OELT Linksextremismus Terrorismus Spionageabwehr EI erTOT und extremistische Bestrebungen von Ausländern betrifft: \erfosunosschuz '80 Das Papier für den Innenteil dieser Broschüre ist aus 100 % Altpapier hergestellt Inhaltsverzeichnis auf Seite 7 Herausgeber: Der Bundesminister des Innern, Graurheindorfer Straße 198, 5300 Bonn, September 1981 Druck: Bonner Universitäts-Buchdruckerei, Bonn ZUM VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 1980 I. Der jährliche Verfassungsschutzbericht kann und soll keinen erschöpfenden Überblick über die Arbeit und Leistung des Verfassungsschutzes in Bund und Ländern geben. Er kann auch schon wegen des begrenzten Auftrages des Verfassungsschutzes keine Analyse der gesellschaftlichen Entwicklung insgesamt liefern. Er kann auch nicht den Abstand zwischen unserer Verfassung und ihr nicht voll entsprechenden Entwicklungen beschreiben. Der Jahresbericht zeigt als Ausschnitt aus der Arbeit des Verfassungsschutzes Entwicklungen und Zusammenhänge auf, die für die Arbeit des jeweiligen Berichtzeitraums kennzeichnend sind. Für das Jahr 1980 ist die gestiegene Gewaltbereitschaft hervorzuheben. Ihr sind auch Menschenleben zum Opfer gefallen. 1. Dies gilt vor allem für den Bereich des Rechtsextremismus. Wachsender neonazistischer Fanatismus gipfelte hier in der Ermordung vietnamesischer Flüchtlinge in Hamburg durch sogenannte "Deutsche Aktionsgruppen", in dem OktoberfestAnschlag in München und in der Erschießung von zwei Schweizer Grenzbeamten zu Weihnachten 1980. Dank der Arbeit des Verfassungsschutzes und der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz konnten die Mörder von Hamburg noch im Berichtsjahr überführt werden. Über die Motive des bei dem Münchner Anschlag ums Leben gekommenen Bombenlegers besteht keine Klarheit. Fest steht jedoch seine frühere Zugehörigkeit zu der im Berichtsjahr verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann, die allerdings nach dem bisherigen Erkenntnisstand an dem Münchner Anschlag nicht beteiligt war. Mit dem Verbot dieser rechtsextremistischen Gruppierung ist die Toleranzgrenze zum Extremismus markiert worden. Der organisierte Rechtsextremismus ist in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor bei Wahlen erfolglos geblieben. Die NPD erreichte bei der Bundestagswahl 1980 ihr bisher schlechtestes Ergebnis. Gewachsen sind allerdings Intensität und Umfang der Verbindungen des deutschen Rechtsextremismus zu rechtsextremistischen Organisationen in anderen Staaten. Auch ist nach kontinuierlichem Rückgang 1980 mit einem Anstieg um 2500 auf insgesamt 19800 Mitglieder gegenüber dem Vorjahr ein beachtlicher Mitgliederzuwachs im Bereich des organisierten Rechtsextremismus zu verzeichnen. Dazu trug wesentlich die "Deutsche Volksunion" (DVU) mit jetzt 10000 Mitgliedern (1979: 6000) bei. Sne hat die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) mit 7200 Mitgliedern, von denen etwa die Hälfte Pensionäre und Rentner sind, überholt. Die staatlichen Maßnahmen gegen den organisierten Rechtsextremismus sind insgesamt intensiviert worden. Gestiegen sind die Aufklärungsquoten für rechtsextremistische Ausschreitungen ebenso wie die Zahl der Ermittlungsverfahren und Verurteilungen. Der erfolgreichen Tätigkeit von Verfassungsschutz, Polizei und Justiz ist es zu danken, daß die neonazistische Gewalt im Jahre 1981 nach einem starken Anstieg im Jahre 1980 nicht weiter angestiegen ist. 2. Die linksextremistischen Aktivitäten haben zugenommen. Seit dem Frühjahr 1980 begleiteten Krawalle und Ausschreitungen den "Häuser-", den "Antimilitarismus-" und den "Antifaschismus-Kampf". Das Ausmaß der Kampagnen und die Mobilisierbarkeit stiegen an; gleichzeitig zeigte sich erstmals die Bereitschaft von 3 orthodoxen Kommunisten und von Gruppen der "Neuen Linken", in Aktionsbündnissen zusammenzuwirken. Die Wählerschaft der nach wie vor ca. 40000 Mitglieder zählenden "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP), die sich politisch und ideologisch vorbehaltlos der KPdSU und der SED unterordnet, sank bei der Bundestagswahl 1980 auf den bisher niedrigsten Stand. Die DKP verstärkte ihre gemeinsamen Aktionen mit Demokraten, z. B. gegen den NATO-Doppelbeschluß. Erstmals zeigte sich eine Bereitschaft von orthodoxen Kommunisten und Angehörigen der "Neuen Linken", in Aktionsbündnissen zusammenzuwirken. Die Krise innerhalb der dogmatischen am Marxismus-Leninismus orientierten "Neuen Linken" hielt an, der undogmatische Bereich der Neuen Linken ist noch unübersichtlicher und militanter geworden. 3. Die Bundesrepublik Deutschland war 1980 unverändert intensiver Spionage gegnerischer Nachrichtendienste in allen Bereichen von Staat und Gesellschaft ausgesetzt. Neben der Ausspähung im politischen und militärischen Bereich spielt die Wirtschaftsspionage, insbesondere der illegale Technologietransfer, eine zunehmend stärkere Rolle. 70 % der erkannten Fälle gehen von den Nachrichtendiensten der DDR aus, deren politische Führung diese Spionage ideologisch rechtfertigt und auch hier unbedingte Planerfüllung fordert. Die Zahl der erfaßten Spionageaufträge aller gegnerischen Nachrichtendienste ist 1980 gegenüber dem Vorjahr erheblich angestiegen. 50 Festnahmen und die zahlreichen erkannten und damit durchkreuzten Werbungen für eine Agententätigkeit zeigen die Erfolge der Spionageabwehr. 1980 wurden 33 Personen rechtskräftig wegen Spionagetätigkeit verurteilt. In 27 dieser Fälle waren Nachrichtendienste der DDR die Auftraggeber. 4. Die große Mehrheit der 4,5 Mio. Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland beachtet die Gesetze. Verschiedene Gruppen extremistischer Ausländer geben jedoch Anlaß zur Sorge. Bestimmend für extremistische Aktivitäten sind in erster Linie die politischen 'Auseinandersetzungen in den Heimatstaaten, aber auch als Mißstände empfundene Zustände sowie Vorschriften und Maßnahmen für Ausländer im Bundesgebiet. Sicherheitsgefährdende Anschläge von Ausländern gehen zu einem Teil auf einreisende Tätergruppen zurück, die Terrorismus u. a. im Auftrag ausländischer 'Staaten betrieben. 1981 mehrten sich die Anzeichen, daß solche staatsterroristischen Anschläge zunehmen. Nach einem vorübergehenden Rückgang der Zahl gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen türkischen Extremistengruppen im Jahre 1980 ist für dieses Jahr eine Zunahme solcher Ausschreitungen zu befürchten. Die politisch-propagandistische Tätigkeit dieser Organisationen gegen die türkische Regierung und die Bundesrepublik Deutschland verstärkt sich ebenfalls. Nach der in der Absetzung des iranischen Staatspräsidenten gipfelnden Verschärfung des Machtkampfes zwischen rivalisierenden politischen Lagern im Iran wird 1981 eine Zunahme politischer Aktivitäten und Gewalttätigkeiten extremistischer iranischer Gruppen im Bundesgebiet eintreten. Kroatische Extremisten setzten ihre Gewaltpropaganda gegen den jugoslawischen Staat fort. Andererseits wurden auch gegen Führer der Emigration Anschläge verübt. 1981 sind Versuche zur Konzentration des linken Flügels der kroatischen Emigration und Aktionsbündnisse zu beobachten, die Gruppen verschiedener 4 Volkszugehörigkeit für Demonstrationen wegen der politischen Entwicklung in der jugoslawischen Provinz Kosovo eingehen. Bund und Länder haben ihre Entschlossenheit bekräftigt, in dieser Situation alle polizei-, strafund ausländerrechtlichen Möglichkeiten gegen extremistische Ausländer auszuschöpfen. 5. Der linksextremistische Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland ist trotz beachtlicher Fahndungserfolge nicht überwunden. Die Zahl der ihm zuzurechnenden Sprengund Brandanschläge hat sich gegenüber dem Vorjahr mit 77 fast verdoppelt (1975: 46, 1976: 30, 1977: 48, 1978: 52, 1979: 41). Dieser Trend hat snch im 1. Halbjahr 1981 noch verstärkt (75 Anschläge). Die "Rote Armee Fraktion" (RAF) ist personell und logistisch geschwächt und ideologisch in der deutschen Linken isoliert. Gleichwohl wurde der Hungerstreik inhaftierter Terroristen im Frühjahr 1981 von Sympathisanten der RAF propagandistisch unterstützt. Anschläge der RAF sind weiterhin nicht auszuschließen; sie ist nach wie vor zu terroristischen Aktionen bereit und in der Lage. Die "Revolutionären Zellen" (RZ) haben auch 1980 ihre Anschläge fortgesetzt. Ihre Strategie ist weiterhin auf die Anknüpfung an soziale Probleme und breiterer Vermittelbarkeit ihrer Aktionen ausgerichtet; die von ihnen ausgehende Gefahr wird weiterhin schwer wiegen. Brandund Sprengstoffanschläge bisher unbekannterKleingruppen, deren ndeologische und taktische Vorstellungen denen der Roten Zellen verwandt sind, haben beträchtlich zugenommen. Il. Auseinandersetzungen der "Kraker" mit den Behörden nn Amsterdam und seit dem Frühjahr 1980 andauernde Gewaltdemonstrationen in Zürich waren Bezugspunkte für nachfolgend ähnliche Erscheinungen in der Bundesrepublik Deutschland, beginnend mit den gewaltsamen Demonstrationen gegen öffentliche Bundeswehr-Gelöbnisveranstaltungen und gewalttätigen Ausschreitungen im Zusammenhang mit den Hausbesetzungen. Den Bestrebungen extremistischer Gruppen, auf das demokratische, gewaltablehnende Protestpotential Einfluß zu nehmen, gilt es entgegenzutreten. Vor allem mit politischen Mitteln muß die Solidarisierung zwischen dem demokratischen und dem extremistischen Protestpotential verhindert werden. Die politische Auseinandersetzung um eine gerechte Ordnung in Staat und Gesellschaft muß offen bleiben. Sie muß vor allem gewaltfrei bleiben. Die Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen ist kein legitimes Mittel. Andererseits stützen sich unsere politische Kultur und unsere Verfassungsordnung auf Werte wie Selbstverwirklichung, Selbsthilfe und Solndarität. Hierin liegen Grundlage und Chance für die Integration derjenigen, die vom Staat nichts halten, sondern auf "Selbstverwirklichung in Freiräumen" setzen, in unsere freiheitliche Gesellschaft, die nhrerseits lernfähig bleiben muß. Voraussetzung für Selbstverwirklichung in Freiheit ist immer und überall die Entschlossenheit, sich nicht von extremistischen Zielsetzungen mißbrauchen zu lassen, die immer freiheitsfeindlich sind. Il. Der Rechtsstaat muß sich selbst treu bleiben. Die Bundesregierung setzt daher auch gegenüber den Gegnern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in erster Linie auf die Überzeugungskraft politischer Auseinandersetzung Diese 5 Priorität der politischen Auseinandersetzung mit dem Extremismus ist Ausdruck des Selbstbewußtseins und der Stärke unserer freiheitlichen Demokratie. Diese Grundentscheidung erfordert es, extremistische Bestrebungen solange nicht zu verbieten, wie sie nicht die freiheitliche Ordnung selbst gefährden. Eine solche Toleranz verlangt aber, daß diese Bestrebungen beobachtet werden, um festzustellen, wann die Grenze überschritten ist, von der ab sie zu einer ernsten Gefahr werden. Die Unterrichtung der Öffentlichkeit, die der Verfassungsschutzbericht zur politischen Auseinandersetzung leistet, vollzieht sich innerhalb des vom Bundesverfassungsgericht gekennzeichneten Rahmens. Die Bundesregierung hält dabei eine inflationäre Anwendung des Begriffs "verfassungsfeindliche Zielsetzung" in der politischen Diskussion und Aufklärungsarbeit nach wie vor für bedenklich. Sie bezieht diesen Begriff weiterhin ausschließlich auf Organisationen und legt Wert darauf, nur solche Zielsetzungen als "verfassungsfeindlich" zu bezeichnen, die gegen die grundlegenden Verfassungsprinzipien gerichtet snnd. Der Verfassungsschutzbericht ist ausschließlich Informationsbeitrag zur politischen Auseinandersetzung. Rechtsfolgen dürfen mit ihm nicht verbunden werden. Es soll und kann nicht einmal eine lückenlose Darstellung extremistischer GrupPpierungen liefern. Vor allem fällt der Bericht kein Urteil darüber, ob ein Bewerber für den öffentlichen Dienst, der Mitglied einer nn ihm erwähnten Organisation ist, die beamtenrechtlichen Voraussetzungen für eine Einstellung erfüllt oder nicht. IV. Der Verfassungsschutz verdient das Vertrauen unserer Bürger. Seine Arbeit ist schwierig und verantwortungsvoll. Sie sichert den freiheitlichen Rechtsstaat und damit die Freiheit seiner Bürger. Den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes spreche ich auch in diesem Jahr hierfür Anerkennung und Dank aus. faler Baia Gerhart Rudolf Baum Bundesminister des Innern Inhalt Rechtsextremistische Bestrebungen 1980 I. Allgemeine Erfahrungen .........-+.:------0eeseneeneenneneneennn Il. Übersichten In Zahlen 1. Organisationen, Verlage und Vertriebsdienste = Publikationen 3. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst .. 4. Soziologische Daten 4.1 Analyse der wegen rechtsextremistischer Taten rechtskräftigVerurteilten 4.2 Analyse der militanten Rechtsextremisten . Il. Neonazistische Aktivitäten 1. Militante neonazistische Aktivisten (r); Neonazistische Gruppen . 2.1 "Deutsche Bürgerinitiative" ( & 2.2 "Deutsche Aktionsgruppen" (DA) .. 2.3 "Wehrsportgruppe HOFFMANN" (WSG) . 2.4 _ "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren AngeRörlge:@, V? (ENG) wumsesarssnugier san närssnscheer Hakan wir 25 "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit" (VSBD/PdA) 2.6 "Nationalrevolutionäre Arbeiterfront" (NRAF) . 2.7 "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) . 2.8 "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) .. 29 "Bürgerund Bauerninitiative" (BBl) IV. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (nr) % Wahlergebnisse der NPD 1980 . 1.1 Bundestagswahl 1.2 Landtagswahl in Baden-!Württemberg ie 1.3 Kommunalwahlen .. fe ne 2. Parteiorganisation . 3. Weltanschauung und Agitationder "Nationaldemokraten" V. "National-freiheitliche Rechte" 1. Die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) 2. "National-freiheitliche' Organisationen 2.1 "Deutsche Volksunion" (DVU) 2.2 "Aktionsgemeinschaften" der DVU... 23 "Wiking-Jugend* (WJ) 8 "National-freiheitliche" Agitation VI. Sonstige rechtsextremistische Vereinigungen .. 1. "Gesellschaft für freie Publizistik" (GfP) 2, "Deutsche Kulturgemeinschaft* (DKG) 8, "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" (DKEG) Seite 4. "Bund Heimattreuer Jugend e.V." (BHJ) . 5. "Bundesverband der Soldaten der ehemaligen TELAGN ran ange Da Re ren kaee VII. Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste .............. "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) .. h. "MUT" .. s Are ns apne;g "Nation Europa" (NE) . "KLÜTER-Blätter" Buchverlage undVertriebsdienste Indizierungen ill. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus .. "Falsceaux Nationalistes Europ&ens" (F.N.E.) Kontaktstellen in der Schweiz "British Movement" (BM) und "Column 88" (C 88) "Vlaamse Militanten Orde" (VMO) . Propagandazentren in Nordamerika . "Ku-Klux-Klan*-Initiativen ....... Dänemark, Spanien, Südamerika . Österreich Italien .... IX. Terroristische Akti itäten, Gewalttaten und andere Gesetzesverstöße mit rechtsextremistischem Hintergrund . Terroristische Aktivitäten und Gewalttaten 1 Bombenanschlag auf der Theresienwiese in München 2 "Deutsche Aktionsgruppen" (DA) 3 Mordanschlag auf Schweizer Grenzbeamte . 1.4 _Brandanschläge 1.5 Anschläge gegen Einrichtungen von Ausländern und politischen Gegnern n. . . 1.6 Anschläge gegen jü 2. Sonstige Gesetzesverstöße X. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten Verurteilungen ....... Re BRD Rechtskräftige Verurteilungen . wa Noch nicht rechtskräftige Verurteilungen Ermittlungsverfahren, Durchsuchungen, AOSSSeNn aD Vetacle ware Sonstige Maßnahmen . Abbildungen Entwicklung der rechtsextremistischen Organisationen von 1969--1980 .. Entwicklung der rechtsextremistischen Publizistik von 1969--1980 . Agitation neonazistischer Gruppen Neonazistische Gesetzesverstöße . Publikationen neonazistischer Gruppen . Sichergestellte Waffen und sonstigeGegenstände der "Wehrsportgruppe HOFFMANN" 2222 2snneeseen a Sa eher er 8 Seite Neonazistische Schriften aus dem Ausland ................. 29 Agitation der Nationaldemokraten 33 Schlagzeilen der "Deutschen National-Zeitung" 35 Terroristische Anschläge Gesetzesverstöße deutscher Rechtsextremisten in den Jahren 1974 bis 1980 47 Gesetzesverstöße deutscher Rechtsextremisten im Jahresverlauf 48 'Analyse der Täter bei rechtsextremistischen Gesetzesverstößen .... 48 Linksextremistische Bestrebungen 1980 1. Allgemeine Erfahrungen: 2:5: masse san nee 52 % Orthodoxe Kommunisten . 52 2; "Neue Linke" 52 Il. Übersicht in Zahlen 53 % Organisationen und Mitgliederstand . 53 2: Periodische Publikationen 55 3. Linksextremisten im öffentlichen Dienst 55 4. Studentenvertretungen ....... +2... 56 4.1 Hochschulen mit verfaßter Studentenschaft . 56 4.1.1 Studentenparlamente 56 4.1.2 Allgemeine Studentenausschüsse 57 4.2 Hochschulen ohne verfaßteStudentenschaft . 59 4.2.1 Hochschulen in Baden-Württemberg ... 59 4.2.2 Hochschulen in Bayern 59 Ill. Schwerpunkte der Agitation 59 Verfassungspolitik....... 59 Außenund Verteidigungspolitik . 60 PSFeAmDi Innenund Sicherheitspolitik 60 Wirtschaftsund Sozialpolitik . 61 Umweltschutz 61 Internationalismus 62 IV. Orthodoxe Kommunisten . 62 Politische und organisatorischeEntwicklung 62 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 62 BRAuSpLumDIdeologisch-politischer Standort . a 62 Mitgliederstand . % 66 Finanzierung . 68 Pressearbeit . Er 68 InternationaleBeziehungen.IR RENTEERERORENELREN 68 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW). 69 1.3 Nebenorganisationen der DKP 70 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 70 1.3.2 "Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) . 72 1.3.3 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB) ......- ; 72 Seite 2 Bündnispolitik 2.1 Politik der "Aktionseinheit" 2.2.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten 2.1.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften . 2.2 Bemühungen um ein "antimonopolistisches Bündnis" Br Bötiiebsarbeit ...n..umun.nseeceon" 4. Jugend-, Kinderund Studentenarbeit 4.1 Jugend . 4.2 Kinder... 4,3 Studenten . 5: Propaganda und Schulung . uf 5.1 "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V."(IMSF) u 5.2 "Marx-Engels-Stiftung e. V." 5.3 Parteischulung 5.4 Verlage und Druckereien 6. Wahlergebnisse ... 6.1 Bundestagswahl 6.2 Landtagswahlen 6.3 Kommunalwahlen an 6.4 Mandate der DKP in Kommunalvertretungen ...... 222424 0ner 000: V. Einfluß der DKP auf andere Organisationen ........::.2-2200e 200: lb, "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) x "Deutsche Friedens-Union* (DFU) . "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (! a mSs"92PDuasmS "Vereinigung Demokratischer Juristen e.V." (VDJ) ......2..2.2..."Deutsche Friedensgesellschaft -- Vereinigte Auen dleneineaner, (DFG-VK .) "Demokratische Fraueninitiative" ( Dir SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland . Anleitungen der DKP durch das ZK der SED. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen ... Reisen in die DDR und DDR-,"Reisekader" . "Neue Linke" Politischer Standort und Entwicklung NE Allgemeiner Überblick .......... vu Entwicklung im dogmatischen Lager . Organisationen der dogmatischen "Neuen Linken" "Kommunistischer Bund Westdeutschland* (KBW) . SunBR> "Kommunistische "Bund Westdeutscher Kommunisten' (BWK) BER Partei Deutschlands (Marxisten-I yes acn sach Leninisten)" "Kommunistischer Bund" (KB) un: owno0" Sonstige Organisationen .. Trotzkistische Gruppen . Undogmatische "Neue Linke" . 5 Seite Tätigkeit an Hochschulen .... 101 non" Betriebsund Gewerkschaftsarbeit 102 Ausnutzung der Umweltschutzbewegung 102 Aktionen gegen die Bundeswehr .. 105 VIII. Gewaltsame Aktionen und Verurteilungen ........2224222404200+ 105 Abbildungen Linksextremisten in Studentenparlamenten und Allgemeinen Studentenausschüssen - Agitation gegen Olympia-Boykott DKP-Wohngebietsund Stactzeitungen SDAJ-Zeitungen DKP-Betriebszeitungen . Agitation der SDAJ collectiv-Buchhandlungen Stimmenanteile bei Bundestagswahlen Stimmenantenle der DKP beiLandtagswahlen Mandate der DKP in Kommunalparlamenten . "Patenbezirke" der SEDin der Eneeatspunl Deutschland . Wahlagitation der "Neuen Linken" Schriften aus dem Bereich der KPD Trotzkistische Schriften . Militante Aktionen ..... Deutscher linksextremistischer Terrorismus1980 *) 1. Allgemeine Feststellungen . 106 2. Terroristische Gruppierungen 107 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 107 2.2 "Bewegung 2. Juni" 5 268 108 2.3 Revolutionäre Zellen (RZ) ............ 109 2. Gewalttätige Aktivitäten sonstiger Gruppen 110 4. Terroristisches Umfeld 111 8 internationale Verflechtungen 112 5.1 Terrorgruppen 112 5.2 Terroristisches Umfeld . 112 Spionageabwehr 1980 H. Allgemeine Erfahrungen ...... 114 1.1 Werbungen und Werbungsversuche . 114 1.2 Aufträge 114 menhangs im Abschnitt IX "Rechtsextremistische Bestrebungen" dargestellt 1 Seite 1.3 Legale Residenturen . 117 1.4 Verurteilte Agenten . 118 1.5 Beurteilung 118 2 Nachrichtendienste der DDR . 119 DA Übersicht ............. 119 2.2 MfS und DDR-Besucher 120 2.3 Interessante Schleusungsvariante gegnerischerNachrichtendienste 121 3. Emigranten und Emigrantenorganisationen als re gegnerischer Nachrichtendienste . : q a 124 4. Festnahmen 129 4.1 Überblick 129 4.2 Fall Magdeburg . 129 43 Fall Thomas P... 130 44 Fall Manfred K. 132 Abbildungen Werbungen und Werbungsversuche 115 'Spionageaufträge nach sachlicher Zielrichtung . 116 von Ausländern 1980 1. Allgemeine Erfahrungen ............2:222224222eeneeeeeneneeennee Il. Übersicht in Zahlen ... T. Organisationsstand . 2. Mitgliederentwicklung . 3. Publizistik Ill. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen einzelner 'Ausländergruppen ur S Araber/Palästinenser . 1.1. NationaleBefreiungsbewegungen undsozialrevolutionä nationalisti sche Gruppen .. s 1.1 Mitgliederentwicklung . .1.2 Erkenntnisse zuOrganisationen undAktionsschwerpunkten 2 Terroristische Aktivitäten . " Rurkenl ale 2.1 Rechtsextremisten undextremeNationalisten 2.1.1 Mitgliederentwicklung ... 2.1.2 Erkenntnisse zu Organisationen un" tionsschwerpunkten 2.2 Orthodoxe Kommunisten . Mitgliederentwicklung .. Erkenntnisse zu Organisationen undAktionsschwerpunkten "Neue Linke" z Mitgliederentwicklung . Erkenntnisse zu Organisationen undAktionsschwerpunkten er Seite 2.4 _Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkischen Extremisten ... 5 146 3. Kurden . 147 3.1 ExtremistischeBestrebungen 147 3.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten 147 4. Armenier "enameessenenenennn nie nennen 148 5. Iraner 148 5.1 Mitgliederentwicklung . 148 5.2 Erkenntnisse zu Organisationen undAktionsschwerpunkten 149 6. Afghanen .. . 149 6.1 Mitgliederentwicklung . 149 6.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten 149 2 Exiljugoslawen .. 150 7.1 Mitgliederentwicklung . 150 7.2 Erkenntnisse zu Organisationen undAktionsschwerpunkten 150 7.3 _Mordanschläge gegen Exilkroaten 151 8. Sonstige ausländische extremistische Vereinigungen . 151 8.1 Griechen 151 8.1.1 Mitgliederentwicklung im Bereich rechtsextremistischer Gruppen .. 151 8.1.2 Mitgliederentwicklung im ortnodox-kommunistischen Bereich . 152 8.1.3 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten 152 8.1.4 Mitgliederentwicklung im Bereich der "Neuen Linken" 152 8.1.5 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten 152 8.2 Italiener, Spanier und andere Nationalitäten 152 Abbildungen 135 1980 13 Rechtsextremistische Bestrebungen 1980 I. Allgemeine Erfahrungen Rechtsextremistische Bestrebungen sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie -- offen oder verdeckt -- die Grundlagen der Demokratie, insbesondere der parlamentarischen repräsentativen Demokratie, ablehnen und eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips fordern. Folgende, beispielhaft genannte Einzelaspekte sind für den Rechtsextremismus charakteristisch: Ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender Nationalismus ist Ausgangspunkt einer unsachlichen Beschimpfung und Herabsetzung ausländischer Staaten und deren Staatsangehöriger und damit auch einer Mißachtung deren Menschenrechte. Die unverhohlene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus ist mit der Würde des Menschen und anderen wesentlichen Menschenrechten, die zu achten und zu schützen Verpflichtung jeder staatlichen Gewalt ist, nicht vereinbar. Gleiches gilt für andere rassistische Thesen. Die von Rechtsextremisten geforderte pauschale Überbewertung der Interessen der "Volksgemeinschaft" und des "Volksganzen" auf Kosten der Interessen des Einzelnen führt zu einer Aushöhlung der Grundrechte, die in erster Linie Individualfreiheitsrechte garantieren. Darüber hinaus diffamieren und bekämpfen Rechtsextremisten dauernd und planmäßig die bestehende Staatsform. Dieser Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ist von der Absicht getragen, deren überragenden Wert in den Augen der Bevölkerung zu erschüttern und die These zu verfestigen, die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Staatsform sei unfähig, die anstehenden Probleme zu lösen. Eine solche Agitation geht zwangsläufig auf eine Beeinträchtigung und schließlich sogar auf eine Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung hinaus. Ein besonderes Kennzeichen rechtsextremistischer Bestrebungen liegt ferner in der Rechtfertigung des NS-Regimes, woben unter Herausstellung angeblich positiver Merkmale des "Dritten Reiches" die Verbrechen des NS-Regimes verharmlost oder sogar jegliches nationalsozialistisches Unrecht geleugnet wird. Eine solche Verharmlosung und Verherrlichung von nationalsozialistischen Thesen, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar sind, beweist die Gegnerschaft zur Staatsform in der Bundesrepublik Deutschland in besonderem Maße. Diese beispielhaft genannten, besonders charakteristischen Merkmale des Rechtsextremismus sind nicht gleichmäßig in allen rechtsextremistischen Organisationen festzustellen. Bei einigen Organisationen sind nur Teilaspekte bestimmend. Auch die Intensität der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteteten rechtsextremistischen Thesen sowie deren Verbreitung in der Öffentlichkeit sind in den einzelnen Organisationen unterschiedlich. Schließlich sind auch Bestrebungen festzustellen, die rechtsextremistisch beeinflußt sind oder einen Nährboden für rechtsextremistische Thesen und deren Verbreitung darstellen. Die Mitgliederzahl rechtsextremistischer Organisationen ist 1980 auf 19 800 (1979: 17 300) angestiegen. Der Mitgliederzuwachs ist im wesentlichen auf die "Deutsche Volksunion" (DVU) zurückzuführen, die mit ihren Gruppierungen "Volksbewegung 15 für Generalamnestie" (VOGA) und "Initiative für Ausländerbegrenzung*(I. f. A.) ihre Mitgliederzahl von etwa 6000 im Jahre 1979 auf etwa 10000 Ende 1980 erhöhen konnte. Die DVU hat damit die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) überholt, deren Mitgliederzahl 1980 auf ca. 7 200 (1979: ca. 8 000) gesunken ist und deren Wählerpotential bei der Bundestagswahl 1980 mit 0,2 % der Zweitstimmen (1976: 0,3%) einen neuen Tiefstand erreichte. Ende 1980 gab es etwa 1 800 (1979: 1 400) erkannte Neonazis, die entweder in den 22 (1979: 23) erkannten neonazistischen Gruppen bzw. als deren Unterstützer oder als Einzalaktivisten tätig waren. Dabei ist insbesondere infolge zahlreicher Exekutivmaßnahmen -- Verbot der "Wehrsportgruppe Hoffmann", Freiheitsstrafen gegen führende Mitglieder anderer Gruppen -- die Zahl der in den einzelnen Gruppen tätigen Neonazis auf ca. 800 zurückgegangen, die Zahl derer, die nicht einer bestimmten Gruppe zugerechnet werden können, dagegenauf 600 angestiegen. Die Steigerung der Gesamtzahl ergibt sich daraus, daß 1980 anläßlich von Hausdurchsuchungen etwa 400 besonders aktive finanzielle Unterstützer neonazistischer Gruppen bekanntgeworden sind, deren Spendentätigkeit z. T. bereits in die Vorjahre zurückreicht. Auch 1980 verstärkten Neonazis ihre Kontakte zu Gesinnungsgenossen im Ausland mit dem Ziel der Koordinierung neonazistischer Aktivitäten und gegenseitiger Unterstützung. Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Gesetzesverstöße und Gewalttaten stieg wie in den Vorjahren an. Die steigende Gewaltbereitschaft insbesondere im neonazistischen Bereich zeigte sich 1980 vor allem bei der Bombenexplosion auf dem Münchener Oktoberfest, den Anschlägen der terroristischen "Deutschen Aktionsgruppen" (DA) und den Mordtaten des NS-Aktivisten Schubert an der deutschschweizerischen Grenze. Mit weiteren Gewalttaten muß gerechnet werden. Bei der ganz überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung fanden rechtsextremistische Bestrebungen nach wie vor keine Resonanz. Die freiheitliche demokratische Grundordnung wurde durch den Rechtsextremismus auch 1980 nicht ernsthaft gefährdet; die öffentliche Sicherheit und Ordnung war allerdings insbesondere durch neonazistische Gewalttaten stärker als im Vorjahr beeinträchtigt. Il. Übersichten in Zahlen 1. Organisationen, Verlage und Vertriebsdienste Ende 1980 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 75 rechtsextremistische Organisationen oder Gruppen mit rd. 19 800 Mitgliedern (1979: 17 300). Damit ist die Zahl der Mitglieder, die seit 1967 (38 700 Mitglieder) ständig rückläufig war und 1979 einen Tiefstand erreicht hatte, 1980 um 2500 (= 14,5%) angestiegen. Ursächlich hierfür ist vor allem der Mitgliederzuwachs bei den "nationalfreiheitlichen" Organisationen des Dr. Gerhard Frey (47), dessen "Deutsche Volksunion" (DVU) jetzt mehr als 10.000 Mitglieder umfaßt. Die Zahl der Angehörigen neonazistischer Gruppen hat als Folge zahlreicher Exekutivmaßnahmen abgenommen, wogegen die Zahl der führungslos gewordenen Aktivisten, die zum Teil alleine aktiv sind oder wechselnd in anderen neonazistischen Gruppierungen mitarbeiten, angestiegen ist. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) und ihre Nebenorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) verloren im Berichtsjahr rd. 800 bzw. rd. 400. Mitglieder. 16 IN8AHO3ILYVSN0Z 40000 35000 30.000 MDEZITAGLHIERDL so 24500 25000 21500 21200 20300 jös66 "0 20000 18 200 17800 17600 17300 = 15000 10000 sooo 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 EZZAarionauoemokeAren" UI sonstise orsannsanionen OHNE VERLAGE UND VERTRIEBSDIENSTE Entwicklung der rechtsextremistischen Publizistik von 1969--1980 %, 120 250 zuuooo 228 100 u,Ye, so Ay 10 ES z0ss0o 204700 207500 mo 196700 = WTIDOUCARHNENSFLEAIGTNHCDÖE 200 189000 08 178300 10 on 159700 "5 2 50 3 70% 2 s& 100 (r) 5 soz 1} so 30 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 I iräheiser verinee -- PZArvsuemnonen 0e [_]eustikamonen Einzelheiten der Entwicklung der letzten drei Jahre zeigt die nachstehende Tabelle: Arten der Organisationen Ende 1978 Ende 1979 Ende 1980 (die Übernahme ihrer Anzahl der Anzahl der Anzahl der eigenen Bezeichnungen Org. MitgliedOrg. MitgliedOrg. Mitgliedenthält keine Wertung) schaften schaften schaften Neonazistische Gruppen 24 1.000 23 1400 22 1200!) "Nationaldemokratische" Organisationen 5 10 100 6 9500 8 8300 "National-freiheitliche" Organisationen 7 5600 6 6400 6 13 500 Sonstige Vereinigungen 40 5400 34 4000 39 3300 Summe 76 22 100 69 21 300 75 26 300 Zahl der Mitglieder nach 'Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 17 600 17 300 19 800 ) Hiervon snnd etwa 800 in den Gruppen tätig, während etwa 400 Gruppen besonders aktiv finanziell unterstützen. Nicht eingerechnet sind rd. 600 Personen (z. B. Alleingänger und Aktivisten zerschlagener oder aufgelöster Organisationen), die keiner der zur Zeit bestehenden Gruppen angehören, so daß von einer Gesamtzahl von rd. 1800 neonazistischen Aktivisten per Stand 31. 12. 1980 auszugehen ist. Unter den 75 Organisationen befinden sich acht Jugendorganisationen und drei kleine Studentengruppen mit zusammen rd. 2 000 Mitgliedern (1979: 2 450), von denen jedoch nur ein Teil Jugendliche unter 18 Jahren sind. Die Anzahl der rechtsextremistischen Organisationen mit 1 000 und mehr Mitgliedern ist gegenüber dem Vorjahr von drei auf fünf gestiegen. Es sind dies die NPD, die JN, die DVU sowie die "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA) und die "Aktion deutsche Einheit -- AKON" (AKON). Weitere acht Organisationen haben 250 und mehr Mitglieder. Ein Überblick über die Größenordnung rechtsextremistischer Organisationen ergibt sich aus der nachstehenden Tabelle: Anzahl der Organisationen mit einem Mitgliederbestand von mindestens weniger als 4000 1000 500 250 100 50 20 20 Neonazistische Gruppen En - - 1 1 3 4 13 "Nationaldemokratische" Organisationen 1 1 - - - - 1 5 "National-freiheitliche" Organisationen 1 2 _ 1 - 1 _ 1 Sonstige Vereinigungen - - 1 5 5 4 9.15 Gesamt 2 3 4 Z 6 8 14 34=75 13 Organisationen 62 Organisationen mit 250 und mehr mit weniger als Mitgliedern 250 Mitgliedern Die Anzahl der rechtsextremistischen Verlage und Vertriebsdienste ist die höchste seit ihrer Erfassung im Jahre 1960. Bei den Vertriebsdiensten ist dies in erster Linie darauf zurückzuführen, daß nach wie vor eine große Nachfrage für NS-Erinnerungsund -Rechtfertigungsliteratur besteht. Die Entwicklung bei den Zeitungsund Schriftenverlagen zeigt, daß einer erheblichen Zunahme der Verlage (vgl. Ziffer 2) ein starker Rückgang der jeweiligen Gesamtauflagen dieser Verlage gegenübersteht. Dazu folgende Aufstellung: Verlage 1978 1979 1980 Buchverlage 12 15 18 Zeitungsund Schriftenverlage 14 16 27 Vertriebsdienste 15 14 20 Zusammen 41 45 65 2. Publikationen Die Zahl der rechtsextremistischen periodischen Publikationsorgane sowie deren durchschnittliche Auflagenzahl sind gegenüber 1979 weiter gesunken. Ende 1980 erschienen 85 (1979: 92) Periodika mit einer durchschnittlichen Auflagenzahl von 328430.2) Auflagenzahlen der periodischen rechtsextremistischen Publikationen 1980: Periodische Publikationen Zahl Auflage Neonazistische Schriften 12 19 340 "Nationaldemokratische" Schriften 28 119 000 "National-freiheitliche" Schriften 4 20 600 Schriften sonstiger Vereinigungen 10 10 400 Publikationen selbständiger Verlage 31 159 090 Summe 8 328 430 2) Die Auflagenzahl bezieht sich, unabhängig von der Erscheinungsweise (wöchentlich, monatlich, zweimonatlich, vierteljährlich, jährlich), auf die Zahl der durchschnittlich aufgelegten Exemplare einer 'Ausgabe. Etwa 22% der hier berücksichtigten Publikationen erscheinen vierteljährlich bis jährlich. Diese Berechnungsmethode wird erstmals angewandt, um mit den entsprechenden Angaben im Teil "Linksextremistische Bestrebungen" vergleichbare Zahlen zu nennen. Bei Anwendung der für den ietzten Verfassungsschutzbericht gültigen Methode hat sich die durchschnittliche Wochenaufiage rechtsextremistischer Publikationen von 174.300 im Jahr 1979 auf 159 700 Exemplare für 1980 vermindert. 3. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst 3.1 Ende 1980 waren -- soweit bekannt -- 362 Rechtsextremisten (gegenüber 389 im Vorjahr) im Bundes-, Landesund Kommunaldienst sowie in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts beschäftigt. Einzelheiten ergeben sich aus der folgenden Darstellung (Vergleichszahlen für 1979 in Klammern): 19 nsti Personen sonsuge insgesamt NPD Rechtsextremisten Bundesdienst 183 (196) 128 (159) 55 (37) Landesdienst 105 (118) 75 (88) 30 (80) Kommunaldienst 58 (60) 46 (51) 12 (9) Dienst in Körperschaften und 'Anstalten des öffentlichen Rechts 16 (15) 12 (13) 4 (@) 362 (389) 261 (311) 101 (78) 3.2 Die im Bundesdienst beschäftigten 183 Rechtsextremisten sind ben nachgeordneten Behörden tätig: einer gehört dem Bundesgrenzschutz an, 87 der Bundeswehr, und zwar 62 als Zeitund Berufssoldaten sowie 25 als Zivilbedienstete, darunter ein Lehrer. Wehrpflichtige sind in diesen Angaben nicht berücksichtigt. 3.3 Von den 105 Landesbediensteten sind beschäftigt: an Schulen und Hochschulen 40 ( 48) in der Justiz 12 ( 14) in der Finanzverwaltung 10 (9 bei der Polizei 14 (17) in anderen Verwaltungsbereichen 29 30) 105 (118) Außer den Lehrern im Landesdienst sind noch zwei Lehrer im Kommunaldienst beschäftigt. Unter den insgesamt 362 im öffentlichen Dienst stehenden Rechtsextremisten befinden sich ein Richter, 182 Beamte, 62 Soldaten, 74 Angestellte, 43 Arbeiter. Die 244 Beamten und Soldaten gehören folgenden Laufbahngruppen oder ver- " gleichbaren Dienstgraden an: höherer Dienst n 29 gehobener Dienst : 69 mittlerer Dienst : 97 einfacher Dienst : 49 4. Soziologische Daten 4.1 Analyse der wegen rechtsextremistischer Taten rechtskräftig Verurteilten Nach einer Untersuchung der 559 seit 1977 wegen Taten mit rechtsextremistischem Hintergrund rechtskräftig verurteilten Personen sind zur Zeit der Tat Jugendliche und Heranwachsende (14--20 Jahre) mit 39% am stärksten vertreten. Es folgen mit 27% die Altersgruppen von 21--80 Jahren, mit 16% die 31bis 40jährigen und mit 11% die 41--50jährigen. Unter den Verurteilten befinden sich 15 Frauen. In der Berufsschichtung sind Arbeiter mit 17%, Angestellte mit 16%, Facharbeiter mit 15% und Schüler/Studenten mit 14% repräsentiert. Unter den Bestraften befinden sich zwei Akademiker (einer der beiden ist der ehemalige Rechtsanwalt Manfred Roeder). 4% sind Angehörige des öffentlichen Dienstes. 20 4.2 Analyse der militanten Rechtsextremisten Eine Untersuchung der 212 (Stand: 31. 12. 1980) erfaßten militanten rechtsextremistischen Aktivisten, die Gewalt angedroht haben oder als Gewalttäter, Unterstützer von Gewalttätern, Planer von Gewalttaten, Gewaltpropagandisten, Waffenlagerer oder Sprengstoffbesitzer erkannt worden sind, hatte zum Ergebnis, daß die Altersgruppe von 21--30 Jahren mit 46% am stärksten vertreten ist; es folgen Jugendliche und Heranwachsende mit 22% und die 31--40jährigen mit 18 %. Unter den militanten Rechtsextremisten befinden sich sechs Frauen. Die Berufssoziologie weist einen Anteil der Facharbeiter von 36%, der Angestellten von 19% und der Hilfsarbeiter von 7% aus. Schüler und Studenten sind mit 12% vertreten, 4% gehören dem öffentlichen Dienst an. Ill. Neonazistische Aktivitäten Neonazistische Aktivitäten zielen -- gestützt auf die Weltanschauung, das Programm und den Machtanspruch der früheren NSDAP -- auf die Wiedererrichtung eines der NS-Diktatur vor 1945 vergleichbaren Systems ab. Die Glorifizierung des Dritten Reiches und seiner Führungspersonen läuft parallel mit der Leugnung jeder Schuld des Nationalsozialismus, der Verkündung eines aggressiven Antisemitismus und einer militanten Ausländerfeindlichkeit sowie mit der vehementen Ablehnung des demokratischen Staates und seiner Repräsentanten. Bestrebungen dieser Art gingen Ende 1980 von.etwa 1800 Neonazis aus, von denen -- etwa 800 in 22 erkannten neonazistischen Gruppen politisch tätig sind, -- etwa 400 den Neonazismus durch z.T. hohe Spenden finanziell unterstützen und --etwa 600 ohne Gruppenrückhalt sind. 1979 waren 1 400 Neonazis festgestellt. Die höhere Zahl im Jahre 1980 erklärt sich dadurch, daß bei Hausdurchsuchungen die Namen von 400 besonders aktiven Spendern bekannt geworden sind. Die zahlreichen Verbotsund Strafmaßnahmen des Staates und die damit verbundenen Beweissicherungsakte (insbesondere Hausdurchsuchungen) sowie Festnahmen und Verhaftungen haben unter den Neonazis zu einer Verunsicherung geführt. Für einige Anhänger des Nationalsozialismus war dies Anlaß, sich aus neonazistischen Aktivitäten zurückzuziehen. Bei den Fanatikern ging das Stadium der Verunsicherung -- nach der Devise "Jetzt erst recht!" -- jedoch in einen noch stärkeren Aktivismus über. Eine ähnliche Entwicklung spiegelt sich auch im Gruppenaktivismus wider. Dort wo Exekutivmaßnahmen die führenden Personen einer Gruppe herausgebrochen hatten, waren die führungslosen Anhänger nicht in der Lage, die Gruppentätigkeit aufrechtzuerhalten (z. B. "Aktionsfront Nationaler Sozialisten' -- ANS, "Antikomintern-Jugend" -- AKJ). Zugleich spielten sich andere Gruppierungen, die von solchen Maßnahmen noch nicht oder nur wenig betroffen waren, in den Vordergrund und entwickelten entsprechende Aktivitäten (z.B. "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." --HNG, "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit' -- VSBD/PdA). 21 Agitation neonazistischer Gruppen MICHAEL KÜHNEN IST 'neSobstbestimmung KEIN TERRORIST an, FIRE DIE ANS IN =IMACHT WEITER öZ et Sun ANRA| R E & & IBEITERFRONT I HATIOHELREVOLUTIONÄRE SREER DENDERBTISCHEN IZEISTRAT -- inderZeltevon ERAREIDARANOILRudolitiess aRE VOLKSHERRnun Volkssozialistische Bewegung: Deutschlands (VSBD/PdA) ir fordern: Trmpmdrier aktenkundige Rechtsradiale, Br. Revisiondes /olksverhetzer, Gesinnungstät undVSBD.Vorsizende irnberoer ac! r FRIEDHELM BUSSE ee x "Deutschland, Kolonie der Siege r - oder freie SErubiRe Asantred WMocder u ÜRHLOFRLOBENPRIOR? (c) Schloss jetzt mit dem Terrar (c)Schloss mit derRulmordkempapnel E sit der Teiomph der vollkommenen Heschelel Lasst Hess frei! 1. Militante neonazistische Aktivitäten Unter den 1 800 erkannten Neonazis haben sich ungefähr 150 bereits an Gewalttaten beteiligt oder Gewalt angedroht, geplant oder sind im Besitz von Waffen und Sprengstoff. Die vielen Funde von Sprengstoff, Waffen und Munition anläßlich von Hausdurchsuchungen bei neonazistischen Verdachtspersonen dokumentieren -- wie in den Vorjahren -- die Militanz und kriminelle Energie dieser Kreise. 1980 wurden bei Rechtsextremisten, hauptsächlich bei Neonazis, sichergestellt: Etwa 4 kg Sprengstoff, 134 Handgranaten und Sprengkörper, 10 automatische Schußwaffen, 55 Gewehre, 51 Faustfeuerwaffen, 85 sonstige Schußwaffen, 315 Hiebund Stichwaffen, rund 21 000 Schuß scharfe Munition und rund 2 500 Schuß Übunggs-, Platzund Reizstoffmunition. 2. Neonazistische Gruppen Mit Ausnahme paramilitärisch gegliederter sogenannter Wehrsportgruppen weisen neonazistische Gruppierungen regelmäßig keine organisatorischen Strukturen auf. Sie wollen teilweise die Öffentlichkeit provozieren, teilweise in engem Kontakt mit ausländischen Neonazis und Neofaschisten inhaftierte Gesinnungsgenossen betreuen (z.B. "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." -- HNG) und zum Teil neonazistisches, insbesondere antisemitisches Propagandamaterial aus dem Ausland verbreiten (z. B. "NSDAP/Auslandsund Aufbauorganisation' -- NSDAP-AO). Die den erkannten 22 neonazistischen Gruppen zuzurechnenden 1200 Personen (einschließlich der 400 erkannten finanziellen Unterstützer) sind häufig nicht nur einer Gruppe zuzuordnen. Im Regelfall wirken Neonazis in mehreren Gruppen mit, was im übrigen auch die innere Verflochtenheit des Neonazismus dokumentiert. 2.1 Durch die spektakuläre Anschlagserie der "Deutschen Aktionsgruppen" (DA) kam der "Deutschen Bürgerinitiative" (DBl), die den propagandistischen Nährboden für diesen terroristischer Straftaten verdächtigen Kreis um Roeder abgab, im Berichtsjahr eine besondere Bedeutung zu. Während dessen Ehefrau Gertraud 'Roeder (41) in Abwesenheit ihres Mannes die seit Jahren üblichen "Freundestreffen" auf dem "Reichshof" im Knüll fortführte, unterhielt und unterhält Roedereinen umfangreichen Schriftverkehr. Sein neonazistisches Blatt "Europäische Freiheitsbewegung" erschien auch weiterhin. Bei Hausdurchsuchungen konnten die Namen vieler Spender zugunsten der DBI festgestellt werden, die von Sommer 1979 bis Sommer 1980 insgesamt rund DM 84 000,-auf die Konten der DBI überwiesen haben. Unter ihnen befinden sich auffällig viele Rentner und Pensionäre (45% der Einzahler). Rund 12% der Spender wohnen im Ausland (u.a. in Nordund Südamerika und Südafrika). 2.2 Die "Deutschen Aktionsgruppen" waren ein Aktionszirkel im Randbereich der von Roeder bis zu seiner Flucht geleiteten und dann vom Ausland her gesteuerten neonazistischen DBl, die Gewalt offen propagierte. Solche aus dem Untergrund wirkenden Kader -- das scheint für den neonazistischen Bereich typisch -- bilden sich am Rande offen arbeitender neonazistischer Gruppen und sind mit diesen personell nur teilweise identisch. Mit dem Namen "Deutsche Aktionsgruppen" sollte offenbar von der DBI abgelenkt werden, damit diese weiterhin möglichst 23 (r) Ihr Juden Kemmer ha Oachau aekkorm DESVERBA LANDESRABBINAT viensau Ravn Publikationen neonazistischer Gruppen S.