Verfassung^ schutz Linksextremistische Bestrebungen bericht Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdend und extremistische Bestrebungen 1989 von Ausländern Spionageabwehr ISSN: 0177-0357 3 3 Vorwort des Bundesministers des Innern Der jährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und ein wesentlicher Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Unser freiheitlicher Rechtsstaat verfügt über ein Instrumentarium, um die Wiederholung einer Entwicklung zu verhindern, in der Grundprinzipien der Verfassung von ihren Gegnern angegriffen und ausgehöhlt werden konnten. In dem Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, sieht die Bundesregierung eine wichtige Aufgabe und ist bereit, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts auch offensiv zu führen. Sie setzt dabei - in Übereinstimmung mit ihren Vorgängern und den Regierungen in den Ländern - auf die Überzeugungskraft der geistig-politischen Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einräumt. Die Erhaltung des demokratischen Rechtsstaats kann nicht allein von staatlichen Behörden geleistet werden. Sie ist vielmehr Aufgabe aller Bürger. Ihre Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungsschutz. Hierfür müssen der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Der Information bedarf es auch deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele verschleiern, Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz ablegen 4 Vorwort des Bundesministers des Innern oder durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen vermeintlich als Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. Die Kriterien für die Grenzziehung zwischen Extremisten und Demokraten hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Parteiverbotsurteilen von 1952 und 1956 vorgegeben. Danach zählen Aktivitäten und Bestrebungen zum politischen Extremismus, bei denen konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, daß ihre Ziele oder die zur Erreichung dieser Ziele befürworteten Mittel und Wege ganz oder teilweise mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Widerspruch stehen. Zu deren fundamentalen Prinzipien zählen vor allem: - Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung - die Volkssouveränität - die Gewaltenteilung - die Verantwortlichkeit der Regierung - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - die Unabhängigkeit der Gerichte - das Mehrparteienprinzip - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien - und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Bis 1973 wurden solche Bestrebungen zuweilen als "radikal" bezeichnet. Der Begriff "extremistisch" trägt demgegenüber der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht schon deshalb verfassungsfeindlich sind, weil sie eine bestimmte nach allgemeinem Sprachgebrauch "radikale", d. h. an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben. Sie sind "extremistisch" und damit verfassungsfeindlich im Rechtssinne nur dann, wenn sie sich gegen den oben umschriebenen Grundbestand unserer freiheitlichen rechtsstaatlichen Verfassung richten. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1989 zusammen. Er kann keinen erschöpfenden Überblick geben; er unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse und analysiert und bewertet die Entwicklungen und Zusammenhänge. Er ist als Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung, nicht als eine abschließende juristische Würdigung zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der von verfassungsfeindlichen KräfCen beeinflußten Organisationen. Die Erwähnung einer Organisation im Bericht allein läßt noch keine Rückschlüsse auf die Verfassungstreue der einzelnen Mitglieder solcher Vereinigungen zu. Dr. Wolfgang Schäuble 5 INHALTSVERZEICHNIS Allgemeine Erfahrungen 12 Linksextremistische Bestrebungen 19 I. Übersicht in Zahlen 20 1. Organisationen und Mitgliederstand 20 2. Verlage und Vertriebsdienste 22 3. Periodische Publikationen 22 4. Linksextremisten im öffentlichen Dienst 22 5. Linksextremistische Einflüsse in Studentenvertretungen 23 II. Orthodoxe Kommunisten 24 1. Politische und organisatorische Entwicklung 24 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 24 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort 27 1.1.2 Organisation und Finanzierung 27 1.1.3 Schulung der DKP-Mitglieder 29 1.1.4 Parteipresse 29 1.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) 29 1.3 Nebenorganisationen der DKP 32 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 33 1.3.2 "Marxistischer Studentinnen-und Studentenbund Spartakus" (MSB) 35 1.3.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) 36 1.4 Kommunistisch beeinflußte Organisationen 37 1.4.1 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland" (WN-BdA) 38 1.4.2 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) 38 1.4.3 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen" (DFG-VK) 39 2. Bündnispolitik 40 2.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten 41 2.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften 42 2.3 "Antifaschismus"-Kampagne 43 2.4 Einflußnahme auf die "Friedensbewegung" 44 2.5 Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst 45 3. Betriebsarbeit 45 6 Inhaltsverzeichnis 4. "Ideologischer Kampf" 47 4.1 Instrumente zur Verbreitung des Marxismus-Leninismus 47 4.2 Druckerei, Verlage, Buchhandlungen 47 5. Teilnahme an Wahlen 48 5.1 Wahlen zum Europäischen Parlament 48 5.2 Kommunalwahlen 48 III. SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland 49 1. Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der DKP 50 2. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen 51 3. Funktionärsund Delegationsreisen in die DDR und DDR-"Reisekader" 52 IV. "Neue Linke" 52 1. Politischer Standort und Entwicklung 52 2. Organisationen und Gruppierungen 53 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen 53 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 54 2.1.2 "Kommunistischer Bund" (KB) 56 2.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 56 2.1.4 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) 57 2'.1.5 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 58 2.1.6 Trotzkistische Gruppen 59 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) 60 2.2 Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre 62 2.2.1 Autonome 63 2.2.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 68 2.2.3 "Anarcho-syndikalistische" und "anarcho-kommunistische" Gruppen 69 3. Aktionsfelder 69 3.1 "Internationalismusarbeit" - "Dritte Welt Solidarität" 69 3.2 "Antifaschismusarbeit" 71 3.3 "Antimilitarismusund Friedensarbeit" 72 3.4 Beteiligung an Aktionen der Umweltschutzbewegung und an Protesten gegen neue Technologien 73 3.5 Kampf um "Freiräume" 73 3.6 Betriebsund Gewerkschaftsarbeit 74 3.7 Tätigkeit an Hochschulen 74 V. Verbindungen zu ausländischen Linksextremisten 75 VI. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 75 1. Entwicklung der Terroraktionen 75 2. "Rote Armee Fraktion" (RAF) 78 2.1 "Kommandobereich" und "Militante" 78 2.2 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" 81 2.3 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" 82 Inhaltsverzeichnis 7 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" 84 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen 85 5. Internationale Verflechtungen 87 6. Strafverfahren 88 6.1 Anklagen 88 6.2 Verurteilungen 88 VII. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 89 1. Übersicht in Zahlen 89 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten 90 3. Staatliche Maßnahmen gegen Linksextremisten 90 3.1 Verurteilungen 90 3.2 Anklagen 91 VIII. Dokumentation 92 IX. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 99 8 , Inhaltsverzeichnis Rechtsextremistische Bestrebungen 107 I. Übersicht in Zahlen 108 1. Organisationen und Mitgliederstand 108 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste 110 3. Periodische Publikationen 110 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst 110 II. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 111 1. Zielsetzung 111 2. Zahlen 111 3. Neonationalsozialistische Gruppen 112 3.1 Die "Bewegung" 112 3.2 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 114 3.3 "Deutsche Alternative" (DA) 116 3.4 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 117 3.5 "Nationalistische Front" (NF) 118 3.6 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 120 3.7 Neonationalsozialistenkreis um Curt MÜLLER 122 3.8 "Bürgerund Bauerninitiative e.V." (BBI) 122 3.9 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) 123 3.10 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) 123 3.11 Sonstige neonationalsozialistische Zirkel 124 III. "National-Freiheitliche"/"Nationaldemokraten" 124 1. Ideologische Standorte 124 2. "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU-Liste D) 125 2.1 Zielsetzung 125 2.2 Organisation 125 2.3 Finanzen 127 2.4 Teilnahme an Wahlen 127 3. "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) 128 4. "National-Freiheitliche" Verlage 128 5. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 128 5.1 Zielsetzung 128 5.2 Organisation 130 5.3 Finanzen 130 5.4 Teilnahme an Wahlen 131 6. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 132 IV. Sonstige rechtsextremistische Gruppen 132 Inhaltsverzeichnis 9 V. Jugendgruppen 132 1. Überblick 132 2. Rechtsextremistische Randgruppen 133 3. "Wiking-Jugend e.V." (WJ) 133 VI. Rechtsextremistische Verlage, Vertriebsdienste und Computerspiele 134 1. Zeitungsund Schriftenverlage 134 2. Buchverlage und Vertriebsdienste 134 3. Computerspiele 135 VII. Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 135 1. "Revisionisten" 135 2. Veranstaltungen zum 100. Geburtstag HITLERs 135 3. Propagandamaterial aus dem Ausland 136 4. Internationale Treffen 136 VIII. Deutscher rechtsextremistischer Terrorismus 136 1. Anschläge 136 2. Justizmaßnahmen 137 IX. Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug 138 1. Überblick 138 2. Gewalttaten 139 3. Gewaltandrohungen 140 4. Sonstige Gesetzesverletzungen 140 5. Beweggründe/Zielrichtungen 140 X. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten 141 1. Verurteilungen 141 2. Anklagen 141 3. Veranstaltungsverbote 141 XI. Dokumentation 142 XII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 143 10 Inhaltsverzeichnis Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 147 I. Übersicht in Zahlen 148 1. Organisationen und Mitgliederstand 148 1.1 Überblick 148 1.2 Organisationen 150 1.3 Mitglieder 150 2. Publizistik 151 3. Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen 151 II. Mitgliederentwicklung und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 153 1. Iren/Nordiren 153 2. Kurden 155 2.1 Mitgliederentwicklung 155 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 155 3. Araber 158 3.1 Mitgliederentwicklung 158 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 158 3.3 Gewalttaten 158 4. Türken (ohne Kurden) 160 4.1 Mitgliederentwicklung 160 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 160 4.2.1 "Neue Linke" 160 4.2.2 Orthodoxe Kommunisten 162 4.2.3 Islamische Extremisten 163 4.2.4 Extreme Nationalisten 163 5. Iraner 164 5.1 Mitgliederentwicklung 164 5.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 164 5.2.1 Anhänger der iranischen Regierung 164 5.2.2 Gegner der iranischen Regierung 164 6. Sonstige 166 6.1 Jugoslawen 166 6.2 Sikhs 167 6.3 Tamilen 167 III. Dokumentation 168 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 170 Inhaltsverzeichnis 11 Spionageabwehr 175 1. Spionageabwehr, Schwerpunktaufgabe der Verfassungsschutzbehörden von bleibender Aktualität 176 2. Kontaktanlässe/Werbungsmethoden 177 2.1 Nachrichtendienstliche Ansprachen von Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland 178 2.2 Nachrichtendienstliche Gefährdung von Übersiedlern, Aussiedlern und Asylsuchenden aus dem kommunistischen Machtbereich 181 3. Zielrichtungen/Zielobjekte 184 3.1 Politische Spionage/Ausspähung von Emigranten 184 3.2 Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage 185 3.3 Militärspionage 188 4. Methoden gegnerischer Nachrichtendienste 192 4.1 Nachrichtendienstliche Schleusungen über die innerdeutsche Grenze 192 4.2 Einschleusung von Agenten durch die Einrichtung von Wohnstützpunkten .... 193 5. Legale Residenturen gegnerischer Nachrichtendienste 195 5.1 Struktur der Legalen Residenturen 196 5.2 Aufklärungsschwerpunkt Politik 197 5.3 Aufklärungsziel "Emigration" und Bekämpfung "ideologischer Subversion".. 199 5.4 Aufklärung durch Austauschwissenschaftler 200 6. Festnahmen und Verurteilungen 201 Abkürzungsverzeichnis 202 Sachwortregister 206 Allgemeine Erfahrungen I. Linksextremistische Bestrebungen Im organisierten Linksextremismus haben tiefgreifende Veränderungen eingesetzt. Die Umbrüche in Mittelund Osteuropa haben die orthodoxen Kommunisten in eine schwere Krise gestürzt, verbunden mit teilweisem organisatorischen Verfall und hohen Mitgliederverlusten. Die Gruppen der "Neuen Linken", die den "realen Sozialismus" stets kritisiert und keine der dort regierenden kommunistischen Parteien als "Bruderpartei" angesehen hatten, blieben von deren Niedergang bisher unberührt. Die Linksextremisten hielten an ihren verfassungsfeindlichen Zielen fest: Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Diktatur oder der Anarchie. Diesen Zielen dienten auch die tagespolitischen Aktivitäten. Dabei konnten Linksextremisten, darunter auch gewaltbereite Anhänger der "Neuen Linken", in Aktionsbündnissen mit Demokraten zusammenwirken. Ein besonders herausragendes Aktionsthema gab es 1989 nicht. Nach den Wahlerfolgen der "Republikaner" verstärkten die Linksextremisten ihren "antifaschistischen Kampf". Das Interesse an anderen Protestbewegungen wie der "Friedensbewegung" ging weiter zurück. Zum Jahresende, nach dem Umbruch in der DDR, griffen Linksextremisten als neues Kampagnethema den Widerstand gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands auf. Die Gewaltbereitschaft von Linksextremisten hielt an. Die Gesamtzahl der von ihnen verübten Straftaten ist wieder leicht angestiegen. 1. Orthodoxe Kommunisten Das Scheitern des "realen Sozialismus", vor allem in der DDR, hat zu einer Existenzkrise der orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Zum Jahresende stellte die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) - inzwischen umbenannt in "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) - d i e konspirative Finanzierung der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) weitgehend ein. Die aufwendigen Parteiapparate mußten erheblich reduziert und Mitarbeiter entlassen werden, Publikationen wurden eingestellt. Die bisher immer bestrittene Berichterstattung der Verfassungsschutzbehörden über Abhängigkeit und Steuerung der DKP und der "Sozialistischen Einheitspartei Westberlins" (SEW)* sowie ihrer zahlreichen Vorfeldorganisationen wurden damit bestätigt. Eine Austrittswelle setzte ein. Ein Teil der reformwilligen Erneuerer, die der DKP den Rücken kehrten, begann, sich in Initiativen für eine neue kommunistische Politik zu formieren oder Anschluß bei Gruppierungen der "Neuen Linken" zu suchen. * Inzwischen umbenannt in "Sozialistische Initiative" (SD Allgemeine Erfahrungen 13 Trotz dieser Entwicklung ist die DKP die stärkste linksextremistische Organisation geblieben und nach wie vor in allen Bundesländern organisiert. Die Parteiführung kämpft darum, die DKP als revolutionäre Arbeiterpartei auf marxistisch-leninistischer Grundlage zu "erneuern". Wie die Partei selber, so hoffen auch ihre Vorfeldorganisationen, die politische Arbeit - bei weitgehend unveränderten Zielen - mit kleineren Apparaten durch Eigenfinanzierung und verstärkte ehrenamtliche Tätigkeit fortsetzen zu können. Zum Jahresende wurden erstmals konkrete Anhaltspunkte bekannt, daß die SED die DKP nicht nur für politische Zwecke eingesetzt hat, sondern unter Verantwortung des Ministeriums für Staatssicherheit über viele Jahre hinweg DKP-Mitglieder für Sabotageakte ausgebildet hat.* 2. "Neue Linke" Die zahlreichen Gruppierungen der "Neuen Linken" - d. h. derjenigen Linksextremisten, die den orthodoxen, an der KPdSU und SED orientierten Kommunismus ablehnen - blieben organisatorisch und ideologisch weitgehend stabil. Einzelne Gruppen der revolutionären Marxisten und anarchistische Zusammenschlüsse, die jeweils mit mehreren Strömungen und Ausprägungen vertreten sind, hatten weiteren Zulauf. Zum Jahresende begannen Trotzkisten und Anarchisten Stützpunkte und Gruppen in der DDR aufzubauen. Ein erneuter Versuch, die ideologische und organisatorische Zersplitterung der "Neuen Linken" zu überwinden und die Kräfte zu bündeln, und zwar einschließlich von Personen aus dem terroristischen Umfeld, Erneuerern aus den Reihen der DKP sowie Anhängern ökosozialistischer Strömungen in den GRÜNEN, stieß auf geteiltes Interesse. Wie schon seit Jahren waren anarchistisch orientierte Autonome für die Mehrzahl der von Linksextremisten verübten Gewalttaten, einschließlich der terroristischen Brandanschläge, verantwortlich. 3. Terrorismus** Einerseits hat die seit 1987 rückläufige Entwicklung der Zahlen linksextremistisch motivierter Terrorakte**) auch 1989 angehalten. So ist deren Zahl mit 101 Anschlägen gegenüber dem Vorjahr (197) um nahezu die Hälfte gesunken. Andererseits hat der "Kommandobereich" der "Roten Armee Fraktion" (RAF) mit dem Mord an dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank Dr. Alfred HERRHAUSEN am 30. November in Bad Homburg gezeigt, daß er unbeirrt an seinen heimtückischen verbrecherischen Zielen, dem sog. "Konzept des bewaffneten Kampfes", festhält. * Zur Definition der Begriffe" Terrorismus" und "Terrorakte" s. S. 75/76 ** Die Existenz dieser äußerst konspirativ rekrutierten geheimen Einsatztruppe belegt anschaulich die vielfach unterschätzte Gefährdung der inneren Sicherheit durch SED-gesteuerte orthodoxe Kommunisten. 14 Allgemeine Erfahrungen Die im September 1988 bekanntgegebene Zusammenarbeit zwischen der RAF und der italienischen Terrorgruppe "Brigate Rosse - PCO (BR-PCC) hat weiterhin Bestand, auch wenn diese Gruppe seitdem selbst keine Terrorakte mehr verübt hat. Die BR-PCC haben das Bündnis mit der RAF im Laufe des Jahres mehrmals bekräftigt. Die "Militanten" der RAF ließen sich durch den Anschlag des "Kommandobereichs" erstmals seit Dezember 1986 wieder zu eigenen Anschlagsaktivitäten motivieren. Am 10. Dezember versuchten sie einen Sprengstoffanschlag auf die Fa. BAYER AG in Monheim. Die Anschlagsserie setzte sich in 1990 fort. Beherrschendes Ereignis in der ersten Jahreshälfte 1989 war der 10. kollektive Hungerstreik der Inhaftierten aus "RAF und Widerstand" vom 1. Februar bis 12. Mai, an dem sich zeitweise über vierzig terroristische Gewalttäter beteiligten. Die Häftlinge wollten damit insbesondere ihre Zusammenlegung in ein oder zwei große Gruppen erzwingen. Der Hungerstreik bestimmte auch die Aktivitäten der Angehörigen des RAF-Umfeldes. Durch eine Vielzahl von Veranstaltungen und Aktionen unterschiedlichster Art gelang es ihnen, die Forderungen der Inhaftierten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Nach dem Abbruch des erfolglos gebliebenen Hungerstreiks zeigte sich bei den Anhängern der RAF zunehmend Ratlosigkeit. Dies führte zu einem deutlichen Rückgang ihrer Aktivitäten. Der Mord an Dr. HERRHAUSEN stieß bei ihnen auf allgemeine Zustimmung und gab ihnen neue Orientierung. Die "Revolutionären Zellen" haben 1989 zwei Sprengstoffund zwei Brandanschläge verübt. Sie setzten damit ihre 1986 begonnene Anschlagsserie zur Asylantenund Flüchtlingsproblematik fort. Ihre autonome Frauengruppe, die "Rote Zora", entwickelte hingegen keine terroristischen Aktivitäten. II. Rechtsextremistische Bestrebungen 1989 brachte den rechtsextremistischen Organisationen einen beachtlichen Mitgliederzuwachs. Das gilt insbesondere für die "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU). Bei der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) stieg die Mitgliederzahl ebenfalls. Rechtsextremisten begrüßten die Veränderungen in der DDR, weil sie sich dadurch in ihrem deutschlandpolitischen Vorhaben bestärkt sehen. Sie werben um Übersiedler aus der DDR sowie deutschstämmige Aussiedler und hetzen gegen Ausländer. In einigen Fällen gelang es ihnen, Kontakte zu Gleichgesinnten in der DDR zu knüpfen. Eine einheitliche oder systematische rechtsextremistische Ideologie gibt es nicht. Rechtsextremisten sind sich allerdings einig in Allgemeine Erfahrungen 15 ihrem Streben nach autoritären oder totalitären Staatsformen. Damit unvereinbare demokratische Strukturen lehnen sie ab. Kennzeichnend ist vor allem die Überbetonung einer Volksgemeinschaft, die im Gegensatz zum Bild des Grundgesetzes mit dem vorrangigen Wert und der Würde des einzelnen steht. Maßgebliche Maxime ihrer Weltanschauung und ihres politischen Handelns ist das Führerprinzip, das von den einzelnen Strömungen unterschiedlich deutlich zum Ausdruck gebracht wird. Alle rechtsextremistischen Bestrebungen kennzeichnet ein völkischer Nationalismus, dessen Triebfeder ein elitäres rassistisches Denken ist. Nicht die Gemeinsamkeiten der Geschichte, der Kultur und insbesondere der Sprache bestimmen nach rechtsextremistischer Weltanschauung die Zugehörigkeit zu einem Volk und zu einer Nation, sondern allein die biologische Abstammung (Rassevolk, Rassenation). Das ideologische Feindbild wird deshalb maßgeblich durch Rassenund Fremdenhaß insbesondere gegen Türken, Juden und Farbige geprägt. Die Neonationalsozialisten (Neonazis) unter den Rechtsextremisten streben einen dem Programm der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) entsprechenden Führerstaat an. Soweit sie in HITLER ihr Leitbild sehen, entspricht das "Dritte Reich" ihrer Systemvorstellung. Die "Nationalrevolutionäre" unter den Neonationalsozialisten, die sich auf die Brüder STRASSER und deren linksnationalistische Aktivitäten in der Weimarer Republik berufen, streben ein NS-Staatsmodell mit sozialistischer Ausprägung an. Tonangebende Organisationen der Neonationalsozialisten sind die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP), die "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" und die "Nationalistische Front" (NF). Die "Nationaldemokraten" kleiden ihre völkisch-kollektivistischen Systemvorstellungen in Begriffe wie "Volksgemeinschaft" und "Volksganzes", wobei sie - wie dies auch die "National-Freiheitlichen" tun - keinen Zweifel daran lassen, daß sie trotz aller Wortbekenntnisse zum Grundgesetz die Freiheitsrechte des Individuums gegenüber den Interessen der Volksgesamtheit geringer einschätzen. Neonationalsozialisten verübten die meisten Gewaltakte mit rechtsextremistischem Bezug. Wohnungen und Unterkünfte von Asylanten und anderen Ausländern sind zunehmend Ziele von Brandanschlägen. Die Zahl der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und Linksextremisten stieg weiter an. Anlaß waren zumeist Veranstaltungen von rechtsextremistischen Organisationen und Versuche ihrer Störung oder Verhinderung durch politische Gegner, insbesondere Linksextremisten. Leidtragende solcher Auseinandersetzungen waren oftmals vor allem die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit eingesetzten Polizeibeamten. 16 Allgemeine Erfahrungen III Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Ausländische Extremisten beeinträchtigten auch 1989 die innere Sicherheit sowie wichtige innenund außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Aktivitäten richteten sich vornehmlich gegen die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in den Heimatländern. Aber auch innenpolitische Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland und Maßnahmen deutscher Behörden bildeten Agitationsthemen ausländischer Extremisten. Kurdische, türkische und iranische Gruppierungen traten dabei besonders hervor. Irische Terroristen setzten ihre Anschlagsserie mit gesteigerter krimineller Energie fort. Wie im Vorjahr bildeten die ausländischen Extremisten nur eine kleine Minderheit unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden über 4,8 Millionen (geschätzt) Ausländern. In extremistischen oder extremistisch beeinflußten Ausländergruppen waren 1989 97.250 Personen organisiert. Bei der Bewertung dieser Zahl ist zu bedenken, daß eine Vielzahl der Ausländer vor allem aus religiösen, sozialen und kulturellen Gründen in den Organisationen Mitgliedschaften eingeht, um in erster Linie Betreuung in Alltagsfragen und "heimatliche Nähe" zu finden. Die politische Zielsetzung spielt oft nur eine untergeordnete Rolle. Ausländische Extremisten wendeten wiederum vielfach Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele an. Die Zahl der schweren Gewaltakte hat im Vergleich zu 1988 zugenommen. 15 (1988: 12) vorbereitete bzw. versuchte oder vollendete Terrorund sonstige schwere Gewaltakte waren zu verzeichnen. Die Gesamtzahl politisch motivierter Gewaltaktionen und sonstiger Gesetzesverletzungen lag bei 113 und damit nur knapp unter der Vorjahreszahl (120). Die größte Gefahr für die innere Sicherheit ging 1989 von der "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) aus. Im zwanzigsten Jahr der verstärkten Präsenz britischer Truppen in Nordirland verübte die Terrororganisation zahlreiche Mordund Bombenanschläge im Bundesgebiet, bei denen vier Menschen, unter ihnen ein sechs Monate altes Kleinkind sowie die deutsche Ehefrau eines britischen Soldaten, den Tod fanden. Neben Kasernenanlagen der britischen Rheinarmee waren zunehmend britische Soldaten und deren Angehörige Anschlagsziele der PIRA. Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) war auch 1989 die mit Abstand aktivste unter den gewaltorientierten kurdischen Widerstandsgruppen. Ein Themenschwerpunkt ihrer Agitation war der am 24. Oktober vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen 19 ehemals führende PKK-Funktionäre begonnene Strafprozeß. Die Anklage wirft ihnen u. a. die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Anhänger der Partei organisierten zahllose Solidaritätsaktionen wie Protestdemonstrationen und Besetzungen. Im Zusammenhang mit Spendengelderpressungen kam es zu einem Allgemeine Erfahrungen 17 Mordversuch eines PKK-Aktivisten an einem Türken. Die gewalttätige Verfolgung von Parteiabtrünnigen setzte sich fort. Mitte des Jahres gelang es, Anschlagsvorbereitungen arabischschiitischer Terroristen aufzudecken. Sichergestellte Unterlagen im Zusammenhang mit der Festnahme eines Hizb Allah-Angehörigen lieferten Hinweise darauf, daß Bombenattentate auf israelische bzw. jüdische und amerikanische Einrichtungen im Bundesgebiet geplant waren. Türkische Extremisten beeinträchtigten auch 1989 die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Ein ernstzunehmendes Gewaltpotential zeigte sich wieder im Bereich der sogenannten Neuen Linken. Hier kam es zu Spendengelderpressungen. Daneben agitierten einzelne Gruppierungen scharf gegen die Politik der Bundesregierung. Der islamisch-extremistische "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) propagierte Gewalt. Herausragendes Ereignis im iranischen Beobachtungsfeld war der Sprengstoffanschlag auf eine Veranstaltung der der "Neuen Linken" zuzurechnenden "Iranischen Moslemischen StudentenVereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (MSV) in der Kölner Universität am 11. Februar. Daneben fanden zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen im Zusammenhang mit dem Tod KHOMEINIs und dessen Mordbefehl gegen den Schriftsteller Salman RUSHDIE statt. IV. Spionageabwehr Die politischen Umwälzungen in den Staaten Mittelund Osteuropas und die zunehmenden Entspannungstendenzen im Ost-WestVerhältnis führten 1989 (noch) nicht zu einem spürbaren Nachlassen der von den Nachrichtendiensten der Warschauer Pakt-Staaten ausgehenden Spionageaktivitäten. Erneut wurde eine Vielzahl von Werbungen und Werbungsversuchen bekannt, mit denen die Nachrichtendienste dieser Länder Agenten zu gewinnen versuchten. Die festgestellten Spionageaufträge richteten sich unverändert gegen ein breites Spektrum von Zielobjekten im politischen, militärischen und wirtschaftlich-wissenschaftlichen Bereich. Als besonders aktiv erwiesen sich die Nachrichtendienste der DDR, auf die wiederum der weitaus größte Anteil an Werbungen/Werbungsversuchen und Aufträgen entfiel. Im Jahre 1989 konnte eine neue Variante in den Spionageaktivitäten eines sowjetischen Nachrichtendienstes erkannt werden. Erstmals fand sich eine Bestätigung für den von den Verfassungsschutzbehörden bereits länger gehegten Verdacht, daß auch westliche Datenbanken gezielt ausgeforscht werden. Die Zahl der enttarnten und festgenommenen Agenten erreichte zwar nicht die Größenordnung des Vorjahres, lag aber im Durchschnitt der vergangenen Jahre. MMH . . ., . *- * * * *..'*. y * * ....' * . *JfJ'\**K!'L-, % | j* * , -^"r * - *.-"'-. - f*. "extremistisch" <^^yis^U' Bestrebungei sy&* 20 Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Hohe MitgliederDie Gesamtzahl der Parteien und sonstigen Organisationen ist verluste der gegenüber 1988 gleich geblieben. Die Zahl der organisierten Linksorthodoxen extremisten ist jedoch stark zurückgegangen, dabei hat sich die Kommunisten Relation der orthodoxen Kommunisten zu Mitgliedern und Anhängern der "Neuen Linken" deutlich verschoben. Denn die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) verlor infolge der schweren ideologisch-politischen und finanziellen Krise einen großen Teil ihrer Mitglieder; auch bei ihren Jugendund Studentenorganisationen ging der Verfall weiter. Im Bereich der "Neuen Linken" stieg dagegen die Mitgliederzahl einzelner revolutionär-marxistischer Organisationen an. Auch anarchistische und sonstige sozial-revolutionäre Gruppierungen hatten wieder Zulauf. 1987 1988 1989 Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Orthodoxe Kommunisten Kernorganisationen 2 42.500 2 39.500 2 25.000 Nebenorganisationen 13 28.000 14 15.900 13 6.700 beeinflußte Organisationen* 54 60.500 55 60.000 55 53.000 "Neue Linke" Revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 27 6.100 29 7.100 31 9.200 Nebenorganisationen 10 500 10 500 8 500 beeinflußte Organisationen 11 1.200 10 1.400 9 1.600 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre** 65 4.300 67 4.000 69 4.500 Summe 182 81.400 61.700 187 67.000 61.400 187 45.900 54.600 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften und Kinderca. ca. ca. ca. ca. ca. organisationen 62.000 46.000 56.000 46.000 41.000 40.000 Da den beeinflußten Organisationen auch Mitglieder angehören, die keine Kommunisten sind, wurden die Mitgliederzahlen in einer eigenen Spalte aufgeführt. * Erfaßt sind nur Gruppen, die festere Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. Das Mobilisierungspotential der "Szene" umfaßt zusätzlich mehrere tausend Personen. Linksextremistische Bestrebungen 21 Mitglieder linksextremistischer und linksextremistisch beeinfiußter Organisationen - nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften - 41000 Mitglieder in linksextremistischen Organisationen 40000 Mitglieder in linksextremistisch beeinfiußter) Organisationen 38500 Mitglieder in orthodox-kommunistisch beeinflußten Organisationen Mitglieder in orthodox-kommunistischen Kernund Nebenorganisationen 13200 Mitglieder in Kern und Nebenorganisationen der "Neuen Linken" 1 500 Mitglieder in beeinflußten Organisationen der "Neuen 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 Linken" 22 Linksextremistische Bestrebungen 2. Verlage und Vertriebsdienste Im Jahre 1989 verbreiteten wieder etwa 100 von Linksextremisten gesteuerte Verlage und Vertriebsdienste linksextremistische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Einzelne Unternehmen aus dem Bereich der DKP mußten zum Jahresende, nachdem die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands/Partei des Demokratischen Sozialismus" (SED/PDS) die Finanzierung der orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland weitgehend eingestellt hatte, ihr bisher umfangreiches Verlagsprogramm reduzieren oder Konkurs bzw. Vergleich anmelden (vgl. insbesondere Kap. II, Ziff. 4.2). 1987 1988 1989 Zeitungs-, Zeitschriftenund Buchverlage 36 37 38 Vertriebsdienste/Buchläden 68 61 63 Summe 104 98 101 3. Periodische Publikationen Linksextremisten und die von ihnen beeinflußten Organisationen gaben 1989 zusammen etwa 1.000 (1988: etwa 1.200) verschiedene periodische Schriften mit einer Jahresauflage von etwa 32 Mio. (1988: mehr als 38 Mio.) Exemplaren heraus. Davon kamen etwa 25 Mio. (1988: mehr als 33 Mio.) aus dem Bereich der orthodoxen Kommunisten; etwa 10 Mio. entfielen allein auf die Zentralorgane der DKP und der "Sozialistischen Einheitspartei Westberlins" (SEW); diese Publikationen erschienen bis Ende Dezember bzw. November als Tageszeitungen mit zusammen etwa 32.000 (1988: etwa 33.000) Exemplaren. Die Jahresauflage der periodischen Schriften aus dem Bereich der "Neuen Linken" stieg auf knapp 7 Mio. (1988: mehr als 5 Mio.) Exemplare. 4. Linksextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1989 waren den Verfassungsschutzbehörden (nicht den Erhebliche Anstellungsbehörden!) 2.003 (1988: 2.095) Linksextremisten im Dunkelziffer bei öffentlichen Dienst bekannt. Die Zahl der tatsächlich dort beschäfLinksextremisten tigten Linksextremisten ist aber erheblich größer. Denn viele Mitim öffentlichen glieder linksextremistischer Organisationen beteiligen sich nicht an Dienst öffentlichen Aktionen ihrer Organisation, damit sie nicht als Angehörige des öffentlichen Dienstes erkannt werden. Linksextremistische Bestrebungen 23 Von den 2.003 erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst sind 1.469 Mitglieder der DKP oder der SEW; 38 gehören einer DKPoder SEW-Nebenorganisation an und 60 einer kommunistisch beeinflußten Organisation*. Mitglieder von Gruppen der "Neuen Linken" sind 416 im öffentlichen Dienst Beschäftigte, darunter fast zwei Drittel in der "Marxistischen Gruppe" (MG). Beamte von Bund, Ländern oder Gemeinden sind 845 der erkannten Linksextremisten; 1.158 sind als Angestellte oder Arbeiter beschäftigt. Im öffentlichen Dienst des Bundes sind 240 Linksextremisten bekannt, darunter 125 bei der Bundespost und 42 bei der Bundesbahn, meist in untergeordneten Funktionen. Im Dienst der Länder stehen 1.253 der erkannten Linksextremisten; davon sind 681 als Lehrer tätig, 111 gehören zum wissenschaftlichen Personal an Hochschulen. Unter den 511 erkannten linksextremistischen Kommunalbediensteten befinden sich weitere 58 Lehrer. 5. Linksextremistische Einflüsse in Studentenvertretungen4 Der Anteil von Vertretern linksextremistischer Gruppierungen in Anteil linksden studentischen Selbstverwaltungsorganen ist weiter zurückgeextremistischer gangen, und zwar in den Studentenparlamenten von knapp 31 % Gruppen in studentischen auf etwas über 26 % der Sitze und in den Allgemeinen StudentenSelbstausschüssen von 33 % auf etwa 28 % der Sitze. verwaltungsDie Stimmeneinbußen gingen zum Teil zu Lasten des orthodoxeinrichtungen kommunistischen "Marxistischen Studentinnenund Studentengeht zurück bundes Spartakus" (MSB): Er verlor in den Studentenparlamenten fast ein Drittel seiner Sitze und stellt nur noch knapp 7 % der Mitglieder der Studentenparlamente. In den Allgemeinen Studentenausschüssen konnte er jedoch seinen Anteil mit gut 9 % geringfügig ausbauen. Der "Sozialistische Hochschulbund" (SHB), "Dauerbündnispartner" des MSB, hatte dagegen nur geringe Verluste: Er erreichte in den Studentenparlamenten noch über 6 % und in den Allgemeinen Studentenausschüssen über 5 % der Sitze (1988 jeweils etwa 7 %). Vertreter der "Neuen Linken" behaupteten ihren Anteil von 13 % der Sitze in den Studentenparlamenten; jedoch erhielten sie nur noch 13 % (1988: fast 18 %) der Sitze in den Allgemeinen Studentenausschüssen. Trotz der Einbußen waren in drei Viertel der Studentenparlamente und wieder in mehr als der Hälfte der Allgemeinen Studentenausschüsse Mitglieder linksextremistischer Gruppierungen vertreten; ein Viertel der Allgemeinen Studentenausschüsse setzte sich zu mehr als 50 % aus diesen Mitgliedern zusammen. 1 Mitglieder linksextremistisch beeinflußter Organisationen wurden nur bei eigenem linksextremistischem Verhalten erfaßt. ' Die Angaben beruhen auf Ergebnissen für 42 Hochschulen mit Promotionsrecht und verfaßter Studentenschaft, an denen regelmäßig Wahlen zu den Studentenvertretungen stattfinden; die Wahlbeteiligung lag bei durchschnittlich fast 24 %. 24 Linksextremistische Bestrebungen II. Orthodoxe Kommunisten 1. Politische und organisatorische Entwicklung 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Existenzkrise Seit im Laufe des Jahres 1989 das Scheitern des "realen Sozialisder orthodoxen mus", vor allem in der DDR, offenkundig geworden ist, hat sich die Kommunisten Identitätskrise der orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland zur Existenzfrage zugespitzt. Der DKP-Vorsitzende Herbert MIES* sprach gegen Jahresende von "beispielloser politischer und moralischer Erschütterung", gleichzeitig aber auch von der Entschlossenheit, fester zusammenzurücken und die DKP als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse zu erhalten1. Tagung des Parteivorslands der DKP, Düsseldorf, 16. Dezember 1989 Zur Entwicklung in der DDR und zur Krise der DKP Für den Erhalt und die Reorganisation der DKP Für einen Neuanfang Referate und Beschlüsse der 10. Parteivorstandstagung Ungeachtet der Umbrüche im "realen Sozialismus" hielt die DKP an ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen fest. Auf dem 9. Parteitag zu Jahresbeginn2 bekannten sich die Delegierten - sowohl der Mehrheitsflügel der DKP weiterhin Traditionalisten als auch die Minderheitsströmung der Erneuerer - für "sozialistische einmütig zum Ziel einer "sozialistischen BRD", wie sie im ParteiBRD" programm der DKP formuliert sei3. Nach diesem Programm - so MIES später - bedeute Sozialismus "politische Macht der Arbeiterklasse" (Synonym für "Diktatur des * Seit ihrem 10. Parteitag am 24725. März 1990 hat die DKP eine neue Führung. Ein vierköpfiger Sprecherrat löste den bisherigen Vorsitzenden und seine Stellvertreterin ab. Linksextremistische Bestrebungen 25 Proletariats"), gesellschaftliches Eigentum an den Hauptproduktionsmitteln und Planwirtschaft. Diese Prinzipien seien unverändert, auch für ein neues DKP-Programm, die entscheidenden Kriterien einer sozialistischen Gesellschaft4. Unverzichtbar sei die führende Rolle der Partei; wer diese aufgebe, untergrabe den Sozialismus5. Von dieser Position machte die DKP auch nach der Wende in der DDR keine Abstriche: Daß die führende Rolle deklamiert und nicht praktiziert worden sei, habe dem Sozialismus geschadet6. Für sich selbst erhebt die DKP ebenfalls den für kommunistische Parteien typischen Avantgardeanspruch; so besitze sie als einzige politische Kraft mit dem Marxismus-Leninismus eine integrierende Wissenschaft von Gesellschaft und Natur7. Nur der Marxismus-Leninismus könne Richtschnur für eine Erneuerung der DKP sein8: "Der Sozialismus-Kommunismus als Gesellschaftsordnung bleibt unser Ziel"9. Afghanistan sieht vor Großbritannien: Bettler Hauptproblem der Türkei: einem harten Winter gehören zum StraBenbitd Die Kurdentrage Sehe 3 Sette 4 Serie 4 unsere zeit PV umreiBt Konturen Hii_i_HHHHi_i_i_i_i_Hi_i_i_i_i_HQaH|imiBmiBmiBmiBBi * JSSr'Ü^IÜ'SSÜ". ' "Z" UM|WM Mt p ^ ,TOnQUoter bu mm Sander- m i t Jrafc EmotloMIl* fmekl für Neuanfang der DKP gsSj Die von der DKP verfolgte revolutionäre Strategie sieht mehrere Etappen vor: zunächst eine "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt", das Konzept einer "friedensorientierten und demokratischen Reformalternative" einschließend; dann eine "antimonopolistische Demokratie" (entsprechend der Leninschen "revolutionär-demokratischen Diktatur", einer Vorstufe der "Diktatur des Proletariats"); schließlich die sozialistische Gesellschaftsordnung als Ergebnis grundlegender Umgestaltung bzw. Umwälzung, d. h. einer Revolution10. DKP-Ideologen betonten, die sozialistische Revolution sei kein "Kladderadatsch". Die Partei gebe sich nicht der Illusion hin, das Großkapital werde seine Eigentumstitel auf dem silbernen Tablett überreichen. Die Erfahrung lehre, daß blutige Gewalt - in der Regel von den Verteidigern des Alten eingeführt - eine große Rolle spiele11. 26 Linksextremistische Bestrebungen Die SED, von der die DKP ihre Direktiven erhielt, hatte auch Vorbereitungen für einen gewaltsamen Umsturz getroffen. Zum Jahresende ergaben sich Anhaltspunkte, daß sie unter Verantwortung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR über viele Jahre hinweg DKP-Mitglieder für Sabotageakte ausbilden ließ. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Verbot der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) sind "Diktatur des Proletariats" und "sozialistische Revolution" mit der freiheitlichen demokratischen Ordnung des Grundgesetzes unvereinbar12. So hat auch das Bundesverwaltungsgericht gemäß ständiger Rechtsprechung erneut festgestellt, daß die DKP verfassungsfeindliche Ziele verfolge13. DKP weiterhin Teil Allen Rückschlägen und Enttäuschungen zum Trotz bezeichnete der internationasich die DKP weiterhin als Teil der internationalen kommunistilen kommunistischen und revolutionären Bewegung; sie wolle an ihrem klassenschen Bewegung mäßigen Verständnis des proletarischen Internationalismus und ihrer prinzipiellen Solidarität mit den sozialistischen Staaten festhalten 14 . Dies gelte vor allem für die DDR. Die Kommunisten der Bundesrepublik Deutschland hätten den Sozialismus auf deutschem Boden immer als historische Errungenschaft betrachtet und sich damit identifiziert15. Ob am 17. Juni 1953, am 13. August 1961 oder beim Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei16, stets hätten sie die DDR verteidigt17. Dementsprechend hatte die DKP noch Ende August die DDR als "gelungenes deutsches >Experiment<" gepriesen18. Nach der Wende in der DDR räumte das DKP-Präsidium jedoch ein, bei der Darstellung des Sozialismus jahrelang eine Praxis des strategischen Verschweigens gepflegt zu haben19. Erneuerer übersetzten: "Auf gut deutsch: Wir logen"20. Erstmals bekannte die DKP offen, w DKP ringt um neues Verhältnis zur DDR Reportage: SWAPO-Rinder gefunden - in der DDR Seite 3 unsere zeit Ungern: Aef "ern WeejkMCfcMS7 Hejeebefi: MeN Erste Runde sehr produktiv V' 4 '** * " Linksextremistische Bestrebungen 27 die SED habe unmittelbar auf ihre politischen Aussagen Einfluß genommen21. Vorsichtig kritisierte MIES "Besserwisserei" der SED22. Erneuerer formulierten drastischer: Die DKP habe die SED bis ins Detail kopiert und Kadavergehorsam geübt23. Selbst die SED/PDS räumte ein, sie habe bisher die DKP gegängelt und dirigiert; dies werde künftig nicht mehr vorkommen24. Die DKP betonte ihre Kontinuität mit der 1956 als verfassungswidrig verbotenen KPD. Im Schlußwort des 9. Parteitages sprach MIES von der "70jährigen Geschichte unserer Partei". Nach Angaben der DKP waren etwa 57 % der auf diesem Parteitag gewählten Parteivorstandsmitglieder bereits in der illegalen KPD aktiv25. Differenziert waren die Diskussionen bei Erneuerern, sowohl bei Erneuerer jenen, die zunächst in der Partei blieben, als auch bei solchen, die uneins über ihr den Rücken kehrten. Namhafte Repräsentanten dieses Flügels kommunistische bekundeten, es gebe in ihren Reihen viele, die sich kommunistiPolitik sche Politik besser als Teil der Grünen vorstellen könnten26. Ein Großteil der Erneuerer versicherte, am revolutionären Anspruch festzuhalten27, und bemühte sich um eine parteiübergreifende Sammlung von Kommunisten und Sozialisten. Andere begannen, sich von extremistischen Zielen der DKP zu lösen. 1.1.2 Organisation und Finanzierung Auseinandersetzungen zwischen Traditionalisten und Erneuerern lahmten zusehends die Handlungsfähigkeit der DKP. Parteivorstandstagungen häuften sich; sie beschäftigten sich vorwiegend mit internen Problemen. Von der Entwicklung in der DDR wurde die DKP überrollt. Ratlosigkeit, Verbitterung und Resignation führten zu weiteren deutlichen Mitgliederverlusten. Zum Jahresende Rückläufige dürften der DKP noch etwa 22.000 Mitglieder angehört haben Mitgliederzahlen (Ende 1988: fast 35.000). der DKP 28 Linksextremistische Bestrebungen Politisch heimatlos geworden, bemühte sich ein großer Teil der Erneuerer bundesweit und regional um neue Diskussionsund Arbeitszusammenhänge revolutionärer Politik. Dabei wurde überwiegend nicht die Gründung einer neuen Partei, sondern eine Sammlungsbewegung von Kommunisten und Sozialisten angestrebt. ^Impulse für die Parteidiskussion und die Bildungsarbeit der DKP Texte und Materialien zum Schwerpunkt-Thema Sozialismus: Diskussion und revolutionäre Erneuerung auf deutschem Boden Herausgegeben von der Abt. Theorie und marxistische Bildung beim Parteivnrstand der DKP Redaktionsschluß 15. November 1989 Weitgehender Als die SED ab November ihre konspirative Finanzierung der westStopp der deutschen Kommunisten mit bisher etwa 6 Millionen DM monatkonspirativen lich weitgehend einstellte - auch nach Bekundungen von Herbert Finanzierung MIES allerdings nicht vollständig28 -, mußte die DKP ihren aufwendurch die SED am digen Apparat erheblich reduzieren. Mehreren Hundert hauptamtliJahresende chen Kadern wurde am Jahresende gekündigt, Büros wurden aufgegeben, Publikationen reduziert oder eingestellt. In Mitleidenschaft gezogen wurden auch solche Organisationen und Einrichtungen, die ihre Abhängigkeit von der DKP und DDR stets als "Verfassungsschutzlüge" bestritten hatten. Erstmals mußte MIES öffentlich eine "Kluft" zwischen Eigenaufkommen der Partei und "finanzieller Solidarität seitens der SED" einräumen29. Im Rechenschaftsbericht für das Jahr 198830 wies die DKP Einnahmen in Höhe von 22,3 Millionen DM aus, davon 9,8 Millionen DM aus Mitgliedsbeiträgen und 10 Millionen DM aus Spenden. Die Angaben waren - wie schon der Zusammenbruch des hauptamtlichen Apparats nach dem Stopp der konspirativen Finanzierung zeigte - manipuliert. Für die (1988) mindestens 500 hauptamtlichen Funktionäre mußte die Partei im Schnitt jährlich 21 Millionen DM (500 x 12 x 3.500 DM) aufbringen. Öffentlich ausgewiesen hat sie für Personalausgaben nur 7 Millionen DM. Linksextremistische Bestrebungen 29 1.1.3 Schulung der DKP-Mitglieder Überlagert vom Richtungsstreit, versandete die für 1989 geplante Mißerfolg "marxistische Bildungsoffensive"31. Viele Mitglieder fühlten sich "marxistischer durch die Flut neuer Bildungsmaterialien (Titel: "Impulse") überforBildungsoffensive" dert. Traditionalisten rügten ideologische Aufweichung. Verfehlte Kaderpolitik und unzureichende politisch-ideologische Arbeit in "befreundeten" Jugendverbänden, Zeitschriften, Verlagen, Instituten und weiteren Institutionen führten zu "teilweise katastrophalen Ergebnissen"32. Die Zahl der Teilnehmer an Lehrgängen der parteieigenen "KarlLiebknecht-Schule" in Leverkusen (etwa 40 Internatsplätze) ging drastisch zurück. Die eigens für die DKP in Berlin (Ost) eingerichtete "SED-Parteischule Franz Mehring" wurde am Jahresende geschlossen. Seit 1970 waren dort - bei zuletzt allerdings rückläufigen Teilnehmerzahlen - jährlich über 200 DKP-Funktionäre in Monats-, Dreimonatsund Jahreslehrgängen geschult worden. Funktionäre der DKP-Jugendorganisationen wurden auch 1989 an der FDJ-"Jugendhochschule Wilhelm Pieck" bei Bernau (DDR) ausgebildet. Einzelne Parteifunktionäre nahmen an Dreimonatssowie Jahreslehrgängen am "Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim ZK der KPdSU in Moskau teil. 1.1.4 Parteipresse Vom Richtungsstreit zwischen Traditionalisten und Erneuerern Krise des DKPwaren auch die Medien der DKP, allen voran das Zentralorgan Zentralorgans "Unsere Zeit" (UZ), betroffen. Der Erneuererflügel in der UZRedaktion wurde zunehmend isoliert; einige kündigten, andere wurden entlassen, nachdem sie aus der DKP ausgetreten waren. Verkauf und Auflage der UZ gingen zurück. Im Spätherbst geriet die Tageszeitung in den Strudel des Zusammenbruchs der DKPFinanzen, etwa 40 der rund 50 Mitarbeiter wurden entlassen. Seit 1. Januar 1990 erscheint sie nur noch wöchentlich. Für die "Progress Presse Agentur GmbH" (PPA), die etwa 15 Redakteure und Korrespondenten beschäftigte, bedeutete der Finanzstopp aus der DDR im November das Ende. Viel Kraft verwandten vor allem Erneuerer-Bezirke auf Mitgliederzeitungen, in denen Kontroversen mit Traditionalisten ausgefochten wurden. Darunter litt die Arbeit an Kleinzeitungen (1989: etwa 600; Auflagen von wenigen hundert bis zu 100.000 Exemplaren, teils mehr als 20 mal jährlich). 1.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW)* Das Scheitern des "realen Sozialismus" stürzte auch die SEW (kommissarischer Vorsitzender Dietmar AHRENS anstelle des im April verstorbenen Horst SCHMITT) in eine tiefe Krise. Der * Die SEW hat sich auf einem außerordentlichen Parteitag am 28729. April 1990 in "Sozialistische Initiative" (Sl) umbenannt. Ihren Status als Partei will sie beibehalten. 30 Linksextremistische Bestrebungen *"Ulm* -"*:'B---i.v""esse . *- ^ ^ B 'Werner", J ^Jf kTeebJaff Linksextremistische Bestrebungen 31 Umbruch in der DDR und der Stopp der konspirativen Finanzierung durch die SED trafen die SEW-Führung unvorbereitet. Der Parteivorstand erklärte: Die Kommunisten in Berlin (West) seien immer mit der Entwicklung in der DDR und der SED identifiziert worden. Die Öffnung der Mauer habe bei ihnen auch ein Gefühl der Niederlage hervorgerufen33. Das "Büro" und das Sekretariat, die engeren Führungsgremien der Partei, traten zurück. Auf einer außerordentlichen Tagung am 6./7. Dezember empfahl der Vorstand, die SEW aufzulösen34. Die Mitglieder wurden aufgefordert, Initiativen zu Wahrheit Ab M t " 3 die NEUE 2HTUNO 3TO H O H S riKTa lam.-mor o Eep.iHKi Iste. Bali BerhiTin Yeni Cazclcsi Es el nuevo penodico de Berlin oeste T h i i It the N e " Newsjupei of Berlin West SOZIALISTISCHE TAGESZEITUNG WESTBERLINS Vorhang auf: In eigener Sache W a r u m diese zweite N u l r n u m m e r der künftigen "Neuen Zeitung"? E r a t s M ist es d i e Forderung aus der Leserschaft, vor dem Start des neuen Blat tes nochmals prüfen z u können, was auf sie zukommt Z w M w ist es der W u n s c h der "Neuen Zeitung", einige Veränderungen a n ihrem Gesicht erproben u n d die Redaktion trainieren zu k ö n n e n 1.12.89 D i l t l a a a ist es der Z w a n g der rasend schnell vor sich gehenden politischen U m b r ü c h e , der es ein f a c h nicht erlaubt, bis z u m 1. Dezember in der Schublade zu bleiben Seit d e m Erscheinen der ersten NuHnummer in der Monatsmitte O k t o b e r k a m e n zahlreiche Briefe, u n d es gab eine M e n g e öffentliche Gespräche. A n kritischen B e m e r k u n g e n fehlte es nicht BeispielsNeue Zeitung weise w u r d e i n der Oktober-Ausgabe der N 2 die t t t a t . i g i Mndinformatiem vermfSt. W i r werden uns u m eine optimale Verbindung von Aktualität u n d Hintergrund bemühen. Einseitigkeit befürchte ten einige. So wollen wir in dieser zweiten N u l l n u m mer w i e d e r u m d u r c h l w t w w i w . M ^ ü W i r hoffen auf eine Diskussion darüber, welche für neue Stadt Rolle die N 2 als Zeitung für die L i n k e u n d den demokratischen D i a l o g in dieser Stadt spielen k a n n . Professor B o d o Zeuner hatte gerade dies in der ersten Nullnummer angesprochen u n d viel Echo ausgelost. Gestalterisch hoffen wir, daß die Seiten Übersicht liehet geordnet sind u n d ihre t y p h i " C * . Struk tur lesefreundlicher ausgefallen ist Die Titelgestal l u n g der N Z w u r d e verändert, der K o p f seiner tieAb 1.12. am fen Schwarze beraubt - auch dies ein an uns herangetragener Wunsch. Dies ist eine Ausgabe mit ten in der Woche, ohne Magazin Endgültige Gestalt w i r d die "Neue Zeitung* erst a n n e h m e n , w e n n sie ab L Dezember taglich erscheint - mit Hilfe aller, die daran mitarbeiten wollen NZ Kiosk oder mit der Post. Sagt Christel 32 Linksextremistische Bestrebungen SEW vor einem Neuanfang revolutionärer Theorie und Praxis zu unterstütNeuanfang zen. Die "Neue Zeitung Berlin West", seit 1. Dezember Nachfolgerin des SEW-Zentralorgans "Die Wahrheit", stellte ihr Erscheinen ein. RdMMHtMrt: MF" ** 6 0 * tafcw: "Bn i (wporitf fneren |p Fenttw zur Virtw- * m M C M H I , warten CMhoH und G"f"fi- ! *rf Mkw M m l da* "hlrtomch* I Ei"tfnb". DU NZ war Bürgerkriegshilfe vom Bundestag beschlossen " rechtMxtrem" Rep"{^JSiÜJj ng In B Salvador ba"* mm-iM ßenn^ Hilft.RMfAWt-.DatMrtKohl sagt Hilfe zu, ohne die Beträge zu nennen In den Sog des finanziellen Zusammenbruchs gerieten auch die SEW-Vorfeldorganisationen*. Während sich die SEW unverändert als Dialogund Bündnispartner akzeptiert sehen konnte, blieb der Zuspruch bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus am 29. Januar gering. Auf die Partei entfielen 6.873 (= 0,6 %) Zweitstimmen (1985: 7.731 = 0,6 %). Die Zahl der Erststimmen konnte sie hingegen von 8.002 auf 10.523 (= 0,9 %) steigern. 