Senator für Inneres Verfassungsschutzbericht 2018 Freie Hansestadt Bremen 2 Senator für Inneres 3 Verfassungsschutzbericht 2018 Freie Hansestadt Bremen 4 Vorwort 5 Der vielfach beschriebene "Rechtsruck" in unserer Gesellschaft geht einher mit einer spürbaren Zunahme an antidemokratischen Tendenzen. In seiner Funktion als Frühwarnsystem des demokratischen Rechtsstaats ist es dabei die Aufgabe des Verfassungsschutzes zu prüfen, an welchen Stellen die Grenze zum Extremismus überschritten ist, und die Öffentlichkeit über solche Fälle in Kenntnis zu setzen. Dies tat das "Bundesamt für Verfassungsschutz" (BfV) mit seiner öffentlichen Erklärung zur Beobachtung der Jugendorganisation der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) und des Personenverbundes "Der Flügel" im Januar 2019. Bremen und Niedersachsen hatten als erste Bundesländer bereits im September 2018 die AfDJugendorganisation zum Beobachtungsobjekt erklärt. Rechtsextremisten gelingt es zunehmend, Einfluss auf Teile der Gesellschaft zu nehmen. So stellt der Verfassungsschutz seit einiger Zeit eine schwindende Abgrenzung zwischen Rechtsextremisten und Nichtextremisten fest. Wie groß mancherorts dieser Einfluss von Rechtsextremisten ist, zeigten eindrucksvoll die Demonstrationen 2018 in Chemnitz, an denen auch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die ihre Kritik an der Asylpolitik kundtaten, teilnahmen. Kritik an der Asylpolitik ist legitim und notwendig im demokratischen Willensbildungsprozess, sie wird erst dann ein Fall für den Verfassungsschutz, wenn sie sich gegen die Kernprinzipien unserer Verfassung wendet. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es hier, die Öffentlichkeit auf verfassungsfeindliche Äußerungen von politischen Akteuren aufmerksam zu machen. Die Bekämpfung der Verbreitung von menschenverachtenden Ansichten und demokratiefeindlichen Einstellungen in unserer Gesellschaft kann jedoch nicht nur Aufgabe des Verfassungsschutzes sein, sondern es ist die Aufgabe aller Demokratinnen und Demokraten! Auch im Bereich Linksextremismus versuchen Akteure beharrlich, ihre demokratiefeindlichen Weltanschauungen zu verbreiten. Erfolgreich sind sie damit insbesondere bei Protesten gegen Rechtsextremismus oder Rechtspopulismus, bei denen regelmäßig der Schulterschluss mit Demokraten gelingt. Zuletzt haben wir einen solchen Schulterschluss zwischen Linksextremisten und Demokraten allerdings in einem anderen Bereich beobachtet, nämlich bei den Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst. Der brutale Angriff auf den AfD-Landesvorsitzenden Frank Magnitz am 7. Januar 2019 im Innenhof des Theaters am Goetheplatz ist als Angriff auf unsere Demokratie zu werten. Wenngleich die Täter noch nicht identifiziert worden und ihre tatsächlichen Beweggründe zur Tat folglich nicht bekannt sind, dürfen gewaltsame Übergriffe niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung in einem demokratischen Rechtsstaat sein. Das sehen große Teile der gewaltorientierten linksextremistischen Szene in Bremen anders. Sie verurteilten die gewaltsame Tat nicht, sondern betrachteten sie vielmehr als "Notwehr gegen die strukturelle Gewalt" des Staates. Während die Tat von Teilen der linksextremistischen Szene gerechtfertigt wurde, begab sich die AfD reflexartig in die Opferrolle und schmückte den Hergang der Tat mit dem Ziel aus, öffentliche 6 Aufmerksamkeit zu erregen. Vor allem wegen der Befürwortung von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung und der Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols steht die gewaltorientierte linksextremistische Szene Bremens im Fokus der Beobachtung. Auch die Gefährdung Deutschlands durch den islamistischen Terrorismus ist im Jahr 2018 konstant hoch geblieben. So gab es diverse Festnahmen und Gerichtsverfahren gegen Personen aus dem islamistisch-terroristischen Spektrum. Insgesamt werden in Deutschland derzeit rund 1.000 Ermittlungsverfahren mit islamistischen Bezügen geführt. Schließlich fließen auch die Reisebewegungen von deutschen Staatsbürgern (mit islamistischem Hintergrund) wie auch von Geflüchteten in die Sicherheitslage ein. Im Zusammenhang mit den fortschreitenden Gebietsverlusten des "IS" liegen Erkenntnisse zu Personen vor, die aktuell aus Syrien/Irak ausreisen möchten und/ oder sich aktuell in Syrien/Irak in Haft befinden. Bei einem Großteil dieser Personen dürfte sich auch zukünftig eine verstärkte Rückreisetendenz abzeichnen. Insgesamt war die Anzahl der so genannten jihadistischen Verdachtsund Gefährdungssachverhalte, die durch das LfV Bremen bearbeitet werden, auch im Jahr 2018 konstant hoch. Diese jihadistischen Sachverhalte betreffen u.a. mögliche Einreisen von jihadistischen Zellen und Kämpfern nach Deutschland, so auch Bremen, mit dem vermuteten Ziel, Anschläge zu planen oder zu begehen. Auch erreichen das LfV Hinweise auf Terrorfinanzierungen oder logistische Unterstützungshandlungen von jihadistisch motivierten Personen oder Bestrebungen. Schließlich bleibt auch die Lage im Bereich des Ausländerextremismus angespannt. Die Geschehnisse in der Türkei und Syrien spiegelten sich auch in Deutschland durch ein verstärktes Demonstrationsgeschehen und eine gesteigerte Emotionalisierung der Anhänger der verschiedenen Ausländerorganisationen wider. Dies wurde z.B. mit Beginn der türkischen Militärschläge gegen die von der "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD) dominierten Gebiete rund um die nordsyrische Stadt Afrin und der Einnahme dieser deutlich. Im Bundesgebiet gab es neben zahlreichen Demonstrationen auch militante Aktionen gegen türkische Einrichtungen, wie etwa Farbund Brandanschläge. 7 Diese Entwicklungen kann man auch in Bremen feststellen. Zwischen den Anhängern der PKK und Personen des türkisch-nationalen Spektrums kam es im vergangenen Jahr zu Provokationen am Rande von Demonstrationen. Ursache sind einerseits andauernde militärische Auseinandersetzungen zwischen türkischem Militär und der PKK sowie andererseits in der Türkei verübte Anschläge, zu denen sich PKK-Splittergruppen bekannten. Die Vielzahl von Demonstrationen der PKK-Anhänger schafft zusätzliches Potenzial für eine direkte Konfrontation. Insbesondere bei jugendlichen PKK-Anhängern sind auch militante Aktionsformen gegen türkische Einrichtungen und Personen des türkisch-nationalen Spektrums zu befürchten. Von beiden Seiten kam es 2018 in Bremen zu Sachbeschädigungen an Vereinsgebäuden und Kfz der jeweils anderen Seite. Insgesamt wird deutlich, dass in allen Phänomenbereichen in gesteigerter Intensität versucht wird, die Werte unserer Demokratie anzugreifen. Um diese Versuche so frühzeitig wie möglich zu bemerken und zu unterbinden, ist die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz unerlässlich. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen und mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit herzlich bedanken. Ulrich Mäurer Senator für Inneres 8 Inhalt Seitenzahl 10 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen 15 1.1 Kontrolle des Verfassungsschutzes 16 1.2 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV 17 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV 20 3 Rechtsextremismus 21 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild 23 3.2 Rechtsextremistische Agitation und Propaganda 26 3.3 Gruppierungen und Strukturen des Rechtsextremismus 28 3.3.1 "Junge Alternative" (JA) 30 3.3.2 "Identitäre Bewegung" 32 3.3.3 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 34 3.3.4 "Die Rechte" 35 3.3.5 Rechtsextremistische Mischszene Bremens 37 3.3.6 "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) 38 4 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 41 5 Linksextremismus 42 5.1 Linksextremistisches Weltbild 45 5.2 Linksextremistische Gruppierungen 53 5.3 Aktivitäten gewaltorientierter Linksextremisten 54 5.3.1 Proteste gegen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten 57 5.3.2 "Klimaproteste" - Kampagne "Ende Gelände" 59 5.3.3 Proteste gegen "staatliche Repression" 61 5.3.4 Proteste gegen deutsche Rüstungsexporte 9 62 6 Islamismus 63 6.1 Islamismus 65 6.2 Islamistischer Terrorismus 65 6.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 66 6.2.2 "Islamischer Staat" (IS) 67 6.2.3 Anschläge durch islamistische Terrororganisationen und radikalisierte Einzeltäter 70 6.2.4 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 73 6.2.5 Internet und andere Medien 74 6.3 Salafistische Bestrebungen 77 6.3.1 Salafismus im Land Bremen 80 6.3.2 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) 81 6.4 "Hizb Allah" 83 7 Ausländerextremismus 85 7.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 96 7.2 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland" (ADÜTDF) 98 7.3 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 100 8 Unterstützungsaufgaben des LfV 103 Anhang 106 Impressum 10 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen Seitenzahl 15 1.1 Kontrolle des Verfassungsschutzes 16 1.2 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV 11 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen Der Verfassungsschutz gilt als "Frühwarnsystem" der Demokratie, da er verfassungsfeindliche Aktivitäten (extremistische Bestrebungen) und sicherheitsgefährdende Das Bremische VerfassungsTätigkeiten erkennen soll. Vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrungen schutzgesetz (BremVerfSchG) Deutschlands mit dem Nationalsozialismus ist der demokratische Rechtsstaat mit regelt die Aufgaben und Befugeinem Warnund Schutzsystem ausgestattet. Das Prinzip der "wehrhaften Demonisse sowie die Rechtsstellung kratie" trägt der Entschlossenheit des Staates Rechnung, sich gegenüber den des LfV und seine ZusammenFeinden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu wehren. Die freiheitliche arbeit mit den Verfassungsdemokratische Grundordnung beinhaltet die zentralen Grundprinzipien, die einen schutzbehörden der Länder demokratischen Verfassungsstaat ausmachen, dazu gehören insbesondere die und des Bundes. Würde des Menschen sowie das Demokratieund das Rechtsstaatsprinzip. Das Das Artikel 10-Gesetz Prinzip der "wehrhaften Demokratie" zeigt sich etwa am Festschreiben eines unver(G 10) regelt die Befugnisse der änderlichen Kerns einer Grundund Werteordnung, die selbst vor Verfassungsändedeutschen Nachrichtendienste rungen geschützt ist ("Ewigkeitsklausel", Art. 79 Abs. 3 Grundgesetz (GG)). Neben zu Eingriffen in das durch Artikel den Staatsstrukturprinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind dadurch 10 des Grundgesetzes garanvor allem die wesentlichen Freiheitsrechte des Einzelnen abgesichert, allen voran tierte Brief-, Postund Fernmelder Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Ergänzt wird die "Wehrhaftigkeit" degeheimnis. durch die Möglichkeit des Verbots von Parteien und sonstigen Vereinigungen wegen verfassungswidriger Aktivitäten (Art. 21 Abs. 2 GG, Art. 9 Abs. 2 GG) oder durch Das Bremische Sicherheitsdie Verwirkung von Grundrechten, wenn diese im Kampf gegen die freiheitliche überprüfungsgesetz demokratische Grundordnung missbraucht werden (Art. 18 GG). (BremSÜG) regelt die Voraussetzungen und das Verfahren Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat folgende im Gesetz über den zur Sicherheitsüberprüfung von Verfassungsschutz im Lande Bremen (SS 3 BremVerfSchG) normierte Aufgaben: Personen, die mit bestimmten . Die Beobachtung von Bestrebungen, die sicherheitsempfindlichen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder Tätigkeiten betraut werden . die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, sollen (Sicherheitsüberprüfung) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen oder bereits betraut worden sind . auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden, (Aktualisierungsbzw. Wiedergegen den Gedanken der Völkerverständigung oder gegen das friedliche holungsprüfung). Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Die Gesetze sind im Internet abrufbar unter: Das LfV ist auch zuständig für die Spionageabwehr im Land Bremen. Daneben www.verfassungsschutz. unterstützt es im Rahmen seiner Mitwirkungsaufgaben Sicherheitsüberprüfungen bremen.de von Personen zum Zweck des Geheimund Sabotageschutzes. Zu den Aufgaben des LfV zählen weiterhin die regelmäßige Unterrichtung von Senat und Bürgerschaft über die Sicherheitslage im Land Bremen und die Information der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Letzteres wird unter andeFreiheitliche demokratische rem durch die Veröffentlichung des jährlich erscheinenden VerfassungsschutzbeGrundordnung . Garantie der Menschenwürde richtes gewährleistet. . Demokratieprinzip . Rechtsstaatsprinzip Der Verfassungsschutzbericht beruht auf den Erkenntnissen, die das LfV im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder gewonnen hat. Der Bericht stellt keine abschließende Aufzählung aller verfassungsschutzrelevanten Gruppierungen oder Ereignisse dar, sondern unterrichtet über die wesentlichen, während des Berichtsjahres zu verzeichnenden verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen. Beobachtungsschwerpunkte Das LfV beobachtet insbesondere Bestrebungen in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus, Ausländerextremismus sowie "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". Im Fokus der Beobachtung stehen die gewaltorientierten Teile der einzelnen Phänomenbereiche. Als gewaltorientiert gelten nicht nur 12 Personen und Gruppierungen, die selbst gewalttätig handeln oder gewaltbereit gegen ihre "politischen Gegner" vorgehen, sondern ebenso diejenigen, die Gewalt unterstützen oder Gewalt befürworten. Die Gewaltorientierung einer Person oder Gruppierung kann sich zum einen aus ihrer ideologischen Ausrichtung und zum anderen aus ihren konkreten Handlungen ergeben. Die Bedrohung der Inneren Sicherheit geht darüber hinaus von radikalisierten Einzeltätern und Kleingruppen aus, die nicht zwingend in extremistische Strukturen eingebunden sein müssen. Mit der Fokussierung auf Gewalt veränderte sich in den vergangenen Jahren insofern der Blickwinkel des Verfassungsschutzes, als nunmehr auch verstärkt Verbindungen zwischen Extremisten und gewaltaffinen Gruppierungen in die Beobachtung einbezogen werden. Angesichts des zum Teil hohen Aggressionsund Gewaltpotenzials von Extremisten ist es seit Jahren das erklärte Ziel des Senators für Inneres, Extremisten zu entwaffnen. Im Dezember 2016 gab der Senator für Inneres einen Erlass heraus, wonach Angehörige des Spektrums der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" regelmäßig als waffenrechtlich unzuverlässig einzustufen sind, so dass Anträge auf Waffenerlaubnisse abzulehnen und bereits erteilte Waffenerlaubnisse aufzuheben sind. Der Personenkreis ist mit dem Erlass von Mai 2018 auf alle Extremisten erweitert worden. Grundsätzlich wird damit allen Extremisten, egal welcher Ideologie sie anhängen und welche politischen Ziele sie verfolgen, die Befähigung und Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen abgesprochen. Auf Grundlage dieser Erlasse hat die Waffenbehörde bereits in den vergangenen Jahren mehreren Extremisten die Waffen entzogen. Antisemitismus Antisemitismus stellt als phänomenübergreifendes Thema einen Arbeitsschwerpunkt des LfV dar. Die Verbreitung von Antisemitismus unter Islamisten, Rechtsund Linksextremisten sowie weiteren Extremisten zeigte sich nicht zuletzt in der steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle in den vergangenen Jahren in Deutschland. Die Bundesregierung arbeitet mit der 2017 von der "Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken" (IHRA) entwickelten Arbeitsdefinition: "Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein." (BT-Drs. 19/444, Bremische Bürgerschaft, Drs. 19/1808) Im Rechtsextremismus gehört die Feindschaft gegenüber Juden zum festen Bestandteil der Ideologie. Im Nationalsozialismus wurde die Ausgrenzung, Vertreibung und Vernichtung von Juden rassistisch begründet, während Antisemitismus bis dahin vor allem religiös und sozial begründet worden war. Entsprechend noch heute existierenden und ständig weiter gesponnenen Verschwörungsfantasien werden Juden weltweit für politische, soziale und wirtschaftliche Probleme verantwortlich gemacht; es herrscht die Vorstellung, dass ein weltweit vernetztes jüdisches Volk die Fäden im Verborgenen spinnt. Im Linksextremismus existieren ebenfalls antisemitische Positionen, die antikapitalistisch konnotiert sind. Dem Kapitalismus sei eine auf die Ausweitung des eigenen Herrschaftsgebiets abzielende Politik (Imperialismus) immanent, betonen beispielsweise Antiimperialisten. Sie bekämpfen daher die USA und Israel als Protagonisten imperialistischer Bestrebungen und solidarisieren sich mit Autonomiebestrebungen, wie der palästinensischen Befreiungsbewegung. In diesem Zusammenhang werden antisemitische Positionen vertreten. 13 Auch bei der Beobachtung der islamistischen Szene Bremens durch den Verfassungsschutz werden antisemitische Äußerungen beobachtet und erfasst. So richtet sich insbesondere der Salafismus in seiner pauschal gegen "die Ungläubigen" gerichteten Rhetorik sowohl implizit als auch stellenweise explizit gegen Juden und ihren Glauben. Auch im Bereich des Ausländerextremismus kommt es vereinzelt zu antisemitischen Äußerungen. Detaillierte Informationen über etwaige Vorfälle finden sich in den jeweiligen Kapiteln dieses Berichts. Überschreiten festgestellte Äußerungen die Schwelle der Strafbarkeit, werden diese umgehend an die Polizei weitergeleitet. Gesetzliche Grundlagen Gesetze VerhältnismäßigkeitsTrennungsgebot grundsatz (keine Befugnisse (keine Exekutivohne gesetzliche befugnisse) Regelung) BremVerfSchG, Artikel 10-Gesetz und bremisches Ausführungsgesetz, BremSÜG Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei Unter Beachtung des Trennungsgebotes stellte die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Verfassungsschutz und Polizei einen Schwerpunkt des bisherigen Prozesses der Neuausrichtung dar. So trägt das im Jahr 2012 eingerichtete "Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ), an dem sich Polizei und Verfassungsschutz gleichermaßen beteiligen, zum effizienteren Informationsaustausch innerhalb der Sicherheitsbehörden bei. Dabei ging das seit 2011 bestehende "Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus" (GAR) im GETZ auf. Das GETZ ist nach dem Vorbild des im Bereich des islamistischen Terrorismus erfolgreich operierenden "Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums" (GTAZ) geschaffen worden. Die Einrichtung von Untergremien im GETZ, in Gestalt einer "Polizeilichen Informationsund Analysestelle" (PIAS) sowie einer "Nachrichtendienstlichen Informationsund Analysestelle" (NIAS), soll insbesondere die Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden verbessern. Zu einem besseren Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei trägt auch die im Jahr 2011 eingerichtete Plattform "Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus" (KIAR) bei. Die 2012 eingeführte "Rechtsextremismusdatei" (RED) sichert einen schnellen Austausch von Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten zwischen Verfassungsschutz und Polizei. "Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) Die effektive Bekämpfung des islamistischen Terrorismus kann eine nachrichtendienstliche Behörde nicht alleine bewältigen. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2004 das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) geschaffen, ein Zusammenschluss aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder. Vorrangige Aufgabe 14 des GTAZ ist es, für einen reibungslosen Austausch von Erkenntnissen zu sorgen und operative Maßnahmen abzustimmen. Bundesamt für GeneralbundesMigration und anwalt Flüchtlinge Bundesamt für BundeskriminalVerfassungsamt schutz 16 Landes16 Landesämter für Verfassungskriminalämter GTAZ PI AS N I AS schutz BundesnachrichBundespolizei tendienst Militärischer Zollkriminalamt Abschirmdienst "Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) Das im Jahr 2012 eingerichtete "Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) ist ebenfalls ein Zusammenschluss aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder. Das GETZ beschäftigt sich mit den Phänomenbereichen Ausländer-, Linksund Rechtsextremismus sowie der Spionageabwehr. Bundesamt für BundeskriminalGeneralbundesVerfassungsamt anwalt schutz 16 Landesämter Bundespolizei für Verfassungs- N I AS schutz PI AS Bundesnachrich16 Landeskriminalämter GETZ tendienst Europol Militärischer Abschirmdienst 1.1 Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Arbeit des LfV unterliegt der parlamentarischen Kontrolle durch die Bremische Bürgerschaft (Parlamentarische Kontrollkommission und G 10-Kommission). Die Aufsicht über die Verfassungsschutzbehörde führt die Behördenleitung des Senators für Inneres. Maßnahmen des LfV sind auch gerichtlich überprüfbar. 15 Parlamentarische Parlamentarische Parlamentarische Kontrolle Kontrolle Kontrolle Parlamentarische Parlament G 10-Kommission Kontrollkommission LfV Bremen VerwaltungsGerichtliche Öffentliche kontrolle Kontrolle Kontrolle Senator für Inneres VerwaltungsBürger gerichtlicher (Auskunftsrecht) Landesbeauftragte für Rechtsschutz Datenschutz und Presse Informationsfreiheit Bremen Landesrechnungshof Parlamentarische Kontrollkommission Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) wird durch den Senator für Inneres über die allgemeine Tätigkeit des LfV sowie über Vorgänge von besonderer Bedeutung fortlaufend und umfassend unterrichtet. Die PKK hat das Recht, Einsicht in Akten und andere Unterlagen zu nehmen, und hat Zugang zu Einrichtungen des LfV. Die PKK der Bremischen Bürgerschaft besteht aus drei Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern, die die Bürgerschaft zu Beginn jeder Wahlperiode aus ihrer Mitte wählt. Daneben können nicht in der PKK vertretene Fraktionen einen ständigen Gast in die PKK entsenden. Die Kommission tritt mindestens alle drei Monate zusammen. Ihre Beratungen unterliegen der Geheimhaltungspflicht. G 10-Kommission Die G 10-Kommission entscheidet über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem G 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Die G 10-Kommission der Bremischen Bürgerschaft besteht aus drei Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern, die die PKK zu Beginn jeder Wahlperiode wählt. Der Vorsitzende besitzt die Befähigung zum Richteramt. 1.2 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV Zur Erfüllung seiner Aufgaben gab das LfV im Haushaltsjahr 2018 für Personal 2.943.577 Euro (2017: 2.520.000 Euro) und für Sachmittel 1.181.968 Euro (2017: 1.031.181 Euro) aus. Die investiven Ausgaben 16 betrugen 313.200 Euro (2017: 172.584 Euro). Das Gesamtausgabevolumen lag 2018 bei 4.438.745 Euro (2017: 3.723.765 Euro). Das Beschäftigungsvolumen umfasste 65,5 Vollzeiteinheiten (2017: 51,3). 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV 17 18 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV Die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten erfolgt in einer Demokratie in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext. Aus diesem Grund ist es dem LfV ein besonderes Anliegen, das Wissen des Verfassungsschutzes für die Aufklärung und Meinungsbildung, aber auch für die erfolgreiche Präventionsarbeit anderer Träger in Staat und Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Vorträge Im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit bietet das LfV Vorträge über extremistische Bestrebungen an. In den Vorträgen kann es um aktuelle Entwicklungen und extremistische Erscheinungsformen im Lande Bremen gehen, jedoch können nach Bedarf auch andere Schwerpunkte gesetzt werden. Die Vorträge richten sich insbesondere an Behörden, Einrichtungen, Vereine und Schulen. Im Bereich Islamismus verfolgt das LfV vor allem das Ziel, die öffentliche Debatte über Islam und Islamismus zu versachlichen und die bremische Bevölkerung über islamistische Bestrebungen zu informieren. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Behörden und zivilgesellschaftlichen Stellen sollen unter der Überschrift "Sensibilisierung und Früherkennung" in die Lage versetzt werden, zwischen legitimer Religionsausübung und dem eventuellen Abdriften einer Person in extremistische Kreise zu unterscheiden. Zentrales Anliegen ist es, dabei zu helfen, die Radikalisierung junger Personen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, bevor Sicherheitsbehörden aktiv werden müssen. Präventionsangebote in Bremen Demokratiezentrum Land Bremen Das Demokratiezentrum Land Bremen koordiniert umfassende Präventionsund Beratungsangebote für Betroffene, Ratsuchende und Interessierte zu den ThemengeKontakt: bieten "Rechtsextremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" sowie Senatorin für Soziales, Jugend, "demokratiefeindlicher und gewaltorientierter Islamismus und Muslimfeindlichkeit". Frauen, Integration und Sport Es ist zuständig für die Umsetzung des Bundesprogramms "Demokratie leben! Aktiv Referat 22 - Kinderund Jugendgegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit". Die Projekte werden förderung aus dem genannten Bundesprogramm und von der Senatorin für Soziales, Jugend, Demokratiezentrum Frauen, Integration und Sport gefördert. Dienstsitz: Bahnhofstraße 28 - 31 Postanschrift: Bahnhofsplatz 29 Das Demokratiezentrum fungiert als Erstkontaktstelle und nimmt "Verweisberatungen" 28195 Bremen vor. Die Beratungsstellen selbst sind bei freien Trägern der Kinderund Jugendhilfe Tel.: 0421 361-996 67 angesiedelt. Die Leistungen sind für die Beratungsnehmer und BeratungsnehmerinE-Mail: demokratiezentrum@ nen kostenlos und beruhen auf den fachlichen Grundsätzen der Freiwilligkeit und der soziales.bremen.de Vertraulichkeit. Das Demokratiezentrum bietet Unterstützung für Betroffene "rechter" Gewalt. Auch eine Distanzierungsund Ausstiegsberatung für den Phänomenbereich des Rechtsextremismus ist Teil des Projektverbundes. Zum Umgang mit den Themen Rechtsextremismus, Islamismus, Muslimfeindlichkeit und weiteren Facetten gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bietet das Demokratiezentrum Hilfestellungen bezüglich Interventionsmöglichkeiten und Handlungsstrategien. Es entwickelt Informationsmaterialien und organisiert Fachveranstaltungen. 19 Das Angebot der Fachund Beratungsstelle "kitab" richtet sich primär an Eltern und Angehörige von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich möglicherweise in einem Hinwendungsprozess zu religiös begründetem Extremismus befinden. Ebenso leistet "kitab" Fachberatung und Unterstützung für Fachkräfte der Kinderund Kontakt: Jugendhilfe, der sozialen Dienste und weiterer relevanter Berufsfelder, die hinsichtlich www.vaja-bremen.de/teams/kitab solcher Wahrnehmungen verunsichert sind. Die Fachund Beratungs-stelle bietet E-Mail: kitab@vaja-bremen.de auch Distanzierungsbegleitung und Unterstützung für die betroffenen HeranwachsenTel.: 0157 55 75 30 02 oder den selber. Je nach Bedarf kann die Beratung auch in türkischer, arabischer, eng0157 38 16 52 02 lischer und französischer Sprache erfolgen. "kitab" ist Teil des Projektverbundes des Demokratiezentrums. Kompetenzzentrum für Deradikalisierung und Extremismusprävention - KODEX Seit Oktober 2018 hat KODEX die Arbeit aufgenommen. In Ergänzung zum Angebot des Demokratiezentrums Bremen koordiniert KODEX Anfragen und Angebote bei der Kontakt: Arbeit mit bereits stark radikalisierten Personen aus dem Bereich des demokratiefDer Senator für Inneres eindlichen und gewaltorientierten Islamismus. Für diesen Bereich der so genannten Referat 31-9 tertiären Prävention arbeitet KODEX eng mit einem zivilgesellschaftlichen Träger KODEX - Kompetenzzentrum zusammen. KODEX unterstützt sowohl die Vernetzung der Akteure im Aufgabenkreis für Deradikalisierung und der allgemeinen Extremismusprävention als auch die wissenschaftliche BegleitforExtremismusprävention schung im Themenfeld Radikalisierung, Deradikalisierung und Ausstieg. Außerdem Contrescarpe 22/24 bietet KODEX Hilfe bei Qualifizierung und Weiterbildung für diesen Bereich an. 28203 Bremen KODEX versteht sich selbstverständlich auch als allgemeiner Ansprechpartner für Tel.: 0421 361-81679 Fragen rund um das Thema Extremismusprävention. ref31@inneres.bremen.de 20 3 Rechtsextremismus Seitenzahl 21 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild 23 3.2 Rechtsextremistische Agitation und Propaganda 26 3.3 Gruppierungen und Strukturen des Rechtsextremismus 28 3.3.1 "Junge Alternative" (JA) 30 3.3.2 "Identitäre Bewegung" 32 3.3.3 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 34 3.3.4 "Die Rechte" 35 3.3.5 Rechtsextremistische Mischszene Bremens 37 3.3.6 "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) 21 3 Rechtsextremismus Die rechtsextremistische Szene ist seit mehreren Jahren von vielfältigen Veränderungen geprägt. Während sich ein Teil der Szene darum bemüht, mit seinen fremdenund speziell muslimenfeindlichen Positionen - unter Auslassung rassistischer oder völkisch-nationalistischer Komponenten der Ideologie - politische Diskussionen zu beeinflussen, propagiert ein anderer Teil der Szene seine verfassungsfeindlichen Positionen ganz offen. Die großen Demonstrationen in Chemnitz im August und September 2018 nach dem mutmaßlich von Flüchtlingen begangenen Tötungsdelikt an einem Deutschen verdeutlichen den steigenden Einfluss von Rechtsextremisten auf Teile der Gesellschaft. Rechtsextremisten sind in der Lage, eine große Anzahl an Bürgern für ihre Proteste zu gewinnen. In Bremen wird die Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) insbesondere wegen ihrer fremdenund muslimenfeindlichen und völkisch-nationalistischen Äußerungen sowie ihrer Verbindungen zu den rechtsextremistischen "Identitären" seit September 2018 beobachtet. Unter Beobachtung stehen ebenfalls die Aktivitäten des im August 2018 gegründeten Bremer Landesverbandes der neonazistischen Partei "Die Rechte", die ankündigte: "Die Zeit, in der Nationalisten entlang der Weser ihre Gesinnung versteckt haben oder die Öffentlichkeit scheuten, ist vorbei." (Internetseite der Partei "Die Rechte", 05.08.2018). 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild Rechtsextremismus ist eine Weltanschauung, die sich vor allem gegen die fundamentale Gleichheit aller Menschen richtet (Ideologie der Ungleichheit). Rechtsextremisten sind der Überzeugung, dass die Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Nation oder Rasse über den Wert eines Menschen entscheidet, welchem aufgrund dessen (Grund-) Rechte verwehrt bleiben. Die rechtsextremistische Ideologie besteht aus folgenden Elementen: Fremdenfeindlichkeit Fremdenfeindlichkeit umschreibt eine ablehnende Haltung gegenüber allem, was als fremd und deshalb bedrohlich oder minderwertig empfunden wird. Abgelehnt werden vor allem Ausländer, Muslime, Obdachlose, Behinderte und Homosexuelle. Ausländer-, Islamoder Muslimenfeindlichkeit Während die Ausländerfeindlichkeit die Feindseligkeit gegenüber Ausländern meint, beschreibt die Islamoder Muslimenfeindlichkeit die Feindseligkeit speziell gegenüber Muslimen. Personen werden aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, ethnischen Zugehörigkeit oder Nationalität abgewertet. 22 Antisemitismus Antisemitismus meint die Feindschaft gegenüber Juden, die häufig politisch, kulturell, sozial oder rassistisch begründet ist und vielfach mit Verschwörungstheorien untermauert wird. Die Feindschaft gegenüber Juden hat eine lange Tradition und ist nach wie vor das verbindende Ideologieelement von Rechtsextremisten unterschiedlicher Spektren. Revisionismus Trotz der Erfahrungen Deutschlands während der Zeit des Nationalsozialismus ist der Rechtsextremismus durch Einstellungen geprägt, die geschichtliche Tatsachen leugnen und tendenziell zur Verharmlosung, Rechtfertigung oder gar Verherrlichung nationalsozialistischer Verbrechen einschließlich des Holocausts beitragen. Revisionismus meint die Umdeutung historischer, rechtlicher und wissenschaftlicher Fakten für die eigenen Zwecke. Rassismus Rassismus bezieht sich ausschließlich auf äußere Merkmale. Beim Rassismus wird aus genetischen Merkmalen der Menschen eine naturgegebene Rangordnung abgeleitet und zwischen "wertvollen" und "minderwertigen" Rassen unterschieden. Nationalismus und Konzept der "Volksgemeinschaft" Unter Nationalismus ist ein übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation zu verstehen. Die eigene Nation wird dabei gegenüber anderen als höherwertig eingestuft. Der völkische oder rassistisch geprägte Nationalismus beruft sich darüber hinaus auf das Konzept der "Volksgemeinschaft", welches die Verschmelzung eines totalitären Staates mit einer ethnisch homogenen Gemeinschaft vorsieht. In dieser Gemeinschaft sind die Interessen und Meinungen des Einzelnen dem Interesse und dem Wohl der "Volksgemeinschaft" gänzlich untergeordnet. Konzept des "Ethnopluralismus" Weltanschauungen, in denen der historische Nationalsozialismus und der völkische Rassismus betont werden, verlieren in der rechtsextremistischen Szene teilweise an Bedeutung. Menschen unterschieden sich nicht aufgrund ihrer "Rasse" voneinander, sondern anhand ethnischer und kultureller Faktoren, argumentieren Vertreter eines ethnopluralistischen Weltbildes. Das Konzept des "Ethnopluralismus" läuft jedoch ebenso wie das Konzept der "Volksgemeinschaft" im Wesentlichen auf die Idealvorstellung eines ethnisch homogenen Staates hinaus, in dem sich das Individuum sowohl auf politischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene dem Kollektiv unterordnet. Dem Individuum kommen ausschließlich (Menschen-)Rechte aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem ethnokulturellen Kollektiv zu. Ablehnung von Demokratie und Pluralismus Das Ziel aller Rechtsextremisten besteht darin, den demokratischen Rechtsstaat mit seiner pluralistischen Gesellschaftsordnung durch einen ethnisch homogenen Staat oder eine "Volksgemeinschaft" zu ersetzen. Diese antidemokratischen Vorstellungen stehen im Widerspruch zur Werteordnung des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Fremdenfeindlichkeit als Grundelement rechtsextre23 mistischen Denkens ist weder mit dem Prinzip der Menschenwürde noch mit dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen vereinbar. Das autoritäre Staatsverständnis und das antipluralistische Gesellschaftsverständnis widersprechen sowohl dem Demokratieprinzip, wie z.B. der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität, dem Schutz von Minderheiten oder dem Recht zur Bildung und Ausübung einer Opposition, als auch dem Rechtsstaatsprinzip, wie z.B. der Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt, der Kontrolle dieser Bindung durch unabhängige Gerichte sowie dem staatlichen Gewaltmonopol. 