandssprecher der Deutschen Bank Dr. Alfred Herrhausen am 30. November 1989 und den Siemens-Manager Prof. Dr. Karl-Heinz Beckurts am 5. Juli 1986 erkennbar. Am Tatort wurde zunächst nur eine kurze, parolenhaft formulierte Taterklärung eines "Kommando Jose Manuel SEVILLANO"130' vorgefunden. Bei SEVILLANO handelt es sich um ein im Mai bei einem Hungerstreik in Spanien verstorbenes inhaftiertes GRAPO/PCE(r)Mitglied. In einer ausführlichen Begründung1311, die am 31. Juli bei verschiedenen Presseagenturen einging, wird dem Staatssekretär stellvertretend für die Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen, für den Tod des spanischen Häftlings mitverantwortlich zu sein. Die unnachgiebige Haltung gegenüber den "revolutionären Gefangenen" gehe auf eine gemeinsame Absprache der westeuropäischen Länder zurück, wonach der Widerstand gegen das bestehende Gesellschaftssystem entscheidend zu brechen sei. Staatssekretär Neusei vertrete insofern die "eisenharte NATO-Linie". Darüber hinaus gingen die Verfasser erstmals ausführlich auf die politische Entwicklung in Deutschland seit dem Herbst 1989 ein. Die "Einverleibung der DDR" habe die Bundesrepublik zur uneingeschränkten Vormacht und den ganzen westeuropäischen Block zur Weltmacht gemacht. Gegen die "neuentstandene großdeutsche/westeuro- Linksextremistische Bestrebungen 63 päische Weltmacht" kündigt die RAF eine "lange Kampfphase" an. RAF kündigt Daß sich die Menschen Osteuropas aufgrund ihrer Erfahrungen mit "lange dem "realen Sozialismus" zunehmend demokratischen und marktKampfphase" an. wirtschaftlichen Prinzipien zuwenden, läßt die RAF offensichtlich unberührt. Sie hält vielmehr starr an ihrer These fest, die imperialistische und kapitalistische Staatenwelt unterdrücke die eigenen Bürger, die Völker der Dritten Welt und zerstöre die Bedingungen für ein menschenwürdiges Leben. Bei einer polizeilichen Durchsuchung in der Hamburger Hafenstraße im Mai wurden umfangreiche Unterlagen sichergestellt, die auf Anschlagsplanungen der RAF gegen Politiker und Wirtschaftsführer schließen ließen. In einer Erklärung äußerte sich die RAF Ende September1321 hierzu und bestritt, Anschlagspläne in der Hafenstraße gelagert zu haben. Es gebe dort auch keine legalen Mitglieder der RAF, die unterstützend - wie etwa durch Ausspähung von Personen - tätig würden. RAF-Mitglieder operierten vielmehr ausschließlich aus der "Illegalität". Offensichtlich um ihre Glaubwürdigkeit zu unterstreichen, gab die RAF einen ihr bis dahin nicht angelasteten RAF gibt Raubüberfall auf einen Einkaufsmarkt am 5. Juni in Duisburg zu, Raubüberfall in bei dem die Täter etwa 320.000 DM entwendet hatten. Duisburg zu Die "Militanten" der RAF setzten Anfang des Jahres zunächst ihre im Dezember 1989 nach dem Attentat auf Dr. Herrhausen wieder aufgenommenen Anschlagsaktivitäten fort, so daß zunächst - wie "Militante" der 1986 - eine länger andauernde koordinierte "Offensive" der RAF zu RAF verüben drei befürchten war. Es blieb jedoch letztlich bei drei Anschlägen innerAnschläge halb eines Monats: am 4. Februar ein Sprengstoffanschlag auf die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke in Essen, am 25. Februar ein versuchter Sprengstoffanschlag auf die Deutsche Bank in Eschborn und Ende Februar ein Brandanschlag auf die Fa. Siemens in Bonn. Die Täter, die sich als "Kämpfende Einheiten" bezeichneten, wollten mit den Aktionen u. a. der Forderung nach "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand" Nachdruck verleihen. Auffallend in den Taterklärungen133' waren Äußerungen zu umstrittenen aktuellen politischen Themen - z. B. zur Atomund Gentechnologie -, was offenbar als Signal an andere Gruppierungen des linksextremistischen Spektrums für ein mögliches Zusammenwirken verstanden werden sollte. Der Anschlag des "Kommandobereichs" auf Staatssekretär Neusei im Juli gab keine neuen Impulse, was auf weiterhin bestehende strukturelle Schwächen bei den "Militanten" hindeutet. Diesen Zustand räumtauch eine "Kämpfende Einheit" in einem im Dezember veröffentlichten Positionspapier1341 ein. Sie sieht jedoch im Widerstand gegen die "Kriegspolitik" der USA und ihrer im Golfkrieg Verbündeten eine neue Möglichkeit, andere gewaltorientierte Spektren für eine Zusammenarbeit zu gewinnen und darüber hinaus zu einer Kraft mit dem "Kommandobereich" der RAF zu werden*. * Tatsächlich sind gewaltsame Protestaktivitäten der "Militanten" gegen den Golfkrieg ausgeblieben. 64 Linksextremistische Bestrebungen Brandund Sprengstoffanschläge von , Militanten" der RAF von 1986 bis 1990 13. 08. 86 Wuppertal Fa. Westinghouse Fanal 10. 12. 89 Monheim Fa. Bayer \ ^ 04. 02.90 Essen \ Rheinisch \ \ - Westfälische \ --Jf & Elektrizitätswerke \ \ \ 19. 12. 86 Köln J \ Deutsche y$ \ !* \ >* 08. 09. 86 Köln EntwicklungsC- \ ' ____-Bundesamt für hilfe- ^ " C * * Verfassungsschutz gesellschaft \ ^ -- Bundesgrenzschutz 24. 07. 86 Aachen J^-J Fraunhofer-Institut f/ ^ ^~V^~~~^_ 27. 02. 90 \ Bonn c Fa. Siemens 21. 12.86 fr-*-.S--N Bad-Münstereifel \ I, Friedrich-Ebert-Stiftung \ V 25. 02. 90 Eschborn / Deutsche Bank 16. 11. 86 Heidelberg / Fa. IBM > 25. 07. 86 Immenstaad ^ ^ Fa. Dornier 15. 09. 86 München Fa. Panavia Aircraft Linksextremistische Bestrebungen 65 Im Juni wurden in der ehemaligen DDR zehn mit Haftbefehl geKeine suchte Mitglieder der "Roten Armee Fraktion" festgenommen. Alle Schwächung der hatten sich nach dem bisherigen Erkenntnisstand bereits Anfang RAF durch Festnahmen in der der achtziger Jahre wegen der Sinnund Perspektivlosigkeit des ehemaligen DDR "bewaffneten Kampfs" von der RAF getrennt und waren in die DDR übergesiedelt. Ihre Eingliederung übernahm das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, das die Aussteiger auch in den folgenden Jahren umfassend betreute. Es ist zu erwarten, daß durch ihre Aussagen, die ausschließlich den Zeitraum bis zu iher Übersiedlung betreffen, ein großer Teil der RAF-Anschläge in den Jahren 1977 bis 1981 aufgeklärt werden kann (vgl. Ziff. 6.1). 2.2 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" Die Gruppe von nahezu 40 Inhaftierten aus der "Roten Armee Fraktion" und dem sog. antiimperialistischen Widerstand verfolgte weiterhin ihr im Vorjahr erstmals formuliertes Projekt der Zusammenlegung. Diese soll die Teilnahme an der politischen Diskussion ermöglichen und als Übergang zur späteren Haftentlassung dienen. Diese Zielsetzung hat für die Gefangenen nach wie vor höchste Priorität. Zu Jahresbeginn unterstützten die Gefangenen den seit dem 30. November 1989 anhaltenden Hungerstreik der in Spanien inhaftierten Mitglieder der GRAPO; dazu bildeten sie vom 16. Januar bis Inhaftierte 26. Februar sowie vom 8. März bis 5. Mai jeweils eigene Hungersolidarisieren streikketten. Dabei verweigerten einzelne Inhaftierte oder kleinere sich mit Gruppen im Wechsel zumeist für eine Woche die NahrungsaufGRAPO-Häftlingen in Spanien nahme. In Erklärungen hieß es, ihre "solidarische Aktion" sei Ausdruck des "gleichen Kampf(es) um gleiche Ziele gegen einen gemeinsamen und vereinheitlichten Gegner". Einige Häftlinge gingen darüber hinaus auch auf Aspekte des "revolutionären Kampfes" ein, der gegen die "imperialistische Formierung", also die Zusammenschlußbemühungen der westeuropäischen Staaten, zu führen sei. Sie unterstellten der spanischen Regierung, im Hinblick auf den anstehenden europäischen Binnenmarkt vorher die Kollektive der politischen Gefangenen in Spanien liquidieren und den Gefangenenwiderstand auslöschen zu wollen. Gleichzeitig zeigten sie sich davon überzeugt, daß die Kämpfe der "Revolutionäre Westeuropas" in naher Zukunft zunehmend gemeinsam bestimmt würden. Das Ziel, mit dem Hungerstreik eine breitere Öffentlichkeit für die Belange der spanischen Häftlinge zu interessieren, erreichten die Inhaftierten jedoch nicht; ihr Bemühen blieb ohne größere Resonanz. Planung, Koordination und Verlauf der Aktion ließen wie bereits beim 10. kollektiven Hungerstreik vom 1. Februar bis 12. Mai 1989 Illegales Kommuvermuten, daß die Gefangenen über Möglichkeiten einer verstecknikationsund ten Nachrichtenübermittlung verfügen. Den eindeutigen Beleg für Informationsein solches illegales Kommunikationsund Informationssystem, das system festgestellt 66 Linksextremistische Bestrebungen inzwischen auch von den Inhaftierten nicht mehr bestritten wird, erbrachten Ende März Zellendurchsuchungen in verschiedenen Haftanstalten. Dabei wurden umfangreiche schriftliche Unterlagen sichergestellt, die unter Umgehung der Postüberwachung in die Zellen gelangt bzw. zwischen getrennt untergebrachten Häftlingen ausgetauscht worden waren (sog. Zellenzirkulare, Kassiber). In diese verdeckte Kommunikation waren offenbar alle Ebenen der RAF eingebunden. Dieses Informationssystem diente als Instrument für eine gemeinsame organisierte Willensbildung und sollte den inneren Zusammenhalt der Inhaftierten als politisches Kollektiv bewahren helfen. Außerdem sollte es eine politische Orientierung "von drinnen nach draußen" vermitteln. Inhaftierte stehen Dabei wurde deutlich, daß sich die meisten Häftlinge nach wie vor hinter den Zielen mjt den Zielen und Methoden der RAF identifizieren. Ihr Wunsch der RAF n a c n Zusammenlegung entspricht nicht in erster Linie einem humanitären Anliegen. Vielmehr wollen sie die Bedingungen verbessern, als Gefangenenkollektiv aus der Haft heraus auf die "revolutionäre Politik" bzw. auf das Konzept der RAF Einfluß nehmen zu können. Dies erscheint den Inhaftierten um so gewichtiger, als ihnen derzeit offensichtlich eine dominierende Stellung im Gesamtgefüge der RAF zukommt. Dies wird schon dadurch deutlich, daß sich einige Erklärungen des "Kommandobereichs" aus jüngerer Zeit an formulierte Gedanken von Inhaftierten anlehnen. Auch waren es die Gefangenen, die aufgrund einer kritischen Einschätzung des eigenen Kräfteverhältnisses und der weltweiten politischen Veränderungen eine Notwendigkeit zur inhaltlichen Neugestaltung revolutionärer Politik sahen. Insbesondere Helmut POHL und Eva HAULE, die eine Art Sprecherrolle innerhalb des "Gefangenenkollektivs" innehaben, haben dies in offenen Briefen vom August135' und September136' nochmals herausgestellt. Darin geben sie sich im Hinblick auf die zukünftige Ausgestaltung revolutionärer Politik betont offen. Vom Staat fordern sie zum Teil ultimativ die Zusammenlegung der "politischen Häftlinge" in eine oder zwei große Gruppen. Ihre Bemühungen spiegeln auch die Angst wider, daß die politische Konzeption der RAF von vornherein aus dem Diskussionsprozeß über die Perspektiven revolutionärer Politik, der die gesamte revolutionäre Linke nach den politischen Veränderungen in Osteuropa erfaßt hat, ausgeklammert werden könnte. Sie erkennen offensichtlich die Gefahr, die RAF könne damit zu einem Anachronismus werden und sei nicht einmal mehr Teil, keinesfalls jedoch "Motor des revolutionären Prozesses". Darüber hinaus befürchten sie für sich selber, vollends aus dem Bewußtsein einer kritischen Öffentlichkeit verdrängt zu werden. Folgerichtig propagiert Eva HAULE in ihrem offenen Brief den "bewaffneten Kampf" als Verpflichtung gegenüber den Gefangenen, die sich insbesondere nach den Festnahmen Linksextremistische Bestrebungen 67 ehemaliger RAF-Mitglieder in der DDR als "Opfer einer gezielten Vernichtungsstrategie des Staates" fühlen. Auch daran zeigt sich die extrem verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung der Inhaftierten aus der "Roten Armee Fraktion". 2.3 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" Die Zahl der dem engeren Umfeld der "Roten Armee Fraktion" zuzurechnenden Personen ist weitgehend konstant geblieben. Auch 1990 scheiterten Versuche dieser etwa 250 RAF-Unterstützer, ihren Stellenwert als "Revolutionärer Widerstand" im RAF-Umfeld Gesamtgefüge der "Roten Armee Fraktion" zu festigen und damit zeigt sich wenig die von der RAF propagierte "antiimperialistische Front" vorangefestigt zutreiben. Hierfür gibt es mehrere Gründe. So dürfte das RAF-Umfeld das Scheitern des 10. kollektiven Hungerstreiks der Inhaftierten 1989, mit dem diese insbesondere die Zusammenlegung in große Gruppen und die Freilassung angeblich Haftunfähiger durchsetzen wollten, noch nicht überwunden haben. Dies gilt um so mehr, als gerade dieser Hungerstreik auf breite Unterstützung auch über das linksextremistische Spektrum hinaus gestoßen war. Eine tiefe Enttäuschung verursachte zudem die Abkehr der in der ehemaligen DDR festgenommenen früheren RAF-Mitglieder vom Konzept dieser Terrorgruppe und ihre überwiegende Bereitschaft, durch ihre Aussagen an der Aufklärung der terroristischen Anschläge zwischen 1977 und 1981 mitzuwirken. Schließlich zeigte sich der Unterstützerbereich der RAF durch die politischen Veränderungen in Deutschland und Osteuropa nachhaltig verunsichert. Dieser Themenbereich wurde in einer Reihe von Diskussionen über die weiteren Perspektiven antiimperialistischer Politik aufgegriffen. Allerdings gelang es den Umfeldangehörigen nicht, sich auf die Neugestaltung der politischen Verhältnisse einzustellen, da sie einen Verlust an Akzeptanz sozialistischer bzw. kommunistischer Ideologien befürchteten. Für die nähere Zukunft sehen sie für sich selber ein "Abdriften in eine Defensive". Insofern erklärt sich auch, warum das RAF-Umfeld im Jahr 1990 insgesamt kaum herausragende Aktivitäten entwickeln konnte. Besondere Aufmerksamkeit fanden lediglich der Hungerstreik der Hungerstreik inhaftierten terroristischen Gewalttäter in Spanien und der begleiin Spanien als tende Solidaritätshungerstreik der RAF-Häftlinge in Deutschland. Aktionsschwerpunkt Dazu fanden zu Jahresbeginn zahlreiche Veranstaltungen statt, die die RAF-Unterstützer initiierten oder an denen sie sich beteiligten. Dabei nutzten sie die Gelegenheit, über die Solidarität mit den spanischen Häftlingen hinaus auch die Forderung nach Zusammenlegung der RAF-Inhaftierten und die Freilassung der ihrer Meinung nach haftunfähigen RAF-Häftlinge in die Öffentlichkeit zu tragen. Allerdings stießen die demonstrativen Aktionen, die zum Teil vor 68 Linksextremistische Bestrebungen spanischen Einrichtungen stattfanden, schon wegen der durchweg niedrigen Teilnehmerzahl (überwiegend unter 50 Personen) kaum auf öffentliche Resonanz - im Gegensatz zu dem Hungerstreik der RAF-Inhaftierten im Jahre 1989, den mitunter mehrere tausend Personen bei Demonstrationen unterstützten. Dieses allgemeine Desinteresse dürfte neben dem Abbruch des Solidaritätshungerstreiks dazu geführt haben, daß die Aktivitäten des RAF-Umfeldes zu dieser Thematik bald erheblich zurückgingen. Ein für den 26. April vorgesehener bundesweiter Aktionstag blieb dementsprechend bedeutungslos. Selbst der Tod eines spanischen Häftlings im Mai konnte diese Entwicklung nicht umkehren. Aus diesem Anlaß und auch zum 1. Jahrestag der Aufnahme des Hungerstreiks in Spanien am 30. November kam es nur zu einigen wenigen Aktionen wie Mahnwachen und Besetzungen. Darüber hinaus verübten vermutlich RAF-Unterstützer zur Unterstützung der GRAPO/PCE(r)-lnhaftierten neben Sachbeschädigungen insgesamt sechs Brandund Sprengstoffanschläge, u. a. gegen VAG-Vertretungen. Der wenig gefestigte Zustand des RAF-Umfeldes wurde auch bei den Vorbereitungen für einen 1990 mehrfach verschobenen Kongreß in Mainz zu den "Perspektiven antiimperialistischer Politik" deutlich. Die Themen der Veranstaltung, die auch mit RAF-Inhaftierten abgesprochen wurden, sollten von Fragen der Haftbedingungen bis hin zur Organisation von Widerstand und "bewaffnetem Kampf" und seinen Perspektiven angesichts der politischen Veränderungen reichen. Wegen aufgetretener Kontroversen und nachlassendem Interesse an den überregionalen Vorbereitungstreffen mußte der Kongreß schließlich abgesagt werden. Strafverfahren Mit großer Aufmerksamkeit verfolgten die Anhänger der RAF den gegen Prozeß vor dem Oberlandesgericht Frankfurt gegen die vier dem GesinnungsRAF-Umfeld Frankfurt angehörenden Tatbeteiligten des Brandangenossen werden schlags auf die dortige Wertpapierbörse am 12. April 1989 (vgl. Ziff. aufmerksam verfolgt 6.2). Als Informationsund Anlaufstelle richteten vorwiegend Angehörige des Unterstützerbereichs in Frankfurt ein "Prozeßcafe" ein. Es sollte auch Freiraum für Überlegungen bieten, wie der Kampf um die Zusammenlegung weitergeführt und derjenige gegen die Entwicklung Frankfurts zur Finanzmetropole Europas begonnen werden kann. Auch die im Mai wieder vom Oberlandesgericht Stuttgart aufgenommene Hauptverhandlung gegen eine Person aus dem Kreis der "Militanten" der RAF, der die Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf das Luftund Raumfahrtunternehmen DORNIER am 25. Juli 1986 in Immenstaad vorgeworfen wird 137 ', stieß auf stärkeres Interesse. Mit Demonstrationen, Solidaritätsveranstaltungen und Publikationen wurde dieser angebliche "Gesinnungsprozeß" kontinuierlich begleitet. Allerdings gelang es nicht, die Themen "Staatliche Repression" und "Kriminalisierung des Widerstands" in eine breitenwirksame Kampagne umzusetzen. Linksextremistische Bestrebungen 69 Ebenso blieben die Bemühungen des RAF-Umfeldes, insbesondere im autonomen Bereich eine breitere Anhängerschaft für die Ziele der RAF zu gewinnen, weitgehend ohne Erfolg. Dem stand die Nur begrenzte nachwirkende Enttäuschung über die Art und Weise entgegen, wie Zusammenarbeit der von Autonomen stark unterstützte Hungerstreik 1989 abgemit anderen Gruppen brochen worden war. So kam es lediglich zu regional begrenzter Zusammenarbeit. Über das Thema "Häuserkampf" versuchte das RAF-Umfeld auch "Hausbesetzer" für den "antiimperialistischen Kampf" zu gewinnen. Der Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait im August und die anschließende Präsenz von Truppen der USA und ihrer Verbündeten in der Golfregion führte bei Anhängern des terroristischen Spektrums zunächst zu einer gewissen Verunsicherung. Da der Irak angesichts seiner totalitären staatlichen Strukturen nicht ohne weiteres als "Opfer des Imperialismus" dargestellt werden konnte, tat man sich zunächst schwer, das von der westlichen Welt mitgetragene Vorgehen der USA für eine antiimperialistische Propagandaoffensive zu nutzen. Diese ideologischen Probleme nahmen mit zunehmender Dauer des Konflikts allerdings deutlich ab, so daß die Agitation gegen den angeblichen US-Imperialismus in den Vordergrund trat: Die USA - so hieß es - versuchten nicht nur, sich den Zugriff auf die Ölquellen militärisch zu sichern, sondern sie benutzten den Konflikt darüber hinaus für eine Neuordnung der arabischen Welt, der die Befreiungskämpfe der Palästinenser und der Kurden zum Opfer fallen würden. Mit dieser Argumentation wurde auch ein versuchter Brandanschlag auf Militärfahrzeuge einer Bundeswehrkaserne in Haan/NW Anfang November begründet, für den Täter aus dem RAF-orientierten Spektrum verantwortlich sein dürften. Welche Bedeutung das RAF-Umfeld im Gesamtgefüge der "Roten Armee Fraktion" einnimmt, zeigte sich im Zusammenhang mit dem aufgedeckten konspirativen Informationssystem (vgl. Ziff. 2.2), aber auch an den bei polizeilichen Durchsuchungen in der Hamburger Hafenstraße im Mai sichergestellten Unterlagen (vgl. Ziff. 2.1). Beide Fälle belegen Verbindungen des Unterstützerbereichs zur "Kommandoebene" der RAR Während in der Hafenstraße umfangreiche Ausspähungsunterlagen zu Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft gefunden wurden, die auf Vorbereitungen für künftige terroristische Aktionen der "Kommandoebene" schließen ließen, machten sichergestellte Kassiber deutlich, daß einige besonders vertrauenswürdige Angehörige des RAF-Umfeldes in den konspirativen Informationsaustausch zwischen den RAF-Inhaftierten und der "Kommandoebene" eingebunden sind. 70 Linksextremistische Bestrebungen 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" Die "Revolutionären Zellen" verübten 1990 fünf Anschläge (ein versuchter Sprengstoffanschlag; vier Brandanschläge, davon ein Anschlagstätigkeit Versuch) gegenüber vier im Jahre 1989. Bei den Tätern dürfte es "Revolutionärer sich angesichts der unzulänglichen Begründung der Anschläge Zellen" überwiegend um Personen aus dem autonomen Bereich handeln, weiterhin gering die das militante Konzept der RZ übernommen haben und sich in ihrer Argumentation hieran anlehnen. Drei Brandanschläge in Berlin standen in einem thematischen Zusammenhang mit der Entwicklung der Stadt1381. Die offensichtlich in Berlin lebenden Täter beklagten die Verschlechterung ihrer Lebensverhältnisse; sie befürchten, mit der Erklärung Berlins zur Hauptstadt Deutschlands und dem Wegfall der Mauer würden die dortigen sozialen Verhältnisse "umgekrempelt". Dies lasse ein neues Investitionsklima entstehen, das sie aus ihrem alten Lebensraum vertreiben werde. Einen versuchten Sprengstoffanschlag im Mai auf das Amt für öffentliche Ordnung in Köln begründeten die Täter mit der angeblichen Funktion dieser Behörde als administratives Zentrum gegen die in Köln ansässigen Roma1391. Ihr Anschlag sei die militante Antwort auf eine polizeiliche Durchsuchung eines Kölner Roma-Lagers. Das neue Ausländergesetz sei ein Instrument der Herrschenden zur Abschottung gegen die weitere Zuwanderung von Flüchtlingen. Mit der Situation der Roma und Sinti in Deutschland hatten die "Revolutionären Zellen" bereits ihre Brandanschläge auf die Anlaufund Beratungsstelle für ethnische Minderheiten in Köln am 12. November 1989 und auf die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Hamburg am 14. November 1989 begründet. 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen Seit Jahren verüben regional agierende militante linksextremistische Kleingruppen und Einzeltäter vornehmlich aus dem autonomen 80 % der Spektrum die meisten Brandund Sprengstoffanschläge sowie Terrorakte von Angriffe auf Einrichtungen der Energiewirtschaft und gefährliche terroristischen Eingriffe in den Bahnverkehr. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der in Kleingruppen und diesem Jahr verübten Terrorakte liegt bei etwa 80%. Die dadurch Einzeltätern verübt entstehenden wirtschaftlichen Schäden gehen in die Millionen, so daß die Bedeutung dieser terroristischen Aktivitäten keineswegs gering einzuschätzen ist. Diesen Gruppen und Einzeltätern ist gemeinsam, daß sie die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland ablehnen und das "System" mit Gewalt verändern wollen. In ihren diffusen politischen Vorstellungen wird terroristische Gewalt aufgrund eines vermeintlich gegebenen Widerstandsrechts gerechtfertigt. Nur die wenigsten Gruppen ver- Linksextremistische Bestrebungen 71 fügen über eine stabile Struktur. Sie schließen sich daher oftmals nur aus zeitlich und lokal begrenzten Anlässen zusammen und zerfallen wieder, wenn der Anlaß weggefallen ist. 1990 nahmen diese Gruppierungen den Hungerstreik der in Spanien inhaftierten terroristischen Gewalttäter der GRAPO zum Anlaß für insgesamt 7 Anschläge. Bevorzugte Angriffsziele waren Niederlassungen der Autofirmen SEAT und VAG. Bei ihren Terrorakten ging es ihnen nicht nur darum, ihre Solidarität mit den Hungerstreikenden in Spanien zum Ausdruck zu bringen; sie forderten gleichzeitig auch die Zusammenlegung der inhaftierten terroristischen Gewalttäter in Deutschland. Ein weiteres dominierendes Anschlagsthema war 1990 - nach einem deutlichen Rückgang im Vorjahr - wieder der Protest gegen die Rassenpolitik der Republik Südafrika. Dazu verübten militante Linksextremisten 8 Brandanschläge; allein fünf richteten sich gegen Einrichtungen einer Mineralölgesellschaft. Die Täter sehen in dem Unternehmen ein Symbol für die Unterstützung der Apartheidpolitik Südafrikas. Die Einrichtungen dieses Unternehmens sind daher schon seit längerer Zeit Angriffsziel terroristischer Gewaltakte. Im Zusammenhang mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten verübte dieses Täterspektrum 14 Brandanschläge - davon allein 12 im Oktober - u. a. auf öffentliche Einrichtungen, Banken, Kaufhäuser und Einrichtungen politischer Parteien. Wenn auch oftmals keine Taterklärung bekannt wurde, lassen die Tatumstände auf einen entsprechenden thematischen Hintergrund schließen. Im Zusammenhang mit der Räumung besetzter Häuser in Berlin im November waren sechs Brandanschläge zu verzeichnen. Welche wirtschaftlichen Schäden solche Gewalttaten anrichten können, zeigt ein Brandanschlag einer Gruppierung "Revolutionäre Viren" auf eine Frankfurter Firma am 3. Februar: Es entstand ein Sachschaden von zwei Millionen Deutsche Mark. Anlaß für diese Tat war die Einbindung des Unternehmens in den Bau des Atatürk-Staudammes in Kurdistan. Den Tätern ging es darum, den dortigen "Befreiungskampf" zu unterstützen. 5. Internationale Verflechtung Die "Rote Armee Fraktion" hat 1990 keine erkennbaren Erfolge zur Verwirklichung der von ihr seit Anfang der achtziger Jahre propagierten "antiimperialistischen Front in Westeuropa" erzielen können. Nachdem die Allianz mit der französischen Terrorgruppe "Action Directe" aufgrund der Festnahme von deren vier führenden Mitgliedern im Februar 1987 in Vitry aux Loges gescheitert ist, kann lediglich von einem losen Fortbestand des Bündnisses der RAF 72 Linksextremistische Bestrebungen mit den italienischen "Brigate Rosse - PCC" (BR-PCC) ausgegangen werden. Diese Zusammenarbeit hatte die RAF bei ihrem Attentat auf Staatssekretär Dr. Tietmeyer im September 1988 bekanntgegeben. Allerdings haben die BR-PCC seitdem keine terroristischen Aktionen unter Bezug auf das Bündnis mit der RAF verübt. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, daß die "Roten Brigaden" seit 1988 etwa 50 Mitglieder durch Festnahmen verloren haben. Im Gegensatz zu 1989 wurden 1990 auch keine Äußerungen aus dem Bereich der BR-PCC bekannt, die die Zusammenarbeit mit der RAF bekräftigten. Es liegen allerdings keine Anzeichen für eine Auflösung des Bündnisses vor, so daß weiterhin von seinem Fortbestand ausgegangen werden muß. Auf der Suche nach weiteren Bündnispartnern bemühte sich die RAF 1990 auffällig um die spanische Terrorgruppe GRAPO, den RAF bemüht sich "bewaffneten Arm" der "rekonstituierten" Kommunistischen Partei um Zusammenarbeit mit GRAPO SpaniensPCE(r). Diese Terrorgruppe hat 1989 nach einer längeren Phase der Inaktivität ihre terroristischen Aktivitäten wieder aufgenommen. Im März 1990 ermordete sie im Zusammenhang mit dem Hungerstreik ihrer Inhaftierten einen Arzt, der für die Zwangsernährung einzelner Gefangener zuständig war. Im September folgte eine Serie von Bombenanschlägen, u. a. auf das Wirtschaftsministerium und das Verfassungsgericht in Madrid. Durch die Festnahme von fünf ihrer Mitglieder am 26. Oktober dürfte die GRAPO nur teilweise geschwächt worden sein, da noch immer weitere zehn Personen ihrem "bewaffneten Zentralkommando" zugerechnet werden müssen. Daneben soll es den "Militanten" der RAF vergleichbare sogenannte Informationskommandos geben, denen etwa 20 Personen angehören dürften. Alle Ebenen der RAF unterstützten in beträchtlichem Umfang den seit November 1989 geführten Hungerstreik der GRAPO/PCE(r)Inhaftierten. Die RAF-Häftlinge führten bis Anfang Mai wechselweise Solidaritätshungerstreiks durch (vgl. Ziff. 2.2). Das RAFUmfeld beteiligte sich mit vielfältigen Aktionen, von Demonstrationen und Kundgebungen über Sachbeschädigungen bis hin zu Terrorakten (vgl. Ziff. 2.3). Diese richteten sich oftmals gegen Institutionen, die einen Bezug zu Spanien aufweisen konnten. Darüber hinaus kam es zu intensiven Kontakten aus dem Unterstützerbereich der RAF zum Umfeld der GRAPO, insbesondere zu einer Verwandtenund Gefangenenhilfeorganisation in Madrid. Auch die "Militanten" der RAF griffen bei ihren Terrorakten im Februar den Hungerstreik in Spanien auf. Schließlich benannte die RAF das "Kommando", das den Anschlag auf Staatssekretär Neusei ausführte, nach Jose Manuel SEVILLANO, der als Inhaftierter der GRAPO/PCE(r) an den Folgen des Hungerstreiks verstorben war (vgl. Ziff. 2.1). Linksextremistische Bestrebungen 73 Ein Erfolg dieser intensiven Bemühungen seitens der RAF ist nicht erkennbar. Dies machte auch die Taterklärung zum Anschlag auf Staatssekretär Neusei deutlich. Danach steckt die RAF bei dem von ihr angestrebten Neuaufbau einer starken internationalen revolutionären Bewegung offensichtlich immer noch in den Anfängen. Noch im Frühjahr 1989 hatte das "Zentralkommando" der GRAPO in einem Interview öffentlich eine Zusammenarbeit mit der RAF abgelehnt. Es entspreche nicht der Wahrheit, wenn sie als Teil einer "sog. Front der westeuropäischen Guerilla" eingestuft werde; sie lehne darüber hinaus auch die Vorschläge ab, die sich für eine überstaatliche Front einsetzten. Eine Ursache für die zumindest damals ablehnende Haltung der GRAPO liegt in der unterschiedlichen Auffassung beider Terrorgruppen über die Notwendigkeit einer "Kommunistischen Partei" als Vorbedingung zur Schaffung einer "vorrevolutionären Lage". Die RAF sieht dieses Erfordernis nicht. Allerdings hat das Bündnis zwischen RAF und BR-PCC gezeigt, daß solche konträren ideologischen Grundpositionen nicht unüberwindlich sind. Dementsprechend könnte auch bei der GRAPO angesichts der 1990 von der RAF gezeigten Solidarität ein Umdenkungsprozeß stattgefunden haben. Sollte es zu einer Annäherung zwischen RAF und GRAPO im Sinne einer gemeinsamen Allianz kommen, würde dies die Sicherheitslage in Westeuropa - nicht nur in Deutschland und in Spanien - wohl weiter verschärfen. 6. Strafverfahren 6.1 Anklagen Am 15. Oktober erhob der Generalbundesanwalt vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht in München Anklage gegen den im Juni in der ehemaligen DDR festgenommenen Werner LOTZE, dem Beteiligung an dem versuchten Attentat der RAF auf den NATOOberbefehlshaber General Haig im Juni 1979 in Belgien, an einem versuchten und einem vollendeten Mord an zwei Polizeibeamten im September 1978 in Dortmund und an zwei Banküberfällen der RAF im Jahr 1979 vorgeworfen wird*. Am 28. November erhob der Generalbundesanwalt vor dem Oberlandesgericht Stuttgart Anklage gegen Susanne ALBRECHT, die ebenfalls in der ehemaligen DDR festgenommen worden war. Die Anklage umfaßt die Beteiligung an dem Mord der RAF an dem Vorstandsvorsitzenden der Dresdner Bank Ponto im Juli 1977, an dem versuchten Raketenwerferanschlag der RAF auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe im August 1977 und an dem versuchten Mord an General Haig**. * LOTZE wurde am 31. Januar 1991 unter Anwendung der sog. Kronzeugenregelung zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. ** Am 3. Juni 1991 wurde Susanne ALBRECHT durch das OLG Stuttgart wegen Beteiligung an dem Mord an Jürgen Ponto und an dem versuchten Mord an General Haig unter Anwendung der Kronzeugenregelung zu 12 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig 74 Linksextremistische Bestrebungen In der am 13. Dezember dem Oberlandesgericht Hamburg zugeleiteten Anklageschrift wirft der Generalbundesanwalt einer im Dezember 1989 in Schleswig-Holstein festgenommenen Person u. a. mitgliedschaftliche Beteiligung an der terroristischen "RoteArmee-Fraktion" vor. 6.2 Verurteilungen Am 17. Mai verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Angehörigen des engeren RAF-Umfeldes aus dem Umkreis der Düsseldorfer Kiefernstraße wegen Unterstützung der RAF und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren sowie zu einer Geldstrafe. Die Mitgliedschaft in einer "Kämpfenden Einheit" konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Das Urteil ist rechtskräftig. Ende des Jahres verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt/M. vier Angehörige des dortigen engeren RAF-Umfeldes wegen Unterstützung der RAF und Beteiligung an dem Brandanschlag auf die Frankfurter Wertpapierbörse am 12. April 1989 zu jeweils sieben Jahren Freiheitsstrafe. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Nach Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch den Bundesgerichtshof verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf, an welches das Verfahren zurückverwiesen worden war, Dr. Ingrid STROBL am 22. Oktober wegen Beihilfe zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Den Vorwurf der Unterstützung der terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen" sah das Gericht nicht als erwiesen an. Das Urteil ist rechtskräftig. VI. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund uo> 1. Übersicht in Zahlen Erneut verübten Linksextremisten selbst schwerste Straftaten, um ihre politischen Ziele durchzusetzen: einen Mordversuch, Sprengstoffund Brandanschläge sowie Sachbeschädigungen mit Schäden in Millionenhöhe. Die Zahl der Gewalttaten und sonstigen Gesetzesverletzungen141', bei denen Linksextremisten als Täter oder Tatbeteiligte bekanntgeworden sind oder nach den Tatumständen in Betracht kommen, ist 1990 insgesamt gesunken; Ende des Jahres stiegen die Zahlen jedoch wieder an. Anders als die Statistik zu den Straftaten von Rechtsextremisten berücksichtigt die nachstehende Übersicht nicht die zahlreichen Sachbeschädigungen durch Farbsprühund Schmieraktionen mit linksextremistischem Hintergrund, da hierzu wegen der Menge der Taten keine zuverlässigen Zahlen vorliegen. Linksextremistische Bestrebungen 75 Zeitraum 1989 1990 1421 Morde/Mordversuche 1 1 Sprengstoffanschläge 6 7 Brandanschläge1431 68 67 Aktionen mit Körperverletzungen 88 34 Raubüberfälle/Diebstähle 3 2 Landfriedensbruch und Widerstandshandlungen 136 94 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-oder Schienenverkehr 18 6 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 517 376 Gewalttaten insgesamt 837 587 Gewaltandrohungen 40 13 Sonstige Gesetzesverletzungen 206 157 mit linksextremistischem Hintergrund Gesamt 1.083 757 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten Im Berichtsjahr wurden bei linksextremistischen Protestaktionen mehr als 550 Personen verletzt, darunter mehr als 500 Polizeibeamte. Die Zahl der Sachbeschädigungen an Polizeifahrzeugen und Dienstgebäuden der Polizei ist gesunken, es wurden über 150 (Vorjahr mehr als 200) Fälle bekannt. Die Zahl der gefährlichen Eingriffe in Verkehrsanlagen und Transportmittel sowie die Zahl der Sachbeschädigungen an Strommasten ist erneut spürbar zurückgegangen. Zu den 157 sonstigen Gesetzesverletzungen gehören insbesondere Verstöße gegen das Waffengesetz, Hausfriedensbrüche, Beleidigungen und Fälschungen amtlicher Schreiben. 76 Linksextremistische Bestrebungen VII. Erläuterungen und Dokumentation 1. Da den beeinflußten Organisalage zu UZ vom 11. 5. 1990, S. 7; tionen auch Mitglieder angehöDKP-Sprecher Heinz STEHR in: ren, die keine Kommunisten "Marxistische Blätter" Nr. 3-90, sind, wurden die MitgliederzahS. 40 ff. len in einer eigenen Spalte auf10. DKP-Sprecher Heinz STEHR in: geführt. "Thesen zum Konzept einer 2. Erfaßt sind nur Gruppen, die kommunistischen Partei", in: UZ festere Strukturen aufweisen vom 25. 5. 1990; und über einen längeren ZeitGrußschreiben der DKP an den raumaktivwaren. Das MobilisieXXVIII. Parteitag der KPdSU vom rungspotential der "Szene" um2.7. 1990 faßt zusätzlich mehrere tausend 11. DKP-Sprecher Rolf PRIEMER in: Personen. "Marxistische Blätter", Nr. 3/90, 3. Einschließlich der Autonomen S. 38 aus dem ehemaligen Bereich 12. UZ vom 27. 4. 1990 Berlin (Ost). 13. Rolf PRIEMER auf der 2. Partei4. Alle Zahlenangaben ohne Bevorstandstagung, a.a.O. (vgl. rücksichtigung der fünf neuen Ziff. 9), S. 8 und auf der 7. ParteiBundesländer und Berlins. vorstandstagung am 10./ 11. 11. 5. DKP-Sprecher Rolf PRIEMER in: 1990, in: Rundbrief an Bezirke "Marxistische Blätter", Nr. 3/90, und Kreise vom 13. 11. 1990 S. 37 14. "Erste Überlegungen der Spre6. Mai-Aufruf der DKP in: "Unsere cherinnen und Sprecher der Zeit" (UZ) vom 20. 4. 1990 DKP" in: UZ vom 7. 12. 1990 7. Vorläufiges Statut der DKP, in: 15. UZ vom 11. 1. 1991 UZ-Eigenbeilage zu UZ vom 18. 16. UZ vom 1.2. 1990; DKP-Presse4. 1990; Presseerklärung der dienst vom 26. 6. 1990; "PolitiDKP zum "Tag des Anschlusses sche Berichte" Nr. 20/90 der DDR an die BRD", in: Pres17. Ehemalige Mitglieder der DKP semitteilungen des Parteivorsammelten sich zu einem bunstandes der DKP vom 2. 10. desweiten "Sozialistischen Fo1990 rum" (Sitz Köln), gegründet von 8. "Denn das grundlegende Ziel einem offenen Strategiekongreß einer sozialistischen Umgestal"Linke Alternativen zur Deutschtung der BRD und eines aus landpolitik - und: Wie wir uns BRD und DDR vereinigten Staavernetzen wollen" (30. März bis tes darf nicht aufgegeben wer1. April in Köln, 1.200 Teilnehden, solange es Kapitalismus mer). Die Ausstrahlung des und Imperialismus gibt: hier, in Forums, das eine gleichnamige Europa und in der Welt." (aus: Zeitschrift "SoFo" (zuvor "Kor"Politische Entschließung" der respondenz Erneuerung") herDKP-Parteikonferenz am 24. 5. ausgibt, ließ angesichts der Dis1990, in: UZ vom 1.6. 1990); kussionen um eine "Linke Liste/ "Sie (die DKP) wird dabei PDS" in den westlichen Bundeszugleich für die Zielstellung eiländern rasch nach. Ebenso wie ner grundlegenden sozialistibeim "Sozialistischen Forum" schen Umgestaltung des neuen dominieren ehemalige DKP-MitDeutschlands eintreten." (aus: glieder auch bei der neuen VierBeschluß der 5. Parteivorstandsteljahresschrift "Z - Zeitschrift tagung am 25. 8. 1990) Marxistische Erneuerung". 9. DKP-Sprecher Rolf PRIEMER 18. "Wer wir sind und was wir wolauf der 2. Parteivorstandstagung len!", hrsg. vom SDAJ-Bundesam 5./6. 5. 1990, in: Eigenbeivorstand, Frühjahr 1990, S. 18 Linksextremistische Bestrebungen 77 19. "Unser Ziel bleibt die grund27. "Quellen unserer Identität bleilegende Umwälzung der besteben die Leistungen und politihenden Herrschaftsverhältnisse, schen Ergebnisse des über eine sozialistische Bundesrepuzwanzigjährigen Wirkens der blik. Entscheidende Elemente Deutschen Kommunistischen einer sozialistischen BundesrePartei. (...) Die Entwicklung der publik werden die politische Friedensbewegung, die RenaisMacht der Arbeiterklasse im sance der OstermarschbeweBündnis mit anderen demokratigung, der Krefelder Appell sah schen Kräften und die Vergeselldie DKP in den vordersten Reischaftung der Banken und hen. Die Rolle der KommunistinSchlüsselindustrien sein." nen und Kommunisten bei der (ebenda, S. 17) Entwicklung antifaschistischer Einstellungen ist nicht wegzu20. UZ vom 16. 3. und 18. 5. 1990; denken. Der Prozeß einer an "position - magazin der SDAJ" Klassenpositionen orientierten 12/90, S. 10 Gewerkschaftspolitik geschah 21. UZ vom 9. 3. 1990 unter aktiver Anteilnahme von 22. "Thesen zum Erhalt und zur DKP-Betriebsgruppen, von GeErneuerung der Sozialistischen werkschaftsfunktionären, die Kinderorganisation Junge PionieMitglieder unserer Partei sind. re", I, 4 Die Standhaftigkeit vieler kom23. UZ vom 16.3. 1990 munistischer Berufsverbotsop24. "Die kommunistischen Parteien fer hat dazu beigetragen, das erstreben eine Welt, deren oberDemokratiebewußtsein in unseste Prinzipien Frieden und Arbeit rem Lande zu stärken. Die DKP sind. Dies tun sie in Aktionseinhat zur Veränderung des geistiheit und in Bündnissen gemeingen Klimas in unserem Lande sam mit anderen fortschrittlibeigetragen." (aus: Rechenchen Kräften". schaftsbericht an den 10. Partei(DKP-Sprecher Rolf PRIEMER in tag - Vorgelegt von der Kommis"Marxistische Blätter" Nr. 3/90, sion "Rechenschaftslegung" S. 39) des DKP-Parteivorstandes, in: 25. "Kommunistinnen und KommuUZ-Eigenbeilage zu UZ vom 16. nisten arbeiten in allen fort3. 1990) schrittlichen Bewegungen mit. Sie werben in allen Teilen der 28. Brief des WN-BdA-BundesspreBevölkerung für das Bündnis von chers Norbert MÜLLER an die Arbeiterklasse, Intelligenz und Mitglieder der VVN-BdA vom 20. anderen werktätigen Schich6. 1990 ten", (aus: "Thesen zum Neube29. "Volkszeitung" vom 20. 4. 1990 ginn und zur Neuformierung der 30. "südwest-intern" vom 2. 7. DKP", in UZ-Eigenbeilage zu UZ 1990, Beilage zu "Südwest-Konvom 2. 2. 1990, S. 30); takte" 3/90, hrsg. von der DFG"Linke Bündnisse, breite VolksVK Baden-Württemberg, S. 4 ff., bewegungen sind notwendiger 7 ff., 10 ff.; "Zivilcourage" Nr. 4 denn je. Dabei wird eine revolu(4. Quartal) 1990, S. 6 ff., und Nr. tionäre Arbeiterpartei eine be5(4. Quartal) 1990, S. 14 ff. deutende eigenständige Rolle 31. "Rote Fahne" (RF) vom 29. 9. spielen können, die nicht ohne 1990 weiteres von anderen Kräften 32. RF vom 22. 12. 1990 wahrgenommen werden kann." 33. RF vom 29. 9. 1990 (DKP-Sprecher Heinz STEHR in: 34. RF vom 23. 12. 1989, Beilage "Maxistische Blätter" Nr. 3/90, 35. RF Extra vom 26. 10. 1990 S.42) 36. RF vom 24. 3. 1990 26. DKP-Sprecher Rolf PRIEMER 37. RFvom 17.2. 1990 (ebenda, S. 39) 38. RF vom 29. 9. 1990 78 Linksextremistische Bestrebungen 39. ebenda (MG) - Ideologie, Ziele und Ar40. RFvom 1. 12. 1990 beitsmethoden eines kommuni41. "ak.-Arbeiterkampf", Zeitung stischen Geheimbundes", Bonn des Kommunistischen Bundes, 1991. Nr. 317 vom 2. 4. 1990 62. Peter DECKER/ Karl HELD, Ab42. "ak.-Arbeiterkampf" Nr, 319 vom weichende Meinungen zur 28.5. 1990 "deutschen Einheit", München 43. "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 323 vom 1990, S. 248 16. 10. 1990 63. Flugblatt der MG in Bochum, 44. vgl. Ziff. 40 August 1990 45. "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 315 vom 64. DECKER/HELD, Abweichende 5.2. 1990 Meinungen zur "deutschen 46. "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 321 vom Frage", München 1989, S. 205 20.8. 1990 65. "Marxistische Streitund Zeit47. "konkret" 12/1990, S. 8, und schrift - Gegen die Kosten der 2/1990, S. 8 Freiheit" (MSZ) Nr. 4/1990, S. 17 48. Standort des BWK in der soziali66. MSZ 3/1990, S. 35 stischen Programmdiskussion, 67. "Münchner Hochschulzeitung" Broschüre März 1990 der MG vom 7. 11. 1990 49. BWK-Organ "Politische Berich68. "INTERIM" Nr. 109 vom 5. 7. te" vom 31. 8. 1990 1990, autonomes Szeneblatt 50. "Sozialistische Zeitung" (SoZ), Berlin Organ der VSP, vom 6. 12. 1990 69. Flugblatt "Autonomer Antiimpe51. VSP-Mitgliederrundbrief, rialistlnnen" aus Frankfurt/M. Dezember 1990 70. Aufruf zu antikapitalistischen 52. SoZ vom 15. 2. 1990 Aktionstagen vom 23.-30. 6. 53. "Neue Arbeiterpresse", Organ 1990 in Hamburg des BSA, vom 31. 8. 1990 71. Flugblatt autonomer Gruppen 54. "VORAN - Marxistische Zeiaus Nürnberg, November 1990 tung", Februar 1990 72. Broschüre autonomer Antifaschi55. "Freie Tribüne für Arbeitnehmersten aus Göttingen, Oktober politik", Organ der ISA, vom 25. 1990 6. 1990 73. Aufruf zur Demonstration gegen 56. "Neue Arbeiterpresse" vom 3. die Wiedervereinigung am 3. 10. 8. 1990 1990 in Bremen 57. "Spartakist", Organ der SpAD, 74. "INTERIM" Nr. 116 vom 20. 9. vom 9. 10. 1990 1990 58. "Entwurf einer politischen 75. vgl. Ziff. 69 Grundlage für den Kreis 'Radika76. vgl. Ziff. 73 le Linke'", Frühjahr 1989, abge77. "INTERIM" Nr. 100 vom 26. 4. druckt in ak. Nr. 309 vom 21. 8. 1990 und Nr. 109 vom 5. 7. 1990 1989 78. "INTERIM" Nr. 112 vom 2. 8. 59. Entwurf einer Erklärung zum 4. 1990 Treffen der "Radikalen Linken" 79. "graswurzelrevolution", Sonderam20./21. 1. 1990 in Köln heft "Zur Kritik der parlamentari60. Aufruf "Nie wieder Deutschschen Demokratie, Nr. 146/47/ land" 48, 1990, S. 52 61. Die gegenüber dem Vorjahresbe80. "graswurzelrevolution" Nr. 151/ richt höheren Zahlenangaben zur Dezember 1990 Anhängerschaft der MG beruhen 81. "graswurzelrevolution", Sonderauf einer verbesserten Erkenntheft, a.a.O. (vgl. Ziff. 79), S. 9 nislage der Verfassungsschutz82. Prinzipienerklärung der FAU behörden. Für eine ausführliche83.ebenda re Information zur MG vgl. auch 84. Statut der FAU/AP die vom BMI hrsg. Broschüre 85. Walter LISTL, Vorsitzender (jetzt "Die 'Marxistische Gruppe' Sprecher) der DKP-Bezirksorga- Linksextremistische Bestrebungen 79 nisation Südbayern, in: "Marxidie Fresse einhauen. Gegenstische Blätter" Nr. 1/90, S. 80 wehr sind Telefonketten, die 86. "Politische Entschließung" der ausgelöst werden, wenn DKP-Parteikonferenz, a.a.O. (vgl. Flüchtlingslager angegriffen Ziff. 8) werden... Vieles davon läuft ja 87. RF vom 1. 9. 1990; vgl. auch auch schon. Das alles muß den "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 318 vom Faschos eindeutig klarmachen, 30. 4. 1990 mit was sie es zu tun haben, 88. Massenzeitung "Nie wieder wenn sie es wagen sollten, Deutschland" (NWD) Nr. 1 vom irgendwo ihre Dreckslieder zu 12.4. 1990 gröhlen, es wagen sollten, 89. "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 324 vom Frauen und Männer anzugrei12. 11. 1990 fen. Dann werden sie gejagt, 90. vgl. "Marxistische Blätter", Nr. auseinandergenommen, wird 3/1990, S. 33-36 ihre demonstrierte Stärke in 91. Zur Kandidatur trotzkistischer Nichts aufgelöst, die FaszinaGruppen vgl. Kap. Il, Ziff. 2.8) tion ihrer brutalen Macht gebrochen." (ebenda) 92. vgl. Ziff. 88 93. "Ganz und gar falsch allerdings 100. "Marxistische Blätter", Nr. wäre es, den rechten Kräften das 4/90, S. 12 f Feld zu überlassen und den Frie101. UZ vom 11.1. 1991 densinitiativen weniger Auf102. Das Spendenkonto wird nach merksamkeit zu schenken". Angaben der "tageszeitung" (DKP-Sprecher Rolf PRIEMER (taz) weiterhin von den Mitarauf der 2. Parteivorstandstagung beitern verwaltet. am 5./6. 5. 1990, a.a.O. (vgl. Ziff. 103. "Palästina-Info" Nr. 12 (August 9), S. 12 1990), S. 4; PROWO Nr. 5 vom 94. "Volkszeitung" vom 20. 4. 1990 31.8. 1990, S. 2 95. Definition der "Kommunisti104. "INTERIM" Nr. 117/90; Flugschen Internationale" beschlosblatt der "Autonomen Nahostsen auf deren VII. Kongreß im Gruppe", Bielefeld, Oktober Sommer 1935; zitiert nach: "Klei1990 nes politisches Wörterbuch", 105. "Wichtig war die Demonstration Berlin (Ost), Neuausgabe 1988: gegen die Kriegspolitik der "Faschismus ist 'die offene terUSA und Bundesregierung am roristische Diktatur der reak24. November in Bonn, die von tionärsten, am meisten chauvinider DKP begrüßt und - leider - stischen, am meisten imperiamit zu schwachen Kräften listischen Elemente des Finanzunterstützt wurde". kapitals'". (DKP-Sprecherin Helga ROSEN96. UZ vom 1.6. 1990 BERG auf der 8. Parteivor97. "radikal" Nr. 140 (Juni 1990), standstagung am 8./9.12.1990, S. 5 in: Rundbrief für Bezirke und 98. ebenda, S. 5 und 6 Kreise vom 12. 12. 1990) 99. "Die Gegenwehr geht vom Ver106. DKP-Sprecher Rolf PRIEMER kleben von Plakaten, auf denen auf der 2. Parteivorstandstazum Eingreifen aufgerufen wird, gung, a.a.O. (vgl. Ziff. 9), S. 11 f wenn du/ihr Übergriffe von 107. UZ vom 21. 12. 1990 Faschos mitbekommt, über mas108. UZ vom 26. 10. 1990 senhaft verklebte Aufkleber, wo 109. UZ (Notausgabe) vom 29. 6. zur Bandenbildung gegen Nazi1990 Terror aufgerufen wird. Gegen110. "Neues Deutschland" vom 27. wehr sind Patrouillengänge, die 8. 1990; PDS-Pressedienst vom Faschogruppen ausfindig ma7.9. 1990 chen, sind organisierte Frauen111. "Neues Deutschland" vom 29./ banden, die denen auflauern und 30.9. 1990 80 Linksextremistische Bestrebungen 112. PDS-Pressedienst vom 2. 11. 121. Mordversuch an dem Staatsse1990 kretär im Bundesministerium 113. "SWING", Nr. 23 von Okt. des Innern Hans Neusei am 27. 1990; Aufruf Autonomer aus Juli 1990 in Bonn. Das geplante Köln, Dezember 1990 Attentat auf Bundeminister 114. "SWING", ebenda Kiechle wurde nicht berücksich115. Aufruf Autonomer aus Kiel, tigt. November 1990 122. Mord an dem Vorstandsspre116. "INTERIM" Nr. 115 vom 13. 9. cher der Deutschen Bank Dr. 1990 Alfred Herrhausen am 30. No117. Terrorismus ist der nachhaltig vember 1989 in Bad Homburg geführte Kampf für politische 123. Raubüberfall auf einen DuisburZiele, die mit Hilfe von Anschläger Großmarkt am 5. Juni 1990 gen auf Leib, Leben und Eigen124. Mit dem Ausbruch des Golfkrietum anderer Menschen durchges hat sich diese Einschätzung gesetzt werden sollen, insbebestätigt, da aus diesem Anlaß sondere durch schwere Straftaeine Vielzahl von militanten ten, wie sie in SS 129a Abs. 1 Aktionen durchgeführt wurde. des Strafgesetzbuches genannt 125. GRAPO = Antifaschistische Wisind (vor allem: Mord, Totderstandsgruppe 1. Oktober schlag, erpresserischer Men126. PCE (r) = Kommunistische Parschenraub, Brandstiftung, Hertei Spaniens (rekonstituiert) beiführung einer Explosion 127. Taterklärung der RAF vom 2. 3. durch Sprengstoff) oder durch 1990 zum versuchten Anschlag andere Gewalttaten, die der auf Bundesminister Kiechle, Vorbereitung solcher Straftaten veröffentlicht in "INTERIM", dienen. Wöchentliches Berlin Info Nr. 118. Terrorakte sind Anschläge, d. h. 95 vom 22. 3. 1990, S. 15 schwerwiegende Straftaten, 128. Erklärung der RAF vom 3. 3. wie sie insbesondere in SS 129a 1990 zum Abbruch des AnAbs. 1 des Strafgesetzbuches schlages auf Bundesminister genannt sind (vor allem: Mord, Kiechle, veröffentlicht in "INTETotschlag, erpresserischer RIM", a.a.O. Menschenraub, Brandstiftung, 129. Dementi der RAF vom 26. 4. Herbeiführung einer Explosion 1990 zum versuchten Anschlag durch Sprengstoff) und anderer auf Bundesminister Kiechle, Gewalttaten, die der Vorbereiveröffentlicht in "radikal" Nr. tung solcher Straftaten dienen, 140, Juni 1990, S. 27 sofern diese Taten gezielt im 130. Erste Taterklärung der RAF zum Rahmen eines nachhaltig geAnschlag auf Staatssekretär führten Kampfes für politische Neusei am 27. 7. 1990 (Ablage Ziele begangen werden. Nicht am Tatort), veröffentlicht in hierunter fallen Anschläge, die "ak.-Arbeiterkampf" Nr. 321 vom spontan, etwa aus gewalttätig 20.8. 1990, S. 34 verlaufenden Demonstrations131. Zweite Taterklärung der RAF veranstaltungen heraus, durchvom 29.7.1990 zum Anschlag geführt werden. auf Staatssekretär Neusei, ver119. Von den 81 Terrorakten ist nach öffentlicht in "radikal" Nr. 141 Angaben des BundeskriminalTeil 2, November 1990, S. 52-54 amtes aufgrund der polizeili132. Stellungnahme der RAF zu dem chen Ermittlungen in über 50 Ergebnis der Durchsuchung in Fällen der linksextremistische der Hamburger Hafenstraße Hintergrund eindeutig gegeben. vom 24. 9. 1990, veröffentlicht 120. Nicht berücksichtigt wurden in "radikal" Nr. 141 Teil 1, Anschläge im Gebiet der eheNovember 1990, S. 23 maligen DDR. 133. Taterklärung der "Kämpfenden Linksextremistische Bestrebungen 81 Einheit 'Cepa'Gallende" zum nung vom 5. 5. 1990, veröffentAnschlag auf die Rheinischlicht in "radikal" Nr. 140, Juni Westfälischen Elektrizitätswer,1990, S. 13 ke in Essen am 4.2.1990, veröf140. Ein Vergleich der Gesamtzahl fentlicht in "INTERIM" Nr. 89 mit der Zahl der Gesetzesvervom 8. 2. 1990, S. 20/21 letzungen mit rechtsextremistiTaterklärung der "Kämpfenden schem Bezug ist nur teilweise Einheit Febe Elizabeth" zum möglich, da den SSSS 86 Abs. 1 Anschlag auf die Deutsche Nr. 4, 86a. StGB, die sich gegen Bank in Eschborn am 25. 2. nationalsozialistische Propagan1990, veröffentlicht in der Kölda wenden, keine ebenso weitner autonomen Altemativ-Zeitgehenden Strafvorschriften im schrift "Agitare Bene" Nr. 16 Bereich des Linksextremismus vom 14. 3. 1990, S. 11/12 entsprechen. Taterklärung der "Kämpfenden 141. Jede gewaltsame Aktion und Einheit Hüseyin Hüsnü Eroglu" sonstige Gesetzesverletzung zum Anschlag auf die Firma Siewurde nur einmal gezählt, auch mens in Bonn am 27. 2. 1990, wenn sie aus mehreren Einzelveröffentlicht in "Agitare Bene" taten bestand oder von mehrea.a.O. ren Tätern gemeinsam began134. Positionspapier "WIESO, gen wurde. Nicht berücksichWESHALB, WARUM", einer tigt wurden Aktionen in Berlin "Kämpfenden Einheit", veröf(Ost) und der ehemaligen DDR. fentlicht in "Agitare Bene" Nr. Anders als bei der "Polizeili34 vom 20. 12. 1990 chen Kriminalstatistik-Staats135. "Erklärung von Helmut POHL, schutzdelikte" (PKS-S) bezieAugust '90", veröffentlicht in hen sich die Zahlenangaben - "Clockwork 129a" Nr. 19 vom ungeachtet des Standes der 1. 10. 1990, S. 1,4, 5 Ermittlungsverfahren - auf den 136. Offener Brief von Eva HAULE Tatzeitpunkt im Kalenderjahr. vom 23. 9. 1990 "Strategische 142.1989: Mord an Dr. Alfred HerrNeuorientierung notwendig", hausen, Vorstandssprecher der veröffentlicht in der "tageszeiDeutschen Bank tung" vom 1. Oktober 1990, 1990: Mordversuch an StaatsS. 6 sekretär Neusei 137. Das Oberlandesgericht Stutt143. Umfaßt Brandstiftungen und gart verurteilte die Betreffende alle Sachbeschädigungen unter am 15. Januar 1991 u. a. wegen Einsatz von Brandmitteln. dieses Anschlags und Mitgliedschaft in der RAF zu neun Jahren Freiheitsstrafe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 138. Taterklärung der RZ zum Brandanschlag auf das Möbelgeschäft "Wohnen 2001" in Berlin am 27. 4. 1990, veröffentlicht in "radikal" Nr. 140, Juni 1990, S. 45 Taterklärung der RZ zu den Brandanschlägen auf die Firma Möbel Hübner sowie auf das Lichthaus Mösch in Berlin am 19. 11. 1990 139. Taterklärung der RZ zum versuchten Sprengstoffanschlag auf das Amt für öffentliche Ord- 82 Linksextremistische Bestrebungen VIII. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1990 (1989) Auflagen (1989) - z . T. geschätzt) 1. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten Arbeiterbund für 200 (250) Kommunistische Arbeiterzeitung den Wiederaufbau - unregelmäßig - der KPD (AB) -2.000- - München - Nebenorganisationen des AB Kommunistischer Hochschulbund (KHB) Initiative zur Vereinigung Kämpfende Jugend der revolutionären Jugend - unregelmäßig - Bund Sozialistischer Arbeiter neue Arbeiterpresse (BSA) -wöchentlich - - Essen - Bund Westdeutscher 350 (350) Politische Berichte Kommunisten (BWK) -vierzehntäglich - (8 Landesverbände) -1.200 (1.200)- - KölnBWK-beeinflußte Organisation Volksfront gegen Reaktion, 500 (600) Antifaschistische Nachrichten Faschismus und Krieg -vierzehntäglich - (VOLKSFRONT) - 6 0 0 (600)- - Köln - Volksecho -vierteljährlich - -800Deutsche Kommunistische 11.000 (22.000) Unsere Zeit (UZ) Partei (DKP) - wöchentlich/vierzehntäglich (12 Bezirksorganisationen, (sechsmal wöchentlich) - Kreisorganisationen und -20.000Grundorganisationen) (Tagesausgabe: 20.000, - Essen - Wochenendausgabe: 34.000) Marxistische Blätter - zweimonatlich (elfmal jährlich) - -5.000 (7.300)- Linksextremistische Bestrebungen 83 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1990 (1989) Auflagen (1989) - z. T. geschätzt) Nebenorganisationen der DKP Sozialistische Deutsche 250 (2.000) position-magazin der SDAJ Arbeiterjugend (SDAJ) -zweimonatlich - (12 Landesverbände, -600Kreisverbände und Gruppen) - Essen - Junge Pioniere - 150 (800) Sozialistische Kinderorganisation (JP) - Essen - Marx-Engels-Stiftung e. V. - Wuppertal - beeinflußte Organisationen der DKP Vereinigung der Verfolgten unter (unter des Naziregimes - 11.000 14.000) Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (WN-BdA) (9 Landesvereinigungen, Kreisund Ortsvereinigungen) - Frankfurt - Deutsche Friedens-Union unter (unter Podium (DFU) 1.000 1.000) - zweimonatlich - Demokratische Fraueninitiative Wir Frauen (DFI) (örtliche Frauengruppen -vierteljährlich ohne feste Mitgliedschaft) (zweimonatlich) - Essen - - 4.000 (4.000) - Vereinigung Demokratischer 1.000 (1.000) VDJ-Forum Juristinnen und Juristen in der - vierteljährlich - Bundesrepublik Deutschland -1.500 (1.300)und Berlin (West) e. V (VDJ) (24 Regionalgruppen) - Frankfurt/M. - Internationale Sozialistische Freie Tribüne für ArbeitnehmerArbeiterorganisation (ISA) politik - Köln - - unregelmäßig - Sozialistische Arbeiterzeitung/ Internationale Tribüne (SAZ/IT) - zweimonatlich - 84 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1990 (1989) Auflagen (1989) - z . T. geschätzt) Kommunistischer Bund (KB) 300 (über ak.-Arbeiterkampf (Landesverbände) - monatlich - - Hamburg - 400) -7.500(am 20. April 1991 aufgelöst) Piranha - Sozialistischer Jugendrundbrief (Publikation der KB-Jugend u. a.) - unregelmäßig - Kommunistische Partei Roter Morgen Deutschlands (3 Ausgaben) (Marxisten/Leninisten) (KPD) - monatlich - (3 rivalisierende Gruppen) Marxistische Gruppe (MG) über (5.000) MSZ - Marxistische Streitund - München - 10.000 Zeitschrift - Gegen die Kosten der Freiheit (nach eigenen Angaben aufgelöst) -sechsmal jährlich - -18.000 (ca. 12.000)Marxistische Arbeiterzeitung (mehr als 20 Ausgaben) -vierzehntäglich - - bis zu 20.000 (bis zu 10.000) - Marxistische Hochschulzeitungen (mehr als 10 Ausgaben) - semesterwöchentlich - - bis zu 17.000 (bis zu 14.000) - Marxistische Schulzeitungen (mindestens 7 Ausgaben) - unregelmäßig - - b i s zu 10.000 (bis zu 7.000)Marxistisch-Leninistische 1.500 (1.400) Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) -wöchentlich - (16 Parteibezirke, -6.000 (7.000)über 100 Ortsgruppen lernen und kämpfen (luk) und Stützpunkte) - monatlich - - Essen - -1.000(1.500)MLPD-Nebenorganisationen: zusammen ARBEITERJUGEND400 (400) VERBAND/ Marxisten-Leninisten (AJV/ML) (mit der Kinderorganisation Rotfüchse) Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) Linksextremistische Bestrebungen 85 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1990 (1989) Auflagen (1989) - z. T. geschätzt) Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) Sozialistische Arbeitergruppe Klassenkampf (SAG) - monatlich - - Hannover - Spartakist - SPARTAKIST Arbeiterpartei Deutschlands - unregelmäßig - (SpAD) Vereinigte Sozialistische unter (400) Sozialistische Zeitung (SoZ) Partei (VSP) 350 -vierzehntäglich - - Köln - -2.500 (2.500)SoZ-Magazin - unregelmäßig - VORAN zur sozialistischen VORAN Demokratie -zweimonatlich - - Köln - Sozialistische Initiative (Sl) 500 Sl - Forum - Berlin - - unregelmäßig - Rote Hilfe 800 (800) Die Rote Hilfe (linksextremistisch beeinflußt) - vierteljährlich * - Kiel - -2.0002. Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre Autonome 2.300* (mehr unregelmäßig erscheinende als "Szene"-Blätter - u. a. CLASH, 2.000) INTERIM, SWING, radikal Föderation Gewaltfreier 500 (500) graswurzelrevolution - Aktionsgruppen (FöGA) FÜR EINE GEWALTFREIE, (Koordinierungsstelle der HERRSCHAFTSLOSE GESELLanarchistischen "GrasSCHAFT wurzelbewegung" mit ca. - monatlich80 "Gewaltfreien Aktions-4.000 (etwa 3.000)gruppen" und "Kollektiven") Freie Arbeiterinnen-Union direkte aktion (FAU) - zweimonatlich - (ca. 20 örtliche Gruppen) - Köln - Freie Arbeiter-Union/ Fanal Anarchistische Partei - unregelmäßig - (FAU/AP) - Heidelberg - *) Einschließlich der Autonomen aus dem ehemaligen Bereich Berlin (Ost). 9 # * * " w- * * *- "T>*+**<" Jtj* Bx:PS&8ü 3^ ' * ^SV^^"K55 / s /SVs'S.yv/2>/i . / > jrr * * ir* 'J>JKS ' J O T T ' ' * * * 'OTJC* J C - 3 C * " * " * JJKJO^ * ÖCJC" " m * * * j Q O O ' 1 500C" * >Vx" 'x y>r/jSSjUt. jr" " " WjL* $ > JLjf * * * jr # * WEEEk %^J&B9&% J^r * * Y/S///////////////.'. 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Übersicht in Zahlen1 1. Organisationen und Mitgliederstand Mitgliederzahl der Ende 1990 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 69 (1989: 70) organisierten rechtsextremistische Organisationen. Ihnen gehörten nach Abzug Rechtsextremisten der Mehrfachmitgliedschaften rund 32.300 Personen als Mitglieder in den alten Bundesländern an. Das sind etwa 10 % weniger als Ende 1989 (35.900)2. rückläufig Organisationen 1988 1989 1990 Anzahl der Anzahl der Anzahl der Org. MitgliedOrg. MitgliedOrg. Mitgliedschaften schaften schaften Neonazisti23 1.900 23 1.500 27 1.400 sche Gruppen "National- 3 18.600 3 25.000 3 22.000 freiheitliche" Organisationen "National- 5 7.250 5 8.000 5 7.300 demokratische" Organisationen Sonstige Vereinigungen 40 3.200 39 3.200 34 2.900 Summe 71 30.950 70 37.700 69 33.600 Zahl der Mitglieder nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 28.300 35.900 32.300 Diese Entwicklung ist maßgeblich auf den Rückgang der Mitgliederzahl bei der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU) von rund 25.000 auf etwa 22.0003 zurückzuführen. Bei den "Nationaldemokraten" sank die Mitgliederzahl von rund 8.000 auf 7.300. Die Zahl der organisierten Neonationalsozialisten ging auf 1.050 (1989: 1.100) zurück. Die Gesamtzahl der Mitgliedschaften in neonationalsozialistischen Gruppen verringerte sich um 100 auf 1.400. Die Differenz erklärt sich aus Mehrfachmitgliedschaften. Rechtsextremistische Bestrebungen 89 Entwicklung der Zahl der Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen 33 600 Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen (ohne Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) 32 300 Mitglieder (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 22 000 Mitgliedschaften in "nationalfreiheitlichen" Organisationen (Dr. Frey gibt höhere Zahlen an) 7 300 Mitgliedschaften in "nationaldemokratischen" Organisationen 2 900 /Mitgliedschaften / in sonstigen / rechtsextremistischen Gruppen 1 400 Mitgliedschaften in neonazionalsozialistischen Gruppen 1981 1982 1983 90 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste Die Zahl der rechtsextremistischen organisationsunabhängigen Verlage und Vertriebsdienste belief sich 1990 auf 34 (1989: 35). Im einzelnen handelt es sich hierbei um 11 Buchverlage (1989: 10), 14 Zeitungsund Zeitschriftenverlage (1989: 13) und 9 Vertriebsdienste (1989: 12). 3. Periodische Publikationen Zahl der rechtsDie Gesamtzahl der rechtsextremistischen Publikationen sank von extremistischen 80 auf 71. Davon erschienen 53 mindestens viermal im Jahr. Diese Zeitschriften und 53 Schriften erzielten 1990 eine Gesamtauflage von rund 8.551.000 ihre Gesamtauflage nehmen ab Exemplaren (1989: 54 Publikationen mit einer Gesamtauflage von rund 8.985.000). 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1990 waren den Verfassungsschutzbehörden 213 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst bekannt (1989: 222); von ihnen gehörten 104 der NPD an (1989: 113). Die bei Bundesbehörden beschäftigten 109 Rechtsextremisten (1989: 108) sind bei nachgeordneten Dienststellen tätig. 39 davon sind bei der Deutschen Bundespost und 15 bei der Deutschen Bundesbahn in mittleren und einfachen Positionen beschäftigt. Der Bundeswehr gehören 44 an: 29 als Zeitoder Berufssoldaten, 15 als Zivilbedienstete. Von den 67 bei Landesbehörden beschäftigten Rechtsextremisten (1989: 75) sind an Schulen und Hochschulen 20, in der Justiz 11, in der Finanzverwaltung 6, bei der Polizei 6 und in anderen Verwaltungsbereichen 24 tätig. Im Kommunaldienst sind 37 Rechtsextremisten (1989: 39) beschäftigt. Von den 213 bekannten Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst sind 104 Beamte, 29 Soldaten, 41 Angestellte und 39 Arbeiter. Unter den 133 Beamten und Soldaten gehören 15 dem höheren Dienst bzw. den vergleichbaren Dienstgraden an. Rechtsextremistische Bestrebungen 91 II. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 1. Zielsetzung Die Neonationalsozialisten unter den Rechtsextremisten fordern die NeonationalErrichtung einer Staatsform und einer "Volksgemeinschaft", die sozialisten dem Programm der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterparstreben großdeutschen tei" (NSDAP) von 1920 entsprechen. Sie propagieren einen totaFührerstaat an litären Staat auf der Grundlage des Eliteund des Führerprinzips, der die eigene Rasse als höherwertig gegenüber anderen einschätzt und demzufolge das deutsche Volk vor rassisch "minderwertigen" Ausländern, insbesondere vor einer "Volksvermischung" bewahren will. Neonationalsozialisten streben eine Wiederzulassung der NSDAP und ein "Viertes Reich" an, das unter Ausschluß von ethnischen Minderheiten sowie nach der Angliederung der ehemaligen deutschen Ostgebiete das "Großdeutsche Reich" vergangener Zeiten Wiederaufleben lassen soll. So verkündeten die führenden Neonationalsozialisten, der 1991 verstorbene Michael KÜHNEN (35) und Gary Rex LAUCK (37; vgl. Kap. VIII, Ziff. 2) in einer gemeinsamen Erklärung im Juli: "Die Unterzeichner lehnen die Bildung einer supergroßen BRD ab und fordern stattdessen die Gründung des Vierten Reiches der Deutschen, eines stolzen, innerlich und äußerlich freien und unabhängigen, sozial gerecht verfaßten Deutschen Reiches als Heimat aller in Mitteleuropa geschlossen siedelnden Deutschen. Prüfstein für die Souveränität dieses neuen Deutschlands ist die Aufhebung des NS-Verbots. Daher fordern die Unterzeichner gemeinsam: SCHLUSS MIT DEN BESATZUNGSZUSTÄNDEN! NS-VERBOT AUFHEBEN!" ("Die Neue Front" 73/90, S. 12) Bis Anfang der achtziger Jahre war HITLER das Leitbild des deut"Nationalschen Neonazismus. Inzwischen gibt es aber zahlreiche Neonatiorevolutionäre" nalsozialisten, die daran heftige Kritik üben. Sie werfen HITLER vor, werfen HITLER Verrat am er habe den Nationalsozialismus verbürgerlicht und die nationale NationalRevolution verraten. Vorbilder dieser "Nationalrevolutionäre" sind sozialismus vor die NSDAP-Ideologen Dr. Otto und Gregor STRASSER sowie der SA-Stabschef Ernst RÖHM4. 