1.3 Nebenorganisationen der DKP Der Richtungsstreit zwischen Erneuerern und Traditionalisten sowie die Finanzkrise wirkten sich auch auf die DKP-Nebenorganisationen aus. Diese sind zwar formell selbständig, jedoch personell und finanziell eng mit der DKP verflochten und verfolgen offen revolutionäre Ziele. Die wichtigsten dieser Organisationen sind die drei kommunistischen Jugendverbände. Erneuerer stellten auch die konstitutiven Merkmale ihrer Verbände in Frage, nämlich das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus und zur führenden Rolle der DKP. Die zentrale kommunistische "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" (Aurach/Kreis Ansbach) mußte im März 1990 ihre Pforten schließen, weil die Gelder aus der DDR versiegt sind35. * i. E. siehe Übersichten Seite 102 f. Linksextremistische Bestrebungen 33 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die SDAJ will "Interessenvertreter der arbeitenden und lernenden Jugend" sein und besonders "Arbeiterjugendiiche" als "Teil der gesellschaftsverändernden Hauptkraft, der Arbeiterklasse", für sich gewinnen36. Angesichts ihrer organisatorischen Schwäche tat sie sich sehr schwer, Aktivitäten zu entwickeln. Die "antimilitaristiSDAJ-Aktivitäten sche" Arbeit ging weiter zurück. Junge Kommunisten und von nehmen ab ihnen beeinflußte örtliche Initiativen führten noch etwa 80 Störaktionen (1988: über 120) gegen die Bundeswehr durch (Agitation mit Flugblättern, Aktionen anläßlich Rekruteneinberufungen, Plakatund Schmieraktionen). In Betrieben und Gewerkschaften - so beklagte die SDAJ selbst - sei der Verband deutlich geringer verankert als in den Vorjahren. Die Zahl der Betriebsgruppen sank unter 30 (1988: 90). Auch bei den Schülern nahm der Einfluß der SDAJ ab; die Zahl ihrer Schulgruppen verringerte sich auf etwa 20 (1988: 140). Nach wie vor sind jedoch SDAJ-Mitglieder in der "Bundesschülervertretung" (BSV) und in "Landesschülervertretungen" (LSV) tätig. Ebenso gehört die SDAJ weiterhin zahlreichen Stadtjugendringen sowie den Landesjugendringen Hamburg, Bremen und Saarland an. Junge Kommunisten sind ferner in Leitungsgremien der "Naturfreundejugend Deutschlands" (NFJD) vertreten. Seit Februar arbeitet die SDAJ im bundesweiten "Arbeitsausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus" mit. "Antifaschismus" stand auch im Mittelpunkt der politischen Arbeit des SDAJ-beeinflußten Verbandes der Motorradclubs "Kuhle Wampe"; mehrere dieser früher über 70 Clubs lösten sich auf. Die Krise der SDAJ beeinträchtigte auch die Mobilisierung zu den 13. "Weltfestspielen der Jugend und Studenten" vom 1. bis 8. Juli in Pjöngjang/Nordkorea. SDAJ, MSB und JP entsandten jeweils eigene Funktionäre; im Gegensatz zu den 12. Weltfestspielen [Jugend 1 Blätter SDAJ vor der Entscheidung 1 10 Bundeskongrell der SDAJ II Wir wollen niemals* auseinandergehen ? 34 Linksextremistische Bestrebungen (1985 in Moskau) hatte es keine gemeinsamen Vorbereitungen mit demokratischen Jugendverbänden gegeben. Bei ihrer Freizeitarbeit führten nur noch 5 SDAJ-Landesverbände und ein Kreisverband die traditionellen Pfingstcamps durch, an denen etwa 650 Jugendliche teilnahmen. Ihr 10. Bundeskongreß (17./18. Juni in Dortmund) brachte der SDAJ eine vorläufige Richtungsentscheidung zugunsten der Traditionalisten: Eine knappe Mehrheit der Delegierten entschied sich Konsolidierung dafür, die SDAJ als revolutionäre, sozialistische Arbeiterjugendorgader SDAJ als nisation zu erhalten, die auf der Grundlage des Marxismus-Leninisrevolutionäre, mus in enger Verbundenheit mit der DKP arbeitet37. Versuche der sozialistische Erneuerer, eine bundesweite Opposition zu organisieren, scheiterArbeiterjugendorganisation ten. Dagegen gelang es den Traditionalisten, mit der Gründung eines "Bundesarbeitsausschusses" (BAA, Vorsitzender: Patrik KÖBELE, DKP-Funktionär) und von "Landesarbeitsausschüssen" (LAA) ihre Position zu festigen. Ziel dieser dogmatischen und an der DKP orientierten SDAJ blieb eine "sozialistische Bundesrepublik", gekennzeichnet durch die "politische Macht der Arbeiterklasse" sowie die "Vergesellschaftung der Banken und Schlüsselindustrien"38. Noch im November (!) pries die SDAJ die DDR als die "größte Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung"39. Die von der DKP völlig abhängige SDAJ mußte am Jahresende allen hauptamtlichen Mitarbeitern sowie ihre Büros kündigen40. Als neues Organ der SDAJ erscheint seit Oktober die Monatsschrift "Treffpunkt Gruppe" (1990 zweimonatlich), sie löste die Anfang 1990 eingestellten "elan - Das Jugendmagazin" und "Jugendpolitische Blätter" ab. Linksextremistische Bestrebungen 35 1.3.2 "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB)* Die DKP erwartet von ihren an Hochschulen studierenden und beschäftigten Mitgliedern, daß sie die Politik der Partei propagieren und umsetzen und daß sie den MSB anleiten. Die Zahl der DKPHochschulgruppen fiel auf etwa 60 (1988: 100). Eine Reihe von DKP-Funktionären im MSB weigerte sich, Parteiaufträge und verbindliche Festlegungen von der DKP entgegenzunehmen41. Der MSB will auch künftig eine "revolutionäre Studentenorganisation" bleiben, den Marxismus aber als kritische und offene Methode anwenden42. Die Entwicklungen in der DDR wertete der MSB als großen Erfolg der Volksbewegung und als historische Chance zur Erneuerung des Sozialismus43. Der MSB glaubt, daß es in absehbarer Zeit mit der und um die DKP kein "gesellschaftlich relevantes revolutionäres Kraftzentrum" geben wird 44 . Da nach seiner Ansicht eine Organisation, die sich ausschließlich über eine Weltanschauung konstituiere, keine Perspektive haben könne45, will er MSB für sein "Außenbild" verändern. Das bedeutet, daß der MSB von der Reorganisation DKP-Orientierung sowie von organisatorischer und weltanschauder linken licher Geschlossenheit abgehen will. Er setzt sich nunmehr dafür Studentenbewegung ein, unter seiner maßgeblichen Beteiligung einen parteiunabhängigen Zusammenschluß der Studenten eines "bestimmten Spektrums links der SPD" zu schaffen46. Die Neuorientierung des MSB führte zu tiefgreifenden Differenzen mit der DKP und Einschränkung der finanziellen Unterstützung. Auch nach starkem Mitgliederschwund ist der MSB der stärkste linksextremistische Studentenverband geblieben. Trotz der Krise der kommunistischen Bewegung sah sich der MSB MSB sieht sich als Garant der Einheit der Linkskräfte an den Hochschulen; er lobte als Garant für die insbesondere die "Aktionseinheit" mit den "Jungsozialisten-HochEinheit der Linkskräfte an den schulgruppen" (JUSO-HG)47. Mit dem weiterhin auf dogmatischem Hochschulen Kurs beharrenden SHB übte der MSB über die Allgemeinen Studentenausschüsse, an denen beide beteiligt sind, Einfluß auf den Zentralrat der "Vereinigten Deutschen Studentenschaften" (VDS) aus. Er rühmte sich, erfolgreich seine Position in die VDS-Mitgliederversammlung (11. - 13. März in Karlsruhe) eingebracht zu haben48. Der MSB ist nach wie vor im "Koordinierungsausschuß", dem VDS-Führungsgremium, vertreten, dem der SHB, die JUSOHG, die "Radikaldemokratischen Studentengruppen" (RSG) und "Unabhängige" angehören. Der MSB beteiligte sich maßgeblich an den VDS-Veranstaltungen "Hochschule in der Gesellschaft" (3./4. Juni in Münster) und "Protestival" (24. - 26. November in Köln); diese fanden jedoch wenig Resonanz bei den Studenten. Der neuen politischen Orientierung und erheblich geringeren Zahl an MSB-Gruppen trug der MSB organisatorisch Rechnung: Der Bundesvorstand wurde durch eine basisdemokratisch arbeitende * Der MSB löste sich auf einem außerordentlichen Bundeskongreß am 23. Juni 1990 in Münster/Westf. auf. 36 Linksextremistische Bestrebungen "Gruppenvertreter-Innenkonferenz" abgelöst. Die Sprecherin des verkleinerten Sekretariats, Anja MASCHINSKY, und die meisten Mitglieder des Sekretariats gehören zu den Erneuerern in der DKP. Erstmals ist ein Mitglied der Partei "Die GRÜNEN" in diesem Gremium vertreten. Das MSB-Organ "rote blätter" stellte zum Jahresbeginn 1990 sein Erscheinen ein. Der Verleger, die DKP-gesteuerte WG-Verlagsund Vertriebsgesellschaft m.b.H., hatte den Vertrag bereits im Herbst gekündigt, was der MSB als "politische Zensur der,roten blätter'"49 interpretierte. Zu aktuellen Anlässen erschien die Zeitung "express" als Sonderausgabe des Verbandsorgans. 1.3.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Linksextremistische Bestrebungen 37 Auch 1989 versuchten die JR Kinder mit kindgerechten Mitteln für "Junge Pioniere" Ziele der kommunistischen Bewegung zu gewinnen. Mit Unterwollen Kinder für kommunistische stützung der DKP und SDAJ veranstalteten die JP - wie im Vorjahr Ziele gewinnen - etwa 50 Pfingstcamps, an denen etwa 70 Kinder je Camp teilgenommen haben sollen50. Um Kindern einen positiven Eindruck von einer sozialistischen Gesellschaft zu vermitteln und sie gefühlsmäßig für die DDR zu gewinnen - so das Konzept vor dem dortigen Umbruch -, führten DKP und JP in den Sommerferien ihre traditionellen Kinderferienfahrten in die DDR durch51. An den preisgünstigen Reisen beteiligten sich insgesamt ca. 3.000 Kinder und Betreuer (1988: 3.500). Aus einzelnen Landesverbänden der JP wurde erstmals Kritik an der Ferienaktion laut. Bemängelt wurden u. a. eingezäunte Lager, militaristische Traditionen und Rahmenprogramme, die eine Mitbestimmung der Kinder unmöglich machten52. Auch die JR in deren Leitungsgremien DKP und SDAJ dominieren, JP diskutieren diskutierten 1989 über Identität und Aufgaben ihres Verbandes. Identität und Die Traditionalisten bekräftigten ihr Ziel, Kinder an "sozialistische Aufgaben des Erkenntnisse heranzuführen und ... sozialistische PersönlichkeitseiVerbandes genschaften und Haltungen" zu vermitteln53; Erneuerer sahen die JP in einer "tiefen Krise" ihrer politischen, pädagogischen und praktischen Vorstellungen und Tätigkeit54. Gerd HERTEL, der im Oktober als JP-Vorsitzender zurücktrat, kritisierte, daß die DKP der "Kinderarbeit" eine geringe Bedeutung beimesse. 1.4 Kommunistisch beeinflußte Organisationen Als Instrumente ihrer Bündnispolitik (vgl. Ziff. 2) benutzen Kommunisten von jeher Organisationen, die scheinbar unabhängig auftreten, tatsächlich aber kommunistisch gesteuert sind. Solche Gruppen wurden entweder auf kommunistische Initiative hin gegründet oder von Kommunisten unterwandert. Unter ihren Mitgliedern sind Kommmunisten meist in der Minderzahl; sie besetzen aber die entscheidenden Funktionen, vor allem im organisatorischen Bereich. Die DKP will nicht, daß solche Organisationen offen für revolutionäre Ziele eintreten; denn sie sollen auch Nichtextremisten als Mitglieder oder als Bündnispartner gewinnen. Ihre wichtigste Aufgabe lautet daher, Vorbehalte gegen eine Zusammenarbeit mit Kommunisten abzubauen und kommunistische Nahziele zu fördern. Von der Krise der DKP wurden die beeinflußten Organisationen unterschiedlich stark erfaßt. Die weitgehende Einstellung der konspirativen Finanzierung über DKP und SED traf auch viele DKPbeeinflußte Organisationen: Für einige stellte sich die Existenzfrage, andere mußten ihre Aktivitäten stark einschränken. Dadurch wurde die immer geleugnete Abhängigkeit von DKP und SED offenkundig. Von den zahlreichen kommunistisch beeinflußten Organisationen sind nur einige aufgeführt:* * Weitere dieser für die DKP wichtigen Organisationen s. Übersichten Seite 99 ff. 38 Linksextremistische Bestrebungen 1.4.1 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland" (VVNBdA) In starker Abhängigkeit von der DKP agierte die WN-BdA als Bündnisorganisation für die "Antifaschismus"-Kampagne (vgl. Ziff. 2.3). Alle Landesvorsitzenden gehören der DKP an, ebenso etwa zwei Drittel der Mitglieder des Bundesvorstandes und seines Präsidiums sowie fast alle - bis Ende 1989 hauptamtlichen - Sekretäre auf Bundesund Landesebene. VVN-BdA als Unverändert agitierte die VVN-BdA gegen "Antikommunismus" Vorreiterin im und "Antitotalitarismus". Ihre Mitglieder beteiligten sich - oft initiKampf gegen ierend und organisierend - an zahlreichen "antifaschistischen" "Antikommunismus Aktionsbündnissen. Dabei arbeiteten sie mit demokratischen Orgaund Faschismus" nisationen zusammen, suchten aber auch verstärkt Kontakte zu Gruppen der "Neuen Linken", einschließlich der Autonomen55. Mit ihrer Arbeit wollte die WN-BdA dazu beitragen, das politische Kräfteverhältnis zu verändern und ein "antifaschistisches Klima" zu schaffen. Ihr Ziel blieb eine "antifaschistische Bundesrepublik"56. Wie die DKP stellte sie die DDR vor dem dortigen Umbruch als Vorbild heraus. Dort sei eine antifaschistisch-demokratische Ordnung verwirklicht, in der Bundesrepublik Deutschland seien dagegen die alten Machtund Besitzverhältnisse wiederhergestellt worden57. Interner Streit über die Taktik des "antifaschistischen Kampfes" sowie Mitgliederverluste beeinträchtigten die Aktionsfähigkeit der VVN-BdA. Als am Jahresende die Finanzierung über DKP und SED weitgehend ausfiel, mußte die Bundesgeschäftsstelle in Frankfurt/M. aufgegeben und der Apparat mit bundesweit etwa 50 hauptamtlichen Funktionären aufgelöst werden. Die WN-BdAFührung hatte eine Fremdfinanzierung und Steuerung bis zuletzt abgestritten. Nun gaben auch leitende Funktionäre die vollständige Abhängigkeit von der DKP offen zu: Sämtliche Personalentscheidungen in der WN-BdA seien von der DKP-Führung getroffen worden58. Die Fremdfinanzierung an sich stieß nicht auf Kritik59. Beanstandet wurde lediglich, daß sie verschwiegen worden sei60. Die Landesverbände der WN-BdA wollen ihre Arbeit fortführen. 1.4.2 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) DFU auch 1989 Die DFU blieb auch 1989 die zentrale Bündnisorganisation der DKP. zentrale BündnisIn einer nach fast zweijähriger Beratung im August vorgelegten organisation der "Programmatischen Erklärung" bekräftigte die DFU, prägendes DKP Element ihrer Arbeit sei die Bekämpfung des Antikommunismus, der als totalitäres, verhetzendes Feindbild bereits den Weg in Faschismus und Krieg geebnet habe. Ein - später zurückgetretener - führender Funktionär vermerkte kritisch, die programmatische Orientierung der DFU habe nicht in Widerspruch zu programmatischen Aussagen der DKP geraten dürfen61. Ihrem Auftrag, zur Ent- Linksextremistische Bestrebungen 39 Wicklung und Stärkung von Bewegungen und Bündnissen beizutragen, kam die DFL! auch 1989 nach. Dabei wirkte sie vor allem im "Friedenskampf" (vgl. Ziff. 2.4) und unterstützte weiterhin die Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst (vgl. Ziff. 2.5). Außerdem engagierte sie sich verstärkt in der "Antifaschismus"-Kampagne. Von dem Richtungsstreit in der DKP blieb die DFU weitgehend unberührt. Um so härter traf sie die Einstellung der Finanzierung durch DKP und SED. Ende November gab DFU-Bundesgeschäftsführer Willi van OOYEN zu, was jahrelang als "Verfassungsschutzlüge" diffamiert worden war: "Durch die Entwicklung in der DDR ist eine entscheidende Finanzquelle überraschend versiegt"62. In einem Brief an alle Mitglieder lamentierte der DFU-Landesverband Bremen: "Nun ist es an den Tag gekommen, daß die DFU zu rund 80 Prozent von Geldern aus der DDR abhängig war. Das haben uns unsere politischen Gegner immer vorgehalten, wir sind dieser angeblichen Verleumdung immer mit Entschiedenheit entgegengetreten ... Der Vorwurf besteht, wir seien in den vergangenen Jahren nichts anderes als die bezahlten Vorposten der SED gewesen." Die Organisation sah sich gezwungen, ihren umfangreichen Apparat - mehr als 50 hauptamtliche Mitarbeiter, Büros und technische Einrichtungen - aufzulösen. Zahlreiche Mitglieder verließen die DFU. Funktionäre legten - Selbstkritik übend oder heftig gegen die DFU-Führung protestierend - ihre Ämter nieder63. Die politische Arbeit soll auf ehrenamtlicher Basis fortgesetzt werden. 1.4.3 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen" (DFG-VK) Der Einfluß von Kommunisten und Mitgliedern anderer DKPDFG-VK mit Vorfeldorganisationen in der DFG-VK blieb auch nach den Neuwahunverändertem len beim Bremer Bundeskongreß im Oktober unverändert. Zum kommunistischen Einfluß Bundessprecherkreis (insgesamt sechs Mitglieder) gehören wie bisher Gregor WITT (DKP) und ein Mitglied einer anderen DKPbeeinflußten Organisation sowie - anstelle von Michael GEMS (DKP) - das DKP-Mitglied Walter BISCHOFF-STAUB als Bundesgeschäftsführer. Der kommunistische Einfluß in den Untergliederungen des Verbandes war weiterhin unterschiedlich; in einigen Gliederungen war er unbeachtlich. Schwerpunkt der Agitation blieb die "Kriegsdienstverweigerung". Eine gemeinsam mit der IG-MetallJugend gestartete "Aufklärungs"-Kampagne unter dem Motto "Kriegsdienstverweigerung als Zukunftssicherung" bezeichnete der Verband als spektakulärste Aktion seit langem. 40 Linksextremistische Bestrebungen 2. Bündnispolitik Bündnispolitik für Entsprechend marxistisch-leninistischer Strategie und Taktik DKP von zentraler bemühen sich die orthodoxen Kommunisten um Bündnisse mit strategischer nichtkommunistischen Kräften. Dabei unterscheiden sie: Bedeutung - die "Aktionseinheit der Arbeiterklasse", d. h. die Zusammenarbeit vor allem mit Sozialdemokraten und Gewerkschaftern; - das "breite antimonopolistische Bündnis", das - aufbauend auf der "Aktionseinheit" - Angehörige bürgerlicher Mittelschichten, Bauern, Intellektuelle, sogar mittlere ("nichtmonopolistische") Unternehmer einbeziehen soll; - im "Friedenskampf" eine "breite Koalition der Vernunft" aller am Frieden interessierten Kräfte, einschließlich "realistisch denkender Kreise" der "Großbourgeoisie und der Konservativen". Für Bündnisse setzten sich Kommunisten nach wie vor auf allen Aktionsfeldern ein. Vor allem im "Friedenskampf", bei gewerkschaftlichen "Arbeiterkämpfen", beim Umweltschutz, besonders aber im "antifaschistischen Kampf" waren sie aktiv. Zum Jahresende griffen sie als neues Kampagnenthema den Kampf gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands auf. Aus taktischen Gründen berücksichtigen die Kommunisten bei ihrer Bündnisarbeit die Vorstellungen der potentiellen Partner und propagieren nur solche - vorgeblich gemeinsame - Forderungen, die auch bei Demokraten auf breite Zustimmung stoßen können. Jedoch geben Kommunisten - so bekräftigte ein DKP-Spitzenfunktionär - ihre Weltanschauung nicht an "irgendwelchen Garderoben" ab und haben "immer das Gesamtinteresse der Arbeiterklasse" vor Augen64, d. h. sie verfolgen ihre verfassungsfeindlichen Ziele. Die ideologisch-politischen Auseinandersetzungen innerhalb der Bündnisfähigkeit DKP beeinträchtigten die Bündnisfähigkeit der Partei und ihres Vorder DKP durch feldes nicht. Allerdings schlossen sich manche in Bündnissen Krise nicht beeinengagierten Parteimitglieder, selbst hauptamtliche Funktionäre, trächtigt den Erneuerern an und rückten von der traditionalistischen Parteiführung ab. Viele von ihnen verließen seit Herbst die DKP. Wichtigstes publizistisches Bündnisorgan der DKP war bis November 1989 die "Volkszeitung", die 1983 aus dem Zusammenschluß der "Deutschen Volkszeitung" (gegr. 1953) und der "antifaschistischen" Wochenzeitung "die tat" (gegr. 1950) entstanden war. Um neue Leserkreise zu erschließen und auch von Anhängern der Erneuerer akzeptiert zu werden, ging sie in Berichten und Kommentaren zunehmend auf Distanz zur SED und DKP-Führung. Obwohl die Zeitung ihre Verkaufsauflage erhöhen konnte, mußte sie Anfang Dezember ihr Erscheinen zunächst einstellen; denn der "Pahl-Rugenstein-Verlag", in dem sie erschien, war zahlungsunfähig geworden. Herausgeber und Redakteure der Zeitung bemühten sich um neue Geldgeber. Linksextremistische Bestrebungen 41 2.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten "Zentralen Stellenwert" behielt für die DKP die "Aktionseinheit der DKP sieht Arbeiterklasse", vor allem die Zusammenarbeit mit SozialdemokraMöglichkeiten zu ten. Trotz Widersprüchen in der SPD - so der DKP-Vorsitzende Her"Aktionseinheit" mit Sozialbert MIES - seien die Möglichkeiten der Aktionseinheit gewachdemokraten auf sen. Gezeigt hätten dies Äußerungen führender Sozialdemokraten, kommunaler man wolle die DKP aus dem Dialog nicht ausgrenzen65. Ebene Nach den Kommunalwahlen in Hessen (12. März) konnte die DKP erstmals förmliche Koalitionen mit der SPD abschließen. In der Stadt Langenselbold ging sie ein "Regierungsbündnis"66 mit der SPD ein; ein langjähriges DKP-Bezirksvorstandsmitglied wurde stellvertretender Bürgermeister. In der Stadt Dietzenbach traf die DKP kommunalpolitische Sachund Personalvereinbarungen mit der SPD und den GRÜNEN, obwohl diese beiden Parteien allein über die absolute Mehrheit verfügten. Die Themen "Antifaschismus" und - wegen des Abflauens außerparlamentarischer Bewegungen vermindert - "Berufsverbote", "Frieden" und "internationale Solidarität" boten Anlaß zu meist örtlich oder regional begrenzten Bündnissen, in denen es Kommunisten gelang, von den beteiligten Demokraten als gleichberechtigte Partner akzeptiert zu werden und häufig maßgebliche Funktionen auszuüben. Die DKP wertete es wieder als Erfolg und Anzeichen für eine "neue politische Kultur", daß Kommunisten mit Sozialdemokraten bei "Ostermärschen" gemeinsam auftreten67. Kommunistisch gesteuerte Organisationen (VVN-BdA, Arbeitsausschuß der Initiative "Weg mit den Berufsverboten", "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) ließen wie bisher einzelne Mitglieder der SPD in ihren Leitungsgremien mitwirken, um damit den Anschein der Überparteilichkeit und allgemeiner Akzeptanz zu erwecken. An den Hochschulen setzte der "Sozialistische Hochschulbund" Zusammenarbeit (SHB) die kommunistische Politik der "Aktionseinheit" fort. Er an Hochschulen will "als Teil der Sozialdemokratie auf marxistischer Grundlage die klassenbewußten Kräfte in der SPD stärken". Auch 1989 ist ein großer Teil seiner Mitglieder in der SPD organisiert gewesen68. Der SHB orientierte sich als "sozialistische Kampforganisation"69 auf die Auseinandersetzungen gegen die "jetzt herrschenden Kräfte, das Monopolkapital"70. Dabei trat er unverändert für ein Bündnis aller "fortschrittlichen" Kräfte, insbesondere von Sozialdemokraten und Kommunisten, ein71. Unbeirrt von den politischen Entwicklungen ging der SHB von seinem dogmatischen Kurs nicht ab. Sein politisches Grundverständnis sowie seine Strategie und Taktik in enger Anlehnung an den Marxismus-Leninismus stimmen nach wie vor weitgehend mit denen orthodoxer Kommunisten überein. 42 Linksextremistische Bestrebungen 2.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften DKP will GewerkDie Taktik der orthodoxen Kommunisten gegenüber den Gewerkschaften instruschaften blieb unverändert. Scheinbar uneigennützig setzen sie mentalisieren sich für gewerkschaftliche Forderungen ein; zugleich versuchen sie, ihren Einfluß zu erweitern und klassenkämpferische, systemverändernde Positionen in die Gewerkschaften hineinzutragen72. Dahinter steht das Ziel, die demokratischen Gewerkschaften langfristig als Werkzeuge ("Transmissionen") kommunistischer Politik zu mißbrauchen. Im Hinblick auf den geplanten europäischen Binnenmarkt forderte die DKP vom DGB und seinen Einzelgewerkschaften, ihre bisherige Distanz gegenüber den kommunistischen Gewerkschaften aufzugeben, die dem "Weltgewerkschaftsbund" (WGB) angehören73. Von "Unvereinbarkeitsbeschlüssen" nicht betroffen, setzten die - mehrheitlich traditionalistischen - orthodox-kommunistischen Gewerkschafter auch 1989 ihre Arbeit fort. DKP-Mitglieder sind nur vereinzelt in obersten Gewerkschaftsgremien vertreten, z. B. im geschäftsführenden Hauptvorstand der Gewerkschaft Holz und Kunststoff. Ihre Zahl ist aber in nachgeordneten Gliederungen einiger Gewerkschaften nicht unbeachtlich. Ein besonderes kommunistisches Infiltrationsobjekt bildet die neue IG Medien (Druck und Papier, Publizistik und Kunst). Kommunisten konnten dort viele gewerkschaftliche Funktionen erringen. So wurde das DKP-Mitglied Gisela KESSLER besoldetes Hauptvorstandsmitglied; der DKP-Funktionär Dr. Werner PETSCHICK gehört dem geschäftsführenden Bundesvorstand der Fachgruppe Journalismus in der IG Medien an74. Als die UZ wegen des Ausbleibens der Gelder aus der DDR im Dezember in finanzielle Bedrängnis geriet, erklärten sich mehrere Gewerkschaftsfunktionäre öffentlich mit der DKP-Zeitung solidarisch und sprachen sich für ihr Weiterbestehen aus75. Erfolge der DKPAls Erfolge ihrer Gewerkschaftsarbeit wertete die DKP erneut die GewerkschaftsTeilnahme von Gewerkschaftern an ihren "Parteiabenden", die arbeit anläßlich von Gewerkschaftskongressen stattfanden76. Dabei hätten Gewerkschafter gemahnt, der Linienstreit in der DKP dürfe deren Handlungsfähigkeit nicht schwächen77. Mit der Aufforderung an die Partei, die Gewerkschaften bei den 1990 anstehenden Tarifauseinandersetzungen zu unterstützen, versuchte die DKPFührung gegen Jahresende, den Parteimitgliedern eine strömungsübergreifende "Aktionsorientierung" zu geben78. Unterstützt wurde die kommunistische Gewerkschaftsarbeit wiederum von der "Nachrichten-Verlags-Gesellschaft m.b.H", Frankfurt/M.; diese verlegte u. a. die Monatsschrift "NACHRICHTEN zur Wirtschaftsund Sozialpolitik", in deren Herausgeberkreis und Redaktionskollegium fast ausschließlich DKP-Mitglieder tätig waren. Als die DKP am Ende des Jahres den Verlag nicht mehr Linksextremistische Bestrebungen 43 finanzieren konnte, wurde die Zeitschrift eingestellt. Die am "Projekt NACHRICHTEN" Beteiligten kündigten an, ihre bisherige Arbeit als Gewerkschaftsmitglieder fortzuführen. 2.3 "Antifaschismus"-Kampagne Die Kommunisten bezeichnen sich selbst als die konsequentesten Orthodoxe "Antifaschisten"79: Denn Faschismus wurzele im Kapitalismus80 Kommunisten als und könne letztlich nur durch eine sozialistische Revolution beTriebkraft des "antifaschistiseitigt werden. Ein Ziel der kommunistischen "Antifaschismusschen Kampfes" Kampagne" ist, das antitotalitäre Demokratieverständnis des Grundgesetzes auf einen "antifaschistischen" Gehalt zu reduzieren und freiheitliche Demokraten, die den Kommunismus ablehnen, in die Nähe des Faschismus zu rücken. Erneut rühmte sich die DKP, daß es ihr gelungen sei, den instrumentellen Begriff "Antifaschismus" im politischen Sprachgebrauch zu verankern: "Bei der Frage der bestmöglichen Beförderung des antifaschistischen Kampfes der DKP sei vielleicht die Bemerkung gestattet, daß allein die weitverbreiteten Begriffe Faschismus und Antifaschismus eine Terminologie darstellen, die denjenigen, der sie benutzt, eindeutig als Kommunisten klassifizierte. Wir haben diese Terminologie beibehalten und heute ist sie zum Allgemeingut weiter Teile der SPD und der GRÜNEN geworden." (UZ vom 15. 11. 1989) Die Wahlerfolge rechtsradikaler und rechtsextremistischer Parteien trugen dazu bei, daß das allgemeine Interesse an der "Antifaschismus"-Kampagne wuchs. Im gesamten Bundesgebiet entstanden "antifaschistische" Bündnisse und Initiativen - teils kurzfristige, um Veranstaltungen rechtsgerichteter Gruppen zu verhindern, teils auf langfristige Zusammenarbeit angelegte. Wegen ihrer "Organisationskraft" kam der DKP und ihrer "antifaschistischen" Bündnisorganisation, der WN-BdA (vgl. Ziff. 1.4.1), oft eine führende Rolle zu. Nicht selten wirkten in solchen Bündnissen auch Anhänger der "Neuen Linken" einschließlich der "Autonomen" mit, fast immer - und meist in großer Zahl - aber auch Angehörige demokratischer Organisationen. Als einen beachtlichen Erfolg werteten die Kommunisten die erste Bundesweite bundesweite "Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Ras"Aktionskonferenz sismus" Ende Januar in Bremen. Dem dort gebildeten "Arbeitsgegen Neofaschismus und ausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus" gehörten u. a. Rassismus" bekannte Vertreter der DKP und der VVN-BdA an. Das Gremium nahm seinen Sitz in der Bundesgeschäftsstelle der VVN-BdA in Frankfurt/M. - Die orthodoxen Kommunisten erklärten, sie wollten den "antifaschistischen Kampf" trotz des Zusammenbruchs ihrer "Apparate".mit Vorrang fortsetzen81. 44 Linksextremistische Bestrebungen 2.4 Einflußnahme auf die "Friedensbewegung" Der "Friedenskampf" trat gegenüber anderen Themen, vor allem dem "antifaschistischen Kampf" (vgl. Ziff. 2.3), in den Hintergrund. DKP und VorfeldGleichwohl setzten sich die DKP und vor allem ihre Vorfeldorganiorganisationen im sationen tatkräftig bei Aktionen der "Friedensbewegung" ein und "Friedenskampf" bemühten sich, ihnen genehme Forderungen (z. B. Stopp der weiter aktiv Modernisierung atomarer Waffen, Beseitigung aller chemischen Waffen, Rüstungskonversion) einzubringen82. Die DFU setzte mit beträchtlichem Aufwand ihre Kampagne gegen den "Jäger 90" fort; für ihren Aufruf will sie 30.000 Unterschriften gesammelt haben83. Trotz des von Jahr zu Jahr abnehmenden Allgemeininteresses nutzte das DKP-Spektrum die "Ostermärsche" (1989: 75.000 Teilnehmer; Veranstalterangaben: 190.000), um seine "friedenspolitischen" Vorstellungen möglichst massenwirksam zu propagieren. In der DFU-Landesgeschäftsstelle Hessen in Frankfurt/M. befand sich wieder die bundesweite "Informationsstelle Ostermarsch' 89", als ihr "Sprecher" fungierte DFU-Bundesgeschäftsführer Willi van OOYEN. Die meisten regionalen "Ostermarsch"Büros waren maßgeblich mit Funktionären der DKP und ihres Vorfeldes besetzt und darüber hinaus in DFU-Geschäftsstellen untergebracht. Kommunisten sprachen auf Kundgebungen neben Repräsentanten demokratischer Organisationen; die DKP wertete dies als bündnispolitischen Erfolg84. "Krefelder Auch 1989 konnte die DFU die von ihr getragene "Krefelder InitiatiInitiative" als ve" als Sammelbecken für "berufsbezogene Friedensinitiativen" Sammelbecken fungieren lassen. Deren Mitglieder sind überwiegend Nichtextremi"berufsbezogener Friedenssten; sie nehmen jedoch die Unterstützung durch das DKP-Spekinitiativen" trum als notwendig hin oder dulden sie zumindest. In besonderem Maß engagierten sich die DKP und vor allem die DFU für die "Internationale Sport-Friedensstafette Paris-Moskau", die - angeregt und organisiert von der Initiative "Sportler und Sportlerinnen für den Frieden - gegen Atomraketen" - in der Zeit vom 9. Juli bis 6. August durchgeführt wurde. In der DFU-Bundesgeschäftsstelle in Köln befand sich das Organisationsbüro der Stafette. Dort war - neben der "Krefelder Initiative" - auch die Geschäftsstelle des Vereins "Verantwortung für den Frieden - Naturwissenschaftler Initiative e.V." untergebracht. Der langjährige kommunistische "Friedens"-Funktionär Reiner BRAUN, Mitglied des DFU-Bundesvorstandes und der "Krefelder Initiative", ist der Geschäftsführer dieses Vereins. Seit Jahren arbeiteten Linksextremisten maßgeblich im "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung" (KA) mit, der im Sommer seine Außenaktivitäten einstellte. Vertreter des DKP-Spektrums verhinderten die diskutierte Auflösung des KA und beteiligten sich an dessen Umwandlung in ein "Netzwerk Friedenskooperative". Nach Beginn der demokratischen Revolution in der DDR bemühte sich die DKP, Bündnisse gegen eine Wiedervereinigung Deutsch- Linksextremistische Bestrebungen 45 lands zustandezubringen und dafür besonders die "FriedensbeweDKP nutzt gung" zu gewinnen. Der DKP-Vorsitzende Herbert MIES erklärte, "Friedensbewegung" zu alle "Friedenskräfte" seien nun herausgefordert85. Kommunisten Bündnissen gegen und Mitglieder ihrer Vorfeldorganisationen waren bei den ProWiedertestaktionen maßgeblich beteiligt. Das fand bei der Parteizeitung vereinigung der DKP ein positives Echo: Deutschlands "In zahlreichen Städten der Bundesrepublik und in Westberlin formiert sich in diesen Tagen der Widerstand. Unter dem Motto >Wider die Vereinigung< findet sich allmählich das breite Spektrum der Friedensbewegung zusammen, um dem CDU-Kanzler mit seinem Zehn-Punkte-Plan zur Einverleibung der DDR entgegenzutreten." (UZ vom 12. 12. 1989) 2.5 Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst Die entscheidend von der DKP gesteuerte bundesweite Initiative Agitation gegen "Weg mit den Berufsverboten" (Sitz Hamburg) agitierte wie in den Fernhaltung von Vorjahren gegen angebliche "Berufsverbote" für orthodoxe KomKommunisten aus munisten. Sie übergeht - bewußt oder unbewußt -, daß es z. B. dem öffentlichen Dienst zur Feststellung der Verfassungstreue von Bewerbern für den Bundesdienst seit 1979 keine Regelanfrage beim Verfassungsschutz mehr gibt, und initiierte und organisierte Protestaktionen und Unterschriftensammlungen; dabei stützte sie sich auf örtliche und landesweite Initiativen und hielt Kontakt zu den ausländischen "Komitees gegen die Berufsverbote in der BRD". Kommunisten und Funktionäre kommunistischer Vorfeldorganisationen, besonders der DFU, dominieren vor allem im "Arbeitsausschuß" der Initiative. Horst BETHGE, Mitglied des DFU-Bundesvorstandes, ist der Sprecher des Arbeitsausschusses. Da die DFU, die den "Arbeitsausschuß" seit seiner Gründung 1973 im wesentlichen finanziert hat, zum Jahresende selber kaum noch Gelder von der DKP/SED erhielt (vgl. Ziff. 1.4.2), geriet auch der Ausschuß in den Sog der Krise86. 3. Betriebsarbeit Die DKP verbrämt ihre Betriebsarbeit als "konsequente Interessenvertretung der arbeitenden Menschen". Unverhohlen propagierte sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele. Auf ihrer 3. zentralen Betriebsarbeit Betriebsräte-, Personalräte-, Jugendvertreterund Auszubildendendient DKP zur konferenz am 20. Mai in Duisburg forderte sie vor mehr als 300 Politisierung betrieblicher und Teilnehmern, betriebliche und tarifliche Konflikte zu politisieren und tariflicher zuzuspitzen. Es gehe darum, die Notwendigkeit des Sozialismus Konflikte auch für die Bundesrepublik Deutschland aufzuzeigen. Ohne revolutionäre Brüche könne der Kapitalismus nicht überwunden werden87. Linksextremistische Bestrebungen 47 Insgesamt litt auch die Betriebsarbeit der DKP unter dem Streit zwischen Traditionalisten und Erneuerern. Viele kommunistische Betriebsgruppen zerbrachen, ihre Zahl sank auf 350 (1988: etwa 400). Auch die Agitation ging zurück, etwa 220 kommunistische Betriebszeitungen wurden noch bekannt (1988: 290). 4. "Ideologischer Kampf" Die Umbrüche im Ostblock belasteten die ideologische Arbeit der "Ideologischer DKP. Noch zu Jahresbeginn sprach der Parteivorsitzende MIES von Kampf" der DKP der "erfolgreichen Entwicklung" der DDR; der Kapitalismus sei durch Umbrüche überlebt88. Am Jahresende mußte er die "Erschütterung bisheriger im Ostblock belastet Überzeugungen" eingestehen, betonte jedoch zugleich, "Wendehälse" seien nicht gefragt89. Dem "Schub nach rechts" - so das DKP-Präsidium - müsse eine deutliche Antwort von links entgegengesetzt werden90. 4.1 Instrumente zur Verbreitung des Marxismus-Leninismus Das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." Apparat für (IMSF) mit dem "Zentrum für Marxistische Friedensforschung" Propaganda und (ZMF), Frankfurt/M., unterstützte auch 1989 die DKP durch AnalyAgitation sen und Veranstaltungen (u. a. zu den Themen "Westeuropäische Integration", "Kapitalismus der 90er Jahre", "Marxismus und Demokratietheorie"). Seine Ausstrahlung auf andere "Linke", u. a. in Gewerkschaften, blieb beachtlich. Als die Gelder der SED ausblieben, mußte das Institut mit seinen etwa zehn wissenschaftlichen Mitarbeitern aufgeben. Die "Marx-Engels-Stiftung e.V." veranstaltete wiederum internationale Symposien und Kolloquien, u. a. zum Thema "Marxistische Revolutionstheorie heute". Im Wuppertaler Zentrum des Vereins - alle Mitglieder des Vorstandes sind langjährige DKP-Funktionäre - befinden sich eine Bibliothek und eine vom "Deutschen Museum für Geschichte" der DDR überlassene Ausstellung. Die "Marxistische Arbeiterbildung - Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus" (MAB) soll unter Anleitung der DKP vor allem jungen und neu in die "Klassenauseinandersetzung" einbezogenen Arbeitern marxistisches Grundwissen vermitteln. Öffentliche Aktivitäten - z.T. unter dem Namen "Marxistische Abend-/Arbeiterschule" (MASCH) -wurden in 23 Städten bekannt. 4.2 Druckerei, Verlage, Buchhandlungen Die Firma "Plambeck & Co. Druck und Verlag GmbH", Neuss, druckte auch 1989 fast alle Publikationen der DKP, ihrer Nebenorganisationen und mehrerer kommunistisch beeinflußter Vereinigungen. Hohe Gewinne erzielte die Firma aus dem Anzeigengeschäft des "messemagazins international" sowie der russischsprachigen Zeitschrift "TNTP - Technical Trends" ("Tendenzen des wissen- 48 Linksextremistische Bestrebungen schaftlich-technischen Fortschritts") und einer - 1989 erstmals erschienenen - gleichartigen tschechischen Zeitschrift mit Beiträgen meist bundesdeutscher Firmen über deren TechnologieangeMedien der bot. Nach dem Wegfall "schwarzer" Gelder aus der DDR mußte Kommunisten von "Plambeck" ebenso wie das Tochterunternehmen "WG-VerlagsFinanzkrise und Vertriebsgesellschaft mbH" (zuständig für die verlegerische betroffen Betreuung und Abonnentenverwaltung der Zeitungen und Zeitschriften) einem großen Teil der Beschäftigten kündigen. Auch andere Verlage, welche die orthodoxen Kommunisten bisher für ihre Arbeit eingesetzt hatten, waren vom finanziellen Zusammenbruch betroffen. Dazu gehörten die "Nachrichten-VerlagsGesellschaft mbH" (Frankfurt/M.) mit gewerkschaftsbezogenen Publikationen (vgl. Ziff. 2.2) und die "Pahl-Rugenstein Verlag GmbH" (Köln) vor allem mit Publikationen zur Förderung der Bündnispolitik (u. a. "Volkszeitung" - vgl. Ziff. 2 - und "Blätter für deutsche und internationale Politik"). Der "Pahl-Rugenstein-Verlag" mußte Mitte Dezember Konkurs anmelden. Die "Brücken-Verlags-GmbH", Düsseldorf, verbreitete ein umfangreiches Sortiment aus der Sowjetunion, der DDR und anderen Staaten des Warschauer Paktes. Die "AKZENT Handelsgesellschaft mbH & Co. KG", Düsseldorf, unterhielt bis Jahresende - als sie Vergleich anmeldete - noch mehr als 20 Buchhandlungen91. Um Gewinnquellen zu erschließen, beteiligte sie sich an einem Joint-Venture-Projekt in der Sowjetunion. 5. Teilnahme an Wahlen 5.1 Wahlen zum Europäischen Parlament Zu den Wahlen zum Europäischen Parlament am 18. Juni kandidierte die DKP mit einer Bundesliste, auf die 57.704 = 0,2 % der abgegebenen gültigen Stimmen entfielen. Bei den Europa-Wahlen 1984 hatte die DKP nicht unter eigenem Namen, sondern auf der von ihr gesteuerten "Friedensliste" kandidiert; diese hatte damals 1,3 % der Stimmen erhalten. 5.2 Kommunalwahlen Unterschiedliche Bei den Kommunalwahlen in Hessen am 12. März konnte die DKP Erfolge bei ihren Stimmenanteil auf 0,8 % verdoppeln und die Zahl ihrer ManKommunalwahlen date von 31 auf 51 erhöhen. Herausragende Ergebnisse (9,6 % bis 18,1 %) erzielte sie in Gersfeld, Langenselbold, Neuberg, Mörfelden-Walldorf, Hessisch-Lichtenau und Reinheim. Als Folge von Koalitionsvereinbarungen und Absprachen wurde ein Mitglied des DKP-Bezirksvorstandes stellvertretender Bürgermeister der Stadt Langenselbold, drei DKP-Mitglieder wurden zu Stellvertretern von Stadtverordnetenvorstehern gewählt, ein DKP-Mitglied gelangte in einen Kreisausschuß. Linksextremistische Bestrebungen 49 Bei den Kommunalwahlen im Saarland am 18. Juni erhielt die DKP landesweit 0,5 % der Stimmen (1984: 0,6 %) und wie bisher 4 Ivlandate. Bei den am selben Tag durchgeführten Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz kandidierte sie nicht eigenständig, sondern in verschiedenen Bündnissen. Dabei konnten 7 DKP-Mitglieder Mandate erringen. Außerdem seien - so der DKP-Bezirksvorsitzende - in zwei wichtigen Städten "sehr enge Freunde der DKP über grüne Listen in den Rat eingezogen", darunter ein Mitglied des DFU-Bundesvorstandes. Das Netz der Zusammenarbeit mit anderen Kräften sei enger geknüpft worden 92 . Bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 1. Oktober erhielt die DKP 0,3 % der Stimmen (1984: 0,4 %) und 33 Mandate (1984: 36). In den meisten Schwerpunkten - z. B. Wülfrath (15,6 %), Bottrop (9,2 %), Gladbeck (8,0 %) - gewann sie Stimmen hinzu, durch Nichtkandidatur in anderen Bereichen büßte sie jedoch landesweit ein. An den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 22. Oktober nahm die DKP überwiegend in Bündnissen teil; 8 DKP-Mitglieder (1984: 10) errangen Mandate. Nach Abschluß der Wahlserie hatten insgesamt - soweit bekannt - 122 DKP-Mitglieder (1988: 100) Mandate in 56 Kreis-, Stadtund Gemeindevertretungen sowie 18 DKP-Mitglieder Mandate in 16 Bezirksoder Ortsbeiräten erhalten; 39 Mandate waren über Bündnislisten errungen worden. Gegen Jahresende verließen zahlreiche Mandatsträger die Partei. IM. SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland Seit mehr als 40 Jahren, bis zum Verlust ihres Machtmonopols, hat die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) - inzwischen umbenannt in "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) - die KPD, später die DKP sowie die SEW und deren Vorfeldorganisationen dirigiert und mit Millionen DM finanziert. Mit diesen der DDR-Wirtschaft und Bevölkerung entzogenen Geldern versuchte sie, die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland kommunistisch zu beeinflussen. Für ihre "Westarbeit" setzte die SED allein auf der Ebene des Zentralkomitees mehrere Hundert hauptamtliche Kader in den maßgeblichen Abteilungen "Internationale Politik und Wirtschaft" (IPW) und "Verkehr" (Tarnbezeichnung) ein. Die Abteilung IPW (Leiter: Gunter RETTNER, Mitglied des ZK der SED) kontrollierte und koordinierte die gesamte "Westarbeit" der gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen der DDR und stützte sich vor allem auf die entsprechenden "Sektoren" bei den SED-Bezirksleitungen; diesen wiederum waren die einzelnen DKP-Bezirksorganisationen im Bundesgebiet als "Patenbezirke" zugewiesen. 50 Linksextremistische Bestrebungen Mit dem demokratischen Umbruch in der DDR wurde die uneingeschränkte Diktatur der SED beendet. Sie verlor ihre angemaßte Rolle als "führende Kraft der sozialistischen Gesellschaft, aller Organisationen der Arbeiterklasse und der Werktätigen, der staatlichen und gesellschaftlichen Organisationen"93. Die SED, nunmehr PDS, ist zwar nicht mehr in der Lage, ihre "Westarbeit" wie bisher fortzusetzen; sie hat jedoch nach formeller Auflösung der bisherigen ZK-Abteilungen bereits wieder organisatorische Strukturen für solche Aktivitäten geschaffen. 1. Anleitung, Unterstützung und Kontrolle der DKP DKP - bisher Das ganze Ausmaß der Abhängigkeit der DKP und ihrer Vorfeldorvöllig abhängiges ganisationen von der SED wurde offenbar, als die SED deren konInstrument bei spirative Finanzierung im bisherigen Umfang stoppte: "Westarbeit" der SED "Eine ganze politische Infrastruktur von der DKP über die SDAJ, Anti-Berufsverbote-Initiativen und Kulturbünden bis zu Zeitschriften und Verlagen droht innerhalb weniger Wochen von der politischen Landschaft in der BRD zu verschwinden". (Offener Brief der "Deutschen Friedens-Union" - Landesverband Bremen vom 4. 12. 1989). Die von der DKP stets bestrittene Steuerung und Finanzierung (vgl. Kap. II, Ziff. 1.1.2) durch die SED erfolgte bis zu diesem Zeitpunkt weitgehend konspirativ. Die jeweiligen Bezirksorganisationen von SED und DKP vereinbarten innerhalb eines Rahmenplanes Einzelheiten für ihre Zusammenarbeit (z. B. Delegationsreisen, Entsendung von DDR-Reisekadern). Zahlreiche Arbeitsgespräche zwischen SEDund DKP-Funktionären, die Schulung von DKP-Kadern in der DDR (vgl. Kap. II, Ziff. 1.1.3) und die Aufbewahrung wichtiger Unterlagen (u. a. Kaderakten) in der DDR sicherten eine lückenlose Kontrolle der SED über ihre "Bruderpartei". Selbstkritisch stellte der DKP-Vorsitzende Herbert MIES im Dezember fest: "Daß es in einem engen und sehr helfenden Verhältnis, das von Hunderten DKP-Delegationen, Teilnehmerinnen und Teilnehmern an unseren Lehrgängen in Bildungseinrichtungen der SED, in den Partnerschaften von Bezirken und Kreisen der DKP mit Bezirken und Kreisen der SED mitvollzogen worden ist, auch Spannungen gab, haben wir und ich persönlich der Partei nie bekanntgemacht. Diese Spannungen ergaben sich nicht zuletzt aus ... einer angemaßten Führungsrolle gegenüber der DKP." (UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 20. 12. 1989, S. 8) Im Dezember bekräftigte der Vorsitzende der jetzigen PDS, Gregor GYSI, seine Partei werde die Erneuerung der Kommunisten in der Linksextremistische Bestrebungen 51 Bundesrepublik Deutschland und in Berlin (West) unterstützen, ohne diese wie bisher zu dirigieren und zu gängeln. Sachliche Arbeitskontakte auf den verschiedenen Ebenen seien zu entwickeln. Seine Partei fühle sich verpflichtet, auch weiterhin internationale Solidarität zu üben, selbst wenn die finanzielle Situation kompliziert werde94. 2. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen Unter Führung der SED wurden bis Ende des Jahres auch "Massenorganisationen" und andere Institutionen der DDR in der Auch FDJ, "Westarbeit" eingesetzt, z. B. die "Freie Deutsche Jugend" (FDJ), FDGB und IPW in der der "Freie Deutsche Gewerkschaftsbund" (FDGB) und das "Insti"Westarbeit" aktiv tut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR" (IPW) in Berlin (Ost). Die FDJ war vorrangig bemüht, die "Bruderorganisationen" SDAJ, MSB, JP und SJV-Karl Liebknecht bei ihrem "revolutionären Kampf gegen den Imperialismus solidarisch zu unterstützen" sowie das "antiimperialistische Potential" in demokratischen Jugendverbänden zu verbreitern. Die Zusammenarbeit zwischen FDJ und ihren "Bruderorganisationen" umfaßte - wie bei den besonderen Beziehungen zwischen SED und DKP - periodische Arbeitsvereinbarungen, Anleitungsgespräche, Schulungen in der DDR, materielle Hilfe und Delegationsaustausch. Noch Mitte September bekräftigten Funktionäre des Bundesarbeitsausschusses der SDAJ und des Sekretariats der FDJ nach einem Treffen in Berlin (Ost) übereinstimmmend, die 40jährige erfolgreiche Entwicklung des Sozialismus in der DDR beweise die Richtigkeit der Lehren von Marx, Engels und Lenin; keine Kraft könne den Lauf der Geschichte aufhalten95. Die FDJ betreute wieder mehrere tausend Kinder aus der Bundesrepublik Deutschland, die bei den Ferienaktionen der DKP und JP in die DDR reisten (vgl. Kap. II, Ziff. 1.3.3). Auch für 1990 wurden der DKP - allerdings in verringertem Umfang - Plätze in Ferienlagern angeboten. Bis Ende des Jahres veranstaltete das in der "Westarbeit" des FDGB eingesetzte "INTERNATIONALInformationsund Bildungszentrum e.V." der DDR unverändert "Studienund Informationsreisen" in die DDR, insbesondere für Gewerkschafter aus der Bundesrepublik Deutschland. Es wurde zunehmend bei Delegationsreisen der DKP für Mitglieder und Sympathisanten der Partei und ihres Umfeldes beteiligt. Das IPW, das mit der gleichnamigen ehemaligen ZK-Abteilung der SED eng zusammenarbeitete, wie auch die "Akademie der Wissenschaften der DDR" (AdW) entsandten zahlreiche Referenten zu Veranstaltungen der DKP und ihres Umfeldes, aber auch zu allgemeinwissenschaftlichen Tagungen. Vom IPW gewonnene Erkenntnisse nutzte auch das inzwischen aufgelöste "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS) der DDR. 52 Linksextremistische Bestrebungen Eine besondere Rolle maß die SED der "kulturellen Westarbeit" zu. Auf Veranstaltungen der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen traten z. T. namhafte Theater-, Musikund Kleinkunstensembles sowie Rockund Singgruppen aus der DDR ohne Gage auf. Dazu der DKP-Vorsitzende: "Wir haben aus dem gagenfreien Auftreten von Künstlerinnen und Künstlern und Ensembles aus den sozialistischen Ländern auf Veranstaltungen der DKP, auf Festivals und Pressefesten Gewinne für unsere Partei erreichen können." (UZ vom 7. 12. 1989) 3. Funktionärsund Delegationsreisen in die DDR und DDR"Reisekader" Die DKP, ihre Nebenund die von ihr beeinflußten Organisationen entsandten auch 1989 noch zahlreiche Funktionäre und einige hundert Delegationen in die DDR. Ein großer Teil der geplanten Reisen, konzipiert zur Anleitung der "Genossen" und zur Sozialismuspropaganda, fand jedoch nicht statt - eine Folge der drastischen Mitgliederverluste und des deutlich geringeren Interesses vor allem bei Erneuerern. Kritische Äußerungen an Verhältnissen in der DDR stießen zudem auf Unverständnis und Ablehnung bei SEDund FDJ-Funktionären. Zu den zahlreichen "Reisekadern", die mit politischen Aufträgen in die Bundesrepublik Deutschland kamen, gehörten gezielt ausgewählte hochrangige "Westarbeitsfunktionäre". Von ihnen wurde erwartet, daß sie die dogmatische politische Linie der SED auch gegenüber Kritikern offensiv propagierten. Diese "Reisekader" wurden zuvor auf ihre Zuverlässigkeit überprüft, für ihre Einsätze besonders geschult und hatten nach Rückkehr über den Reiseverlauf und ihre Gespräche detaillierte Berichte zu erstellen. IV. "Neue Linke" 1. Politischer Standort und Entwicklung Ende der 60er Jahre bildeten sich in der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche linksextremistische Organisationen heraus, die den orthodoxen, an der KPdSU und SED orientierten Kommunismus ablehnen. Diese Gruppen der "Neuen Linken" orientieren sich bei ihrem revolutionären Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung an unterschiedlichen Ideologien. Marxistisch-leninistische Parteien und Bünde, trotzkistische Organisationen und sonstige revolutionär-marxistische Gruppen propagie- Linksextremistische Bestrebungen 53 ren "Klassenkampf" und "proletarische Revolution", um den "bürZwei Lager der gerlich-demokratischen Staat" zu zerschlagen. Die meisten nennen "Neuen Linken": den Aufbau einer wahrhaft sozialistischen Gesellschaft als ihr Ziel. "Revolutionäre Marxisten" und Anarchistische Gruppen wollen den demokratischen Staat zerset"Anarchisten" zen oder zerschlagen, um eine herrschaftsfreie Gesellschaft - die Anarchie - zu errichten. Die meisten Gruppen der "Neuen Linken" "Neue Linke" verkünden offen, sie würden revolutionäre Gewalt anwenden, propagiert revolusobald die Bedingungen dafür objektiv und subjektiv reif seien. Für tionäre Gewalt viele anarchistische Gruppierungen ist eine solche Situation bereits heute gegeben: Sie halten gewalttätiges Vorgehen schon jetzt nicht nur für möglich, sondern auch für nötig! Seit Jahren beklagt die "Neue Linke" ihre ideologische und organisatorische Zersplitterung. Versuche, diesen Zustand zu überwinden, versandeten jedoch meist in zähen Theoriediskussionen oder scheiterten, weil Funktionäre fürchteten, Autorität einzubüßen, oder Gruppen argwöhnten, von anderen bevormundet zu werden. Im Frühjahr gab es einen neuen Versuch, die Kräfte zu bündeln. Bemühungen um Ungebundene und noch organisierte Marxisten-Leninisten, AnhänZusammenschluß ger autonomer und anarcho-kommunistischer Gruppierungen, Perder "Radikalen sonen aus dem terroristischen Umfeld, Erneuerer aus den Reihen Linken" der DKP sowie Anhänger ökosozialistischer Strömungen in den GRÜNEN riefen dazu auf, eine "Radikale Linke" zu formieren, die den Parlamentarismus, den Kapitalismus und das Patriarchat bekämpft. Das Echo blieb geteilt. Vor allem Autonome fürchten, in einer parteiähnlichen Organisation vereinnahmt zu werden. Ein herausragendes Aktionsthema - vergleichbar mit der Kampagne gegen den Internationalen Währungsfonds im Herbst 1988 - gab es 1989 nicht. Nach den Wahlerfolgen der "Republikaner" verstärkte auch die "Neue Linke" ihren "Antifaschismuskampf". Das Interesse an Protesten der "Friedensbewegung" und der "Umweltschutzbewegung" ging weiter zurück. Die Zahl der Hausbesetzungen mit linksextremistischer Beteiligung nahm dagegen wieder zu. Zum Jahresende, nach den Umwälzungen in der DDR, mobilisierte auch die "Neue Linke" gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands. Trotzkisten und Anarchisten bemühten sich zugleich, Stützpunkte und neue Gruppen in der DDR aufzubauen. Die publizistischen Möglichkeiten der "Neuen Linken" blieben beachtlich. Ihre Gruppen gaben wieder etwa 200 verschiedene periodische Schriften heraus mit einer Jahresgesamtauflage von nahezu 7 Millionen Exemplaren. 2. Organisationen und Gruppierungen 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen Mehr als 30 verschiedene Organisationen waren 1989 aktiv. Die Mitgliederzahl der marxistisch-leninistischen Gruppen, Bünde und Parteien (K-Gruppen) hielt sich bei etwa 3.000. Davon entfiel der 54 Linksextremistische Bestrebungen größte Teil (etwa 2.800) auf 5 bundesweit tätige Organisationen. Die Mitgliederzahl der trotzkistischen Gruppen stieg auf etwa 800. Die Zahl der Mitglieder sonstiger revolutionär-marxistischer Organisationen erhöhte sich auf mehr als 5.000. 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) MLPD hält an Die 1982 gegründete MLPD, seit Jahren die mitgliederstärkste Lehren Mao K-Gruppe, bekannte sich unbeirrt zu den Lehren von Marx, Engels, TSE-TUNGs und Lenin, Mao Tse-Tung und auch Stalin: Diesem verdanke der MarxisSTALINs fest mus-Leninismus wichtige Errungenschaften96. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland bezeichnete die MLPD als Dokument der Diktatur des Monopolkapitals über die werktätige Bevölkerung97. Zum Sturz dieser Gesellschaftsordnung sei revolutionäre Gewalt erforderlich98. Die Entwicklung in den osteuropäischen Ländern wertete die Partei nicht als Niederlage des "realen Sozialismus", sondern als Bankrott des "bürokratischen Kapitalismus", der dort entstanden sei99. Kritik galt auch der KP Chinas; diese habe die Lehren MAOs verraten. Sie habe in Peking beim Einsatz des Militärs gegen die Studenten ein "sozialfaschistisches Massaker"100 angerichtet. Organisatorisch blieb die MLPD stabil. Die Zahl ihrer Mitglieder lag bei knapp 1.400. Auch ihre Nebenorganisationen für die Jugendarbeit blieben funktionsfähig. Zu ihrem traditionellen Pfingstjugendtreffen (12. - 15. Mai, diesmal in Duisburg-Rheinhausen) kamen wieder mehr als 2.000 Besucher. Zum Jahresende räumte die MLPD aber Schwierigkeiten bei der eigenen Sozialismuspropaganda ein. Sie müsse gegen eine Flut von Antikommunismus ankämpfen, die mit den Mißständen in der DDR auch gleich den Marxismus-Leninismus beseitigen wolle. Auf viele neue Fragen müßten noch einleuchtende Antworten gefunden werden. Die Partei stehe vor der größten Herausforderung seit ihrer Gründung101. Nach Jahren unternahm die MLPD wieder Anstrengungen, mit anderen Linksextremisten Aktionsbündnisse einzugehen. Der Parteivorsitzende Stefan ENGEL erklärte im Februar, die bisherige Selbstgefälligkeit sei aufzugeben; die MLPD müsse andere fortschrittliche Kräfte für eine antiimperialistische Einheitsfront gewinnen102. Erste Erfolge zeigten sich bei einer Kampagne gegen den MLPD agitiert europäischen Binnenmarkt, gegen die "imperialistischen Europagegen europläne". Gemeinsam mit einzelnen türkischen und deutschen revopäischen Binnenlutionär-marxistischen Organisationen, aber auch anarchistischen markt ... Gruppen, rief die MLPD dazu auf, den 17. Juni als "Tag der antiimperialistischen Einheit" zu begehen; zu Veranstaltungen in Bochum und Stuttgart kamen etwa 1.500 Personen. Zum "Antikriegstag" (1. September) verbreitete die MLPD, zusammen mit den neuen Bündnispartnern, einen Aufruf gegen die "Europapolitik des BRDImperialismus". Linksextremistische Bestrebungen 55 Bei den Europawahlen am 18. Juni trat sie mit Kandidaten in allen Bundesländern an. bei der Europawahl! Das Zentralorgan "Rote Fahne" veröffentlichte eine gemeinsame Resolution der MLPD und ihrer "Bruderparteien" in Norwegen, Schweden, den Niederlanden, Luxemburg und Griechenland "Gegen das Europa der Monopole"103. Die MLPD erhielt 10.162 Stimmen. An den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am 1. Oktober und in Baden-Württemberg am 22. Oktober beteiligte sie sich in ihren örtlichen Hochburgen; ihre Stimmenanteile lagen 56 Linksextremistische Bestrebungen jeweils unter 2 %. Auf eine eigene Kandidatur zur nächsten Bundestagswahl will die MLPD verzichten; sie erklärte sich jedoch bereit, in einem Wahlbündnis auf "antiimperialistischer" Grundlage mitzuwirken104. Nach den Umbrüchen in der DDR beschloß die Partei, ihre AntiEuropa-Kampagne zu erweitern. Die imperialistischen Europapläne hätten inzwischen mit dem Großdeutschlandkurs der Monopole ... und WiederGestalt angenommen; jetzt gelte es, auch gegen die Wiedervereivereinigung nigungsabsichten des deutschen Imperialismus zu kämpfen105. 2.1.2 "Kommunistischer Bund" (KB) Der 1971 gegründete KB - bundesweit etwa 400 Mitglieder mit Schwerpunkt in Hamburg - will revolutionäre Politik entwickeln, orientiert an den Lehren von Marx und Lenin. Er sah sich im Aufwind; die Auflage seiner zentralen Publikation "ak-Arbeiterkampf" stieg um mehrere hundert Exemplare. KB für "BlockAm 14./15. Januar fand in Hamburg der "3. Nationale Kongreß" bildung" der des KB statt. KB-Funktionäre sprachen sich dort für eine "Blockbilrevolutionären dung" der revolutionären Linken, aus, damit marxistische Politik in Linken der Bundesrepublik Deutschland noch Zukunft haben könne. Dazu müßten die ideologischen Standpunkte angenähert werden. Für den KB seien Unversöhnlichkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, gegenüber EG und NATO, Widerstand gegen Repression und die Unterstützung der Rebellion sozialer Minderheiten wesentliche Elemente106. KB-Mitglieder beteiligten sich intensiv an den Bemühungen zur Formierung der "Radikalen Linken" (vgl. Ziff. 1). Beachtlich blieben die Möglichkeiten des KB, in anderen Organisationen und Einrichtungen politisch zu arbeiten. So betätigten sich KB-Mitglieder weiterhin bei den GRÜNEN und bei Alternativen Listen; einzelne schrieben regelmäßig für bundesweit verbreitete Publikationen, z.B. die Monatszeitschrift "konkret". Auf das Scheitern des "realen Sozialismus" in der DDR reagierte der KB aggressiv: Sein "Leitendes Gremium" erklärte im Dezember, Deutschland müsse das Recht auf nationale Selbstbestimmung abgesprochen werden; das Streben nach Einheit sei der Versuch, eine Großmacht zu etablieren, die andere Länder bedrohe107. 2.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) BWK für "proletaDer BWK, der 1980 aus einer Spaltung des damaligen "Kommunirische Revolution" stischen Bundes Westdeutschland" (KBW) hervorgegangen ist, propagierte weiterhin die "proletarische Revolution": Der bürgerliche Staatsapparat müsse zerschlagen, die Machtfrage im Sinne der Arbeiterklasse gelöst werden 108 . Die Organisation gewinnt seit Jahren kaum noch Nachwuchs. Die verbliebenen etwa 300 Mitglieder betreiben den Aufbau örtlicher Aktionsbündnisse und Arbeitsgemeinschaften z. B. für den "antifaschistischen Kampf", für "revolutionäre Hochschulpolitik", gegen Linksextremistische Bestrebungen 57 "staatliche Repression". Für deren Agitation unterhält der BWK eine "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte mbH" (GNN). Diese verlegte - neben dem BWK-Organ "Politische Berichte" - 9 "Nachrichten"-Blätter zu berufsund fachspezifischen Fragen und mehr als 30 örtliche Publikationen ("Lokalberichte"). Den Herausgeberkreisen dieser Blätter gehören oft auch Mitglieder anderer linksextremistischer sowie demokratischer Organisationen an. GNN druckte und verlegte weiterhin die Schriften der "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT). In deren Vorstand halten BWK-Mitglieder seit Jahren einflußreiche PositioBWK-Einfluß in nen. Im GNN-Verlag erschienen außerdem ein "Kurdistan-Rundder VOLKSFRONT brief", an dem auch Anhänger der terroristischen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) mitwirken, und das seit dem RAF-Hungerstreik von "Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD" herausgegebene "Angehörigen-Info". Auf seiner Bundesdelegiertenkonferenz im März hatte sich der BWK mit dem Hungerstreik der RAFHäftlinge und mit der Politik der PKK solidarisch erklärt. Die Vorgänge in Mittelund Osteuropa wurden von BWK-Funktionären als "Konterrevolution" verurteilt. Dies stieß auf Widerspruch u. a. bei der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP). Die seit Jahren mit der VSP geführten Gespräche über einen Zusammenschluß kamen ins Stocken und wurden zum Jahresende eingestellt. 2.1.4 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Die VSP - 1986 durch Zusammenschluß der ehemaligen trotzkistischen "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) und der "Kommu- 58 Linksextremistische Bestrebungen nistischen Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" (KPD) entstanden - will in der Bundesrepublik Deutschland die "sozialistische Revolution" zum "Sturz der Kapitalherrschaft" herbeiführen109. Die ehemaligen Mitglieder von GIM und KPD fügten sich auch im dritten Jahr nach der Fusion nicht zu einer handlungsfähigen Organisation zusammen. Die Zahl der Mitglieder bröckelte auf etwa 400 ab (1988: knapp 450). Nach den Veränderungen in der DDR betonte die VSP, Sozialismus bleibe eine reale Utopie, auch wenn er noch nirgendwo existiere110. Die Partei agitierte gegen "Wiedervereinigungserpressung" und forderte die vorbehaltlose Anerkennung der DDR; die demokratische Revolution in der DDR müsse sozialistisch werden 111 . Die VSP bot linken Gruppen in der DDR, vor allen der "Vereinigten Linken", ihre Unterstützung an. Vertreter der "Vereinigten Linken" nahmen an einem VSP-Kongreß "DDR '89: Umbruch-Aufbruch-Aufkauf?" am 16./17. Dezember in Hamburg teil. FusionsverhandIhrem Ziel, die revolutionären Marxisten in der Bundesrepublik lungen zwischen Deutschland zu erneuern, kam die VSP nicht näher. Die seit Jahren VSP und BWK mit dem BWK geführten Verhandlungen brach sie Ende des Jahres gescheitert ab. Neue Perspektiven erhoffen sich VSP-Funktionäre von dem Projekt "Radikale Linke"; an dessen Arbeitstreffen wirkten sie von Beginn an mit. 2.1.5 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Der marxistisch-leninistische AB (bundesweit etwa 250 Mitglieder) hat seinen organisatorischen Schwerpunkt seit Jahren in Bayern. Dort unterhält er auch Nebenorganisationen für die Arbeit unter Schülern und Studenten. AB-Stützpunkte bestanden weiterhin in Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Hamburg. In Bitburg Auf dem Rhein In Bonn wird der ausgegrabene und k.v. befundene laufter zu den Kriegsgegnern über, um sich ird der deutsche Soldat, der nach dem ersten Weltkrieg schon einmal ausgegraben Soldat zu "Siegfrieds Totenmarsch in die ein für alle Mal eingraben zu lassen, damit wurde, wieder ausgegraben Bundeshauptstadt eskortiert ir kein 3. Mal in den Krieg muß Samstag, 2. September * I I 0 0 bis 1630 * zum Antikriegstag 1989 Linksextremistische Bestrebungen 59 Mit großem Aufwand agitierte der AB gegen den angeblichen AB agitiert gegen "westdeutschen Imperialismus". AB-Mitglieder und Anhänger "westdeutschen inszenierten zum "Anti-Kriegstag" (1. September) an vier verImperialismus" schiedenen Schauplätzen Bertolt BRECHTs Legende vom toten Soldaten als "antiimperialistisches" Propagandastück. Regie führte ein Mitglied des AB-Zentralkomitees. AB-Funktionäre stellten heraus, daß auch "bürgerliche Prominente" das Spektakel unterstützt hätten. Auf die Entwicklung in der DDR reagierte der AB mit Aufrufen "Nein! zur imperialistischen Wiedervereinigung". Die SED sei bankrott, weil sie jahrzehntelang statt Kommunismus defätistischen Sozialdemokratismus betrieben habe112 2.1.6 Trotzkistische Gruppen Die Mitgliederzahl der etwa 15 trotzkistischen Gruppen und Zirkel hat sich auf ungefähr 800 erhöht (1988: etwa 700). Die meisten Organisationen sind einer der konkurrierenden Richtungen des internationalen Trotzkismus angeschlossen. Trotzkisten streben die "Weltrevolution" zur Errichtung einer "sozialistischen Weltrepublik" an 113 . Diese soll über ein Rätesystem gelenkt werden. Wichtigster Schritt sei zunächst der Aufbau der revolutionären Partei des Proletariats114; sie müsse die soziale Revolution im Westen und die proletarisch-politische Revolution im Osten herbeiführen115. Die regierenden kommunistischen Parteien in Osteuropa und der UdSSR seien bürokratisch entartet. Trotzkistische Gruppen sahen sich im Aufwind. Sie nutzten ihre Trotzkisten sehen internationalen Verbindungen zu gemeinsamer Agitation gegen den sich im Aufwind geplanten europäischen Binnenmarkt. Der "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) und die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA) beteiligten sich im Juni an den Wahlen zum Europäischen Parlament - die ISA unter dem Tarnnamen "Liste für ein Europa der Arbeitnehmerinnen und der Demokratie". Sie erzielten mit 7.813 (BSA) und 10.358 (ISA) Stimmen Achtungserfolge. Ideologisch bestätigt sahen sich die Trotzkisten durch die Vorgänge im "realen Sozialismus". Seit Öffnung der Mauer in Berlin propagierten die meisten Gruppen die "Einheit der deutschen Arbeiterklasse"116 und sahen Chancen für ein "rotes Rätedeutschland"117. Mehrere trotzkistische Gruppen nutzten die neue Situation, um in der DDR politisch tätig zu werden. Sie verbreiteten Agitationsmaterial, beteiligten sich an Kundgebungen und bemühten sich um den Aufbau von Stützpunkten. 60 Linksextremistische Bestrebungen Die Mauer ist durchbrochen - Vorwärts zur politischen Revolution! Vierzehntägige Zeitung des Bunds Sozialistischer Arbeiter 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) MG weiterhin Die MG - Anfang der 70er Jahre aus revolutionär-marxistischen größte Gruppe Diskussionszirkeln, den sogenannten "Roten Zellen", an bayerider "Neuen schen Hochschulen entstanden - konnte ihre Position als bei weiLinken" tem größte Gruppe der "Neuen Linken" ausbauen. Die Zahl ihrer Kader stieg auf etwa 5.000; zusätzlich vermochte die MG wieder mehrere Tausend Personen an sich zu binden, die an Sympathisantenschulungen, Teach-ins und Arbeitskreisen teilnahmen. Mit zahlreichem Agitationsmaterial und öffentlichen Veranstaltungen - 1989 mehr als 400 Veranstaltungen mit in Einzelfällen über 1.000 Teilnehmern - warb die MG für ihre Ziele. An Kampagnen und Linksextremistische Bestrebungen 61 ~^^M i '*"^^^^^J CHflu t^ r &llrs?!tl"i9 " ? 62 Linksextremistische Bestrebungen Aktionsbündnissen anderer Linksextremisten beteiligte sie sich dagegen kaum. Mit ihrer "Marxistischen Streitund Zeitschrift - Gegen die Kosten der Freiheit" will die MG beweisen, daß die Welt eine einzige Ansammlung von unwiderleglichen Gründen für den Kommunismus darstelle118. Auf den öffentlichen Veranstaltungen und internen Schulungen der MG sollen "gestandene Kommunisten"119, "geschulte marxistische Agitatoren" Rede und Antwort über "alle guten Gründe für den Kommunismus" stehen120. Dort würden auch praktische Perspektiven geboten, wie mit dem erworbenen Wissen das Nötige getan werden könne121. Zu den Umbrüchen in den sozialistischen Staaten erkärte die MG: Ebenso wie der Kapitalismus müsse der reale Sozialismus und auch dessen Selbstkritik beanstandet werden. Gegen die MG lobt BRESCHNEW und Perestroika GORBATSCHOWS fand sie lobende Worte für Leonid Mao TSE-TUNG BRESCHNEW122; die Vorgänge in der Volksrepublik China kommentierte sie mit Sympathie für die Kulturrevolution Mao TSETUNGs123. Die Krise der DDR sei für die dortigen Pseudokommunisten die gerechte Quittung124. Die SED habe versäumt, eine konsequente Planwirtschaft einzuführen und die DDR kommunistisch zu organisieren. Statt dessen habe sie mit dem Kapitalismus um die Verwirklichung veralteter humanistischer Ideale der französischen Revolution gewetteifert125. Damit habe sich die SED bloß "anpassungsgeile" Antikommunisten erzogen126. An der Suche nach einem Sozialismus mit menschlichem Antlitz wolle sich die MG nicht beteiligen127. Die MG arbeitet wie ein politischer Geheimbund und zeigt Merkmale einer Sekte. Sie fordert von ihren Anhängern revolutionäre Disziplin, Opferbereitschaft und Konspiration. Von Mitgliedern wird erwartet, daß sie in Wohngemeinschaften zusammenleben und auf Außenkontakte weitgehend verzichten. Bis auf eine kleine Zahl von Funktionären bekennen sich die Mitglieder nicht offen zur MG. Mitglieder, die in der Industrie, in Bildungseinrichtungen oder im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, ziehen Genossen unauffällig nach. In MG-Hochburgen - vor allem in Bayern und in Norddeutschland - gelang es der MG, Einrichtungen der Erwachsenenbildung mit ihren Anhängern zu besetzen. 2.2 Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre Anarchistische Zusammenschlüsse hatten 1989 weiteren Zulauf. Auch die Anhängerschaft der Autonomen vergrößerte sich. Die "Infoläden" meisten Anarchisten lehnen größere organisatorische Zusammenwichtig für hänge und feste, gruppenübergreifende Strukturen ab. Deshalb Kommunikation haben für diese Szene "Infoläden" oder "libertäre Zentren" eine der "autonomen Szene" besondere Bedeutung. Es gibt sie inzwischen in mehr als 50 Städten. Sie verbreiten einschlägiges Schrifttum, dienen den örtlichen Gruppen als Verbindungsstellen und sind Anlaufadressen für Linksextremisten aus anderen Städten und aus dem Ausland. Sie tragen Linksextremistische Bestrebungen 63 mit dazu bei, für örtliche, überregionale und bundesweite Demonstrationen zu mobilisieren. Überregionale Bedeutung als Diskussionsund Informationsforum libertärer und autonomer Gruppen hatten Publikationen wie "schwarzer faden" (Grafenau), "Freiraum" (München), "direkte aktion" (Hamburg), "SWING - autonomes rhein-main info" (Frankfurt/M.); "INTERIM" (Berlin), "Wildcat" (Karlsruhe) und die als "Zeitung aus dem Untergrund" erscheinende Schrift "radikal". 2.2.1 Autonome Die Zahl der militanten Linksextremisten, die sich als Autonome bezeichnen, ist auf mehr als 2.000 angewachsen. Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept. In der "autonomen Autonome ohne Szene" sind verschiedene politische Strömungen präsent: anarchieinheitliches stische, Sozialrevolutionäre, antikapitalistische, antifaschistische ideologisches und antiimperialistische128. Autonome kämpfen für ein "selbstbeonze P stimmtes" Leben, frei von Unterdrückung und vom "Zwang zur Arbeit"129. Sie wollen die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zerstören; denn dieses "System" sei die Ursache für Unmenschlichkeit, Ausbeutung und tagtägliche Monotonie130. Aus diesem Grunde praktizieren Autonome militante "AntiStaatlichkeit" und fordern, die militärische, politische und ökonomische Infrastruktur des kapitalistischen Alltags anzugreifen und zu beseitigen131. Autonome finden sich oft in hordenund cliquenähnlichen Gruppierungen zusammen, weil das "Hausen in Horden" soziale Kontrolle verhindere132. Solche Zusammenschlüsse existieren inzwischen in den meisten größeren Städten, vor allem in den städtischen Ballungsgebieten Hessens, Nordrhein-Westfalens sowie in Hamburg Linksextremistische Bestrebungen 65 und Berlin (West). Die Gruppen sind oft nur kurzlebig, orientiert an aktuellen Themen, zusammengehalten durch gemeinsame Zwänge und Erfahrungen wie beispielsweise bei der Verteidigung besetzter Häuser. Anhänger autonomer Gruppierungen befürworten und verüben Autonome Gewalt gegen Sachen und gegen Personen: nicht nur "Randale" befürworten und bei Demonstrationen, sondern auch Brandstiftungen sowie Überpraktizieren Gewalt fälle auf politische Gegner und auf Einrichtungen des "Systems". Zu kontinuierlicher politischer Arbeit war die "autonome Szene" auch 1989 nicht imstande. Die seit Jahren anhaltenden Diskussionen über gemeinsame Strukturen und Strategien blieben ohne konkrete Ergebnisse. Erneut forderten einzelne Gruppen, endlich revolutionäre Organisationen nach marxistisch-leninistischen Prinzipien aufzubauen. Der Kampf um Freiräume sei nicht automatisch revolutionärer Kampf; selbstbestimmtes Leben könne es auch erst in einer sozialistischen Gesellschaft geben. Voraussetzung für dauerhafte Gegenmacht gegen das System sei eine straffe Organisation und Verankerung im Proletariat133. Wirkungen zeigten solche Empfehlungen bisher nicht. Die Zahl der örtlich oder regional verbreiteten Publikationen und Flugschriften nahm zu. Die "Info-Läden", vielerorts die wichtigsten Anlaufund Koordinierungsstellen der "Szene", arbeiteten verstärkt untereinander zusammen und suchten internationale Verbindungen. Auch 1989 fanden Autonome wieder zahlreiche Ansätze für miliAutonome tantes Vorgehen. Im Frühjahr beteiligten sie sich an "antifaschistibeteiligen sich an schen" Aktionen gegen Wahlveranstaltungen und Versammlungen "antifaschistischen" Aktionen rechter und rechtsextremitischer Organisationen. Dabei versuch- 66 Linksextremistische Bestrebungen ten sie, solche Veranstaltungen gewaltsam zu verhindern oder zu stören. Auf den Hungerstreik der inhaftierten RAF-Mitglieder (vgl. Kap. VI, Ziff. 2.2) reagierten Autonome nach anfänglichem Zögern mit breiter Solidarität. Sie beteiligten sich an Besetzungen, Kundgebungen und Demonstrationen, arbeiteten in Info-Büros mit und versuchten, den RAF-Forderungen mit Wandparolen und Sachbeschädigungen an öffentlichen Gebäuden und Bürohäusern wie auch mit Brandanschlägen Nachdruck zu verleihen. Das Verlangen der Gefangenen "aus RAF und Widerstand" müsse zu einer umfassenden "Anti-Knast-Kampagne" auch der Autonomen ent- Linksextremistische Bestrebungen 67 wickelt werden 134 . Auf den plötzlichen Abbruch des Hungerstreiks reagierten sie vielfach enttäuscht, auch verärgert; die RAF habe die Solidaritätsbewegung ausgenutzt und ohne Orientierung gelassen135. In Berlin (West) nahmen Autonome, im Verein mit "Antiimpis" und auch jugendlichen Randalierern, eine "revolutionäre 1. Mai-Demo" zum Anlaß, Scheiben einzuschlagen, Kraftfahrzeuge umzustürzen, Geschäfte zu plündern und die Polizei mit Steinen, Knüppeln und Brandflaschen anzugreifen. Mehr als 300 Beamte wurden verletzt und Sachschäden in Höhe mehrerer Millionen DM angerichtet. *%(r)mA k T % . , -- j 8 * I-r 1 ** m-. m-% \ V t - _ * 1 ii'111 i i . i * " *" | ... 1" "1 - < i - runiiiii: 1 P*^9H *jniscnlsi cffjTiWBll.: | '* * *fif? GiüTUtk A 1 "P i J *C" * ^ i **\ r r *^r ,11 U r 1 >, ^ * % 1 i kW k> *a i '-.toi 1K * 1 ! JR *" n ^ . ^ 68 Linksextremistische Bestrebungen Ausschreitungen verübten Autonome wiederholt auch in Hamburg bei Demonstrationen für den Erhalt der "Hafenstraße" und für andere besetzte Objekte, ferner bei einer "antifaschistischen" Demonstration in Göttingen am 25. November (vgl. Ziff. 3.2). Die Zahl der Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung, für die als Täter zumeist Autonome in Betracht kamen, stieg auf mehr als 500 (Vorjahr etwa 400). Autonome Den Umbruch in der DDR betrachteten die meisten Autonomen agitieren gegen skeptisch. Sie agitierten gegen eine "kapitalistische Wiedervereini"kapitalistische gung", bei der die Bundesrepublik Deutschland die DDR kolonial Wiedervereiniausbeute. Einige marxistisch orientierte Autonome warnten vor gung" Deutschlands dem "Sieg des Kapitalismus im Weltmaßstab". Der Zusammenbruch der Ostblockstaaten bedeute, daß weitere Millionen Menschen den Auspressungsstrategien multinationaler Konzerne preisgegeben würden. Auch fielen die letzten Schranken vor der Ausplünderung der Dritten Welt136. Autonome befürchteten auch, der Übersiedlerstrom aus der DDR könne Konsequenzen für ihre Lebensgewohnheiten haben: Die Situation der sozialen Unterklassen werde sich verschärfen - vor allem bei der Wohnungssuche; der "Häuserkampf" werde schwieriger. Autonome in Berlin (West) nahmen frühzeitig Verbindung zu Gleichgesinnten in der DDR auf. Diese beteiligten sich bereits im Dezember an einer Demonstration für den Erhalt der "Kiezstrukturen" in Berlin-Kreuzberg. Autonome aus Berlin (West) reisten zu einer Demonstration "Gegen Ausverkauf und Wiedervereinigung" in den Ostteil der Stadt. 2.2.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" In der 1980 gegründeten "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA) arbeiteten wieder etwa 80 Aktionsgruppen und Kollektive mit, die sich zur anarchistischen "Graswurzelbewegung" zählen. Diese will in einer "gewaltfreien sozialen Revolution" durch Anarchistische Macht von der Basis her ("Graswurzelrevolution") alle Formen und "Gewaltfreie Institutionen staatlicher Gewalt überwinden, den Staatsapparat Aktionsgruppen" beseitigen und durch eine herrschaftslose, auf Selbstbestimmung wollen Staatsgegründete Ordnung ersetzen. Zu den gewaltfreien Mitteln rechapparat beseitigen nen die "Aktionsgruppen" u. a. Besetzungen, Blockaden, Sabotage und massenhafte Übertretung von Gesetzen. Die FöGA unterhält als Informationsund Koordinierungsstelle eine "Graswurzelwerkstatt" mit Sitz in Köln. Diese mobilisierte im Frühjahr zu Protestund Behinderungsaktionen gegen die NATO-Stabsrahmenübung WINTEX/CIMEX '89. Sodann bemühte sie sich, eine neue Kampagne gegen Wehrpflicht und Zivildienst in Gang zu bringen. Im neugegründeten "Bund für Soziale Verteidigung" übernahm die FöGA einen Sitz im Trägerkreis. Sie unterstützt dort die Vorbereitungen zu einer Kampagne "BRD ohne Armee" (BoA). Auf den Machtverlust der SED in der DDR reagierte auch die "Graswurzelbewegung" mit verstärkten Aktivitäten. "Gewaltfreie Aktionsgruppen" suchten Kontakte zu Gruppen in der DDR. Die Linksextremistische Bestrebungen 69 FöGA warb für den Aufbau eines "libertären Sozialismus"; die Bürgerproteste gegen das SED-Regime könnten, so erklärte die FöGA, Modellcharakter für eine antibürokratische Massenbewegung auch in der Bundesrepublik haben137. 2.2.3 "Anarcho-syndikalistische" und "anarchokommunistische" Gruppen Die anarcho-syndikalistische "Freie Arbeiterinnen-Union" (FAU) sieht in Betriebsarbeit und dem Aufbau einer parteiunabhängigen basisdemokratischen Gewerkschaft138 die wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einer Revolution. Als deren Ziel propagiert sie eine herrschaftslose, ausbeutungsfreie, auf Selbstverwaltung begründete Gesellschaft139. Als Kampfmittel empfiehlt die FAU ihren Anarcho-SyndikaAnhängern die "direkte Aktion"; darunter versteht sie u. a. Boylisten propagieren kott, Streik, Fabrikbesetzungen und Sabotage. Jegliche parlamenta"direkte Aktion" rische Arbeit sei abzulehnen. Bundesweit unterhielt die FAU 20 Ortsgruppen oder Stützpunkte. Die Kölner Gruppe stellte das Sekretariat der anarcho-syndikalistischen "Internationalen ArbeiterAssoziation" (IAA), die nach ihrem Statut den revolutionären Kampf in allen Ländern organisieren und unterstützen will. Anarcho-kommunistische Gruppen wollen über eine sozialistische Revolution unter Führung des Proletariats die klassenlose freie Gesellschaft erreichen140. 3. Aktionsfelder 3.1 "Internationalismusarbeit" - "Dritte Welt Solidarität" Die Hoffnungen der "Neuen Linken", aus der Kampagne gegen den Internationalen Währungsfonds werde sich ein "neuer Internationalismus" entwickeln, erfüllten sich nicht. Gruppen der "Neuen Gruppen der Linken" solidarisierten sich aber weiterhin mit Zielen und Metho"Neuen Linken" den revolutionärer Organisationen in Ländern der "Dritten Welt". mit revolutionären Einzelne K-Gruppen und Anarchisten befürworteten erneut den Organisationen in bewaffneten Kampf gegen die Apartheid in Südafrika. der "Dritten Welt" In der Palästina-Solidaritätsbewegung drängten Gruppen mit solidarisch hohem Anteil "Autonomer" und "Antiimpis" auf einen strikten Anti-Israel-Kurs. Eine Unterstützung des palästinensischen Widerstandes bedeute auch Kampf gegen die Grundlage des Staates Israel, gegen den Zionismus; die "Metropolen-Linke" dürfe sich nicht mit der Existenz dieses Staates abfinden141. Die MLPD führte zugunsten einer peruanischen "Bruderpartei" eine Spendensammlung durch, die mehr als 90.000 DM erbrachte. Auch andere Linksextremisten unterstützten peruanische Revolutionäre: In mehreren Städten organisierten deutsche und türkische Sympathisanten der peruanischen Terrororganisation "Sendero Luminoso" Propagandaveranstaltungen und verbreiteten Agitationsmaterial. 70 Linksextremistische Bestrebungen 25. November 1989 20.Jg.Nr.48 F2S83C Wochenzeitung der MLPD Neue Erfahrungen im proletarischen Internationalismus in den meisten frc) Vom 7. Oktober bis 19. November führten die MLPD Bundesländern die Sammlung und ihre Nebenorganisationen bis ?um Schluß nicht geneheine Solidaritätskampagne mit migten. dem Befreiungskampf des peAuf über 50 Veranstaltunruanischen Volkes durch. gen wurde über die Lage in PeNach einem ersten Überblick ru und den revolutionären kann sich das Ergebnis sehen Kampf der Werktätigen anlassen: Bis zum 22. 11. 89 ginschaulich berichtet. In mindegen 46 257,88 DM für die stens zehn Städten wurden die esse an der MLPD geweckt. UNIR auf das Konto ein. Ob Veranstaltungen von AktionsFür viele war gerade die Entwir unser Ziel von 70 000 DM einheiten getragen. wicklung in der DDR ein Anerreichen, wird sich erst mit Neue Kontakte für die antiknüpfungspunkt. Denn sie den Einzahlungen in den nächimperialistische Arbeit wurden fanden es richtig, daß das Volk sten Wochen zeigen. Schon auch beim Sammeln in den hier wie dort lernen muß, sein jetzt ist das schon deshalb ein Wohngebieten und in und vor Geschick in die eigene Hand zu besonderer Erfolg, weil die lnBetrieben geknüpft und Internehmen. PERU - SOLIDARITÄT El Salvador-Solidaritätsgruppen, in denen Linksextremisten mitarbeiten, führten die Spendenkampagne "Waffen für El Salvador" fort 142 . Mehr als 200.000 DM flössen der Guerillaorganisation "Frente Farabundo Marti para la Liberacion Nacional" (FMLN) zu. Seit Mitte November - nach der Verschärfung des Bürgerkriegs in El Salvador - beteiligten sich Linksextremisten in großer Zahl an Solidaritätskundgebungen für die FMLN. Linksextremistische Bestrebungen 71 Über die Entwicklung in Nicaragua zeigten sich linksextremistische "Internationalisten" und "Antiimperialisten" enttäuscht. Die Revolution dort komme nicht voran. Die Regierung sei gegenüber imperialistischen Einflüssen zu gefügig; mit der Ankündigung freier Wahlen bediene sie sich bürgerlich kapitalistischer Herrschaftsmechanismen143. Linksextremisten empfahlen, die Solidaritätsarbeit für die Sandinisten einzustellen. Linksextremisten Internationalistische Politik solle sich auf den Widerstand in den für "Widerstand in Metropolen, den Kampf gegen das Ausbeutungssystem hier, den Metropolen" gegen den westdeutschen/westeuropäischen Imperialismus konzentrieren. Als Ansatzpunkte dazu nannten Gruppen der "Neuen Linken" den Widerstand gegen die Asylund Flüchtlingspolitik und den Kampf gegen den geplanten europäischen Binnenmarkt. K-Gruppen und Trotzkisten begannen, für Frühjahr 1990 internationale antiimperialistische Konferenzen vorzubereiten. Autonome mobilisierten zu einer Kampagne gegen "EG 92" und suchten Kontakte zu Gesinnungsgenossen in Italien, Dänemark und den Niederlanden. Von dort übernahmen sie Impulse zu Aktionen gegen den Shell-Konzern (Zerstörungen an Tankstellen, Blockaden etc.). Eine Kampagne gegen diesen Multi sei bereits international, so erklärten Autonome, und könne in der Bundesrepublik Deutschland beispielhaft für den Widerstand gegen den europäischen Binnenmarkt werden. Endlich zeige sich die Perspektive eines neuen europäischen Internationalismus144. 3.2 "Antifaschismusarbeit" Nach den Wahlerfolgen der "Republikaner" verstärkte auch die "Neue Linke" "Neue Linke" den "antifaschistischen Kampf". Der BWK und die verstärkt "antiVOLKSFRONT behaupteten, die Bundesrepublik Deutschland entfaschistischen Kampf" wickele sich neofaschistisch. Die VOLKSFRONT forderte, alle faschistischen Gruppen und Parteien, von FAP, NPD bis zu den Republikanern, aufzulösen und zu zerschlagen145. Betreiber des Projektes "Radikale Linke" erklärten, die "Republikaner" seien Ausdruck der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse; wer diese Partei verbieten wolle, müsse auch ein Verbot der großen im Bundestag vertretenen Parteien fordern. Autonome "Antifa-Gruppen" betonten, ernstgemeinter Antifaschismus zwinge auch zu militantem Vorgehen146. Ziel müsse sein, die Faschisten von der Straße zu kriegen, um der von ihnen ausgehenden Bedrohung zu begegnen. Wer sich im antifaschistischen Kampf auf den Staat, auf Polizei und Gesetz verlasse, sei kein Antifaschist147. Gruppen der "Neuen Linken" versuchten - oft im Bündnis mit dem DKP-Spektrum und demokratischen Organisationen -, Parteitage und Kundgebungen rechter und rechtsextremistischer Parteien zu stören oder zu verhindern. Militante Autonome gingen dabei wiederholt gewalttätig vor. Sie griffen Teilnehmer sol- 72 Linksextremistische Bestrebungen eher Veranstaltungen, aber auch die Polizei mit Schlagwerkzeugen und Feuerwerkskörpern an. Vermehrt kam es zu Schlägereien zwischen Linksextremisten und Rechtsextremisten sowie zu Überfällen auf einzelne Rechtsextremisten. Nach einer Schlägerei zwischen Autonomen und Skinheads am 17. November in Göttingen, bei der die Polizei eingreifen mußte, wurde eine Studentin, die sich der Personenfeststellung entziehen wollte und weglief, von einem Auto erfaßt und tödlich verletzt. Autonome behaupteten, die Polizei habe die "Antifaschistin" in den Tod getrieben, und mobilisierten zu Protestaktionen. In den folgenden Tagen kam es in mehr als 30 Städten zu Sachbeschädigungen an Kaufhäusern, Banken und öffentlichen Gebäuden. An einer Demonstration am 25. November in Göttingen (etwa 15.000 Demonstranten) beteiligten sich auch mehr als 2.000 meist vermummte Anhänger autonomer und antiimperialistischer Gruppierungen aus dem gesamten Bundesgebiet und Berlin (West). Diese warfen Scheiben ein und griffen Polizeibeamte an; mehr als 90 Beamte wurden verletzt. 3.3 "Antimilitarismusund Friedensarbeit" K-Gruppen, Trotzkisten und Anarchisten agitierten weiterhin gegen Nur noch die Bundeswehr und die NATO. An den Aktivitäten der "Friedensgeringes Interesse bewegung" zeigten sie jedoch kaum Interesse. Einrichtungen, der "Neuen über die sich Gruppen der "Neuen Linken" bisher in den AktionsLinken" an Aktionen der konferenzen der "Friedensbewegung" Gehör verschafft hatten, "Friedenslösten sich auf, so die "Bundeskoordination Unabhängiger Friebewegung" densgruppen" (BUF) und die "Koordinierungsstelle Ziviler Unge- Linksextremistische Bestrebungen 73 horsam" (KoZU). Die Bemühungen von Mitgliedern des KB, eine Kampagne "Atomwaffenverzicht ins Grundgesetz!" in Gang zu bringen, scheiterten. Die anarchistische FöGA mobilisierte im Frühjahr - mit nur geringem Erfolg - zu Protesten gegen die NATOStabsrahmenübung WINTEX/CIMEX '89. Sie beteiligte sich sodann an Versuchen, eine Bewegung "BRD ohne Armee" (BoA) zu entwickeln. Die Zahl der Störaktionen gegen die Bundeswehr mit Beteiligung der "Neuen Linken" (Blockaden vor Kasernen, Sachbeschädigungen durch Ansprühen von Parolen, Behinderungen bei Rekrutengelöbnissen etc.) ging weiter zurück: nur noch etwa 50 Aktionen (1988 mehr als 100) wurden bekannt. Auch die Zahl der Protestund Störaktionen mit linksextremistischer Beteiligung gegen ausländische NATO-Streitkräfte verringerte sich auf weniger als 200 (1988 etwa 250). 3.4 Beteiligung an Aktionen der Umweltschutzbewegung und an Protesten gegen neue Technologien Linksextremisten sehen Besorgnisse in der Bevölkerung vor neuen technischen Entwicklungen meist nur unter taktischen Aspekten - als Ansatzpunkt für ihre Agitation. Gruppen der "Neuen Linken" konzentrierten sich dabei 1989 wieder auf die Themen Datenerfassung, Gen-Forschung und Nutzung der Kernenergie. Sie stellen sich selbst als redliche Sachwalter von Bürgerinteressen heraus, in Wahrheit versuchen sie, Betroffenheit und Ängste zu schüren und das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie und den Rechtsstaat zu untergraben. Sobald sich größere Protestbewegungen entwickeln, drängen vor allem Autonome und andere militante "Neue Linke" auf "direkten Widerstand" gegen "das System". Mitglieder von K-Gruppen und anarchistischen Gruppierungen beteiligten sich, ebenso wie orthodoxe Kommmunisten, an Aktionskonferenzen der "Anti-AKW-Bewegung" und an der letzten "Großdemonstration" am 3. Juni in München gegen den inzwischen aufgegebenen Bau einer Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf (WAA); Motto: "Gegen WAA, Atomprogramm und Repression". Das Interesse der "Neuen Linken" an Behinderungen von Atommülltransporten ließ nach. Dagegen stieg die Bereitschaft, sich wieder in die Proteste gegen Lagerung und Bearbeitung von Atommüll in Gorleben (Niedersachsen) "einzumischen". 3.5 Kampf um "Freiräume" Die Zahl der Hausbesetzungen mit linksextremistischer Beteiligung "Häuserkampf" stieg wieder an; etwa 70 Aktionen wurden bekannt. Die Autonoals Schritt zum men sprechen vom "Häuserkampf"; Besetzung und Verteidigung Aufbau revolutionärer Gegensolcher Objekte seien Schritte zum Aufbau revolutionärer Gegenmacht macht. Die Eroberung von Freiräumen, der Aufbau autonomer Zentren, sei unerläßlich für ein Leben ohne Unterdrückung. Sie seien Ausgangspunkt für die Kämpfe gegen die Herrschenden. 74 Linksextremistische Bestrebungen Erneut wandten sich Autonome und Anhänger sonstiger sozialrevolutionärer Gruppierungen gegen Maßnahmen zur Stadtsanierung und Strukturverbesserung innerstädtischer Wohnviertel. Dies seien Versuche, die selbstbestimmten, kollektiven Zusammenhänge in den Stadtvierteln zu zerstören148 sowie die Ausbeutung und Kontrolle zu steigern. Erneut zerstörten Linksextremisten Baumaschinen und beschädigten Bauzäune und Planungsbüros. 3.6 Betriebsund Gewerkschaftsarbeit Die meisten revolutionär-marxistischen Organisationen, AnarchoSyndikalisten und -Kommunisten sehen in der Betriebsarbeit einen politischen Schwerpunkt. Sie bemühten sich auch 1989 um den Aufbau von Betriebsgruppen, verbreiteten eigene Betriebszeitungen und Flugschriften, um die Arbeiterklasse für die "Sache des Sozialismus" zu gewinnen und "revolutionäres Bewußtsein" zu entfachen. Besonders aufwendig ist die Agitation der MG geblieben. Diese gab die "Marxistische Arbeiterzeitung" wieder mit mehr als 20 verschiedenen Ausgaben (Einzelauflagen bis zu 10.000 Exemplare) heraus. Die MLPD verfügte über mehr als 60 Betriebsgruppen, vor allem in der Automobilindustrie, im Bergbau und in der Stahlindustrie. MLPD-Mitglieder waren an der Herausgabe von mehr als 80 Betriebszeitungen beteiligt. K-Gruppen und Trotzkisten bemühten sich unverändert um Mitarbeit in Gewerkschaften - vielfach ohne ihre politischen Überzeugungen offenzulegen. Funktionen, die ihre Mitglieder dort oder in Betriebsräten erlangen können, werden oft werbewirksam bei Aktionsbündnissen oder Wahlkandidaturen herausgestellt. 3.7 Tätigkeit an Hochschulen Bei Wahlen zu Studentenparlamenten errangen anarchistische und sonstige undogmatisch-sozialrevolutionäre Zusammenschlüsse 1989 etwa 13 % aller Sitze (1988: knapp 14 %). Die MG, die als einzige der revolutionär-marxistischen Organisationen an nahezu allen Hochschulen aktiv ist, beteiligte sich nur in Bayern an Wahlen zu studentischen Gremien. MG-Mitglieder gelangten wieder in München (2 Sitze) und in Erlangen (1 Sitz) in die studentischen Konvente. Gruppen der "Neuen Linken" an Hochschulen solidarisierten sich während des Hungerstreiks mit den Zielen der RAF; sie agitierten gegen angebliche "Isolationshaft und Folter" und gegen "repressive Sicherheitsund Notstandsgesetze". Zudem forderten sie die Abschaffung der angeblich patriarchalen, kapitalistischen Besitzund Machtverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und warben um Unterstützung revolutionärer Organisationen u. a. in Lateinamerika. Linksextremistische Bestrebungen 75 V. Verbindungen zu ausländischen Linksextremisten DKP und SEW pflegten auch 1989 rege Kontakte zu kommunistischen Organisationen im Ausland. Da der Klassengegensatz zwischen Arbeitern und Bourgeoisie international sei, so ein DKP-Ideologe, sei proletarischer Internationalismus unverzichtbar149. Die größeren Vorfeldorganisationen der DKP und SEW arbeiten mit Verflechtung mit sowjetisch gesteuerten internationalen Tarnorganisationen ("Frontsowjetisch gesteuerten organisationen") zusammen. Deren Bedeutung ging zum Teil zu"Frontrück, da die Sowjetunion stärker auf neue, weniger belastete Fororganisationen" men zur Unterstützung ihrer Politik setzt (z. B. "Volksdiplomatie"). Dem Präsidium des "Weltfriedensrats" (WFR, Sitz: Helsinki) gehörten zum Jahresende auch 5 Personen aus der Bundesrepublik Deutschland an, darunter Martha BUSCHMANN (Mitglied des DKPParteivorstandes) als eine der Vizepräsidentinnen. Die VVN-BdA und die DFU sind dem WFR kooperativ angeschlossen; die DFGVK entsendet einen Vertreter. Als "Filiale" des WFR in der Bundesrepublik Deutschland fungiert das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit", in Berlin (West) der "Ständige Arbeitsausschuß für Frieden und internationale Verständigung". Eine enge Zusammenarbeit besteht auch zwischen: - der "Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer" (FIR) und der WN-BdA bzw. der WN-Westberlin - VdA; - der "Internationalen Demokratischen Frauenföderation" (IDFF) und der DFI bzw. dem "Demokratischen Frauenbund Berlin" (DFB); - der "Weltföderation der Wissenschaftler" (WFW) und dem kommunistisch beeinflußten "Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler e.V." (BdWi); - der "Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen" (IVDJ)undderVDJ. Vi. Deutscher linksextremistischer Terrorismus* 1. Entwicklung der Terroraktionen Der Rückgang von Terrorakten in der Bundesrepublik Deutschland Zahl der Terrorseit 1987 hat sich 1989 weiter fortgesetzt. Mit einem Mord, sechs akte weiter rückläufig Sprengstoffund 65 Brandanschlägen sowie 29 sonstigen Straftaten (14 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr und 15 Anschlä- * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 76 Linksextremistische Bestrebungen ge auf Einrichtungen der Energiewirtschaft) hat die Zahl der linksextremistisch motivierten Terrorakte* (insgesamt 101) gegenüber dem Vorjahr um nahezu die Hälfte abgenommen (zum Vergleich 1988: 197, 1987:329). Terroristische Ein Nachlassen der terroristischen Bedrohung für die Zukunft läßt Bedrohung sich hieraus nicht ableiten. Nach wie vor sind innerhalb des Spekbesteht weiter trums des deutschen linksextremistischen Terrorismus Gruppen und (Einzel-)Personen dazu bereit, schwerste Gewalttaten zu begehen. Tragisches Zeugnis dieser Gewaltbereitschaft und krasses Beispiel für die verzerrte Wirklichkeitswahrnehmung terroristischer Gewalttäter ist die Ermordung des Vorstandssprechers der Deutschen Bank, Dr. Alfred HERRHAUSEN, durch die "Rote Armee Fraktion" am 30. November in Bad Homburg. Auch die Höhe der angerichteten wirtschaftlichen Schäden blieb trotz des zahlenmäßigen Rückgangs der Terrorakte unverändert hoch (mehrstellige Millionenhöhe). In einigen Fällen konnten die mutmaßlichen Täter festgenommen werden. Dominierendes Die rückläufige Entwicklung der Terrorakte dürfte im wesentlichen Anschlagsthema auf das Fehlen eines "zugkräftigen" Reizthemas - wie es 1988 der fehlt Internationale Währungsfonds anläßlich seiner Tagung mit der Weltbank in Berlin darstellte - zurückzuführen sein. Das überwiegend aus dem anarchistischen und autonomen Spektrum stammende Gewalttäterpotential ist dagegen zahlenmäßig in etwa gleichgeblieben. Andere Problembereiche, die bisher zur Begründung von Anschlägen dienten, haben durch allgemeine aktuelle Entwicklungen an Bedeutung verloren. Dazu zählen die Angriffsrichtungen "Anti-Kernkraft" (2 Brandanschläge, 4 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr und 15 Anschläge auf energieführende Anlagen) und "Anti-Militarismus" (1 Brandanschlag sowie eine Reihe von gegen Militärtransporte gerichtete Eingriffe in den Bahnverkehr). Der Rückgang der Anschlagsaktivitäten auf diesen Aktionsfeldern könnte mit dem Verzicht auf den Weiterbau der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf - eines Symbols für militante Kernkraftgegner - und mit den zunehmenden Erfolgen in der Entspannungspolitik zusammenhängen. Offenbar hat auch die seit 1987 wirksame Verschärfung des SS129 a StGB auf potentielle Täter abschreckend gewirkt. Hungerstreik löst Die meisten Terrorakte erfolgten im Zusammenhang mit dem 10. die meisten kollektiven Hungerstreik der Inhaftierten aus "RAF und WiderTerrorakte aus stand" vom 1. Februar bis 12. Mai, obwohl die Häftlinge bewußt nicht auf eine militante Unterstützung von außen abzielten (vgl. * Terrorakte sind Anschläge, d.h. schwerwiegende Straftaten, wie sie insbesondere in SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) und andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen, sofern diese Taten gezielt im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes für politische Ziele begangen werden. Nicht hierunter fallen Anschläge, die spontan, etwa aus gewalttätig verlaufenden Demonstrationsveranstaltungen heraus, durchgeführt werden. Linksextremistische Bestrebungen 77 Ziff. 2.2). Vorwiegend Täter aus dem militanten autonomen Bereich, aber auch des RAF-Umfeldes verübten neben 24 Brandanschlägen u. a. gegen Bankfilialen, Konzerne und Kaufhäuser eine Vielzahl von Sachbeschädigungen (z. B. Zerstören von Fensterscheiben, Farbschmierereien). Die Anschläge des Jahres 1989 verteilen sich nach Tätergruppen und Ausführungsart wie folgt (Vergleichszahlen 1988 in Klammern): MordSprengBrandsonstige insanstoffanStraftaten gesamt schläge anschläge schläge "Rote Armee" Fraktion 1* (1)** 0 (0) 0 (0) 0 (0) 1 (1) RAF-Anhänger 0 (0) 1 (D 7 (6) 0 (0) 8 (7) "Revolutionäre Zellen"/ "RoteZora" 0 (0) 2 (1) 2 (5) 0 (0) 4 (6) (einschl. sog. Resonanz-RZ) sonstige Gruppen/Einzeltäter 0 (0) 3 (9) 56 (116) 29 (58) 88 (183) Summe 1 (1) 6 (11) 65 (127) 29 (58) 101 (197) Neben dem Hungerstreik waren überwiegend Themen von meist nur lokaler Bedeutung Anlaß für Terrorakte: 12 Brandanschläge wurden u. a. gegen umstrittene regionale Planungsund Bauprojekte (z. B. Autobahnausbau), gegen Maßnahmen im Sozialbereich (z. B. örtliche Abschiebepraxis bei Ausländern) sowie gegen die Räumung besetzter Häuser wegen Sanierungsvorhaben verübt. Hier waren in erster Linie beteiligte Bauunternehmen, Konzerne und kommunale Entscheidungsträger Ziel der Anschläge. Zu 16 Anschlägen u. a. auf Einrichtungen von Polizei und Justiz sowie Banken gaben die Täter keine Begründungen ab. Aufgrund der Vorgehensweise und der Auswahl der angegriffenen Objekte ist ein linksextremistischer Hintergrund wahrscheinlich. Die Anschläge zu ehemals dominierenden Themen, wie die Rassenpolitik der Republik Südafrika, die Solidarität mit (inhaftierten) linksextremistischen Gesinnungsgenossen im Inund Ausland, die * Mord an dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Dr. Alfred HERRHAUSEN, in Bad Homburg. ** Mordversuch an dem Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen, Dr. Hans TIETMEYER, in Bonn am 20. September 1988. 78 Linksextremistische Bestrebungen Bisherige Gentechnologie und feministische Reizthemen wie "SextourisAnschlagsthemen mus", gingen erheblich zurück. Dagegen hat die gewaltsame Ausverlieren an einandersetzung zwischen Rechtsund Linksextremisten an SchärBedeutung fe zugenommen. Dies belegen sechs Terrorakte auf Wohnund Treffobjekte bzw. einen Verlag mutmaßlicher Rechtsextremisten. Ein Beispiel für terroristische Aktionen aus aktuellem Anlaß waren die Ereignisse nach dem Unfalltod einer Göttinger Studentin im November, der in linksextremistischen Kreisen der Polizei angelastet wurde (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.2). Neben den daraufhin bundesweit spontan einsetzenden und z.T. gewaltsamen Protestaktionen kam es zu drei Brandanschlägen auf ein Polizeigebäude sowie Bankfilialen. Regionale Schwerpunkte der Anschlagsaktivitäten des Jahres 1989 waren die Bundesländer Niedersachsen (24), Berlin und NordrheinWestfalen (jeweils 18). 2. "Rote Armee Fraktion" (RAF) 2.1 "Kommandobereich" und "Militante" Mit dem Attentat auf den Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Dr. HERRHAUSEN, und dessen Fahrer hat der "Kommandobereich" der RAF, dem etwa 15 bis 20 Personen angehören dürften, deutlich gemacht, daß er unbeirrt am Konzept des "bewaffneten Kampfs" festhält. Mit weiteren schwersten Terrorakten ist daher auch künftig zu rechnen. Am 30. November verübte ein "Kommando Wolfgang BEER"* der RAF ermordet RAF auf Dr. HERRHAUSEN in der Nähe seiner Wohnung in Bad DR. HERRHAUSEN Homburg einen Sprengstoffanschlag. Dr. HERRHAUSEN wurde * Wolfgang BEER, selbst Angehöriger des "Kommandobereichs" der RAF, war bei einem Verkehrsunfall am 25. 7. 1980 ums Leben gekommen. Linksextremistische Bestrebungen 79 getötet, sein Fahrer überlebte den Anschlag. Als Sprengladung benutzte das Kommando eine Art Hohlladungsmine, die mit Hilfe einer Lichtschranke gezündet wurde. Damit hat die RAF gezeigt, daß sie ihre technischen Fertigkeiten seit dem ebenfalls mit einer Sprengfalle ausgeführten Mord an dem SIEMENS-Vorstandsmitglied Prof. Dr. BECKURTS am 9. Juli 1986 weiterentwickeln konnte. In einer Erklärung150 wurde die Tat mit Dr. HERRHAUSENs Funktion als angeblich mächtigster Wirtschaftsführer in Europa begründet. Die Deutsche Bank stehe an der "Spitze der faschistischen Kapitalstruktur" und versuche, die von ihr praktizierte Ausplünderung der Länder der Dritten Welt langfristig zu sichern. Darüber hinaus bereite sie seit Jahren den Einbruch in die Länder Osteuropas vor, um auch diese dem Diktat kapitalistischer Ausbeutung zu unterwerfen. Erstmals seit der Ermordung des MTU-Vorstandsvorsitzenden Dr. ZIMMERMANN am 1. Februar 1985 hat der "Kommandobereich" auch wieder die Forderung nach "Zusammenlegung der Inhaftierten aus RAF und Widerstand" aufgegriffen. Während des 10. kollektiven Hungerstreiks, mit dem die InhaftierRAF greift ten aus eigener Initiative ihre Zusammenlegung vornehmlich auf Forderung der politischem Wege durchsetzen wollten, hatte der "KommandobeInhaftierten nach reich" erwartungsgemäß keine terroristischen Aktivitäten entfaltet, Zusammenlegung auf da dadurch die angestrebte politische Lösung von vornherein zunichte gemacht worden wäre. In einem Brief von Ende Oktober151 stellte Helmut POHL, einer der Wortführer der Inhaftierten, das Scheitern dieser Bemühungen fest. Gleichzeitig erklärte er, insoweit die Häftlinge in dieser Zeit die Initiative an sich gezogen hätten, sei diese "wieder abgegeben". Der Brief kann zwar nicht als direkte Aufforderung zu einem Anschlag angesehen werden; er machte aber deutlich, daß die Inhaftierten eine weitere Rücksichtnahme der RAF auf ihre Bemühungen nicht mehr für erforderlich hielten. Mit dem Attentat auf Dr. HERRHAUSEN griff die RAF nunmehr wieder einen herausragenden Repräsentanten der Wirtschaft an. Alle AngriffsDie Aktion liegt auf der Angriffslinie, die die RAF und die italienibereiche der RAF sche Terrorgruppe "Brigate Rosse - PCC" ("Für den Aufbau einer bleiben gefährdet kämpfenden kommunistischen Partei") in ihrem gemeinsamen Kommunique152 beschrieben hatten. Dieses Kommunique war anläßlich des versuchten Mordes an dem Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Dr. TIETMEYER am 20. September 1988 als einem Repräsentanten des staatlich-politischen Bereichs veröffentlicht worden. Weitere gleichwertige Angriffsrichtungen der RAF sind der militärische Bereich und der "militärisch-industrielle Komplex", aber auch der "Repressionsapparat", zumal die RAF ihn für den mangelnden Erfolg des Hungerstreiks der Inhaftierten verantwortlich machen dürfte. Durch den Anschlag des "Kommandobereichs" motiviert, versuchten auch "Militante" der RAF erstmals seit Dezember 1986 wieder 80 Linksextremistische Bestrebungen Sprengstoff anschlage von "Militanten" der RAF von 1986 bis 1 9 8 9 * 13.8.86 Wuppertal / ^ ^ ^ ^ Fa. Westinghouse Fanal 1 Vv" >. 10. 12 89 Monheim \ C(tm)*' C"'^"^ 19.12.86 Köln \ Xr^t ^ A X f / " > t J > - 8.9 86 Köln Bundesamt für ä Deutsche Entwicklungshilfe- ^ PS \ \ J"> '" i ' ' ' Verfassungsschutz gesellschaft ^^^w. ^(c) ^ ^ ^i^lL I ^^^ir^ fJ **> 11.8.86 Swisttal-Heimerzheim m Fraunhofer-Institut *"y ^^"^ r \ --*"' f* 21. 12.86 Bad-Münstererfel ^^*L -J**^ \ / Friedrich-Ebert-Stiftung flu-"J f^ ^ ^ 16. 11.86 Heidelberg \ f f ^ \ ^ " ^ ^ *l S 25.7.86 Immenstaad / ^J* j>^J Fa. Dornier ^^*,^^ / 1 y 15. 9. 86 München Fa. Panavia Aircraft * Die "Militanten" haben ihre Anschlagstätigkeit im Jahr 1990 fortgesetzt. Linksextremistische Bestrebungen 81 einen Terrorakt. Am 10. Dezember legten sie am PflanzenschutzNach drei Jahren zentrum der Fa. BAYER AG in Monheim wegen der dort betriebewieder ein nen Forschungsmaßnahmen im Bereich der Biound GentechnoloAnschlagsversuch der "Militanten" gie einen Sprengsatz ab, der allerdings rechtzeitig entdeckt und der RAF entschärft werden konnte. Mit dem Anschlag wollten die Täter auch die Schwäche "militanter Politik im Widerstand" durchbrechen153. Zu dieser Schwäche, die zuletzt während des Hungerstreiks besonders deutlich geworden sei, hätten die zahlreichen Festnahmen von Militanten seit 1986 beigetragen. Vermehrte Anschlagsaktivitäten der "Militanten" sind daher wahrscheinlich. Im Zusammenhang mit der Fahndung nach RAF-Mördern wurden Festnahmen Anfang Dezember bei Husum zwei Personen festgenommen in Schleswigsowie zwei von ihnen genutzte konspirative Wohnungen in SchlesHolstein wig-Holstein enttarnt. Dabei wurden umfangreiche Aufzeichnungen über Personen, Institutionen und Projekte aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Militär sichergestellt. Hinweise auf konkrete Anschlagsvorbereitungen oder für eine Beteiligung an dem Mordanschlag auf Dr. HERRHAUSEN ergaben sich daraus nicht. Die Festgenommenen waren in RAF-orientierten illegalen Strukturen eingebunden; ob sie Angehörige des "Kommandobereichs" waren, ist fraglich. 