3.2 Rechtsextremistische Agitation und Propaganda Rechtsextremisten erhielten mit offen neonazistischen oder rassistischen Äußerungen in den letzten Jahren wenig Zustimmung in der Gesellschaft, weil Rechtsextremismus insgesamt negativ konnotiert ist. Zunehmend gelingt es jedoch Teilen der rechtsextremistischen Szene unter anderem mit "weicheren" Formulierungen oder dem Weglassen von verfassungsfeindlichen Positionen, sich in aktuelle politische Diskussionen einzubringen und ihre fremdensowie speziell islamund muslimenfeindlichen Positionen zu verbreiten. Der politische Diskurs verändert sich zusehends dahingehend, dass fremdenund islamfeindliche Positionen offener als noch vor wenigen Jahren vertreten werden. Asyl und Zuwanderung als thematischer Schwerpunkt Das Thema Asyl und Zuwanderung steht seit mehreren Jahren im Fokus der rechtsextremistischen Agitation und Propaganda. Mit dem Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland nahm die Anti-Asyl-Agitation der rechtsextremistischen Szene in den Jahren 2014 und 2015 signifikant zu und ließ mit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen im Jahr 2016 in ihrer Intensität nach. Gleichwohl ist das Thema weiterhin von zentraler Bedeutung in der rechtsextremistischen Agitation und Propaganda. Straftaten Die Agitation und Propaganda der rechtsextremistischen Szene zeichnet sich auch in der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) "Rechts" ab. In Bremen stieg die Zahl der politisch motivierten Straftaten im Vergleich zum Vorjahr von 110 auf insgesamt 152 Straftaten im Jahr 2018. Die Gründe für diesen Anstieg sind vielfältig. Ein Grund dafür könnte sein, dass mehr Taten als zuvor zur Anzeige gebracht worden sind. Der Anstieg könnte aber auch als Anzeichen dafür gesehen werden, dass es Rechtsextremisten und Rechtspopulisten zunehmend gelingt, eine politische und gesellschaftliche Stimmung zu schaffen, in der die Verübung von Straftaten gegen Ausländer, Homosexuelle und politisch Andersdenkende möglich wird. Die Hemmschwelle, fremdenfeindliche, menschenverachtende und hasserfüllte Äußerungen in sozialen Netzwerken zu tätigen oder entsprechende Graffiti auf Fassaden zu sprühen, erscheint angesichts der Tatsache, dass die Täter häufig ihre Anonymität wahren können, nicht sonderlich hoch. Ein Facebook-Nutzer forderte beispielsweise in einer Bremer Gruppe: "Hängt die korrupten Volksschädlinge [gemeint sind SPDMitglieder; Anmerkung des Verfassers] doch endlich an die nächsten Laternen" (Facebook-Seite, 09.05.2018). Muslime und ihre Einrichtungen stehen seit einigen Jahren im Fokus rechtsextremis24 tischer Agitation. Straftaten mit islamoder muslimenfeindlichem Motiv wies die Polizei erstmals im Jahr 2017 gesondert aus. Ein Teil der Straftaten richtete sich auch im Jahr 2018 gegen Moscheen, die als zentrales Symbol der islamischen Religion und der muslimischen Kultur gelten. In Bremen waren Moscheen in den vergangenen Jahren mehrfach von solchen Taten betroffen: Unbekannte beschmierten die Fassade der Fatih-Moschee in Bremen-Gröpelingen im März 2018 zum wiederholten Mal mit muslimenfeindlichen Parolen, zuvor war die Moschee im September 2017 von Farbschmierereien betroffen gewesen. Juden stellen seit jeher ein Angriffsziel für Rechtsextremisten dar. Die Zahl antisemitischer Straftaten bewegt sich in Bremen im Jahr 2018 auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vorjahr. Antisemitische Straftaten gelten generell als extremistisch. Der Großteil der in den vergangenen Jahren begangenen und von der Polizei registrierten antisemitischen Strafund Gewalttaten wurde als "rechts" motiviert eingestuft. Dabei ist zu beachten, dass fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten statistisch generell im Bereich der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK) "Rechts" erfasst werden, wenn der Polizei keine weiterführenden Hinweise zu Tatmotivation oder Täter vorliegen. Den Großteil der Straftaten machen hier Volksverhetzungsund Propagandadelikte aus. Rechtsextremistische Propaganda Rechtsextremisten beabsichtigen mit ihrer Propaganda, asylkritische und fremdenfeindliche Stimmungen innerhalb der Gesellschaft zu fördern. In den letzten Jahren ist es ihnen zunehmend gelungen, sich in politische Diskussionen einzubringen und dort ihre Positionen zu vertreten. In der aktuellen politischen Debatte um Asyl und Zuwanderung heben Rechtsextremisten beispielsweise immer wieder die von Flüchtlingen begangenen Straftaten hervor. Sie greifen dazu die Sorgen und Ängste vieler Menschen auf, wie die Angst vor Überfremdung oder Kriminalität, und betonen die soziale Ungerechtigkeit zwischen Asylbewerbern und in "Not geratenen" Deutschen. Sie arbeiten dabei mit diffamierenden Stereotypenbildern: jeder Flüchtling wird pauschal zum "Vergewaltiger", jeder Muslim zum "Terroristen" und jeder "Alternative" zum "Stalinisten". Mit gezielten Tabubrüchen und dem Zeichnen von Bedrohungsszenarien, für die sie teilweise mit manipulierten oder verfälschten Informationen arbeiten, versuchen Rechtsextremisten, Aufmerksamkeit in der Bevölkerung zu erregen, vorhandene Ängste zu verstärken und Hass zu schüren. Rechtsextremisten propagieren das Szenario einer drohenden "Islamisierung" Deutschlands und thematisieren Selbstschutz, Selbstverteidigung sowie das "Recht auf Notwehr" häufig in diesem Zusammenhang, dabei fallen auch aggressive und beleidigende Äußerungen bis hin zu Mordund Gewaltandrohungen. Diese Argumentationsund Vorgehensweise ist als populistisch zu beschreiben. Populismus meint eine Strategie, einen Politikstil oder ein politisches Programm, das auf Emotionen der Bevölkerung eingeht, diese für die eigenen Ziele zu nutzen versucht und vermeintlich einfache und klare Lösungen unter Ausblendung gesellschaftlicher und politischer Zusammenhänge anbietet. Kern des Rechtspopulismus ist die Bezugnahme auf eine homogene Ethnie, Nation oder ein homogenes Volk. Pluralismus in politischer oder gesellschaftlicher Hinsicht wird entsprechend abgelehnt. Rechtsextremistische Propaganda in sozialen Netzwerken Mit ihrer Propaganda verfolgen Rechtsextremisten das Ziel der individuellen und kollektiven Radikalisierung, indem sie über die gesellschaftspolitischen Diskussionen Einfluss auf die Meinungen von Einzelpersonen und somit letztlich auf Stimmungen in der Gesellschaft nehmen. Soziale Netzwerke und Messenger-Dienste wie Facebook, Twitter oder YouTube dienen der rechtsextremistischen Szene zur Kommunikation, 25 Verbreitung von Propaganda, Mobilisierung von Personen für Aktionen und Organisation von Veranstaltungen. Über soziale Netzwerke erreichen sie vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Das "Interagieren" mit Beiträgen von Rechtsextremisten in sozialen Netzwerken lässt sich mit dem Verteilen von Flyern oder dem Plakatieren von Hauswänden vergleichen. So erklärt ein Nutzer mit einer "Gefällt mir"-Markierung nicht nur, dass er dem Inhalt Die "Word-Cloud" stellt die eines Beitrages zustimmt, sondern er wirbt darüber hinaus - unterschrieben mit Schlüsselwörter auf einer von seinem Profilnamen - auf dem Profil des Verfassers für den Inhalt und leitet diesen an Rechtsextremisten betriebenen eine unbestimmte Zahl an Nutzern weiter. Beim "Teilen" von Beiträgen entscheidet Facebook-Seite dar sich der "Teilende" zusätzlich dafür, den Beitrag dauerhaft auf seinem Personenprofil zu präsentieren. Nutzer, die auf die Propaganda von Rechtsextremisten reagieren, verteilen folglich deren Propaganda weiter. Es besteht somit die Gefahr, dass "Echokammer"-Effekte ausgelöst und alternative Realitäten geschaffen werden, in denen sich Personen radikalisieren. Die Nutzung von sozialen Netzwerken ermöglicht Rechtsextremisten die bundesweite Vernetzung mit gleichgesinnten Aktivisten. So ist es Nutzern möglich, innerhalb von kürzester Zeit Tausende Personen für ein politisches Anliegen zu gewinnen, indem sie zu einem "Event" einladen oder eine "Community" gründen. Wie gut die rechtsextremistische Szene über soziale Netzwerke verbunden ist, zeigte sich zuletzt in Chemnitz im August und September 2018, wo innerhalb kürzester Zeit Hunderte Personen mobilisiert werden konnten. Instrumentalisierung der von Ausländern begangenen Straftaten Angehörige der rechtsextremistischen Szene versuchten ebenso wie in den Vorjahren, die von Ausländern begangenen Gewaltund Straftaten in ihrem Sinne zu instrumentalisieren. Als Reaktion auf solche Taten erfolgten im Jahr 2018 Demonstrationen gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung mit zum Teil mehreren Tausend Teilnehmern, so z.B. im sächsischen Chemnitz, im sachsen-anhaltinischen Köthen oder im rheinland-pfälzischen Kandel. Vielerorts beteiligten sich Rechtsextremisten an den asylkritischen Protesten oder organisierten diese. Ihr Ziel bestand vor allem darin, die Straftaten von einzelnen Migranten in den Zusammenhang mit der aus ihrer Sicht verfehlten Flüchtlingspolitik der letzten Jahre einzuordnen und aufzuzeigen, dass der deutsche Staat unfähig ist, seine Bürger vor kriminellen Flüchtlingen und Migranten zu schützen. Insbesondere in Chemnitz gelang es Rechtsextremisten mit diesem Thema, eine große Anzahl an Nichtextremisten zur Teilnahme an Demonstrationen zu mobilisieren. Ihnen gelang es, fremdenfeindliche und rassistische Ressentiments in der Gesellschaft zu schüren, die aggressive Stimmung auf die Straße zu tragen und eine Atmosphäre zu erzeugen, in der körperliche Angriffe insbesondere auf Migranten möglich werden. Demonstrationen in Chemnitz In Chemnitz fanden nach dem mutmaßlich von Flüchtlingen begangenen Tötungsdelikt an einem Deutschen am 26. August 2018 in den folgenden Wochen zahlreiche Demonstrationen statt. Die Proteste am 26. und 27. August 2018 rückten in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, weil Demonstranten fremdenfeindliche Parolen riefen und Polizisten, Gegendemonstranten und Migranten angriffen. Während sich an der ersten Demonstration über 800 Personen beteiligten, protestierten am 27. August 2018 bis zu 6.000 Personen. Rechtsextremisten aus den verschiedenen Teilbereichen, u.a. Mitglieder rechtsextremistischer Parteien, Angehörige der neonazistischen und der Hooligan-Szene, sowie eine große Zahl an Personen aus dem nichtextremistischen, bürgerlichen Spektrum waren unter den Teilnehmern. Rechtsextremistische Hooligan26 Gruppierungen trugen zur breiten Mobilisierung und zur großen Teilnehmerzahl bei den Demonstrationen bei, weil sie über Ländergrenzen hinweg über Kontakte sowohl in das rechtsextremistische Spektrum als auch in die gewaltorientierte Hooliganund Fußballfan-Szene verfügen. Die hohe Mobilisierungsfähigkeit der Szene führte dazu, dass innerhalb von wenigen Stunden zunächst mehrere Hundert Personen und innerhalb eines Tages mehrere Tausende Personen mobilisiert werden konnten, und weist auf die enge Vernetzung der rechtsextremistischen Szene in sozialen Netzwerken hin. Unter dem Motto "Schweigemarsch für Gewaltopfer" demonstrierten bis zu 8.000 Personen aus dem Bundesgebiet und europäischen Ausland am 1. September 2018 friedlich in Chemnitz. Der sächsische Landesverband der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) meldete die Demonstration an, unterstützt wurde er von der Bürgerbewegung "Pro Chemnitz" sowie der Initiative "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (PEGIDA). Unter den Demonstrationsteilnehmern befand sich neben Mitgliedern rechtsextremistischer Parteien und Angehörigen der neonazistischen Szene sowie Hooligan-Szene ein Großteil an Personen aus dem bürgerlichen Spektrum. Kundgebungen "Merkel muss weg - Kandel ist überall" in Bremen Unter dem Motto "Kandel ist überall" fanden Anfang des Jahres 2018 bundesweit asylkritische Demonstrationen statt. Anlass dafür war der von einem afghanischen Flüchtling begangene Mord an einer deutschen Jugendlichen im rheinland-pfälzischen Kandel im Dezember 2017. In Bremen gab es im April und Mai 2018 mehrere Kundgebungen unter diesem Motto sowie unter der Überschrift "Montagsspaziergang: Merkel muss weg". Die asylkritischen Kundgebungen, die jeweils unter geringer Beteiligung stattfanden, waren stets von massiven Gegenprotesten begleitet (siehe Kapitel 5.3.1). So versuchten Gegendemonstranten während der Kundgebung am 27. März 2018, den Teilnehmern Schilder und Banner zu entreißen. Nach Beendigung der Kundgebung am 10. April 2018, gegen die über 200 Personen protestierten, behinderten Gegendemonstranten die Kundgebungsteilnehmer an ihrer Abfahrt vom Veranstaltungsort. Rechtsextremisten hielten sich im Umfeld der Kundgebungen auf. Sie filmten Teilnehmer der Gegendemonstrationen und berichteten im Nachhinein über die Kundgebungen in sozialen Netzwerken. 3.3 Gruppierungen und Strukturen des Rechtsextremismus Die rechtsextremistische Szene unterliegt zurzeit vielfältigen strukturellen Entwicklungen: Zum einen hält der bereits seit einigen Jahren andauernde Trend zum Abbau von Organisationsstrukturen an: Informelle und regional verankerte (Klein-)Gruppierungen und Netzwerke haben inzwischen zu einem Großteil Organisationen mit festeren Strukturen wie Vereine und Kameradschaften abgelöst. Ein Grund für den Verzicht auf Organisationsstrukturen liegt darin, Vereinsverbote zu erschweren und möglichst wenig Ansatzpunkte für strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Gruppierungen zu bieten. Zum anderen zeigen auch die Gründungen der überregional agierenden Parteien "Die Rechte" 2012 und "Der III. Weg" 2014, dass Neonazis auch bereit sind, sich unter dem Schutz einer Partei zu organisieren. Hier zeigt sich die Anpassungsfähigkeit der Szene: Politische Parteien sind in besonderer Weise vor Verboten geschützt, da sie ausschließlich vom Bundesverfassungsgericht verboten werden können. Alle anderen Personenzusammenschlüsse können hingegen beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vom zuständigen Innenminister oder -senator verboten werden. Die Auflösung von festen Organisationsstrukturen in der rechtsextremistischen Szene bedeutet nicht zwangsläufig, dass die ehemaligen Anhänger oder Mitglieder ihre politischen Aktivitäten einstellen. Zum Beispiel erklärte die Gruppierung "Europäische 27 Aktion" (EA), deren Ziel in der europaweiten Vernetzung von rechtsextremistischen Aktivisten und Gruppierungen lag, 2017 offiziell ihre Auflösung. Gleichwohl finden sich bundesweit und auch in Bremen stets Personen, die ihrer insbesondere antisemitischen Programmatik anhängen. Organisierung in Bewegungen, Initiativen und Netzwerken Während der traditionelle Rechtsextremismus, der sich ideologisch durch seine Bezugnahme auf den historischen Nationalsozialismus auszeichnet, die "Rasse" als das entscheidende Kriterium für die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft sieht, ziehen inzwischen große Teile des Rechtsextremismus die Ethnie, Identität oder Kultur als Abgrenzungskriterium heran. Ein ethnisch homogener Staat ist das Ideal beider Ideologiekomponenten. Angesichts der starken Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland im Jahr 2015 und der Zunahme von asylund islamkritischen Haltungen in der Bevölkerung fanden muslimenfeindliche Argumentationen von Rechtsextremisten an Zustimmung, die auf Ethnie, Identität oder Kultur abstellten. Ihre antidemokratischen Vorstellungen - weil grundsätzlich antipluralistisch und antiindividualistisch - tragen Rechtsextremisten auf strategische Weise in die Gesellschaft. Ihr Ziel ist die Beeinflussung von politischen Diskussionen, indem sie ein Klima schaffen, das politische Veränderungen ermöglicht. Sie versuchen sukzessive, politische Werte umzudeuten und den gesellschaftlichen Konsens aufzubrechen. Im Rahmen von politischen Diskussionen beabsichtigen sie, die "Grenze des Sagbaren" durch gezielte Tabubrüche stetig zu erweitern. Rechtsextremisten arbeiten hierzu mit Personen aus dem nichtextremistischen, rechtskonservativen Spektrum vor allem in Bewegungen, Initiativen oder Netzwerken zusammen. "Neue Rechte" Zu den Akteuren, die an der Verbreitung ihrer rechtsextremistischen Ansichten in der Gesellschaft starkes Interesse haben, zählen Vertreter der so genannten "Neuen Rechten". Bei der "Neuen Rechten" handelt es sich im engeren Sinne um eine Gruppe von Intellektuellen, die sich auf das Gedankengut der Konservativen Revolution der Weimarer Republik beruft und mit einer "Kulturrevolution von rechts" einen grundlegenden politischen Wandel herbeiführen will. Der Begriff wird aber heute vielfach weiter gefasst. Inzwischen werden sämtliche Akteure, Institutionen oder Organisationen zur "Neuen Rechten" gezählt, die mit den Schlagworten Ethnie, Identität oder Kultur als Abgrenzungskriterien arbeiten und die ein identitäres Demokratieverständnis oder ein ethnisches Volksverständnis eint. Bundesweite Beobachtung der "Jungen Alternativen" und des "Flügels" Der gestiegene Einfluss von Rechtsextremisten auf Teile der Gesellschaft zeigt sich auch innerhalb der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). Die AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) und den Personenverbund "Der Flügel" erklärte das "Bundesamt für Verfassungsschutz" (BfV) am 15. Januar 2019 zum Beobachtungsobjekt. Dem BfV liegen bei beiden Organisationen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine extremistische Bestrebung handelt, die eine Bearbeitung als Verdachtsfall rechtfertigt. Grund dafür ist in beiden Fällen vor allem die Vielzahl an fremdenund muslimenfeindlichen Äußerungen, die auf ein politisches Konzept hindeutet, das Ausgrenzung, Verächtlichmachung und die weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern vorsieht. Ein solches politisches Konzept richtet sich gegen die Garantie der Menschenwürde sowie das Demokratieund Rechtsstaatsprinzip als Kernelemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 28 Mit dem Beschluss der bundesweiten Beobachtung der AfD-Jugendorganisation JA folgte das BfV dem LfV, das den Bremer Landesverband bereits seit September 2018 als Verdachtsfall beobachtet. Der Senator für Inneres hatte am 3. September 2018 öffentlich die Beobachtung der Bremer JA erklärt. Auch in Niedersachsen und BadenWürttemberg hatten die Innenminister die Jugendorganisation bereits im September und Oktober 2018 unter Beobachtung gestellt. Das Engagement von Rechtsextremisten im Bremer JA-Landesverband und ihre Einflussnahme auf die politische Ausrichtung des Landesverbandes zeigen sich vor allem in sozialen Netzwerken. Dort äußern sich JA-Mitglieder vielfach in fremdenund muslimenfeindlicher, völkischnationalistischer sowie revisionistischer Weise. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse bestehen für das LfV tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass es sich bei der JA in Bremen um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt. 3.3.1 "Junge Alternative" (JA) Der Bremer Landesverband der Jugendorganisation "Junge Alternative" (JA) der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) gründete sich im Oktober 2016. Die Jugendorganisation trat in den vergangenen zwei Jahren mit einer Vielzahl an fremdenund muslimenfeindlichen, völkisch-nationalistischen und revisionistischen Äußerungen und Positionen öffentlich in Erscheinung. Daneben unterstützen ihre Mitglieder die rechtsextremistische Gruppierung "Identitäre Bewegung" (IB) in vielfältiger Weise. Ethnisches Volksverständnis Zahlreiche der von JA-Mitgliedern getätigten Äußerungen deuten auf ein ethnischbiologisches oder ethnisch-kulturelles Verständnis von Volk hin, welches als homogene Einheit verstanden wird. Zum "deutschen" Volk gehören demnach nur diejenigen, die ihm ethnisch zugeordnet werden können. Einwanderer gehören grundsätzlich nicht dazu, gleichgültig, ob sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Dieses ethnische Volksverständnis widerspricht dem in der Verfassung verankerten Volksverständnis. Danach gehören alle Personen - unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft - dem deutschen Volk an, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Ihre muslimenfeindliche Einstellung und vor allem ihr ethnisch-biologisch begründetes Volksverständnis bringt die Bremer JA in einem Statement zu einem Beitrag des AfD-Kreisverbandes Bremen-Nord deutlich zum Ausdruck, in dem die "Masseneinwanderung" als Grund für überfüllte Oberschulen in Bremen-Blumenthal gesehen wird: "'Die Kinder sollen hier in Deutschland ankommen. Integration braucht einen langen Atem. Aber am Ende des Weges sind das Deutsche.' Nein? Man kann aus Arabern keine Deutschen zaubern." (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 23.05.2018). Diese Äußerung weist auf ein ethnisch-kulturelles und ein völkisch-nationalistisches Verständnis von Volk hin, wonach Personen anderer Ethnien, Kulturen und Nationen nicht dem deutschen Volk angehören können. "Araber" zählen aufgrund ihrer Ethnie grundsätzlich nicht zum deutschen Volk und sind deshalb auszuschließen. Die JA betrachtet die Einwanderung nach Deutschland als Gefahr für den Erhalt des "deutschen" Volks und warnt vor seinem "Austausch", d.h. der Verdrängung der "Deutschen" aus Deutschland. So beklagt die Bremer JA in einem im Februar 2017 veröffentlichten Beitrag ein "multikulturalisiertes" Deutschland: "In Gröpelingen ist der Große Austausch bittere Realität! Wie häufig müssen wir uns anhören, dass unsere Einwanderungskritik Hetze oder blanker Unsinn sei? Wie hart gehen Medien und die Altparteien gegen unser Begehren eines deutschen und nicht multikulturalisierten 29 Deutschlands ins Gericht? (...) Deutschland stirbt in vielen Großstädten und die kritischen Parallelgesellschaften werden nicht nur die Mehrheit stellen, sie werden dominieren." (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 20.02.2017). Pauschale Abwertung von Flüchtlingen Das ethnische Volksverständnis der JA geht einher mit der Abwertung von Personen aufgrund ihrer Ethnie, Nationalität und ihres politischen oder religiösen Hintergrundes. Die pauschale Herabwürdigung von Personen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit richtet sich gegen die Menschenwürde als das Kernelement der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. In einem im Mai 2018 veröffentlichten Beitrag der Bremer JA werden Flüchtlinge zum Beispiel pauschal diskriminiert und verunglimpft, indem sie als nutzlos und kriminell bezeichnet werden: "Weiteres, trauriges Puzzlestück zur Realität im Jahre 2018: Die Polizei muss kapitulieren vor den Invasoren, die uns als wertvoll verkauft werden. In den Heimatländern mindestens gesellschaftlicher Bodensatz, im Aufnahmeland nicht nur nutzlos, sondern kriminell. #abschieben #remigration" (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 02.05.2018). Eine pauschale Diffamierung von Asylbewerbern erfolgt auch in einer weiteren Veröffentlichung der Bremer JA im November 2018, in der ihnen ausnahmslos unterstellt wird, Menschen zu töten: "Wieder ein bestialischer Mord durch einen 20-jährigen abgelehnten (!) Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern. Wieder ein deutsches Opfer Merkels Willkommenspolitik und eines nicht funktionierenden Rechtsstaats. Ohne eine 180deg-Wende in unserer Rückführungspolitik, wird es nicht der letzte Tote gewesen sein. Wir fordern: Abschieben JETZT!" (Fehler im Original, Facebook-Seite der JA, 19.11.2018). Revisionistische Positionen Revisionismus, d.h. die Umdeutung von historischen Fakten, kommt beispielsweise in einer Fotomontage zum Ausdruck, die die Zerstörung der Stadt Dresden im Zweiten Weltkrieg zeigt. Auf der Fotomontage prangt der Schriftzug: "'Dieser Krieg ist ein englischer Krieg, und sein Ziel ist die Vernichtung Deutschlands!' Winston Churchill. Dresden unvergessen." (Facebook-Seite der JA, 13.02.2018) Mit der Übernahme der Fotomontage von der "Burschenschaft Germania" beabsichtigt die Bremer JA, Deutschlands Schuld und Verantwortung am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zu relativieren und seine Opferrolle hervorzuheben. Revisionismus war über Jahrzehnte ein Kernbestandteil der rechtsextremistischen Ideologie. Verbindungen zu den "Identitären" Der Bremer Landesverband hat vielfältige Verbindungen zur rechtsextremistischen Gruppierung "Identitäre Bewegung" (IB). Unter den Führungspersonen des im bundesweiten Vergleich verhältnismäßig kleinen Landesverbandes sind Personen, die sich für die rechtsextremistischen "Identitären" engagieren. Zum Beispiel nahmen führende Mitglieder der Bremer JA an einer Demonstration der rechtsextremistischen Gruppierung im Juni 2017 in Berlin teil. Der Vorsitzende des Bremer Landesverbandes äußerte darüber hinaus sein Unverständnis für die Beobachtung der Gruppierung durch den Verfassungsschutz: "Die Identitären machen gute Aktionen und werden zu Unrecht vom Verfassungsschutz beobachtet." ("Weser-Kurier": AfD demonstriert mit Aktivisten der Identitären Bewegung, 17.08.2017). Die Bremer JA übernimmt Ideologiefragmente sowie Parolen der "Identitären". Die häufige Verwendung der Parole des "großen Austausches" in zahlreichen Veröffent30 lichungen des Bremer Landesverbandes deutet darauf hin, dass die JA die ethnopluralistische Weltanschauung der "Identitären" teilt. Der "große Austausch" ist das Negativszenario eines ethnokulturell veränderten Europas, in dem die europäischen Völker in ihrer ethnischen und kulturellen Zusammensetzung aufgelöst und durch nichteuropäische Einwanderer ersetzt werden. Der Bremer JA-Landesverband bezeichnet den amtierenden nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet beispielsweise als einen "der eifrigsten Vorturner des 'großen Austauschs'" (Twitter-Seite der JA, 25.06.2017). Ein am 3. Mai 2018 im Weser-Kurier veröffentlichter Artikel unter der Überschrift "Mohamed 2017 der beliebteste Vorname in Bremen", der die Namensgebung bei Neugeborenen thematisiert, wurde auf der Facebook-Seite der JA veröffentlicht und mit den Worten kommentiert: "Der Große Austausch ist bittere Realität in Bremen." (Facebook-Seite der JA, 04.05.2018). 3.3.2 "Identitäre Bewegung" Die im Jahr 2012 gegründete Gruppierung "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) vernetzte erstmals bundesweit Aktivisten der rechtsextremistischen Szene über das soziale Netzwerk Facebook. Die IBD ist ein Ableger der französischen rechtsextremistischen Bewegung "Generation Identitaire", die sich 2003 formierte. Inzwischen gibt es die "Identitären" in mehreren europäischen Ländern. In Deutschland existieren zahlreiche lokale und regionale Gruppierungen und seit 2014 auch ein Verein der "Identitären". In Bremen gründete sich 2012 die "Identitäre Bewegung Bremen" (IBB), die anfangs öffentlichkeitswirksam in Erscheinung trat, in den folgenden Jahren jedoch keinerlei öffentliche Aktivitäten entfaltete. Im November 2016 reaktivierten Aktivisten der rechtsextremistischen Szene Bremens die Gruppierung und waren seither aktiv. Unter der Überschrift "Bremen wird identitär!" hatten sie damals auf ihrer FacebookSeite angekündigt: "Wir sind unbequem und rebellieren als einzige gegen diejenigen, die mittels Islamisierung und Multikulti-Doktrin systematisch dafür sorgen, dass Deutschland langsam aber sicher abgeschafft wird. Doch Heimatliebe ist kein Verbrechen, sondern der Geist einer neuen Generation - der identitären Generation, deren Vertreter wir sind! Wir werden die politischen Verhältnisse durcheinanderwirbeln und Begriffe wie links und rechts ihre Bedeutung nehmen. (...) Wir sind gekommen um zu bleiben!" (Fehler im Original, Facebook-Seite der IBB, 08.11.2016). Die "Identitären", die ihre Gruppierung maßgeblich über das soziale Netzwerk Facebook aufbauten und für die das soziale Netzwerk die zentrale Propagandaplattform darstellte, traf die Löschung sämtlicher Profile durch das Unternehmen im Mai 2018 hart. Soziale Netzwerke sind deshalb von zentraler Bedeutung für die Gruppierung, weil es ihr vor allem um die Inszenierung ihrer Aktionen geht. Sie bemüht sich nunmehr um den Aufbau alternativer Kommunikationskanäle. Die Aktivitäten der "Identitären" sind mit der Löschung der Facebook-Profile im Jahr 2018 bundesweit zurückgegangen, so gab es in Bremen keine öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Gruppierung. Flyer der "Identitären" Ideologie des "Ethnopluralismus" Die "Identität" ist das prägende Element in der Weltanschauung der Gruppierung. Dazu greift sie auf das Konzept des Ethnopluralismus zurück, dessen grundlegende Annahme die Verschiedenartigkeit der Völker ist. Migrationsprozesse bedrohten diese Völkervielfalt, entwurzelten Menschen und vernichteten kulturelle Identitäten. Die Ethnienvielfalt könne letztlich nur durch die Trennung der Völker bewahrt werden. 31 Ethnopluralisten betonen, dass sich Menschen nicht aufgrund ihrer Rasse, sondern aufgrund kultureller, regionaler und geografischer Faktoren unterscheiden. Ihr Ziel sind ethnisch und kulturell homogene Staaten ohne "fremde" Einflüsse. Vor diesem ideologischen Hintergrund lehnen die "Identitären" die Einwanderung - insbesondere von Muslimen - nach Deutschland und Europa fundamental ab und begreifen sie als Bedrohung. Die islamische Kultur wird als unvereinbar mit den Werten der deutschen oder europäischen Kultur dargestellt. Die "Identitäre Bewegung" fordert eine "identitäre Demokratie", die die Homogenität des Volkes voraussetzt und die repräsentative Demokratie ablehnt. Das Konzept des "Ethnopluralismus" begreift sie somit als Gegenmodell zur bestehenden pluralistischen Gesellschaftsordnung und wendet sich somit von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Agitation Der Auftakt ihres propagandistischen Erfolges war die Veröffentlichung des Videoclips der französischen Bewegung "Generation Identitaire" mit dem Titel "Declaration de Guerre" ("Kriegserklärung") im Jahr 2012. In dem Video treten junge Personen auf, die u.a. in der "aufgezwungenen Vermischung der Rassen" oder der "Übervorteilung von Fremden" die Ursache für soziale Probleme sehen. Die ethnopluralistischen Positionen der "Identitären" sind hier deutlich rassistisch konnotiert. Die "Identitären" treten in der Öffentlichkeit mit "Flashmobs", Plakat-Aktionen und der Verteilung von Flugblättern mit dem Ziel auf, in die mediale Berichterstattung zu gelangen, um ihre fremdenund islamfeindlichen Positionen in die gesellschaftspolitischen Diskussionen zum Thema Asyl und Einwanderung einzubringen. Von ihren Aktionen erstellen sie in der Regel kurze Videoclips. In den Videos steht die Aktion im Vordergrund, wie z.B. die Aufsehen erregende "Kletteraktion" am Brandenburger Tor in Berlin im August 2016. Mit ihren professionell gestalteten Videos und Internetseiten sprechen die "Identitären" insbesondere jüngere Personen an. Neben den konspirativ durchgeführten Aktionen organisiert die Gruppierung auch größere Demonstrationen und Veranstaltungen, wie das Festival "Europa Nostra" am 25. August 2018 in Dresden Flugblatt der "Identitären" oder die Demonstration im Juli 2017 in Berlin. Kampagnen der "Identitären" Die Aktionen der Gruppierung sind häufig in Kampagnen eingebettet, wobei der 2015 ausgerufenen Kampagne "Großer Austausch" eine zentrale Bedeutung zukommt. Die Parole bezieht sich auf das Konzept des Ethnopluralismus und damit auf die Forderung nach ethnisch und kulturell homogenen Staaten. Die Kampagne richtet sich gegen "die ungebremste Masseneinwanderung und die daraus resultierende Islamisierung", die mit einer politischen und ökonomischen Benachteiligung der einheimischen Bevölkerung einhergehe. Nach Auffassung der "Identitären" habe sich dazu "eine Clique aus profitgierigen Wirtschaftsgrößen, Politikern, Multikulti-Ideologen, Medien, Kirchenvertretern und Migrantenlobbys, innerhalb eines liberal-kapitalistischen Systems. Und zwar gegen die Völker Europas" (Fehler im Original, Facebook-Seite der IBD, 07.02.2017) verschworen. Insbesondere die islamische Religion und Kultur halten die "Identitären" für unvereinbar mit europäischen Werten und nehmen sie als Bedrohung wahr. Ihrer Ansicht nach zielen die politisch Verantwortlichen auf ein "multikulturalisiertes" Deutschland ohne Identität, Patriotismus und Traditionen und fördern den "Austausch" des deutschen Volkes. In Bremen bezogen sich die "Identitären" mit mehreren Aktionen in den Jahren 2016 und 2017 auf die Kampagne "Großer Austausch". Darüber hinaus kritisierten sie zum Beispiel mit der 2017 ausgerufenen Kampagne "Defend Europe" die Aktionen von Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Mittelmeer, die die Geretteten nach Europa bringen, und führten in diesem Zusammenhang ebenfalls Plakat-Aktionen in Bremen durch. 32 3.3.3 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Die NPD ist im rechtsextremistischen Parteienspektrum die einzige Partei von bundesweiter Bedeutung, da die neonazistisch ausgerichteten rechtsextremistischen Parteien "Die Rechte" und "Der III. Weg" nicht in allen Bundesländern vertreten sind. In Bremen trat der Landesverband der NPD in den vergangenen Jahren kaum mit öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten in Erscheinung. Die 1964 gegründete NPD stellt mit rund 4.000 Mitgliedern im Jahr 2018 nach wie vor die mitgliederstärkste der rechtsextremistischen Parteien in Deutschland dar, wenngleich sie seit 2008 einen kontinuierlichen Mitgliederrückgang verzeichnet. Die NPD verfügt derzeit über ein Mandat im Europäischen Parlament und ist bundesweit mit über 300 Mandaten auf kommunaler Ebene insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern vertreten. In den vergangenen Jahren war die NPD bei Wahlen durchgängig erfolglos. Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte die Partei bundesweit ein Ergebnis von 0,4 % der Stimmen und scheiterte daran, an der staatlichen Parteienfinanzierung zu partizipieren. Die Niederlage bei den Wahlen in den letzten Jahren offenbarte das Scheitern der bisherigen Strategie der NPD. Seit mehreren Jahren besteht das strategische Grundproblem der NPD darin, dass sie einerseits zu einer von einem größeren Teil der Gesellschaft wählbaren Partei werden will und andererseits an der Beibehaltung der völkischen Ideologie sowie an der Fixierung auf den Nationalsozialismus festhält. Diese in sich widersprüchlichen Ausrichtungen versucht der seit 2014 amtierende Bundesvorsitzende Frank Franz in seinem Kurs zu vereinen. Ideologie der "Volksgemeinschaft" Die NPD vertritt offen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Positionen. Die Verfassungsfeindlichkeit der NPD bekräftigte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Verbotsverfahren gegen die NPD im Januar 2017. Das von der Partei propagierte Ziel, den demokratischen Rechtsstaat durch eine ethnisch homogene "Volksgemeinschaft" zu ersetzen, missachte die Menschenwürde und sei mit dem Demokratieund Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Ihre verfassungsfeindliche Ausrichtung kommt z.B. in dem 2010 verabschiedeten Parteiprogramm "Arbeit. Familie. Vaterland." zum Ausdruck. Allen politischen, ökonomischen und sozialen Themenbereichen oder Sachfragen liegt hier das Konzept der "Volksgemeinschaft" zugrunde und damit ein antiindividualistisches Menschenbild sowie ein identitäres Politikund Staatsverständnis. Unter "Volksgemeinschaft" verstehen Rechtsextremisten ein streng hierarchisches Gemeinwesen, in dem der Staat und das ethnisch homogene Volk zu einer Einheit verschmelzen. Die "Volksgemeinschaft" als Gegenentwurf zur Demokratie gilt für die NPD als alternativloses Konzept. Die Leitidee der "Volksgemeinschaft" findet sich u.a. in einer 2012 veröffentlichten NPD-Broschüre "Wortgewandt/Argumente für Mandatsund Funktionsträger". Im Kapitel zur Ausländerpolitik wird gefordert, dass Deutschland durch eine "rechtsstaatlich abgesicherte Ausländerrückführung" "das Land der Deutschen" bleiben müsse. Deutscher sei - entsprechend dem Verständnis der NPD - nicht derjenige, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, vielmehr gelte das Abstammungsprinzip. Die NPD spricht zumindest nichteuropäischen Migranten kategorisch das 33 Aufenthaltsrecht ab. Den Islam bewertet die Partei als "fremdkörperhafte Aggressionsreligion" in Mitteleuropa und erkennt ihm das Existenzrecht in Deutschland ab. NPD droht Ausschluss aus der staatlichen Parteienfinanzierung Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung beschlossen Anfang 2018, den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung zu beantragen. Ein solcher Antrag beim Bundesverfassungsgericht ist aufgrund einer Grundgesetzänderung möglich geworden, die nach dem Ende des NPD-Verbotsverfahrens 2017 verabschiedet worden war. Ein Wegfall der staatlichen Parteienfinanzierung würde die NPD, die angesichts der fortwährend schwachen Wahlergebnisse in den letzten Jahren ohnehin weniger als zuvor von der staatlichen Unterstützung profitiert, in ihrer Aktionsund Handlungsfähigkeit weiter einschränken. NPD in Bremen Der Bremer Landesverband der NPD ist in den vergangenen Jahren kaum noch öffentlich in Erscheinung getreten. Seine politische Erfolglosigkeit wurde insbesondere bei den Wahlen in den vergangenen Jahren deutlich. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD in Bremen lediglich 0,3 % der Zweitstimmen. Im Jahr 2015 war die NPD bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft auf 0,2 % der Stimmen gekommen. Derzeit verfügt die Partei über ein Mandat in der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven, welches der seit 2003 amtierende NPD-Landesvorsitzende innehat. Ein Grund für die Passivität des Landesverbandes ist sein Mangel an geeigneten Führungspersonen und die damit verbundene intellektuelle sowie organisatorische Schwäche. Der Bremer Landesverband kämpft seit Jahren mit einem starken Mitgliederrückgang und es gelingt ihm nicht, insbesondere junge Aktivisten an sich zu binden. Angesichts seiner Schwäche spielt der Bremer Landesverband zurzeit keine wesentliche Rolle innerhalb der rechtsextremistischen Szene Bremens. Gleichwohl handelt es sich bei den Mitgliedern des NPD-Landesverbandes um langjährige Szeneangehörige, die offen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Positionen vertreten. Neonazis "Neonazi" ist die Kurzform für "Neonationalsozialist". Fälschlicherweise werden die Begriffe "Neonazi" und "Rechtsextremist" häufig synonym verwendet. Neonazis bezeichnen sich selbst häufig als "Freie Kräfte" oder "Freie Nationalisten". Der Neonazismus, der als ein Teilbereich des Rechtsextremismus gilt, ist dadurch gekennzeichnet, dass er in der Tradition des Nationalsozialismus steht. Neonazis vertreten mit ihrer starken Bezugnahme auf die nationalsozialistische Ideologie revisionistische Positionen. Sie greifen zudem die typischen rechtsextremistischen Ideologieelemente wie Fremdenund Islamfeindlichkeit, Rassismus und Nationalismus auf. Ihr Ziel besteht darin, die staatliche Ordnung Deutschlands, die sie als "das System" bezeichnen, durch einen totalitären Führerstaat nationalsozialistischer Prägung mit einer ethnisch homogenen Bevölkerungsstruktur zu ersetzen. Ethnische Vielfalt und Meinungsvielfalt bedrohen die von Neonazis angestrebte "Volksgemeinschaft", die Personen ausländischer Herkunft kategorisch ausschließt und in der sich jedes Individuum dem vorgegebenen Gesamtwillen unterzuordnen hat. Trotz übereinstimmender Grundüberzeugungen ist die neonazistische Szene ideologisch nicht homogen, die verschiedenen Ideologieelemente sind vielmehr je nach Gruppe unterschied34 lich stark ausgeprägt. 3.3.4 "Die Rechte" Eine weitere Schwächung erfuhr die Bremer NPD infolge der Gründung eines Landesverbandes der rechtsextremistischen Partei "Die Rechte" im August 2018 in Bremen. Ihr Landesvorsitzender ist ein Neonazi, der zuvor Führungsfunktionen bei der NPD innehatte. Zugleich wurde ein Kreisverband in Bremerhaven gegründet. In Bremen hatte von 2013 bis 2015 bereits eine "Landesgruppe" der Partei existiert. Der Bundesverband der Partei wurde 2012 von Christian Worch gegründet, der ein bekannter Protagonist der neonazistischen Szene ist und von 2012 bis 2017 ihr Bundesvorsitzender war. Die Partei verfügte 2018 über sieben Landesverbände, mehrere Kreisverbände und zählte bundesweit 2018 ca. 600 Mitglieder. Den organisatorischen Schwerpunkt der Partei bildet Nordrhein-Westfalen, wo sich ihr aktivster und mitgliederstärkster Landesverband befindet. Die Wahl der aus Nordrhein-Westfalen stammenden Bundesvorsitzenden im April 2018 verdeutlicht die Dominanz des Landesverbandes innerhalb der Partei. Handlungsfähige Parteistrukturen existieren dort auch unterhalb der Ebene des Landesverbandes in den Kreisverbänden. Die Führungspositionen sind dort vor allem von früheren Aktivisten verbotener neonazistischer Kameradschaften besetzt. Insofern gilt der nordrhein-westfälische Landesverband als Auffangbecken für Neonazis, die ihre Aktivitäten und Veranstaltungen unter dem Deckmantel der Partei, d.h. unter Ausnutzung des Parteienprivilegs, fortführen können. Für die aktionsorientierte Partei bedeutender sind Demonstrationen und Veranstaltungen, wie z.B. die Demonstration unter dem Motto "Europa erwache" am 14. April 2018 in Dortmund mit 600 Teilnehmern. "Die Rechte" ist neonazistisch geprägt, ihre ideologischen Schwerpunkte bilden der Neonationalsozialismus, Antisemitismus und die Fremdenfeindlichkeit. In der zur Gründung des Bremer Landesverbandes veröffentlichten Pressemitteilung wird das Ziel der rechtsextremistischen Partei deutlich, das im Aufbau "nationaler Strukturen" besteht: "Während an der Bürgerweide die Toten Hosen ihre linke Musik spielten, Bürgermeister Carsten Siegling in seinem Größenwahn Bremen als 'Bollwerk gegen den Rechtstrend der Republik' ausrief und knapp 100 politisch Verwirrte im Rahmen der Seebrücken-Aktion in Bremerhaven für unkontrollierte Masseneinwanderung protestierten, setzt sich genau dieser Rechtstrend in unserem Bundesland fort. Zukünftig wird in den Reihen der Partei DIE RECHTE der (Wieder-)Aufbau nationaler Strukturen in unserem Bundesland vorangetrieben. (...) Im kleinsten Bundesland der BRD, unserem einstmals schönen Stadtstaat, werden wir die nationale Bewegung wieder in die Offensive bringen. Die Zeit, in der Nationalisten entlang der Weser ihre Gesinnung versteckt haben oder die Öffentlichkeit scheuten, ist vorbei." (Fehler im Original, Internetseite der Partei "Die Rechte": Wir nehmen Kurs: Die Rechte gründet Landesverband in Bremen! 05.08.2018). Aktivitäten der Partei in Bremen Der Bremer Landesverband setzte seine Ankündigung, seine rechtsextremistische Weltanschauung zu verbreiten und öffentlich aufzutreten, sogleich in die Tat um. Die Aktivitäten des Landesverbandes zielten im Jahr 2018 überwiegend auf die Einschüchterung und Provokation seiner "politischen Gegner". In Bremen-Nord und in Bremerhaven verteilten Mitglieder der rechtsextremistischen Partei mehrfach und 35 zum Teil in großen Mengen Aufkleber und Flyer. Viele der Aufkleber werben mit rechtsextremistischen Parolen für die Partei, wie "Ausländer raus!", "Asylflut stoppen!" oder "Deutsche Zukunft schaffen: Gegen Überfremdung, Sozialabbau und Parteienfilz!". In Bremerhaven traten Mitglieder der Partei "Die Rechte" mehrmals öffentlich auf und suchten die Konfrontation mit ihren "politischen Gegnern". Am Rande einer Informationsveranstaltung eines "linken" Vereins am 20. Oktober 2018 provozierten sie beispielsweise ihre "politischen Gegner", weitere Auseinandersetzungen verhinderte die Polizei. Am 27. Oktober 2018 verteilten Mitglieder der Partei ihre Flyer in der Bremerhavener Innenstadt, während dort der "linke" Verein einen Informationsstand abhielt. Aufkleber der Partei "Die Rechte" 3.3.5 Rechtsextremistische Mischszene Bremens In Bremen existiert seit Langem eine "Mischszene" aus aktionsund gewaltorientierten Rechtsextremisten und Angehörigen anderer gewaltaffiner Szenen wie Hooligans oder Rockern. Das Bedrohungspotenzial liegt dabei weniger in der ideologischen Grundüberzeugung als vielmehr in der hohen Gewaltbereitschaft, die von Personen aus diesen Spektren ausgeht und die mittels rechtsextremistischer Einflussnahme instrumentalisiert werden kann. Rechtsextremisten sind vielfach in der Lage, anlassund ereignisbezogen solche gewaltaffinen Gruppierungen zur Begehung von politisch motivierten Straftaten zu mobilisieren. Daher ist auch nicht nur die absolute Zahl der Rechtsextremisten maßgebend bei der Darstellung der rechtsextremis-tischen Bedrohung, sondern zugleich das sonstige gewaltbereite Rekrutierungspotenzial einzubeziehen. In Bremen trat die rechtsextremistische Gruppierung "Bruderschaft Nordic 12", die 2014 aus der Gruppe "Brigade 8 - Bremen Crew" hervorgegangen war, in den vergangenen Jahren kaum mehr öffentlich in Erscheinung. Nichtsdestotrotz sind ihre Anhänger weiterhin politisch aktiv. Die sich als "patriotisch" bezeichnende Gruppierung bediente sich in Anlehnung an so genannte "Outlaw-Motorcycle-Gangs" eines martialischen Erscheinungsbildes. "Nordic 12" ist insbesondere um die strategische Vernetzung der rechtsextremistischen Szene Bremens im Kampf gegen das politische "System" bemüht. Rechtsextremistisch beeinflusste Hooligans Die Bremer Hooligan-Szene war jahrelang wegen der Hooligan-Gruppierungen "Standarte Bremen", "City Warriors" und "Nordsturm Brema" sowie der FußballfanGruppierung "Farge Ultras" bundesweit bekannt. Auch wenn einige dieser Gruppierungen in der Vergangenheit vorgaben, sich aufgelöst zu haben, so sind ihre ehemaligen Mitglieder und Anhänger weiterhin aktiv. Die Gruppierungen gelten als "rechtsextremistisch beeinflusst", das heißt, dass es sich bei einzelnen Mitgliedern um überzeugte Rechtsextremisten handelt. In der Regel sind Hooligans unpolitisch, lediglich ein Teil davon ist rechtsextremistisch oder fremdenfeindlich motiviert. Seit den 1980er-Jahren versuchen Rechtsextremisten, sowohl Hooligans gezielt abzuwerben und sie für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren als auch die HooliganSzene zu unterwandern. 36 Mit der Bremer Ortsgruppe des Vereins "Gemeinsam-Stark Deutschland" (GSD) existierte in den Jahren 2015 bis 2017 eine rechtsextremistische Gruppierung, die sich in Abspaltung von der Initiative "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) mit dem Ziel der Bekämpfung "des radikalen Salafismus" gegründet hatte. Viele ihrer Mitglieder sind weiterhin in der rechtsextremistischen Szene Bremens aktiv. Rechtsextremistische Musik Musik hat eine wichtige Funktion für die rechtsextremistische Szene, weil die typischen Feindbilder in Liedtexten leicht dargestellt und vermittelt werden können. Um eine breite Zuhörerschaft zu erreichen, verdecken manche rechtsextremistische Bands beispielsweise ihren ideologischen Hintergrund. Nach wie vor finden Jugendliche den Einstieg in die rechtsextremistische Szene neben sozialen Netzwerken häufig über Musik. Darüber hinaus hält die Musik die verschiedenen Teilbereiche der rechtsextremistischen Szene zusammen. So bilden Konzerte eine Gelegenheit für Szene-Treffs und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl, auch weil sie häufig konspirativ organisiert sind. Der Anstieg von Musikveranstaltungen in den vergangenen Jahren belegt die Bedeutung von Musik für eine sich stark verändernde rechtsextremistische Szene. Neben Konzerten und Liederabenden gibt es vielfach auch Musikbeiträge im Rahmen von politischen Veranstaltungen. Der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Thorsten Heise organisierte beispielsweise mit dem "Schild & Schwert"-Festival, das im April und November 2018 im sächsischen Ostritz stattfand, eine Veranstaltung, die Politik, Kampfsport und Musik miteinander verband. Auf der Veranstaltung im April 2018 trat unter anderem die rechtsextremistische HooliganBand "Kategorie C" - Hungrige Wölfe" (KC) auf. Rechtsextremistische Hooligan-Band "Kategorie C" Die 1997 gegründete, bundesweit bekannte und aktive rechtsextremistische Hooligan-Band "Kategorie C - Hungrige Wölfe" (KC) gilt als Bindeglied der Hooliganund der rechtsextremistischen Szene, weil sie in beiden Szenen vor allem wegen ihrer gewaltverherrlichenden Lieder beliebt ist und insbesondere auch mit ihren Konzerten zum Zusammenhalt und zur Mobilisierung beiträgt. Mit der Wiederaufnahme des rechtsextremistischen Musik-Projektes "Nahkampf" im Jahr 2014 bestätigte die Hooligan-Band ihre rechtsextremistische Ausrichtung. Ihre Aktivitäten und in diesem Rahmen getätigten Aussagen weisen offen rechtsextremistische Inhalte auf. Die Band "Nahkampf" war Ende der 1980er-Jahre ebenfalls von dem KC-Bandleader gegründet worden und bis Mitte der 2000er-Jahre aktiv. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Aktivitäten von KC in andere Bundesländer verschoben; die Bandmitglieder leben seit vielen Jahren nicht mehr in Bremen. Aufnahmen, Proben und Konzerte finden in anderen Bundesländern statt. "Hammerskins" Die seit Beginn der 1990er-Jahre in Deutschland existierende rechtsextremistische Skinhead-Organisation "Hammerskins" beschäftigt sich vorwiegend mit der Planung und Durchführung rechtsextremistischer Konzerte. Vor dem Hintergrund ihres rassistischen und nationalistischen Weltbildes verfolgt die Organisation das Ziel, alle "weißen nationalen" Kräfte in einer weltweiten "Hammerskin-Nation" zu vereinigen. 37 Die 1988 in den USA gegründeten "Hammerskins" verstehen sich als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Szene und sind straff und hierarchisch organisiert. Die "Hammerskin Nation" ist in nationale Divisionen aufgeteilt, die wiederum in regionale "Chapter" gegliedert sind. In Deutschland gibt es derzeit etwa zehn "Chapter", wobei das "Hammerskin-Chapter Bremen" zu den ältesten gehört. Abgesehen von Konzertveranstaltungen treten die konspirativ agierenden "Hammerskins" selten öffentlich in Erscheinung. 3.3.6 "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Eine große Gefahr geht von radikalisierten Einzelpersonen und Kleinstgruppen aus, die unabhängig von bekannten rechtsextremistischen Strukturen agieren und sich bekannten Handlungsmustern der rechtsextremistischen Szene entziehen, wie die Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) zeigt. Die Mitglieder des NSU lebten rund 13 Jahre im Untergrund und ermordeten in den Jahren 2000 bis 2007 insgesamt zehn Menschen vor allem aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven. Darüber hinaus beging das Trio mindestens zwei Bombenanschläge und 15 bewaffnete Raubüberfälle. Das Oberlandesgericht München sprach am 11. Juli 2018 sein Urteil im Prozess und befand alle fünf Angeklagten wegen unterschiedlicher Tatvorwürfe im Zusammenhang mit der Mordserie des NSU für schuldig. Der von Mai 2013 bis Juli 2018 laufende Strafprozess richtete sich nach dem Selbstmord der beiden Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppierung Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Das Gericht sprach die Hauptangeklagte Zschäpe wegen zehnfachen Mordes, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung für schuldig und verurteilte sie zu lebenslanger Haft. Außerdem stellte das Gericht wegen der Vielzahl der Taten die besondere Schwere der Schuld fest. Das Gericht erkannte Zschäpe als gleichberechtigte Mittäterin an, wenngleich sie im Hintergrund agierte und die Taten nicht selbst ausführte, hütete sie den Zufluchtsort. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es ohne sie die Taten nicht gegeben hätte. Der Mitangeklagte und frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben, der das Trio in seinem Leben im Untergrund unterstützt und die Tatwaffe für neun Morde beschafft hatte, erhielt zehn Jahre Haft. Die weiteren Mitangeklagten erhielten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung drei bzw. zweieinhalb Jahre Haft sowie wegen Beschaffung der Tatwaffe drei Jahre Haft. Gegen das Urteil gingen die Verteidiger aller Angeklagten in Revision. Die geplante und gezielte Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung NSU, die über Jahre kein öffentliches Bekenntnis in direkter oder indirekter Form ablegte, stellt eine Besonderheit in der Geschichte des deutschen Terrorismus dar. Die in den 1970erbis 2000er-Jahren in Deutschland existierenden rechtsterroristischen Gruppierungen begingen keine Serienmorde an Personen und auch keine gezielten Tötungen. Im Vergleich zu früheren Gruppierungen im Rechtsterrorismus unterscheidet sich der NSU damit insbesondere hinsichtlich seiner Gewaltintensität. 38 4 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 39 4 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" Das Spektrum der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" ist ideologisch sowie organisatorisch heterogen. Ihm gehören vor allem Einzelpersonen und kleine Gruppierungen an, die jeweils ihre eigenen Theorien und Argumentationsmuster verfolgen. Die Nichtanerkennung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Rechtsordnung ist das verbindende Element der Angehörigen dieses Spektrums. Die Zahl der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" stieg im Jahr 2018 und es besteht weiterhin eine zunehmende Tendenz. Bundesweit zählte der Verfassungsschutz etwa 19.000 Personen zu diesem Spektrum, 2016 waren es noch 10.000 Personen. Der Anstieg des Personenpotenzials ist insbesondere auf ein verbessertes Informationsaufkommen zurückzuführen. In Bremen hatten die Informationen von Behörden zu "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern", um deren Übermittlung sich das LfV seit 2016 bemüht, zu einem Anstieg des Personenpotenzials geführt. Ideologie "Reichsbürger" bestreiten die Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland und berufen sich in Abgrenzung dazu auf den Fortbestand eines "Deutschen Reiches". Die Reorganisation des "Deutschen Reiches" gehört zu den häufigsten Handlungslinien von "Reichsbürgern". Bisweilen unterbleibt aber auch eine Bezugnahme auf die "Reichsidee" und die Personen proklamieren ihre Wohnung oder ihr Grundstück als eigenes Staatsgebiet (sog. "Selbstverwalter"). Sie glauben, durch eine entsprechende Erklärung aus Deutschland "austreten" zu können. Angehörige dieses Spektrums propagieren regelmäßig Verschwörungstheorien, jedoch vertritt nur eine Minderheit explizit rechtsextremistische Positionen; zum Teil sind die Ideen auch von sozialistischen Haltungen grundiert. Manche Gruppierungen sind zudem esoterisch geprägt. Das heterogene "Reichsbürger"-Spektrum lässt sich daher ideologisch kaum einordnen. Unabhängig davon sind "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" als extremistisch zu bewerten, weil sie die völkerrechtliche Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland leugnen und sich damit gegen den Bestand des Staates Türschild eines "Selbstversowie gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wenden. walters" Sie erkennen folglich weder das Grundgesetz oder Bundesund Landesgesetze noch Urteile von Gerichten oder Bescheide von Behörden an. Stattdessen geben sie sich eigene Gesetze oder berufen sich auf ein selbst definiertes Naturrecht. Den Staat bezeichnen sie unter anderem als "BRD-GmbH" oder "BRD-System" und sehen sich beispielsweise als "Angehörige Preußens" oder handeln im Namen von "(Kommissarischen) Reichsregierungen". Aktivitäten Die fundamentale Ablehnung der bestehenden Rechtsordnung zeigt sich in besonderem Maße im Verhalten von "Reichsbürgern" gegenüber Behörden und deren Mitarbeitern. Ihr Ziel besteht darin, die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, indem sie staatliche Institutionen und staatliche Maßnahmen sabotieren. Zum Beispiel versenden Angehörige des Spektrums massenhaft Schreiben mit unsinnigen Forderungen an Behörden oder erklären den Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung, dass diese nur Personal der "BRD-GmbH" seien, weshalb gerichtliche oder behördliche Entscheidungen rechtswidrig seien. Sie argumentieren häufig in pseudojuristischer Weise, das heißt, dass sie in ihren Argumentationen oft wahlund zusammenhangslos 40 Gesetze und Urteile heranziehen. Regelmäßig werden Behördenmitarbeiter von "Reichsbürgern" beleidigt und bedroht, in Einzelfällen kam es bereits zur Anwendung von Gewalt. Das heterogene und überwiegend aus Einzelpersonen und kleineren Gruppierungen bestehende Spektrum ist insbesondere über das Internet und soziale Netzwerke miteinander verbunden. In den vergangenen Jahren ist eine Zunahme der Aktivitäten von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" in sozialen Netzwerken zu verzeichnen. Dort mobilisieren Angehörige zum einen Unterstützer für ihre Aktivitäten und verbreiten zum anderen ihre abstrusen Theorien. So veröffentlichen sie beispielsweise ihre Urteilsund Gesetzesinterpretationen, liefern Vorlagen für ihre Argumentationslinien sowie Dokumente und führen vermeintliche Belege für ihre Verschwörungstheorien an. Gewalt und Affinität zu Waffen Die Angriffe von "Reichsbürgern" auf Polizisten in Sachsen-Anhalt und Bayern im Jahr 2016, bei denen mehrere Polizisten durch Schüsse verletzt und ein Polizist getötet worden ist, zeigen das hohe Gewaltpotenzial, das von einzelnen Anhängern dieses Spektrums ausgeht. Viele Angehörige haben eine grundsätzliche Abwehrhaltung gegenüber dem Staat, welche insbesondere bei behördlichen Maßnahmen, die durchweg als unrechtmäßig empfunden werden, zu Widerstandshandlungen führen kann. So betrachteten Teile des Spektrums die Gewalttaten 2016 als zwangsläufige "Notwehrhandlungen". Insgesamt weisen Anhänger des Spektrums eine hohe Affinität zu Waffen auf und einige von ihnen verfügen über eine Waffenbesitzkarte, d.h., sie haben Zugriff auf Schusswaffen und sonstige erlaubnispflichtige Waffen. Bundesweit entzogen die Waffenbehörden im Jahr 2018 zahlreichen "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" ihre Waffen. Mehrere Innenministerien von Bund und Ländern hatten entsprechende Erlasse zur Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnisse bei Angehörigen des Spektrums herausgegeben. In Bremen veröffentlichte der Senator für Inneres im Dezember 2016 und Mai 2018 solche Erlasse. Darin wird den Angehörigen des Spektrums grundsätzlich die charakterliche Eignung zum Führen von Waffen abgesprochen. "Reichsbürger" in Bremen Das Spektrum der "Reichsbürger" in Bremen bestand im Jahr 2018 überwiegend aus Einzelpersonen sowie Kleingruppen und zählte rund 130 Personen. Bereits in den letzten Jahren war die Zahl angestiegen, so dass das LfV die Szene seit 2014 beobachtet. Die Aktivitäten von "Reichsbürgern" in Bremen haben im vergangenen Jahr weiterhin zugenommen. Dies zeigt sich vor allem anhand der vielfältigen Propaganda in sozialen Netzwerken, aber auch anhand der zahlreichen Fälle, in denen "Reichsbürger" die Selbstentworfener Ausweis Auseinandersetzung mit Mitarbeitern von Behörden suchen. Zahlreiche Bremer Behöreines "Reichsbürgers" den sind mit den "Anliegen" von "Reichsbürgern" beschäftigt, insbesondere die Justiz, das Stadtamt und die Steuerverwaltung. Dabei sind einige "Reichsbürger" unter anderem mit Beleidigungsdelikten, Urkundenfälschung oder mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Erscheinung getreten. Angehörige des Spektrums beabsichtigen zum Beispiel, ihren Personalausweis abzugeben, oder verweigern die Zahlung von Gebühren. Sehr häufig stellen sie mit Bezug auf ihre "Reichsideen" auch Anträge auf "Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit" und berufen sich bei der Ausstellung des Dokuments beispielsweise auf die Staatsangehörigkeit des "Königreichs Preußen" oder beantragen Zusätze wie "ist Deutscher mit der Staatsangehörigkeit im Bundesstaat Preußen". 5 Linksextremismus 41 Seitenzahl 42 5.1 Linksextremistisches Weltbild 45 5.2 Linksextremistische Gruppierungen 53 5.3 Aktivitäten gewaltorientierter Linksextremisten 54 5.3.1 Proteste gegen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten 57 5.3.2 "Klimaproteste" - Kampagne "Ende Gelände" 59 5.3.3 Proteste gegen "staatliche Repression" 61 5.3.4 Proteste gegen deutsche Rüstungsexporte 42 5 Linksextremismus Die Bekämpfung von "rechten" Aktivitäten und Strukturen war ein Schwerpunkt der linksextremistischen Szene Bremens. Gegen das öffentliche Auftreten von "Rechten" in Bremen-Nord demonstrierten mehrere Hundert Personen im Februar 2018 in Vegesack, eine weitere Demonstration in diesem Zusammenhang fand wenige Monate später im Juni 2018 in Farge statt. Einen weiteren Schwerpunkt für die linksextremistische Szene Bremens stellten die Proteste gegen die Räumung des Hambacher Forsts in Nordrhein-Westfalen dar, die im September 2018 ihren Höhepunkt erreichten. An verschiedenen Protestaktionen im Hambacher Forst beteiligten sich auch Angehörige der gewaltorientierten Szene Bremens. 5.1 Linksextremistisches Weltbild Linksextremisten eint das Ziel der Überwindung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung und die Errichtung eines herrschaftsfreien oder kommunistischen Systems. Während dogmatische Kommunisten die Überwindung des politischen Systems und die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft über eine Diktatur des Proletariats unter Führung einer "proletarischen Avantgarde" anstreben, zielen Anarchisten, Antiimperialisten und Autonome auf die Abschaffung jeglicher Form von "Herrschaftsstrukturen". In der linksextremistischen Ideologie wird die Forderung nach sozialer Gleichheit unter Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates verabsolutiert. Das Ziel soll dabei unter Missachtung der Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erreicht werden und würde grundlegende Prinzipien der Verfassung außer Kraft setzen. Betroffen ist davon nicht nur das in der Verfassung verankerte Rechtsstaatsoder Demokratieprinzip, insbesondere die grundrechtlich geschützten Freiheiten würden dadurch im Wesentlichen außer Kraft gesetzt werden. Autonome Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Regeln leben zu können, und streben nach einem hierarchiefreien, selbstbestimmten Leben innerhalb "herrschaftsfreier" Räume. Sie beziehen sich ideologisch vor allem auf anarchistische und kommunistische Theoriefragmente, wobei ihre ideologischen Vorstellungen insgesamt diffus bleiben. Da formelle Strukturen und Hierarchien grundsätzlich abgelehnt werden, ist die autonome Szene stark fragmentiert und besteht hauptsächlich aus losen Personenzusammenschlüssen, die anlassbezogen gegründet werden und sich ebenso kurzfristig auflösen. Autonome Linksextremisten erachten ihre Eigenund Selbstständigkeit für so wichtig, dass sie sich in der Regel in keine festen politischen Strukturen integrieren. Teile der autonomen Szene beteiligen sich jedoch an bürgerlich-demokratischen Bündnissen und nutzen diese, um zivilgesellschaftliche Proteste in ihrem Sinne zu radikalisieren und ihre politischen Vorstellungen in die Gesellschaft zu tragen. Mit der Taktik der Bündnispolitik gelingt es Autonomen immer wieder, insbesondere im Bereich "Antifaschismus", mit bürgerlich-demokratischen Gruppen zusammenzuarbeiten, die ihre 43 extremistischen Ansichten im Grunde ablehnen. Seit einigen Jahren ist darüber hinaus zu beobachten, dass Teile der zunächst organisationsfeindlichen autonomen Szene die Bildung von festen Organisationsstrukturen vorantreiben. Diese Szene lässt sich inzwischen deutlich von der ursprünglichen autonomen Szene abgrenzen und kann als "postautonom" bezeichnet werden. Während sich Autonome insbesondere durch ihre Organisationsfeindlichkeit, Gewaltbereitschaft und Theorieferne auszeichnen, können Postautonome lediglich noch als organisationskritisch, weniger gewaltbereit und um Theorie bemüht beschrieben werden. Ihre gesellschaftliche Isolation wollen sie vor allem dadurch durchbrechen, dass sie eine Scharnierfunktion zwischen gewaltbereiten Linksextremisten und gemäßigten, bürgerlichen "Linken" einnehmen. Gewalt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung Die Anwendung von Gewalt zur Erreichung politischer Ziele ist dabei einer der strittigsten Punkte innerhalb der linksextremistischen Ideologie. Während der Großteil der Linksextremisten auf die konkrete Ausübung von Gewalt verzichtet, ist die Notwendigkeit von Gewalt innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene unumstritten. Zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene zählen nicht nur Personen und Gruppierungen, die selbst gewalttätig handeln oder gewaltbereit gegen ihre "politischen Gegner" vorgehen, sondern ebenso diejenigen, die Gewalt unterstützen oder Gewalt befürworten. Die Gewaltorientierung einer Person oder Gruppierung kann sich zum einen aus ihrer ideologischen Ausrichtung und zum anderen aus ihren konkreten Handlungen ergeben. Dazu gehören beispielsweise das Propagieren der Notwendigkeit von Gewalt im Kampf gegen das "politische System" vor einem ideologischen Hintergrund, Appelle an politische Mitstreiter zur Ausübung von Gewalt oder die billigende Inkaufnahme von Gewalttätigkeiten politischer Mitstreiter, etwa mit der Begründung, im Hinblick auf ein politisches Ziel Geschlossenheit der Szene demonstrieren zu wollen. Gewaltorientierte Linksextremisten befürworten zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen die Anwendung von Gewalt gegen den Staat, seine Einrichtungen und Repräsentanten sowie gegen (vermeintlich) rechtsextremistische Strukturen und Personen. Gewalt wird häufig mit der von Staat und Gesellschaft ausgehenden "strukturellen Gewalt" gerechtfertigt. Gewalt ist aber nicht nur ein Mittel zur Bekämpfung des "staatlichen Repressionsapparates", sondern zugleich auch ein identitätsstiftendes Merkmal. Viele Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene sehen darin einen Akt der individuellen Selbstbefreiung. Unterschieden werden kann in diesem Zusammenhang die konfrontative Gewalt von den so genannten "militanten Aktionen". Konfrontative Gewalt Im Rahmen von Demonstrationen führt die hemmungslose Gewalt von Linksextremisten regelmäßig zu massiven gewalttätigen Ausschreitungen. Gewalttätige Linksextremisten greifen Polizisten und (vermeintliche) Rechtsextremisten gezielt u.a. mit Steinen, Flaschen und pyrotechnischen Gegenständen an. In den vergange44 nen Jahren zeigten Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene in Auseinandersetzungen mit Polizisten und ihren "politischen Gegnern" vielfach ein brutales Vorgehen, welches ein Absenken der Hemmschwelle verdeutlicht, auch schwerste Verletzungen zu verursachen. In diesem Zusammenhang ist häufig die Rede von einer zunehmenden szenedefinierten "Entmenschlichung des politischen Gegners". An gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligen sich neben Linksextremisten häufig auch "anpolitisierte" oder gänzlich unpolitische, erlebnisorientierte Jugendliche. Ihnen geht es weniger um konkrete politische und auf Systemüberwindung ausgerichtete Ziele als um den "Erlebnischarakter", der von solchen Ereignissen ausgeht; auch das Ausleben eines Aggressionspotenzials ist vielfach handlungsleitend. Exemplarisch für konfrontative Gewalt waren die massiven gewalttätigen Ausschreitungen während des G20-Gipfels 2017 in Hamburg. "Militante Aktionen" "Militante Aktionen" in Form von Sachbeschädigungen und Brandstiftungen werden von konspirativ agierenden Kleingruppen zumeist nachts durchgeführt. Gebäude und Fahrzeuge von Behörden, Unternehmen und auch Privatpersonen werden u.a. durch Steinwürfe und Farbe beschädigt oder in Brand gesetzt. Darüber hinaus erfolgen in diesem Rahmen auch gezielte Angriffe auf Personen. Konspirative Kleingruppen greifen vor allem (vermeintliche) Rechtsextremisten vorwiegend in ihrem privaten Wohnumfeld an. Diese gezielten und geplanten Anschläge sollen eine Signalwirkung entfalten. Zum einen geht es den Tätern um mediale Resonanz und zum anderen sollen die betroffenen Behörden, Unternehmen oder Personen zu einer Verhaltensänderung genötigt werden. Im Nachhinein werden die Taten oftmals in Selbstbezichtigungsschreiben ideologisch begründet und im Internet veröffentlicht. Unterzeichnet werden die Selbstbezichtigungsschreiben häufig mit fiktiven Gruppennamen. Mit ihrer Einstellung, politische Ziele gewaltsam zu verfolgen, setzen sich gewaltorientierte Linksextremisten über das Gewaltmonopol des Staates und den Grundkonsens demokratischer Verfassungsstaaten hinweg, gesellschaftspolitische Veränderungen ausschließlich auf demokratischem Wege herbeizuführen. Daher steht der gewaltorientierte Teil der linksextremistischen Szene im Fokus der Beobachtung durch das LfV. 5.2 Linksextremistische Gruppierungen In Bremen kann die linksextremistische Szene zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Spontandemonstrationen, auch sehr kurzfristig über 200 Personen mobilisieren. Eine maßgebliche Funktion bei der Organisierung von Protesten nehmen in Bremen die beiden postautonomen Gruppierungen "Interventionistische Linke" (IL) 45 und "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) ein. "Interventionistische Linke" Die IL gehört zu den postautonomen Gruppierungen, die eine Organisierung der "linken" Szene zur Erreichung ihrer politischen Ziele für notwendig halten. Die Bremer Ortsgruppe der IL war im Jahr 2014 aus der Ortsgruppe der Gruppierung "Avanti - Projekt undogmatische Linke" ("Avanti")" hervorgegangen. Die Mehrheit der 1989 gegründeten "Avanti"-Ortsgruppen hatte 2014 ihre Auflösung als selbständige Organisation und ihren Beitritt zu der seit 2005 bundesweit agierenden IL erklärt. Die IL entwickelte sich damit von einem Netzwerk aus linksextremistischen und auch nichtextremistischen Gruppierungen und Einzelpersonen zu einer Organisation mit lokalen Ortsgruppen. Im Jahr 2018 setzt sich das Bündnis aus 35 Ortsgruppen in Deutschland und Österreich zusammen. In Österreich ist die IL mit zwei Ortsgruppen vertreten. Ihre Zielsetzung und Strategie legte die IL 2014 in einem weiterhin gültigen "Zwischenstandspapier" dar: "Da sich auf der Basis patriarchaler und rassistischer Gesellschaftsstrukturen der real existierende Kapitalismus entfalten konnte, ist es für uns zentral, den Kampf für eine befreite Gesellschaft mit dem Kampf gegen all diese Herrschaftsformen zu verbinden. (...) Entscheidend für uns istsowohl in der theoretischen Begründung als auch in der Eröffnung praktischer Optionen-, stets auf eine gesamtgesellschaftliche Veränderung abzuzielen." (IL im Aufbruch - ein Zwischenstandspapier vom 11. Oktober 2014) Die IL, die sich selbst als "undogmatische Linke" bezeichnet, bietet damit keine konkrete "Systemalternative", gleichwohl kämpft sie für einen "revolutionären Bruch mit dem nationalen und globalen Kapitalismus" sowie der "Macht des bürgerlichen Staates". Mit der Formulierung, einen Zustand erreichen zu wollen, der dem Kommunismus ähnelt, bleibt ihr Ziel vage. Die Strategie, sich nicht unnötig ideologisch festzulegen, verfolgt die Organisation, um ideologische Differenzen und daraus resultierende Konflikte innerhalb der linksextremistischen Szene zugunsten einer gemeinsamen Organisierung zu überwinden. Die IL bemüht sich seit Jahren, die Handlungsfähigkeit der "linken" Szene durch die Zusammenführung linksextremistischer und nichtextremistischer Aktivisten unterschiedlicher ideologischer Prägung in Bündnissen, Initiativen und Kampagnen zu erhöhen. Mit dieser Strategie nimmt die IL eine Scharnierfunktion zwischen linksextremistischen und nichtextremistischen Akteuren ein. Mit bewusst vage gehaltenen Formulierungen bezüglich des Ablaufs und des Ziels einer Veranstaltung gelang es der IL bei Großereignissen in den vergangenen Jahren wiederholt, eine große Zahl an Nichtextremisten in ihre Proteste zu involvieren und sie für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Der Erfolg dieser Strategie zeigte sich zuletzt im September 2018 bei den Protesten gegen den Abbau von Braunkohle und die Räumung des Hambacher Forsts in Nordrhein-Westfalen. Im Rahmen der Kampagne "Ende Gelände", die von der IL mitgetragen wird, gab es einen Schulterschluss von extremistischem und nichtextremistischem Spektrum (siehe Kapitel 5.3.2). Bereits bei den Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg war es der IL in hohem Maße gelungen, Nichtextremisten in ihre Proteste einzubeziehen. Die in die Proteste der IL eingebundenen Akteure unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer ideologischen Ausrichtung, sondern auch in ihrer Einstellung zu Gewalt, die von Ablehnung bis Befürwortung reicht. Das Verhältnis der Gruppierung zu Gewalt kann somit als taktisch beschrieben werden: Einerseits arbeitet sie eng mit gewalttätigen Akteuren zusammen, nimmt ihre Gewalttätigkeiten bei Protesten in Kauf und bietet ihnen sogar einen Rahmen dafür. Andererseits vermeidet sie ein 46 offenes Bekenntnis oder Aufrufe zur Anwendung von Gewalt, weil sie damit ihre als notwendig erachtete Zusammenarbeit mit Nichtextremisten aufgeben müsste, die Gewalt ablehnen und häufig auch die Zusammenarbeit mit Strafund Gewalttätern. Vor dem Hintergrund insbesondere ihrer gewaltbefürwortenden Einstellung gilt die Gruppierung als gewaltorientiert. Die taktische Einstellung der IL zur Gewalt zeigte sich deutlich beim G20-Gipfel 2017 in Hamburg, bei dem sie sich zu keinem Zeitpunkt von den schweren gewaltsamen Ausschreitungen distanzierte, die sich Linksextremisten über mehrere Tage mit der Polizei lieferten. Im Vorfeld des G20-Gipfels erläuterte eine Vertreterin der IL: "Ich will in einer Linken sein, die undogmatisch ist. Wir wollen immer prüfen, welches der gerade strategisch richtige Weg ist. (...) Wenn man es ernst meint mit der Vision des guten Lebens für alle, muss man auch etwas dafür riskieren. Das funktioniert nicht, wenn sich alle immer nur an die Regeln halten." ("Zeit online", Interview von Sigrid Neudecker mit Emily Laquer: G20-Gipfel. Ein abgebranntes Auto ist immer noch Sachbeschädigung, 27.04.2017). Nach den schweren gewaltsamen Ausschreitungen beim G20-Gipfel erklärte sie: "Wie käme ich also dazu, Menschen das Recht abzusprechen, sich zu wehren und sich aufzulehnen? Ihnen vorzuschreiben, auf welche Weise sie ihrer Wut und Empörung Ausdruck verleihen dürfen? Vor wem muss ich mich rechtfertigen, wenn in Hamburg irgendwer eine Scheibe einwirft? (...) Und deshalb muss ich immer wieder auf die Gewaltfrage antworten: Nein, ich unterwerfe mich nicht. Nein, ich distanziere mich nicht. Ich weigere mich, harmlos zu sein." ("tageszeitung", Kommentar von Emily Laquer: Eine verlogene Diskussion, 05.07.2017). "...umsGanze!"