ä0e0 1.3 Seinian 2, Berlin, Lago ABO VOLKISCHER BEOBACHTER filgen Bewegung Grofbeutfälande JUDEN SIND ZURÜCK yRs7 FR v7a23 FX Denk mit! (Nachriehtenbistt der Unabhängigen Sterben wir bereits den (friedlichen) Atomtod? WarnonnLREVororianÄnEs SOZIALISTISEHES HAmPFOLhiT DRITTE REPUBLIK NATIONALBLATT ÜBER UNABHÄNGIGE NACHRICHTEN Schweigen und hüßen BIS ZUM ENDE ALLER TAGE 1? ne "Verantwortung endet nie"| deutsche rich (SAD)"E Jugend | hen Staa trägt direkt te en Ver. [1.23% ung für die Vernichtung chs Millionen Juden. Die Ge NATIONALSOZIALISTISCHE REICHSZEITUNG FREIH EI T ; on "I schen Woche An+ ' gierung dieser e DrUns Deutschland gin fort dnun kom: ungestört ihre politische Agitation betreiben und vor allem --wie die aufgefundene umfassende Spenderkartei ausweist -- beachtliche Spenden beziehen konnte. Die Anschläge der DA gingen einher mit der von Rechtsextremisten seit vielen Monaten gezielt angefachten aggressiven Ausländerdiffamierung, die sich in Forderungen wie "Ausländer raus!" (z.B. DA), "Ausländer-Stopp" (z.B. NPD) und "Ausländerbegrenzung!" (z.B. "Deutsche National-Zeitung"') niederschlägt. So richteten sich vier von sieben Anschlägen (vgl. auch IX 1.2) gegen asylsuchende Ausländer, während dne drei übrigen antisemitische Bezüge haben. 2.3 Am 30. Januar verbot der Bundesminister des Innern die "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG) wegen ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Tätigkeit. Etwa 60 Aktivisten dieser mit rund 400 Mitgliedern bislang stärksten neonazistischen Organisation hatten unter ihrem Leiter KarlHeinz Hoffmann (43) aus Ermreuth den bewaffneten Kampf geübt). Das Verbot wurde am 2. Dezember durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt und damit rechtskräftig. Einige der ehemaligen Aktivisten scharten sich noch um Hoffmann, um in Lagern der Palästinensischen Befreiungsorgannsation (PLO) im Libanon militärische Ausbildungskurse zu absolvieren und Hoffmann bei dem Verkauf und Transport von Gebrauchtfahrzeugen in den Libanon zu unterstützen. Ein Teil davon hält sich schon seit Monaten im Libanon auf. Auf Initiative von Hoffmann hatten sich der Student Odfried Hepp (22) aus Achern und drei weitere Neonazis ebenfalls in den Libanon begeben und sich der "Wehrsportgruppe Hoffmann -- Ausland" angeschlossen, offensichtlich um sich der Strafverfolgung zu entziehen. Hepp war der Leiter der neonazistischen "Kampfgruppe Schwarzwald". Neun Aktivisten dieser Gruppe, darunter Hepp und zwei seiner Begleiter, sind der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt'). Die von Hoffmann praktizierte und propagierte Wehrsportidee veranlaßte auch im Berichtsjahr eine Reihe von meist Jugendlichen, in Kleingruppen mit uniformähnlicher Ausstattung paramilitärische Übungen durchzuführen. Bei einigen Mitgliedern dieser Gruppen wurden Waffen und Sprengstoff gefunden. 2.4 Die beiden militanten Neonazis HenryBeier (52; z. Z. in Strafhaft) und Wolfgang Koch (48; z. Z. in Strafhaft) aus Frankfurt/M. versuchten, mit der 1979 gegründeten "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) ein Steuerungsinstrument fur neonazistische Gruppen zu schaffen. Die HNG sammelt Spenden und unterstützt damit neonazistische "inhaftierte Kameraden". Auf den Treffen der HNG versammeln sich oft Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet. Als anläßlich einer solchen Versammlung in Frankfurt/M. eine Durchsuchung stattfand, stellte die Polizei neben zahlreichem NS-Propagandamaterial auch Faustfeuerwaffen, Munition, Hiebund Stichwaffen und Gewaltliteratur sicher. Koch arbeitete 1980 eng mit dem späteren Mordschützen Schubert zusammen. Beide reisten gemeinsam wiederholt zu ausländischen Gesinnungsgenossen. 2.5 Ähnlich wie die HNG trat auch die "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit" (VSBD/PdA) und ihre Jugendgruppe "Junge Front" (JF) (r)) Anmerkung: Karl-Heinz Hoffmann wurde am 18. Juni 1981 in Haft genommen wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. *) Gegen Hepp und vier seiner Begleiter ist nach ihrer Rückkehr ins Bundesgebiet im Sommer 1981 Haftbefehl erlassen worden 26 der " Wehrsportgruppe HOFFMANN" 1980 hervor. Neben ihrem eigentlichen Aktionsfeld München gründete die VSBD/ PdA im Februar in Frankfurt/M. den Landesverband Hessen, der schon bald zum Ausgangspunkt von militanten Handlungen, insbesondere von Schlägereien, wurde. Die militante Frankfurter VSBD/PdA-Gruppe lieferte offenbar die geistige Grundlage für die Aktivitäten Schuberts, der am 24. Dezember zwei Schweizer Grenzbeamte tötete. Schubert war Anfang 1980 als aggressiver Aktivist dieses Naznkreises hervorgetreten. Koch und Schubert machen deutlich, wie verflochten dne neonazistische Szene der VSBD/PdA und der HNG in Frankfurt/M. ist. 2.6 Zugenommen haben 1980 auch die neonazistischen Aktivitäten der "Natnonalrevolutionären Arbeiterfront" (NRAF) des Dieter Stockmeier (26) aus Bremen mit Flugschriften und öffentlichen Auftritten im Rahmen einer von ihr in Bremen initiierten Aktnon "Volksbewegung gegen Überfremdung'. In Flugblättern wurden die Ausländer der Bildung "krimineller Straßenbanden" bezichtigt, "die bisher tausende von Deutschen ermordet, beraubt und vergewaltigt haben". 2.7 Die "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) besteht im Bundesgebiet aus einigen lose miteinander in Verbindung stehenden Stützpunkten und Verteilerzellen von NS-Propagandamaterial. Nach zahlreichen Exekutivmaßnahmen ist sie in ihrem Zerfallprozeß weiter fortgeschritten. Gegen ihren ehemaligen "Gaubeauftragten" Paul Offe (56) und vier weitere Neonazis wurde auf Grund einiger im Jahre 1977 durchgeführter und geplanter Sprengstoffanschläge ein Strafverfahren wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung eingeleitet.5) Gary Rex Lauck (27), der als Propagandaleiter der NSDAP-AO auftretende USAmerikaner aus Lincoln in Nebraska, versendet seine antisemitische und Gewalt propagierende Zeitung "NS-Kampfruf' und weiteres Flugblattmaterial nach Deutschland. Vereinzelt existieren auch Zellen der NSDAP-AO in Belgien, Frankreich und Großbritannien. Im "NS-Kampfruf" hieß es: "Wir haben kein Reformwerk, sondern ein politisches Vernichtungswerk begonnen. Unser erklärtes Ziel ist nicht die Beseitigung eines Regimes, sondern die Liquidierung des Systems". Jetzt gelte es "die Faust zu bandagieren, um sie dem Gegner ins Gesicht zu schlagen ... Wir sind die Vollstrecker des Testaments unseres Führers ... Es lebe der Führer ..., der größte Sohn unseres Volkes, der Retter und Besieger aller Feinde ... Sieg Heil!" Fundstellen: "NS-Kampfruf" Jan./Febr. 80, S.4 und 6; Mai/Juni 80, S. 2. 2.8 Die 1979 von dem Oberlandesgericht Celle im "Bückeburger Prozeß" u.a. gegen Aktivisten der "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) um den ehemaligen Bundeswehrleutnant Michael Kühnen nach $$ 129 bzw. 129 a StGB verhängten Freiheitsstrafen zwischen vier und elf Jahren sind rechtskraftig geworden. Nachdem im März auch der Stellvertreter Kühnens, der Notargehilfe Christian Worch (24) verhaftet wurde, sind die ANS-Aktionen 1980 fast völlig zum Erliegen gekommen. Von dem früheren ANS-Kreis ist nur noch der Journalist Edgar Geiss (51) aus Stade aktiv. Er tritt mit seinen Flugblättern unter der Bezeichnung "Bürgerinitative gegen Kriegsschuld und antideutsche Greuellügen" auf. (r)) Anmerkung: Otte wurde am 19. 2. 1981 vom OLG Celle zu 5 Jahren und 6 Monaten Freiheitsentzug verurteilt, 28 Neonazistische Schriften aus dem Ausland nnd NEW ORDER KAMPFSKA ARBENSC , SE HRIFTRPannDer 13 DERSTOSSTR Be Für die Unterdrückten! Demokratie: Diktatur, gemildert durch Schlamperei SA MISDATusm en DER EINZELKAMPFER RACHRICHTEN SAMISDAT ME, 2.9 Der Leiter der "Bürgerund Bauerninitiative" (BBl), der Neonazi Thies Christojphersen (62) aus Mohrkirch, hat seinen "Kritik-Verlag' nach eigenen Angaben nach Dänemark ausgelagert. Christophersen ist angeklagt, die Herausgabe des von Kühnen in der Haft verfaßten Buches "Mein Kampf" vorbereitet zu haben. Darüber hinaus wurden 1980 noch weitere im Kritik-Verlag erschienene neonazistische Schriften durch Gerichtsbeschlüsse sichergestellt. 1980 führte die BBl, deren Organ "Die Bauernschaft" 1/80 ebenfalls beschlagnahmt wurde, mehrere Veranstaltungen durch. Christophersen ist wie Roeder Empfänger vieler Spenden. IV. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Die Resonanz der Nationaldemokraten in der Öffentlichkeit wird von Jahr zu Jahr geringer. Ihre Mitgliederzahl sinkt. Es verstärkt sich das Desinteresse ihrer Anhänger. Von Wahl zu Wahl erhält die NPD ihre politische Bedeutungslosigkeit immer deutlicher bestätigt. 1. Wahlergebnisse der NPD 1980 1980 beteiligte sich die Partei an der Bundestagswahl am 5. Oktober, an der Landtagswahl und den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 16. März und am 22. Juni und an der Kreistagswahl im Kreis Friesland (16. März). 1.1 Bundestagswahl Die NPD konnte für den 5. Oktober erstmals keine Direktkandidaten bei einer Bundestagswahl aufstellen. Sie beschränkte sich auf Landeslisten. Sne versuchte mit ihrem Wahlkampfmotto "Ausländerstopp -- Deutschland den Deutschen", in eilen der Bevölkerung erkennbare Vorbehalte gegen Ausländer für sich zu aktivieren. Dieser Versuch mißlang. Die Partei erreichte nur 0,2% (68 096) der Zweitstimmen. Trotz des vermeintlich zündenden Wahlkampfthemas sank das Stimmenergebnis gegenüber den vorausgegangenen Bundestagswahlen erneut (1969: 4,3%; 1972: 0,6%; 1976: 0,3%). Den wegen der Wahlkampfkostenerstattung angestrebten Stimmenanteil von 0,5% erreichte sie in keinem Wahlkreis. 1.2 Landtagswahl in Baden-Württemberg Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 16. März beteiligten sich die Nationaldemokraten nur in sechs von 70 Wahlkreisen. Sie erreichten -- auf das gesamte Land umgerechnet -- nur 0,1% (2 339) der Zweitstimmen (1976: 0,9%). In den sechs Wahlkreisen schwankten die Resultate zwischen 0,4 und 1,3%. Das letztgenannte Ergebnis erzielte im Wahlkreis Villingen/Schwenningen der NPDLandesvorsitzende Jürgen Schützinger (27). 1.3 Kommunalwahlen Bei den baden-württembergischen Kommunalwahlen am 22. Juni errang die Partei zwei Gemeinderatssitze in Villingen/Schwenningen (Schützinger) und in Weinheim Günter Deckert (40), ehemaliger Vorsitzender der "Jungen Natnonaldemokraten'". Die NPD hatte sich nur in fünf ausgewählten Kommunen an der Wahl beteiligt. Bei der durch die Verwaltungsreform bedingten Kommunalwahl im Landkreis Friesland am 16. März erreichte die NPD 0,4% der Zweitstimmen. In Kommunaivertretungen sind derzeit 10 Mandatsträger der NPD aktiv (1979: 13). 30 2. Parteiorganisation Das seit Jahren anhaltende schlechte Abschneiden der NPD bei Wahlen hat neben der nicht akzeptierten nationaldemokratischen Politik seinen Grund auch in der organisatorischen, personellen und finanziellen Schwäche der Partei. 2.1 Im Laufe des Jahres 1980 verlor die NPD weitere etwa 800 Mitglieder. Sie zählt jetzt allenfalls noch 7 200 Personen. Der desolate organisatorische Zustand läßt es nicht zu, genaue Zahlen über die Größe der Organisation anzugeben. Auch die Schaffung des Amtes eines "Generalsekretärs" und dessen Besetzung mit dem bisherigen "Organisationsleiter" Walter Seetzen (64) aus Bremen hat nicht zu organisatorischen Verbesserungen geführt. 2.2 Die resignierende Stimmung in der NPD ließ den wegen seiner Parteiarbeit vom Dienst suspendierten Bundeswehrmajor und stellvertretenden Vorsitzenden KarlHeinz Lindner (45) aus St. Augustin im Parteiorgan "Deutsche Stimme" feststellen, daß "etliche Kameraden nicht in ausreichendem Maße in den letzten 1'/2 Jahren am Kampf teilgenommen und die Arbeit weitgehend anderen überlassen" hätten. Fundstelle: "Deutsche Stimme" 11/80, S. 5. 2.3 Erstmals wurde 1980 in Führungskreisen der NPD ernsthaft darüber diskutiert, die NPD aufzulösen oder die Führungsmannschaft auszutauschen. Der Gedanke wurde fallengelassen, weil der Vorstand neue Hoffnungen in die Zugkraft seiner ausländerfeindlichen Agitation setzt, die auch nach der Bundestagswahl weitergeführt wird. Der interne Autoritätsschwund der Parteiführung schreitet aber fort. Dies gilt insbesondere für den Vorsitzenden Martin Mussgnug (44) aus Tuttlingen, dessen schärfster innerparteilicher Gegner Deckert sich allerdings durch Alleingänge in der Partei isoliert hat. 2.4 In Nordrhein-Westfalen hatte sich vor der Landtagswahl eine von der NPD gesteuerte "Bürgerinititive Ausländerstopp" unter dem NPD-Funktionär Professor HagenPreh/ (43) aus Schalksmühle gebildet. Sie sammelte über 5 000 Unterschriften für ein Volksbegehren zur Durchsetzung eines Landesgesetzes zur "Förderung der Rückkehr ausländischer Arbeitnehmer und ihrer Familien". Die Landesregierung hat die Durchführung des Volksbegehrens abgelehnt. Die NPD hat den nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichtshof in Münster angerufen. Sie will im gesamten Bundesgebiet Unterschriften für eine Petition an den Bundestag sammeln. 2.5 Die Partei ist nicht in der Lage, die Schulden gegenüber der Bundestagsverwaltung in Höhe von rd. 768 000,-DM aus Rückzahlungsverpflichtungen wegen früherer Wahlkampfkostenvorauszahlungen zu begleichen. Sie hofft auf weitere Stundung, Erlaß oder Ratenzahlung. Die schlechte Finanzlage und das mangelnde Mitgliederinteresse sind letztlich auch ursächlich für den starken Rückgang der nationaldemokratischen Schriften von einer durchschnittlichen Wochenauflage von30 000 (1979) auf 22 000 im Jahre 1980. Das Parteiorgan "Deutsche Stimme" erscheint jedoch nach wie vor monatlich in einer Auflage von 100 000 Exemplaren. Darüber hinaus geben die Nationaldemokraten noch etwa 30 weitere Blättchen heraus, von denen einige nur lokalen Zuschnitt haben. 2.6 Ein ähnliches Schicksal wie die Kernorganisation NPD erlitt deren Nebenorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN), die 1980 von 1 400 auf etwas über 1 000 31 Personen abnahm. Viele Mitglieder kritisierten die "Laschheit" der Nationaldemokraten. JN-Mitglieder ließen trotz der Abgrenzungsbeschlüsse der NPD/JN deutliche Sympathien zu den Neonazis erkennen und besuchten u. a. deren Veranstaltungen. Parallel zu den neonazistischen Tendenzen bei den JN verstärkten sich die militanten Aktionen von Angehörigen dieser Jugendorganisation. So stellten die Behörden bei JN-Mitgliedern in Osnabrück zwei zündfertige Bomben und Waffen sicher, JN-Aktivisten verprügelten in Rinteln Angehörige der "Schaumburger Initiative gegen Neonazis". In Oerlinghausen verübten JN-Mitglieder, die inzwischen aus der JN ausgeschieden sind, einen Brandanschlag auf ein Wohnhaus, in dem sie eine "linke Kommune" vermuteten. Inwieweit der im Oktober neugewählte Bundesvorsitzende Rainer Voge/ (30) aus Hürth die neonazistischen und militanten Neigungen von Teilen der JN zu verhindern in der Lage ist, bleibt abzuwarten. 2.7 Die nur noch wenige Dutzend Mitglieder aufweisende Nebenorganisation "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) führte in Heidelberg, Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken im November Flugblattund Plakataktionen durch. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern. 3. Weltanschauung und Agitation der Nationaldemokraten Auch 1980 zeigte sich, daß die NPD Ziele verfolgt, die mit den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind. Das Bundesverwaltungsgericht führte in seiner Entscheidung vom 28. November (BVerwG 2 C 24. 78) hierzu aus: "Die Ziele ergeben sich unabhängig von dem offiziellen Parteiprogramm und der Satzung der NPD -- aus einer ständigen gegen diese GrundPrinzipien gerichteten und der Partei politisch zuzurechnenden Polemik . Die darin zum Ausdruck kommende Mißachtung und Ablehnung oberster Verfassungswerte, insbesondere der parlamentarischen Demokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität läßt erkennen, daß die Partei bei ihrem tatsächlichen politischen Auftreten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widersprechende Zielsetzungen verfolgte." Die Partei beschwört den Nationalsozialismus als "Triebkraft der Völker" und als "lebensrichtige" Idee einer "biologischen Weltschau", die gegen "die Zerstörung und Einebnung aller rassischen und volkshaften Unterschiede" stehe. Fundstellen: "Stimme der hessischen Nationaldemokraten" Oktober 80, S. 3, "Nationaldemokratische Propaganda-Depesche" 1/80, S.9 Auf dieser weitanschaulichen Basis entwickelten sich 1980 die vorerwähnten aggressiven ausländerfeindlichen Parolen der NPD. Die nationaldemokratische Presse behauptet, "die grandiose Lüge" von der Schuld Hitlers am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges werde "aufrechterhalten, um Kontributionszahlungen der Deutschen bis zum Sankt Nimmerleinstag zu erpressen." Fundstellen: "Stimme der hessischen Nationaldemokraten" März 80, S.2 Wie alle Extremisten diffamierten auch die Nationaldemokraten den demokratischen Staat sowie seine Institutionen. 32 Agitation der "Nationaldemokraten " Ausländerflut steigt! 2 a 1) RE LENERR ws Gefahr für Deutsche _ mu LED 2 OUT] Bl ART WIR NATIONALDEMOKRATEN Ö/ ]sacen: "SICHERHEIT DURCH RECHT UND ORDNUNG!" nn = n Und wenndie Linke noch sohetzt Deere Prag De NPD geradejetzt ee Der "rechte" Terror 0 a ml _kommt von links_ AusländerProblem arhar Nationaldemokraten= TUE 725 SICHER IN ORDNUNG KOMMT n soziale Zeitbombe km Gastarbeite Kriminaitst "der dritten. Generation HEIDELBERG KEINJapanzentruminswo! oder ander DEUTSCHLAND 'den Deutschen! EUROPA den Europäem! Das znen Raus aus NATO und WarPartei der Deutschen ! Partei für Deutschland -- | sch Pakt weil DEUTSCHLAND Es ist größer als die BRD! V. "National-freiheitliche Rechte" Der rechtsextremistische Publizist Dr. Gerhard Frey (47), München, vergrößerte 1980 seine Anhängerschaft erheblich, verbunden mit einer Erhöhung der Gesamtauflage seiner Zeitungen. 1. Die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) Maßgebendes Sprachrohr der "national-freiheitlichen Rechten" -- so nennt Dr. Frey seine Anhänger -- ist die in einer Druckauflage von annähernd 100000 Exemplaren erscheinende DNZ. Sie ist die auflagenstärkste rechtsextremistische Zeitung. Trotz einer großen Remittendenzahl ist die "Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH" (DSZ-Verlag) anscheinend finanziell gut fundiert, zumal auch ständig in der Zeitung zu Spenden aufgefordert wird. Der DSZ-Buchversand dürfte ebenfalls einträglich sein. Die DNZ setzte 1980 ihre Agitation fort. 'Am 9. August verlieh Dr. Frey in Passau dem rechtsextremistischen Schriftsteller und Mitherausgeber der rechtsextremistischen "Deutschen Wochen-Zeitung" (DWZ), Erich Kernmayr (74) aus Rosenheim, den mit DM 10000,-dotierten "Freiheitspreis' der DNZ. 2. "National-freiheitliche" Organisationen Das 1972 gegründete Funktionärsgremium "Freiheitlicher Rat" (FR), in dem u.a. die "Wiking-Jugend" (WJ) und die "Aktion deutsche Einheit -- AKON" vertreten sind und der als Einzelmitglieder u. a. die beiden Rechtsextremisten Hans-Ulrich 'Rudel (64) und Walther Dahl (64) angehören (Audel ist seit November Ehrenvorsitzender des FR), hat seine Funktion als Steuerungsinstrument Dr. Freys weitgehend verloren, nachdem Dr. Frey durch Satzungsänderungen der meisten hier vertretenen Organisationen, insbesondere durch Begründung von automatischen Doppelmitgliedschaften in der "Deutschen Volksunion(r) (DVU), seine Anhänger fast ausnahmslos unmittelbar an sich gebunden hat. 2.1 "Deutsche Volksunion" (DVU) Die 1971 gegründete DVU, deren Vorsitzender Dr. Frey ist, bildet den Kern der "national-freiheitlichen" Organisationen. Dr. Freysetzte in seinen "Aktionsgemeinschaften" AKON, "Volksbewegung für Generalamnestie* (VOGA) und "Initiative für Ausländerbegrenzung' (I. f. A.) mit Satzungsänderungen durch, daß jedes AKON-, jedes VOGAund jedes I. f. A.-Mitglied grundsätzlich zugleich auch Mitglied in der DVU ist, die somit als Dachorganisation anzusehen ist. Auf diese Weise und durch weitere Neuzugänge erreichte die DVU eine Stärke von über 10000 Personen, gegenüber 1979 -- die "National-freiheitlichen" Organisationen zählten etwas über 6000 Personen -- fast eine Verdoppelung. Die DVU hat dne NPD mit 7200 Mitgliedern weit hinter sich gelassen und ist damit die größte rechtsextremistische Organisation geworden. Gerüchte, Dr. Frey wolle eine politische Partei gründen, haben durch diese Entwicklung neue Nahrung bekommen. Wie jedes Jahr führte die DVU auch 1980 zahlreiche Vortragsveranstaltungen u. a. mit Dr. Frey, dem rechtsextremistischen amerikanischen Anglistikprofessor Dr. Austin J. App (78) und dem Rechtsextremisten Walter Dahl durch. 34 Schlagzeilen der "Deutschen National - Zeitung " r . .|DEIN ge ODPR ebot C- { r ann = 5 her d Ausiande UN DIAUCH Ill]: Je dnen Ausiande I; f I NE > Ilr drücke, ne Je 5 | . h IC [ 7 fi E 0 At pn / Änrie nf I an J l f 7 ar Entsprechend dem Mitgliederzuwachs vergrößerte sich auch die Wochenauflage des DVU-Organs "Deutscher Anzeiger" (DA) um mehr als das Doppelte auf über 20.000 Exemplare. In den Zahlen sind Spitzenauflagen aus besonderem Anlaß nicht enthalten. Im übrigen sind viele Seiten des DA deckungsgleich mit der DNZ. 2.2 "Aktionsgemeinschaften" der DVU Die am 1. Dezember 1979 gegründete "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA) und die am 28. November 1980 in den "national-freiheitlichen" Blättern erstmals propagierte "Initiative für Ausländerbegrenzung? (I. f. A.) wurden von Dr. Frey als sogenannte "Aktionsgemeinschaften" der DVU geschaffen Offenbar will er mit ihnen in kleinen Teilen der Bevölkerung feststellbare Vorbehalte gegen Ausländer und vereinzelte Forderungen nach Generalamnestie aktivieren und für sich nutzen. Die VOGA-Initiative brachte Dr. Frey bereits einige tausend Mitglieder. Nachdem die NPD erklärt hatte, mit ihren restriktiven Ausländerparolen politische Erfolge erzielt zu haben, veranlaßte Dr. Frey die Gründung der I.f. A., die die "Eindämmung des Scheinasylantentums" und die "Beschränkung des Ausländeranteils" propagiert. Am 6. September setzte Dr. Frey in Düsseldorf auch die Umbildung der AKON, einer 1962 als "Kampfbund" gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Westgrenze Polens gegründeten Organisation, durch, die mnt ihrer Umwandlung in eine "Aktionsgemeinschaft" der DVU ihre Selbständigkeit eingebüßt hat. 2.3 "Wiking-Jugend" (WJ) Nicht eingegliedert in Dr. Freys DVU ist die den "germanischen Rassegedanken" propagierende, etwa 400 Mitglieder umfassende WJ, die wie in den Vorjahren wiederum zahlreiche Zeitlager mit ausländischer rechtsextremistischer Beteiligung durchführte. Ein Zeltlager der WJ in Kärnten wurde am 18. Juli von den österreichischen Behörden aufgelöst. Gegen den Bundesführer Wolfgang Nahrath (51) aus Stolberg und zwei seiner Funktionäre wurden Aufenthaltsverbote für Österreich ausgesprochen. Der Gauführer Berlin der WJ, Ralf Ollmann (25), erzeugte mit seiner im Stile des Nationalsozialismus gehaltenen Kampf-Schrift "Sturmjugend* so starke Proteste aus der Elternschaft der "Wikinger", daß Nahrath im April den Gau Berlin auflösen und Ollmann absetzen mußte. Auch andernorts wurden neonazistische Tendenzen in der WJ erkennbar. 3. "National-freiheitliche" Agitation DNZ und DA geben vor, die Wahrheit zu verkünden, die andere verschwiegen. Sie diffamieren demokratische Politiker, wobei Politiker der SPD ein bevorzugtes Angriffsziel sind. 3.1 Dr. Freys Blätter behaupten, "die Überfremdung durch vier Millionen Ausländer bedrohe die biologische Substanz unseres Volkes". Unser Land werde zum "Schmelztiegel für alle möglichen Völkerschaften". Es müsse "die Unterschiedlichkeit der natürlichen Ordnung respektiert" werden. Die pluralistische Gesellschaft habe Volk und Vaterland verdrängt. Fundstellen: DA 6/80 S. 1; 19/80, S. 7; 29/80, S.4. 36 3.2 Die "Nationalfreiheitlichen" leugnen weiter die Schuld Hitlers am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Vielmehr hätten die "alliierten Ausrottungsplaner den Krieg als große Chance begriffen, der deutschen Volkssubstanz schwersten Schaden zuzufügen*. Fundstelle: DA 24/80, S.3. 3.3 Der DA behauptet, der Boykott jüdischer Geschäfte im NS-Staat sei eine Notwehrmaßnahme gegen die "jüdische Kriegserklärung an Deutschland" gewesen. Das "mit seiner gleichzeitig religiösen, wirtschaftlichen und politischen Verdrahtung ebenso elastische wie unentrinnbar vernetzte Herrschaftssystem der jüdischen Diaspora" erfülle "alle Voraussetzungen einer Geheimgesellschaft*. Das Eichmann-Verfahren habe zu neuen Wiedergutmachungszusagen geführt "als Gegenleistung dafür, daß die israelische Justiz beim Prozeß die NS-Vergangenheit führender Bonner Politiker unerwähnt ließ", Die Verfolgten unserer Zeit seien nicht die Juden, sondern die Deutschen. Fundstellen: DNZ 9/80, S. 1; 18/80. S. 3; DA 7/80, S.6; 19/80, S. 5. VI. Sonstige rechtsextremistische Vereinigungen Außer den 22 neonazistischen, den acht "nationaldemokratischen" und den fünf "national-freiheitlichen' Gruppierungen sind bei den Sicherheitsbehörden im Bereich des Rechtsextremismus 39 weitere Vereinigungen erfaßt. Es sind mit wenigen Ausnahmen unbedeutende Kleinzirkel. Erwähnenswert sind: 1. "Gesellschaft für freie Publizistik" (GfP) Die 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründete GfP entwickelte 1980 mit einigen hundert Mitgliedern im rechtsextremistisch-kulturpolitischen Bereich starke Aktivitäten u. a. durch Vortragsveranstaltungen, auf denen, wie in den Vorjahren, rechtsextremistische Redner völkische Thesen verkündeten. Die GfP behauptete in ihrem Organ "Das Freie Forum" (2/80, S. 3), die "Zensurmaßnahmen" der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften würden "die geschichtliche Wahrheit vergewaltigen und ausmerzen'". Es sei "fast alles ruiniert, was an nationalem Ethos und geistiger Überlieferung vorhanden war, um in der Mitte Europas für das ganze deutsche Volk ein Reich zu behaupten" (2/80, S.3 und 7). 2. "Deutsche Kulturgemeinschaft" (DKG) Mit Unterstützung der GfP und des "Bundes Heimattreuer Jugend" (BHJ) führte die von dem "Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes" 1979 abgespaltene 37 Kulturgemeinschaft im April in Lüneburg die "Norddeutschen Kulturtage" durch. Als Redner trat der britische Historiker Davnd Irving (42) auf, der seit langem rechtsextremistischen Kreisen -- u. a. wiederholt bei Veranstaltungen der GfP -- seine Auffassung von der "historischen Wahrheit" vermittelt. 3. "Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes" (DKEG) Das von Dr. Herbert Böhme (ehemaliger Mitarbeiter der Obersten SA-Führung) gegründete DKEG erreichte 1980 den Tiefpunkt seiner Entwicklungseitseiner Gründung im Jahre 1950. Nur einige wenige hundert, meist überalterte Mitglieder 'gehören nach langjährigen internen Führungszwisten und der Abspaltung der DKG noch den "Pflegestätten', den örtlichen Untergliederungen des Kulturwerks, an. Das DKEG unterhält -- wie die GfP und die DKG --zahlreiche Verbindungen zu anderen rechtsextremistischen Organisationen, läßt rechtsextremistische Redner auftreten und verleiht Kulturpreise an rechtsextremistische Funktionäre, Literaten und Künstler. 4. "Bund Heimattreuer Jugend e.V." (BHJ) Der BHJ, der -- wie die "Norddeutschen Kulturtage" im April zeigten -- sich der DKG und der GfP verbunden fühlt, bezeichnete in seinen "Heimabendvorschlägen" (46/80, S. 4) Rudolf Hess als Vorbild des BHJ. Des weiteren (47/80, S. 3) macht der BHJ die "Umerziehung" dafür verantwortlich, daß "planmäßig alle Werte, die das deutsche Volk einmal groß gemacht haben, lächerlich gemacht oder als 'neonazistisch' verschrieen" würden. Mit dem 25jährigen Studenten Uwe Jäschke aus Hattersheim wurde im September ein neuer Bundesführer gewählt, der den durch seine rechtsextremistischen Äußerungen hervorgetretenen Zahntechniker Gernot Mörig (26) aus Braunschweig ablöste. Mörig wurde Vorsitzender des Ehrenrates. Der ehemalige Fliegeroberst und Rechtsextremist Hans Ulrich Rudelist seit vielen Jahren Ehrenmitglied des BHJ. 5. "Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS e. V." (HIAG) 1980 fielen in Teilbereichen der HIAG rechtsextremistische Tendenzen auf. So enthalten die beiden HIAG-Kalender 1980 und 1981 zahlreiche Hinweise auf nationalsozialistische Erinnerungstage, z.B. 30. 1. 1933 Hitler wird Reichskanzler 23.3. 1933 Ermächtigungsgesetz 20.4. 1889 Hitlers Geburtstag 26.4. 1894 Rudolf Hess, "der Gefangene des Friedens", geboren 29.4. 1945 Hitler ernennt Dönitz zum Nachfolger 20.7. 1944 Attentat auf Hitler mißlungen 9. 11. 1923 Putschversuch Hitlers und Ludendorffs in München. Offenbar mit Billigung des HIAG-Bundesvorstandes veröffentlichte die von dem 2. Landessprecher in Baden-Württemberg, Hans Mezger, angeführte HIAG-Kreisgemeinschaft Ostalb -- wie bereits in den Vorjahren -- rechtsextremistische Sentenzen wie "Der Zionsadler symbolisiert die totale Unterwerfung der Bundesrepublik unter die zionistische Diktatur" ("Informationsbrief" Juli 80, S.3), "Legende bezüglich der Vernichtung von Juden', "daß eine Einschmelzung der Ausländer in den deutschen Volkskörper den Naturgesetzen widerspricht' ("Informationsbrief* September 80, S.8 und 4). 38 VII. Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste Ende 1980 gab es 65 organisationsunabhängige rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste. Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung gegenüber 1979 (45). Bemerkenswert ist, daß mit der starken Zunahme gerade bei den Zeitungsund Schriftenverlagen (1980: 27; 1976: 16) ein Rückgang der durchschnittlichen Wochenauflage ihrer Produkte von 127900 auf 114300 Exemplare einhergeht. Die Nachfrage auf dem rechtsextremistischen Buchmarkt ist nach wie vor lebhaft, insbesondere nach Literatur über oder von NS-Größen. 1. "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) Seit Mitte 1980 sammelt die DWZ auf dem von ihr eingerichteten "Rechtshilfekonto" Geldspenden, um "inhaftierten Kriegsgefangenen" und überall dort zu helfen, wo "deutschbewußtes Handeln eingeengt und bedroht" werde (29/80, S. 1; 42/80, S.1). Die durch den Volksgerichtshof im NS-Reich Verurteilten sind für dieses Blatt "wohl kaum die wertvollsten" gewesen (43/80, S. 2). Die KZ-Toten seien "vornehmlich als Folge von Überfüllung, Entkräftung, Seuchen' gestorben (9/80, S. 3). Die Auflage ist rückläufig. Sie liegt bei 20000 Exemplaren. 2. "MUT" Etwa halb so hoch wie bei der DWZ ist die Auflage der sich besonders an junge Leute wendenden Zeitschrift "MUT", deren Ausgabe vom Januar 1979 wegen der Stellungnahmen zu "Holocaust" als jugendgefährdend indiziert worden war. 1980 war die Diktion der Schrift daraufhin bedeutend vorsichtiger. Angeblich hat eine Werbeaktion 1980 wieder viele "deutsche Patrioten" bewogen, "unsere politischpublizistische Arbeit mit einem monatlichen Fördererbetrag tatkräftig zu unterstützen" (Beilage "Als Dank" zu 152/80, S. 1). 3. "Nation Europa" (NE) In etwa der gleichen Größenordnung wie bei "MUT" bewegt sich die Auflagenhöhe der Zeitschrift NE, die behauptet, im Dritten Reich "brauchte der Durchschnittsbürger nicht das Gefühl zu haben, gerichtlich schutzund rechtlos zu sein" (3/80, $.41). Die Schrift ist der Meinung, die Verantwortung für die beiden Weltkriege liege "ausschließlich bei der Führungsschicht des Britischen Weltreiches" (1/80, $. 57). Sie will einen "Beitrag zur Wahrheit und Zurechtrückung des Geschichtsbildes' leisten (Beilage zu 9/80). 4. "KLÜTER-Blätter" Bedeutend geringer als bei NE ist die Auflage der "KLÜTER-Biätter*, die sich nach dem Ankauf des "Türmer-Verlages", in welchem sie erschien, durch den rechtsextremistischen "Druffel-Verlag" in Leoni dem Kampf gegen die "Geschichtsklitterung im Nürnberger Rachetribunal und die Dogmen unserer Umerzieher" (2/80, $. 17) verschrieben haben. Die Schrift spricht von der "Phantasiezahl von 6 Millionen Ermordeter*, von Roosevelts "Hauptschuld" am Zweiten Weltkrieg und den "kriegstreibenden Machenschaften der Verschwörer" (6/80, S. 30; 2/80, S. 40). 39 5. Buchverlage und Vertriebsdienste Der "Kritik-Verlag' des Neonazis Christophersen in Mohrkirch wurde nach Dänemark ausgelagert (vgl. oben Ill. 2.9). Auch der "Verlag für zeitgenössische Dokumentation" des Rechtsextremisten Heinz Scholl (57) in Euskirchen will seinen Sitz ins Ausland verlegen, da eine "unbehinderte publizistische Tätigkeit unter der Gewaltherrschaft des sozialdemokratischen Faschismus nicht möglich" sei (Rundschreiben des Verlages). Die Nazischallplattenfirima "Documentary Series Establishment" wirbt weiterhin in der DWZ und der DNZ. Der Versand erfolgt durch die Firma Else Hocheder und Co.KG, Düsseldorf. Der Plattenkatalog enthält nach wie vor auch die 16 inzwischen indizierten Schallplatten der Firma. 6. Indizierungen Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, die bis Ende des Jahres 48 rechtsextremistische Schriften indiziert hatte, setzte 1980 die beiden Fiugblätter "Anne Franks Tagebuch -- ein Schwindel" und "Gaskammern in Auschwitz???" auf den Index. Für die erste Druckschrift zeichnete der am 19. November verstorbene Rechtsextremist Heinz Roth (67) aus Odenhausen, für die andere der rechtsextremistische Verlag F. Kathagen in Witten verantwortlich. Die Indizierungen erfolgten wegen Leugnung und Verharmlosung der Massenvernichtung jüdischer Mitbürger im NS-Reich (Aoth) bzw. wegen Rassenhasses gegen Israel und jüdische Mitmenschen (Kathagen) VI. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus 1980 intensivierten die Neonazis ihre Beziehungen zu ausländischen Gesinnungsgenossen. Im Vordergrund standen dabei die Kontakte nach Frankreich, in die Schweiz, nach England und Belgien. Die Verbindungen in die USA konzentrierten sich -- wie seit Jahren -- auf die Übersendung großer Mengen von Propagandamaterial in die Bundesrepublik Deutschland. Kontakte nichtneonazistischer rechtsextremistischer Organisationen in das Ausland fallen demgegenüber kaum ins Gewicht. Nach wie vor übt die französische "Nouvelle Droite" eine besondere Anziehungskraft auf deutsche Rechtsextremisten aus. Als Chefideologe gilt Alain de Benoist (37) aus Paris, dem ein von einer naturgegebenen, hierarchisch geordneten Elite geführter Staat vorschwebt und der die "Ideologie der Gleichmacherei" ebenso bekämpft wie die "jüdisch christliche Tradition". 1. "Federation d'Action Nationale et Europ&enne" (F.A.N.E.)/"Faisceaux Nationalistes Europ&ens" (F.N.E.) Schaltstelle für multilaterale internationale Beziehungen von Neonazis war 1980 die neonazistische F.A.N.E. in Paris. Sie verstand sich als eine Art europäische "Einigungsbewegung* und zugleich als Steuerungszentrum für neonazistische Kräfte. Wiederholte wechselseitige Besuche führten insbesondere Vertreter der "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit"(VSBD/PdA) und der 40 "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) zu dieser französischen Organisation. Hinzu kam, daß die F.A.N.E. flüchtigen deutschen Neonazis Unterschlupf gewährte. Von den französischen Behörden wurden Angehörige dieser Organisation terroristischer Anschläge verdächtigt. Der F.A.N.E.-Leiter Marc Frederiksen (44) wurde im Oktober wegen rassenhetzerischer Veröffentlichungen im F.A.N.E.-Organ "Notre Europe" zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Durch Beschluß des französischen Ministerrates wurde die F.A.N.E. im September verboten. Kurz vorher hatten Funktionäre der F.A.N.E. die "Faisceaux Nationalistes Europ&ens" gegründet, die die Ziele der verbotenen Organisation weiterverfolgt. 2. Kontaktstellen in der Schweiz Die Morde an den beiden Schweizer Beamten im Aargau am 24. Dezember offenbarten, daß der Täter Schubert und seine politischen Freunde Beziehungen zu Waffenlieferanten in der Schweiz unterhielten, die zumindest z. T. der neonazistischen Szene zuzurechnen sind. Schubert und Wolfgang Koch, der 2. Vorsitzende der HNG, waren wiederholt zusammen in Frankreich, Spanien und der Schweiz. Auch Roeder ("Deutsche Bürgerinitiative -- BDI) und Christophersen ("Bürgerund Bauerninitiative" -- BBl) haben Verbindungen in die Schweiz. Christophersen vertrieb die volksverhetzende Schrift des rechtsextremistischen Schweizer Gaston Armand Amaudruz (60) "Ist Rassenbewußtsein verwerflich?", die im Mai von deutschen Gerichten beschlagnahmt und im Oktober eingezogen wurde. 'Amaudruz vertrieb die in der Bundesrepublik Deutschland der Einziehung unterliegende Schrift Christophersens "Die Auschwitz-Lüge*. 3. "British Movement" (BM) und "Column 88" (C 88) Internationale Treffen vertieften die Zusammenarbeit zwischen deutschen Neonazis und Vertretern des rieonazistischen BM des Briten Michael Mc Laughlin (38). Dieser steuerte den Vertrieb der auch 1980 in der Bundesrepublik Deutschland verbreiteten Neuausgabe des historischen "Völkischen Beobachters", hinter dem auch deutsche Neonazis stehen. Gedruckt wurde die Zeitung im neonazistischen Verlag "Historical Review Press" des Alan Hancock in Brighton. Die Druckerei wurde am 5. November Opfer eines Brandbombenanschlages. Im Oktober wurden in Großbritannien hergestellte "NSDAP*-Briefe in Deutschland verbreitet, die denjenigen Terror androhen, die es wagten, "junge Kämpfer zu terrorisieren". Kontakte bestanden auch zur neonazistischen Kampfgruppe C88, die sich wiederum zu einem Briefpombenanschlag bekannte, dem ein jüdischer Unterhausabgeordneter gerade noch entging. 4. "Viaamse Militante Orde" (VMO) Neben den deutschen Gruppierungen VSBD/PdA und HNG sowie der britischen Organisation BM unterstützte der belgische VMO die Koordinierungsbestrebungen der französischen F.A.N.E./F.N.E. nachhaltig. Wie jedes Jahr richtete der VMO unter Armand Albert Eriksson (49) das internationale Neonazitreffen am Rande des "ljzerbedevaart", dem flämischen Volkstumstreffen in Diksmuide aus. Der VMO führte auch 1980 paramilitärische Übungen im Stile der Wehrsportgruppen durch. 4 5. Propagandazentren in Nordamerika Neonazis in den USA und in Kanada nehmen ihren deutschen Gesinnungsgenossen seit Jahren das Risiko strafrechtlicher Verfolgung ab, indem sie für diese in großen Mengen Propagandamaterial herstellen und z. T. auch vertreiben. 5.1 Der Propagandist der "National Socialist Party of Amerika", Gary Rex Lauck (27), versorgt die NSDAP-AO-Zellen in der Bundesrepublik Deutschland mit seinen antisemitischen und gewaltorientierten Blättern, Plakaten und Klebezetteln (vgl. oben II. 2.7). Der unter dem Pseudonym "Werdorf" in dem Lauck'schen "NS-Kampfruf" schreibende Neonazi Klaus-Ludwig Uhl (23) fordert "Widerstand um jeden Preis, in jeder Form" (Jan./Febr. 80, S. 6). Uhl hält sich seit geraumer Zeit bei Gesinnungsgenossen in Paris auf, um sich der deutschen Strafverfolgung zu entziehen. 5.2 Der Deutsch-Amerikaner George P. Dietz (52) aus Reedy in Westvirginia, der vorgibt, eine "White Power Movement" hinter sich zu haben, versorgte auch 1980 deutsche Neonazis mit Material seines Verlages "White Power Publications", insbesondere seit Januar mit der nach dem Muster der ehemaligen NS-Schulungsbrnefe hergestellten Zweimonatsschrift "Der Schulungsbrief". In dieser Schrift kommen auch deutsche Neonazis zu Wort, so z.B. Roeder aus der Untersuchungshaft mit einem Aufruf zum Weitermachen. Dietz benutzt wie Lauck ein konspiratives Kennummernverfahren, um Adressatenund Absendernamen zu decken. 5.3 In ähnlicher Weise verbreitet der Deutsch-Kanadner Ernst Christoph Zündel (41) aus Toronto, der mit der rechtsextremistischen kanadischen "Western Guard Party' zusammenarbeitet, das in seinem "Samisdat-Publishers Ltd"-Verlag hergestellte rassistische Propagandamaterial in deutschsprachigen Ländern. Sowohl gegen Lauck als auch gegen Dietz und Zündel wird in Deutschland wegen der neonazistischen Propagandamaterialeinschleusung ermittelt. Im Zuge dieser Verfahren wurden bei Zünde/ Kontounterlagen beschlagnahmt, aus denen sich für die Jahre 1979/1980 ein Guthaben von rund DM 100000,-ergibt. 6. "Ku-Klux-Klan"-Initiativen Zwei der in letzter Zeit in den USA insbesondere durch gewalttätige Aktionen gegen Farbige hervorgetretenen Gruppen des Ku-Klux-Klan, die "Knights of the Ku-Klux-Klan" (Publikationsorgan: "The Crusader" und die Gruppe "Invisible Empire -- Knights of the Ku-Klux-Klan* (Publikationsorgan: "The Klansmen'), versuchten seit Mitte des Jahres, auch in der Bundesrepublik Deutschland Gruppen mit deutscher Beteiligung zu gründen. So wurde von einem 19jährigen Schüler durch ein Mainzer "Informationsbüro des Ku-Klux-Klan in Deutschland" Werbematerial für die beiden miteinander konkurrierenden Gruppen im Raum Wiesbaden -- Mainz und in der Eifel versandt und Treffen durchgeführt. Gleichzeitig versandte dieser Schüler auch Propagandaschriften einer Gruppierung, die sich "Local Klans dens forming, Rheinland-Pfalz rescue service, Speicher/Eifel" nennt und offenbar zum Teil mit der Organisation "Knights of the Ku-Klux-Klan" identisch ist. Das rassistische Engagement der amerikanischen Ku-Klux-Klan-Gruppen ist bei den sehr mitgliederschwachen Neugründungen auf deutschem Boden bereits deutlich geworden. 42 7. Dänemark, Spanien, Südamerika Neonazis aus der "Dansk Nationalsocialistisk Ungdom" (DNSU) um den Dänen Poul Heinrich Aiis-Knudsen (31) und Faschisten aus dem "Circulo Espanol de 'Amigos de Europa" (CEDADE) standen 1980 wie in den Vorjahren mit deutschen Gesinnungsgenossen in engem Kontakt. Der deutsche Neonazi Christophersen (vgl. oben Ill. 2.9) hat seinen "Kritik-Verlag" nach Dänemark verlegt, um exekutiven Zugriffen vorzubeugen. Der CEDADE nahestehende Verlag "Ediciones Bausp" in Barcelona vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland neonazistisches und neofaschistisches Propagandamaterial sowie NS-Abzeichen. Auch nach Argentinien und in andere südund mittelamerikanische Staaten bestanden 1980 Verbindungen deutscher Neonazis. 8. Österreich Mitglieder des 1979 gegründeten österreichischen "Nationalistischen Bundes Nordland" (NBN) unterhielten Verbindungen zur "Wehrsportgruppe Hoffmann" bis zu deren Verbot. Das NBN-Organ "Der Stoßtrupp" verbreitet nationalsozialistisches Gedankengut. Wiederholt fuhren deutsche Rechtsextremisten im Berichtsjahr zu Gesinnungsgenossen nach Österreich. So fanden "Führergedenkfeiern" in Braunau und ein "Wiking-Jugend"-Lager in Kärnten statt (siehe auch V.2.3). An der deutschösterreichischen Grenze wurden wiederholt deutsche Rechtsextremisten zurückgewiesen. 9. Italien Im Herbst 1980 kam es zu Anschlägen auf öffentliche Einrichtungen in Südtirol. Zur gleichen Zeit wurden in Südtirol Flugblätter der rechtsextremistischen "Kameradschaft der ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer" von Nürnberg aus verbreitet, die das "Unrecht" in Südtirol behandelten und die Forderung nach dessen Selbständigkeit erhoben. Im April wurden Waffen, Munition und Sprengstoff in Nürnberg sichergestellt, die der 2. Vorsitzende der vorgenannten Kameradschaft, der Österreicher Peter Kienesberger (39), Nürnberg, bei einem Bekannten ausgelagert haben soll. Kienesberger vertreibt von Nürnberg aus Literatur, die insbesondere die "Befreiung" Südtirols zum Gegenstand hat. 1980 zeichneten sich erste Anhaltspunkte für Kontaktaufnahmen zwischen deutschen und französischen Rechtsextremisten mit italienischen Neofaschisten ab. IX. Terroristische Aktivitäten, Gewalttaten und andere Gesetzesverstöße mit rechtsextremistischem Hintergrund Die Anwendung von Gewalt wird in rechtsextremistischen Kreisen unterschiedlich beurteilt. Es gab Stimmen, die nur Gewalt gegen Sachen befürworten, aber auch solche, die bedenkenlos Menschenleben zu opfern bereit sind. 1. Terroristische Aktivitäten und Gewalttaten Im Jahr 1980 stieg die Zahl der Gewalttaten weiter an. Insgesamt wurden 113 Gewaltakte (1979: 97) erfaßt. Dabei handelte es sich um: 43 - 6 Sprengstoffanschläge (1979: 3) Bei dem Sprengstoffanschlag in München wurden 13 Personen getötet und 204 verletzt. - 2 Tötungsdelikte durch den Neonazi Schubert an der Schweizer Grenze - 15 Brandanschläge (1979: 1) Bei einem Brandanschlag in Hamburg wurden zwei Vietnamesen getötet - 2 Raubüberfälle (1979: --), davon ein Versuch - 27 Körperverletzungen (1979: 26) 61 durch Gewaltanwendungen verursachte Sachbeschädigungen (1979: 65) &6 dieser Gewalttaten (76%) sind Anhängern neonazistischer Gruppen zuzurechnen (1979: 72%). In weiteren 123 Fällen wurde Gewalt angedroht (1979: 117). 1.1 Bombenanschlag auf der Theresienwiese in München 13 Tote (einschließlich des mutmaßlichen Täters) und 211 zum Teil Schwerverletzte forderte der Bombenanschlag, der am 26. September im Eingangsbereich des Oktoberfestareals auf der Münchener Theresienwiese verübt wurde. Nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis war mit hoher Wahrscheinlichkeit Köhler Alleintäter. Köhler, der schon seit Jahren mit Explosivkörpern experimentiert und sich dabei bereits einmal erheblich verletzt hatte, vertrat schon seit Jahren rechtsextremistisches Gedankengut. Er stand 1976 mit Karl-Heinz Hoffmann (43), Leiter der inzwischen wegen Verfassungswidrigkeit rechtskräftig verbotenen neonazistischen "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG), in Verbindung. Zeitweilig unterhielt er auch Kontakte zu dem von dem Studenten Axel Heinzmann (34) geleiteten rechtsextremistischen "Hochschulring Tübinger und Reutlinger Studenten" (HTS), der jetzt nur noch aus einigen wenigen Mitgliedern besteht. 