2. Zahlen Von den rund 1.200 Neonationalsozialisten (1989: 1.300) sind etwa Zahl der Neo1.050(1989: 1.100) organisiert. nationalsozialiEtwa 160 Neonationalsozialisten (1989: 170) sind militant. Hinzu sten geht zurück, ihre Gewaltbekommen noch mindestens 500 militante Skinheads, die entweder reitschaft steigt eindeutig als neonationalsozialistisch einzustufen sind oder zumin- 92 Rechtsextremistische Bestrebungen dest Anhaltspunkte für eine neonationalsozialistische Gesinnung aufweisen. Es handelt sich um Aktivisten, die in den letzten Jahren Gewalttaten begingen, sich an Gewalttaten oder deren Planung beteiligten, wegen ihrer Gewaltbereitschaft bekannt sind oder illegal Waffen, Munition oder Sprengstoff besessen haben. Von den militanten Neonationalsozialisten, die nicht den Skinheads zuzurechnen sind, gehören der Altersgruppe 18 bis 20 Jahre 12 % und der Altersgruppe 21 bis 30 Jahre 46 % an, während 24 % 31 bis 40 Jahre alt sind. Der Kreis der 18 bis 20 Jahre alten gewaltgeneigten Aktivisten hat sich damit gegenüber dem Vorjahr (1 %) erheblich vergrößert. 3. Neonationalsozialistische Gruppen 3.1 "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) Die von dem 1991 verstorbenen Michael KÜHNEN geführte GdNF bezeichnet sich als "Gesinnungsgemeinschaft von überzeugten und bekennenden Nationalsozialisten, die die Überwindung des NS-Verbots und die Neugründung der NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI (NSDAP) als legale Partei erstrebt." ("Die Neue Front" 73/90, S. 2) Die GdNF verfügt in den alten Bundesländern über etwa 200 Anhänger. Ihre Zielsetzung und Strategie ergibt sich vor allem aus dem schon vor Jahren von KÜHNEN verfaßten "Politischen Lexikon der Neuen Front". Sie "steht in der Tradition der SA und des revolutionären Flügels der historischen NSDAP; im Geiste Ernst RÖHMs erstrebt sie eine nationalsozialistische .Zweite Revolution'". ("Die Neue Front" 73/90, S. 2) In HITLER sieht die GdNF den "Zeitenwender, die Heilsgestalt der arischen Rasse und den deutIdeologische Mischschen Nationalhelden". formen von hitleri("Die Neue Front" 73/90, S. 2) schem und national-revolutionärem NationalsozialisDiese Ausrichtung läßt erkennen, daß unter KÜHNENS Anhang mus bei KÜHNENideologische Mischformen von hitlerschem und nationalrevoluAnhängern tionärem (vgl. Ziff. 1) Nationalsozialismus vorhanden sind. Rechtsextremistische Bestrebungen 93 Wbecftanb W Die Tleue Tcont Br.73 S.Jahrgansj Söraer 10? Jcü? (1990) SONDERAUSGABE NEUE KRÖNT GERALD HESS: 23.IQ.67 - 26.7.9Q OPFERTOD FOR DEUTSCHLAND KÜHNEN gelang es, seine Propagandakampagnen auf das Gebiet der ehemaligen DDR auszuweiten. Seine Aktivitäten verlagerten Schwerpunkt der sich zu einem weit überwiegenden Teil in die neuen Bundesländer. Aktivitäten in Hamburger KÜHNEN-Anhänger wie Christian WORCH (34) und Thoden neuen mas WULFF (27) sind in der im März 1989 gegründeten "Nationalen Bundesländern Liste" (NL) aktiv. Diese derzeit auf Hamburg beschränkte Partei will sich an Wahlen in Hamburg beteiligen. In ihrer offiziellen Publikation "INDEX", die sich im Untertitel als "jung, national, bissig und parteiisch" beschreibt, agitiert die NL gegen politische Gegner mit der NL agitiert gegen Aufforderung "Haut ihn weg, den roten Dreck"5. politische Gegner 94 Rechtsextremistische Bestrebungen N r . 10 ** Jahrgang April 1990 INDEX c; ~.*,Ä\--7"& 'IJKJnUM./(r'i 0.4Tterrr Die Partei bekennt sich zur Idee eines Großdeutschen Reiches: "Nicht BRD, nicht DDR - wir wollen das Reich6!". Einen Schwerpunkt sieht sie in der politischen Aufgabe, die "staatsrechtlich und völkerrechtlich noch immer als verbindlich anzusehende Reichsverfassung von 1919 wieder in Kraft zu setzen". ("INDEX" 9/90, S. 2) WORCH und WULFF waren maßgeblich an der Durchführung der Demonstration am 18. August im oberfränkischen Wunsiedel zum Gedenken an Rudolf HESS beteiligt, der am 17. August SCHLAGT DIE Bekämpft 3fflE LINKEN, WO IHR SIE TREFFT! "KUKommvHisrtscKf emit* "uTinemmvunuscHi "mim Rechtsextremistische Bestrebungen 95 1987 im Kriegsverbrechergefängnis in Berlin-Spandau gestorben ist. Anhänger der GdNF schufen Aktionsbegriffe wie "Initiative Volkswille", "Volksbund RUDOLF HESS", "Freie Gewerkschaftsbewegung", "Aktion Lebensschutz", "Antikommunistische Aktion", "Antizionistische Aktion" oder "Kaderorganisation SA". KÜHNEN nannte diese Propagandagebilde "Vorfeldorganisationen". Der Integration organisationsfremder Gesinnungsgenossen dient Werben um der unstrukturierte "Arbeitskreis für deutsch-alternative Politik" mit Nationalisten der Zusatzbezeichnung "Neubeginn". Unter dieser Bezeichnung aller sollen Nationalisten aller Schattierungen zusammengeführt werden. Schattierungen 96 Rechtsextremistische Bestrebungen DoHt Wom/ f * ^^ ke Slaji. HHjiHommvHiitiscm "mit* Die Bezeichnung "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" hat den ursprünglich von der Anhängerschaft KÜHNENS in historischer Anknüpfung benutzten Namen "Bewegung" fast völlig verdrängt. 3.2 "Deutsche Alternative" (DA) DA strebt Die im Mai 1989 gegründete und von KÜHNEN maßgeblich beeinGroßdeutsches flußte DA hat sich die Wiederherstellung des Deutschen Reiches Reich an zum Ziel gesetzt7. Als "nationale Protestpartei" fordert sie die "Neuvereinigung aller in Mitteleuropa geschlossen siedelnden Deutschen", "Schluß mit der Verzichtspolitik im Hinblick auf die deutschen Ostgebiete" und als Fernziel die "Rückgewinnung der geraubten Ostgebiete"8. In angeblicher "Übereinstimmung mit der großen Mehrheit unseres Volkes" stellt die DA fest: "Essindzuviele Ausländer im Land"9. Sie wehrt sich gegen die "massenhafte Ansiedlung geschlossener fremder Volksgruppen", die nicht durch "Ausländerbegrenzung, sondern eine humane, aber konsequente Ausländerrückführung" verhindert werden solle10. Die Mitglieder der DA verstehen sich als Teil der GdNF. KÜHNEN koordinierte seine Anhänger in den unter verschiedenen Namen auftretenden Gruppierungen. Seit Ende 1989 ließ er seine politischen DA unter KUHNEN Initiativen in den neuen Bundesländern (vgl. Ziff. 3.1) vorwiegend in den neuen unter dem Namen der DA durchführen. Eigenen Angaben zufolge Bundesländern bestehen bereits Ortsverbände in Dresden, Cottbus, Berlin und aktiv Rostock. Neben der bestehenden "Sektion BRD" ist eine "Sektion DDR" der DA vorgesehen. Die Parteivorstände beider Sektionen zusammen sollen den "Reichsvorstand" der DA als gesamtdeutscher Partei bilden11. Rechtsextremistische Bestrebungen 97 3.3 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) Die 1979 gegründete FAP proklamiert die Ideologie des Nationalsozialismus: "Nationale Idee und Sozialismus gehören für uns von der FAP zusammen. Sie bilden eine untrennbare Einheit auf dem Weg der völligen Neugestaltung unseres Landes nach dem Vorbild einer Ordnung, die ihre Effektivität bereits bewiesen hat...". ("FAP-Intem" 1/90, S. 14) 98 Rechtsextremistische Bestrebungen FAP agitiert Vehement zieht die FAP gegen die Anerkennung der polnischen gegen die Westgrenze zu Felde. Sie verwahrt sich entschieden gegen jegAnerkennung der lichen Verzicht auch nur "eines Quadratmeters deutschen Bopolnischen Westgrenze dens ..., der durch Kriegsereignisse abgetrennt wurde" 12 . und gegen "Unerwünschte Ausländer und Wirtschaftsasylanten" sollen ausAusländer gewiesen werden: "In Anbetracht der angespannten Arbeitsmarktlage und Wohnungsnot müssen vorrangig deutsche Arbeitnehmer in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden und unsere deutschen Volksgenossen über freizügigen und familiengerechten Wohnraum verfügen." (Mitteilungsblatt des FAP-Bundesvorstandes vom 17.3.1990, S. 3) Nach der schon 1989 erfolgten Ausgrenzung der Anhängerschaft KÜHNENS aus der FAP verließ 1990 auch der Flügel um den ehemaligen FAP-Generalsekretär Jürgen MOSLER (35) die Partei. Personelle, weniger ideologische Streitigkeiten führten seit dem Bundesparteitag der FAP am 10. März in Aachen zu einem gravierenden Abwärtstrend. Der Bundesvorsitzende Friedhelm BUSSE (61) entschied zwar den FAP verliert Machtkampf mit MOSLER zu seinen Gunsten. Die Mitgliederzahl weiter Mitglieder sank jedoch auf rund 200 (1989: 330). Das bisherige Parteiorgan "FAP-Intern" erschien nach dem Parteitag nicht mehr. Erst im August brachte BUSSE eine neue Publikation unter der Bezeichnung "Neue Nation" heraus. NEUE mmfffl VOtKSTIttut ZEITUNG tön DEUTSGHLAHP """^H^L^tV^J ADOLF HITLER am L September 1939 im Deutschen Reichstag =53 Vereinzelt versuchte die FAP, auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Fuß zu fassen und Kontakte zu Gesinnungsgenossen zu knüpfen. Diese Initiativen der in internen Machtkämpfen zerschlissenen Rechtsextremistische Bestrebungen 99 Partei beschränkten sich jedoch auf gelegentliche, eher unauffällige Auftritte. Im Oktober konnte in Potsdam der Landesverband Berlin gegründet werden. An der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai beteiligte sich die FAP ohne jeden Erfolg (0,0 % der Stimmen). Im Jahre 1990 wiesen 69 (Vorjahr: 125) Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug auf FAP-Kreise hin. In 17 dieser Fälle konnten FAP-Aktivisten als Täter ermittelt werden. 3 (1989: 10) dieser 69 Gesetzesverletzungen waren Körperverletzungen, 49 (88) Propagandadelikte (z. B. Schmier-, Klebe-, Plakat-, Flugblattaktionen oder sonstige Veröffentlichungen). Die Ordnungsbehörden verboten 3 Veranstaltungen der FAP. Auch aus diesen rückläufigen Zahlen läßt sich die abnehmende politische Bedeutung der Partei ablesen. 3.4 "Nationale Offensive" (NO) Angesichts des Zerfallsprozesses in der FAP gründeten ehemalige Ehemalige Funktionäre und Aktivisten der Partei - an der Spitze Michael FAP-Aktivisten SWIERCZEK (29) als Parteivorsitzender und der 1989 aus der DDR bzw. -Funktionäre übergesiedelte Carlo BAUER (21) als Bundesgeschäftsführer - am gründen neue neonational3. Juli die NO als Auffangbecken insbesondere für enttäuschte sozialistische Gesinnungsgenossen. Die NO fordert: Organisation "Rückführung der Ausländer in ihre Heimatländer - Kulturvermischung ist Völkermord", "Erhebliche Verschärfung des Asylrechts zur Verhinderung des Asylmißbrauchs", "Verschärfung der Bestimmungen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft" und "Keine ausländische Mehrheitsbeteiligung an deutschen Firmen und Produktionsmitteln". (Programm der NO, Ziff. 12, 18, 19, 20) Hinzu kommen Aussagen wie "... Firmen, die gegen das Volkswohl verstoßen, müssen enteignet werden", "Kampf den Spekulationen und dem Zinswucher, gesetzliche Kontrolle der Zinswirtschaft" und "Erziehung der Jugend nach dem Leitbild des Gemeinschaftsgedankens" (Programm der NO, Ziff. 13, 14, 28), die Assoziationen zu dem Programm der NSDAP vom 24. Februar 1920 herbeiführen. Ihr Ziel, an der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober teilzunehmen, erreichte die NO nicht, weil sie die erforderliche Zahl von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge nicht beibringen konnte. * 100 Rechtsextremistische Bestrebungen 3.5 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) HNG unterstützt Die HNG ist mit knapp 200 Mitgliedern immer noch eine der mitinhaftierte Neogliederstärksten neonationalsozialistischen Organisationen. Sie benationalsozialisten müht sich seit Jahren, die aus der Haft entlassenen Gesinnungsgenossen wieder in die neonationalsozialistische Szene einzugliedern. Daneben sieht die HNG "ihre Hauptaufgabe darin, über staatliche Unterdrückung und Terror jedweder Art aufzuklären", weil "die politische Verfolgung in diesem unseren Lande ... ja nicht aufhört". ("Nachrichten der HNG" 115/90, S. 4 f.) Insbesondere die Gerichte sind Zielobjekte ihrer Diffamierungskampagnen: "Gegen das HNG-Mitglied Ursula MÜLLER lief eine Prozeßserie ... vor dem politischen Sondertribunal in Koblenz ... Sie wurde erwartungsgemäß nach geltendem UN-Recht... verurteilt. Von 24 ... tribunalseits vorgeladenen Zeugen sagten 23 entlastend aus. Eine einzige Zeugin ... entsprach den Erwartungen der politischen Staatssch(m)utzkammer und lieferte eine verleumderische Aussage ...". ("Nachrichten der HNG" 121/90, S. 6) Strategie der HNG ist es, "Öffentlichkeit herzustellen, die Anerkennung der gefangenen Nationalisten als politische Gefangene, die freie politische Betätigung und Informationsmöglichkeit und die Abschaffung aller Anti-NSund Gesinnungsparagraphen zu erreichen". ("Nachrichten der HNG" 117/90, S. 7) Die seit 1984 amtierende Vorsitzende der HNG, Christa GOERTH (54), beklagte erneut den Mangel an Effizienz und an Aktivitäten in den eigenen Reihen: "Wir treten seit Jahren auf der Stelle. Wenn das nicht anders wird, bestehen wir keine 10 Jahre mehr"13. Die darin zum Ausdruck kommende Resignation dürfte auch in den anhaltenden Streitigkeiten im Lager der Neonationalsozialisten ihre Ursache haben. Schriftleiter der monatlich erscheinenden "Nachrichten der HNG" ist seit Januar 1990 der militante ehemalige FAP-Aktivist Markus PRIVENAU (24). Die Publikation veröffentlicht regelmäßig eine "Gefangenenliste", die der Kontaktvermittlung zu inhaftierten "nationalen Gefangenen" dienen soll. Rechtsextremistische Bestrebungen 101 3.6 "Nationalistische Front" (NF) Der im November 1985 gegründeten NF gelang es wie in den NF erzielt vorangegangenen Jahren nicht, an Wahlen teilzunehmen. Sie konngeringen Mitte allerdings einen geringen Zuwachs auf rund 80 (1989: 60) Mitgliederzuwachs glieder erzielen. Ortsgruppen existieren nach wie vor in Bielefeld, Bremen und Berlin. Unter der Führung des Neonationalsozialisten Meinolf SCHÖNBORN (35) gingen die Aktivitäten im wesentlichen von den beiden Zentren in Bielefeld und Detmold-Pivitsheide (Kreis Lippe) aus. Diese Anwesen waren häufig Schauplatz von Demonstrationen und teilweise auch gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen NF-Aktivisten, politischen Gegnern und der Polizei. DEUTSCHE, LERNT WIEDER AUFRECHT I 3.U STEHEN SCHUTZ DES KAPITALS NATIONALISTISCHE FRONT Die NF sieht sich als Partei des Befreiungsnationalismus14. Ihr Ziel ist die Errichtung eines gesamtdeutschen Volksstaates in einem "gesicherten und geeinten Lebensraum"15. Zugleich wird die "schrittweise Ausweisung aller Ausländer" (mit Ausnahme politiNF verfolgt scher Flüchtlinge) gefordert16. Ideologisch stützt sich die NF auf nationaldie rechtssozialistischen und revolutionären Vorstellungen der revolutionäre Brüder STRASSER aus der Frühzeit des Nationalsozialismus (vgl. Ziele Ziff. 1). Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten am 3. Oktober wertet die NF als Teilerfolg des westlichen Kapitalismus. Dessen Ziel seien die Vergrößerung von Absatzmärkten sowie der Gewinn an Boden und Produktionsmitteln. Deutschland werde auch weiterhin "von ausländischen Mächten und ihren deutschen Handlangern fremdbestimmt"17. 102 Rechtsextremistische Bestrebungen 3.7 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) "Stützpunkte" Die NSDAP-AO verfügt im Bundesgebiet weiterhin über zahlreiche, der NSDAP-AO meist nur aus Einzelpersonen bestehende "Stützpunkte", die auch verbreiten 1990 von der "Auslandszentrale" in Lincoln/Nebraska (USA) NS-Propagandaumfangreiches neonationalsozialistisches Propagandamaterial bezomaterial aus den USA gen. Diese in den USA straffrei hergestellten Aufkleber und Handzettel werden von den deutschen NSDAP-AO-Aktivisten bei ihren zahlreichen Schmier-, Klebeund Verteilaktionen verwendet. Der US-Bürger Gary Rex LAUCK (37) (vgl. auch VIII 2), der seit Jahren als "Propagandaleiter" der NSDAP-AO auftritt, gibt das zweimonatlich erscheinende NSDAP-AO-Organ "NS-Kampfruf" heraus. Das Blatt dient deutschen Gesinnungsgenossen als wichtiges Propagandamittel, u. a. veröffentlichte es mehrere Artikel KÜHNENS. 1990 standen 43 Gesetzesverletzungen im Zusammenhang mit Aktivitäten der NSDAP-AO. 3.8 "Neonationalsozialistenkreis um Curt MÜLLER" Anlaufund Das Gärtnerei-Anwesen des Ehepaares Curt und Ursula MÜLLER Kommunikations(60/57) in Mainz ist seit vielen Jahren Anlaufund Kommunikationsstelle für stelle für Anhänger des Neonationalsozialismus aus dem Inund NeonationalAusland. Vor allem der Geburtstag des "Führers" (20. April) und die sozialisten germanischen Sonnwenden im Juni und Dezember werden zum Anlaß für derartige Treffen genommen. Bei diesen Zusammenkünften fanden sich 1990 jeweils bis zu 120 Neonazis ein. 3.9 "Bürgerund Bauerninitiative" (BBI) BBI aufgelöst Die von dem seit 1986 in Dänemark lebenden deutschen Neonationalsozialisten Thies CHRISTOPHERSEN (72) geführte BBI wurde CHRISTOPHERSEN am 20. Juni 1990 im Vereinsregister beim Amtsgericht Hannover betreibt gelöscht und aufgelöst. Die Aktivitäten CHRISTOPHERSENs weiterhin beschränkten sich seit seiner Flucht vor der deutschen Justiz ins NS-Propaganda aus Dänemark Ausland auf die Herausgabe des BBI-Organs "Die Bauernschaft" und auf gelegentliche Vorträge und Treffen mit Gesinnungsgenossen. CHRISTOPHERSEN, gegen den seit Ende 1986 in der Bundesrepublik Deutschland Haftbefehl besteht, leugnet in seinen Schriften die Morde an den Juden. Enge Verbindungen unterhält er zu dem führenden dänischen Neonationalsozialisten Poul RIIS-KNUDSEN (41), der in seinem "Nordland Forlag" in Alborg auch Schriften CHRISTOPHERSENs herausgibt. 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) ROEDER vorzeitig Am 12. Februar wurde der Gründer der DBI, der ehemalige Rechtsaus der Haft anwalt Manfred ROEDER (61), nach Verbüßung von etwas mehr als entlassen zwei Dritteln einer 13jährigen Freiheitsstrafe vorzeitig aus der Haft entlassen. Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte ihn 1982 wegen Rädelsführerschaft in der terroristischen Vereinigung "Deutsche Aktionsgruppen" zu dieser Strafe verurteilt. Nach seiner Freilassung Rechtsextremistische Bestrebungen 103 übernahm ROEDER wieder die Leitung der politisch unbedeutenden DBI. Auf seinem Anwesen in Schwarzenborn (Schwalm-EderKreis) wurden weiterhin "Freundestreffen" durchgeführt, an denen auch ausländische Rechtsextremisten teilnahmen. ROEDER entwickelte 1990 eine lebhafte Reisetätigkeit. Als er im Oktober vor der englischen "National Front" in London einen Vortrag halten wollte, wurde er von den britischen Sicherheitsbehörden zurückgewiesen. Mit den Schriften "Deutsche Bürgerinitiative e.V. - weltweit" und und agitiert "Jahrweiser" versucht ROEDER, seine von nationalsozialistischem weiter Gedankengut durchdrungenen politischen Auffassungen zu verbreiten. Erfordert eine "volksmäßige Ordnung für alle Völker und nicht einen multikulturellen Brei, der nur im Untergang jeder Kultur enden kann". ("Deutsche Bürgerinitiative e.V. -weltweit", Nr. 7, S. 2) ROEDER propagiert den Glauben an eine "biologisch-natürliche Ordnung", nicht aber "an den Sieg der Menschenwürde oder der Demokratie"18. Die Anerkennung der polnischen Westgrenze ist für ihn "null und nichtig", die Zustimmung zu dieser Grenzregelung sei "eine ewige Schande in unserer Geschichte"19. 3.11 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) Der bis 1989 von dem ehemaligen Generalmajor der Wehrmacht DDF propagiert Otto-Ernst REMER (78) geführte Verein agitierte auch unter dem den Nationalneuen Vorsitzenden Georg Albert BOSSE (63) in seiner Publikation sozialismus "Recht und Wahrheit" unverblümt nationalsozialistisch und rassistisch, insbesondere antisemitisch. So lastet die DDF die Schuld am Zweiten Weltkrieg dem "internationalen Judentum" an: "Niemand in der Welt durchschaute das teuflische Spiel des internationalen, machtbesessenen imperialen Zionismus besser als Adolf Hitler ... Deshalb ... riefen die jüdischen Kapitalinhaber zur Vernichtung Deutschlands auf ... Der Zweite Weltkrieg war nicht der unsrige! Er wurde vom internationalen Judentum unter Mißbrauch europäischer Hegemonialinteressen gegenüber Deutschland bewußt angezettelt..." ("Recht und Wahrheit" 1+2/90, S. 24) REMER selbst glorifiziert die Ideen des Nationalsozialismus wie folgt: "Das .Geheimnis' von deutscher .Kraft und Stärke', zuletzt im Dritten Reich unter Adolf Hitler aller Welt vorbildlich vorgelebt... ging von einem einzigartigen, großartigen Gedanken aus. Dieser Gedanke war die Idee von der VOLKSGEMEINSCHAFT!" ("Recht und Wahrheit" 5+6/90, S. 3) 104 Rechtsextremistische Bestrebungen Das DDF-Blatt "Recht und Wahrheit" entwickelt sich immer mehr zu einem Naziblatt, das - wie keine andere deutsche Schrift - freiweg und ohne taktische Bemäntelung den Nationalsozialismus propagiert. 3.12 "Aktion Sauberes Deutschland" (ASD) Unter der Bezeichnung "Aktion Sauberes Deutschland" (ASD) wurde von Gesinnungsgenossen des Nationalsozialisten Ernst TAG (44) das Publikationsorgan "Der Schulungsbrief" verbreitet. Die ASD versteht sich als "nationalsozialistische Bewegung Großdeutschlands". In der Schrift werden die Rückführung der in Deutschland lebenden Ausländer und "Rache für Ernst TAG"20 gefordert. IM. "National-Freiheitliche"/ "Nationaldemokraten" 1. Ideologische Standorte Die Zielrichtung der Politik dieser Gruppierungen läuft - im Gegensatz zu der der Neonationalsozialisten - nicht zwangsläufig auf einen elitären Führerstaat nationalsozialistischer Prägung hinaus. NPD und DVU "Nationaldemokraten" verfolgen völkisch-kollektivistische Vorstelverfolgen verfaslungen. Ihnen schwebt eine "Volksgemeinschaft" vor, in der die sungsfeindliche Gemeinschaftsinteressen übermäßigen Vorrang vor den Freiheitsrechten des einzelnen haben sollen. Ihre rassistisch gefärbte Agitation richtet sich insbesondere gegen Asylanten. Auch 1990 waren bei der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) wiederum zahlreiche Anhaltspunkte für deren verfassungsfeindliche Zielsetzung feststellbar21. Die "national-freiheitlichen" Organisationen, allen voran die "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU), erheben keinen ideologischen Anspruch im Sinne einer umfassenden Weltanschauung, sondern greifen in den Publikationen ihres Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY (57) Tagesthemen auf und ordnen sie langjährig entwickelten rechtsextremistischen Feindbildern zu. Im Mittelpunkt der Agitation steht eine verbal radikale Anti-Ausländer-Kampagne. Die westlichen Verbündeten, demokratische Parteien der Bundesrepublik Deutschland sowie ihre führenden Repräsentanten werden der Sabotierung des deutschen Vereinigungsprozesses bezichtigt, der mit dem Beitritt der DDR noch keinesfalls vollendet sei. Die Lippenbekenntnisse der "Nationaldemokraten" und der "National-Freiheitlichen" zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland erfolgen aus taktischen Erwägungen. Rechtsextremistische Bestrebungen 105 Verschwörung gegen Wiedervereinigung? National+Zeituiig Die Lüge vom "Neonazism W i e D e u t s c h l a n d s Einheit verhindert werden mmm \m*J*& *>W^P FOR NATIONALE POLITIK * KULTUR UNO WIRTSCHAFT Weite Hebe liegen flflifc^flnw^j^^**^"^*" .Unsere Verbündeten entlarven sich I 106 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU) 2.1 Zielsetzung Die der DVU politisch-publizistisch verbundenen Wochenzeitungen Dr. FREYs artikulierten auch 1990 die Politik der Partei. Die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ), die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) und der "Deutsche Anzeiger" (DA) begrüßten die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands mit gegen Ausländer gerichteten Parolen wie "Deutschland den Deutschen!"22. Was passiert, wenn Gorbatschow stürzt? (Seite 4) Deutfc()eIDot()en3eitung ;CHE NACHRICHTEN -".SSES!*." OST-WEST-KURIER FOR NATIONALE POLITIK * KULTUR UND WIRTSCHAFT*"" "**C "Deutschland kann so groß sein, wie es will" Die DVU sieht im Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu einem Deutschland unter Einschluß der Gebiete jenseits von Oder und Neiße. Agitation der Seine Agitation richtet Dr. FREY vor allem gegen Asylanten, ZigeuDVU ner und Juden. Der anhaltende Zustrom an Asylbewerbern werde von den "Feinden deutscher Lebensinteressen" als Waffe gegen das sich vereinende Deutschland gesehen. Ziel sei die "Entdeutschung der hiesigen Bevölkerung auf dem Weg zu einer .multikulturellen Gesellschaft'". (DNZ 32/90, S. 1) DVU verleumdet Die DVU diffamierte wiederum den Bundespräsidenten, der als den BundesMann von "zweifelhafter menschlicher Natur"23 bezeichnet wird. presidenten "Als demokratischer Ersatzkaiser repräsentiert er Mittelmäßigkeit und Opportunismus um jeden Preis. Um die eigene Haut zu retten, hat er es in der Kunst der totalen Anpassung zu einiger Virtuosität gebracht". (DWZ 20/90, S. 1) Rechtsextremistische Bestrebungen 107 Ziel dieser Anwürfe ist es, das Ansehen der Organe der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Träger systematisch herabzusetzen und auf diese Weise letztendlich das Vertrauen der Bürger in die freiheitliche demokratische Grundordnung als Ganzes zu erschüttern. Ungesühnte Verbrechen an Deutschen Jetzt kommt die Wahrheit ans Licht National+Zeituiip *JPSiPSbJah','ndeg * I"M"Vv'>,..,..".._..,= - ' * * * # & * .*'*jiftK'v. "li"iliKII^ *i^>'$> : *S!*i^S^^? 136 Sicherheitsgefährdende und extremistische I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand 1.1 Überblick MitgliederIm Bundesgebiet leben etwa fünf Millionen ausländische Staatsanpotential des gehörige. Ende 1990 waren in den alten Bundesländern nach SchätAusländerexzungen der Behörden für Verfassungsschutz 49.350 über 16 Jahre tremismus nimmt stark ab alte Ausländer in extremistischen oder extremistisch beeinflußten Vereinigungen1 organisiert (1989: 97.250). Mitglieder (ab 16 Jahren) aktiver extremistischer und extremistisch beeinflußter Ausländervereinigungen in den alten Bundesländern (Vergleichszahlen 1989 in Klammern).2 StaatsKernNebenbeeinflußte Insangehörigkeit organiorganiOrganigesamt bzw. Volkssationen sationen sationen zugehörigkeit Araber 3.100 3.100 (3.460) ( 80) (110) (3.650) Kurden 3.00 450 3.450 (2.475) (475) (-) (2.950) Iraner 2.700 50 250 3.000 (2.700) (50) (500) (3.250) Türken 26.500 3.600 30.100 (25.780) (3.570) (-) (29.350) Sonstige 9.500 200 9.700 (15.485) (2.325) (40.240) (58.050) Insgesamt 44.800 4.300 250 49.350 (49.900) (6.500) (40.850) (97.250) 1.2 Organisationen Krise des Die Zahl der beobachteten Organisationen ausländischer Extremiorthodoxen sten und der von ihnen erheblich beeinflußten Vereinigungen nahm Kommunismus gegenüber dem Vorjahr von 121 auf 84 ab. Der starke Rückgang wirkt sich aus beruht darauf, daß eine Reihe bisher als linksextremistisch eingestufter Organisationen aufgrund des Scheiterns der kommunistischen Ideologie ihre politisch-extremistischen Aktivitäten eingestellt oder aber stark reduziert hat. Hauptziel der meisten orthodoxkommunistischen Ausländervereinigungen im Bundesgebiet - vor allem derjenigen südeuropäischer Provenienz - ist es zwar nach wie Bestrebungen von Ausländern 137 Mitgliederentwicklung bei ausländischen Extremistengruppen und extremistisch beeinflußten Gruppierungen 49 350 'Mitglieder insgesamt 18 720 Mitglieder slamisch-extremistischer bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen 11 070 _ ieder der Neuen Linken" bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen 8610 " itglieder extrem-nationalistischer bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen 10 950 'Mitglieder Orthodox-kom mun istischer bzw.von ihnen beeinflußter Gruppen Mitglieder rechtsextremistischer bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen 1989 1990" 138 Sicherheitsgefährdende und extremistische vor, die politischen Verhältnisse im Heimatland zu verändern. Die extremistische Agitation von weiten Teilen dieses Beobachtungsfeldes hat im Bundesgebiet aber erheblich an Wirkungskraft verloren. Die Tätigkeit dieser Gruppen konzentriert sich nunmehr darauf, ihre im Bundesgebiet ansässigen Landsleute über innenpolitische Vorgänge im Heimatland und deren Bewertung durch die dort tätige Mutterorganisation zu unterrichten. Außerdem setzen sie sich schwerpunktmäßig für die wirtschaftlichen und sozialen Belange ihrer Landsleute in Deutschland ein. In diesem Zusammenhang sind die linksextremistischen Organisationen auch bestrebt, die Tätigkeit staatlicher Stellen des Heimatlandes, die für die soziale und kulturelle Betreuung der Emigranten in Deutschland zuständig sind, in ihrem Sinne zu beeinflussen. Solche programmatischen Zielsetzungen richten sich aber nicht mehr gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Landes und fallen damit nicht mehr unter den gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes. Anzahl der in den alten Bundesländern aktiven extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen nach ihrem politisch-ideologischen Standort (Vergleichszahlen 1989 in Klammern). StaatsOrthodox"Neue Linke" ExtremIslamischInsangehörigkommuniu. sozialnationaextremistigesamt keit bzw. stische revolutionäre listische sche VolkszuGruppen Gruppen4 Gruppen5 Gruppen6 gehörigkeit Iren _ (-) 1 (1) _ (-) _ (-) 1 (1) Araber 1 (2) 10 (13) - (-) 3 (3) 14 (18) Kurden 6 (8) 10 (9) - (-) - (-) 16 (17) Iraner 3 (3) 3 (6) 1 (1) 1 (1) 8 (11) Türken 3 (5) 14 (18) 1 (1) 5 (6) 23 (30) Sonstige 3 (16) 8 (14) 7 (8) 4 (4) 22 (44) Insgesamt 16 (34) 46 (61) 9 (10) 13 (14) 84 (121)7 1.3 Mitglieder Weniger Da weniger extremistische Ausländervereinigungen als früher von Ausländer- ( j e n Verfassungsschutzbehörden beobachtet werden, haben sich auch die Mitgliederzahlen des erfaßten Ausländerextremismus verringert. Die Zahl der Mitglieder und Anhänger extremistischer oder entsprechend beeinflußter Ausländerorganisationen, die von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet werden, betrug Ende 1990 49.350. Im Vorjahr waren es 97.250 Personen. Noch 1989 stellten die orthodox-kommunistischen Gruppierungen mit 54.300 Mitgliedern mehr als die Hälfte aller ausländischen Extremisten in den alten Bundesländern. Ende 1990 zählten die jetzt noch erfaßten Gruppen Bestrebungen von Ausländern 139 10.950 Personen als Mitglieder. Hinzu kommen 11.070 Angehörige von Gruppen der "Neuen Linken", so daß die linksextremistischen Vereinigungen insgesamt 22.020 Mitglieder umfaßten (1989: 67.450). Die extrem-nationalistischen Gruppen zählten 8.610 (1989: 8.950) und die islamisch-extremistischen Vereinigungen 18.720 Mitglieder (1989: 17.450). 