-Bündnis Das 2006 gegründete Bündnis "...ums Ganze!" (uG) besteht zurzeit aus 12 eigenständig agierenden und lokal verankerten Mitgliedsgruppen, davon stammt eine aus Österreich. Mit den linksextremistischen Gruppierungen "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) und "Antifaschistische Gruppe Bremen" (AGB) gehören dem Bündnis gleich zwei Gruppen aus Bremen an. Das neben der IL ebenfalls bundesweit agierende und als postautonom geltende Bündnis gründete sich damals mit der Absicht, überregional handlungsfähig zu sein. Das Bündnis bezeichnet sich im Untertitel seines Namens als ein "kommunistisches Bündnis" und verweist damit auf seinen ideologischen Hintergrund. Das Bündnis strebt die Abschaffung und Ersetzung der bestehenden Gesellschaftsordnung durch eine kommunistische Staatsund Gesellschaftsordnung an: "Wir wollen uns nicht mit realpolitischen Forderungen zufrieden geben, wir wollen nicht nach der praktischen Umsetzbarkeit irgendwelcher Reformen fragen, wir sagen klar und deutlich: Uns geht's ums Ganze! Wir wollen die Überwindung des gesellschaftlichen Verhältnisses Kapitalismus als die einzig, menschenwürdige' Lösung propagieren. Wir wollen unsere Negation dieses Verhältnisses ausdrücken." ( ...ums Ganze!, smash capitalism. fight the g8 summit, Neustadt 2007, Vorwort, S. 3). Das Bündnis stellte sich im Vorfeld des G20-Gipfels 2017 den Arbeitern des Hamburger Hafens vor, die es in geplante Blockadeaktionen einzubeziehen versuchte: "Wir sind das antiautoritäre kommunistische ...umsGanze! Bündnis. Wir nennen uns antiautoritär und kommunistisch, weil wir ein Zusammenschluss von Leuten sind, die es nicht mehr aushalten wollen, wie unser aller Leben, unsere Arbeit und unsere Wohnverhältnisse, der alltägliche Rassismus und Sexismus usw. unsere Leben unerträglich machen. Wir glauben, dass unsere Leben, diese ganze Welt, nicht 47 deswegen so ist, weil sie schlecht regiert wird, sondern weil diese Gesellschaft grundsätzlich falsch eingerichtet ist. Das wollen wir ändern, und zwar so, dass wir, ihr, wir alle und unsere Leben und Bedürfnisse der Zweck der Gesellschaft sind. Damit geht es uns wortwörtlich 'ums Ganze', um eine ganz andere, kommunistische Gesellschaft." (Internetseite des "...umsGanze!"-Bündnisses: Liebe Kolleg*innen und Genoss*innen": Ein offener Brief an alle die im Hamburger Hafen arbeiten müssen, 06.06.2017). Aufruf des "...umsGanze!"Bündnisses Das "...umsGanze!"-Bündnis zählt zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene, weil es gewaltbefürwortend agiert. So befürwortete das Bündnis im Nachgang zum G20-Gipfel 2017 die gewalttätigen Proteste und hob hervor, dass die Blockadeaktionen im Hamburger Hafen erst durch die zeitgleichen dezentralen, "militanten" Aktionen im Hamburger Stadtgebiet ermöglicht worden seien: "Die Vielfalt der Aktionsform hat sich dabei praktisch ergänzt, auch wenn das einige lieber nicht so laut sagen wollen. Denn ohne militante Aktionen an anderer Stelle, die viel Polizei gebunden haben, wären wohl weder der Blockadefinder noch die Hafenblockade so relativ erfolgreich gewesen." (Internetseite des "...umsGanze!"-Bündnisses: Ein Gruß aus der Zukunft, 11.07.2017). "Basisgruppe Antifaschismus" Die 2008 gegründete und kommunistisch ausgerichtete "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) ist seit mehreren Jahren eine der aktiven gewaltorientierten linksextremistischen Gruppierungen in Bremen. Die Gruppierung ist seit 2011 in dem kommunistischen "...umsGanze!"-Bündnis organisiert. Unter dem Motto "All we want for birthday is communism" feierte die BA am 3. August 2018 ihr zehnjähriges Bestehen im "Alten Sportamt", welches der "linken" und linksextremistischen Szene als Veranstaltungsort dient. In der Einladung formuliert die Gruppierung ihre linksextremistische Zielrichtung deutlich, die in der revolutionären Überwindung des demokratischen Rechtsstaates und der Errichtung einer kommunistischen Gesellschaftsordnung liegt: "Ihr seht, es ist viel passiert. Und noch viel mehr muss passieren, soll das mit diesem ganzen Rumgeprolle von sozialer Revolution und emanzipatorischer Aufhebung der gesellschaftlichen Verhältnisse im Kommunismus mal wirklich Wirklichkeit werden!" (Facebook-Seite der BA, 12.07.2018). Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der Gruppierung erläuterte einer ihrer führenden Aktivisten unter einem Aliasnamen 2017 in einem Interview, das die Bedeutung der linksextremistischen terroristischen Vereinigung "Rote Armee Fraktion" (RAF) für die heutige linksextremistische Szene thematisierte: "Trotzdem ist es natürlich immer noch nötig, diese Gesellschaft revolutionär zu überwinden. Diese Gesellschaft ist auf Ausbeutung angelegt. Eine Linke, die sich grundsätzlich von Gewalt distanziert, ist eine sozialdemokratische Linke. Ich bin Kommunist, ich will diese Gesellschaft überwinden. Für mich ist Gewalt keine Moralfrage, sondern eine taktische. Mich interessiert: Passt das gewählte Mittel inhaltlich zum Zweck meiner Politik?" (Internetseite der BA, Protokoll von Timon Simons aufgezeichnet von Gesa Steeger: Strategisch bescheuert, 03.09.2017). Die taktische Einstellung des BA-Aktivisten zu Gewalt und seine Betonung, sich als Kommunist von der von Gewalt distanzierenden, "sozialdemokratischen Linken" abzugrenzen, zeigt, dass er nicht nur eine gewaltsame Revolution zur Überwindung der bestehenden Gesellschaftsordnung als Fernziel für notwendig erachtet, sondern auch die Anwendung von Gewalt in den aktuellen Protesten. Angesichts ihrer zumindest Gewalt befürwortenden Einstellung zählt die Gruppierung zur gewaltorientierten 48 linksextremistischen Szene Bremens. Die BA organisiert regelmäßig Protestaktionen und Veranstaltungen in Bremen, darüber hinaus beteiligt sie sich an Demonstrationen der linksextremistischen Szenen in Bremen und in anderen Städten bundesweit. Im Vorfeld von Demonstrationen veranstaltet die BA so genannte Mobilisierungsveranstaltungen mit dem Ziel, möglichst viele Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens für die Teilnahme zu gewinnen. Dazu beschäftigt sich die Gruppierung einerseits inhaltlich mit dem Anlass und Grund der Demonstration und andererseits organisiert sie die Fahrten zum Demonstrationsort und bereitet die Demonstranten auf den Umgang mit der Polizei vor. Die Gruppierung organisiert des Weiteren die Veranstaltungsreihe "K*Schemme", die der Diskussion, Organisierung und Vernetzung dienen soll. Das "K" im Namen steht nach eigenen Angaben für Kommunismus und das Sternchen "soll deutlich machen, dass Kommunismus für uns die Leerstelle für die eine ganz andere Gesellschaft ist (...)" (Internetseite der BA, 09.11.2018). Schwerpunkt der Veranstaltungen im Jahr 2018 war der "politische Rechtsruck" in der Gesellschaft und das Erstarken der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). Das Themenfeld "Antifaschismus" und somit der Kampf gegen Rechtsextremismus und "rechte" Strukturen ist der Arbeitsschwerpunkt der "Basisgruppe Antifaschismus", wie bereits aus ihrem Namen hervorgeht. Die BA beschäftigte sich daneben im Jahr 2018 mit dem Thema "Gentrifizierung" (siehe Kapitel 5.3.3). Unter dem Motto "Kampf ums Wohnen" lud die BA am 2. November 2018 zu einer Veranstaltung ein und veröffentlichte dazu auf ihrer Facebook-Seite ein Bild mit dem Schriftzug "#ENTEIGNEN - gegen den Wohnungsmarkt und den sozialen Wohnungsbau". Ihre verfassungsfeindliche Position versucht die BA auf diese Weise, in die aktuelle politische Diskussion über knappen Wohnraum und steigende Mieten in Städten einzubringen. "Antifaschistische Gruppe Bremen" Die 2013 gegründete Gruppierung "Antifaschistische Gruppe Bremen" (AGB) ist kommunistisch und antinational ausgerichtet. Die AGB ist seit Oktober 2017 Mitglied im bundesweiten, kommunistischen "...umsGanze!"-Bündnis. Das Ziel der AGB, welches in der Beseitigung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung besteht, kommt in einem Redebeitrag zu einer Demonstration 2014 deutlich zum Ausdruck; dort heißt es im Hinblick auf die Fußballweltmeisterschaft: "Im Konkurrenzprinzip des Kapitalismus stehen die Nationen im ständigen Wettkampf miteinander. (...) Das nationale Konkurrenzprinzip des Kapitalismus wird im Feiern des Wettstreits der nationalen Mannschaft immer tiefer in den Köpfen der Menschen verankert und somit zum scheinbar natürlichen Ist-Zustand. (...) Die deutsche Fahne zu schwenken bedeutet Ja zu sagen zu Antisemitismus, zu Rassismus, zu Ausgrenzung, Ausbeutung und Herrschaft. (...) Wir sagen: Weg mit Deutschland! Weg mit der Nation!" (Fehler im Original, Internetseite der AGB: Redebeitrag zur antinationalen Demonstration 05.07.2014, 28.02.2018). Die AGB zählt zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens, weil sie Gewalt befürwortet und auch offen dazu aufruft. Eine Aufforderung zu Gewalt ist die "Kampfansage", die ein Aktivist der AGB in seinem Redebeitrag bei einer Demonstration 2015 in Bremen-Nord macht: "Wir werden so lange hier aufschlagen und diesem braunen Drecksloch zeigen, wo Sichel und Hammer hängen, bis sie es begriffen haben! Und wenn es sein muss legen wir hier mit jedem notwendigen antifaschistischen Widerstand den ganzen braunen Sumpf restlos trocken. An alle Faschisten 49 und Rassist_innen in diesem Stadtteil: Dies ist eine Kampfansage! Wir geben euch Nazis und Rassist_innen die Straße zurück... Stein für Stein... Stein für Stein!" (Fehler im Original, Internetseite der AGB: Nach Brandanschlag auf Geflüchtetenlager in Bremen Nord, 07.10.2015). Die enge Zusammenarbeit zwischen AGB und BA auf regionaler Ebene in den letzten Jahren führte am 16. Oktober 2017 zum Beitritt der AGB zum kommunistischen "...umsGanze!-Bündnis". Die AGB ist damit die zweite Gruppierung aus Bremen, die dem Bündnis angehört; die BA trat ihm bereits 2011 bei. In der Beitrittserklärung wird die postautonome Ausrichtung der AGB deutlich, die nicht nur die Zusammenarbeit linksextremistischer Gruppierungen auf regionaler Ebene, sondern auch die bundesweite Vernetzung Gleichgesinnter für notwendig hält, um ihr längerfristiges Ziel der Formierung einer Massenbewegung zur Überwindung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung zu erreichen: "Die gesellschaftlichen Zustände in Deutschland, Europa und der Welt werden nicht besser. Viel mehr stolpert der Kapitalismus von Krise zu Krise (...).Das sind keine neuen Erkenntnisse für die radikale Linke. Genauso wenig wie die Erkenntnis, dass es für uns als radikale Linke darum gehen muss diese Ideologien, dieses falsche Bewusstsein zu bekämpfen und Alternativen zu entwickeln und aufzuzeigen. Das ist schon an sich keine kleine Aufgabe, sondern erfordert gemeinsame Analysen, Diskussionen, Strategien und Aktionen auf lokaler Ebene und darüber hinaus. Darum haben wir uns als antifaschistische Gruppe Bremen dazu entschlossen uns beim kommunistischen ...ums Ganze! zu organisieren." (Fehler im Original, Internetseite des "...umsGanze!"-Bündnisses: Der nächste Schritt: Die Antifaschistische Gruppe Bremen goes ...umsGanze! 10.10.2017). Die Gruppierung beschäftigte sich in den vergangenen Jahren schwerpunktmäßig mit den Themenfeldern "Antifaschismus" und "Antirassismus". Die AGB organisiert häufig in Kooperation mit der "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) linksextremistische Demonstrationen und Protestaktionen gegen (vermeintliche) Rechtsextremisten (siehe Kapitel 5.3.1). "Revolutionärer Aufbau BRD" Die Gruppierung "Revolutionärer Aufbau BRD" (RA) ist antiimperialistisch ausgerichtet. Im Jahr 2012 hatte sich die Gruppierung zunächst unter der Bezeichnung "Kommunistische Jugendgruppe Bremen" gegründet, nannte sich 2015 in "Revolutionärer Aufbau Bremen" (RAB) um und tritt seit dem Zusammenschluss mit der Hamburger Schwestergruppierung "Revolutionärer Aufbau Waterkant" 2017 unter dem aktuellen Namen "Revolutionärer Aufbau BRD" auf. Antiimperialisten orientieren sich ideologisch am Marxismus-Leninismus. Ihr Ziel liegt über den Aufbau einer kommunistischen Kaderpartei in der Herbeiführung einer kommunistischen Revolution. Die ideologische Ausrichtung der RA ist darüber hinaus von Ideologiefragmenten des Stalinismus und Maoismus geprägt. Antiimperialisten agieren vornehmlich gegen nationale und supranationale Institutionen und international tätige Konzerne, dabei reklamieren sie für sich ein Recht auf Widerstand und lehnen das staatliche Gewaltmonopol ab. Der RA strebt die Überwindung des demokratischen Rechtsstaates und die Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft über eine Diktatur des Proletariats unter Führung einer "proletarischen Avantgarde" an. Das Ziel soll unter Missachtung der Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erreicht werden und würde grundlegende Prinzipien der Verfassung wie das Demokratieund Rechtsstaatsprinzip außer Kraft setzen. 50 Die Ziele der linksextremistischen Gruppierung und ihr marxistisch-leninistisches Weltbild werden in einer 2017 veröffentlichten Selbstdarstellung deutlich. Die Angehörigen der Gruppierung werden als "junge Revolutionäre [bezeichnet], die sich ausgehend von der marxistischen Kritik an dieser Gesellschaft organisieren, um auf den Kommunismus hinzuarbeiten. (...) Die Strategie der Revolution ist der Volkskrieg, der bürgerliche Staat muss durch den Volkskrieg zerschlagen werden, um die Diktatur des Proletariats in einem Land errichten zu können. Diese Volkskriege müssen durch den proletarischen Internationalismus verbunden und von kommunistischen Parteien im Dienste der Weltrevolution geführt werden. Wir versuchen unseren Beitrag zum Aufbau der Kommunistischen Partei Deutschlands, zur Erkämpfung des Sozialismus und zur Weltrevolution zu leisten." (Fehler im Original, frühere Internetseite des RA, 2017). Organisatorisch verfolgt die Gruppierung das auf Karl Liebknecht zurückgehende Prinzip "Klarheit vor Einheit": "Wir haben keinen Bock auf irgendein diffuses "dagegen"-sein, auf Meinungspluralismus in der Gruppe und die Zusammenarbeit mit Leuten, die eine ganz andere Politik vertreten, sondern wollen uns als Lohnabhängige organisieren, die sich dies Gesellschaft wirklich erklären, die eine entsprechend radikale Kritik vertreten und sich in allen wesentlichen Fragen eine gemeinsame Kritik erarbeiten, welche die Grundlage unser Politik ist." (Fehler im Original, Internetseite des RA, 17.02.2016). Im Nachgang der "Antifaschistischen Demonstration" am 10. Februar 2018 in Bremen-Nord verlinkte der RA auf seiner Facebook-Seite einen Redebeitrag der "proletarischen Revolutionäre". Nach Ansicht des Redners "braucht das Proletariat in diesem Land seine organisierte Vorhut, die kommunistische Partei. Eine Partei die den Notwendigkeiten dieses Kampfes gerecht wird und in der Lage ist der Bestie des deutschen Imperialismus und all seinen Helfern und Verteidigern ein für alle Mal den Gar aus zu machen." (Fehler im Original, Internetseite des RA, 14.02.2018). Die von dem RA propagierte revolutionäre Umgestaltung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsordnung hin zum Kommunismus wird ebenfalls in der Nachbetrachtung der "Liebknecht-Luxemburg"-Demonstration 2017 in Berlin deutlich, an der Angehörige der Gruppierung teilnahmen: "'Nur der Griff der Massen zum Gewehr - schafft den Sozialismus her! (...) Ausbeutung abwählen, das klappt nie - Boykott der Wahl der Bourgeoisie' drückten wir aus, dass nur die bewaffnete Machtergreifung Veranstaltungsplakat durch die Massen (die Revolution) der Klasse die Macht geben wird und es keine des RA Alternative zur Revolutionären Gewalt - wie bspw. Das Parlament gibt." (Fehler im Original, Facebook-Seite des RA, 17.01.2017). Die Gruppierung zählt zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens, weil sie zu Gewalt aufruft. In einem Mobilisierungsvideo zu den linksextremistischen Protesten zum 1. Mai 2016 treten beispielsweise vermummte Personen in martialischer Form auf und zünden u.a. Pyrotechnik. Eine Aktivistin zielt mit einer täuschend echt aussehenden Waffe in die Kamera. Der RA organisierte eine Feier zum 200. Geburtstag von Karl Marx am 30. Juni 2018 im "Sielwallhaus", welches der linksextremistischen Szene als Veranstaltungsort dient. Die Feier fand unter Beteiligung von Aktivisten aus dem Ausland statt, u.a. aus Symbol des Schweden. Zu der Feier wurde u.a. mit Plakaten und Graffiti eingeladen, auf denen Kommunismus das Konterfei von Karl Marx, die kommunistische Parole "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" in unterschiedlichen Sprachen und das Symbol des Kommunismus "Hammer und Sichel" zu sehen ist. Die beiden Werkzeuge stehen für die Einheit von Arbeiter-(Hammer) und Bauernklasse (Sichel). Der RA verwendet das Symbol in Plakaten, Graffiti oder Videos, um seine politischen Ziele und ideologischen Hintergrund zu untermauern. 51 "Rote Hilfe" Der 1975 gegründete Verein "Rote Hilfe e.V." (RH) unterhält bundesweit etwa 50 Ortsgruppen, eine davon in Bremen. Der Verein hat seinen Sitz in Göttingen, ebenfalls dort befindet sich auch das Archiv der RH ("Hans-Litten-Archiv e.V."). Das Sprachrohr der RH ist die quartalsweise herausgegebene Zeitung "Die Rote Hilfe". Die RH, die sich als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation" beschreibt, ist ausschließlich im Bereich der "Antirepressionsarbeit" tätig. Der Verein unterstützt "linke" Strafund Gewalttäter sowohl in politischer als auch in finanzieller Hinsicht, z.B. gewährt er Rechtshilfe, vermittelt Anwälte oder übernimmt in Teilen Anwalts-, Prozesskosten und Geldstrafen bei entsprechenden Straftaten. Darüber hinaus betreut der Verein rechtskräftig verurteilte Straftäter während ihrer Haft mit dem Ziel ihrer dauerhaften Bindung an die linksextremistische Szene. Die dabei entstehenden Kosten werden aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Auch das Oberverwaltungsgericht Bremen kommt in seiner Entscheidung vom 23. Januar 2018 zu dem Schluss, dass es sich bei der RH nicht um "eine Art 'linke Rechtsschutzversicherung' [handelt]. Ein solches Verständnis (...) widerspräche auch dem eigenen Selbstverständnis" (Beschluss des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen OVG: 1 B 238/17). Die Strafverfolgung von Linksextremisten sieht der Verein als "politische Verfolgung" an und unterstellt der Justiz und dem Staat die willkürliche Unterdrückung von Kritikern und Oppositionellen. So erklärte die RH beispielsweise anlässlich der Verurteilung von drei Mitgliedern der linksextremistischen Gruppierung "militante gruppe" (mg), die 2009 mehrere Brandanschläge auf Behörden verübte, zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung: "Die RH erklärt sich solidarisch mit den Verurteilten und fordert '(...) die sofortige Einstellung aller Verfahren (...) Weg mit dem Gummiparagrafen 129, 129a und 129b! Freiheit für alle politischen Gefangenen!'" (Bundesministerium des Innern: Verfassungsschutzbericht 2009, S. 191, zitiert von Internetseite "scharf-unten", 3. Dezember 2009). Wenngleich die RH selbst nicht gewalttätig agiert, gehört sie aufgrund ihrer gewaltunterstützenden und gewaltbefürwortenden Einstellung zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene. Ihre Einstellung zu Gewalt wird deutlich in der Solidarisierung mit der linksextremistischen terroristischen Vereinigung "Rote Armee Fraktion" (RAF). Unter der Überschrift "danach war alles anders ..." heißt es in einem 2013 in der Zeitung "Die Rote Hilfe" erschienenen Artikel: "die rote armee fraktion war ein wichtiges und notwendiges projekt auf dem weg zur befreiung, ein projekt, in dem unschätzbare erfahrungen über den kampf in der illegalität gesammelt wurden: die raf hat bewiesen, dass der bewaffnete kampf hier möglich ist. dieses projekt, das konzept stadtguerilla ist gescheitert, raf und widerstand sind hier nicht durchgekommen. die gründe dafür sind bekannt und müssen für zukünftige bewaffnete projekte berücksichtigt und einbezogen werden. und ein projekt wird folgen ... muss folgen - in welcher form auch immer. nicht als kopie oder reproduktion der raf, das wäre fatal, politisch wie historisch falsch. aber als integraler bestandteil einer neu zu schaffenden sozialrevolutiönären, emazipatorischen organisation oder partei, denn 'die waffe der kritik kann allerdings die kritik der waffen nicht ersetzen. die materielle gewalt muß gestürzt werden durch materielle gewalt'" (Fehler im Original, "Die Rote Hilfe" 2/2013, S. 35-40). Ihre das staatliche Gewaltmonopol ablehnende Haltung kam zuletzt im Rahmen der Proteste gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg deutlich zum Ausdruck. In einem dazu veröffentlichten Artikel bewertet der Verfasser die heftigen gewalttätigen Ausschreitungen insgesamt positiv, die sich Linksextremisten über mehrere Tage mit der Polizei lieferten, und kritisiert zugleich diejenigen, die sich davon distanzierten: "Zu den Auseinandersetzungen nur soviel: Einige demolierte Straßenzüge sind ein 52 umgefallener Sack Reis im Vergleich zur unerträglichen täglichen Gewalt der G20Staaten. Es ist sicher nicht unsere Aufgabe, uns empört in Distanzierungen zu verstricken, wo es doch eigentlich darum gehen muss, nach den Ursachen der Gewalt zu fragen und die Organisierung des Widerstands voranzubringen. Ja, es war richtig, dass die Bullen am Eindringen in das Stadtviertel gehindert werden konnten. (Internetseite "indymedia.org": G20 - Event, Herausforderung, politische Arena, 07.08.2017). Mit seiner gewaltbefürwortenden Einstellung hat der Verein eine stabilisierende Funktion für die gewaltorientierte linksextremistische Szene, wenn er potenziellen linksextremistischen Gewaltund Straftätern vor Begehung von Taten politische und finanzielle Unterstützung verspricht. Dabei unterstützt er nur solche Taten, die er als "politisch" bewertet. Entschuldigungen oder Distanzierungen der Täter von linksextremistischen Gewaltdelikten im Verfahren führen regelmäßig zu einem Entzug ihrer Unterstützung, hier zwei Beispiele: "Abgelehnt haben wir einen Unterstützungsantrag in einem Verfahren wegen Brandstiftung an Autos. Der Antragsteller hat die Vorwürfe eingeräumt, die Sache bereut und einen politischen Zusammenhang abgestritten. Das unterstützen wir nicht." ("Die Rote Hilfe" 3/2011, S. 7). "Während der Proteste gegen die EZB-Eröffnung in Frankfurt am Main (Hessen) äußerte ein Genosse seine Kritik am kapitalistischen System angeblich, indem er eine bereits lädierte Scheibe eintrat und mit Steinen warf. Es folgte eine Strafanzeige und Gerichtsverhandlung wegen Sachbeschädigung und versuchter schwerer Körperverletzung. Dabei gab er an, dass er bereits im Polizeigewahrsam zu der Erkenntnis gekommen sei, die falsche Protestform gewählt zu haben. Wir werten diese Einlassung als Distanzierung und übernehmen keine Kosten." ("Die Rote Hilfe" 1/2017, S. 6). "Wagencrew Ölhafen" Unter dem Namen "Wagencrew Ölhafen" besetzte eine linksextremistisch beeinflusste Gruppierung, die nicht als gewaltorientiert gilt, im Jahr 2018 mehrere brachliegende Grundstücke in Bremen. Bislang räumte die "Wagencrew Ölhafen" jedoch alle Grundstücke innerhalb der jeweils von den Eigentümern gesetzten Fristen. Ziel der Gruppierung ist die Schaffung eines unkommerziellen Kulturprojektes für Künstler und Handwerker. Für die Errichtung eines ganzjährig bewohnbaren Wagenplatzes ist die Gruppierung seit April 2017 auf der Suche nach einer Fläche im Stadtgebiet. Die Aktivisten erklärten in einem Interview mit der "tageszeitung" am 11. Dezember 2017, dass sie keine Besetzung planten, sondern eine legitime Lösung beabsichtigen, aber entschlossen seien, für ihre Lebensform und die Realisierung ihres Projektes zu kämpfen. ("tageszeitung": Begehrte Bauwagen, 11.12.2017). In einem am 23. März 2018 veröffentlichten Konzept wird die von anarchistischen Ideologieelementen geprägte Weltanschauung der Gruppierung deutlich. Ihr Ziel ist die Schaffung eines Raumes "für die freie Entfaltung und Entwicklung radikaler Wohnund Lebensentwürfen. (...) Wir arbeiten auf Basis der Selbstverwaltung, unsere Grundlagen entsprechen den Vorstellungen einer antiautoritären, solidarischen Gesellschaftsordnung, wobei wir konfessionell, parteipolitisch und weltanSymbole des schaulich unabhängig sind." (Fehler im Original, Internetseite der "Wagencrew Anarchismus Ölhafen", 19.11.2018). Ihre Weltanschauung drückt die Gruppierung auch in Symbolen aus, die allesamt für die Ideologie des Anarchismus stehen. Die Gruppierung verwendet in ihrem Logo einen schwarzen Stern sowie auf ihrer Internetseite und auf Transparenten das "Anarchie-A" (A im Kreis) und das Symbol der "schwarzen Katze". An einer von der Gruppierung organisierten Demonstration am 25. März 2018 in der Bremer Innenstadt beteiligten sich rund 250 Personen. In einem Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration heißt es: "Lasst uns zusammen gegen die voranschreitende Gentrifizierung in dieser Stadt kämpfen. (...) Für mehr Wagenplätze in Bremen und überall!!! Für Kämpfe von unten!!! Solidarisch und vernetzt!!!" (Internetseite "indymedia.org", 07.11.2018). Darüber hinaus erklärte sich die "Wagencrew Ölhafen" mit den linksextremistischen Szeneobjekten "Erle 31" und "Sielwallhaus" solidarisch. Das 53 Szeneobjekt "Erle 31" wurde im März 2018 geschlossen, weil den Mietern gekündigt worden war. Das Szeneobjekt "Sielwallhaus" war wegen Ruhestörung und Geruchsbelästigung von einer Anwohnerinitiative angezeigt worden. Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse bestehen für das LfV tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass es sich bei der Gruppierung um eine linksextremistische Bestrebung handeln könnte. 5.3 Aktivitäten gewaltorientierter Linksextremisten Im Jahr 2018 gab es mehrere thematische Schwerpunkte der linksextremistischen Szene in Deutschland, während im Vorjahr die Proteste gegen den G20-Gipfel und deren Vorbereitung sämtliche andere Aktivitäten der gewaltorientierten linksextremistischen Szene überlagert hatten. Neben dem für Linksextremisten zentralen Aktionsund Themenfeld "Antifaschismus" stand das Thema "Klimaschutz" im Fokus der Agitation. Die politische Diskussion über eine "Energiewende" und die geplante Stilllegung von Kohlekraftwerken nahmen sie zum Anlass, ihre politischen Ziele zu verbreiten und ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu vergrößern. Die Militäroffensive der Türkei in einer überwiegend von Kurden bewohnten Provinz in Syrien versuchten gewaltorientierte Linksextremisten, im Rahmen des Aktionsund Themenfeldes "Antimilitarismus" für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung macht den fortwährenden Anspruch der linksextremistischen Szene deutlich, ihre Weltanschauung zu aktuellen politischen Themen zu propagieren. Hohe Gewaltbereitschaft von Linksextremisten Im Jahr 2018 gab es fünf Brandstiftungen an Fahrzeugen und Gebäuden und eine versuchte Brandstiftung. Im Vorjahr sind acht Brandstiftungen an Fahrzeugen, Gleisanlagen und Gebäuden verübt worden, davon sechs Taten im Zusammenhang mit der "militanten Begleitkampagne" zum G20-Gipfel in Hamburg. Wenngleich die Brandstiftung als Form linksextremistischer "Militanz" seit jeher ein gängiger Modus Operandi ist, kann die Anzahl der Taten als Indiz für eine gesteigerte Gewaltbereitschaft der linksextremistischen Szene Bremens gewertet werden. Einen Brandsatz zu zünden, erfordert ein weitaus höheres Maß an Gewaltbereitschaft und krimineller Energie, als Gegenstände auf andere Weise zu beschädigen. Das Risiko, Unbeteiligte zu gefährden, ist bei einer Brandstiftung ebenfalls höher als bei anderen Arten der Sachbeschädigung. Das hohe Risiko der Gefährdung Unbeteiligter nahmen Täter zuletzt bei einem Brandanschlag auf einen Lastwagen im Dezember 2017 in Bremen in Kauf, bei dem ein Unbeteiligter nur knapp mit seinem Leben davonkam. Unbekannte hatten einen Lastwagen angezündet, der auf einem Firmengelände in Bremen-Industriehäfen parkte. Im Führerhaus des daneben parkenden Lastwagens schlief währenddessen der Fahrer. Er wachte nur durch Zufall auf und konnte den Lastwagen gerade noch rechtzeitig aus der Gefahrenzone fahren, bevor das Feuer auf seinen Lastwagen übergriff. In einer zu dieser Tat veröffentlichten Stellungnahme wird deutlich, dass Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene selbst schwere Gewalttaten gegen "politische Gegner" für sich legitimieren und dabei nicht nur deren Tod, sondern auch den Tod von Unbeteiligten in Kauf nehmen. Die Täter räumen ein, einen Unbeteiligten in Gefahr gebracht zu haben, und möchten zukünftige Brandstifter vor diesem "Fehler" bewahren: "Mit diesem Schreiben wollen wir dazu beitragen, dass andere unseren 54 Fehler nicht wiederholen. Wir möchten nicht, dass andere Militante dieselbe Erfahrung machen müssen. Es darf nicht passieren, dass Unbeteiligte zu Schaden kommen. (...) Penible Sicherheitsvorkehrungen und eine sorgfältige Vorbereitung sind unabdingbar, wenn Fahrzeuge, insbesondere große Lastwagen, oder Gebäude in Brand gesetzt werden." Nichtsdestotrotz sehen die Täter die Brandstiftung als "legitimen Widerstand" gegen vermeintliche Rechtsextremisten: "Unsere Aktion reiht sich ein in einen vielfältigen und legitimen Widerstand gegen Nazis und Rassisten. Sie ist keine Besonderheit. Immer wieder werden Fahrzeuge von Nazis und Rechtspopulisten angegriffen. Unterstützer der AfD müssen mit Konsequenzen rechnen. Der abgebrannte LKW auf dem Gelände der Firma Thielen ist eine von vielen direkten Antworten auf den Aufschwung des Rechtspopulismus und der BRD. (...) Die Ausführung der Aktion war nicht fahrlässig. Es wurde auf viele Details geachtet. Trotzdem hätte sie beinahe das Leben eines Unbeteiligten gekostet." (Internetseite "endofroad. blogsport": Eine bittere Lektion über Feuer und Militanz, 18.03.2018). 