1.2 "Deutsche Aktionsgruppen* (DA) Im Laufe des Sommers konnten nach umfangreichen Vorermittlungen der Verfassungsschutzbehörden als mutmaßliche Täter der Sprengstoffanschläge auf das Landratsamt in Eßlingen (21.Februar), die Landratswohnung in Ostfildern (18. April), die Janusz-Korezak-Schule in Hamburg (27. April), das Ausländerlager in Zirndorf (30. Juli) und das Asylantenheim in Lörrach (17. August) sowie der Brandanschläge mit sog. Molotow-Cocktails gegen Ausländerunterkünfte in Leinfelden (7. August) und in Hamburg (22. August) mit zwei Todesopfern insgesamt 16 Angehörige der DA identifiziert und anschließend der Strafverfolgung überantwortet werden. Durch nachfolgende Festnahmen wurden weitere Anschläge verhindert. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen diesen mutmaßlichen Täterkreis u. a. wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach $ 129 a StGB. Der Tatverdächtige Roeder ist seit Anfang 1978 mit gefälschten Ausweispapieren vor den deutschen Strafverfolgungsbehörden quer durch die Welt (z. B. Südamerika, USA, Kanada, Iran, Libanon, Syrien) geflohen. Anfang 1980 war er insgeheim in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Hier benutzte er u. a. eine konspirative Wohnung in Hannoversch Münden. 'Roeder hatte als Leiter der DBl bereits seit 1974/75 Gewalt propagiert, indem er forderte, die Demokratie müsse "mit Stumpf und Stiel" ausgerottet werden. Er erklärte seinerzeit: "Wenn es Aussicht auf Erfolg hätte, die Unterdrücker damit 44 ristische Anschläge loszuwerden, würde ich heute zur Waffe greifen ... auch gegenüber deutschen Politikern." Fundstellen: "Die Bauernschaft" 32/74, S. 16; 33/74, S.6; "Der Wind schlägt um" 3/78, S. 1; 62. "Brief", S. 2; Interview mit dem WDR am 14.9. 1975. 1.3 Mordanschlag auf Schweizer Grenzbeamte 'Am 24. Dezember erschoß der Neonazi Schubert, der im März 1977 aus der DDR geflohen war und seit 1979 in Frankfurt/M. wohnte, an der schweizerisch-deutschen Grenze einen Schweizer Polizisten und einen Schweizer Zollbeamten. Zwei weitere Beamte wurden schwer verletzt. Schubert beging anschließend Selbstmord. Die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, daß Schubert mit einem Schlauchboot heimlich Waffen und Munition über den Rhein aus der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland schaffen wollte. Zwei Tage vorher hatten er und ein weiterer Frankfurter NS-Aktivist vergeblich versucht, einen Schweizer Neonazi aufzusuchen, der als Waffenlieferant gilt. Schubert gehörte bis Sommer 1980 der militanten Frankfurter Gruppe der "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit" (VSBD/PdA) als Vorstandsmitglied an. Er war wiederholt -- auch im Ausland (Paris) -- durch provokatives neonazistisches Verhalten hervorgetreten. Im Januar 1980 war er in Frankfurt/M. an einer Schlägerei beteiligt, die VSBD/PdA-Aktivisten mit Passanten angezettelt hatten. Schubertist auch der mutmaßliche Täter eines Banküberfalls in Bensheim am 15. Oktober. 1.4 Brandanschläge In der Nacht zum 2. Februar wurde auf eine Maschinenfabrik in Pfaffenhofen bei München ein Brandanschlag mit einem Schaden von DM 30 000,-verübt. Die unbekannten Täter hatten am Tatort neben NS-Symbolen die Worte "HoffmannRache" (die "Wehrsportgruppe Hoffmann" war am 30. Januar verboten worden) angebracht. Ein 19jähriger Schüler verübte am 11. April einen Brandanschlag auf ein DKP-Büro in Emden. Er wollte damit "die DKP als Handlanger Moskaus treffen". Am 12. Juli setzten unbekannte Täter in Rinteln mit einem "Molotow-Cocktail" das Auto eines Mitgliedes der "Schaumburger Initiative gegen Neonazis" in Brand. Unbekannte, vermutlich rechtsextremistischen Kreisen zuzurechnende Täter legten am 14. August am Materialdepot der Marburger DKP-Zentrale Feuer, entfachten am 24. August im Hnnterhof einer "linken Druckerei" in Hannover ein größeres Schadenfeuer und begingen am 20. November eine mit Hakenkreuzschmierereien verbundene Brandstiftung an einem Gebäude in Celle, in dem Ersatzdienstleistende tätig waren. Drei Aktivisten der Nationaldemokraten, die inzwischen aus der NPD ausgeschieden sind, warfen am 27. September in Oerlinghausen "Molotow-Cocktails" auf eine Unterkunft, in der sie eine "linke Kommune" vermuteten. Dem Anschlag wäre beinahe ein Ehepaar mit einem Kind zum Opfer gefallen. 1.5. Anschläge gegen Einrichtungen von Ausländern und politischen Gegnern Einige Mitglieder der neonazistischen "National-Revolutionären-Arbeiter-Front" (NRAF) in Bremen werden verdächtigt, ab Frühjahr 1980 in Peine, Celle, Bremen 46 Gesetzesverstöße deutscher Rechtsextremisten in den Jahren 1974-1980 1400 soo 500 GESETZESVERSTÖSSE MIT NEONAZISTISCHEM HINTERGRUND SONSTIGE GESETZESVERSTÖSSE k 220 180 10 10 120 + + + + + + + Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Gesetzesverstößen ALTERSSTRUKTUR und anderen Orten erhebliche Sachschäden u. a. an türkischen Geschäften sowie Einrichtungen deutscher Kommunisten verübt zu haben. Zu ähnlichen Aktionen kam es Mitte des Jahres besonders in Hannover, aber auch in anderen Städten des Bundesgebietes. 1.6 Anschläge gegen jüdische Friedhöfe In mehreren Fällen, so im Dezember 1979 in Hannoversch Münden, am 18. April in Jugenheim, am 17. Juni in Emden, im September in Worms, am 15. September in Herford, am 4. Oktober in Köln, am 15. November in Bad Hersfeld und am 22. Dezember in Landau wurden jüdische Friedhöfe durch rechtsextremistische Täter verwüstet. Dabei wurden zahlreiche Grabsteine umgestürzt und Teil zerstört sowie neonazistische Symbole angebracht. Die Schändung des ischen Friedhofes in Emden, wobei allein 150 Grabsteine umgestürzt wurden, unternahm der oben erwähnte 19jährige Schüler, der auch den Brandanschlag auf das Emdener DKP-Büro verübte. In einer Reihe von Fällen wurden auch nichtjüdische Friedhöfe durch Beschmieren mit NS-Symbolen geschändet. 2. Sonstige Gesetzesverstöße 2.1 1980 wurden außer den vorgenannten 113 Gewalttaten 1 530 sonstige Gesetzesverstöße mit rechtsextremistischem Hintergrund, insgesamt also 1 643 Gesetzesverstöße erfaßt.deg) Die Zahl von 1 643 Gesetzesverstößen übertrifft dne im Vorjahr festgestellte bis dahin höchste Zahl seit Kriegsende von 1483 Gesetzesverstößen um rd. 10%, nachdem bereits von 1978 auf 1979 ein Ansteigen von 992 auf 1 483 Aktionen (rd. 49%) zu verzeichnen war. 2.2 Von den insgesamt 1 643 Gesetzesverstößen waren 1 267 (rd. 77%) neonazistischen Tätern zuzuschreiben (1979: 1 118, rd. 75%). In 721 Fällen (1979: 651) handelt es sich um rechtsextremistische Schmier-, Plakatund Klebeaktionen. In 149 Fällen wurden bei Durchsuchungen Waffen, Munition und Sprengstoff sowie in jeweils größeren Mengen neonazistisches Propagandamaterial sichergestellt. 2.3 Die Gesetzesverstöße sind vor allem in der zweiten Jahreshälfte stark gestiegen. Während die Zahl der Gesetzesverstöße in der ersten Hälfte des Jahres unter der des Vorjahres lag und im Juli mit 109 Vorfällen ihren Tiefpunkt erreichte, wirkten sich von diesem Zeitpunkt an offenbar die anläßlich der Bundestagswahl vor allem von der NPD propagierten Parolen zum Thema "Ausländer-Stopp" sowie die Terrorakte der "Deutschen Aktionsgruppen" motivierend auf rechtsextremistische Aktivisten aus. In 119 Fällen war erkennbar die Ausländerfeindlichkeit von Rechtsextremisten unmittelbarer Anlaß zu Gesetzesverstößen. Dabei fällt die Abwandlung antisemitischer Parolen wie z.B. "Kanaken raus" und "Kauft nicht bei Türken" auf. 2.4 263 Gesetzesverstöße ließen eine antisemitische Tendenz der Täter erkennen (1979: 272). Von den 49 bekanntgewordenen Schändungen jüdischer Friedhöfe und Kultstätten konnten 24 Fälle zweifelsfrei Rechtsextremisten angelastet werden (1979: von 35 Fällen 12). Hierbei sind, soweit die Fälle nicht bereits oben unter 1. 6) Die Gesetzesverstöße sind Verstöße gegen Vorschriften des Strafgesetzes und nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz, z.B, Gewaltandrohungen, Schmier-, Plakatund Klebeaktionen, der Besitz von Waffen, Munition und Sprengstoff, das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. Dabei wurde --wie in den Vorjahren -- jeder Gesetzesverstoß, auch wenn er aus mehreren Einzeltaten bestand oder mehrere Straftatbestände erfüllte, nur einmal gezählt. 49 aufgeführt wurden, besonders die Schändungen der alten Synagoge in Frankfurt/ M. am 20. September und 20. Oktober sowie des Frankfurter jüdischen Friedhofs am 16. und 22. Oktober zu erwähnen. In allen Fällen wurden Hakenkreuze, SSRunen und Parolen wie "Juda verrecke* geschmiert. 2.5 Als mutmaßliche Täter rechtsextremistischer Gesetzesverstöße wurden 899 Personen (1979: 760) bekannt, von denen 265 (1979: 265) neonazistischen und 269 (1979: 144) anderen rechtsextremistischen Gruppen zuzuordnen sind. Diese 899 Personen sind für insgesamt 730 Taten (1979: 561) verantwortlich; bei den restlichen 913 Taten (meist Schmierund Klebeaktionen) konnten die Täter noch nicht ermittelt werden. Von den 899 festgestellten Tätern werden 162 (1979: 107) verdächtigt, im Jahre 1980 mehr als eine Tat begangen zu haben. X. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten Die Aufklärungsquote bei den Gesetzesverstößen mit rechtsextremistischem Hintergrund stieg gegenüber dem Vorjahr weiter an: Die Sicherheitsbehörden konnten 1980 in 730 von insgesamt 1 643 Fällen (44%) die Täter ermitteln (1979: 38%). Auch die Zahl der Ermittlungsverfahren und der Verurteilungen gegen Rechtsextremisten erreichte im Vergleich zu den Vorjahren einen neuen Höchststand. 1980 wurden 256 Verurteilungen') von Rechtsextremisten -- soweit bekannt -- ausgesprochen. 1. Verurteilungen 1.1 Rechtskräftige Verurteilungen Im Jahre 1980 wurden 304 Verurteilungen (1979: 207, 1978: 88) wegen Straftaten aus rechtsextremistischen Beweggründen rechtskräftig. Davon stammen 153 aus den Jahren vor 1980. In 70 Fällen wurden Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr verhängt und in 18 Fällen von mehr als einem Jahr. In 109 Fällen wurden Geldstrafen rechtskräftig, davon 61 zwischen 100 und 1000 DM und 48 zwischen 1000 und 12.000 DM. In 107 Fällen erlangten Verwarnungen, Geldbußen, Arbeitsauflagen oder sonstige Schuldsprüche Rechtskraft. 1.2 Noch nicht rechtskräftige Verurteilungen Am Jahresende waren 161 Verurteilungen noch nicht rechtskräftig (1979: 158, 1978: 62), davon 56 aus den Jahren 1976 bis 1979. Bei den 105 Verurteilungen aus dem Jahre 1980 handelt es sich um 38 Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu drei Jahren und sechs Monaten. In 31 Fällen wurden Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und in sieben Fällen von mehr als einem Jahr ausgesprochen. In den übrigen Fällen wurden Geldstrafen, Geldbußen, Arreste und Verwarnungen etc. verhängt. 2. Ermittlungsverfahren, Durchsuchungen, Anklagen Bis zum Jahresende wurde gegen 876 Personen in 1 128 Fällen (1979: 836; 1978: 610) ermittelt. 120 Personen mit mehr als einem Verfahren waren in insgesamt 372 7) In einigen Fällen wurden Rechtsextremisten mehrmals verurteilt 50 Ermittlungsverfahren verwickelt. In 669 Fällen wurden die Ermittlungen 1980 eingeleitet, in den übrigen 459 Fällen handelt es sich um Verfahren aus früheren Jahren. Hinzu kommen noch zahlreiche weitere Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt. In 244 Fällen (1979: 299) hatten die Strafverfolgungsbehörden gegen 209 Personen bis Ende 1980 Anklage erhoben. Außerdem wurden 1980 bei Rechtsextremisten 267 Durchsuchungen (1979: 221), 246 Beschlagnahmen (1979: 221) und 131 vorläufige und andere Festnahmen (1979: 206) registriert. Bei den 267 Durchsuchungen wurden in 92 Fällen Waffen verschiedenster Art gefunden. 3. Veranstaltungsverbote Die Ordnungsbehörden verboten 1980 in 20 Fällen Veranstaltungen rechtsextremistischer Organisationen (1979: 70). Sechs Verbote richteten sich gegen neonazistische Gruppen. In zwölf Fällen betrafen die Verbote Veranstaltungen der NPD bzw. der UN. 4. Sonstige Maßnahmen Darüber hinaus erfolgten weitere verwaltungsrechtliche und sonstige gerichtliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten, von denen nachfolgend einige Beispiele genannt werden: Das Bundesverwaltungsgericht in Berlin hat am 2. Dezember die Klage der "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG) gegen das Verbot durch den Bundesminister des Innern als nicht begründet abgewiesen. Die Landgerichte Flensburg und Zweibrücken ordneten am 16. Januar bzw. am 10. April die Einziehung einer Reihe von im Verlag "Samisdat Publishers Ltd." des deutsch-kanadischen Neonazis Zünde/ erschienenen Durchschriften an. In dem Einziehungsverfahren gegen Schriften des Rechtsextremisten Friedhelm Kathagen, Witten, hat das Landgericht Bochum am 23. Juli dessen Berufung gegen die vom Amtsgericht Witten am 17. Januar angeordnete Einziehung der Druckschriften "Zitate zur Kriegsschuldlüge" verworfen. Das Landgericht Stuttgart hat am 31. Juli die Beschlagnahme einer im rechtsextremistischen "Grabert'-Verlag erschienenen Schrift des Rechtsextremisten Dr. Wilhelm Stäglich angeordnet. Das Landgericht Flensburg verfügte am 22. Oktober die Einziehung sämtlicher Exemplare einer im neonazistischen "Kritik-Verlag* Christophersens erschienenen Druckschrift des Schweizer Rechtsextremisten Amaudruz. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierte 1980 zwei Flugblätter, in denen NS-Verbrechen geleugnet und verharmlost wurden bzw. zum Rassenhaß aufgestachelt wurde (vgl. oben VII. 6.). Das Verwaltungsgericht Köln hat am 16. April und 29. August die Klagen der rechtsextremistischen Verleger Bernhard C. Wintzek, Asendorf, und Udo Walendy, Vlotho, gegen die Indizierung der Schriften "MUT" Nr. 137 vom Januar 1979 bzw. "Wahrheit für Deutschland -- die Schuldfrage des 2. Weltkrieges" verworfen. 51 Linksextremistische Bestrebungen 1980 I. Allgemeine Erfahrungen Die linksextremistischen Aktivitäten haben zugenommen. Seit dem Frühjahr begleiteten Krawalle und Ausschreitungen den "Häuser"-, den "Antimilitarismus"und den "Antifaschismus-Kampf". Das Ausmaß der Kampagnen und die Mobilisierbarkeit stiegen an; gleichzeitig zeigte sich erstmals die Bereitschaft von orthodoxen Kommunisten und von Gruppen der "Neuen Linken", in Aktionsbündnissen zusammenzuwirken. Die Wahlen offenbarten erneut, wie unbedeutend die Resonanz der Linksextremisten in der Bevölkerung ist; sie erzielten bei der Bundestagswahl am 5. Oktober 1980 mit einem Stimmenanteil von 0,24% (1976: 0,46%) das bisher schlechteste Ergebnis aller Bundestagswahlen. Der linksextremistische Einfluß in der Studentenschaft blieb erheblich höher als in der Gesamtbevölkerung. 1. Orthodoxe Kommunisten Unbeirrt und unvermindert aktiv haben die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und ihre Nebenorganisationen -- "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB), die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), die "Jungen Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) u. a. --, gestützt auf ein weit gefächertes Netz von Vorfeldorganisationen, ihre verfassungsfeindlichen Ziele verfolgt. Die von der DKP ausgehende Gefahr ist weiterhin um ein Vielfaches größer, als Mitgliederzahlen und Wählerstimmen ausweisen, denn die DKP wird als Teil der "Kommunistischen Weltbewegung" von regierenden "Bruderparteien* finanziert und politisch unterstützt; sie vertritt bedingungslos die Ziele der Sowjetunion und der DDR, wie ihre Kampagne gegen die NATO-Nachrüstung erneut bestätigt. Die Verankerung der DKP in der Arbeiterschaft und in den Betrieben blieb unverändert schwach; die Versuche der orthodoxen Kommunisten, die Gewerkschaften zu unterwandern, hielten an. Die verstärkten Bemühungen der DKP, demokratische Kräfte für gemeinsame Aktionen zu gewinnen, hatten Erfolg. Es gelang ihr zunehmend, sie über ihre wahren Absichten zu täuschen und für Bündnisse zur Durchsetzung kommunistischer Nahziele zu gewinnen. Im Mittelpunkt stand dabei die Kampagne gegen dne NATO-Nachrüstung, mit der die DKP ihre Kampagnen gegen "Neonazismus" und für "Umweltschutz" geschickt verknüpfte und ein breites Bündnis erreichte. Auch der MSB Spartakus, nach wie vor stärkste linksextremistische Studentenorganisation, und die SDAJ arbeiteten wiederum mehrfach mit demokratischen Verbänden zusammen. Die SED setzte ihre subversive Tätigkeit gegen die Bundesrepublik Deutschland fort; sie leitete die DKP und die "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) an und unterstützte beide Parteien erheblich. Ohne diese politische und materielle Unterstützung wären DKP und SEW weitgehend bedeutungslos. 2. "Neue Linke" Im Bereich der "Neuen Linken" -- d. h. derjenigen Linksextremisten, die nicht dem Kommunismus sowjetischer Prägung, dem orthodoxen Kommunismus, zuzurechnen sind -- verlief die Entwicklung unterschiedlich. Innerhalb der dogmatischen 52 "Neuen Linken" hielt die allgemeine Krise an; die von ihr ausgehende Gefährdung hat weiter nachgelassen, denn Abnutzungsund Veränderungsprozesse haben die Handlungsfähigkeit dieser Gruppen in Mitleidenschaft gezogen. Die undogmatische linksextremistische Szene ist im letzten Jahr noch unübersichtlicher, in ihren Randbereichen jedoch zusehends militanter und gefährlicher geworden. Die neuen spontaneistischen Kräfte begannen mit gewalttätigen Aktionen zur Eroberung von "Freiräumen" und zur Zerstörung der staatlichen Ordnung. Verschleißerscheinungen bei marxistisch orientierten Gruppen der undogmatischen "Neuen Linken" lassen keinen Schluß auf eine wesentliche Abnahme des linksextremistischen Potentials in diesen Bereichen zu. Il. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Der Mitgliederstand linksextremistischer und linksextremistisch beeinflußter Organisationen ist im wesentlichen konstant geblieben. Der geringfügige Rückgang der Gesamtzahl der Mitglieder in orthodox-kommunistischen Organisationen geht zu Lasten der "Sozialistischen Einheitspartei Westberlins* (SEW - vgl. Ziff. III. 1.2). Dagegen blieb der Mitgliederstand der DKP und ihre Nebenorganisationen nahezu unverändert; die Mitgliederzahl der DKP-beeinflußten Vereinigungen hatte eine steigende Tendenz. Innerhalb der dogmatischen "Neuen Linken" weist die Statistik im Vergleich zum Vorjahr Verschiebungen auf: Mehrere bislang als Nebenorganisationen erfaßte Organisationen sind nunmehr, weil sie stärker ihre formale Selbständigkeit betonen, als beeinflußte Organisationen ausgewiesen, die im "Vorfeld" ihrer Kernorganisationen wirken. Die nachstehende Übersicht beschränkt sich auf wenige Kategorien linksextremistischer Zusammenschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland. Die nach Hunderten zählenden Sekundärorganisationen (Arbeitskreise, Initiativen, Komitees, Basisund Ad-hoc-Gruppen usw.) und nur örtlich tätige Kleingruppen sind in ihr nicht enthalten, weil sie nicht zuverlässig erfaßbar sind und die in ihnen tätigen Personen häufig auch in anderen statistisch erfaßten Organisationen mitarbeiten. Dies gilt vor allem für zahlreiche Gruppen der undogmatischen "Neuen Linken", die oft kleine, lose und kurzlebige Zusammenschlüsse sind. 53 1978 1979 1980 Organisationen Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder orthodoxer Kommunismus -- Kernorganisationen 2 49000 2 47000 2 45000 -- Nebenorgannsationen 11 29100 12 29500 14 29300 -- beeinflußte Organisationen') 50 50400 46 51900 44 54 500 dogmatische "Neue Linke" 2 -- Kernorganisationen 39 5500 12 5300 15 5200 -- Nebenorganisationen 27 6800 19 3900 12 1600 -- beeinflußte Organisationen ') 15 2780 27 1100 20 3100 Trotzkistische Organisationen 11 880 8 800 10 600 sonstige Organisationen der "Neuen Linken" einschl. anarchistische Organisationen?) 81 4750 74 3800 74 3200 Summe 208 96.030 200 90300 191 84900 53 100 53.000 57 600 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften 72.000 67 700 63 700 39 900 39 700 43 200 }) Da.den beeinflußten Organisationen auch Mitglieder angehören, die keine Kommunisten sind, wurden die Mitgliederzahlen ausgerückt. 2) Aufgrund der in diesem Bereich anzutreffenden besonders lockeren Organisationsform können Mitgliederzahlen häufig nicht genau erfaßt werden. Das Gesamtpotential dürfte höher sein. Periodische Publikationen Zahl Auflage(r)) orthodox-kommunistisch (Kernorganisationen) 1014 4172700 orthodox-kommunistisch (Nebenorganisationen) 421 263 000 dogmatische "'Neue Linke' (ohne Trotzkisten) 113 449 000 trotzkistisch 21 127 200 undogmatische "Neue Linke" 52 251 850 Summe 1621 5 263 750 Die Auflagenzahl bezieht snch, unabhängig von der Art der Verbreitung (z.B Betriebszeitungen, Stadtteizeitungen) und der Erscheinungsweise (täglich, wöchentlich, zweiwöchentlich, monatlich, zweimonatlich, vierteljährlich), auf die Zahl der durchschnittlich aufgelegten Exemplare einer Ausgabe. Etwa 90% der hier berücksichtigten Publikationen erscheinen vierteljährlich. Dabei werden auch unregeimäBig erscheinende Publikationen gezählt, sofern sie wenigstens viermal nm Jahr herausgegeben werden. 3. Linksextremisten im öffentlichen Dienst 3.1 Ende 1980 waren 2360 Linksextremisten bekannt, die zu diesem Zeitpunkt im Dienst des Bundes, eines Landes, einer Kommune oder einer anderen öffentlichrechtlichen Körperschaft oder Anstalt standen. "Kaderstatistiken" linksextremistischer Kernorganisationen weisen eine Gesamtzahl von etwa 4500 Linksextremisten im öffentlichen Dienst aus. Einzelheiten über die bekannten Linksextremisten ergeben sich aus der folgenden Zusammenstellung (Zahlen für 1979 in Klammern): Nebenvon DKP Personen okp; gan USEW 'Neue insgesamt u.sew Salenen BO Linke" undSEW sationen(r)) Bundesdienst 262 (267) 178 (187) 15 (8) 7 (11) 62 (61) Landesdienst 1573 (1675) 821 (824) 39 (64) 109 (117) 604 (670) Kommunaldienst 461 (460) 297 (293) 6(11) 18 (20) 140 (136) Dienst in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts 64 2) 8 4) 106) 1 0 19 (10) 2360 (2454) 1 339(1 346) 61 (83) 135 (148) 825 (877) %) In dieser Rubrik sind Personen, die einer beeinflußten Organisation angehören, nur erfaßt, wenn sie sich linksextremistisch betätigt haben. 3.2 Von den 262 linksextremistischen Bundesbediensteten sind 155 (=59,2%) bei der Bundespost und 58 (=22,1%) bei der Bundesbahn tätig, meist in untergeord55 neten Positionen; 15 (=5,7%) sind Angehörige der Streitkräfte oder der Bundeswehrverwaltung (Wehrpflichtige sind in der Übersicht nicht erfaßt). Im Bundesgrenzschutz und in den Polizeien der Länder sind keine Linksextremisten bekannt geworden. 3.3 Von den 1573 lnnksextremistischen Landesbediensteten sind beschäftigt: 932 (= 59,2%) als Lehrer, 202 12,8%) als wissenschaftliches Personal an Hochschulen, 130 8,3%) als sonstiges Personal an Schulen und Hochschulen, 272 17,3%) in sonstigen Verwaltungszweigen, 37 (= 2,4%) in der Justiz. Zur Gruppe der Lehrer im Landesdienst kommen noch 52 bei den Kommunen beschäftigte Lehrer hinzu. 3.4 Von den 2360 Linksextremisten sind 1090 (=46,2%) Beamte, 1071 (=45,4%) Angestellte und 185 (=7,8%) Arbeiter sowie 14 (=0,6%) Soldaten auf Zeit. Die 1090 Beamten verteilen sich auf die einzeinen Laufbahngruppen: höherer Dienst 495 (= 45,4%), gehobener Dienst 491 (= 45,1%), mittlerer Dienst 79 (= 7,2%), einfacher Dienst 25 (= 2,3%). 4. Studentenvertretungen 4.1 Hochschulen mit verfaßter Studentenschaft Die nachstehende Darstellung berücksichtigt 42 Studentenparlamente und 39 Allgemeine Studentenausschüsse an 40 Hochschulen (Universitäten, Gesamthochschulen, Technische und Medizinische Hochschulen, Pädagogische Hochschulen, eine Sporthochschule, nicht jedoch Fachhochschulen) mit z. T. eigenen studentischen Vertretungen in verschiedenen Abteilungen, die im Dezember 1980 verfaßte Studentenschaften hatten.'deg) 4.1.1 Studentenparlamente Im Dezember 1980 waren in 38 der 42 berücksichtigten Studentenparlamente (SP) Linksextremisten vertreten. In sieben SP besaßen Linksextremisten mehr als 50% 'deg) Von einer vergleichenden Darstellung auf der Grundlage der im Verfassungsschutzbericht 1979 berücksichtigten 37 Hochschulen mußte abgesehen werden, da von diesen inzwischen vner nicht mehr als selbständige Hochschulen bestehen, für eine weitere keine, dagegen für zwei andere erstmals vergleichbare Wahlergebnisse bekannt sind und bei mehreren 1979 nicht berücksichtigten Hochschulen inzwischen rechtmäßig gewählte Studentenvertretungen bestehen. Die Hochschulen Baden-Württembergs und Bayerns haben weiterhin keine verfaßten Studentenschaften. Die Übersichten beruhen zum Teil auf Schätzungen 56 n-- der Mandate. Der durchschnittliche Anteil der Linksextremisten in den SP lag bei 32%. Weitere Einzelheiten erheben sich aus der folgenden Übersicht: Vertreten in (Zahl Zahl der Sitze 'Anteil Gruppen d. Parlamente) Dezember Dezember Dezember 1979") 1980") 197911) 1980) 1979'') 198012) "Neue Linke" 171 173 14,3% 12,3% 22 26 MSB/ADS'2)-SEW 135 157deg113% 11,1% 27 32 SHB 9 122 8,3% 8,7% 23 27 Linksextremisten zus. 405 452 339% 32,1% 34 38 'Andere 788 954 66,1% 67,9% 36 42 Insgesamt: , 1193 1406 100,0% 100,0 % 36 42 "') Die Zahlen stimmen mit den im Verfassungsschutzbericht 1979 genannten Zahlen nicht überein, da u.a. die nnzwischen nicht mehr exnstierenden Hochschulen zwecks besserer Vergleichbarkeit unberücksichtigt bleiben. 2) Die Zahlen repräsentieren auch Studentenvertretungen, die für 1979 nicht berücksichtigt werden konnten, weil u. a. keine legal gewählten Studentenvertretungen vorhanden waren. Ohne deren Einbeziehung für 1980 läge der Anteil der Linksextremisten bei über 33% (c)) "Aktionsgemeinschaften von Demokraten und Sozialisten" 4.1.2 Allgemeine Studentenausschüsse Im Dezember 1980 waren in 28 der 39 berücksichtigten Allgemeinen Studentenausschüsse (ASten) Linksextremisten vertreten. In ihnen entfielen insgesamt mehr als die Hälfte der Sitze auf Linksextremisten. Zwei ASten bestanden ausschließlich aus Linksextremisten, in weiteren neuen ASten verfügten Linksextremisten über mehr als 50% der Sitze. Bezogen auf 39 ASten lag der Anteil der Linksextremisten bei 38%. Weitere Angaben ergeben sich auch der folgenden Übersicht: 5 i Vertreten in Srupieri ZahlderSitze 'Anteil (ZahlderASten) Dezember Dezember Dezember 1979'%) 1980'5) 1979) 1980degdeg) 1979) 1980degdeg) "Neue Linke" 38 46 151% 146% 10 14 MSB 29 35 115% 11,1% 12 13 SHB 29 39 115% 124% 13 15 Linksextremisten zus. 96 120 38,1% 38,1% 21 28 Andere 156 195 619% 61,9% 29 37 Insgesamt: 252 315 100,0% 100,0 % 33 39 ") Die Zahlen stimmen mit den im Verfassungsschutzbericht 1979 genannten Zahlen nncht überein, da u.a die inzwischen nicht mehr existierenden Hochschulen unberücksichtigt blieben #5) Die Zahlen repräsentieren auch Studentenvertretungen, die für 1979 nicht berücksichtigt werden konnten, weil u a. keine legal gewählten Studentenvertretungen vorhanden waren. Ohne deren Berücksichtigung für 1980 liegt der Anteil der Linksextremisten geringfügig höher. 57 sp ASten (1980 = 32,1% ) (1980 = 38,1% ) sh 7 Ge un msB 3 Spartakus/ 2 ADS-SEW undogmatische "Neue Linke' 0" 10% 8% 8 Ber 1,1% 10,2% 12,01. IRyA er ur 4 dogmatnsche dogmatische "Neue Linke" "Neue Linke ass 27 2,1%. 1,9% ASten 32,1%, "1. a? R Din S{n,7 1,1% (r)& undogmatische "Neue Linke" 58 4.2 Hochschulen ohne verfaßte Studentenschaft 4.2.1 Hochschulen in Baden-Württemberg An den berücksichtigten neun Universitäten des Landes waren im Dezember 1980 in sieben (1979: 8) Allgemeinen Studentenausschüssen Linksextremisten oder Kandidaten linksextremistisch beeinflußter Listen vertreten. 4.2.2 Hochschulen in Bayern An den zehn bayerischen Universitäten (einschließlich einer Gesamthochschule) waren im Dezember 1980 in sechs (1979: 6) studentischen Konventen Linksextremisten oder Kandidaten linksextremistisch beeinflußter Listen vertreten. An vier (1979: 6) Hochschulen gelangten Linksextremisten bzw. Kandidaten linksextremnstisch beeinflußter Listen in die Sprecherräte. Ill. Schwerpunkte der Agitation Die linksextremistische Agitation war auch 1980 darauf gerichtet, die Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland herabzusetzen und verächtlich zu machen, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Wertordnung des Grundgesetzes zu erschüttern. 1. Verfassungspolitik Im Gegensatz zu Gruppen der "Neuen Linken", die offen erklären, die Verfassungsordnung müsse "zerschlagen" werden, nutzt die DKP durch Scheinbekenntnisse und sinnentstellende Interpretation das Grundgesetz für ihre verfassungsfeindlichen Ziele aus Weitgehende Übereinstimmung bestand bei allen Linksextremisten aber in der herabsetzenden Beurteilung der Verfassungswirklichkeit. Gemäß DKP findet in der Bundesrepublik Deutschland ein "permanenter Verfassungsbruch durch die Herrschenden" und ein "systematischer Abbau verfassungsmäßiger Rechte und Freiheiten" statt. Die Verfassung werde "täglich gebrochen" und die "Legalisierung" des "Grundgesetzbruches" versucht. Der "sogenannte Rechtsstaat" mache die "Verteidigung der kapitalistischen Ausbeuterordnung" zu seinem "Leitmotiv"; es gebe "politische Gesinnungsjustiz im Dienste der Reaktion". Das "Großkapital kauft und korrumpiert Politiker". Die "sogenannten freien Wahlen" brächten lediglich "Organe der Klassenherrschaft" hervor, die den Willen des "Monopolkapitals" in Staatspolitik umsetzen "und dies außerdem noch demokratisch verbrämen'. Demgegenüber stellte die DKP die "sozialistische Demokratie" im Sowjetblock, vor allem in der DDR, als Vorbild hin (vgl. u. a. Ziff. IV. 1.1.1; "Unsere Zeit" vom 23. 5.2., 3.4. und 26.9. 1980; DKP-Pressedienst vom 19. 4., 6. 10. und 13. 10. 1980; Hermann Gautier, Arbeiterbewegung und Freiheit, Frankfurt 1980, S. 77--91, 120--122). Ein ähnlich negatives Bild des Verfassungsrechts und der Verfassungswirklichkeit zeichnete die Agitation der "Neuen Linken"; Die Parlamente seien lediglich "Instrumente der Herrschaft des Monopolkapitals", Wahlen ein "Täuschungsmanöver". Deshalb sei es "unvermeidliche" Aufgabe der 59 "proletarischen Revolution", das "bürgerliche Parlament auseinanderzujagen". Hinter der "Fassade der 'freiheitlich-demokratischen Grundordnung'" verberge sich "polizeistaatliche Unterdrückung', die Justiz arbeite mit "terroristischen und kriminellen Methoden". Um sich "wirklich befreien" zu können, müsse die Arbeiterklasse "durch die gewaltsame Revolution den bürgerlichen Staatsapparat zerschlagen*; dazu gehöre neben den "bewaffneten Formationen" vor allem der "bürokratische Apparat und sein Bonner Feigenblatt" (vgl. u.a. "Rote Fahne" vom 20. 9. 1980; "Roter Morgen" vom 1.8. und 19. 9. 1980; "Arbeiterkampf" vom 28.7. 1980; "Der Weg der Partei", 1/1980, S. 11; "Kommunistische Volkszeitung" vom 30.6. und 6. 10. 1980). 2. Außenund Verteidigungspolitik Heftige Angriffe richteten die orthodoxen Kommunisten vor allem gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluß und die öffentlichen Rekrutengelöbnisse. Der Bundesregierung warfen sie vor, zum "Erfüllungsgehilfen US-amerikanischer AntiFriedenspolitik" zu werden und "volksfeindlich und antinational" die "nationalen Interessen" der "aggressiven Globalstrategie des USA-Imperialismus" unterzuordnen. Während die "initiativreiche Friedenspolitik" der Sowjetunion beweise, daß "Sozialismus und Frieden" zusammengehörten, stelle die "NATO-Hochrüstungspolitik" eine "Gefahr für den Weltfrieden" dar. In der Bundeswehr pflegten "alte Nazigenerale ihren braunen Nachwuchs"; bei ihr sei das "nationale Sicherheitsbedürfnis so gut aufgehoben wie ein brennendes Streichholz in einer Dynamitkiste* (vgl. u.a. "Unsere Zeit" vom 22. 1., 21.5., 7. 11. und 24. 12. 1980; DKP-Pressedienst vom 7.8. 1980). Zielscheibe der Agitation der "Neuen Linken" waren dne "US-Imperialisten" und die "BRD-Imperialisten*, die in einem kommenden Krieg "aktiv mitmischen" und ihre "imperialistischen Raubinteressen" wahren wollten. Bei den "Kriegsvorbereitungen" spiele die Bundesrepublik Deutschland "eine besonders üble Rolle": Das "Angriffspotential" der Bundeswehr werde im Rahmen des von "amerikanischen Kriegstreibern befehligten Militärpaktes" verstärkt. Wolle man nicht "unter dem Kommando der Bourgeoisie* in den Krieg marschieren, so bleibe nur dne allgemeine "Volksbewaffnung", um die "Herrschaft der Bourgeoisie zu beseitigen" (vgl. u.a. "Kommunistische Volkszeitung" vom 21.1., 11.2., 17.3. und 26.5. 1980; "Rote Fahne" vom 31.5. 1980; "Roter Morgen" vom 29. 8. und 14. 11. 1980). 3. Innenund Sicherheitspolitik Unverändert heftig agitierten Linksextremisten gegen Maßnahmen zum Schutz der inneren Sicherheit. Mit "Enthüllungen" versuchten sie, die Arbeit der Sicherheitsbehörden als rechtswidrig abzustempeln und durch "Enttarnungen" von Sicherheitsbeamten zu beeinträchtigen. Die DKP sprach von der "verfassungswidrigen Einschränkung der demokratischen Grundund Freiheitsrechte" und einer "besorgniserregenden Bespitzelung" von Gewerkschaftern, Schülern und Studenten; bis "tief in die Intimsphäre der Bürger hinein" werde "geschnüffelt" und die Würde des Menschen "mit Füßen getreten". Mit "brutalem Polizeiterror" und "obrigkeitsstaatlicher Willkür" gehe der Staat gegen kritische Bürger vor. Während "linke und sozialistische Ideen" kriminalisiert würden, erfreue snch der "Neonazismus" der "staatlichen Duldung und Förderung' (vgl. u. a. "Unsere Zeit" vom 23. 1., 31. 1., 30. 7., 30.9. und 20. 12. 1980). 60 Gruppen der "Neuen Linken" sprachen von einer "immer sichtbarer" werdenden "Faschisierung" der Bundesrepublik Deutschland. Maßnahmen zum Schutz der inneren Sicherheit interpretierten sie als "Meilensteine bei der Errichtung einer neuen faschistischen Diktatur", zu der sich die "Bourgeoisie" mit "Bürgerkriegsvorbereitungen" rüste, um den "Klassenkämpfern" der achtziger Jahre begegnen zu können. So werde versucht, "jede Regung gegen das kapitalistische Eigentum" mit "perfider Systematik und Terror zu zerschlagen". Der "Unrechtsstaat Bundesrepublik" setze "Menschenjagd-Kommandos gegen unbewaffnete Hausbesetzer" ein, um eine "möglichst effektive Zerschlagung des Gegners" zu erreichen. Mit "scharfen Augen und großen Ohren" werde ein ausgefeilter "Spitzelapparat* zur "systematischen und hemmungslosen Bespitzelung von Millionen Werktätigen" auf die Menschheit losgelassen. Gegen diesen "übermächtigen Koloß des imperialistischen Staatsapparates" sen Widerstand "Pflicht" (vgl. u. a. "Texte zum 3. Treffen Hamburger Autonomer Gruppen"; "Kommunistische Volkszeitung" vom 21. 1. und 4.2.1980; "Unser Weg", Nr. 32 vom Februar 1980; "Arbeiterkampf" vom 30. 6. und 17.11. 1980; "RoterMorgen' vom 15.8. 1980). 4. Wirtschaftsund Sozialpolitik Orthodoxe Kommunisten behaupteten, das "kapitalistische System" sei wegen seiner "tiefgreifenden inneren Widersprüche" nicht in der Lage, "die arbeitenden Menschen vor sozialer Unsicherheit zu schützen". Vielmehr würden den Arbeitern noch "mehr Lasten zugunsten des Profits des großen Kapitals" aufgebürdet. Die Bundesregierung vertrete "vorrangig die Interessen des Großkapitals"; sie betreibe "Sozialdemontage* und eine "arbeiterfeindliche" Politik (vgl. u.a. DKPPressedienst vom 1.8 und 13. 11. 1980; UZ-Extra, Eigenbeilage der "Unsere Zeit" vom 30. 10. 1980). Ähnlich agitierte die "Neue Linke": Die "Krisenlasten" würden auf die "Arbeiterklasse" abgewälzt. Immer "skrupelloser" plündere der Staat die "Geldbörse des kleinen Mannes" aus. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer sei ein "Mittel des Betrugs an der Arbeiterklasse". Mit "ungehobelter Brutalität" werde der Arbeiter "täglich in die Fabrik gepreßt" und "Raubbau" an seiner "Arbeitsund Lebenskraft" getrieben. Deshalb müsse "auf den Trümmern des zerschlagenen Kapitalismus eine neue Gesellschaft" gebaut werden (vgl. u. a. KAZ-Extrablatt in "Kommunistischer Arbeiterzeitung", Nr. 188; "Arbeiterkampf" vom 29.7. 1980; "Rote Fahne" vom 19.4. 1980; "Kommunistische Volkszeitung' vom 10.3. und 21.7. 1980; "Roter Morgen" vom 20.6. 1980). 5. Umweltschutz Nach wie vor bildete der Umweltschutz einen Schwerpunkt linksextremistischer Agitation. Die DKP bezeichnete das "Großkapital" und die "Konzerne" als "entscheidende Zerstörer" der Umwelt. Deshalb sei Umweltschutz "letztendlich Kampf gegen die zügellose Profitjagd der Monopole". Das "brutale, bürgerkriegsähnliche" Vorgehen gegen Kernkraftgegner beweise, daß die Befürworter des "Bonner Atomprogramms" vor nichts zurückschreckten, wenn es um die Interessen des "Großund Rüstungskapitals" gehe. Mit der Behauptung, nur im Sozialismus sei die "Lösung aller Umweltschutzprobleme" möglich, rechtfertigte die DKP erneut den Bau von Kernkraftwerken im Sowjetblock; aus dem gleichen Grund kritisierte sie die pauschale "Ablehnung des technischen Fortschritts' durch die "Grünen". 61 Mit ihrer These "Erhalt des Friedens istdie wichtigste Umweltschutzaufgabe" waren orthodoxe Kommunisten bestrebt, die Ökologiebewegung für die kKommunistische "Friedensbewegung" zu gewinnen (vgl. u.a. "Unsere Zeit' vom 6. 6. und 22.8. 1980; DKP-Pressedienst vom 21.8. 1980; DKP-Umweltschutzprogramm, S.20, 39ff.). Auch Gruppen der "Neuen Linken" riefen zum "Kampf gegen das Bonner Atomprogramm" auf. Sie sprachen von der "Skrupellosigkeit" der "Machthaber" in der Bundesrepublik Deutschland, denen die "Sicherung der Profite' der Atomindustrie über alles gehe; sie verlangten "Stillegung aller bestehenden und Verbot des Baus weiterer Atomkraftwerke" (vgl. u.a. "Roter Morgen" vom 14.3. und 13.6. 1980; "Arbeiterkampf" vom 14. 1. und 21.4. 1980). 6. Internationalismus Orthodoxe Kommunisten und "Neue Linke" warben unverändert im Namen des "Proletarischen Internationalismus" und der "antiimperialistischen Solidarität" für politische und materielle Unterstützung der ihnen jeweils ideologisch nahestehenden Regime und der "Befreiungsbewegungen" in der Dritten Welt. Der "BRDImperialismus" wurde bezichtigt, andere Völker auszubeuten und "kolonialistische", "rassistische" und "faschistische" Diktaturen zu unterstützen. Zu Auseinandersetzungen zwischen den linksextremistischen Lagern kam es u. a. über die sowjetische Invasion in Afghanistan und die Streikbewegung in Polen. Während die orthodoxen Kommunisten den sowjetischen Einmarsch als Ausdruck des "proletarischen Internationalismus" und der "brüderlichen Hilfe" für die "revolutionären Kräfte Afghanistans" rechtfertigten und sich mit deren "Kampf gegen die innere und äußere Reaktion" solidarisierten, verlangten Gruppen der "Neuen Linken" die "bedingungslose Unterstützung des bewaffneten Befreiungskampfes der Völker Afghanistans". Zur Krise in Polen behauptete die DKP, "böswillige professionelle Antikommunisten" in der Bundesrepublik Deutschland hätten mit ihrer "zügellosen Einmischung? in die inneren Angelegenheiten Polens alles getan, um die "sozialistische Staatsmacht zu destabilisieren" und "antisozialistische Kräfte" anzuleiten. Dagegen werteten Teile der "Neuen Linken" die polnische Streikbewegung als "Bankrott des offiziellen Kommunismus" und forderten, die "westdeutsche Arbeiterklasse" müsse die polnischen Arbeiter "insbesondere angesichts der Gefahr einer sozial-imperialistischen Intervention" unterstützen (vgl. u.a. "Unsere Zeit" vom 22. 10., 23. 10., 31. 10. und 4. 12. 1980; DKP-Pressedienst vom 29.5. 1980; "Kommunistische Volkszeitung" vom 8. 2. und 25. 8. 1980; "hefte für demokratie und sozialismus", Nr. 4--5/1980). IV. Orthodoxe Kommunisten 1. Politische und organisatorische Entwicklung 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Die DKP repräsentiert den orthodoxen, d.h. sowjetisch orientierten Kommunismus in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sieht sich selbst als Nachfahre der 1956 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verbotenen KPD. So 62 erklärte der stellvertretende DKP-Vorsitzende Hermann Gautier, die Ende 1918 gegründete KPD sei "Ausgangspunkt der künftigen marxistisch-leninistischen Massenpartei" in der Weimarer Republik, unter der "faschistischen Diktatur" und schließlich nach 1945 gewesen: "Unter den Bedingungen der Bundesrepublik ist es heute die DKP, die das Vermächtnis der Gründer der KPD erfüllt, den Weg von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht fortsetzt" (Hermann Gautier, Arbeiterbewegung und Freiheit, Frankfurt 1980, S. 58). Vorbehaltlos folgte die DKP auch im Berichtsjahr der von KPdSU und SED vorgegebenen ideologischen und politischen Linie. Sie unterstrich stets -- wie in ihrem Programm niedergelegt -- ihre "brüderlichen Beziehungen" zur KPdSU und "vor allem" ihre "Verbundenheit" mit der SED. Auf Vorwürfe, "im Schlepptau Moskaus" zu segeln, entgegnete sie: "Wir Kommunisten haben keinen Grund, uns von dem, was uns als Ziel der Arbeiterbewegung vorschwebt, nämlich dem Sozialismus, zu distanzieren. Darum distanzieren wir uns nie und nimmer von jenen Ländern, in denen der Sozialismus gesiegt hat" ("Fragen, Argumente, Standpunkte -- Die DKP und die Bundestagswahl", hrsg. vom Parteivorstand der DKP, Düsseldorf). Als "Partei des proletarischen Internationalismus" bekannte sich die DKP zu einem "klassenmäßigen Verhältnis" gegenüber der Sowjetunion und den übrngen Ländern der sozialistischen Staatengemeinschaft, der "wichtigsten Errungenschaft der internationalen Arbeiterbewegung' ("Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 26, 31f.). Was die DKP unter "proletarischem Internationalismus" versteht, erläuterte ihr stellvertretender Parteivorsitzender: "Den Sowjetstaat als Bastion des Sozialismus und des Freiheitskampfes der Arbeiterklasse und der Völker zu unterstützen und zu verteidigen, das war und ist die zwingende Forderung des proletarischen Internationalismus" (Gautier, a.a.O., 8.54). Nach Ansicht der DKP besteht kein Widerspruch zwischen der Erfüllung ihrer "internationalistischen Pflicht' und der Verfolgung einer "nationalen Politik" im Interesse des "arbeitenden Volkes der Bundesrepublik" (Studienmaterial für das 3. Thema im Bildungsjahr der DKP 1979/80, S. 10; "Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 26). Unverändert hält die DKP an ihren verfassungsfeindlichen Zielen fest (vgl. dazu insbesondere die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der CDU/ CSU-Fraktion betr. DKP, BT-Drucksache 7/4231 vom 29. 10. 1975). Sie versteht sich als "die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse", für die der MarxismusLeninismus Anleitung zum Handeln sei: "Die DKP entfaltet ihre Tätigkeit auf der Grundlage der einheitlichen Theorie von Marx, Engels und Lenin" (DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit' -- UZ -- vom 22.4. 1980; vgl. auch Gaufier, a.a.0., S. 33; UZ vom 19. 12. 1980). Lenin habe den Marxismus wesentlich weiterentwickelt; zu Recht sei deshalb der "heutige Marxismus ... mit Lenins Namen verbunden" worden (UZ vom 22.4. 1980). "Unverrückbares" Ziel der DKP ist die Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. u.a. "Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 14; UZ vom 27.8. 1980; "Fragen, Argumente, Standpunkte", a.a.O.). Dabei will die DKP "bewußter und organisierter Vortrupp" sein; denn zur Verwirklichung ihrer "historischen Mission" brauche die Arbeiterklasse eine Partei wie die DKP, "die mit dem wissenschaftlichen Sozialismus ausgerüstet die Tagesinteressen wie das Ziel, den Sozialismus. vertritt und mit Hilfe der im Klassenkampf erworbenen Erfahrungen 63 über eine wissenschaftlich begründete Strategie und Taktik zur Erreichung dieses Zieles verfügt" ("Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 13/14, 50). Nach Ansicht der DKP kann der Sozialismus nur durch eine "sozialistische Umwälzung" (Revolution) erreicht werden und setzt die "politische Macht der Arbeiterklasse" voraus (UZ vom 22.4. und 26. 11. 1980); er sei durch "allgemeine Gesetzmäßigkeiten" gekennzeichnet, die die DKP auch in der Bundesrepublik Deutschland verwirklichen will: "Die politische Macht der Arbeiterklasse im Bündnis mit den übrigen Werktätigen, das gesellschaftliche Eigentum an allen wichtigen Produktionsmitteln, die planmäBige Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft. Diese grundlegenden Züge ... sind aus der Sicht des wissenschaftlichen Sozialismus für jedes Land unverzichtbar, wenn dieses ein sozialistisches Land sein soll" (UZ vom 17.7. 