2. Publizistik Auch die Zahl der im Bundesgebiet verbreiteten periodischen Schriften extremistischer Ausländervereinigungen sank gegenüber dem Vorjahr von 174 auf 124; hiervon werden 101 im Ausland hergestellt. Auch die Anzahl Fast 75 % der Druckerzeugnisse stammen von linksextremistischen periodischer Organisationen, davon wiederum zwei Drittel von Gruppen der Schriften extremistischer "Neuen Linken". Ausländergruppen sinkt 3. Sicherheitslage, Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen Die politischen Umwälzungen in Mittelund Osteuropa und der damit verbundene Niedergang des orthodoxen Kommunismus führten zu keiner Reduzierung der Sicherheitsbedrohung der Bundesrepublik Deutschland durch Ausländer. Viele Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes zeigen entweder überhaupt keinen marxistisch-leninistischen Ansatz, sondern sind im wesentlichen unideologisch, nationalistisch oder islamisch-extremistisch eingestellt oder stehen den Reformbemühungen der orthodoxen Kommunisten skeptisch bzw. sogar ablehnend gegenüber. In einigen Bereichen dieses Beobachtungsfeldes ist die Gefahr terroristischer Aktionen gestiegen. Bei den sicherheitsgefährdenden bzw. terroristischen Organisationen spielt die ideologisch-kommunistische Komponente keine oder nur eine geringe Rolle. So ist beispielsweise die durch Anschläge und Entführungen weltweit agierende arabisch-libanesische "Hizbollah" (Partei Gottes) ausschließlich durch religiösen Fanatismus motiviert. Ihre zukünftige Rolle im internationalen Terrorismus hängt wesentlich von der Unterstützung durch den Iran ab. Auch die Abu-Nidal-Organisation, eine der bedeutenden Terrororganisationen unter den Gruppen des palästinensischen Widerstandes, ist eher unideologisch ausgerichtet. Auch die ebenfalls sehr gefährliche, von Syrien gesteuerte "Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando" (PFLP-GC) und die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) verfolgen primär keine ideologischen Ziele; die "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) hat nur diffuse linksextremistische Zielsetzungen. Erneut verübten ausländische Extremisten im alten Bundesgebiet zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele schwerste Straftaten bis hin 140 Sicherheitsgefährdende und extremistische Zahl der zum Mord. Die Zahl der politisch motivierten Gewaltaktionen insgeGewaltaktionen samt stieg gegenüber dem Vorjahr von 39 auf 44, darunter 16 Terrorausländischer und andere schwere Gewaltakte (1989: 15). Bei einem SchußwafExtremisten nimmt zu fenanschlag der "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) in Dortmund wurde ein britischer Offizier getötet. Ebenfalls auf das Konto von PIRA-Terroristen gehen ein Sprengstoffattentat in Hameln und ein versuchter Sprengstoffanschlag in Hannover. Für die versuchten und vollendeten Brandanschläge, deren Zahl sich mehr als verdreifacht hat, waren überwiegend türkische und kurdische Extremisten verantwortlich. Allein am 13. Februar verübten Anhänger einer militanten Gruppe der türkischen "Neuen Linken" eine Serie von neun Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen im "alten" Bundesgebiet. Die sonstigen Gewaltakte gingen mehrheitlich von türkischen, kurdischen und iranischen Extremisten aus. Dabei wurden über 20 Personen verletzt. Aufgrund des Rückgangs bei den Gewaltandrohungen und den Gesetzesverletzungen ohne Gewaltanwendung sank die Gesamtzahl der politisch motivierten Gewaltaktionen und sonstigen Gesetzesverletzungen ausländischer Extremisten in den alten Bundesländern auf 80 (1989: 113). Sie gliedern sich wie folgt:8 Terrorakte9 und 1989 1990 andere schwere Gewalttaten Tötungsdelikte 8 1 Sprengstoffanschläge 3 2 Brandanschläge10 4 13 Zwischensumme 15 16 Sonstige Gewaltakte Freiheitsberaubungen 1 Raub/Erpressung 3 13 Körperverletzungen 16 11 Nötigung u. ä. 4 4 Gewalttaten insgesamt 39 44 Gewaltandrohungen 20 6 Sonstige Gesetzesver54 30 letzungen11 Insgesamt 113 80 Bestrebungen von Ausländern 141 II. Mitgliederentwicklung12 und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Iren/Nordiren Der nordirische Terrorismus heutiger Prägung ist eine Folge der seit fast 800 Jahren andauernden britisch-irischen Auseinandersetzungen um die Herrschaft über die irische Insel. Er findet zusätzlichen Nährboden in der vielfach agitatorisch mißbrauchten unterschiedlichen Religionszugehörigkeit der Bevölkerung: einerseits der überwiegend katholische irischstämmige Bevölkerungsteil und andererseits die vor allem im Nordosten Irlands (Provinz Ulster) ansässigen protestantischen Nachfahren britischer Siedler. Ferner trägt auch das in Nordirland parallel zur religiösen Trennungslinie verlaufende gesellschaftliche und wirtschaftliche Gefalle zuungunsten des katholischen Bevölkerungsteils zu der Auseinandersetzung bei, die inzwischen einer ausweglosen Spirale aus Gewalt und Gegengewalt gleicht. Seit 1969 führt die (katholische) "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) ihren terroristischen Kampf auch unmittelbar gegen die britische Armee. Die britische Regierung hatte am 14. August 1969 auf dem Höhepunkt des Bürgerkrieges in Nordirland Armee-Einheiten nach dort entsandt, um die gegnerischen Seiten auseinanderzuhalten. Die PIRA versucht seitdem gewaltsam, den Abzug dieser Truppen zu erzwingen. Der Konflikt kostete allein 1990 in Nordirland über 70 Menschenleben. So verübte die PIRA am 24. Oktober zwei Bombenanschläge auf Straßenkontrollpunkte der britischen Armee in Londonderry und Newry. Die Terrorakte forderten sieben Todesopfer und zahlreiche Verletzte. Die Täter hatten Geiseln gezwungen, mit Sprengstoff beladene Fahrzeuge an die Ziele heranzufahren. Während in Nordirland verschiedene protestantische und katholische Terrorgruppen agieren, sind in Deutschland nur Aktivitäten der PIRA festzustellen. Trotz einer Reihe von Festnahmen mutmaßlicher PIRA-Mitglieder PIRA erweist sich sowohl auf den britischen Inseln als auch auf dem europäischen erneut als Kontinent (sieben Festnahmen in Belgien und in den Niederlanden gefährlichste ausländische im Jahre 1990) gelang es nicht, die mörderischen Aktivitäten der Terrororganisation PIRA zu unterbinden. Die Organisation setzte auch 1990 ihre 1987 eingeleitete Anschlagsserie auf dem europäischen Kontinent unvermindert fort: - Am 4. Mai versuchte ein Terrorkommando der PIRA, in einer britischen Kaserne in Hannover eine aus annähernd 50 Kilogramm 142 Sicherheitsgefährdende und extremistische Plastiksprengstoff bestehende Sprengladung anzubringen. Dabei wurden die Terroristen von einem zivilen Wachposten überrascht. Nachdem die Täter auf diesen mehrere Schüsse abgegeben hatten, flüchteten sie. Über die britische Presseagentur "Associated Press" (AP) in London bezichtigte sich die PIRA am Tag darauf der geplanten Tat, deren erfolgreiche Durchführung vermutlich mehrere britische Soldaten das Leben gekostet hätte. - Ein PIRA-Kommando erschoß am 27. Mai in Roermond/Niederlande zwei australische Urlauber, die es irrtümlich für Soldaten der britischen Rheinarmee gehalten hatte. - Am 2. Juni wurde ein britischer Offizier vor seinem Haus in Dortmund durch mehrere Schüsse in den Kopf getötet. Während der daraufhin eingeleiteten Fahndung verfolgten Polizeibeamte das Fluchtfahrzeug. Die Täter gaben aus dem Fahrzeug heraus mehrere Schüsse auf einen Streifenwagen ab, die einen Beamten verletzten. Der Fluchtwagen wurde später verlassen aufgefunden. Noch am selben Tag veröffentlichte die PIRA in Dublin eine Taterklärung. - Ein PIRA-Kommando verübte am 14. Juni einen Sprengstoffanschlag auf das Gebäude eines britischen Übungsgeländes in Hameln. Das Haus wurde völlig zerstört. Menschen kamen nicht zu Schaden. Am 15. Juni bezichtigte sich die PIRA in Dublin des Anschlags. Bestrebungen von Ausländern 143 Am 7. September gelang es den deutschen Sicherheitsbehörden, eine konspirative Wohnung in Hannover zu entdecken, die von mußmaßlichen PIRA-Mitgliedern angemietet worden war. 2. Araber 2.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt Organisationen Organisationen Organisationen 1990 (1989) 3.100 - - 3.100 (3.650) 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte Arabische - insbesondere palästinensische - Gruppen haben 1990 im alten Bundesgebiet keine Terroranschläge verübt. Dies dürfte zum einen auf die Zurückhaltung der Unterstützerstaaten, zum anderen darauf zurückzuführen sein, daß es der Führung der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) gelang, ihre MitgliederOrganisationen auf dem Verhandlungskurs zu halten und Gewalttaten außerhalb Palästinas (noch) zu verhindern. Wie instabil die 144 Sicherheitsgefährdende und extremistische Sicherheitslage in der Nahostregion ist, zeigt der Ausbruch der GolfPalästinensische krise am 2. August. Für den Fall kriegerischer AuseinandersetzunTerroristen gen mit den in der Region stationierten internationalen Truppenverdrohen Anschläge bänden hatte der irakische Staatspräsident Saddam HUSSEIN Tergegen westliche rorakte gegen westliche Einrichtungen angekündigt. In diesem Ziele an Zusammenhang drohte auch der Führer der "Palästinensischen Befreiungsfront" (PLF), ABU AL ABBAS, in einem Interview mit Anschlägen. Kein Land, das die Aggression gegen den Irak unterstütze, werde verschont bleiben. Arabische Gruppen im Bundesgebiet nahmen die Golfkrise zum Anlaß zahlreicher Demonstrationen, die sich zum größten Teil gegen die USA und deren Truppenstationierung in der Golfregion richteten. Vor allem Angehörige palästinensischer Organisationen begrüßten es mehrheitlich, daß der Irak dem Westen und der "arabischen Reaktion" die "Stirn bot". Besonderen Anklang fand, daß der irakische Staatschef in öffentlichen Erklärungen die Lösung des Palästinenserproblems mit der Entwicklung am Golf verknüpfte. So wurde am 29. September in Berlin (West) eine pro-irakische Kundgebung mehrerer palästinensischer Gruppen veranstaltet. Vertreten waren Anhänger der "Fatah", der "Demokratischen Front für die Befreiung Palästinas" (DFLP) und der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP). Im Verlauf der von etwa 300 Personen besuchten Veranstaltung verlas ein "Fatah"-Funktionär ein Flugblatt, in dem es u. a. hieß, Ziel der USA und Israels sei es, die Entwicklung des Irak zu einer unabhängigen arabischen Macht zu verhindern. Die USA übten Druck auf die Vereinten Nationen aus, um diese als Deckmantel ihrer aggressiven Ziele zu benutzen13. Im September forderten mehrere palästinensische und deutsche linksextremistische Gruppen, darunter PFLP, DFLP und der "Palästinensische Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (PAV), in einer Resolution den Abzug der fremden Truppen aus Saudi-Arabien. Die Verfasser verurteilten ferner die "reaktionären arabischen Regime", die gegen den Willen der Bevölkerung imperialistische Mächte auf arabischen Boden gerufen hätten 14. Die irakische Botschaft in Bonn verteilte Anfang Oktober an Sympathisanten Propagandamaterial, in dem Saddam HUSSEIN die arabischen Völker und die Muslime in der ganzen Welt zum Sturz der autokratischen arabischen Herrscherfamilien aufrief. Auch die Eskalation der Gewalt in den von Israel besetzten Gebieten, in denen die sog. Intifada (Aufstand) der Palästinenser ins vierte Jahr geht, war Gegenstand von Kundgebungen im Bundesgebiet. Am 5. Januar veranstaltete der PAV in Berlin (West) gemeinsam mit dem "Palästinensischen Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V." (PSV) eine von etwa 300 Personen besuchte Kundgebung aus Anlaß des "25. Jahrestages der Bestrebungen von Ausländern 145 Palästinensischen Revolution". Ein Redner der "Fatah" erklärte, die Intifada werde von der Bevölkerung als Versuch der Befreiung der Palästinenser akzeptiert. Am 13. Januar beging die "Fatah" in Bonn ihren Gründungstag. An der Veranstaltung nahmen rund 600 Personen teil, darunter ein Angehöriger der PLO-Vertretung "Informationsstelle Palästina" (ISPA). Den Verfassungsschutzbehörden ist bekannt, daß in der ehemaliAngehörige gen DDR - wie auch in Ländern des ehemaligen Ostblocks - palästinensischer Angehörige palästinensischer Widerstandsund Terrorgruppen, wie Terrorgruppen in z. B. der "Fatah", der PFLP und der "Abu Nidal-Organisation" der ehemaligen DDR ausgebildet (ANO), militärisch und ideologisch ausgebildet wurden. Der Verbleib 146 Sicherheitsgefährdende und extremistische dieser Kader nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist noch unklar; dies gilt auch für Reststrukturen von Zellen staatsterroristisch tätiger nahund mittelöstlicher Länder. Die Verfassungsschutzbehörden bemühen sich, auch dieses Gefährdungspotential aufzudecken. Schiitische Die schiitisch-extremistische "Hizb Allah" (Partei Gottes) arbeitet Extremisten daran, ein Terrornetz in Europa aufzubauen. Dies belegen umfangreibauen Terrornetz che Sprengstoffunde, u. a. in Spanien. Die Gefahr terroristischer in Europa auf Anschläge aus diesem Bereich dauert an, zumal nach wie vor zwei "Hizb Allah"-Angehörige in Deutschland inhaftiert sind und immer noch zwei Bundesbürger von schiitischen Extremisten im Libanon als Geiseln festgehalten werden. 3. Kurden 3.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt organisationen Organisationen Organisationen 1990 (1989) 3.000 450 3.450 (2.950) 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte PKK weiterhin Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ist seit Jahren die aktivste und aktivste und militanteste Vereinigung extremistischer Kurden in Deutschland. Zur militanteste kurErreichung ihres politischen Zieles - der Schaffung eines unabhängidische Widergen kurdischen Staates - setzt sie gewaltsame Mittel ein und standsbewegung bedient sich konspirativer Methoden. Im Kampf gegen den türkischen Staat operiert die marxistisch-leninistische Kaderorganisation, auf deren ideologische Ausrichtung die politischen Veränderungen in Osteuropa bislang keine Auswirkungen zeigten, im Südosten der Türkei offen mit terroristischen Mitteln. Anschlagsziele der "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK), des "militärischen" Arms der PKK, sind türkische Sicherheitskräfte und deren Einrichtungen, die Zivilbevölkerung im Kurdengebiet, soweit sie sich der Agitation der PKK verschließt, aber auch die vornehmlich staatlich orientierte Wirtschaftsstruktur. Bei diesen gewalttätigen Auseinandersetzungen wurden seit 1984 in der Türkei mehr als 1.000 Menschen getötet. Nach wie vor sieht sich die türkische Regierung gezwungen, in einigen Provinzen der Südosttürkei den Ausnahmezustand aufrecht zu erhalten und starke Armeekräfte einzusetzen. Von den Maßnahmen ist dabei auch die Bestrebungen von Ausländern 147 Zivilbevölkerung betroffen. Eine Beilegung des Konfliktes erscheint - auch nach Beendigung des Golfkrieges - auf absehbare Zeit nicht wahrscheinlich. Am 17. April wurde in Aachen ein PKK-Funktionär bei der Einreise Mordverdächtiger ins Bundesgebiet festgenommen. Gegen ihn bestand ein HaftbePKK-Funktionär fehl wegen Verdachts der Beihilfe zum Mord. Ihm wird vorgeworin Aachen festgenommen fen, an der Tötung des PKK-Angehörigen Abdullah HÖS-GÖREN im Jahr 1987 beteiligt gewesen zu sein. Die zerstückelte Leiche HÖSGÖRENs war am 25. Februar 1990 - in skelettiertem Zustand und in Plastiksäcke verpackt - in der Nähe von Gummersbach aufgefunden worden. HÖSGÖREN war innerhalb der PKK in Verdacht geraten, "Agent" einer anderen Organisation zu sein. Dem in Aachen Festgenommenen wird zudem u. a. vorgeworfen, an der "Bestrafung" von abtrünnigen PKK-Mitgliedern und Parteigegnern mitgewirkt zu haben. Zusammen mit drei weiteren Funktionären der PKK muß er sich seit dem 8. Januar 1991 vor dem OLG Celle verantworten. Das Landgericht Berlin verurteilte am 26. März den ehemaligen PKK-Funktionär Ali CETINER wegen eines 1984 gemeinschaftlich begangenen Mordes an einem Türken zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren. Bei der Strafzumessung wandte das Gericht erstmals die Kronzeugenregelung für Terroristen an, weil CETINER ein umfangreiches Geständnis ablegte und seine Aussagen zur Anklageerhebung gegen weitere PKK-Funktionäre führten. 148 Sicherheitsgefährdende und extremistische Anhänger der Mit Protestaktionen begleiteten Anhänger der PKK auch 1990 den PKK agitieren im Oktober 1989 vor dem OLG Düsseldorf begonnenen Strafprozeß gegen gegen nunmehr 16 ehemals führende Parteifunktionäre, denen u. a. Strafprozeß in Düsseldorf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Mord vorgeworfen wird. So demonstrierten am 27. Oktober in Karlsruhe anläßlich des ersten Jahrestages des Prozeßbeginns etwa 250 Personen. Die Teilnehmer forderten u. a. Freiheit für die "politischen Gefangenen" und zeigten Transparente mit Aufschriften wie "Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt - BRD raus aus Kurdistan". Die PKK-Teilorganisation "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V." (FEYKA-Kurdistan) veranstaltete vom 19. bis 29. Mai einen Protestmarsch von Bielefeld nach Düsseldorf. An der Kundgebung, die vor dem Gebäude des OLG endete, nahmen ungefähr 100 Personen teil. PKK-Angehörige Bewaffnete PKK-Angehörige versuchten im November in Badenerpressen Geld Württemberg mehrmals, von Geschäftsleuten bzw. deren Kunden für Kampf im Geld für die PKK bzw. "Landsleute in der Heimat" zu erpressen. Heimatland PKK feiert Den Jahrestag ihrer Gründung (27. November 1978) feierte die PKK Jahrestag ihrer am 20. Oktober in der Kölner Sporthalle. An der Veranstaltung nahGründung mit men etwa 15.000 Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet teil. Bei 15.000 Teilnehmern weiteren Großveranstaltungen am 4. bzw. 11. August in Hannover und Wuppertal erinnerte die Partei an ihren im Jahr 1984 aufgenommenen bewaffneten Widerstandskampf. In Hannover beteiligten sich ca. 2.000, in Wuppertal etwa 4.500 Personen. Am 21. April demonstrierten ca. 7.500 Kurden in Köln für einen unabhängigen kurdischen Staat. Veranstalter war die FEYKA-Kurdistan. In einer deutschsprachigen Flugschrift, die während einer Demonstration am 9. August in Wiesbaden verteilt wurde, riefen "Freundeskreise" der PKK dazu auf, sich mit dem Widerstandskampf des kurdischen Volkes zu solidarisieren und keine Reisen in die Türkei zu unternehmen15. Die Propagandaorganisation der PKK, die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK), verbreitete im Bundesgebiet Flugschriften, in denen zum Boykott türkischer Dienstleistungen und Waren aufgerufen wurde, da die daraus resultierenden Einnahmen in der Türkei für Militärzwecke und Gefängnisbauten verwendet würden 16. 4. Iraner 4.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt Organisationen Organisationen Organisationen 1990 (1989) 2.700 50 250 3.000 (3.250) Bestrebungen von Ausländern 149 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 4.2.1 Überblick Mehr als ein Jahr nach dem Tod Ayatollah KHOMEINIs hat sich die eher pragmatische Richtung der Regierung Rafsandjanis weiter konsolidiert. Der Einfluß der radikalen Kräfte scheint geringer zu werden. Die breit gefächerte Opposition, deren wesentliche Organisationen auch in Deutschland tätig sind, konnte allerdings daraus bisher noch keinen Nutzen ziehen. Die gewaltsame Bekämpfung von Dissidenten - auch in Europa - hielt an. Im Iran selbst wurden angeblich weiterhin Regimegegner hingerichtet. 4.2.2 Anhänger der iranischen Regierung Als einzige iranische Organisation vertritt die "Union islamischer Studentenvereine in Europa" (U.I.S.A.) im Bundesgebiet die ideologischen Zielvorstellungen der islamischen Revolution im Iran. Die Richtungskämpfe innerhalb der iranischen Führung haben vermutlich dazu geführt, daß die Aktivitäten der Gruppe nachgelassen haben. Die U.I.S.A. führte 1990 lediglich mehrere interne Veranstaltungen durch. Daneben trat sie gemeinsam mit einer Spaltergruppe des türkischen "Verbandes der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) als Veranstalter einer Demonstration am 21. April in Bonn auf. Anlaß der Kundgebung war der von Ayatollah KHOMEINI ausgerufene sog. Jerusalemtag, der die Muslime an ihre VerRegimetreue pflichtung zur "Befreiung Jerusalems von den Zionisten" erinnern U.I.S.A. solidarisoll. Die etwa 1.500 Demonstranten verteilten Flugblätter, die sich siert sich mit dem Aufstand mit dem "islamischen Aufstand des palästinensischen Volkes" der Palästinenser beschäftigten. 4.2.3 Gegner der iranischen Regierung Größte iranische Oppositionsgruppe im Bundesgebiet ist die der "Neuen Linken" zuzurechnende "Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (MSV), die als hiesiger Zweig der "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (PMOI) gilt. Die MSV veranstaltete vom 19. bis 30. Januar in Bonn eine Hungerstreikaktion, an der sich bis zu 50 Personen beteiligten. Mit Plakaten machten die Aktivisten auf Menschenrechtsverletzungen im Iran aufmerksam. Die etwa 360 Teilnehmer der Abschlußkundgebung erklärten sich mit den Angehörigen von politischen Gefangenen und Hinrichtungsopfern im Iran solidarisch. Nachdem am 24. April in Genf der Bruder des PMOI-Führers Massoud RADJAVI, Dr. Kazem RADJAVI, ermordet worden war, demonstrierten 370 MSV-Anhänger am 27. April in Bonn gegen den Iran. Sie machten iranische Stellen für den Tod RADJAVIs verantwortlich. Im Mai fühlte sich ein in Köln lebender Funktionär der MSV von ira- 150 Sicherheitsgefährdende und extremistische nischen Landsleuten ausgespäht und bedroht. Am 28. Mai nahm die Polizei daraufhin zwei Iraner fest. Oppositionelle Da die polizeilichen Ermittlungen den Verdacht auf Anschlagsvorbeiranische Linksreitungen nicht erhärten konnten, mußten die beiden wieder auf extremisten freien Fuß gesetzt werden. In einer am 30. Mai von der MSV veröffühlen sich von Landsleuten fentlichten Erklärung kritisierte Massoud RADJAVI die Freilassung. bedroht Die Aktivisten des Widerstandes hätten nun keine andere Wahl, als ihren Schutz in die eigenen Hände zu nehmen17. Etwa 2.000 Anhänger und Sympathisanten der MSV forderten bei einer Großveranstaltung am 22. Juni in Bonn den Sturz des "Mullah-Regimes" im Iran. Die ebenfalls der "Neuen Linken" zuzurechnende "Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und WestBerlin, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran" (O.I.P.F.G.) zeigte 1990 keine öffentlichen Aktivitäten. Aktivitäten der Die politischen Umwälzungen in Osteuropa führten bei den orthoorthodoxdox-kommunistischen Gruppierungen, wie der "Tudeh-Partei Iran" kommunistischen und der "Organisation iranischer Studenten, Sympathisanten der iranischen Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit)" (O.I.S.) zur poliGruppen gingen stark zurück tisch-ideologischen Orientierungslosigkeit. Diese Gruppen stellten ihre Aktivitäten weitgehend ein. Die Aktivitäten des "Rates der konstitutionellen Monarchie des Iran in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (R.K.M.I.), Dachverband der iranischen Monarchisten im Bundesgebiet, gingen in der zweiten Jahreshälfte ebenfalls deutlich zurück. Dies dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, daß der Schah-Sohn Reza Bestrebungen von Ausländern 151 PAHLEWI in seinen Bemühungen um die Bildung einer Volksfront aller iranischen Oppositionellen keine konkreten Erfolge erzielen konnte. Im Frühjahr kursierte in Kreisen iranischer Monarchisten im Bundesgebiet ein 14-Punkte-Programm Reza PAHLEWIs, in dem dieser zum Ausdruck brachte, daß es in erster Linie um die Befreiung Irans vom "Joch des Mullah-Regimes" gehe. Etwa 800 Anhänger der iranischen Monarchiebewegung demonstrierten am 10. Februar in Köln aus Anlaß des 11. Jahrestages der islamischen Revolution im Iran. Die Kundgebungsteilnehmer skandierten Parolen wie "Nieder mit der islamischen Republik". 5 Türken (ohne Kurden) 5.1 Mitgliederentwicklung KernNebenInsgesamt organiorganisationen sationen 1990 (1989) Orthodoxkommunistische Gruppen 50 2.680 2.730 (2.980) "Neue Linke" und Sozialrevolutionäre Gruppen 3.090 920 4.010 (4.220) Extremnationalistische Gruppen 6.630 6.630 (6.450) Islamischextremistische Gruppen 16.730 16.730 (15.700) Insgesamt 26.500 3.600 30.100 (29.350) 5.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 5.2.1 Überblick Die türkischen Extremistengruppen bilden nach wie vor den mitgliederstärksten Bereich des Ausländerextremismus. Sie tragen ihren Kampf gegen das politische System ihres Heimatlandes auch in Deutschland aus; ihre Agitation richtet sich dabei aber auch gegen die freiheitliche demokratische Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Ihr politisch-extremistisches Spektrum umfaßt sowohl die extreme Linke und extreme politische Rechte (Nationalisten) als auch den islamischen Extremismus. Den Exponenten aller 152 Sicherheitsgefährdende und extremistische ideologischer Richtungen ist gemeinsam, daß sie das derzeitige politische System in der Türkei - zum Teil auch mit Gewalt - beseitigen wollen, um eine an den jeweiligen Zielvorstellungen ausgerichtete Gesellschaftsform zu schaffen. Das Erstarken extremistischer Erscheinungsformen wird nicht zuletzt durch die angespannte Wirtschaftslage in der Türkei, die ihren Niederschlag in großer Arbeitslosigkeit sowie einer hohen Inflationsrate findet, und ein starkes Bevölkerungswachstum gefördert. 5.2.2 "Neue Linke" Die Extremistengruppe "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke), die 1983 in der Bundesrepublik Deutschland verboten wurde und hier auch unter der Tarnbezeichnung "Avrupa'da Dev Gene" (Revolutionäre Jugend in Europa) agitiert, bedient sich zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele weiterhin gewaltsamer Mittel. So bekannte sich die Gruppe zu einem Schußwaffenattentat, bei dem am 26. September in Istanbul ein ehemaliger stellvertretender Staatssekretär ums Leben kam, der auch für den türkischen Nachrichtendienst MIT zuständig war. Bereits im Frühjahr hatte "Devrimci Sol" in einem im Bundesgebiet verbreiteten deutschsprachigen Flugblatt zum Kampf gegen den "Staatssicherheitsdienst" aufgerufen18. Anhänger der Während einer Kundgebung von "Devrimci Sol"-Anhängern vor verbotenen dem türkischen Generalkonsulat in München am 1. Mai fielen aus "Dev Sol" erleidet ,-jer Vertretung heraus Schüsse. Ein Demonstrant erlitt eine Schußverletzung am Oberarm. "Avrupa'da Dev Gene" griff den VorDemonstration , ". Xi *I r r^ * * 1 ,* V / L I- IAI !,.**** Schußverletzungen ^a" I n einem Flugblatt auf. Darin riefen die Verfasser die "Werktätigen" auf, gegenüber der brutalen Politik der Türkei und des deutschen Imperialismus nicht stillzuhalten19. Bestrebungen von Ausländern 153 Am 30. Oktober erschienen sechs "Devrimci Sol"-Anhänger in einer "Dev Sol"Hamburger Gaststätte und forderten von dem deutschen Pächter Anhänger treiben 1.500 DM für ihre Organisation. Sie drohten damit, im Weigerungsgewaltsam Geld für ihre fall das Lokal "auseinanderzunehmen". Durch das Eingreifen einiger Organisation ein Gäste konnten die Erpresser von der Polizei festgenommen werden, die einen Gasrevolver, Zahlungsbelege und Flugschriften der Organisation sicherstellte. Auch die Anhänger der "Türkischen Kommunistischen Partei/MarxiTKP-M-L stellt sten-Leninisten" (TKP/M-L) stellen weiterhin ein erhebliches weiterhin ein Gewaltpotential dar. Dies wurde erneut deutlich, als die Polizei am erhebliches Gewaltpotential 19. Januar in Duisburg bei der Festnahme von zwei Mitgliedern eine dar Handfeuerwaffe mit Schalldämpfer nebst dazugehöriger Munition sicherstellte. Im Verlauf der Ermittlungen wurden zwei weitere Schußwaffen und Munition aufgefunden. Mußmaßliche Anhänger der TKP/M-L verübten am 13. Februar in Anhänger der mehreren Städten des Bundesgebietes Brandanschläge auf türkiTKP/M-L verüben sche Einrichtungen, u. a. auf das türkische Generalkonsulat in FrankSerie von Brandanschlägen furt/M. Anlaß der Anschlagsserie war vermutlich die Tötung von gegen türkische zehn Parteiaktivisten durch türkische Sicherheitskräfte am 1. FebruEinrichtungen ar in der Türkei. 154 Sicherheitsgefährdende und extremistische In einer u. a. von "Avrupa'da Dev Gene" und derTKP/M-L herausgegebenen Flugschrift aus Anlaß der Ermordung eines "Devrimci Sol"-Anhängers in der Schweiz heißt es, gegenwärtig vermehrten sich die Aufgaben der Revolutionäre auch im Ausland. Daher müsse noch selbstloser, einsatzfreudiger und entschlossener im Ausland gehandelt werden. Die Anhänger der TKP/M-L in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen in der"Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATIK) und der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATIF) organisiert. Die Gruppe "Devrimci Isci" (Revolutionärer Arbeiter) entfaltete nur geringe Aktivitäten. Ihr Hauptagitationsthema war die Ausländerpolitik der Bundesregierung. In einem Rundschreiben behauptete "Devrimci Isci", das neue Ausländergesetz degradiere nichtdeutsche Minderheiten zu Menschen zweiter Klasse 21. 5.2.3 Orthodoxe Kommunisten Aktivitäten der Der türkische orthodoxe Kommunismus stellt für die innere Sichertürkischen heit unseres Landes derzeit kaum eine Gefährdung dar. Ursache orthodoxen hierfür ist neben dem Umwälzungsprozeß in Osteuropa die stagnieKommunisten rende Verbandsarbeit der bislang führenden Organisation, der stagnieren "Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei e.V." (GDF). Bestrebungen von Ausländern 155 Auch die Aktivitäten der übrigen orthodox-kommunistischen türkischen Gruppierungen haben in erheblichem Maße nachgelassen. 5.2.4 Islamische Extremisten Der von Cemaleddin KAPLAN geführte "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) strebt nicht nur den Sturz der türkischen Regierung, sondern auch die Abschaffung der politischen Parteien an. KAPLANS Vorbild ist ein theokratisch-diktatorisches Regierungssystem ähnlich demjenigen im Iran. Der Islam ist für ihn sowohl Religion als auch Staatsform. In dem Verbandsorgan "Ümmet-i Muhammed" (Die Nation Mohammeds) rief KAPLAN auch die Menschen der westlichen Welt dazu auf, sich vorbehaltlos zum Islam zu bekennen. Zu den Veränderungen in Osteuropa fragte der ICCB, ob nicht KAPLAN-Verband gleichzeitig mit dem Kommunismus die westlichen Demokratien will neben dem abgeschafft werden könnten22. Im Zusammenhang mit dem EinKommunismus auch die marsch irakischer Truppen in Kuwait meinte der Verband, nicht die westlichen Lösung dieses Problems sei vordringlich, sondern die Beseitigung Demokratien der gewaltsamen Unterdrückung des palästinensischen Volkes beseitigen durch den "terroristischen" israelischen Staat23. Am 21. Oktober feierte der ICCB in der Kölner Sporthalle das islamische Neujahrsfest. An der Veranstaltung nahmen schätzungsweise 5.000 Personen teil. Neben dem ICCB ist die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) die zweite große Organisation türkischer islamischer Fundamentalisten in Deutschland. Ihre Jahreshauptversammlung veranstaltete die AMGT am 26. Mai ebenfalls in der Kölner Sporthalle. Unter den mehr als 10.000 Teilnehmern befand sich auch Prof. ERBAKAN, Vorsitzender der "Wohlfahrtspartei" (RP), die als Nachfolgeorganisation der in der Türkei verbotenen und aufgelösten "Nationalen Heilspartei" (MSP) gilt. 5.2.5 Extreme Nationalisten Die "Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in ADUTDF durch Europa e.V." (ADÜTDF) scheint durch ihre 1987 erfolgte Spaltung Spaltung nachhaltiger geschwächt, als es zunächst den Anschein hatte. Die nachhaltig Verbandsund Öffentlichkeitsarbeit war von weitgehender Inaktivität gekennzeichnet. Der Jahreskongreß der ADÜTDF fand - wie im Jahr 1989 - in Belgien statt. Hauptredner war Alparslan TÜRKES, der die rechtsextremistische türkische "Partei der nationalistischen Bewegung" (MHP) bis zu ihrer behördlichen Auflösung leitete und nun deren Nachfolgeorganisation "Nationalistische Arbeitspartei" (MCP) führt. 156 Sicherheitsgefährdende und extremistische 6. Sonstige 6.1 Jugoslawen Die mit dem Nationalitätenproblem verbundenen innenpolitischen Kontroversen in Jugoslawien haben sich weiter verstärkt. Im Mittelpunkt stehen der Konflikt zwischen Kroaten und Serben in Kroatien, die Unabhängigkeitsbestrebungen Sloweniens und Kroatiens sowie die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Serben und den in der "autonomen" Provinz Kosovo lebenden Albanern, die sich politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich stark benachteiligt fühlen. Der Niedergang des orthodoxen Kommunismus, bislang eine der bindenden Klammem des Vielvölkerstaates Jugoslawien, begünstigt die Entwicklung zu einer Auflösung des Bundesstaates. Sowohl Slowenien als auch Kroatien haben den Zusatz "sozialistisch" aus dem Namen ihrer Republik gestrichen. Anders als es die Entwicklung in Jugoslawien befürchten ließ, entfalteten jugoslawische Extremisten im Bundesgebiet kaum nennenswerte sicherheitsgefährdende Aktivitäten. Brandanschlag Lediglich ein Brandanschlag auf das jugoslawische Generalkonsulat auf jugoslawisches in Frankfurt/M. am 21. Oktober mit nur geringem Sachschaden läßt Generalkonsulat die Vermutung zu, daß es sich um eine politisch motivierte Tat mit mutmaßlichem politischen handelte. Hintergrund Die zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen im Kosovo nahmen kosovo-albanische Gruppierungen im Bundesgebiet zum Anlaß, Protestdemonstrationen abzuhalten, die aber ausnahmslos friedlich verliefen. Wie in den vergangenen Jahren taten sich dabei die Anhänger der pro-albanischen "Volksbewegung für die Republik Kosovo" (LPRK) und der nationalistischen "Nationaldemokratischen Liga der Albanischen Treue" (N.D.SH.) besonders hervor. 