5.3.1 Proteste gegen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten Im Mittelpunkt der "Antifaschismusarbeit" stehen Proteste gegen Strukturen und Veranstaltungen von (vermeintlichen) Rechtsextremisten. Im Rahmen von Demonstrationen und Veranstaltungen kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksextremisten und Rechtsextremisten. Hauptangriffsziel der gewaltorientierten linksextremistischen Szene war wie im Vorjahr die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). "Antifaschismus" Aufruf zu Protesten gegen den AfD-Parteitag in Hannover Im Bereich der "Antifaschismusarbeit" ist neben linksextremistischen Organisationen im Dezember 2018 und Gruppen auch eine Vielzahl unterschiedlicher demokratischer Akteure tätig. Mit dem Ziel der Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geht das Antifaschismusverständnis von Linksextremisten jedoch weit über das von Demokraten hinaus. Für Linksextremisten stellt die Bekämpfung von rechtsextremistischen Strukturen und Personen nur ein vordergründiges Ziel dar, ihre tatsächliche Stoßrichtung ist das "bürgerliche und kapitalistische System" und die angeblich ihm zugrunde liegenden faschistischen Wurzeln. Zur Vergrößerung ihres politischen Einflusses und zur Gewinnung neuer Anhänger ist das Bemühen um Bündnisse mit nichtextremistischen Gruppen ein entscheidendes Instrument autonomer "Antifaschismusarbeit". Proteste gegen "rechte" Kundgebungen und Aktivitäten In Bremen fanden im Jahr 2018 mehrere größere Demonstrationen und Protestaktionen gegen asylfeindliche Kundgebungen sowie gegen Aktivitäten und Strukturen von (vermeintlichen) Rechtsextremisten statt. Die asylfeindlichen Kundgebungen unter dem Motto "Kandel ist überall" und "Montagsspaziergang: Merkel muss weg" im März und April 2018 in der Bremer Innenstadt waren stets von Demonstrationen 55 begleitet, an denen sowohl Nichtextremisten als auch Linksextremisten teilnahmen (siehe Kapitel 3.2). Auch an der Organisation der Proteste beteiligten sich mit der "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) Linksextremisten. Zur Teilnahme an den Gegenprotesten rief außer der BA auch die linksextremistische Gruppierung "InterventionisAufkleber der linksextremistische Linke" (IL) auf. tischen Szene Im Zuge einer Demonstration am 27. März 2018, an der bis zu 80 Personen teilnahmen, versuchten etwa 25 Gegendemonstranten, den asylfeindlichen Demonstranten Schilder und Banner zu entreißen. Gegen eine zweite Kundgebung am 3. April 2018 protestierten über 100 Personen in der Bremer Innenstadt, während sich an der Demonstration gegen die dritte Kundgebung am 10. April 2018 über 200 Personen beteiligten. Nach Beendigung letzterer Kundgebung behinderten Gegendemonstranten ihre "politischen Gegner" an deren Abfahrt vom Veranstaltungsort. "Antifaschistische" Demonstrationen in Bremen-Nord An einer Demonstration gegen "rechte" Aktivitäten beteiligten sich rund 400 Personen am 10. Februar 2018 in Bremen-Vegesack. Unter dem Motto "Kein Angriff bleibt unbeantwortet!" hatte die linksextremistische Gruppierung "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) die friedlich verlaufende Demonstration unter anderem als Reaktion auf das Aufkleber der linksextremisvermehrte Auftreten von "rechten" Aufklebern und Schmierereien im Stadtgebiet tischen Szene organisiert. So heißt es in ihrem Aufruf: "Ob es brutale und offen rassistische Angriffe auf Geflüchtete, in Autos geritzte Hakenkreuze, rechte Schmierereien am U-BootBunker "Valentin" oder rechtsradikale Sticker sind. In Bremen-Nord gehören solche Aktionen mittlerweile zur Tagesordnung. Diese Entwicklung gilt es zu bekämpfen!" (Fehler im Original, Facebook-Seite der BA, 24.01.2018). Neben der BA mobilisierten die "Interventionistische Linke" (IL) und der "Revolutionäre Aufbau BRD" (RA) zur Teilnahme an der Demonstration und organisierten Informationsveranstaltungen im Vorfeld. Ihre den demokratischen Rechtsstaat ablehnende Grundhaltung verdeutlichte die BA im Rahmen der Demonstration in ihrem Redebeitrag. Mit ihrer Forderung nach Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geht ihr Verständnis von "Antifaschismus" weit über das von Demokraten hinaus: "Dies bedeutet, dass wir uns - inhaltlich und praktisch - nicht nur gegen Nazis richten dürfen. Antifaschismus heißt, dass wir die Grundlage ihres Denkens und Handelns, die patriarchal-kapitalistische Gesellschaft, angreifen müssen. Dieser ganze Laden gehört abgeschafft! (...) Da diese Gesellschaft aber nicht vom Himmel gefallen, sondern von Menschen gemacht ist, lässt sie sich auch wieder abschaffen. Eine erfolgreiche langfristige Bekämpfung der Nazis kann nur die Bekämpfung ihrer Ursachen und damit auch der gesamten Verhältnisse in denen wir leben sein. Deswegen wollen wir für eine andere Gesellschaft kämpfen, hierfür müssen wir uns organisieren, denn Solidarität ist stärker als Vaterlandsliebe! Es bleibt dabei: Gegen die Nation und ihre Fans - in Bremen Nord und überall!" (Fehler im Original, Internetseite der BA, 20.02.2018). Seine kommunistische und insbesondere antiimperialistische Weltanschauung hebt der RA in seinem Redebeitrag hervor: "Darum ist es die Pflicht eines jeden Revolutionärs und Antifaschisten die faschistische Tendenz zu erkennen, zu denunzieren und zu bekämpfen. Dafür sind wir heute hier. Doch um diesen Kampf richtig zu führen braucht das Proletariat in diesem Land seine organisierte Vorhut, die kommunistische Partei. Eine Partei die den Notwendigkeiten dieses Kampfes gerecht wird und in der 56 Lage ist der Bestie des deutschen Imperialismus und all seinen Helfern und Verteidigern ein für alle Mal den Gar aus zu machen. Den Versuchen der Herrschenden uns auf Grund unserer Herkunft, unserer Religion oder Ähnlichem zu spalten müssen wir unsere Solidarität entgegensetzen. Ihrem imperialistischen Chauvinismus müssen wir den proletarischen Internationalismus entgegensetzen." (Fehler im Original, Internetseite des RA, 14.02.2018). An einer weiteren, ebenfalls von der BA angemeldeten Demonstration am 16. Juni Aufruf zur Teilnahme an 2018 in Bremen-Farge nahmen etwa 250 Personen teil. Erneut beteiligten sich Demonstration in Bremensämtliche Gruppierungen der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens Farge im Juni 2018 an der Demonstration und warben im Vorfeld um ihre Teilnahme. "Antifa in die Offensive! - Keine Homezone den Faschos" lautete beispielsweise das Motto des Aufrufs der BA. "Antikapitalismus" "Antikapitalismus" ist die Basis der linksextremistischen Ideologie. Strukturen und Eigentumsverhältnisse des "Kapitalismus" sind nicht nur Grundlagen für Armut, Hunger und soziale Ungerechtigkeit, sondern darüber hinaus für "Faschismus", "Repression", Migrationsströme, ökologische Katastrophen, "Imperialismus" und Krieg. Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA) Die 2016 ausgerufene Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative" (NIKA) richtet sich vornehmlich gegen die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD). Viele Linksextremisten halten die Partei für einen Wegbereiter in einen neuen Faschismus, weshalb sie die AfD bekämpfen. Das über die Bekämpfung der AfD hinausgehende Ziel der beteiligten Gruppierungen, allen voran des kommunistischen "...umsGanze!"-Bündnisses, liegt in der Diskreditierung und der revolutionären Überwindung des demokratischen Rechtsstaates. Die NIKA-Kampagne ist eine so genannte "Mitmachkampagne", die den ideologischen Hintergrund, das "Corporate Design" oder das "Label" vorgibt und auf die bundesweite Beteiligung von Gruppierungen mit eigenen Aktionen Flyer zur Kampagne setzt. In Bremen wird die Kampagne maßgeblich von den beiden im "...umsGanze!"Bündnis organisierten linksextremistischen Gruppierungen BA und AGB getragen. In den vergangenen Jahren war es bundesweit zu Protesten gegen die Partei sowie zu Sachbeschädigungen an Einrichtungen der Partei und zu gezielten Angriffen auf AfD-Mitglieder gekommen. Zu einer Demonstration unter dem Motto "Bremerhaven bleibt bunt! Wir sind mehr" am 10. November 2018 in Bremerhaven, an der sich über 1.000 Personen überwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum beteiligten, mobilisierte auch die BA im Rahmen der NIKA-Kampagne zur Teilnahme. Ihr Aufruf richtete sich vor allem gegen die Partei "Die Rechte", die im August 2018 einen Landesverband in Bremerhaven gegründet hatte: "Das Ziel ist klar, sie forcieren eine Politik der Straße und so kam es auch in Bremerhaven bereits zu Einschüchterungen und Bedrohungen von Menschen, die nicht in das Weltbild der Rechten passen (Migrante_innen, Linke, FILT*Personen, etc.). In diesem Klima der Angst versuchen die Rechten ihre Chance zu nutzen um öffentliche Räume für sich zu reklamieren oder gesamte Stadtteilen zu national befreiten Zonen zu machen (...)" (Fehler im Original, Facebook-Seite der BA, 02.11.2018). Im Hinblick auf die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft im Mai 2019 ist im Rahmen dieser Kampagne mit vielfältigen Protestaktionen gegen Wahlkampfveranstaltungen der AfD zu rechnen. Gewaltsame Übergriffe von Linksextremisten gegenüber Rechtsextremisten In den vergangenen Jahren verübten gewaltorientierte Linksextremisten mehrere "militante Aktionen" auf (vermeintliche) Rechtsextremisten in Bremen, so wurden beispielsweise im Januar 2018 zwei Fahrzeuge von Rechtsextremisten durch Brandstiftung und Sachbeschädigung beschädigt. Im Jahr 2016 hatten Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene Bremens einzelne Rechtsextremisten 57 gezielt körperlich angegriffen. Mit gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksextremisten und Rechtsextremisten ist in Bremen regelmäßig insbesondere im Zuge von Fußballspielen zu rechnen, wo sich eine rechtsextremistisch beeinflusste Hooligan-Szene und "linke" Fußballfans der Ultra-Szene sowie gewaltorientierte Linksextremisten gegenüberstehen. Linksextremistische "Recherchearbeit" Die "Aufklärungsoder Recherchearbeit" gehört zu den zentralen Aktivitäten der autonomen Szene in Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Szene. In diesem Zusammenhang werden Beobachtungen und Informationen über Einzelpersonen, Gruppierungen und Strukturen der "rechten" Szene wie etwa Szeneläden gesammelt. Die Informationen zu Einzelpersonen werden meist in Steckbriefen Flyer der "Antifa" zusammengefasst und im Rahmen so genannter "Outing-Aktionen" in der Nachbarschaft der Betroffenen und im Internet veröffentlicht. In den Steckbriefen werden neben persönlichen Daten, wie z.B. Anschrift, Geburtsdatum oder Beruf, auch weitere Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen bekanntgemacht. Ziel dieser Aktionen ist es, vermeintliche Rechtsextremisten aus der Anonymität zu holen und ihre politischen Aktivitäten öffentlich zu machen, wobei dies eine Gefahr für die Betroffenen darstellt und insbesondere ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Solche "Outing-Aktionen" richteten sich Ende 2017/Anfang 2018 gegen (vermeintliche) Aktivisten der "Identitären Bewegung Bremen". 5.3.2 "Klimaproteste" - Kampagne "Ende Gelände" Ein Schwerpunktthema der linksextremistischen Szene in Deutschland im Jahr 2018 war der Klimaschutz. In der politischen Diskussion geht es seit mehreren Jahren um die globalen Auswirkungen des Klimawandels, eine Energiewende und die inzwiENDE Gelande! HAMBI BLEIBT! ONE STRUGGLE - ONE FIGHT! schen beschlossene Stilllegung von Kohlekraftwerken. Zum Symbol des Klimaschutzes sind im Verlaufe des Jahres 2018 die Proteste gegen die Rodung des Hambacher Forsts in Nordrhein-Westfalen durch den Energieversorger RWE geworden. Das Unternehmen will den Wald für den weiteren Abbau von Braunkohle roden. Linksextremisten brachten sich in die politische Diskussion mit dem Ziel ein, sowohl ihre extremistische Weltanschauung und ihre politischen Ziele zu verbreiten als auch ihre gesellschaftliche Akzeptanz zu vergrößern. Sie erreichten die Zusammenführung von 25.-29.10.2018 linksextremistischen und nichtextremistischen Aktivisten in Bündnissen, Initiativen Am Hambacher forst bei Köln und Kampagnen, wie in der Kampagne "Ende Gelände" (EG). At the Hambach Forest near cologne Kohle Stoppen. Klima Schützen Die 2014 initiierte linksextremistisch beeinflusste Kampagne organisiert Protestakwww.ende-gelaende.org tionen gegen den Braunkohleabbau. Die Kampagne wird sowohl von Gruppierungen Aufruf zu Protesten und Einzelpersonen des demokratischen Spektrums als auch des linksextremistiim Hambacher Forst im schen Spektrums unterstützt. Die bundesweit agierende linksextremistische GruppieOktober 2018 rung "Interventionistische Linke" (IL) ist maßgeblich in die Aktivitäten involviert. Die bisher größte Protestaktion im Rahmen der Kampagne fand vom 25. bis zum 29. Oktober 2018 statt. An einer "Massenaktion zivilen Ungehorsams" nahmen etwa 5.000 Personen aus dem Inund Ausland teil. Ein Teil der Demonstranten blockierte über mehrere Stunden die Gleise der Betriebsbahn von RWE und kurzweilig auch eine Autobahn. Die im Rahmen der Kampagne etablierte Protestform der "Klimacamps" trägt maßgeblich zu ihrem Mobilisierungserfolg bei. 58 In Bremen organisierte die Ortsgruppe der IL im Vorfeld der Protestaktion mehrere Informationsund Vorbereitungsveranstaltungen sowie die Fahrt in das Rheinische Braunkohlerevier. Darüber hinaus veranstaltete die Bremer Ortsgruppe am 19. Oktober 2018 ein Aktionstraining unter der Überschrift "Wie werden denn nun Bagger blockiert", bei dem Interessierte "Aktionsformen des zivilen Ungehorsams wie Blockaden und den Umgang mit Polizeigewalt" trainierten (Facebook-Seite der IL, 16.10.2018). Während der Protestaktion veröffentlichte die Bremer Ortsgruppe regelmäßig Bilder u.a. von der Blockade der Gleise sowie ihrer Demonstrationsgruppe, dem "pinken Finger". Die Aufteilung von Demonstranten in einzelne Gruppen, so genannte "Finger", hat zum Ziel, die Bündelung von Polizeikräften zu vermeiden und Polizeiketten leichter zu umgehen. Die IL organisierte die Proteste während des G20-Gipfels 2017 zuletzt entsprechend der "Fünf-Finger-Taktik". Mit der medialen Inszenierung von Protestaktionen beabsichtigt die linksextremistische Szene, die Deutungshoheit bei der öffentlichen Darstellung der Geschehnisse zu erlangen. Weitere Plakate zum "Militante Aktionen" Aufruf zu Protesten im Hambacher Forst In Bremen gab es im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Räumung des Hambacher Forsts zwei "militante Aktionen". In der Nacht zum 26. September 2018, in der Räumungsmaßnahmen erfolgten, wurde ein Fahrzeug auf dem Firmengelände von EWE in Brand gesetzt. Obgleich kein Selbstbezichtigungsschreiben zu der Tat veröffentlicht wurde, ist aufgrund des Angriffsziels und des Tatzeitpunktes von einer politisch motivierten Straftat auszugehen. Die Täter halten ihre Tat vermutlich für selbsterklärend. Den Versuch einer Brandstiftung unternahmen Unbekannte am 6. Oktober 2018 an zwei Baufahrzeugen. Die Baufahrzeuge gehörten einem Unternehmen, das der Polizei zur Räumung des Hambacher Forstes Baumaschinen, wie z.B. Hebebühnen, zur Verfügung stellte. Im Vorfeld der Tat war auf einschlägigen Internetseiten zu Aktionen gegen das Unternehmen aufgerufen worden. Zu dieser Tat wurde ebenso wenig ein Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlicht. Kommunikation Das Internet ist das wichtigste Kommunikationsmittel der linksextremistischen Szene. Es dient ihr sowohl als Kommunikationsplattform als auch als Medium zur Verbreitung von Propaganda. Die 2017 vom Bundesinnenministerium verbotene Internetplattform "linksunten. indymedia" nahm eine zentrale Bedeutung für das gesamte "linke" Spektrum ein. Sie betrieb einen "offenen Journalismus", d.h., jeder Internetnutzer konnte dort ohne redaktionelle Vorgaben und unter Nutzung eines Pseudonyms Beiträge veröffentlichen, die andere Internetnutzer wiederum anonym kommentieren und ergänzen konnten. Die Beiträge reichten von Berichten zum Verlauf von Kundgebungen über Analysen zu tagespolitischen Entwicklungen bis hin zu Taterklärungen und Selbstbezichtigungsschreiben sowie Informationsoder Diffamierungskampagnen gegen politische Gegner. Die Internetseite "de.indymedia.org" könnte das verbotene Internetportal in Zukunft ersetzen. In Bremen gibt es seit 2009 die Internetplattform "end of road". Die Betreiber erklärten, dass es sich um ein "antikapitalistisches Projekt" handele und sie "nur Dinge veröffentlichen, die dem Sinne des Projektes entsprechen und eine antifaschistische, autonome und antinationale Grundhaltung haben" (Internetseite "end of road", 06.09.2009). Die veröffentlichten Artikel, Aktionsberichte, Demonstrationsaufrufe und Terminankündigungen spiegeln ein breites Themenspektrum wider. Die Nutzer können die eingestellten Artikel kommentieren und sind darüber hinaus zum Einsen59 den von Berichten und Terminankündigungen aufgefordert. Die veröffentlichten Beiträge stammen jedoch auch aus anderen Medien. Ein zentrales Publikationsorgan ist die in Berlin herausgegebene Szene-Zeitschrift "Interim", die als eine von wenigen autonomen Schriften bundesweite Bedeutung genießt. Die Szene-Zeitschrift dient vor allem dem gewaltbereiten autonomen Spektrum zur Information und Diskussion. In der "Interim" finden sich Beiträge zu Titelbild der "Interim" aktuellen Themen, aber auch Rechtfertigungen zur Gewaltanwendung sowie Auffor2018 derungen und Anleitungen zu Gewalttaten. Um Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren, gibt es keine feste Redaktion, auch wird kein Impressum abgedruckt. 5.3.3 Proteste gegen "staatliche Repression" "Antirepression" stellt seit jeher einen Aktionsschwerpunkt der gewaltorientierten linksextremistischen Szene dar. Ihre individuelle, soziale oder politische Entfaltung sehen gewaltorientierte Linksextremisten durch den Staat und seine "Machtund Repressionsstrukturen" unterbunden, vor allem durch Sicherheitsgesetze, polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen oder technische Entwicklungen und digitale Vernetzung. Unter Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols bekämpfen sie "staatliche Repression". Die Polizei als Handlanger des "kapitalistischen Systems" stellt ein Angriffsziel für gewaltorientierte Linksextremisten dar. Polizisten werden nicht als Menschen betrachtet, sondern als personifizierte Hassobjekte. Vor diesem Hintergrund gelten Angriffe auf sie als legitim. Die Hemmschwelle, Polizisten zu verletzen, ist in den letzten Jahren deutlich gesunken. Das Ausmaß der Gewalt gegen Polizisten wurde insbesondere während des G20-Gipfels 2017 in Hamburg deutlich. Mit den Folgen der Proteste gegen den G20-Gipfel 2017 war die gewaltorientierte linksextremistische Szene auch im Verlauf des Jahres 2018 beschäftigt, so wurden bundesweit Strafverfahren gegen Demonstranten geführt. Im Rahmen von Demonstrationen oder Selbstbezichtigungserklärungen zu "militanten Aktionen" bekundeten Angehörige der gewaltorientierten linksextremistischen Szene vielfach ihre Solidarität mit den Inhaftierten oder forderten deren Freilassung. Darüber hinaus bemühte sich die Szene darum, ihre Sicht der Ereignisse in die öffentliche Diskussion über die gewaltsamen Ausschreitungen während des Gipfels einzubringen. Sie betonte den ihrer Meinung nach unverhältnismäßigen Polizeieinsatz als auch die ihrer Meinung nach unverhältnismäßige Niederschlagung von legitimem Protest durch Polizeigewalt und rechtfertigte damit den "militanten Widerstand" als notwendige Konsequenz. "Militante Aktionen" In diesem Zusammenhang verübten Unbekannte am 29. Januar 2018 in Bremen einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug der "Deutschen Polizeigewerkschaft". Ihre Zielauswahl begründen die Täter in dem dazu veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben: "Die Polizeigewerkschaften etablieren sich zusehends als wichtiges 60 Element der inneren Aufrüstung. (...) Dies wird auch im Kontext des G20 und ihrem wehleidigen Gejammer über Ausschreitungen deutlich. (...) Wir verspüren Freude wenn wir hören das die Menschen in dieser Gesellschaft sich zur wehr setzen. Das die Bullen in der Silvesternacht massiv mit Raketen beschossen wurden. (...) Solidarisch aggressive grüße gehen raus an alle Menschen die in den Knästen sitzen. Sowie an diejenigen, die Nachts staatliche, autoritäre und rechte Strukturen angreifen Aufkleber der linksund sichtbar machen. (...) United we stand!" (Fehler im Original, Internetseite "indyextremistischen Szene media.org", 29.01.2018). Die Tat ist eine Solidaritätsbekundung mit der von der linksextremistischen Gruppierung "Rote Hilfe" (RH) ausgerufenen Spendenkampagne zum G20-Gipfel, da das Selbstbezichtigungsschreiben mit der Parole "United we stand!" endet. Die RH hatte zum G20-Gipfel 2017 in Hamburg die Spendenkampagne "United We Stand!" ausgerufen, um die von "staatlicher Repression" Betroffenen zu unterstützen (siehe Kapitel 5.2). Einen weiteren Brandanschlag im Begründungszusammenhang "Antirepression" verübten Unbekannte in der Nacht zum 12. Juni 2018 auf eine Mautsäule an einer Bundesstraße in Bremen. In einem am selben Tag veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben rechtfertigen die Verfasser die Tat mit ihrer Befürchtung, dass die von der Mautsäule erfassten Daten demnächst von Sicherheitsbehörden systematisch genutzt werden: "Niemand bekommt Zugriff auf diese Daten, auch die Ermittlungsbehörden nicht. Was bedeutet so eine Aussage? Wenn wir die aufgeheizte repressive Stimmung und die Tatsache berücksichtigen, dass mit dem neuen bayrischen Polizeigesetz eine Intensivierung der polizeilichen Befugnisse umgesetzt wurde, die ans absurde grenzt, dann ist auch die Umsetzung der automatisierten Kennzeichenerfassung und Weiterleitung der Daten an die Repressionsbehörden ein logischer Schritt. Die Frage ist eher wann dieser Schritt gegangen wird (...). Das Ziel der Täter ist es, "den Ausbau der Überwachung und die Verfeinerung ihrer Methoden zu sabotieren (...), noch bestehende Freiheiten zu verteidigen und die Fähigkeit sich unkontrolliert zu bewegen zu erhalten." Das Selbstbezichtigungsschreiben endet mit den Worten: "Wir grüßen alle die im Zuge der Internationalen Fahndung im Zuge des G20 Gipfels von Repression betroffen sind!" (Fehler im Original, Internetseite "chronik.blackblogs. org", 21.06.2018). Kampf um Freiräume Weiterer Schwerpunkt der "Antirepressionsarbeit" ist die Schaffung und Erhaltung von "autonomen Freiräumen", wozu in erster Linie besetzte Häuser oder selbst verwaltete Projekte zählen. Kritisiert wird unter dem Stichwort "Gentrifizierung" der Verdrängungseffekt infolge städtebaulicher Umstrukturierungsmaßnahmen, d.h., weniger wohlhabende Personen werden aufgrund steigender Mieten infolge von Sanierungsmaßnahmen aus bestimmten Stadtteilen verdrängt. Da das Thema für viele Bürger in Städten und Ballungsräumen von Bedeutung ist, bemühte sich die gewaltorientierte linksextremistische Szene in den letzten Jahren bundesweit, mit ihren Aktionen breite Teile der Gesellschaft anzusprechen. In Bremen war das Thema der Erhaltung und Schaffung von "autonomen Freiräumen" in den vergangenen Jahren wiederholt ein Schwerpunkt von gewaltorientierten Linksextremisten, zuletzt im Zusammenhang mit dem "Alten Sportamt". Dieser Veranstaltungsort der "linken" Szene, der sowohl von Nichtextremisten als auch von gewaltorientierten Linksextremisten genutzt wird, galt von 2015 bis 2017 als besetzt. 5.3.4 Proteste gegen deutsche Rüstungsexporte Die Militäroffensive der Türkei im Norden Syriens gegen die von mehrheitlich Kurden bewohnte Provinz Afrin und das autonome Kurdengebiet Rojava war im Jahr 2018 bundesweit ein Schwerpunkt der Agitation von gewaltorientierten Linksextremisten. Der Rüstungsexporte in die Türkei wegen standen die Bundesregierung und deut61 sche Rüstungsindustrie in der öffentlichen Kritik. Bundesweit gab es Demonstrationen und "militante Anschläge". Die linksextremistische Szene bemüht sich in diesem Agitationsfeld um den Ausbau bestehender Verbindungen zum kurdischen Spektrum in Deutschland. In diesem Rahmen geht es Gruppierungen wie der linksextremistischen Gruppierung "Interventionistische Linke" (IL) vor allem darum, Personen zu radikalisieren, neue Anhänger zu gewinnen sowie ihre linksextremistischen Positionen in die politische Diskussion einzubringen. Deutsche Linksextremisten erklären seit Jahrzehnten ihre Solidarität mit den kurdischen Autonomiebestrebungen sowie der kurdischen Terrororganisation "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) angesichts ursprünglicher ideologischer Gemeinsamkeiten. Der Konflikt zwischen dem türkischen Staat und der PKK umfasst sowohl eine politische als auch militärische Ebene, seit Jahrzehnten gibt es immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen dem türkischen Militär und der kurdischen Organisation. Gewaltorientierte Linksextremisten verübten in diesem Zusammenhang bundesweit eine Vielzahl an "militanten Aktionen". In Bremen begingen Unbekannte am 21. Februar 2018 einen Brandanschlag auf das Unternehmen "OHB Systems". In dem veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben erklären die Verfasser ihre Solidarität mit dem "revolutionären Projekt Rojava in Kurdistan": "Mit unserer Aktion stellen wir uns gegen den türkischen Angriffskrieg in Afrin. Wir rufen auf zur Sabotage der deutschen Rüstungsindustrie! (...) OHB ist eines der führenden Unternehmen für Raumfahrttechnik. Militärische Forschung und Produktion gehören zum Hauptgeschäft von OHB. Ein aktueller Großauftrag kommt vom deutschen Auslandsgeheimdienst BND. Für diesen baut OHB zur Zeit einen Spionage-Satelliten. (...)Feuer und Flamme der deutschen Rüstungsindustrie! (Internetseite "indymedia.org", 21.02.2018). Einen weiteren "militanten Anschlag" gab es am 8. Mai 2018, bei dem das Gebäude des Unternehmens "Rheinmetall Defence" mit Farbe verschmutzt und mehrere Fenster zerstört worden sind. In einem Selbstbezichtigungsschreiben rechtfertigen die Verfasser ihre Tat damit, dass das Unternehmen den Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in Syrien unterstützt, indem es Waffen an die Türkei verkauft: "Wir verstehen unseren Angriff als Racheakt. (...) Diese Deals, die dem Unternehmen Millionen einbringen, kosten vielen Menschen das Leben! (...) Gegen die Normalisierung der Militarisierung!" (Fehler im Original, Internetseite "indymedia.org", 08.05.2018). 62 6 Islamismus Seitenzahl 63 6.1 Islamismus 65 6.2 Islamistischer Terrorismus 65 6.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 66 6.2.2 "Islamischer Staat" (IS) 67 6.2.3 Anschläge durch islamistische Terrororganisationen und radikalisierte Einzeltäter 70 6.2.4 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 73 6.2.5 Internet und andere Medien 74 6.3 Salafistische Bestrebungen 77 6.3.1 Salafismus im Land Bremen 80 6.3.2 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) 81 6.4 "Hizb Allah" 63 6.1 Islamismus Islamismus bezeichnet eine politische Ideologie, die anstelle des demokratischen Rechtsstaates und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Gesellschaftsund Rechtsordnung vorsieht, welche auf einer islamistischen Interpretation der "Scharia" beruht. Das hier im Mittelpunkt stehende "Prinzip der Gottessouveränität" widerspricht dem "Prinzip der Volkssouveränität". In der Öffentlichkeit werden die Begriffe Islamismus und Islam häufig fälschlicherweise gleichbedeutend verwendet oder verwechselt. Die politische Ideologie des Islamismus ist jedoch deutlich von der Religion des Islam zu trennen. Während der Islam die Religion bezeichnet, bedient sich der Islamismus als extremistische Ideologie an Symbolen und Begriffen aus dem Islam, um seine extremistischen politischen Ziele religiös zu legitimieren und durchzusetzen. Kennzeichen islamistischer Bestrebungen . Islamisten folgen nicht nur ihrer religiös fundamentalistischen Überzeugung, Muslime . sondern sind darüber hinaus politisch motiviert. Das Ziel ist, unter Berufung auf die "Scharia" eine vom Islam vorgegebene Gesellschaftsordnung zu verwirklichen, die für alle Bürger unabhängig von ihrer Religion gilt und die die Regeln und Gesetze eines demokratischen Rechtsstaates . ersetzen soll. Islamisten fordern ein "islamisches" Staatswesen und lehnen die westliche Islamisten Zivilisation, ihre Werte und ihr Demokratieverständnis ab. Salafisten Jihadisten "Scharia" "Scharia" bedeutet wörtlich übersetzt "Weg zur Quelle" und bezeichnet die Gesamtheit aller islamischen Regeln und Riten, die im Koran und den gesammelten PropheRadikale Ansichten tentraditionen (Sunna) festgeschrieben sind. Diese Texte zu interpretieren und werden von einem Bruchteil daraus konkrete Handlungsempfehlungen und Gesetze abzuleiten, ist die Aufgabe der Muslime vertreten der islamischen Rechtsgelehrten. Diese Wissenschaft wird mit dem Begriff "Fiqh" beschrieben. Zur Rechtsfindung werden vier Quellen bzw. Methodiken zu Rate gezogen: der Koran, die Sunna, der Konsens der Gelehrten ("Ijma") und der Vergleich von früher zu heute ("Qiyas"). Die "Scharia" ist nirgends abschließend festgeschrieben, sondern unterliegt einer steten Auslegung. Die "Scharia" besteht im Wesentlichen aus zwei Bereichen, den "Ibadat" (rituelle Pflichten) und den "Muamalat" (gemeinschaftliche Regeln). Die "Ibadat" umfassen Vorschriften zum rituellen Leben und Pflichten gegenüber Gott. Dort sind u.a. neben den fünf Säulen des Islam (Glaubensbekenntnis, fünfmaliges tägliches Gebet, Almosenspende, Fasten im Monat Ramadan, Pilgerfahrt nach Mekka) die rituelle Reinheit, z.B. Waschungen vor dem Gebet, und das Verbot bestimmter Speisen, z.B. Schweinefleisch, geregelt. Die "Muamalat" befassen sich mit den Regeln des menschlichen Zusammenlebens. Dort finden sich Bestimmungen zum Ehe-, Familien-, Personenstands-, Vermögens-, Verkehrsund Wirtschaftsrecht sowie aus dem Strafrecht wieder. Islamisten fordern die unmittelbare und vollkommene Umsetzung ihrer Interpretation der "Scharia", während sich heute die große Mehrheit der Muslime lediglich an die in der "Scharia" im Bereich der "Ibadat" festgelegten Vorschriften zum rituellen Leben und an die Pflichten gegenüber Gott hält. Einige Vorschriften in der "Scharia" aus dem Bereich der "Muamalat", die das menschliche Zusammenleben regeln, widersprechen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der in Deutschland geltenden 64 Rechtsordnung. Die grundrechtlich garantierte körperliche Unversehrtheit wird beispielsweise durch Vergeltungsstrafen verletzt, dazu gehören u.a. das Abhacken der Hand oder die Steinigung. Die im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten bestehende Ungleichbehandlung der Geschlechter zeigt sich insbesondere in den Rechtsgebieten des Erbund Familienrechts, z.B. ist die Zeugenaussage eines Mannes in manchen Bereichen so viel wert wie die zweier Frauen. Der Islamismus ist eine sehr heterogene Bewegung und hat im Laufe seiner Geschichte verschiedene Ausprägungsformen entwickelt, die sich methodisch und ideologisch teilweise stark voneinander unterscheiden. Ausgehend von der Einstellung zur Gewalt können im Islamismus zwei Hauptströmungen unterschieden werden: islamistischer Extremismus und islamistischer Terrorismus. Die Grenze zwischen beiden Strömungen ist fließend, weil zum einen die ideologische Ausrichtung und die damit begründete Gewaltaffinität der Anhänger nicht immer eindeutig definiert werden kann, zum anderen weil terroristische Gruppen ihre Anhänger häufig aus islamistisch-extremistischen Organisationen rekrutieren. Islamistischer Extremismus und islamistischer Terrorismus differenzieren sich hauptsächlich durch die Wahl ihrer Mittel: . Islamistisch-extremistische Organisationen streben in ihren Heimatländern die Veränderung der Staatsund Gesellschaftsordnung zugunsten eines islamischen Staatswesens über die politische Einflussnahme an. Durch politische und gesellschaftliche Veränderungen sollen rechtliche Freiräume für ein "schariakonformes" Leben geschaffen werden. So zielt auch die politische Strategie der in Deutschland lebenden islamistischen Extremisten darauf, hier entsprechend ihrer Ideologie leben zu können. . Islamistische Terrororganisationen verfolgen ihre Ziele demgegenüber mit Gewalt, unter anderem in Form von terroristischen Anschlägen. Unterschieden werden kann hier zwischen islamistisch-terroristischen Organisationen, die ausschließlich in ihren Heimatländern einen bewaffneten Kampf führen, z.B. die libanesische Organisation "Hizb Allah", und Jihadisten, die weltweit einen bewaffneten Kampf führen, z.B. das Terrornetzwerk "al-Qaida" und der "Islamische Staat". Insgesamt sind in Deutschland ca. 26.000 Personen der islamistischen Szene zugehörig. In Bremen sind im Jahr 2018 etwa 600 Personen islamistischen Gruppen zuzurechnen. 6.2 Islamistischer Terrorismus Der überwiegende Teil der islamistisch-terroristischen Bewegung ist jihadistisch geprägt. Die Anhänger dieser Ideologie legitimieren die von ihnen verübten Terroranschläge religiös. "Jihad" bedeutet wörtlich übersetzt "Anstrengung" oder "Bemühung" und meint die geistlich-spirituellen Bemühungen der Gläubigen um das richtige 65 Verhalten gegenüber Gott. Islamische Gelehrte unterscheiden hierbei zwischen dem "Großen Jihad" und dem "Kleinen Jihad". Mit dem "Großen Jihad" sind alle "inneren Bemühungen" eines Muslims gemeint, die moralischen Maßstäbe des Islam so gut wie möglich zu befolgen. Der "Kleine Jihad" dagegen meint den Kampfeinsatz zur Verteidigung sowie zur Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereichs. Die Jihadisten beziehen sich demzufolge auf den "Kleinen Jihad". Sie führen unter dem Leitprinzip des "Jihad" einen bewaffneten Kampf gegen die angeblichen Feinde des Islam. Dieser religiösen Legitimation bedienen sich nicht nur die Terrornetzwerke "Islamischer Staat" (IS), "al-Qaida" und ihre Ablegerorganisationen, sondern auch organisatorisch unabhängig agierende jihadistische Einzelgruppierungen und Einzeltäter. 6.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" "Al-Qaida" vollzog innerhalb der letzten 15 Jahre einen fundamentalen Wandel von einer Organisation mit festen Strukturen zu einem globalen losen Terrornetzwerk. Das Terrornetzwerk "al-Qaida" umfasst eine Vielzahl von islamistisch-terroristischen Organisationen, einzelne Terrorzellen aus dem Nahen Osten, Afrika und Europa sowie zahlreiche regional und überregional agierende Ablegerorganisationen. Zu den von der Kernorganisation "al-Qaida" logistisch und finanziell relativ unabhängig agierenden regionalen Gruppen gehören unter anderem "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" (AQAH) im Jemen, "al-Shabab" ("die jungen Menschen") in Somalia, "Jabhat Fath ash-Sham" (JFS, "Eroberungsfront Syriens") in Syrien, "al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQM) in den Maghrebstaaten und "al-Qaida auf dem indischen Subkontinent" (AQIS). Die aus "al-Qaida im Irak" hervorgegangene Terrororganisation "IS" agiert mittlerweile unabhängig bzw. sogar in bewaffneter Abgrenzung zu "al-Qaida". Viele dieser Organisationen und Terrorzellen stehen nicht in unmittelbarem Kontakt zur Kernorganisation "al-Qaida". Weltweit werden inzwischen Terroranschläge von Personen oder Organisationen verübt, die sich lediglich der Ideologie "al-Qaidas" verschrieben haben. Die von "al-Qaida" entwickelte "Dachideologie" des globalen "Jihad" existiert damit organisationsunabhängig und ist auch durch den Wegfall einzelner Personen nicht zu beseitigen. Entstehung und Ideologie des Terrornetzwerkes "al-Qaida" Die Entstehung von "al-Qaida" ("die Basis") ist eng mit der sowjetischen Besetzung Afghanistans in den Jahren von 1979 bis 1989 verknüpft. Neben den afghanischen "Mujahideen" ("die, die den "Jihad" betreiben") gab es eine Gruppe unter der Führung des Palästinensers Abdallah Azzam, die weltweit Muslime zur Verteidigung Afghanistans als muslimisches Land aufrief und den "Jihad" somit internationalisierte. Azzam betrieb zusammen mit dem Saudi-Araber Usama bin Laden und dem Ägypter Ayman az-Zawahiri das so genannte "Dienstleistungsbüro" (maktab al-khidamat), das die Finanzierung und Koordinierung der arabischen "Mujahideen" übernahm. Aus diesem "Dienstleistungsbüro" entstand die Organisation "al-Qaida". Entscheidend für die Entwicklung der Ideologie "al-Qaidas" waren der Zweite Golfkrieg 1990-1991 und die Tatsache, dass die Islamisten Anfang der 1990er-Jahre in keinem arabischen Staat die Herrschaft erringen konnten. Während bin Laden die Stationierung von US-amerikanischen Truppen in Saudi-Arabien im Zuge des Golfkrieges als nicht hinnehmbare Demütigung der islamischen Welt empfand, betrachtete Zawahiri die Machtübernahme von islamistischen Bewegungen in arabischen Staaten als aussichtslos, solange diese durch den Westen und insbesondere die USA unterstützt würden. Diese Unterstützung könne ausschließlich durch Angriffe auf den Westen beendet werden. 66 Die Hinwendung von der Bekämpfung des "nahen Feindes" (die arabischen Regime) zur Bekämpfung des "fernen Feindes" (der Westen) ist ein Schlüsselkonzept der Ideologie "al-Qaidas". Dieses Konzept manifestierte sich in den Anschlägen auf das "World Trade Center" in den USA 1993, die US-amerikanischen Botschaften in Daressalam/Tansania und Nairobi/Kenia 1998, das US-Kriegsschiff "USS Cole" 2000 und auf das "World Trade Center" 2001 in den USA. Mittlerweile hat sich dieses ideologische Konzept verselbstständigt und bildet die Motivation für zahlreiche Anschläge, die nicht direkt von der Kernorganisation "al-Qaida" koordiniert werden, wie die Terroranschläge am 11. März 2004 in Madrid oder am 7. Juli 2005 in London. Seitdem wird "al-Qaida" nicht mehr als Organisation, sondern als ein Netzwerk von gleichgesinnten Jihadisten definiert. Usama bin Laden und Ayman az-Zawahiri 6.2.2 "Islamischer Staat" (IS) Spätestens seit dem Bruch mit seiner Mutterorganisation ist der so genannte "IS" als eigenständige Terrororganisation wahrzunehmen, die in einem Konkurrenzverhältnis zu "al-Qaida" steht. Die Ideologie beider Gruppen ist sich sehr ähnlich, die Unterschiede sind eher struktureller Natur. Im Gegensatz zur eher dezentral und versteckt agierenden "al-Qaida" verfügte der "IS" über einen Herrschaftsbereich in größeren Teilen Syriens und des Iraks. In verschiedenen Ländern (Libyen, Ägypten, Algerien, Nigeria, Jemen) haben terroristische Gruppen bereits ihre Loyalität zum "IS" bekundet. Der "IS" ist gegenwärtig die stärkste jihadistische Terrororganisation, hat "al-Qaida" in dieser Hinsicht den Rang abgelaufen und kontrollierte zeitweise in Syrien und im Irak ein Territorium von der Größe Großbritanniens. Der Versuch, in diesen Gebieten staatsähnliche Strukturen aufzubauen, gelang dem "IS" durch umfangreiche finanzielle Mittel, die vor allem aus Beutezügen, Schutzgelderpressung und dem Verkauf von Rohöl erlangt wurden. Hinzu kam der Besitz von modernem Kriegsgerät, wodurch der "IS" mehr als eine Miliz und nicht als einfache, im reinen Untergrund agierende Terrororganisation verstanden werden muss. Aus dieser augenblicklichen "Position der Stärke" erwächst die Attraktivität und Anziehungskraft auf viele radikalisierte Jugendliche und junge Erwachsene. So kommt es, dass sich dem "IS" aus fast der gesamten Welt so genannte "Foreign Fighters" angeschlossen haben. Alleine aus Europa sind ca. 5.000 Personen ausgereist, davon rund 1.000 aus Deutschland. Mittlerweile sind die meisten Gebiete des "IS" zurückerobert worden, doch die Organisation bleibt im Untergrund und vor allem virtuell weiterhin aktiv. Genese des "Islamischen Staates" Die Ursprünge des so genannten "Islamischen Staates" (IS) liegen im 2003 begonnenen Irakkrieg. Die unter der Führung des Jordaniers Abu Musab al-Zarqawi stehende Terrorgruppe "al-Tawhid wa-l-Jihad" benannte sich 2004 in "al-Qaida im Zweistromland" um und agierte fortan als regionaler Ableger von "Kern-al-Qaida" im Irak. Schon zu dieser Zeit fiel die Gruppe durch ihre enorme Brutalität auf. Durch möglichst Aufsehen erregende und opferreiche Anschläge auf schiitische Heiligtümer und Bürger wollte ihr Anführer al-Zarqawi Gegenschläge gegen die sunnitische Bevölkerung provozieren und sich in dem antizipierten Bürgerkrieg zum wichtigsten Verteidiger der Sunniten aufschwingen. 