2.2 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" Am 1. Februar begannen die Inhaftierten aus der "Roten Armee Fraktion" und dem sogenannten antiimperialistischen Widerstand den "10. kollektiven Hungerstreik". Daran beteiligten sich zeitwei10. kollektiver se und abwechselnd über 40 terroristische Gewalttäter sowie einiHungerstreik der ge Häftlinge aus dem allgemeinkriminellen Bereich. Inhaftierten aus Durch die Inszenierung eines zeitversetzten Hungerstreiks sollte "RAF und Widerstand" eine länger andauernde Konfrontation mit dem Staat erreicht werden. Mit ihrem Hungerstreik wollten die Inhaftierten im wesentlichen drei Forderungen durchsetzen: - Zusammenlegung aller Häftlinge aus RAF und Widerstand in ein oder zwei große Gruppen; - Freilassung von aus gesundheitlichen Gründen angeblich haftunfähigen Inhaftierten; - freie politische Information und Kommunikation mit allen gesellschaftlichen Gruppen. Ein Angebot zur Zusammenlegung in Kleingruppen mit vier bis sechs Inhaftierten lehnten sie ab. Außerdem ließen sie erkennen, Hungerstreik daß dieser Hungerstreik, wie es sich schon in der Erklärung Helnicht mit dem mut POHLs vom 1. Februar154 angedeutet hatte, im Gegensatz zu "Kommadofrüheren eine eigenständige, nicht mit dem "Kommandobereich" bereich" abgestimmt und dem engeren RAF-Umfeld abgestimmte Aktion war. Vielmehr wollten die Inhaftierten ihre Forderungen diesmal allein "politisch" 82 Linksextremistische Bestrebungen durchsetzen und keine unterstützenden Gewaltaktionen initiieren. Tatsächlich blieben solche Begleitaktionen während des Hungerstreiks in der Zahl wie auch in der Schwere auf einem eher niedrigen Niveau. Am 12. Mai beendeten die Häftlinge den Hungerstreik, nachdem ihnen mitgeteilt worden war, daß eine Entscheidung der Bundesländer zur Bildung von Inhaftiertengruppen endgültig nicht mehr zu erwarten sei. Später begründeten Eva HAULE155, Karl-Heinz DELLWO 156 und Christian KLAR157 den Abbruch damit, daß eine Fortsetzung des primär "politisch" geführten Streiks angesichts der Aussichtslosigkeit und des zu erwartenden Todes von Inhaftierten sinnlos gewesen wäre. Mehrere Äußerungen ließen überdies Anzeichen dafür erkennen, daß sich einzelne Inhaftierte ansatzweise von ideologischen Grundpositionen der RAF entfernt hatten. So wollten sie über eine Diskussion mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und eine kritische Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte zu einer Neubestimmung revolutionärer Politik gelangen. Dabei hatte es den Anschein, daß sie den "bewaffneten Kampf" zumindest zeitweise zurückstellen wollten. Die Erklärung von Helmut POHL von Ende Oktober158 machte deutlich, daß die meisten Gefangenen sich bei ihren Bemühungen Inhaftierte halten um eine Neuorientierung nicht tatsächlich von den Zielen der RAF an den Zielen der gelöst haben. POHL bezeichnete den Versuch der Inhaftierten, aus eigener Initiative die Zusammenlegungsforderung auf "politischem" Wege durchzusetzen, als endgültig gescheitert. Er kündigte eine neue "Phase des Kampfs" für die Zusammenlegung an, wobei die Initiative wieder an die anderen Ebenen der RAF abgegeben sei. Daraus kann nur gefolgert werden, daß die Häftlinge in der Zusammenlegungsfrage künftig auch für gewaltsame Aktionen offen sind und generell den "bewaffneten Kampf" als ein Mittel betrachten, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern. POHL kommt zu dem Schluß, "dass Veränderungen nur erreicht werden, wenn man in den mechanismus, nach dem das ganze System funktioniert, trifft, die kosten müssen höher getrieben werden als der profit, den sie sich versprechen". 2.3 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" Dem engeren Umfeld der "Roten Armee Fraktion" gehören unverändert etwa 250 Personen an. Die politische Ebene des "revolutionären Widerstands", wie sich das RAF-Umfeld selbst versteht, versuchte auch 1989, sich zu einer eigenständigen Kraft innerhalb der von der "Roten Armee Fraktion" propagierten "antiimperialistischen Front" zu entwickeln; sie bemühte sich, für dieses Ziel auch andere linksextremistische Gruppierungen zu gewinnen. Diese Bemühungen blieben ohne anhaltenden Erfolg. Linksextremistische Bestrebungen 83 Vom Beginn des Hungerstreiks am 1. Februar wurde das engere RAF-Umfeld überrascht. Der Streik löste die bis dahin vorherrschenden Diskussionen über eigene Strukturund Organisationsprobleme ab und bestimmte die Aktivitäten. Nach regional unterschiedlichen Anlaufzeiten traten die Anhänger der RAF auf verschiedene Weise für die Ziele der Hungerstreikenden, insbesondere für die Zusammenlegung der Inhaftierten in ein oder zwei große Hungerstreik als Gruppen ein. Durch zahlreiche Veranstaltungen und Aktionen - darAktionsschwerunter eine zentrale Demonstration am 29. April in Bonn mit etwa punkt der RAF-Anhänger 5.000 Teilnehmern - sowie durch Besetzung insbesondere von Kirchen, Parteibüros und Behörden, durch Pressekonferenzen und Publikationen bis hin zu einer Vielzahl von Schmierund Plakataktionen gelang es ihnen, die Forderungen der Inhaftierten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die einzelnen Unterstützergruppen richteten in mehreren Städten "Hungerstreik-Büros" ein, wobei sie die Räumlichkeiten zum Teil besetzten und die vorhandenen technischen Einrichtungen nutzten. Während sich das RAF-Umfeld im Jahr zuvor noch vergeblich bemüht hatte, die Zusammenlegungsforderung in die breite, von Linksextremisten maßgeblich mitbestimmte Protestbewegung gegen den Internationalen Währungsfonds einzubringen, stieß es während des Hungerstreiks weit über den linksextremistischen Bereich hinaus auf Resonanz. Besonders zwischen RAF-Unterstützern und Personen aus dem autonomen Spektrum kam es zu einer Hungerstreik führt bis dahin in diesem Ausmaß nicht gekannten Zusammenarbeit, zu breiter Zusamwobei oftmals die Autonomen das Geschehen bestimmten (vgl. III menarbeit mit 2.2.1). Mit zunehmender Breite der Unterstützung fiel es den RAFanderen Gruppen Anhängern allerdings immer schwerer, ihre eigenen Ziele und Aktivitäten im Sinne der Politik und Konzeption der RAF zu vermitteln und umzusetzen. Die Zusammenarbeit mit anderen Gruppierungen, die sich überwiegend aus humanitären Beweggründen für die Inhaftierten einsetzten, führte zum Teil zu einer euphorischen Betriebsamkeit, konnte sich jedoch inhaltlich nicht festigen. Aufgrund der vorwiegend "politischen" Ausrichtung des Hungerstreiks blieben die Anschlagstätigkeiten der RAF-Anhänger weit hinter denen zur Unterstützung des Ende 1984/Anfang 1985 durchgeführten Streiks zurück. Sechs von den insgesamt 24 BrandanRAF-Umfeld nur schlägen lassen sich Tätern aus dem RAF-Umfeld zurechnen. für wenige Dabei erregte der Brandanschlag auf die Frankfurter WertpapierAnschläge zum börse am 12. April das meiste Aufsehen. Die mutmaßlichen Täter Hungerstreik verantwortlich konnten festgenommen werden (vgl. Ziff. 6.1). Der Abbruch des Hungerstreiks kam wie sein Beginn für den RAFUnterstützerbereich überraschend. Die Erleichterung, daß keiner der Inhaftierten gestorben war, verband sich angesichts der Erfolglosigkeit des Streiks mit zunehmender Verunsicherung und Ratlosigkeit. Die kurz nach dem Abbruch vorherrschende Einstellung, der Hungerstreik sei zu Ende, der Kampf um die Zusammenlegung gehe weiter, ließ sich daher nur unzureichend umsetzen. Dazu trug 84 Linksextremistische Bestrebungen Nach dem auch die vielfältige Kritik bei, der das RAF-Umfeld ausgesetzt war. Hungerstreik Insbesondere die Inhaftierten warfen dem sogenannten WiderVerwirrung im stand Konzeptionslosigkeit und mangelndes Engagement während RAF-Umfeld der Streikphase vor. Dieses Versagen beruhte offensichtlich auch auf den Schwierigkeiten des RAF-Umfeldes, die Forderung der Häftlinge nach einer Diskussion mit gesellschaftlichen Gruppen zur Neubestimmung revolutionärer Politik zu verstehen und umzusetzen. Die anderen Kreise und Gruppierungen, die sich ebenfalls den Forderungen des Hungerstreiks angeschlossen hatten, verloren dann auch nach dessen Abbruch größtenteils schon bald das Interesse an diesem Thema. Insbesondere die Autonomen fühlten sich durch die erfolglose Beendigung in ihrem Engagement mißbraucht. Die ratlosen und irritierten RAF-Unterstützer nahmen den Brief von Helmut POHL von Ende Oktober159 (vgl. Ziff. 2.2) geradezu erleichUnverhohlene tert auf. Die darin beschriebene neue "Phase des Kampfs" entFreude des RAFsprechend der antiimperialistischen RAF-Tradition gab ihnen neue Umfeldes über Orientierung. Dementsprechend reagierten sie mit unverhohlener den Mord an Freude auf den Mord an Dr. HERRHAUSEN. Dr. HERRHAUSEN Neben dem für das RAF-Umfeld alles überlagernden Hungerstreik RAF-Anhänger befaßte sich dieser Personenkreis wie bereits in den Vorjahren mit unterstützen dem "palästinensischen Freiheitskampf". Darüber hinaus engagiermilitante ten sie sich zunehmend für den "Befreiungskampf des kurdischen Palästinenser und Volkes" und die "kurdischen politischen Gefangenen in der BRD". Kurden Ausschlaggebend dafür dürfte der am 24. Oktober vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf begonnene Prozeß gegen ehemals führende Funktionäre der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) gewesen sein, denen u. a. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird.* 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" Die "Revolutionären Zellen" verübten 1989 vier Terrorakte. Anschläge ihrer autonomen Frauengruppe "Rote Zora" sowie sog. Nachahmeroder Resonanz-RZ sind in diesem Jahr ausgeblieben (1988: kein Anschlag der RZ; 5 Anschläge von Nachahmergruppen; ein versuchter Sprengstoffanschlag der "Roten Zora"). Gemessen an früheren Jahren waren das sehr wenige. Eine der Ursachen hierfür dürfte in den umfangreichen polizeilichen Maßnahmen vom Dezember 1987 liegen, von denen die RZ und besonders die "Rote Zora" sich offensichtlich noch nicht erholt haben. Andererseits zeigt die Anschlagsentwicklung, daß die RZ den Tiefpunkt des Jahres 1988 überwunden haben sowie bereit und in der Lage sind, ihre terroristischen Aktivitäten fortzusetzen. Weitere Anschläge sind daher in Zukunft zu befürchten. Mit zwei Sprengstoffund zwei Brandanschlägen setzten die RZ ihre 1986 begonnene * vgl. Abschnitt "Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern", Kap. II, Ziff. 2.2 Linksextremistische Bestrebungen 85 Anschlagsserie zur Flüchtlingsund Asylantenproblematik fort. Am 9. Mai verübten sie Sprengstoffanschläge auf das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Wieder FlüchtDen für Asylverfahren zuständigen Richtern warfen sie vor, ein lingsproblematik "kleines, aber wirksames Rad im internationalen Klassenkrieg als Angriffsthema gegen die Armen der 3 Kontinente" zu sein, indem sie das Asylrecht gegen die Flüchtlinge aus der Dritten Welt als Waffe mißbrauchten160. Am 12. und 14. November richteten sie zwei Brandanschläge gegen die "Informationsund Beratungsstelle der Stadt Köln für ethnische Minderheiten"161 sowie gegen die Hamburger Behörde für Arbeit und Soziales162. Sie begründeten ihre Anschläge mit der angeblich auf Abschiebung abzielenden Politik der beiden Städte gegen die Sinti und Roma, während gleichzeitig die Übersiedler aus der DDR großzügig aufgenommen würden. In Köln entwendeten die Täter einen Teil der Akten über Sinti und Roma, die sie später in Form einer Dokumentation veröffentlichten. Damit hat sich die Gesamtzahl der seit 1986 von den RZ verübten Terrorakte zur Flüchtlingsund Asylantenproblematik auf 17 erhöht. In einem Diskussionspapier vom Februar163, das auf Aussagen zum bewaffneten Kampf verzichtete, befaßten sich die RZ mit der Unterdrückung von Frauen allgemein und insbesondere in Südafrika. Das Thema Ausbeutung von Frauen in der Dritten Welt und in Südafrika hatte die RZ/" Rote Zora" bereits mehrmals zu Anschlägen bewogen. Es ist daher zu erwarten, daß dieser Themenbereich, aber auch die Biound Gentechnologie, die vorwiegend der "Roten Zora" als Vorwand für Anschläge diente, in Zukunft wieder aufgegriffen werden. 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen Die übrigen mit terroristischen Methoden agierenden Gruppen und Einzeltäter sind weitgehend dem autonomen und anarchistischen Spektrum zuzuordnen. Sie halten die Anwendung terroristischer Gewalt aufgrund eines von ihnen für sich reklamierten Widerstandsrechtes für gerechtfertigt. Die gesellschaftliche Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland, die sie als "kapitalistisch" und "imperialistisch" diffamieren, lasse sich nur gewaltsam verändern. Nach ihren diffusen politischen Vorstellungen sollen ihre Gewalttaten sie einem freien und selbstbestimmten Leben ohne staatliche Zwänge näherbringen. Im Gegensatz zur RAF oder zu den RZ verfügen sie über kein geschlossenes ideologisches Konzept und keine festen Organisationsstrukturen. Sie finden sich daher häufig erst aus zeitlich und lokal begrenzten Anlässen zu Kleingruppen Hungerstreik zusammen, die schnell wieder zerfallen. bevorzugtes Anschlagsthema 1989 nahmen solche Gruppen insbesondere den Hungersteik terroristischer inhaftierter terroristischer Gewalttäter (vgl. Ziff. 2.2) zum Anlaß, Kleingruppen 86 Linksextremistische Bestrebungen ihre Militanz auszuleben. Dazu verübten sie u. a. 18 Brandanschläge, die sich vorwiegend gegen Wirtschaftsunternehmen richteten. Für diese Gewalttäter ist die Wirtschaft für die Machtund Herrschaftsverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland bestimmend und hat alle vermeintlichen Mißstände zu vertreten. Bevorzugt wurden dabei multinationale Konzerne und (Groß-)Banken angegriffen, weil sich an ihnen - so eine Gruppierung bei einem Terrorakte zielen Brandanschlag auf eine Niederlassung der Fa. Daimler Benz in Freiüberwiegend burg am 2. Mai - besonders deutlich die "Profitund Machtinteresgegen sen, die den Lauf der Dinge bestimmen" darstellen ließen. Ähnlich Wirtschaftssektor begründeten Täter ihren Brandanschlag auf eine Filiale der Deutschen Bank in Hamburg Anfang März: Die "Deutsche Bank, Daimler Benz, Philipps ... eine Handvoll Monopole" seien die Unternehmen, von denen die Macht maßgeblich ausgehe. Folgerichtig machten die Urheber eines Brandanschlages auf das Bürogebäude der Arbeitgeberverbände in Hamburg am 13. April das "Kapital" für die "harte Haltung" des Staates gegenüber den Forderungen der Hungerstreikenden verantwortlich. Oftmals versuchten die Täter, durch die Verknüpfung unterschiedlicher Begründungen oder durch eine originell klingende Gruppenbezeichnung für ihr kriminelles Wirken eine Akzeptanz innerhalb des linksextremistischen Spektrums zu erzielen. So bezichtigte ein "Kommando Rappelkiste" die Firma Daimler Benz bei einer versuchten Brandstiftung auf deren Vertretung in Uelzen am 6. Januar, ein Rüstungskonzern zu sein und vor allem "Unterdrückungstechnologie" herzustellen und zu exportieren. Darüber hinaus betonten sie die angebliche Rolle des Unternehmens während des Nationalsozialismus und die wirtschaftlichen Verbindungen zur Republik Südafrika. Die Bedeutung des von diesen Gruppierungen und Einzeltätern praktizierten Terrorismus spiegelt sich auch in dem hohen Anteil ihrer Gewalttaten an der Gesamtzahl wieder. Es waren 1989 erneut nahezu 90 % aller Terrorakte mit zudem hohem wirtschaftlichen Schaden (vgl. Ziff. 1). So entstand bei einem Brandanschlag einer Gruppe "Zornige Viren" auf ein bio-chemisches Institut ein Sachschaden von mehreren Millionen DM. Dabei wurden außerdem wichtige Forschungsunterlagen vernichtet. Die Täter begründeten den Anschlag vor allem mit der Funktion der Gentechnologie als ein strategisch-technologisches Instrument des Kapitals. Sie diene dazu, Rassismus und Sexismus immer wieder neu durchzusetzen und das patriarchale und imperialistische System gegen den weltweiten Widerstand zu erhalten. Vermutlich wird die Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes zunehmend als Anlaß für gewaltsame Protestaktionen aufgegriffen werden. Dafür sprechen die gegenwärtig geführten, intensiven Diskussionen der "revolutionären Linken" zu dieser Thematik. Linksextremistische Bestrebungen 87 5. Internationale Verflechtungen Die italienischen "Brigate Rosse - PCO (BR-PCC) sind nach der Zerschlagung der französischen "Action Directe" (AD) die einzige Zusammenarbeit ausländische Terrorgruppe, die mit der "Roten Armee Fraktion" im RAF/"Brigate Rahmen der angestrebten "antiimperialistischen westeuropäiRosse" besteht schen Front" Zusammenarbeit vereinbart hat. Das Bündnis war fort durch ein gemeinsames Kommunique bekannt geworden, das die RAF ihrer Taterklärung zu dem gescheiterten Anschlag auf Staatssekretär Dr. TIETMEYER im September 1988 beigefügt hatte. Obschon die BR-PCC diese Zusammenarbeit bisher entgegen ihren Ankündigungen nicht in eine Offensive umgesetzt haben, ist davon auszugeben, daß dieses Bündnis weiterhin Bestand hat. Am 16. März, dem 11. Jahrestag der Entführung des italienischen Ministerpräsidenten Aldo MORO, verbreiteten die BR-PCC in Rom und Neapel eine Erklärung164, in der sie die Mitverantwortung für den Anschlag der RAF auf Staatssekretär Dr. TIETMEYER übernehmen. Sie bestätigen zudem in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem gemeinsamen Kommunique vom September 1988 die künftige Zusammenarbeit. Dabei stellen sie noch einmal klar, daß ein organisatorischer Zusammenschluß mit der RAF nicht beabsichtigt "Brigate Rosse" sei. Es gehe vielmehr darum, die "antiimperialistische Front" vorbekräftigen anzutreiben, und zwar durch den einheitlichen praktischen Angriff Bündnis mit der gegen die verstärkte Zusammenarbeit der westeuropäischen StaaRAF ten auf wirtschaftlichem, politischem und "konterrevolutionärem" Gebiet. Die entscheidende Bedeutung des Bündnisses liege in der Bildung einer gemeinsamen Autorität zur Festlegung der Angriffsrichtungen der Front. Gleichzeitig räumten die BR-PCC ein, durch die zahlreichen Festnahmen im Jahr 1988 einen vorübergehenden Rückschlag in ihrer revolutionären Entwicklung erlitten zu haben. Damit lieferten sie eine mögliche Erklärung für das bisherige Ausbleiben eigener terroristischer Aktivitäten. Ihre Möglichkeiten dürften sich allerdings 1989 erneut verschlechtert haben, da weitere 17 mutmaßliche Angehörige der BR-PCC in Italien und Frankreich festgenommen und mehrere konspirative Wohnungen enttarnt werden konnten. Zuletzt bestätigten in Rom und Florenz vor Gericht stehende Mitglieder der BR-PCC im Dezember das Bündnis mit der RAF. Sie begrüßten das Attentat auf Dr. HERRHAUSEN im Rahmen der "Offensive" gegen die "Zusammenschlußpolitik Westeuropas". Das Umfeld der RAF bemühte sich weiterhin um Verbindungen zu revolutionär eingestellten Gruppen und Personen in Westund Südeuropa. Hervorzuheben sind Besuchsund Briefkontakte zu Inhaftierten ausländischer Terrorgruppen wie der französischen AD Internationale oder der BR-PCC in Italien. Während des 10. Hungerstreiks der Aktivitäten des Häftlinge aus der RAF kam es auf europäischer Ebene zu vereinzelRAF-Umfeldes ten Solidaritätsaktionen. An der Besetzung des Büros der EG-Kommission in Brüssel am 11. Mai nahmen über 50 Personen des links- 88 Linksextremistische Bestrebungen extremistischen/-terroristischen Spektrums aus verschiedenen europäischen Ländern teil. Die sonstigen internationalen Aktivitäten des RAF-Umfeldes beschränkten sich weitgehend auf Solidaritätsbekundungen zugunsten inhaftierter AD-Mitglieder, die sich von April bis Juli ebenfalls in einem Hungerstreik befanden, sowie auf die Beobachtung von Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der BRPCC. Anläßlich des Hungerstreiks in Frankreich verübten Anhänger der RAF am 28. Juni einen Brandanschlag auf die Niederlassung eines französischen Automobilkonzerns in Bielefeld. "De Knipselkrant" Die niederländische Publikation "De Knipselkrant" stellte aufgrund erscheint nicht interner Schwierigkeiten, die sich bereits im letzten Jahr angedeutet hatten, ihr Erscheinen ein. Ein Ersatz für die bisher einzige militant revolutionäre Zeitschrift mit einer konsequenten internationalen Ausrichtung ist zur Zeit nicht in Sicht. 6. Strafverfahren 6.1 Anklagen Am 23. November begann vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Hauptverhandlung gegen einen mutmaßlichen "Militanten" der RAF aus dem Umkreis der Düsseldorfer Kiefernstraße wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Urkundenfälschung. Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, Mitglied einer "Kämpfenden Einheit" der RAF zu sein. Am 14. Oktober erhob der Generalbundesanwalt Anklage gegen vier Angehörige des engeren RAF-Umfeldes aus Frankfurt wegen des Verdachts der Unterstützung der terroristischen Vereinigung "Rote Armee Fraktion" und der Beteiligung an dem Brandanschlag auf die Frankfurter Wertpapierbörse am 12. April (vgl. Ziff. 2.3).* 6.2 Verurteilungen Am 22. Juni verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt drei Personen wegen der Beteiligung an dem Brandanschlag auf die Deutschland-Niederlassung eines französischen Automobilkonzerns in Rosbach/Hessen am 1. März 1988 zu sechs bzw. fünf Jahren Freiheitsstrafe. Den Tatvorwurf der Mitgliedschaft in einer eigenständigen terroristischen Vereinigung und der Unterstützung der RAF sah das Gericht nicht als erwiesen an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte am 9. Juni Dr. Ingrid STROBL wegen Unterstützung der terroristischen Vereinigung RZ/"Rote Zora" und wegen Beihilfe zu dem Sprengstoffanschlag auf das Verwaltungsgebäude der Deutschen Lufthansa AG Köln am 28. Oktober 1986 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die Mitgliedschaft in den RZ/"Rote Zora" konnte ihr nicht nachgewiesen werden.** *Der BGH hat das Urteil am 8. Mai 1990 teilweise aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das OLG Düsseldorf zurückgewiesen. **Der Betroffene wurde am 13. Mai 1990 wegen Unterstützung der RAF und Urkundenfälschung zu 2 1 /2 Jahren Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Linksextremistische Bestrebungen 89 VII. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund* 1. Übersicht in Zahlen Erneut brachen Linksextremisten Recht und Gesetz, um ihren politischen Zielen näher zu kommen. Sie verübten schwerste Straftaten: Mord, Sprengstoffanschläge, Brandstiftungen und Zerstörungen an Sachen mit Schäden in Millionenhöhe. Die Zahl der Gewalttaten und sonstigen Gesetzesverletzungen**, bei denen Linksextremisten als Täter oder Tatbeteiligte bekanntgeworden sind oder nach den Tatumständen in Betracht kommen, ist 1989 wieder angestiegen. Anders als die Statistik zu den Straftaten von Rechtsextremisten berücksichtigt die nachstehende Übersicht nicht die zahlreichen Sachbeschädigungen durch Farbsprühund Schmieraktionen mit linksextremistischem Hintergrund, da hierzu wegen der Menge der Taten keine zuverlässigen Zahlen zu erlangen sind. Zeitraum 1988 1989 *1 * # * * Morde/Mordversuche 1*** Sprengstoffanschläge 11 6 Brandanschläge***** 144 68 Aktionen mit Körperverletzungen 83 88 Raubüberfälle/Diebstähle 1 3 Landfriedensbruch und Widerstandshandlungen 99 136 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-oder Schienenverkehr 43 18 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung 408 517 Gewalttaten insgesamt 790 837 Gewaltandrohungen 38 40 Sonstige Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 127 206 Gesamt 955 1.083 * Ein Vergleich der Gesamtzahl mit der Zahl der Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug ist nur teilweise möglich, da den SSSS 86 Abs. 1 Nr. 4, 86 a StGB, die sich gegen nationalsozialistische Propaganda wenden, keine ebenso weitgehenden Strafvorschriften im Bereich des Linksextremismus entsprechen. ** Jede gewaltsame Aktion und sonstige Gesetzesverletzung wurde nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand oder von mehreren Tätern gemeinsam begangen wurde. ** Mordversuch an Staatssekretär Dr. Tietmeyer und Fahrer ** Mord an Dr. Alfred Herrhausen, Vorstandssprecher der Deutschen Bank ** Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. 90 Linksextremistische Bestrebungen 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten Im Berichtsjahr wurden bei Protestaktionen mit linksextremistischer Beteiligung mehr als 950 Personen verletzt - nahezu das Dreifache der Zahl des Vorjahres -, darunter mehr als 850 Polizeibeamte. Die Zahl der Sachbeschädigungen - Farbsprühaktionen nicht mitgerechnet - an Kaufhäusern, Banken und Bürogebäuden hat sich auf mehr als 450 (Vorjahr etwa 350) erhöht. Noch kräftiger ist die Zahl der Sachbeschädigungen an Polizeifahrzeugen und Dienstgebäuden der Polizei angestiegen; mehr als 200 (1988: mehr als 80) Aktionen wurden bekannt. Die Zahl der gefährlichen Eingriffe in Verkehrsanlagen und Transportmittel ist dagegen erneut spürbar zurückgegangen. Auch die Zahl der Sachbeschädigungen an Strommasten, Stromleitungen und Umspannwerken blieb gering; insgesamt 14 Aktionen wurden bekannt (1988: 20). Zu den 206 sonstigen Gesetzesverletzungen gehören insbesondere Verstöße gegen das Waffengesetz, Hausfriedensbrüche, Beleidigungen und Fälschungen amtlicher Schreiben. 3. Staatliche Maßnahmen gegen Linksextremisten 3.1 Verurteilungen (Überblick)* 1988 1989 insgesamt 488 266 davon 12 14 Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr, davon 11 (1988: 11) ohne Bewährung 29 11 Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, davon 5 (1988: 3) ohne Bewährung 296 176 Geldstrafen 13 3 Jugendstrafen, davon keine (1988: 3) ohne Bewährung 138 62 Geldbußen, Verwarnungen, Arbeitsauflagen, Arreste und sonstige Schuldsprüche Erfaßt wurden nur Urteile, die im Berichtsjahr ergangen sind, unabhängig vom Eintritt der Rechtskraft. Die Zahl der Urteile dürfte insgesamt höher liegen, da erfahrungsgemäß viele Verurteilungen erst erhebliche Zeit nach Erstellung des Verfassungsschutzberichts bekannt werden. Die Vergleichszahlen für 1988 wurden entsprechend fortgeschrieben. Linksextremistische Bestrebungen 91 3.2 Anklagen: Insgesamt 283 (1988: 368) Über die Zahl der gegen Linksextremisten ergangenen Durchsuchungen und Beschlagnahmeanordnungen liegen keine exakten Erhebungen vor. 92 Linksextremistische Bestrebungen VIII. Dokumentation 1. Eigenbeilage zum DKP-Zentral20. Wolfgang GEHRCKE (Vorsitorgan "Unsere Zeit" (UZ) vom zender des DKP-Bezirks Ham20. 12. 1989, S. 3, 12 burg)/Peter DEGKWITZ (Mit2. Vgl. Verfassungsschutzbericht glied des Bezirksvorstandes 1988, S. 26 Hamburg): "Gegen Anpassung 3. UZ vom 10. 1. 1989 - für Neubeginn", o. 0. und 4. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom Jahrgang (November 1989) 30.8. 1989, S. 10 21.z.B. "Marxistische Blätter" Nr. 5. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 12/1989, S. 25 30.8. 1989, S. 11 22. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 6. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 20. 12. 1989, S. 8 25. 11. 1989, S. 12 23. Beschluß der a. o. Kreisdele7. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom giertenkonferenz der DKP 30.8. 1989, S. 21 Hamburg Altona, zit. nach UZ 8. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom vom 29. 11. 1989; GEHRCKE/ 4. 11. 1989, S. 43 f. DEGKWITZ, a. a. 0. 9. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 24. UZ vom 19. 12. 1989 20. 12. 1989, S. 15 25. Der ehemalige Vorsitzende der 10. Vgl. Robert STEIGERWALD DKP Schleswig-Holstein formu(Mitglied des DKP-Parteivorlierte: "Als wir im September stands): "Hat die DKP eine 1968 die kommunistische Paraktuelle Revolutionskonzeptitei in die Legalität zurückführon?", in UZ vom 16.8.1989 ten" (UZ vom 20. 9. 1989); der 11. "Marxistische Blätter" Nr. 7/8 - Vorsitzende der DKP Hessen 1989, S. 70; DKP-Information bekannte, er schäme sich "für Nr. 34/November 1989, S. 12; keinen Tag der 44 Jahre, die UZ vom 16.8.1989 ich dieser Partei angehöre" 12. BVerfGE 5, S. 147, 195 (DKP-Informationen Nr. 24/Juni 13. BVerwG, Urteil vom 1. 2. 1989, 1989, S. 25) Az.: 1 D 2.86 veröffentlicht in 26. Dieter GAUTIER (Vorsitzender Deutsches Verwaltungsblatt des DKP-Bezirks Bremen)/ (DVBI) 1989 S. 763 ff. Heidi KNAKE-WERNER (Mit14. UZ vom 30. 12. 1989; UZglied des Bezirkssekretariats Eigenbeilage zur UZ vom 20. Bremen): "Diskussionsvor12. 1989, S. 15 schlag für die Delegiertenbera15. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom tung am 12. 11. 1989 in Bonn" 4.11.1989, S. 10 (Treffen von Erneuerern) 16. Nach der "Neubewertung" des 27. DKP-Informationen Nr. 29 - Einmarsches durch den WarSeptember 1989, S. 33; schauer Pakt (Konferenz in "Sozialistische Zeitung" (SoZ) Moskau, 4. Dezember) bekannvom 12. 10. 1989; vgl. auch te MIES, es bereite ihm "die tageszeitung" (taz) vom Schwierigkeiten, damit zu23. 10. 1989. Teile der GRÜrechtzukommen (UZ-EigenbeiNEN sprachen sich dagegen lage zur UZ vom 20. 12. 1989, aus, als "Recyclinganlage für S.4f.) ideologischen Schrott" miß17. Entwurf des DKP-Präsidiums braucht zu werden (taz vom "Die Entwicklung in der DDR 26. 10. 1989) und die DKP", UZ vom 16. 11. Der Hamburger Bezirksvorsit1989 zende Wolfgang GEHRCKE, ein 18. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom führender Repräsentant der 30. 8. 1989, S. 11 Erneuerer, betonte auf der 7. 19. Entwurf des DKP-Präsidiums Parteivorstandstagung am 28. "Die Entwicklung in der DDR August Gemeinsamkeiten mit u. die DKP", UZv. 16. 11.1989 den Traditionalisten: Diese Linksextremistische Bestrebungen 93 lägen in den Lehren von Marx, 34. Vom 16. bis 18. Februar 1990 Engels und Lenin und im Konhielt die SEW einen außerorzept einer revolutionären Partei dentlichen Parteitag ab. Die der Arbeiterklasse. Bisweilen Empfehlung des Parteivorstanwerden Begriffe mit traditiodes, die SEW aufzulösen, fand nalistischen Inhalten belegt: nicht die erforderliche Mehr"Demokratisierung bedeutet heit. Die Mitgliederzahl (Stand: Kampfansage an die herrschenEnde Januar 1990) wurde mit den Besitz-, Machtund Gesell2.840 angegeben schaftsverhältnisse und zielt 35. Die "Jugendbildungsstätte langfristig auf die Überwindung Burg Wahrberg" war 1977 mit des Kapitalismus" ("Eine dematerieller Unterstützung der mokratische Alternative: Refor"Freien Deutschen Jugend" men für Hamburg, 2. Entwurf, (FDJ) der DDR eingerichtet Oktober 1989, hrsg. v. DKPworden. Der Eigentümer der Bezirksvorstand Hamburg). De"Burg Wahrberg" ist Mitglied mokratisierung werde "revoluder DKP. Auf der Burg waren tionär" (Reader zum "Kongreß zumindest 5 Personen ständig Erneuerung", 20.-22.10.1989 beschäftigt, darunter die Leitein Frankfurt/M., S. 12) rin und der Geschäftsführer der 28. Brief von Herbert MIES an die "Jugendbildungsstätte"; ein Mitglieder des Präsidiums und Teil der Referenten kam von des Parteivorstandes vom 30. auswärts 11. 1989 (auszugsweise veröf36. "Wesen, Entwicklung und Lehfentlicht in: UZ vom 7.12.1989) ren des Streits in der SDAJ, 29. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom hrsg. vom Bundesarbeitsaus20. 12. 1989, S. 9; UZ vom schuß der SDAJ, S. 5 und 6 7.12. 1989 37. Protokoll 10. SDAJ-BundeskonNoch im August hatte die DKP greß am 17./18. Juni 1989 in Feststellungen des VerfasDortmund, S. 149 ff. sungsschutzes über die konspi38. "Beitrag zur Strategiediskussirative Finanzierung als "uralte on", hrsg. vom BundesarbeitsLüge" abgetan (UZ vom 12. 8. ausschuß der SDAJ, S. 10 1989). Die Basis der DKP zeig39. Erklärung der Geschäftste sich vom Zusammenbruch führung des BAA der SDAJ zu der Finanzen teilweise überden Entwicklungen in der DDR rascht. In seiner Rücktrittservom 15. 11. 1989 klärung vom 30. November 40. "Treffpunkt Gruppe", Nr. 3- äußerte sich das Kreissekreta12/89, S. 16 riat Marburg-Biedenkopf "erLaut Rechnungslegung auf schrocken über das Ausmaß dem 10. SDAJ-Bundeskongreß der finanziellen Abhängigkeit (17./18. Juni 1989) finanzierte der DKP". Der Kreisvorstand sich die SDAJ 1988 zu 85 % Bremerhaven mußte erkennen, aus "Großspenden", "vor aldaß "offensichtlich doch belem von kommunistischen Perträchtliche Summen aus der sönlichkeiten und Menschen, DDR" geflossen seien (Einladie unserer Tätigkeit aufgedung zur Kreismitgliederverschlossen gegenüber stehen". sammlung am 14. 12. 1989). Nur 1,5 % der SADJ-Gesamt30. Rechenschaftsbericht gem. SS einnahmen von 4.416.000 DM 25 Parteiengesetz, Bundesstammten 1988 aus Mitgliedstagsdrucksache 11/5993) vom beiträgen. 7. 12. 1989 41.5. Parteivorstandstagung der 31. UZ vom 3.5.1989 DKP am 27728. Mai 1989, 32. DKP-Informationen Nr. 29/SepDKP-Informationen Nr. 24 vom tember 1989, S. 46 Juni 1989, S. 40 33. "Die Wahrheit" vom 20. und 42. Broschüre "Global denken - 21.11.1989 vor Ort handeln", hrsg. vom 94 Linksextremistische Bestrebungen MSB-Bundesvorstand, Januar erste Schritt. Sie sind einzubin1989, S. 6 den in ein langfristiges Konzept 43. Pressemitteilung des MSB zur Veränderung des politivom 13. November 1989 schen Klimas. (...) 44. Referat des MSB-Sekretariats Eine Veränderung der politiauf dem 11. Bundeskongreß, schen Kultur unseres Landes S. 26 ist nur durch eine breite, alle 45. Diskussionsprotokoll der Thepolitischen und gesellschaftlisendiskussion auf der 11. chen Bereiche umfassende MSB-Bundesvorstandstagung soziale Bewegung zu erreiam 1./2. Juli 1989 in Frankchen. (...) So ist unsere Zukunft furt/M., abgedruckt in: MSBmachbar, so erweist sich der Rundbrief "Kommunikation" Realismus unserer Perspektivom 6. Juli 1989 ve: Von der Schaffung eines 46. Referat des MSB-Sekretariats demokratischen Klimas über auf dem 11. Bundeskongreß, die Veränderung der politiS. 28 schen Kultur zu einer antifa47. Thesen des MSB-Sekretariats, schistischen Bundesrepublik Juni 1989, S. 4 Deutschland im gemeinsamen 48. "Zur Auswertung der 14. Haus Europa." ordentlichen VDS-Mitglieder57. ar Nr. 10/Oktober 1989, S. 14; versammlung", hrsg. vom vgl. auch "Neues DeutschMSB-Bundesvorstand, S. 4/5 land" vom 11. 8. 1989 49. Pressemitteilung des MSB 58. Diskussionsbeitrag von Jörg vom 5. Oktober 1989 EHRET, Organisationssekretär 50. UZ vom 17.5. 1989 der WN-BdA, für die Bundes51.Beschluß der Bundesleitung vorstandssitzung am 13. 1. der JP am 18. Dezember 1988 1990: zur Konzeption der Kinderferi"Alle Bewerbungsunterlagen enaktion 1989, veröffentlicht von allen hauptamtlichen Mitarin: Diskussions-Info der JPbeiterinnen und Sekretärinnen Bundesleitung vom Frühjahr gingen zunächst zum Parteivor1989, S. 12 stand der DKP, Abteilung Per52. UZ vom 12. 5. 1989 sonalpolitik. Dort liegen sie 53. Volker SPITZ, Landesvorsitzenauch heute noch. Erst wenn der der JP Ruhr-Westfalen, von dort grünes Licht kam, zum Redebeitrag von Gerd wurde in den Gremien der HERTEL (bis Oktober JP-BunWN-BdA die Diskussion dardesvorsitzender) beim Parteiüber begonnen. In aller Regel tag der DKP, veröffentlicht in: war nur mit Zustimmung der Diskussions-Info der JP-BunDKP eine Einstellung bei der desleitung vom Frühjahr 1989, WN-BdA möglich. Dies galt S. 29 sowohl für Einstellungen auf 54. Diskussionsbeitrag von Gerd der Bundes-, wie auch der LanHERTEL und Ute PALM (Mitdesebene. Mir sind Beispiele glied des JP-Bundessekretabekannt, in denen sich letztlich riats) auf der 8. JPBundesleidie DKP gegenüber den Gremitungssitzung (3./4. Juni 1989), en der WN-BdA durchgesetzt veröffentlicht in: "Jugendpolitihat." sche Blätter" Nr. 9/89, S. 34 59. Schaumburger Nachrichten 55. "antifaschistische rundschau" vom 12.1. 1990. (ar), Nr. 3/März 1989, S. 15 60. Schreiben von Präsidium und 56. Diskussionsthesen der W N - Sekretariat der WN-BdA vom BdA "Für eine antifaschisti14. 12. 1989 an die Mitglieder sche BRD", vorgelegt zum 8. der Kreisund LandesvorstänMai 1989: "Die Aktionen gede und des Bundesvorstandes; gen das Auftreten von NeofaDiskussionsbeitrag von Jörg schisten sind dabei nur der EHRET (DKP), Organisationsse- Linksextremistische Bestrebungen 95 kretär der WN-BdA, für die sche Erklärung und warf sie an Bundesvorstandssitzung am die Wand, und warum stimmte 13. 1. 1990: ich ihr stattdessen müde und "Wir haben in der Vergangeneinlenkend zu?" heit nicht über die Spenden 64. DKP-Informationen Nr. 24/Juni geredet, die wir aus der DDR 1989, S. 32 bekommen hatten. Ich bin der 65. Protokoll des 9. DKP-ParteiMeinung, daß es weder ein tags, S. 74/75 Verbrechen war noch ist, aus 66. UZ vom 6. 12. 1989 der DDR Geld anzunehmen. Im 67. UZ vom 29. 3. 1989; vgl. auch Gegenteil. Lange Jahre wäre in Kap. II, Ziff. 2.4 unserem Land antifaschisti68. Offensiv, Broschüre des SHBsche Arbeit, eine konsequente Bundesvorstandes zur 14. orFriedensarbeit unmöglich gedentlichen VDS-Mitgliederverwesen, wenn es diese Gelder sammlung, 1 1 . - 13. 3. 1989 in nicht gegeben hätte." Karlsruhe, S. 1 61. Wolf-Rüdiger WILMS in der 69. SHB-Rundbrief vom 12. 1. Mitgliederzeitschrift der DFU1989, hrsg. vom SHB-BundesBaden-Württemberg, "Podivorstand, S. 2 um", Nr. 20/Mai 1989: 70. Offensiv, a. a.O., S. 1 "Die programmatische Orien71. Offensiv, a. a.O., S. 1 tierung mußte so allgemein 72. UZ vom 29. 12. 1989 gehalten sein, daß sie auf Mit73. Entschließung des 9. Parteitaglieder und Adressaten unterges der DKP, abgedruckt in UZ schiedlichster weltanschaulivom 10. 1. 1989: cher Herkunft keinen aus"Die DKP bleibt aktiv im schließenden Effekt ausübt, begonnenen Austausch mit zweitens durfte sie nicht in den kommunistischen Parteien Widerspruch zu programmatides EG-Raumes. Wir initiieren schen Aussagen der DKP gerastärkere Zusammenarbeit komten." munistischer Organisationen in 62. taz - Ausgabe Bremen - vom multinationalen Konzernen. Wir 29. 11. 1989 sind für einen gemeinsamen 63. Wolf-Rüdiger WILMS, zuletzt Kongreß von kommunistiMitglied des Arbeitsausschusschen, sozialistischen, grün-alses des DFU-Bundesvorstanternativen und anderen demodes, in seinem Rücktrittskratischen Kräften zu den Herschreiben vom 7. 12. 1989: ausforderungen des EG-Bin"Warum - so muß ich mir nenmarktes." tatsächlich zum Vorwurf ma74. "NACHRICHTEN zur Wirtchen - habe ich nicht viel schaftsund Sozialpolitik" Nr. früher und energischer jenen 5/89, S. 11; UZ vom 25. 11. zentralistischen, apparateorien1989 tierten Politikentwicklungsbü75. UZ vom 15., 19., 20. und 22. rokratismus attackiert, als ich 12. 1989 es tat? Warum verlangte ich 76. "NACHRICHTEN zur Wirtnicht unnachgiebiger die Offenschaftsund Sozialpolitik" legung von AbhängigkeitsverNr. 12/89, S. 10: hältnissen politischer und ma"Fortan fanden auf allen Geterieller Art, die ich lange werkschaftstagen in der Bunahnte? Warum fegte ich nicht desrepublik, wo Parteiabende wütender, entschiedener, komvorgesehen waren, auch DKPpromißloser durch diesen in Treffen statt. Reger Besuch, geschäftigem Daueraktionisteilweise bis zu 40 Prozent der mus befangenen Apparat? Delegierten, konnte insbesonWarum zerriß ich nicht diese dere bei den Gewerkschaften flache bedeutungslose, komHandel, Banken und Versichepromißlerische programmatirungen und Holz und Kunst- 96 Linksextremistische Bestrebungen Stoff sowie der IG Medien ordnete Karsten Voigt, Norbert (früher IG Druck und Papier) Mann vom Bundesvorstand beobachtet werden." der Grünen und die stellvertre77. UZ vom 13. und 28. 10. 1989 tende DKP-Vorsitzende Ellen 78. DKP-Vorsitzender Herbert Weber." (UZ vom 29. 3. 1989) MIES auf der 8. Tagung des "Sozialdemokraten, Grüne, DKP-Parteivorstandes am 28./ Kommunisten und Christen tre29. 10. 1989 in UZ-Eigenbeilaten ohne Scheu gemeinsam ge zur UZ vom 4. 11. 1989, auf, eine neue politische Kultur S. 13: "Vielmehr wollen und sprießt allerorten." (UZ vom werden wir alle uns möglichen 29.2. 1989) Kräfte mobilisieren, um einen 85. UZ vom 1. 12. 1989 und UZ maximalen Beitrag zur Vorbevom 12. 12. 1989 reitung der bevorstehenden 86. Horst BETHGE, Sprecher des Auseinandersetzung und zur Arbeitsausschusses der InitiatiEntwicklung einer breiten Solive "Weg mit den Berufsverbodaritätsbewegung mit der IG ten" in seinem Schreiben vom Metall und dem Kampf um die 21. 12. 1989 an die Mitglieder 35-Stunden-Woche, und nicht des Arbeitsausschusses: zuletzt zu den anstehenden "Der zweite TagesordnungsBetriebsund Personalratswahpunkt ergibt sich daraus, daß len zu leisten. Das ist jetzt eine die DFU nicht mehr wie bisher unmittelbar praktische Kampfin den 18 Jahren in der Lage aufgabe, zu der alle Parteiorgaist, bürotechnisch, organisatonisationen - und keineswegs risch und personell die Arbeit nur die Betriebsgrupppen - des Arbeitsausschusses zu ihren konkreten Beitrag beraunterstützen. (...) Wie bisher ten und organisieren sollten." kann die DFU die Arbeit nicht 79. UZ vom 3. 4. 1989 mehr erledigen. Ich muß also 80. Definition der "Kommunistiden 1973 übernommenen Aufschen Internationale", betrag, für den Arbeitsausschuß schlossen auf dem VII. Kondie Infrastruktur zur Verfügung greß im Sommer 1935; zitiert zu stellen, zur Disposition genach: "Kleines politisches Wörben." terbuch", Berlin (Ost), Neuaus87. DKP-Information Nr. 27/Juli gabe 1988, Art. "Faschismus": 1989, S.5 Faschismus ist "die offene ter88. Protokoll des 9. DKP-Parteitaroristische Diktatur der reakges, S. 62 tionärsten, am meisten chauvi89. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom nistischen, am meisten impe20. 12. 1989, S. 4 rialistischen Elemente des Fi90. UZ vom 16. 11. 1989 nanzkapitals". Vgl. auch UZ 91. Die Buchhandlungen wurden vom 22. 8. 1989 inzwischen im Januar 1990 ge81. Vgl. UZ vom 20. 7. 1989; schlossen. In einigen Fällen Bundesvorstand der WN-BdA, versuchen Mitarbeiter, BuchBrief "An die Mitglieder der handlungen auf eigene RechKreisund Landesvorstände nung weiterzuführen. und des Bundesvorstandes" 92. DKP-Informationen Nr. 26/Juli vom 14. 12. 1989 1989, S. 63 f. 82. UZ vom 10. 1. 1989; PPA vom 93. Präambel zum Statut der SED, 14.3. 1989 verabschiedet auf dem IX. Par83. "Abrüstungs-Info" Nr. 11 (Noteitag der SED vom 18. - 22. 5. vember. 1989, S. 11 1976 84. "Beispielhaft für viele Oster94. "Neues Deutschland", Zeitung märsche ist die Rednerliste auf der SED/PDS, vom 18. und der Dortmunder Abschluß9./10. 12. 1989 kundgebung: Dort sprachen u. 95. "Junge Welt", Organ der FDJ, a. der SPD-Bundestagsabgevom 15. 9. 1989 Linksextremistische Bestrebungen 97 96. "Rote Fahne" (RF), Wochen128. Dokumentation der "Marburzeitung der MLPD, vom 23. 12. ger Initiative für die Zusam1989 menlegung der politischen 97.RFvom 13.5. 1989 Gefangenen", Okt. 1989 98. RF vom 2. 12. 1989 129. Aufruf zu einer Demonstration 99. RF vom 23. 12. 1989 am 14. Okt. in Wuppertal 100. RF vom 10.6. 1989 130. Flugblatt Autonomer in Wies101. RF vom 23. 12. 1989 baden, November 1989 102. "Politischer Bericht 1989", 131. "SWING - autonomes RheinS. 71 ff. Main-Info" Nr. 6/Mai 1989 103. RF vom 3. 6. 1989 132. Flugblatt autonomer Hausbe104. RF vom 23. 12. 1989 setzer, Hamburg, Dezember 105. "Lernen und Kämpfen", Mit1989 gliederrundbrief der MLPD, 133. "AVANTI-Projekt undogmatiNov./Dez. 1989 sche Linke", Schleswig-Hol106. "ak-Arbeiterkampf", Zeitung stein, Oktober 1989 des "Kommunistischen Bun134. Diskussionspapier zum Hundes", Nr. 303 vom 3. 2. 1989 gerstreik, Bremen, April 1989 107. "ak-Arbeiterkampf" Nr. 313 135. "INTERIM", Berlin, Nr. 54 vom vom 11. 12. 1989 25. Mai 1989 108. Beilage - Gesammelte Beiträ136. "INTERIM", Berlin, Nr. 72 vom ge aus der Diskussion der Lin28. September 1989 ken-Nr. 3 vom 28. 9. 1989 137. "graswurzelrevolution", 109. "Sozialistische Zeitung - aktuMonatsschrift der "Gewaltfreiell" (SoZ-aktuell), Organ der en Aktionsgruppen", Nr. 138/ VSP, Mai 1989 November 89 110. SoZ aktuell, September 1989 138. "direkte aktion", Nr. 77/Sept./ 111. SoZ vom 7. 12. 1989 Oktober 1989, S. 16 112. Flugblatt, Dezember 1989 139. "Info-Rundbrief", Nr. 5 vom 113. "Neue Arbeiterpresse", Organ Oktober 1989 des BSA, vom 25. 8. 1989 140.1. Mai-Aufruf der FAU/HD(A) 114. "Internationale Tribüne", Organ und "Fanal", Hochschulausgader ISA, vom 1. 7. 1989 be vom 19. 6. 1989 115. "Spartakist", Organ der "Trotz141. Thesenpapier einer Palästinakistischen Liga Deutschlands", Solidaritätsgruppe, Hamburg, vom 8. 12. 1989 August 1989 116. "Internationale Tribüne" vom 142. Das Spendenkonto "Waffen 12. 12. 1989 für El Salvador" wird, wie aus 117. "Spartakist" vom 8. 12. 1989 Veröffentlichungen der Publika118. "Marxistische Streitund Zeittion "die tageszeitung" zu entschrift" (MSZ) 5/1989, S. 3 nehmen ist, von Mitarbeitern 119. Hamburger Hochschulzeitung dieses Zeitungsprojektes verNr. 219 vom 28. 11. 1989 waltet. 120. Münchener Hochschulzeitung Die Spendenkampagne wurde vom 31. 10. 1989 von dieser Zeitung 1980 121. Hamburger Hochschulzeitung gestartet. Das Interesse an der Nr. 219 vom 28. 11. 1989 Kampagne nahm Mitte der 122. MSZ 3/1989, S. 23 80er Jahre ab. Auf Betreiben 123. MSZ 4/1989, S. 27 von Lateinamerika-Solidaritäts124. MG-Flugblatt vom September gruppen, in denen auch 1989 Linksextremisten mitarbeiten, 125. MSZ 5/1989, S. 6 wurde die Spendenkampagne 126. MG-Flugblatt vom September im Frühjahr 1988 reaktiviert. 1989 Für Spendengelder wirbt, ne127. Peter DECKER/Karl HELD, Abben Lateinamerika-Solidaritätsweichende Meinungen zur gruppen, auch ein Verein "El "deutschen Frage", München Salvador Libre e.V.". Dem Ver1989, Einbandtext Rückseite. ein gehören auch Linksextremi- 98 Linksextremistische Bestrebungen sten an. Zum Vorstand gehör153.Taterklärung der "Kämpfenden ten zumindest 1988 u. a. die Einheit Sheban Atlouf/Conny ehemalige Berliner BundesWissmann" vom Dezember tagsabgeordnete Ellen Olms 1989 ("Alternative Liste") und Her154. Erklärung von Helmut POHL mann Gremliza (KONKRET). "für die Gefangenen aus der Die Spendengelder sind für die RAF" vom 1. 2. 1989 zum Guerilla-Gruppe "Frente FaraBeginn des Hungerstreiks, verbundo Marti para la Liberacion öffentlicht in der "tageszeiNacional" (FMLN) in El Salvatung" vom 2. 2. 1989 dor bestimmt. Die Zeitschrift 155. Erklärung von Eva HAULE vom "ides-lnformationsdienst El 20.5.1989 zum Abbruch des Salvador" veröffentlichte in Hungerstreiks, veröffentlicht in ihrer Ausgabe vom 7. Oktober der "tageszeitung" vom 31. 5. 1988 ein "Dankschreiben" der 1989 FMLN. 156. Erklärung von Karl-Heinz DELLAls Kontostand wurde verWO von Mitte Mai 1989 zum schiedenen Veröffentlichungen Abbruch des Hungerstreiks, zufolge für den 15.September veröffentlicht in der "tageszei1988 4.108.311,74 DM und tung" vom 1. 6. 1989 für den 28. November 1989 157. Erklärung von Christian KLAR 4.281.396,10 DM angegeben. vom 28. 5. 1989 zum Abbruch (Vgl. Antwort des Parlamentarides Hungerstreiks, veröffentschen Staatssekretärs Spranlicht in der "tageszeitung" vom ger vom 11. Dezember 1989 13.6. 1989 auf eine parlamentarische Fra158. vgl. Ziffer 151 ge gemäß Bundestagsdruck159. vgl. Ziffer 151 sache 11/6130). 160. Taterklärung der RZ vom Mai 143. "ides-lnformationsdienst El 1989, veröffentlicht in "KonSalvador", Nr. 458 vom 27. 10. kret" Nr. 6/89 1989 161. Taterklärung der RZ vom 144. "radikal" Nr. 139, November November 1989 "Uneinge1989 schränktes Bleiberecht für alle 145. Antifaschistische Nachrichten, Sinti und Roma" Organ der VOLKSFRONT, Nr. 9 162. Taterklärung der RZ zum "Anvom 28. 4. 1989 schlag auf die BAGS-Ham146. "radikal" Nr. 138, September burg" 1989 163. "Südafrikanische Geschlech147. "Die Anarchie" Nr. 17/Juli - terordnung oder das VerAugust 1989 schwinden der schwarzen 148. Flugblattaufruf in Karlsruhe, Frauen" und "Das VerschwinMärz 1989 den aller Frauen oder Was ist 149. DKP-Informationen, Nr. 26/Juli das Patriarchat?", veröffent1989, S. 29 licht in "Interim", Wöchent150.Taterklärung des "Kommando liches Berlin Info Nr. 41 vom 2. Wolfgang BEER" der RAF vom 3. 1989 2. 12. 1989, veröffentlicht in 164. Erklärung der "Brigate Rosse" der "tageszeitung" vom 6. 12. vom März 1989 1989 151. Erklärung von Helmut POHL von Ende Oktober, veröffentlicht in der "tageszeitung" vom 17. 11. 1989 152. Kommunique von RAF und BR-PCC vom September 1988, veröffentlicht in "Interniert" ("Interim"), Wöchentliches Berlin Info Nr. 22 vom 23. 9. 1989 Linksextremistische Bestrebungen 99 IX. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1989 (1 Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) Orthodoxe Kommunisten 1.1 Deutsche Kommunistische 22.000 (unter Unsere Zeit (UZ) Partei (DKP) 35.000) - sechsmal (ab 1990 einmal (12 Bezirksorganisationen, wöchentlich) - Kreisorganisationen und - Tagesausgabe: 20.000 (21.000) - Grundorganisationen) -Wochenendausgabe: 34.000 - Düsseldorf - (39.000) - Marxistische Blätter - elfmal jährlich (ab 1990 zweimonatlich) - -7.300 (mehr als 7.000)DKP-Informationen - unregelmäßig - DKP-Pressedienst - unregelmäßig - infodienst-lnformationsdienst für DKP-Betriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen - monatlich - -2.000(2.000)Nebenorganisationen: Sozialistische Deutsche 2.000 (6.500) elan - Das Jugendmagazin* Arbeiterjugend (SDAJ) - monatlich - (12 Landesverbände, Kreis-8.000(14.000)verbände und Gruppen - Orts-, Stadtteil-, Schul-, BetriebsJugendpolitische Blätter* gruppen -) - monatlich - - Essen - -1.800(2.000)Treffpunkt Gruppe - monatlich (ab 1990 zweimonatlich)Marxistischer Studentinnen1.800 (3.500) rote blätter* und Studentenbund Spartakus - monatlich - (MSB) -6.500(9.000)Orsverbände, Ortsgruppen) - Bonn - express - unregelmäßig - * Mit Jahresbeginn 1990 eingestellt 100 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1989 (1988) Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) Junge Pioniere - Sozialistische 800 (3.000) pionier* Kinderorganisation (JP) - monatlich - (12 Landesverbände, Kreis-4.000(7.000)verbände, Pioniergruppen) - Essen - Institut für Marxistische Studien Marxistische Studien und Forschungen e. V. (IMSF) -Jahrbuch des IMSF- - Frankfurt/M. - - einbis zweimal jährlich - Informationsberichte des ISMF - unregelmäßig - Marx-Engels-Stiftung e. V. - Wuppertal - Marxistische Arbeiterbildung - Vereinigung des wissenschaftlichen Sozialismus (MAB) (20 örtliche MAB-Gemeinschaften, z. T. als Marxistische Abendbzw. Arbeiterschulen - MASCH -) - Wuppertal - beeinflußte Organisationen: Vereinigung der Verfolgten unter antifaschistische rundschau* des Naziregimes - Bund der 14.000 (14.000) - monatlichAntifaschisten in der -12.000(12.000)Bundesrepublik Deutschland (WN-BdA) (10 Landesantifaschistischer informationsund vereinigungen, KreisPressedienst* und Ortsvereinigungen) -zehnmal jährlich - - Frankfurt/M. - Deutsche Friedensunion unter (DFU) (9 Landesverbände, 1.000 (1.000) Abrüstungs-Info* Bezirksund Ortsverbände) - monatlich - - Köln - -2.000(4.000)Komitee für Frieden, Friedensjournal Abrüstung und Zusammen- - sechsmal jährlich - arbeit (KFAZ) (arbeitet mit "Hunderten" örtlicher Komitees und Initiativen zusammen) - Köln - * Mit Jahresbeginn 1990 eingestellt Linksextremistische Bestrebungen 101 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheingungsweise und 1989 (1988) Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) Deutsche Friedensgesell10.000 (11.000) Zivil Courage schaft - Vereinigte Kriegs-vierteljährlich - dienstgegnerinnen (DFL-VK) -12.000(11.500)(9 Landesverbände, ca. 150 Ortsgruppen) - Velbert - Demokratische Fraueninitiative Wir Frauen (DFI) (örtliche Frauengruppen - zweimonatlich (ab 1990 viertelohne feste Mitgliedschaft) jährlich) - - Essen - -4.000(4.500)Vereinigung Demokratischer 1.000 (1.000) VDJ-Forum Juristinnen und Juristen in der - vierteljährlichBundesrepublik Deutschland -1.500(1.500)und Berlin (West) e. V. (VDJ) (28 Regionalgruppen) - Frankfurt/M. - Antiimperialistisches Dritte Welt-Zeitschrift Solidaritätskomitee für Afrika, (AIB -Antiimperialistisches InforAsien und Lateinamerika (ASK) mationsbulletin) - Frankfurt/M. - - monatlich - -4.000(5.000)Initiative Weg mit den BerufsRundbrief für alle Bürgerinitiativen, verboten (Arbeitsausschuß) Komitees und Organisationen, (koordiniert die Tätigkeit die gegen "Berufsverbote in der örtlicher und überregionaler BRD kämpfen" Initiativen) - unregelmäßig - - Hamburg - Bund demokratischer 1.500 (1.500) Informationsdienst Wissenschaft Wissenschaftlerinnen und und Frieden Wissenschaftler e. V. (BdWi) -vierteljährlich - (34 regionale Sektionen) - etwa 1.500 (etwa 1.000) - - Marburg/Lahn - Forum Wissenschaft - vierteljährlich - -2.500 (über 2.000)1.2 Sozialistische Einheitspartei 3.000 (4.500) Die Wahrheit* Westberlins (SEW) - sechsmal wöchentlich * (12 Kreisverbände, Betriebs-12.000(12.000)und Wohngebietsgruppen) - Berlin (West) - Konsequent -viermal jährlich - -2.500(2.500)- * Ende November 1989 eingestellt 102 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz(z. T. geschätzt) (einschl. Erscheingungsweise und 1989 (1988) Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) Nebenorganisationen: Sozialistischer Jugend200 (550) Signal - Sozialistische Jugendverband Karl Liebknecht schrift* (SJV Karl Liebknecht) - monatlich - (12 Kreisverbände; einge-1.000(1.000)gliedert; Pionierorganisation Karl Liebknecht) - Berlin (West) - Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten Westberlin (ADS-Westberlin) - Berlin (West) - Vorfeldorganisationen: Demokratischer Frauenbund 500 (500) Im Blickpunkt der Berlinerin** Berlin (DFB) - monatlich - - Berlin (West) - -1.000(1.000)Gesellschaft für Deutsch500 (500) DSF-Journal*** Sowjetische Freundschaft - vierteljährlich - Berlin West (DSF Berlin West) -1.200(1.200)- - Berlin (West) - Vereinigung der Verfolgten 500 (500) antifaschistisches Magazin des Naziregimes Westberlin/ Der Mahnruf Verband der Antifaschisten - vierteljährlich - (WN WestberlinA/dA) - 2.000 (2.000) - - Berlin (West) - 2. Sonstige Organisationen und Publikationen Sozialistischer Hochschul1.000 (2.000) frontal bund (SHB) (Landes- - sechsmal jährlich - verbände, Ortsgruppen) - 7.000 (11.000) - - Bonn - Krefelder Initiative ZUR INFORMATION - Köln - - unregelmäßigVolkszeitung - Deutsche Volkszeitung/die tat**** -wöchentlich - - 32.000 (26.000) - NACHRICHTEN zur Wirtschaftsund Sozialpolitik** - monatlich - -7.000(7.000)- * Ende November 1989 eingestellt ** Mit der Januar-/Februar-Ausgabe 1990 eingestellt *** Mit Jahresbeginn 1990 eingestellt **** Dezember 1989 eingestellt Linksextremistische Bestrebungen 103 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1989 (1988) Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) 3. "Neue Linke" Arbeiterbund für den 250 (250) Kommunistische Arbeiterzeitung Wiederaufbau der KPD (AB) - unregelmäßig - - München - ABNebenorganisationen: Kommunistischer Hochschulbund (KHB) Initiative zur Vereinigung der Kämpfende Jugend revolutionären Jugend - unregelmäßig - Autonome mehr als - unregelmäßig erscheinende 2.000 (2.000) "Szene"-Blätteru.a. SWING, INTERIM, radikal Bund Sozialistischer Arbeiter Neue Arbeiterpresse (BSA) -vierzehntäglich (ab 1990 - Essen - wöchentlich) - Bund Westdeutscher 300 (300) Politische Berichte Kommunisten (BWK) -vierzehntäglich - (8 Landesverbände) -1.200 (1.200)- - Köln - BWK-beeinflußte Organisation Volksfront gegen Reaktion, 600 (600) Antifaschistische Nachrichten Faschismus und Krieg -vierzehntäglich - (VOLKSFRONT) - 600 (700) - - Köln - Volksecho -vierteljährlich - -800Föderation Gewaltfreier 500 (500) graswurzelrevolution-für eine Aktionsgruppen (FÖGA) gewaltfreie, herrschaftslose Gesell(Koordinierungsstelle der schaft anarchistischen "Graswurzel- - monatlich - bewegung" mit ca. 80 - etwa 3.000 (etwa 3.000) - "Gewaltfreien Aktionsgruppen" und "Kollektiven" Freie Arbeiterinnen-Union (FAU) direkte aktion (ca. 20 örtliche Gruppen) - zweimonatlich - - Köln - Freie Arbeiter-Union/ Fanal Anarchistische Partei (FAU/AP) - unregelmäßig * - Heidelberg - 104 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1989 (1988) Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) Freie Arbeiter-Union (Rätekommunisten (FAU/R) - Hamburg - Internationale Sozialistische Sozialistische Arbeiterzeitung Arbeiterorganisation (ISA) - monatlich - -KölnInternationale Tribüne - La Verite - monatlich - Kommunistischer Bund (KB) über (über Arbeiterkampf (Landesverbände) 400 400) - monatlich - - Hamburg- - 5.000 (4.800) Piranha - Sozialistischer Jugendrundbrief (Publikationen der KBJugend u. a.) - unregelmäßig - Kommunistische Partei Roter Morgen Deutschlands (Marxisten/ (2 Ausgaben) Leninisten) (KPD) - monatlich - (2 rivalisierende Gruppen) Marxistische Gruppe (MG) 5.000 (3.000) MSZ-Marxistische Streitund Zeit- - München - schrift - Gegen die Kosten der Freiheit - sechsmal jährlich - - c a . 