6.2 Sikhs Die Bestrebungen extremistischer Sikhs, einen unabhängigen Staat "Khalistan" (Land der Reinen) in dem Gebiet des indischen Bundesstaates Punjab zu gründen, führten 1990 zu einer Welle von Morden und anderen Gewalttätigkeiten in Indien sowie zu Zusammenstößen mit den dortigen Sicherheitskräften. Anhänger der auch in Deutschland aktiven "International Sikh Youth Federation" (ISYF) beteiligten sich am 27. Januar in Bonn gemeinsam mit Angehörigen anderer Sikh-Gruppierungen an einer Kundgebung. Die annähernd 200 Teilnehmer forderten die Unabhängigkeit des Punjab. In einem Flugblatt aus Anlaß des indischen Unabhängigkeitstages (15. August) griff die ISYF das Vorgehen der indischen Regierung gegen die dortige Opposition an und appellierte an die deutschen Politiker, sich für das Selbstbestimmungsrecht der Sikhs einzusetzen. Am 28. September fiel in der Schweiz ein ehemaliger Bestrebungen von Ausländern 157 Angehöriger der ISYF einem Mordanschlag zum Opfer. Der Tat Erneut Sikh Opfer waren gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen mutmaßlicher verfeindeter Sikh-Gruppen vorausgegangen. Vermutlich auf VeranRivahtätskämpfe lassung extremistischer Gruppierungen waren im Bundesgebiet bereits 1989 zwei Sikhs ermordet worden. 6.3 Tamilen Die Extremisten unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Tamilen aus Sri Lanka sind überwiegend in der deutschen Sektion der international tätigen "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) organisiert. Die LTTE versucht mit militärischen Mitteln und durch Guerillaoperationen, in Teilen der Insel Sri Lanka einen "sozialistischen und antiimperialistischen" unabhängigen Staat "Tamil Eelam" zu schaffen. Die Kämpfe zwischen den (singhalesischen) Regierungstruppen und den tamilischen Extremisten erreichten 1990 ein noch nicht dagewesenes Ausmaß. Den Verfassungsschutzbehörden liegen Hinweise dafür vor, daß LTTE treibt Geld Angehörige der deutschen Sektion der LTTE nach wie vor versufür Kampf im chen, auch durch Spendenerpressung Gelder für den bewaffneten Heimatland ein Kampf im Heimatland zu beschaffen. 158 Sicherheitsgefährdende und extremistische IM. Erläuterungen und Dokumentation 1. Darunter werden hier solche islamisch fundamentalistisches Organisationen der im Bundestheokratisches Staatswesen ergebiet lebenden Ausländer verzwingen wollen. standen, deren Bestrebungen 7. Die Gesamtzahl der Organisatiosich im Sinne von SS 3 Abs. 1 des nen für das Jahr 1989 umfaßt Gesetzes über die Zusammenarzwei rechtsextremistische Grupbeit des Bundes und der Länder pen, die wegen Wegfalls der in Angelegenheiten des Verfasgesetzlichen Voraussetzungen sungsschutzes und über das nicht mehr beobachtet werden Bundesamt für Verfassungsund daher in der Tabelle für das schutz (BundesverfassungsJahr 1990 nicht mehr gesondert schutzgesetz) gegen die freiheitaufgeführt sind. liche demokratische Grundord8. Die Übersicht enthält ausgeführnung oder - aus politischen te bzw. versuchte oder vorbereiMotiven - gegen die Sicherheit tete Aktionen. Die Gewaltandes Bundes oder eines Landes drohungen sind gesondert aufrichten oder die durch Anwengeführt. Jede gewaltsame Aktidung von Gewalt oder darauf on und sonstige Gesetzesverletgerichtete Vorbereitungshandzung ist nur einmal gezählt. Sind lungen auswärtige Belange der z. B. während einer DemonBundesrepublik Deutschland stration mehrere Körperverletgefährden. zungen begangen worden, 2. Wegen fehlender Organisationserscheinen sie nur als eine struktur keine Angaben über Gewalttat in der Rubrik KörperMitgliederzahlen der Iren. verletzungen. Sind im Verlauf 3. Bei Angehörigen folgender einer Aktion mehrere der in den Nationalitäten liegen ErkenntnisRubriken genannten Gesetzesse über extremistische bzw. entverletzungen (z. B. Körperverletsprechend beeinflußte Bestrezung und gleichzeitig Sachbebungen vor: Armenier, Äthiopier, schädigung) eingetreten, so wurde die Aktion nur in der Chilenen, Griechen, Inder, Rubrik des schwerer wiegenden Jugoslawen, Spanier, Tamilen Verstoßes gezählt. und Organisationen mit national gemischter Mitgliedschaft. 9. Terrorakte sind Anschläge, d. h. 4. Zur "Neuen Linken" werden schwerwiegende Straftaten, hier linksextremistische Grupwie sie insbesondere in SS SS 129 a pen gezählt, die sich auf die marAbs. 1 des Strafgesetzbuches xistische Ideologie stützen, genannt sind (vor allem: Mord, jedoch den orthodoxen KommuTotschlag, erpresserischer Mennismus ablehnen, sowie Grupschenraub, Brandstiftung, Herpen mit Sozialrevolutionär natiobeiführung einer Explosion nalistischer Einstellung. durch Sprengstoff) und andere 5. Extrem-nationalistische GrupGewalttaten, die der Vorbereipen sind Vereinigungen, die tung solcher Straftaten dienen, nationalistische Ziele in aktiv sofern diese Taten gezielt im kämpferischer, aggressiver HalRahmen eines nachhaltig tung verfolgen. geführten Kampfes für politi6. Islamisch-extremistische Grupsche Ziele begangen werden. Nicht hierunter fallen Anschläge, pen sind Vereinigungen, die ein Bestrebungen von Ausländern 159 die spontan, etwa aus gewaltversorgung der europäischen tätig verlaufenden Demonstraund ostasiatischen Länder zu tionensveranstaltungen heraus, bestimmen. Sie üben politidurchgeführt werden. schen, wirtschaftlichen und 10. In der Zahl für 1990 sind drei militärischen Druck auf die UNOFälle enthalten, bei denen es Mitgliedsstaaten aus, um die sich um "DemonstrationsereigUNO als Deckmantel zu benutnisse" im Zusammenhang mit zen und ihre aggressiven Ziele Kundgebungen extremistischer zu erreichen. Sie haben die Türken bzw. Kurden handelt. In europäischen Länder in ihre kriezwei weiteren Fällen liegen gerischen Aggressionsvorbereikeine konkreten Hinweise auf tungen einbezogen..." die Täter vor; der zeitliche 14. Resolution des "PalästinensiZusammenhang mit anderen schen Arbeiterverbandes in der politisch motivierten GewalttaBundesrepublik und West-Berten von Ausländern, vor allem lin" (PAV) und anderer Organisaaber die Auswahl der Zielobjekte tionen in deutscher Sprache mit sprechen für eine Urheberschaft der Überschrift "Gemeinsame ausländischer Extremisten. Resolution über die aktuelle 11. Sonstige Gesetzesverletzungen Lage im arabischen Golf": in diesem Sinne sind Verstöße "...Wir fordern die Einstellung gegen Strafoder Bußgeldvorder militärischen Eskalation der schriften in erkennbarem Amerikaner sowie deren VerZusammenhang mit politischbündeten in der Golfregion und extremistischer Tätigkeit (z. B. verlangen die Rücknahme des Verstöße gegen das Versammfremden Militärs von arabilungsG, Hausfriedensbruch, schem Boden. Sachbeschädigung u. ä.). Anders Die Anwesenheit des USals bei der "Polizeilichen KrimiMilitärs und seiner Verbündeten nalstatistik - Staatsschutzdelikdient der Unterstützung der feute" (PKS-S) beziehen sich die dalistischen und diktatorischen Zahlenangaben - ungeachtet Herrschaftsregime und einiger des Zeitpunktes der Einleitung privilegierter Familien, die das und des Standes der ErmittVolk ausbeuten und das Vermölungsverfahren - auf den Tatzeitgen gegen den Willen des punkt im Kalenderjahr. Volkes für sich verbrauchen. Wir 12. Die Zahlenangaben beruhen auf verurteilen das Verhalten einiger Schätzungen. Veränderungen arabischer reaktionärer und feuder Mitgliederzahlen gegenüber dalistischer Regime aufs Schärfdem Vorjahr können auch auf ste, die gegen den Willen der neuere Erkenntnisse zurückzuBevölkerung fremde imperialistiführen sein, bedeuten daher sche Mächte auf arabischen nicht immer einen tatsächlichen Boden gerufen haben, um ihre Mitgliederzuwachs bzw. -verMachtkontinuität gegen das Volk lust. auch weiterhin gesichert zu wis13. Flugblatt in deutscher Sprache sen..." mit der Überschrift "Der Friede 15. Deutschsprachige Flugschrift ist unteilbar, Hände weg vom des "Arbeiterkreises gegen den Irak": "... Den USA geht es vielKurdenprozeß Ffm., Feyka Ffm. mehr darum, die arabischen Freunde des kurdischen Volkes Ölfelder zu besetzen, die Mainz" vom August 1990 unter Zukunft der arabischen Völker zu der Überschrift "Urlaubsland diktieren und über die EnergieTürkei, wo es so schön und sau- 160 Sicherheitsgefährdende und extremistische ber ist?": "Wollen Sie Urlaub in ... Deshalb hebe Dein Geld von der Türkei machen? ... Im Land, den türkischen Banken und wo das dortige Regime seit dem Anlagefirmen ab, kaufe keine faschistischen Militärputsch am türkischen Exportwaren. Unter12. September 1980 bis zum richte auch Deine Nachbarn, Dezember letzten Jahres folgenBekannten und die Fremden, de Menschenrechtsverletzunmit denen Du zu tun hast, über gen beging: ... den Zweck des Boykotts und "Das kurdische Volk, das in den bringe sie dazu, an der KampaAugen des faschistischen türkigne teilzunehmen..." schen Regimes nicht einmal exi17. Presseerklärung des "Büros der stiert, keine Rechte hat..., hat Volksmodjahedin Iran - Paris" energisch protestiert gegen die vom 30. Mai 1990 in deutscher grausame Unterdrückung, die Sprache, weitergeleitet vom Massaker, die Unterentwicklung "Pressebüro der Volksmodjaheund den Spezialkrieg, den die din Iran - Köln", mit der ÜberTürkei gegen die Kurden führt.... schrift "Terrorismus der Mullahs Und ist Ihnen klar, daß es genau - Bundesrepublik Deutschland": Ihre Devisen sind, die es der türkischen Junta ermöglichen, den "... Die Volksmodjahedin Iran Spezialkrieg gegen das kurdibekunden ihr großes Bedauern sche Volk zu finanzieren ...?" über die Freilassung der beiden 16. Flugschrift der "Nationalen Terroristen des Mullah-Regimes, Befreiungsfront Kurdistans" die am 28. Mai in Köln festge(ERNK) in türkischer Sprache mit nommen worden waren. ...Die der Überschrift "Heldenhaftes Terroristen sind Agenten des Volk Kurdistans, beteilige Dich Informationsministeriums (Gean der Kampagne unter dem heimpolizei) des Khomeini-RegiMotto 'Kaufe keine türkischen mes. ...Gestern erklärte die KölWaren, boykottiere sie'!": ner Staatsanwaltschaft, daß die "...Jeder Pfennig, den Ihr an türbeiden festgenommenen Terrokische Banken und Anlagefirristen die Gegner der islamimen überweist oder für Verschen Republik wahrscheinlich kehrsmittel wie die Fluggesellüberwacht hätten, aber dies schaft THY (Anm.: türkische stelle an sich noch keine Straftat Luftverkehrsgesellschaft) oder dar ...Der iranische Widertürkische Exportgüter ausgebt, standsführer Massoud Radjavi fließt direkt in die Kasse des erklärte ..., angesichts solcher faschistischen türkischen StaaStellungnahmen wie die der Költes und unterstützt, auch wenn ner Staatsanwaltschaft haben Euch das nicht bewußt ist und die Aktiven des Widerstandes Ihr es nicht wollt, das barbariund die iranischen politischen sche Regime. Flüchtlinge natürlich keine andere Wahl, als ihren Schutz in die Jeder Pfennig, den Du unbeeigenen Hände zu nehmenI" wußt für türkische Waren ausgibst, bedeutet für den koloniali18. Flugblatt der "Devrimci Sol" in stischen türkischen Staat noch deutscher Sprache mit der Übermehr Militärflugzeuge, Militärschrift "Ein weiteres Opfer des hubschrauber, chemische faschistischen Regimes in der Kampfgase, Gefängnisse und Türkei: Muammer Aksoy" (Mord noch mehr und noch tödlichere an einem türkischen IntellektuelWaffen für die Sonderkampflen, für den nach Auffassung der kommandos und Dorfschützer "Devrimci Sol" türkische staatli- Bestrebungen von Ausländem 161 che Stellen verantwortlich sind): satzfreudiger und entschlosse"... An die patriotischen Soldaner gehandelt wird. Unsere Verten und Polizisten. antwortung unseren Märtyrern Aufgrund Eurer Berufe habt Ihr und unseren Völkern gegenüber die Möglichkeit, an Informatioerfordert dies..." nen über Morde und Massaker 21. Deutschsprachiges Flugblatt der zu gelangen. Es ist Eure Aufga"Devrimci Isci" vom 19. Juli be, diese an die Revolutionäre 1990: und an das Volk zu geben, um "Liebe Freundinnen und Freunsomit Verbrechen, wie sie an M. de, ... trotz Protesten von EmiAksoy verübt wurden, aufzugrantenorganisationen und - decken... initiativen sowie demokratischer Nieder mit den Mördern der Kräfte hat die Bundesregierung Revolutionäre, dem Staatssiein neues Ausländergesetz cherheitsdienst, der konterrevodurch den Bundestag und -rat lutionären Organisation zur durchgepeitscht, das die nichtBekämpfung des Terrorisdeutschen Minderheiten völlig mus!..." entrechtet, zu Menschen zwei19. Flugblatt der "Avrupa'da Dev ter Klasse degradiert und desGene" in türkischer Sprache: sen Grundtendenz vom wach"...Arbeiter und Werktätige. senden Rassismus und deutBleibt gegenüber dieser brutalen schem Nationalismus bestimmt Politik der Türkei und des deutwird. In Zeiten deutsch-deutschen Imperialismus nicht still. scher WiedervereinigungseuAlle, die Ihr Euch Revolutionäre, phorie sollen die Emigrantinnen Demokraten und Vaterlandslieim künftigen wiedervereinigten bende nennt, fordern wir auf, Deutschland zur rechtlosen eine Haltung einzunehmen, die Manövriermasse der Herrschendiese Politik, sowohl des türkiden werden..." schen als auch des deutschen 22. "Ümmet-i Muhammed", Nr. 15 Imperialismus, verpuffen läßt. vom 15. Januar 1990, in türkiDie Auslandsvertreter des scher Sprache unter der Überfaschistischen Regimes werden schrift "Wie schnell ist der Komden Angriff auf die Revolutionämunismus untergegangen?": re bezahlen!..." "... Auch der Kapitalismus ist ein 20. Flugblatt der "Avrupa'da Dev System wie der Kommunismus, Gene" und anderer Organisatiodas die Menschen unterdrückt nen in türkischer Sprache unter und ausbeutet. Die Menschheit der Überschrift "An die revoluwird früher oder später, wenn tionäre demokratische Öffentauch nicht heute, aber eines lichkeit": "... In der gegenwärtiTages, verstehen, was für ein gen Zeit, in welcher die Kontergrausames System der Kapitalisrevolution ihre Übergriffe vermus ist... Aber wenn wir den stärkt, vermehren sich die AufMenschen die Staatsordnung gaben der Revolutionäre im Ausdes Islam, die der wirkliche und land. Es ist notwendig, das Ausbeste Weg ist, darbieten und land nicht mehr als Zufluchtsort anbieten könnten, das Gesicht zu betrachten, sondern zu einem der Welt wird sich ändern und Territorium zu machen, von weldie Gesichter, die Jahrhunderte chem aus die Bedürfnisse der Sehnsucht nach Lachen hatten, revolutionären Bewegung im werden die Funken des Lande befriedigt werden, und Lächelns zeigen. Wenn der wo noch selbstloser, noch einKommunismus, trotz seiner so 162 Sicherheitsgefährdende und extremistische grausamen und diktatorischen Regime, gestürzt werden kann, warum sollen der Kapitalismus und alle anderen menschlichen Ideologien, die man Demokratie nennt, nicht gestürzt werden können?..." 23. "Ümmet-i Muhammed", Nr. 29 vom 15. September 1990, in türkischer Sprache unter der Überschrift "Gut, laßt uns einen Krieg führen, aber gegen wen und warum?": "... Gibt es heute überhaupt ein islamisches Land, das - wenn auch auf indirekte Weise - nicht von Amerika oder von dem Westen besetzt ist? ... Es gibt einen Punkt, auf den man achten muß und den man nicht aus den Augen verlieren darf: Wenn dieser heilige Boden, der die Wiege und das Zentrum des Islam ist, einmal von den Juden und Ungläubigen okkupiert und besetzt worden ist, dann ist es überhaupt nicht mehr von Bedeutung, ob auch die anderen .islamischen Böden' besetzt werden oder nicht. Wenn es heute ein Problem gibt, mit dem man sich beschäftigen müßte und über das gesprochen werden sollte, ein Problem, das vergeblich und viel zu lange auf seine Lösung gewartet hat, so ist das nicht die Annexion Kuwaits durch den Irak, sondern die gewaltsame Unterdrückung des unschuldigen palästinensischen Volkes durch den terroristischen und aggressiven israelischen Staat..." Bestrebungen von Ausländern 163 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl, Erscheinungsweise) 1990 (1989) 1. Iren Provisional Irish Republican Army (PIRA) 2. Araber 3.100 (3.650) Volksfront für die Befreiung Al Hadaf (Das Ziel) Palästinas (PFLP) -wöchentlich - - Bochum - Democratic Palestine - zweimonatlich - Hisb Allah Al-Ahd (Die Verpflichtung) (Partei Gottes) -wöchentlich - 3. Kurden 3.450 (2.950) Arbeiterpartei Kurdistans Berxwedan (Widerstand) (PKK) -vierzehntäglich - Serxwebun (Unabhängigkeit) - monatlich - Föderation der patriotischen Kurdisten Rundbrief Arbeiterund Kultur-vierzehntäglich - vereinigungen aus Kurdistan in der BRD e. V. (FEYKA-Kurdistan) Nationale Befreiungsfront Kurdistan Report Kurdistans (ERNK) - zweimonatlich - Iraner 3.000 (3.250) 4.1 Anhänger der iranischen Regierung Union Islamischer Ghods Studentenvereine in Europa - unregelmäßig, deutsch * (U. I. S. A.) 400 (400) 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1990 (1989) 4.2 Gegner der iranischen Regierung Iranische Moslemische 800 (800) Freiheit für Iran Studenten-Vereinigung -unregelmäßig Bundesrepublik DeutschNashriyeh'e land e. V. Ettehadieyeh'e (MSV) Anjomanha'ye - Köln - Daneshjuyan'e Mosalman Kharej'e Kheswar (Veröffentlichung der Union der Moslemischen Studentenvereine im Ausland) - unregelmäßig - Najmu'e Khabari az Iran (Nachrichtenspiegel aus dem Iran) - unregelmäßig/deutsch - Organisation der iranischen 200 (100) Iran im Kampf Studenten in der Bundes- - unregelmäßig - republik Deutschland und Iran Rundschau West-Berlin, Sympathisanten - unregelmäßig - der Volksfedayin Guerilla Iran Resistance (O. I. R F. G.) - unregelmäßig/deutsch - GUJA - unregelmäßig/persisch * Tudeh-Partei Iran einschl. 400 (400) Nahmeh Mardom Organisation iranischer (Botschaft des Volkes) Studenten Sympathisanten der - wöchentlichOrganisation der Volksfedayin Tudeh-News des Iran (Mehrheit) (O. I. S.) - monatlich - Tudeh-Bulletin - unregelmäßig/deutsch * Rat der konstitutionellen 1.000 (1.000) Nejatlran Monarchie des Iran in der (Die Befreiung Irans) Bundesrepublik Deutschland - unregelmäßig - und West-Berlin (R. K. M. I.) - Frankfurt/M. - 5. Türken 30.100 (29.350) 5.1 "Neue Linke" 3.850 (4.220) Avrupa da Dev Gene (Revolutionäre Jugend in Europa) - Tarnorganisation der 1983 verbotenen Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) - Bestrebungen von Ausländern 165 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1990 (1989) Türkische Kommunistische Partizan Partei/Marxisten-Leninisten - unregelmäßig - (TKP/M-L) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V. (ATIF) - Duisburg - Konföderation der Arbeiter Mücadele (Kampf) aus der Türkei in Europa (ATIK) - monatlich - Devrimci Isci Devrimci Isci (Revolutionärer Arbeiter) (Revolutionärer Arbeiter) - Hannover- - unregelmäßig - Türkei Information -zweimonatlich - 5.2 Orthodoxe Kommunisten 1.980 (2.980) Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei (GDF) 5.3 Islamische Extremisten 16.730 (15.700) Ümmet-i Muhammed (Die Nation Mohammeds) -fünfzehntäglich - Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V, Köln (ICCB) - Köln - Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V (AMGT) - Köln - 5.4 Extreme Nationalisten 6.630 (6.450) Föderation der türkischdemokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. (ADÜTDF) -Frankfurt/M.- Sjr *;>NS & *"NS" *Ä"N' *x-x- > ',-,^.-,*.L-W.--V.Y ****-: .''."V ^ ^"XVVC N .. . ^ s > . V*N; *^"XV^N^ '^N^WS^SIS^^ *>"AS,*X ö | f )\ IC0 )uLliJyj( ~* degA1J\ A 7WIjJ :jE"" "* -* * a " * * *S<8S"f ' ^ T *: ' *^SK $? V." '~m& - * * a KRs(r)**SSi H^^Jg&TjIP 1L, --sy*..-".." ._r * -:;" " "T"1 ~ " ^ | _ - -ÄP*-" SE ** *JBfcOC ^ * *"^^B ^^tcw^^-JvvljPtf?BQBPP^ ~ * jfi^? ^^v^^.^.^^C^CÖW&fi"S??mS5 ÖSB&SS&VÄ-Ä"' ^ g ^ jfc"*?***"* R* ** 44-4.4 / > * 168 Spionageabwehr 1. Ausgangslage Die politischen Umwälzungen im Osten Europas haben die RahVeränderte menbedingungen der gegen die Bundesrepublik Deutschland geRahmenrichteten Spionage grundlegend verändert. Da die Neuorientierung bedingungen der in diesen Ländern noch nicht abgeschlossen ist, können die KonAbwehrarbeit sequenzen für die Arbeit der Spionageabwehr noch nicht abschließend beurteilt werden. Sicher ist jedoch, daß sich die Spionageinteressen und -methoden, insbesondere gegenüber dem vereinten Deutschland, verschieben werden. Aufarbeitung der Infolge Auflösung der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MiniMfS-Altlast steriums für Staatssicherheit (MfS) der ehemaligen DDR ist der bisherige Hauptträger der gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Spionagetätigkeit entfallen. Am 18. April 1990 haben Bundesminister Dr. Schäuble und der Minister des Innern der damaligen DDR, Dr. Diestel, Einvernehmen darüber erzielt, daß nachrichtendienstliche Aktivitäten der beiden deutschen Staaten gegeneinander nicht mit dem Ziel, ein vereintes Deutschland zu schaffen, vereinbar sind und beendet werden müssen. Mit der Aufarbeitung der Hinterlassenschaft der Spionagetätigkeit der DDR und hier vornehmlich der Enttarnung der bislang im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätigen MfS-Agenten - nach Überläuferangaben 6.000 Personen - wird sich die Spionageabwehr noch geraume Zeit beschäftigen müssen. Bislang konnten mehrere hundert Spuren aufgenommen und, soweit sie identifiziert wurden, an die Strafverfolgungsbehörden abgegeben werden. Situation der Die Auflösung des politischen und militärischen Bündnisses zwisowjetischen schen der UdSSR und den bisher kommunistischen Staaten in OstNachrichtendienste europa sowie der Fortfall der DDR werden die sowjetischen Nachrichtendienste veranlassen, ihre eigenen Aufklärungsbemühungen zu verstärken. Durch ihre Führungsrolle im Ostblock waren sie bislang in der Lage, ihren Informationsbedarf arbeitsteilig durch Zuweisung von Aufklärungsschwerpunkten an die sogenannten Bruderdienste zu befriedigen. Diese waren verpflichtet, alle wesentlichen Arbeitsergebnisse an den sowjetischen zivilen Nachrichtendienst KGB bzw. den militärischen Dienst der Sowjetunion, die GRU, weiterzugeben. Die ehemaligen DDR-Nachrichtendienste waren zudem gehalten, KGB und GRU ihre Arbeitsergebnisse aus der Funkund Fernmeldeaufklärung in großem Umfang zur Verfügung zu stellen. Sie mußten in Kauf nehmen, daß die Sowjets für sie interessante nachrichtendienstliche Operationen übernahmen oder zumindest einer gemeinsamen Steuerung unterstellten. Perspektiven der Auch die übrigen Nachrichtendienste des früheren Ostblocks dürfehemaligen ten entsprechend dem Fortschreiten des DemokratisierungsproSatellitendienste zesses in ihren Ländern ihre Zuträgerfunktion für die sowjetischen Dienste aufgegeben haben. Spionageabwehr 169 Nach der Abkoppelung von den sowjetischen Interessen werden gegenwärtig in den meisten Ländern Osteuropas nachrichtendienstliche Aufklärungsziele neu bestimmt. Bislang kann lediglich festgestellt werden, daß alle früheren Ostblockstaaten weiterhin über Aufklärungsdienste verfügen oder solche aufbauen. Ob daraus Gefahrenlagen für die Bundesrepublik Deutschland entstehen, bleibt sorgfältig zu beobachten. Umfang und Intensität der Spionageaktivitäten von Nachrichtendiensten der früheren Satellitenstaaten dürften künftig durch die jeweiligen nationalen Interessen geprägt sein. Für die sowjetischen Nachrichtendienste bedeutet dies, daß sie angesichts der politischen und militärstrategischen Veränderungen in Osteuropa die entstandenen Informationsdefizite mit verstärkten eigenen Anstrengungen auszugleichen versuchen und hierzu in Deutschland eine weitgehend neue operative Basis schaffen müssen. 2. Der ehemalige DDR-Staatssicherheitsapparat Das im Frühjahr 1990 aufgelöste Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte der DDR-Regierung zwar den stetigen Machtund Autoritätsverlust seit langer Zeit zuverlässig signalisieren können; die von immer größeren Bevölkerungsteilen getragene Wende in der DDR konnte es nicht aufhalten. Seit seiner Gründung im Jahr 1950 hatte das MfS als Instrument der SED, als "Schild und Schwert der Partei", geholfen, politische Macht aufzubauen und den Bestand der DDR zu sichern. 2.1 Einfluß des MfS auf Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR Zur Erfüllung seiner DDR-internen Aufgaben baute das MfS ein Aufgaben des weitverzweigtes Uberwachungsund Spitzelsystem auf, das ideoRepressionslogisch mit der "notwendigen politischen Wachsamkeit gegenüber apparates . . . den Feinden der Arbeiterklasse" begründet wurde und dessen Aufgabe es war, politische Strömungen und Stimmungen in der Bevölkerung unter Kontrolle zu halten sowie jede oppositionelle Regung frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden. Das Sicherheitsbedürfnis von Partei und Regierung war vor allem im letzten Jahrzehnt derart angewachsen, daß praktisch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens systematisch kontrolliert wurden. Einen besonderen Schwerpunkt der Abwehrarbeit bildete dabei die . . . in der Abschirmung und Überwachung der volkseigenen Industrie und Wirtschaft der wissenschaftlich-technischen Forschung; primär zuständig war die Hauptabteilung XVIII - Sicherung der Wirtschaft. 170 Spionageabwehr Durch eine Dienstanweisung waren MfS-Angehörige befugt, auf sämtliche Wirtschaftsabläufe Einfluß zu nehmen. Sie hatten staatliche und wirtschaftsleitende Organe in allen volkswirtschaftlichen Bereichen zu kontrollieren, um die Planerfüllung sicherzustellen. In Schwerpunktbetrieben der sozialistischen Planwirtschaft, wie etwa im ehemaligen Kombinat VEB ROBOTRON, unterhielt das MfS eigene Objektdienststellen, die den Kreisdienststellen gleichgestellt waren. Einfluß auf die Größten Wert legte die Staatssicherheit auf eine gründliche ÜberBesetzung herausprüfung von Wirtschaftsund Wissenschaftskadern sowohl vor gehobener Stellen einer Berufung als auch während der Tätigkeit. Herausgehobene Stellen in der Wirtschaft, etwa der Direktionsposten eines volkseigenen Betriebes, konnten nur mit Einverständnis des MfS besetzt werden. Die hierbei anzuwendenden Überprüfungskriterien hatte der frühere Minister für Staatssicherheit, Ernst WOLLWEBER, einmal so formuliert: "Die Menschen an den Schlüsselpunkten muß man sich betrachten, ihre politische Vergangenheit, die soziale Herkunft, den früheren Beruf, ihre frühere Heimat, ihre ganze Entwicklung, ihre persönlichen Verbindungen. Das alles muß man sich ansehen; das gehört zur Wachsamkeit." Gerade in der Industrie arbeitete das MfS mit einer hohen Zahl von "Inoffiziellen Mitarbeitern". In einzelnen größeren Betrieben war nahezu die gesamte Leitungsebene für das MfS tätig. Als Verbindungsperson zum MfS fungierte meist der im Betrieb etablierte Direktor der Kaderabteilung, oftmals ein "Hauptamtlicher Inoffizieller Mitarbeiter" (HIM) des MfS oder ein "Offizier im besonderen Einsatz" (OibE). Berufung zum Auch die für berufliches Fortkommen begehrte Aufnahme in den Reisekader Reisekader für das westliche Ausland erfolgte nur nach Überprüfung und Zustimmung des MfS. Im Überprüfungsverfahren wurde ein hoher Prozentsatz der Reisekader für eine inoffizielle Mitarbeit verpflichtet, die sowohl Abwehrals auch Aufklärungsaufgaben beinhalten konnte. Einmal geworbene Reisekader waren zuverlässige Informanten, da sie immer fürchten mußten, bei einer Aufgabe der Mitarbeit für das MfS ihren begehrten Reisekaderstatus zu verlieren und damit berufliche Nachteile zu erleiden. Die wachsende Instabilität der DDR ging mit einer ständigen Perfektionierung der Überwachungsmechanismen durch das MfS einher. Dies führte vor allem in den 80er Jahren zu einer ständigen Vermehrung des Personalbestandes, zuletzt bis zu etwa 100.000 hauptamtliche MfS-Mitarbeiter. Die Zahl der inoffiziell für das MfS tätigen Personen (IM) wurde Anfang 1990 am "Runden Tisch" mit 109.000 angegeben. Im September 1990 hielt der damalige Leiter Spionageabwehr 171 des staatlichen Komitees zur Auflösung des MfS/AfNS diese Zahl noch für zu niedrig angesetzt. Sie könne nach seiner Schätzung "um ein Fünffaches höher liegen". Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit befanden sich in allen . . . in der sozialen Schichten und politischen Gruppen der DDR - unter InduGesellschaft strieund Bauarbeitern wie unter Genossenschaftsbauern, unter Soldaten wie unter Zivilbeschäftigten der bewaffneten Organe, in wissenschaftlichen Kreisen und unter Studierenden, unter Verwaltungsangestellten in Staat und Gemeinde, in Kultur und Kirche. Prinzipiell war kein Bereich ausgespart. Lediglich Spitzenfunktionäre der SED durften nicht als IM angeworben werden; von diesen Personen wurde ohnehin erwartet, daß sie das MfS über alles informierten, was für Bestand und Entwicklung der DDR gefährlich werden könnte. Bei der totalen Überwachung und der Einflußnahme auf die DDRDie HauptGesellschaft hatte die Hauptabteilung XX des MfS eine Schlüsselabteilung XX rolle; sie kann als das eigentliche Zentrum der Staatssicherheit charakterisiert werden. Diese Diensteinheit überwachte alle Personen, die als "Träger und Verbreiter politisch-ideologischer Diversion" galten und denen mögliche "Aktivitäten im Sinne politischer Untergrundtätigkeit" unterstellt wurden. Vermutet wurden solche, im MfS-Sprachgebrauch "feindlich-negative Kräfte", nahezu überall, vor allem aber in den Kirchen, in den Ansätzen einer unabhängigen Friedensbewegung, in Ökologiegruppen, alternativen Gruppierungen sowie im kulturellen Bereich. Die HA XX scheute nicht davor zurück, gegen mißliebige Personen Rufmordkampagnen einzuleiten. Dieses Verfahren wurde in einer Dienstanweisung als "systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, des Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, überprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben" beschrieben. Auch die "systematische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Mißerfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen" gehörte zu den gängigen Arbeitsmethoden jener MfS-Hauptabteilung. 2.2 Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit Nachdem die Regierung MODROW dem Zentralen Runden Tisch am 15. Januar 1990 erstmals einen Einblick in Personalbestand, Finanzen, Ausrüstung und Bewaffnung des ehemaligen MfS gewährt hatte, wurde jedem erkennbar, welchen überdimensionierten Apparat die Sicherheitsdoktrin der Parteiund Staatsführung hervorgebracht hatte. 172 Spionageabwehr Sturm au? die Noch in den Abendstunden desselben Tages stürmten DemonNormannenstraße stranten die Zentrale des MfS im Bereich der Ostberliner Normannenstraße. Daraufhin sah sich die damalige DDR-Regierung veranlaßt, die bis dahin nur halbherzig und ungeordnet betriebene Auflösung des mittlerweile in "Amt für Nationale Sicherheit" (AfNS) umbenannten MfS zu forcieren. Durch Einrichtung eines "Komitees zur Auflösung des ehemaligen MfS/AfNS", dem alsbald "Regierungsbeauftragte" zur Seite gestellt wurden, konnte der repressive Teil des Staatssicherheitsapparates relativ zügig beseitigt werden. Das Auflösungskomitee berichtete bereits im April 1990, daß die MfS/AfNS-Kreisund Bezirksverwaltungen vollständig, die Diensteinheiten in der Zentrale etwa zur Hälfte aufgelöst seien. Nahezu alle hauptamtlichen Mitarbeiter seien entlassen; etwa 700 Personen seien jedoch mit befristeten Arbeitsverträgen wieder eingestellt worden, um bei der weiteren Auflösung zu helfen. Von diesem Personenkreis gehörten etwa 200 der vergleichsweise kleinen Organisationseinheit Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), dem zivilen Auslandsnachrichtendienst der DDR, an. Die HVA verfügte in der Zentrale über ca. 4.300 hauptamtliche Mitarbeiter. Sonderstellung Bezeichnenderweise wurde die Auflösung der HVA von Beginn der HVA im an recht zögerlich in Angriff genommen. Angehörige dieser Einheit, Auflösungsprozeß u. a. deren ehemaliger Leiter Markus WOLF, hatten bereits früh damit begonnen, sich vom "Inlandsapparat" des MfS zu distanzieren, um so in der öffentlichen Diskussion eine Unterscheidung zwischen dem Repressionsapparat und einer für jeden Staat üblichen Auslandsaufklärung zu erreichen. Die Akzeptanz für eine "lediglich" gegen den Westen gerichtete Spionage war lange Zeit selbst in den Bürgerkomitees so groß, daß die HVA kaum Gegenstand von Kritik oder gar Ablehnung war. Den damit gewonnenen Handlungsspielraum haben HVA-Mitarbeiter genutzt. Noch zu Jahresbeginn konnte HVA-Material auf exterritoriales sowjetisches Gebiet nach Berlin-Karlshorst ausgelagert werden; darunter auch Gerätschaften zur Nachfertigung der neuen Bundespersonalausweise. Bis heute ist nicht klar, in welchem Umfang insbesondere Operativmaterial, das nach einer HVA-Weisung bereits im November 1989 hätte vernichtet werden sollen, von einzelnen Mitarbeitern zurückgehalten und für eine spätere persönliche Verwendung beiseite geschaffen worden ist. Um sich der stärker werdenden Kontrolle der Bürgerkomitees in der MfS-Zentrale in der Normannenstraße zu entziehen, zog die Rest-HVA Anfang März in andere Liegenschaften um. Dort konnten die HVA-Mitarbeiter ihren Arbeitsbereich nahezu selbständig und unbeobachtet auflösen. Spionageabwehr 173 2.2.1 Umfang der Ausspähung Ihre operative Aufklärungstätigkeit stellte die HVA etwa im Frühjahr Das Agentennetz 1990 ein (vgl. oben 1 zu den Ministerabsprachen vom 18. April der HVA .. . 