2005 rief die damalige Nr. 2 von "al-Qaida" Ayman az-Zawahiri Zarqawi zur Mäßigung auf, da er einen Imageverlust von "al-Qaida" aufgrund der Gräueltaten von Zarqawis Gruppe vermutete. Nach dem Tod al-Zarqawis 2006 benannte sich die Gruppe in den "Islamischen Staat im Irak" um, blieb jedoch weiterhin Teil von "al-Qaida". In den folgenden Jahren konnte die Organisation weitestgehend zurückgedrängt werden. Erst mit dem Abzug der Amerikaner aus dem Irak, der konfessionell spaltenden Politik des ehemaligen schiitischen irakischen Premiers 67 In Deutschland al-Maliki und dem durch den Bürgerkrieg bedingten Machtvakuum im Nachbarland verbotene Flagge Syrien konnte sich der "Islamische Staat im Irak" wieder etablieren. des "IS" Anfang 2012 entsandte der jetzige Anführer des "IS" Abu Bakr al-Baghdadi eine unter der Führung von Abu Muhammad al-Jaulani stehende Delegation von Kämpfern nach Syrien, die den Namen "Jabhat al-Nusra" ("JaN") trug. Al-Jaulani agierte jedoch zunehmend unabhängiger von al-Baghdadi. Dieser erklärte in einer Veröffentlichung im April 2013, dass die JaN Teil seiner Organisation sei, die er in den "Islamischen Staat im Irak und Sham" (ISIS) umbenannte. Al-Jaulani pochte weiterhin auf seine Unabhängigkeit und schwor die Treue an den Führer von "Kern-al-Qaida" Ayman az-Zawahiri. In der Folge kam es zu einem Zerwürfnis und az-Zawahiri schloss "ISIS" schließlich im April 2014 aus dem "al-Qaida"-Netzwerk aus. Kurz darauf benannte sich "ISIS" in den "Islamischen Staat" (IS) um und erklärte seinen Anführer Abu Bakr al-Baghdadi zum Kalifen und somit zum Herrscher über alle Muslime. Am 12. September 2015 wurde gegen die Organisation "Islamischer Staat" in Deutschland durch das Bundesinnenministerium ein Betätigungsverbot erlassen. Die Tätigkeiten der Vereinigung laufen Strafgesetzen zuwider und richten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung, heißt es in der Verbotsverfügung. Es ist ferner verboten, Kennzeichen des "IS" öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Tonoder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden können oder zur Verbreitung bestimmt sind, zu verwenden. 6.2.3 Anschläge durch islamistische Terrororganisationen und radikalisierte Einzeltäter Der islamistische Terrorismus ist ein globales Phänomen. Von den Anschlägen islamistischer Terrororganisationen sind daher sowohl die islamische Welt als auch die nicht islamische Welt betroffen. Beide sehen sich einer asymmetrischen Bedrohungslage ausgesetzt. Dies gilt zum einen für den Tätertypus. So kann es sich bei den Tätern um langjährige Operateure, neu ausgebildete Rekruten und Rückkehrer, "Home-Grown"-Aktivisten, "Lone-Wolf"-Akteure oder als Flüchtlinge getarnte Terroristen handeln. Ebenso ist an jedem Ort und zu jeder Zeit mit Anschlägen zu rechnen. Die Ziele des islamistischen Terrorismus umfassen nicht nur kritische Infrastruktur, wie Bahnhöfe oder Flughäfen, sondern auch so genannte "soft targets" wie z.B. Einkaufszentren oder Cafes. Schließlich gilt die Asymmetrie auch für die Tatausführung, den so genannten Modus Operandi. Jegliche Arten von Waffen können hierbei zum Einsatz kommen. So werden Sprengsätze sowohl per Fernzünder als auch mittels Selbstmordattentäter ebenso benutzt wie Schusswaffen oder Kraftfahrzeuge. Letztlich ist auch der Gebrauch eines einfachen Küchenmessers zur Tatbegehung ausreichend. Die Anschläge finden sowohl in der islamischen wie auch in der westlichen Welt statt und treffen damit sowohl Muslime als auch Nichtmuslime. USA, Europa und Australien Am 23. März 2018 kam es zu einer islamistischen Anschlagsserie in den Städten Carcassonne und Trebes in Südfrankreich. Der Attentäter schoss in Carcassonne auf zwei Insassen eines Fahrzeuges, um sich dieses zu bemächtigen, und schoss kurze Zeit später auch auf vier Polizisten, wobei er einen schwer verwundete. Er fuhr weiter 68 nach Trebes, wo er einen Supermarkt stürmte und zwei weitere Personen erschoss, um im Anschluss mehrere Geiseln zu nehmen. Bei einem Austausch der Geisel mit einem Polizisten kam Letzterer ums Leben, woraufhin eine Spezialeinheit der Polizei den Supermarkt stürmte und den Attentäter erschoss. Der Attentäter mit maghrebinischen Wurzeln war Teil der salafistischen Szene, schon zuvor kriminell auffällig geworden und saß zeitweise in Haft. Der IS bekannte sich zu der Tat. Am 12. Mai 2018 attackierte ein Mann fünf Zivilisten in der Nähe der Pariser Oper. Dabei wurde eine Person getötet und vier weitere verletzt. Der Attentäter wurde kurze Zeit später von Polizisten erschossen. Der in Tschetschenien im russischen Nordkaukasus geborene Mann war den Behörden als extremistischer Gefährder bekannt. Auch hier bekannte sich der IS zu der Tat. Am 29. Mai 2018 kamen vier Menschen bei einem Attentat im belgischen Lüttich ums Leben. Dort hatte ein bewaffneter Mann zwei Polizistinnen und einen Passanten getötet. Der Täter wurde von der Polizei erschossen. Den Ermittlern zufolge wollte er gezielt die Polizei und den belgischen Staat treffen. Laut dem staatlichen Sender RTBF handelt es sich bei dem Täter um einen 36-jährigen Kleinkriminellen, der eine Haftstrafe verbüßt hatte. Kurz vor der Tat habe er Freigang gehabt, von dem er nicht zurückgekehrt sei. Medienberichten zufolge soll er, anders als anfangs vermutet, den Behörden als radikalisiert bekannt gewesen sein. Der IS beanspruchte auch hier die Tatbegehung für sich. Am 31. August 2018 stach ein Mann am Hauptbahnhof Amsterdam auf zwei Personen ein. Der 19-jährige Afghane mit einer deutschen Aufenthaltsgenehmigung wurde durch die Polizei angeschossen und verhaftet. Der Mann gab bei seiner Vernehmung im Krankenhaus an, er habe Rache für die Beleidigung des Propheten nehmen wollen. Am 27. September wurden in den Niederlanden zudem sieben Personen verhaftet, die geplant haben sollen, einen Anschlag mit möglichst vielen zivilen Opfern zu begehen. Am 9. November 2018 erstach ein Mann eine Person auf offener Straße in Melbourne. Zuvor hatte er in der Einkaufszone einen mit Gasflaschen beladenen Pick-up-Truck in Brand gesetzt. Kurz darauf wurde er von der Polizei erschossen. Der Bruder des somalischstämmigen und psychisch auffälligen Mannes war im Jahr zuvor aufgrund von Terrorverdacht festgenommen worden. Der IS bekannte sich zu der Tat. Bei einem Anschlag auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt am 11. Dezember 2018 wurden fünf Menschen getötet und elf weitere verletzt. Der Täter konnte zunächst entkommen, wurde jedoch zwei Tage später in der Nähe eines Lagerhauses gestellt und nach einem Schusswechsel getötet. Bei der Wohnungsdurchsuchung wurde ein Video des Attentäters gefunden, auf dem er den Treueeid auf den Anführer des IS leistet. Auch wenn sich die Attentäter zum "IS" bekennen oder dieser im Nachhinein die Anschläge für sich reklamiert, bleibt häufig unklar, ob die Terrororganisation im Vorfeld davon wusste oder die Täter autonom agierten. Ebenso wird deutlich, dass Personen nicht mehr ausreisen, sondern versuchen in ihren Heimatländern, z.T. sogar an ihren Wohnorten, Anschläge zu begehen. Die Tatsache, dass viele Personen den Sicherheitsbehörden bekannt waren, zeigt zudem, dass sie tendenziell die richtige Zielgruppe im Blick haben. Seit jedoch Anschläge mit einfachsten Mitteln ausgeführt und äußerst spontan geplant werden, wird es immer schwieriger, diese im Vorfeld zu verhindern. Hinzu kommt, dass häufig zunächst keine Erkenntnisse hinsichtlich einer möglichen Hinwendung zum islamistischen Extremismus vorliegen und die Täter lediglich durch Alltagsbzw. Kleinkriminalität auffällig werden. Durch eine zunehmende Bedeutung des Internets bzw. von "Social Media" für Radikalisierungsprozesse wird die Entdeckung im Vorfeld weiter erschwert. 69 "Home-Grown-Terrorismus" Die Profile islamistischer Terroristen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Längst stellen nicht mehr nur aus dem Ausland eingereiste Attentäter eine Bedrohung für die Innere Sicherheit dar. Eine hohe Gefährdung geht von so genannten "Home-Grown"-Terroristen aus, die in westlichen Staatsund Gesellschaftsformen aufgewachsen und sozialisiert worden sind. Wenngleich "Home-Grown"-Terroristen äußerlich meistens gut in die Gesellschaft integriert scheinen, wenden sie sich radikal islamistischem Gedankengut zu und fühlen sich zur Verübung von Anschlägen berufen. Durch ihre Sozialisation bewegen sich "Home-Grown"-Terroristen bei der Planung und Durchführung von Anschlägen in der Regel unauffälliger als aus dem Ausland eingereiste Attentäter. Radikalisierungsprozesse Die Wandlung in die Gesellschaft integriert erscheinender junger Personen zu islamistisch motivierten Gewalttätern wirft Fragen zum Radikalisierungsprozess auf. Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Studien zu dem Thema, die trotz unterschiedlicher Methodik Grundaussagen bezüglich der Radikalisierung von Personen zulassen: Viele junge Menschen stellen sich Fragen zu ihrer Identität und meinen, u.a. im Islam Antworten finden zu können. Zentral ist dabei oftmals die Frage nach der Bedeutung, als Muslim in einer mehrheitlich nichtmuslimischen Gesellschaft zu leben. Eine scheinbare Antwort auf diese Fragen können islamistische Ideologien, wie der Salafismus, bieten, der vor allem über das Internet, aber auch in geringerem Maße über Literatur und Prediger vermittelt wird. Die meisten Muslime lehnen eine solche extremistische Islaminterpretation ab. Akzeptanz findet die Ideologie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dann, wenn sie dort aufgrund von erlebten Frustrationserfahrungen wie Diskriminierung, Erniedrigung, Entfremdung, Ungleichbehandlung, Perspektivund Orientierungslosigkeit oder Konflikten mit dem Elternhaus angebliche Bestätigung finden. In diesem Fall werden persönliche negative Erfahrungen in eine Weltsicht eingebettet, in der sich die Ungläubigen in jeder Hinsicht gegen die Muslime verschworen haben. Die Ursachen für eine Radikalisierung liegen jedoch nicht im Islam, sondern sind sozialer, ökonomischer oder psychologischer Natur. Daher ist häufig nicht die Ideologie der wichtigste Grund, sich einer extremistischen Gruppierung anzuschließen, sondern die Aufnahme und Akzeptanz in einer Gemeinschaft von vermeintlich Gleichgesinnten. Auch wenn die Befürwortung oder sogar Ausübung von Gewalt eher die Ausnahme darstellt, so gefährdet auch die gewaltlose Radikalisierung, vergleichbar mit Sekten und fundamentalistischen Strömungen innerhalb anderer Religionen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein friedliches, interkulturelles Zusammenleben, da sie Polarisierung und soziale Abschottung fördert. Begünstigt werden entsprechende Radikalisierungsprozesse darüber hinaus durch die insgesamt zu beobachtende Polarisierung und damit verbundene Diskriminierung innerhalb der gesamten Gesellschaft. 6.2.4 Islamistischer Terrorismus in Deutschland Die Gefährdung Deutschlands durch den islamistischen Terrorismus ist im Jahr 2018 konstant hoch geblieben. So gab es diverse Festnahmen und Gerichtsverfahren gegen Personen aus dem islamistisch-terroristischen Spektrum. Schließlich fließen auch die 70 Reisebewegungen von deutschen Staatsbürgern wie auch von Geflüchteten in die Sicherheitslage ein. Anschlagsplanungen und Verhaftungen Am 8. April 2018 und somit kurz vor dem Berliner Halbmarathon hat die Berliner Polizei sechs Verdächtige festgenommen. Der Grund: Es hätten "vereinzelte Hinweise" auf eine möglicherweise geplante Gewalttat der Festgenommenen im Alter von 18 bis 21 während der Veranstaltung vorgelegen, wie die Polizei mitteilte. Die Verdächtigen, die seit zwei Wochen unter permanenter Beobachtung standen, waren in der Nacht zum Sonntag auf der Marathonstrecke zu Fuß unterwegs. Daraufhin hätten sich die Ermittler entschlossen, dass ein Zugriff erfolgt, sollten die Männer ihre Wohnungen am Morgen verlassen - was dann auch geschehen ist. Auf dieser Grundlage seien die Durchsuchungen und die Festnahmen erfolgt. Der Hauptverdächtige gehöre zum privaten Umfeld des Attentäters Anis Amri. Bei einem weiteren Vorfall wurden am 12. Juni 2018 in einer Wohnung im Kölner Stadtteil Chorweiler bis zu eintausend toxische Dosen des Giftstoffs Rizin sichergestellt. Ein Tunesier wurde unter dem dringenden Verdacht festgenommen, durch vorsätzliche Herstellung einer biologischen Waffe gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen zu haben. Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes wollte der Beschuldigte "sehr wahrscheinlich" einen Gift-Terroranschlag ausführen. Nach Erkenntnissen der Ermittler plante er an einem geschlossenen und belebten Ort einen Sprengsatz mit einer mit dem hochgiftigen Rizin präparierten Splitterladung zu zünden. Der Beschuldigte kam im November 2016 nach Deutschland und ist mit einer 14 Jahre älteren Konvertitin verheiratet. Durch die Heirat erhielt er eine befristete Aufenthaltsgenehmigung. Der Attentäter war den Sicherheitsbehörden im Vorfeld bekannt. Er soll schon 2015 in seiner Heimat an einem Anschlag auf einen Bus beteiligt gewesen sein. Im April 2017 geriet er in den Fokus des Bundesamts für Verfassungsschutz, weil er über die Türkei nach Syrien zur Terrororganisation IS ausreisen wollte. Weil sie ihren Mann bei der Bestellung von Materialien für eine Rizin-Bombe unterstützt haben soll, wurde am 24. Juli auch die Ehefrau des terrorverdächtigen Islamisten festgenommen. Unter anderem soll sie ihm mehrfach ihr Konto bei einem InternetVersandhändler für seine Bestellungen überlassen haben. Die Spezialeinheit GSG 9 hat am 22. August 2018 einen islamistischen Gefährder in Berlin festgenommen. Der 31-jährige Tschetschene soll mit einem Komplizen einen schweren Sprengstoffanschlag in Berlin vorbereitet haben. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, soll der Tschetschene im Oktober 2016 "erhebliche Mengen" des Sprengstoffes TATP in seiner Berliner Wohnung gelagert haben. Unterstützt bei dem Vorhaben soll ihn ein Islamist, der am 18. April 2017 in Frankreich inhaftiert wurde. Bisherigen Ermittlungen zufolge besuchten beide Islamisten regelmäßig die inzwischen geschlossene Fussilet-Moschee in Berlin-Moabit und hatten Kontakt zum Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri. Am 21. September 2018 hat die Bundesstaatsanwaltschaft eine Islamistin festnehmen lassen, die Deutschland als 15-Jährige verlassen haben soll, um sich der Terrormiliz "Islamischer Staat" in Syrien anzuschließen. Wie die oberste deutsche Anklagebehörde mitteilte, wurde die inzwischen 20 Jahre alte Frau am Morgen vor der Festnahme aus der Türkei abgeschoben und bei ihrer Einreise in Deutschland am Flughafen Düsseldorf festgenommen. Die Beschuldigte soll nicht nur ausgereist sein, sondern darüber hinaus versucht haben, Personen aus Europa zur Ausreise nach Syrien zu bewegen, um dort für die IS-Miliz am bewaffneten Jihad teilzunehmen. Ermittlungsverfahren und Strafprozesse gegen Terrorverdächtige Die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Islamisten ist erneut angestiegen. Insgesamt werden in Deutschland derzeit rund 1.000 Ermittlungsverfahren mit islamistischen Bezügen geführt. Im Folgenden werden einige der Verfahren beispielhaft erwähnt. 71 Am 8. August 2018 erhob die Bundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen einen 37-jährigen deutschen Staatsangehörigen. Der Angeklagte gilt als hinreichend verdächtig, sich als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Taliban" beteiligt (SSSS 129a, 129b StGB) und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (SS 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG) verstoßen zu haben. Darüber hinaus ist er wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes angeklagt (SSSS 211, 22, 23 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB). Der Angeklagte reiste laut Anklage im August 2012 nach Pakistan und schloss sich im Frühjahr 2013 im Bezirk Nordwaziristan an der Grenze zu Afghanistan mutmaßlich den "Taliban" an. Zunächst soll er an einer militärischen Ausbildung teilgenommen haben, die auch das Schießen mit einem vollautomatischen Sturmgewehr des Typs Kalaschnikow AK 47 umfasste. Ab August 2013 setzte die Terrororganisation den Angeklagten laut Generalbundesanwalt in einer ihrer für Selbstmordanschläge zuständigen Einheiten ein. Der Angeklagte beteiligte sich demnach an der Herstellung und Fertigung von Sprengsätzen, dem Auskundschaften möglicher Anschlagsziele und soll weitere logistische Aufgaben wahrgenommen haben. Im Gegenzug erhielt er mutmaßlich freie Kost und Logis sowie einen monatlichen Sold von 1.000 Rupien. Der Angeklagte bereitete sich laut Anklage auch selbst auf die Durchführung eines eigenen Selbstmordanschlags vor. Dazu soll er an einem Fahrtraining teilgenommen und sich Lehrund Propagandavideos der "Taliban" angesehen haben. Am 27. April 2018 erhob der Generalbundesanwalt vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Anklage gegen einen 20-jährigen somalischen Staatsangehörigen. Der Angeklagte gilt als hinreichend verdächtig, sich als Mitglied an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Al-Shabab" beteiligt zu haben. Zudem wird ihm versuchter Mord sowie Beihilfe zum Mord vorgeworfen (SS 129b Abs. 1, SS 129a Abs. 1, SS 211, SSSS 22, 23, 27 StGB). Im Frühjahr 2012 forderten Mitglieder der ausländischen terroristischen Vereinigung "Al-Shabab" den Angeklagten demnach auf, zukünftig eine bestimmte Moschee in Mogadischu zu besuchen. Der Angeklagte soll dieser Aufforderung nachgekommen sein und dort regelmäßig an religiösen Unterweisungen teilgenommen haben. Nach ungefähr drei Wochen hätten ihn Mitglieder der Vereinigung in eines ihrer Ausbildungslager in der Nähe von Mogadischu gebracht. Dort habe er sich der Vereinigung "Al-Shabab" angeschlossen. Um an deren Kampfeinsätzen teilnehmen zu können, soll der Angeklagte sodann eine Ausbildung im Umgang mit Pistolen und Handgranaten begonnen haben. Noch während der Ausbildung habe der Angeschuldigte gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern seiner Gruppe einen Kämpfer der Vereinigung bei der Ausführung eines Tötungsauftrages unterstützt. Mit Revolvern bewaffnet hätten sie den Attentäter in eine Moschee begleitet, in der er sein Opfer mit drei Kopfschüssen tötete. Im Oktober 2012 verließ der Angeschuldigte Somalia und reiste über Kenia, Uganda, Sudan und Libyen nach Italien und kam schließlich im Juni 2014 nach Deutschland. Die Bundesanwaltschaft hat am 25. Januar 2018 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Celle Anklage gegen drei syrische Staatsangehörige erhoben. Die Angeklagten sind demnach hinreichend verdächtig, sich jeweils in drei Fällen als Mitglieder an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Jabhat al-Nusra" beteiligt (SSSS 129a, 129b StGB) und hiervon jeweils in zwei Fällen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz (SS 22a Abs. 1 Nr. 6 KrWaffKontrG) verstoßen zu haben. Darüber hinaus werden zwei der Angeklagten in einem der Fälle zugleich Kriegsverbrechen gegen Personen (SS 8 Abs. 1 Nr. 6 VStGB) und Kriegsverbrechen der Plünderung (SS 9 Abs. 1 VStGB) vorgeworfen. Spätestens Anfang November 2012 hätten sich die drei Angeschuldigten in Syrien der "Jabhat al-Nusra (JaN)" angeschlossen. Seit dieser Zeit war die "JaN" in der nordsyrischen Stadt Ra's al-'Ain an bewaffneten Auseinandersetzungen gegen syrische Regierungstruppen beteiligt. Die Angeklagten sollen sich an der Vereinigung beteiligt haben, indem sie Dieselkraftstoff und Lebensmittel in deren Auftrag verkauften, um der Organisation finanzielle Mittel zu verschaffen. Einer der Angeklagten soll Kämpfern der Vereinigung sein Wohnhaus als Stützpunkt 72 zur Verfügung gestellt und die Errichtung eines Scharfschützenpostens auf dem Dach seines Hauses erlaubt haben. Außerdem sei er mit Kämpfern der "JaN" durch die Stadt Ra's al-'Ain patrouilliert. Alle drei Angeklagten hätten bewaffnet mit einem Sturmgewehr Wachdienste an einem Kontrollpunkt der Vereinigung in der Stadt Ra's al-'Ain verrichtet. Nach der Einnahme der Stadt Ra's al-Ain durch die "YPG" flüchteten die Angeklagten nach Deutschland. Der Generalbundesanwalt hat ferner am 30. Oktober 2018 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart Anklage gegen einen 33-jährigen deutschen und algerischen Staatsangehörigen erhoben. Der Angeklagte gilt als hinreichend verdächtig, in zehn Fällen die ausländische terroristische Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" unterstützt und in vier Fällen für sie um Mitglieder und Unterstützer geworben zu haben (SS 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, SS 129b StGB). Zudem wird gegen ihn der Tatvorwurf der Gewaltdarstellung erhoben (SS 131 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Der Angeklagte richtete demnach in den Jahren 2015 bis 2017 in zehn Fällen jeweils unter Angabe von Alias-Personalien Telegrammund Twitter-Accounts, WhatsAppund Facebook-Profile sowie E-Mail-Adressen ein. Anschließend habe er die Zugangsdaten an vier aus Deutschland stammende und sich in Syrien oder im Irak aufhaltende Mitglieder des "IS" übermittelt. Hierdurch habe er ihnen die konspirative Kommunikation mit anderen Angehörigen des "IS" und die Verbreitung von Nachrichten über das Internet ermöglicht. Außerdem soll der Angeschuldigte eine "Medienstelle" betrieben und über diese einem deutschen Adressatenkreis Propaganda des "IS" zur Verfügung gestellt haben. Dabei nutzte er mutmaßlich verschiedene soziale Medien und Messenger-Dienste, um von ihm bearbeitete und kommentierte Propagandavideos des "IS" zu verbreiten. In ihnen soll er dazu aufgerufen haben, sich in das Herrschaftsgebiet des "IS" zu begeben und sich diesem dort als Mitglied anzuschließen. Zudem forderte der Angeklagte laut Anklage von den Nutzern seiner "Medienkanäle", die Tätigkeiten und Bestrebungen des "IS" durch Spenden zu fördern. In einem Fall habe der Angeklagte auch Videodateien verbreitet, in denen Gräueltaten des "IS" in verherrlichender Weise dargestellt werden. So wurde unter anderem in mehreren dieser Sequenzen gezeigt, wie Menschen von Mitgliedern des "IS" in einer besonders grausamen Art und Weise enthauptet werden. Reisebewegungen Reisebewegungen in Richtung Syrien und Irak sind im Jahr 2018 weitestgehend zum Erliegen gekommen. Es liegen derzeit Erkenntnisse zu mehr als 1.000 deutschen Islamistinnen bzw. Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien/Irak gereist sind. Zu etwa der Hälfte der ausgereisten Personen liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass sie auf Seiten des "Islamischen Staates" und der "al-Qaida" oder diesen nahestehenden Gruppierungen sowie anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilnehmen bzw. teilgenommen haben oder diese in sonstiger Weise unterstützen bzw. unterstützt haben. Dies bedeutet, dass zu einem erheblichen Teil der ausgereisten Personen bislang keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die zuständigen Justizbehörden vorliegen. Derzeit werden Ausreisesachverhalte nur noch vereinzelt nachträglich bekannt. Neue Ausreisen in Richtung Syrien/Irak sind aktuell nicht bekannt und sind nur noch in Einzelfällen zu erwarten. Etwa ein Fünftel der ausgereisten Personen ist weiblich. Der überwiegende Teil der insgesamt ausgereisten Personen ist jünger als 30 Jahre. Etwa ein Drittel dieser ausgereisten Personen befindet sich momentan wieder in Deutschland. Zu über 110 der bislang zurückgekehrten Personen liegen den Sicherheitsbehörden Erkenntnisse vor, wonach sie sich aktiv an Kämpfen in Syrien oder im Irak beteiligt oder hierfür eine Ausbildung absolviert haben. Diese Personen stehen unverändert im Fokus polizeilicher und justizieller Ermittlungen. Die Zahl bisheriger rechtskräftiger Verurteilungen aus Syrien/Irak zurückgekehrter Personen bewegt sich im mittleren zweistelligen Bereich. 73 Zu ca. 190 Personen liegen Hinweise vor, dass diese in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind. Im Zusammenhang mit den fortschreitenden Gebietsverlusten des "IS" liegen Erkenntnisse zu Personen vor, die aktuell aus Syrien/Irak ausreisen möchten und/oder sich aktuell in Syrien/Irak in Haft befinden. Bei einem Großteil dieser Personen dürfte sich auch zukünftig eine verstärkte Rückreisetendenz abzeichnen. Die Migrationsbewegungen wiederum in Richtung Deutschland stellen die deutschen Sicherheitsbehörden weiterhin vor vielseitige Herausforderungen. Ein besonderes Augenmerk kommt hierbei der Einreise von Mitgliedern, Unterstützern und Sympathisanten islamistischer Terrororganisationen zu. Deutschland ist das Ziel einer hohen Anzahl von Menschen, die unter anderem aus Krisengebieten des Nahen Ostens und Afrikas stammen. Unter ihnen befinden sich zum Teil Personengruppen, die aus Sicht der Sicherheitsbehörden relevant sind. Dazu zählen insbesondere Personen, die vor ihrer Flucht im Herkunftsland in unterschiedlichem Maße in jihadistische Organisationen eingebunden gewesen sein sollen. Bisweilen offenbaren sie diese Aktivitäten im Kontakt mit deutschen Behörden. Dabei schildern sie beispielsweise den Aufenthalt in einem islamistisch-terroristischen Trainingslager oder die Teilnahme an gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Regierungskräften des Herkunftslandes. Aufklärung erfordert darüber hinaus die Aktivität von Personen, die auch nach ihrer Flucht Verbindungen zu jihadistischen Organisationen aufweisen sollen. So gehen die deutschen Sicherheitsbehörden Hinweisen zu Personen nach, die unter dem Deckmantel von Migrationsbewegungen zur Erfüllung eines terroristischen Auftrags nach Europa gelangen. Sofern die Erkenntnislage einen Anfangsverdacht begründet, werden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Um die von eingereisten islamistischen Terroristen ausgehenden Gefahren abwehren zu können, erfolgt ein enger Austausch der deutschen Sicherheitsbehörden u.a. im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ). Ergänzt wird dieser Austausch durch eine bilaterale und multilaterale Kooperation mit europäischen und internationalen Partnern. Hierdurch werden zunehmend auch erhebliche Ressourcen des Bremer Verfassungsschutzes gebunden. 6.2.5 Internet und andere Medien Die Radikalisierung von jungen Menschen kann insbesondere über im Internet abrufbare islamistische Propaganda erfolgen. Das Internet dient Islamisten als wichtiges Medium zur Kontaktpflege, Verbreitung von Propaganda und Rekrutierung von neuen Anhängern. Die Präsenz dieser Propaganda sowie der dahinter stehenden Organisationen im Internet hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere durch die Nutzung sozialer Netzwerke im Internet bzw. entsprechender Programme wie Twitter, WhatsApp, Facebook, Youtube oder Telegramm erhöht. Popularität genießen auch jihadistische Kampflieder, sogenannte "Nasheeds". Da in diesen Liedern keine Instrumente benutzt werden, stellen sie entsprechend einer strengen islamischen Auslegung die einzige legitime Musikform dar. Die Kampflieder stammen ursprünglich aus dem mystischen Islam (Sufismus). In den 1980er-Jahren, während des Krieges in Afghanistan, entdeckten Jihadisten diese Kampflieder für sich und unterlegen damit oft musikalisch ihre Propagandavideos. Onlinemagazine Islamistische Propaganda wird längst nicht mehr ausschließlich auf Arabisch, sondern auch in europäischen Sprachen verbreitet. Das bekannteste Propagandamagazin des "IS" ist "Rumiyah" (Rom), das auf Englisch, Französisch, Deutsch, Türkisch, Russisch, Indonesisch und Uigurisch herausgegeben wird. Es ruft unter anderem zu 74 Anschlägen im Westen auf und beschreibt beispielsweise, wie man am effektivsten Angriffe mit einem Messer ausführt. Bereits extremistisch motivierte Personen werden durch die Berichterstattung aufgeheizt und motiviert, sich am bewaffneten Kampf für die vermeintlich gemeinsame Sache zu beteiligen. 6.3 Salafistische Bestrebungen Der Salafismus gilt sowohl in Deutschland als auch auf internationaler Ebene als Das Propagandamagazin die zurzeit dynamischste islamistische Bewegung. Ihr werden in Deutschland derzeit "Rumiyah" des "IS" ca. 11.500 Personen und in Bremen rund 540 Personen zugerechnet. Eine exakte Bezifferung des salafistischen Personenpotenzials ist aufgrund von strukturellen Besonderheiten der Szene schwierig. So weisen zahlreiche salafistische Personenzusammenschlüsse keine festen Strukturen auf. Gleichzeitig finden sich Salafisten in anderen islamistischen Organisationen und Einrichtungen. Salafismus leitet sich vom arabischen Begriff "Salafiyya" ab, der eine Strömung des Islams bezeichnet, die sich ideologisch an den so genannten "Salaf as-Salih" ("die frommen Altvorderen"), also den ersten drei Generationen der Muslime orientiert. Salafisten versuchen deren Lebensweise detailgetreu zu kopieren. Die Anhänger dieser Ideologie sind der Überzeugung, dass Probleme der Gegenwart durch die Rückbesinnung auf den "wahren Urislam" gelöst werden können. Dazu legen sie die islamischen Quellen, Koran und Sunna, wortwörtlich aus. Anpassungen der Islamauslegung an veränderte gesellschaftliche und politische Gegebenheiten werden durch die Salafisten als "unislamisch" kategorisch abgelehnt und führen - so die Vorstellung - zwangsläufig zum "Unglauben". Auch im Alltag orientieren sich viele Salafisten an den Lebensumständen der frühislamischen Zeit. Zum Beispiel befolgen sie spezielle Zahnputztechniken, tragen nach dem Vorbild des Propheten Mohammed knöchellange Gewänder oder Vollbärte und propagieren die Vollverschleierung der Frau. Die Ideologie des Salafismus lässt sich in eine politische und eine jihadistische Strömung unterteilen. Vertreter des politischen Salafismus stützen sich auf intensive Propagandatätigkeit, um ihre extremistische Ideologie zu verbreiten sowie politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Anhänger des jihadistischen Salafismus hingegen glauben, ihre Ziele durch Gewaltanwendung realisieren zu können. Die Übergänge zwischen beiden Formen sind fließend. In Deutschland lebende Anhänger lassen sich sowohl dem politischen als auch dem jihadistischen Salafistenspektrum zuordnen. Der Salafismus, der seiner Interpretation der "Scharia" absoluten Geltungsanspruch einräumt, verstößt in mehreren Punkten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So lehnen Salafisten die Demokratie als politisches System grundsätzlich ab, da nur Gott Gesetze erlassen dürfe. Des Weiteren verletzen die in der "Scharia" vorgeschriebenen Körperstrafen für Kapitalverbrechen, die körperliche Züchtigung der Frau und die Beschränkung ihrer Freiheitsrechte sowie die fehlende Religionsfreiheit die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. Salafistische Aktivitäten in Deutschland Die salafistische Szene in Deutschland ist sehr heterogen, was ihre Struktur und Gewaltaffinität betrifft. Die salafistischen Vereine veranstalten in regelmäßigen Abständen bundesweit so genannte "Islamseminare", in denen sie ihre salafistische Ideologie vermitteln. Finanzielle Unterstützung erhalten sie vor allem aus Saudi-Arabien, dort stellt der Salafismus die offizielle, staatliche Islaminterpretation dar. In den 75 vergangenen Jahren hatte der Salafismus eine wachsende Anziehungskraft insbesondere auf junge Menschen. Der bekannteste salafistische Verein in Deutschland war der Verein "Einladung zum Paradies e.V." (EZP). Einem angestrebten Verbotsverfahren kam der Verein im Jahr 2011 durch seine Selbstauflösung zuvor. Seine Mitglieder blieben jedoch weiterhin aktiv. Der Verein EZP war vor allem wegen umstrittener und aufsehenerregender Vorträge seiner Prediger bekannt. Insbesondere der Konvertit Pierre Vogel, der seine Botschaften stets charismatisch vorträgt, ist bei einigen jungen Muslimen populär. Gleiches gilt für dessen Weggefährten Sven Lau, der ebenfalls bundesweit agiert. Lau befindet sich seit dem 15. Dezember 2015 in Untersuchungshaft, da er verdächtigt wird, die Terrororganisation "Jaish al-Muhadjirin wal-Ansar" in Syrien unterstützt zu haben. Darüber hinaus machte Lau bereits im September 2014 Schlagzeilen, als er die Gründung einer "Scharia-Polizei" bekannt gab. Zusammen mit einer Gruppe von Gleichgesinnten zog er damals durch die Wuppertaler Innenstadt und riet anderen Muslimen zu einem islamkonformen Verhalten. Zudem lud er sie in die "Darul Arqam Moschee" ein, die als Zentrum der Salafisten um Pierre Vogel gilt. Das aktive salafistische Netzwerk "Die wahre Religion" (DWR) hatte sich die missionarische Verbreitung der "reinen Form" des Islams zur Aufgabe gemacht. Das Netzwerk propagierte die salafistische Ideologie über bundesweit stattfindende Vorträge und Seminare sowie seine Internetseite. Die meist emotional gehaltenen Vorträge zielten auf die Radikalisierung ihrer Zuhörer. Die Prediger versuchten ihre Zuhörer insbesondere mit dem Vorwurf der Untätigkeit zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" zu bewegen. Der Hauptakteur des Netzwerkes DWR war der salafistische Prediger Ibrahim Abou Nagie. Im Rahmen des von Nagie initiierten Projektes "LIES! Im Namen Deines Herrn, der Dich erschaffen hat" wurde der Koran kostenlos verteilt. Bundesweit gab es seit dem Jahr 2012 zahlreiche Verteilaktionen, davon auch mehrere in Bremen und Bremerhaven. Der Koran wurde mit dem Ziel verteilt, vor allem Jugendliche langfristig in salafistische Netzwerke einzubinden. Für die Beteiligung an Verteilaktionen war keine formelle Mitgliedschaft im salafistischen Netzwerk DWR nötig, vielmehr konnten Interessierte entsprechendes Material über die Internetseite anfordern. Für viele junge Menschen war die Aktion deshalb attraktiv, weil sie in ihren Augen dem Abbau von Vorurteilen gegenüber der Religion des Islam diente. Insofern verwies die Beteiligung einer Person an einer solchen Verteilaktion nicht zwangsläufig auf ihre salafistische Einstellung. Vielmehr gelang es dem Netzwerk durch diese vermeintlich unverfängliche Aktion, den Erstkontakt zu nichtextremistischen Personenpotenzialen herzustellen. Am 15. November 2016 wurde DWR durch das Bundesministerium des Innern (BMI) verboten. In der Verbotsverfügung heißt es, "Die wahre Religion" richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie den Gedanken der Völkerverständigung und vertrete einen totalitären Anspruch. Die Vereinigung befürwortete demnach den bewaffneten "Jihad" und stellte ein bundesweit einzigartiges Rekrutierungsund Sammelbecken für jihadistische Islamisten sowie für solche Personen dar, die aus jihadistisch-islamistischer Motivation nach Syrien beziehungsweise in den Irak ausreisen wollten. Aus einer Studie des BKA geht hervor, dass ein Viertel der aus Deutschland nach Syrien und in den Irak ausgereisten Personen zuvor Kontakt mit 76 der "LIES"-Aktion gehabt hatten. Ein entsprechender Kontakt zu dem Netzwerk konnte vereinzelt auch bei aus Bremen ausgereisten Personen festgestellt werden. Nachdem im Dezember 2017 die Klage gegen das Verbot überraschend zurückgenommen wurde, ist dieses nun rechtskräftig. Der salafistische Verein "Dawa FFM" und die dazugehörige Internetplattform "Islamische Audios" wurde im März 2013 wegen Verstoßes gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung durch das BMI verboten. Hintergrund des Verbots waren die Verbreitung salafistischer Ideologie sowie Aufrufe zu Gewalt im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes 2012. Mit derselben Begründung war im Jahr 2012 bereits die salafistische Vereinigung "Millatu Ibrahim" (MI, "die Gemeinschaft Abrahams") durch das BMI verboten worden. Der Verein hatte u.a. den "Jihad" und das Märtyrertum glorifiziert. Darüber hinaus hatte er sich für die Befreiung von in Deutschland inhaftierten Islamisten eingesetzt. Das Verbot, das auch Nachfolgebestrebungen einschloss, erstreckte sich im März 2013 folglich auch auf den Nachfolgeverein "an Nussrah". Der Name "Millatu Ibrahim" ist ein ideologischer Verweis auf das gleichnamige Hauptwerk des bekannten jihadistischen Ideologen Muhammad al-Maqdisi, welcher zurzeit in Jordanien wohnhaft ist. Am 26. Februar 2015 hat das BMI die Vereinigung "Tauhid Germany" alias "Team Tauhid Media" als Ersatzorganisation von "Millatu Ibrahim" verboten. Zu dem Verbot gehörte auch die Abschaltung der Webseite ansarul-aseer.com, welche als Plattform salafistischer Gefangenenunterstützung diente. "Tauhid Germany" hatte salafistisches Propagandamaterial vor allem über das Internet verbreitet und nutzte hierzu vorrangig soziale Medien. Am 28. Februar 2017 wurde die Berliner "Fussilet-Moschee" verboten. Die Gebetsräume waren nach Erkenntnissen der Polizei ein Treffpunkt gewaltbereiter Islamisten. Auch der Berliner Attentäter Anis Amri verkehrte dort regelmäßig. Dem Verbotsantrag der Innenverwaltung gab das Verwaltungsgericht nach Angaben der Polizei bereits am 15. Februar statt. Vorsitzender von "Fussilet" war der selbst ernannte "Emir" Ismet D., der in Berlin-Moabit durch seinen Islamunterricht Muslime - meist Türken und Kaukasier - für den "Jihad" in Syrien radikalisiert haben soll. In der Moschee soll auch Geld für Terroranschläge in Syrien gesammelt worden sein. Am 14. März 2017 wurde der "Deutschsprachige Islamkreis Hildesheim" in Niedersachsen durchsucht und verboten. Der Moscheeverein sei ein Rekrutierungsort für Kämpfer der Terrormiliz "Islamischer Staat" gewesen. Muslime seien dort zielgerichtet indoktriniert worden, um sie zur Ausreise in Richtung Syrien und den Irak zu mobilisieren. Auch der Berliner Attentäter Anis Amri verkehrte mehrere Male in der Moschee. Schon im November des Vorjahres war in diesem Zusammenhang der Iraker Abu Walaa festgenommen worden. Er hatte wiederholt in den Räumen des Hildesheimer Vereins gepredigt. Abu Walaa gilt als prägende Figur der SalafistenSzene. Er soll viele Freiwillige für den "Islamischen Staat" rekrutiert haben und steht aus diesem Grund in Celle vor Gericht. Nur eine Woche später, am 23. März 2017, wurde in Kassel der salafistische Verein "al-Madinah" verboten. Dort hätten der hauptverantwortliche Imam und ein weiterer Geistlicher fortlaufend salafistische Predigten gehalten und offen zum Heiligen Krieg sowie zur Tötung Andersgläubiger aufgerufen. Dem Verbot waren laut Innenministerium monatelange Ermittlungen vorausgegangen. Auch der hessische Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt seien daran beteiligt gewesen. 