1980). Im Sprachgebrauch deutscher Kommunisten ist "Macht" oder "Herrschaft der Arbeiterklasse" identisch mit dem Begriff "Diktatur des Proletariats", den die DKP in ihren programmatischen Aussagen vermeidet, obwohl er ein "wissenschaftlicher Terminus der marxistischen Staatstheorie" sei; der Begriff werde jedoch mit "Gedanken an Faschismus und Terror" verbunden und sei daher "für große Teile des arbeitenden Volkes mißverständlich" (vgl. Herbert Mies Willi Gerns, Weg und Ziel der DKP, Frankfurt 1979, S. 102ff.). Ihr Grundmodell des Sozialismus sieht die DKP in den Ländern der "sozialistischen Staatengemeinschaft" verwirklicht. Vor allem die DDR, wo "auf deutschem Boden" der "reale Sozialismus", die "grundlegende Alternative zur kapitalistischen Ausbeuterordnung', gestärkt werde (DKP-Programm, S. 89), ist ein Vorbild für die DKP. Dort sei das Vermächtnis der Gründer der KPD, zu dem sich die DKP ebenfalls bekennt (s. o.), Wirklichkeit geworden; die DDR sei "der klarste Beweis dafür, daß die deutschen Kommunisten nicht nur kämpfen, sondern auch siegen können" (Gautier, a.a.O., S. 58). Die DKP geht davon aus, daß sie den Sozialismus nicht in ennem "kurzfristigen 'Sturmlauf'" erreichen könne (u.a. UZ vom 26. 11. 1980). Zwar seien in der Bundesrepublik Deutschland mit der Herausbildung des "staatsmonopolistischen Kapitalismus" die materiellen Voraussetzungen gegeben, es fehlten aber noch die "kräftemäßigen Voraussetzungen", die nur in einem "längeren Prozeß des Klassenkampfes, ausgehend von den unmittelbar anstehenden Fragen", entwickelt werden könnten (Mies/Gerns, a.a.O., u.a. S. 16, 20, 73; vgl. auch Gautier, a.a.O., S. 80f.). Dabei will die DKP die Mehrheit der "Arbeiterklasse" über "Zwischenstufen und Übergangsformen" an die "Notwendigkeit des Kampfes um den Sozialismus" heranführen. "Nahziel" der DKP ist deshalb eine "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt", die das Kräfteverhältnis zugunsten der "Arbeiterklasse" verändern und in die nächste "Kampfetappe", eine "antimonopolistische Demokratie", einmünden soll (vgl. UZ vom 17. 7. und 26. 11. 1980). Die "antimonopolistische Demokratie" ist nach Ansicht der DKP am besten geeignet, "den Weg zum Sozialismus zu öffnen"; auf sie träfen Lenins Aussagen über den "Staat der revolutionären Demokratie" zu. Danach sei diese Etappe gekennzeichnet durch "tiefgehende progressive Veränderungen in der politischen, ökonomischen und sozialen Struktur der Gesellschaft' (Mies/Gerns, a.a.O., $.72). Die "antimonopolistische Demokratie" ist also eine Form der Leninschen "revolutionär-demokratischen Diktatur' und Vorstufe der "Diktatur des Proletariats". Um ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung zu verschleiern, behauptete die DKP erneut, sie wirke "auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik 64 Deutschland" und bekenne sich zu dessen "demokratischen Prinzipien (UZ vom 17.7. 1980). Damit verfolgt sie die gleiche "Umwertungstaktik", die bereits von der verbotenen KPD angewandt wurde: Sie interpretiert das Grundgesetz im marxnstisch-leninistischen Sinne, verkehrt es so in sein Gegenteil, um sodann zu behaupten, Kommunisten seien die "entschiedensten Verteidiger" der Verfassung, deren "demokratische Substanz" von Parlament, Exekutive und Justiz fortlaufend ausgehöhlt werde. Im übrigen mißt die DKP den demokratischen Rechten und Freiheiten keinen Eigenwert zu, sondern sieht in ihnen nur Mittel im Kampf für ihre verfassungsfeindlichen Ziele: n.. . die demokratische Republik als 'demokratischste' Herrschaftsform des Kapitals (ist) ein günstiger Kampfboden für die Arbeiterklasse zur Durchsetzung sozialer, demokratischer und politischer Rechte zur Vorbereitung auf den Sozialismus" (Gautier, a. a. O., S. 79, 122f.). Unverändert bekennt sich die DKP zur revolutionären Gewalt, auch wenn sie danach strebt, die sozialistische Revolution "friedlich*, d.h. ohne Bürgerkrieg, zu vollziehen. Ausdrücklich übernahm sie die Forderung Lenins, eine "revolutionäre Kampfpartei" müsse nicht nur den parlamentarischen und gewerkschaftlichen Kampf beherrschen, sondern fähig sein, "alle Kampfund Organisationsformen zu meistern" (UZ vom 22.4. 1980); welche Formen angewendet würden, hänge vom Widerstand der "Reaktion" und des "Großkapitals" ab, der "im harten Kampf" überwunden werden müsse. 1.1.2 Mitgliederstand Das Ende 1978 verkündete Ziel, bis zum Parteitag im Mai 1981 "Tausende Betriebsarbeiter für die Partei" zu werben, hatte nicht den erwarteten Erfolg. Trotz geringfügiger Neuzugänge bei einzelnen DKP-Organisationen dürfte die Gesamtzahl der DKP-Mitglieder nncht wesentlich über 40000 gestiegen sein.'(r)) Die neuen DKPMitglieder kamen, wie in den Jahren zuvor, überwiegend aus der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend* (SDAJ) und dem "Marxistischen Studentenbund Spartakus" (MSB), die der DKP als "Kaderreserve" dienen (vgl. dazu UZ-Extra, Eigenbeilage der UZ vom 30. 10. 1980, S. 21, 33). Nach wie vor übersteigt der Anteil der Mitglieder, die der "Intelligenz" zugerechnet werden, den der "Arbeiter", die in einzelnen Bezirksorganisationen nicht einmal ein Viertel der Mitglieder ausmachen. Die Mitglieder der DKP sind in etwa 1 300 Grundorganisationen (300 Betriebs-, 900 Ortsund Wohngebiets-, 100 Hochschulgruppen) erfaßt, die ihrerseits in ca. 200 Kreisorganisationen zusammengeschlossen sind. Darüber stehen nach wie vor die 12 Bezirksorganisationen. Die DKP hat erneut eindringlich auf die Einhaltung der Leninschen OrganisationsPrinzipien und Normen der Parteimitgliedschaft -- u.a. "demokratischer Zentralismus", Verbot der "Fraktionsbildung", "Parteidisziplin" -- hingewiesen, die "die Kampfgemeinschaft von Gleichgesinnten, die Partei der Kommunisten zu einer Einheit des Willens und Handelns" machten (vgl. "Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, u.a. S. 13ff., 19ff.). '6) Auf dem 6. Parteitag (Mai 1981) gab der DKP-Vorsitzende die Zahl der Mitglieder mit 48 856 an. Diese Zahl dürfte ebenso überhöht sein wie die Zahlenangabe für den 5. Parteitag (1978 = 46 480) 66 Tann ETTTErEEEEL{ ENnnnEnnneee Ei DE? DKP-Zeie Malstarey,Roc Und Ruß , hurte WESTPFALZECHO Zeitung der Deutsch en Kommunistische n Partei [ 1.1.3 Finanzierung Die DKP wies in ihrem Rechenschaftsbericht gem. $ 23 Parteiengesetz für das Jahr 1979 Einnahmen von insgesamt 14 854 084,-DM (1978: 13 686 978,-DM) aus; davon entfielen 4,8 Millionen DM oder 32,2% (1978: 3,6 Millionen DM oder 26,6%) auf Mitgliedsbeiträge, 4,2 Millionen DM oder 28,2% (1978: 5,7 Millionen DM oder 41,4%) auf Spenden und 4,7 Millionen DM oder 31,5% (1978: 3,2 Millionen DM oder 23,3%) auf Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Drucksachen usw. Der Spendenbetrag enthält neun Einzelspenden von mehr als 20 000,-DM (825 Parteiengesetz) mit einem Gesamtwert von fast 240 000,-DM (1978: über 400 000,-DM). Darüber hinaus führte die DKP Sach-, Werkund Dienstleistungen ihrer Mitglieder im Wert von 4,2 (1978: 3,5) Millionen DM auf. Nach wie vor blieb die DKP auf anderweitige Zuwendungen in erheblichem Umfange angewiesen, um den aufwendigen Parteiapparat sowie Veranstaltungen, Wahlkämpfe, Plakate, Broschüren, Funktionärsreisen usw. zu finanzieren sowie ihre Nebenorganisationen, von ihr beeinflußte Vereinigungen und Einrichtungen zu unterhalten. Es liegen Anhaltspunkte vor, daß der DKP 1980 für ihre Parteiarbeit, für ihre Nebenorganisationen sowie für die von ihr geförderten Verlage, Publikationen etc. wiederum Zuschüsse von weit mehr als 50 Millionen DM aus der DDR zugeflossen sind. 1.1.4 Pressearbeit Das DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) hatte eine rückläufige Auflagenhöhe. Diese dürfte am Jahresende täglich bei weniger als 30.000 Exemplaren (1979: 35.000) -- an Freitagen mit einer Wochenendbeilage bei weniger als 60.000 Exemplaren (1979: 65 000) -- gelegen haben. Zu besonderen Anlässen, wie dem 1. Mai, wurden wiederum UZ-Extrablätter in erheblich höheren Auflagen gedruckt. Der Parteivorstand gab auch weiterhin den "DKP-Pressedienst', die "DKP-Landrevue*, die Zeitschrift "praxis -- Erfahrungen aus dem Leben der Arbeit der Partei" und den "info-dienst" -- Informationsdienst für DKP-Betriebs-, Wohngebietsund Hochschulzeitungen -- heraus. Neben etwa 400 Betriebszeitungen erschienen überwiegend unregelmäßig weitere 532 "Kleinzeitungen" der Bezirks-, Kreisund Grundorganisationen. Eine besondere Bedeutung für die kommunistische Pressearbeit hatte wiederum die "Progreß-Presse-Agentur" (PPA), Düsseldorf, mit sechs Büros im Bundesgebiet. Der "PPA-Tagesdienst" erscheint wöchentlich sechsmal und enthält ausführliche Berichte über die DKP, ihre Nebenorganisationen und von ihr beeinflußte Vereinigungen, tendenziöse Reportagen und "Dokumentationen" sowie unter politisch-ideologischen Gesichtspunkten ausgewählte Beiträge aus nichtkommunistischen Publikationen. 1.1.5 Internationale Beziehungen Die DKP führte ihre regen internationalen Aktivitäten fort und unterhielt enge Kontakte zu "Bruderparteien". 7) Abordnungen des Parteivorstandes der DKP besuchten die Sowjetunion, die CSSA, Bulgarien und Ungarn; DKP-Funktionäre nahmen auch an Parteitagen und '7) Die besonderen Beziehungen der DKP zur SED snnd unter Ziff. V. dargestellt. 68 Veranstaltungen (z.B. Pressefesten) der kommunistischen Parteien Polens, Japans, der "Demokratischen Arabischen Republik Sahara", Ungarns, Dänemarks, Schwedens, Jugoslawiens, der Niederlande, Großbritanniens, Portugals, Nordkoreas, Italiens und Österreichs teil. Im Bundesgebiet berieten Vertreter des Parteivorstandes DKP mit Funktionären der KPdSU, der kommunistischen Parteien Dänemarks, Frankreichs, des Irans, der Türkei, EI Salvadors, Nikaraguas, Chiles, Bulgariens, Polens, Südafrikas, Kubas, Ungarns, der Schweiz sowie der zur PLO gehörenden "Demokratischen Front zur Befreiung Palästinas" (DFLP). Die DKP .beteiligte sich an dem auf Einladung der "Französischen Kommunistischen Partei" und der "Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei" am 28./29. April in Paris veranstalteten Treffen über "Frieden und Abrüstung". Hierzu hatten 20 kommunistische Parteien Europas Delegierte und zwei Parteien Beobachter entsandt. Die DKP nahm auch an der Konferenz am 8./9. Oktober in Brüssel teil, auf der 21 kommunistische Parteien "kapitalistischer" Länder Europas über den "verschärften Krisenkurs des Großkapitals und seine Auswirkungen auf die arbeitenden Menschen" berieten. Die DKP beteiligte sich ferner an der vom Zentralkomitee der SED und der internationalen kommunistischen Zeitschrift "Probleme des Friedens und des Sozialismus" vom 20. bis 24. Oktober in Berlin (Ost) organisierten internationalen kommunistischen Konferenz "Der gemeinsame Kampf der Arbeiterbewegung und der nationalen Befreiungsbewegung gegen Imperialismus, für sozialen Fortschritt". Dazu hatten 116 kommunistische und Arbeiterparteien, andere "revolutionäre" Parteien und "nationale Befreiungsbewegungen" Vertreter entsandt. 1.2. "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) Die SEW bekräftigte auch 1980 ihre völlige ideologische und politische Übereinstimmung mit der SED und der KPdSU. Der SEW-Vorsitzende Horst Schmitt betonte, niemand werde die SEW in Widerspruch zum "proletarischen Internationalismus* und zu den "Ländern des realen Sozialismus* bringen können (SEWZentralorgan "Die Wahrheit" vom 18. 3. 1980). Damit richtete sich die SEW-Führung vor allem gegen die seit mehreren Jahren bestehenden oppositionellen Strömungen in der Partei, die im Dezember 1979 mit dem Organ "Die Klarheit" erstmals an die Öffentlichkeit traten. Mit dem "kollektiven Austritt" von mindestens 30 Parteimitgliedern fanden diese Auseinandersetzungen ihren Höhepunkt. Die Oppositionellen kritisierten die SEW vor allem wegen ihrer 'Abhängigkeit von der SED, des Fehlens innerparteilicher Demokratie und wegen ihrer "Bündnisund Aktionseinheitspolitik". Neben diesen oppositionellen Strömungen führten "Rationalisierungsmaßnahmen" bei der unter DDR-Verwaltung stehenden Reichsbahn in Berlin (West) sowie Entlassungen und der im September ausgelöste Streik von Westberliner Reichsbahnbediensteten zu Schwierigkeiten innerhalb der SEW. Selbst SEW-Funktionäre kritisierten die Maßnahmen der Ostberliner Reichsbahndirektion. Parallel dazu, insbesondere mit dem Umtausch der Mitgliedsbücher Ende 1979/ Anfang 1980, verlor die SEW zahlreiche Mitglieder; die Gesamtzahl der SEWMitglieder fiel auf etwa 5.000 (bisher etwa 7 000). Auch die Zahl der Abonnenten des SEW-Zentralorgans "Die Wahrheit" sank auf etwa 6 000 (bisher etwa 9.000). Wie bei der DKP stand auch bei der SEW die Kampagne gegen den NATODoppelbeschluß im Mittelpunkt der politischen Aktivitäten. Einen weiteren Schwer69 punkt bildete die Betriebsund Gewerkschaftsarbeit. Insgesamt gesehen blieben jedoch auch 1980 die Aktivitäten der SEW-Betriebsgruppen ohne nennenswerte Erfolge. Der Mitgliederbestand der Hochschulgruppen der SEW nahm weiter ab; er lag Ende des Jahres bei 650. Die Mitgliederzahl der SEW-beeinflußten "Aktionsgemeinschaften von Demokraten und Sozialisten" (ADS) fiel auf etwa 700 (1979: 800). Die "Freie Deutsche Jugend Westberlins" (FDJW), die Jugendorganisation der SEW, hat sich im Mai in "Sozialistischer Jugendverband Karl Liebknecht* (SJV) umbenannt und enne neue Satzung verabschiedet. Darin bekennt sich der Verband, der nach wie vor etwa 1000 Mitglieder zählt, darunter etwa 300 Kinder in der Pionierorganisation Karl Liebknecht, erneut zum "wissenschaftlichen Sozialismus". Den Anträgen des SJV auf Aufnahme in den Landesjugendring Berlin und auf Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe wurde bisher nicht entsprochen. 1.3 Nebenorganisationen der DKP Die DKP stützte sich auch 1980 bei ihrer politischen Arbeit auf ihre Nebenorganisationen. Die wichtigsten sind nach wie vor die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), die "Jungen Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) und der "Marxistische Studentenbund Spartakus" (MSB). Diese formell selbständigen Verbände mit eigenen Satzungen, Führungsorganen und Mitgliedern bekennen sich zum Marxismus-Leninismus und zur führenden Rolle der DKP; ihre maßgeblichen Funktionen sind mit DKP-Mitgliedern besetzt. 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ kämpfte auch im Berichtsjahr für einen "Sozialismus nach den Ideen von Marx, Engels und Lenin". Sie bekannte sich zur "solidarischen Verbundenheit mit der Sowjetunion' und bezeichnete die sozialistische DDR als "größte Errungenschaft' der deutschen Arbeiterbewegung ("Grundwissen für junge Sozialnsten", hrsg. vom Bundesvorstand der SDAJ, 1980, S. 477, 407). Der Verband unterstrich immer wieder seine enge Verbundenheit mit der DKP. Der Bundesvorsitzende der SDAJ, Werner Stürmann, ist Mitglied des DKP-Parteivorstandes. Etwa 40% aller SDAJ-Mitglieder sind Mitglieder der DKP, darunter auch die stellvertretende Bundesvorsitzende Vera Achenbach. Die SDAJ behauptete, sie habe etwa 35000 Mitglieder. Die Zahl der aktiven Mitglieder dürfte nach wie vor bei 15 000 liegen, die in etwa 600 Gruppen organisiert sind. Mit einer "Festivalstafette", die bis zum kommunistischen "Festival der Jugend" im Juni 1981 in Dortmund andauerte, begann die SDAJ eine Mitgliederwerbeaktion. Das monatlich erscheinende Sprachrohr der SDAJ "elan -- Das Jugendmagazin" erschien auch 1980 mit einer Auflage von 40 000. Die drei Herausgeber und der Chefredakteur gehören dem geschäftsführenden SDAJ-Bundesvorstand an. "elan" gibt monatlich einen "Artikeldienst für Schülerzeitungen', einen "Artikeldienst für Betriebs-, Lehrlingsund Berufsschulzeitungen", einen "Informationsdienst für Soldaten" und die "jugendpolitischen blätter* heraus. Zu diesen Publikationen hinzu kamen wie schon im Vorjahr ca. 400 von der SDAJ unregelmäßig und in geringer Auflage herausgegebene Kleinzeitungen. Auch 1980 legte die SDAJ großen Wert auf die Schulung ihrer Mitglieder; ihr dienten besonders die Bildungsabende der Gruppen und die Lehrgänge an der kommunistischen "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" in Aurach/Krs. Ans70 AUSWA HL AUS ca. 400 SDAJ - ZEIT UNG EN bach. Führende SDAJ-"Kader" wurden zu Lehrgängen in der DDR und der Sowjetunion delegiert (vgl. Ziff. IV. 5.3). Die SDAJ pflegte Kontakte zu kommunistischen Jugendorganisationen der DDR und des Auslandes. Vertreter des SDAJ-Bundesvorstandes trafen mehrfach mit Vertretern des Zentralrates der FDJ zusammen; SDAJ-Delegationen waren auf FDJ-Veranstaltungen vertreten, so bei internationalen Jugendlagern im Sommer am Scharmützelsee/DDR und im Herbst in Werder bei Potsdam. Eine Delegation des SDAJ-Bundesvorstandes und der Leninsche Komsomol unterzeichneten Anfang des Jahres in der Sowjetunion ein Protokoll über die Zusammenarbeit beider Verbände in den Jahren 1980/1981. Vertreter der SDAJ beteiligten sich wiederum an Kongressen ausländischer kommunistischer Jugendorganisationen. Die SDAJ gehört dem sowjetisch gesteuerten "Weltbund der Demokratischen Jugend" (WBD)J) an. 1.3.2 "Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Die "Jungen Pioniere" unterstrichen auf ihrer 3. Bundeskonferenz am 9./10. Februar ihr enges Verhältnis zur DKP und zur SDAJ. Der Bundesvorsitzende Achim Krooß und eine Stellvertreterin Helga Riesberg, die beide wiedergewählt wurden, sind Mitglieder der DKP und des SDAJ-Bundesvorstandes; Kroob gehört außerdem zu den Herausgebern des SDAJ-Sprachrohrs "elan". Die Bundeskonferenz forderte, "kinderfreundliche" Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland zu schaffen; wie ein "kinderfreundliches" Land aussehe, zeige die DDR. Nach Abschluß eines Mitgliederwettbewerbs (Mai bis Dezember) behaupteten die JP, über 250 neue Gruppen gegründet und mehr als 4 700 Kinder gewonnen zu haben -- die tatsächliche Mitgliederzahl dürfte jedoch bei etwa 3 000 liegen (1979: 2500). Zur Schulung von Pionierleitern fanden wiederum Lehrgänge an der kommunistischen "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" in Aurach/Krs. Ansbach statt. Die Bundesleitung der JP gab monatlich die "Pionierleiter-Information' und die Kinderzeitung "Willibald" heraus. Die JP unterhielten Verbindungen zu Pionierorganisationen in der DDR und im 'Ausland; Abordnungen der Pioniere der Sowjetunion und der DDR nahmen an der JP-Bundeskonferenz teil. Die JP sind Mitglied der Weltkinderorganisation CIMEA, einer Zweigorganisation des sowjetisch gesteuerten "Weltbundes der Demokratischen Jugend" (WBDJ), mit der sie im Mai in Weilrod/Hessen ein internationales Seminar veranstalteten. 1.3.3 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB) Der MSB, der sich unverändert zum Marxismus-Leninismus als Anleitung zum Handeln bekennt, vertrat offen seine "revolutionären, sozialistischen Ziele" und bezeichnete die DKP als die einzige "revolutionäre Partei" in der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundesvorsitzende des MSB, Uwe Knickrehm, ist Mitglied des DKP-Bezirksvorstandes Hamburg '(r)); etwa 70% der Mitglieder des MSB sind zugleich Mitglieder der DKP. Der MSB blieb mit 6 100 Mitgliedern (1979: 5 900) stärkster und einflußreichster linksextremistischer Studentenverband. Die Auflagenhöhe des monatlich erschei'%) 1981 wurde er auch Mitglied des Parteivorstandes der DKP 72 nenden MSB-Organs "rote blätter" lag nahezu unverändert bei knapp 30 000; zu aktuellen Anlässen erschienen weiterhin "rote blätter Extra". Wie in den Vorjahren unterhielten der MSB Kontakte zu kommunistischen Studentenorganisationen der DDR und des Auslands; dabei arbeitete er besonders eng mit der FDJ der DDR zusammen. Als Mitglied des sowjetisch gesteuerten "Weltbundes der Demokratischen Jugend" (WBDJ) unterstützte er dessen Aktivitäten. 2. Bündnispolitik Entsprechend marxistisch-leninistischer Strategie und Taktik bemüht sich die DKP, auch mit nichtkommunistischen Kräften zusammenzuarbeiten und "Bündnisse" einzugehen. Sie will auf diese Weise zu einer "Massenbasis" und damit zu größerem politischen Einfluß gelangen, als es ihr angesichts geringer Mitgliederzahlen und eines bescheidenen Wählerpotentials aus eigener Kraft möglich wäre. Bei ihrer Bündnispolitik ist die DKP gezwungen, aus taktischen Gründen auf Vorstellungen potentieller "Bündnispartner" einzugehen. Deshalb stellt sie Ziele und Forderungen heraus, die auch von den Zielgruppen akzeptiert werden können, wie insbesondere das im Parteiprogramm von 1978 proklamierte Nahziel "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt" erkennen läßt. Dabei spiegelt die DKP vor, sie erhebe bei Bündnissen keinen Führungsanspruch und trete für gleichberechtigte Zusammenarbeit aller Beteiligten ein. Um ihre führende Rolle bei Bündnissen zu verschleiern, bedient sie sich häufig kommunistisch beeinflußter Organisationen, im Parteijargon auch "Bündnisorganisationen" genannt (vgl. Ziff. V.). Die DKP strebt vor allem zwei Bündnisformen an: die "Aktionseinheit der Arbeiterklasse" ("Arbeitereinheitsfront") -- d.h. Zusammenarbeit der Kommunisten mit Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und parteilosen Arbeitern -- sowie, darauf aufbauend, das "breite demokratische Bündnis aller antimonopolistischen Kräfte" ("Volksfront") -- d. h. Einbeziehung auch Intellektueller und bürgerlicher Kreise bis hin zu mittleren Unternehmern. 2.1 Politik der "Aktionseinheit" Die Kommunisten erklärten auch 1980, die "Aktionseinheit" sei das "wichtigste Unterpfand für den Erfolg der Arbeiterklasse" im Kampf für Tagesforderungen und für eine sozialistische Bundesrepublik Deutschland. Deshalb, und nicht aus "parteiegoistischen" Gründen, bilde das Ringen um "Aktionseinheit" ein "Kernstück" der DKP-Politik ("Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 16). 2.1.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten Die DKP bemühte sich unverändert um die Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten als dem "Kern" der "Aktionseinheit" der Arbeiterklasse. Wegen der Absage der SPD an eine Zusammenarbeit mit der DKP ("Aktionseinheit von oben") verfolgte die DKP vornehmlich die Taktik der "Aktionseinheit von unten": Sie attackierte die "rechten SPD-Führer" und forderte gleichzeitig die "sozialdemokratischen Genossen" zur Zusammenarbeit auf. Vor allem bei Kampagnen gegen den NATO-Doppelbeschluß, gegen öffentliche Rekrutengelöbnisse, gegen den CDU/CSU-Kanzlerkandidaten und gegen "Berufs73 verbote" sowie an Hochschulen und bei Aktionen zu jugendpolitischen Fragen kam es erneut zu einer begrenzten Zusammenarbeit mit zumeist jüngeren Sozialdemokraten. 2.1.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften Unverändert ist es Pflicht jedes DKP-Mitgliedes, aktiv in den Gewerkschaften zu arbeiten und sich für die "den Interessen der Arbeiterklasse dienenden Gewerkschaftsbeschlüsse" einzusetzen (DKP-Programm S. 75), wobei die DKP sich vorbehält zu bestimmen, was die "Interessen der Arbeiterklasse" sind. Im Sinne dieser Taktik scheinbarer Loyalität gegenüber den Gewerkschaften bemühte sich die DKP verstärkt, Einfluß auf den DGB und seine Einzelgewerkschaften sowie vor allem auf die Gewerkschaftsjugend zu gewinnen. Knapp drei Viertel der DKP-Mitglieder sind gewerkschaftlich organisiert. Erheblich mehr als 10% von ihnen nehmen gewerkschaftliche Funktionen -- überwiegend auf unterer und mittlerer Ebene -- wahr. Sie sind bestrebt, sich durch hohe Einsatzbereitschaft als "wahre" Interessenvertreter der "Arbeiterklasse" zu profilieren. Trotz verstärkter Gewerkschaftsarbeit konnte sie auf den elf Gewerkschaftstagen im Berichtsjahr keine nennenswerten personellen Erfolge erzielen; lediglich auf dem 10. Ordentlichen Gewerkschaftstag der "Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen" (HBV) (14.--20.9. 1980) wurde ein Mitglied des DKP-Parteivorstandes in den Hauptvorstand wiedergewählt. Orthodox-kommunistische und kommunistisch beeinflußte Publikationen widmeten gewerkschaftlichen Themen und der "Aktionseinheit" zwischen "gewerkschaftlicher und politischer Arbeiterbewegung" breiten Raum. Eine besondere Rolle spielte dabei unverändert die "Nachrichten-Verlags-GmbH'", Frankfurt/M., vor allem mit ihren monatlichen "Nachrichten zur Wirtschaftsund Sozialpolitik -- Gewerkschaftsspiegel -- Informationen und Kommentare", die von drei Mitgliedern des DKP-Parteivorstandes und einem DFU-Funktionär herausgegeben werden. 2.2 Bemühungen um ein "antimonopolistisches Bündnis" Unverändert bildete das Bemühen um die Herstellung eines "antimonopolistischen Bündhisses" einen Schwerpunkt kommunistischer Aktivitäten. Dabei griff die DKP wiederum Anliegen auf, für die auch demokratische Kreise eintreten, trieb Kampagnen voran und ließ "Komitees" und "Initiativen" gründen. Erstmals war sie auch bereit, bei "Bündnissen" die Teilnahme von Gruppen der "Neuen Linken" hinzunehmen, von denen sie sich bisher scharf abgrenzte. Die Kampagne gegen den NATO-Doppelbeschluß blieb das beherrschende Thema kommunistischer "Massenarbeit" sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Der sowjetisch gelenkte "Weltfriedensrat* (WFR) rief das Jahr 1980 zum Jahr der "Massenbewegung gegen die Verwirklichung des NATO-Doppelbeschlusses" aus; die DKP erklärte die Kampagne gegen den NATO-Doppelbeschluß zur "wichtigsten aller Aufgaben". Mit einer Welle von Aktionen versuchten orthodox-kommunistische und von ihnen beeinflußte Organisationen, die Bevölkerung für diese "Kernfrage" des "Friedenskampfes" zu gewinnen. Zunehmend verband die DKP diese Kampagne mit der "Antifaschismuskampagne* unter dem Motto "Nie wieder Faschismus -- Nie wieder Krieg" sowie mit der Umweltschutzbewegung unter dem Motto "Gegen Rüstung und Atom". 74 Eine größere "Bündnisbreite" wurde aus der Sicht der DKP erreicht mit dem Krefelder Forum "Der Atomtod bedroht uns alle -- keine Atomraketen in Europa!" vom 15./16. November, an dem sich neben Kommunisten und deren Sympathisanten auch zahlreiche Nichtkommunisten beteiligten. Für den vom Forum beschlossenen "Krefelder Appell" gegen NATO-Nachrüstung will die DKP in einer "Volksbefragung" eine Million Unterschriften sammeln lassen und dabei eine "Volksbewegung" wie die außerparlamentarischen Bewegungen der 50er und 60er Jahre ("Volksbefragung gegen Remilitarnsierung', "Kampf dem Atomtod*, Kampagne gegen Notstandsgesetze) mit dem Ziel formieren, die in der demokratischen Öffentlichkeit geführte Diskussion über Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des NATO-Doppelbeschlusses einseitig im Sinne der Politik der Sowjetunion zu beeinflussen. Eine maßgebliche Rolle kam hier auch der "Deutschen Friedens-Union" (DFU) (vgl. Ziff. V.2.) zu. Weitere Beispiele für zahlreiche Einzelaktionen gegen den NATO-Doppelbeschluß sind die "Osteraktionen" der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend" (SDAJ) in mehr als 50 Städten, die "Abrüstungsdemonstrationen" des KFAZ am 10. Mai in München und Hannover (rd. 20 000 Teilnehmer). Als ein Bestandteil der Kampagne ist auch die Teilnahme orthodox-kommunistischer und kommunistisch beeinflußter Organisationen an Protestdemonstrationen gegen öffentliche Rekrutengelöbnisse anzusehen. Der kommunistisch beeinflußte "Arbeiterausschuß" der "Initiative 'Weg mit den Berufsverboten'", der nach eigenen Angaben die Arbeit von rund 370 örtlichen und regionalen Komitees koordiniert, setzte seine Aktivitäten fort; dazu gehörten eine "Internationale Konferenz" vom 6. bis 8. Juni in Hamburg (rd. 800 Teilnehmer) und ein Sitzstreik von "Berufsverbotsbetroffenen' am 14./15. Oktober in Bonn, mit dem Solidaritätsaktionen ausländischer Komitees gegen "Berufsverbote in der BRD" vor den Botschaften der Bundesrepublik Deutschland in Helsinki, Kopenhagen, London, Paris, Rom und Wien einhergingen. Die kommunistische "Antifaschismus"-Kampagne wurde wiederum weitgehend von der DKP-beeinflußten "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) (vgl. Ziff. V.1.) getragen. Einen Höhepunkt bildete der Kongreß zum "35. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschismus und Krieg' am 10. und 11. Mai in Mannheim mit zeitweise rund 10000 Teilnehmern. Hierfür hatte eine kommunistisch beeinflußte "Antifaschistische Initiative in der Bundesrepublik Deutschland" geworben, die nunmehr weiter als "Forum" für gemeinsame Aktionen dienen soll. Hauptzielscheibe von Aktionen gegen "Rechtsentwicklung" war die Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß. Die im November 1979 gegründete bundesweite Initiative "Gemeinsam gegen Rechts -- Stoppt Strauß!*, in der orthodoxe Kommunisten maßgeblich tätig sind, bemühte sich, die über 200 örtlichen Anti-StraußInitiativen und Komitees zu koordinieren; nach der Bundestagswahl gab die Initiative bekannt, sie werde unter dem Namen "Gemeinsam gegen Rechts" ihren Kampf gegen "Rechtsentwicklung', "Berufsverbote" und den NATO-Doppelbeschluß fortsetzen. Die kommunistische Kampagne gegen "Imperialismus und Neokolonialismus", bei der nach wie vor das DKP-beeinflußte "Antiimperialistische Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK) eine besondere Rolle spielt, sollte für "Solidarität" mit kommunistischen und "Befreiungsbewegungen" in Lateinamerika, im Südlichen Afrika und im Nahen Osten werben. 75 AUSWAHL AUS CA. 400 DKP _BE TRIEBSZ E ITUNGE N Die DKP war 1980 verstärkt bemüht, u. a. mit Parolen wie "Erhalt des Friedens ist die wichtigste Umweltschutzaufgabe" die Antikernkraftund Umweltschutzbewe'gung für ihre Ziele zu nutzen. 3. Betriebsarbeit Als "Partei der Arbeiterklasse" sah die DKP auch 1980 in den Betrieben das "wichtigste Feld des Klassenkampfes" ("Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 50; Gautier, a.a. O., S. 70). Die Parteiführung rief wiederholt dazu auf, bis zum nächsten Parteitag (Mai 1981) "Tausende von Betriebsarbeitern", vor allem aus Industriebetrieben, als Mitglieder zu werben (vgl. Ziff. IV. 1.1.2); die DKP räumte aber ein, die notwendige "festere Verankerung" in den Betrieben werde lange Zeit erfordern ("Marxistische Blätter", Nr. 6/1980, S. 51/52). Welche Bedeutung die DKP der Betriebsarbeit zumißt, zeigen auch die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen", die bei allen DKP-Bezirksvorständen bestehen. An ihnen wurden auch im Berichtsjahr DKP-Mitglieder, die bereits Funktionen in Betrieben und Gewerkschaften ausüben oder erlangen sollen, in bis zu einjährigen Abendkursen nach zentralen Lehrplänen in marxistischer Philosophie, politischer Ökonomie, Strategie und Taktik geschult. Jeder Kurs schloß eine "Studienreise" in die DDR ein. Trotz aller Bemühungen hat die DKP auch 1980 ihre Basis in Betrieben nicht nennenswert erweitern können: Nach wie vor bestanden -- soweit bekannt -- etwa 300 Betriebsgruppen, davon etwa die Hälfte in der Metallindustrie und etwa 30 im öffentlichen Dienst, überwiegend in Kommunalund Landesverwaltungen. Wiederum erschienen -- oft unregelmäßig -- rund 400 Betriebszeitungen; viele wurden nicht von den Betriebsgruppen selbst, sondern von übergeordneten Parteigliederungen herausgegeben. Die DKP-Führung rief alle Mitglieder auf, den Betriebsratswahlen im Frühjahr 1981 "die allergrößte Aufmerksamkeit" zu widmen; "kämpferische, an Klasseninteressen orientierte Betriebsräte", gestützt auf starke Einheitsgewerkschaften, seien unverzichtbar (UZ-Extra, Eigenbeilage der UZ vom 30. 10. 1980; UZ vom 18. 11. 1980). Zur Intensivierung der Betriebsarbeit veranstaltete die DKP erneut überörtliche Beratungen mit Betriebsarbeitern und Funktionären verschiedener Parteibezirke sowie einzelner Wirtschaftszweige (u.a. Stahlindustrie, Werften) und einzelner Konzerne (Arbed, Siemens, Opel, VW, AEG/Grundig). Ferner richtete sie Anfang Dezember in Leverkusen eine Konferenz kommunistischer Betriebsgruppen der Ford-Werke aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland aus, die den Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze koordinieren und eine "offensive Gegenstrategie" gegen den Konzern entwickeln sollte (UZ vom 9. 12. 1980). 4. Jugend-, Kinderund Studentenarbeit Zu den Schwerpunkten kommunistischer Aktivitäten gehörte auch 1980 die Arbeit unter der Jugend. Zu den von ihr selbst als positiv bewerteten Ergebnissen ihrer Jugendarbeit hätten vor allem die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) und der "Marxistische Studentenbund Spartakus" (MSB) beigetragen. Sie sicherte diesen mit ihr "verbundenen Jugendorganisationen' besondere Unterstützung zu (u. a. UZ-Extra vom 29.4. und 30. 10. 1980). Er 4.1 Jugend Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) hat ihre Bemühungen verstärkt, die junge Generation für kommunistische Ziele durch eine "akfionsorientierte"Politik zu mobilisieren. Hinter dieser Taktik steht die Überzeugung, daß sich "Klassenbewußtsein" bei der "arbeitenden und lernenden Jugend nicht in erster Linie über theoretische Schulungen, sondern im praktischen Klassenkampf" herausbilde ("Grundwissen für junge Sozialisten", hrsg. vom Bundesvorstand der SDAJ, 1980, S. 352). Die SDAJ führte ihre Kampagne gegen Jugendarbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel, für bessere Bildung und Berufsausbildung fort. Gleichzeitig unterstützte die SDAJ die kommunistischen Kampagnen gegen den NATODoppelbeschluß, Faschismus und gegen "Berufsverbote". Sie beteiligte sich maßgeblich in "Stoppt-Strauß*"-Initiativen. Ihr politischer Stil blieb unverändert aggressiv. Zugenommen hat auch die "Betriebsund Gewerkschaftsarbeit" der SDAJ, deren "wichtigste Kampfaufgabe" die Gewinnung der Arbeiterjugend für den Kommunismus ist ("Grundwissen', a. a. O., S. 303). Über die Betriebsgruppen -- 38 solcher Gruppen wurden erkannt (1979: 25) -- versuchte die SDAJ, auf betriebliche Jugendvertretungen und gewerkschaftliche Jugendgruppen Einfluß zu nehmen. Um ihre Schülerarbeit voranzutreiben, veranstaltete die SDAJ im Januar in Wuppertal einen "Sozialistischen Schülerkongreß" mit etwa 850 Teilnehmern, darunter nach Angaben der SDAJ die Vorsitzenden von sechs Landesschülervertretungen. Die SDAJ gab bekannt, sie verfüge über 100 Schulgruppen. Die kommunistische "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" in Aurach/Krs. Ansbach veranstaltete Sonderlehrgänge für die SDAJ-Arbeit in Schulen. Verstärkt wurde die kommunistische "Antimilitarismusarbeit. Die SDAJ bezeichnete zwar die Kriegsdienstverweigerer als wichtigen Bestandteil der "antimilitaristischen Bewegung", erwartete aber von ihren Mitgliedern, daß sie innerhalb der Bundeswehr gegen den "Militarismus" kämpfen ("Grundwissen", a. a. O., S. 231 und 315). Dazu hielt sie ihre wehrpflichtigen Mitglieder besonders auf "Rekrutenabschieden" an, die sie in mehreren Städten veranstaltete. Im Berichtsjahr wurden 29 SDAJ-beeinflußte "Arbeitskreise Demokratischer Soldaten' (ADS) bekannt (1979: 17). Orthodoxe Kommunisten und von ihnen beeinflußte Gruppen gaben 17 Soldatenzeitungen heraus (1979: 18) und führten 821 gegen die Bundeswehr und gegen die Wehrbereitschaft gerichtete Aktionen durch, z. B. Flugblattund Plakataktionen (1979: 560). Die SDAJ beteiligte sich an Protestveranstaltungen gegen öffentliche Rekrutengelöbnisse. Einen Höhepunkt der kommunistischen Jugendarbeit im "Freizeitbereich"bildeten wiederum die Pfingstcamps, an denen nach Angaben der SDAJ 28 000 Jugendliche teilnahmen (1979: 20 000). Ein Mittel kommunistischer Bündnispolitik im "Freizeitbereich" blieb das SDAJ-beeinflußte zentrale "Koordinationsbüro für Initiativgruppen der Jugendzentrumsbewegung e.V." (KOB); dieses veröffentlichte in einem Rundbrief u.a. "Tips für Hausbesetzungen'. Die SDAJ war 1980 -- nach eigenen Angaben -- Mitglied in über 80 Kreisund Stadtjugendringen und gehörte unverändert den Landesjugendringen Bremen, Hamburg und Saarland an. Der "Deutsche Bundesjugendring'" (DBJR) lehnte erneut den Aufnahmeantrag der SDAJ ab. 78 10000abschtus 30000 Ohne arben itsiosAusbildTungspi; De 8 Ju genglich che, \T AT IO N p e r S DAJ A G 4.2 Kinder Träger der kommunistischen "Kinderarbeit" waren vor allem die "Jungen Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP). Sie bemühten sich, mit Kindern gemäBen Veranstaltungen (z. B. Kinderfeste, Pfingstcamps, billige Ferienreisen) Kinder kommunistisch zu beeinflussen und für eine Mitarbeit zu gewinnen. Wie in den Vorjahren organisierten DKP und JP im Sommer Ferienreisen für Kinder in die DDR. An dieser Ferienaktion "Wir fahren in ein kinderfreundliches Land" beteiligten sich etwa 3 500 Kinder (1979: 2 500); zur Vorbereitung der Aktion waren Elternund Betreuer-Delegationen in die DDR gereist. Die JP waren auch in diesem Jahr zu Ferienlagern der Pionier-Organisationen der Sowjetunion, der CSSR, Polens und Ungarns eingeladen. 4.3 Studenten Die DKP mit etwa 100 Hochschulgruppen -- denen die an einer Hochschule studierenden und beschäftigten DKP-Mitglieder angehören -- und ihr Studentenverband, der "Marxistische Studentenbund Spartakus" (MSB), setzten ihre regen hochschulpolitischen Aktivitäten fort; der kommunistische Einfluß an den Hochschulen blieb größer als in anderen Bereichen. Der MSB verfolgte weiterhin seine Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung", bei der er soziale und hochschulpolitische Anliegen der Studenten aufgreift und eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften fordert. Er unterstützte "Hausbesetzungen" aus Protest gegen fehlenden Wohnraum für Studenten und sah in der "Betroffenheit der ganzen Hochschule durch das Sparprogramm" eine "einzigartige" Möglichkeit für Bündnisse ("rote blätter", 12/1980). Auch der "Sozialistische Hochschulbund" (SHB) mit etwa 1 800 Mitgliedern, dessen marxistisches Grundverständnis sowie Strategie und Taktik mit orthodoxkommunistischen Vorstellungen übereinstimmen, verfolgte im Rahmen seiner seit Jahren praktizierten "Aktionseinheit" mit dem MSB-Spartakus die Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung". Auf seiner 21. ordentlichen Bundesversammlung (1.12. 11. 1980 in Siegen) sprach er sich für die Zusammenarbeit mit Kommunisten aus. MSB und SHB stellten im 4köpfigen Vorstand der "Vereinigten Deutschen Studentenschaften" (VDS) je einen Vertreter. 5. Propaganda und Schulung Die DKP sprach erneut von der Verschärfung des "ideologischen Klassenkampfes" und wertete die Entwicklung in Polen als "neue große Herausforderung" für die "ideologische Arbeit". Sie bezeichnete es als ihre Aufgabe, den "wissenschaftlichen Sozialnsmus gegen alle Spielarten der bürgerlichen Ideologie" zu verteidigen, "Antikommunismus, Antisowjetismus und Nationalismus" zu bekämpfen und das "Ideologisch-politische Niveau" aller Mitglieder zu heben (UZ-Extra, Eigenbeilage der UZ vom 30. 10. 1980; "Polen und wir", hrsg. vom DKP-Parteivorstand, S. 30; Plan der Marxistischen Bildungsarbeit der DKP 1980/81, S. 1; "Marxistische BIä ter", Nr. 6/1980, S. 11). 80 5.1 "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V." (IMSF) Das IMSF in Frankfurt/M. (Leiter: Professor Josef Schleifstein, Mitglied des DKPParteivorstandes), das als wissenschaftliches Institut der DKP anzusehen ist, setzte seine "Arbeitsmaterialien", u.a. mit dem Band "Was kosten Rüstung und Bonner Atomprogramm?", sowie die Reihe "Theorie und Methode" fort und veröffentlichte den dritten Band der "Marxistischen Studien -- Jahrbuch des IMSF". Im Januar führte das IMSF in Bremen, Marburg und Frankfurt/M. Vorträge mit Angehörigen der Akademie für Geselischaftswissenschaften beim ZK der SED durch. Es veranstaltete in Frankfurt/M. im Februar ein Seminar zu aktuellen Problemen der "marxistischen Gewerkschaftstheorie" und im März mit Gästen aus der UdSSR, DDR, Polen und den Niederlanden eine Tagung "Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und gesellschaftliche Alternativen". 5.2 "Marx-Engels-Stiftung e.V." Die im November 1979 gegründete "Marx-Engels-Stiftung e.V." in Wuppertal (Vorsitzender: Herbert Mies, DKP-Vorsitzender) will u. a. der Öffentlichkeit Kenntnisse über die "heutige Wirksamkeit der Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels" vermitteln; sie ist Trägerin des Wuppertaler "Marx-Engels-Zentrums", das der DKP seit 1970 als "Stützpunkt der ideologischen Arbeit" dient. Zum 160. Geburtstag von Friedrich Engels veranstaltete die Stiftung im November in Wuppertal ein "internationales Kolloquium" zum "Stand der Marx-Engels-Forschung'". 5.3 Parteischulung Die DKP-Führung will zwar eine "beachtenswerte Standfestigkeit" der Parteimitglieder festgestellt haben, erklärte aber auch, ein erheblicher Teil der Mitglieder glaube, für Gespräche mit Nichtkommunisten "noch nicht genügend befähigt zu sein". Damit die Partei auch den "ideologischen Bewährungsproben" der Zukunft gewachsen sei, forderte der Parteivorsitzende Mies, der "weltanschaulichen Festigung und Erziehung" aller Parteimitglieder "wachsendes Gewicht" beizumessen (UZ-Extra, Eigenbeilage der UZ vom 30. 10. 1980). Die "zweimonatlichen Bildungsabende" in den Parteigruppen sind "Fundament" der Mitgliederschulung geblieben; auf ihnen wird im "Parteibildungsjahr 1980/81" die Geschichte der kommunistischen Bewegung während der Weimarer Republik behandelt. Eine feste Einrichtung der DKP-Schulungsarbeit sind die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" bei den DKP-Bezirksvorständen geworden (vgl. Ziff. IV. 3.). Die DKP hat auch 1980 die "Marxistische Arbeiterbildung" (MAB), eine ihrer Nebenorganisationen, in ihre Parteischulung einbezogen. Die etwa 100 örtlichen Bildungsgemeinschaften der MAB, von denen sich mehr als die Hälfte als "Marxi- = stische Abendschulen" (MASCH) betätigen, sollen aber auch über die Partei hinaus den Marxismus-Leninismus verbreiten. Wie in den Vorjahren entsandte die DKP zahlreiche Mitglieder zu Lehrgängen an ihre "Karl-Liebknecht-Schule* in Leverkusen sowie nach Berlin (Ost), in die DDR und in die UdSSR. Sie hatte jedoch wiederum Schwierigkeiten, genügend geeignete Teilnehmer zu benennen. Die etwa 40 einund zweiwöchigen Grundund Speziallehrgänge in Leverkusen besuchten annähernd 900 Parteimitglieder. An der eigens für die DKP in Berlin (Ost) eingerichteten SED-Parteischule "Franz-Mehring' und am "Institut für Gesellschaftswissenschaften' beim ZK der KPdSU wurden etwa 300 DKP-Funktionäre in Jahres-, Dreimonatsund Monatslehrgängen 81 geschult. Auch die Jugendhochschule der FDJ in der DDR und die des Komsomol in der Sowjetunion stellten Plätze für kommunistische Jugendfunktionäre aus der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung. 5.4 Verlage und Druckereien Die "Arbeitsgemeinschaft sozialistischer und demokratischer Verleger und Buchhändler" (Vorsitzender: Erich Mayer, Mitglied des DKP-Parteivorstandes), der 15 Verlage und etwa 40 "collectiv'-Buchhandlungen angehören, will mit ihrer Literatur als "Waffe im Klassenkampf" den Weg zum Sozialismus weisen (Selbstdarstellung "10 Jahre Arbeitsgemeinschaft sozialistischer und demokratischer Verleger und Buchhändler", S.36 ff.). Die Verlage, die sich weitgehend spezialisiert haben, brachten periodische Schriften und sonstige Literatur für alle Tätigkeitsbereiche der DKP und der ihr nahestehenden Organisationen heraus. Zehn Verlage der "Arbeitsgemeinschaft" stellten auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober über 500 Titel vor, davon fast 100 Neuerscheinungen (PPA-Tagesdienst von 8. 10. 1980). Die "Plambeck & Co. Druck und Verlag GmbH", Neuss, die "Hausdruckerei" der DKP, verlegte und druckte wie bisher das DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit"; sie druckte außerdem fast alle Publikationen der DKP, ihrer Nebenorganisationen und auch von ihr beeinflußter Organisationen, wie die "Deutsche Volkszeitung" (Sprachrohr der DFU) und "die tat" (Sprachrohr der VVN-BdA). Der "Verlag Marxistische Blätter GmbH", Frankfurt/M., verlegte auch 1980 neben den "Marxistischen Blättern", dern zweimonatlich erscheinenden theoretischen Organ der DKP, weitere Ausgaben der Taschenbuchund Paperbackreihen (u. a. "Marxismus aktuell" und "Zur Kritik der bürgerlichen Ideologie'). Zur "Arbeitsgemeinschaft" gehört auch der "Pahl-Rugenstein-Verlag", Köln, der u.a. die "Blätter für deutsche und internationale Politik" verlegte; zu seinen Autoren zählen zahlreiche Kommunisten und Funktionäre kommunistisch beeinflußter Organisationen. 6. Wahlergebnisse 6.1. Bundestagswahl Zur Bundestagswahl (5. Oktober) stellte die DKP in allen Wahlkreisen und auf allen Landeslisten insgesamt 575 Kandidaten auf. Sne erhielt 107 158 = 0,3% (1976: 170 855 = 0,5 %) der Erststimmen und 71 600 = 0,2 % (1976: 1 118581 = 0,3%) der Zweitstimmen. Gegenüber der Bundestagswahl 1976 hat die DKP jeweils mehr als ein Drittel der Stimmen verloren. Dies ist das bisher schlechteste Ergebnis, das Kommunisten seit 1949 bei Bundestagswahlen erreichten. 