12.000 (ca. 12.000)Marxistische Arbeiterzeitung (mehr als 20 Ausgaben) -vierzehntäglich - - bis zu 10.000 (bis zu 10.000) - Marxistische Hochschulzeitung (mehr als 10 Ausgaben) - semesterwöchentlich - - bis zu 14.000 (bis zu 14.000) - Marxistische Schulzeitungen (mindestens 7 Ausgaben) - unregelmäßig - - bis zu 7.000 (bis zu 10.000) - Marxistisch-Leninistische 1.400 (1.300) Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) -wöchentlich - (16 Parteibezirke, über 100 -7.000(10.000)Ortsgruppen und Stützpunkte) - Essen - lernen und kämpfen (luk) - monatlich - -1.500(1.500)- Linksextremistische Bestrebungen 105 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise 1989 (1 Auflagen (1988) - z. T. geschätzt) MLPD-Nebenorganisationen: zusammen 400 (300) ARBEITERJUGENDVERBAND/ Marxisten-Leninisten (AJV/ML) (mit der Kinderorganisation Rotfüchse) Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) Sozialistische Arbeitergruppe Klassenkampf (SAG) - monatlich - - Hannover - Trotzkistische Liga SPARTAKIST Deutschlands (TLD) - unregelmäßig (ab 1990 wöchentlich) Vereinigte Sozialistische Partei 400 (450) Sozialistische Zeitung (SoZ) (VSP) -vierzehntäglich - - Köln - -2.500(2.500)SoZ-Magazin - unregelmäßig * VORAN zur sozialistischen VORAN Demokratie - monatlich * - Köln - - 1.000 - Rote Hilfe 800 (600) Die Rote Hilfe (linksextremistisch -viermal jährlich - beeinflußt) -1.800 - - Kiel - 9a 108 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Weitere Zunahme Ende 1989 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 70* (1988: der organisierten 71) rechtsextremistische Organisationen. Ihnen gehörten nach RechtsextremiAbzug der Mehrfachmitgliedschaften rund 35.900 Personen als sten, besonders bei den "NationalMitglieder an. Das sind rund 7.600 Personen oder 26,9 % mehr als Freiheitlichen" Ende 1988 (28.300). Diese Entwicklung ist wie im Vorjahr maßgeblich auf den weiteren Ausbau der "Deutschen Volksunion - Liste D" zurückzuführen. Die Zahl der Mitgliedschaften bei den "National-Freiheitlichen" stieg von rund 18.600 auf etwa 25.000.** Die "Nationaldemokraten" konnten ihre Mitgliedschaften auf rund 8.000 steigern (1988. 7.250). Die Zahl der Neonationalsozialisten ging auf 1.300 (1988: 1.480) zurück. Die Zahl der Mitgliedschaften in neonationalsozialistischen Gruppen sank um 400 auf 1.500. Die Differenz erklärt sich aus den Mehrfachmitgliedschaften. Organisationen 1987 1988 1989 Anzahl der Anzahl der Anzahl der Org. MitgliedOrg. MitgliedOrg. Mitgliedschaften schaften schaften Neonational20 2.100 23 1.900 23 1.500 sozialistische Gruppen "National- 3 15.100 3 18.600 3 25.000 freiheitliche" Organisationen "National- 5 7.000 5 7.250 5 8.000 demokratische" Organisationen Sonstige 41 3.100 40 3.200 39 3.200 Summe 69 27.300 71 30.950 70 37.700 Zahl der Mitglieder nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 25.200 28.300 35.900 * Hierbei ist die Partei "Die Republikaner" nicht berücksichtigt. 1989 wurde nur der Landesverband Nordrhein-Westfalen von der dortigen Landesbehörde für Verfassungsschutz wegen des Verdachts rechtsextremistischer Bestrebungen mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. ** Dr. Frey, der maßgebliche Führer der "Deutschen Volksunion e.V." und der "Deutschen Volksunion - Liste D", gibt dazu höhere Zahlen an. Rechtsextremistische Bestrebungen 109 Entwicklung der Zahl der Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen von 1 9 8 0 - 1 9 8 9 37700 Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen (ohne Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) Mitglieder (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften) 25000 Mitgliedschaften in "nationalfreiheitlichen" Organisationen (Dr. FREY gibt höhere Zahlen an) 8000 Mitgliedschaften in "nationaldemokratischen" Organisationen 3200Mitgliedschaften S in sonstigen rechtsextremistischen Gruppen 1500 Mitgliedschaften in neonazistischen Gruppen 1980 1981 1982 1983 110 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste Die Zahl der rechtsextremistischen organisationsunabhängigen Verlage und Vertriebsdienste sank 1989 auf 35 (1988: 40). Im einzelnen handelt es sich hierbei um 10 Buchverlage (1988: 11), 13 Zeitungsund Zeitschriftenverlage (1988: 16) und 12 Vertriebsdienste (1988: 13). 3. Periodische Publikationen Zahl der rechtsDie Gesamtzahl der rechtsextremistischen Publikationen sank extremistischen von 96 auf 80. Davon erschienen 54 mindestens viermal im Jahr. Zeitschriften Diese 54 Schriften erzielten 1989 eine Gesamtauflage von rund nimmt ab, Auflage steigt 8.985.000. 1988 wiesen 73 Publikationen eine Gesamtauflage von rund 8.882.000 auf. Dies bedeutet einen Rückgang der Schriftenvielfalt um über 16 % bei gleichzeitiger Gesamtauflagensteigerung um 1 %. 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1989 waren den Verfassungsschutzbehörden 222 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst bekannt (1988: 225); von ihnen gehörten 113 der NPD an (1988: 117). Die bei Bundesstellen beschäftigten 108 Rechtsextremisten (1988: 113) sind bei nachgeordneten Behörden tätig. 39 von ihnen sind bei der Deutschen Bundespost und 15 bei der Deutschen Bundesbahn - überwiegend in mittleren Positionen - beschäftigt. Der Bundeswehr gehören 45 an: 29 als Zeitoder Berufssoldaten, 16 als Zivilbedienstete. Von den 75 bei Landesstellen beschäftigten Rechtsextremisten (1988: 73) sind an Schulen und Hochschulen 25, in der Justiz 10, in der Finanzverwaltung 6, bei der Polizei 7 und in anderen Verwaltungsbereichen 27 tätig. Die im Kommunaldienst beschäftigten 39 Rechtsextremisten (1988: 39) sind überwiegend in mittleren Positionen tätig. Von den 222 bekannten Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst sind 108 Beamte, 29 Soldaten, 40 Angestellte und 45 Arbeiter. Unter den 137 Beamten und Soldaten gehören 21 dem höheren Dienst bzw. den vergleichbaren Dienstgraden an. Rechtsextremistische Bestrebungen 111 II. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 1. Zielsetzung Die Neonationalsozialisten unter den Rechtsextremisten fordern Neonationaleinen totalitären großdeutschen Staat auf der Grundlage des Fühsozialisten rerprinzips, der "wahren Volksgemeinschaft" und der rassistisch streben großausgerichteten Ideologie des 25-Punkte-Programms der "Nationaldeutschen Führerstaat an sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) von 1920: "Die praktische politische Arbeit der nationalsozialistischen Bewegung der neuen Generation beruht sowohl parteiwie gewerkschaftspolitisch auf unserem Bekenntnis zu einem nationalen, völkisch und nichtmarxistischen Sozialismus! ... Konkrete sozialistische Forderungen, wie sie im Parteiprogramm der NSDAP festgelegt sind - Brechung der Zinsknechtschaft, Beseitigung allen arbeitsund mühelosen Einkommens, Verstaatlichungen, Gewinnbeteiligung und Bodenreform. Alles in allem ist das ein radikaleres und konsequenteres Programm, als es je eine marxistische Gruppe gefordert hat. Und es steht nicht im Programm aus taktischen Gründen: Wir wollen das Programm erfüllen!" ("Die Neue Front" (NF) - KÜHNEN-Gruppe -65/89, S. 14) Bis 1982 waren Adolf HITLER und sein "Drittes Reich" die unbe"Nationalstrittenen Leitbilder aller Neonationalsozialisten. Seitdem wird er revolutionäre" von denen, die sich als "Nationalrevolutionäre" in der Nachfolge werfen HITLER der Brüder STRASSER* sehen, kritisiert. Sie werfen ihm vor, er Verrat a m Nationalhabe den Nationalsozialismus verraten. Die "Nationalrevolutionäre" sozialismus vor sind lediglich eine Minderheit unter den Neonationalsozialisten. 2. Zahlen Von den rund 1.300 Neonationalsozialisten (1988: 1.480) sind etwa Zahl der Neonazis 1.100 (1988: 1.320) organisiert. Rund 200 Neonationalsozialisten geht zurück, weisen keine Organisationszugehörigkeit auf. ihre GewaltbereitEtwa 170 Neonationalsozialisten (1988: 200) sind militant; hinzu schaft hält an kommen rund 250 neonationalsozialistische Skinheads. Außerdem ist noch ein Dutzend militanter Rechtsextremisten bekannt, das nicht neonationalsozialistischen, sondern anderen rechtsextremistischen Organisationen angehört. Es handelt sich um Aktivisten, die in den letzten Jahren Gewalttaten begangen, sich an Gewalttaten Die Brüder Strasser repräsentierten in der Frühzeit des Nationalsozialismus den linken Flügel der .NSDAP. Gregor STRASSER wurde 1934 auf Befehl HITLERs anläßlich des sog. "RÖHM-Putsches" ermordet. Dr. Otto STRASSER. der Führer der "Schwarzen Front", setzte sich 1933 nach Kanada ab. Er verstarb 1974. 112 Rechtsextremistische Bestrebungen oder deren Planung beteiligt haben, wegen ihrer Gewaltbereitschaft bekannt sind oder illegal Waffen, Munition oder Sprengstoff besessen haben. Von diesen militanten Rechtsextremisten (ohne Skinheads) ist 1 % 18 bis 20 Jahre alt, 47,5 % gehören der Altersgruppe 21 bis 30 Jahre an, 27,3 % sind 31 bis 40 Jahre alt. 3. Neonationalsozialistische Gruppen 3.1 Die "Bewegung" Die "Bewegung" Der ehemals etwa 500 Personen umfassende Aktivistenkreis ohne eigene organisatorische Struktur fühlt sich uneingeschränkt dem Gedankengut und der Ideologie der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) verpflichtet. Trotz des gemeinsamen Bekenntnisses zum historischen Nationalsozialismus hat der seit 1986 anhaltende Streit um die Frage, ob Homosexuelle Führungsaufgaben in der "Bewegung" übernehmen dürfen, die "Bewegung" in zwei Gruppen gespalten. Die Anhänger Jürgen MOSLERs (34), die der Gruppe um Michael KÜHNEN (34) "Schwulentum" vorwerfen, konnten sich durchsetzen. Ende 1989 verfügte die Gruppe um MOSLER über rund 350 Mitglieder, diejenige KÜHNENS über etwa 130. Aktionen zur Feier des 100. Geburtstages von HITLER am 20. April wurden von beiden Gruppen propagiert, aber getrennt durchgeführt. Entgegen den Ankündigungen blieben diese Veranstaltungen auf nur wenige interne Feiern bzw. unbedeutende öffentliche Aktionen beschränkt. Das eigens zu diesem Zweck bereits vor Jah- Rechtsextremistische Bestrebungen 113 ren gebildete "Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers" (KAH) trat in der Öffentlichkeit kaum hervor. Erschienen zum l O O . Geburtstag WAS IST EIGENTLICH ADOLF HITLERS NATIONALSOZIALISMUS Nur sporadisch kam es zu gemeinsamen Aktionen beider Gruppierungen, z. B. bei einer Demonstration am 19. August in Wunsiedel zum Gedenken an den 2. Todestag von Rudolf HESS. Zahlreiche Strafverfolgungsmaßnahmen sind gegen Angehörige der "Bewegung" gerichtet, u. a. Ermittlungsverfahren gegen Anhänger von MOSLER einerseits und KÜHNEN andererseits 114 Rechtsextremistische Bestrebungen wegen des Verdachts der Fortführung der 1983 durch den Bundesminister des Innern verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA). Während sich die MOSLER-Gruppe innerhalb der "Bewegung" darauf konzentrierte, die Führung der neonationalsozialistischen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) an sich zu reißen, versuchte KÜHNEN, seine Anhänger als "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" zu formieren. 3.2 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) FAP agitiert Die FAP betont, sie stehe auf der Grundlage des nationalen Soziagegen Ausländer und "Besatzer" Rechtsextremistische Bestrebungen 115 lismus, der auf einer sauberen Ideologie beruhe1. Die herrschenden Parteien seien eigennützig und im Grunde verkommener ... als viele politisch untätige Spießbürger2. Nach Ansicht der FAP herrscht immer noch Kriegszustand in Deutschland. Hinsichtlich der hier stationierten Truppen fordert sie: "Besatzer raus!"3. Primäres Angriffsziel ihrer Agitationen bleiben Ausländer, insbesondere Asylanten. Die Hauptforderung lautet daher: "Ausländer raus"4. In ihrem fanatischen Sendungsbewußtsein sieht sich die FAP in einem "Kampf auf Leben und Tod", um "das Überleben des deutschen Volkes vor dem Zustrom der Asylanten" zu sichern5. Der politische Umbruch in der DDR veranlaßte die FAP in den letzFAP wirbt ten Monaten des Jahres 1989, ihre Forderung nach einem "für um Ausund Europa richtungsweisenden vereinten deutschen Reich" mit noch Übersiedler stärkerem Nachdruck zu erheben. Es könne nicht das Ziel sein, die DDR zu reformieren. Sie müsse verschwinden. Im Falle der Neuvereinigung sei dann auch genug Platz für die vielen deutschen Aussiedler aus dem Osten vorhanden. Die FAP begrüßt die "Blutauffrischung mit Deutschen aus Mitteldeutschland und dem Osten", ... die "viele Kinder mitbringen ... So ist die Gefahr, zur Minderheit im eigenen Land zu werden,, wohl zunächst einmal gebremst." ("FAP-Intern" 11/89, S. 4 ff. u. 17). Im übrigen erhoffen sich die FAP und die anderen rechtsextremistischen Parteien von den Übersiedlern zusätzliche Wähler und Mitglieder. An der innerdeutschen Grenze und in Überund Aussiedlerlagern führte die FAP Propagandaaktionen durch. Gelegentlich wird in FAP-Kreisen - aber auch in anderen Gruppierungen des Rechtsextremismus - der Gedanke erörtert, einen Teil ihrer Akti- 116 Rechtsextremistische Bestrebungen vitäten in die DDR zu verlegen, dort Stützpunkte zu bilden und mit potentiellen Gesinnungsgenossen zusammenzuarbeiten. FAP verliert weiter Die FAP ist heute von der MOSLER-Gruppe als Teil der neonatioMitglieder nalsozialistischen "Bewegung" unterwandert. In den Landesverbänden Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, BadenWürttemberg und in dem im September neugegründeten Landesverband Bayern haben die MOSLER-Anhänger mit einer Reorganisation der Parteiund Mitgliederstruktur begonnen. KÜHNEN-Anhänger sind noch im Landesverband Hessen anzutreffen, der zum Streitobjekt der beiden verfeindeten Gruppierungen wurde. Die damit verbundene Ausgrenzung von KÜHNEN-Anhängern aus der FAP führte zu einem weiteren Rückgang des Mitgliederbestandes auf rund 330. Gegen Ende des Berichtsjahres wurde deutlich, daß MOSLER, dessen Amt als Generalsekretär der FAP bis auf weiteres ruht, gegenüber dem Aktivistenkreis um den Vorsitzenden Friedhelm BUSSE (60) immer mehr an Boden verliert. Die FAP erzielte bei der Europawahl am 18. Juni nur 0,1 % (= 19.151 Stimmen), bei der Kommunalwahl in Baden-Württemberg am 22. Oktober sogar nur 0 %*. Wiederum Im Jahr 1989 wiesen 125 (Vorjahr: 222) Gesetzesverletzungen mit Gewaltakte durch rechtsextremistischem Bezug nach ihrem äußeren ErscheinungsFAP-Mitglieder bild auf Täter aus FAP-Kreisen hin. In 35 dieser Fälle konnten FAP-Aktivisten als Täter ermittelt werden. 10 (1988: 19) der der FAP zurechenbaren Gesetzesverletzungen waren Gewalttaten (z. B. Brandanschläge, Überfälle, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen), 3 (5) Gewaltandrohungen und 88 (148) Propagandadelikte (z. B. Schmier-, Klebe-, Plakat-, Flugblattaktionen oder sonstige Veröffentlichungen). Unter Hinweis auf zuvor begangene Gewalttätigkeiten verboten Ordnungsbehörden in mehreren Fällen von der FAP geplante Demonstrationen. 3.3 "Deutsche Alternative" (DA) KÜHNENKÜHNEN veranlaßte nach seiner Ausgrenzung aus der FAP die Anhänger Gründung neuer Zusammenschlüsse. gründen neue Mit der "Nationalen Sammlung" (N.S.) wollte er an der KommunalNeonazigruppen wahl in Hessen am 12. März teilnehmen. Dieses Vorhaben scheiterte, weil der Bundesminister des Innern am 9. Februar diese Gruppe verbot. Danach bildeten KÜHNEN-Anhänger Propagandainstrumente ohne organisatorische Struktur wie die "Initiative Volkswille", um für die sogenannte "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" Mitglieder zu werben. Im März gründeten sie eine bislang auf Hamburg beschränkte "Nationale Liste" (N.L.), die sich als "Partei des neuen Nationalismus"6 bezeichnet. Im Mai folgte in Bremen die Gründung der "Deutschen Alternative" (DA), die sich als "Nationale Protestpartei" für eine "deutsch-alternative * FAP-Kandidaten erhielten etwa 5.500 Stimmen. Die Anzahl der Wähler ist nicht ermittelbar, weil ein Wähler aufgrund des Wahlsystems bis zu 60 Stimmen abgeben konnte. Rechtsextremistische Bestrebungen 117 Politik", für "Ausländer-Rückführung" und "Förderung eines gesunden Nationalstolzes" einsetzt und "Deutsches Geld für deutsche Bürger! Deutsches Geld für deutsche Aufgaben!" fordert7. Ihr Bekenntnis zum Nationalsozialismus bekräftigten die KÜHNENAnhänger in einer Vielzahl von Veröffentlichungen, in denen sie z.B. einen "nationalen, völkischen und nichtmarxistischen Sozialismus" propagierten und "konkrete sozialistische Forderungen, wie sie im Parteiprogramm der NSDAP festgelegt sind", erhoben8. Die Auseinandersetzungen zwischen Neonationalsozialisten und ihren politischen Gegnern erreichten im Mai einen Höhepunkt, als mutmaßliche Angehörige der linken Antifaschisten-Szene in Hamburg - verkleidet als Polizeibeamte - nachts gewaltsam in die Wohnung von Hamburger KÜHNEN-Anhängern eindrangen und umfangreiche politische und persönliche Unterlagen raubten. Auch unter den Neonationalsozialisten um KÜHNEN lösten die Ereignisse in der DDR lebhafte Aktivitäten aus. Wie andere Neonationalsozialisten verteilten sie an der innerdeutschen Grenze und in grenznahen Städten der Bundesrepublik Deutschland Flugblätter an Besucher aus der DDR und warben für ihre politischen Ziele. 3.4 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Die HNG wurde 1979 mit dem Ziel gegründet, sog. nationale HNG unterstützt Gefangene zu unterstützen. Sie gewährt vornehmlich an inhaftierte inhaftierte NeoNeonationalsozialisten finanzielle Hilfe und veröffentlicht in ihren nationalsozialisten 118 Rechtsextremistische Bestrebungen monatlich erscheinenden "Nachrichten der HNG" Leserbriefe dieses Personenkreises. Die HNG, deren Mitgliederbestand bei etwas über 200 stagniert, brandmarkt die Strafverfolgung von Neonationalsozialisten als "politische Verfolgung". "Bevor Sie sich um politische Verfolgung in aller Welt sorgen, sollten Sie sich zuerst dafür einsetzen, daß in der BRD keine politische Verfolgung mehr herrscht und keine politischen Gefangenen mehr in Haft sind!" ("Nachrichten der HNG", 110/89, S. 7) Die den Aktivistenkreis um KÜHNEN favorisierende Organisation sieht sich selbst wie folgt: "Die HNG hat in den letzten 10 Jahren zahlreichen inhaftierten Kameraden moralische und materielle Hilfe geleistet. Sie wird das auch in Zukunft leider tun müssen. Solange Deutschland von fremden Mächten besetzt ist und diese willfährige Politiker in unserem Volk finden, werden deutsche Patrioten Hilfe brauchen, weil sie für die wahre Freiheit kämpfen." ("Nachrichten der HNG", 110/89, S. 6) 3.5 "Nationalistische Front" (NF) Die von Meinolf SCHÖNBORN (34) geführte nationalrevolutionäre Organisation, deren Mitgliederbestand sich auf rund 60 Aktivisten beläuft, tritt mit Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen auf. Die wichtigsten Ortsgruppen bestehen in Bielefeld, Bremen und Berlin (West). NATIONALISTISCHE FRONT Neben dem sog. NF-Zentrum in Bielefeld steht der Gruppierung seit Anfang des Jahres ein weiteres Objekt in Pivitsheide bei Detmold zur Verfügung, das - ebenso wie das Haus in Bielefeld - Schauplatz für Kundgebungen politischer Gegner und für deren gewalttätige Auseinandersetzungen mit NF-Anhängern und der Polizei wurde. NF verfolgt Die NF propagiert rechtssozialistische, antiimperialistische, revolunationaltionäre Vorstellungen in der Tradition der Brüder STRASSER aus der Weimarer Zeit. Mit einer "antikapitalistischen Sozialrevolution" Ziele und einer "antimaterialistischen Kulturrevolution"9 soll der Weg zum Aufbau eines gesamtdeutschen Volksstaates10 geebnet wer- Rechtsextremistische Bestrebungen 119 Gegen USund SowjetimperialismusBefreiungs - nationalismus NATIONALISTISCHE FRONT \Jf I / ' NATIONALISTISCHE FRONT den. Leitbilder sind die sozialistische Volksgemeinschaft11, die Wahrung der nationalen Identität vor Millionen Ausländern aus fremden Kulturkreisen sowie der nationalen Einheit des Deutschen Volkes in seinem gewachsenen Volksraum12. Gefordert werden die "Rückführung aller Ausländer"13 und der "Abzug sämtlicher Besatzer" zur Sicherung der deutschen Souveränität14. 5.-, "^3 unseres y! '" deutschen ^" Volkes sind für "Des Volkes Wille isu- ' unser Auftrag! / / NATIONALISTISCHE FRONT Ihr Ziel, an der Europawahl 1989 teilzunehmen, hat die NF nicht erreicht, weil sie bereits die für den Wahlvorschlag erforderlichen 4.000 Unterstützungsunterschriften nicht beibrachte. 120 Rechtsextremistische Bestrebungen 3.6 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) "Stützpunkte" der Der US-Bürger Gary Rex LAUCK (36), "Propagandaleiter" der NSDAP-AO NSDAP-AO, leistet seinen deutschen Gesinnungsgenossen Unterverbreiten NSPropagandastützung durch die Herausgabe des zweimonatlich erscheinenden material aus den NSDAP-AO-Organs "NS Kampfruf", in dem nach wie vor Artikel USA (c)^ NS KAMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIAUSTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI AUSLANDS - UND AUFBAUORGANISATION Nummer 76 100. FUEHRERGEBURTSTAG - Andenken und Kampfauf trag - Heute vor IOC jifv"r.. v . 20.4.1889. "urdalnc Osmrk der groeti FUinr des deutsoien Volkes get i- "j-js i - eine Zeit h-naln geboren. HIB rc Ischen Denker cht teherrsc Volk. Kit Mloif Hitler m T . fl" Heutecne Volk aus ua es einer besseren und großen Zukunft entgegenziiSchon In ulnar W'Sier Lehrzeit vor dea ersten *eltkrleg erkemt" er die v " "dal J H KvltalIEBUE scrtlcfiten *uOi die notloral" Vareloiiflung durtfi dl" Veraischung eehrarer Volker njrda von I I * schon daaala in seine" Inneran da* ä-undperust dar W l t i n - soiauung, die epater die nelS ersehnte Lseurg der nationalen i n ) sozialen Fragt In ganz Deuttch Ian) Or Ingen sollte - dar Nationalsozlil Isausl Zu Bug Ion des I "altkr l"gs Belaste "r l i e h f r e l - * l l l i g zur Front j e kaapfte nelOenralt Seite an ir Zelt, la Frontslnt kateradschaft autziürechen ur Fortgesetzt auf Sell KÜHNENS veröffentlicht werden. Die NSDAP-AO unterhält im Bundesgebiet weiterhin eine Vielzahl von meist aus Einzelpersonen bestehenden "Stützpunkten", die auch 1989 umfangreiches neonationalsozialistisches Propagandamaterial von der "Auslandszentrale" der NSDAP-AO in Lincoln/Nebraska (USA) bezogen. Einer dieser Stützpunkte wurde am 27. Dezember in Hemer (Märkischer Kreis) ausgehoben. KAMPF DEN RAUS! NSDAP-AO Box Lincoln,NE USA 122 Rechtsextremistische Bestrebungen Schmier-, Klebeund Verteilaktionen verwendet. In dem namentlich nicht gekennzeichneten Leitartikel der Juli-August-Ausgabe des "NS Kampfrufes" mit der Überschrift "Die deutsche Frage" wird zum bewaffneten Kampf in der Bundesrepublik Deutschland aufgerufen. Wörtlich heißt es dort: "Trotz aller Dementis, ..., die sogenannten Verbündeten - in Ost und West - sind und bleiben nach gültigem Völkerrecht: Besatzer! ... Womit wir nach dem gleichen internationalen Recht die Pflicht und die moralische Berechtigung zum bewaffneten Kampf haben!" ("NS Kampfruf" Nr. 78, S. 1) 1989 standen 60 Gesetzesverletzungen im Zusammenhang mit Aktivitäten der NSDAP-AO. 3.7 Neonationalsozialistenkreis um Curt Müller NeonationalDurch die alljährliche Ausrichtung von überregionalen "Führergesozialisten-Treffen burtstags-" bzw. "Sonnwendfeiern" wurde das Anwesen der Ehebei MÜLLER leute Curt und Ursula MÜLLER (59/56) in Mainz zum zentralen (Mainz) Treffpunkt für Neonationalsozialisten aus verschiedenen Orten des Bundesgebietes und dem benachbarten Ausland. An der (Nach-)Feier am 22. April zum 100. Geburtstag HITLERs beteiligten sich rund 80 Neonationalsozialisten, an der Sommersonnwendfeier am 24. Juni etwa 60 Personen. Wegen der von Ursula MÜLLER herausgegebenen Schrift "Die Kampfgefährtin" fanden im April eine Hausdurchsuchung bei den Eheleuten MÜLLER und im Juli bundesweit Hausdurchsuchungen bei Beziehern dieser Schrift statt. Diese staatliche Maßnahme wurde in der genannten Schrift als Schlag der "systemtreuen Geistesbehindertenlobby" angegriffen15. 3.8 "Bürgerund Bauerninitiative e.V." (BBI) CHRISTOPHERSEN Aktivitäten der BBI gingen weiterhin ausschließlich von ihrem betreibt Gründer und früheren langjährigen Vorsitzenden aus, dem 71 jähweiterhin rigen in Dänemark lebenden Neonationalsozialisten Thies NS-Propaganda aus Dänemark CHRISTOPHERSEN. Sie beschränkten sich auf den Vertrieb seiner Schriften sowie auf gelegentliche Vorträge und Treffen mit Gesinnungsgenossen. CHRISTOPHERSEN, gegen den seit Ende 1986 in der Bundesrepublik Deutschland ein Haftbefehl besteht, leugnet weiterhin die Morde an Juden im "Dritten Reich". Die Herausgabe und Verbreitung seiner Schriften führte erneut zu mehreren Strafverfahren gegen ihn. Enge Verbindungen unterhält er zum dänischen Neonationalsozialistenführer Poul RIIS-KNUDSEN (40), der in seinem "Nordland Forlag" in Älborg auch Schriften CHRISTOPHERSENs herausgibt. Rechtsextremistische Bestrebungen 123 m Die Bau* rnfchaft FÜR RECHT UNO GERECHTIGKEIT Mitteilung der ..Bürger und Bauern initiativ" e. V." Zum Gedanken freie Gedanken Ich bin nicht würdig, über Adorf Hitler mit lauter Stimme zu sprechen und zu irgendwelchen rührse " i n Leben und sein Wirken nicht ein. Er war ein Kampfer für die Menschheit und ein Verkünder der Botschaft vom Recht for alle Nationen. Er war eine reformetcrische Gestalt von höchstem Range, und Schickaal war, daß er in einer Zeit beispiettoser Niedertracht wirken muffle, die ihn am Ende zu Boden schlug Knut Hamsun Adolf Hitler geb. 20. 4. 1889 gest 30 4 1945 3.9 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) Wie im Vorjahr beschränkten sich die Aktivitäten der DBI auf wenige "Freundestreffen". Die nur für einen begrenzten Teilnehmerkeis zugänglichen Veranstaltungen finden regelmäßig auf dem Anwesen der Eheleute ROEDER in Schwarzenborn (SchwalmEder-Kreis) statt. Sie werden von der Vorsitzenden, Gertraud ROEDER (50), organisiert. Mit der Vierteljahresschrift "Deutscher Jahrweiser" und dem MitROEDER agitiert teilungsblatt "Deutsche Bürgerinitiative e.V. - weltweit" versucht weiter der seit 1982 wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung inhaftierte Gründer der DBI, Manfred ROEDER (60),* weiterhin, auf seine Anhängerschaft einzuwirken. Beide Schriften versuchen das NS-Regime und seine Führungspersonen zu rehabilitieren. 3.10 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) Im Juli wurde Georg Albert BOSSE (62) zum neuen Vorsitzenden DDF glorifiziert der DDF gewählt. Er löste Otto-Ernst REMER (77) ab, der als das "Dritte Reich" "Ehrenvorsitzender" weiterhin an der Spitze der von ihm 1983 gegründeten Organisation verbleibt. Auch nach dem Führungswechsel tritt die DDF im wesentlichen nur durch die Herausgabe ihres Mitteilungsblattes "Recht und Wahrheit" in. Erscheinung. In * ROEDER wurde aufgrund Beschlusses des Bundesgerichtshofes vom 15. Januar 1990 nach Verbüßung von etwas mehr als zwei Dritteln seiner 13jährigen Freiheitsstrafe am 12. Februar 1990 vorzeitig aus der Haft entlassen. 124 Rechtsextremistische Bestrebungen Beiträgen dieser Publikation, die zu Jahresbeginn noch unter der Bezeichnung "Der Bismarck-Deutsche" erschien, werden Führungspersonen des Dritten Reiches glorifiziert, NS-Verbrechen geleugnet und die deutsche Kriegsschuld bestritten. Herausgeber und für den Inhalt der Schrift verantwortlich ist BOSSE. 3.11 Sonstige neonationalsozialistische Zirkel NeonationalDurch die Strafhaft des Anführers der neonationalsozialistischen sozialistenführer "Arbeitsgemeinschaft Nationaler VerbändeA/ölkischer Bund", NAUMANN und Peter NAUMANN (37), und des Leiters des "Internationalen HilfsTAG in Strafhaft komitees für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige", Ernst TAG (43), sind die Aktivitäten beider neonationalsozialistischer Zirkel nahezu eingestellt worden. NAUMANN verbüßt seit Januar, TAG seit Februar jeweils eine viereinhalbjährige Freiheitsstrafe wegen rechtsextremistisch motivierter Delikte. Das "NSHauptquartier" TAGs in Weidenthal/Pfalz steht zum Verkauf. IM. "National-Freiheitliche"/ "Nationaldemokraten" 1. Ideologische Standorte Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) des Martin MUSSGNUG (53) und die "national-freiheitlichen" Organisationen des Dr. Gerhard FREY (56), allen voran die "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU-Liste D), bekämpfen trotz vieler Lippenbekenntnisse zur Verfassung der Bundesrepublik Deutschland weiterhin die freiheitliche demokratische Grundordnung. Ihre gleichartige ideologisch-politische Ausrichtung läuft - im Gegensatz zu der der Neonationalsozialisten - nicht zwangsläufig auf einen elitären Führerstaat nationalsozialistischer Prägung hinaus. "Nationaldemokraten" streben einen "lebensrichtigen" Staat mit einer von völkischkollektivistischen Vorstellungen bestimmten Volksgemeinschaft an, in dem die Gemeinschaftsinteressen betont Vorrang vor den Freiheitsrechten des einzelnen haben sollen. Systemvorstellungen der "National-Freiheitlichen" finden in den ständig wiederholten Agitationskampagnen und den Feindbildern der Zeitungen FREYs ihren Ausdruck. "NationalNPD und DVU-Liste D sind miteinander verbunden durch eine 1987 demokraten" und getroffene Wahlabsprache, die bis zur Bundestagswahl 1990 befri"Nationalstet ist. Deshalb verzichtete die NPD zugunsten der DVU-Liste D Freiheitliche" verbündet auf die Teilnahme an der Europawahl im Juni, während die DVUListe D zugunsten der NPD nicht an der Bundestagswahl 1990 teilnehmen wird. Die jeweils nicht antretende Partei soll mit Kandidaten auf der Liste der wahlwerbenden Partei vertreten sein und unterstützt diese im Wahlkampf. So kommen der NPD die Finanz- Rechtsextremistische Bestrebungen 125 kraft und das Propagandainstrumentarium Dr. FREYs zugute, während die DVU-Liste D bei der Europawahl aus der strafferen Organisation der NPD Nutzen ziehen konnte, die einen aktiveren Wahlkampf vor Ort ermöglichte. Auch Landtagsund Kommunalwahlen wurden wiederholt mit vereinten Kräften bestritten. 2. "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU-Liste D) 2.1 Zielsetzung Die politischen Ziele der DVU-Liste D werden in erster Linie in den Agitation der drei Wochenblättern Dr. FREYs formuliert und verbreitet. SchwerDVU-Liste D punkte der Agitation der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), des gegen Ausländer "Deutschen Anzeigers" (DA) und der "Deutschen Wochen-Zeiund "Umerziehung" tung" (DWZ) bilden die Diffamierung von Ausländern, insbesondere der Asylanten, die Herabwürdigung demokratischer Parteien und Politiker, die angebliche "Geschichtsfälschung" und "Umerziehung" der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, die innere Sicherheit und die EG-Politik. So veröffentlichten die Zeitungen neben Schlagzeilen wie: "Kommen jetzt weitere Millionen Ausländer? - Gefahr durch multikulturelle Gesellschaft"16 und "Deutschland den Ausländern? Die Folgen von Asylbetrug und Überfremdung"17 eine Artikelserie zum 50. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges, in der es u.a. heißt: Der 50. Jahrestag des Kriegsausbruchs sei von "Profis der Vergangenheitsbewältigung" dazu benutzt worden, "dem deutschen Volk erneut eine kräftige Dosis zu verpassen, damit es in den Rauschzustand von Kollektivschuld, Kollektivverantwortung, Kollektivhaftung und Kollektivscham verfällt." ("Deutsche National-Zeitung" 31/89, S. 6) Die Ereignisse in der DDR veranlaßten Dr. FREY, einen dreistufigen "Fahrplan zur Wiedervereinigung" über Vertragsgemeinschaft (sofort), Föderation (Herbst 1990) und Anschluß der DDR an die Bundesrepublik Deutschland nach Volksabstimmung (in 2 bis 3 Jahren) vorzustellen18. Dr. FREY rief zu Patenschaftsabonnements seiner Zeitungen für Deutsche in der DDR auf19. 2.2 Organisation Nach Gründung ihres Landesverbandes in Nordrhein-Westfalen im Februar besitzt die DVU-Liste D nun bundesweit Untergliederungen. Die Partei führte auch unterhalb der Landesebene ihren organisatorischen Ausbau fort. Mehrere Bezirksverbände, über 40 Kreisverbände und vereinzelte Ortsverbände ermöglichen ihr nun auch mehr Präsenz vor Ort. Auf ihrem Bundesparteitag am 4. März in Planegg (Kreis München) wurde der Bundesvorsitzende Dr. FREY in seinem Amt bestätigt. 126 Rechtsextremistische Bestrebungen "Deutsche Einheit: Jetzt handeln!" Aufruf an Bonner Politiker /S. 2,3, " Deutscher Anzeiger iSSSBKW*'"" Fre'hcttHchc Wodicmattung s a -- i * e r w *e Gefahr f7, Wiedervereinigung? '/A"r_ ^^^"-Einheit verhindert werden Verspielt Kohl die Wiedervereinigung? ^ ^ 8 ^ National-Zeitung JP*' Der Massenmord an deutschen Soldaten : l? Geheim-Dokumente enthüllen Sieger-Verbrechen ^wgfc^ *"6|fe Rechtsextremistische Bestrebungen 127 1989 konnte die DVU-Liste D ihren Mitgliederbestand mehr als verMitgliederzahl vierfachen. Die Partei hat nun rund 25.000 Mitglieder (1988: 6.000). der DVU-Liste D Dr. FREY behauptet, es seien noch mehr. Der Zuwachs hat im vervierfacht wesentlichen zwei Gründe: - Die "Deutsche Volksunion e.V." änderte im Dezember 1988 ihre Satzung insoweit, als alle Mitglieder über 16 Jahre gleichzeitig Mitglied der DVU-Liste D sind, sofern sie nicht ausdrücklich widersprechen. Damit konnte FREY die große Mehrheit der über 12.000 Mitglieder der DVU e.V. in die neue Partei überführen. - Darüber hinaus haben die werbewirksamen Maßnahmen der DVU-Liste D im Europawahlkampf, insbesondere die bundesweiten Postwurfsendungen, dazu beigetragen, daß mehrere Tausend neue Mitglieder sich der Partei anschlossen. 2.3 Finanzen Nach eigenen Angaben investierte Dr. FREY 18 Millionen DM in Gewaltiger den Europawahlkampf. Die Partei hat jedoch lediglich rund 3,7 MilAufwand für den lionen DM aufgrund des bei der Europawahl erzielten Ergebnisses Europawahlkampf als Wahlkampfkostenerstattung zu erwarten. Das Defizit'dürfte die zukünftigen politischen Aktivitäten erschweren. Schon während des Wahlkampfes und auch nach der Wahl rief Dr. FREY seine Anhänger in noch stärkerem Maße als bisher in seinen Zeitschriften und in persönlich gefaßten Schreiben zu Spenden auf. 2.4 Teilnahme an Wahlen Die Aktivitäten der DVU-Liste D standen ganz im Zeichen des Europawahlkampfes, den sie mit Unterstützung der NPD bestritt. Das erklärte Ziel war der Einzug in das Europaparlament. Mit zahlreichen spektakulären Aktionen versuchte Dr. FREY, dieses Ziel zu erreichen. Mit Millionenaufwand verschickte er im Januar und Mai an jeweils 28 Millionen Haushalte Postwurfsendungen, um die DVU-Liste D bekannt zu machen und neue Mitglieder und Abonnenten zu gewinnen. Daneben übersandte Dr. FREY Informationsund Propagandamaterial an bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Apotheker, Landwirte und Winzer, Taxifahrer und Seeleute. An die Aussiedler wandte er sich in einem "Aussiedlerbrief". Die Geburtsjahrgänge 1900 - 1930 schrieb Dr. FREY ebenfalls bundesweit an. Vom März bis Juni veranstaltete die DVU-Liste D mehrere hundert Wahlkundgebungen, darunter zahlreiche Großveranstaltungen mit Dr. FREY als Hauptredner. Viele Veranstaltungen waren von Störungen bzw. gewalttätigen Ausschreitungen politischer Gegner begleitet. Die DVU-Liste D erzielte bei der Europawahl am 18. Juni 444.921 Fiasko der Stimmen = 1,6 %. Damit verfehlte sie ihr Wahlziel eindeutig. DVU-Liste D bei Gegenüber seinen enttäuschten Anhängern machte Dr. FREY vor der Europawahl allem die Medien für das schlechte Abschneiden der DVU-Liste D verantwortlich. Diese hätten die "Republikaner" hochgejubelt und die DVU-Liste D totgeschwiegen. 128 Rechtsextremistische Bestrebungen An den zeitgleich mit der Europawahl bzw. später durchgeführten Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz, im Saarland, in NordrheinWestfalen und in Baden-Württemberg nahm die DVU-Liste D nur ganz vereinzelt und ohne großen Aufwand teil. Dabei erzielte sie Stimmenanteile bis zu 1,6 %. Ausnahmen bildeten die Ergebnisse in zwei Landkreisen bei den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, wo die Partei über 3 % der Stimmen bekam. 3. "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) DVU e.V. nahezu Diese Vorläuferorganisation der Partei fristet nach der Überführung inaktiv der Mitgliedschaften in die DVU-Liste D nur noch ein Schattendasein. Sie trat 1989 neben der Partei als eigenständige Organisation kaum mehr hervor. Ihr sind sechs Aktionsgemeinschaften angegliedert, von denen die "Aktion deutsche Einheit" (AKON) aufgrund der politischen Entwicklung in Mittelund Osteuropa wieder etwas mehr in den Vordergrund getreten ist. 4. "National-Freiheitliche" Verlage Die "Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" (DSZ-Verlag) und die "Freiheitliche Buchund Zeitschriftenverlag GmbH" (FZ-Verlag) gaben wie in den letzten Jahren eine Reihe von "Enthüllungsbüchern" heraus, wie u. a. "Deutschland stirbt nicht", "Lexikon der Skandale" und "Verheimlichte Dokumente". Darüber hinaus bieten die Verlage Medaillen, Anstecknadeln, Landkarten, Schallplatten sowie Videos mit übermäßiger Betonung des Deutschtums bis hin zu nationalsozialistischem Bezug an. 5. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 5.1 Zielsetzung Im Berichtsjahr trat das Aufbegehren der innerparteilichen Opposition gegen die Zusammenarbeit der NPD mit der DVU-Liste D in den Hintergrund. Stattdessen war die Partei vorrangig mit ihrer Selbstbehauptung gegenüber den "Republikanern" beschäftigt. NPD versucht, Auf dem Bundesparteitag in Rhaden (Kreis Minden-Lübbecke) im sich gegen die Februar bekräftigten die Delegierten mit großer Mehrheit das "Republikaner" zu Wahlbündnis mit der DVU-Liste D. Die Partei unterstützte die DVUbehaupten Liste D im Europawahlkampf. Nach dem enttäuschenden Wahlausgang breitete sich unter den NPD-Mitgliedern tiefe Resignation aus. Die Partei unternahm verstärkte Anstrengungen, einer Abwanderung zu den "Republikanern" entgegenzuwirken. Sie rief zur Treue auf und versuchte zugleich, ihre Mitglieder für den Bundestagswahlkampf 1990 zu mobilisieren. Die Vorsitzenden der NPD Rechtsextremistische Bestrebungen 129 und der DVU-Liste D forderten ihre Mitglieder auf, alles zu tun, um diejenigen, die bei der Europawahl die "Republikaner" gewählt hätten, für das Wahlbündnis der "authentischen Rechten" zu gewinnen. Die Partei berief eine Strategiekommission und stellte ihre deutschland-, wirtschaftsund gesellschaftspolitischen Ziele in einem Flugblatt dar. Weitere Pläne zielen darauf ab, die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu lenken. Die NPD bot den "Republikanern" Zusammenarbeit an, was deren Vorsitzender Franz SCHÖNHUBER allerdings ablehnte. Die NPD bestätigte auch 1989 durch ihre Agitation die in dem NPD verfolgt Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November weiter verfas1987 (1 WB 105/86) getroffene Feststellung, daß ihre politischen sungsfeindliche iee Zielsetzungen mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar sind. Die NPD agitierte in ihren Propagandaschriften, zu denen maßgeblich die Parteizeitung "Deutsche Stimme" zählt, gegen Ausländer und Asylanten. Sie verleumdete systematisch Repräsentanten und Institutionen der freiheitlichen Demokratie. Nach Meinung der "Nationaldemokraten" ist "wohl selten ... ein Volk so an der Nase herumgeführt worden, wie wir in der letzten Zeit. Immer mehr Menschen sehen, daß sich die bundesdeutsche Politik kaum noch an normalen Maßstäben orientiert". ("Forum", Ausgabe Mai) Und: "Alles deutet darauf hin, daß das 20. Jahrhundert nicht im Zeichen einer naturgesetzwidrigen 'Integration', sondern unter 130 Rechtsextremistische Bestrebungen dem Vorzeichen der Wiedergeburt bisher fremdbestimmter Nationen steht." ("Neuer politischer Dienst", Ausgabe 1/89) Fluchtwelle und kein Ende? DEUTSCHE m STIMME 14. Jahrgang Nr. "Saptambar 1MS Auflag* 238000 *************** Deutschlands ..Alleinschuld" I -eine Luge! D " erste September die*" Jahr" in der 5". Jahmtaf dea soll * r.jer.. --hi , " , clu des Zweiten Weltkrieg". Die VerfaafMBeii.-,3**llti"""*** ^ ^ I l i r J I i ! ! *SeSHBS NPD bemüht sich Angesichts der grundlegenden politischen Veränderungen in der um Kontakte zur DDR startete die NPD im November eine Aktion "VolksabstimNDPD der DDR mung - Wiedervereinigung", für die sie mit Demonstrationen und Propagandamittelverteilung auch unter DDR-Bürgern werben will. Die "Nationaldemokraten" haben einen Stufenplan vorgestellt, der eine Konföderation unter einer "Deutschen Nationalversammlung" vorsieht, die die Wiedervereinigung vorbereiten soll20. Die Partei sieht die "National-Demokratische Partei Deutschlands" (NDPD) der DDR als ihren Gesprächsund Aktionspartner an und bemüht sich um entsprechende Kontakte. 5.2 Organisation Mitgliederzahl Der Mitgliederbestand der NPD nahm 1989 kräftiger zu als in den nimmt zu letzten beiden Jahren. Er stieg von ca. 6.400 auf etwa 7.000. In Zukunft will sich die NPD auch verstärkt der Mitgliederwerbung widmen. Ihre Zielgruppen sind insbesondere "sozial Benachteiligte", Jugendliche, Ausund Übersiedler und Wähler der "Republikaner". 5.3 Finanzen Da die NPD zugunsten der DVU-Liste D auf die Teilnahme an der Europawahl verzichtet hatte, mußte sie die hierfür gewährten Rechtsextremistische Bestrebungen 131 Wahlkampfkostenvorauszahlungen zurückerstatten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelang es ihr, mit Hilfe der Landesverbände diese Verbindlichkeit bis Ende September abzudecken. Hierbei wurden der Chancenausgleich, der der Partei für die Bundestagswahl 1987 zustand, und ein Abschlag auf die Wahlkampf kostenvorauszahlung für die Bundestagswahl 1990 verrechnet, so daß diese Finanzquellen für die Bestreitung des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 1990 ausfallen. Allerdings hat die DVU-Liste D der NPD aufgrund einer zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung noch 1 Million DM Kostenersatz für deren Verzicht auf die Teilnahme an der Europawahl zu erstatten. 5.4 Teilnahme an Wahlen Die NPD kandidierte bei allen Wahlen des Jahres 1989 außer bei der Europawahl und der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus, an der sie aufgrund eines Verbots der Alliierten Kommandantur nicht teilnehmen durfte. An Kommunalwahlen nahm sie in ausgewählten Kreisen und Gemeinden teil. Bei der Kommunalwahl in Hessen am 12. März erzielte sie punktuPunktuelle Erfolge elle Erfolge. Wahlkampfschwerpunkt der Partei war Frankfurt am bei Main, wo mit 6,6 % der Stimmen allein sieben der landesweit 29 Kommunalwahlen errungenen Mandate auf sie entfielen. Bei den Kommunalwahlen im Saarland am 18. Juni erzielte die NPD Stimmenanteile von 0,6 % bis zu 6,2 %. Hier wie bei den am selben Tage stattfindenden Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz erreichte die NPD jedoch keine Mandate. In Rheinland-Pfalz hatte die Partei nur im Kreis Südliche Weinstraße kandidiert. Sie bekam 4 % der Stimmen. Ferner nahm die NPD an den Wahlen zu einigen Kommunalparlamenten in Nordrhein-Westfalen am 1. Oktober teil. Außer in Wuppertal, wo sie einen "Schwerpunktwahlkampf" geführt hatte und mit 3,2 % der Stimmen abschnitt, erzielte sie fast nur Ergebnisse unter 1 %. Schließlich stellte sich die Partei bei den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 22. Oktober den Wählern. Hier konnte sie die herausragendsten Ergebnisse in Tuttlingen (9,3 %) und Villingen-Schwenningen (4,79 %) erzielen. In diesen Orten hatten mit dem Parteivorsitzenden MUSSGNUG (53) bzw. dem Landesvorsitzenden Jürgen SCHÜTZINGER (36) bekannte Parteifunktionäre kandidiert. Obwohl die Partei den Wahlkampf in der Landeshauptstadt Stuttgart zum landesweiten Schwerpunkt erklärt hatte, stimmten dort nur 0,8 % der Wähler für sie. Bundesweit ist die NPD in Kommunalparlamenten nunmehr mit 48 Mandaten vertreten. 132 Rechtsextremistische Bestrebungen 6. "Junge Nationaldemokraten" (JN) Mitgliederzuwachs Die JN konnten die Anzahl ihrer Mitglieder von 800 auf 900 steiauch bei den gern. Im Juli wählte die Jugendorganisation der NPD auf ihrem "Jungen NationalBundeskongreß in Herne Thilo KABUS (23), den ehemaligen Landemokraten" desvorsitzenden von Berlin, zu ihrem neuen Bundesvorsitzenden. Er bekundete die Absicht, eine allumfassende Reformpolitik einzuleiten und mehr und bessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Obwohl die JN nach wie vor mehrheitlich in Opposition zum Wahlbündnis der NPD mit der DVU-Liste D stehen, unterstützten sie das Bündnis wohl mit der pragmatischen Erwägung, sich die finanziellen Möglichkeiten Dr. FREYs für ihre politischen Ziele zunutze zu machen. IV. Sonstige rechtsextremistische Gruppen Bei den rund drei Dutzend sonstigen rechtsextremistischen Gruppen handelt es sich um kleinere Zusammenschlüsse von geringer Bedeutung. Nennenswert ist die "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP). GFP bleibt Sie ist mit mehreren hundert Mitgliedern nach wie vor die größte stärkste rechtsrechtsextremistische Kulturvereinigung. Sie führte auch 1989 zahlextremistische reiche Vortragsveranstaltungen durch mit bekannten RechtsextreKulturvereinigung misten wie Dr. Rolf KOSIEK (55), dem ehemaligen "Chef-Ideologen" der NPD, und Rechtsanwalt Jürgen RIEGER (43), dem Vorsitzenden der rechtsextremistischen "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung" (GfbAEV). Auf dem Jahreskongreß der GFP im Oktober in Planegg bei München traten u. a. der frühere Vorsitzende der NPD, Adolf von THADDEN (68), und der ehemalige NPD-Funktionär Günter DECKERT (49) als Redner auf. V. Jugendgruppen 1. Überblick Mitgliederzahl 1989 waren 7 rechtsextremistische Jugendund Studentengruprechtsextremistipen bekannt. Ihre Mitgliederzahl stieg von 1.400 im Jahre 1988 auf scher Jugendetwa 1.500. Neben den "Jungen Nationaldemokraten" (JN), der gruppen nimmt zu Parteijugend der NPD, ist die "Wiking-Jugend" von einer gewissen politischen Bedeutung. Die Führer dieser Jugendgruppen sind überzeugte Rechtsextremisten. Dies gilt jedoch - von den JN abgesehen - nicht für alle Mit- Rechtsextremistische Bestrebungen 133 glieder. Jugendliche dürften sich oft weniger von der rechtsextremistischen Ideologie und Propaganda dieser Gruppen als vielmehr von der erwarteten Kameradschaft, den Sportund Freizeitangeboten sowie der Zeltund Lagerfeuerromantik angezogen fühlen. Die Führer setzen dies bewußt ein, um Halbwüchsige als Mitglieder zu gewinnen, die sie dann politisch indoktrinieren können. 2. Rechtsextremistische Randgruppen Etwa 250 der rund 2.500 in der Bundesrepublik Deutschland leben10 % der den Skinheads können - wie im Vorjahr - zum politischen GewaltSkinheads zählen potential des deutschen Rechtsextremismus gezählt werden. Sie zum rechtssind bereit, sich für ihre politischen, gelegentlich auch rein provokaextremistischen Gewaltpotential tiven Ziele mit Gewalt einzusetzen. Extremistische Motive dürften der Tötung eines Stadtstreichers im Juli durch zwei in die örtliche rechtsextremistische Szene in Gelsenkirchen eingebundene Skinheads zu Grunde liegen (vgl. Kap. IX, Nr. 2). In der Nacht zum 10. September kam es in Hannover zu Schlägereien zwischen Skinheads und Türken, in deren Verlauf die ersteren mit Stahlruten und Schlagstöcken auch auf Unbeteiligte einschlugen sowie mit Messern auf sie einstachen. Einer der Angegriffenen mußte nach einem Messerstich in den Rücken in ein Krankenhaus eingeliefert werden (vgl. Kap. IX, Nr. 2). 3. "Wiking-Jugend e.V." (WJ) Die WJ ist eine nach dem Führerprinzip geleitete, einer "Nordlandideologie" anhängende Jugendorganisation mit rund 400 MitglieNÖRDL KN Dl SC H I 134 Rechtsextremistische Bestrebungen dem. Sie empfindet sich in der Tradition der ehemaligen "HitlerJugend". In dem Publikationsorgan der WJ, dem "Wikinger", wird Hitler als einer "der größten Männer, welche die Weltgeschichte aufzuweisen hat" sowie als "Heiliger" glorifiziert21. "Wiking-Jugend" Auch 1989 arbeitete die WJ eng mit der neonationalsozialistischen weiter Hand in FAP zusammen. Zugleich verfestigte sich der neonationalsozialistiHand mit Neosche Kurs der WJ. nazis Ihre Führungsmannschaft nimmt mehr und mehr den Charakter eines neonationalsozialistischen Kaderzirkels an. Auf dem Sonderparteitag der FAP am 13. Mai in Eversen (Kreis Celle) betonte der Bundesführer der WJ, Wolfgang NAHRATH (60), die Gemeinsamkeiten des politischen Auftrages beider Organisationen. Vom 11. bis 16. Mai führte die WJ in Hetendorf (Kreis Celle) ihre "35. Tage Volkstreuer Jugend" durch. Unter den rund 200 Teilnehmern befanden sich erneut zahlreiche FAP-Aktivisten. Sie bildeten den "Sicherungsdienst" des Lagers. Zum Jahreswechsel 1989/1990 trafen sich WJund FAP-Aktivisten - wie seit Jahren - wiederum im hessisch-bayerischen Bereich der innerdeutschen Grenze. 50 von ihnen wurden vorübergehend festgenommen, als sie sich anschickten, trotz bestehenden Versammlungsverbotes Mahnfeuer am Grenzzaun abzubrennen. VI. Rechtsextremistische Verlage, Vertriebsdienste und Computerspiele Die organisationsunabhängigen rechtsextremistischen Verlage und Vertriebsdienste gaben auch 1989 beträchtliche Mengen rechtsextremistischer Druckerzeugnisse heraus. 1. Zeitungsund Schriftenverlage Die Zahl der organisationsungebundenen Zeitungsund Schriftenverlage ging von 16 auf 13 zurück. Die Themen ihrer Veröffentlichungen haben sich kaum verändert. Neben dem Bestreiten der deutschen Kriegsschuld wurden weiterhin HITLER sowie sein Stellvertreter HESS verherrlicht. Außerdem wurde die These der sogenannten Revisionisten, daß es in den Konzentrationslagern keine Vergasungen gegeben habe und die Massenvernichtung von Menschen, besonders Juden, während des Nationalsozialismus eine Erfindung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges sei, weiterverbreitet. Ausländerfeindliche und antisemitische Inhalte waren auch in diesem Jahr charakteristisch für eine Vielzahl veröffentlichter Artikel. 2. Buchverlage und Vertriebsdienste Die Zahl der organisationsungebundenen Buchverlage und Vertriebsdienste ging von 24 auf 22 zurück. Rechtsextremistische Bestrebungen 135 3. Computerspiele Die im Vorjahr festgestellte Verbreitung von Computerdisketten mit Verbreitung oft primitiven rassistischen, ausländerfeindlichen und dem Führerrechtsextremikult huldigenden Spielen setzte sich fort. Die Anzahl der von der stischer Bundesprüfstelle indizierten "Spiele" dieser Art ist inzwischen auf Computerspiele hält an 16 gestiegen. Einige wurden bundesweit beschlagnahmt, darunter die Titel "Anti-Neger-Test", "Anti-Türken-Test" und die "HitlerShow". Die Nachforschungen nach den Herstellern und den Vertreibern dieser Machwerke stoßen nach wie vor auf große Schwierigkeiten. Nach dem vorliegenden Erkenntnisstand wird solches Material zumeist unter der Hand zwischen Jugendlichen weitergegeben und von Jugendlichen, die über entsprechende technische Ausstattung verfügen, kopiert. VII. Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 1. "Revisionisten" Im internationalen Rechtsextremismus trat 1989 ein Personenkreis "Revisionisten" besonders hervor: die sogenannten Revisionisten, die beweisen leugnen Holocaust wollen, daß es die Massenvernichtung von Menschen, besonders von Juden, während des Nationalsozialismus (Holocaust) nicht gegeben habe. Zu den Vertretern dieser Auffassung gehören u. a. - der umstrittene englische Schriftsteller David IRVING (51), - Thies CHRISTOPHERSEN (71) ("Die Bauernschaft"), - Ernst ZÜNDEL (50) und - die Österreicher Walter OCHENSBERGER (48) ("Sieg") und - GERD HONSIK (48) ("Freispruch für Hitler?"). Der internationale Neonationalsozialistenzirkel "Europäische Neuordnung" (ENO) mit Sitz in Lausanne, der sich als Verteidiger der "arischen Rassengemeinschaft"22 versteht, wandte sich im März in Lyon in einer Resolution gegen den "Mythos der sechs Millionen und der Gaskammern". Dieser Mythos solle nicht nur finanziell, sondern auch politisch und psychologisch als Mittel zu einer "weltweiten Erpressung" benutzt werden 23 . 2. Veranstaltungen zum 100. Geburtstag HITLERs Die Zahl und der Umfang der Veranstaltungen im europäischen HITLERAusland zum 100. Geburtstag HITLERs am 20. April 1989 blieben Geburtstagsfeier weit hinter den Erwartungen zurück, die die Gründung des "Komiin Madrid tees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers" (KAH) fünf Jahre zuvor in Neonationalsozialistenkreisen geweckt hatte. Die einzige größere Kundgebung fand mit 200 bis 300 Teilnehmern am 23. April in Madrid statt. Der Präsident der 136 Rechtsextremistische Bestrebungen spanischen Neonationalsozialisten-Gruppe "Circulo Espanol de Amigos de Europa" (CEDADE), Pedro VARELA GEISS (32), und CHRISTOPHERSEN hielten Lobreden auf HITLER. 3. Propagandamaterial aus dem Ausland NS-PropagandaHauptproduzent des NS-Propagandamaterials, das aus dem Ausmaterial aus den land in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust wird, ist der USA amerikanische Staatsbürger Gary Rex LAUCK (36). Er bezeichnet sich als "Propagandaleiter" der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) und gibt als Kontaktadresse ein Postfach in Lincoln in Nebraska an. Er verlegt und verbreitet die Zeitschrift "NS Kampfruf" und große Mengen an Plakaten, Flugblättern und Aufklebern mit Hakenkreuzen und NS-Parolen. Dies unterliegt in den USA keinen strafrechtlichen Sanktionen (vgl. Kap. II, Nr. 3.6). 4. Internationale Treffen Außer den genannten Treffen in Lyon und Madrid sind noch folgende Begegnungen zwischen deutschen und ausländischen Rechtsextremisten im Jahre 1989 erwähnenswert: RechtsextremiDie Großkundgebung der DVU - Liste D am 27. Mai in Passau, an stentreffen in der wie in den Vorjahren viele Österreicher teilnahmen, und die Niederbayern und Rechtsextremistentreffen am Rande der Yser-Wallfahrt am 26. und Westflandern 27. August bei Diksmuide in Westflandern. Die Zahl der Teilnehmer an den letztgenannten Treffen geht infolge des scharfen Durchgrei*fens der belgischen Gendarmerie immer mehr zurück. 1984 waren es noch fast tausend, diesmal nur noch wenige hundert Teilnehmer. VIII. Deutscher rechtsextremistischer Terrorismus* 1. Anschläge 1989 wurden 12 Brandanschläge** (1988: 12) bekannt, bei denen eine rechtsextremistische Motivation angenommen werden kann oder wahrscheinlich ist. Dafür sprechen die Begleitumstände, vor allem aber die Auswahl der Zielobjekte: - Am 4. Januar legten unbekannte Täter einen Brand in der Garage des Pfarrers der evangelischen Kirchengemeinde Bochum- * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. ** Von diesen 12 Brandanschlägen ordnet die Polizei 6 dem Bereich des Rechtsextremismus zu. Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz abweichende Angabe hängt mit dem unterschiedlichen Erfassungszeitraum und den unterschiedlichen Erfassungsmodalitäten zusammen. Rechtsextremistische Bestrebungen 137 Langendreer. Ein Pkw und der Garageninnenraum brannten aus. Der Sachschaden beträgt ca. 40.000 DM. An der Außenfassade der Garage wurden drei Hakenkreuze festgestellt. - In der Nacht zum 5. Februar verübten in Berlin (West) zwei junge Männer einen Brandanschlag auf einen mit dem Schriftzug "SJD-DIE FALKEN" versehenen Kleintransporter. Bei den Tätern wurden Aufkleber der FAP gefunden. - In der Nacht zum 29. März zündeten unbekannte Täter im Eingangsbereich zu einem als Asylantenunterkunft vorgesehenen Hotel in Hofkirchen (Kreis Passau) einen Brandsatz. An der Außenfassade des Hotels waren Hakenkreuze und die Aufschrift "Keine Asylanten" angebracht. - Am 7. Mai setzten in Augsburg unbekannte Täter einen PKW eines jüdischen Mitbürgers in Brand. Durch das Feuer wurden auch Einrichtungen des Parkhauses beschädigt. Der Sachschaden beläuft sich auf ca. 35.000 DM. In der Nähe des Brandherdes sprühten die Täter auf eine Betonwand die Parole "Juda verrecke" sowie zwei SS-Runen. Bereits am Tage zuvor hatte der Fahrzeughalter an seinem Fahrzeug ein Blatt mit antisemitischem Text vorgefunden. Außerdem wurden 1989 den Sicherheitsbehörden noch 41 (1988: 27) weitere Anschläge bekannt, bei denen angesichts der Tatausführung bzw. der Anschlagsziele rassistische Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus bzw. "Haß auf Linke" zumindest mitursächlich gewesen sein können. Dabei entstanden Sachschäden in Höhe von mehreren 100.000 DM. 2. Justizmaßnahmen Die Staatsanwaltschaft Amberg hat am 11. Oktober bei dem dortigen Landgericht Anklage gegen einen 20jährigen Neonationalsozialisten wegen besonders schwerer Brandstiftung erhoben. Er ist verdächtig, am 17. Dezember 1988 einen Brandanschlag auf ein überwiegend von Ausländern bewohntes Haus in Schwandorf verübt zu haben. Dabei waren eine dreiköpfige türkische Familie und ein Deutscher ums Leben gekommen. Das Oberlandesgericht Bamberg hat - unter Aufhebung einer EntHOFFMANN Scheidung des Landgerichts Bayreuth - am 14. Juli beschlossen, freigelassen die Vollstreckung des letzten Drittels der gegen den ehemaligen Leiter der 1980 verbotenen neonationalsozialistischen "Wehrsportgruppe HOFFMANN", Karl-Heinz HOFFMANN (52), verhängten 9 1/2jährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. HOFFMANN - so das Gericht - habe sich von seinen früheren Absichten losgesagt. HOFFMANN erklärte später im Fernsehen24, es sei völlig falsch zu behaupten, er habe seine Gesinnung geändert. Lediglich seine Interessenlage habe sich geändert. 138 Rechtsextremistische Bestrebungen IX. Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug 1. Überblick Zahl der Gesetzes1989 wurden 1853 Gesetzesverletzungen* mit rechtsextremistiverletzungen schem Bezug (1988: 1607) erfaßt, davon 103 Gewaltakte (1988: nimmt zu 73). Sie gliedern sich w i e folgt: 1988 1989 Tötungsdelikte 0 1 Brandanschläge 12** 12 Körperverletzungen 36 52 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung 25* 38 Gewalttaten insgesamt 73 103 Gewaltandrohungen 83 102 Propagandadelikte, die den Tatbestand der SSSS 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a Strafgesetzbuch erfüllen (u. a.] Schmier-, Klebe, Plakat-, Flugblattaktionen) 1222 1483 Sonstige Gesetzesverletzungen 229 165 Insgesamt 1607 1853 * Gesetzesverletzungen in dem hier verstandenen Sinne sind Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, z. B. Terrorakte, Gewaltandrohungen, der unberechtigte Besitz von Waffen, Munition und Sprengstoff, das Verbreiten von Propagandamitteln und das Verwenden von Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen sowie Beleidigungen und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener im Zusammenhang mit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten gem. den SSSS 86 Abs. 1 Nr. 4, 86 a, 185 ff i.V.m. 194 Abs. 1 und 2 Strafgesetzbuch. Dabei wurde - wie in den Vorjahren - jede Gesetzesverletzung nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand, mehrere Straftatbestände erfüllte, mehrere Handlungen umfaßte oder von mehreren Tätern gemeinschaftlich begangen wurde. Ein Vergleich der Gesamtzahl mit der Zahl der Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Bezug ist nur teilweise möglich, weil den vorgenannten Strafvorschriften, die sich gegen die nationalsozialistische Propaganda wenden, keine vergleichbaren Strafvorschriften im Bereich des Linksextremismus entsprechen. Anders als bei der "Polizeilichen Kriminalstatistik - Staatsschutzdelikte" (PKS-S) beziehen sich die Zahlenangaben - ungeachtet des Standes der Ermittlungsverfahren - auf den Tatzeitpunkt im Kalenderjahr. ** Davon ein besonders schwerer Fall mit 4 Todesopfern. **1988 wurden lediglich die Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung gezählt. Rechtsextremistische Bestrebungen 139 2. Gewalttaten Über die im Überblick genannten 12 Brandanschläge wird im Vorkapitel VIII, Nr. 1, berichtet. 1989 kam es zu einem Tötungsdelikt mit rechtsextremistischem Bezug. Am Morgen des 27. Juli wurde in Gelsenkirchen-Erle ein 59jähriger, dem Stadtstreichermilieu zuzurechnender Mann mit schwersten Kopfund Brustverletzungen aufgefunden. Er verstarb kurze Zeit später. Als Tatverdächtige wurden zwei 19 und 20 Jahre alte Brüder aus dem gleichen Ortsteil ermittelt, die zur SkinheadSzene gehörten und in der örtlichen rechtsextremistischen Szene eingebunden waren. Einer der Täter ist geständig. Von 52 1989 festgestellten Körperverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug richteten sich 19 gegen Asylbewerber bzw. sonstige Ausländer und ebenso viele gegen politische Gegner. Beispiele: - So drangen am Abend des 10. Februar in Witten etwa ein Dutzend Anhänger der FAP gewaltsam in ein überwiegend von Angehörigen der Punker-Szene bewohntes Haus ein. Es kam zu Gewalttätigkeiten zwischen den mit Kanthölzern und Reizgassprühgeräten ausgerüsteten Neonationalsozialisten und den Hausbewohnern, in deren Verlauf der stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der FAP, Christian S. (28), mit einer Gaspistole auf einen Gegner schoß. Bei dem Überfall wurden ein Hausbewohner und ein Neonazi verletzt. - Am 10. April störten ca. 30 Angehörige der rechtsextremistischen Szene in der Aula der Universität Lüneburg eine unter dem Motto "Darf Faschismus wählbar sein?" durchgeführte Veranstaltung der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes". Es kam zu Handgreiflichkeiten, in deren Verlauf die Störer auf die Veranstaltungsteilnehmer einschlugen und 6 von ihnen verletzten. - Am 6. Mai fuhr ein FAP-Mitglied in Nörten-Hardenberg (Kreis Northeim) mit seinem PKW gezielt auf einen libanesischen Asylbewerber zu, der sich auf dem Gehweg befand. Der Asylant konnte nur durch einen Sprung zur Seite verhindern, daß er von dem PKW erfaßt wurde. Einer der anderen Insassen des Fahrzeugs sprühte dem Libanesen anschließend Tränengas ins Gesicht. - Am 17. August griffen in Bielefeld Skinheads und Gleichgesinnte eine Gruppe von Punkern an und schlugen mit Schlagwerkzeugen auf sie ein. Vier Punker wurden mit z.T. erheblichen Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. 140 Rechtsextremistische Bestrebungen - Am 15. Oktober verletzte ein 26jähriger Mann in Essen einen Türken mit einer Gaspistole. In seiner Wohnung wurden eine Bombe, selbstgebaute Waffen, Munitionsteile, Chemikalien, ein Stahlhelm mit Hakenkreuz und ein Aufkleber einer rechtsextremistischen Organisation sichergestellt. Die 38 Sachbeschädigungen verübten Rechtsextremisten überwiegend gegen Objekte von Ausländern (18 Fälle). Unter den Angriffszielen waren auch jüdische Gedenkstätten sowie Einrichtungen politischer Gegner. Auch 1989 kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linken bzw. Linksextremisten einerseits und Rechtsextremisten andererseits. 3. Gewaltandrohungen Von den 102 im Berichtsjahr bekanntgewordenen Gewaltandrohungen richteten sich 59 (57,8 %, 1988: 38,5 %) gegen ausländische Personen bzw. Objekte. In 16 Fällen (15,7 %, 1988: 30 %) waren die Drohungen begleitet von Beleidigungen und Verunglimpfungen jüdischer Personen. 4. Sonstige Gesetzesverletzungen Von den 1.648 (1988: 1.451) Gesetzesverletzungen ohne Gewaltbezüge waren 1.021 (61,9 %) Schmier-, Klebe-, Plakataktionen nach den SSSS 86 Abs. 1 Nr. 4, 86 a Strafgesetzbuch. 5. Beweggründe/Zielrichtungen 267 (1988: 314) Gesetzesverletzungen (14,4 %, 1988: 19,5 %) hatten antisemitischen Charakter. Bei 36 (1988: 36) der insgesamt 56 (1988: 62) bekanntgewordenen Schändungen jüdischer Friedhöfe und Einrichtungen liegen Hinweise auf eine rechtsextremistische Motivation vor. 516 (1988: 371) Gesetzesverletzungen (27,8 %, 1988: 23 %) waren durch eine ausländerfeindliche Motivation gekennzeichnet. Im April ereigneten sich die mit Abstand meisten Gesetzesverletzungen des Jahres (332). 141 hatten einen konkreten Bezug zum 100. Geburtstag HITLERs am 20. April. Die meisten dieser Gesetzesverletzungen erfolgten in Berlin (West) und Nordrhein-Westfalen. Rechtsextremistische Bestrebungen 141 X. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten 1. Verurteilungen Eine Gliederung der Verurteilungen nach dem Strafmaß ergibt folgendes Bild (in Klammern die Zahlen des Vorjahres): 4 (19) Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr, davon 2 (5) ohne Bewährung; 45 (38) Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, davon 22 (2) ohne Bewährung; 20 (47) Geldstrafen; 12 (39) sonstige, wie Verwarnungen mit Strafvorbehalt, Geldbußen, Arbeitsauflagen, Arreste. Von den insgesamt 81 (143) im Jahre 1989 ergangenen Verurteilungen wurden 40 (56) in diesem Jahr auch rechtskräftig. 2. Anklagen 1989 wurde gegen 73 (1988: 194) Personen Anklage erhoben. 3. Veranstaltungsverbote Im Vergleich zu den letzten Jahren haben die Ordnungsbehörden 1989 erheblich mehr Veranstaltungen der Rechtsextremisten verboten*. Von den insgesamt 62 Verbotsmaßnahmen betrafen 36 die DVU - Liste D und 13 die NPD. Eine Reihe von Verboten wurde durch die Verwaltungsgerichte aufgehoben. * Hierbei wurde nicht unterschieden, aus welchen ordnungsbehördlichen Gesichtspunkten heraus das Verbot ausgesprochen wurde. 142 Rechtsextremistische Bestrebungen XI. Dokumentation 1. "FAP-Intern" 1/89, S. 8 2. "FAP-Intern" 1/89, S. 6 3. "FAP-Intern" 1/89, S. 7 4. "FAP-Intern" 1/89, S. 8 5. "FAP-Intern" 2/89, S. 6 6. Programm der "Nationalen Liste" 7. Programm der "Deutschen Alternative" 8. "Die Neue Front" - KÜHNENGruppe, 65/89, S. 14 9. Grundsatzprogramm, Ziff. 5 und 6 10. Grundsatzprogramm, Ziff. 7 und 2 11. Aktionsprogramm, Ziff. 2 12. Grundsatzprogramm, Ziff. 3 und 2 13. Flugblätter 14. Flugblätter 15. "Die Kampfgefährtin" 46/47, S. 15 16. "Deutsche Wochen-Zeitung" 20/89, S. 1 17. "Deutsche National-Zeitung" 25/89, S. 1 18. "Deutsche National-Zeitung" 49/89, S. 3 19. "Deutsche National-Zeitung" 52/89, S. 3 20. "Deutsche Stimme" 1/90, S. 2 21. "Wikinger" 2/89, S. 3 22. "Courrier du Continent" 302, S. 10 23. "Courrier du Continent" 302, S. 9 24. SAT1 vom 24. Juli 1989 Rechtsextremistische Bestrebungen 143 XII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen 1989 (1988) - z. T. geschätzt) 1. Neonazistische Gruppen Bürgerund Bauerninitiative e. V. 100 (100) (BBI) - HannoverDeutsche Alternative (DA) 80 - Bremen - Deutsche Bürgerinitiative e. V. 120 (120) Der Fackelträger (DBI) - unregelmäßig -; - Schwarzenborn/ Deutsche Bürgerinitiative e. V. - Schwalm-Eder-Kreis - weltweit -zweimonatlich -; Deutscher Jahrweiser -vierteljährlich - (zusammen mehrere Tausend) Die Deutsche Freiheitsüber (über "Recht und Wahrheit" bewegung e. V. (DDF) 100 100) -monatlich - - Bad Bocklet - (mehrere Tausend) Freiheitliche Deutsche 330 (450) Der Volksgenosse Arbeiterpartei (FAP) - monatlich - - Stuttgart - (mehrere Hundert); Deutscher Standpunkt - monatlich - (mehrere Tausend) FAP-Intern - monatlich - (700) Gesinnungsgemeinschaft der 130 (200) "Die Neue Front" Neuen Front, auch: - monatlich - -Antizionistische Aktion (400) - Antikommunistische Aktion - Initiative Volkswille -Volksbund Rudolf HESS Hilfsorganisation für 210 (220) Nachrichten der HNG nationale politische - monatlichGefangene und deren (300) Angehörige e. V. (HNG) - Frankfurt- 144 Rechtsextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen 1989 (1988) - z. T. geschätzt) Nationalistische Front 60 (80) Nachrichten aus der - Bielefeld - Szene - unregelmäßig - (2.000) Neonazikreis um Curt MULLER - MainzNSDAP-Auslandsund AufbauNS Kampfruf organisation (NSDAP-AO) - zweimonatlich - (Stützpunkte in der Bundes(mehrere Tausend) republik Deutschland) 2. "National-Freiheitliche" Organisationen Deutsche Volksunion - Liste D rund* (über (DVU - Liste D) 25.000 6.000) - München - Deutsche Volksunion e. V. (DVU) rund* (über Deutscher Anzeiger (DA) - München - 12.500 12.500) -wöchentlich - einschließlich: -Aktion deutsche Einheit (AKON) -Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) - Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur -Ehrenbund RUDEL - Initiative für Ausländerbegrenzung (I. f. A.) - Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) Druckschriftenund ZeitungsDeutsche National-Zeitung verlag GmbH (DSZ-Verlag) (DNZ) - München - -wöchentlich -; Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) -wöchentlich -; (DA, DNZ und DWZ zusammen über 110.000) * Dr. Frey gibt höhere Zahlen an Rechtsextremistische Bestrebungen 145 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen 1989 (1988) - z. T. geschätzt) 3. "Nationaldemokratische" Organisationen Nationaldemokratische Partei 7.000 (6.400) Deutsche Stimme Deutschlands (NPD) - monatlich - - Stuttgart - (über 190.000) Junge Nationaldemokraten 900 (800) Junge Stimme (JN) - unregelmäßig - - Stade - (über 1.000) 4. Sonstige Organisationen Gesellschaft für freie mehrere (mehrere Das freie Forum Publizistik (GFP) hundert hundert) - vierteljährlich - - München - (über 600) Wiking Jugend e. V. (WJ) 400 (400) Wikinger - Stolberg - -vierteljährlich - (weniger als 1.000) Fe Sicherheitsgefährdende und extremistisclie Bestrebungen von Ausländern : - - : : * $ * * 148 Sicherheitsgefährdende und extremistische I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand 1.1 Überblick Gesamtstärke Im Bundesgebiet leben über 4,8 Millionen (geschätzt) ausländische ausländischer Staatsangehörige; davon waren Ende 1989 3,95 Millionen 16 Jahre Extremisten und älter. Von diesen sind nach Schätzungen der Behörden für Ver- n i m m t ab fassungsschutz 97.250 Personen (ab 16 Jahre) in extremistischen oder extremistisch beeinflußten Vereinigungen* organisiert. Das sind 4.350 Personen weniger als im Jahr 1988. Tabelle 1 Mitglieder (ab 16 Jahren) in im Bundesgebiet aktiven extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen (Vergleichszahlen 1988 in Klammern).** StaatsKernNebenbeeinflußte Insangehörigkeit organiorganiOrganigesamt bzw. Volkssationen sationen sationen zugehörigkeit Kurden 2.475 475 2.950 (2.150) (600) (-) (2.750) Araber 3.460 80 110 3.650 (2.800) (100) (100) (3.000) Türken 25.780 3.570 29.350 (27.500) (4.000) (-) (31.500) Iraner 2.700 50 500 3.250 (2.800) (50) (600) (3.450) Sonstige*** 15.485 2.325 40.240 58.050 (18.190) (2.950) (39.760) (60.900) Insgesamt 49.900 6.500 40.850 97.250 (53.440) (7.700) (40.460) (101.600) Darunter werden hier solche Organisationen der im Bundesgebiet lebenden Ausländer verstanden, deren Bestrebungen sich im Sinne von SS 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes (sog. Bundesverfassungsschutzgesetz) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder - aus politischen Motiven - gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder die durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. ' Wegen fehlender Organisationsstruktur können keine Angaben über Mitgliederzahlen der Iren gemacht werden. : Bei folgenden "Sonstigen" Nationalitäten liegen Erkenntnisse über extremistische bzw. extremistisch beeinflußte Organisationen vor: Armenier, Äthiopier, Afghanen, Bulgaren, Chilenen, Griechen, Inder, Italiener, Jugoslawen, Pakistani, Portugiesen, Spanier, Tamilen, Vietnamesen und Organisationen mit national gemischter Mitgliedschaft. Bestrebungen von Ausländern 149 Mitgliederentwicklung bei ausländischen Extremistengruppen und extremistisch beeinf lußten Gruppierungen 97250Mitglieder insgesamt 54 300 Mitglieder orthodox-kommunistischer bzw. von ihnen beeinf lußter Gruppen 17450Mitglieder islamisch-extremistischer bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen 13150 Mitglieder der "Neuen Linken" bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen Mitglieder extrem-nationalistischer bzw. von ihnen beeinflußter Gruppen Mitglieder rechtsextremistischer bzw. von ihnen be1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1 einflußter Gruppen 150 Sicherheitsgefährdende und extremistische Anzahl der 1.2 Organisationen Organisationen 1989 nahm die Zahl der sich aus ausländischen Extremisten ausländischer zusammensetzenden oder von ihnen erheblich beeinflußten OrgaExtremisten n i m m t geringnisationen geringfügig zu. Am Jahresende waren den Behörden für fügig zu Verfassungsschutz 121 Organisationen (1988: 112) bekannt, die nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger in diesem Sinne als extremistisch oder extremistisch beeinflußt einzuschätzen sind. Tabelle 2 Anzahl der im Bundesgebiet aktiven extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen nach ihrem politischideologischen Standort (Vergleichszahlen 1988 in Klammern). StaatsOrthodox"Neue Linke" RechtsExtremIslamischInsangehörigkon' muniu. sozialextreminationaextremistigesamt keit bzw. stische revolutionäre stische listische sche VolkszuGruppen Gruppen* Gruppen Gruppen Gruppen gehörigkeit ** *** *** Iren _ (-) 1 (1) (-) (-) 1 (1) Kurden 8 (9) 9 (1)****" (-) (-) 17 (10) Araber 2 (2) 13 (13) - (-) - H 3 (3) 18 (18) Türken 5 (5) 18 (18) - (-) 1 (1) 6 (3) 30 (27) Iraner 3 (3) 6 (6) - (-) 1 (1) 1 (1) 11 (11) Sonstige 16 (18) 14 (14) 2 (2) 8 (8) 4 (3) 44 (45) Insgesamt 34 (37) 61 (53) 2 (2) 10 (10) 14 (10) 121 (112) 1.3 Mitglieder Von den etwa 97.250 Mitgliedern und Anhängern extremistischer und entsprechend beeinflußter Ausländerorganisationen gehörten 67.450 linksextremistischen Gruppen an. Von ihnen zählten 54.300 (1988: 57.400) zu orthodox-kommunistisch orientierten und 13.150 (1988: 13.450) zu Vereinigungen der "Neuen Linken". Rechtsextremistische Gruppen zählten wie in den Vorjahren 3.400 Mitglieder, islamisch-extremistische Vereinigungen 17.450 (1988: 17.650) und extrem-nationalistische Organisationen 8.950 (1988: 9.700). Mitgliederrückgänge sind im türkischen Extremismus sowie bei den orthodox-kommunistischen Gruppen festzustellen. * Zur "Neuen Linken" werden hier solche linksextremistischen Gruppen gezählt, die den orthodoxen Kommunismus ablehnen, einschließlich der Gruppen mit Sozialrevolutionär nationalistischer Einstellung. ** Unter rechtsextremistischen Gruppen werden hier die ausländischen Vereinigungen verstanden, die demokratische freiheitliche Grundwerte aus nationalistischen Gründen ablehnen und bekämpfen. * * * Extrem-nationalistische Gruppen sind Vereinigungen, die nationalistische Ziele in aktiv kämpferischer, aggressiver Haltung verfolgen. * * * * Islamisch-extremistische Gruppen sind Vereinigungen, die ein islamisch fundamentalistisches theokratisches Staatswesen erzwingen wollen. * * * * * Die Zunahme der Zahl der Organisationen im Bereich der kurdischen "Neuen Linken" beruht auf neueren Erkenntnissen, wonach mehrere bisher als Gliederung einer Gesamtorganisation geführte Vereinigungen im Bundesgebiet über eine eigene Organisationsstruktur verfügen. Bestrebungen von Ausländern 151 2. Publizistik Die Zahl der im Bundesgebiet verbreiteten periodischen Schriften Anzahl der von Organisationen ausländischer Extremisten sank 1989 von 205 Publikationen auf 174; hiervon werden 150 im Ausland gedruckt. Etwa 75% ausländischer Extremistender Schriften verbreiten linksextremistisches Gedankengut, davon organisationen mehr als die Hälfte solches der "Neuen Linken". Die restlichen nimmt ab 25 % sind rechtsextremistisch bzw. extrem-nationalistisch oder islamisch-extremistisch ausgerichtet. 3. Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen Die Gesamtzahl der politisch motivierten Gewaltaktionen und sonZahl der stigen Gesetzesverletzungen ausländischer Extremisten im BunGewaltaktionen desgebiet lag mit 113 nur knapp unter der des Vorjahres (1988: ausländischer Extremisten 120). Deutlich angestiegen ist allerdings die Zahl der ausgeführten annähernd auf bzw. versuchten oder vorbereiteten Tötungsdelikte auf 8 (1988: 1). Vorjahresniveau Allein fünf Mordanschläge sind der "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) zuzurechnen. Dabei kamen 4 Menschen durch Autobomben oder Schußwaffen ums Leben. In zwei Fällen fielen Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sikhs Attentaten zum Opfer. Ein Angehöriger der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) verletzte bei einem Mordversuch einen Türken mit Messerstichen schwer. Irische und vermutlich iranische Extremisten waren für Sprengstoffanschläge in Köln und Osnabrück verantwortlich. Im arabischen Beobachtungsfeld gelang es in einem Fall, bereits vorbereitete Attentate zu vereiteln. Vier Brandanschläge ereigneten sich im Bereich des türkischen Extremismus. Für die sonstigen Gewaltakte waren überwiegend türkische, kurdische (unterschiedlicher Nationalitäten) und iranische Extremistenverantwortlich. Im Zusammenhang mit den Protesten aus Anlaß des Strafprozesses vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen ehemals führende PKK-Funktionäre kam es bei Besetzungsaktionen zu insgesamt 30 Fällen von Hausfriedensbruch. Vornehmlich iranische und kurdische Extremisten bedrohten 1989 wieder vielfach andersdenkende deutsche und ausländische Staatsangehörige, Industrieunternehmen und diplomatische Vertretungen mit Terrorund Gewaltankündigungen. 152 Sicherheitsgefährdende und extremistische Tabelle 3 Übersicht zu politisch motivierten Gewaltaktionen und sonstigen Gesetzesverletzungen von Ausländern im Bundesgebiet 1989 (Vergleichszahlen 1988 in Klammern).* Terrorakte** und ausgeführte bzw. angedrohte Insgesamt andere schwere versuchte oder Aktionen Gewalttaten vorbereitete Aktionen Tötungsdelikte 8 (1) 7 (5) 15 (6) Sprengstoffanschläge 3 (5) 13 (12) 16 (17) Brandanschläge 4*** (3) - (-) 4 (3) Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub - (3) - (-) - (3) Zwischensumme 15 (12) 20 (17) 35 (29) Sonstige Gewaltakte Freiheitsberaubungen 1 (-) - (-) 1 (-) Raub/Erpressungen 3 (-) - (-) 3 (-) Körperverletzungen 16 (13) - (-) 16 (13) Sachbeschädigungen - (-) - (-) - (-) mit Gewaltanwendung**** Nötigung u.a. 4 (-) - (-) 4 (-) Zwischensumme 24 (13) - (-) 24 (13) Sonstige Gesetzesverletzungen***** 54 (78) - (-) 54 (78) Insgesamt 93 (103) 20 (17) 113 (120) * In der Übersicht ist jede gewaltsame Aktion und sonstige Gesetzesverletzung nur einmal gezählt. Sind z. B. während einer Demonstration mehrere Körperverletzungen eingetreten, erscheinen sie nur als eine Gewalttat in der Rubrik Körperverletzungen. Sind im Verlauf einer Aktion mehrere der in den Rubriken genannten Gesetzesverletzungen (z. B. Körperverletzung und gleichzeitig Sachbeschädigung) eingetreten, so wurde die Aktion nur in der Rubrik des schwerer wiegenden Verstoßes gezählt. ** Terrorakte sind Anschläge, d. h. schwerwiegende Straftaten, wie sie insbesondere in SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) und andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen, sofern diese Taten gezielt im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes für politische Ziele begangen werden. Nicht hierunter fallen Anschläge, die spontan, etwa aus gewalttätig verlaufenden Demonstrationsveranstaltungen heraus, durchgeführt werden. * * * In einem Fall handelt es sich um ein spontanes "Demonstrationsereignis" im Zusammenhang mit einer Blockadeaktion. * * * * Sachbeschädigungen ohne weitere Gewaltanwendung wurden im Bericht für das Jahr 1988 noch gesondert aufgeführt. Diese Zahl wie auch die Zahlenangaben für 1989 sind nunmehr unter iSonstige Gesetzesverletzungen) mitgezählt. * * * * * Sonstige Gesetzesverletzungen in diesem Sinne sind Verstöße gegen Strafoder Bußgeldvorschriften in erkennbarem Zusammenhang mit politisch-extremistischer Tätigkeit (z. B. Verstöße gegen das VersammlungsG, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung u. SS.). Anders als bei der "Polizeilichen Kriminalstatistik - Staatsschutzdelikte" (PKS-S) beziehen sich die Zahlenangaben - ungeachtet des Standes der Ermittlungsverfahren - auf den Tatzeitpunkt im Kalenderjahr. Bestrebungen von Ausländern 153 II. Mitgliederentwicklung* und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Iren/Nordiren Die "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) führt seit ihrer Abspaltung von der "Irish Republican Army" (IRA) im Jahre 1969 den bewaffneten Kampf gegen die britische Armee und die nordirischen Sicherheitsbehörden mit terroristischen Mitteln. Um ihr Fernziel, die Errichtung eines vereinten sozialistischen Irlands zu erreichen, verübt die PIRA Mordund Sprengstoffanschläge, die die britische Regierung zwingen sollen, ihr Engagement in Nordirland aufzugeben und sich von dort zurückzuziehen. Die Pira besitzt - im Unterschied zu vielen anderen westeuropäischen Terror-Gruppen - einen starken Rückhalt in der katholischen Bevölkerung Nordirlands. Das macht es der PIRA trotz beachtlicher Erfolge der Sicherheitsbehörden bei der Terrorbekämpfung immer wieder möglich, sich zu regenerieren und neue Aktivisten zu gewinnen. Diese Besonderheit des nordirischen Terrorismus hat ihre Ursachen in den gesellschaftlichen Folgen des Jahrhunderte schwelenden britisch-irischen Konfliktes. Deren Beseitigung, zumindest aber spürbare Veränderung, dürfte Voraussetzung für eine Bewältigung des nordirischen Terrorismus sein. Die PIRA setzte 1989 ihre Serie von Terrorakten gegen britische Irische NationaZiele auf dem europäischen Kontinent mit unverminderter Brutalisten setzen ihre Anschlagsserie im * Die Zahlenangaben beruhen auf Schätzungen. Veränderungen der Mitgliederzahlen Bundesgebiet fort gegenüber dem Vorjahr können auch auf neuere Erkenntnisse zurückzuführen sein, bedeuten daher nicht immer einen tatsächlichen Mitgliederzuwachs bzw. -veflust. 154 Sicherheitsgefährdende und extremistische lität fort. Sie war in diesem Jahr die gefährlichste Terrororganisation im Bundesgebiet; bei Mordund Bombenanschlägen wurden vier Personen getötet, und es gab zahlreiche Verletzte. Am 19. Juni detonierte im Unteroffizierswohnheim einer britischen Kaserne in Osnabrück ein Sprengsatz. Kurz vor der Explosion hatten die Bombenleger auf einen dort beschäftigten Zivilangestellten einen fehlgegangenen Schuß aus einer Langwaffe abgegeben und ihn anschließend niedergeschlagen. Der Gebäudekomplex wurde so rechtzeitig geräumt, daß Opfer verhindert werden konnten. In Hannover kam am 2. Juli ein britischer Soldat bei der Explosion einer Autobombe ums Leben; seine Ehefrau und seine vier Kinder wurden zum Teil schwer verletzt. In der Nähe des Tatorts fand die Polizei unter dem Pkw eines anderen britischen Armeeangehörigen einen weiteren Sprengsatz. Am 28. August wurde in einer Soldatensiedlung in Hannover-Bothfeld unter dem Pkw eines britischen Soldaten eine Sprengvorrichtung entdeckt. Sie war von den Tätern - ebenso wie bei den Anschlägen zuvor - mittels Haftmagneten am Fahrzeugboden befestigt worden. Zwei britische Soldaten erlitten am 1. September in Münster-Gremmendorf schwere Verletzungen, als PIRA-Terroristen aus einem Pkw heraus das Feuer auf sie eröffneten und Auch deutsche mindestens 25 Schüsse abgaben. Am Abend des 7. September Staatsangehörige fand die deutsche Ehefrau eines britischen Soldaten in Unna-Masund Kleinkind sen bei einem Schußwaffenanschlag den Tod. Die Täter hatten sie unter den Anschlagsopfern angeblich irrtümlich für eine Angehörige der britischen Rheinarmee gehalten. Angehörige eines PIRA-Kommandos gaben am 26. Oktober in Wegberg-Wildenrath mehrere Gewehrschüsse auf den Pkw eines britischen Soldaten ab. Dabei wurden der Soldat und seine Bestrebungen von Ausländern 155 sechs Monate alte Tochter getötet; die Ehefrau erlitt einen schweren Schock. Die bei Festnahmen sichergestellten Unterlagen zeigen, daß die Terrorkommandos nicht mehr nur kurzfristig zum Anschlag einreisten ("hit and run"). Sie mieteten vielmehr auch für Monate Wohnungen (z. B. Ferienwohnungen) und für Wochen Fahrzeuge an. Nach längerem Aufenthalt in der Nähe ihrer Operationsgebiete bewegten sie sich selbstsicher und unauffällig. Sie führten so ihre Ausspähungen in Ruhe durch und bereiteten Anschläge gründlich vor. Mitte Juli gelang es der irischen bzw. französischen Polizei, insgesamt fünf mutmaßliche PIRA-Mitglieder festzunehmen, die sich über einen längeren Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hatten. Eine Analyse der sichergestellten Asservate ergab, daß offenbar Anschläge auf britische Kasernen und Einkaufszentren sowie auf Schulen und Wohnsiedlungen in über 30 Städten der Bundesrepublik Deutschland geplant wurden. 2. Kurden 2.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt organisationen organisationen Organisationen 1989 (1988) 2.475 475 - 2.950 (2.750) 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) war 1989 unter den Vereinigungen extremistischer Kurden die aktivste und militanteste Gruppierung. Ihr terroristischer Kampf in der Türkei für ein "befreites" Kurdistan hielt unvermindert an. Bevorzugte Anschlagsopfer sind dort u. a. Dorfwächter, Bürgermeister und Lehrer, die für die PKK das türkische Regierungssystem repräsentieren. In 8 südostanatolischen Provinzen herrscht deshalb der Ausnahmezustand. Die PKK stellt sich als straff organisierte und konspirativ arbeitende Organisation dar. Sie wird, wie es sonst überwiegend nur bei orthodox-kommunistischen Organisationen üblich ist, von einem "Zentralkomitee" (ZK) geleitet. Dieses hat seinen Sitz in Damaskus. Generalsekretär Abdullah ÖCALAN ist unumschränkter Führer der gesamten PKK. Das "ZK-Europa" lenkt auch die PKK-Sektionen im Bundesgebiet. Der Kampf in der Türkei wird von hier aus propagandistisch, personell und materiell unterstützt. In der Türkei wie in der Bundesrepublik Deutschland ist es der PKK gelungen, ihre Zusammenarbeit mit türkischen und kurdischen Organisationen auszuweiten. 156 Sicherheitsgefährdende und extremistische Die noch bis 1987 zu verzeichnenden Gewalttaten von PKK-Angehörigen gegen konkurrierende Kurdenorganisationen setzten PKK setzt sich nicht fort. Abtrünnige Mitglieder werden jedoch unvermindert Verfolgung hart verfolgt. Bei Mordanschlägen auf Angehörige einer PKK-inter"Abtrünniger" nen Oppositionsgruppe in Frankreich und den Niederlanden wurde fort eine junge Türkin getötet; zwei Männer erlitten schwere Verletzungen. Im Rahmen einer Bestrafungsaktion schlugen PKK-Anhänger am 27. März in Amberg einen Türken mit Stahlruten und Holzknüppeln krankenhausreif. Am 25. April fügte ein PKK-Anhänger in Celle einem türkischen Staatsangehörigen durch Messerstiche schwere Verletzungen zu. Dieser war zuvor mehrfach von Mitgliedern der PKK erfolglos zu Geldspenden und aktiver Mitarbeit gedrängt worden. Strafprozeß gegen Vor dem 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf begann PKK-Funktionäre am 24. Oktober der Strafprozeß gegen 19 ehemals führende Funklöst Welle von tionäre der PKK. Die Anklage wirft ihnen u. a. Mitgliedschaft in Solidaritätsaktionen von Gesinnungsbzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, Mord und genossen aus gefährliche Körperverletzung vor. Bereits im Vorfeld des Prozesses führten PKK-Anhänger zahlreiche Solidaritätsaktionen für ihre inhaftierten Gesinnungsgenossen durch, darunter auch Besetzungen im Inund Ausland. Wie schon im Vorjahr, kam es am 21. Januar erneut zu offenkundig zentral gesteuerten Protestaktionen an deutschen Grenzübergängen nach Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Die PKK-Teilorganisation "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V." (FEYKA-Kurdistan) organisierte am 13. Mai in Düsseldorf eine Solidaritätskundgebung, an der sich etwa 4.000 Personen beteiligten. In den Aufrufen zur Teilnahme hieß es u. a., die Anklageschrift des Generalbundesanwalts quelle über von haarsträubenden Verleumdungen1. Etwa 5.000 Personen nahmen am 21. Oktober in Düsseldorf an einer von der FEYKA-Kurdistan aus Anlaß des Prozeßbeginns veranstalteten Kundgebung teil. Parallel zu ihren Protestverantaltungen agitierte die PKK in Flugschriften und Presseorganen unablässig gegen den Strafprozeß2. PKK feiert Wie in den Vorjahren führte die PKK Großveranstaltungen durch, Jahrestage des mit denen sie an den am 15. August 1984 in der Türkei aufgenombewaffneten menen bewaffneten Widerstandskampf ihrer "VolksbefreiungsWiderstands und armee Kurdistans" (ARGK) erinnerte. An einer Veranstaltung am ihres Bestehens mit Großveran5. August in Wuppertal nahmen etwa 2.500 Personen teil, eine staltungen Kundgebung am 12. August in Hannover hatte etwa 2.800 Teilnehmer. Etwa 9.000 Personen besuchten eine Veranstaltung der PKK am 9. Dezember in der Kölner Sporthalle und feierten das elfjährige Bestehen der Organisation. "KurdistanDas "Kurdistan-Komitee", eine Teilorganisation der PKK, unterKomitee" fordert stützte überwiegend publizistisch deren politische Ziele. In einer im die Unterlassung Sommer veröffentlichten Flugschrift rief die Gruppe dazu auf, von von Türkei-Reisen Urlaubsreisen in die Türkei abzusehen. Der Tourismus stelle eine Bestrebungen von Ausländern 157 wichtige Einnahmequelle für die türkische Regierung dar, die auf diese Weise Massaker und Unterdrückungen finanziere3. Die orthodox-kommunistische "Föderation der Arbeitervereine aus OrthodoxKurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin e.V." kommunistische (KOMKAR) erinnerte am 16. März in Köln mit einem Protestmarsch KOMKAR protean den Giftgaseinsatz gegen Kurden im Irak im Jahre 1988. Es stiert gegen Unterdrückung beteiligten sich etwa 80 Personen. 900 Veranstaltungsteilnehmer des kurdischen konnte die KOMKAR für eine Demonstration gegen Folterungen Volkes und Unterdrückung des kurdischen Volkes in der Türkei am 16. September in Duisburg mobilisieren. 158 Sicherheitgefährdende und extremistische 3. Araber 3.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt organisationen Organisationen Organisationen 1989 (1988) 3.460 80 110 3.650 (3.000) 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte Aktivitäten Die Aktivitäten der in der Bundesrepublik Deutschland vertretenen palästinensischer palästinensischen Widerstandsorganisationen blieben 1989 trotz Organisationen des zahlenmäßigen Anstiegs der Mitgliedschaften hinter denen sind rückläufig des Vorjahres zurück. Ursache dafür waren die schlechte Finanzlage einzelner Organisationen sowie das überwiegend schwach ausgeprägte politische Engagement ihrer Mitglieder. Soweit Veranstaltungen stattfanden, befaßten sie sich fast ausschließlich mit der Aufstandsbewegung der palästinensischen Bevölkerung in den von Israel besetzten Gebieten (Intifada). Die "Demokratische Front für die Befreiung Palästinas" (DFLP) war Veranstalterin einer Kundgebung am 4. März in der Kölner Universität mit etwa 550 Teilnehmern. An zwei von der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) organisierten Kundgebungen am 31. März in Wuppertal und Ludwigsburg beteiligten sich jeweils etwa 550 Personen. Angehörige des "Palästinensischen Studentenverbandes in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V." (PSV) waren die Initiatoren einer symbolischen Besetzung des Gebäudes der "Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V." in Bonn am 19. Juli. Die Aktion war vorher mit der Gesellschaft abgesprochen worden. 3.3 Gewalttaten Auch 1989 beeinträchtigten terroristische Aktivitäten schiitischer und palästinensischer Extremisten die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland erheblich: Deutsche im Unbekannte entführten am 4. Mai bei Sidon/Südlibanon drei MitarLibanon entführt beiter einer privaten deutschen Hilfsorganisation. Die Freilassung eines der Entführten verbanden die Geiselnehmer mit der Forderung, daß die Strafe für den zum damaligen Zeitpunkt vor Gericht stehenden Mohamed Ali HAMADI, Mitglied der schiitisch-extremistischen "Hizb Allah" (Partei Gottes), nicht über fünf Jahre liegen Bestrebungen von Ausländern 159 aus: "AL-AHD", Organ der "Hizb Allah"; Aufschrift am Halse RUSHDIES: "In der Vergeltung ist Leben", dürfe*. Nach der Freilassung der drei Geiseln wurden am 16. Mai erneut drei Mitarbeiter der Hilfsorganisation entführt. Zwei von ihnen befinden sich noch in Geiselhaft. Am 22. Juni wurde der libanesische Student und Hizb AllahAnschlagsAngehörige Bassam Gharib MAKKI in Darmstadt verhaftet. Er hatte vorbereitungen einer Stelle in Beirut/Libanon 13 Fotos von israelischen bzw. jüdischiitischer Extremisten schen Einrichtungen in München zukommen lassen, auf die offenaufgedeckt bar Sprengstoffanschläge geplant waren. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand die Polizei Unterlagen, die u. a. auch Hinweise auf geplante Anschläge gegen amerikanische Ziele lieferten**. Im Zusammenhang mit der Festnahme von Angehörigen eines TerBei palästinenrorkommandos der "Volksfront für die Befreiung Palästinas-Genesischen ralkommando" (PFLP-GC) im Oktober 1988 stellte die Polizei im Terroristen der PFLP-GC sicherApril 1989 in Neuss zwei Radiotuner und einen Computer-Monitor gestellte Sprengsicher. In diese Geräte waren geschickt getarnte Sprengvorrichtunvorrichtung gen eingebaut, die mit einem auf Luftdruckveränderungen reagieexplodiert renden Zünder gekoppelt waren. Bei der Delaborierung im Bundeskriminalamt explodierte die Sprengladung in einem der Tuner, wobei ein Beamter getötet und ein weiterer sehr schwer verletzt wurde. Offenbar waren die Geräte von der PFLP-GC für Anschläge auf den Luftverkehr vorgesehen. *HAMADI wurde am 17. Mai 1989 vom Landgericht Frankfurt wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes, Eingriffs in den Luftverkehr, Geiselnahme, Körperverletzung in drei Fällen sowie unerlaubter Einfuhr von Sprengstoff zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. ** MAKKI wurde am 22. Dezember 1989 von der 1. Strafkammer des Landgerichts München_ I wegen der Verabredung eines Sprengstoffverbrechens zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 160 Sicherheitsgefährdende und extremistische 4. Türken (ohne Kurden) 4.1 Mitgliederentwicklung KernNebenInsgesamt organiorganisationen sationen 1989 (1988) Orthodoxkommunistische Gruppen 310 2.670 2.980 (3.550) "Neue Linke" und Sozialrevolutionäre Gruppen 3.320 900 4.220 (4.850) Extremnationalistische Gruppen 6.450 6.450 (7.100) Islamischextremistische Gruppen 15.700 15.700 (16.000) Insgesamt 25.780 3.570 29.350 (31.500) 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 4.2.1 "Neue Linke" Verbotene Die Anhänger der 1983 vom Bundesminister des Innern verboteExtremistennen türkischen Extremistengruppe "Devrimci Sol" (Revolutionäre organisation Linke) führten ihre politischen Aktivitäten weiterhin unter der Tarn"Dev Sol" ist bezeichnung "Avrupa' da Dev Gene" fort. Die besondere Bereitweiterhin aktiv schaft dieser Gruppe zur Gewaltanwendung wurde 1989 erneut deutlich: Am 26. Januar nahm die Polizei am Grenzübergang Metz ein in Frankreich lebendes türkisches Ehepaar fest, das im Besitz von mehreren Schußwaffen war. Die Festgenommenen gaben an, im Auftrag der "Devrimci Sol" unterwegs zu sein, um ein Waffenlager anzulegen. In der Märzausgabe ihres in der Türkei erscheinenden Organs "Yeni CÖZÜM" bekannte sich "Devrimci Sol" zur Tötung eines früheren Mitglieds, das den Sicherheitsbehörden die Aufenthaltsorte weiterer Gesinnungsgenossen verraten haben soll4. TKP/M-L ruft zur Die gewaltorientierte und in Teilen der Türkei terroristisch operieFortsetzung des rende "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" Guerillakampfes (TKP/M-L) rief in Flugschriften zur Fortsetzung und Erweiterung im Heimatland auf des Guerillakampfes im Heimatland auf5. Weiter behauptete die Gruppierung, der westdeutsche Imperialismus sei einer der Todfeinde der Völker der Türkei. Es gelte daher die Parole "Tod dem westdeutschen Imperialismus!"6. Bestrebungen von Ausländern 161 Vier Anhänger der TKP/M-L erpreßten Ende Oktober "Geldspenden" von einem türkischen Geschäftsmann für den Kampf im Heimatland. Sie drohten, ihn zu erschießen, falls er sich zukünftig weigere, für die Partei zu spenden. Die 1981 von der TKP/M-L abgespaltene Gruppe "Bolsevik Partizan" (BP) griff in Flugblättern die Bundesrepublik Deutschland scharf an und behauptete, der SS 129 a StGB sowie Notstandsund Ausländergesetze zeigten faschistischen Charakter; mit ihnen würden die Grundrechte abgeschafft7 162 Sicherheitsgefährdende und extremistische * KAHROLSUN FA$JZM| Freiheit für die Politischen Gefangenen in der Türkei und Kurdistan c n a c i . E * i m . P a n i " n . T D K P t Y D 6 > , T K P { B ] , TXP/ML Hi L=D DIDF veranstaltet Ziel der "Föderation der türkischen demokratischen ArbeitervereiSolidaritätsne in Deutschland e.V." (DIDF) ist die Zerschlagung des türkischen demonstration für Staatsgefüges. Sie ist Basisorganisation der "Revolutionären Kompolitische Gefangene in der munistischen Partei der Türkei" (TDKP). Anfang Mai organisierte Türkei die DIDF in Duisburg eine Protestkundgebung wegen des Vorgehens türkischer Sicherheitskräfte gegen Demonstranten am 1. Mai in der Türkei. Daran beteiligten sich etwa 3.000 Personen. Eine Solidaritätsdemonstration für in der Türkei inhaftierte politische Gefangene am 12. August in Bonn hatte 2.000 Teilnehmer. 4.2.2 Orthodoxe Kommunisten Die im Mai 1988 gegründete "Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei" (GDF), ein Zusammenschluß der "Föderation der Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FIDEF) und der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in GDF führt ihren Europa - Einigkeit für Demokratie" (DIBAF), hielt am 18./19. Feersten Jahresbruar ihren 1. Jahreskongreß ab. An der Veranstaltung nahmen kongreß durch etwa 400 Personen teil. Der Bundesvorsitzende der Organisation trat Anfang September von seinem Amt zurück. Er begründete seine Entscheidung mit dem fehlenden Engagement der GDF zur Bildung einer einheitlichen Immigrantenorganisation mit allen fortschrittlichen türkischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland. Die übrigen orthodox-kommunistischen türkischen Gruppierungen zeigten 1989 keine nennenswerten Aktivitäten. Es wurden auch - anders als bei den deutschen orthodoxen Kommunisten - keine maßgeblichen Grundsatzdiskussionen über mögliche Auswirkungen durch die Reformbestrebungen in der Sowjetunion und die Veränderungen in den Staaten Mittelund Osteuropas auf eigene Positionen bekannt. Bestrebungen von Ausländern 163 4.2.3 Islamische Extremisten Der von Cemaleddin KAPLAN geführte "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) will über eine Revolution eine islamische Republik in der Türkei nach iranischem Vorbild erreichen. Er stand 1989 weit weniger im Interesse der Öffentlichkeit als in den Vorjahren. Das Verbandsgeschehen wurde im wesentlichen von internen Auseinandersetzungen beherrscht, in deren Folge sich eine Opposition KAPLAN-Verband bildete, die schließlich zur Spaltung der Organisation führte. Die hat sich neue Gruppierung mit der Bezeichnung "Islamische Bewegung" gespalten . . . wurde bislang öffentlich nicht aktiv. In seinem Verbandsorgan "Ümmet-i Muhammed" (Die Nation . . . und propagiert Mohammeds) propagierte der ICCB weiterhin Gewalt. Es sei eine Gewalt göttliche Aufgabe, alle Kräfte, die sich den Muslimen in den Weg stellten, zu stürzen und "sie in tausend Stücke zu zerschlagen"8. Am 4. März demonstrierten in Bonn etwa 5.000 überwiegend türkische Muslime gegen die Veröffentlichung des Buches "Satanische Verse" von Salman RUSHDIE. Im Rahmen der Abschlußkundgebung rechtfertigte KAPLAN das Todesurteil Ayatollah KHOMEINIs gegen RUSHDIE. Zur Jahreshauptversammlung des ICCB am 28. Oktober in Köln erschienen etwa 8.000 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland. Die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V." (AMGT) ist ein Sammelbecken von Anhängern der in der Türkei verbotenen "Nationalen Heilspartei" (MSP) bzw. deren Nachfolgeorganisation "Wohlfahrtspartei" (RP). Die AMGT strebt an, ein islamisches türkisches Staatsgefüge auf parlamentarischem Wege zu schaffen. Sie führte am 4. Juni in Köln ihren 5. Jahreskongreß durch. Zu der Veranstaltung waren etwa 8.000 Personen auch aus dem benachbarten Ausland angereist. Hauptredner war der RP-Vorsitzende Necmettin ERBAKAN. 4.2.4 Extreme Nationalisten Die "Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in ADUTDF bleibt Europa e.V." (ADÜTDF) konnte die infolge der 1987 vollzogenen auch im 2. Jahr Spaltung eingetretene Schwächung auch im vergangenen Jahr nach der Spaltung geschwächt nicht überwinden. Die Ideologie der ADÜTDF vereinigt militanten Nationalismus mit striktem Anti-Kommunismus. Von der türkischen Jugend in Deutschland fordert sie Distanz zu "westlich-dekadenten" Einflüssen und die Betonung ihrer türkischen Identität. Am 20. Mai führte die ADÜTDF in Lüttich/Belgien ihren 12. Jahreskongreß durch. Hauptredner vor etwa 3.500 Veranstaltungsteilnehmern war Alparslan TÜRKES, der früher die in der Türkei verbotene rechtsextremistische "Partei der nationalistischen Bewegung" (MHP) leitete und jetzt deren Nachfolgeorganisation "Nationalistische Arbeiterpartei" (MCP) vorsitzt. Die ADÜTDF hatte Lüt- 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische tich als Veranstaltungsort gewählt, da sie für TÜRKES in der Bundesrepublik Deutschland ein Auftrittsverbot befürchtete. 5. Iraner 5.1 Mitgliederentwicklung in Kernin Nebenin beeinflußten Insgesamt organisationen organisationen Organisationen 1989 (1988) 2.700 50 500 3.250 (3.450) 5.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 5.2.1 Anhänger der iranischen Regierung Die religiös-politischen Ziele der Islamischen Republik Iran werden in der Bundesrepublik Deutschland durch die "Union islamischer Regimetreue Studentenvereine in Europa" (U.I.S.A.) vertreten. Die U.I.S.A.unterU.I.S.A. billigt stützte die iranischen Aktionen gegen den Autor des Buches Todesurteil gegen "Satanische Verse", Salman RUSHDIE, und billigte ausdrücklich Salman RUSHDIE das von Ayatollah KHOMEINI gegen ihn ausgesprochene Todesurteil*. Anläßlich des Todes von KHOMEINI am 3. Juni hielt die U.I.S.A. mehrere Trauerkundgebungen ab. An einer Veranstaltung im "Islamischen Zentrum Hamburg" am 4. Juni nahmen etwa 400 Personen teil. Vor dem Gebäude kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen mit KHOMEINI-Gegnern. Mehrere Personen wurden durch Messerstiche und Schläge mit Holzlatten verletzt. An einer Trauerkundgebung am 9. Juni in Bonn beteiligten sich etwa 800 Personen. Urheberschaft Die Urheberschaft eines Sprengstoffanschlags auf das Hauptgeeines Bombenbäude der Universität Köln am 11. Februar ist bislang ungeklärt. anschlags auf Zum Zeitpunkt der Explosion hatten sich dort ca. 2.000 Anhänger Regimegegner am 11. Februar der oppositionellen "Iranischen Moslemischen Studenten-Vereiungeklärt nigung Bundesrepublik Deutschland e.V." (MSV) zu einer Kundgebung versammelt. Zwei iranische Staatsangehörige wurden verletzt; es entstand erheblicher Sachschaden. Die MSV macht regimetreue Kräfte für das Attentat verantwortlich. 5.2.2 Gegner der iranischen Regierung MSV-Anhänger 5.2.2.1 Insgesamt über 1.000 MSV-Anhänger demonstrierten am demonstrieren 25. Februar in 23 Städten des Bundesgebiets gegen KHOMEINIs gegen das Befehl zur Tötung RUSHDIES und gegen die Islamische Republik iranische Regime Iran. Auch nach dem Tode KHOMEINIs hat sich diese Einstellung nicht geändert. Presseberichten zufolge bekräftigte Irans neuer Religionsführer CHAMENEI den Tötungsaufruf ebenso wie der iranische Staatspräsident RAFSANJANI. Bestrebungen von Ausländern 165 Die der "Neuen Linken" zuzurechnende MSV war auch Veranstalterin einer Protestkundgebung am 2. Juni in Bonn mit etwa 400 Teilnehmern. Die Demonstranten forderten internationale Maßnahmen gegen den Iran, so u. a. den Ausschluß aus der UNO und die Verhängung eines Erdölund Waffenembargos. Daneben machten sie auf die Hinrichtungswelle im Iran und Schreckenstaten in den dortigen Gefängnissen aufmerksam. Angehörige der "Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, Sympathisanten der 166 Sicherheitsgefährdende und extremistische Volksfedayin Guerilla Iran (Ashraf DEGHANI-Anhänger)" (O.I.P.F.G.) O.I.P.F.G.traten wie in den Vorjahren mit Besetzungsaktionen hervor. Am Anhänger stürmen 10. Januar drangen zehn Iraner gewaltsam in das Büro der "Iran Büro der Air" in Frankfurt/M. ein, überwältigten eine Angestellte, verletzten iranischen Flugeinen weiteren Angestellten durch Fußtritte und Boxhiebe und gesellschaft beschädigten die Einrichtung. Nachdem die Besetzer die Büroräume von innen verriegelt hatten, forderten sie von der Polizei, die Anwesenheit von Medienvertretern zuzulassen. Die Aktion wurde von der Polizei beendet. 