77 Wegen des Verdachtes auf Extremismus ist am 13. November 2018 ein salafistischer Moscheeverein in Mönchengladbach durchsucht worden. Auch 15 Wohnungen von Mitgliedern sind überprüft worden. Der Verein sei "nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden Anlaufstelle für zahlreiche Personen aus dem salafistischen und islamistischen Spektrum", teilte das Landesinnenministerium in Düsseldorf mit. Etwa 250 Polizisten sind im Einsatz gewesen, die unter anderem Laptops, Smartphones, Speichermedien und Unterlagen beschlagnahmt haben. Die Durchsuchungen seien Teil von vereinsrechtlichen Ermittlungen des Innenministeriums. Der Moscheeverein ist nicht unmittelbar verboten, wenn es aber ausreichend Beweise gebe, würde der Verein verboten werden, erklärte der nordrhein-westfälische Innenminister, Herbert Reul. Die verschiedenen Aktivitäten der salafistischen Szene dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Es handelt sich um ein organisches Netzwerk, in dem die Grenzen zwischen militanten und nicht militanten Teilen oftmals verschwimmen. Statistisch gesehen reist jeder zehnte Salafist in Deutschland nach Syrien bzw. in den Irak aus. Diese Sogwirkung verdeutlicht die Gefahr, die vom Salafismus in Deutschland ausgeht. Auch mittelbis langfristig geht von der salafistischen Ideologie eine erhebliche Gefährdung für die freiheitlich demokratische Grundordnung aus, da sich die Angehörigen der Szene gezielt von der übrigen Gesellschaft abgrenzen und so eine weitere Spaltung forcieren. Durch die Verknüpfung mit der Religion des Islam schaden die Anhänger des Salafismus darüber hinaus der großen Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime, die keinerlei extremistische Positionen vertreten. 6.3.1 Salafismus im Land Bremen Auch die salafistische Szene im Land Bremen zeichnet sich durch ihre Heterogenität aus. Die rund 540 Anhänger lassen sich sowohl dem gewaltfreien politischen Salafismus als auch dem jihadistischen Salafismus mit seinen unterschiedlichen Ausprägungen gewaltunterstützend und -befürwortend bis hin zu gewalttätig zuordnen. Auch im Jahr 2018 lässt sich weiterhin ein Anstieg der Anhängerzahlen verzeichnen, allerdings ist dieser nicht so gravierend wie in den Vorjahren. Ein Grund dafür ist der Ausbau des Präventionsnetzwerkes sowie die sukzessive Weiterentwicklung von Präventionsmaßnahmen. Die nachrichtendienstlichen Zugänge in die Szene halten sich auf einem hohen Niveau, was zur Aufklärung salafistischer Strukturen in Bremen und demzufolge zu einem Anstieg der Anhängerzahlen führt. Da der Kriegsschauplatz in Syrien und dem Irak im Jahr 2018 mit der Zurückdrängung des "IS" für jihadistische Salafisten aus Deutschland zunehmend an Bedeutung verlor, wurden keine Ausreisefälle aus Bremen bekannt. Daran anknüpfend beschäftigt den Verfassungsschutz die Problematik der Rückkehrer aus den "Jihad"Gebieten. Hierbei spielen zuvor ausgereiste Personen eine Rolle, die mit möglichen Kampferfahrungen nach Bremen zurückkehren könnten, sowie möglicherweise zurückkehrende Frauen und Kinder. Die Bearbeitung von Hinweisen mit einem mutmaßlichen Bezug in das jihadistische Spektrum bildet einen Schwerpunkt der Arbeit des Verfassungsschutzes. In den letzten Monaten erfolgte bei der Arbeit des Verfassungsschutzes in Bremen eine verstärkte Hinwendung zur Bearbeitung von salafistischen Einzelbestrebungen. Aufgrund der sehr heterogenen Zusammensetzung der Szene hinsichtlich Ideologie und Herkunft kann kaum noch eine Bearbeitung von formellen Organisationen erfolgen. Vielmehr rücken Einzelpersonen oder Kleinstgruppen, die sich tendenziell konspirativer verhalten, in den Fokus der Verfassungsschutzbehörde. 78 Rückkehr von Kindern aus den "Jihad"-Gebieten in Syrien und Irak Durch die Hinwendung zum Salafismus wird ein "Grundstein" für einen weiteren Weg der Radikalisierung bis hin zum Jihadismus gelegt. Dies wird in Bremen insbesondere durch sämtliche bislang bekannt gewordenen Fälle deutlich, in denen Bremer Personen sich nach Kontakten in die salafistische Szene zu einer Ausreise in jihadistische Kampfgebiete in Syrien oder dem Irak entschlossen haben. Die Ausreisen erfolgten zum Teil mit minderjährigen Kindern. Seit Januar 2014 sind den Sicherheitsbehörden in Bremen 30 Personen, darunter eine Jugendliche, bekannt geworden, die mit der Absicht Richtung Syrien reisten, sich dort agierenden jihadistischen Organisationen, mehrheitlich dem "IS", anzuschließen. Nicht in allen Fällen war die Ausreise erfolgreich, teilweise wurden die Personen bereits an der türkischen Grenze festgenommen und die Einreise nach Syrien verhindert. Fünf der 19 aus Bremen ausgereisten Männer sollen bereits bei Kampfhandlungen auf Seiten der Terrororganisation "IS" getötet worden sein. In bislang insgesamt 20 Fällen, darunter bei zwei Jugendlichen, konnten die Bremer Sicherheitsbehörden gemeinsam mit dem Bremer Stadtamt mittels ausreiseverhindernder Maßnahmen eine Ausreise nach Syrien oder in den Irak bereits im Vorfeld verhindern. Hierbei wurden in der Regel Ausreiseverbote verfügt und Meldeauflagen verhängt. Seit Beginn des Jahres 2017 stagniert die Zahl der Ausreisefälle aus Bremen. Im Jahr 2018 konnte keine Ausreise nach Syrien festgestellt werden. Auch die Zahl der Personen mit Ausreiseabsichten nahm drastisch ab. Dieser Trend lässt sich bundesweit feststellen und ist maßgeblich auf die Situation vor Ort zurückzuführen. Mit einer besonderen Herausforderung sehen sich die Sicherheitsbehörden in Deutschland, darunter auch in Bremen, durch Männer, Frauen und Kinder konfrontiert, die aus dem Kriegsgebiet in Syrien bzw. dem Irak nach Deutschland zurückkehren. Problematisch ist hierbei hinsichtlich möglicher strafrechtlicher Verfahren häufig der Nachweis, dass die so genannten "Rückkehrer" in Syrien aktiv an Kämpfen teilgenommen haben oder auch nur militärisch geschult wurden. Hinzu kommt die mögliche Traumatisierung der Personen durch das im Kampfgebiet Erlebte. Derzeit sind neun der aus Bremen ausgereisten Personen wieder nach Bremen zurückgekehrt. Zwei aus Bremen ausgereiste Frauen wurden von einem irakischen Gericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. In einem Fall konnte Ende 2018 die Rückführung von drei minderjährigen Kindern nach Bremen zur Familie ihrer Eltern ermöglicht werden. Diese werden im Rahmen der Zuständigkeit der Bremer Sozialbehörden begleitet. Bislang sind den Sicherheitsbehörden elf Frauen bekannt, die mit insgesamt 14 Kindern, überwiegend im Kleinkindalter, nach Syrien ausreisten. Bekannt ist auch, dass im "Jihad"-Gebiet weitere Kinder geboren worden sein sollen. Bislang ist kein Fall bekannt, in dem eine der aus Bremen ausgereisten Frauen verstorben ist. Somit kann die Rückkehr weiterer, möglicherweise an Waffen ausgebildeter, aber auch ideologisch indoktrinierter bzw. traumatisierter Menschen nicht ausgeschlossen werden. Verurteilung eines Bremer Rückkehrers Am 20. August 2018 verurteilte das OLG Hamburg einen in Bremen wohnhaften russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß SSSS 129a, 129b Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten. Der Staatsschutzsenat zeigte sich überzeugt, dass der 28-Jährige im März 2014 von Bremen aus über 79 die Türkei nach Syrien reiste und sich dort einer Kampfeinheit des "IS" anschloss. Die Gruppe, die sich überwiegend aus Kämpfern nordkaukasischer Herkunft zusammensetzte, war u.a. an Kämpfen um die kurdische Stadt Kobane im Jahr 2014/2015 beteiligt. Fotos und Videos, welche den Behörden vorlagen, zeigten ihn in einem Militärkonvoi, der sich damals auf den Weg in die umkämpfte kurdische Stadt Kobane machte. Er räumte in der Verhandlung seine Ausreise nach Syrien ein. Eine Teilnahme an Kampfhandlungen konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden. Aufgrund einer Beinverletzung war er Anfang 2015 wieder nach Bremen zurückgekehrt. In die Strafe bezog das Gericht zwei vorherige Verurteilungen Bremer Amtsgerichte wegen anderer Delikte ein. Das Urteil war zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts noch nicht rechtskräftig. Das Urteil reiht sich in eine steigende Zahl von Urteilen bzw. Hauptverhandlungen ein, die dieses Jahr im Zusammenhang mit Rückkehrern aus "Jihad"-Gebieten erfolgt sind. Innerhalb der salafistischen Szene in Deutschland haben Akteure nordkaukasischer Herkunft vermehrt an Bedeutung gewonnen. In Syrien und Irak besaßen sie eine herausgehobene Stellung unter den "foreign fighters" und nahmen bedeutende Positionen beim "IS" ein. Die nordkaukasische islamistische Szene zeichnet sich durch eine gute internationale Vernetzung im kriminellen Milieu und eine ausgeprägte Affinität zu Gewalt und Waffen aus. Zunehmend werden Überschneidungen zwischen der organisierten Kriminalität und islamistischen Netzwerken festgestellt. Ein entscheidender Faktor für eine Radikalisierung ist das persönliche Kontaktspektrum. Verbindende Elemente sind hierbei Religion und die traditionelle Clanstruktur, die nach außen weitgehend abgeschottet agiert. Westeuropa wird von den Akteuren der nordkaukasischen islamistischen Szene vor allem als Ruheund Rückzugsraum betrachtet. Jihadistische Verdachtsund Gefährdungssachverhalte Die Anzahl der so genannten jihadistischen Verdachtsund Gefährdungssachverhalte, die durch das LfV Bremen bearbeitet werden, ist auch im Jahr 2018 konstant hoch. Diese jihadistischen Sachverhalte betreffen u.a. mögliche Einreisen von jihadistischen Zellen und Kämpfern nach Deutschland, so auch Bremen, mit dem vermuteten Ziel, Anschläge zu planen oder zu begehen. Auch erreichen das LfV Hinweise auf Terrorfinanzierungen oder logistische Unterstützungshandlungen von jihadistisch motivierten Personen oder Bestrebungen. Vor besonderen Herausforderungen sah sich der Bremer Verfassungsschutz im Hinblick auf geflüchtete Personen, die sich im Rahmen ihrer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Erlangung eines Asylstatus zu Straftaten wie der Mitgliedschaft in terroristischen Organisationen oder der Teilnahme an kriminellen Handlungen in ihren Heimatländern selbst bezichtigten. Diese Form des Hinweisaufkommens ist ein neues Phänomen und erfordert bei der Aufklärung und Bearbeitung durch das LfV eine besondere Sensibilität. Die Geflüchteten wurden in ihrer Heimat unter Androhung von Repressalien nicht nur gegen sie selbst, sondern auch gegen ihre Angehörigen mitunter dazu genötigt, unterstützende Handlungen zu vollziehen. Um diese Sachverhalte möglichst vollumfänglich aufzuklären, ist die Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsbehörden, insbesondere den zuständigen Polizeidienststellen, unerlässlich. Maßnahmen der Sicherheitsbehörden im Flüchtlingskontext Bislang fanden seit dem Jahr 2015 rund 16.000 Menschen im Land Bremen Zuflucht vor insbesondere Krieg und Zerstörung im Heimatland. Auch wenn die Zahlen stark rückläufig sind, stellt die Einreise so vieler Menschen die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern weiterhin vor erhebliche Herausforderungen. Das Landesamt für 80 Verfassungsschutz regte auch im Jahr 2018 in Zusammenarbeit mit der Polizei Bremen zahlreiche Gespräche mit weiteren im Flüchtlingskontext betroffenen Behörden an. In der Folge wurden fortlaufend zahlreiche Träger der Unterbringungseinrichtungen und vor Ort verantwortliches Personal zum Thema Salafismus geschult. Auch die in Kooperation zwischen Bremer Verfassungsschutz, Polizei und der Sozialbehörde erstellte Broschüre wurde an die Mitarbeiter der Einrichtungen verteilt. Die Broschüre mit dem Titel "Religiös motivierter Extremismus als Gefährdung für Flüchtlinge - Handreichung für die Aufnahmeeinrichtungen in Bremen" macht auf die Gefahren des Islamismus und hier insbesondere des Salafismus aufmerksam und soll die Mitarbeiter sensibilisieren. Insgesamt zeigten diese Maßnahmen Erfolg, denn im Jahr 2018 konnten in Bremen keine Kontaktaufnahmen von hier lebenden Salafisten zu Flüchtlingen verzeichnet werden. Auf der anderen Seite erreichen die Sicherheitsbehörden, so auch das LfV Bremen, weiterhin zahlreiche Hinweise unterschiedlichen Ursprungs auf möglicherweise radikalisierte Personen unter den Flüchtlingen bzw. Hinweise auf Personen, die in ihren Heimatländern islamistisch terroristischen Organisationen angehört haben bzw. diese unterstützt haben sollen. In nicht wenigen Fällen stellen sich solche Hinweise als Denunzierungsversuche ohne tatsächliche Grundlage heraus. In anderen Fällen wiederum führen die hier getätigten Ermittlungen zu weitergehenden Verfahren der Sicherheitsbehörden. 6.3.2 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) Der salafistische Verein "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) gründete sich im Jahr 2001. Das wöchentlich stattfindende Freitagsgebet im IKZ ist mit 400 bis 500 Besuchern das am stärksten frequentierte Gebet. Die Besucher lassen sich mehrheitlich dem salafistischen Spektrum zurechnen. Die durch den Vorstand eingesetzten Vorbeter und Gastprediger vermitteln in ihren Predigten regelmäßig die salafistische Ideologie. Nachdem das IKZ in den vergangenen Jahren nur anlassbezogen SeminarveranstalGebäude des IKZ in tungen angeboten hatte, rief die Moschee im Jahr 2018 eine Veranstaltungsreihe ins Bremen-Mitte Leben, die mit wenigen Ausnahmen regelmäßig am ersten Wochenende des Monats stattgefunden hat. Die Tagesseminare und Wochenendvorträge waren religiös geprägt und thematisierten hauptsächlich die Glaubensausübung und das Koranverständnis. Die regelmäßig wechselnden Referenten reisten aus dem gesamten Bundesgebiet sowie von der arabischen Halbinsel an und vertreten eine mehrheitlich salafistische Gesinnung. Darunter befanden sich unter anderem bekannte Prediger aus Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Baden-Württemberg. Zusätzlich zur Veranstaltungsreihe wurden in der Moschee weitere Vorträge angeboten. Auf diese Weise versucht das IKZ, die salafistische Ideologie unter seinen Besuchern zu stärken und auswärtige Personen auf die Moschee aufmerksam zu machen. Nach wie vor finden im IKZ regelmäßig "Islamunterrichte" für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene statt und das IKZ verfügt über einen separaten, kürzlich sanierten Frauentrakt. Neben Live-Übertragungen von Vorträgen und Seminaren finden dort auch gesonderte Unterrichte im Sinne der Geschlechtersegregation statt. Wie bereits im letzten Jahr fand in 2018 während des muslimischen Fastenmonats Ramadan jeden Abend das so genannte Fastenbrechen (Iftar) statt, zu dem sich viele Gläubige in der Moschee versammelten, um gemeinsam zu essen. Neben den regelmäßigen Spendensammlungen für die eigene Moschee rief das IKZ seine Besucher im Jahr 2018 dazu auf, auch für verschiedene Moscheeprojekte in Deutschland und Europa zu spenden. Auch diese Aktionen dienen dazu, die Ausbreitung der salafistischen Ideologie weiter zu fördern. 81 6.4 "Hizb Allah" Die libanesische Organisation "Hizb Allah" ("Partei Gottes") wurde im Jahr 1982 maßgeblich auf Initiative des Iran nach dem Einmarsch israelischer Truppen in den Libanon gegründet. Bis heute wird die islamistisch-schiitische Organisation vom iranischen Regime finanziell und materiell unterstützt. Der "revolutionäre Iran" dient der "Hizb Allah" auch ideologisch als Vorbild. So bestand ein Kernziel bis in die 1990er-Jahre darin, eine "islamische Revolution" auch im Libanon auszulösen, an deren Ende die Errichtung eines schiitischen Gottesstaates stehen sollte. Aufgrund der politischen Entwicklungen rückte dieses Ziel jedoch in den Hintergrund. Im Fokus steht nunmehr der Schutz des libanesischen Territoriums vor israelischen MilitärakFlagge der tionen und die Zerstörung des Staates Israel, dem die "Hizb Allah" das Existenzrecht "Hizb Allah" abspricht. Im Libanon verfolgt die "Hizb Allah" ihre Ziele sowohl auf parlamentarischem als auch auf außerparlamentarischem Wege. Einerseits verfügt sie über eine Partei, die über eine Fraktion im libanesischen Parlament vertreten und an der libanesischen Regierung beteiligt ist. Andererseits erfährt die "Hizb Allah" großen Rückhalt in der Bevölkerung, unter anderem auch deshalb, weil sie zahlreiche soziale Einrichtungen unterhält, wie zum Beispiel Krankenund Waisenhäuser oder Schulen. Darüber hinaus unterhält die "Hizb Allah" einen militärischen Arm, dessen paramilitärische Einheiten seit 2012 im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten der Regierung gegen die zahlreichen Oppositionsgruppen kämpfen. Seit dem Jahr 2014 wird der militärische Arm der "Hizb Allah" von der EU als Terrororganisation gelistet. Die "Hizb Allah" in Deutschland und Bremen In Deutschland bemüht sich die "Hizb Allah" um den Aufbau von Organisationsstrukturen. Hierzu zählen insbesondere "Moschee-Vereine", in denen sich ihre Anhänger vorwiegend organisieren. Bundesweit verfügt die Organisation über etwa 1.050 Anhänger. Entgegen der Situation im Libanon beschränken sich die Aktivitäten der "Hizb Allah" in Deutschland vor allem auf die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen, Spendensammlungen und Demonstrationen. Die ca. 60 Anhänger der "Hizb Allah" in Bremen sind in dem Verein "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." organisiert. Dieser arabisch-schiitische Kulturverein fungiert als Anlaufstelle für schiitische Muslime in Bremen, insbesondere aus dem Libanon. Der "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." ist schon seit dem Auftreten des bereits verbotenen Spendenvereins "Waisenkinderprojekt Libanon e.V." in die finanzielle Unterstützung zugunsten der "Hizb Allah" verwickelt. Der Zweck dieses Vereins bestand in erster Linie in der finanziellen Unterstützung der Hinterbliebenen gefallener "Hizb Allah"-Kämpfer. Der "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." bietet seinen Besuchern verschiedene Treffen und Diskussionsveranstaltungen sowie gemeinsame religiöse Aktivitäten und Veranstaltungen an. Dieses Engagement verfolgt das Ziel, die in Bremen lebenden Libanesen an ihre Heimat zu binden und die libanesische Kultur aufrechtzuerhalten. Die Teilnehmerzahlen variieren je nach Veranstaltung stark, können sich aber auf bis zu 800 Personen belaufen. Einen Höhepunkt stellt hierbei etwa das im schiitischen 82 Glauben bedeutsame Aschura-Fest anlässlich des Märtyrertodes des Imam Hussain dar, das jedes Jahr unter einem anderen Motto bzw. Leitspruch zelebriert wird. Im Jahr 2018 lautete dieser aus dem Arabischen übersetzt so viel wie "Ich habe dich Logo "Al-Mustafa nicht verlassen, Oh Hussain". Die Verwendung dieses Leitspruches ist insofern Gemeinschaft" beachtlich, da der "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich der Ikonografie denselben Leitspruch übernommen hat, den der Generalsekretär der "Hizb Allah", Hassan Nasrallah, im Libanon vorgab. Für die Besucher des Vereins war damit zweifellos ein Wiedererkennungswert der "Hizb Allah" gegeben. Auch ist bekannt, dass auf Veranstaltungen innerhalb der Vereinsräumlichkeiten regelmäßig Mullahs aus dem Libanon mit Redebeiträgen und Gebeten auftreten. Die Mullahs weisen in Teilen Bezüge zur "Hizb Allah" auf. Ein weiterer Bezug des Vereins zur "Hizb Allah" ergab sich aus einem Videobeitrag, der durch den Fernsehsender "Al-Manar" veröffentlicht wurde. In diesem Beitrag wird über die Aschura-Feierlichkeiten im Jahr 2018 im "Al-Mustafa Gemeinschaft e.V." berichtet, in dem auch Videosequenzen/-ausschnitte aus dem Verein in Bremen gezeigt wurden. Bei dem Sender "Al-Manar" handelt es sich um eine "Hizb Allah"-nahe Organisation, welche in Deutschland einem Betätigungsverbot unterliegt. Wie jedes Jahr beteiligten sich auch 2018 Sympathisanten und Anhänger der "Hizb Allah" aus ganz Deutschland öffentlich an der antiisraelischen Demonstration zum internationalen "al-Quds"-Tag ("Jerusalem-Tag") am 9. Juni in Berlin. Dieser findet, dem Aufruf von Ayatollah Khomeini folgend, seit 1979 jährlich in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens, aber auch in einigen Ländern Europas statt. Es handelt sich dabei um eine antisemitische Propagandaveranstaltung, auf der dem Staat Israel regelmäßig das Existenzrecht abgesprochen wird. Auch in diesem Jahr nahmen Bremer an der Demonstration anlässlich des "al-Quds"-Tages teil. 7 Ausländerextremismus 83 Seitenzahl 85 7.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 96 7.2 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland" (ADÜTDF) 98 7.3 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) 84 7 Ausländerextremismus Die Geschehnisse in der Türkei und Syrien spiegelten sich auch in Deutschland durch ein verstärktes Demonstrationsgeschehen und eine gesteigerte Emotionalisierung der Anhänger der verschiedenen Ausländerorganisationen wider. Dies wurde z.B. mit Beginn der türkischen Militärschläge gegen die von der "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD) dominierten Gebiete rund um die nordsyrische Stadt Afrin und der Einnahme dieser deutlich. Im Bundesgebiet gab es neben zahlreichen Demonstrationen auch militante Aktionen gegen türkische Einrichtungen, wie etwa Farbund Brandanschläge. Am 24. Juni 2018 fanden die vorgezogenen Parlamentsund Staatspräsidentschaftswahlen in der Türkei statt. In Deutschland waren ca. 1,4 Millionen hier lebende Türken wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung im Wahlbezirk Hannover - zu dem u.a. das Land Bremen gehört - lag bei ca. 44,8 %. In Deutschland gab es zahlreiche öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sowohl von Erdogan-Anhängern als auch -Gegnern. Die Anhänger der PKK-nahen Vereine haben - genauso wie die türkischen Gruppierungen - Busreisen von Bremen nach Hannover organisiert. Entwicklung extremistischer "Ausländerorganisationen" in Deutschland Die extremistischen "Ausländerorganisationen" in Deutschland sind stark von Ereignissen und Entwicklungen in ihren Herkunftsländern abhängig. Im Gegensatz zu islamistischen Organisationen orientieren sie sich nicht an einer religiös-politischen Weltanschauung, sondern an weltlichen, politischen Ideologien oder Anschauungen, auch wenn in Einzelfällen eine gewisse Nähe zu religiösen Anschauungen oder Einstellungen bestehen kann. Die Zielrichtungen von ausländerextremistischen Organisationen lassen sich im Wesentlichen in linksextremistische, nationalistische und ethnisch motivierte Autonomieund Unabhängigkeitsbestrebungen unterteilen. Die "Ausländerorganisationen" sind nicht autark, sondern meistens Teil einer "Mutterorganisation" im Herkunftsland oder zumindest ideologisch eng mit einer solchen verbunden, wobei der Grad der Einflussnahme bzw. Steuerung durch die "Mutterorganisationen" unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Gesellschaftliche und politische Konflikte aus anderen Teilen der Welt können durch Migration und den Zuzug von Arbeitskräften nach Deutschland importiert werden. Von der Finanzkraft der hier lebenden und arbeitenden Ausländer sowie Menschen mit Migrationshintergrund profitieren auch extremistische Organisationen in den Heimatländern. Vielfach gründeten sie "Exilvereine" in Deutschland. Heute ist Deutschland für extremistische "Ausländerorganisationen" in unterschiedlicher Inten-sität in erster Linie ein Rückzugsund Rekrutierungsraum und dient ihnen zur Beschaffung von Material und finanziellen Mitteln. Zu den Aufgaben des LfV gehört die Beobachtung von Bestrebungen, die auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland durch Gewalt gefährden. Dies ist gegeben, wenn ausländische Gruppierungen von hier aus gewaltsame Aktionen im Heimatstaat unterstützen, etwa durch Aufrufe zur Gewalt oder durch logistisch-finanzielle Hilfe. Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann auch durch ausländerextremistische Bestrebungen gefährdet sein, wenn Kaderstrukturen beabsichtigen, demokratische Grundregeln in Deutschland außer Kraft zu setzen bzw. demokratische 85 Strukturen gezielt zu unterwandern, um ihre Positionen in den politischen Willensbildungsprozess einzubringen. Im Jahr 2018 umfasste das ausländerextremistische Personenpotenzial in Deutschland rund 30.000 Personen, wobei die Gruppierungen aus verschiedenen Herkunftsländern stammen. In Bremen nehmen die drei türkischen Organisationen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) einen besonderen Stellenwert ein, wobei erstere eher linksextremistisch und die zuletzt genannte nationalistisch ausgerichtet sind. 7.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die größte Gruppe unter den ausländischen Extremisten in Deutschland sind im Jahr 2018 mit etwa 14.500 Personen die Anhänger der verbotenen kurdischen Organisation "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Die PKK sowie ihre Nachfolgeorganisation "Kongra Gel" sind in Deutschland seit 1993 bzw. 2004 aufgrund vielfältiger, teilweise gewaltsamer Unterstützungshandlungen ihrer hier lebenden Anhänger verboten. Die Flagge der EU stuft die PKK seit 2002 als terroristische Organisation ein. PKK-Nachfolgeorganisation "Kongra Gel" Der Europäische Gerichtshof hat am 15. November 2018 entschieden, dass die PKK zwischen 2014 und 2017 zu Unrecht auf der sog. EU-Terrorliste geführt wurde. Nach Ansicht des Gerichts hat der EU-Ministerrat nicht hinreichend begründet, weshalb die PKK auf der Liste zu führen sei. Außerdem hätten u.a. die aktuellen Entwicklungen und der Friedensaufruf des PKK-Gründers Abdullah Öcalan zum Newroz-Fest 2013 beachtet werden müssen. Der Antrag auf rückwirkende Streichung von der Terrorliste seit 2002 wurde zurückgewiesen. Für das Jahr 2018 liegt ein neuer Beschluss seitens des Ministerrats zur Nennung auf der EU-Terrorliste vor, der durch das aktuelle Urteil nicht infrage gestellt wird. Die kurdischen Extremisten stellen mit rund 480 Anhängern auch in Bremen die mitgliederstärkste Gruppe unter den extremistischen "Ausländerorganisationen" dar. Sie organisieren sich überwiegend im "Verein zur Förderung demokratischer Gesellschaft Kurdistans" ("Birati e.V."), der als regionales Ausführungsorgan der PKK fungiert. In den 1990er-Jahren waren im Zusammenhang mit dem Verbot der PKK in Bremen vier "Unterstützervereine" sowie deren Nachfolgeorganisationen verboten worden. Die PKK-Anhänger in Bremen gründeten jedoch jeweils unmittelbar nach den Verboten neue Vereine. Entwicklung der PKK Die 1978 von dem noch heute amtierenden PKK-Führer Abdullah Öcalan gegründete Organisation erhebt den Anspruch, alleinige Vertreterin aller Kurden zu sein. Die Kurden bilden eine ethnische Volksgruppe, die vorwiegend in der Türkei, jedoch auch im Irak, Iran und in Syrien lebt. Während das anfängliche Ziel der PKK in der Errich86 tung eines kurdischen Nationalstaates bestand, kämpft sie nunmehr für die politischkulturelle Autonomie der Kurden innerhalb des türkischen Staates. Das von Öcalan 2005 hierzu entwickelte Konzept sieht die Etablierung eines politisch-kulturellen Verbundes der in verschiedenen Staaten lebenden Kurden vor. Der mit Unterbrechungen seit fast 30 Jahren geführte Guerilla-Kampf der PKK gegen den türkischen Staat wurde mit der Proklamation eines "einseitigen Waffenstillstands" durch PKKFührer Öcalan vorerst im März 2013 beendet. Im Gegenzug war der türkische Staat u.a. aufgefordert, den Kurden insbesondere die Gleichstellung als Staatsvolk, die Benutzung der kurdischen Sprache, etwa in Schulen, und mehr Selbstbestimmung in ihren Siedlungsgebieten einzuräumen. Seit die "Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung" (AKP) bei den türkischen Parlamentswahlen im Juni 2015 die absolute Mehrheit verfehlte, ging der türkische Staat erneut gegen die PKK vor. Zuspitzung des Konfliktes zwischen der PKK und der türkischen Regierung Ein im Juli 2015 verübter Selbstmordanschlag in der südosttürkischen Stadt Suruc durch einen mutmaßlichen Anhänger des sog. "Islamischen Staates" (IS) ließ den Konflikt zwischen PKK und türkischem Staat wieder eskalieren. In einer Verlautbarung des "Verbandes der Studierenden aus Kurdistan" (YXK) hieß es, der Anschlag habe einer über 300-köpfigen Jugenddelegation gegolten, die auf dem Weg nach Kobane gewesen sei, um sich am Wiederaufbau der syrischen Grenzstadt zu beteiligen. Türkische Sicherheitsbehörden machten die Terrororganisation "IS" für den Anschlag verantwortlich. In der Folge kam es in der Türkei zu zahlreichen Protesten prokurdischer Demonstranten, die der türkischen Regierung vorwarfen, sich nicht ausreichend bzw. zu spät im Kampf gegen den "Islamischen Staat" engagiert zu haben. Zudem verübte die PKK in der Folge zahlreiche Anschläge, insbesondere auf türkische Sicherheitskräfte. Im Gegenzug kam es zu landesweiten Exekutivmaßnahmen gegen Einrichtungen der PKK. Im weiteren Verlauf kündigten beide Seiten die damals zwei Jahre währende Waffenruhe faktisch auf. Ende 2015 rief die PKK in mehreren Städten im Südosten der Türkei eine kurdische Selbstverwaltung aus (nach dem Vorbild der PKK-Schwesterorganisation "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD), die Anfang 2014 in den kurdischen Siedlungsgebieten in Nordsyrien eine "Demokratische Autonomie" proklamierte). Diese Bestrebungen wurden Anfang 2016 verstärkt. Die Militäroperationen des türkischen Staates richten sich u.a. gegen diese Selbstverwaltung. Am 16. April 2017 wurde in der Türkei auf Initiative von Präsident Recep Tayyip Erdogan ein Referendum über eine Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems abgehalten. Das Ergebnis fiel zugunsten von dessen Einführung aus und bedeutete einen umfassenden Ausbau der präsidentiellen Befugnisse Erdogans. Die ursprünglich für November 2019 vorgesehenen Parlamentsund Staatspräsidentschaftswahlen wurden, für die Opposition überraschend, auf den 24. Juni 2018 vorgezogen. Wahlberechtigt waren neben in der Türkei lebende auch rund drei Millionen türkische Staatsangehörige im Ausland, darunter etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland. Anhänger der PKK in Deutschland unterstützten bei den Parlamentsund Präsidentschaftswahlen den Wahlkampf der prokurdischen "Demokratischen Partei der Völker" (HDP). Ihr primäres Ziel war es, möglichst viele Organisationsanhänger für eine entsprechende Stimmabgabe zu mobilisieren. PKK-Anhänger richteten in Deutschland zahlreiche öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen aus, unter anderem in Bremen. Hier warben neben dem "Birati e.V." u.a. auch die "Saidi Kurdi Moschee" und der "Kurdisch-Deutsche-Gemeinschaftsverein e.V." in Bremerhaven für die HDP. Der 87 "Birati e.V." organisierte Busreisen nach Hannover, um möglichst viele Anhänger zur Abstimmung zu bewegen. Im Verein soll massiv für die Wahlen geworben worden sein. Die PKK-Tageszeitung "Yeni Özgür Politika" (YÖP) berichtete am 5. Juni 2018 über den hiesigen Wahlkampf: "[...] In Bremen hat es ebenfalls eine Podiumsdiskussion zum Wahlkampf gegeben. Hier hielt der Rechtsanwalt und HDP-Kandidat für Bingöl, Erdal Aydemir, eine Rede. Sait Bilginsöz vom NAV-DEM ["Demokratischen Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V.", Anm. d. Red.] wies darauf hin, dass im Falle einer HDP-Niederlage und einem Sieg der AKP die Massaker zunehmen würden und die