6.2 Landtagswahlen Auch die Landtagswahlen endeten für DKP mit Mißerfolgen. An der Landtagswahl in Baden-Württemberg (16. März) beteiligte sich die DKP in 64 (1979 in 56) von 70 Wahlkreisen; auf sie entfielen 11 783 = 0,3 % (1976: 18 760 = 0,4 %) der Stimmen. Bei der Landtagswahl im Saarland (27. April) bewarb sich die DKP in allen drei Wahlkreisen mit jeweils einem Kreiswahlvorschlag und dem Landeswahlvorschlag; sie erhielt 3703 = 0,5 % (1975: 6 864 = 1%) der Stimmen. Bei der Landtagswahl 83 KPD 57% DKP DFU 1,9% DFU >----o 13% ADF TA 0,6% 0,3% 03% (= D 1949 1953 1961 1965 1969 72 1976 1980 Stimmanteile der DKP bei Landtagswahlen ae 2,7% 1,0% u 0,5% 0,5% = 05% O4 0,3% 0,3% 1970 1975 1980 972 1976 1980 1970 1975 1980 Saarland BadenNordrhein - Württemberg Westfalen 84 BUNDESLAND SCHLESWIG-HOLSTEIN HAMBURG BREMEN NIEDERSACHSEN NORDRHEIN-WESTFALEN HESSEN RHEINLAND-PFALZ SAARLAND BAYERN GESAMT: sg in Nordrhein-Westfalen (11. Mai) kandidierte die DKP in allen 151 Wahlkreisen und mit einer Landesliste; dabei erhielt sie 30 441 = 0,3 % (1975: 54 790 = 0,5 %) der Stimmen. 6.3 Kommunalwahlen Die DKP beteiligte sich an der Kommunalwahl in Baden-Württemberg (22. Juni) in 25 von 1 109 Gemeinden, darunter in acht von neun kreisfreien Städten. Sie gewann in Tübingen drei Mandate (bisher 2), in Heidenheim zwei Mandate (bisher 1) und in Mannheim ein Mandat (bisher 1). In anderen Städten mußte sie im Vergleich zur Kommunalwahl 1975 größere Stimmenverluste hinnehmen. 6.4 Mandate der DKP in Kommunalvertretungen Ende 1980 hatte die DKP 74 Mandate in 35 Kommunalsowie elf Mandate in zwei Bezirksvertretungen und vier Ortsbeiräten (1979: 72 Mandate in 35 Kommunalvertretungen sowie zehn Mandate in einer Bezirksvertretung und vier Ortsbeiräten). V. Einfluß der DKP auf andere Organisationen Die DKP bemüht sich, auf zahlreiche Organisationen Einfluß zu gewinnen bzw. ihren Einfluß zu erhalten. Einige dieser Organisationen sind von Kommunisten auf Veranlassung ihrer Parteiführung gegründet worden. Andere haben sich ohne kommunistischen Einfluß gebildet, sind aber später Ziel kommunistischer Beeinflussungsversuche geworden. Diese Organisationen nehmen Einzelforderungen der DKP auf, verfolgen aber auch Ziele, die nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Der Grad des kommunistischen Einflusses ist unterschiedlich: Während in einigen von ihnen wesentliche Entscheidungen gegen den Willen der DKP nicht möglich sind, können in anderen trotz des Einflusses der DKP demokratische Mitglieder ihre Vorstellungen vertreten. Ziel der Beeinflussungsversuche der DKP ist es insbesondere, entscheidende Funktionen vor allem im organisatorischen Bereich durch kommunistische Funktionäre zu besetzen, wobei diese mitunter aus Tarnungsgründen nicht offiziell der DKP beitreten ("Verdeckte Mitgliedschaft"). In den meisten der Organisationen sind Teile der Vorstände, nicht aber die Mehrheit der Vorstandsmitglieder Kommunisten. Fast immer sind die Mehrheit der Mitglieder keine Kommunisten. Von diesen demokratisch eingestellten Mitgliedern wird der kommunistische Einfluß entweder nicht erkannt oder aber in Kauf genommen, zum Teil mit dem Ziel, den kommunistischen Einfluß zurückzudrängen. Bestand und Mitgliederzahl der im Vorjahresbericht in diesem 'Abschnitt genannten Organisationen haben sich nicht merklich verändert. Zu den beeinflußten Organisationen gehören u.a. die 1. "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) In der VVN-BdA blieb der Einfluß der DKP ungeschmälert; mehr als die Hälfte ihrer Präsidiumsmitglieder sind Kommunisten (DKPoder frühere KPD-Mitglieder). 86 Generalsekretär ist der Altkommunist und Träger der sowjetischen Lenin-Medaille Hans Jennes. Die Vereinigung ist Mitglied des prosowjetischen Dachverbandes "Internationale Föderation der Widerstandskämpfer" (FIR) und ist dem sowjetisch gelenkten "Weltfriedensrat" (WFR) angeschlossen. Sie nutzte ihre internationalen Beziehungen auch im Berichtsjahr bei kommunistisch initiierten Kampagnen u. a gegen "Neonazismus" und "Berufsverbote". Ihr Präsidium kündigte im Oktober an, alles tun zu wollen, damit der "verhängnisvolle" NATO-Doppelbeschluß nicht verwirklicht und der Weg zur Entspannung und Abrüstung "gegen alle Widerstände" freigekämpft werde. Um den wachsenden Anforderungen bei der "Anregung, Koordinierung und Durchführung demokratischer Aktivitäten gegen rechts auf allen Ebenen" gerecht werden zu können, hat das Präsidium der VVN-BdA im Oktober vorgeschlagen, die Vereinigung von einer "Arbeitsgemeinschaft" in einen "Bundesverband" mit "gestärkten Kompetenzen" für den Bundeskongreß und das Präsidium umzuwandeln. 2. "Deutsche Friedens-Union" (DFU) Die DFU war auch 1980 eines der Hauptinstrumente kommunistischer Bündnispolitik. Sie wurde 1960 auf kommunistisches Betreiben gegründet und gehört dem sowjetisch gelenkten "Weitfriedensrat" (WFR) an. Von den sieben Mitgliedern ihres Direktoriums und den 58 Mitgliedern ihres Bundesvorstandes, die auf dem 9. Ordentlichen Unionstag der DFU am 15. November neu gewählt wurden, sind nach wie vor etwa ein Viertel DKPoder frühere KPD-Mitglieder, etwa ein Drittel sind hauptamtliche Funktionäre kommunistisch beeinflußter Vereinigungen. Der DKP-Vorsitzende Herbert Mies schrieb in seiner Grußadresse an den Unionstag, die DKP werde die DFU weiterhin "konsequent" und "partnerschaftlich" unterstützen. Die DFU beschloß, in Krefeld ein Forum zu veranstalten, zu dem dann ein fünfköpfiger Initiatorenkreis, darunter drei führende Mitglieder ortnodox-kommunistisch beeinflußter Organisationen, öffentlich aufrief. Auf dem Forum (15./16. November) wurde die als "Krefelder Appell" bekannte Erklärung vorgestellt, in der an die Bundesregierung appelliert wird, "die Zustimmung zur Stationierung von Pershing-Il-Raketen und Marschflugkörpern in Europa zurückzuziehen". Als "Träger" der Erklärung traten der "Initiatorenkreis" und drei weitere Personen auf. Die DFU und andere orthodox-kommunistisch beeinflußte Organisationen wie die WVN-BdA (vgl. Ziff. V.I.), das KFAZ (vgl. Ziff. V.3.) und die DFG-VK (vgl. Ziff. V.5.) unterstützten die Unterschriftenkampagne für den "Krefelder Appell". 3. "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) Das 1974 unter maßgeblicher Beteiligung kommunistischer und kommunistisch beeinflußter Organisationen gegründete KFAZ ist nach wie vor ein wichtiges Organ zur Koordinierung der kommunistischen Abrüstungskampagne. Durch gemeinsame Aktionen von Kommunisten und Nichtkommunisten soll es helfen, die kommunistischen Vorstellungen zur Friedensund Abrüstungspolitik zu verbreiten und durchzusetzen. Das Komitee hat weder eine rechtlich verbindliche noch tatsächlich feste Organisation, wodurch eine demokratische Kontrolle seiner Funktionare faktisch ausgeschlossen ist. Die Mehrzahl der Mitglieder sind Nichtkommunisten, von denen einzelne -- scheinbar in Führungsfunktionen -- die Organisation nach außen repräsentieren. Die eigentliche Arbeit, insbesondere die organnsatorische Vorbereitung der Aktivitäten des Komitees, z.B. "Abrüstungsdemonstrationen" 87 und Aufrufe, besorgen das "Büro" des KFAZ und die Geschäftsführung. Alle Mitglieder dieser Leitungsgremien gehören persönlich oder über ihre Organisationen (DFU, VVN-BdA) dem sowjetisch gelenkten "Weltfriedensrat' (WFR) an. 4. "Vereinigung Demokratischer Juristen e. V." (VDJ) In der auf Inntiative der DKP gegründeten VDJ (23 Regionalgruppen) sind nach wie vor Kommunisten maßgeblich tätig, die versuchen, die Rechtspolitik im kommunistischen Sinne zu beeinflussen. Die VDJ ist Mitgliedsverband der sowjetisch gesteuerten "Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen" (IVDJ). 5. "Deutsche Friedensgesellschaft -- Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) Die DFG-VK wurde im November 1974 als Zusammenschluß zweier Kriegsdienstgegnerorganisationen gegründet. Sie beziffert auf ihrem Bundeskongreß (21. bis 23.11. in Witten) die Zahl ihrer Mitglieder auf 20 674 und ist nach wie vor die mitgliederstärkste unter den kommunistisch beeinflußten Organisationen. Gleichzeitig ist sie aber die Organisation, deren Mitglieder zum größten Teil Nichtkommunisten sind. Allerdings haben auch nach dem 3. Bundeskongreß im November 1980 in Witten/Ruhr Kommunisten führende Positionen im 14köpfigen Bundesvorstand inne: So leiten Rolf Breuch (DKP) das Referat "Abrüstung" und Gregor Witt (DKP) das Referat "Dokumentation und Information". Klaus Mannhardt, einer der beiden Bundesvorsitzenden, gehört dem sowjetisch gelenkten "Weltfriedensrat" (WFR) und dem Büro des KFAZ an. In dem vom Bundeskongreß verabschiedeten neuen Programm heißt es u.a., Aufgaben des Warschauer Paktes seien die "Abschreckung" und die "militärische Verteidigung", während gleichzeitig die "verhangnisvolle Frontstellung" der NATO und der Bundeswehr gegen die Staaten Osteuropas beklagt wird. Die DFG-VK beteiligte sich an der Unterschriftenkampagne für den "Krefelder Appell" (vgl. Ziff. IV. 2.). Die DFK-VK, die sich nicht von einer "gemeinsamen Arbeit mit der SDAJ abbringen lassen" will (Grußrede der DFG-VK auf dem VI. SDAJ-Bundeskongreß, vgl. "Kongreßinformation" Nr. 6), beteiligte sich mit orthodoxen Kommunisten an zahlreichen Aktionsbündnissen u. a. gegen öffentliche Rekrutengelöbnisse. Der Einfluß orthodoxer Kommunisten in den Untergliederungen der DFG-VK ist nach wie vor regional unterschiedlich. 6. "Demokratische Fraueninitiative" (DFI) Die DFI wurde 1975 mit Unterstützung der DKP als "Initiative Internationales Jahr der Frau '75* gegründet und 1976 umbenannt. In ihrem Leitungsgremium, dem "Zentralen Arbeitskreis", sind Kommunisten in entscheidenden Funktionen tätig. Die DFI, die über 70 örtliche Gruppen verfügen will, versucht, die Aktivitäten "fortschrittlicher" Frauengruppen zu koordinieren und im Sinne der DKP zu lenken. DKP und DFI führten zum "Internationalen Frauentag" (8. März) gemeinsame Veranstaltungen durch. 88 VI. SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland Die SED setzte 1980 ihre Bemühungen fort, die politische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland im kommunistischen Sinne zu beeinflussen ("Westarbeit"). Da die DDR "besondere Beziehungen" zwischen beiden deutschen Staaten offiziell ablehnt, führte sie ihre "Westarbeit" verdeckt durch oder stellte sie als "Internationale" Zusammenarbeit im Rahmen der "friedlichen Koexistenz" dar. Angeleitet und koordiniert wird die "Westarbeit" der gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen der DDR nach wie vor von der "Westabteilung" ("Abteilung 70") des Zentralkomitees der SED, deren Leiter Professor Herbert Häber ist. Sie stützt sich dabei auf die "Westsektoren" bei den SED-Bezirksleitungen, denen im Bundesgebiet "Patenbezirke" zugewiesen sind. Im Gegensatz dazu ist für die Beziehungen der SED zu allen anderen "Bruderparteien" die Abteilung "Internationale Verbindungen" des ZK zuständig. 1. Anleitung der DKP durch das ZK der SED Anleitung und Unterstützung der DKP werden weitgehend geheimgehalten. Grundlage der Zusammenarbeit bildet der von den Parteiführungen festgelegte Rahmenplan, innerhalb dessen die Leitungen der Bezirksorganisationen von SED und DKP ihre Einzelpläne festlegen. Zahlreiche Treffen zwischen SEDund DKPFunktionären sowie Berichte an die SED-Führung sicherten auch 1980 die Kontrolle der DKP durch die SED. Am 19. März vereinbarten in Berlin (Ost) der Generalsekretär der SED Erich Honecker und der DKP-Vorsitzende Herbert Mies den neuen Rahmenplan über die Zusammenarbeit beider Parteien "im Geiste des proletarischen Internationalismus und der traditionell engen Kampfverbundenheit" ("Neues Deutschland" vom 22.3. 1980). Zu den zahlreichen öffentlichen Treffen beider Parteien gehört die Teilnahme einer SED-Delegation unter Leitung von Siegfried Lorenz, Mitglied des ZK der SED und 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Karl-Marx-Stadt, an der "Woche der DKP" (19. bis 27. Januar). Eine Delegation der SED-Bezirksleitung Neubrandenburg unter Leitung des 1. Sekretärs Johannes Chemnitzer (Mitglied des ZK der SED) besuchte ihren DKP-Patenbezirk Schleswig-Holstein. Ende November nahm eine SED-Delegation unter Leitung von Heinz Ziegner, Mitglied des ZK der SED und 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Schwerin, am "Internationalen Engels-Kolloquium" in Wuppertal teil. Ein weiterer Beweis für das enge Verhältnis zwischen SED und DKP ist die Verleihung des "Karl-MarxOrdens", der höchsten DDR-Auszeichnung, an den stellvertretenden DKP-Vorsitzenden HermannGautier zu dessen 60. Geburtstag. 2. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen "Massenorganisationen" sowie Institutionen der DDR haben auch im Berichtsjahr mit ihrer "Westarbeit" auf entsprechende Zielgruppen in der Bundesrepublik Deutschland eingewirkt. Beispiele dafür sind die Aktivitäten der "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) und des "Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes* (FDGB) sowie die "kulturelle" und "wissenschaftliche Westarbeit". Ziele der "Westarbeit" der FDJ waren unverändert die Unterstützung des "revolutionären Kampfes" der "Bundesorganisationen" -- SDAJ, MSB, "Junge Pioniere" (JP) und "Sozialistischer 8 Jugendverband Karl Liebknecht" (SJV) -- sowie die "Verbreiterung des antiimperialistischen Potentials" in anderen Jugendverbänden. Die Formen der Zusammenarbeit zwischen der FDJ und den "Bundesorganisationen" stimmten auch 1980 weitgehend mit denen zwischen SED und DKP überein: periodische Arbeitsvereinbarungen, Anleitungsgespräche in Ost und West, materielle Hilfen, Delegationsaustausch. Ausdruck der unverändert "freundschaftlichen" Beziehungen zwischen der FDJ und dem "Sozialistischen Hochschulbund" (SHB) waren u.a. der Besuch einer Delegation des SHB-Bundesvorstandes beim FDJ-Zentralrat im Januar und dessen Gegenbesuch im Juni sowie die Teilnahme einer FDJ-Abordnung an der SHBBundesdelegiertenversammlung im November. Das "International Informationsund Bildungszentrum e. V." der DDR veranstaltete auch im Berichtsjahr "Informationsund Studienreisen" vornehmlich für Gewerkschafter aus der Bundesrepublik Deutschland, um diese im Sinne der SED zu beeinflussen. Außerdem betreute "International" einige von der DKP organisierte Studiendelegationen sowie Elterndelegationen, die zur Vorbereitung der kommunistischen Kinderferienaktion in die DDR reisten. Im Rahmen derkulturellen "Westarbeit" entsandte die SED wie in den Vorjahren zahlreiche -- teils namhafte -- Künstler zu Veranstaltungen der DKP und ihrer Nebenorganisationen. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Leipzig spielte im November auf vier "Arbeiter-Festkonzerten" der DKP (Hamburg, Oberhausen, Düsseldorf, Mörfelden bei Frankfurt/M.); diese Konzerte standen unter dem Motto "Internationale Solidarität". Die von der DDR im November verhängten Ausreisebeschränkungen für Künstler betrafen die "kulturelle Westarbeit" nicht. Das "Institut für Internationale Politik und Wirtschaft" (IPW) in Berlin (Ost), das für das ZK der SED wissenschaftliche Politikberatung durchführt, die zum Teil auch der "Westarbeit" dient, entsandte wie in den Vorjahren "Reisekader" zu Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Institutionen in das Bundesgebiet. Sie hatten den Auftrag, ihre Gesprächspartner für die Politik der DDR einzunehmen und Informationen zu sammeln. Nach wie vor bestehen enge Verbindungen zwischen dem IPW und dem "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS), das die Informationen und Kontakte des IPW für seine Zwecke nutzt. 3. Reisen in die DDR und DDR-,"Reisekader" Auch 1980 entsandten die DKP, ihre Nebenorganisationen sowie kommunistisch beeinflußte Vereinigungen mehrere hundert Delegationen zu "Studienaufenthalten" in die DDR. Die Reisen soliten ein positives DDR-Bild vermitteln und dienten der Anleitung, ideologischen Festigung und Schulung von "Genossen", aber auch der Mitgliederwerbung unter mitreisenden Sympathisanten. Darüber hinaus reisten zahlreiche Funktionäre der DKP und ihrer Nebenorganisationen einzeln oder in kleinen Gruppen zu Schulungen sowie zu Anleitungsgesprächen nach Berlin (Ost) und in die DDR. Zu den zahlreichen "Reisekadern" der DDR zählten vornehmlich Funktionäre der SED und anderer DDR-"Massenorganisationen", die die Kontakte zur DKP, SDAJ und zum MSB Spartakus, aber auch zu orthodox-kommunistisch beeinflußten Vereinigungen durch Gespräche und Vorträge aufrechterhielten. "Patenbezirke" der SED in der Bundesrepublik Deutschland re n= IEUBRANDENBURG neuen ensure NIEDER80 af RHEINLAND? R s TSCHECHOPFALZ (r) , % e l SLOWAKEI een SÜDBAYERN 9 VII. "Neue Linke" 1. Politischer Standort und Entwicklung 1.1 Allgemeiner Überblick im Bereich der "Neuen Linken" -- zahlreiche linksextremistische, ideologisch unterschiedlich ausgerichtete Gruppen, die jedoch in der Ablehnung des orthodoxen Kommunismus übereinstimmen -- gab es im Berichtsjahr Anzeichen für einen Generationswechsel und das Abrücken von bisherigen theoretischen und taktischen Positionen. Unter den dogmatischen Gruppen ("K-Gruppen"), deren Anziehungskraft weiter nachläßt, hielten die Krise und die Suche nach Auswegen an. Einzelne Gruppen sprachen von taktischen Fehlern in der Vergangenheit und ungenügenden theoretischen Ansätzen. Unverändert wird jedoch an der Notwendigkeit gewaltsamer revolutionärer Veränderungen festgehalten. Die Beteiligung an Wahlen brachte für "K-Gruppen" gegenüber früheren Jahren weitere Rückschläge. Von Resignation, Ratlosigkeit und Zerfall wurden auch Bereiche der undogmatischen "Neuen Linken" erfaßt. Auswege aus der Krise wurden z. T. in Initiativen zu breiterer Entfaltung des "Marxismus-Leninismus" gesucht; einige forderten die Entwicklung "solidarischer Diskussionsprozesse" unter Einbeziehung auch der "neuen sozialen Protestbewegungen* (Umweltschutzbewegungen, Frauenbewegungen, Alternativbewegungen); andere versuchten, "sozialistische Perspektiven" in die Programme grüner, bunter oder alternativer Wahlbewegungen einzubringen. Alle Kräfte der "Neuen Linken" zeigten erstmals größere Bereitschaft zu "Aktionsbündnissen' -- auch mit orthodoxen Kommunisten. Zum wichtigsten Bündnisthema entwickelten sich dabei -- neben der seit Jahren betriebenen "Antifaschismuskampagne" mit Höhepunkten während des Bundestagswahlkampfes -- Aktionen gegen die Bundeswehr und gegen dne NATO. Zusammenschlüsse aus dem undogmatischen Lager sowie einzelne "K-Gruppen" und Trotzkisten versuchten, zur Überwindung der Krise und der Zersplitterung der "Westdeutschen Linken" einen breiten Meinungsaustausch zwischen allen "Sozialisten oder Kommunisten" einzuleiten. Herausragendes Ereignis war dabei die zum Thema "Ökologie und Sozialismus" einberufene "1. Sozialistische Konferenz" (2. bis 4. Mai in Kassel). Die Teilnehmer sprachen von einem wichtigen ersten Schritt zu einer solidarischen Auseinandersetzung und befürworteten eine Serie weiterer 'Arbeitstreffen. Im Frühjahr begannen einzelne Gruppen der undogmatischen "Neuen Linken" mit einer Welle vielfältiger, zum Teil gewalttätiger Protestaktionen. Mit dem Ruf nach "Autonomie" und meist nur diffus formulierten anarchistischen Konzepten kämpften sie um "Freiräume" in Staat und Gesellschaft und machten sich damit Forderungen zu eigen, wie sie auch von der nicht extremistisch orientierten Jugendbewegung erhoben werden. Die Besetzung leerstehender Häuser und deren Verteidigung unter Einsatz von Gewalt, aber auch gewalttätige Angriffe auf Sicherheitskräfte bei Großdemonstrationen zu unterschiedlichen Themen entwickelten sich für solche Gruppen zu bevorzugten Aktionsformen. 1.2 Entwicklung im dogmatischen Lager Die nach Auflösung der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) im März 1980 noch verbliebenen drei bundesweit organisierten marxistisch-leninistischen 92 = la gn e h u|t | K o m m unnii;stische i h VafiozeizlkeisbLeRsOcNTaPplokate n n F m Poli eizei sfaotsmet jeth ode, hodenn? ? 2 E E En er Une PeE Kernorganisationen der "Neuen Linken" ("K-Gruppen'") mußten weitere Rückschlage hinnehmen. Im "Kommunistischen Bund Westdeutschland" (KBW), der mitgliederstarksten und bisher geschlossensten Organisation, kam es Anfang September zur Abspaltung von etwa 800 Mitgliedern, die sich zum "Bund Westdeutscher Kommunisten' (BWK) zusammenschlossen. Der "Kommunistische Bund* {KB) versuchte, durch verstärkte Zusammenarbeit mnt der "Spontiszene*, die "Kommunistische Partei Deutschlands {Marxisten-Leninisten)' (KPD} durch den Aufbau einer neuen "Massenorganisation' die Rückschläge aufzufangen. Neben den bereits 1979 von ehemalngen Mitgliedern verschiedener "K-Gruppen" gegründeten "Komitees für Demokratie und Soznialnsmus" (KDS) entstand aus Mitgliedern der aufgelosten KPD unter der Bezeichnung "Gruppe der 99deg ein wenterer "organnsierter Diskussionszusammenhang" von Marxisten-Leninisten. Innerhalb der dogmatischen "Neuen Linken" hielten die ndeologischen Debatten und der Zerfall nn kleinere Organisatnonseinheiten an. Der Mitgliederbestand insgesamt blieb nahezu konstant; die "K-Gruppen" waren aber zu "Massenaktionen" nicht mehr fahng, die Zahl der von ihnen verubten Gewaltakte ging zurück. Lediglich die "Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" (KPD) ordnet snch noch der "fuhrenden Rolle" enner ausländischen kommunistischen Partei, der "Parten der Arbeit Albannens" (PAA), unter und sieht nn der Volksrepublik Albanien ein Vorbild Alle "K-Gruppen" stimmten wenterfhnn uberein nn der Kritik des 'realen Sozialismus" sowne in der Ablehnung der "revisionistischen' und "sozialimperialistischen Supermacht* Sowjetunion. 2. Organisationen der dogmatischen "Neuen Linken" 2.1 "Kommunistischer Bund Westdeutschland" (KBW) Der prochinesische KBW trat weiterhin offen für die Errichtung der "Diktatur des Proletariats" als "politische Voraussetzung der sozialen Revolution" ein (KBWZeniralorgan "Kommunistische Volkszeitung" -- KVZ -- vom 25. 8. 1980). Um die "Interessen der Arbeiterklasse" zu verwirklichen, müsse die "Herrschaft der Bourgeoisne gestürzt und ihr staatlicher Gewaltapparat zerschlagen werden" (KVZ vom 22.9 1980). Seinem vorrangngen Ziel, dem Aufbau der 'revolutionaren Parten des Profetariats", kam der KBW nicht näher. Hans Gerhart Schrmierer, der Sekretär des "Zentralen Komitees" (ZK), räumte im Entwurf des Politischen Berichts zur V. ordentlichen Deiegierterkonferenz (20 /21.9. 1980) ein, der KBW habe seine Position unter Jugendlichen, Studenten und Soldaten weitgehend verloren. Der KBW musse wieder lernen, alle "Kämpfe der Arbeiterbewegung und der Volksmassen zu unterstützen, we sne sich zunachst entwickeln", statt bestehende Bewegungen nach seinem Konzept zu "modeln*" ("Kommunismus und Klassenkampf", Nr. 6/1980, Nr. 9/1980). In den Grundeinheiten des KBW tand das neue Konzept Schrnierers wachsende Zustimmung. Eine Gruppe von ZK-Funktionären um das langjahrige ZK-Mitglned Martnn Fochler kritisierte Jedoch diesen neuen Kurs als "opportunistisch" und "versöhnlerisch". Etwa 600 KBW-Mitglieder folgten -- z. T. unter Mitnahme von Bürogegenständen und Archiven -- einem Aufruf zur "Neubildung der Organisation" unter der Bezeichnung "Bund Westdeutscher Kommunisten' (BWK) (vgl 22) Der KBW -- mit nunmehr etwa 1500 Mitgliedern -- versuchte, durch organnsatotische Veränderungen und Ankündigung einer "theoretischen Innnative* bis hnn zur 2 Überprüfung des Programms seine Arbeitsfähigkeit zu sichern. Die bisherigen drei Regionalverbände (Nord, Mitte und Süd) mit insgesamt 12 Bezirksgruppen wurden durch zehn stärker an die Zentrale angebundene Regionalverbände ersetzt. Das Zentralorgan "Kommunistische Volkszeitung" (KVZ) -- Auflage ca. 15 000 Exemplare (1979: 20 000) -- und die theoretische Monatsschrift "Kommunismus und Klassenkampf" (KuK) -- Auflage ca.8000 Exemplare (1979: ca. 10000) -- erschienen weiterhin. Die Internationalismusarbeit, wesentlicher Teil der Aktivi ten füherer Jahre, ging deutlich zurück. Die "Internationale Nachrichtenkette* brach als Folge der Spaltung zusammen. Bei militanten Protestaktionen (gegen Rekrutengelöbnisse, beim "Häuserkampf") konnte und wollte der KBW keine führende Rolle mehr übernehmen. Auch die Nebenorganisationen wurden durch die Spaltung betroffen; ihr Mitgliederbestand sank auf etwa 1000 (1979: etwa 1500). Die "Vereinigung für Revolutionäre Volksbildung" (VRV) soll sich künftig mit einem eigenen, gegenüber den Zielen des KBW unverbindlicher gefaßten Programm nur noch der marxistisch-leninistischen Schulung und der kulturellen 'Arbeit widmen. 2.2 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Mit der Ankündigung, auf der Grundlage des "Programms der Westdeutschen Kommunisten" die Organisation "neuzubilden', um es vor "opportunistischen" Kräften zu retten, bekennt sich der BWK zu den revolutionären Zielen des KBWProgramms aus dem Jahre 1973. Die erste Phase des Aufbaus einer einheitlichen Organisation mit etwa 600 Mitgliedern, die überwiegend aus den ehemaligen KBWRegionen Nord (Schwerpunkt: Niedersachsen und Schleswig-Holstein) und Süd (Schwerpunkt: Baden-Württemberg und Bayern) stammen, ist abgeschlossen. Das BWK-Statut sieht die Gliederung in acht, alle Bundesländer einbeziehende Landesverbände vor. Ende Dezember nahm die BWK-Zentrale in Köln ihre Arbeit auf. Ein 14täglich erscheinendes Verbandsorgan "Politische Berichte" (Auflage ca. 3.000) wird seit Mitte Oktober über eine neu gegründete "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung Verlagsgesellschaft mbH" (GNN) herausgegeben. Mit Betriebsund Hochschulzeitungen sowie verschiedenen, nach Branchen aufgeteilten Nachrichtenheften versucht der BWK, an die traditionellen Arbeitsfelder des KBW anzuknüpfen. 2.3 "Kommunistische Partei Deutschlands (MarxistenLeninisten)" (KPD) Nach der Auflösung der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) im März 1980 übernanm die stalinistische KPD/ML den freigewordenen Namen KPD. Ihr Ziel bleibt der "Sturz der Bourgeoisie und des Kapitalismus, Eroberung der politischen Macht durch das Proletariat, Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates und Errichtung der Diktatur des Proletariats' ("Der Weg der Partei', Nr. 3/1980). Unverändert bekräftigte die KPD ihre Verbundenheit mit ihrer "Bruderpartei", der "Partei der Arbeit Albaniens" (PAA), und der Volksrepublik Albanien. Die KPD gliedert sich weiterhin in die Sektionen "Deutsche Bundesrepublik" (mit den Landesverbänden Nord, Mitte und Süd und 12 Landesbezirksverbänden), "Westberlin' und "DDR". Die Mitgliederzahl blieb mit etwa 500 konstant; die Wochenauflage des Zentralorgans "Roter Morgen' hielt sich bei etwa 6 000 Exemplaren. 9 Ein zentrales Anliegen der KPD war die Unterstützung der auf ihre Initiative gegründeten Vo/ksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden" (Vo/ksfront), die mnt 63 Direktkandidaten und mit Landeslisten in allen Bundesländern bei der Bundestagswahl kandidierte. Trotz eines aufwendigen Wahlkampfes mit bundesweiten Plakataktionen erhielt die Volksfront nur 7 160 Erstund 9 319 Zweitstimmen. Die KPD-Jugendorganisation "Rote Garde" (Mitgliederzahl weiterhin etwa 350, Organ "Roter Rebell') richtete im Sommer in Thiergarten/Hunsrück das "IV. Internationale Jugendlager" der "Bruderparteien" der PAA aus, an dem nach eigenen Angaben mehr als 3 000 Besucher teilnahmen, darunter ausländische Delegationen und Gäste aus 26 Nationen. Unverändert aktiv blieb die von der KPD gesteuerte "Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition" (RGO), zu deren etwa 900 Mitgliedern zunehmend auch türkische Arbeitnehmer zählen. Um diesen Personenkreis anzusprechen, erscheint das KPD-Zentralorgan "Roter Morgen" seit Ende Dezember mit drei Seiten in türkischer Sprache. 2.4 "Kommunistischer Bund" (KB) und "Gruppe Z* Der KB bekräftigte sein Bekenntnis zum "Marxismus-Leninismus": Nicht der "Marxismus-Leninismus" sei gescheitert, sondern die "westdeutsche ML-Bewegung" an ihren "sektiererischen Fehlern" (KB-Zentralorgan "Arbeiterkampf" vom 14. 1. 1980). Das Festhalten am Marxismus müsse "zentrale Aufgabe" bleiben; es habe sich als richtig erwiesen, daß "nur der vollkommene Umsturz der alten Herrschaftsund Eigentumsverhältnisse" eine Gesellschaft ohne Ausbeutung schaffen könne ("Unser Weg", Nr. 32/1980). Nach Abspaltung der "Zentrumsfraktion" ("Grup'pe Z") Ende 1979 gelang es dem KB, durch Straffung der Arbeitsschwerpunkte auf Themen wie "Antifaschismus", "Antimilitarismus" und "alternative Wahlbewegung" den organisatorischen Zerfall aufzuhalten. Bei Demonstrationen --z. B. am 25. August in Hamburg gegen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU -- suchte er die Zusammenarbeit mit militanten Gruppen der undogmatischen "Neuen Linken" und befürwortete die "Konfrontation mit dem Staatsapparat" (vgl. z. B. "Arbeiterkampf" v.8.9. 1980). Ende 1980 hatte der KB etwa 700 Mitglieder (1979: etwa 600), davon etwa die Hälfte in seiner traditionellen Hochburg Hamburg. Gruppen, Stützpunkte oder Kontaktadressen bestehen weiterhin in allen Bundesländern. Die Auflage des Zentralorgans "Arbeiterkampf", das seit Mai in der vom KB gegründeten "Hamburger Satzund Verlags-Kooperative GmbH" -- Nachfolger des J. ReentsVerlags -- erscheint, sank auf ca. 7 500 Exemplare (1979: 10.000). Von dem theoretischen Organ des KB "Unser Weg" erschien nur eine Ausgabe (1979: 7). Die im Herbst 1979 aus der "Zentrumsfraktion" des KB hervorgegangene "GruppeZ" betrieb ihren Aufbau als eigenständige Organisation mit den Verbänden "Nord" (Gruppen und einzelne Mitglieder in Schleswig-Holstein), "Hamburg" und "Süd" (Gruppen und Stützpunkte in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern). Das Verbandsorgan "Z" erschien monatlich mit Auflagen zwischen 2.000 und 5 000 Exemplaren. Die "Gruppe Z" bekennt sich zum "Marxismus-Leninismus*, dessen Krise jedoch zur Rückbesinnung auf die "Klassiker" wie Lenin und Mao und zur Mitarbeit in den neuen alternativen und ökologischen Protestund Wahlbewegungen zwinge. 97 2.5 Sonstige Organisationen Von den dogmatischen Gruppen der "Neuen Linken', die nicht in allen Bundesländern vertreten sind, erreichten vier eine überregionale Bedeutung: -- Der "Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands" (KABD), Zentralorgan "Rote Fahne", ca. 700 Mitglieder in den Landesverbänden "Baden-Württemberg", "Bayern" und "Nordrhein-Westfalen" sowie in Stützpunkten in sechs weiteren Bundesländern; -- Der "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB), Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung", etwa 350 Mitglieder mit Schwerpunkten in Bayern und Nordrhein-Westfalen; -- Die "Komitees für Demokratie und Sozialismus" (KDS), von ehemaligen Mitgliedern verschiedener "K-Gruppen" als Sammelbecken "aller revolutionären Kräfte" außerhalb der bestehenden kommunistischen und sozialistischen Organisationen gegründet, umfaßten zum Jahresende örtliche Komitees, Initiativen und Redaktionsgruppen in 26 Städten (1974: 24); --Die "Gruppe der 99", "organisierter Diskussionszusammenhang" ehemaliger Mitglieder der im März aufgelösten KPD mit eigener periodischer Zeitschrift "Kommunistische Briefe". 2.6 Trotzkistische Gruppen Die trotzkistische Bewegung blieb zersplittert und wurde durch Richtungskämpfe, Fraktionsbildungen und Spaltungen weiter geschwächt. Insgesamt etwa 600 Mitglieder verteilten sich auf zehn Organisationen (1979: 8), die sich überwiegend einer der miteinander konkurrierenden internationalen trotzkistischen Richtungen angeschlossen haben. Gemeinsam ist diesen Gruppen der Kampf für die "permanente Revolution' zur Errichtung der "Diktatur des Proletariats" in Form eines "Rätesystems", das den "Kapitalismus" sowie die "Bürokratie" in "entarteten Arbeiterstaaten" ablösen soll. Die Mitgliederzahl der größten Organisation, der "Gruppe Internationale Marxisten -- Deutsche Sektion der IV. Internationale" (GIM), die dem "Vereinigten Sekretariat" (Sitz Brüssel) angeschlossen ist, sank auf etwa 300 (1979: 500). Die GIM bemühte sich, in Gewerkschaften und Betrieben tätig zu werden. Das 14täglich erscheinende Zentralorgan der GIM "was tun" hat nur noch eine Auflage von 2 500 Exemplaren. Der "BundSozialistischer Arbeiter" (BSA), deutsche Sektion des "Internationalen Komitees" der IV. Internationale (Sitz London), führte Spendenkampagnen durch, um sein bisher wöchentlich erscheinendes Zentralorgan "neue Arbeiter Presse" zu einer "revolutionären marxistischen Tageszeitung' ausbauen zu können. Zusammen mit seiner Jugendorganisation "Sozialistischer Jugendbund" (SJB) -- Organ: "Inks voran" -- verfügt der BSA noch über etwa 200 Mitglieder (1979: 250). 3. Undogmatische "Neue Linke" Die undogmatnsche linksextremistische Bewegung -- aufgesplittert in eine Vielzahl kleinerer, meist örtlicher Zusammenschlüsse, die Basisarbeit, Spontaneität und Autonomie fordern -- hatte auch 1980 kein einheitliches Konzept. Der Bogen politischer Ausgangspositionen innerhalb der Bewegung umfaßt weiterhin sehr unterschiedliche sozialrevolutionäre Konzepte, anarchistische Bestrebungen, aber 98 auch Ansätze zu einem undogmatischen "wissenschaftlichen Sozialismus". Gemeinsam blieb die Ablehnung marxistisch-leninistischer Modelle. '3,1 Während bislang für viele Gruppen der Aufbau von "Gegenkultur*, die Entwicklung neuer Produktionsund Lebensformen in den "Spalten, Nischen und Ritzen der spätkapitalistischen Gesellschaft" im Vordergrund stand mit dem Ziel, den Staat allmählich zu unterlaufen, zu zerbröckeln und zu zersetzen, begannen im Frühjahr 1980 in zahlreichen Städten Gruppen mit gewalttätigen Aktionen zur Eroberung neuer "Freiräume". Viele sprachen von der Notwendigkeit, verlorene Handlungsfähigkeit zurückzuerobern. "Autonome Gruppen", häufig mit anarchistischer Zielsetzung, propagierten und suchten die offene Auseinandersetzung mit dem "staatlichen Gewaltapparat". Bei Demonstrationen (z.B. gegen öffentliche Rekrutengelöbnisse, gegen Kernenergieanlagen, gegen Veranstaltungen anläßlich des Bundestagswahlkampfes und insbesondere bei Protesten gegen die Räumung besetzter Häuser) gingen sie mit Steinen und Brandsätzen gegen Sicherheitskräfte vor und zerstörten Kraftfahrzeuge und Fenster von Geschäften, Banken und Büros. Manche Gruppen erklärten, ihre "unwürdigen Lebensverhältnisse" nur ändern zu können, wenn sie "das System umfassend angreifen und den bürgerlichen Staat zerschlagen" (z. B. Aufruf des "Schwarzen Blocks", Frankfurt/M., zum 1. Mai). Mit Parolen wie "Es ist noch weit bis zur Anarchie. Doch das ist kein Grund vorher umzukehren" verbanden andere praktische Kampfanweisungen. Die Zeit für den Bürgerkrieg sei zwar noch nicht reif, doch gelte es, ihn vorzubereiten. Das "Loch in der Mauer der Macht" des Staates müsse ständig vergrößert, der "Koloß Staat" müsse mit "dezentralen Aktionen", mit Phantasie und Flexibilität, mit vielfältigen Widerstandsformen auf allen Ebenen angegriffen werden ("radikal*, Extrablatt, Nr. 12/80). Manche verstanden Hausbesetzungen als Teil solcher "Widerstandsformen*. Sie versuchten, besetzte Gebäude nicht nur als "Möglichkeiten alternativen Lebens und Wohnens", sondern auch als "politische Basis im Kampf 'gegen diesen Staat" zu entwickeln (Erklärung der Schwarzwaldhof-Besetzer, Freiburg, in "Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten" -- ID -- vom 7.11. 1980). Andere suchten, Hausbesetzungen als Protest gegen "menschenfeindliche Stadtsanierung', gegen Bodenspekulation und "kapitalistische Ausbeutung" zu rechtfertigen. Nahezu alle Gruppen sahen sich als Teil einer über die Grenzen der Bundesrepublik hinweg bis nach Amsterdam und nach Zürich reichenden Protestbewegung, die ihren Anspruch, nach eigenen Vorstellungen zu leben, verteidigen und sich gegen die sie bedrohende staatliche Gewalt wehren müsse, 3.2 Innerhalb des undogmatischen Lagers nehmen zwei Organisationen, das "Sozialistische Büro" (SB) und die "Marxistische Gruppe" (MG), aufgrund ihrer festeren bundesweiten Organisationsstruktur eine Sonderstellung ein. 3.2.1 Das SB, das Sammelbecken für Linkssozialisten und Forum der Diskussion und Propagandasozialrevolutionärer Theorien und Praktiken sein möchte, geriet in eine Krise. Die Aktivitäten der örtlichen Gruppen ließen deutlich nach; die Mitgliederzahl ging auf 1 100 (1979: 1200), die Zahl der korporativ angeschlossenen Gruppen auf sechs (1979: 9) zurück; zwölf (1979: 15) auf der Linie des SB arbeitende Hochschulgruppen wurden festgestellt. Versuche, in Diskussionsveranstaltungen wie dem "Großen Ratschlag" (27.--29. Juni in Frankfurt/M. mit ca. 3.000 Teilnehmern) sich mit den "neuen sozialen Protestbewegungen" auseinanderzusetzen und traditionelle Konzepte von "gesellschaftlicher Umwälzung" zu 100 überdenken, blieben ohne greifbare Ergebnisse. Zum Jahresende sprach eine Arbeitsgruppentagung des SB (6./7. Dezember in Marburg) von "Verunsicherung und Sprachverwirrung über grundlegende Bezugspunkte und Ziele". 3.2.2 Die MG (Organe: "Marxistische Studentenzeitung' -- MSZ --, "Marxistische 'Arbeiterzeitung' -- MAZ -- und weitere örtliche "Hochschulzeitungen') kommt nach Organisationsgrad und ideologischer Bindung der dogmatischen "Neuen Linken" nahe. Sie beschränkte sich weiterhin im wesentlichen darauf, politische und gesellschaftliche Vorgänge marxistisch zu analysieren und zu "entlarven". Mit oft sarkastischer Kritik versucht sie, vor allem Intellektuelle zu erreichen, da das Proletariat nach ihrer Ansicht für seine revolutionäre Aufgabe noch nicht reif ist. Den "bürgerlichen Staat" bezeichnete die MG als "Produkt erlesenen Terrors" (Resultate der Arbeitskonferenz, Nr. 3 vom Mai 1979). Ausschließlicher Zweck der bürgerlichen Demokratie sei die "Sicherung der Ausbeutung" ("Die Bundesrepublik Deutschland 1980 -- und was Marxisten in den 80er Jahren an ihr zu ändern haben", Resultate, Nr. 1 vom April 1980). Im Berichtsjahr trat die MG wiederum an etwa 40 Hochschulorten auf. Der Mitgliederbestand wuchs auf ca 500 bei einer erheblich größeren Zahl von Sympathisanten. 3.3 Für Diskussionsprozesse und Informationsaustausch innerhalb der undogmatischen Bewegung sind weiterhin "linke Buchläden" und Verlage von Bedeutung. Eine maßgebliche Rolle spielten die Publikationen der "Alternativpresse* -- an Vielfalt kaum zu überblickende Stadt-, Volksund Sceneblätter -- mit meist nur örtlichem oder regionalem Einzugsbereich, die überwiegend keine extremistischen Ziele verfolgen. Viele dieser Publikationen veröffentlichten regelmäßig auch extremistische Positionen und druckten auch Erklärungen von Gruppen aus dem terroristischen Umfeld ab. Als neues Medium zur aktuellen Information und Steuerung kämpferischer Aktionen fand innerhalb der undogmatischen "Neuen Linken" der Betrieb von "Schwarzsendern" zunehmendes Interesse. Zwölf solcher Sender wurden im Berichtsjahr bekannt. 4. Tätigkeit an Hochschulen Die Hochschulen blieben ein wichtiges Aktionsund Rekrutierungsfeld der "Neuen Linken". Erstmals entwickelten sich jedoch außerhalb der Hochschulen neue militante Protestströmungen, die in die Hochschulen hineinzuwirken begannen. Bei den Wahlen zu den Studentenvertretungen konnten die Gruppen der "Neuen Linken" ihre Positionen nicht im vollen Umfang behaupten (vgl. ZifferIl. 4). Zum Jahresende nahmen undogmatische "Neue Linke" etwa 10% der Sitze in den Studentenparlamenten und etwa 13 % der Sitze in den Allgemeinen Studentenausschüssen ein. Der Anteil der dogmatischen "Neuen Linken" ("K-Gruppen') lag in den Studentenvertretungen bei 2%. Der Einfluß der "K-Gruppen* ging weiter zurück, ihr organisatorischer Zerfall verstärkte sich. Einzelne dieser Gruppen versuchten, über Wahlund Aktionsbündnisse aus der Isolierung herauszufinden. Die bisher handlungsfähigsten Gruppen, die "Kommunistischen Hochschulgruppen" (KHG) und "Kommunistischen Studentenbünde" (KSB) des "Kommunistischen Bundes Westdeutschland" (KBW), wurden infolge der Spaltung der KBW geschwächt; ihr Mitgliederbestand sank auf etwa 200 (1979: 500). Das "Zentrale Komitee" (ZK) des KBW forderte die Gruppen auf, sich künftig als KBW-Zellen zu organisieren. Dagegen versucht der vom KBW abgespaltene "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK), die Arbeit des KHG und KSB fortzuführen. Studen101 tengruppen des "Arbeiterbundes für den Wiederaufbau des KPD" (AB) -- "Kommunistische Hochschulbünde" (KHB) -- und des "Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands" (KABD) -- "Kommunistische Studentengruppen" (KSG), Organ: "Roter Pfeil' --agitierten insbesondere an süddeutschen Hochschulen mit Schriften und Flugblättern. Die "Basisgruppen-Fraktion" (BG-Fraktion) in den "Vereinigten Deutschen Studentenschaften" (VDS) bezeichnete sich als "Repräsentant des undogmatischen, alternativen Spektrums an den Hochschulen" (VDS-Rundbrief, Erklärung der BGFraktion vom 11. 11. 1980), dem die "linke Oppositionsrolle" in den VDS zufalle und der den "Großteil des aktiven Protestpotentials gegen die Auswirkungen der kapitalistischen Hochschulreform, die umfassenden sozialen Verschlechterungen und die zunehmende politische Unterdrückung in der BRD" stelle (Rundbrief der BG-Fraktion in den VDS, Erklärung des Bundesbasisgruppen-Seminars vom 8. bis 10.2. 1980 in Tübingen) 5. Betriebsund Gewerkschaftsarbeit Für "K-Gruppen" und trotzkistische Organisationen bildeten Bemühungen, in Betrieben und Gewerkschaften Einfluß zu gewinnen, weiterhin ennen besonderen Schwerpunkt. Eine breitere "Betriebsarbeit' konnten aber auch 1980 nur KBW, KPD und -- mit Abstrichen -- der KABD entfalten. Der KBW konzentrierte die Arbeit seiner über 100 Betriebszellen vor allem auf metallverarbeitende Unternehmen. Neben regelmäßigen Berichten zur "Betriebsarbeit" in den Bezirksausgaben seines Zentralorgans "Kommunistische Volkszeitung" (KVZ) und seinen nach elf Branchen gegliederten wöchentlichen "KVZSpezialnachrichtendiensten" erschienen weit über 100 periodischen Sonderausgaben der KVZ für Betriebe. Die "Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition" (RGO) der KPD verzeichnete einen Anstieg der Anhängerschaft auf etwa 900 (1979: ca. 500). Aktivitäten von KPD-Betriebszellen wurden -- wohl wegen der personellen Verschmelzung mit der RGO -- nur noch vereinzelt festgestellt. Neben der zentralen Monatsschrift "RGO-Nachrichten' wurden 31 KPD-Betriebszeitungen bekannt. Wie die RGO sprach sich der KABD -- etwa 60 Betriebszeitungen, vor allem in Großbetrieben, mit einer wöchentlichen Gesamtauflage zwischen 5 000 und 8000 Exemplaren wurden bekannt -- für eine "Einheitsgewerkschaft der Arbeiter" aus. Er agitierte gegen "Unvereinbarkeitsbeschlüsse" und forderte, die Gewerkschaften zu "Kampforganisationen" gegen die "Kapitalisten" zu entwikkeln. 6. Ausnutzung der Umweltschutzbewegung Linksextremisten unterschiedlicher Richtungen versuchten auch im Berichtsjahr, Aktionen von Gruppen der Umweltschutzbewegung für ihre politischen Ziele zu mißbrauchen. Gruppen der "Neuen Linken" suchten auf diesem Feld vor allem nach Möglichkeiten für eine neue "Massenbasis". Orthodoxe Kommunisten und die Mehrzahl der Organisationen der "Neuen Linken" unterstützen die Besetzer des Bohrplatzes 1004 nn Gorleben (3. Mai -- 4. Juni) vor allem durch ihre laufende positive Berichterstattung. Anhänger der undogmatischen "Neuen Linken", aber auch K-Gruppen setzten ihre Bemühungen um Einfluß in "grünen", "bunten" und "alternativen" Wahlbündnissen fort. 102 7. Aktionen gegen die Bundeswehr Die Bemühungen der "K-Gruppen* um Einfluß unter Soldaten und Reservisten und die Versuche zur Agitation in der Bundeswehr gingen weiter zurück. Noch etwa 700 (1979: über 1 100) gegen die Bundeswehr gerichtete Aktionen (Kundgebungen, Plakatund Flugblattaktionen) des KBW wurden bekannt. Von der KPDJugendorganisation "Rote Garde" wurden etwa 50 (1979: 57) Aktionen gegen die Bundeswehr registriert. Erstmals fanden im Berichtsjahr Gruppen der dogmatischen und der undogmatischen "Neuen Linken" zu einer breiten "Antimilitarismusund Friedenskampagne" zusammen. Linksextremisten aller Richtungen nutzten öffentliche Rekrutengelöbnisse im November zum 25jährigen Bestehen der Bundeswehr zu Aktionsbündnissen und Protesten gegen "Militarismus" und "Kriegsvorbereitungen". Dabei entschieden sich orthodoxe Kommunisten im Bündnis mit demokratischen Organisationen meist für "friedliche" Protestformen; "K-Gruppen" und undogmatische Zusammenschlüsse versuchten in mehreren Städten, unmittelbar gegen die Bundeswehrveranstaltungen vorzugehen. Zu massiven Störungen kam es u.a. bei Gelöbnissen in München, Bonn, Stuttgart und Hannover. Vor allem Gruppen der undogmatischen "Neuen Linken" versuchten, mit Einzelaktionen (Straßenblockaden, Zerstörung von Fernmeldeeinrichtungen) die NATO-Herbstmanöver zu stören. VIll. Gewaltsame Aktionen und Verurteilungen 1980 wurden 1222 Gewaltanwendungen erfaßt (u. a. 229 Körperverletzungen, 811 durch Gewaltanwendung verursachte Sachbeschädigungen, 20 Brandstiftungen und zwei Sprengstoffanschläge) '%). Hervorzuheben sind neben den gewaltsamen Aktionen im Anschluß an Hausbesetzungen die schweren Ausschreitungen bei öffentlichen Rekrutengelöbnissen und Veranstaltungen des Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. So wurden bei Protesten gegen das Rekrutengelöbnis am 6. Mai in Bremen mehr als 200 Polizisten und Bundeswehrangehörige verletzt und zahlreiche Fahrzeuge der Bundeswehr beschädigt. Bei einer Demonstration gegen den CDU/CSU-Kanzlerkandidaten am 25. August in Hamburg wurden 102 Polizeibeamte verletzt. 