5.2.2.2 Der orthodox-kommunistischen "Tudeh-Partei Iran" gelang es erstmals seit ihrer Spaltung im Juni 1986 wieder, größere "Tudeh-Partei öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen durchzuführen. Dabei Iran" prangert machte die Partei die Hinrichtungswelle im Iran zu ihrem zentralen MassenhinrichAgitationsthema. An einer Gedenkveranstaltung am 11. März in tungen im HeimatKöln für die Opfer der Massenhinrichtungen nahmen etwa 500 Perland an sonen teil. Zum Tode KHOMEINIs gab die Partei ein Kommunique heraus, in dem sie zum gemeinsamen Kampf gegen das Regime im Iran aufrief. Auffällig war, daß die sonst übliche Abgrenzung zu den Monarchisten fehlte. Iranische 5.2.2.3 Iranische Monarchisten, im Bundesgebiet im Dachverband Monarchisten "Rat der Konstitutionellen Monarchie des Iran in der Bundesreputreten verstärkt in blik Deutschland und West-Berlin" (R.K.M.I.) und deren Mitgliederder Öffentlichkeit auf verbänden organisiert, traten 1989 verstärkt durch Demonstrationen und Versammlungen an die Öffentlichkeit. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß ihre Leitfigur, der Schah-Sohn Reza PAHLEWI, seine politische Arbeit intensiviert hat und auch nach außen hin entschiedener auftritt. Über 250 R.K.M.I.-Anhänger beteiligten sich am 28. Juli an einer Protestdemonstration vor dem iranischen Generalkonsulat in Frankfurt/M. gegen die iranischen Präsidentschaftswahlen und das dortige Regime. Die Kundgebung verlief störungsfrei. Auf Funktionärsversammlungen beschlossen die Monarchisten, ihren Verband neu zu organisieren und zu stärken. 6. Sonstige 6.1 Jugoslawen Der Nationalitätenkonflikt in Jugoslawien bezüglich der Republik Serbien und ihrer autonomen Provinz Kosovo (Anteil der Albaner über 85 %) spitzte sich 1989 weiter zu. Anders als in Jugoslawien selbst verliefen im Bundesgebiet die Protestkundgebungen marxistisch-leninistischer und nationalistischer Kosovo-Albaner gegen die Unterdrückung ihrer Volksgruppe im Kosovo-Gebiet (Amselfeld) gewaltfrei. Zahlreiche Demonstratio- Bestrebungen von Ausländern 167 nen der "Volksbewegung für die Republik Kosovo" (LPRK) und der "Nationaldemokratischen Liga der Albanischen Treue" (N.D.SH.) richteten sich gegen die Unterdrückung der Kosovo-Albaner durch die Serben. Anschläge oder besonders hervorzuhebende extremistische Einzelaktivitäten waren jedoch nicht zu verzeichnen. 6.2 Sikhs Die militanten Sikh-Organisationen setzten in Indien ihre terroristischen Aktivitäten fort. Sie streben dort die Gründung eines unabhängigen Staates "Khalistan" an. Bislang unterstützten im Bundesgebiet lebende Sikhs den dortigen Terror durch Geldspenden, die für den Kauf von Waffen verwendet werden. Vermutlich RivalitätsAngehörige der kämpfe zwischen hier aktiven Sikh-Gruppierungen haben 1989 zu Religionszwei Morden an Angehörigen dieser Religionsgemeinschaft gemeinschaft der geführt. Am 11. Juli und 9. September wurden Sikhs in HeusenSikhs fallen Schußwaffenstamm bei Offenbach bzw. in der Nähe von Ansbach Opfer von anschlägen zum Schußwaffenanschlägen. Beide waren Anhänger der "International Opfer Sikh Youth Federation" (ISYF). Etwa 50 Angehörige konkurrierender ISYF-Fraktionen beteiligten sich am 21. Mai in Frankfurt an einer Massenschlägerei; es gab mehrere Verletzte. 6.3 Tamilen Die wichtigste tamilische Extremistenorganisation in der Bundesrepublik Deutschland ist die deutsche Sektion der "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE). Diese will in Teilen der Insel Sri Lanka einen unabhängigen Staat "Tamil Eelam" gründen, der "sozialistisch und antiimperialistisch" geprägt sein soll. Führende Funktionäre dieser Gruppierung wurden am 6. März wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach fast zweijährigem Strafprozeß zu Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verurteilt. Nach Beendigung des Prozesses setzte die LTTE ihre politische LTTE steigert Agitation fort und steigerte ihre Aktivitäten. Am 29. Juli veranstalteöffentliche te die Tarnorganisation der LTTE, die "World Tamil Movement", in Aktivitäten Bonn eine Demonstration gegen die indische Regierung. Der Protest der etwa 1.100 Teilnehmer richtete sich gegen das Vorgehen der indischen Armee auf Sri Lanka. 168 Sicherheitsgefährdende und extremistische III. Dokumentation 1. Flugschrift der FEYKA-Kurdistan tenz als ein gewöhnlicher Richvom Mai 1989 mit dem Titel ter und Staatsanwalt, niemand "Aufruf an die fortschrittlichkann sich einmischen. Unter der demokratische Öffentlichkeit! juristischen und demokratischen Beteiligt Euch an der SolidaritätsDecke werden Gestapo-Methodemonstration mit den politiden praktiziert...". schen kurdischen Gefangenen in 3. Flugschrift des Kurdistan-Komider BRD!": "... Schließlich befintees in Europa vom Mai 1989 den sich insgesamt 14 kurdische mit dem Titel: "Jede D-Mark Politiker in bundesdeutschen wird zur Waffe gegen die Völker Gefängnissen. Zusammen mit Kurdistans und der Türkei! Geht ihnen soll gegen 17 kurdische nicht zum Politiker u. Patrioten ein SS 129 a- des faschistischen türkischen Prozeß eröffnet werden; mit Staates! ": "... Jede D-Mark, einer haarsträubenden und mit Franc oder Dollar wird zu Waffen Verleumdungen überfüllten Angegen die Völker Kurdistans und klageschrift. Auf diese Weise der Türkei umgewandelt und bei soll der legitime nationale BefreiMassakern eingesetzt. Deshalb ungskampf Kurdistans als 'terrosagen wir: Fahren Sie zum ristisch' abgestempelt werden. Urlaub nicht in die Türkei oder ... Die seit nunmehr fast eineinnach Kurdistan! Keine Devisen halb Jahren inhaftierten politifür eine faschistische Militärjunschen kurdischen Gefangenen ta!! Verhindern Sie, daß eine werden einer gewaltigen Unterfaschistische Diktatur für ihre drückung und der psychologiMassaker und Unterdrückungen schen Folter ausgesetzt...". Einnahmequellen findet. Spre2. "Kurdistan-Rundbrief, Prozeßchen Sie jeden Freund, Kollegen Sondernummer 1 gegen die Kurund Bekannten an, sagen Sie denverfolgung der Bundesan"Nein zum Urlaub in einem waltschaft mit dem Mittel des faschistischen Land!, onsausschuß der Kurdistan-SoliErheben Sie Solidarität mit undaritätsgruppen in der BRD: "... seren Völkern im Kampf gegen Während sich der BRD-Imperiadie faschistische türkische Diktalismus wieder zu einer weltweit tur! ...". operierenden imperialistischen 4. "YENI CÖZÜM" vom März Ordnungsmacht aufzuschwingen 1989: "... Einer dieser Verräter versucht, während westdeutist Engin KAYA. ... Er wurde sche Konzerne in der Türkei durch unsere Bewegung zunehmend investieren und die Devrimci Sol festgenommen, als Militärhilfe für die Türkei seit er, nachdem sein wahres Gedem Militärputsch 1980 noch sicht entblößt wurde, seinen reichlicher fließt, soll der BefreiWohnsitz wechseln wollte. Er ungskampf eines ganzen Volkes, wurde vernommen und hat seides kurdischen Volkes, gegen nen Verrat gestanden. Im Naden türkischen Kolonialismus men der Völker der Türkei und und die ihn stützenden NATOaller Demokraten, Revolutionäre Mächte, allen voran die BRD, vor und Patrioten ... wurde er zum dem OLG Düsseldorf als terroriTode verurteilt. Seine Todesstrastisch) angeklagt und verurteilt fe wurde durch Erhängen vollwerden. ... Ein Agent des Bunstreckt ...". deskriminalamtes hat trotz juri5. "Kurzbeschlüsse" des Zentralkostischer Hierarchie mehr Kompemitees der TKP/M-L vom Juni Bestrebungen von Ausländern 169 1989 unter der Überschrift: "Die schrift "Kampf dem faschisti3. Konferenz der TKP/M-L hat schen Coburger Convent! Den alle unter der Decke steKampf gegen den Coburger Conhenden Bourgeoisie-Ideologien vent verbinden mit dem Kampf verurteilt": "... Als wahre und gegen den westdeutschen legale Konferenz der TKP/M-L Imperialismus, Revanchismus zeigt die 3. Konferenz unserer und Militarismus!", ohne Datum: Partei den folgenden Weg: Die "... Der westdeutsche Imperiazentrale Aufgabe ist die Erweitelismus und sein Staat, vertreten rung und Vertiefung des Guerilladurch die verschiedenen RegieKampfes in den ländlichen Gerungen von SPD und CDU, bieten und die Anwendung der haben in den letzten Jahren eine Angriffstaktiken ... Es ist nicht zunehmende Faschisierung möglich, den Feind mit einer durchgeführt. Seien es die NotWaffe zu besiegen, daher rüstet standsgesetze oder die sogeEuch aus und macht Euch zu nannten , einem gut ausgebildeten Soldaseien es die Paragraphen 129 a ten. Als ein Armeeangehöriger oder die zunehmende Militarisiesollt ihr versuchen, die Zahl rung von Polizei, die Ausländereurer Waffenbrüder und Lebensgesetze etc. - all das sind Maßgefährten zu steigern. Jeden Tag nahmen, die darauf ausgerichtet macht ihr einen Schritt vorwärts sind, bürgerlich-demokratische und greift den Feind an. Das Grundrechte nicht nur einzuAngreifen und Vorwärtsbewegen schränken, abzubauen, sondern sind die einzigen Kräfte, die die abzuschaffen und mit faschiArmee und den Soldaten mit stischen Maßnahmen zu ersetKampfkraft und Kampfgeist aufzen ...". laden ...". 8. "Ümmet-i Muhammed", Nr. 15 6. Flugschrift der TKP/M-L (Bolsevom 1. Februar 1989: "... Die vik) Auslandsbüro vom August Muslime haben die ihnen von 1989 unter der Überschrift: "Die ihrem Glauben erteilte Aufgabe, blutigen faschistischen DiktatuGewalt anzuwenden und sich zu ren des Imperialismus und seiverteidigen, wer es auch immer ner Handlanger werden durch sei, der diese Aufforderung die Revolution gestürzt werbehindert. Um die Glaubensfreiden!": "... Der westdeutsche heit zu sichern und die SicherImperialismus ist einer der heit der Personen zu gewährleiHauptunterstützer der faschististen, die Allah auf den richtigen schen Juntas, er ist einer der Weg geführt hat, ist die AnwenTodfeinde der Völker der Türkei, dung von Gewalt eine völlig leChiles und der ganzen Welt! Tod gale Aufgabe. Es ist eine göttlidem westdeutschen Imperialische Aufgabe, alle Mächte, die mus! ... Die Aufgabe ist: In dem sich den Muslimen in den Weg Land, in dem wir leben, in Weststellen, die diese göttliche AufDeutschland die Militarisierung forderung in Freiheit verkündides westdeutschen imperialistigen, oder die ihre Glaubensfreischen Staates nach außen, und heit bedrohen, in tausend Stücke die Entwicklung der Faschisiezu zerschlagen und sie zu stürrung im Innern zu entlarven und zen ... . anzuprangern, und in diesem Punkt mit allen inländischen und ausländischen revolutionären Organisationen solidarisch zu sein ...". 7. Im März 1989 im Bundesgebiet festgestelltes Flugblatt der "Bolsevik Partizan" unter der Über- 170 Sicherheitsgefährdende und extremistische IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1989 (1988) 1. Iren Provisional Irisch Republican Army(PIRA) 2. Kurden 2.950 (2.750) Arbeiterpartei Kurdistans Berxwedan (Widerstand) (PKK) -vierzehntäglich - Serxwebun (Unabhängigkeit) - monatlich - Föderation der patriotischen FEYKA-Info Arbeiterund Kultur- - unregelmäßig - vereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V. (FEYKA-Kurdistan) Nationale Befreiungsfront Kurdistan Report Kurdistans (ERNK) - zweimonatlich - Föderation der Arbeitervereine Denge KOMKAR aus Kurdistan in der (Stimme KOMKAR) Bundesrepublik Deutschland - monatlich - und Westberlin e. V. Informationsbulletin (KOMKAR) Kurdistan - zweimonatlich - 3. Araber 3.650 (3.000) Volksfront für die Befreiung Al Hadaf (Das Ziel) Palästinas (PFLP) -wöchentlich - - Bochum - Democratic Palestine - zweimonatlichHisb Allah Al-Ahd (Die Verpflichtung) (Partei Gottes) -wöchentlich - Volksfront für die Befreiung Palästinas-Generalkommando (PFLP-GC) Bestrebungen von Ausländern 171 Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1989 (1988) 4. Türken 29.350 (31.500) 4.1 "Neue Linke" 4.220 (4.850) Türkische Kommunistische Partizan Partei/Marxisten-Leninisten - unregelmäßig - (TKP/M-L) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V. (ATIF) - Duisburg - Konföderation der Arbeiter Mücadele (Kampf) aus der Türkei in Europa (ATIK) - monatlich - Bolsevik Partizan (BP) Bolsevik Partizan - unregelmäßig - Türkische Volksbefreiungspartei/-Front (THKP/-C) Devrimci Isci Devrimci Isci (Revolutionärer Arbeiter) (Revolutionärer Arbeiter) - Hannover- - zweimonatlich - Türkei Information - zweimonatlich - Avrupa da Dev Gene (Revolutionäre Jugend in Europa) - Tarnorganisation der 1983 verbotenen Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) - 4.2 Orthodoxe Kommunisten 2.980 (3.550) Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei (GDF) Vereinigte Kommunistische Partei der Türkei (TBKB) 4.3 Islamische Extremisten 15.700 (16.000) Verband der islamischen Ümmet-i Muhammed Vereine und Gemeinden e. V, (Die Nation Mohammeds) Köln (ICCB) - 1 ötäglich -- - Köln - Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. (AMGT) - Köln - 172 Sicherheitsgefährdende und extremistische Organisation Mitglieder Publikationen -einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1989 (1988) 4.4 Extreme Nationalisten 6.450 (7.100) Föderation der türkischdemokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. (ADÜTDF) - Frankfurt/M. - 5. Iraner 3.250 (3.450) 5.1 Anhänger der iranischen Regierung Union Islamischer Ghods Studentenvereine in Europa - unregelmäßig, Deutsch/ (U. I. S. A.) 400 (400) persisch/arabisch - 5.2 Gegner der iranischen Regierung Iranische Moslemische 800 (700) Freiheit für Iran Studenten-Vereinigung - unregelmäßig Bundesrepublik DeutschNashriyeh'e land e. V. Ettehadieyeh'e (MSV) Anjomanha'ye - Köln - Daneshjuyan'e Mosalman Kharej'e Kheswar (Veröffentlichung der Union der Moslemischen Studentenvereine im Ausland) - unregelmäßig - Najmu'e Khabari az Iran (Nachrichtenspiegel aus dem Iran) - unregelmäßig/deutsch - Organisation der iranischen 100 (100) Iran im Kampf Studenten in der Bundes- - unregelmäßig - republik Deutschland und Iran Rundschau West-Berlin, Sympathisanten - unregelmäßig - der Volksfedayin Guerilla Iran Resistance (Ashraf DEGHANI-Anhänger) - unregelmäßig/deutsch - (O. I. P. F. G.) GUJA - unregelmäßig/persisch - Tudeh-Partei Iran einschl. 400 (400) Nahmeh Mardom Organisation iranischer (Botschaft des Volkes) Studenten Sympathisanten der -wöchentlichOrganisation der Volksfedayin Tudeh-News des Iran (Mehrheit) (O. I. S.) - monatlich - Tudeh-Bulletin - unregelmäßig/deutsch - Bestrebungen von Ausländern 173 Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1989 (1988) Rat der Konstitutionellen 1.000 (1.000) Nejat Iran Monarchie des Iran in der (Die Befreiung Irans) Bundesrepublik Deutschland - unregelmäßig - und West-Berlin (R. K.M. I.) - Frankfurt/M. - P^ÄHJ Spionageabwehr zjßf me4tf& 3te h * Hte 176 Spionageabwehr 1. Spionageabwehr, Schwerpunktaufgaben der Verfassungsschutzbehörden von bleibender Aktualität Ungeachtet des politischen Umbruchs in kommunistisch regierten Ländern Osteuropas haben die Geheimdienste dieser Staaten auch im Jahre 1989 mit einer den Vorjahren vergleichbaren Intensität die Bundesrepublik Deutschland in allen wesentlichen Bereichen von Politik, Verteidigung und Wirtschaft nachrichtendienstlich aufzuklären versucht. Politische Allerdings wurden im Zuge der z. T. grundlegenden Veränderungen Umwälzungen im in Osteuropa auch und gerade die jeweiligen nationalen GeheimOsten: dienste einer kritischen öffentlichen Diskussion ausgesetzt. In der Konsequenzen für die "StaatssicherDDR wurde im November 1989 das bis dahin allgegenwärtige heit" Ministerium für Staatssicherheit (MfS), einige Zeit darauf auch die Nachfolgeorganisation, das Amt für Nationale Sicherheit, aufgelöst. Das gleiche Schicksal ereilte einige Zeit später auch die rumänische Securitate. Doch darf dabei nicht übersehen werden, daß es im wesentlichen die Verfehlungen und Mißstände der "Staatssicherheit", nämlich des innerstaatlichen und in der Bevölkerung verhaßten Überwachungsapparates waren, die Wut und Empörung auslösten und auch in Gewaltaktionen mündeten. Die offensive Auslandsaufklärung hingegen war nie öffentlich Gegenstand einer nachhaltigen Kritik. Der Leiter des Amtes für Nationale Sicherheit Aktualität der der DDR, der Nachfolgebehörde des MfS,verkündete noch Ende AuslandsNovember 1989 in einem Interview, daß die Auslandsaufklärung aufklärung ... unverzichtbar bleibe und kein moderner Staat in Mitteleuropa ohne sie auskommen könne*. In ähnlicher Weise äußerte sich auch der Chef des sowjetischen zivilen Nachrichtendienstes KGB. Ob sich die derzeitigen Veränderungen in den Ostblockstaaten nachhaltig auf die Tätigkeit der dortigen Auslandsnachrichtendienste auswirken werden, bleibt abzuwarten. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben aber gezeigt, daß auch in Zeiten militärischer Abrüstung und voranschreitender politischer Kursoder gar Systemänderungen nachrichtendienstliche Aufklärungsaktivitäten nicht nachließen. Dies wurde z. B. durch Aussagen eines sowjetischen Überläufers belegt, nach denen der sowjetische Nachrichtendienst KGB im Anschluß an die KSZE-Konferenz von Helsinki im Jahre 1975, und damit in einer Phase internationaler Entspannung, angewiesen wurde, seine Bemühungen, US-Bürger für eine Verratstätigkeit anzuwerben, noch zu verstärken. Aus der Sicht der betroffenen Regierungen bargen s. Zt. Veränderungen im Gefolge der KSZE-Konferenz ein erhöhtes politisches wie unter Umständen auch militärisches Risikopotential in sich. * Diese These behält im Grundsatz ihre Gültigkeit, trotz der vollständigen Auflösung des DDR-Spionageapparates. Spionageabwehr 177 Deshalb zeigten sie ein noch stärkeres Interesse an möglichst zuverlässigen und umfassenden (Hintergrund-)lnformationen über die Staaten des Westens, deren politische und militärstrategische . . . im politischen, Positionen sowie ihre möglichen Reaktionen auf politische, wirtmilitärischen und schaftliche und militärische Veränderungen in Osteuropa. Es bedarf *** genauer Beobachtung, ob sich diese Erfahrung erneut bestätigt und auch künftig mit einer gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten intensiven Auslandsaufklärung zu rechnen ist. Bis andere Fakten vorliegen, ist mit weiter anhaltender Spionage zu rechnen. Besonderes Augenmerk verdient die Wirtschaftsspionage. Ange- . . . wirtschaftsichts der nicht mehr zu verbergenden und weithin eingestandeliehen Bereich nen desolaten Wirtschaftslage der Staaten des Warschauer Pakts steht zu erwarten, daß die Bewältigung der wirtschaftlichen Probleme mit Nachdruck verfolgt wird. Sofern die Lösung dieser Probleme nicht durch eine enge wirtschaftliche Zusammenarbeit mit westlichen Ländern erreicht werden kann, ist mit einem Anhalten der Wirtschaftsspionage zu rechnen. Denn durch die illegale Beschaffung von Forschungsund Entwicklungsergebnissen, technischem "know how" über Produktionsverfahren sowie von fertigen Endprodukten der Industrie bis hin zur Hochtechnologie lassen sich sowohl lange Forschungsund Entwicklungszeiten wie auch Kosten in beträchtlicher Höhe einsparen. Vor allem zur Beschaffung embargogeschützter Ware (dem sog. illegalen Technologietransfer), aber nicht nur hierzu, wurden die gegnerischen Nachrichtendienste bisher gezielt eingesetzt. Während 1989 insgesamt noch eine starke Aufklärung der opposiEmigration tionellen Emigrantenszene in der Bundesrepublik Deutschland festgestellt werden konnte, wird in diesem Bereich als Folge der Demokratisierungsbemühungen und der veränderten politischen Lage in den Heimatländern künftig eine Umorientierung der gegnerischen Nachrichtendienste erwartet werden können. 2. Kontaktanlässe/Werbungsmethoden Werbung und Führung von Agenten sind klassischer und stetiger Bestandteil der Arbeit aller gegnerischen Nachrichtendienste. Die Gewinnung von Agenten wird daher als Schwerpunktaufgabe betrieben und mit erheblichem personellen, materiellen und organisatorischen Aufwand und großer Sorgfalt geplant und durchgeführt. Die Ansätze für die Auswahl und nachrichtendienstliche Bearbeitung einer Zielperson wie auch die Anlässe für die Ansprache zum Zweck der sofortigen oder späteren Anwerbung können ganz unterschiedlicher Art sein. 178 Spionageabwehr 2.1 Nachrichtendienstliche Ansprachen von Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland Anbahnung bei Privaten und geschäftlichen Reisen von Bürgern der BundesrepuReisen in den blik Deutschland in den kommunistischen Machtbereich wurde kommunistischen auch 1989 von den gegnerischen Nachrichtendiensten besonderes Machtbereich Interesse entgegengebracht. Wie die festgestellten Werbungen und Werbungsversuche zeigten, nutzten vor allem die Nachrichtendienste der DDR und der CSSR, aber auch der UdSSR, Polens und Rumäniens solche Reisen als günstige Ansatzpunkte. Werbungsansatz: Bemerkenswert hinsichtlich der Auswahl der Zielpersonen ist, daß "Zufalls"selbst eher zufällige Kontakte zur nachrichtendienstlichen AnspraBekanntschaft che genutzt wurden. Dies zeigt z. B. folgender Fall, in dem die Ermittlungen im Frühjahr 1989 abgeschlossen wurden. Der Schüler C. fuhr anläßlich eines Aufenthalts in Berlin (West) mit einem Tagesvisum über den Bahnhof Friedrichstraße nach Berlin (Ost). Bei einem Kneipenbummel lernte er einen Roland kennen. Wie es schien, zeigte dieser bald ein persönliches Interesse an C, und es entwickelte sich ein Gespräch in einer von C. als locker und freundschaftlich empfundenen Atmosphäre. Dabei erwähnte Roland, daß er Friseur sei und bei seiner kranken Mutter wohne. Er bot C. an, sowohl jetzt als auch bei künftigen Aufenthalten in Berlin (Ost) bei ihm zu übernachten. Im Laufe des Gesprächs erkundigte Roland sich dann nach C.s Herkunft, seinen Lebensumständen und Zukunftsplänen. Schließlich erwähnte er, daß es in der Nähe von C.s Heimatstadt doch militärische Einrichtungen gäbe. In diesem Zusammenhang fragte er dann unumwunden, ob C. bereit sei, solche militärischen Anlagen auszuspähen und ihm Fotografien zu liefern. Er gab zu verstehen, daß eine solche Tätigkeit selbstverändlich angemessen entlohnt würde. Bei der Verabschiedung schlug Roland ein weiteres Treffen zwei Tage später vor, das C. jedoch nicht mehr wahrnahm. Sorgfältige Anders als in diesem Fallbeispiel werden nachrichtendienstliche Vorbereitung Ansprachen in der Regel jedoch über einen meist längeren Zeitder Werbungsraum und - wie insbesondere beim zivilen Auslandsnachrichtenversuche dienst der DDR, der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des früheren Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), festzustellen war - mit Werbungsansatz: besonderer Sorgfalt vorbereitet. Die bisher generell üblichen ReiseVisumantrag formalitäten, insbesondere die Beantragung eines Visums unter Angabe einer Vielzahl personenbezogener Daten, brachten manchen Bundesbürger ins Visier der im Verwaltungsapparat osteuropäischer Staaten zumindest 1989 noch allgegenwärtigen "Staatssicherheit". Bis es dann zu Kontaktierungsversuchen kam, verging oft eine lange Zeit, während der die Zielperson umfassend abgeklärt wurde. Die Ansprache erfolgte manchmal erst nach mehrmaligen Einreisen in das betreffende Land, z. T. sogar erst nach mehre- Spionageabwehr 179 ren Jahren. Die dann angesprochenen Bundesbürger waren meist erstaunt, daß ihnen bereits im ersten Gespräch mit den Werbern vor allem der DDR-Dienste detaillierte Erkenntnisse aus ihrem privaten und beruflichen Umfeld präsentiert wurden. In Fällen, in denen Bundesbürger sich zu Verwandtenbesuchen im Osten aufhielten, wurde das erste Gespräch mit einem Mitarbeiter des gegKontaktnerischen Nachrichtendienstes vielfach sogar von den Gastgebern Herstellung über selbst oder ihrer näheren Umgebung vermittelt: Gastgeber Der im Januar 1989 vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung sowie einer Geldstrafe verurteilte Fotosetzer K. pflegte häufiger mit seiner Familie zu Verwandten seiner Ehefrau nach Karl-Marx-Stadt/ DDR zu reisen. Bei einem dieser Besuche Ende der siebziger Jahre machte ihn ein Vetter seiner Ehefrau mit einem angeblichen Freund der Familie namens "Rainer" bekannt. Nach zahlreichen langen Gesprächen, zu denen später noch ein "Steffen" hinzukam, gaben die beiden sich als Mitarbeiter des MfS zu erkennen und versuchten, K. für den "Dienst als Friedenskundschafter" zu gewinnen. Schließlich gab K. nach und erklärte sich mündlich zur Mitarbeit bereit. Er erhielt eine erste nachrichtendienstliche Schulung und kehrte in die Bundesrepublik Deutschland zurück mit dem Auftrag, Personen aus dem Hochschulbereich oder mit qualifizierter technischer Ausbildung aus sonstigen Bereichen zu "tippen", d. h. er sollte seinem Führungsoffizier Personen benennen, die im Hinblick auf eine nachrichtendienstliche Mitarbeit interessant erschienen, und nähere Informationen über diese Zielpersonen beschaffen. In den folgenden Jahren kam es zu mindestens 15 Treffreisen in die DDR und nach Berlin (Ost) sowie zu weiteren Treffs mit einem Instrukteur im Raum Frankfurt/M. und Offenbach. K. wurde dabei wiederholt nachrichtendienstlich geschult und mit nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln ausgerüstet, u. a. mit einer als Container gearbeiteten Herrenhandtasche, einem Füllfederhalter für Geheimschreibverfahren sowie einem Zifferncode zur Entschlüsselung des Agentenfunks, für dessen Empfang K. sich weisungsgemäß ein Radiogerät mit KW-Empfangsteil kaufte. "Für den Notfall" nannte man ihm eine konspirative Telefonnummer in Karl-MarxStadt. K. wurde immer wieder zur Intensivierung seiner dem MfS-Führungsoffizier zu unergiebig erscheinenden Verratsaktivitäten angehalten. Zusätzlich erhielt er den Auftrag, Bürger der Bundesrepublik Deutschland als Agenten anzuwerben. Weisungsgemäß versuchte er 1984, einen ihm bekannten Ingenieur der Nachrichtentechnik, der den nachrichtendienstlichen Hintergrund nicht erkannte, unter einer Legende für eine Mitarbeit zu gewinnen und ihn zu einer Bewerbung beim Bundesnachrichtendienst zu veranlassen. Beide Vorhaben scheiterten. 180 Spionageabwehr Kontaktierung In anderen Fällen erfolgte die Ansprache von Bürgern der Bundesbei polizeilicher republik Deutschland bei der obligatorischen polizeilichen AnmelAnmeldung dung nach der Einreise am Aufenthaltsort. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wurde diese Situation bevorzugt von den tschechoslowakischen Nachrichtendiensten zum Anlaß für eine Ansprache genommen. Ansatz für die nachrichtendienstliche Bearbeitung der potentiellen Zielpersonen war jeweils die vorangegangene Beantragung des erforderlichen Einreisevisums für die CSSR. Die Anträge bestimmter, in nachrichtendienstlicher Hinsicht interessanter Personengruppen - z u ihnen gehören u. a. Soldaten, Journalisten, Polizeibeamte sowie Personen, die vormals in der CSSR lebten - werden nicht von der Konsularund Visaabteilung der tschechoslowakischen Botschaft, sondern vom Innenministerium in Prag bearbeitet. Nachrichtendienstlich interessante Personen wurden dort aus der Vielzahl der Anträge herausgefiltert und unter operativen Gesichtspunkten bearbeitet. Der nachrichtendienstliche Erstkontakt wurde dann überwiegend nach der Einreise im Zusammenhang mit der polizeilichen Anmeldung bei der örtlich zuständigen Paßund Visastelle geknüpft. Hierzu wurden die Zielpersonen nach Abschluß der melderechtlichen Formalitäten zumeist unter einem Vorwand in ein Nebenzimmer gebeten und dort von Angehörigen des tschechoslowakischen Nachrichtendienstes zunächst eingehend befragt. Einstieg für den anschließenden nachrichtendienstlichen Werbungsversuch waren u. a. die berufliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, Kontakte zu tschechoslowakischen Emigranten im Bundesgebiet sowie verwandtschaftliche oder Werbungsmittel: freundschaftliche Beziehungen in die CSSR, die als Vorwand für Nötigung, gelegentliche Treffreisen herhalten konnten. Dabei nutzten die Versprechen von Werber geschickt die Zwangssituation des Besuchers aus, indem Vorteilen sie z. B. mit einem künftigen Einreiseverbot oder Repressalien gegen Verwandte oder Bekannte in der CSSR drohten. Oftmals wurde auch durch das Versprechen von Vorteilen (Familienzusammenführung, Befreiung vom Zwangsumtausch) das Ziel der nachrichtendienstlichen Anwerbung erreicht. Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht das methodische Vorgehen des gegnerischen Dienstes: 0. führte seit Jahren regelmäßig Besuchsreisen zu Verwandten in der CSSR durch, wobei er lange Zeit von behördlichen Nachstellungen unbehelligt blieb. Bei einer weiteren Besuchsreise wurde 0., der im Entwicklungslabor eines Elektronikunternehmens arbeitete, anläßlich der Anmeldung bei der Paßund Visastelle am Wohnort der Verwandten in ein Nebenzimmer geführt und dann zu einem Gespräch außerhalb der Dienststelle gebeten. 0. kam diesem Ansinnen nach und wurde bei dem Treff von seinem Gesprächspartner ohne Umschweife zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit aufgefordert. Dabei zeigte der Angehörige des gegnerischen Nachrichtendienstes ein beson- Spionageabwehr 181 deres Interesse an Geräten und Planungsunterlagen aus dem Arbeitsbereich des 0. Darüber hinaus wurde 0. angehalten, für die Vereinbarung weiterer Treffs in Prag und Berlin (Ost) eine Deckadresse in der CSSR zu notieren. Obwohl sich 0. strikt weigerte, die erteilten Aufträge auszuführen und dies unmißverständlich äußerte, beharrte der ND-Angehörige auf seinem Verlangen. 0. blieb jedoch bei seiner konsequenten Ablehnung und offenbarte sich nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland den zuständigen Sicherheitsbehörden. Nicht nur Reisen in den kommunistischen Machtbereich, sondern Anbahnung von auch Besuchsreisen von Staatsangehörigen osteuropäischer LänBürgern der der und aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland wurden Bundesrepublik Deutschland von den gegnerischen Nachrichtendiensten dazu benutzt, eine spätere Anwerbung von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland vordurch Besuchszubereiten. Beispielhaft dafür sind zahlreiche Fälle, in denen DDRreisende aus dem Bürger vor ihren Reisen in das Bundesgebiet von MfS-Angehörigen Osten kontaktiert und aufgefordert wurden, bestimmte Personen ihres engeren oder auch weiteren Verwandtenund Bekanntenkreises im Bundesgebiet zu einem Besuch in die DDR oder nach Berlin (Ost) einzuladen. Bezeichnend dabei ist, daß das MfS dem reisenden DDR-Bürger in manchen Fällen eine in der Bundesrepublik Deutschland lebende Zielperson aus der entfernteren Verwandtschaft vorher genau benannte und beschrieb, während er selbst diese Person oder ihren Beruf noch gar nicht kannte. Diese Vorgehensweise läßt darauf schließen, daß die hier lebende Verwandtschaft und deren Umfeld von den Aufklärungsdiensten der DDR, vor allem aber dem früheren MfS, sehr sorgfältig abgeklärt wurden. Diese bis ins Detail gehende Abklärung der verwandtschaftlichen Beziehungen läßt den Schluß zu, daß das MfS hinreichend in der Lage war, auch im Bundesgebiet zu ermitteln und zu observieren. Daß solche Aktivitäten einen hohen personellen Einsatz und finanziellen Aufwand im Operationsgebiet erfordern, liegt auf der Hand. 2.2 Nachrichtendienstliche Gefährdung von Übersiedlern, Aussiedlern und Asylsuchenden aus dem kommunistischen Machtbereich Der Zustrom von Übersiedlern aus der DDR hat sich 1989 dramatisch erhöht. Mit dieser größten Übersiedlerwelle seit dem Mauerbau 1961 kamen rd. 350.000 DDR-Bürger in das Bundesgebiet. Aufgrund freiwilliger Offenbarungen von Übersiedlern gegenüber Anwerbung von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder hat Übersiedlern sich gezeigt, daß das MfS auch 1989 DDR-Bürger, die einen Antrag auf Ausreise gestellt hatten, für nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland genutzt hat. Um ihren Ausreisewunsch nicht zu gefährden, haben sich Übersiedlungswillige 182 Spionageabwehr vielfach bereiterklärt, zunächst eine Spitzeltätigkeit in der DDR im persönlichen und beruflichen Umfeld zu verrichten. Diese einmal hergestellte Verstrickung diente dann bei der bevorstehenden Ausreise als Anknüpfungspunkt, um den Übersiedler auch für eine künftige nachrichtendienstliche Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland zu gewinnen. Zahlreiche Übersiedler konnten auf diese Weise von den DDR-Nachrichtendiensten angeworben werden. Weitere, auch bei Ost-West-Reisen häufig angewandte Methoden, eine Verpflichtungserklärung zu erwirken, waren das Versprechen von Vorteilen verschiedener Art, insbesondere die Zusage, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, oder aber auch die Drohung mit Nachteilen. Vor ihrer Ausreise aus der DDR wurden manche der angeworbenen Übersiedler lediglich in allgemeiner Form auf die künftige Zusammenarbeit hingewiesen, in anderen Fällen wurden bereits konkrete nachrichtendienstliche Aufträge gegen Personen und Objekte im Bundesgebiet erteilt. Agenten im Die DDR-Nachrichtendienste nutzten nicht nur das förmliche ÜberFlüchtiingsstrom siedlungsbzw. Ausreiseverfahren. Auch unter den unkontrollierten Flüchtlingsstrom (z. B. über Ungarn) mischte das MfS seine Agenten, um andere Übersiedler, das Aufnahmeverfahren sowie Objekte im Bundesgebiet abzuklären. Anwerbung von Auch die Nachrichtendienste der anderen osteuropäischen Staaten Aussiedlern blieben bemüht, Ausreisewillige für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit zu gewinnen. Die hierbei angewandten Methoden der Anwerbung gleichen denen der DDR-Nachrichtendienste, wobei allerdings unterschiedliche Akzente erkennbar wurden. Bei den polnischen und rumänischen Nachrichtendiensten kam es nach den 1989 erfaßten Aussagen von betroffenen Aussiedlern und Asylsuchenden häufiger vor, daß mit Nachteilen für den Fall einer Verweigerung der nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit gedroht wurde. Der nachfolgend geschilderte Fall, in dem die nachrichtendienstliche Kontaktierung erst 20 Jahre nach der Aussiedlung aus der UdSSR erfolgte, demonstriert, daß Aussiedler auch nach langer Zeit, wenn sie bereits beruflich und persönlich im Bundesgebiet etabliert sind, noch im Blickfeld gegnerischer Nachrichtendienste stehen können. Darüber hinaus zeigt der Fall beispielhaft, wie eine Ansprache in vielen vorausgehenden Schritten und über einen längeren Zeitraum vorbereitet wird: Der 1956 in der Sowjetunion geborene T. kam 1966 zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern als Aussiedler in das Bundesgebiet. Im November 1988 erhielt T. den Telefonanruf eines Dr. M., der ihm ankündigte, ein Paket aus Lwow/Weißrußland überbringen zu wollen. T, der hinter dem Anruf zunächst einen Scherz vermutete, erhielt erst 4 Monate später, im März 1989, einen erneuten Anruf von Dr. M., wobei dieser an das zuvor Spionageabwehr 183 erwähnte Paket erinnerte. Den langen Zeitraum zwischen den beiden Anrufen entschuldigte Dr. M. mit einer angeblichen Reise in die USA. Auf den Einwand des T., keinerlei Beziehungen nach Lwow zu unterhalten, erklärte Dr. M., sich damals geirrt zu haben, das Paket komme nicht aus Lwow, sondern von Verwandten aus Süddeutschland. Dr. M. sagte eine erneute telefonische Kontaktaufnahme für Ende des Monats zu. Mitte Mai 1989 meldete sich schließlich bei T. telefonisch ein Gert SCH., der sich als ein Bekannter von Dr. M. ausgab und in dessen Auftrag ein Paket übergeben wollte. Nachdem sich T. bereit erklärt hatte, den Anrufer zu empfangen, erschien dieser schon wenige Minuten später und übergab T. ein in Geschenkpapier eingewickeltes Paket. Auf Nachfrage des T. konnte SCH. keine näheren Angaben zu Dr. M. machen und gab vor, diesen nur flüchtig zu kennen. T. öffnete das Paket, fand aber keine weiteren Nachrichten, insbesondere keine Hinweise auf den Absender. Der Inhalt bestand aus einer braunen Holzdose mit Deckel sowie einem ikonenähnlichen Bild. Als T. nach einigen Tagen den Inhalt des Paketes genauer untersuchte und dabei die Rückwand des Bildes löste, fand er dort einen maschinengechriebenen Brief in russischer Sprache sowie fünf 100 DM-Scheine. Der Absender - "ein Landsmann und uralter Bekannter, Peter" - forderte T. in dem Brief zu einem Treffen in Berlin (Ost) auf und äußerte den Wunsch, von T, "als Spezialisten eine qualifizierte Konsultation über interessierende Fragen zu bekommen". Der Briefschreiber stellte eine sofortige Bezahlung sowie auch künftig weiteres Einkommen in Aussicht. T. vermutete, daß es sich um einen Anbahnungsversuch eines sowjetischen Nachrichtendienstes handelte. Er meldete den Sachverhalt sofort den Sicherheitsbehörden. Erst Anfang Juni 1989 erhielt T. dann einen weiteren Anruf des SCH., der nun erstmals auf die in dem Paket versteckte Nachricht hinwies und bat, diese zu entnehmen und zu lesen, nicht ahnend, daß T. sie bereits entdeckt hatte. Einige Wochen später meldete sich schließlich ein weiterer Anrufer, ein Peter, der sich als Verfasser des Briefes ausgab und nur gebrochenes Deutsch sprach. Er erklärte, daß sowohl der Paketüberbringer SCH. als auch Dr. M. mit dem "eigentlichen Geschäft" nichts zu tun hätten und lediglich Bekannte von ihm seien. Sodann wollte er von T. wissen, ob dieser zu dem vorgeschlagenen Treff nach Berlin (Ost) kommen werde. Als T. erwiderte, er habe kein Interesse an dem Angebot und darüber hinaus bereits die Sicherheitsbehörden eingeschaltet, reagierte Peter enttäuscht mit der Bemerkung, daß er T. "etwas mehr Verstand zugetraut" hätte. Das Interesse des gegnerischen Nachrichtendienstes war damit jedoch noch nicht verflogen. Einige Zeit später fragte Peter erneut an, ob man nicht doch noch ins Geschäft kommen könne, was T. jedoch weiterhin ablehnte. 184 Spionageabwehr 3. Zielrichtungen/Zielobjekte Die gegnerischen Nachrichtendienste versuchen entsprechend ihrem Aufklärungsauftrag ein möglichst umfassendes Bild über alle für die Regierungen ihrer Staaten wesentlichen Bereiche der westlichen Gesellschaften zu gewinnen. Sie stützen sich dabei sowohl auf jedermann zugängliche Quellen wie auch auf konspirativ gewonnene Informationen. Unverändert sind die Felder Politik, Militär sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Technik Ziele gegnerischer Ausspähungsbemühungen. 3.1 Politische Spionage/Ausspähung von Emigranten Die den Verfassungsschutzbehörden 1989 bekanntgewordenen Spionageaufträge zeigen deutlich, daß der politischen Spionage nach wie vor eine herausragende Bedeutung zukommt. Auch die bereits vor Jahren begonnene Reformpolitik GORBATSCHOWS und die in ihrem Gefolge eingetretene Wandlung der politischen Systeme in den Staaten Ostund Mitteleuropas haben 1989 ein Nachlassen der Spionagetätigkeit sowjetischer oder anderer osteuAusspähungsropäischer Nachrichtendienste in diesem Bereich nicht erkennen objekte: lassen. Bevorzugte Ziele gegnerischer Ausspähungsbemühungen Regierungsund waren Regierungsund Verwaltungsstellen - einschließlich der VerwaltungsSicherheitsbehörden - von Bund und Ländern sowie andere polistellen, Parteien tisch und gesellschaftlich aktive Kräfte, wie z. B. Gewerkschaften, Medien und vor allem die politischen Parteien. Nicht nur die etaAufklärungsblierten Parteien waren dabei von nachrichtendienstlichem Interesobjekte: se, sondern gerade auch die in der politischen Landschaft neu aufNeue Parteien tauchenden Kräfte. Deren Struktur, Standort in der hiesigen Parteienlandschaft, propagierte und wirkliche Ziele, gegenwärtiger und zu erwartender Einfluß auf die politischen EntScheidungsprozesse sowie Rückhalt in der Bevölkerung stellten für die osteuropäischen Regierungen wichtige Faktoren dar, die aus ihrer Sicht der besonderen Beobachtung und nachrichtendienstlichen Aufklärung bedürfen. Durch Angaben von Übersiedlern konnte in Erfahrung gebracht werden, daß z. B. das MfS bemüht war, Übersiedler sowie deren Verwandte und Bekannte in der Bundesrepublik Deutschland für eine Ausspähung der "Republikaner" zu gewinnen. Die in diesem Zusammenhang erteilten nachrichtendienstlichen Aufträge zielten zunächst nur auf die Sammlung offener Publikationen. Sie ließen jedoch erkennen, daß das MfS letztlich direkte Zugänge in dieser Partei über dort einzuschleusende Agenten anstrebte. AufklärungsEin Ziel gegnerischer Nachrichtendienste waren wie schon in den objekt: vorausgegangenen Jahren die im Bundesgebiet lebenden AussiedEmigration ler und Asylsuchenden aus Staaten des Ostblocks. 1989 kamen über 430.000 Angehörige dieses Personenkreises in die Bundesrepublik Deutschland. Mit den hiesigen Lebensgewohnheiten zunächst wenig vertraut, suchen viele von ihnen Anschluß und Unterstützung bei ehemaligen Landsleuten, die bereits hier leben Spionageabwehr 185 und sich in Vereinen oder sonstigen Organisationen zusammengeschlossen haben. Oftmals als Hort der politischen Opposition zu den Regierungen ihrer Herkunftsländer verdächtigt, wurden sie von deren Nachrichtendiensten sorgfältig beobachtet und ausgespäht. Es waren immer wieder Bemühungen der gegnerischen Nachrichtendienste zu verzeichnen, unter Aussiedlern und Asylsuchenden Agenten zu werben. Aber auch im Heimatland verbliebene Personen wurden, wenn sie Reisen ins Bundesgebiet beantragten, von den gegnerischen Nachrichtendiensten angegangen und beauftragt, hier Kontakt zu solchen Gruppierungen aufzunehmen und diese abzuklären: Nach Abschluß seines Studiums war Jaroslav Z. als Dozent an einer Hochschule in der CSSR tätig. Im Zusammenhang mit einer geplanten Dienstreise ins westliche Ausland wurde er im Rahmen des Reisegenehmigungsverfahrens von dem für die Hochschule zuständigen Angehörigen des tschechoslowakischen Nachrichtendienstes StB angesprochen. Ihm wurde bei dem Gespräch bedeutet, daß die Reisegenehmigung von seiner Bereitschaft zur Mitarbeit abhänge. Z., der auf die Reise nicht verzichten wollte, unterschrieb daraufhin eine Erklärung, in der er sich zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit verpflichtete. Z. wurde anschließend beauftragt, im Westen lebende tschechoslowakische Asylanten abzuklären. Daneben sollte er auch militärische Objekte aufsuchen. Z. hatte der Zusammenarbeit allerdings nur zum Schein zugestimmt. Nach der Einreise ins Bundesgebiet offenbarte er sich den deutschen Sicherheitsbehörden und blieb im Westen. 3.2 Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage Der enorme Rückstand der Volkswirtschaften des Ostblocks im Verhältnis zu den westlichen Staaten erklärt das Bestreben, alle Möglichkeiten zu nutzen, um diesen Abstand zu verringern. Lange Forschungsund Entwicklungzeiten wie auch Kosten in beträchtlicher Höhe lassen sich durch die illegale Beschaffung von Forschungsund Entwicklungsergebnissen, technischem "know how" sowie von fertigen Endprodukten der Industrie bis hin zur Gezielter Einsatz Hochtechnologie einsparen. Vor allem zur Erlangung embargogegegnerischer schützter Waren, deren Ausfuhr das Koordinierungskomitee für Nachrichtenden Ost-West-Handel (COCOM) wegen ihrer militärischen Nutzbardienste beim illegalen keit gesperrt hat, wurden gezielt die gegnerischen NachrichtenTechnologiedienste eingesetzt. transfer Welch hohe Bedeutung die osteuropäischen Staaten der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage beimessen, läßt sich schon an der Organisationsstruktur der hierbei besonders aktiven Nachrichtendienste erkennen. Sowohl das sowjetische KGB als auch das frühere MfS (bzw. dessen Nachfolgebehörde) in der DDR verfügen bzw. verfügten über größere Arbeitseinheiten mit besonders 186 Spionageabwehr ausgebildeten Mitarbeitern, deren einzige Aufgabe die Beschaffung und Auswertung von technischem Wissen und Gerät ist. Die Bedarfsbestimmung, zum Teil auch die Erteilung konkreter Beschaffungsaufträge, waren Sache eigens hierfür eingerichteter Koordinierungsstellen. Diese waren den Nachrichtendiensten vorgeschaltet und sollten eine ständige Anbindung an die staatlichen Produktionsstätten sicherstellen. Mit den Beschaffungsaktivitäten der Nachrichtendienste im Bereich der Wirtschaftsspionage sollten die Defizite des eigenen Wirtschaftssystems möglichst gezielt ausgeglichen werden. Folgender Fall ist typisch für die Arbeitsweise der gegnerischen Nachrichtendienste: Zielgruppe: Der Bundesbürger K. führte als Selbständiger ein kleines UnterErfolglose nehmen, das sich u. a. mit dem Vertrieb elektronischer Güter Unternehmer befaßte. Der geschäftliche Erfolg blieb aus, und K. erwirtschaftete schon bald erhebliche Verluste. Diese als Ansatzpunkt gegnerischer Nachrichtendienste "klassische" Konstellation war Anlaß und Gelegenheit für einen sowjetischen Nachrichtendienst, K. für eine perspektivisch ausgerichtete Zusammenarbeit zu gewinnen. In der Anbahnungsphase erhielt K. von einem Vertreter der in Berlin (West) mit einem Büro vertretenen sowjetischen Außenhandelsvereinigung lediglich Bagatellaufträge. Dabei wurden auch, um K. an unübliche Bestellungen zu gewöhnen, branchenfremde Aufträge, z. B. die Beschaffung einer bestimmten Dokumentation über Kernkraftwerke, erteilt. Die Bezahlung erfolgte ausschließlich in bar und wurde stets ohne Hinweis auf den Käufer quittiert. K.s Bereitschaft zur Zusammenarbeit wurde entscheidend dadurch gefördert, daß ihm bereits bei Auftragserteilung erhebliche Gewinnspannen eingeräumt wurden. Etwa zwei Jahre später stellte sich K. ein weiterer sowjetischer Vertreter als künftiger Auftraggeber vor. Anhand mitgebrachter Warenlisten bat er K., hierzu Angebote westlicher Firmen einzuholen. Erstmals sollten nun auch militärisch nutzbare und damit embargogeschützte Güter beschafft werden. Die Geschäftsabschlüsse bis dahin und die dabei erzielten Gewinne hatten bei K. bereits zu einer völligen geschäftlichen Abhängigkeit geführt, so daß er finanziell auf die weitere Zusammenarbeit angewiesen war und diese ungeachtet der damit verbundenen Gesetzesverstöße fortsetzte. Weitere Aufträge, deren Erfüllung in der Regel Verstöße gegen Embargobestimmungen darstellten, folgten. Sie reichten von der Beschaffung von Transistoren und Horchmikrosendern bis hin zur Lieferung von IBM-Computern, von Publikationen über Messeneuheiten bis zu detaillierten Systembeschreibungen diverser technischer Anlagen. Gegenüber den Herstellern oder Lieferanten verschleierte K. den wahren Endabnehmer, indem er z. B. angab, die Ware werde in ein westeuropäisches Land geliefert oder er könne aus Verbraucherschutzgründen keine Spionageabwehr 187 Angaben über den Kunden machen. Als ein namhaftes deutsches Unternehmen auf Vorlage der vorgeschriebenen Endnutzer-Bescheinigung bestand, wurde die Bestellung kurzerhand zurückgezogen und stattdessen nicht embargogeschützte Ware geordert. Die zunehmende Verlagerung der Auftragsrichtung auf spezielle Wehrtechnik erschwerte schließlich die Beschaffungsmöglichkeiten K.s. Andererseits wollte er nicht mehr auf die lukrativen Geschäfte verzichten. Auch die ungewöhnlichen Geschäftspraktiken wie Übergabetreffs auf Parkplätzen in Berlin (Ost) oder an der Transitstrecke sowie die Nutzung eines Privatkontos zur Verschleierung der jeweils in bar erfolgten Zahlungen konnten ihn nicht mehr abschrecken. Um weiterhin die Beschaffung der von dem sowjetischen Nachrichtendienst in Auftrag gegebenen Güter sicherzustellen, suchte K. einen geeigneten Partner, dessen Geschäftsverbindungen ihm die benötigten Zugangsmöglichkeiten eröffnen sollten. Er fand ihn in der Person des Betriebswirts G., den er als Mitgesellschafter in das Elektronikunternehmen aufnahm, ohne ihn allerdings im einzelnen in die Hintergründe der Geschäfte einzuweihen. Die weiteren Aufträge des sowjetischen Nachrichtendienstes betrafen u. a. die Beschaffung eines Rundumblickperiskops für den Kampfpanzer Leopard II sowie von hülsenloser Munition für ein neuentwickeltes Infanteriegewehr. Insgesamt dürften in dem Zeitraum von 1984 bis 1988 Lieferungen im Wert von mindestens 3 Millionen DM erfolgt sein. Die von K. erzielten Gewinnspannen betrugen in der Regel ca. 20 %, teilweise bis zu 35 % des Einkaufspreises. Der Nettogewinn K.s wird auf etwa 650.000 DM geschätzt. Auch wenn es darum ging, an Arbeitsergebnisse wissenschaftlichtechnologischer Forschung des Westens heranzukommen, wurden häufig gegnerische Nachrichtendienste aktiv. Dabei wurden vornehmlich wissenschaftliche Reisekader, d. h. Personen, die aus Ausspähung wissenschaftlichem oder sonstigem beruflichen Anlaß in den durch wissenschaftliche Westen reisten, eingesetzt. Diese verfügten entweder bereits über Reisekader die von den Nachrichtendiensten geschätzten guten Zugangsmöglichkeiten zu nachrichtendienstlich interessanten Personen und Einrichtungen oder konnten sie aller Voraussicht nach im Verlauf ihres Westaufenthalts erlangen. Ihr regelmäßig hohes Ausbildungsniveau erleichterte ihnen die Gewinnung entsprechender Erkenntnisse. Der Fall des tschechoslowakischen Wissenschaftlers T. zeigt, wie der tschechoslowakische Nachrichtendienst T.s wissenschaftliche Interessen geschickt auszunutzen verstand, um seine Zustimmung zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit zu erlangen: T. hatte nach langen Bemühungen die Zusage für ein Stipendium in der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Bereits kurz nach Erhalt des positiven Bescheids wurde er von einem angeb- 188 Spionageabwehr liehen Angehörigen des tschechoslowakischen Innenministeriums aufgesucht. Dieser stellte sich als zukünftiger Kontaktmann vor und erläuterte T., man erwarte von ihm, daß er während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland die von ihm zu besuchende Forschungseinrichtung ausspähe, geeignete Unterlagen sammle und abliefere. Um den Westaufenthalt und das Stipendium nicht zu gefährden, erklärte T. sich dazu bereit und durfte reisen. Die nachrichtendienstliche Verpflichtung war T. allerdings nur zum Schein eingegangen. In der Bundesrepublik Deutschland angekommen, offenbarte er sich und kehrte nicht mehr in seine Heimat zurück. ComputerEine hochaktuelle Variante der Spionage wurde erstmals in einem Spionage Fallkomplex aufgedeckt, bei dem im März 1989 mehrere Festnahmen erfolgten. Die Verfassungsschutzbehörden konnten nachweisen, daß ein gegnerischer Nachrichtendienst über Jahre gezielt westliche Datenbanken ausgeforscht hatte. Dem sowjetischen KGB war es durch die nachrichtendienstliche Zusamenarbeit mit deutschen "Hackern" gelungen, Erkenntnisse über zahlreiche westliche Rechnersysteme und darin gespeicherte Daten zu erlangen. Mit Computern vertraute Angehörige der "Hacker-Szene" waren dabei unbefugt und unter Überwindung vielfältig vorhandener Zugangssperren in fremde DV-Systeme und dort geführte Datenbanken eingedrungen und hatten Daten abgerufen. Der arbeitslose Croupier D., der kein "Hacker" war, sondern lediglich über Kontakte zu solchen verfügte, hatte sich 1986 an die sowjetische Handelsvertretung (SHV) in Berlin (Ost) gewandt und dem dort als Mitarbeiter der SHV getarnten KGBAngehörigen SERGEJ angeboten, gegen Bezahlung Informationen u. a. darüber zu liefern, wie man die Zugangssperren von wissenschaftlich und militärisch genutzten Rechnern in der Bundesrepublik Deutschland und im westlichen Ausland überwinden könne. Da SERGEJ zunächst primär daran interessiert war, bereits beschaffte und ausgedruckte Dateiinhalte von D. zu bekommen, sagte D. auch dies zu. In der Folgezeit kam es zu mindestens 25 weiteren Treffs in Berlin (Ost), die überwiegend von D. wahrgenommen wurden und bei denen SERGEJ stets neues von D.s "Hacker-Komplizen" zusammengetragenes Material bekam. Als Gegenleistung zahlte das KGB insgesamt über 90.000 DM. Die Bezahlung erfolgte jeweils, nachdem Experten der Moskauer Zentrale des KGB die Lieferungen überprüft und ihren Wert eingeschätzt hatten. D. und zwei weitere "Hacker" wurden wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen verurteilt. 