1990). Bis dahin verfügte sie in der Bundesrepublik Deutschland in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens über ein breit gefächertes Agentennetz; aus den Zugängen bestritt sie auch nahezu 80 % des Gesamtinformationsaufkommens der sowjetischen Nachrichtendienste über die Bundesrepublik Deutschland. Einen nachhaltigen Einblick in Ausmaß und Tiefe der Ausspähung von Politik, Wirtschaft, Militär sowie auch der Sicherheitsbehörden geben die durch Überläuferaussagen möglich gewordenen Festnahmen im Berichtsjahr. Ein Beispiel langjähriger schwerwiegender Spionagetätigkeit im . . . in der Politik politischen Bereich ist der nachfolgende Fall eines Beamten im Auswärtigen Amt: Dr. B. war bereits als Student zu Beginn der sechziger Jahre, noch vor seinem Eintritt in den diplomatischen Dienst, auf der Basis ideologischer Überzeugung zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit geworben worden. Als Angehöriger von Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland war er an unterschiedlichen Orten, zuletzt in der Funktion eines Geheimschutzbeauftragten und Stellvertreters des Botschafters, eingesetzt. Seine jeweiligen Zugänge ermöglichten ihm, fast dreißig Jahre lang aktuelle Informationen über außenpolitische Positionen und Vorhaben der Bundesrepublik Deutschland an das MfS weiterzugeben. Welchen Wert das MfS solchen Informationen beimaß, zeigt sich u. a. darin, daß Dr. B. mit den ehemaligen Leitern der HVA, Markus WOLF und Werner GROSSMANN, zusammengetroffen ist. Eine derartige bevorzugte Behandlung erfuhren nur wenige hochwertige Quellen. Die Ausspähung von Industrieund Wirtschaftsunternehmen, die . . . in der innerhalb der HVA durch den Sektor Wissenschaft und Technik Wirtschaft gesteuert wurde, veranschaulicht der Fall des im Oktober 1990 vorläufig festgenommenen Diplom-Ingenieurs Siegfried S.: S. war kurz nach dem Mauerbau im Jahre 1961 über die "Grüne Grenze" aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust worden. Seine spätere Ehefrau hatte das MfS mit dem Versprechen, S. im Bundesgebiet Wiedersehen zu dürfen, ebenfalls angeworben. Ihre "Flucht" erfolgte Mitte der 60er Jahre über ein Ostblockland in die Bundesrepublik. Mitte der 70er Jahre fand S. in einem großen westdeutschen Chemie-Unternehmen eine Anstellung; dort konnte er im Laufe der Zeit in eine führende Position aufsteigen. Die aus seinem 174 Spionageabwehr Arbeitsgebiet gelieferten Informationen wurden nach Aussagen seines HVA-Führungsoffiziers durchweg als wertvoll bzw. sehr wertvoll eingestuft. Nach Einschätzung von Fachleuten habe die DDR durch das von S. gelieferte Material Einsparungen in Millionenhöhe erzielen können. . . . im militäriDas Ausmaß der Spionagetätigkeit im militärischen Bereich zeigen schen Bereich die Verratsfälle des ehemaligen Sachbearbeiters bei der NATO in Brüssel, Heinz M., sowie des illegal in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleusten ehemaligen Programmierer-Gruppenleiters im Rechenzentrum der Bundeswehr, Herbert L: Heinz M. wurde als Fernmeldeoffizier Ende der 60er Jahre anläßlich eines Berlin-Aufenthaltes vom militärischen Nachrichtendienst der DDR angesprochen und nachrichtendienstlich verpflichtet. Seit 1974 war er im Bereich des Auswärtigen Amtes als Chiffreur tätig und gelangte 1987 an die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO in Brüssel. Dort hatte er neben anderem Geheimmaterial insbesondere Zugang zu den Lochstreifen mit den jeweiligen Tagesschlüsseln der NATO. Aufgrund der von ihm gelieferten Kopien war es den Warschauer-Pakt-Staaten möglich, einen zumindest punktuellen Einbruch in das Chiffrierwesen der NATO zu erzielen. Herbert L. war bereits Mitte der 60er Jahre unter falscher Identität in das Bundesgebiet eingeschleust worden. Nach einer "Legalisierungsphase" gelang ihm zielgerichtet eine Einstellung als Programmierer im Rechenzentrum der Bundeswehr; dort stieg er, bis zu seiner Festnahme im Frühjahr 1990, zum Programmierer-Gruppenleiter auf. Er war maßgeblich am Aufbau der EDV-Systeme des Rechenzentrums beteiligt und hatte Zugang zu allen gespeicherten Daten. So war es ihm möglich, fast 20 Jahre lang sämtliche Informationen über Beschaffungsplanungen und aktuellen Ausrüstungsstand des Heeres zu verraten. 2.2.2 Abschaltung der Quellen oder Weitergabe an sowjetische Dienste Das Ende der Mit der Einstellung der operativen Arbeit der HVA wurde seit März HVA-Spionage 1990 auch der auf Kurzwelle betriebene Agentenführungsfunk reduziert und am 31. Mai 1990 endgültig eingestellt. Zuletzt dürfte er nur noch dazu gedient haben, eingeschleuste "Kundschafter" aus dem Ausland zurückzurufen bzw. im Bundesgebiet lebenden Agenten das Ende ihrer Tätigkeit mitzuteilen. Seit dem Frühjahr 1990 bildete die "Abschaltung" (= Beendigung des Agentenverhältnisses) von Westagenten den Schwerpunkt der Tätigkeit der in Auflösung befindlichen HVA. Manche der Quellen, Spionageabwehr 175 durch den Zusammenbruch der DDR verunsichert, weigerten sich, zu einem letzten Treffen dorthin zu reisen; so waren die Führungsoffiziere und auch deren Vorgesetzte gezwungen, die Abschaltung bei Treffen im Bundesgebiet oder im benachbarten Ausland durchzuführen. Derartige Treffen konnten noch bis in den Herbst hinein festgestellt werden. Die Höhe der dabei gezahlten "Abschaltprämien" von oft mehreren Tausend DM zeigt, daß dem ehemaligen MfS und insbesondere der HVA auch nach der offiziellen Auflösung noch erhebliche Geldmittel zur Verfügung standen. Aus diesen Abschaltbemühungen der HVA kann jedoch nicht der QuellenüberSchluß gezogen werden, daß mit dem Ende der DDR-Nachrichtennähme durch dienste auch die bisher von ihnen geführten Quellen ihre nachrichsowjetische Dienste tendienstliche Tätigkeit tatsächlich aufgegeben hätten. Uberläuferaussagen nährten bereits frühzeitig Spekulationen darüber, daß die HVA ihr gesamtes Westagentennetz dem KGB zur Übernahme angeboten habe. Andere Hinweise deuteten darauf hin, daß HVAAngehörige die Übergabe ihrer Agenten an den "großen Bruder" prinzipiell abgelehnt und offiziell keine Übergaben stattgefunden haben sollen. Wenn auch zur Zeit noch nicht übersehbar ist, in welchem Umfang die HVA hauptamtliche Mitarbeiter und Agenten tatsächlich an sowjetische Nachrichtendienste abgegeben hat, ist eine Reihe von Fällen bekannt, in denen eine solche Übergabe geplant oder bereits vollzogen war. Der im Oktober 1990 festgenommene Diplomingenieur Frank M. war bereits seit seiner Jugend für das MfS tätig. Seine Eltern arbeiteten seit Anfang der 60er Jahre für den DDR-Nachrichtendienst und führten auch ihren Sohn dem MfS zu. Schon während seiner Studienzeit fertigte Frank M. im Auftrage des MfS Charakteristiken über seine Mitstudenten. Nach Abschluß seines Studiums fand er eine Anstellung in einem namhaften Rüstungsbetrieb im Bundesgebiet. Seit Mitte der 80er Jahre lieferte er der HVA geheimhaltungsbedürftige Informationen aus seinem dortigen Arbeitsbereich, u. a. über das Projekt Jäger '90. Im Dezember 1989, bereits zu Beginn der politischen Wende in der DDR, schlugen Frank M. und seine Ehefrau Sybille, die die nachrichtendienstliche Tätigkeit des Ehemannes aus ideologischen Gründen unterstützte, der HVA-Führungsstelle von sich aus vor, ihre Verratstätigkeit für das KGB fortzusetzen. Für das Frühjahr 1990 wurde daraufhin ein erstes Treffen zwischen dem Ehepaar M. und KGB-Mitarbeitem in Ostberlin vereinbart, zu dem es aufgrund der Enttarnung und Festnahme des Ehepaares allerdings nicht mehr kam. Im Fall des ebenfalls im Oktober 1990 festgenommenen DiplomIngenieurs Rainer F. ging die Initiative zur Übernahme vom KGB aus: 176 Spionageabwehr Rainer F. war Anfang der 70er Jahre aus politischen und familiären Gründen ins Bundesgebiet geflüchtet. Um seine in der DDR verbliebenen Kinder weiterhin besuchen zu können, erklärte er sich zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit für das MfS bereit. Nachdem er eine Anstellung in einem süddeutschen Industrieunternehmen gefunden hatte, lieferte er seinen Auftraggebern sicherheitsempfindliche Unterlagen über aktuelle Rüstungsvorhaben. Die von der "Spitzenquelle" F. beschafften hochwertigen Informationen wurden auch dem sowjetischen Nachrichtendienst zur Verfügung gestellt. Das KGB bekundete im April 1990 ein Übernahmeinteresse an Rainer F.; dieser erklärte sich im Mai 1990 zur Arbeit für das KGB bereit. Im Fall des Verfassungsschutzbeamten K. kam es ebenfalls zu Kontakten mit dem sowjetischen Nachrichtendienst: K. war langjährig in der Spionageabwehr des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Bereich "DDR-Nachrichtendienste" eingesetzt. Im Jahr 1981 bot er der HVA des MfS aus materiellen Beweggründen seine Dienste an. Bis zu seiner Verhaftung im Oktober 1990 verriet er dem gegnerischen Nachrichtendienst neben Strukturund Personalplänen des BfV sein gesamtes fachliches Wissen. K. war für die HVA eine besonders wertvolle Quelle; dies zeigt u. a. sein Agentenlohn von monatlich zuletzt etwa 4.500 DM sowie erhebliche zusätzliche Sonderprämienzahlungen. Im Zuge des Auflösungsprozesses des MfS meldeten sich vermehrt ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des Staatssicherheitsapparates beim BfV. Aufgrund ihrer Angaben konnten zahlreiche im Bundesgebiet tätige Agenten festgenommen werden. Auch K. mußte täglich befürchten, enttarnt zu werden. Am 6. Oktober 1990 suchte er deshalb seinen HVA-Führungsoffizier in Ostberlin auf, um seine persönliche Sicherheitslage zu erörtern. Dieser vereinbarte kurzfristig ein Teffen mit Angehörigen des sowjetischen Nachrichtendienstes. Von diesen soll K. vorgeschlagen worden sein, ihn in die Sowjetunion auszufliegen. Wegen familiärer Bindungen will er dieses Angebot jedoch abgelehnt haben. Er kehrte ins Bundesgebiet zurück und wurde hier festgenommen. Entlassung in eine Während sich in der HVA bis in den Frühherbst 1990 noch eine ungewisse kleine Gruppe ehemaliger hauptamtlicher Mitarbeiter mit der Zukunft Abschaltung im Westen tätiger Agenten beschäftigte, wurden seit März 1990 alle Mitarbeiter des MfS schrittweise in eine für sie ungewisse Zukunft entlassen. Die Angaben über ihren Verbleib sind unterschiedlich. Ein Großteil von ihnen wurde arbeitslos und dürfte zukünftig dem Arbeitsmarkt entweder aus Altersgründen oder wegen der früher Spionageabwehr 177 herausgehobenen Stellung im MfS nicht zur Verfügung stehen. Andere ehemalige Mitarbeiter haben überwiegend in der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe eine neue Beschäftigung gefunden. Diese ist jedoch selten ihren Fähigkeiten angepaßt und in der Regel nur von untergeordneter Bedeutung. Häufig werden auch diese Arbeitsverhältnisse gelöst, wenn die frühere MfS-Zugehörigkeit dem neuen Arbeitgeber bekannt wird. Aufgrund dieser Situation haben sich ehemalige Mitarbeiter des MfS auf privater oder geschäftlicher Ebene, etwa durch Gründung Seilschaften - von Firmen, zusammengeschlossen, um in gegenseitiger Hilfe ihre ein Risiko für Interessen zu vertreten. Durch diese "Seilschaften" sind alte die innere Sicherheit Strukturen zumindest in Teilbereichen inoffiziell noch intakt. Als Beleg für die weitreichende Funktionsfähigkeit dieser Gruppierungen muß bislang die fast strikte Einhaltung der nach dem Zusammenbruch von der ehemaligen MfS-Leitung ausgegebenen Weisung angesehen werden, Aussagen über die vergangene nachrichtendienstliche Tätigkeit gegenüber den Sicherheitsbehörden zu verweigern. Informationen über eine eindeutig nachrichtendienstliche Ausrichtung dieser Zusammenschlüsse konnten zwar bislang nicht gewonnen werden. Mit einem Fortgang des sozialen Abstiegs ist jedoch für die Zukunft nicht auszuschließen, daß hieraus ein Risikopotential für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland erwächst. 3. Fernmeldeaufklärung durch die Hauptabteilung IM des MfS Die Hauptabteilung (HA) III des MfS war zuständig für die Kontrolle des grenzüberschreitenden Nachrichtenverkehrs in und aus der DDR sowie für die Aufkärung westlicher Fernmeldesysteme. Allein der Personalbestand dieser Hauptabteilung betrug zeitweise etwa Personal und 4.500 Mitarbeiter - davon 2.500 im Fachdienst (Aufklären und Auswerten). Die Aufklärung des Fernmeldeverkehrs der Bundesrepublik . .. Stützpunkte Deutschland wurde von Stützpunkten in der DDR und der CSSR durchgeführt. Außerdem flössen der HA III die Aufklärungsergebnisse der HVA zu, die Fernmeldeaufklärung aus Stützpunkten im westlichen Ausland betrieb. Die HVA verfügte im Bundesgebiet über Stützpunkte in Bonn und Düsseldorf, zeitweise auch in Köln. Die ergiebigsten Quellen für die Fernmeldeaufklärung waren RichtAufklärungsfunk und Autotelefon-Verbindungen. Etwa 35 % des Gesamtaufumfang kommens stammte aus der Überwachung von Femsprech-, Fernschreib-, Telefaxund Datenverbindungen über Richtfunkstrecken. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß ein großer 178 Spionageabwehr Stützpunkte der HA III zur VHF/UHF-FmAuf klärung (u. a. Autotelephon) JASMUND * oebl I Obs-Funk verm. Erfassungsbereiche Spionageabwehr 179 Teil aller Telefonverbindungen in einzelnen Abschnitten auch über Richtfunkstrecken geführt wird. Weitere 25 % des Gesamtaufkommens stammen aus der Kontrolle des Autotelefon-Bund -C-Netzes. Bei den Richtfunkverbindungen wurden vor allem die Strecken zwischen Westdeutschland und Berlin kontrolliert. Auf der Strecke nach Berlin wurden ergänzend auch die leitungsgebundenen Verbindungen (Kabel und Lichtwellenleiter) abgehört, so daß dem MfS eine nahezu lückenlose Überwachung möglich war. Neben diesen Richtfunkund drahtgebundenen Strecken, die direkt über das Territorium der ehemaligen DDR verliefen, konnten von geeigneten Stützpunkten, z.B. auf dem Brocken, auch Richtfunkverbindungen erfaßt werden, die nur innerhalb der alten Bundesrepublik Deutschland verlaufen, aber eine technisch nicht zu verhindernde Abstrahlung in Richtung ehemalige DDR besitzen. Über eine solche Richtfunkverbindung führt die Deutsche Bundespost zum Beispiel einen Großteil der Verbindungen zwischen den Räumen Hamburg und München bzw. Köln/Bonn. Auch grenzferne drahtgebundene Strecken, z. B. zwischen Bonn und Düsseldorf, konnten bei Überlastung auf Richtfunkstrecken geschaltet und damit von der HA III abgehört werden. Ebenfalls erfaßt werden konnten Richtfunkverbindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich (Raum Wien). Die Überwachung der Richtfunkund Autotelefonverbindungen Automatische erfolgte weitgehend automatisch über eine speziell hierfür ent"Zielkontrolle" wickelte Technik, die die Verbindungen zu vorgegebenen "Zielnummern" aufzeichnete. Der "Zielkontrolle" unterlagen alle aus Sicht des MfS politisch oder wirtschaftlich interessanten Personen und Organisationen und insbesondere auch die Mitarbeiter westlicher Sicherheitsbehörden. Die zu kontrollierenden Rufnummern wurden von den operativen Diensteinheiten des ehemaligen MfS und in geringem Umfang auch vom sowjetischen Geheimdienst KGB vorgegeben. Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß die HA III die Das Abhören von Möglichkeiten einer umfassenden und zielgerichteten FernmeldeTelefonaten bleibt aufklärung in eindrucksvoller Weise nachgewiesen hat. Jede Orgaeine dauernde Gefahr nisation oder Person, die über ein unverschlüsseltes Fernmeldemittel kommuniziert, muß sich bewußt sein, daß Dritte mithören können. Die Auflösung der HA III des MfS hat daran nichts geändert. 180 Spionageabwehr Stützpunkte der HA III zur Richtfunk-FmAufklärung ^x Skandinavien Kiel f/// ^ Rostock^OA [ J Wismar v^ / / KORMORAN \ \ Hamburg D J D Schwerin / Bremen * ' \ T\ QU.3 t / *" - i ' . QU 7 Biesenthal Hannover 0 D Bfaunschweig " *-HAVEL 2 y-J^ - D i - h Magdeburg l. Dortmund /' \ 14 UffM/V D \ / ' / 7 D Kassel D ( 1 HORIZONT D Leipzig J Düsseldorf/ N L KONDOR \ Köln D / ' C \ '( D Erfurt Chemnitz ( Bonn * ' A ^\ \ i n "->^ [ Wiesbaden D D Frankfurt TT | VT ISat.-> KOPERNIKUS) J^ Mainz D \ ' / \ > S. D P/feen D Mannheim \ ^ D Saarbrücken TOPAS \ ' * D \ Stuttgart \ l München Q \ A Rifu-Erfassung i Pullach ( * Set-Aufklärung ' Tvtzing HH-HBonn/Köln HH - Ml/E H-Mue Spionageabwehr 181 Auch die sowjetischen Nachrichtendienste unterhalten in der ehemaligen DDR Aufklärungsstützpunkte, von denen aus der Fernmeldeverkehr in der Bundesrepublik Deutschland abgehört werden kann. Es ist zu befürchten, daß sie auf diesen Wegen bestrebt sein werden, die durch den Fortfall der DDR-Dienste entstandenen Informationsdefizite auszugleichen; Personal und know-how dürften sie vor allem im Gebiet der ehemaligen DDR in ausreichendem Maße gewinnen können. 4. Der ehemalige militärische Nachrichtendienst Neben dem MfS verfügte die DDR über einen weiteren, der Bevökerung aber weitgehend unbekannt gebliebenen Nachrichtendienst, die "Verwaltung Aufklärung", den militärischen Dienst. Mit ca. 1.000 Mitarbeitern personell wesentlich kleiner ausgelegt, konzentrierte er sich auf die Ausforschung der militärischen Gegebenheiten im westlichen Vorfeld der DDR. Zielländer waren, neben dem Hauptoperationsgebiet Bundesrepublik Deutschland, auch Großbritannien, Frankreich und die BENELUX-Staaten. Im Gegensatz zu der von der HVA wahrgenommenen strategischen Aufklärung richtete sich das Interesse des militärischen Dienstes auf die taktische Aufklärung, d. h. die ständige Beobachtung von Stärke, Gliederung, Dislozierung und Ausrüstung der Bundeswehr und der verbündeten NATO-Truppen. Wegen seines geringen Bekanntheitsgrades blieb der militärische Dienst vom Auflösungsprozeß des MfS lange Zeit unberührt. Dem MfS war es daher bis in den Januar 1990 hinein möglich, Aktenmaterial u. a. auch dorthin auszulagern. Ebenso wurde versucht, Personal in den militärischen Dienst einzugliedern. Im Februar 1990 erfaßten die politischen Umwälzungen auch den militärischen Dienst, der zunächst in "Informationszentrum beim Ministerium für Nationale Verteidigung" umbenannt und bis ins Frühjahr hinein auf eine Personalstärke von etwa 500 Mitarbeitern reduziert wurde. An seiner Aufgabenstellung änderte sich jedoch nichts. Erst nach den Volkskammerwahlen am 18. März und dem Amtsantritt des neuen Ministers für Abrüstung und Verteidigung wurde die Einstellung aller gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Bundeswehr gerichteten Aktivitäten verfügt. Operative Aktivitäten konnten noch bis in den Frühsommer hinein festgestellt werden; der Agentenfunk wurde Ende Mai endgültig eingestellt. 5. Künftige Rolle der sowjetischen Nachrichtendienste Infolge der Auflösung der DDR-Nachrichtendienste geht die Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland durch Spionageaktivitäten zur Zeit in erster Linie von den Nachrichtendiensten der Sowjet- 182 Spionageabwehr union aus. Die politischen Umwälzungen im Ostblock haben die sowjetischen Dienste KGB und GRU in ihrer Substanz am wenigsten tangiert. Glasnost und Perestroika haben bei den sowjetischen Nachrichtendiensten, anders als in den früheren Satellitenstaaten, die mit der Neuorganisation ihrer Aufklärungsdienste befaßt sind, bisher nur zaghafte Spuren hinterlassen. Fortbestehndes Das sowjetische Aufklärungsinteresse gegenüber der BundesrepuAufklärungsblik Deutschland besteht unvermindert fort. Daß die nachrichteninteresse dienstliche Beobachtung der künftigen Politik des wiedervereinten Deutschland für die UdSSR von großer Bedeutung sein wird, ist offensichtlich. Die erheblichen wirtschaftlichen Probleme und der technologische Rückstand, insbesondere der sowjetischen Investitionsund Konsumgüterindustrie, werden die sowjetischen Dienste zu einer weiteren Intensivierung der bisher schon in breitem Umfang betriebenen Wirtschaftsspionage zwingen. Der Chef der 1. Hauptverwaltung des KGB, SCHEBARSCHIN, erklärte in einem Inverview im April 1990 u. a., der Schwerpunkt der künftigen Tätigkeit des KGB werde in der Ankurbelung der Wirtschaft liegen. Noch deutlicher definierte der KGB-Chef KRJUTSCHKOW die Aufgabe dieser Organisation bei der Unterstützung sowjetischer Firmen; diese wolle er mit Informationen über die Wirtschaftsentwicklung im Westen versorgen, um sie schnell an moderne Technologien und Verfahren heranzuführen. Neben der Aufklärungsarbeit aus den Legalen Residenturen in der Bundesrepublik Deutschland*, die auch im Jahre 1990 unvermindert anhielt, gingen die Hauptaktivitäten der sowjetischen Dienste von dem in Karlshorst untergebrachten sog. "Berliner Apparat" aus. Der "Berliner In dieser als verkleinertes Abbild der KGB-Zentrale in Moskau aufApparat" gebauten Dienststelle arbeiteten etwa 350 Operativoffiziere mit einem erheblichen Unterstützungspotential. Der "Berliner Apparat" sowie die in allen DDR-Bezirken angesiedelten KGB-Gruppen verfügten bislang, neben den Agentennetzen in der Bundesrepublik Deutschland, auch über zahlreiche Informanten und inoffizielle Mitarbeiter in der ehemaligen DDR. Dieses IM-Netz dürfte inzwischen nur noch unvollständig intakt sein. Aufgrund der veränderten politischen Situation ist für viele ehemalige DDR-Bürger die Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem sowjetischen Dienst entfallen. Bisherige Anreize, wie Westreisegenehmigungen oder die Förderung der beruflichen Karriere, aber auch die "Ehre", für den "großen Freund" zu arbeiten, * Als legale Residenturen bezeichnet man die getarnten Stützpunkte von Nachrichtendiensten in den amtlichen oder halbamtlichen Auslandsvertretungen ihrer Staaten. Spionageabwehr 183 haben ihre Wirkung verloren. Gleichwohl gibt es Hinweise, daß auch nach der Wende DDR-Bürger aus ideologischen Gründen weiterhin als inoffizielle Mitarbeiter für sowjetische Dienste tätig waren und noch sind. Trotz der in mehreren Fällen bekanntgewordenen Übernahme von InformationsMfS-Agenten mußten die sowjetischen Nachrichtendienste durch defizite durch die Auflösung des MfS, ihres effektivsten Partnerdienstes, erhebAuflösung der DDR-Dienste liche Informationsdefizite hinnehmen. Auch die in der Vergangenheit selbstverständliche Zusammenarbeit mit anderen Behörden der ehemaligen DDR, wie den Paßund Meldebehörden oder der Volkspolizei, ist entfallen. Die DDR als sicheres Hinterland und Basis für die nachrichtendienstliche Arbeit gegen die Bundesrepublik Deutschland hat sich für KGB und GRU in ein "Operationsgebiet" verwandelt, in dem die Führungsoffiziere unter den gleichen schwierigen Bedingungen wie zuvor im Bundesgebiet oder in anderen westlichen Staaten arbeiten müssen. Gleichzeitig sehen aber KGB und GRU im vereinten Deutschland einen erhöhten Aufklärungsbedarf. Die sowjetischen Dienste sind deshalb gezwungen, verstärkt und schnellstmöglich neue Quellen zu gewinnen. Ansatzmöglichkeiten hierzu bieten u. a. MfS-Akten, die den Sowjets auch schon vor der Wende, zu einem Großteil in verfilmter Form, zur Verfügung geVerstärkte stellt wurden. Ein weiteres nachrichtendienstliches WerbungspoWerbungstential sind ehemalige Angehörige und inoffizielle Mitarbeiter des bemühung MfS, denen die politische Wende in der DDR den wirtschaftlichen, aber auch den ideologischen Boden entzogen hat. Die Umstellung auf ein in der ehemaligen DDR ungewohntes konspiratives Arbeiten erfordert u. a. den Aufbau einer neuen nachrichtendienstlichen Infrastruktur. Vor diesem Hintergrund ist erklärbar, daß in allen KGB-Dienststellen in der DDR schon zu Jahresbeginn Personalveränderungen vorgenommen wurden. Die anhaltenden Spionageaktivitäten des KGB gegenüber dem vereinigten Deutschland wurden bereits wenige Wochen nach dem Zusammenschluß beider deutscher Staaten deutlich: Am 5. November 1990 konnte ein KGB-Offizier im Park des Schlosses Sanssouci bei der Übernahme von Verratsmaterial festgenommen werden. Er führte eine Quelle, die 1989 aus der DDR in die Bundesrepublik übergesiedelt war und im Auftrag des KGB Personen aus den Bereichen der Sicherheitsbehörden tippen und abklären sollte. Bei seiner Festnahme zeigte sich der als Soldat der Westgruppe der sowjetischen Armee (WGT) angehörende KGB-Offizier überrascht, daß sein bislang unantastbarer Status eines Armeeangehörigen durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten verlorengegangen war. 184 Spionageabwehr Arbeitsweise Neben dem KGB arbeitete auch der militärische Dienst (GRU) vorder GRU zugsweise aus der DDR heraus gegen die Bundesrepublik Deutschland. Die GRU verfügte in Berlin, Rostock, Magdeburg, Leipzig und Dresden über "Aufklärungsstützpunkte". Der Stützpunkt in Berlin diente als Zentrale, den übrigen war ein regional festgelegter Teil der Bundesrepublik Deutschland zur Aufklärung zugewiesen. Jeder in der DDR operativ tätige GRU-Offizier sollte pro Jahr 2 bis 3 im Westen lebende Personen und ca. 15 DDR-Bürger als Agenten anwerben. In der DDR soll die GRU nach Überläuferaussagen über ca. 850 inoffizielle Mitarbeiter verfügt haben, die hauptsächlich im Verbindungswesen, als Kuriere, Instrukteure oder Deckadressengeber eingesetzt worden seien. Daneben habe ein Agentennetz aus DDR-Bürgern bestanden, die bei etwaigen Auseinandersetzungen zwischen den Militärbündnissen NATO und Warschauer Pakt eingesetzt werden sollten. Das in der Bundesrepublik Deutschland betriebene Agentennetz bezifferten Überläufer auf etwa 170 Personen, darunter auch solche, die im Ernstfall als Funker in illegalen Residenturen tätig werden oder die Unterstützungsaufgaben für eine einsickernde Agentengruppe wahrnehmen sollten. Im Hinblick auf die Vereinigung beider deutscher Staaten habe die GRU bereits frühzeitig Vorkehrungen getroffen, die ihr eine - wenn auch eingeschränkte - Weiterarbeit ermöglichen sollten. Sie habe sich auf eine Reduzierung ihres Agentennetzes eingestellt und vorsorglich Verstecke mit Geld, Waffen, Munition und Funkgeräten angelegt. Sowjetische Truppen werden bis Ende 1994 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR stationiert sein. Solange ist damit zu rechnen, daß die aus den sowjetischen Militärstützpunkten heraus operierenden KGBund GRU-Mitarbeiter von der räumlichen Nähe zu den von ihnen geführten Quellen profitieren werden. Ähnlich wie das KGB wird jedoch auch die GRU ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten bereits jetzt grundlegend umgestalten und unter völlig neuen Bedingungen fortführen müssen. 6. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahre 1990 wurden 122 Personen wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen. Gegen 96 Personen wurde Haftbefehl erlassen. Von den mit Haftbefehl Festgenommenen waren 82 Personen von einem Nachrichtendienst der DDR sowie 11 von einem sowjetischen Nachrichtendienst angeworben worden. Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 11 Personen rechtskräftig wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS 93 - 101 a StGB). 185 Anhang 186 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD ADÜTDF Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. AfNS Amt für Nationale Sicherheit AMGT Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. ANO Abu Nidal-Organisation ARGK Volksbefreiungsarmee Kurdistans ASD Aktion Sauberes Deutschland ASK Antiimperialistisches Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika ATI F Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa BBI Bürgerund Bauerninitiative BR-PCC Brigate Rosse - PCC BSA Bund Sozialistischer Arbeiter BWK Bund Westdeutscher Kommunisten DA Deutsche Alternative DA Deutscher Anzeiger DBI Deutsche Bürgerinitiative e.V. DDF Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V. DFG-VK Deutsche FriedensgesellschaftVereinigte Kriegsdienstgegnerinnen DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas DFU Deutsche Friedens-Union DGG Deutschland in Geschichte und Gegenwart DKP Deutsche Kommunistische Partei DM Deutsche Monatshefte DNZ Deutsche National-Zeitung DVU Deutsche Volksunion - Liste D DVU e.V. Deutsche Volksunion e.V. DWZ Deutsche Wochen-Zeitung ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FAU Freie Arbeiterinnen-Union fdj Freie Deutsche Jugend FEYKA-Kurdistan Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V. FGB Freie Gewerkschaftsbewegung FöGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen GDF Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei e.V. GdNF Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front GFP Gesellschaft für Freie Publizistik GIM Gruppe Internationale Marxisten Abkürzungsverzeichnis 187 GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte mbH HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. HVA Hauptverwaltung Aufklärung IAA Internationale Arbeiter-Assoziation ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln IM Inoffizieller Mitarbeiter IMSF Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V. ISA Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation ISPA Informationsstelle Palästina ISYF International Sikh Youth Federation JN Junge Nationaldemokraten JP Junge Pioniere-Sozialistische Kinderorganisation KAZ Kommunistische Arbeiterzeitung KB Kommunistischer Bund KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland KFAZ Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPD Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) LPRK Volksbewegung für die Republik Kosovo LTTE Liberation Tigers of Tamil Eelam MCP Nationalistische Arbeitspartei MES Marx-Engels-Stiftung e.V. MfS Ministerium für Staatssicherheit MG Marxistische Gruppe MHP Partei der nationalistischen Bewegung MLBI Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MND Mitteldeutsche Nationaldemokraten MSB Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus MSP Nationale Heilspartei MSV Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. NA Nationale Alternative NDPD National-Demokratische Partei Deutschlands N.D.SH. Nationaldemokratische Liga der Albanischen Treue NE Nation Europa NE-DM Nation Europa - Deutsche Monatshefte NF Nationalistische Front NL Nationale Liste NO Nationale Offensive NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 188 Abkürzungsverzeichnis NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP-AO NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation OibE Offizier im besonderen Einsatz O.I.P.F.G. Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran O.I.S. Organisation iranischer Studenten, Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) PAV Palästinensischer Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas PIRA Provisional Irish Republican Army PKK Arbeiterpartei Kurdistans PLF Palästinensische Befreiungsfront PLO Palästinensische Befreiungsorganisation PMOI Organisation der Volksmojahedin Iran PSV Palästinensischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. RAF Rote Armee Fraktion R.K.M. Rat der konstitutionellen Monarchie des Iran in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin RP Wohlfahrtspartei RZ Revolutionäre Zellen SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SEW Sozialistische Einheitspartei Westberlins SI Sozialistische Initiative SpAD Spartakist - Arbeiterpartei Deutschlands TKP/M-L Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten TLD Trotzkistische Liga Deutschlands U.I.S.A. Union islamischer Studentenvereine in Europa UZ Unsere Zeit VAA Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik VL Vereinigte Linke VOLKSFRONT Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg VSP Vereinigte Sozialistische Partei WN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten WJ Wiking-Jugend e.V. Sachwortregister 189 Sachwortregister Berufsverbote 55 Bewegung 96 BOSSE, Georg Albert 103 Brandund Sprengstoffanschläge A 48, 58 f., 60, 61, 63 f., 68, 70 ff., 74 f., 122 ff., 124, 128 ABU AL ABBAS 144 140, 142, 153, 156 Abu Nidal-Organisation (ANO) Brigate Rosse - PCC (BR-PCC) 139, 145 72,73 Action Directe 71 Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) AHRENS, Dietmar 31 37 ak.-Arbeiterkampf 34 Bund Westdeutscher Kommunisten Aktion deutsche Einheit 109 (BWK) 34 f., 49 Aktion Lebensschutz 95 Bundestagswahl 33, 35, 37 f., 48, Aktion Oder-Neiße 109 49, 108, 111, 112 Aktion Sauberes, Deutschland Bündnispolitik 29, 50 (ASD) 104 Bürgerund Bauerninitiative (BBI) Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus 51 102 BUSSE, Friedhelm 98 AKZENT Handelsgesellschaft mbH & Co. KG 27 ALBRECHT, Susanne 73 ALTHANS, Ewald 120 C Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) CETINER, ALI 147 173 CHRISTOPHERSEN, Thies 102, Anarchisten 20 f., 40, 51 121 Anarcho-kommunistische Gruppen Clash - Zeitung für den Widerstand 40, 45, 54 in Europa 42 Anarcho-syndikalistische Gruppen Code 115 40, 45, 54 Computerspiele, Angehörigen-Info 35 rechtsextremistische 117 Antifaschistische Nachrichten 34 Antiimperialistisches Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und La- D teinamerika (ASK) 30 DEHOUST, Peter 116 Antikommunistische Aktion 95 Demokratische Front für die BeAnti-Schell-Aktionstage 53 freiung Palästinas (DFLP) 144 Antizionistische Aktion 95 Der Schulungsbrief 104 Arbeiterbund für den Wiederaufbau Deutsche Aktionsgruppen 102 der KPD (AB) 35 f., 47, 48 Deutsche Alternative (DA) 96 f., Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 1171 35,54, 139, 146 ff. Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) Arbeitsausschuß gegen Neo102 faschismus und Rassismus 51 Deutsche Bürgerinitiative e. V. - Arbeitskreis für deutsch-alternative weltweit 103 Politik 95 Deutsche Friedensgesellschaft - Autonome 40 ff., 47 f., 51 ff., 53 f., Vereinigte Kriegsdienstgegner56 f. Innen (DFG-VK) 31,51 Avrupa'da Dev Gene (Revolutionäre Deutsche Friedens-Union (DFU) 31, Jugend in Europa) 152, 154 50, 55 Deutsche Kommunistische Partei B (DKP) 20, 24 ff., 29 ff, 32, 34, BACHMANN, Walter 112 38, 46 ff., 53 f., 54 f., BAUER, Carlo 99 Deutsche Monatshefte (DM) 116 190 Sachwortregister Deutsche National-Zeitung (DNZ) FRANKE-GRICKSCH, Ekkehard 115 106 Freie Arbeiterinnen-Union (FAU) 45 Deutsche Stimme 110 Freie Deutsche Jugend (fdj) 29, Deutsche Volksunion e.V. 49 (DVU e.V.) 109 Freie Gewerkschaftsbewegung Deutsche Volksunion - Liste D (FGB) 95,118, (DVU) 88, 106 f., 108 ff., 119, Freiheitliche Buchund Zeitschrif120, 121 tenverlag GmbH (FZ-Verlag) 109 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) Freiheitliche Deutsche Arbeiterpar106 tei (FAP) 97 ff., 114, 115, 124 Deutscher Anzeiger (DA) 106 Freundschaftsgesellschaft BRDDeutschland in Geschichte und Cuba e.V. 53 Gegenwart (DGG) 115 FREY, Dr. Gerhard 104 f., 108, Devrimci Isci (Revolutionärer 108 f., 112 Arbeiter) 154 Friedensbewegung, Mitwirkung von Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Linksextremisten in der 50 f. 152 f. Die Bauernschaft 102, 121 Die Deutsche Freiheitsbewegung G e.V. (DDF) 103 Germania 121 Die Nelken 26, 49 Gesellschaft für Freie Publizistik direkte aktion 41 (GFP) 113 Dokumentationen zur ZeitGesellschaft für Nachrichtenerfasgeschichte 35 sung und Nachrichtenverbreitung, Druckschriftenund Zeitungsverlag Verlagsgesellschaft Politische GmbH (DSZ-Verlag) 109 Berichte mbH (GNN) 34 f. Gesetzesverletzungen ausländischer Extremisten 139,140 E Gesetzesverletzungen mit linksexEidgenoss 121 tremistischem Hintergrund 74 Einheit und Kampf 112 Gesetzesverletzungen mit rechtsexENGEL, Stefan 33, 55 tremistischem Bezug 99, 124 ERBAKAN, Prof. 155 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) 92, 95 f. Gewaltaktionen 47, 74 f., 92, F 114, 119, 122, 124 f., 125 f. 139 ff., 146 f., 149, 152 f., 156 FAP-Intem 98 Gewaltfreie Aktionsgruppen 45 FAURISSON, Prof. Dr. Robert 120 Gewerkschaftsarbeit, kommunistiFatah 144 ff. sche 54 Föderation der Arbeiter aus der GOERTH, Christa 100 Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) GRABERT-Verlag 115 32, 154 GRABERT, Wigbert 115 f. Föderation der Immigrantenvereine GRAPO 72 ff. aus der Türkei e.V. (GDF) 154 Graswurzelbewegung 40, 45 f. Föderation der patriotischen Gruppe Internationale Marxisten Arbeiterund Kulturvereinigungen (GIM) 35 aus Kurdistan in der BRD e.V. GYSI, Gregor 56 (FEYKA-Kurdistan) 148 f. Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa H e.V. (ADÜTDF) 155 Föderation Gewaltfreier AktionsHalt 121 gruppen (FöGA) 45 f., 51 HAULE, Eva 66 f. Sachwortregister 191 Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) dem öffentlichen Dienst 55 168, 172 ff., 174 ff., 176, 177 KAPLAN, Cemaleddin 155 Hilfsorganisation für nationale politiKarl-Liebknecht-Schule 26, 27 sche Gefangene und deren KOLENDER, Frank 112 Angehörige e.V. (HNG) 100 f. Komitee für Frieden, Abrüstung und Historische Tatsachen 116 Zusammensarbeit (KFAZ) 30 Hizb Allah (Partei Gottes) 139, 146 Komitee zur Auflösung des HOCHEDER und Co. KG -Versandehemaligen MfS/AfNS 172 handel 116 Kommunalwahlen 50,108,111 HONSIK, Gerd 121 118 - Bayern 50, 108, 111 I - Berlin 118 - Schleswig-Holstein 50, 108 INDEX 93 Kommunistische Arbeiterzeitung Informationsstelle Palästina (ISPA) (KAZ) 35 145 Kommunistische Partei DeutschInformationszentrum beim Minister lands (KPD) 26, 31, 33, 49 für Nationale Verteidigung 181 Kommunistische Partei DeutschInitiative gegen Berufsverbote 56 lands/Marxisten-Leninisten Initiative Volkswille 95 (KPD) 35 Initiative "Weg mit den BerufsverKommunistischer Bund (KB) 33 ff., boten" 55 47 f., 49 ff. Inoffizieller Mitarbeiter (IM) 170 ff., Kommunistischer Bund West182 f. deutschland (KBW) 34 Institut für Marxistische Studien Konföderation der Arbeiter aus der und Forschungen e. V (IMSF) 29 Türkei in Europa (ATIK) 154 INTERIM 41,42 konkret 33 International Sikh Youth Federation KOPP, Inge 31 (ISYF) 156 KOSIEK, Dr. Rolf, 113 Internationale Sozialistische KÜHNEN, Michael 91, 92 ff., Arbeiter-Assoziation (IAA) 45 98, 102, 117 Internationale Sozialistische KÜSSEL, Gottfried 122 Arbeiterorganisation (ISA) 37 Kurdistan-Rundbrief 35 Iranische Moslemische StudentenVereinigung Bundesrepublik L Deutschland e.V. (MSV) 149 f. IRVING, DAVID 109,116,120 Landtagswahlen 49 ff., 99, 108, 111, 118 - Bayern 50,99, 108, 111 J - Niedersachsen 50, 108, 111 Jahrweiser 103 - Nordrhein-Westfalen 50, 99, Junge Nationaldemokraten (JN) 108, 111 112, 113, 114 - Saarland 50, 108, 111 Junge Pioniere - Sozialistische - Sachsen 118 Kinderorganisation (JP) 27, 29 LAUCK, Gary Rex 91,102,120 Junge Stimme 112 Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) 157 f. K Linke Liste/PDS 32 ff., 35, 49 f. Linksextremisten im öffentlichen KABUS, Thilo 112 Dienst 24 Kaderorganisation SA 95 LOTZE, Werner 73 Kampagne gegen die Wiedervereinigung Deutschlands 30,46 M Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus Marx-Engels-Stiftung e.V. (MES) 29 192 Sachwortregister Marxisten-Leninisten 20,24 National Front 103 Marxistisch-Leninistische Partei Nationale Alternative (NA) 117 f., Deutschlands (MLPD) 32 ff., 122 47, 53 f., 54 Nationale Befreiungsfront Marxistisch-Leninistischer Bund Kurdistans (ERNK) 148 Intellektueller (MLBI) 32 Nationale Heilspartei (MSP) 155 Marxistische Gruppe (MG) 24, Nationale Liste (NL) 93 38 ff. Nationale Offensive (NO) 99 Marxistische Streitund Zeitschrift - Nationalistische Arbeitspartei (MCP) gegen die Kosten der Freiheit 38 155 Marxistischer StudentinnenNationalistische Front (NF) 101 f. und Studentenbund Spartakus Nationalrevolutionäre 91 (MSB) 29 Nationalsozialistische Deutsche Ministerium für Staatssicherheit Arbeiterpartei (NSDAP) 91, (MfS) 56, 65, 168, 169 ff., 92 f., 99 173 f., 175, 176 ff., 179 ff., 183 f. Nationalsozialistische Deutsche Mitgliederzahlen, AusländerArbeiterpartei - Auslandsund extremismus 136 f., 140, 143 Aufbauorganisation (NSDAP AO) 146, 148, 151 102 f. Mitgliederzahlen, Linksextremismus Nebenorganisationen der DKP 28 20, 27 f., 32 f., 37 Neonationalsozialisten 88 ff., 117 Mitgliederzahlen, RechtsextremisNeonationalsozialistenkreis um mus 88 f., 91,98, 100, 101, Curt MÜLLER 102 108, 112, 114 Neue Linke 24 f. Mittteldeutsche NationaldemoNeue Nation 98 kraten (MND) 118 Nordland Forlag 102 MOSLER, Jürgen 98 NS-Kampfruf 102,120 MÜLLER, Curt 102 MÜLLER, Ursula 102 O MUSSGNUG, Martin 110,112 OCHSENSBERGER, Walter 120 f. Offizier im besonderen Einsatz N (OibE) 170 Organisation der iranischen StudenNachrichten der HNG 100 ten in der Bundesrepublik Nachrichtendienste Deutschland und West-Berlin, - der DDR 168, 174 f., 181 f., 184 Sympathisanten der Volksfedayin -sowjetische 168 f., 173, 175 f. Guerilla Iran (O.l.PEG.) 150 181, 181 ff., 184 Organisation iranischer Studenten, NAHRATH, Wolfgang 114 Sympathisanten der Organisation Nation Europa (NE) 116 der Volksfedayin des Iran Nation Europa - Deutsche Monats(Mehrheit) (O.l.S.) 150 hefte (Ne-DM) 116 Orthodoxe Kommunisten 24 f. Nation Europa-Verlag GmbH 116 Ostermärsche, Beteiligung von Nationaldemokraten 88 f., 104 f., Linksextremisten 31,50 109 f., 118 Nationaldemokratische Liga der P Albanischen Treue (N.D.SH.) 156 Nationaldemokratische Partei Palästinensische Befreiungsfront Deutschlands (NPD) 90,104 (PLF) 144 108 ff., 112 f., 118 f. Palästinensische BefreiungsorganiNationaldemokratische Partei sation (PLO) 143 Deutschlands (NDPD) 118 Palästinensischer Arbeiterverband National-Freiheitliche 88, 104 f., in der Bundesrepublik Deutsch118 land und West-Berlin (PAV) 144 f. 194 Sachwortregister U Wildcat 41 Wohlfahrtspartei (RP) 155 ÜMMET-i Muhammed WORCH, Christian 93 f. (Die Nation Mohammeds) 155 Wulff, Thomas 93 f. Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.l.S.A.) 149 Unsere Zeit (UZ) 27 ZÜNDEL, Ernst 120 f. Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln (ICCB) 149, 155 f. Vereinigte Linke (VL) 49 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 35 ff., 47 f., 48, 49 Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik (VAA) 37 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) 155 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (WN-BdA) 30 f., 51 Verlag Diagnosen 115 Verlag für Volkstum und Zeitgeschichtsforschung 116 Verlage, linksextremistische 20 Verlage, rechtsextremistische 90, 109, 115 Verwaltung Aufklärung 181 Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) 146 Volksbewegung für die Republik Kosovo (LPRK) 156 Volksbund RUDOLF HESS 95 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 144,145 Volksfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando (PFLP-GC) 139 Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (Volksfront) 34 Vorfeldorganisationen 30 WG - Verlagsund Vertriebsgesellschaft mbH 27 W WAHL, Dr. Max 120 f. WALENDY, Udo 116 Waffen für El Salvador 54 White Power 114 Wiking-Jugend e. V. (WJ) 113, 114f. Gesetzestexte 195 Strukturdaten gemäß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1. Bundesamt für Verfassungsschutz Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt betrug 1990 218579 422,71 DM. betrug 1990 141 360 000 DM. Das Bundesamt für Verfassungschutz Der militärische Abschirmdienst hatte 1990 hatte 1990 2.435 Bedienstete. 1.948 Bedienstete. Gesetzestexte 197 die Zustimmung erforderlich, soweit gesetzlich (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundnichts anderes bestimmt ist. In die Sicherheitsordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen; überprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit dem Wahlen und Abstimmungen und durch beBetroffenen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, sondere Organe der Gesetzgebung, der vollmiteinbezogen werden. ziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an auszuüben und die Volksvertretung in allgedie allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden meiner, unmittelbarer, freier, gleicher und (Artikel 20 des Grundgesetzes). geheimer Wahl zu wählen, b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfasSS4 sungsmäßige Ordnung und die Bindung der Begriffsbestimmungen vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bunparlamentarischen Opposition, des oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verd) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verhaltensweisen in einem oder für einen Persoantwortlichkeit gegenüber der Volksvertrenenzusammenschluß, der darauf gerichtet tung. ist, die Freiheit des Bundes oder eines Lane) die Unabhänigigkeit der Gerichte, des von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu f) der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrihm gehörendes Gebiet abzutrennen; schaft und b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bung) die im Grundgesetz konkretisierten Mendes oder eines Landes solche politisch beschenrechte. stimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet SS5 ist, dem Bund, Länderoderderen EinrichtunAbgrenzung der Zuständigkeiten gen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu der Verfassungsschutzbehörden beeinträchtigen; (1) Die Landesbehörden für Verfassungsc) Bestrebungen gegen die freiheitliche demoschutz sammeln Informationen, Auskünfte, kratische Grundordnung solche politisch Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer bestimmten, zielund zweckgerichteten VerAufgaben, werten sie aus und übermitteln sie haltensweisen in einem oder für einen Persodem Bundesamt für Verfassungsschutz und den nenzusammenschluß, der darauf gerichtet Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfases für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. sungsgrundsätze zu beseitigen oder außer (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Geltung zu setzen. darf in einem Lande im Benehmen mit der LanFür einen Personenzusammenschluß handelt, desbehörde für Verfassungsschutz Informatiower ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich nen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen im unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung Sinne des SS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und und Auswertung von Informationen im Sinne Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ist des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher AnVoraussetzung, daß haltspunkte.Verhaltensweisen von Einzelperso1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund nen, die nicht in einem oder für einen Personenrichten, zusammenschluß handeln sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwen2. sie sich über den Bereich eines Landes hindung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund aus erstrecken, ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutz3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik gut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. Deutschland berühren oder 198 Gesetzestexte 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz SS7 das Bundesamt für Verfassungsschutz um Weisungsrechte des Bundes ein Tätigwerden ersucht. Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgedie verfassungsmäßige Ordnung des Bundes lagerte Fälle hergestellt werden. erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes unterrichtet die Landesbehörden für Verfaserforderlichen Weisungen erteilen. sungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. Zweiter A b s c h n i t t B u n d e s a m t f ü r Verfassungsschutz SS6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden SS8 Befugnisse des Bundesamtes Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichfür Verfassungsschutz tet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz gemeinsame Dateien zu führen, die sie im autodarf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlimatisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien chen Informationen einschließlich personenbeenthalten nur die Daten, die zum Auffinden von zogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, Akten und der dazu notwendigen Identifizierung soweit nicht die anzuwendenden Bestimmunvon Personen erforderlich sind. Die Speicherung gen des Bundesdatenschutzgesetzes oder personenbezogener Daten ist nur unter den Vorbesondere Regelungen in diesem Gesetz entgeaussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der genstehen. Abruf im automatisierten Verfahren durch ande(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz re Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung darf Methoden, Gegenstände und Instrumente einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeizur heimlichen Informationsbeschaffung, wie nen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährsjede Verfassungsschutzbehörde nur für die von personen, Observationen, Bildund Tonaufzeichihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese nungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen Daten verändern, sperren oder löschen. Die einanwenden. Diese sind in einer Dienstvorschrift gebende Stelle muß feststellbar sein. Das Bunzu benennen, die auch die Zuständigkeit für die desamt für Verfassungsschutz trifft für die geAnordnung solcher Informationsbeschaffungen meinsamen Dateien die technischen und regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimorganisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des mung des Bundesministers des Innern, der die Bundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von Parlamentarische Kontrollkommission unterrichTextdateien oder Dateien, die weitere als die in tet. Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zuläs(3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbesig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur fugnisse stehen dem Bundesamt für VerfasAufklärung von sicherheitsgefährdenden oder sungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen Macht oder von Bestrebungen, die darauf geersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. richtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewalt(4) Werden personenbezogene Daten beim anwendungen vorzubereiten. Die ZugriffsbeBetroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist rechtigung ist auf Personen zu beschränken, die der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffeunmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwenne ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und dungsgebiet betraut sind; in der Dateienordnung bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 3 Abs. (SS 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme von 2 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstiTextzusätzen in der Datei zu begründen. ge vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Gesetzestexte 199 (5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen (3) Bei Erhebungen nach Absatz 2 und solhat das Bundesamt für Verfassungsschutz diechen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere jenige zu wählen, die den Betroffenen vorauseiner Beschränkung des Brief-, Postund Fernsichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine meldegeheimnisses gleichkommen, wozu insMaßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, besondere das Abhören und Aufzeichnen des der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabnicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem sichtigten Erfolg steht. verdeckten Einsatz technischer Mittel gehören, ist SS9 1. der Eingriff nach seiner Beendigung dem Besondere Formen der Datenerhebung Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefähr(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz dung des Zweckes des Eingriffs ausgedarf Informationen, insbesondere personenbeschlossen werden kann, und zogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 8 Abs. 2. die Parlamentarische Kontrollkommission zu 2 erheben, wenn Tatsachen die Annahme rechtunterrichten. fertigen, daß Die durch solche Maßnahmen erhobenen Infor1. auf diese Weise Erkenntnisse, über Bestremationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 7 bungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 oder Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz die zur Erforschung solcher Erkenntnisse verwendet werden. erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder SS 10 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, EinrichtunSpeicherung, Veränderung und gen, Gegenstände und Quellen des BundesNutzung personenbezogener Daten amtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Tätigkeiten erforderlich ist. darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn und nutzen, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtioder Tätigkeiten nach % 3 Abs. 1 vorliegen. gung ist in der Regel anzunehmen, wenn die 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Information aus allgemein zugänglichen Quellen Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. oder durch eine Auskunft nach SS 18 Abs. 3 1 erforderlich ist oder gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 8 Abs. 2 darf nicht erkennbar 3. das Bundesamt für Verfassungsschutz nach außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenSS 3 Abs. 2 tätig wird. den Sachverhaltes stehen. Die Maßnahme ist (2) Zur Aufgabenerfüllung nach SS 3 Abs. 2 dürunverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck fen in automatisierten Dateien nur personenbeerreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergezogene Daten über die Personen gespeichert ben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise werden, die der Sicherheitsüberprüfung untererreicht werden kann. liegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbe(2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gezogen werden. sprochene Wort darf mit technischen Mitteln (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werdie Speicherungsdauer auf das für seine Aufgaden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer benerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. gegenwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne PerSS 11 sonen unerläßlich ist und geeignete polizeiliche Speicherung, Veränderung und Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entspreNutzung personenbezogener Daten chend für einen verdeckten Einsatz technischer von Minderjährigen Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Bildaufzeichnungen. darf unter den Voraussetzungen des SS 10 Daten 200 Gesetzestexte über Minderjährige vor Vollendung des 16. ordnungsgemäßen Betriebes einer DatenverarLebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten beitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur nur speichern, verändern und nutzen, wenn für diese Zwecke verwendet werden. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Minderjährige eine der in SS 2 des Gesetzes SS 13 zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten Berichtigung und Sperrung plant, begehrt oder begangen hat. In Dateien ist personenbezogener Daten in Akten eine Speicherung von Daten oder über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 16. (1) Stellt das Bundesamt für VerfassungsLebensjahres nicht zulässig. schutz fest, daß in Akten gespeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird (2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten ihre Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten, Akten gespeicherte Daten über Minderjährige so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit sonstige Weise festzuhalten. der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntpersonenbezogene Daten zu sperren, wenn es nisse nach SS 3 Abs. 1 angefallen sind. im Einzelfall feststellt, daß ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden und die Dateien für seine SS 12 künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderBerichtigung, Löschung und Sperrung lich sind. Gesperrte Daten sind mit einem entpersonenbezogener Daten in Dateien sprechenden Vermerk zu versehen; sie dürfen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. die in Dateien gespeicherten personenbezogeEine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn nen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen. sind. SS 14 (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat Dateianordnungen die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung (1) Für jede automatisierte Datei beim Bununzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgadesamt für Verfassungsschutz nach SS 6 oder SS benerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die 10 sind in einer Dateianordnung, die der ZustimLöschung unterbleibt, wenn Grund zu der mung des Bundesministers des Innern bedarf, Annahme besteht, daß durch sie schutzwürdige festzulegen: Interessen des Betroffenen beeinträchtigt wür1. Bezeichnung der Datei, den. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung des Betrof2. Zweck der Datei, fenen übermittelt werden. 3 Voraussetzungen der Speicherung, Übermitt(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz lung und Nutzung (betroffener Personenprüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festkreis, Arten der Daten), gesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, 4. Anlieferung oder Eingabe, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte 5. Zugangsberechtigung, personenbezogene Daten über Bestrebungen 6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten ge7. Protokollierung. speicherten relevanten Information zu löschen, Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ist es sei denn, der Behördenleiter oder sein Vertrevor Erlaß einer Dateianordnung anzuhören. ter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine an(2) Die Speicherung personenbezogener Dadere Entscheidung. ten ist auf das erforderliche Maß zu beschrän(4) Personenbezogene Daten, die ausschließken. In angemessenen Abständen ist die Notlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der wendigkeit der Weiterführung oder Änderung Datensicherung oder zur Sicherstellung eines der Dateien zu überprüfen. Gesetzestexte 201 .lordnung über automatisierte schütz werden kann. Dem Bundesbeauftragten ^___^---^ene Textdateien ist die Zugriffsfür den Datenschutz ist auf sein Verlangen Aus- - " " " " V g auf Personen zu beschränken, die kunft zu erteilen, soweit nicht der Bundesmini)df mit Arbeiten in dem Gebiet betraut ster des Innern im Einzelfall feststellt, daß dem die Textdateien zugeordnet sind; Ausdadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Bunde aus Textdateien dürfen nicht ohne die desbeauftragten an den Betroffenen dürfen dazugehörenden erläuternden Unterlagen überkeine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand mittelt werden. des Bundesamtes für Verfassungsschutz zulassen, sofern es nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. SS 15 Auskunft an den Betroffenen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz SS 16 erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person Berichtspflicht des Bundesamtes für gespeicherten Daten auf Antrag unentgeltlich Verfassungsschutz Auskunft, soweit er hierzu auf einen konkreten (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interunterrichtet den Bundesminister des Innern esse an einer Auskunft darlegt. über seine Tätigkeit. (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit (2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 dient 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung auch der Aufklärung der Öffentlichkeit durch durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, den Bundesminister des Innern über Bestrebun2. durch die Auskunftserteilung Quellen gefährgen und Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, die mindedet sein können oder die Ausforschung des stens einmal jährlich in einem zusammenfasErkenntnisstandes oder der Arbeitsweise senden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu personenbezogene Daten bekanntgegeben befürchten ist, werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Dar3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit stellung von Organisationen oder unorganisiergefährden oder sonst dem Wohl des Bundes ten Gruppierungen erforderlich ist und die oder eines Landes Nachteile bereiten würde Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige oder Interesse der Betroffenen überwiegen. In dem 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushalnach einer Rechtsvorschrift oder ihrem tes an das Bundesamt für Verfassungsschutz Wesen nach, insbesondere wegen der überund den Militärischen Abschirmdienst sowie die wiegenden berechtigten Interessen eines jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten Dritten, geheimgehalten werden müssen. anzugeben. Die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. Dritter Abschnitt (3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die EmpÜbermittlungsvorschriften fänger von Übermittlungen. SS 17 (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zulässigkeit von Ersuchen Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet (1) Wird nach den Bestimmungen dieses würde. Die Gründe der AuskunftsverweigeAbschnittes um Übermittlung von personenberung sind aktenkundig zu machen. Wird die zogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene übermittelt werden, die bei der ersuchten auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Behörde bekannt sind oder aus allgemern Begründung und darauf hinzuweisen, daß er zugänglichen Quellen entnommen werden könsich an den Bundesbeauftragten für den Datennen. 202 Gesetzestexte (2) Absatz 1 gilt nicht für besondere Ersuchen wenn tatsächliche A n h a i ^ . ^ der Verfassungsschutzbehörden, des Militärihen, daß die Übermittlung ^ " * * ' " ' ^ - - " _ schen Abschirmdienstes und des BundesnachAufgaben der VerfassungsscfWa^ ^~~~~-~richtendienstes um solche Daten, die bei der derlich ist. Absatz 1 Satz 3 findet;,/ ^esf p Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben be- S ? der kannt werden. Die Zulässigkeit dieser besonde(3) Das Bundesamt für Verfasser, ren Ersuchen und ihre Erledigung regelt der darf zur Erfüllung seiner Aufgaben die i. Bundesminister des Innern in einer Dienstanwaltschaften und, vorbehaltlich der sta, weisung. Er unterrichtet die Parlamentarische waltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die i Kontrollkommission über ihren Erlaß und erforzeien sowie andere Behörden um Übermittlun,. derliche Änderungen. Satz 2 und 3 gilt nicht für der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen die besonderen Ersuchen zwischen Behörden Informationen einschließlich personenbezogedesselben Bundeslandes. ner Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine den SS 18 Betroffenen stärker belastende Maßnahme Übermittlung von Informationen erhoben werden können. Unter den gleichen an die Verfassungsschutzbehörden Voraussetzungen dürfen Verfassungsschutzbe(1) Die Behörden des Bundes der bundesunhörden der Länder mittelbaren juristischen Personen des öffentli1. Behörden des Bundes und der bundesunmitchen Rechts, die Staatsanwaltschaften und, vortelbaren juristischen Personen des öffentlibehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleichen Rechts, tungsbefugnis, die Polizeien sowie der Zoll, 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der soweit er Aufgaben nach dem Bundesgrenzstaatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugschutzgesetz wahrnimmt, unterrichten von sich nis, Polizeien des Bundes und anderer Länaus das Bundesamt für Verfassungsschutz oder der um die Übermittlung solcher Informatiodie Verfassungsschutzbehörde des Landes über nen ersuchen. die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche (4) Würde durch die Übermittlung nach AbTätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestresatz 3 Satz 1 der Zweck der Maßnahme gefährbungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes det oder der Betroffene unverhältnismäßig erkennen lassen, die durch Anwendung von beeinträchtigt, darf das Bundesamt für VerfasGewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungssungsschutz bei der Wahrnehmung der Aufgahandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1 und 3 ben nach SS 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie bei der genannten Schutzgüter gerichtet sind. Über Beobachtung terroristischer Bestrebungen amtSatz 1 hinausgehende Unterrichtungspflichten liche Register einsehen. nach dem Gesetz über den Militärischen (5) Die Ersuchen nach Absatz 3 sind aktenAbschirmdienst oder dem Gesetz über den Bunkundig zu machen. Über die Einsichtnahme desnachrichtendienst bleiben unberührt. Auf die nach Absatz 4 hat das Bundesamt für VerfasÜbermittlung von Informationen zwischen sungsschutz einen Nachweis zu führen, aus Behörden desselben Bundeslandes findet Satz dem der Zweck und die Veranlassung, die 1 keine Anwendung. ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzu(2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltbewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu lich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungssichern und am Ende des Kalenderjahres, das befugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt, und der Bundesnachrichtendienst (6) Die Übermittlung personenbezogener Dadürfen darüber hinaus von sich aus dem Bunten, die auf Grund einer Maßnahme nach desamt für Verfassungsschutz oder der VerfasSS 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworsungsschutzbehörde des Landes auch alle andeden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze ren ihnen bekanntgewordenen Informationen 1, 2 und 3 nur zulässig, wenn tatsächliche einschließlich personenbezogener Daten über Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 übermitteln, der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundge- Gesetzestexte 203 setz genannten Straftaten plant, begeht oder (4) Personenbezogene Daten dürfen an anbegangen hat. Auf die einer Verfassungsschutzdere Stellen nicht übermittelt werden, es sei behörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen und Unterlagen findet SS 7 Abs. 3 und 4 des demokratischen Grundordnung, des Bestandes Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz entspreoder der Sicherheit des Bundes oder eines Lanchende Anwendung. des erforderlich ist und der Bundesminister des Innern seine Zustimmung erteilt hat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über die SS 19 Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem Übermittlung personenbezogener der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, Daten durch das Bundesamt die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzufür Verfassungsschutz bewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz sichern und am Ende des Kalenderjahres, das darf personenbezogene Daten an inländische dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empzu den Zweck verwenden, zu dem sie ihm überfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen mittelt wurden. Der Empfänger ist auf die Verdemokratischen Grundordnung oder sonst für wendungsbeschränkung und darauf hinzuweiZwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. sen, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz Der Empfänger darf die übermittelten Daten, sich vorbehält, um Auskunft über die vorgesoweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nommene Verwendung der Daten zu bitten. nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Dienststellen SS 20 der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soÜbermittlung von Informationen weit die Bundesrepublik Deutschland dazu im durch das Bundesamt für VerfassungsRahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu schutz an Strafverfolgungsund dem Abkommen zwischen den Parteien des Sicherheitsbehörden in Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung Angelegenheiten des Staatsund ihrer Truppen hinsichtlich der in der BundesreVerfassungsschutzes publik Deutschland.stationierten ausländischen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorS. 1183, 1218) verpflichtet ist. behaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachlei(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz tungsbefugnis, den Polizeien von sich aus die darf personenbezogene Daten an ausländische ihm bekanntgewordenen Informationen einöffentliche Stellen sowie an überund zwischließlich personenbezogener Daten, wenn schenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolzur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen gung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. des Empfängers erforderlich ist. Die ÜbermittDelikte nach Satz 1 sind die in SSSS 74 a und 120 lung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Bundesrepublik Deutschland oder überwiegenStraftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen de schutzwürdige Interessen des Betroffenen auf Grund ihrer Zielsetzung, des Motivs des entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkunTäters oder dessen Verbindung zu einer Organidig zu machen. Der Empfänger ist darauf hinzusation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorlieweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem gen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nr 10 BuchZweck verwendet werden dürfen, zu dem sie stabe b oder c des Grundgesetzes genannten ihm übermittelt wurden, und das Bundesamt für Schutzgüter gerichtet sind. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft Verfassungsschutz übermittelt dem Bundesüber die vorgenommene Verwendung der Daten nachrichtendienst von sich aus die ihm bekanntzu bitten. gewordenen Informationen einschließlich per- 204 Gesetzestexte sonenbezogener Daten, wenn tatsächliche AnSS23 haltspunkte dafür bestehen, daß die ÜbermittÜbermittlungsverbote lung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses (2) Die Polizeien dürfen zur Verhinderung von Abschnitts unterbleibt, wenn Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 des 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, Bundesamt für Verfassungsschutz um Überdaß unter Berücksichtigung der Art der Informittlung der erforderlichen Informationen einmationen und ihrer Erhebung die schutzwürschließlich personenbezogener Daten ersuchen. digen Interessen des Betroffenen das AllDer Bundesnachrichtendienst darf zur Erfüllung gemeininteresse an der Übermittlung überseiner Aufgaben das Bundesamt für Verfaswiegen, sungsschutz um die Übermittlung der erforder2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erlichen Informationen einschließlich personenbefordern oder zogner Daten ersuchen. 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher GeheimhaltungsSS 21 pflichten oder von Berufsoder besonderen Übermittlung von Informationen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlidurch die Verfassungsschutzbehörden chen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. der Länder an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden SS24 in Angelegenheiten des StaatsMinderjährigenschutz und Verfassungsschutzes (1) Informationen einschließlich personenbe(1) Die Verfassungsschutzbehörden der Länzogener Daten über das Verhalten Minderjährider übermitteln den Staatsanwaltschaften und, ger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetvorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachzes übermittelt werden, solange die leitungsbefugnis, den Polizeien Infomationen Voraussetzungen der Speicherung nach SS 11 einschließlich personenbezogener Daten unter erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht den Voraussetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz 1 und mehr vor, bleibt eine Übermittlung nur zulässig, 2 sowie Abs. 2 Satz 1. Auf die Übermittlung von wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr Informationen zwischen Behörden desselben oder zur Verfolgung einer Straftat von erhebliBundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung. cher Bedeutung erforderlich ist. (2) Die Verfassungsschutzbehörden der Län(2) Informationen einschließlich personenbeder übermitteln dem Bundesnachrichtendienst zogener Daten über das Verhalten Minderjähriund dem Militärischen Abschirmdienst Informager vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen tionen einschließlich personenbezogener Daten nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an unter den Voraussetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz ausländische oder überoder zwischenstaat- 3 sowie Abs. 2 Satz 2. lichen Stellen übermittelt werden. SS25 SS22 Pflichten des Empfängers Übermittlung von Informationen durch Der Empfänger prüft, ob die nach den Vordie Staatsanwaltschaften und Polizeien schriften dieses Gesetzes übermittelten persoan den Militärischen Abschirmdienst nenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Für Übermittlung von Informationen einAufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, schließlich personenbezogener Daten durch die daß sie nicht erforderlich sind, hat er die UnterlaStaatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der gen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterstaatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, bleiben, wenn die Trennung von anderen Infordie Polizeien sowie den Zoll, soweit er Aufgaben mationen, die zur Erfüllung der Aufgaben ernach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretnimmt, an den Militärischen Abschirmdienst barem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind findet SS 18 entsprechende Anwendung. die Daten zu sperren. Gesetzestexte 205 SS26 SS 4 des, Bundesverfassungsschutzgesetzes finNachberichtspflicht det Anwendung. Erweisen sich personenbezogene Daten nach (2) Darüber hinaus obliegt dem Militärischen ihrer Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschirmdienst zur Beurteilung der SicherheitsGesetzes als unvollständig oder unrichtig, so lage sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfän1. von Dienststellen und Einrichtungen im Geger zu berichtigen, es sei denn, daß dies für die schäftsbereich des Bundesministers der VerBeurteilung eines Sachverhalts ohne Bedeuteidigung und tung ist. 2. von Dienststellen und Einrichtungen der verbündeten Streitkräfte und der internationalen Vierter A b s c h n i t t militärischen Hauptquartiere, wenn die BunSchlußvorschriften desrepublik Deutschland in internationalen Vereinbarungen Verpflichtungen zur SicherSS27 heit dieser Dienststellen und Einrichtungen übernommen hat und die Beurteilung der Geltung des BundesdatenschutzSicherheitslage im Einvernehmen zwischen gesetzes dem Bundesminister der Verteidigung und Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch den zuständigen obersten Landesbehörden das Bundesamt für Verfassungsschutz finden dem Militärischen Abschirmdienst übertradie SSSS 10 und 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgen worden ist. gesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des die Auswertung von Informationen über die in Datenschutzes keine Anwendung. Absatz 1 genannten Bestrebungen und Tätigkeiten gegen diese Dienststellen und EinrichtunArtikel 3 gen, auch soweit sie von Personen ausgehen oder ausgehen sollen, die nicht dem GeschäftsGesetz bereich des Bundesministers der Verteidigung über den Militärischen Abschirmdienst angehören oder in ihm tätig sind. (MAD-Gesetz - MADG) (3) Der Militärische Abschirmdienst wirkt mit SS1 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von PersoAufgaben nen, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung angehören, in ihm (1) Aufgabe des Militärischen Abschirmdientätig sind oder werden sollen und stes des Bundesministers der Verteidigung ist a) denen im öffentlichen Interesse geheimdie Sammlung und Auswertung von Informatiohaltungsbedürftige Tatsachen, Gegennen, insbesondere von sachund personenbestände oder Erkenntnisse anvertraut werzogenen Auskünften, Nachrichten und Unterden, die Zugang dazu erhalten sollen oder lagen, über ihn sich verschaffen können, oder 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche b) die an sicherheitsempfindlichen Stellen demokratische Grundordnung, den Bestand des Geschäftsbereichs des Bundesminioder die Sicherheit des Bundes oder eines sters der Verteidigung eingesetzt sind Landes gerichtet sind, oder werden sollen, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienst2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen im liche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Geschäftsbereich des Bundesministers der Gesetzes für eine fremde Macht, Verteidigung zum Schutz von im öffentlichen wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsagegen Personen, Dienststellen oder Einrichtunchen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen im Geschäftsbereich des Bundesministers gen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. der Verteidigung richten und von Personen ausBesteht die Mitwirkung des Militärischen gehen oder ausgehen sollen, die diesem GeAbschirmdienstes an der Sicherheitsüberprüschäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind. fung nach Satz 1 lediglich in der Auswertung 206 Gesetzestexte bereits vorhandenen Wissens der BeschäftiPersonen ausüben, die dem Geschäftsbereich gungsstelle, der Strafverfolgungsoder Sicherdes Bundesministers der Verteidigung nicht anheitsbehörden, ist es erforderlich und ausreigehören oder nicht in ihm tätig sind. chend, wenn der Betroffene von der Einleitung der Überprüfung Kenntnis hat. Im übrigen ist die Zustimmung erforderlich, soweit gesetzlich SS3 nichts anderes bestimmt ist. In die SicherheitsZusammenarbeit überprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der mit den Verfassungsschutzbehörden. Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit dem (1) Der Militärische Abschirmdienst und die Betroffenen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt Verfassungsschutzbehörden arbeiten bei der miteinbezogen werden. Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Die Zu(4) Der Militärische Abschirmdienst darf einer sammenarbeit besteht auch in gegenseitiger polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werUnterstützung und Hilfeleistung. den. (2) Zur Fortführung von Aufgaben nach SS 3 (5) Der Militärische Abschirmdienst ist an die Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Arkann eine Verfassungsschutzbehörde, soweit es tikel 20 des Grundgesetzes). im Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Benehmen mit dem Militärischen Abschirmdienst Maßnahmen auf Personen erstrecken, die dem Geschäftsbereich des Bundesministers SS2 der Verteidigung angehören oder in ihm tätig Zuständigkeit in besonderen Fällen sind und der Zuständigkeit des Militärischen (1) Zur Fortführung von Aufgaben nach SS 1 Abschirmdienstes unterliegen. Dies ist nur Abs. 1 kann der Militärische Abschirmdienst, zulässig gegenüber Personen, bei denen tatsoweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, sächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß seine Befugnisse gegenüber Personen aussie mit einer Person aus dem Zuständigkeitsbeüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesreich der Verfassungsschutzbehörde bei Bestreministers der Verteidigung nicht angehören oder bungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 des nicht in ihm tätig sind. Dies ist nur zulässig Bundesverfassungsschutzgesetzes zusammenarbeiten, und wenn anderenfalls die weitere 1. gegenüber dem Ehegatten oder Verlobten Erforschung des Sachverhalts gefährdet oder einer in SS 1 Abs. 1 genannten Person oder nur mit übermäßigen Aufwand möglich wäre. dem mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden, wenn angenommen werden (3) Der Militärische Abschirmdienst und das muß, daß Bestrebungen oder Tätigkeiten Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichten nach SS 1 Abs. 1 auch von ihm ausgehen. einander über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erfor2. im Benehmen mit der zuständigen Verfasderlich ist. sungsschutzbehörde gegenüber Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß sie mit einer in SS 1 Abs. 1 SS4 genannten Person bei Bestrebungen oder Befugnisse des Militärischen Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 1 zusammenarbeiAbschirmdienstes ten, und wenn anderenfalls die weitere Erfor(1) Der Militärische Abschirmdienst darf die schung des Sachverhalts gefährdet oder nur zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen mit übermäßigem Aufwand möglich wäre. Informationen einschließlich personenbezoge(2) Zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtunner Daten erheben, verarbeiten und nutzen nach gen, Gegenstände und Quellen gegen sicherSS 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, soheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen keiten kann der Militärische Abschirmdienst in des Bundesdatenschutzgesetzes oder besondeWahrnehmung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1, re Regelungen in diesem Gesetz entgegenstesoweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, hen. Er ist nicht befugt, personenbezogene Daim Benehmen mit der zuständigen Verfassungsten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. schutzbehörde seine Befugnisse gegenüber 2 zu erheben. SS 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bun- Gesetzestexte 207 desverfassungsschutzgesetztes findet AnwenAbs. 3 überprüft wird. Die Speicherung persodung; die Zustimmung zur Dienstanweisung nenbezogener Daten über Minderjährige vor erteilt der Bundesminister der Verteidigung. Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten und Dateien ist unzulässig. (2) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Militärischen Abschirmdienst nicht zu; er darf die Polizei auch nicht im SS7 Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, Berichtigung, Löschung und zu denen er selbst nicht befugt ist. Sperrung personenbezogener Daten (1) Der Militärische Abschirmdienst hat die in SS5 Dateien gespeicherten personenbezogenen DaBesondere Formen der Datenerhebung ten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren Der Militärische Abschirmdienst darf Informanach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesettionen, insbesondere personenbezogene Daten, zes. nach SS 9 des Bundesverfassungsschutzgeset(2) Der Militärische Abschirmdienst hat perzes erheben, soweit es sonenbezogene Daten in Akten zu berichtigen 1. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfasund SS 2 Abs. 1 sowie zur Erforschung der sungsschutzgesetzes. dazu erforderlichen Quellen oder 2. zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, SS8 Gegenstände und Quellen des Militärischen Dateianordnungen Abschirmdienstes gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, Der Militärische Abschirmdienst hat für jede auch nach SS 2 Abs. 2, automatisierte Datei mit personenbezogenen Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bunerforderlich ist; SS 9 Abs. 2 und 3 des Bundesverdesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die fassungsschutzgesetzes findet Anwendung. der Zustimmung des Bundesministers der Verteidigung bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. SS6 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten SS9 (1) Der Militärische Abschirmdienst darf perAuskunft an den Betroffenen sonenbezogene Daten nach SS 10 des BundesDer Militärische Abschirmdienst erteilt dem verfassungsschutzgesetzes speichern, veränBetroffenen über zu seiner Person gespeicherte dern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Daten Auskunft ensprechend SS 15 des BundesAufgaben erforderlich ist. Zur Erfüllung der Aufverfassungsschutzgesetzes; an die Stelle des gaben nach SS 1 Abs. 2 gespeicherte Daten über dort genannten Bundesministers des Innern tritt Personen, die nicht dem Geschäftsbereich des der Bundesminister der Verteidigung. Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind, dürfen für andere Zwecke nicht verwendet werden, es sei denn, die VerSS 10 wendung wäre auch für die Erfüllung der AufÜbermittlung von Informationen gaben nach SS 1 Abs. 1 zulässig. an den Militärischen Abschirmdienst (2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten (1) Die Behörden des Bundes und der bunAkten gespeicherte Daten über Minderjährige desunmittelbaren juristischen Personen des öfsind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit fentlichen Rechts unterrichten von sich aus den der Speicherung zu überprüfen und spätestens Militärischen Abschirmdienst über die ihnen benach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß kanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgenach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntfährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nisse nach SS 1 Abs. 1 oder SS 2 angefallen sind. für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Dies gilt nicht, wenn der Betroffene nach SS 1 Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen las- 208 Gesetzestexte sen, die durch Anwendung von Gewalt oder darSS 13 auf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen Geltung des die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Schutzgüter Bundesdatenschutzgesetzes gerichtet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Unterrichtung zur ErfülBei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 lung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 bis 3 und SS 2 finden die SSSS 10 und 13 bis erforderlich ist. 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der (2) Der Militärische Abschirmdienst darf nach Datenverarbeitung und des Datenschutzes SS 18 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzkeine Anwendung. gesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. Artikel 4 (3) Würde durch die Übermittlung nach Absatz 2 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder Gesetz der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchüber den Bundesnachrichtendienst tigt, darf der Militärische Abschirmdienst bei (BND-Gesetz-BNDG) der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 amtliche Register einsehen. Diese EinSS 1 sichtnahme bedarf der Zustimmung des Amtschefs des Amtes für den Militärischen AbOrganisation und Aufgaben schirmdienst oder seines Vertreters. (1) Der Bundesnachrichtendienst ist eine (4) SS 17 Abs. 1 sowie SS 18 Abs. 5 des BunBundesoberbehörde im Geschäftsbereich des desverfassungsschutzgesetzes sind entspreChefs des Bundeskanzleramtes. Einer polizeichend anzuwenden. lichen Dienststelle darf er nicht angegliedert werden. (2) Der Bundesnachrichtendienst sammelt SS 11 zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Übermittlung personenbezogener Ausland, die von außenund sicherheitspolitiDaten durch den scher Bedeutung für die Bundesrepublik Militärischen Abschirmdienst Deutschland sind, die erforderlichen Informationen und wertet sie aus. Werden dafür im Gel(1) Der Militärische Abschirmdienst darf pertungsbereich dieses Gesetzes Informationen sonenbezogene Daten nach SS 19 Abs. 1 bis 3 einschließlich personenbezogener Daten erhodes Bundesverfassungsschutzgesetzes überben, so richtet sich ihre Erhebung, Verarbeitung mitteln. Die Übermittlung an anderer Stellen ist und Nutzung nach den SS SS 2 bis 6 und 8 bis 11. unzulässig. (2) Der Militärische Abschirmdienst übermittelt Informationen einschließlich personenbezoSS2 gener Daten an Staatsanwaltschaften, Polizeien Befugnisse und den Bundesnachrichtendienst nach SS 20 (1) Der Bundesnachrichtendienst darf die des Bundesverfassungsschutzgesetzes. erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit nicht die anzuwendenden SS 12 Bestimmungen des BundesdatenschutzgesetVerfahrensregeln für die zes oder besondere Regelungen in diesem Übermittlung von Informationen Gesetz entgegenstehen. Für die Übermittlung von Informationen nach 1. zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtundiesem Gesetz finden die SSSS23 bis 26 des Bungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherdesverfassungsschutzgesetzes entsprechende heitsgefährdende oder geheimdienstliche Anwendung. Tätigkeiten, Gesetzestexte 209 2. für die Sicherheitsüberprüfung von Persofassungsschutzgesetzes speichern, verändern nen, die für ihn tätig sind oder tätig werden und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Aufsollen, gaben erforderlich ist. 3. für die Überprüfung der für die Aufgaben(2) Die Speicherung, Veränderung und Nuterfüllung notwendigen Nachrichtenzugänge zung personenbezogener Daten über Minderund jährige ist nur unter den Voraussetzungen des SS 11 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zu4. über Vorgänge im Ausland, die von außenlässig. und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, wenn sie nur auf diese Weise zu erlangen sind und für SS5 ihre Erhebung keine andere Behörde zustänBerichtigung, Löschung und dig ist. Sperrung personenbezogener Daten (2) Werden personenbezogene Daten beim (1) Der Bundesnachrichtendienst hat die in Betroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist Dateien gespeicherten personenbezogenen Dader Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und ten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren bei einer Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 1 nach SS 12 des BundesverfassungsschutzgeNr. 2 auf eine dienstund arbeitsrechtliche oder setzes. sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzu(2) Der Bundesnachrichtendienst hat persoweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen ist SS 3 nenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und Abs. 2 Satz 2 bis 4 des Bundesverfassungszu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungsschutzes entsprechend anzuwenden. schutzgesetzes. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Bundesnachrichtendienst SS6 nicht zu. Er darf die Polizei auch nicht im Wege Dateianordnungen der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. Der Bundesnachrichtendienst hat für jede automatisierte Datei mit personenbezogenen (4) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bunder Bundesnachrichtendienst diejenige zu wähdesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die len, die den Betroffenen voraussichtlich am weder Zustimmung des Chefs des Bundeskanzlernigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keiamtes bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesnen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer verfassungsschutzgesetzes ist anzuwenden. Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. SS3 Besondere Formen der Datenerhebung SS7 Auskunft an den Betroffenen Der Bundesnachrichtendienst darf zur heimlichen Beschaffung von Informationen einDer Bundesnachrichtendienst erteilt dem Beschließlich personenbezogener Daten die Mittel troffenen auf Antrag Auskunft über zu seiner gemäß SS 8 Abs. 2 des BundesverfassungsPerson nach SS 4 gespeicherte Daten entspreschutzgesetzes anwenden, wenn Tatsachen die chend SS 15 des BundesverfassungsschutzgeAnnahme rechtfertigen, daß dies zur Erfüllung setzes. An die Stelle des dort genannten Bunseiner Aufgaben erforderlich ist. SS 9 des Bundesministers des Innern tritt der Chef des desverfassungsschutzgesetzes ist entspreBundeskanzleramtes. chend anzuwenden. SS 4 SS8 Speicherung, Veränderung und Übermittlung von Informationen an Nutzung personenbezogener Daten den Bundesnachrichtendienst (1) Der Bundesnachrichtendienst darf perso(1) Die Behörden des Bundes und der bunnenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverdesunmittelbaren juristischen Personen des of- 210 Gesetzestexte fentlichen Rechts dürfen von sich aus dem Bundere Stellen ist SS 19 Abs. 2 bis 4 des Bundesverdesnachrichtendienst die ihnen bekanntgeworfassungsschutzgesetzes entsprechend anzudenen Informationen einschließlich personenwenden; dabei ist die Übermittlung nach Absatz bezogener Daten übermitteln, wenn tatsäch- 4 dieser Vorschrift nur zulässig, wenn sie zur liche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Wahrung außenund sicherheitspolitischer BeÜbermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 lange der Bundesrepublik Deutschland erforderAbs. 1 Nr. 1 erforderlich ist. lich ist und der Chef des Bundeskanzleramtes seine Zustimmung erteilt hat. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungs(3) Der Bundesnachrichtendienst übermittelt befugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er Informationen einschließlich personenbezogeAufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz ner Daten an die Staatsanwaltschaften, die wahrnimmt, übermitteln dem BundesnachrichPolizeien und den Militärischen Abschirmdienst tendienst von sich aus die ihnen bekanntgeentsprechend SS 20 des Bundesverfassungswordenen Informationen einschließlich persoschutzgesetzes. nenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 Abs. 1 Nr. 1 erforderlich ist. SS 10 Verfahrensregeln für (3) Der Bundesnachrichtendienst darf nach SS die Übermittlung von Informationen 18 Abs. 3 des BundesverfassungsschutzgesetFür die Übermittlung von Informationen nach SSSS zes jede Behörde um die Übermittlung der zur 8 und 9 sind die SSSS 23 bis 26 des BundesverfasErfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Inforsungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenmationen einschließlich personenbezogener den. Daten ersuchen und nach SS 18 Abs. 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes amtlich geführSS 11 te Register einsehen, soweit es zur Erfüllung Geltung des seiner Aufgaben erforderlich ist. SS 17 Abs. 1 und Bundesdatenschutzgesetzes SS 18 Abs. 5 des Bundesverfassungsschutzgesetzes sind anzuwenden. Bei der Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes sind die SSSS 10 und 13 bis (4) Für die Übermittlung personenbezogener 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der FasDaten; die auf Grund einer Maßnahme nach SS sung des Gesetzes zur Fortentwicklung der 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworDatenverarbeitung und des Datenschutzes nicht den sind, ist SS 18 Abs. 6 des Bundesverfasanzuwenden. sungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenden. SS 12 SS9 Berichtspflicht Übermittlung von Informationen Der Bundesnachrichtendienst unterrichtet durch den Bundesnachrichtendienst den Chef des Bundeskanzleramtes über seine (1) Der Bundesnachrichtendienst darf InforTätigkeit. Über die Erkenntnisse aus seiner Tämationen einschließlich personenbezogener Datigkeit unterrichtet er darüber hinaus auch unten an inländische Behörden übermitteln, wenn mittelbar die Bundesminister im Rahmen ihrer dies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist Zuständigkeiten; hierbei ist auch die Übermittoder wenn der Empfänger die Daten für Zwecke lung personenbezogener Daten zulässig. der öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Empfänger darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu Artikel 6 dem Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt wurden. Inkrafttreten (2) Für die Übermittlung von Informationen (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des Artieinschließlich personenbezogener Daten an ankels 1 am Tage nach der Verkündung1 in Kraft;