124 rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund ergingen gegen 159 Täter, von denen etwa 90 % dem KBW zuzurechnen sind. In 14 Fällen wurden Freiheitsstrafen von drei bis 18 Monaten ausgesprochen. Gegen 145 Personen wurden Geldstrafen von zehn bis 305 Tagessätzen verhängt?%). "%) In dieser Zahl sind terroristische Gewaltakte nicht enthalten. Jede gewaltsame Aktion wurde, auch wenn sne aus mehreren Einzeltaten bestand oder mehrere Straftatbestände erfüllte, mehrere Handlungen in Fortsetzungszusammenhang umfaßte oder von mehreren Tätern begangen wurde, nur einmal gezählt. % %) Zu berücksichtigen ist, daß zwischen einer Straftat und ihrer rechtskräftigen Aburteilung häufig ein erheblicher Zeitabstand liegt. 105 Deutscher linksextremistischer Terrorismus 1980 1. Allgemeine Feststellungen Deutsche linksextremistische Terroristen haben 1980 keine Anschläge gegen Personen verübt. Zu dem Attentat auf den hessischen Wirtschaftsminister Karry am 11. Mai 1981 liegt ein Bekenner-Schreiben vor, das dem RZ-Bereich (Revolutionäre Zellen) zugeordnet wird. Die Zahl sonstiger Gewalttaten (vorwiegend Sprengund Brandanschläge), die von terroristischen Gruppen begangen wurden oder bei denen nach derzeitigem Erkenntnisstand ein terroristischer Hintergrund anzunehmen ist, hat sich 1980 mit 77 gegenüber 41 im Vorjahr fast verdoppelt (1975: 46, 1976: 30, 1977: 48, 1978: 52). Dieser Trend hat sich im ersten Halbjahr 1981 noch verstärkt (75 Anschläge). Jede gewaltsame Aktion wurde, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand, mehrere Straftatbestände erfüllte, mehrere Handlungen in Fortsetzungszusammenhang umfaßte oder von mehreren Tätern begangen wurde, nur einmal gezählt. Die "Rote Armee Fraktion" (RAF) wurde durch Festnahmen, den Unfalltod zweier Mitglieder und durch die Entdeckung konspirativer Wohnungen erneut personell und logistisch geschwächt. Trotzdem entwickelte sie im Vergleich zu den Vorjahren ein deutlich offensiveres Konzept. Insbesondere bemühte sie sich -- allerdings ohne Erfolg -- ihre ideologische Isolation innerhalb der extremistischen Linken zu durchbrechen; sie warb im weiten militanten Umfeld für den "bewaffneten antiimperialistischen Kampf" und für eine Konzentrierung linksextremistischer Kräfte "in einer Front mit der RAF*. Agitatorische Aussagen und aufgefundene Unterlagen zeigen die Bereitschaft der RAF zu erneuten terroristischen Aktivitäten vornehmlich gegen solche Ziele, denen sie einen besonderen "imperialistischen" Stellenwert beimißt. Die wenigen noch im terroristischen Untergrund operierenden Angehörigen der sogenannten "internationalistischen" Fraktion der "Bewegung 2. Juni" haben sich 1980 der RAF angeschlossen. Mehrere Inhaftierte sowie der überwiegende Teil des Unterstützerbereichs der "Bewegung 2. Juni" lehnten diesen Zusammenschluß jedoch ab und erklärten sich für den Fortbestand dieser Terrorgruppe. Die Zahl der Terroranschläge "Revolutionärer Zellen" (RZ) entsprach der des Vorjahres (jeweils acht gegenüber 28 im Jahre 1978). Beträchtlich zugenommen hat demgegenüber die Anzahl der von bisher unbekannten Kleingruppen verübten Brandund Sprengstoffanschläge, die Sachschäden in Millionenhöhe verursachten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Nähe dieser Gruppen zu den ideologischen und taktischen Vorstellungen der RZ, die sowohl in der Art der Anschläge als auch der Agitation, vor allem in den Tatbekenntnissen, zum Ausdruck kommt. Bei den RZ selbst deuten um die Jahreswende 1980/81 gewonnene Anzeichen darauf hin, daß sie sich nach der Verunsicherung der letzten Jahre wieder stabilisieren und ihre auf Breitenwirkung angelegte Strategie weiter ausbauen. Auch 1980 hat sich wieder gezeigt, daß deutsche Terroristen über ein internationales Bewegungsfeld verfügen und mit Mitgliedern ausländischer Terrorgruppen in Verbindung stehen. Die größte Bedeutung im terroristischen Umfeld in der Bundesrepublik Deutschland haben nach wie vor die Gruppen des "legalen" RAF-Bereichs (früher: "Antifa106 Gruppen'), die sich als Sprachrohr der RAF verstehen und deren Rekrutierungspotential bilden. Sie werben mit propagandistischen Aktionen für die Ziele der RAF und bemühen sich, auch auf internationaler Ebene, um eine Verbesserung der Situation ihrer inhaftierten Gesinnungsgenossen. 2. Terroristische Gruppierungen 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) Im Jahre 1980 hat die RAF keine Terroranschläge und, soweit erkennbar, auch keine Banküberfälle verübt. Wie im Vorjahr wurde sie erneut durch exekutive Zugriffe und die Enttarnung konspirativer Wohnungen im Inund Ausland (u.a. Paris am 5. Mai: Festnahme von Sieglinde Hofmann, Ingrid Barabass, Regina Nicolai, Karin Kamp-Münnichow und Karola Magg; Heidelberg am 13. Oktober; Paris am 15. Oktober) sowie durch den Unfalltod ihrer Mitglieder Juliane Plambeck und Wolfgang Beer am 25. Juli personell und logistisch erheblich geschwächt. Damit hat die RAF trotz des im Juni bekanntgegebenen Anschlusses der Restkader der "Bewegung 2. Juni" -- als Konzentrierung der Kräfte gedacht -- seit 1977 kontinuierlich Einbußen erlitten, die auch durch die Rekrutierung neuer "Kommandomitglieder" nur teilweise ausgeglichen werden konnten. In schriftlichen Äußerungen vertrat die RAF insbesondere in der ersten Jahreshälfte einen deutlich offensiveren Kurs als in den Vorjahren. Sie führt ihre fehlgeschlagenen Aktionen im Jahre 1977 hauptsächlich auf strategische Fehler zurück, die sie nunmehr vermeiden will. Ihre Neuorientierung wird besonders in dem Bemühen deutlich, mit Hilfe von Unterstützern aus ihrem "legalen" Bereich verstärkt für den "bewaffneten antiimperialistischen Kampf" zu werben. So ist es ihre erklärte Absicht, auf andere linksextremistische Gruppen ideologisch einzuwirken und bereits vorhandene militante Strömungen für ihr terroristisches Potential zu nutzen. Dazu heißt es in einer zum Unfalltod von Juliane Plambeck und Wolfgang Beer verbreiteten schriftlichen Erklärung: "die bewaffnete illegale und die legale Struktur sollen zur politisch-militärischen Einheit des antiimperialistischen Widerstands werden". Auch weitere agitatorische Aussagen zeigen die terroristische Entschlossenheit der RAF. Auf der Grundlage gestiegener "revolutionärer" Erwartungen besteht die Bereitschaft zu erneuten terroristischen Aktivitäten. Dieser Versuch der "Kommandoebene" der RAF, verstärkt "revolutionäre" Wirksamkeit zu erzielen, spiegelte sich auch in einzelnen Äußerungen ihrer inhaftierten Mitglieder wider. Sie nutzten zum Teil die gegen sie gerichteten Strafverfahren, um propagandistische Erklärungen abzugeben, oder ließen ihre Aussagen in schriftlicher Form durch Unterstützungsgruppen verbreiten. So erklärten die vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf angeklagten Gert Schneider und Christof Wackernagel in einer "Prozeß-Dokumentation", daß die "Anwendung revolutionärer Gewalt nicht nur legitim... ., sondern eine Pflicht für jeden einzelnen" sei. Knut Folkerts forderte in einer gleichfalls veröffentlichten Prozeßerklärung die extremistische Linke dazu auf, im bewaffneten Kampf ihre "historische Aufgabe" wahrzunehmen. Die Bemühungen der RAF, ihre Konzeption im terroristischen Umfeld zu verwirklichen, hatten bislang jedoch nur geringen Erfolg. Ebensowenig gelangen den Inhaftierten aus der RAF im Berichtsjahr gemeinsame Aktionen. Bemühungen um das Zustandekommen eines kollektiven Hungerstreiks zur Durchsetzung ihrer bekannten Forderungen (Zusammenlegung zu sogenann107 ten interaktionsfähigen Gruppen, Behandlung als "Kriegsgefangene" nach "der Genfer Konvention") sind im Sommer 1980 zunächst gescheitert. Dabei kam es bei einigen ausschlaggebenden Häftlingen aus der RAF zu Unstimmigkeiten über die Notwendigkeit und die möglichen Resultate eines kollektiven Hungerstreiks sowie zu gegenseitigen persönlichen Aversionen. Im Lichte dieser Entwicklung sind zwei Selbsttötungsversuche von zu lebenslanger Haft verurteilten Angehörigen der RAF (Angelika Speite/ im November 1980 und Lutz Taufer im Januar 1981) zu sehen. Inzwischen ist ein über sechswöchiger Hungerstreik der inhaftierten Terroristen im Frühjahr 1981 nach dem Hungertod des Häftlings Sigurd Debus abgebrochen worden. Die RAF hat ihr Ziel, den "Kampf gegen den US-Imperialismus und die NATO, gegen ihre aggressiven außenund innenpolitischen Ziele zu organisieren", bisher nicht verwirklicht. Sie ist aber weiterhin bestrebt, mit "langem Atem" und unter "professioneller Vorbereitung" terroristische Gewaltakte vornehmlich gegen solche Ziele durchzuführen, denen sie einen besonderen "imperialistischen" Stellenwert beimißt. 2.2 "Bewegung 2. Juni" Mit einer schriftlichen Erklärung, die -- beginnend am 2. Juni -- in verschiedenen Städten des Bundesgebiets verbreitet wurde, hat die "Bewegung 2. Juni" ihren Anschluß an die RAF bekanntgegeben: "Wir lösen die Bewegung 2. Juni als Organisation auf und führen in der RAF -- als RAF -- den antiimperialistischen Kampf weiter". Die Verfasser verstanden diesen Schritt als eine Konzentrierung der zum Terrorismus entschlossenen Kräfte und wollten mit der Bekanntgabe ein 'Signal setzen, das auch andere militante Kreise zur "Einheit im antiimperialistischen bewaffneten Kampf" auffordern sollte. Damit hat eine seit Jahren sich abzeichnende ideologische Annäherung der wenigen noch im terroristischen Untergrund lebenden Angehörigen der sog. "internationalistischen" Fraktion der "Bewegung 2. Juni" an die politische Linie der RAF auch organisatorisch ihren Anschluß gefunden. Bestätigt wurde die Fusion u.a. nach dem gemeinsamen Unfalltod der mutmaßlichen Terroristen Juliane Plambeck und Wolfgang Beer am 25. Juli bei Bietigheim-Bissingen: In einem Nachruf stellte die RAF Juliane Plambeck, die vordem dem Kernbereich der "Bewegung 2. Juni" angehört hatte, als Vorbild hin, weil sie den Zusammenschluß maßgeblich gefördert habe. Die öffentlich verkündete Auflösung der "Bewegung 2. Juni" stieß bei einigen ihrer inhaftierten Mitglieder auf entschiedenen Widerspruch. So sahen die in Berlin einsitzenden Ralf Reinders, Klaus Viehmann und Ronald Fritzsch in dem Anschluß an die RAF und der damit verbundenen ideologischen Umorientierung auf hauptsächlich internationale politische Zusammenhänge einen falschen Ansatz für "revolutionäre" Wirksamkeit. Sie warfen der RAF vor, "die Verbindung zum alltäglichen Kampf des Volkes" verloren und es versäumt zu haben, "beispielhafte Aktionen zu machen, die von vielen verstanden und nachvollzogen werden können", wie etwa Anschläge im technischen Randbereich von Kernkraftwerken und gegen "Bauspekulanten", "Wohnungshaie" oder "Knastdirektoren'. In einer schriftlichen Stellungnahme hielten sie an der konzeptionellen Eigenständigkeit der "Bewegung 2. Juni" fest. 'Auch Personengruppen aus dem vorwiegend in Berlin aktiven Unterstützerbereich der "Bewegung 2. Juni" protestierten gegen die von ihnen als einseitig empfun108 dene Auflösung. Mit der Parole "wir sind alle vom 2. Juni" und mehreren militanten Aktionen nach dem Ursprungskonzept der "Bewegung 2. Juni" versuchten sie, deren ideellen Fortbestand zu beweisen. So verübten sie in Berlin im Juni einen Sprengstoffanschlag auf das Kreuzberger Rathaus, der sich einem Bekennerschreiben zufolge "gegen die Sanierungspolitik", aber auch gegen das "Auflösungsgequatsche" richtete. Gerald Klöpper, einer der wegen mutmaßlicher Beteiligung an der Entführung des Berliner CDU-Politikers Peter Lorenz und der Ermordung des Richters von Drenk'mann angeklagten Mitglieder der "Bewegung 2. Juni", hat sich vom "bewaffneten Kampf" distanziert. In einer während des Prozesses abgegebenen Erklärung stellte er im Hinblick auf die Entführung einer Passagiermaschine der Lufthansa nach Mogadischu im Jahre 1977 fest, "das Konzept Stadtguerilla" habe sich "damit selbst diskreditiert". Auf diesem Wege seien Mehrheiten für "eine grundsätzliche Umwandlung der Gesellschaft" nicht zu erzielen. 2.3 Revolutionäre Zellen (RZ) Die RZ verfolgten auch 1980 nhr Ziel, nn vermeintlichen Konfliktbereichen unterschiedlicher gesellschaftlicher Strömungen militante Potentiale zu bilden und auszuweiten. Wie im Vorjahr verübten sie acht vollendete oder versuchte Sprengstoffund Brandanschläge (gegenüber 28 im Jahre 1978), für die sie in Bekennerschreiben die Verantwortung übernahmen. Gewaltakte von überörtlicher Bedeutung waren die Sprengstoffanschläge auf die Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg (6. Januar) sowie das Bundesarbeitsgericht in Kassel (23. März), mit denen die RZ -- Bekennerbriefen zufolge -- verstärkt für die sozialen Belange von Arbeitnehmern eintreten und einen "revolutionären" Funken entzünden wollten. Ihren Brandanschlag auf das Kommunikationszentrum des Deutsch-Amerikanischen Clubs in Osterholz-Scharmbeck (15. Mai) erklärten sie als Angriff auf die NATO. In der Argumentation des hierzu verfaßten Tatbekenntnisses werden starke konzeptionelle Übereinstimmungen mit der "antiimperialistischen" Ausrichtung der RAF deutlich. Die thematische Bandbreite der RZ-Aktionen zeigt schließlich auch ihre Begründung eines versuchten Brandanschlages auf die Stadtsparkasse in Worms als Protest gegen deren "Bebauungspolitik" und als "kleine Demonstration" proletarischer Gegenmacht'. Nach längerer Pause erschien im April 80 wieder eine Ausgabe des "Revolutionären Zorn' -- Organ der RZ --. Im Mittelpunkt der Agitation steht die Kritik an Versuchen staatlicher Institutionen, in terroristische Aktivitäten verstrickte Personen zur Abkehr vom Terrorismus zu bewegen. Den Verfassern der Schrift, in der im Gegensatz zu früheren Ausgaben umfangreiche konzeptionelle Darlegungen fehlen, kam es offensichtlich in erster Linie darauf an, mit der Herausgabe der Zeitung Kontinuität zu beweisen und den genannten staatlichen Bemühungen entgegenzuwirken. Die Befürchtung, Personen aus dem terroristischen Bereich könnten sich durch staatliche "Resozialisierungspolitik" angesprochen fühlen, zeichnete sich bereits in einem im Januar in der Universität Frankfurt/M. verteilten Flugblatt der RZ ab. Dessen Verfasser bemühten sich, die Bereitschaft "radikaler" Teile der extremistischen Neuen Linken zum militanten Widerstand zu stärken, und betonten "die zwingende Notwendigkeit, sich auf illegales Handeln vorzubereiten". In einem Beitrag über den "subversiven 109 Kampf in der Anti-AKW-Bewegung", abgedruckt in der in Hamburg erscheinenden Zeitung der Undogmatischen Neuen Linken "Autonomie" (Nr. 4-5/80), zeigten die RZ erneut ausgeprägtes Interesse an einer Unterwanderung von Kernkraftgegnern. In einer weiteren, im Januar 1981 erschienenen Ausgabe der Zeitung "Revolutionärer Zorn" geben die Herausgeber einen Rückblick auf "8 Jahre RZ". Sie gestehen ein, "in der Vergangenheit Fehler gemacht" und in den letzten Jahren eine "Krise" durchlaufen zu haben. Sie glauben aber, ihre Schwierigkeiten inzwischen überwunden zu haben. Nach wir vor propagieren die RZ eine "Verbreiterung des bewaffneten Widerstands" mit "Methoden der Subversität*, die sie nicht nur in terroristischen Handlungsformen, sondern in jeglicher Art von Militanz und Verweigerung sehen, wie z.B. "Klauen, Plündern, Schwarzfahren, Häuserbesetzen... Das vornehmlich auf die Bildung neuer militanter Kleingruppen angelegte Konzept der RZ zeigte eine gewisse Wirkung. Personen aus Randbereichen des Terrorismus bekannten sich unter Gruppenbezeichnung wie "Revolutionäre Zelle Lübeck", "Revolutionäre Zelle Allgäu" in schriftlichen Verlautbarungen zu militanten Aktivitäten. Am deutlichsten wurde diese Entwicklung am Beispiel der Gruppe "Rote Zora", die bereits mehrfach gewalttätige Aktionen verübt hat. In der im Januar 1981 erschienenen Folge des "Revolutionären Zorn" bezeichnete sie sich als "autonome Frauengruppe in den RZ". 3. Gewalttätige Aktivitäten sonstiger Gruppen Auch 1980 verübten mehrere bisher unbekannte Gruppen Gewaltakte gegen Dienststellen von Kommunalbehörden und Polizei, der Bundeswehr und der Alliierten, gegen Versorgungseinrichtungen, Parteibüros, Bauund Abrißunternehmen, Banken und Kaufhäuser. Der dadurch entstandene Sachschaden beläuft sich 'auf mehrere Millionen DM. Dabei war in diesen Gruppen eine zunehmende Wirkung der ideologischen und taktischen Vorstellungen der RZ festzustellen. So lassen Tathergang und Tatmittel des von unbekannten Tätern am 5. Dezember verübten Sprengstoffanschlages auf das Gebäude der "Gesellschaft für Reaktorsicherheit" in Köln (Schaden über 1 Million DM) auf die Anwendung des RZ-Konzeptes schließen. Zunehmendes Interesse an militanten Aktionsformen bei Gruppen aus Randbereichen des Terrorismus spiegelte sich auch in Beiträgen der "Alternativpresse* sowie Einzelschriften überwiegend unbekannter Verfasser wider. Bezeichnend dafür war die Herausgabe einer "Sondernummer* der in Berlin erscheinenden, als Sprachrohr militanter und terroristischer Kräfte wirkenden Zeitung "Radikal" mit Ausführungen unter dem Titel: "Militanz ist wieder diskutierbar". Der Beitrag beschreibt den Versuch, "verschiedene voneinander isolierte Gruppen wieder in Zusammenhänge zu bringen" und eine theoretische Grundlage für einen gemeinsamen, auch bewaffneten Widerstand zu entwickeln. Um eine "gemeinsame Stoßrichtung" ging es auch den Herausgebern eines "Mob-Zorn + Blues Info". Diese Schrift, deren Titel an den "Revolutionären Zorn" der RZ und das sogenannte "Blues"-Konzept aus der Anfangszeit der "Bewegung 2. Juni" erinnern soll, weist auf die Vorbildfunktion dieser beiden Gruppierungen hin. Ihre Ausrichtung auf Massenwirksamkeit soll der Bildung einer "breiten Widerstandsfront ... . von Hausbesetzern bis zur Guerilla" dienen. 110 4. Terroristisches Umfeld Die größte Bedeutung im terroristischen Umfeld haben nach wie vor die Gruppen des "legalen" RAF-Bereichs (früher: "Antifa-Gruppen'"). Sie identifizieren sich in Ideologie und Zielsetzung mit der RAF, verstehen sich als deren "legale Ebene" und unterstützen sie propagandistisch mit Schriften, Demonstrationen, Pressekonferenzen sowie Artikeln in der Alternativpresse im sog. "offenen politischen Kampf", der nach ihrer Auffassung den "bewaffneten Kampf" ergänzen muß. Sie setzen sich für die inhaftierten terroristischen Gewalttäter ein, koordinieren Gefangenenbesuche, berichten einander über deren Verlauf und sorgen für die Kommunikation zwischen Inhaftierten und den in der "legalen Arbeit" tätigen Gruppen. Diese Gruppierungen müssen als Rekrutierungsbasis der RAF angesehen werden. Alle in den letzten Jahren zu den "Kommandos" gestoßenen Mitglieder sind aus den Gruppen der "legalen Ebene" hervorgegangen. Charakteristisch für ihr Selbstverständnis sind insbesondere die zahlreichen Störund Besetzungsaktionen in der ersten Jahreshälfte (z. B. Besetzung der Amerikahäuser in Hamburg, Berlin und Frankfurt/M.; Störung von Kunstausstellungen nn Karlsruhe, Wuppertal und Frankfurt/M. sowie von Theateraufführungen in Berlin und Hannover; Besetzung von Kirchen in Berlin und Hamburg; Störung einer Kundgebung mit dem Bundespräsidenten in der Frankfurter Paulskirche). Diese Aktionen hatten anfangs die Verbesserung der Haftbedingungen inhaftierter terroristischer Gewalttäter zum Ziel, wurden aber später verstärkt genutzt, um für den illegal operierenden Teil der RAF zu werben. So zeigte sich die vom illegalen "Kommandobereich" vorgegebene neue offensive Ausrichtung der RAF (vgl. oben Ziffer 2.1) z.B. in einem Flugblatt zur Besetzung des Amerikahauses in Frankfurt/ M., das dazu aufforderte, "zusammen mit der Guerilla... aus der Lethargie und Hilflosigkeit der Linken hier aufzubrechen". Die Verfasser einer anderen Flugschrift betonten, daß die Grenzen legaler Politik "nur durch den Angriff der Guerilla durchbrochen werden können". Volle Übereinstimmung mit den Vorstellungen der RAF sprach insbesondere aus dem Inhalt einer Publikation, die Personen aus dem "legalen" RAF-Bereich anläßlich einer von ihnen in Hamburg vom 4. bis 11. Juli veranstalteten "Antiimperialistischen Aktionswoche" verbreiteten. Die wesentlichen Aussagen der Schrift waren offensichtlich mit der illegalen "Kommandoebene" abgestimmt; sie gipfelten in der Aufforderung "die politisch-militärische Aktion gegen das Herz des Staates -- die Schaltzentralen und Köpfe des imperialistischen Machtapparates" zu richten. Derartige Aussagen des "legalen" Teils der RAF waren -- vornehmlich in der ersten Jahreshälfte -- von der Hoffnung getragen, die Idee des "bewaffneten antiimperialistischen Kampfes" in weiten Bereichen der extremistischen Linken verbreiten und so der ideologischen Isolation entgegenwirken zu können, in der sich die RAF und ihre Unterstützer seit Jahren befinden. Diesem Ziel sollte auch das Aufgreifen weiterer Schwerpunktthemen (Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur NATO und den USA, Rolle der Bundeswehr sowie Anti-AKWKampagne) dienen. Besondere Resonanz versprachen sich die Angehörigen des "legalen" RAF-Bereich von ihrer Beteiligung an gewalttätigen Demonstrationen gegen die öffentliche Vereidigung von Bundeswehrrekruten und an der propagandistischen Kampagne gegen die Herbstmanöver der NATO. Ebenfalls als Teil der "Offensive 80" der RAF ist die Bildung sogenannter "Kommissionsgruppen" zu sehen, die im Berichtsjahr unter maßgeblicher Beteiligung von Personen aus der 111 "legalen Ebene" der RAF entstanden und die Arbeit der "Internationalen Kommission zum Schutz der Gefangenen und gegen Isolationshaft" (vgl. Ziff. 5.2) in der Bundesrepublik Deutschland unterstützen sollten. Im zweiten Halbiahr hatte sich die Öffentlichkeitskampagne bereits stark abgenutzt; die Aktivitäten gingen zurück, ohne daß es zu der von der RAF angestrebten "Konzentration der Kräfte" gekommen wäre. Auch gelang es den Gruppierungen des "legalen" RAF-Bereichs nicht, ihren Mitgliederbestand nennenswert zu erweitern. 5. Internationale Verflechtungen 5.1 Terrorgruppen Deutsche Terroristen haben sich auch 1980 im Ausland, und zwar vorwiegend in Nachbarländern und in Ländern des Nahen Ostens, aufgehalten. Sie versuchten so, der Fahndung auszuweichen. Von mehreren mit Haftbefehl gesuchten Mitgliedern der RAF wurden seit Jahren im Bundesgebiet keine Spuren, z. B. Fingerabdrücke in konspirativen Wohnungen, mehr gefunden; dies könnte dafür sprechen, daß sie, sofern sie sich nicht vom "bewaffneten Kampf" zurückgezogen haben, sich ständig oder überwiegend außerhalb des Bundesgebietes aufhalten. Darüber hinaus belegen -- wie auch schon in den Vorjahren -- die Festnahmen im Ausland und die Entdeckung konspirativer Wohnungen (vgl. Ziff. 2.1) die internationale Ausrichtung der RAF. Auch in den Untergrund gegangene Mitglieder der RZ bewegen sich verschiedenen Anhaltspunkten zufolge im Ausland. Bewaffnete Aktionen haben deutsche Terroristen 1980 im Ausland nicht ausgeführt. Erkenntnisse über eine operative Zusammenarbeit, insbesondere der RAF, mit Mitgliedern terroristischer Organisationen in anderen europäischen Ländern wie etwa den italienischen "Roten Brigaden", sind ebenfalls nicht angefallen. Verbindungen zwischen der RAF und italienischen Terroristen sind auf logistischer Ebene allerdings bereits seit längerem bekannt. Enge Beziehungen unterhält die RAF nach wie vor zu einer radikalen Splittergruppe der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP). Vereinzelte Anschläge in Frankreich und der Schweiz auf deutsche Unternehmen sind als Solidaritätsbekundungen für deutsche Terroristen zu werten. Bei drei Sprengstoffanschlägen auf deutsche Firmenniederlassungen in Frankreich im Man und Juli bestand offensichtlich ein Zusammenhang mit der Festnahme fünf mutmaßlicher deutscher Terroristen in Paris (vgl. Ziff. 2.1) und deren Auslieferung in die Bundesrepublik. 5.2 Terroristisches Umfeld In mehreren westeuropäischen Nachbarländern hat die Bereitschaft einzelner Gruppen und Personen, das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland wegen der Haftbedingungen der sog. "politischen Gefangenen' in den Augen der Öffentlichkeit herabzusetzen, merklich nachgelassen. Die völlige Einstellung derartiger Aktivitäten seitens des belgischen "Komitees zur Verteidigung politischer Gefangener in der BRD" und der niederländischen "Roten Widerstandsfront* ist möglncherweise auf die vorübergehende Festnahme führender Mitglieder dieser Vereinigungen, die die RAF propagandistisch unterstützten, zurückzuführen In Frankreich 112 sind demgegenüber, wie Solidaritätsbekundungen anläßlich des Gerichtsverfahrens um die Auslieferung in Paris festgenommener mutmaßlicher deutscher Terroristinnen verdeutlicht haben, weiterhin Einzelpersonen bereit, die "Politik" deutscher Terrorgruppen zu verteidigen. Die Mitte 1979 gegründete "Internationale Kommission zum Schutz der Gefangenen und gegen Isolationshaft*, der zunächst Mitglieder aus Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Italien und der Bundesrepublik angehörten, setzte sich für eine Verbesserung der Haftsituation vornehmlich deutscher inhaftierter Terroristen ein und richtete Eingaben an internationale Institutionen und Organisationen sowie an staatliche Stellen in der Bundesrepublik. Die erhoffte Resonanz in der Öffentlichkeit blieb weitgehend aus. Die Zusammenarbeit innerhalb der Kommission wurde aufgrund interner Differenzen beeinträchtigt; die französischen und italienischen Mitglieder haben sich inzwischen -- offensichtlich aufgrund unterschiedlicher politischer Auffassungen -- bereits von der Mitarbeit zurückgezogen. 113 Spionageabwehr 1980 1. Allgemeine Erfahrungen 1.1 Werbungen und Werbungsversuche Im Jahre 1980 ist die Zahl der erkannten Werbungen und Werbungsversuche der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten nahezu konstant geblieben. Die Tatsache, daß der hohe Stand des Vorjahres wiederum erreicht wurde, zeigt, daß die gegnerischen Nachrichtendienste ihre Werbungsbemühungen in unverminderter Stärke fortsetzen. Wie in den Vorjahren gingen die Werbungsaktivitäten zum ganz überwiegenden Teil von den Geheimdiensten der DDR aus (= 71%), gefolgt von den Aktionen der polnischen und tschechoslowakischen Nachrichtendienste. Fast zwei Drittel der erkannten Werbungen und Werbungsversuche richteten sich an Personen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) oder im westlichen Ausland. Etwa die Hälfte von ihnen wurde bei Reisen in den kommunistischen Machtbereich kontaktiert. Aufgrund der totalen Überwachungsmöglichkeiten der kommunistischen Staatssicherheitsorgane bieten sich dort die problemlosesten Ansprachemöglichkeiten. Bei den Werbungsbemühungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland standen wiederum die Briefansprachen und Ansprachen aufgrund von Stellengesuchen in der Presse im Vordergrund (= 80%). Dabei haben sich gerade die Ansprachen aufgrund von Stellengesuchen in der Presse im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Dies läßt weniger verstärkte Aktivitäten der gegnerischen Dienste, d.h. konkret der DDR-Nachrichtendienste vermuten, als vielmehr eine steigende Sensibilisierung der Bevölkerung vor dem Hintergrund der Aufklärungsmaßnahmen. Die nachrichtendienstliche Ansprache von Personen mit Wohnsitz in kommunnstisch regierten Staaten erfolgte auch im Berichtsjahr vorwiegend aufgrund ihrer Aussiediungsbemühungen, Westreisen und Westkontakte. Die Werbungsmittel der gegnerischen Nachrichtendienste blieben im wesentlichen unverändert. Im Vordergrund standen vorgetäuschte wirtschaftliche oder wissenschaftliche Beziehungen, Versprechen und Gewährung von Vorteilen jeder Art, insbesondere finanzielle Zuwendungen sowie Nötigung und Drohung. Die Kontaktaufnahme im Bundesgebiet, insbesondere bei Briefansprachen und Ansprachen nach Stellengesuchen erfolgte vorwiegend unter einer Legende, um den Angesprochenen zunächst über den wahren Auftraggeber und dessen tatsächliche Absichten zu täuschen. Die im Bundesgebiet lebenden Personen lehnten wie bereits in den Vorjahren zu über 80% eine nachrichtendienstliche Mitarbeit von vornherein ausdrücklich ab. Nur etwa 11% haben nach ihrer Anwerbung eine Spionagetätigkeit aufgenommen, während die übrigen infolge einer wirklichen oder vermeintlichen Zwangslage zwar Zusagen machten, tatsächlich aber nachrichtendienstlich nicht tätig wurden. Mehr als zwei Drittel dieser Personen offenbarten ihren nachrichtendienstlichen Kontakt freiwillig den Sicherheitsbehörden. Bei den durch Brief und aufgrund einer Stellensuche Angesprochenen lag der Anteil der Selbstgesteller sogar bei 80% 1.2 Aufträge Im Berichtsjahr ist die Zahl der erfaßten Spionageaufträge gegenüber dem Vorjahr erheblich angestiegen, wobei die DDR-Nachrichtendienste entsprechend ihrem 114 Werbungen und Werbungsversuche Anteil der Nachrichtendienste Wohnsitz zum Zeitpunkt der Ansprache xc "ie!NDIENSTE DER ONa 71,3% P 00, Sy 64,1% 35,9% % L> << RT 28,1% Nar MMUNISTISCHER EI]WOHNSITZ BUNDESGEBIET U. BERLIN (WEST) EB WOHNSITZ KOMMUNISTISCHER MACHTBEREICH 115 Spionageaufträge nach sachlicher Zielrichtung 3 CHE SP ON Su 37,6% GE 1,5% 57,5% = oO (r) w a 67,4% fo) q s/Z a67,2% SS vv) N 2,0% Y VL " y 46,9% 53,1% s GE 16,4% (c) RTScHarTspioNn"(r) EB AUSGEFÜHRT UINICHT AUSGEFÜHRT ODER UNBEKANNT 116 Stellenwert als Hauptträger gegnerischer Ausspähung einen Anteil von 79% erreichten. Informationen aus dem politischen Bereich waren wiederum deutlicher Schwerpunkt der gegnerischen Ausspähungsbemühungen. Diese richteten sich insbesondere gegen Regierungsund Verwaltungsstellen des Bundes und der Länder, wobei die intensiven Ausforschungsbemühungen gegen Sicherheitsbehörden (vgl. dazu Ziff. 4,2) sowie gegen das Funkund Fernmeldewesen der Bundespost unverändert fortgesetzt wurden. Zielobjekte waren ferner wissenschaftliche Institute, Universitäten und sonstige Hochschulen, Studenten und Studentenorganisationen. Zahlreiche Aufträge richteten sich auch gegen Ostemigranten (vgl. dazu Ziff. 3), politische Parteien (vgl. dazu Ziff. 4.4) sowie in steigendem Maße gegen rechtsextremistische und neonazistische Organisationen und Gruppen. Die Militärspionage richtete sich, wie in den Vorjahren, vorrangig gegen die Bundeswehr. Aufklärungsziele waren insbesondere Truppenstärke, Personal, Ausrüstung und Bewaffnung, Kasernenanlagen und Depots sowie Manöver. Weitere Auftragsschwerpunkte waren die US-Streitkräfte und die übrigen Stationierungsstreitkräfte sowie strategische Ziele wie Straßen und Brücken, Bei der Wirtschaftsspionage hat sich die Zahl der im Berichtsjahr erkannten Aufträge gegenüber dem Vorjahr wesentlich verringert. Der erhebliche Anstieg im 'Jahre 1979 war vor allem auf die Auswertung zahlreicher durch die Angaben des übergetretenen MfS-Führungsoffiziers Stiller aufgedeckter Spionagefälle im Bereich Wirtschaft, Wissenschaft und Technik zurückzuführen. Allerdings läßt der Rückgang der Aktivitäten des MfS speziell im Bereich der Elektroindustrie und EDV-Anlagen, bezogen auf die Jahre 1978 und früher vermuten, daß das MfS die Konsolidierungsphase nach dem Übertritt Stillers (organisatorische Änderungen, insbesondere Neuaufbau des Netzes der Inoffiziellen Mitarbeiter (IM) im Berichtsjahr noch nicht abgeschlossen hatte, Auch 1980 standen die Elektroindustrie, die Rüstungsindustrie, der Luftfahrzeugbau und die Forschungsstätten der Wirtschaft im Vordergrund des gegnerischen Interesses. Schwerpunkte bei den Spionageaufträgen vorbereitender und unterstützender Art waren wie bisher die Personenund Objektklärung, Kontaktaufnahme und Anbahnung sowie die Beschaffung von Publikationen und örtlichen Orientierungshilfen wie Stadtplänen, Telefonund Adreßbüchern etc. 1.3 Legale Residenturen Auch 1980 ging ein erheblicher Teil der Spionagebedrohung der Bundesrepublik Deutschland von den Legalen Residenturen der gegnerischen Nachrichtendienste in den amtlichen und halbamtlichen Vertretungen der kommunistischen Staaten im Bundesgebiet und Berlin (West) aus. Dazu gehören nicht nur die Botschaften, Konsulate, Handelsvertretungen und Militärmissionen, sondern auch die Büros von Luftverkehrsgesellschaften und Reiseunternehmen, Agenturen staatlicher Wirtschaftsorganisationen sowie Vertretungen von Presse, Rundfunk und Fernsehen, d.h. auch solche Einrichtungen, deren Mitarbeiter keinen diplomatischen Schutz genießen, die aber ihre nachrichtendienstlichen Kontaktaufnahmen mit ihrer offiziellen Aufgabe legendieren können. Darüber hinaus kam es im Jahre 1980 in steigendem Maße zur Gründung sog. gemischter Firmen, d.h. Kapitalgesellschaften, an denen sich neben deutschen Partnern ostund südosteuropäische Staatshandelsunternehmen beteiligen. Ihre 117 Zielsetzung ist teilweise auch der Zugang zu technischem Know-how, die Umgehung von Embargobestimmungen sowie die Erlangung von militärisch-strategischen und wirtschaftlichen Vorteilen. Teilweise beschäftigen sie erkannte Angehörige gegnerischer Nachrichtendienste als Mitarbeiter. Bei den ND-Offizieren in den Legalen Residenturen steht neben der konspirativen die "offene" Informationsbeschaffung. Sie bemühen sich durch Abschöpfung ihrer Gesprächspartner, Informationen, auch vertraulicher Art, aus dem politischen und wirtschaftlichen Bereich zu erhalten. Daneben waren sie bestrebt, gezielt Erkenntnisse aus dem Forschungsbereich zu gewinnen, indem sie bei geschützten Firmen Lieferprogramme und Informationsmaterial anforderten. Die bei den Oberkommandierenden der Stationierungsstreitkräfte der Drei Mächte akkreditierten Sowjetischen Militärmissionen (SMM) in Bünde (Westfalen), BadenBaden und Frankfurt/M. haben gegenwärtig einen Personalbestand von 22 Offizieren und 28 Hilfskräften (Stand Ende Dezember 1980). Unverändert spielen die SMM eine dominierende Rolle bei der Beschaffung von geschützten Informationen auf dem militärischen Sektor sowie im Bereich der Rüstungsindustrie, des Nachrichtenwesens und der Energieversorgung. Insbesondere während großer Manöver der NATO-Streitkräfte im Bundesgebiet unternehmen sie ausgedehnte operative Erkundungsfahrten. 1.4 Verurtellte Agenten Im Jahre 1980 wurden durch Gerichte der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) insgesamt 33 Personen rechtskräftig wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit oder sicherheitsgefährdenden Nachrichtendienstes gemäß 88 99, 109 StGB verurteilt. Auftraggeber waren in 26 Fällen DDR-Nachrichtendienste, in fünf Fällen sowjetische Nachrichtendienste sowie in je einem Fall ein bulgarischer bzw. tschechoslowakischer Nachrichtendienst. 1.5 Beurteilung Die Bundesrepublik Deutschland war auch im Jahre 1980 unverändert außerordentlich intensiven Ausspähungsbemühungen gegnerischer Nachrichtendienste in allen Bereichen des öffentlichen Lebens ausgesetzt, woran die Nachrichtendienste der DDR den größten Anteil hatten. An das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) richtete zum 31. Jahrestag seines Bestehens das Zentralkomitee der SED eine öffentliche Grußadresse. Darin spricht es den "heldenhaften Kämpfern an der unsichtbaren Front" Dank und Anerkennung aus und wünscht den Mitarbeitern des MfS bei der Lösung der "anspruchsvollen Aufgabe" Erfolg. Die besondere Gefährlichkeit des nachrichtendienstlichen Angriffs der DDR auf die Bundesrepublik Deutschland ist nicht allein an den nachrichtendienstlichen Zugängen von Spitzenagenten in politischen oder militärischen Bereichen zu messen. Besondere Aufmerksamkeit verdient auch das intensive Bemühen, alle Bereiche des öffentlichen Lebens, Verwaltung und Wirtschaft, Parteien und Verbände auf allen Ebenen nachrichtendienstlich zu durchsetzen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse kommen nicht nur wieder der Qualität der nachrichtendienstlichen 'Arbeit-in verfeinerten Einschleusungsmethoden, bei der Führung und Anleitung der Agenten und bei der Gewinnung qualifizierter Zugänge -- zugute. Sie verschaffen in ihrer Gesamtheit der DDR erhebliche Vorteile in ihrer politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auseinandersetzung mit der Bundesrepublik sowie logistische Vorteile im Krisenfall. 118 Die qualitative und quantitative Dominanz der Nachrichtendienste der DDR darf nicht den Blick für die nachrichtendienstlichen Aktivitäten insbesondere der übrigen Warschauer-Pakt-Staaten und Jugoslawiens verstellen. Neben politischer Spionage steht hier die Bekämpfung der Emigranten und das Bestreben im Vordergrund, mit Hilfe von Spionage Anschluß an die weiterentwickelte westliche Technologie zu gewinnen. 2. Die Nachrichtendienste der DDR 2.1 Übersicht Die Nachrichtendienste der DDR waren auch 1980 mit einem Anteil von 71% der erkannten Werbungen und Werbungsversuche und 79% der erfaßten Aufträge Hauptträger der Spionagetätigkeit kommunistischer Staaten gegen die Bundesrepublik Deutschland. Mehr als drei Viertel der nachrichtendienstlich angesprochenen Personen waren Bewohner der Bundesrepublik Deutschland. Etwa die Hälfte von ihnen wurde während eines Aufenthaltes in der DDR, insbesondere anläßlich privater Besuchsreisen, nachrichtendienstlich angesprochen (vgl. dazu auch Ziff. 2.2). Bei den in der Bundesrepublik Deutschland angesprochenen Personen waren, wie in den Vorjahren, die allgemeine briefliche Anbahnung und die briefliche oder telefonische Anbahnung aufgrund von Stellengesuchen in der Presse eindeutiger Schwerpunkt. Dabei haben sich die Ansprachen aufgrund von Stellenanzeigen gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Diese Werbungsmethode, die vorwiegend vom militärischen Nachrichtendienst der DDR genutzt wird, beruht auf einer systematischen Auswertung der regionalen und überregionalen westdeutschen Tageszeitungen, wobei auf dne Anzeige eines Studenten mit Führerschein KI. Ill ebenso reagiert wird wie auf die eines beschäftigungsiosen EDV-Programmierers oder eines einen Nebenjob suchenden Soldaten. Ein fester Stamm von ND-Offizieren firmiert dabei unter ständig wechselnden Tarnbezeichnungen als Industrieberater, Fachredakteur, Dokumentarist, freier Mitarbeiter, Diplomökonom, wissenschaftlicher Mitarbeiter u.ä. Angeblich sind diese Personen bei Unternehmen wie Industrieinstitut Potsdam, Dokumentationsbüro, Wirtschaftsbüro, Servicebüro für Industrie und Wirtschaft, Unternehmensberatung oder Firmen mit ähnlich wohlklingenden Namen tätig und bieten eine freie Mitarbeit auf Honorarbasis an. Die erste schriftliche oder telefonische Kontaktaufnahme endet jeweils mit einer Einladung nach Berlin (Ost), wobei die dortige Unterredung stets in einem Hotel stattfindet, niemals in der -- nicht existierenden -- Niederlassung der Firma des Gesprächspartners. Zur schnellen Identifizierung des nachrichtendienstlichen Hintergrundes derartiger Angebote gilt es zu beachten, daß die Staatsunternehmen der DDR ihre Außenhandelskontakte und Geschäfte ausschließlich über ihre eigens dafür vorhandenen DDR-Außenhandelsbüros abwickeln. Die Existenz von privaten Wirtschaftsbüros und Unternehmensberatungen, wie sie typisch für westliche Industriestaaten sind, ist unvereinbar mit dem sozialistischen Wirtschaftssystem der DDR. Bewohner der Bundesrepublik Deutschland, die als Antwort auf ein Stellengesuch aus Berlin (Ost) oder Orten in der DDR ein Angebot der zuvor beschriebenen Art erhalten, sollten sich daher unverzüglich an die örtlich zuständige Verfassungsschutzbehörde wenden. 119 Die nachrichtendienstlich angesprochenen DDR-Bewohner wurden insbesondere aufgrund ihrer besonderen Eignung oder Zugangsmöglichkeit und der positiven Einstellung zum SED-Staat für einen Einsatz gegen die Bundesrepublik Deutschland ausgewählt. Daneben wurden die Bemühungen um eine legale Übersiediung in die Bundesrepublik sowie Westkontakte und Westreisen genutzt. Die Werbungsmittel der DDR-Nachrichtendienste haben sich nicht wesentlich geändert. Wie in den Vorjahren standen Zusicherung und Gewährung materieller Vorteile im Vordergrund. Die Ansprache im Bundesgebiet geschah meist unter einer Legende, um durch Täuschung über den tatsächlichen Auftraggeber und dessen Absichten die Kontaktaufnahme zu erleichtern und die weitere Verbindung besser aufrechterhalten zu können. Bei ihren Werbungsbemühungen gegenüber Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland müssen die DDR-Nachrichtendienste nach wie vor hohe Ablehnungsquoten in Kauf nehmen: 86% der Angesprochenen lehnten eine Mitarbeit von vornherein ab. Andere machten bei Ansprachen in der DDR aufgrund einer vermeintlichen oder wirklichen Zwangslage zwar Zusagen, wurden jedoch nach Rückkehr in die Bundesrepublik nachrichtendienstlich nicht tätig. 2.2 MfS und DDR-Besucher Die Bundesregierung befürwortet einen möglichst regen Besuchsreiseverkehr mit der DDR. Sie ist bemüht, die Reisemöglichkeiten weiter zu verbessern und zu erleichtern und noch bestehende Erschwernisse im privaten Reiseverkehr mit der DDR abzubauen, damit die Menschen in beiden deutschen Staaten bestehende Kontakte ungehindert pflegen und neue Kontakte knüpfen können. Die Reise in die DDR ist allerdings nicht nur der Besuch von Verwandten und Freunden oder touristischen Sehenswürdigkeiten, sondern immer auch die Fahrt in ein kommunistisch regiertes Land. Die Besuchsreisenden sollten sich dieser Tatsache bewußt sein. Sie bedeutet u. a., daß die für Spionage zuständigen Dienststellen der DDR bemüht sind, solche Reisen für ihre Zwecke auszunutzen. Die nachfolgende Darstellung will über solche Praktiken aufklären. Sie beruht auf aktuellen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes. Die DDR betreibt ihre nachrichtendienstlichen Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland und andere westliche Länder mit den für Aufklärungsaufgaben eingerichteten Arbeitseinheiten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und durch die Abteilung XII ("Verwaltung Aufklärung") des Ministeriums für Nationale Verteidigung (MfNV). Die Mehrzahl der Arbeitseinheiten des MfS und die Mehrzahl seiner hauptamtlich Tätigen sind mit Aufgaben der inneren Sicherheit der DDR und ihrer Organe sowie der staatlichen Kontrolle der Bevölkerung betraut. Aber auch die Arbeit dieser MfS-(Abwehr-)Einheiten kommt den offensiven SpionageArbeitseinheiten in vollem Umfang zugute. Denn bei der Wahrnehmung seiner 'Abwehrund Sicherungsfunktionen in der DDR gelangt das MfS an Erkenntnisse, die für die operative Arbeit gegen die Bundesrepublik Deutschland von wesentlicher Bedeutung sind. Ein Beispiel dieser Arbeitsweise sind die Beschaffung und Verwendung von Erkenntnissen über DDR-Besucher aus dem Westen. Ein westlicher DDR-Besucher kommt bei der Vorbereitung und Durchführung seiner Besuchsreisen in die DDR unvermeidlich mit Organen der DDR in Kontakt. Dabei ergeben sich auch mittelbare oder unmittelbare Berührungen mit Dienststellen des MfS, in der Regel ohne daß dies für den westlichen DDR-Besucher 120 erkennbar nst. So ist er z. B. beim Grenzübertritt den Fragen des Grenzbeamten ausgesetzt, unter denen sich Angehörige der Hauptabteilung VI des MfS befinden, die für die Sicherung des Reiseverkehrs und die Kontrolle des Tournsmus verantwortlich snnd. Diese MfS-Arbeitseinheit ist übrigens auch für die Überwachung und Kontrolle von Hotels, sonstigen Beherbergungsunternehmen, Campingplätzen, Ferienheimen etc. in der DDR zuständig. Der MfS-Überläufer Stier hat angegeben, daß die HVA fur dne Hauptabteilung VI des MfS enn Verzeichnis derjenigen Behörden, Firmen und Berufsgruppen erarbeitet hat, dne aus dortiger Sicht nachrichtendienstlich interessant sind. Trifft ein derartiges Kriterium im Einzelfall zu, melden die MfS-Dienststellen an der Grenze den Besucher an die für den Besuch: sort zustandige Bezirksverwaltung des MfS weiter. Dort ist es Aufgabe der Abtn lung "Aufklärung" (früher Abt. XV), die Eignung des Besuchers fur enne nachrichtendienstliche Ansprache -- soweit nicht bereits aufgrund der Visumantragstellung geschehen -- zu prüfen. Unabhängig von diesen unvermeidlichen Beruhrungen mit Organen der DDR kann der Besucher ben Verfehlungen, etwa Verstößen gegen Zollund Devisenbestimmungen oder Verkehrsverstößen, Kontakt zum MfS zu erhalten. Verstöße von Ausländern -- und als solche betrachtet die DDR Besucher aus der Bundesrepublik -- gegen die Rechtsordnung der DDR werden von den zuständigen Organen umgehend dem MfS -- meist auf lokaler Ebene -- gemeldet Zeitpunkt und Ort der Ansprache sind vom Einzelfall abhängig. Das MfS bevorzugt die Ansprache unter Legende während des Aufenthalts bei den Gastgebern. Häufig hat der angebliche "Journalist", der "Angehörige des Ministeriums des Innern" oder eines "wissenschaftlichen Instituts" sein Erscheinen bet den Verwandten oder Bekannten des Westbesuchers bereits vor dessen Ankunft angekundigt. Dieser Methode der nachrichtendienstlichen Kontaktierung gibt das MfS gegenwärtig den Vorzug vor der früher üblichen Einbestellung zum "Rat des Kreises", wo der Besucher von einem "Zivilisten" auf eine nachrichtendienstliche Eignung und Bereitschaft zur Mitarbeit abgeklärt wurde. Der Besucher aus der Bundesrepublik Deutschland hat bei einer Weigerung, auf die nachrichtendienstlichen Angebote anlaßlich solcher Ansprachen einzugehen, erfahrungsgemäß keine Nachteile zu befürchten, wenn er sich bei seinem Aufenthalt an dne Gesetze der DDR hält. Er sollte snch jedoch nach seiner Rückkehr ins Bundesgebiet an die zustandigen Behörden wenden, wenn ihm solche Werbungsversuche erkennbar werden. 