3.3 Militärspionage Die Militärspionage ist eines der klassischen und stets aktuellen Betätigungsfelder gegnerischer Nachrichtendienste. Auftrag, Star- Spionageabwehr 189 ke und Ausrüstung der Bundeswehr sowie der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte von NATO-Partnern waren auch 1989 von Interesse für die Regierungen des Warschauer Pakts und daher beständig Ausspähungsziel ihrer zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Ein neues Terrain nachrichtendienstlicher Aufklärung eröffnete sich in neuerer Zeit im Zuge internationaler Abrüstungsverhandlungen und Abrüstungsinitiativen. Ergänzend zur Arbeit der offiziellen Überwachungskommissionen sollte auch die Militärspionage ihren Beitrag zur Kontrolle der Abrüstungsschritte liefern. Die gegnerischen Nachrichtendienste bemühten sich im Rahmen der Aufklärung militärischer Ziele nicht nur um direkte Zugänge zu den Streitkräften durch "Agenten im Objekt". Vielmehr wurden immer wieder auch Außenstehende dazu herangezogen. Dies zeigt einmal mehr der Fall eines RU-Agentenehepaares, das im Mai 1989 enttarnt und im November 1989 wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen von je zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde. Bei RU (Razvedivatelnoye Upravleniye = Aufklärungsverwaltung) handelt es sich um nachrichtendienstliche Einheiten, die u. a. bei den im Ausland stationierten sowjetischen Truppenteilen angesiedelt sind. Ihre Aufgabe ist vornehmlich die militärisch-taktische Aufklärung. Die den in der DDR stationierten sowjetischen Truppen, der "WESTLICHEN ARMEEGRUPPE", zugehörige RU-Einheit konzentrierte sich demgemäß auf die Aufklärung solcher Gebiete in der Bundesrepublik Deutschland, die im Falle eines bewaffneten Konflikts als Operationsgebiet dieser Armeegruppe vorgesehen sind. Typische Aufträge für RU-Agenten waren daher die Erkundung von Kasernen, Depots, Flugplätzen und sonstigen militärischen Einrichtungen sowie von Truppenbewegungen der Bundeswehr und der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten NATO-Streitkräfte. In Spannungsund Kriegszeiten hat der RU-Agent dann zusätzlich die Aufgabe, mit Hilfe eines Funkgeräts Verbindung zu seiner Führungsstelle zu halten und über Truppenbewegungen und militärische Einsatzvorbereitungen zu berichten. Außerdem ist davon auszugehen, daß RU-Agenten insbesondere zu Beginn der Kampfhandlungen auch zu Sabotageakten eingesetzt werden können. Das oben angesprochene Agentenehepaar B. hatte seit Anfang der achtziger Jahre für die RU gearbeitet. Der Ehemann, ein gelernter Kfz-Mechaniker, war 1961 aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt. Während eines Verwandtenbesuchs in der DDR zum Jahreswechsel 1982/83 machte ihn sein dort lebender Bruder mit "German", einem angeblichen Studenten der Pädagogik, bekannt. Unter dem Vorwand, für seine Studien vergleichende Informationen aus dem Westen zu benötigen, unterhielt er sich mit B. über politische und soziale Fragen allgemeiner Art. Bei einem der folgenden Besuche stell- 190 Spionageabwehr te German dem B. in Aussicht, ihm bei der geplanten Eheschließung und anschließenden Übersiedlung seiner Ehefrau, die B. 1982 in der DDR kennengelernt hatte, behilflich zu sein. Als Gegenleistung forderte er von B., schriftlich eine Zusammenarbeit mit dem "sowjetischen Informationsdienst" zu versprechen. Es handelt sich dabei um eine nachrichtendienstliche Verpflichtungserklärung, die B. unterschrieb. Während B. anschließend lediglich eine Unterweisung im Geheimschriftverfahren mit Kontaktpapier erhielt, wurde seine Frau, nachdem sie sich vor ihrer Übersiedlung ebenfalls zur Mitarbeitet verpflichtet hatte, einige Monate lang intensiv nachrichtendienstlich ausgebildet, u. a. im Agentenfunkverkehr, im Chiffrieren und Dechiffrieren, im Anlegen und Benutzen Toter Briefkästen sowie in der Bedienung eines Funkgeräts. Von der Bundesrepublik aus berichtete das Ehepaar in den Folgejahren auftragsgemäß u. a. über Stationierung, Bewegungen und Manöver von Truppen im süddeutschen Raum, insbesondere der französischen Streitkräfte. In der Wohnung der Eheleute fand man später diverse nachrichtendienstliche Hilfsmittel wie Funkpläne, Umsetztabellen zum Entschlüsseln des Agentenfunks sowie ein Radiogerät zum Empfang dieser Sendungen. Das typischerwei- Spionageabwehr 191 se zur Ausstattung von RU-Agenten gehörende Funkgerät fand sich vergraben in einem nahen Waldgelände. Es handelte sich um ein Fabrikat neuerer sowjetischer Bauart und war den Eheleuten erst Ende 1987, nach einigen Jahren der "Bewährung", zur Verfügung gestellt worden. Nachdem die Eheleute seinerzeit vereinbarungsgemäß einen verschlüsselten Test-Funkspruch abgesetzt hatten, war es umgehend wieder vergraben worden, um erst in eventuellen Krisenzeiten eingesetzt zu werden. Spionageaufträge ähnlichen Inhalts hatte über viele Jahre hinweg Illegale: auch ein sogenannter Illegaler ausgeführt, der im April 1989 wegen Agenten unter über 35jähriger geheimdienstlicher Agententätigkeit in einem falscher Identität besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt wurde. Die nachrichtendienstliche Laufbahn des polnischen Staatsbürgers R. hatte 1948 in Polen begonnen. R. war damals vom früheren zivilen polnischen Nachrichtendienst ÜB kontaktiert worden und hatte aus Angst, daß anderenfalls seine deutschstämmige Mutter von den polnischen Behörden verfolgt werden könnte, eine nachrichtendienstliche Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Erst 4 Jahre später wurde er erneut angesprochen und nachrichtendienstlich ausgebildet. Er erfuhr dann, daß geplant sei, ihn als "Illegalen" in die Bundesrepublik Deutschland einzuschleusen. Bei "Illegalen" handelt es sich um Agenten, die unter einer falschen Identität und mit entsprechend gefälschten Ausweisdokumenten in das Operationsgebiet eingeschleust werden. Die Nutzung der biographischen Daten anderer, tatsächlich existierender Personen dient dazu, den Agenten mit einer möglichst 192 Spionageabwehr unverfänglichen Legende zu tarnen. Häufig werden zu diesem Zweck die Daten von Personen übernommen, die früher einmal in der Bundesrepublik Deutschland oder in einem anderen westlichen Land gelebt haben und dann in den Ostblock übergesiedelt sind. Im Falle des R. nutzte man die Personendaten des Alfred K., der einige Zeit in der Bundesrepublik Deutschland gewohnt hatte und zu jener Zeit ahnungslos mit Frau und Kindern in Stettin lebte. Mit allen erforderlichen Dokumenten ausgestattet, reiste R. 1953 in die Bundesreupblik Deutschland und ließ sich schließlich in Hamburg nieder, wo er sich als K. auch behördlich anmeldete. Er fand alsbald eine Arbeitsstelle bei einem großen Unternehmen, zu dessen Produktionspalette auch Rüstungsgüter zählten. In der Folgezeit lieferte er seinen Führungsoffizieren Informationen über innerbetriebliche Vorgänge sowie über Kollegen. Darüber hinaus erstreckte sich sein Spionageauftrag auf die Abklärung militärischer und militärisch interessanter ziviler Einrichtungen im gesamten Gebiet Hamburgs und SchleswigHolsteins, der Stationierung und Verlagerung von Truppen sowie auf die Beobachtung von Schiffsbewegungen. Sein Verratsmaterial ließ er seinen Führungsoffizieren über Deckadressen in Berlin (Ost) und Warschau oder mittels Toter Briefkästen zukommen. Als Gegenleistung erhielt er insgesamt etwa 17.000 DM. 4. Methoden gegnerischer Nachrichtendienste 4.1 Nachrichtendienstliche Schleusungen über die innerdeutsche Grenze Bei den Spionageaktivitäten gegnerischer Nachrichtendienste ist das nachrichtendienstliche Führungsund Verbindungswesen von elementarer Bedeutung und unverzichtbarer Bestandteil nachrichtendienstlicher Operationen, um die Gewinnung und Weiterleitung der von der Zentrale des Geheimdienstes gewünschten Informationen sicherzustellen. Die Nachrichtendienste der DDR, insbesondere das MfS, machten sich in diesem Zusammenhang die Besonderheiten der innerdeutschen Grenze zunutze. Sie schleusten Agenten und Inoffizielle Mitarbeiter (dies sind DDR-Bürger, die vom gegnerischen Dienst zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit geworben wurden und zwischen der Zentrale und dem Agenten als Kuriere und Instrukteure fungieren) sowie Material sowohl in die eine als auch in die andere RichSchleusungstung über die sogenannte Grüne Grenze. Für derartige Schleuoperationen sungsoperationen hatte das MfS im gesamten Grenzverlauf der innerdeutschen Grenze Schleusungsstellen eingerichtet. Im Jahre 1989 - noch vor Öffnung der Grenze am 9. November - gelang es, einen IM des MfS in Bayern festzunehmen. Offensichtlich sollte der aus der DDR stammende R, der sich, als er von der Spionageabwehr 193 Polizei gestellt wurde, zunächst mit einem gefälschten behelfsmäßigen Westberliner Personalausweis auswies, an einer bestimmten Stelle an der innerdeutschen Grenze in die DDR zurückgeschleust werden. Die bei ihm vorgefundenen Unterlagen deuten darauf hin, daß er im Bundesgebiet nachrichtendienstliche Abklärungsaufträge durchgeführt hatte. Ein gleichgelagerter Fall ereignete sich im Juni 1988. Beamte der Grenzpolizeiinspektion Ludwigstadt überprüften seinerzeit einen Radwanderer, der in Richtung innerdeutsche Grenze unterwegs war. Dieser wies sich mit einem Bundespersonalausweis aus, der auf den Namen Ingo D., wohnhaft in Bielefeld, lautete. Er gab an, früher bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt gewesen zu sein, nunmehr sei er arbeitslos und unternehme eine Radwanderung entlang der Grenze. Eine Überprüfung seiner Personalien ergab jedoch, daß das benutzte Personaldokument gefälscht war. Auf Vorhalt räumte er ein, tatsächlich der in der DDR wohnhafte Reiner Franz S. zu sein. Anläßlich seiner Festnahme konnten in den Gepäcktaschen seines Fahrrads schriftliche Unterlagen sichergestellt werden, die u. a. technische Zeichnungen und Konstruktionspläne eines süddeutschen Industrieunternehmens enthielten. Die weiteren Ermittlungen über die Herkunft des Materials führten zur Festnahme eines Abteilungsleiters dieses Betriebs und dessen Ehefrau, deren Fingerabdrücke auf dem Verratsmaterial nachgewiesen werden konnten. Die Eheleute P. wurden am 11. Juli 1989 durch das Bayerische Oberste Landesgericht wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen von 3 Jahren bzw. von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Kurier S. erhielt eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. 4.2 Einschleusung von Agenten durch die Einrichtung von Wohnstützpunkten Die Einschleusung von Agenten unter Verwendung falscher biographischer Daten (Illegale) gehört seit jeher zu den klassischen Arbeitsmethoden gegnerischer Nachrichtendienste; sie wird bis in die Gegenwart hinein praktiziert. Dabei sind die östlichen Dienste ständig darum bemüht, ihre Schleusungsmethoden zu perfektionieren und zu variieren, um Gegenmaßnahmen der Spionageabwehrbehörden nach Möglichkeit zu unterlaufen. Eine dieser Varianten ist die Einrichtung von Wohnstützpunkten, Wohnstützpunkte die gegnerische Nachrichtendienste seit Mitte der sechziger Jahre bis heute erfolgreich anwandten. Mit falschen Personaldokumenten ausgestattete Agenten mieteten im Einsatzgebiet eine Wohnung bzw. ein möbliertes Zimmer, ohne sich behördlich anzumelden. In den bekanntgewordenen Fällen umgingen die Agenten die Behördliche behördliche Anmeldung meist dadurch, daß sie diese dem WohAnmeldung wird nungsgeber gegenüber vortäuschten. Sie legten ihm zwar ein Melumgangen 194 Spionageabwehr deformular zur Unterschrift vor, gaben dieses dann aber nicht bei der zuständigen Meldebehörde ab. Auch wurde versucht, den Vermieter entweder davon zu überzeugen, daß eine Anmeldung nicht nötig sei, weil z. B. noch ein weiterer Hauptwohnsitz bestehe, oder ihn zu überreden, nicht auf einer Anmeldung zu beharren, da die Ehefrau von der Nebenwohnung nichts erfahren dürfe. Weiteres Charakteristikum für einen nachrichtendienstlichen WohnstützAbwesenheit von punkt ist in aller Regel, daß der Mieter die Wohnung nicht kontinuder Mietwohnung ierlich bewohnt, sondern häufig für mehr oder weniger lange Zeiträume abwesend ist. Dem Vermieter gegenüber erklärten die Agenten die wiederholte Abwesenheit mit ihrer angeblichen beruflichen Tätigkeit, die häufige Reisen erforderlich mache. In den aufgedeckten Fällen hatten die Agenten z. B. angegeben, Student, freier Journalist, Übersetzer, Historiker, Politologe, Chemiker, selbständiger Gutachter oder Doktorand zu sein. Ähnlich vielfältig wie die Palette der angegebenen Berufe war die Vorgehensweise der Agenten bei der Suche nach einem geeigneten Wohnobjekt. So wurden Makler und Zimmervermittlungen eingeschaltet, Zeitungsinserate aufgegeben oder beantwortet. Auch Nachfragen in Geschäften und bei Anwohnern in der Umgebung führten zum gewünschten Erfolg. Es ist auch schon vorgekommen, daß ein Agent seinem Vermieter einen anderen Agenten als "Nachmieter" seines Wohnstützpunktes "vermittelte". Die Mehrzahl der bisher entdeckten Wohnstützpunkte befand sich in Großstädten, aber auch kleinere Orte blieben nicht ausgespart. Die Aufenthaltszeit eines Agenten an einem solchen Wohnsitz war sehr unterschiedlich. In manchen Fällen betrug sie nur wenige Tage oder Wochen, in anderen hingegen erstreckte sie sich über mehrere Jahre. Den Verfassungsschutzbehörden sind Fälle bekannt, in denen sich erst nach einer Festnahme herausstellte, daß Wohnstützpunkte unterhalten wurden. In anderen Fällen führte die Tatsache, daß eine Wohnung aus für den Vermieter unerklärlichen Umständen aufgegeben worden war, zu nachträglichen Ermittlungen und zum Erkennen des Wohnstützpunktes. So verhielt es sich auch in einem erst Mitte 1989 bekanntgewordenen Fall: Der Vermieterin eines Zimmers in Düsseldorf war wegen ausbleibender, sonst stets bar entrichteter Mietzahlungen aufgefallen, daß ihr Mieter G. ungewöhnlich lange Zeit der Wohnung fernblieb. Sie schickte daher einen Brief an seine ihr beim Einzug mitgeteilte weitere Adresse nach Berlin. Der Empfänger G., sehr verwundert darüber, daß er angeblich in Düsseldorf eine Zweitwohnung habe, wandte sich an die Polizei. Die Ermittlungen ergaben, daß Ende Juni 1988 eine andere Person unter den Personalien des G. das zuvor in einer Regionalzeitung angebotene Zimmer in Düsseldorf angemietet hatte. Diese Person hatte vorgegeben, Politologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Düsseldorf und Berlin zu sein und sich künftig Spionageabwehr 195 abwechselnd jeweils 3 Wochen in beiden Städten aufzuhalten. Laut Zeugenaussagen hatte der Mieter ausschließlich öffentliche Verkehrsmittel benutzt und keine Post, Anrufe oder Besuche empfangen. Ende April 1989 hatte er dann übereilt und unter Zurücklassung seiner persönlichen Habe seine Wohnung verlassen und der Vermieterin erklärt, dringend nach Frankfurt/M. fahren zu müssen. Anfang Juni 1989 hatte er sich schließlich telefonisch bei seiner Vermieterin wieder gemeldet und das Zimmer gekündigt, da er in ein Entwicklungsland reisen wolle. Absprachegemäß hatte er 2 Tage später von Berlin aus die Wohnungsschlüssel zurückgesandt. Dieses Ermittlungsergebnis legte den Verdacht nahe, daß hier ein Agent eines gegnerischen Nachrichtendienstes einen Wohnstützpunkt unterhalten hatte. Als der angebliche G. dann überraschend, entsprechend einer vorherigen telefonischen Ankündigung, im September 1989 seine im April zurückgelassene Habe bei seiner früheren Vermieterin abholen wollte, wurde er festgenommen. Er führte u.a. einen totalgefälschten Reisepaß der Bundesrepublik Deutschland sowie einen ebenfalls totalgefälschten behelfsmäßigen, in Berlin (West) ausgestellten Personalausweis mit sich, die jeweils auf Namen und Daten tatsächlich existenter Bürger der Bundesrepublik Deutschland lauteten. Er gab an, in Wirklichkeit nicht G., sondern Peter H. und Staatsbürger der DDR zu sein. 5. Legale Residenturen gegnerischer Nachrichtendienste Ein großer Teil der von gegnerischen Aufklärungsdiensten beschafften Informationen wurde durch die in den Zielländern unterhaltenen sogenannten Legalen Residenturen dieser Dienste gewonnen. Als Legale Residenturen bezeichnet man die getarnten Stützpunkte von Nachrichtendiensten in den amtlichen und halbGetarnte amtlichen Auslandsvertretungen ihrer Staaten. So unterhalten alle Stützpunkte Nachrichtendienste der Staaten des Warschauer Paktes in ihren gegnerischer NachrichtenBotschaften, Konsulaten und z. T. auch in den Handelsvertretungen dienste in offizielStützpunkte ihrer für die Auslandsaufklärung zuständigen Abteilunlen Vertretungen gen. Dies bedeutet, daß ein Teil der in diesen offiziellen Einrichtungen tätigen Diplomaten und sonstigen Angehörigen der Vertretung nicht - wie offiziell dargestellt - für das jeweilige Außenhandelsoder Außenministerium tätig ist. Vielmehr unterstehen 30 % bis 50 % der Mitarbeiter solcher offiziellen Vertretungen allein und unmittelbar dem Auslandsnachrichtendienst ihres Landes. Ihre Aufgabe ist es, überwiegend durch offene Abschöpfung, aber Spionage durch auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln und Methoden Gegenoffene und stände und Informationen zu beschaffen. Hierbei genießen die konspirative Informationsmeisten Nachrichtendienst (ND)-Offiziere den Schutz des Wiener gewinnung Übereinkommens über diplomatische und konsularische Beziehun- 196 Spionageabwehr gen und können somit für ihre illegalen nachrichtendienstlichen Aktivitäten strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Derartige Rahmenbedingungen bieten eine gute Ausgangsposition für nachrichtendienstliche Aktivitäten. So können ND-Offiziere als Spionage unter Diplomaten getarnt und ohne eine strafrechtliche Verfolgung diplomatischem befürchten zu müssen, Agenten anbahnen, werben und mittels Schutz konspirativer Treffs führen. Auch 1989 unternahmen die Angehörigen der Legalen Residenturen fast aller Staaten des Warschauer Pakts intensive Aufklärungsbemühungen. Selbst bei den Residenturen derjenigen Staaten, in denen Demokratisierungsbestrebungen bereits weiter fortgeschritten sind, konnten bei nachrichtendienstlicher Tätigkeit im Einsatzland gegenüber früheren Jahren keine nennenswerten Änderungen festgestellt werden. Insbesondere waren auch im Personalbestand der Legalen Residenturen keine auffallenden Änderungen, etwa Rückrufe, zu verzeichnen. Auch die Arbeitsmethoden sind unverändert geblieben. Nach wie vor klärten die Führungsoffiziere der Legalresidenturen mit klassischen nachrichtendienstlichen Mitteln auf, pflegten den Kontakt zu nachrichtendienstlich interessanten Personen, versuchten Agenten zu werben und führten geworbene Agenten in konspirativer Weise. Es konnte zudem festgestellt werPerestroika den, daß die Reformbestrebungen der osteuropäischen Staaten erleichtert die auch methodisch genutzt werden. Während in der Vergangenheit Anbahnung bei nachrichtendienstlichen Aktivitäten die Anbahnungsphase in den meisten Fällen für den Führungsoffizier besonders problematisch war, da gegenüber Diplomaten aus Ostblockstaaten Zurückhaltung oder Mißtrauen bestand, hat sich dies wegen der Popularität von "Glasnost" und "Perestroika" gründlich gewandelt. Zum einen eigneten sich Gespräche über die Reformbemühungen der Ostblockländer hervorragend zum Herstellen eines unverfänglichen Erstkontakts mit einer Zielperson, zum anderen waren Zurückhaltung und Mißtrauen vieler Zielpersonen weitgehend geschwunden. Nach den Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden nutzten insbesondere die sowjetischen ND-Offiziere diese Chance verstärkt, um Kontaktpersonen zu "kultivieren", d. h. sie zur Fortsetzung eines aufgenommenen Kontakts zu motivieren und das Verhältnis nach und nach enger und vertrauter zu gestalten. 5.1 Struktur der Legalen Residenturen Die Legalen Residenturen der gegnerischen Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland gleichen einander in ihrer organisatorischen Gliederung, ihren Aufgaben und Arbeitsmethoden. Ihre Organisationsstruktur ist in der Regel ein Abbild der Organisation der Zentrale des jeweiligen Dienstes, die sich ihrerseits in ihrer KGB-Struktur als Gliederung meist eng an die des KGB angelehnt hat. Vorbild Entsprechend der herausragenden Bedeutung, die "die politische Aufklärung der Bundesrepublik Deutschland auch 1989 für die gegnerischen Dienste hatte, waren die mit diesem Aufgabenbe- Spionageabwehr 197 reich befaßten Organisationseinheiten, bei der KGB-Residentur "Linie PR" "Linie PR" (Politische Aufklärung) genannt, regelmäßig personell am stärksten besetzt. Ein besonderes Interesse der ND-Offiziere dieser Linie richtete sich in neuerer Zeit auf die Beschaffung von Informationen über die aktuelle Verteidigungsstrategie der NATO als Reaktion auf die Abrüstungsvorschläge des Warschauer Paktes. So versuchten sie verstärkt, an Unterlagen und geschützte militärpolitische Informationen über die neue Konzeption der Bundeswehr und über die Abrüstungsund Sicherheitspolitik der NATO zu gelangen. Daneben gibt es Organisationseinheiten für die wissenschaftlichtechnische Aufklärung, bei der KGB-Residentur "Linie X" (Wissen"Linie X" schaftlich-technische Aufklärung) genannt. Die meisten Mitarbeiter dieser Einheiten waren in den Handelsvertretungen bzw. -abteilungen, abgedeckt auf Tarndienstposten bei den dort repräsentierten Außenhandelsorganisationen, tätig. Hier ergaben sich für die NDOffiziere mit wissenschaftlich-technischen Beschaffungsaufgaben naturgemäß die besten Möglichkeiten, nachrichtendienstlich wertvolle Kontakte zu knüpfen. Die Residenturen des KGB und des zivilen tschechoslowakischen Dienstes StB verfügen des weiteren über sehr aktive Organisationseinheiten, die sich u. a. mit der Aufklärung der "Emigration" und der Bekämpfung "ideologischer Subversion" befassen (vgl. Ziff. 5.2). Die hierfür zuständige "Linie KR" (Abwehr) der KGB-Resi"Linie KR" dentur, die auch für die Sicherheit der gesamten "sowjetischen Kolonie" in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich ist, hatte darüber hinaus die "Betreuung" der sowjetischen Austauschwissenschaftler übernommen und wurde dabei von Angehörigen der Linie X unterstützt (vgl. Ziff. 5.4). 5.2 Aufklärungsschwerpunkt Politik Der Bereich der politischen Aufklärung hatte, gemessen an der Zahl der hier operativ tätigen ND-Offiziere, den mit Abstand höchsten Stellenwert im Aufgabenspektrum der Legalen Residenturen. Daher soll im folgenden am Beispiel der Linie PR der KGB-Residentur in der sowjetischen Botschaft deren Arbeitsweise näher erläutert werden. Ihre Aufträge zur Berichterstattung erhält die Linie PR von der 4. Abteilung der Ersten Hauptverwaltung der Zentrale des KGB. Da es sich letztlich um Informationsbedürfnisse der sowjetischen RegieKonkurrierende rung handelt, erhalten auch tatsächliche Diplomaten, allerdings auf Informationsdem Weg über das sowjetische Außenministerium, gleichlautende sammlung Aufträge. Diplomaten wie auch ND-Offiziere versuchen, die geforderten Informationen u. a. durch Gespräche mit Politikern, Beamten, Repräsentanten von Verbänden usw. zu erlangen. Von den Nachrichtendiensten wird dieses Vorgehen "offene Gesprächsauf"Offene klärung" genannt, eine bewährte Methode der InformationsbeGesprächsschaffung, über die der größte Teil der von den Residenturen gelieaufklärung" 198 Spionageabwehr ferten Nachrichten gewonnen wird. Damit scheint sich auf den ersten Blick die Arbeit der ND-Offiziere nicht von der legalen Tätigkeit des Diplomaten zu unterscheiden. Hintergedanke Der ND-Offizier ist jedoch im Gegensatz zu den Mitarbeitern des des ND-Offiziers: sowjetischen Außenministeriums außer an Sachinformationen, die Anwerbung eines er von seinem Gesprächspartner erhält, vor allem auch an dessen Agenten Person interessiert, da er zusätzlich das Ziel verfolgt, Agenten zu werben. Bis zur Werbung eines Agenten durch einen Offizier der Legalen Residentur ist es jedoch ein langer Weg, der sorgfältig vorbereitet wird. Die Arbeit beginnt zunächst mit der Auswahl der Zielperson. Aus einer Vielzahl von Kontakten, die ein ND-Offizier der Linie PR als angeblicher Diplomat der politischen Abteilung der sowjetischen Botschaft unterhält, wählt er solche aus, die für das KGB aufgrund ihrer Zugangsmöglichkeiten interessant sein könnten. Von besonderem Interesse sind natürlich Personen mit Zugang zu Verschlußsachen oder einer guten beruflichen Perspektive. Daher sind auch Studenten, selbst wenn sie gegenwärtig noch keine wichtigen Informationen beschaffen können, interessante Zielpersonen. Bei der Auswahl der Zielperson werden aber auch die möglichen Motive berücksichtigt, die diese ggf. veranlassen könnten, für den gegnerischen Nachrichtendienst zu arbeiten. So achtet das KGB darauf, daß die Zielperson eine grundsätzlich positive Einstellung zur Sowjetunion hat. Die Reformpolitik der sowjetischen Führung wirkt sich hier als Hilfe aus. Ferner sollte die Zielperson für Geldzuwendungen empfänglich sein. Immer wieder hat sich auch gezeigt, daß die Herstellung einer vom ND-Offizier vorgetäuschten engen freundschaftlichen Beziehung zwischen ihm und der Zielperson sehr wichtig ist. Erfahrungsgemäß entscheidet häufig gerade dieser Umstand, ob die Zielperson sich auf eine Zusammenarbeit einläßt. Folglich versucht der Führungsoffizier zunächst, die Sympathie der Zielperson zu gewinnen. Er bietet ihr das "Du" an, wendet sich ihren privaten Interesse zu, stärkt ihr "Kultivierung" der Selbstbewußtsein und "kultiviert" sie, d. h. bereitet sie auf eine Zielperson spätere nachrichtendienstliche Werbung vor. Er bittet zunächst nur um geringe Gefälligkeiten und steigert seine Beschaffungswünsche erst allmählich. In gleichem Maße gewöhnt er die Zielperson langsam an die Annahme von Geldzuwendungen. So zahlten NDOffiziere Studenten anfänglich nur gelegentlich für Übersetzungen geringe Beträge und bauten diese Zahlungen später zu einem regelmäßigen Einkommen (ca. 500 DM pro Monat) für den Studenten aus. Sie gewährten diese Beträge schließlich auch dann noch, als der Student, z. B. examensbedingt, vorübergehend keine Gegenleistungen erbringen konnte. Auf diese Weise wird die Zielperson zunehmend in die Lage gebracht, sich dem ND-Offizier gegenüber verpflichtet zu fühlen. Auf ein offenes Werbungsgespräch mit einer eindeutigen nachrichtendienstlichen Verpflichtung wird in der Regel verzichtet. Spionageabwehr 199 Diese vor allem von Angehörigen der Linie PR angewandten Methoden gleichen sich häufig, wobei sie im Einzelfall sorgfältig auf die Bedürfnisse und die Möglichkeiten der Zielperson abgestimmt werden. Die Häufigkeit der Treffen (oft in regelmäßigen Abständen von 2-6 Indizien für einen Wochen) und das intensive Bemühen des ND-Offiziers um die Zielnachrichtenperson sind die wohl auffälligsten Anzeichen für die nachrichtendienstlichen Hintergrund dienstlichen Absichten eines "Diplomaten" bei der Pflege eines Kontakts. Andere deutliche Indizien sind Anrufe des Diplomaten aus Telefonzellen heraus, um die Treffen zu vereinbaren, oder die Bitte an die Zielperson, den "diplomatischen Freund" nicht in der Botschaft anzurufen, weil er meistens unterwegs sei oder die Telefonistin angeblich nicht deutsch spreche. Solche Sicherheitsmaßnahmen werden von einem tatsächlichen Diplomaten nicht getroffen. Er besucht seine Kontaktpersonen für jeden erkennbar an deren Arbeitsplatz, trifft seine Terminabsprachen telefonisch aus der Botschaft heraus und beschränkt die Diskussionen mit seinen Gesprächspartnern im wesentlichen auf seinen fachlichen Zuständigkeitsbereich. Intensivere Kontaktbemühungen eines Botschaftsangehörigen, insbesondere im privaten Bereich, sollten jeden Betroffenen hingegen mißtrauisch machen. Ein beratendes Gespräch mit den Verfassungsschutzbehörden hat schon manche Kontaktperson eines unter diplomatischer Flagge auftretenden ND-Offiziers einer Legalen Residentur davor bewahrt, unversehens in eine strafbare Verstrickung zu geraten. 5.3 Aufklärungsziel "Emigration" und Bekämpfung "ideologischer Subversion" Ende 1988/Anfang 1989 konnte durch die Selbstgestellung eines Agenten eine Operation des tschechoslowakischen Auslandsnachrichtendienstes gegen die hier lebende tschechoslowakische Gemeinschaft sowie den Münchener US-Sender "Radio Freies "RADIO FREE Europa" (RFE) enttarnt werden. Sie war unter maßgeblicher BeteiEUROPE" als ligung der Legalen Residentur in der Bonner Botschaft der CSSR Zielobjekt geführt worden. Der US-Sender, der Radioprogramme in alle kommunistisch regierten Staaten Ostund Südeuropas ausstrahlt, ist seit vielen Jahren als vorrangiges Ausspähungsziel der östlichen Nachrichtendienste bekannt. So war dieses der zweite innerhalb eines Jahres bekanntgewordene Fall, der sich gegen RFE richtete. Bei dem Agenten, der im Juni 1989 vom Bayerischen Obersten Landesgericht zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung verurteilt wurde, handelt es sich um den tschechoslowakischen Musiker V, der mehrere Jahre als freier Mitarbeiter bei dem Sender tätig gewesen war: V hatte sich, offenbar aus Abenteuerlust, 1978 freiwillig dem tschechoslowakischen Geheimdienst für einen Spionageeinsatz in der Bundesrepublik Deutschland angeboten. Als Vorbereitung 200 Spionageabwehr für seinen Einsatz erhielt er eine umfassende Funkausbildung sowie eine Einweisung in die Anwendung geheimer Schreibverfahren. Um eine erfolgversprechende Legende zu "stricken", nutzte V. Westreisen seines Orchesters, um unter Vorspiegelung seiner angeblichen Gegnerschaft zum kommunistischen Regime in der CSSR im Bundesgebiet Kontakte zu Emigranten herzustellen. 1982 wurde er dann als Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland eingeschleust. Hier gelang es ihm, sich bald Zugang zur tschechoslowakischen Emigrantenszene zu verschaffen und diese abzuklären. 1984 fand er schließlich eine Anstellung als freier Mitarbeiter bei RFE. Im Verlauf seiner über vierjährigen Tätigkeit dort lieferte er dem tschechoslowakischen Nachrichtendienst Informationen über Mitarbeiter des Senders und interne Unterlagen. Unmittelbar geführt wurde er nacheinander durch zwei Angehörige der Legalresidentur in der Bonner Botschaft der CSSR, die offiziell als Mitarbeiter der Konsularund Visaabteilung akkreditiert waren und mit denen er bei zahlreichen konspirativen Treffs zusammenkam. V.s letzter Führungsoffizier wurde unmittelbar nach Aufdeckung des Falles aus der Botschaft abgezogen. 5.4 Aufklärung durch Austauschwissenschaftler Seit einigen Jahren bestehen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und verschiedenen Ostblockstaaten Kulturabkommen, die die Grundlage für den Austausch von Wissenschaftlern und Studenten bilden. Nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden wurde dies von gegnerischen Nachrichtendiensten, insbesondere vom sowjetischen Nachrichtendienst KGB, für nachrichtendienstliche Zwecke mißbraucht. In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Fällen bekannt, in denen in der Bundesrepublik Wissenschaftler Deutschland tätige sowjetische Wissenschaftler und Studenten als und Studenten als sogenannte Kooptierte intensiv von ND-Offizieren der Legalresi"Kooptierte" dentur "betreut" worden sind. So hatten diese Kooptierten u. a. die Aufgabe, das KGB über alle Sachverhalte zu informieren, die in nachrichtendienstlicher Hinsicht relevant sein könnten. Die betroffenen Austauschwissenschaftler sammelten Informationen über AustauschForschungsvorhaben und Forschungsergebnisse. Sie berichteten wissenschaftler den KGB-Offizieren aber auch detailliert über ihre deutschen oder als Tipgeber ausländischen Kollegen, über deren Persönlichkeit, ihre charakterlichen Eigenschaften und Schwächen, ihre Einstellung zur Sowjetunion, eventuelle Neigungen, finanzielle sowie familiäre Probleme. Dieses Wissen über eine Person ist Grundlage für die Entscheidung, ob ein Anwerbungsversuch hinreichende Erfolgaussichten bietet. Darüber hinaus liegen Erkenntnisse darüber vor, daß als Kooptierte tätige sowjetische Austauschwissenschaftler und Studenten im Auftrag ihres Führungsoffiziers gezielt Kontakt zu Kollegen oder Kommilitonen aufnahmen und auch privaten Umgang mit diesen pflegten in der Absicht, diese persönlich dem KGB-Offizier Spionageabwehr 201 zuzuführen. Dies zeigt auch der nachfolgende Fall aus dem Jahre 1988/1989, der exemplarisch für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle steht: 1988 war der sowjetische Austauschwissenschaftler Dr. N. im Rahmen eines wissenschaftlichen Austauschprogramms an einer Universität in der Bundesrepublik Deutschland tätig. Im Zusammenhang mit dieser wissenschaftlichen Tätigkeit suchte Dr. N. Kontakt zu einem Studenten. Dr. N. bot dem Studenten an, über wissenschaftliche Arbeiten zu diskutieren und auch die Freizeit gemeinsam zu gestalten. Schließlich bat Dr. N. den Studenten, der über Fremdsprachenkenntnisse verfügte, für einen sowjetischen Freund einige Übersetzungen zu erledigen. Er schlug vor, sich auch einmal mit dem sowjetischen Freund zu treffen, um nähere Details der Übersetzungstätigkeit besprechen zu können. Einige Wochen später kam es zu diesem Treffen in einem Restaurant. Der sowjetische Freund stellte sich lediglich mit seinem Vornamen vor und gab an, russischer Geschäftsmann zu sein. Nachdem er den Studenten über dessen persönlichen Hintergrund eingehend ausgefragt hatte, wurden dem Studenten gegen entsprechende Bezahlung Übersetzungsaufträge erteilt und weitere Trefftermine vereinbart. Erst nach längerer Zusammenarbeit zwischen dem Studenten und seinem sowjetischen Auftraggeber gab sich letzterer als sowjetischer Diplomat zu erkennen. Die Aufträge wurden dann allmählich auf andere Bereiche ausgedehnt und bekamen vom Inhalt her eine deutlich nachrichtendienstliche Zielsetzung. Gleichzeitig stellte der Diplomat dem Studenten bei weiterer Auftragserfüllung "viel mehr Geld" in Aussicht. 6. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahre 1989 wurden 36 Personen wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen. Gegen 23 Personen wurde Haftbefehl erlassen. Von den mit Haftbefehl Festgenommenen waren 11 Personen von einem Nachrichtendienst der DDR, 6 von einem sowjetischen, 3 von einem rumänischen, 2 von einem polnischen, die übrigen von sonstigen Diensten angeworben worden. Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) insgesamt 19 Personen rechtskräftig wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS93-101 a StGB). 202 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD AD Action Directe ADÜTDF Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. AKON Aktion deutsche Einheit AMGT Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. ANS/NA Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten ARGK Volksbefreiungsarmee Kurdistans BBI Bürgerund Bauerninitiative e.V. BdWi Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler e.V. BP Bolsevik Partizan BR-PCC Brigate Rosse - PCC BSA Bund Sozialistischer Arbeiter BUF Bundeskoordination Unabhängiger Friedensgruppen BWK Bund Westdeutscher Kommunisten CEDADE Circulo Espahol de Amigos de Europa DA Deutscher Anzeiger DBI Deutsche Bürgerinitiative e.V. DDF Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V. DFB Demokratischer Frauenbund Berlin DFG-VK Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen DFI Demokratische Fraueninitiative DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas DFU Deutsche Friedens-Union DIBAF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa - Einigkeit für Demokratie DKP Deutsche Kommunistische Partei DNZ Deutsche National-Zeitung DVU-Liste D Deutsche Volksunion - Liste D DWZ Deutsche Wochen-Zeitung ENO Europäische Neu-Ordnung FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FAU Freie Arbeiterinnen-Union FDGB Freier Deutscher Gewerkschaftsbund FDJ Freie Deutsche Jugend FEYKA-Kurdistan Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V. FIDEF Föderation der Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. FIR Internationale Föderation der Widerstandskämpfer FöGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen GDF Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei Abkürzungsverzeichnis 203 GfbAEV Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung GFP Gesellschaft für Freie Publizistik GIM Gruppe Internationale Marxisten GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte mbH HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. IAA Internationale Arbeiter-Assoziation ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln IDFF Internationale Demokratische Frauenföderation IMSF Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V. IPW Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR IRA Irish Republican Army ISA Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation ISYF International Sikh Youth Federation IVDJ Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen JN Junge Nationaldemokraten JP Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation KAH Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers KB Kommunistischer Bund KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland KFAZ Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit KOMKAR Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. KoZU Koordinierungsstelle Ziviler Ungehorsam KPD Kommunistische Partei Deutschlands (1956 verboten) KPD Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) LPRK Volksbewegung für die Republik Kosovo LTTE Liberation Tgers of Tamil Eelam MAB Marxistische Arbeiterbildung - Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus MASCH Marxistische Abend-/Arbeiterschulen MCP Nationalistische Arbeitspartei MfS Ministerium für Staatssicherheit MG Marxistische Gruppe MHP Partei der Nationalistischen Bewegung MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MSB Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus MSP Nationale Heilspartei MSV Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. 204 Abkürzungsverzeichnis N.D.SH. Nationaldemokratische Liga der Albanischen Treue NF Nationalistische Front N.L. Nationale Liste NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands N.S. Nationale Sammlung NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP-AO NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation OJ.P.F.G. Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran (Ashraf-DEGHANI-Anhänger) PDS Partei des Demokratischen Sozialismus PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas PFLP-GC PFLP-Generalkommando PI RA Provisional Irish Republican Army PKK Arbeiterpartei Kurdistans PPA Progress Presse Agentur GmbH PSV Palästinensischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. RAF Rote Armee Fraktion R.K.M.I. Rat der Konstitutionellen Monarchie des Iran RP Wohlfahrtspartei RZ Revolutionäre Zellen SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SEW Sozialistische Einheitspartei Westberlins SHB Sozialistischer Hochschulbund Sl Sozialistische Initiative TDKP Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei TKP/M-L Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten U.I.S.A. Union Islamischer Studentenvereine in Europa UZ Unsere Zeit VDJ Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) e.V. VOLKSFRONT Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg VSP Vereinigte Sozialistische Partei WN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland WFR Weltfriedensrat WFW Weltföderation der Wissenschaftler Abkürzungsverzeichnis 205 WGB Weltgewerkschaftsbund WJ Wiking-Jugend e.V. ZMF Zentrum für Marxistische Friedensforschung 206 Sachwortregister Sachwortregister Brandund Sprengstoffanschläge 77 f.,78, 83, 84, 86 ff., 88 f., 116, 136 f., 138 f., 152, 164 BRAUN, Reiner 44 A Brigate Rosse - PCC (BR-PCC) 79, Action Directe (AD) 87 87 f. AHRENS, Dietmar 29 Brücken-Verlags-GmbH 48 ak-Arbeiterkampf 56 Bruderparteien 50, 55 Aktion deutsche Einheit Bund demokratischer Wissenschaft(AKON) 128 lerinnen und Wissenschaftler e.V. Aktionseinheit 40,41 (BdWi) 75 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Bund für Soziale Verteidigung 68 Nationale Aktivisten Bund Sozialistischer Arbeiter (ANS/NA) 114 (BSA) 59 Aktionskonferenz gegen NeofaBund Westdeutscher Kommunisten schismus und Rassismus 43 (BWK) 56 ff., 71 AKZENT Handelsgesellschaft mbH Bundeskoordination Unabhängiger & Co. KG 48 Friedensgruppen (BUF) 72 Anarchisten 20, 53, 62, 69, 72 Bündnispolitik 37, 40 Anarcho-kommunistische Bürgerund Bauerninitiative e.V. Gruppen 69 (BBI) 122 Anarcho-syndikalistische Gruppen BUSCHMANN, Martha 75 69 BUSSE, Friedhelm 116 "Antifaschismus" 33, 38, 39, 41, 43,71 C antimonopolistische Demokratie 25 CHRISTOPHERSEN, Thies 122, antimonopolistisches Bündnis 40 135 f. Arbeiterbund für den Wiederaufbau Circulo Espahol de Amigos de der KPD (AB) 58 f. Europa (CEDADE) 136 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Computer-Spionage 188 57,84, 151, 155 ff. Arbeitsausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus 33, 43 D Arbeitsgemeinschaft Nationaler VerDe Knipselkrant 88 bändeA/ölkischer Bund 124 DECKERT, Günter 132 Autonome 38, 43, 53, 62 ff., 69, DELLWO, Karl-Heinz 82 71, 73 f. Demokratische Fraueninitiative (DFI) Avrupa'da Dev Gene 160 75 Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) 158 B Demokratischer Frauenbund Berlin beeinflußte Organisationen der (DFB) 75 "Neuen Linken" 20 Der Bismarck-Deutsche 124 beeinflußte Organisationen, orthoDeutsche Alternative (DA) 116 dox-kommunistische 20, 23, 52 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBI) "Berufsverbote" 41,45 123 BETHGE, Horst 45 Deutsche Bürgerinitative e.V. weltBewegung 112 f., 116 weit 123 BISCHOFF-STAUB, Walter 39 Deutsche Friedensgesellschaft VerBlätter für deutsche und internatioeinigte Kriegsdienstgegnerinnen nale Politik 48 (DFG-VK) 39,75 Bolsevik Partizan (BP) 161 Deutsche Friedens-Union (DFU) BOSSE, Georg Albert 123 38 f., 44 ff., 49, 75 Sachwortregister 207 Deutsche Kommunistische Partei Föderation der Immigrantenvereine (DKP) 20, 22 ff., 24 ff., 32, 34 ff., aus der Türkei (GDF) 162 40 ff., 42 ff., 48 ff., 53, 71,75 Föderation der patriotischen ArbeiDeutsche National-Zeitung (DNZ) terund Kulturvereinigungen aus 125 Kurdistan in der BRD e.V. Deutsche Stimme 129 (FEYKA-Kurdistan) 156 f. Deutsche Volksunion e.V. 127, Föderation der türkisch-demokrati128 schen Idealistenvereine in Europa Deutsche Volksunion - Liste D (DW e.V. (ADÜTDF) 163 -Liste D) 108, 124 ff., 130, 132, Föderation der türkischen demokra136, 141 tischen Arbeitervereine in Deutsche Volkszeitung 40 Deutschland e.V. (DIDF) 162 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) Föderation Gewaltfreier Aktions125 gruppen (FöGA) 68 f., 73 Deutscher Anzeiger (DA) 125 Freie Arbeiterinnen-Union (FAU) 69 Deutscher Jahrweiser 123 Freie Deutsche Jugend (FDJ) 51 f. Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) S. F1 160 Freier Deutscher GewerkschaftsDie Bauernschaft 135 bund (FDGB) 51 Die Deutsche Freiheitsbewegung Freiheitliche Deutsche Arbeiterpare.V. (DDF) 123 tei (FAP) 114 ff., 134, 139 Die Kampfgefährtin 122 Freiheitliche Buchund Zeitschrifdie tat 40 tenverlag GmbH (FZ-Verlag) 128 Die Wahrheit 32 Freiraum 63 Diktatur des Proletariats 25 f. FREY, Dr. Gerhard 124 ff., 132 direkte aktion 63 "Friedensbewegung", Mitwirkung Dritte Welt Solidarität 69 von Linksextremisten in der Druckschriftenund Zeitungsverlag 44, 45, 53, 72 GmbH (DSZ-Verlag) 128 "Friedenskampf" 40,44 Friedensliste 48 E Frontorganisationen 75 elan - Das Jugendmagazin 34 ENGEL, Stefan 54 G ERBAKAN, Necmettin 163 GEMS, Michael 39 Europawahl 48, 55, 116, 119, Gesellschaft für biologische Anthro124 f., 127, 128, 130 pologie, Eugenik und VerhaltensEuropäische Neu-Ordnung (ENO) forschung (GfbAEV) 132 135 Gesellschaft für Freie Publizistik express 36 (GFP) 132 Gesellschaft für Nachrichtenerfas- F sung und Nachrichtenverbreitung, FDJ - Jugendhochschule Wilhelm Verlagsgesellschaft Politische Pieck 29 Berichte mbH (GNN) 57 Föderation der Arbeiter aus der TürGesetzesverletzungen mit linksexkei in Europa - Einigkeit für tremistischem Hintergrund 89 Demokratie (DIBAF) 162 Gesetzesverletzungen mit rechtsexFöderation der Arbeitervereine aus tremistischem Bezug 116,138, Kurdistan in der Bundesrepublik 140 f. Deutschland und Westberlin e.V. Gesinnungsgemeinschaft der (KOMKAR) 157 Neuen Front 114, 116 Föderation der Arbeitervereine aus Gewalt 53, 65, 68, 76, 85, 89, der Türkei in der Bundesrepublik 111, 116, 133, 138 ff., 151 f., Deutschland e.V. (FIDEF) 162 156, 158, 160, 163 208 Sachwortregister Gewaltfreie Aktionsgruppen 68 Irish Republican Army (IRA) 153 Gewerkschaftsarbeit, kommunistiIRVING, David 135 sche 42 Islamische Bewegung 163 Graswurzelbewegung 68 Graswurzelrevolution 68 Graswurzelwerkstatt 68 J Gruppe Internationale Marxisten Jugendbildungsstätte Burg Wahr(GIM) 57 berg 32 GYSI, Gregor 50 Jugendhochschule Wilhelm Pieck 29 H Jugendpolitische Blätter 34 HAMADI, MohamedAli 158 Junge Nationaldemokraten (JN) HAULE, Eva 82 132 HERTEL, Gerd 37 Junge Pioniere - Sozialistische Hilfsorganisation für nationale politiKinderorganisation (JP) sche Gefangene und deren 33, 36 f., 51 Angehörige e.V. (HNG) 117 Hizb Allah (Partei Gottes) 158 HOFFMANN, Karl-Heinz 137 K HONSIK, Gerd 135 K-Gruppen 53 f., 69, 72 f., 74 KABUS, Thilo 132 I Kampagne gegen Maßnahmen zur Illegaler Technologietransfer 177, 185 Fernhaltung von VerfassungsfeinInitiative Volkswille 116 den aus dem öffentlichen Dienst Initiative "Weg mit den Berufsver39,45 boten" 41,45 KAPLAN, Cemaleddin 163 Institut für GesellschaftswissenKarl-Liebknecht-Schule 29 schaften beim ZK der KPdSU 29 Kernorganisationen der "Neuen LinInstitut für Internationale Politik und ken" 20 Wirtschaft der DDR (IPW) 51 Kernorganisationen, orthodoxkomInstitut für Marxistische Studien munistische 20 und Forschungen e.V. (IMSF) 47 KESSLER, Gisela 42 INTERIM 63 KLAR, Christian 82 INTERNATIONALInformationsKÖBELE, Patrik 34 und Bildungszentrum e.V. 51 Komitee für Frieden, Abrüstung und International Sikh Youth Zusammenarbeit (KFAZ) 41, 75 Federation (ISYF) 167 Komitee zur Vorbereitung der FeierInternationale Arbeiter-Assoziation lichkeiten zum 100. Geburtstag (IAA) 69 Adolf Hitlers (KAH) 113,135 Internationale Demokratische Kommunalwahlen Frauenföderation (IDFF) 75 - Baden-Württemberg 49, 55, Internationale Föderation der Wider116, 128, 131 standskämpfer (FIR) 75 -Hessen 41,48,116,131 Internationale Sozialistische Arbei- - Nordrhein-Westfalen 49, 55, terorganisation (ISA) 59 128, 131 Internationale Vereinigung Demo-Rheinland-Pfalz 49,128,131 kratischer Juristen (IVDJ) 75 -Saarland 49,128,131 Internationales Hilfskomitee für Kommunistische Partei Deutschnationale politische Verfolgte und lands (KPD) (1956 verboten) 26, deren Angehörige 124 27,49 Iranische Moslemische StudentenKommunistische Partei DeutschVereinigung Bundesrepublik lands (Marxisten-Leninisten) Deutschland e.V. (MSV) 164 f. (KPD) 57 Sachwortregister 209 Kommunistischer Bund (KB) 56, Ministerium für Staatssicherheit 73 (MfS) 26, 51, 176, 178 f., 181, Kommunistischer Bund West182, 184, 185, 192 deutschland (KBW) 56 Mitgliederzahlen extremistischer Koordinierungsausschuß der FrieAusländerorganisationen 148 f., densbewegung (KA), Mitwirkung 150, 153, 155, 158, 160, 164 von Linksextremisten in dem 44 Mitgliederzahlen, Linksextremismus Koordinierungsstelle Ziviler Unge20, 53 f., 56, 58 ff. horsam (KoZU) 72, 73 Mitgliederzahlen, RechtsextremisKOSIEK, Dr. Rolf 132 mus 108 Krefelder Initiative 44 MOSLER, Jürgen 112 f., 116 Kuhle Wampe 33 MÜLLER, Curt 122 KÜHNEN, Michael 112 f., 116 ff., MÜLLER, Ursula 122 120 MUSSGNUG, Martin 124,131 Kurdistan-Komitee 156 Kurdistan-Rundbrief 57 N Nachrichten der HNG 118 L Nachrichten-Verlags-Gesellschaft LAUCK, Gary Rex 120,136 mbH 42, 48 Legale Residenturen 195, 196 NACHRICHTEN zur WirtschaftsLiberation Tigers of Tamil Eelam und Sozialpolitik 42 (LTTE) 167 Nachrichtendienste Linksextremisten im öffentlichen -CSSR 178,180,185,187,199 Dienst 22 f. -DDR 178, 178, 182 f., 192 Liste für ein Europa der Arbeit-Polen 178,182,191 nehmerinnen und der Demokratie -Rumänien 176,178,182 59 -UdSSR 176, 178, 185, 188, 200 NAHRATH, Wolfgang 134 National-Freiheitliche 108 f., 124 M Nationaldemokraten 108 f., 124, MAKKI, Bassam Gharib 159 130 Marx-Engels-Stiftung e.V. 47 Nationaldemokratische Liga der Marxistisch-Leninistische Partei Albanischen Treue (N.D.SH.) 167 Deutschlands (MLPD) 54 ff., Nationaldemokratische Partei 69,74 Deutschlands (NPD) 124 ff. , Marxistische Abend-/Arbeiterschule 127, 128 ff. (MASCH) 47 Nationale Heilspartei (MSP) 163 Marxistische Arbeiterbildung - VerNationale Liste (N.L.) 116 einigung zur Verbreitung des wisNationale Sammlung (N.S.) 116 senschaftlichen Sozialismus Nationalistische Arbeitspartei (NCP) (MAB) 47 163 Marxistische Arbeiterzeitung 74 Nationalistische Front (NF) 118 Marxistische Gruppe (MG) 23, Nationalrevolutionäre 111 60, 62, 74 Nationalsozialistische Deutsche Marxistische Streitund Zeitschrift Arbeiterpartei (NSDAP) 111, gegen die Kosten der Freiheit 62 112, 117 Marxistischer Studentinnenund Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund Spartakus (MSB) Arbeiterpartei - Auslandsund 23, 33, 35, 36, 51 Aufbauorganisation (NSDAP-AO) MASCHINSKY, Anja 35 120 f., 136 messemagazin international 47 NAUMANN, Peter 124 MIES, Herbert 24, 27, 41, 45, 50 Nebenorganisationen der "Neuen Militärspionage 188 Linken" 20, 54, 58 210 Sachwortregister Nebenorganisationen, orthodox- R kommunistische 20, 23, 32, 52 Neonationalsozialisten 108 f., "radikal" 63 111 f., 117 f., 122, 139 Radikaldemokratische Studenten"Neue Linke" 20 f., 22 f., 38, 43, gruppen (RSG) 35 52 f., 60,69,71,74 Radikale Linke 53, 56, 58, 71 Neue Zeitung Berlin West 32 Rat der Konstitutionellen Monarchie des Iran in der Bundesrepublik Nordland Forlag 122 Deutschland und West-Berlin NS-Kampfruf 120 f., 136 (R.K.M.I.) 166 Recht und Wahrheit 123 O Rechtsextremisten im öffentlichen OCHENSBERGER, Walter 135 Dienst 110 ÖCALAN, Abdullah 155 Reisekader 52 OOYEN, Willi van 39, 44 REMER, Otto-Ernst 123 Organisation der iranischen StudenRETTNER, Gunter 49 ten in der Bundesrepublik Revisionisten 134, 135 Deutschland und West-Berlin, revolutionär-marxistische Gruppen Sympathisanten der Volksfedayin 52, 53, 74 Guerilla Iran (Ashraf-DEGHANIRevolutionäre Kommunistische ParAnhänger) (O.I.P.F.G.) 165,166 tei der Türkei (TDKP) 162 Ostermärsche 1989, Beteiligung Revolutionäre Marxisten 20 von Linksextremisten 41,44 Revolutionäre Zellen (RZ) 77, 84 f., 88 RIEGER, Jürgen 132 P RIIS-KUNDSEN, Poul 122 Pahl-Rugenstein Verlag GmbH 40, ROEDER, Gertraud 123 48 ROEDER, Manfred 123 Palästinensischer StudentenverRote Armee Fraktion (RAF) 57, 66, band "in der Bundesrepublik 74, 76, 77, 78 ff., 82 ff., 85, 87 ff. Deutschland und West-Berlin e.V. - Inhaftierte aus RAF und Wider(PSV) 158 stand 76, 79, 81 f. Partei der Nationalistischen Bewe- - Kommandobereich 78, 79, 81 gung (MHP) 163 - Militante der RAF 79, 88 Partei des Demokratischen Sozialis- - RAF-Anhänger/-Umfeld 77 f., mus (PDS) 22, 49 f. 81 ff., 87 f. Partei des neuen Nationalismus rote blätter 36 116 Rote Fahne 55 PETSCHICK, Dr. Werner 42 RoteZora 77, 84 f., 88 Plambeck & Co. Druck und Verlag GmbH 47 S POHL, Helmut 79,81,82,84 SCHMITT, Horst 29 Politische Berichte 57 SCHÖNBORN, Meinolf 118 Politische Spionage 184,197 SCHÜTZINGER, Jürgen 131 Progress Presse Agentur GmbH schwarzer faden 63 (PPA) 29 SED-Parteischule Franz Mehring 29 Provisional Irish Republican Army Sieg 135 (PIRA) 151, 153 ff. Skinheads 72,111,133,139 Publikationen ausländischer ExtreSozialistische Deutsche Arbeitermistenorganisationen 151 jugend (SDAJ) 33 f., 37, 50, 51 Publikationen, linksextremistische Sozialistische Einheitspartei 22 Deutschlands (SED) 22, 26 f., Publikationen, rechtsextremistische 28, 29, 39, 40, 45 f., 49 ff., 59, 110 62,68 Sachwortregister 211 Sozialistische Einheitspartei Vereinigte Sozialistische Partei Westberlins (SEW) 22 f., 29 f., (VSP) 57 f. 49,75 Vereinigung Demokratischer JuriSozialistische Initiative (Sl) 12 stinnen und Juristen in der BunSozialistischer Hochschulbund desrepublik Deutschland und Ber(SHB) 23, 35, 41 lin (West) e.V. (VDJ) 75 Sozialistischer Jugendverband Karl Vereinigung der neuen Weltsicht in Liebknecht (SJV - Karl LiebEuropa e.V. (AMGT) 163 knecht) 51 Vereinigung der Verfolgten des NaziSozialrevolutionäre 20,62 regimes - Bund der AntifaschiSpionage sten in der Bundesrepublik -Computer-Spionage 188 Deutschland (VVN-BdA) 38, 41, -Militärspionage 188 43,75 - Politische Spionage 184 Verlage, linksextremistische 22, -Wirtschaftsspionage 177,185 47,50 -Wissenschaftsspionage 185 Verlage, rechtsextremistische Ständiger Arbeitsausschuß für Frie110, 128, 134 f. den und internationale VerständiVolksbefreiungsarmee Kurdistans gung 75 (ARGK) 156 STROBL, Dr. Ingrid 88 Volksbewegung für die Republik SWING - autonomes rhein-main Kosovo (LPRK) 167 info 63 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 158 T Volksfront für die Befreiung PaläTAG, Ernst 124 stinas - Generalkommando Tarnorganisationen 75 (PFLP-GC) 159 Terrorakt, Definition 76 Volksfront gegen Reaktion, FaschisTerrorismus, linksextremistischer mus und Krieg (VOLKSFRONT) 75 57,71 Terrorismus, rechtsextremistischer Volkszeitung 40,48 136 Vorfeldorganisationen 32, 39, 45, THADDEN, Adolf von 132 49 f., 52, 75 Treffpunkt Gruppe 34 WG - Verlagsund VertriebsgesellTrotzkisten 53,59,71,72,74 schaft mbH 36,48 trotzkistische Gruppen 52, 59 Tudeh-Partei Iran 166 W TÜRKES, Alparslan 163 Wehrsportgruppe Hoff mann 137 Türkische Kommunistische Partei/ Weltföderation der Wissenschaftler Marxisten-Leninisten (TKP/M-L) (WFW) 75 160 f. Weltfriedensrat (WFR) 75 Weltgewerkschaftsbund U (WGB) 42 Ümmet-i Muhammed Wende zu demokratischem und (Die Nation Mohammeds) 163 sozialem Fortschritt 25 Union Islamischer Studentenvereine Werbungsmethoden 177 in Europa (U.l.S.A.) 164 Westarbeit 49 ff., 51 Unsere Zeit (UZ) 29, 42 Wiking-Jugend e.V. (WJ) 132 ff. Wikinger 134 V Wildcat 63 VARELA GEISS, Pedro 136 Wirtschaftsspionage 177,185 Verband der islamischen Vereine Wissenschaftsspionage 185 und Gemeinden e.V., Köln (ICCB) WITT, Gregor 39 163 Wohlfahrtspartei (RP) 163 212 Sachwortregister World Tamil Movement 167 Y YeniCÖZÜM 160 Z Zentrum für Marxistische Friedensforschung (ZMF) 47 Zielobjekte östlicher Nachrichtendienste 184 ff., 189 ZÜNDEL, Ernst 135