2,3 Interessante Schleusungsvariante gegnerischer Nachrichtendienste 2.3.1 Bns in die 70er Jahre schleusten gegnerische Nachrichtendienste Agenten mit falscher Identität über Drittländer in die Bundesrepublik Deutschland ein Gezieite Maßnahmen der Spionageabwehr ermöglichten nn den vergangenen Jahren das Aufspuren einer großen Anzahl der so eingeschleusten Agenten. Die gegnerischen Nachrichtendienste mußten daher neue Schleusungsmöglichkeiten suchen Zu einer gängigen Methode des MfS nst inzwischen die "Nahtlose Schleusung" durch dte sog. "Doppeigangerkombination' geworden Daben nutzt der gegnerische Dienst dne biographischen Daten von Deutschen, die ihren Wohnsitz vom Bundesgebiet nn die DDR velegt haben und stattet damit die in die Bundesrepublik Deutschland ennzuschleusenden Agenten aus. Der Agent setzt hier das Leben des nn dee DDR verzogenen Deutschen fort. 121 Vorbereitung und Ablauf einer derartigen Einschleusung laufen dabei wie folgt ab: Die Verlegung des Wohnsitzes in die DDR setzt ein Genehmigungsverfahren voraus. Der normale Weg ist ein entsprechender Antrag bei der "Aufnahmestelle für zurückkehrende DDR-Bürger und Umsiedler aus der BRD" in Berlin (Ost) oder beim Rat des Kreises innerhalb der DDR. Das MfS ist entscheidend in das Genehmigungsverfahren eingebunden. Es prüft, ob sich die biographischen Daten des Bundesbürgers für eine "Nahtlose Schleusung" eines Agenten eignen. Bei den Umsiedliungswilligen handelt es sich vornehmlich um Menschen, die die Absicht haben, mit einer in der DDR lebenden Person die Ehe zu schließen und, da ihnen eine andere Möglichkeit als ausgeschlossen dargestellt wird, künftig in der DDR leben wollen. 2.3.2 Ein Beispiel ist der Fall des Bernhard M. aus Dortmund (alle Namen und Orte sind geändert): 'Anfang der 70er Jahre hielt sich der Techniker Bernhard M. mehrfach in der DDR auf, um von seinem Arbeitgeber gelieferte Werkzeugmaschinen zu warten. Dabei lernte er eine Frau kennen und beide beschlossen zu heiraten. Bernhard M. wollte seine Verlobte mit nach Dortmund nehmen. Die DDR-Behörden versagten ihr aber die Ausreise. Bei dieser Gelegenheit war das MfS auf Bernhard M. aufmerksam geworden. Man legte ihm nahe, in die DDR überzusiedeln und versprach ihm dort eine aussichtsreiche berufliche Karriere. Dieses Versprechen wurde jedoch später nicht eingehalten. Nachdem Bernhard M. sich entschlossen hatte, in die DDR zu gehen, wurde ihm zunächst bedeutet, daß noch gewisse Formalitäten zu erledigen seien und eine Übersiedlung deshalb frühestens in einem halben Jahr realisiert werden könne. Das MfS benötigt diesen Zeitraum, damit sich der für eine Einschleusung vorgesehene Agent mit der Legende des Übersiedlungswilligen vertraut machen kann. Dazu gehören u. a. Reisen des Agenten ins Bundesgebiet. Erst wenn diese Phase der Schleusungsvorbereitung für den Agenten abgeschlossen ist, wird dem Übersiedlungswilligen bedeutet, daß einem Umzug in die DDR nun nichts mehr im Wege steht. Als Bernhard M.s Umzug in die DDR kurz bevorstand, wurde ihm aufgetragen, sich beim Einwohnermeldeamt Dortmund nicht in die DDR, sondern nach Österreich abzumelden. Diese Weisung begründete der MfS-Offizier damit, bei einer Abmeldung in die DDR werde dies seitens der Bundesrepublik als Abwerbung ausgelegt und sein Arbeitgeber könne Regreßansprüche an die DDR stellen. Eine Abmeldung in ein anderes westliches Land verhindere den Abwerbevorwurf und evtl. Regreßansprüche. Wie geheißen, meldete sich Bernhard M. nach Österreich ab und begab sich mit der Abmeldebestätigung in die DDR. Diese diente einige Wochen später einem Agenten, der sich der biographischen Daten des Bernhard M. bediente, bei dessen Legalisierung im Westen. 2.3.3 Vereinzelt sind es auch ehemalige Flüchtlinge, die nach langjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland wieder zu ihren Angehörigen in die DDR zurückkehren möchten. Dazu sei als weiteres Beispiel der Fall des Peter D. aus Mannheim geschildert: Peter D. lebte bis 1959 bei seiner Mutter in Magdeburg. Die Ehe seiner Eltern war geschieden, der Vater war bereits im Jahre 1956 als Flüchtling nach Mannheim gekommen. 122 1959 entschloß sich auch Peter D., die DDR zu verlassen und in die Bundesrepublik Deutschland zu gehen. Sein Vater nahm ihn auf und besorgte ihm eine Arbeitsstelle. Dort kam Peter D, gut voran, bis sein Vater im Jahre 1971 unerwartet verstarb. Der kontaktarme Peter D. beschloß deshalb, wieder zu seiner Mutter nach Magdeburg zurückzukehren. Nachdem seine Mutter Kontakt mit den DDR-Behörden aufgenommen hatte, wurde er zu einem Gespräch nach Magdeburg gebeten. Hier traf Peter D. mit einem MfS-Offizier zusammen, der ihm erklärte, daß man seinen Übersiediungswunsch wohlwollend prüfe. Dabei wurde auch nachgeforscht, ob er sich in der Bundesrepublik Deutschland nichts habe zuschulden kommen lassen. Er müsse sich deshalb noch einige Zeit gedulden, weil die entsprechenden Ermittlungen frühestens in einigen Monaten abgeschlossen werden könnten. Acht Monate später wurde Peter D. erneut zu einem Besuch nach Magdeburg eingeladen. Sein früherer Gesprächspartner erklärte ihm, die Überprüfungen hätten ergeben, daß er würdig sei, wieder in den Arbeiterund Bauernstaat zurückzukehren. Nachdem der Zeitpunkt seiner Übersiedlung festgelegt worden war, wies der MfSOffizier Peter D. an, sich beim Einwohnermeldeamt Mannheim nach Hannover abzumelden. Er erklärte dies damit, es sei ja noch nicht sicher, ob Peter D. sich künftig in der DDR auch wohl fühle und vielleicht habe er dann den Wunsch, wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückzugehen. Habe er sich aber vorher von Mannheim nach Magdeburg abgemeldet, dann müsse er bei einer eventuellen Rückkehr in das Bundesgebiet als Flüchtling das Notaufnahmelager in Gießen durchlaufen und gar einen längeren Lageraufenthalt in Kauf nehmen. Dem könne er vorbeugen, wenn beim Einwohnermeldeamt Mannheim später kein Hinweis auf den Umzug nach Magdeburg zu finden sei. Darum sei in seinem eigenen Interesse eine 'Abmeldung von Mannheim nach Hannover erforderlich. Weisungsgemäß meldete sich Peter D. nach Hannover ab und begab sich nach Magdeburg. Die Abmeldebestätigung mußte er dem MfS-Offizier aushändigen, der sie an einen Agenten wentergab. Dieser erschien am nächsten Tag im Einwohnermeldeamt Hannover und meldete sich unter Vorlage der Abmeldebestätigung als Peter D., angeblich von Mannheim kommend, an. 2.3.4 Gelegentlich wird aber auch noch ein kurzfristiger Zwischenumzug an einen anderen Ort in der Bundesrepublik gefordert. Dies zeigt der nachfolgende Fall: Harald Sch. kam 1952 mit seinen Eltern als Flüchtling aus Dresden nach Kassel. In der Folgezeit besuchte er mit seinen Eltern mehrfach Verwandte in Dresden. Bei einem dieser Besuche lernte er 1974 eine Studentin kennen. Im weiteren Verlauf der Bekanntschaft wurden Heiratspläne geschmiedet. Das Vorhaben, eine gemeinsame Zukunft nn der Bundesrepublik Deutschland aufzubauen, wurde durch das MfS durchkreuzt. Beiden wurde klargemacht, daß sie gesicherte Zukunft nur in einem sozialnstischen Land hätten. Deshalb könne eine Ausreisegenehmigung für die Verlobte des Harald Sch. auch nicht erteilt werden. Aus Zuneigung zu seiner Verlobten entschloß sich Harald Sch., in die DDR zu gehen, zumal man ihm dort einen interessanten Arbeitsplatz mit guten Aufstiegsmöglichkeiten garantiert hatte. Sein Vorhaben, sofort nach Dresden überzusiedeln, konnte er jedoch nicht verwirklichen, da ihm der MfS-Offizier erklärte, daß er zunachst einige Personen benennen müsse, die bereit seien, für ihn zu bürgen. Zusätzlich müsse auch noch 123 seine Zuverlässigkeit überprüft werden. Dies alles erfordere einen gewissen Zeitaufwand. Sechs Monate später wurde Harald Sch. bei einem Besuch in Dresden mitgeteilt, einer Übersiedlung in die DDR stünde nun nichts mehr im Wege. Er erhielt den 'Auftrag, für die Dauer von 10 Wochen in Frankfurt/M. eine Wohnung zu nehmen. Damit solle vermieden werden, daß seine Bekannten von dem Umzug in die DDR erfahren würden. Anschließend solle er sich von Frankfurt/M. nach Saarbrücken abmelden, aber nach Dresden kommen. Harald Sch. kam dieser Weisung nach und ging mit der Abmeldebestätigung des Wohnsitzwechsels Frankfurt/M. -- Saarbrücken in die DDR. Wenige Tage später meldete sich ein Agent als Harald Sch. in Saarbrücken an. 2.3.5 Derartige mit einem erheblichen finanziellen Aufwand betriebene Schleusungsoperationen unterliegen zur Wahrung der Sicherheit des Agenten besonderen konspirativen Maßnahmen, die sich insbesondere auf die Person des neuen DDR-Bewohners beziehen. So wird über ihn eine totale Postund Telefonkontrolle verhängt, um frühzeitig in Erfahrung bringen zu können, ob der in der Bundesrepublik lebende Doppelgänger gefährdet ist. Darüber hinaus besteht für ihn nicht nur ein absolutes Westreiseverbot, sondern sämtliche Westkontakte, z. B. DDRBesuche nächster Angehöriger, werden genau überwacht (Abhöreinrichtungen etc.). Der "Neubürger der DDR" erhält "Lebenslänglich DDR". Diese ganzen Maßnahmen geschehen, darauf sei besonders hingewiesen, ohne seine Kenntnis. Er wird also nie erfahren, welche Rolle er bei der Einschleusung eines Agenten gespielt hat. Wer Hinweise auf bekanntgewordene gleichgelagerte oder ähnliche -- auch länger zurückliegende -- Verhaltensweisen von Übersiedlern in die DDR geben kann, sollte sich an die örtlich zuständige Landesbehörde für Verfassungsschutz oder das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln wenden. 3. Emigranten und Emigrantenorganisationen als Zielobjekte gegnerischer Nachrichtendienste 3.1 Die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland hatten sich in der Vergangenheit wiederholt mit der Frage zu befassen, ob der Straftatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit gemäß $ 99 StGB auch die Ausspähung von hier lebenden Emigranten und ihren Organisationen durch gegnerische Nachrichtendienste erfaßt. Ein Fall aus jüngster Zeit veranlaßte den Bundesgerichtshof (BGH) zu einer erneuten Stellungnahme. Der. Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein in der Bundesrepublik Deutschland lebender Exilbulgare, Vorsitzender einer politischen Emigrantenorganisation, war 1977 während eines CSSR-Aufenthaltes von einem Mitarbeiter des bulgarischen Nachrichtendienstes für eine Zusammenarbeit angeworben worden. In der Folgezeit berichtete er seinen Auftraggebern über bulgarische Landsleute, die im Bundesgebiet in Emigrantenorganisationen tätig waren, beschaffte Publikationen dieser Organisationen und versuchte, andere Emigranten zu Unterstützungshandlungen zu bewegen. In der Absicht, Emigrantenorganisationen zu schwächen, hetzte er deren Mitglieder gegen die Führer und Funktionäre auf. Nach Ansicht des BGH ist bei der Prüfung der Voraussetzungen des $ 99 StGB entscheidend,ob ein Interesse der Bundesrepublik Deutschland an dem Gegen124 stand der Ausforschungsbemühungen besteht. Wurden allenn auslandische Interessen berührt, nst der Tatbestand einer geheimdienstlichen Agententätigkeit nicht erfüllt. Ein derartiges Interesse hat der BGH im Falle der in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Ausländerorgannsationen bejaht, und zwar mit der Begründung, daß sne Elemente des politischen und gesellschaftlichen Lebens darstellen, die zunehmend an Bedeutung gewännen. Das zeige allein schon die Zahl von mehreren Millionen hner lebenden Ausländern, die zu einem großen Teil organnsiert seien. Die Tatsache, daß sich die Sncherheitsorgane des Bundes und der Länder ständng beobachtend mnt derartigen Organisationen befaßten, verdeutliche, welche polttische Bedeutung der Existenz, der Entwicklung und Betatigung dieser Organnsationen von den hiesigen zuständigen staatlichen Organen beigemessen werde. Auch soweit snch Ausländerorganisationen im Bundesgebiet lediglich mit den sozialen Problemen ihrer jeweiligen Staatsangehörigen befaßten, seien dies nn der Regel zugleich soziale Probleme der Gesellschaft, um deren Lösung sich u. a. auch öffentliche Stellen bemühen. Aus dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland an dem Bestehen der inneren Verfassung sowie an Planungen und Tätigkeiten der Ausländerorganisationen auf nhrem Territorium ergebe sich das Interesse an der Abwehr darauf gerichteter Ausforschungsbemühungen fremder Geheimdienste. Zum gleichen Ergebnis kornmt der BGH hinsichtlich der Ausforschungsbemuhungen gegenuber ennzeinen Auslandern, unabhängig von deren etwaiger Mitgliedschaft in einer Ausländerorganisatnon. Er begründet dies aus der Erfahrungstatsache, daß die fremden Geheimdienste die so gewonnenen Erkenntnisse dazu nutzen, um die Emigranten zu einer geheimdienstlichen Tatngkeit zu erpressen oder Gewalttaten gegen besonders unliebsame Emigranten zu unternehmen 3.2 Die Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland stellen seit vielen Jahren Aktivitäten der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten Ost-und Südosteuropas fest, dne von dort geflüchteten und nunmehr nn unserem Land als Asylanten lebenden ehemaligen Bürger auszuspähen und ihre Organisationen zu bekämpfen, Während die dabei angewandten Methoden überwiegend gleich snnd, bestehen Unterschiede nm Umfang und der Intensitat dieser Aktivitäten Sne snnd nicht nur abhängig vom inneren Zustand der jeweiligen Heimatländer der Emigranten und dem organisatornschen Zusammenhalt der Emigranten, sondern insbesondere auch von etwaigen Aktivitäten dieser Organnsationen gegen die Regnme in den Heimatländern. Dabei snnd die Methoden des sowjetischen Nachrnchtendienstes KGB Vorbild für alle übrigen Nachrichtendienste, nncht nur aufgrund der politischen Führungsrolle der Sowjetunion (Ausnahme Jugoslawien), sondern nnsbesondere auch wegen dessen 60jährnger Erfahrung nm Kampf gegen regimefeindliche Kräfte. 'Am Beispiel des sowjetischen Nachrichtendienstes sollen daher die nachnichtendienstlichen Aktivitäten gegen die Emigration dargestellt werden. 3.3 Nachdem snch das bolschewistische Regnme nn Rußland nach der Revolution 1917 einigermaßen konsolidiert hatte, erhielten der Staatssicherhertschenst Tscheka und nhre Nachfolgeorganisationen dne Aufgabe, dne wirklichen und vermenntlichen "konterrevolutionären" Kräfte auszuschalten, wozu auch dne von Emigranten getragenen antnbolschewistischen Organisationen nm Ausland gehörten, Zu Begnnn der Emigrantenbekämpfung wurden überwiegend Illegale eingesetzt, deren Aufgabe die Verfolgung und oftmals auch die Liquidierung antnbolschewistischer Emigrantenführer war. 125 Diese ersten Illegalen verkörperten ihrem Wesen nach zugleich den Prototyp des später vornehmlich mit der Ausspähung und Erkundung betrauten klassischen Illegalen, wie er heute noch fast unverändert vom KGB verwandt wird. 'Allgemein stand bis in die 60er Jahre für die Aufklärung und Bekämpfung der Emigranten eine gesonderte, weltweit operierende Abteilung des KGB zur Verfügung. Aus der Erkenntnis, daß die von den Emigranten ausgehende politisch-subversive Bedrohung nicht mehr so hoch zu werten ist, wurde diese Arbeitseinheit aufgelöst und ihre Aufgabe der Verwaltung K (Kontrrazvedka = Gegenspionage) innerhalb der Ersten Hauptverwaltung des KGB übertragen. Die Verwaltung K läßt ihre Operationen von ND-Offizieren aus den Legalen Residenturen in den offiziellen und halboffiziellen Auslandsvertretungen ausführen, des weiteren von geheimen Mitarbeitern im Ausland, die keine Verbindung zu den Legalen Residenturen haben sowie von ND-Offizieren, die direkt aus KGB-Objekten oder aus KGB-gesteuerten Einrichtungen im kommunistischen Machtbereich operieren. Die gegen die Emigration arbeitenden ND-Offiziere in den Legalresidenturen sind vorwiegend durch offizielle Funktionen in den Konsularabteilungen der sowjetischen Auslandsvertretungen abgedeckt, da das dort tätige Personal häufig mit Emigranten in Kontakt kommt. Entsprechend können die ND-Offiziere geeignete Kontakte suchen, während andererseits Kontakte der Emigranten mit diesen Einrichtungen und ihrem Personal den westlichen Abwehrstellen nicht von vornherein verdächtig erscheinen. Die KGB-Aktivitäten gegen die Emigration stellen heute ein ganzes Spektrum von Operationszielen dar: --Zersetzung der politischen Substanz der antisowjetischen Emigration und Bekämpfung politischer Aktionen -- Förderung der prosowjetischen Emigration -- Verfolgung von prominenten Emigranten -- Werbung von Agenten unter den Emigranten für allgemeine Erkundungsund 'Ausspähungsaufgaben -- Abwehr von gegen die UdSSR gerichteter Spionagetätigkeit von Emigranten. Die Zersetzung der antisowjetischen Emigration versucht das KGB dadurch zu erreichen, daß es Unsicherheit, gegenseitige Verdächtigung und Streit unter den Mitgliedern der Organisationen hervorruft. Dabei kommt dem KGB zugute, daß es sich bei den Emigranten aus der Sowjetunion um Angehörige verschiedener Nationalitäten handelt (u.a. Esten, Letten, Litauer, Weißrussen, Ukrainer, nier), die sich ethnisch, kulturell, sprachlich und zum Teil auch im religiösen Bekenntnis unterscheiden. Entsprechend sind sie in eine Vielzahl von Organisationen aufgesplittert, die zwar allgemein das kommunistische Regierungssystem ablehnen, aber in den Vorstellungen über ihre politische Strategie voneinander abweichen. Das KGB schleust Vertrauensleute in die Organisationen oder wirbt einzelne Mitglieder an. Gestützt auf die erlangten Hintergrunderkenntnisse ist das KGB bestrebt, Konflikte zu erzeugen und bestehende Konflikte zu schüren. Daneben versucht der KGB, die wahren Ziele der Emigration verfälscht darzustellen und diese dadurch den Regierungen der Gastgeberländer, aber auch den Sowjetbürgern verdächtig erscheinen zu lassen. So werden die Emigrantenorganisationen nicht nur häufig in die Nähe des Terrorismus gerückt, sondern stets wiederkehrend auch als im Solde westlicher Spionagedienste stehend dargestellt. 126 Außer den Emigrantenorganisationen sind naturgemäß auch die im Sinne der antisowjetischen Emigration tätigen amerikanischen Radiosender Liberty und 'Radio Free Europe (RFE) in München bevorzugte Angriffsziele des KGB, da sie zahlreiche Emigranten beschäftigen und wegen ihrer großen Einwirkungsmöglichkeiten auf die sowjetische Bevölkerung den dortigen Behörden ein besonderer Dorn im Auge sind. Auch über geplante antisowjetische Aktionen der Emigranten wie Demonstrationen etc. wird das KGB durch seine Agenten informiert. Gezielte Aufklärungsaufträge ergehen insbesondere dann, wenn das KGB z. B. anläßlich von Staatsbesuchen sowjetischer Politiker im Westen oder bei internationalen Großveranstaltungen, wie den kommunistischen Weltjugendspielen oder zuletzt den Olympischen Spielen in Moskau, mit antisowjetischen Demonstrationen rechnet. Dadurch werden die sowjetischen Staatssicherheitsorgane in die Lage versetzt, unerwünschten Aktionen wirksam begegnen zu können. Je nachdem, auf wessen Territorium diese Aktionen stattfinden sollen, wird entweder den Emigranten die Einreise verwehrt oder die westlichen Sicherheitsorgane werden zu Gegenmaßnahmen aufgefordert. So verlangt die sowjetische Regierung anläßlich von Staatsbesuchen sowjetischer Politiker im Westen regelmäßig, bestimmte Emigranten aus anderen Ländern nicht in das Gastgeberland einreisen zu lassen oder weist auf sie als Sicherheitsrisiko hin. Daneben versucht das KGB, innerhalb der Emigration ein prosowjetisches Gegengewicht zu schaffen. Dabei bedient snch das KGB der Gesellschaft für kulturelle Beziehungen mit Landsleuten im Ausland "Rodina" ("Heimat"). Diese tatsächlich als staatliche Behörde einzuschätzende "Gesellschaft" verfolgt offiziell das Ziel, über eigene Pressepublikationen und Rundfunksender die kulturellen Verbindungen und Kontakte zu Landsleuten im Ausland zu pflegen und auszuweiten. Dazu unterhält die Gesellschaft in Berlin (Ost) eine Vertretung, die das Bindeglied zu den im Westen lebenden Emigranten darstellt. Die wirklichen Aufgaben dieser Gesellschaft werden aber deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß alle wichtigen Funktionen mit KGB-Offizieren besetzt sind. Über die Rodina ist das KGB bemüht, sog. "progressive" Landsleute bei der Gründung von Verbänden, Vereinigungen, Clubs, Bibliotheken u. ä. zu unterstützen und deren Mitgliedern Informationen über die Sowjetunion zu liefern, auch und insbesondere durch Reisen in die Heimat. Auf diesem Wege kommt es zwischen diesen Organisationen und den sowjetischen Vertretungen im Bundesgebiet zu zahlreichen persönlichen Kontakten, die seitens der Vertretungen naturgemäß KGB-Offizieren übertragen sind. Diese zum Teil mit erheblichem personellen und finanziellen Aufwand betriebenen Anstrengungen dienen vorrangig dem Ziel der Schwächung der antisowjetischen Emigration mit gewaltlosen Mitteln. Daneben haben das KGB und seine Vorläuferorganisationen stets ihr besonderes 'Augenmerk auf die Schlüsselfiguren der organisierten Emigration gerichtet, wobei sie vor Entführung und anderen Gewalttaten bis hin zur Ermordung nicht zurückschreckten. Auf diese Weise schwächten sie die Organisationen der Emigranten, demonstrierten aber insbesondere ihre Fähigkeit, weltweit die Gegner des sowjetischen Systems zu vernichten, wodurch zusätzliche Furcht und Unsicherheit unter die Emigrantenorganisatnonen getragen und nichtorganisierte Emigranten von der Unterstützung dieser Organisationen abgehalten werden sollten. Als bekannte Beispiele sind die Morde an Leo Trotzkidurch einen kubanischen KGB-Agenten im Jahre 1940 in Mexiko ("Eispickelmord') sowie der ukrainischen Nationalisten 127 'Rebet und Bandera durch den KGB-Agenten Staschinsky in den Jahren 1957 und 1958 in München anzuführen. Die zuvor dargestellte subversive Arbeit des KGB gegen die antisowjetische Emigration unterscheidet sich grundsätzlich von der Werbung von Agenten unter den Emigranten für allgemeine Erkundungsund Ausspähungsaufgaben. Insoweit bieten Emigranten in mancher Hinsicht günstige Ansatzpunkte für Werbungen. Ihre vielfältigen Verbindungen und Bindungen an die Heimat lassen sich leicht zu einem geeigneten Werbungsmittel ausbauen, indem man den Betroffenen als Gegenleistung die Möglichkeit einräumt, diese Beziehungen zu pflegen, im Weigerungsfalle aber droht, diese Verbindungen zu unterbrechen und sogar den Angehörigen in der Sowjetunion Schaden zuzufügen. Auch das Angebot, sich durch eine nachrichtendienstliche Mitarbeit zu rehabilitieren und eine tatsächliche oder vermeintliche "Missetat" gegen die alte Heimat wiedergutmachen zu können, kann bei Emigranten verfangen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß Emigranten oft guten Zugang zu nachrichtendienstlich interessanten Objekten besitzen. So rekrutiert sich z. B. das Zivilpersonal von Arbeitseinheiten der Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik zu einem großen Teil aus Emigranten. So wie das KGB einerseits Emigranten für allgemeine Ausspähungsaufgaben anwirbt, traut es andererseits den antisowjetisch eingestellten Emigranten zu, sich von westlichen Nachrichtendiensten für eine Spionage gegen die UdSSR anwerben zu lassen. Es ist schwer zu sagen, inwieweit das KGB darin eine echte Gefahr sieht. Auf alle Fälle nutzt es dieses Argument als Vorwand für seine gesamten gegen die Emigration gerichteten Aktivitäten. 3.4 Die gegen die Emigration gerichteten Aktivitäten der Nachrichtendienste der übrigen kommunistischen Staaten Ostund Südosteuropas (Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, CSSR und Jugoslawien) weisen von Land zu Land unterschiedliche Akzente auf. Auch sie unternehmen vielfältige Versuche, die Emigrantenorganisationen, deren politische Ziele, Finanzierung, vermutete Verbindungen zu westlichen Nachrichtendiensten sowie etwaige subversive Aktivitäten gegen die in den Heimatländern herrschenden kommunistischen Systeme aufzuklären. Zu den herausragenden Zielobjekten gehören auch bei ihnen die Radiosender Libertyund RFEin München, bei denen sie ständige Penetrierungsversuche unternehmen. Ein hervorragender Kontaktanlaß bietet sich den Legalen Residenturen dieser Nachrichtendienste durch die Bemühungen vieler Emigranten, nach einer Flucht in die Bundesrepublik ihre rechtlichen Beziehungen zu ihrem Heimatland zu ordnen. Dazu bedarf es eines Antrags auf Entlassung aus der Staatsbürgerschaft oder auf nachträgliche Aussiedlung, die die Ausstellung eines Konsularpasses ermöglicht. Beides eröffnet den Emigranten die Möglichkeit, Besuchsreisen in die Heimat zu unternehmen und die Verbindungen zu den dort lebenden Angehörigen und Freunden wiederherzustellen. Die förmlichen Antragsverfahren sind jedoch mit umfangreichen Angaben verbunden, die sich nicht nur auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller, sondern auch auf deren Verwandtenund Bekanntenkreis beziehen. Dadurch erhalten die gegnerischen Nachrichtendienste vielfältige Erkenntnisse über die Emigration, die zu einer starken Verunsicherung und einem erheblichen Mißtrauen unter den Emigranten geführt haben. Neben der Ausforschung der Emigranten und ihrer Organisationen bieten diese Verfahren auch hervorragende Gelegenheiten, die anfallenden Informationen aus politischem wirt128 schaftlich/wissenschaftlichen und militärischen Bereichen durch Anwerbung geeigneter Agenten aus dem betreffenden Personenkreis zu nutzen. Eine Sonderstellung hat der jugoslawische Nachrichtendienst, der im Bereich der Emigrantenausspähung die führende Rolle einnimmt. Dies beruht auf der Tatsache, daß der jugoslawische Vielvölkerstaat seine Einheit insbesondere durch die extrem regimefeindlichen Aktivitäten der kroatischen Emigranten permanent bedroht sieht, die ihrerseits mit gewaltsamen Mitteln ihr politisches Ziel eines unabhängigen kroatischen Nationalstaates zu verwirklichen versuchen. Entsprechend unternimmt der jugoslawische Nachrichtendienst vielfältige Bemühungen, die zahlreichen kroatischen Emigrantenorganisationen zu penetrieren, auszuforschen und ihre Aktionen gegen offizielle jugoslawische Einrichtungen und deren Vertreter zu erkennen. 4 Festnahmen 4.1 Überblick Mehr als 50 Personen, davon 20 nach Vorermittlungen der Verfassungsschutzbehörden, wurden 1980 unter dem Verdacht geheimdienstlicher Agententätigkeit für einen gegnerischen Nachrichtendienst festgenommen. In 45 Fällen erging Haftbefehl. Bemerkenswert ist die Zahl von 13 in der DDR wohnenden, festgenommenen Deutschen, die sich als Instrukteure, Kuriere oder Anbahner der DDR-Nachrichtendienste in der Bundesrepublik oder Berlin (West) aufhielten. Bis auf 5 Fälle waren sämtliche festgenommenen Personen für einen DDR-Dienst tätig. Damit bestätigt sich auch bei den Festnahmefällen die überragende Bedeutung dieser Nachrichtendienste im Gesamtspektrum der gegnerischen Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland. Insgesamt konnten 1980 bei den Exekutivfällen weder die Zahl des Vorjahres erreicht noch ähnlich spektakuläre Spionagefälle aufgedeckt werden. Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Ereignisse wie der Übertritt des MfS-Offiziers Stiller im Januar 1979 sowie die Enttarnung mehrerer Sekretärinnen in exponierten Parteiund Regierungsstellen als MfS-Agentinnen auch für die Bundesrepublik Deutschland Ausnahmen sind. Im übrigen sollte bei der Leistungsbilanz der Spionageabwehrbehörden auch die große Anzahl von Selbstgestellern bei Sicherheitsbehörden berücksichtigt werden, die in jedem Jahr zur Aufdeckung vielfältigster nachrichtendienstlicher Ansätze führen und neben den Exekutivfällen einen nicht minder bedeutsamen Teil der Erkenntnisbildes ausmachen. 4.2 Fall Magdeburg Aus der Reihe der Exekutivfälle des Jahres 1980 ragt der Spionagefall Magdeburg wegen seiner unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden selbst und darüber hinaus die Tätigkeit aller bundesdeutschen Sicherheitsbehörden hervor. Anschaulicher läßt sich für Außenstehende kaum der Grad der Spionagebedrohung der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Aufgrund eines Hinweises war am 14. Dezember 1980 in einem Mainzer Hotel das in Leipzig wohnhafte Ehepaar Peter und Marion Magdeburg festgenommen worden, als sie im Begriff waren, im Badezimmer Post des Landesamtes für Verfas129 sungsschutz Hessen zu fotografieren. Drei Filme mit je 36 Aufnahmen hatten sie bereits vollständig und einen weiteren Film teilweise belichtet. Das Ehepaar hatte sich für die Zeit vom 11. bis 18. 12. 1980 im Hotel eingemieten wobei sie sich der biographischen Daten eines im Ruhrgebiet wohnhaften Ehe paares bedienten. Sie besaßen entsprechend gefälschte Reisepässe. Die weiteren Ermittlungen ergaben, daß die Magdeburgs seit 1976 rmehrmals mit 'dem Auftrag in das Bundesgebiet eingereist waren, Postschließfächser zu öffn einliegende Briefe zu entnehmen und den Inhalt -- für den Adressaten äußerlic! nicht erkennbar -- zu fotografieren. Betroffen waren u.a. die Schlüeßfächer der Verfassungsschutzbehörden in Bremen, Wiesbaden und Mainz, enn F ach des BND in Bonn sowie ein Fach des Amtes für Sicherheit der Bundeswehr (ASBw) in Köln. Das Agentenehepaar befand snch im Besitz von Nachschlüsseln der worgenannten Schließfächer. Obwohl in den Schließfächern keine Unterlagen mit dem Verschlußsachen: "VS-Vertraulich" und höher verwahrt wurden, wird diese Operation des MfS v den betroffenen und beteiligten Behörden als schwerwiegend ange sehen. Es is' davon auszugehen, daß der DDR-Staatssicherheitsdienst einen erh"eblichen E blick in die Organisation und Arbeitsweise der hiesigen Sncherh.eitsbehörd gewonnen hat. 4.3 Fall Thomas P. Dieser Fall zeigt ein nicht alltägliches Beispiel einer nachrichtendienstlichen V' strickung, wobei insbesondere die Person des MfS-Kontaktmannes aus der D interessant ist. Daneben werden anschaulich die langfristigen Absicihten des MiS bei einem Perspektivagenten illustriert, der aufgrund seiner qual erten Bei ausbildung Aussicht auf eine entsprechende berufliche Position in W'irtschaft (c): Verwaltung hatte Nach Vorermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde der 32jahrige Assessor Thomas P. sowie der gleichaltrige Rechtsreferendar Michael T. (alle Namen sind geändert) unter dem Verdacht der geheimdienstlichen "Agententätigkeit für das MfS festgenommen. Im Jahre 1979 wurde bekannt, daß Thomas P. sich bei einer Sicherheitrsbehörde um eine Anstellung nach Abschluß seiner juristischen Ausbildung bewoxrben h in der obligatorischen Sicherheitserklärung hatte er die Frage nach Peisen en kommunistischen Machtbereich verneint. Dem BfV lagen jedoch Erkenntnisse vor, daß P. kurz zuvor nach Berlin geflogen und sich dort in den Ostsekch durch Besuch der gleichen Schule kennen. Im Laufe der Zeit vertiefte sich die Verbindung zu einer engen Freundschaft. T., der aufgrund vo-on Einladungen seines Vaters diesen wiederholt und gegen Erstattung der Reisssekosten in der DDR besuchte, nahm P. Mitte der 70er Jahre zu einer Besuchsreise = in die DDR mit und stellte ihn seinem Vater vor. Dieser war in der Folgezeit an nätmiheren Kontakten zu P. interessiert und traf sich bis Anfang 1980 in unregelmäßigen . Abständen insgesamt 18mal mit diesem, wobei teilweise weitere Mitarbeiter de=s MfS anwesend waren, und zwar in Berlin (Ost) und anderen Orten in der DDR s=sowne im Bundesgebiet und im westlichen Ausland. So verbrachte P. in m Begleitung des T. auf Kosten des MfS zwei längere Urlaubsaufenthalte in komfs=ortablen Urlaubsdomizilen an Seen in der DDR. Karl T., der als inof*%ffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig war, hatte zunächst die jugendliche Reiselu:n1st des P. ausgenutzt und später durch regelmäßige Geldzuwendungen in Höhne von DM 200,-monatlich dessen Bereitschaft geweckt, nachrichtendienstlio--h tätig zu werden. Nach glaubhaften Angaben des P. hat er dem MfS lediglich = aus offenen Quellen politische Lagebilder erstellt und damit befaßte Zeitungsau=sschnitte beschafft. Sein nachrichtendienstlicher Wert war in der Erwartung begr--ündet, er werde später aufgrund seiner qualifizierten Berufsausbildung eine Täti# igkeit mit nachrichtendienstlich wertvollen Zugängen ausüben können. Aus diesen Grunde begrüßte es das MfS außerordentlich, als sich die Pöaliehkeit einer E=Einstellung in den höheren Dienst einer Sicherheitsbehörde ot. Angesichts der kor-nnkreten Perspektive erhöhte man die Zahlungen an P. auf monatlich DM 500, und stellte ihm für den Fall der Einstellung ein "Handgeld" in beträchtlicher Höhe in Aussicht. P. bestreitet eine Be teiligung des T. jun. im Rahmen seiner nachrichtendienstlichen Beziehungen. Lediglich bei den letzten drei Treffs mit dessen Vater sei die Frage 131 sungsschutz Hessen zu fotografieren. Drei Filme mit je 36 Aufnahmen hatten sie bereits vollständig und einen weiteren Film teilweise belichtet. Das Ehepaar hatte sich für die Zeit vom 11. bis 18. 12. 1980 im Hotel eingemietet, wobei sie sich der biographischen Daten eines im Ruhrgebiet wohnhaften Ehepaares bedienten. Sie besaßen entsprechend gefälschte Reisepässe. Die weiteren Ermittlungen ergaben, daß die Magdeburgs seit 1976 mehrmals mit 'dem Auftrag in das Bundesgebiet eingereist waren, Postschließfächer zu öffnen, einliegende Briefe zu entnehmen und den Inhalt -- für den Adressaten äußerlich nicht erkennbar -- zu fotografieren. Betroffen waren u.a. die Schließfächer der Verfassungsschutzbehörden in Bremen, Wiesbaden und Mainz, ein Fach des BND in Bonn sowie ein Fach des Amtes für Sicherheit der Bundeswehr (ASBw) in Köln. Das Agentenehepaar befand sich im Besitz von Nachschlüsseln der vorgenannten Schließfächer. Obwohl in den Schließfächern keine Unterlagen mit dem Verschlußsachengrad "VS-Vertraulich" und höher verwahrt wurden, wird diese Operation des MfS von den betroffenen und beteiligten Behörden als schwerwiegend angesehen. Es ist 'davon auszugehen, daß der DDR-Staatssicherheitsdienst einen erheblichen Einblick in die Organisation und Arbeitsweise der hiesigen Sicherheitsbehörden gewonnen hat. 4.3 Fall Thomas P. Dieser Fall zeigt ein nicht alltägliches Beispiel einer nachrichtendienstlichen Verstrickung, wobei insbesondere die Person des MfS-Kontaktmannes aus der DDR interessant ist. Daneben werden anschaulich die langfristigen Absichten des MfS bei einem Perspektivagenten illustriert, der aufgrund seiner qualifizierten Berufsausbildung Aussicht auf eine entsprechende berufliche Position in Wirtschaft oder Verwaltung hatte. Nach Vorermittlungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde der 32jährige Assessor Thomas P. sowie der gleichaltrige Rechtsreferendar Michael T, (alle Namen sind geändert) unter dem Verdacht der geheimdienstlichen Agententätigkeit für das MfS festgenommen. Im Jahre 1979 wurde bekannt, daß Thomas P. sich bei einer Sicherheitsbehörde um eine Anstellung nach Abschluß seiner juristischen Ausbildung beworben hatte. In der obligatorischen Sicherheitserklärung hatte er die Frage nach Reisen in den kommunistischen Machtbereich verneint. Dem BfV lagen jedoch Erkenntnisse vor, daß P. kurz zuvor nach Berlin geflogen und sich dort in den Ostsektor der Stadt begeben hatte. In einem Vorstellungsgespräch bei der Einstellungsbehörde leugnete P. erneut, in den letzten Jahren den kommunistischen Machtbereich betreten zu haben. Ferner bezeichnete er, nach seinem Umgang befragt, Michael T, als früheren Freund, zu dem er kaum noch Kontakt habe. Diese Aussagen sowie weitere Erkenntnisse begründeten den Verdacht nachrichtendienstlicher Beziehungen. Es war bereits bekannt, daß zwischen P. und T. eine sehr enge Beziehung bestand. So hatten beide auch vor Jahren gemeinsam Berlin (Ost) aufgesucht. P. seinerseits war bemüht, evtl. Angaben seiner Verwandten über seine Ostkontakte gegenüber der Einstellungsbehörde im Rahmen seiner Sicherheitsüberprüfung aufeinander abzustimmen. Im Verlauf der weiteren Ermittlungen konnte schließlich beobachtet werden, daß P. unter konspirativen Umständen mit einem zunächst unbekannten Mann zusam130 mentraf. Dieser Unbekannte traf sich am folgenden Tag ebenfalls unter konspirativen Umständen mit T. Wenige Tage später fand in einem Nachbarort zunächst ein erneuter Treff zwischen P. und dem Unbekannten und etwa 1 '/2Stunden später an anderer Stelle ein Treff zwischen diesem und T. statt. Anschließend reiste der Unbekannte mit einem Zug in die DDR zurück. Dabei benutzte er einen behelfsmäßigen Westberliner Personalausweis mit den biographischen Daten einer in Berlin (West) existenten Person. Angesichts der engen Freundschaft zwischen P. und T. erschien es eigenartig, daß es keinen gemeinsamen Treff der drei Personen gegeben hatte. Da an dem nachrichtendienstlichen Charakter dieser Treffen kein Zweifel bestand, wurde P. von Angehörigen der beteiligten Verfassungsschutzbehörden angesprochen. Dabei erklärt er, wie auch später in seinen polizeilichen Vernehmungen, bei den beiden letzten Zusammenkünften mit dem Unbekannten habe es sich bereits um den 17. oder 18. nachrichtendienstlichen Treff gehandelt. Sein Treffpartner sei der Vater seines Freundes T., Karl T. aus der DDR gewesen, zu dem er seit 1974 zunächst persönlichen und später nachrichtendienstlichen Kontakt unterhalte. Zur Vorgeschichte und zu seinen Beziehungen zu der Familie T. gab er folgendes an: Michael T. war zusammen mit seiner Mutter aus der DDR geflohen. Da der Vater -- Karl T. -- nicht nachkommen wollte, wurde die Ehe geschieden. Michael T. stand jedoch weiterhin mit seinem leiblichen Vater in Verbindung. P. und T. lernten sich durch Besuch der gleichen Schule kennen. Im Laufe der Zeit vertiefte snch die Verbindung zu einer engen Freundschaft. T., der aufgrund von Einladungen seines Vaters diesen wiederholt und gegen Erstattung der Reisekosten in der DDR besuchte, nahm P. Mitte der 70er Jahre zu einer Besuchsreise in die DDR mit und stellte ihn seinem Vater vor. Dieser war in der Folgezeit an näheren Kontakten zu P. interessiert und traf sich bis Anfang 1980 in unregelmäßigen Abständen insgesamt 18mal mit diesem, wobei teilweise weitere Mitarbeiter des MfS anwesend waren, und zwar in Berlin (Ost) und anderen Orten in der DDR sowie im Bundesgebiet und im westlichen Ausland. So verbrachte P. in Begleitung des T. auf Kosten des MfS zwei längere Urlaubsaufenthalte in komfortablen Urlaubsdomizilen an Seen in der DDR. Karl T., der als inoffizieller Mitarbeiter für das MfS tätig war, hatte zunächst die jugendliche Reiselust des P. ausgenutzt und später durch regelmäßige Geldzuwendungen in Höhe von DM 200,-monatlich dessen Bereitschaft geweckt, nachrichtendienstlich tätig zu werden. Nach glaubhaften Angaben des P. hat er dem MfS lediglich aus offenen Quellen politische Lagebilder erstellt und damit befaßte Zeitungsausschnitte beschafft. Sein nachrichtendienstlicher Wert war in der Erwartung begründet, er werde später aufgrund seiner qualifizierten Berufsausbildung eine Tätigkeit mit nachrichtendienstlich wertvollen Zugängen ausüben können. Aus diesem Grunde begrüßte es das MfS außerordentlich, als sich die Möglichkeit einer Einstellung in den höheren Dienst einer Sicherheitsbehörde bot. Angesichts der konkreten Perspektive erhöhte man die Zahlungen an P. auf monatlich DM 500,-und stellte ihm für den Fall der Einstellung ein "Handgeld" in beträchtlicher Höhe in Aussicht. P. bestreitet eine Beteiligung des T. jun. im Rahmen seiner nachrichtendienstlichen Beziehungen. Lediglich bei den letzten drei Treffs mit dessen Vater sei die Frage 131 erörtert worden, auf welchem Wege P. Verbindung in die DDR aufnehmen könne. T. sen. habe hierfür seinen Sohn als Verbindungsmann vorgeschlagen und dessen Bereitschaft beim letzten Treff bestätigt. Gegen P. erging Haftbefehl, der aber gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde. 4.4 Fall Manfred K. Das MfS bevorzugt bei seinen Anwerbungen Menschen, deren betont kritische Einstellung gegenüber dem Staat und seinen Institutionen sowie einzelnen gesellschaftlichen Erscheinungen ihmbekannt ist. So sind seit Jahren die verschiedenartigen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und Neonazismus in der Bundesrepublik beliebter Anknüpfungspunkt der Anbahner des MfS, indem sie behaupten, die hiesigen staatlichen Organe unternähmen zu wenig dagegen. Das MfS versucht, unter der Legende einer "gemeinsamen Bekämpfung neofaschistischer und friedensbedrohender Tendenzen" den Angesprochenen zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit zu gewinnen. Ein typisches Beispiel dafür ist der Spionagefall K. (alle Namen geändert). In diesem Fall kommt eine weitere häufig genutzte Ausgangssituation hinzu. K. war ein Einzelgänger ohne Freundeskreis und neigte zu Depressionen, in deren Folge er in erhöhtem Maße dem Alkohol zusprach. Das MfS hat erkannt, daß es introvertierten, kontaktarmen Personen schwerfällt, sich aus einer nachrichtendienstlichen Verstrickung zu lösen, in die sie z. B. durch die Liebesbeziehungen zu in der DDR wohnenden Deutschen geraten sind. In der Zwangslage, keinen Menschen zu haben, dem sie sich offenbaren können und der ihnen einen Ausweg zeigt, geraten sie immer tiefer in die Abhängigkeit des MfS und sind bereit, jedem Auftrag nachzukommen, mag er ihnen auch noch so große Gewissenskonflikte bereiten. Nach K.s insgesamt glaubwürdigen Aussagen lernte er vor einigen Jahren eine Frau kennen. In der Folgezeit entwickelt sich zwischen ihnen eine enge persönliche Beziehung. Eines Tages erhielt diese Frau Besuch von ihrem in der DDR lebenden Bruder, einem -- wie sich später herausstellte -- inoffiziellen Mitarbeiter (IM) des MfS. K. ließ in seinen Gesprächen mit ihm durchblicken, daß er mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland nicht zufrieden war. In der Absicht, diese Einstellung für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit nutzbar zu machen und K. für das MfS anzuwerben, lud der IM ihn zu einem Besuch in die DDR ein. Während dieses 14tägigen DDR-Aufenthaltes kam es noch nicht zu einer Ansprache. Erst einige Zeit später, nachdem das Verhältnis zu der Schwester des IM bereits beendet war, fuhr K. wieder in die DDR. Bei dieser Gelegenheit kam der IM auf die in früheren Gesprächen von K. geäußerte Besorgnis über die Aktivitäten rechtsextremistischer und neonazistischer Gruppen in der Bundesrepublik zu sprechen und forderte ihn auf, seinerseits etwas dagegen zu unternehmen. Dazu bot er ihm an, ihn mit einem Bekannten in Verbindung zu bringen, der als Journalist tätig sei; dieser habe besondere Kenntnisse und Erfahrungen über die Gruppen. K. war zu einem solchen Kontakt bereit, Etwa eine Woche nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik suchte ihn unerwartet der IM auf und teilte K. mit, daß er sich schon bald in Berlin (Ost) mit dem Journalisten treffen könne. 132 Dieser gab sich gegenüber dem bisher ahnungslosen K. als MfS-Angehöriger zu erkennen und überredete ihn zu einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit. Bedenken K.s räumte er mit dem Hinweis aus, daß es sich dabei nicht um Spionage handele, sondern um eine "Kundschaftertätigkeit zur Friedenssicherung*. K. schrieb schließlich eine ihm diktierte Verpflichtungserklärung und unterzeichnete sie mit einem ihm zugewiesenen Decknamen. Folgende nachrichtendienstliche Aufträge wurden ihm erteilt: -- Umzug in eine norddeutsche Großstadt bis spätestens einen Monat vor der Bundestagswahl -- Eintritt in die CDU und aktive Mitarbeit in der Partei -- Übermittlung von parteiinternen Vorgängen und Informationen über evtl. Kontakte der CDU zu rechtsextremistischen Kreisen -- Beschaffung von Informationen über Angestellte und Kunden seiner neuen Arbeitsstelle. Der MfS-Angehörige übergab K. Reisespesen in Höhe von 300,-DM und vereinbarte einen weiteren Treff. Kurze Zeit nach seiner Rückkehr in das Bundesgebiet bekam K. Zweifel an seinem Verhalten, insbesondere fühlte er sich der von ihm übernommenen Aufgabe psychisch nicht gewachsen. Aus diesem Grunde offenbarte er der Polizei seine nachrichtendienstlichen Beziehungen. Bemerkenswert an diesem Fall ist folgendes: Das angebliche Ziel des MfS, die Bekämpfung rechtsextremistischer Gruppen, dürfte nur einen Vorwand für die Ausspähung einer demokratischen Partei gewesen sein. Die zeitliche Verknüpfung der ND-Tätigkeit mit der Bundestagswahl im Oktober 1980 läßt die Absicht des MfS erkennen, diese wichtige politische Entscheidung in der Bundesrepublik durch "aktive Maßnahmen', d.h. durch Desinformation der öffentlichen Meinung, zu beeinflussen. Insoweit hoffte man wohl, daß K. parteiinterne Informationen beschaffen könne, die -- verfälscht oder verzerrt wiedergegeben -- geeignet wären, die demokratische Glaubwürdigkeit der CDU zu untergraben. 133 fährdende und extremistische Bestrebungen von Ausl ndern 1980 I. Allgemeine Erfahrungen Die fast 4'/2 Millionen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländer verhielten sich nach wie vor ganz überwiegend gesetzestreu. Selbst die Mitglieder extremistischer oder extremistisch beeinflußter Ausländerorganisationen gehören zu einem Großteil diesen Vereinigungen nicht deshalb an, weil sie sich mit ihren extremistischen Zielen identifizieren. Sie suchen vielmehr Betreuung und Unterstützung dort, wo ihnen Hilfe bei der Überwindung ihrer Außenseiterposition im Gastland versprochen wird. Das gilt insbesondere für die Anhänger der großen Organisationen im türkischen, griechischen und italienischen Bereich. Gegenüber dem Vorjahr ist die Gesamtmitgliederzahl extremistischer Organisationen im wesentlichen unverändert geblieben. Sie betrug 109600 (Vorjahr 114200) '). Nach ihrer politischen Ausrichtung entfiel auch 1980 der höchste Mitgliederanteil mit über 63.000 auf orthodox-kommunistische Vereinigungen bzw. von nhnen beeinflußte Gruppierungen. Rechtsextremistische bzw. extrem nationalistische Organisationen hatten etwa 32.000, Organisationen der "Neuen Linken" etwa 15000 Mitglieder. Das größte ausländische Extremistenkontingent bilden die Türken mit etwa 50 000. Bestimmend für die Aktivitäten der ausländischen Extremisten waren in erster Linie die politischen Verhältnisse oder Konfliktsituationen in ihren Herkunftsländern. Daneben waren innenpolitische Ereignisse in der Bundesrepublik Deutschland Anlaß zu Protestaktionen, bei denen es auch zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit deutschen extremistischen Gruppierungen und Einzelpersonen kam. Terroristische Anschläge in der Bundesrepublik Deutschland drohen nach wie vor von palästinensischen Organisationen sowie von Kommandogruppen oder Einzeltätern, die beauftragt sind, Regime-Gegner außerhalb der jeweiligen Länder aufzuspüren und zu töten. Die 1980 stärker gewordenen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der türkischen "Neuen Linken" und extrem nationalistischen Türken gingen nach dem Milntärputsch in der Türkei am 12. September spürbar zurück. Sie wurden weitgehend ersetzt durch teilweise gewaltsame Reaktionen fast ausschließlich linksextremistischer Gruppen auf den Machtwechsel. Kroatische Extremisten setzten nhre Gewaltpropaganda gegen den jugoslawischen Staat auch nach dem Tod Titosfort. Mehrere Mordanschläge gegen Exiljugoslawen zeigten andererseits, daß auch die Bestrebungen andauern, Führer der Emigration auszuschalten. Eine Reihe von Bombenanschlägen armenischer Terroristen in europäischen Ländern, von denen allerdings die Bundesrepublik Deutschland bisher nur am Rande betroffen war, und ein Bombenanschlag afghanischer Extremisten gegen das sowjetische Generalkonsulat in Berlin im Zusammenhang mit der russischen Intervention Ende 1979 zeigen neue Gefahren auf. Hinzu kamen verstärkte Aktivitäten kurdischer Extremisten, die in Einzelfällen heftige Gegenreaktionen irakischer Stellen bis hin zu "staatsterroristischen Aktionen" auslösten. ') Anmerkung Die statistische Veränderung ist u a. auf eine bessere Erkenntnisiage zurückzuführen 134 Ausländische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland -1980 - 11979 SESHSHSHSHSHSHSHS HS KH 3145 H5 3oO 1216800 1313500 o(c) s o o Ss oo o(c) o(c) o(c) [>] (c) (c) SESESESISHSESHSESKESHES 13 KE S [>} nn nn os nm (c) s - on (c) oo oo o(c) -B-E-ESISHsiEs hs - B- B-8-5S TÜRKEN 569 300 JUGOSLAWEN ITALIENER 308 100 SPANIER 87 600 PORTUGIESEN 59600 Gewaltakte nordirischer Extremisten im Bundesgebiet richteten sich bisher nur gegen Angehörige und Einrichtungen der britischen Rheinarmee. Im Berichtsjahr wurden insgesamt 27 (1979: 25) versuchte oder vollendete Terrorund sonstige schwere Gewaltakte von extremistischen Ausländern im Bundesgebiet oder gegen deutsche Einrichtungen im Ausland gezählt. Darunter waren 19 Mordanschläge (1979: 7) und 7 Sprengstoffattentate (1979: 16). 'Jede gewaltsame Aktion wurde, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand, mehrere Straftatbestände erfüllte, mehrere Handlungen in Fortsetzungszusammenhang umfaßte oder von mehreren Tätern begangen wurde, nur einmal gezählt. II. Übersicht in Zahlen 1. Organisationsstand Ende des Jahres 1980 bestanden im Bundesgebiet 133 ausländische Extremistenorganisationen (1979: 134). Ihre Zahl ist damit im Vergleich zum Vorjahr annähernd gleich geblieben; die rückläufige Tendenz der letzten Jahre ist zum Stillstand gekommen. Dagegen stieg die Zahl der bekannt gewordenen aktiven Zweiggruppen weiter leicht an. Näheres zeigt folgende Übersicht: Statistik des Organisationsstandes ausländischer Extremistengruppen und der von ihnen beeinflußten Vereinigungen im Bundesgebiet a nn Organisationen aktive Zweiggruppen Naoalet 1978 1979 1980 1978 1979 1980 Ostemigration 1 1 1 - - - Jugoslawien 15 12 10 100 105 103 Spanien 12 10 9 111 92 92 Portugal 3 3 8 15 16 16 Italien 9 8 8 181 176 196 Griechenland 17 17 15 182 195 119 Türkei 24 16 16 331 403 388 Iran 16 15 16 79 89 110 arab. Staaten 21 18 20 76 110 166 sonst. Staaten 26 32 30 127 175 192 Multinationale 2 2 5 16 - 7 Insgesamt: 146 134 133 1218 1361 1389 Die erhebliche Zunahme der Zweiggruppen extremistischer Organisationen arabischer Staaten wird darauf zurückgeführt, daß mehrere palästinensische Vereinigungen zunehmend bestrebt sind, ihre politische Tätigkeit im Hinblick auf einen palästinensischen Staat organisatorisch auszubauen. Im griechischen Bereich ist die Zahl organisierter Zweiggruppen extremistischer Vereinigungen dagegen erheblich zurückgegangen. Die übrigen zahlenmäßigen Veränderungen entsprechen in etwa den Feststellungen und Erfahrungen vergangener Jahre; einige Gruppen entzogen sich extremi136 aufgelöst. Gruppen der au nei Orthodox"NeuenLinken"u. Be krIsT lationalität körnmunieische sozialrevolutionär"gtjonalistische ruppen nationalistische Gruppen Organisationen ppe! 1979 1980 1979 1980 1979 1980 Ostemigration - - - - 1 1 Jugoslawien = = - 1 12 9 Spanien 2 2 8 7 > = Portugal 1 1 2 2 = = Italien 3 3 4 4 1 1 Griechenland 10 10 5 4 2 1 Türkei 6 6 8 8 2 2 Iran 2 2 13 11 = 3 arab. Staaten 1 2 17 18 - - sonst. Staaten 10 10 22 20 = er Multinationale > = 2 2 => 3 Insgesamt: 35 36 81 77. 18 20 een Mitglieder Nationalität 1979 1980 Ostemigration 100 100 Jugoslawien 1900 1600 Spanien 4300 4250 Portugal 250 220 Italien 15 700 15 300 Griechenland 28 200 28 820 137 Türkei 58.000 52.660?) Iran 1100 1960 arab. Staaten 2540 2800 sonst. Staaten 2.090 1840 Multinationale 20 50 Insgesamt: 114 200 109 6002) 2) Anmerkung Die statistische Veränderung ist u.a. auf eine bessere Erkenntnislage zurückzuführen. 63500 Ausländer gehören orthodox-kommunistischen Vereinigungen oder den von ihnen beeinflußten Organisationen an. Die auffällige Verringerung der Mitgliederzahl orthodox-kommunistischer Nebenorganisationen gegenüber dem Vorjahr beruht u.a. darauf, daß sich das "Türkische Europa-Komitee für Frieden und Freiheit' (TBOEK) im Jahre 1980 weitgehend inaktiv zeigte und seine Anhänger deshalb hier nicht mehr berücksichtigt wurden. Die geringere Mitgliederzahl rechtsextremistischer bzw. extrem nationalistisch beeinflußter Organisationen ist vor allem auf inzwischen gewonnene Erkenntnisse über Mitgliederzahlen der "Föderation Demokratischer Türkischer Idealistenvereinigungen in Europa e.V. (ADÜTDF) zurückzuführen. Die Mitgliederzahlen der extremistischen Kern-, Nebenund extremistisch beeinflußten Organisationen nach ihrem politisch-ideologischen Standort Orthodox"Neue RechtsInskommuLinke" u. extrem. gesamt nistisch Soziau.extrem. revolutionär nationalist. 1979 Kernorganisationen 16 700 6860 5100 28 660 Nebenorganisationen 3300 1690 3500 8490 extremistisch beeinflußte Organisationen 45 000 6050 26 000 77 050 Insgesamt: 65 000 14 600 34 600 114 200 1980 Kernorganisationen 16 900 6890 4750 28 540 Nebenorganisationen 700 1330 3520 5550 extremistisch beeinflußte Organisationen 45 900 6 280 23 330 75510 Insgesamt: 63 500 14 500 31 600 109 600 138 Übersicht über die Mitgliederzahlen ausländischer orthodox-kommunistischer Kernund Nebensowie orthodox-kommunistisch beeinflußter Organisationen im Bundesgebiet nach Nationalitäten Nationalität KernNebenBeeinfl. InsVergleich organ. organ. Organ gesamt 1979 Griechenland 9800 410 18 150 28 360 27 500 Italien 4300 - 6720 11.020 11200 Spanien 1200 S 2500 3700 3700 Türkei 210 210 18.430 18 850 21250 Sonstige 1390 80 100 1570 1350 Insgesamt: 16 900 700 45 900 63 500 65 000 Übersicht über die Mitgliederzahlen der ausländischen "Neuen Linken" bzw. nationaler Befreiungsbewegungen mit sozialrevolutionärer Ausrichtung im Bundesgebiet nach Nationalitäten Nationalität KernNebenBeeinfl. InsVergleich organ. organ. Organ. gesamt 1979 arab. Staaten 2390 120 160 2670 2430 Türkei 1130 1080 5600 7810 7750 Griechenland 80 30 280 390 600 Spanien 530 10 10 550 600 Italien 770 = 10 780 1000 Iran 1.060 10 220 1290 1.000 Sonstige 930 80 - 1010 1220 Insgesamt: 6890 1330 6280 14 500 14 600 Übersicht über die Mitgliederzahl ausländischer rechtsextremistischer und extrem-nationalistischer Organisationen im Bundesgebiet nach Nationalitäten Nationalität KernNebenBeeinfl. InsVergleich organ. organ. Organ gesamt 1979 Griechenland 70 3 z 70 100 Italien - 3500 > 3500 3500 Türkei 3.000 - 23000 26 000 29 000 Jugoslawien 1550 - - 1550 1900 Sonstige 130 20 330 480 100 Insgesamt: 4750 3520 23 330 31 600 34 600 3. Publizistik Die Zahlen der im Bundesgebiet verbreiteten periodischen Schriften ausländischer Extremistengruppen blieben mit 156 und einer monatlichen Gesamtauflage von annähernd 170.000 Exemplaren nahezu unverändert. 139 y14 200 1109 600Mitglieder insgesamt Issaoo_|ss ana [65 000 r=-63 500 Mitglieder orthodox - komm. u. v. ihnen beein - 52 "00 500 flußte Gruppen sooo fs 000 35 000 24000 31 600 Mitglieder 100 rechtsextr. u.v. ihnen beeinflußte Gruppen 14 500 Mitglieder der "Neuen Linken " u.v. ihr beeinflußte Gruppen 1976 1977 1978 140 Periodische Publikationen ausländischer Extremistengruppen und der von ihnen beeinflußten Vereinigungen Nationalität Gesamtzahl der Periodika davon im Bundesgebiet gedruckt 1978 1979 1980 1978 1979 1980 Ostemigration 1 1 1 d J - Jugoslawien 24 25 26 11 9 8 Spanien 7 6 6 - 1 1 Portugal 5 5 5 u 1 = Italien 12 11 11 3 3 Griechenland 14 10 17 1 - 5 Türkei 31 40 35 20 18 3 Iran 31 30 21 7 7 = arab. Staaten 11 14 14 2 2 1 sonst. Staaten 12 17 20 4 5 1 Multinationale 1 - - 1 - = Insgesamt: 149 159 156 50 47 19 Nur noch 19 dieser Schriften wurden im Bundesgebiet gedruckt (1980: 47). Insbesondere im türkischen und iranischen Bereich war die Herstellung dieser Publikationen in der Bundesrepublik Deutschland rückläufig. Periodische Publikationen ausländischer Extremistengruppen und der von ihnen beeinflußten Vereinigungen nach ihrem politisch-ideologischen Standort Nationalität orthodox"NeueLinke" RechtsInskommunist. u. Sozialextrem. u. gesamt revolutionärextrem nationalist. nationalist. 1979 1980 1979 1980 1979 1980 1979 1980 Ostemigration - - - - 1 1 3 1 Jugoslawien - = - 1 25 25 25 26 Spanien 2 2 4 4 = -- 6 6 Portugal 2 2 3 3 - - 5 5 Italien 4 4 4 4 3 3 1 11 Griechenland Zi 12 3 3 _ 2 10 17 Türkei 17 1314 17 9 s5s 0 3 Iran 4 4 26 15 - 2 90 2 arab. Staaten 1 1183 13 @ - 14 14 sonst. Staaten 6 TH 13 = = I 2 Multinationale = > = " S - - - Insgesamt: 43 45 78 73 38 38 159 156 Ausländische Extremisten agitierten außerdem mit Flugschriften, Broschüren und sonstigem Propagandamaterial. 141 Ill. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen einzelner Ausländergruppen 1. Araber/Palästinenser 1.1 Nationale Befreiungsbewegungen und sozialrevolutionärnationalistische Gruppen 1.1.1 Mitgliederentwicklung Die Mitgliederzahlen nahmen im Vergleich zum Vorjahr vor allem im Bereich der palästinensischen Arbeitervereinigungen zu: Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl.Organ. Insgesamt Vergleich 1979 2390 120 160 2670 2430 1.1.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Nach wie vor ist "A/ Fatah" mit schätzungsweise 400 bis 500 Mitgliedern die wichtigste palästinensische Organisation in der Bunderepublik Deutschland. Diese PLO-Mitgliedsorganisation verfügt unter ihrem Leiter Yassir Arafat, der zugleich Vorsitzender des Exekutivkomitees der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) ist, über entscheidenden Einfluß innerhalb der PLO. Die Situation der 'Fatah in der Bundesrepublik Deutschland war durch anhaltende Machtund Richtungskämpfe gekennzeichnet. Bei diesen Auseinandersetzungen spielten die unterschiedlichen Auffassungen über den von der PLO zu verfolgenden Kurs, insbesondere auch gegenüber der Bundesrepublik Deutschland, eine wichtige Rolle. Die Streitigkeiten setzten sich in den von Angehörigen der Fatahweitgehend beherrschten Vereinigungen "Palästinensischer Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin" (PAV) mit schätzungsweise 700 Mitgliedern und "Palästinensischer Studentenverein in der Bundesrepublik und WestBerlin' (PSV) mit schätzungsweise 240 Mitgliedern fort. Sie führten zum Teil zu tätlichen Auseinandersetzungen und legten die politischen Aktivitäten beider Organisationen weitgehend lahm. Die Position relativ gemäßigter Kräfte der Fafah erschien gegen Ende des Berichtsjahres gestärkt. Bemühungen der PLO um eine Rückkehr der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Palästinenser zur Erhöhung ihres militärischen Kampfpotentials im Nahen Osten hatten nur geringen Erfolg. Die von George Habbash geleitete "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP), die in früheren Jahren für spektakuläre Terrorakte auch in Europa verantwortlich war, hat die politische Schulungsarbeit innerhalb ihrer in konspirativen Zellen tätigen Anhängerschaft in der Bundesrepublik Deutschland verstärkt. Ein besonderes Sicherheitsrisiko geht weiterhin von militanten palästinensischen Splittergruppen aus, die -- ebenso wie die PFLP -- der Politik des PLO-Vorsitzenden Arafat ablehnend gegenüberstehen. Anschläge und Anschlagsvorbereitungen dieser Splittergruppen im europäischen Ausland zeigten ihre Gefährlichkeit. Mit Kommandounternehmungen gegen Ziele im Bundesgebiet und Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland muß weiterhin gerechnet werden. 142 Die Saiga, die eng mit der syrischen Baath-Partei verbunden ist, setzte ihre Bemühungen fort, im Bundesgebiet ein Zweigstellennetz aufzubauen. Mutmaßliche Anhänger der Saiga richteten ihre Aktivitäten gegen Angehörige der fundamentalistischen Muslimbruderschaft im Bundesgebiet, die einen Umsturz in Syrien anstrebt. 1.2 Terroristische Aktivitäten Nach den Drohungen des libyschen Staatschefs Ghaddafi gegen Exillibyer fielen in den Monaten März bis Juni in London, Rom, Mailand und Athen Regimegegner lipyschen Mordkommandos zum Opfer. Am 10. Mai wurde in Bonn ein früherer Angehöriger der libyschen Botschaft auf offener Straße erschossen. Als Täter wurde ein Libyer festgenommen, der nach eigenen Angaben im Auftrag eines libyschen Volkskomitees gehandelt hatte In Berlin (West) wurden Anfang August zwei Angehörige der irakischen Botschaft in Berlin (Ost) festgenommen, nachdem sie kurz zuvor einem irakischen Kurden einen Koffer mit hochbrisantem Sprengstoff übergeben hatten. Der Kurde sollte den Sprengsatz im Tagungslokal der orthodox-kommunistischen "Vereinigung Kurdischer Studenten im Ausland" (AKSA) zur Detonation bringen. 2. Türken 2.1 Rechtsextremisten und extreme Nationalisten 2.1.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 3000 = 23 000 26 000deg) 29 000 *) Anmerkung Die statistische Veränderung ist u. a. auf eine bessere Erkenntnislage zurückzuführen 2.1.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Der Aufwärtstrend der Mitgliederentwicklung und der Aktivitäten im Bereich des türkischen Rechtsextremismus und extremen Nationalismus, der sich vor allem nach der Errichtung der Islamischen Republik Iran abzeichnete, setzte sich 1980 nicht mehr fort. Der vom politischen Gedankengut der inzwischen in der Türkei verbotenen extrem nationalistischen "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP) beeinflußten "Föderation Demokratischer Türkischer Idealistenvereinigungen in Europa e.V." (ADÜTDF) gehörten nach dem Erkenntnisstand zum Jahresende 1980 schätzungsweise etwa 23 000 Mitglieder an. Die der inzwischen ebenfalls verbotenen islamisch-nationalistischen "Nationalen Heilspartei' (MSP) nahestehenden Organisationen, u.a. die "Organisation Nationaler Standpunkt" und die "Türkische Union Europa e.V.*, konnten ihren Mitgliederbestand von ca. 3.000 halten. Die politische Agitation türkischer extremer Nationalisten wurde stark vom religiösen Erneuerungsbewußtsein des Islam geprägt. Bezeichnend für die Agitation dieser Gruppen ist ein in Hamburg verteiltes Flugblatt, in dem es u.a. heißt: 143 "Die Arbeiter und Studenten in Europa haben zu sich gefunden und eingesehen, daß der einzige Weg der Rettung die Religion ist. Wir haben jetzt keine Geduld mehr. Wir sind fest entschlossen, diese aus Europa importierte verfluchte Ordnung zu stürzen." Im übrigen richteten sich Agitation und sonstige Aktivitäten der türkischen Rechtsextremisten bzw. extremen Nationalisten in der Öffentlichkeit überwiegend gegen entsprechende Aktivitäten türkischer Linksextremisten. Im April forderte ein 'ADÜTDF-Mitgliedsverband in Duisburg in einem Flugblatt ein "Verbot aller kommunistischen Terrororganisationen", u.a. der "Föderation der Türkischen Arbeitervereine in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (FIDEF), der "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V." (ATIF) sowie der "Studentenföderation der Türkei in Deutschland e. V." (ATÖF). Nach der Ermordung von Tire/li, Funktionär eines Mitgliedsverbandes der ADÜTDF, am 3. Mai in Reutlingen, die nach polizeilichen Ermittlungen möglicherweise private Hintergründe hatte, forderte die ADÜTDF in Flugblättern erneut Verbote von FIDEF, ATIF und ATÖF. Schärfere Reaktionen erfolgten auf die Ermordung des stellvertretenden Vorsitzenden der MHP, Gün Sazak, durch türkische Linksextremisten am 27. Mai in der Türkei. ADÜTDF-Anhänger riefen zu einer "schärferen Gangart" gegen kommunistisch beeinflußte Gruppierungen auf. Ein Flugblatt der ADÜTDF setzte sich in polemischer Weise mit den "Roten Knechten Moskaus" auseinander. Der Tag werde kommen, an dem "unsere Fäuste mit Groll und Haß wie ein Schmiedehammer auf ihre Köpfe einschlagen werden", der "Tag der Rache wird kommen, dann werden wir ihnen zeigen, wie Blut gegen Blut, Zahn gegen Zahn und Auge gegen Auge gekämpft wird". Die Reaktionen türkischer Nationalisten auf die Machtübernahme des Militärs in der Türkei am 12. September waren abwartend. Auch die Verhaftung des MHP-Vorsitzenden Türkes in der Türkei löste in der Bundesrepublik Deutschland keine Aktionen aus. Es gibt jedoch Hinweise, daß bei weiteren strafrechtlichen Sanktionen gegen die etwa 100 in der Türkei inhaftierten MHP-Funktionäre mit gewaltsamen Aktionen (u. a. Besetzung türkischer Einrichtungen) im Bundesgebiet zu rechnen ist. 2.2 Orthodoxe Kommunisten 2.2.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl.Organ. Insgesamt Vergleich 1979 210 210 18.430 18 850 21250 2.2.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Die Mitgliederzahl der "Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FIDEF) stagnierte bei etwa 18 000; dennoch war die FIDEF, die von der in der Türkei verbotenen "Türkischen Kommunistischen Partei" (TKP) beeinflußt ist, 1980 die Ausländerorganisation mit der stärksten politischen 'Aktivität in der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Aktionen richteten sich -- abgesehen von der vehement geführten "Antifaschismus-Kampagne* -- auch gegen die Handhabung des Asylrechts und die Einführung des Visumzwanges für Türken. Auf dem 4. Bundeskongreß der FIDEF vom 4.--$. April in Frankfurt/M. wurden 144 verstärkte "antifaschistische Aktionen" gefordert. Vermehrt wurden dabei auch deutsche Behörden, Politiker und demokratische Parteien faschistischer Tendenzen und der Untätigkeit gegenüber "faschistischen Organisationen" beschuldigt. Die Machtübernahme durch das Militär am 12. September in der Türkei drängte die 'Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden extremistischen türkischen Gruppierungen im Bundesgebiet in den Hintergrund. Orthodox-kommunistische Türken führten in zahlreichen Städten der Bundesrepublik Deutschland -- teilweise gemeinsam mit türkischen Gruppen der "Neuen Linken" -- Demonstrationen gegen die Militärregierung in der Türkei durch. Auf Transparenten, in Sprechchören und Flugschriften forderten die Demonstranten zum Widerstand gegen die Militärregierung in der Türkei auf. Die Demonstrationen wurden u. a. von Angehörigen der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) unterstützt. Propagandisti sche Aktivitäten waren teilweise auch gegen die NATO-Mitgliedschaft der Türkei gerichtet. Nach einem Artikel im deutschsprachigen FIDEF-Organ "Türkei-Information' (Ausgabe September/Oktober 1980) ist "die Militärdiktatur in der Türkei nach Absprache und mit Unterstützung der USA und des NATO-Hauptauartiers installiert" worden; Angriffspunkte der FIDEF waren u. a. die Wirtschafts-, Finanzund Militärhilfe der Bundesregierung für die Türkei. 2.3 "Neue Linke" 2.3.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 1130 1080 5600 7810 7750 2.3.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Der von der "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) beeinflußten "Studentenföderation der Türkei in Deutschland e.V." (ATÖF) und ihrem Dachverband, der "Konföderation der Studenten aus der Türkei-Ausland" (TÖK/YD) gehören in der Bundesrepublik Deutschland ca. 20 Mitgliedsvereine mit etwa 1000 Mitgliedern an. Die ebenfalls von der TKP/ML beeinflußte "Föderation der Arbeiter aus der Türken in Deutschland e. V." (ATIF) hat über 50 Mitgliedsvereine mit ca. 4500 Einzelmitgliedern. Nach der von der Ausländerbehörde Anfang April 1980 angeordneten Beschränkung der politischen Betätigung des ATIF-Vorsitzenden Osman Uludag lösten snch einzelne Mitgliedsvereine aus Furcht vor einem Verbot der Organisation auf, um die Arbeit konspirativ fortzusetzen. Die deutschen Behörden wurden beschuldigt, türkische "Demokraten" zu verfolgen. Nach dem Machtwechsel in der Türkei am 12. September veranstalteten ATIF und TÖK/YD in mehreren Städten der Bundesrepublik Deutschland Hungerstreiks und Demonstrationen, um "gegen die militärisch-faschistische Diktatur in der Türkei und gegen jegliche Türkeihilfe" zu protestieren. Anhänger der militanten Gruppe der "Neuen Linken" "Devrimci Yol" ("Revolutionärer Weg"), besetzten am 13. September vorübergehend das türkische Generalkonsulat in Hamburg. In einem "Kommuniqu& zu dem faschistischen Putsch vom 12. September 1980 in der 145 & Türkei" erklärte die aus der "Türkischen Volksbefreiungspartei/-front* (THKP/-C) entstandene Gruppierung "Acilciler* ("Die Eiligen"): "Die Marxisten-Leninisten der 'Volksbefreiungspartei und -front der Türkei' haben festgelegt, daß der revolutionäre Kampf über den Avantgardenkampf auf der Grundlage der bewaffneten Propaganda zum Volkskrieg wird. Der von ihnen 1971 begonnene Kampf wird trotz verschiedener Niederlagen heute durch die Organisation THKP/C/HDÖ ('Volksbefreiungspartei und -front/Revolutionare Avantgarde des Volkes') mit derselben Strategie fortgeführt." Hauptziel der Angriffe der "Neuen Linken" war wie im Vorjahr der "Faschismus". An der "Antifaschismus-Kampagne* beteiligten sich auch die THKP/-C und die von ihr abgesplitterten Gruppen "Devrimci Yol" und "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke"). In einem im August 1980 in Aachen verteilten Flugblatt stellte "Devrimci Sol" fest, man könne dem Faschismus nur mit Waffengewalt entgegentreten. Die türkischen Anhänger der "Neuen Linken" wurden häufig von deutschen Gesinnungsfreunden unterstützt. So arbeitete die "Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei-Aufbauorganisation" (TDKP-IÖ), die sich Anfang Februar 1980 in "Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei" (TDKP) umbenannte, eng mit der "Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten" (KPD/ML) -- heute KPD -- zusammen. 2.4 Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen türkischen Extremisten Die Auseinandersetzungen zwischen türkischen Extremisten eskalierten in der ersten Jahreshälfte, nachdem das Mitglied des "Vereins Demokratischer Arbeiter aus der Türkei in West-Berlin e.V." (TDID), Mitgliedsorganisation der FIDEF, C. Kesim, am 5. Januar im Zusammenhang mit einer Massenschlägerei mit streng religiös eingestellten Türken, zumeist Anhängern der rechtsextremistischen "Nationalen Heilspartei* (MSP), durch Messerstiche getötet wurde. Dem Vorfall vom 5. Januar ging ein Überfall von Anhängern des TDID auf Flugblattverteiler der "Türkischen Gemeinschaft in Berline V." (BTO), Mitgliedsverein der ADÜTDF, am Vorabend voraus. 8 000 Personen nahmen am 12. Januar in Berlin an einer Demonstration gegen die Tötung C. Kesims teil. Etwa ein Drittel der Demonstranten waren Türken. An der Demonstration nahmen u. a. ferner teil: Angehörige der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP), der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend" (SDAJ) sowie starke Gruppen der "Sozialnstischen Einheitspartei Westberlins" (SEW), die die Ordner stellte. Für die Ermordung eines Mitgliedes der ATÖF am 21. August in Aachen, eines ADÜTDF-Sympathisanten am 23. Mai in Hamburg sowie des ehemaligen Leiters der aufgelösten Zweigorganisation der MHP im Bundesgebiet am 25. November in Kempten machten sich die betroffenen Gruppierungen gegenseitig verantwortlich. Die Hintergründe dieser Taten konnten bisher noch nicht abschließend ermittelt werden. In elf Fällen versuchten türkische Extremisten, ihre politischen Gegner zu töten. Bei weiteren gewalttätigen Ausschreitungen in über 60 Orten der Bundesrepublik Deutschland, die überwiegend von Anhängern der türkischen "Neuen Linken" ausgelöst wurden, erlitten mindestens 126 Personen, darunter auch Polizeibeamte, Verletzungen. Folgende Fälle sind hervorzuheben: -- In Augsburg kam es am 17 Juni anläßlich einer Veranstaltung des türkischen "Istamischen Kulturvereins e. V.", dessen Mitglieder in einem Flugblatt der ATIF 146 als Anhänger der MHP bzw. MSP bezeichnet wurden, zu schweren Auseinandersetzungen. Aus Nürnberg und Ulm angereiste Anhänger der türkischen "Neuen Linken", u. a. ATIF-Anhänger, hinderten Teilnehmer am Betreten des Versammlungslokals, drangen dort ein und verletzten acht Anhänger des "Islamischen Kulturvereins e. V." mit Stichwaffen und Schlagwerkzeugen zum Teil schwer. Bei der Fortsetzung dieser Auseinandersetzungen an anderen Orten wurden drei weitere Angehörige des "Islamischen Kulturvereins" durch Messerstiche teilweise schwer verletzt. Die Polizei nahm insgesamt 136 Türken vorübergehend fest. -- Am 28. Juni veranstalteten Anhänger des "Vereins der Türkischen Arbeiter und Studenten in Bielefeld und Umgebung" (BTIÖD), Gruppe der "Neuen Linken" und Mitgliedsverein der TDKP, eine Spontandemonstration gegen die Vorführung eines nationalistisch geprägten türkischen Filmes in einem Versammlungslokal des "Vereins Türkischer Idealisten in Bielefeld und Umgebung e. V.*, Mitgliedsverein der ADÜTDF. Die Demonstranten hinderten die Filmbesucher am Betreten des Lokals und beschädigten einen Personenkraftwagen. Später zogen ca. 30 Anhänger des Idealistenvereins in einem Protestmarsch zum Vereinslokal des BTIÖD. Auf dem Wege kam es zu tätlichen Auseinandersetzungen, bei denen zwei Türken vermutlich von Mitgliedern des Idealistenvereins niedergestochen wurden. Zwei türkische Nationalisten wurden vorläufig festgenommen, 40 Mitglieder des BTIÖD und 20 Mitglieder des Idealistenvereins zur Feststellung der Personalien bei der Polizei vorgeführt. Die Polizei stellte u.a. Eisenrohre, Drahtkabel, Schlagstöcke, Holzknüppel und Steine in Plastiktüten sicher. Seit der Machtübernahme durch das Militär am 12. September in der Türkei war die Zahl der bekannt gewordenen gewalttätigen Ausschreitungen unter den türkischen Extremisten rückläufig. Die Zahl über die Gewalttätigkeiten zwischen türkischen Extremisten ist vermutlich unvollständig. Es ist davon auszugehen, daß den Verfassungsschutzbehörden nicht alle Straftaten bekannt sind, z. B. weil Sachverhalte durch die Beteiligten aus politischen oder religiösen Gründen oder aus Angst vor Repressalien falsch dargestellt wurden oder politisch motivierte Straftaten als solche nicht erkannt werden konnten. 3. Kurden 3.1 Extremistische Bestrebungen Zunehmende Bedeutung erlangten kurdische Extremisten. Da die Kurden als Staatsangehörige vor allem der Türkei, des Iran, des Irak, Syriens und des Libanon kaum zu erfassen sind, läßt sich die Zahl der im Bundesgebiet lebenden Kurden nicht angeben. Alle kurdischen extremistischen Gruppierungen verfolgen als gemeinsames Ziel die Errichtung eines autonomen Kurdenstaates. Unterschiedliche ideologische Auffassungen spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle. 3.2 Erkenntnisse zu den Organisationen und Aktionsschwerpunkten Die orthodox-kommunistisch beeinflußte "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland" (KOMKAR) arbeitete eng mit der 147 r türkischen FIDEF zusammen und beteiligte sich an deren "Antifaschismus-Kampagne". Ihr gehören schätzungsweise etwa 100 Mitglieder -- in der Mehrzahl türkischer Staatsangehörigkeit -- an. Auch der "Fortschrittlich-Demokratische 'Arbeiterverein Kurdistans e. V." (KKDK) beteiligte sich an Aktionen der FIDEF. Die "Vereinigung der Studenten Kurdistans im Ausland" (AKSA), die von ihrer Zentrale in London geleitet wird, hat schätzungsweise 150 Mitglieder verschiedener Staatsangehörigkeit im Bundesgebiet. Die iranische orthodox-kommunistische "Demokratische Partei Kurdistans" (DPK) war im Bundesgebiet nur propagandistisch aktiv. Extremistische irakische und iranische Kurden drangen am 1. Mai in den Frankfurter Dom ein und führten dort einen Hungerstreik u. a. mit der Forderung "Schluß mit dem Massaker in Kurdistan" durch. Sie verteilten Flugblätter der AKSA, die die politischen Verhältnisse im iranischen Kurdistan kritisierten. Protestaktionen von Anhängern der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die sich selbst als marxistisch-leninistisch bezeichnet, richteten sich gegen die türkischen Generalkonsulate in Köln (Hungerstreik vom 1. bis 7. Oktober) sowie in Essen und Berlin (West). Anzeichen deuten darauf hin, daß kurdische Extremisten mit Anhängern der "Gehheimen Armenischen Befreiungsarmee" (ASALA) zusammenarbeiten. 4. Armenier Im Berichtsjahr ereigneten sich in westlichen Staaten wieder zahlreiche Attentate auf türkische Diplomaten sowie Sprengstoffanschläge auf türkische Einrichtungen und internationale Fluggesellschaften. Zu ihnen bekannten sich armenische Exilorganisationen unter verschiedenen Bezeichnungen, darunter insbesondere die "Geheime Armenische Befreiungsarmee" (ASALA). Diese Organisation will nach eigenen Erklärungen die türkische Regierung durch Terrorakte im Inund Ausland zwingen, den Armeniern in der Türkei Unabhängigkeit zu gewähren. Angriffsziele der ASALA sind neben der Türkei und deren Einrichtungen im Ausland erklärtermaßen auch deren Verbündete. Ihre Zentrale wird in Beirut/Libanon vermutet. Die besondere Gefährlichkeit der armenischen Terroristen zeigte sich an der Häufigkeit und Brutalität der Gewaltakte, von denen die Bundesrepublik Deutschland jedoch kaum betroffen war. Lediglich am 18. Februar erfolgte ein Sprengstoffanschlag auf die Niederlassung der Deutschen Lufthansa in Rom. 5. Iraner 5.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 1310 50 600 1960 1100 Die annähernde Verdoppelung der Mitgliederzahlen gegenüber dem Vorjahr ist auf neue Gruppierungen, auf die zunehmende politische Unzufriedenheit iranischer Staatsangehöriger mit dem Khomeini-Regime sowie darauf zurückzuführen, daß zahlreiche politisch aktive Iraner aus dem Bundesgebiet, die nach der Revolution 148 1979 in ihrem Heimatland an der Entwicklung teilnehmen wollten, inzwischen wieder zurückgekehrt sind. 5.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Iranische Gruppierungen im Bundesgebiet, die in Opposition zum KhomeiniRegime stehen und dne derzeitige theokratische Ordnung im Iran ablehnen, erlangten sicherheitsmäßig keine wesentliche Bedeutung. Die islamisch-nationalistische "Union der Islamischen Studentenvereine in Europa" (UISA) vertritt die Politik KXhomeinis und der iranischen Regierung im Bundesgebiet. Ihre Anhängerschaft hat sie nicht vergrößern können. Die vor dem Umsturz im Iran in der Bundesrepublik Deutschland aktiven und teilweise militanten, zur "Neuen Linken" zu rechnenden Gruppierungen der "Conföderation Iranischer Studenten-National Union" (CISNU) scheinen sich weiter zersplittert zu haben. Die ebenfalls zur "Neuen Linken" gehörende "Conföderation Iranischer Studenten" (CIS), die im Bundesgebiet die "Föderation Iranischer Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (FIS) als nationale Unterorganisation führt, bekannte sich wie die orthodox-kommunistische Tudeh-Partei zu Khomeini. Auseinandersetzungen zwischen Khomeini-Gegnern und -Anhängern wurden nicht nur verbal ausgetragen. Es kam wiederholt auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern verschiedener iranischer Gruppierungen. 6. Afghanen 6.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 160 40 = 200 130 In der Bundesrepublik Deutschland leben gegenwärtig ca. 3600 Afghanen mit ihren Familienangehörigen. Schätzungsweise 200 von ihnen gehören überwiegend linken regimefeindlichen bzw. islamisch-nationalistischen Gruppierungen an. 6.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Die mitgliederstärkste Vereinigung der "Neuen Linken" im Bundesgebiet ist die "Generalunion Afghanischer Studenten im Ausland" (GUAfS), die seit Beginn der 70er Jahre die Zentralregierung Afghanistans bekämpft. Eine regimefreundliche Minderheit spaltete sich nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen am 27. Dezember 1979 von der GUAfS ab. Sie ist moskauorientiert, hat Verbindungen zur DKP und nennt sich weiterhin "Generalunion der Afghanischen Studenten im Ausland" (GUAfS). Bedeutung haben auch die "Föderation Afghanischer Studenten im Ausland" (FASA), die sich im April 1979 von der GUAfS abspaltete, sowie die "Nationale Befreiungsunion der Paschtunen und Belutschen" (NLUPB), die der "Neuen Linken" zuzurechnen sind. Islamisch-nationalistische Afghanen hatten sich nach der Revolution im Iran zur "Islamischen Vereinigung Afghanischer Studenten 149 (r) in Europa" (l.A.A.S.) vereinigt, die die afghanische Freiheitsbewegung unterstützt. Sie unterhält Verbindungen zur iranischen UISA. Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan verstärkte die Aktivitäten afghanischer Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland. Vermutlich Anhänger der 1.A.A.S. und der UISA besetzten am 2. Januar die afghanische Botschaft in Bonn. Die Eskalation der politischen Auseinandersetzungen zeigte sich auch bei einer Messerstecherei nm Zusammenhang mit einer Demonstration von Angehörigen der deutschen und ausländischen "Neuen Linken" am 26. Januar in Frankfurt/M. Am 7. März richtete eine Bombe am Eingang des sowjetischen Generalkonsulats in Berlin (West) erheblichen Sachschaden an. Für die Tat erklärte sich eine Organisation "People Modjahedine Afghanistan" verantwortlich. 7. Exiljugoslawen 7.1 Mitgliederentwicklung Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 1600 - - 1600 1900 7.2 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Die im Bundesgebiet lebenden Exilkroaten, die den jugoslawischen Staat ablehnen, zum Teil mit Gewalt bekämpfen und einen selbständigen Staat Kroatien anstreben, sind in sieben Vereinigungen mit ca. 1300 Mitgliedern organisiert. Serbische Extremisten stellten im Berichtsjahr keine Bedrohung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Im Bundesgebiet fanden Aktivitäten kroatischer Extremisten in der Öffentlichkeit fast nur noch im Namen des "Kroatischen Nationalrates" (HNV) statt. Dem Dachverband mit internationnalem Aktionsrahmen, dem nach wie vor nahezu alle politisch relevanten Emigrantenvereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland angehören, gelang es nicht, persönliche und ideologische Gegensätze zu überwinden. Nach der konstituierenden Sitzung des 3. Sabor (Parlament) des HNV in London vom 18. bis 21. Januar, auf der die Leitungsgremien gewählt wurden, haben sich die Spannungen zwischen den vornehmlich antikommunistisch eingestellten "Konservativen" und den linksorientierten Exilkroaten, zu deren Exponenten vor allem die Anhänger des "Kroatischen Frühlings" (Gruppe oppositioneller Kommunisten in Jugoslawien, die Ende 1971 aus dem "Bund der Kommunisten Jugoslawiens" ausgeschlossen wurden) so zugespitzt, daß die Organisation praktisch gespalten ist. Alle Führungspositionen im HNV wurden mit konservativ orientierten Emigranten besetzt. Als Reaktion auf ihr schlechtes Abschneiden bei der Wahl gründeten die linksorientierten Kräfte im HNV während eines Treffens vom 14. bis 16. März in Schweden das "Koordinationszentrum im Ausland lebender Kroaten" (KCAK). Das KCAK will den "Vielvölkerstaat" Jugoslawien mit allen Mitteln zerschlagen und ein "Vereinigtes Kroatien" -- mit Unterstützung der Sowjetunion -- errichten. Die Vereinigung gab sich keine organisatorische Struktur. Die Bezeichnung "Koordinationszentrum im Ausland lebender Kroaten" (KCAK) wurde gegen Ende des Berichtsjahres von den Anhängern des "Kroatischen Frühlings" nicht mehr verwendet. 150 Titos Tod am 4. Man löste bei den kroatischen Nationalnsten trotz jahrelanger Fixierung auf diesen Tag keine Gewaltaktionen gegen Jugoslawien aus. Allerdings muß weiterhin mit Terrorakten von Einzelpersonen oder von Kleinstgruppen gegen den jugoslawischen Staat und seine Einrichtungen gerechnet werden. Diese Gefahr wird dadurch verstärkt, daß kroatische Extremisten sich veranlaßt sehen, ein Fortbestehen ihrer "Aktionsfähigkeit* unter Beweis zu stellen. 7.3 Mordanschläge gegen Exilkroaten Am 13. Januar wurde der Exilkroate und Gründungsmitglied der kroatischen Emigrantenorganisation "Vereinigte Kroaten Europas" (UHE), Nikola Milicevie, in Frankfurt/M. vor seiner Wohnung neben seinem PKW erschossen aufgefunden. 'Am 13. Dezember wurde auf den kroatischen Extremisten Franjo Goreta ein Mordanschlag in seiner Wohnung in Saarbrücken verübt. Goreta gab mehrere Schüsse auf die Attentäter ab und verletzte einen der beiden schwer Die Täter sowie ein mutmaßlicher Anstifter des Mordanschlages wurden in München festgenommen. Goreta hatte im Jahre 1966 in Stuttgart den jugoslawischen Vizekonsul Sava Milovanovic erschossen. Er war seinerzeit Mitglied der im Juni 1968 vom Bundesminister des Innern verbotenen "Kroatischen Revolutionären Bruderschaft" (HRB). Das Schwurgericht beim Landgericht Stuttgart hatte ihn wegen Totschlages zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. 'Auch im Bereich der serbischen Emigration ereignete sich ein Mordanschlag. Am 16. April wurde Dusan Sedlar von zwei Unbekannten erschossen. Sedlar war zuletzt Vorsitzender des natnonalistischen "Serbischen Nationalbundes" (SNO) in der Bundesrepublik Deutschland und galt als einer der führenden Repräsentanten der serbischen Emigration mit Einfluß und Bedeutung weit über das Bundesgebiet hinaus. Auf Betreiben von Sedlar sollte am 5. Mai in Düsseldorf der "Europäische Serbische Nationalbund", der seinerseits der Dachorgannsation "Serbisches Nationalkomitee" in den USA angegliedert werden sollte, gegründet werden. Die Mordanschläge verursachten erhebliche Unruhe unter den jugoslawischen Emigranten in der Bundesrepublik Deutschland. Sprengstoffanschläge gegen zwei jugoslawische Clubheime in Baden-Württemberg am 4. November durch unbekannte Täter, bei denen jeweils ein Sachschaden von etwa 10 000,-DM entstand, lassen vermuten, daß die fanatische Bereitschaft in der jugoslawischen Emigration andauert, den politischen Kampf mit Mitteln der Gewalt fortzusetzen. 8. Sonstige ausländische extremistische Vereinigungen 8.1 Griechen 8.1.1 Mitgliederentwicklung im Bereich rechtsextremistischer Gruppen Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 70 = = 70 100 8.1.2 Mitgliederentwicklung im orthodox-kommunistischen Bereich Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 9800 410 18 150 28 360 27 500 8.1.3 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Von den in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden extremistischen griechischen Organisationen war die moskauorientierte "Kommunistische Partei Griechenlands" (KKE-Ausland) die aktivste. Über den von ihr beeinflußten "Verband Griechischer Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (OEK) setzte sie sich für Ziele ein, die ihr auch die Unterstützung von NichtExtremisten sichern. Die Zusammenarbeit der KKE-Ausland mit der DKP soll gemäß entsprechenden Parteibeschlüssen weiter intensiviert werden. 8.1.4 Mitgliederentwicklung im Bereich der "Neuen Linken" Kernorgan. Nebenorgan. Beeinfl. Organ. Insgesamt Vergleich 1979 80 30 280 390 600 8.1.5 Erkenntnisse zu Organisationen und Aktionsschwerpunkten Die zur "Neuen Linken" zählenden griechischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland haben im Berichtsjahr wiederum an Bedeutung verloren 'Aktivitäten und Mitgliederzahlen sind weiter zurückgegangen. Von der maoi: prochinesisch orientierten "Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei Griechenlands" (M-L KKE) spaltete sich eine maoistisch-proalbanisch ausgerichtete Gruppierung ab, die sich als "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Griechenlands/Neugeordnet" (M-L KKE/Neugeordnet) bezeichnet. Diese Partei trat im Bundesgebiet hauptsächlich durch ihre Beteiligung an Vorstandswahlen einiger griechischer Gemeinden in Erscheinung. 8.2 Italiener, Spanier und andere Nationalitäten Die Mitgliederzahlen der "Kommunistischen Partei Italiens" (PCI), der "Kommunistischen Partei Spaniens" (PCE) und der "Kommunistischen Partei Portugals" (PCP) blieben im wesentlichen unverändert. Den Organisationen fehlen nach wie vor auf der unteren und mittleren Führungsebene geeignete Kader. Die italienische Partei "Soziale Italienische Bewegung -- Nationale Rechte" (MSI-DN) konnte im Bundesgebiet kaum Anhänger gewinnen. Für die innere Sicherheit bedeutsame Aktivitäten gingen von diesen Organisationen 1980 nicht aus. Das gilt auch für weitere in der Bundesrepublik Deutschland aktive orthodoxkommunistische und der ausländischen "Neuen Linken" aus anderen Ländern zuzurechnende Organisationen. 152