kurdische Vernichtungspolitik intensiviert werde." In der Ausgabe vom 14. Mai 2018 heißt es: "In Bremen (HB) hat sich die "Demokratische Plattform", zu der das Bremer CemHaus, die Bremer Said-Kurdi-Moschee, das Bremer Alevitische Kulturzentrum und die DKTMs [Demokratisch-Kurdische Gesellschaftszentren, Anm. d. Red.] Achim und Bremerhaven gehören, getroffen und eine Koordination gegründet. Ziel des Wahlkampfes sei es, das Ergebnis der letzten Parlamentswahlen zu verdoppeln. Dafür soll u.a. mit Informationsbroschüren und Hausbesuchen sowie der Organisierung von Transfers zu den Wahlurnen massiv für die HDP geworben werden." Sieger der vorgezogenen Parlamentsund Präsidentschaftswahlen war Staatspräsident Erdogan. Er wurde mit 52,6 % der Stimmen bereits in der ersten Wahlrunde im Amt bestätigt. Allerdings gelang es seiner konservativen AKP mit 42 % der Stimmen nicht, eine eigene Parlamentsmehrheit zu erreichen. Sie koaliert in der Folge mit der rechtsnationalistischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP). Die HDP scheiterte nicht an der 10-Prozent-Hürde, sondern wurde mit 11,7 % der Stimmen drittstärkste Kraft. "Solidaritätskomitee Kurdistans" Die Unterstützung kurdischer Autonomiebestrebungen ist ein traditionelles Thema auch linksextremistischer Gruppierungen. Seit Oktober 2014 erfolgt sie in Bremen einerseits mittels Informationsveranstaltungen und Aktionen, wie Mahnwachen und zahlreicher Demonstrationen des "Kurdistan Solidaritätskomitees Bremen", und andererseits konkret in Form von Spendensammlungen. Der Eigendarstellung des Bündnisses zufolge ist das "Bremer Solidaritätskomitee Kurdistan" ein Zusammenschluss "verschiedener linker Gruppen und Vereine und Einzelpersonen, mit dem Ziel, das emanzipierte Gesellschaftsprojekt von Rojava bekannter zu machen, zu unterstützen (...)". Ziele des Bündnisses seien u.a. die "Unterstützung der basisdemokratischen selbstverwalteten Strukturen in Rojava" sowie die "Aufhebung des PKK-Verbots". Über die Internetseite werden Hinweise, Demonstrationsabläufe, Aktionen und Veranstaltungen veröffentlicht. Bislang fanden in Bremen gemeinsam mit dem "Birati e.V." organisierte friedliche Informations-, Diskussionsund Protestveranstaltungen in Form von Mahnwachen und Kundgebungen statt. Protest im Zusammenhang mit den Geschehnissen in der Türkei In Deutschland kam es in den vergangenen Jahren zu zahlreichen Protesten aufgrund aktueller oder vergangener Ereignisse in der Türkei, so auch im Jahr 2018. Mit Beginn der türkischen Militärschläge gegen die von der PYD dominierten Gebiete 88 rund um die nordsyrische Stadt Afrin am 20. Januar 2018, der Bodenoffensive am 21. Januar 2018 und der laut Pressemeldungen vollständigen Einnahme der Stadt am 18. März 2018 ("Operation Olivenzweig") kam es zu einer weiteren Steigerung des zuvor bereits hohen Demonstrationsgeschehens. An einer Großdemonstration in Köln am 27. Januar 2018 nahmen ca. 13.000 Personen teil, darunter ca. 300 aus Bremen. Als Reaktion auf das militärische Vorgehen wurden der Hashtag #fight4afrin und die Webseite fight4afrin.noblogs.org veröffentlicht. Hier wurde dazu aufgerufen, den "Krieg in Afrin auf Europas Straßen zu tragen". Bereits am 8. März 2018 veröffentlichte die linksgerichtete Internetseite "Indymedia Deutschland" einen Aufruf zu einer militanten Kampagne gegen mutmaßliche Unterstützer des "türkischen Angriffskriegs gegen Afrin". Ziele solcher Kampagnen waren u.a. türkische Botschaften, AKP-nahe Vereine wie UETD ("Union Europäisch-Türkischer Demokraten", Anm. d. Red.), vermeintliche türkische Faschisten sowie ihre Läden und Cafes oder auch deutsche staatliche Institutionen (SPD-/CDU-Büros, Polizei, Gerichte). Die Jugendorganisation der PKK schloss sich den Aufrufen an. Seit dem Wochenende 10./11. März 2018 kam es im Bundesgebiet zu einer Vielzahl von "Solidaritätsveranstaltungen für Afrin". Hintergrund war das Bekanntwerden türkischer Truppenpräsenz kurz vor Afrin. Es kam zu körperlichen Übergriffen zwischen Kurden und Türken und zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bei einer Demonstration in Oldenburg am 11. März 2018 übergoss sich ein junger Mann mit Benzin und wollte sich anzünden. Dies konnte durch einen anderen Teilnehmer verhindert werden. In Bremen kam es bis Ende März 2018 zu knapp 50 Veranstaltungen, die friedlich verliefen, bei denen es aber in Einzelfällen zu kleineren Auseinandersetzungen mit politisch Andersdenkenden kam: Am 2. Februar 2018 fand hier eine durch Personen aus dem linksorientierten Spektrum angemeldete Kundgebung unter dem Motto: "Hände weg von Kurdistan, deutsche Panzer raus aus Afrin" mit 1.800 Demonstranten statt. Neben bürgerlichen Teilnehmern nahmen auch Personen aus dem linksextremistischen Spektrum sowie Mitglieder hiesiger PKK-naher Vereine teil. Es wurden Fahnen der YPG ("Volksverteidigungseinheiten"), YPJ ("Frauenkampfverbände der Volksverteidigungseinheiten") und vereinzelt mit dem Bild Öcalans gezeigt. Aus Anlass von Bombardierungen in Afrin fand in den Abendstunden des 10. März 2018 eine Versammlung mit dem Thema "Afrin ist überall" statt. Die ca. 150 Teilnehmer marschierten vom Hauptbahnhof zum Domshof und hielten eine 15-minütige Kundgebung ab, bevor sie zum Bahnhof zurückkehrten. Am 11. März 2018 kam es zum gleichen Thema zu einer Spontandemonstration vom Bahnhofsvorplatz zum Marktplatz. Ca. 300 Personen versammelten sich vor dem Hauptbahnhof. Im Laufe des Aufzuges erhöhte sich die Teilnehmerzahl auf ca. 700 Personen. Es wurden Transparente und Banner mitgeführt. Am 13. März 2018 fand eine Spontanversammlung am Flughafen Bremen unter dem Motto "Solidarität mit Afrin" statt. In der Flughafenhalle versammelten sich ca. 50 Personen. Während der Versammlung skandierten die Teilnehmer u.a. "Kindermörder Erdogan", "Hoch die internationale Solidarität", "Afrin überall - Widerstand", "Deutsche Panzer raus aus Afrin", "Türkische Armee raus aus Afrin" und "Schluss mit den Massakern in Afrin". Es wurde ein ca. 3-minütiger Redebeitrag zum Thema gehalten und Fahnen der PYD, YPG und YPJ gezeigt. Am Rande der Veranstaltung gab es eine kleine Auseinandersetzung unter den Kurden. Die Passagiere einer während der Versammlung eintreffenden Passagiermaschine von Turkish Airlines wurden durch einen Seitenausgang auf der Ankunftshalle hinausgeführt, um ein Aufeinandertreffen 89 mit den Demonstranten zu vermeiden. Am 14. März 2018 versammelten sich ca. 30 Personen im Foyer von Radio Bremen und skandierten u.a. "Hoch die internationale Solidarität". Es wurden Fahnen der PYD, YPG und YPJ gezeigt. Am 27. März 2018 zeigte eine 12-köpfige Personengruppe in der Bremer Innenstadt bei einer nicht angemeldeten Versammlung stationär Transparente mit der Aufschrift: "CDU und SPD, der lange Arm der AKP" in die Luft. Es wurden mit roter Farbe beschmierte Puppen "ausgelegt". Die Beteiligten trugen weiße Einmalanzüge und "Guy-Fawkes"-Masken. Die PKK in Deutschland und Europa Zur Unterstützung ihrer Interessen in der Türkei ist die PKK in Europa durch den "Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft Kurdistan in Europa" (KCDK-E) vertreten. Einer der Vorsitzenden des KCDK-E ist der Bremer PKK-Funktionär Yüksel Koc. In ihrem "gewaltfreien Kampf" greift die Organisation auf legale und illegale Strukturen zurück. Regionale Kurdenvereine (so genannte Basisvereine) dienen den Anhängern als Informationsund Kommunikationszentren. Diese, der PKK nahestehenden Vereine sind in Deutschland unter dem Dachverband des "Demokratischen Gesellschaftszentrums der KurdInnen in Deutschland e.V." (NAV-DEM) zusammengeschlossen. Politischer Arm in Syrien Die kurdische Partei PYD wurde 2003 in Syrien gegründet und ist die dortige Zweigorganisation der PKK, wenngleich die offene Darstellung dieser Verbindung vermieden wird. Im September 2017 sind Shahuz Hassan und Aisha Hesso an die Parteispitze gewählt worden. Die PYD strebt die Autonomie der Kurden in Syrien an und rief im Januar 2014 in drei von Kurden dominierten Kantonen (Afrin, Kobane und Cizre) eine "Demokratische Autonomie" aus. Die PYD unterhält paramilitärische Einheiten, die so genannten "Volksverteidigungseinheiten" (YPG), die sich seit Herbst 2012 wiederholt bewaffnete Auseinandersetzungen mit anderen in Nordsyrien agierenden Konfliktparteien lieferten, etwa mit der "Freien Syrischen Armee" und dem "IS". In Europa organisiert die PYD insbesondere Protestveranstaltungen gegen Menschenrechtsverletzungen in Syrien. Finanzierung der PKK Die von der PKK in der Türkei über Jahrzehnte geführten Kämpfe sowie ihre politische Arbeit in Europa erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Die PKK finanziert sich in erster Linie durch Spenden, daneben auch aus Veranstaltungserlösen und dem Verkauf von Publikationen. Jedes Jahr ruft die PKK zu einer groß angelegten Spendenkampagne auf, die sie "das Jährliche" nennt, und fordert von ihren Anhängern regelmäßig die Steigerung der Spendeneinnahmen. Auch in Bremen gibt es jedes Jahr eine solche Kampagne. Reaktionen von PKK-Anhängern auf die Erweiterung des PKK-Kennzeichenverbots durch das Bundesministerium des Innern (BMI) Mit Erlass vom 2. März 2017 betreffend den Vollzug des gegen die PKK verhängten Betätigungsverbots hat das BMI seine Bewertung der derzeit verwendeten Organisationsbezeichnungen und der hiermit verbundenen Kennzeichen der PKK aktualisiert. 90 Mit Erlass vom 12. Februar 2018 wurde das o.g. Betätigungsverbot nochmals aktualisiert. Im Mittelpunkt dieser Aktualisierung steht der Beschluss des OVG Münster vom 3. November 2017, wonach sämtliche Kennzeichen mit dem Abbild des PKK-Anführers Öcalan unter das Kennzeichenverbot vom 22. November 1993 fallen. Nur wenn das Abbild eindeutig in keinster Weise im Zusammenhang mit der PKK verwendet wird, sondern auf das persönliche Schicksal Öcalans und seine Haftbedingungen aufmerksam gemacht werden soll, unterliegt es in Ausnahmefällen nicht dem Kennzeichenverbot. Verboten sind seitdem unter anderem auch die Kennzeichen und Symbole der syrischen PYD sowie der Verteidigungseinheiten YPG/YPJ (soweit diese in einem PKK-Kontext verwendet werden), der PKK-Jugendorganisationen "Komalen Ciwan"/ "Ciwanen Azad" und der PKK-Studierendenorganisationen YXK/JXK. Grundlage hierfür ist eine Verfügung des BMI vom 22. November 1993. Diese verbietet, Kennzeichen der PKK und von ihrer Teilorganisation "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) öffentlich zu verwenden, und umfasst generell alle sichtund hörbaren Symbole. Erfasst sind zum Zeitpunkt des Erlasses benutzte Symbole, aber auch später aufgrund von Umbenennungen neu hinzutretende. Betroffen sind auch die zahlreichen Unterund Teilorganisationen im PKK-Einflussbereich, ungeachtet einer scheinbaren organisatorischen Selbstständigkeit, denn diese handeln gemäß Bundesgerichtshof abhängig von den Vorgaben der Gesamtorganisation (vgl. Urteil des BGH vom 28.10.2010 - 3 StR 179/10; BGHSt 56, 28). Beispiele für verbotene Symbole Die PKK weicht inzwischen zunehmend auf Symbole aus, die zunächst keinen unmittelbaren PKK-Bezug aufweisen, zum Beispiel eine Fahne mit dem Abbild ihres Gründers Abdullah Öcalan auf gelbem oder grün-gelbem Grund. Aufgrund eines erheblichen Emotionalisierungseffektes bei Versammlungen sind diese Fahnen aber in besonderer Weise dazu geeignet, den Zusammenhalt innerhalb der PKK zu fördern und nach außen hin unübersehbar zu demonstrieren. Sie unterliegen daher ebenfalls dem Verbot. Das erweiterte Kennzeichenverbot wurde seitens der betroffenen Organisationen stark kritisiert. U.a. warfen sie der Bundesregierung vor, die Politik der von ihnen als faschistisch bezeichneten AKP gegenüber den Kurden zu unterstützen. Das Verbot sei nicht mit den rechtsstaatlichen Prinzipien in Deutschland vereinbar. Außerdem zeige das Verhalten die enorme Abhängigkeit der Bundesregierung vom Regime Erdogans. Die Erweiterung des Kennzeichenverbots war im Rahmen ihrer Veranstaltungen auch 2018 weiterhin ein wesentlicher Kritikpunkt der PKK-Anhänger. Trotz Verbots und vorheriger Sensibilisierung durch die Versammlungsbehörden wurden diesbezüglich die Auflagen regelmäßig nicht eingehalten. Haftsituation von Abdullah Öcalan Der Gesundheitszustand des PKK-Anführers Abdullah Öcalan ist nach wie vor in besonderem Maße dazu geeignet, die PKK-Anhängerschaft zu emotionalisieren und zu mobilisieren. In der PKK-nahen Zeitung YÖP vom 21./22. April 2018 heißt es: "Zum Ausdruck des Protestes gegen die verschärften Haftbedingungen des kurdischen Volksführers Abdullah Öcalan sollen in vielen Zentren Europas zwischen dem 91 23. und dem 27. April Hungerstreik-Aktionen ins Leben gerufen werden. Der 'Kongress der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa' (KCDK-E) rufe in einer schriftlichen Erklärung dazu auf, die Aktionen tatkräftig zu unterstützen. (...)" In Straßburg findet seit dem 25. Juni 2012 eine ununterbrochene Dauermahnwache unter dem Motto "Free Öcalan" vor dem Europarat statt. In der Ausgabe der YÖP vom 25. April 2018 wurde über mehrere Hungerstreiks berichtet. U.a. soll in Bremen ein dreitägiger Hungerstreik, an dem sich 15 Personen beteiligt haben sollen, stattgefunden haben. Die YÖP berichtete am 27. April 2018: "[...] Die Hungerstreikaktion vor der Bremischen Bürgerschaft wurde nach drei Tagen mit einer Kundgebung beendet. Der Co-Vorsitzende des Rates in Bremen (HB), Ramadan Ramadan kritisierte die Isolationshaft Öcalans und forderte die Verantwortlichen des 'Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe' (CPT) auf, eine Delegation nach Imrali zu schicken. [...]". Newroz-Feiern Die PKK instrumentalisiert auch weiterhin das jährliche Neujahrsfest ("Newroz-Fest", 21. März) für ihren "Befreiungskampf" gegen den türkischen Staat. Das Fest geht auf eine Legende um einen kurdischen Schmied zurück, der zum Widerstand gegen einen Tyrannen aufgerufen und diesen in der Nacht vom 20. auf den 21. März im Jahr 612 v. Chr. erschlagen haben soll. Daher wird Newroz auch als Fest des Widerstands gegen Tyrannei und als Symbol für den kurdischen Freiheitskampf verstanden. 2018 fand die zentrale Newroz-Feier in Hannover statt. Ca. 11.000 Personen nahmen am 17. März 2018 an der Großveranstaltung teil, darunter PKK-Anhänger aus Bremen. Eine ursprünglich durch NAV-DEM angekündigte Versammlung war zunächst abgesagt worden, nachdem die Polizeidirektion Hannover ein Verbot angekündigt hatte. Die daraufhin angemeldete Ersatzveranstaltung durfte nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover stattfinden. Das "Fest" wurde schließlich unter dem Motto: "Newroz heißt Widerstand - der Widerstand heißt Afrin" durchgeführt. Trotz Verbots zeigten Teilnehmer vielfach verbotene Symbole und Fahnen. Die Kundgebung verlief bis auf wenige Ausnahmen störungsfrei. Parallel zu der zentralen Großveranstaltung in Hannover fanden bundesweit NewrozFeiern statt. In Bremen organisierte die PYD Bremen am 9. März 2018 ihr diesjähriges Newroz-Fest mit mehreren hundert Teilnehmern. In einer Rede wurde über den Kampf um Afrin und die Untätigkeit der europäischen Länder berichtet. Abschließend erfolgte ein Aufruf, nicht mehr in türkischen Läden einzukaufen. In der YÖP-Ausgabe vom 26. März 2018 wurde über das Newroz-Fest in Bremerhaven berichtet: "In Bremerhaven (HB) wurde am vergangenen Freitag das Newroz-Feuer entzündet. Auch hier waren Vertreter diverser Einrichtungen zugegen. Der Widerstand von Afrin wurde begrüßt und die Angriffe des türkischen Staates verurteilt. Der deutsche Staat trage durch seine Waffenlieferungen an die Türkei ebenfalls eine Mitschuld an der Besatzung Afrins. U.a. habe der Frauenchor des örtlichen DKTM ["Kurdischdeutscher Gemeinschaftsverein e.V.", Anm. d. Red.] zur musikalischen Unterhaltung beigetragen." Am 20. März 2018 fand im Rahmen der Newroz-Feierlichkeiten unter dem Motto "Überall ist Afrin, überall ist Widerstand!" ein Protestzug des "Birati e.V." vom Ziegenmarkt im Bremer Steintorviertel zum Marktplatz statt. Teilnehmer wurden vereinzelt von politisch Andersdenkenden beleidigt und provoziert. Ausschreitungen wurden jedoch durch eine entsprechende Polizeipräsenz verhindert. Auf dem Marktplatz wurde in einer Schale traditionsgemäß ein Feuer entzündet. 92 "26. Internationales Kurdisches Kulturfestival" Das "Internationale Kurdische Kulturfestival" stellt regelmäßig einen Höhepunkt der stattfindenden kurdischen Großveranstaltungen dar. Neben der von der PKK propagierten "Pflege der kurdischen Kultur" dient es ihr zur Verbreitung ihrer politischen Botschaften. Die Durchführung des ursprünglich für den 8. September 2018 in Dinslaken für etwa 25.000 Teilnehmer angemeldeten "26. Internationalen Kurdischen Kulturfestivals" wurde von den Behörden wegen nicht erfüllter bauordnungsrechtlicher Auflagen untersagt. Noch am selben Tag wurde als Ersatzveranstaltung von zwei Bundestagsabgeordneten der Partei DIE LINKE eine Kundgebung in Düsseldorf, ebenfalls für den 8. September 2018, unter dem Motto "Schluss mit dem Verbot kurdischer Kultur! Freiheit für Abdullah Öcalan!" für 10.000 Teilnehmer angemeldet. An der weitgehend störungsfrei verlaufenen Veranstaltung nahmen lediglich 3.500 Personen teil, darunter auch aus Bremen. Ursache hierfür dürften u.a. die Probleme um den Versammlungsort und das wiederholte Untersagen von Verpflegungsständen gewesen sein. Trotz der Untersagung der ursprünglichen Veranstaltung fuhren aus Bremen Busse nach Düsseldorf. Demonstration in Paris anlässlich des Jahrestages der Ermordung von drei PKK-Aktivistinnen Anlässlich des fünften Jahrestages der Ermordung von drei Aktivistinnen der PKK in Paris fand am 6. Januar 2018 eine Großdemonstration in Paris statt. An der störungsfrei verlaufenen Demonstration sollen sich ca. 4.700 PKK-Anhänger aus mehreren europäischen Ländern, unter anderem aus Deutschland, beteiligt haben. Auch aus Bremen fuhren Busse nach Paris. Die Demonstranten beklagten die aus ihrer Sicht mangelhafte Aufklärung der Morde durch die französischen Behörden. Am 10. Januar 2013 waren die Leichen der getöteten PKK-Aktivistinnen im kurdischen Informationsbüro in Paris gefunden worden. Eine der Frauen war eine hochrangige Funktionärin, Mitbegründerin und prominentes Mitglied der Europaführung der PKK gewesen, die viele Jahre in der kurdischen Guerilla gekämpft hatte. Ihr Wirkungskreis führte sie auch nach Bremen. So verkehrte sie im "Birati e.V." und nahm dort an Veranstaltungen teil. Die der PKK nahestehenden Organisationen bezichtigen türkische Regierungskreise der Tat. Die türkische Regierung sprach dagegen von einer PKKinternen Vergeltungsaktion. " - Besuch des türkischen Staatspräsidenten Erdogan Ende September 2018 in Deutschland Der Deutschlandbesuch des türkischen Staatspräsidenten Erdogan vom 27. bis 29. September 2018 war Anlass für zahlreiche Kundgebungen und Protestaktionen: Unter dem Motto "Erdogan Not Welcome" wurden in Berlin und Köln Großdemonstrationen durchgeführt, deren Teilnehmerzahlen allerdings weit hinter den Erwar93 tungen der Veranstalter zurückblieben. Ursächlich dürfte die erst spät bekanntgewordene Aufteilung des Besuchsprogramms auf die beiden Orte sowie die große Polizeipräsenz gewesen sein. An der Kundgebung am 28. September 2018 in Berlin beteiligten sich auch PKKAnhänger aus Bremen. Auf der Homepage des "Solidaritätskomitees Kurdistans" wurde auf Busreisen zur Demonstration ab Bremen aufmerksam gemacht. Auch in Bremen fanden Protestveranstaltungen gegen den Besuch Erdogans statt. So wurde u.a. am 26. September 2018 eine entsprechende Veranstaltung durch den "Frauenrat Seve e.V." angemeldet. Am 27. September 2018 verbrannte sich in Bayern der PKK-Aktivist Ümit Acar. Öffentlichkeitswirksame Selbstverbrennungen von PKK-Anhängern hatte es davor in Deutschland zuletzt in den 1990er-Jahren gegeben. Die YÖP berichtete am 1. Oktober 2018 über die Verbrennung und die Bestattungszeremonie. Dieser hätten zahlreiche Kurden und Vertreter von Organisationen wie NAV-DEM und dem KCDK-E beigewohnt. Die Zeitung zitierte u.a. den Co-Vorsitzenden des NAV-DEM, Tahir Kocer, Acar habe mit seiner Aktion die Türkei und ihren Präsidenten zu Feinden des kurdischen Volkes erklärt, die Isolationshaft Öcalans angeprangert und das kurdische Volk aufgerufen, seinen Widerstand zu vergrößern. Acars "Botschaft" sei als "Ferman" [Erlass/Dekret etc. eines Souveräns in islamischen Ländern] zum fortgesetzten Kampf zu verstehen. Die PKK in Bremen Der Verein "Birati e.V." nimmt als regionales Ausführungsorgan der PKK eine besondere Stellung ein, weil er zu den so genannten "Zentralvereinen" gehört. Er bietet seinen Mitgliedern u.a. soziale und kulturelle Aktivitäten an. Die im Zusammenhang mit der PKK stehenden Aktivitäten nehmen dabei einen breiten Raum ein, etwa Feiern zum Geburtstag Öcalans oder zum Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der PKK. Bisher wurde Deutschland vom politischen Arm der PKK intern in ca. 30 Gebiete unterteilt. In einem solchen Gebiet nimmt der jeweils bedeutendste kurdische Verein die Stellung eines "Zentralvereins" ein, alle anderen PKK-nahen Vereine sind meist abhängig von dessen Entscheidungen und Weisungen. In Bremen stehen z.B. der Verein "Förderung der kurdisch-islamischen Kultur e.V." (Trägerverein der "Saidi Kurdi Moschee") und der "Frauenrat Seve e.V." (ehemals "Internationale Gebäude des "Birati e.V." in Fraueninitiative e.V.") in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Zentralverein "Birati e.V.". Bremen PKK-Funktionäre bestimmen das politische Geschehen im "Bremer Volksrat", der auch als "Kurdisches Parlament" bezeichnet wird. Die Einsetzung von "Volksräten" erfolgt einem von Öcalan 2005 entwickelten Konzept entsprechend, das letztlich auf die Etablierung eines politisch-kulturellen Verbundes der in verschiedenen Staaten lebenden Kurden abzielt, um die Mitbestimmung aller Kurden zu gewährleisten. Tatsächlich erfolgte die politische Arbeit im "Bremer Volksrat" allerdings nicht nach demokratischen Regeln, sondern ist nach wie vor hierarchisch geprägt. Im Rahmen einer von der PKK-Führung beschlossenen und den Anhängern vorgegebenen Umstrukturierung sind an die Stelle der bisherigen Vereine wie beispielsweise "Birati e.V." oder "Kurdisch-deutscher Gemeinschaftsverein" in Bremerhaven die "Zentren der demokratischen kurdischen Gesellschaft" (DKTM) getreten. In Bremerhaven und mehreren Bremer Umlandgemeinden wurden "regionale Volksparlamente" eingerichtet. Neben dem "Birati e.V." stellen auch diese "regionalen Volksparlamente" 94 sowie verschiedene weitere Organisationen die Vertreter eines übergeordneten Volksparlaments. Während die Aktivitäten der Bremer PKK-Anhänger bisher hauptsächlich auf Weisung übergeordneter legaler und illegaler hierarchischer Strukturen Gebäude des "Kurdischzurückzuführen waren, sollten sie zukünftig demokratisch strukturiert werden. In der deutschen GemeinschaftsPraxis erfolgten jedoch bisher keine Veränderungen der Entscheidungsprozesse und vereins" in Bremerhaven diese sind in wesentlichen Teilen nach wie vor undemokratisch. "Kurdisch-deutscher Gemeinschaftsverein" in Bremerhaven Im Frühjahr 2013 wurde in Bremerhaven der "Kurdisch-deutsche Gemeinschaftsverein" gegründet, der wiederum in einem Abhängigkeitsverhältnis zum "Birati e.V." steht. Die Eintragung in das Vereinsregister Bremen erfolgte am 19. Juni 2014. Die Mitglieder organisieren regelmäßig Feierlichkeiten, bei denen u.a. dem PKK-Führer Öcalan gehuldigt wird. In der YÖP-Ausgabe vom 10. April 2018 wurde berichtet, dass in diversen "Demokratischen Kurdischen Gesellschaftszentren" (DKTM) der 69. Geburtstag von Abdullah Öcalan gefeiert wurde, u.a.: "In Bremerhaven (HB) wurde beteuert, so lange kämpfen zu wollen, bis Öcalan frei sei." Der Verein beantragte in den letzten Jahren Zuschüsse für "Kulturveranstaltungen", die durch den Kulturausschuss wegen fehlender Distanz zur PKK abgelehnt wurden. Im Januar 2018 stellte der Verein beispielsweise einen Antrag auf einen Zuschuss für eine Musikveranstaltung, bei der am 7. April 2018 Volkslieder aus Kurdistan vorgetragen werden sollten. Im Antrag wurde u.a. die MiR Multimedia GmbH erwähnt. Die in Neuss ansässige Gesellschaft ist innerhalb der PKK-Strukturen für den Verkauf und Vertrieb einschlägiger Musikproduktionen, hauptsächlich PKK-naher Künstler, zuständig. Sie ist mit Verkaufsständen regelmäßig bei PKK-Großveranstaltungen, wie beispielsweise den Newroz-Veranstaltungen und den Kurdistan-Kulturfestivals, vertreten. Im März 2018 hat das Bundesinnenministerium vereinsrechtliche Ermittlungen gegen die MiR Multimedia GmbH wegen des Verdachts der Unterstützung der verbotenen PKK eingeleitet. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, mit den von ihm vertriebenen Produkten den organisatorischen Zusammenhalt der in Deutschland verbotenen PKK zu unterstützen. Zudem wird es verdächtigt, sich dadurch gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten. Am 12. Februar 2019 wurde die MiR Multimedia GmbH sowie die Mezopotamien Verlag und Vertrieb GmbH durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) als Teilorganisationen der PKK verboten und aufgelöst. Auseinandersetzungen zwischen rechtsextremen Türken und PKK-Anhängern Zwischen den Anhängern der PKK und Personen des türkisch-nationalen Spektrums kam es im vergangenen Jahr zu Provokationen am Rande von Demonstrationen. Ursache sind einerseits andauernde militärische Auseinandersetzungen zwischen türkischem Militär und der PKK sowie andererseits in der Türkei verübte Anschläge, zu denen sich PKK-Splittergruppen bekannten. Die Vielzahl von Demonstrationen der PKK-Anhänger schafft zusätzliches Potenzial für eine direkte Konfrontation. Insbesondere bei jugendlichen PKK-Anhängern sind auch militante Aktionsformen gegen türkische Einrichtungen und Personen des türkisch-nationalen Spektrums zu befürchten. Von beiden Seiten kam es 2018 in Bremen zu kleineren Sachbeschädigungen an Vereinsgebäuden und Kfz der jeweils anderen Seite. Werbung und Rekrutierung für die PKK-Guerilla Die Kampfhandlungen in Syrien und im Irak haben die Bereitschaft der PKK-Anhänger, sich für den bewaffneten Kampf rekrutieren zu lassen, gesteigert. Sie folgen u.a. Aufrufen, die von der PKK nahestehenden Medien auf einschlägigen Internetseiten, in (Jugend-)Zeitschriften oder auf Großveranstaltungen wie dem jährlichen kurdischen Kulturfestival verbreitet werden. Auch von den örtlichen Vereinen organi95 sierte so genannte "Märtyrerveranstaltungen", bei denen gefallene Guerilla-Kämpfer glorifiziert werden, bereiten den Boden für Rekrutierungen. So fand z.B. im Januar 2018 in den Räumlichkeiten des "Birati e.V." eine Märtyrerveranstaltung statt. Laut der YÖP-Ausgabe vom 9. Januar 2018 gedachte man des bereits vor einem Jahr verstorbenen Ahmet Kilic. U.a. hielt Bunyamin Xani im Namen der "Kampfkameraden" eine Rede. Eine weitere Gedenkveranstaltung fand im November 2018 statt. In der YÖP vom 13. November 2018 heißt es: "Der "Verein für die Familienangehörigen der Opfer und Verschwundenen e.V." (KOMAW) in Bremen veranstaltete ein Frühstück für die "Krieger", die ihr Leben im Freiheitskampf verloren hätten." Anfang Juni 2018 initiierten PKK-nahe Organisationen die Aktion "lebende Schutzschilde" und forderten zur Teilnahme auf. Die Aktion diente der koordinierten Ausreise von Jugendlichen aus Europa in die kurdischen Kampfgebiete. Sie sollten der dortigen Bevölkerung als "lebende Schutzschilde" gegen das türkische Bombardement dienen. Unterstützung der PYD und PKK durch öffentliche Einrichtungen Es ist weiterhin festzustellen, dass sich die örtlichen Funktionäre der PYD und der PKK verstärkt an öffentliche Einrichtungen in Bremen sowie im Umland wenden, um Unterstützung für ihre Ziele bzw. Projekte zu erhalten. So werden beispielsweise Anfragen zur Nutzung öffentlicher Räumlichkeiten an Behörden und Einrichtungen gestellt, Spendengeldsammlungen zugunsten vermeintlich humanitärer Zwecke mit Unterstützung öffentlicher Einrichtungen beworben und Zuschüsse für "kulturelle Darbietungen" beantragt. Zum Teil sind die Bemühungen der Organisationen erfolgreich. PKK und PYD nutzen ihre zurzeit positive Wahrnehmung in Öffentlichkeit und Politik einerseits um ihre gesellschaftlichen und politischen Kontakte auszubauen und andererseits um gezielt eigene Vertreter in politisch und gesellschaftlich wichtige Strukturen zu bringen. Ziele dieser Bemühungen sind die Aufhebung des PKK-Verbots, die Freilassung des PKK-Führers Öcalan und die Anerkennung der PKK als demokratische Vertretung der Kurden. 7.2 ADÜTDF - Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu) 96 Logo der ADÜTDF Ideologie/Ziele Die "Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu" (Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland, kurz: ADÜTDF) ist der älteste und mit ca. 7.000 Mitgliedern zugleich anhängerstärkste Dachverband der Ülkücü-Bewegung in Deutschland und fungiert darüber hinaus ebenso als Auslandsorganisation der türkischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP), die den politischen Arm der "Ülkücü" in der Türkei darstellt. Die Föderation und ihre bundesweiten Mitgliedsvereine, die sog. "Ülkü Ocaklari" (Idealistenvereine), gelten als ein Sammelbecken extrem nationalistischer Personen mit türkischem Migrationshintergrund. Ihre Mitglieder sind auch bekannt unter dem Namen "Graue Wölfe" (Bozkurtlar). In der türkischen Mythologie hatte der Wolf in Vorzeiten die Turkvölker nach der Niederlage gegen die Chinesen in Sicherheit gebracht. Zu ihren Erkennungszeichen gehören u.a. der mit den Fingern der rechten Hand geformte Wolfsgruß sowie das Logo der MHP, das drei weiße Halbmonde auf rotem Untergrund zeigt und an der sie sich politisch und ideologisch orientieren. Der Dachverband findet seine lokale Vertretung in Bremen und Bremerhaven in dem Verein "Türkische Familienunion in Bremen und Umgebung e.V." wieder, dem ca. 200 Mitglieder zuzurechnen sind. Organisatorisch ist die ADÜTDF in mehrere Gebiete (Bölge) unterteilt. Der Bremer Verein gehört gemeinsam mit Hamburg, Neumünster, Lübeck und Kiel zum Nordverbund (Bölge-Nord), in dessen Rahmen ein enger Kontakt und Austausch besteht. Ideologisch bekennen sich die ADÜTDF und ihre Mitgliedsvereine zu Alparslan Türkes, dem 1997 verstorbenen Gründer der MHP. Der ehemalige Oberst wird weiterhin uneingeschränkt als ewiger Führer (Basbug) verehrt. Ihm folgt der Parteivorsitzende der MHP Devlet Bahceli. Die MHP ist eine Partei des rechten Spektrums. Die Ideologie der MHP - und somit auch der ADÜTDF - stützt sich u.a. auf den Gedanken des Panturkismus, d.h. einer Vereinigung aller Turkvölker - vom Balkan bis nach Zentralasien unter der Führung einer "Großtürkei", angelehnt an das Osmanische Reich. Sie sehen die türkische Nation sowohl politisch-territorial als auch ethnisch-kulturell als höchsten Wert an. Prägend für die Bewegung ist ein übersteigerter türkischer Nationalismus, mit einer Überhöhung der eigenen Ethnie. Damit einher geht eine Abwertung anderer Ethnien wie beispielsweise Kurden, Armenier, Griechen und Juden. Logo der "Grauen Wölfe" und der rituelle "Wolfsgruß" Die "Ülkücü"-Vereine vermeiden einen offenen Antisemitismus und geben sich nach außen hin überwiegend legalistisch und demokratisch. In der Vergangenheit wurde jedoch von führenden Mitgliedern nahegelegt, die demokratischen Rechte in Deutschland wahrzunehmen und sich politisch und gesellschaftlich zu betätigen, um Einfluss auszuüben. So sind im Bundesgebiet Anhänger der "Ülkücü"-Bewegung in Parteien tätig und auch in Ausländerbeiräten und anderen Gremien vertreten. Dies darf insoweit nicht als Anerkennung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstanden werden, sondern als gezielte politische Einflussnahme im Sinne einer nationalistischen Ideologie. Neben den Mitgliedern in den "Ülkü Ocaklari" gibt es auch Anhänger, die der Bewegung ideologisch verbunden, jedoch nicht in einem Verein organisiert sind. Diese unorganisierte Bewegung besteht überwiegend aus jüngeren Menschen, die insbesondere in den sozialen Netzwerken gegen politische Gegner und Völker hetzen und an das gemeinsame türkische Nationalbewusstsein appellieren. Sie pflegen ihre Feindbilder und äußern sich viel unverblümter über ihren Antisemitismus als die Anhänger in den Idealistenvereinen. 97 Die ADÜTDF sieht sich nicht nur als alleinige Hüterin der Ideologie der "Nationalistischen Bewegung" in Deutschland, sondern generell als Hüterin türkischer Werte und Kultur. Eine derartige auf Volkszugehörigkeit und übersteigertem Nationalismus gründende Identität kann in einer pluralistisch geprägten Gesellschaft jedoch unterschiedliche Konflikte hervorrufen. Sie führt nicht zuletzt zu Intoleranz gegenüber anderen Völkern. Dies widerstrebt dem Gedanken der Völkerverständigung, ist gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet und wirkt einer Integration in die deutsche Gesellschaft entgegen. Ereignisse 2018 Der Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 und der anschließende Schulterschluss des MHP-Parteivorsitzenden Devlet Bahceli mit der Regierungspartei für "Gerechtigkeit und Aufschwung" (AKP) unter der Führung vom Staatspräsidenten R.T. Erdogan hat die MHP in eine Art Identitätskrise geführt. Bei vielen MHP-Funktionären wurden neue Sympathien für die AKP entfacht. Andere wiederum haben sich gegen diese Allianz gestellt und eine neue gemeinsame Partei gegründet. Vor dem Putschversuch wäre solch eine Allianz nicht vorstellbar gewesen. Auch in der "Ülkücü"-Bewegung ist es zu Spaltungen gekommen, wobei der ADÜTDF-Dachverband geschlossen hinter der AKP/MHP-Allianz stand. Im Januar 2018 wurde öffentlich bekannt, dass die MHP keinen eigenen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei aufstellt, sondern ein Bündnis mit der "Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung" (AKP) zur Unterstützung R.T. Erdogans eingehe. Die Annäherung an die AKP sei wichtig gewesen, damit die MHP die 10 % Hürde für das Parlament bewältige. Im Vorfeld zur Wahl und innerhalb des Wahlzeitraumes konnten Aufrufe zur Wahl der MHP seitens ADÜTDF-Anhängern in den sozialen Netzwerken beobachtet werden. Bei den Wahlen konnte die MHP rund 11 % erreichen und stellt mit der AKP die Mehrheit im Parlament. Für die Verbreitung ihres ideologischen Gedankengutes und zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls wurden in den vergangenen Jahren regelmäßig kulturelle und familiäre Veranstaltungen durchgeführt. Dazu zählen beispielsweise Fahnenfeste sowie Kulturund Kunstfeste. Derartige Veranstaltungen deuten auf die Bemühungen des Dachverbandes hin, als engagierter Verein zum Wohle und Schutz der kulturellen und religiösen Werte aufzutreten und Mitglieder sowie insbesondere junge Menschen an sich zu binden. Die Unterstützung der MHP im Vorfeld der Präsidentschaftswahl jedoch unterstreicht die Nähe zu den extrem nationalistischen Einstellungen der Partei. Wechselwirkungen zwischen nationalistischen Türken und PKK-Anhängern Die politische Lage in der Türkei und die militärische Offensive gegen die PKK in Syrien verschärften weiterhin die Spannungen zwischen nationalistischen Türken und PKK-Anhängern. Die Gewaltbereitschaft und das Aggressionspotenzial beider Gruppen sind auf einem hohen Niveau geblieben. Politisch motivierte Straftaten wie Sachbeschädigungen und Farbschmierereien an Vereinsräumlichkeiten der ADÜTDF konnten auch im vergangenen Jahr in Bremen verzeichnet werden. Solange die türkische Regierung gegen kurdische Oppositionelle vorgeht und militärische Interventionen gegen die PKK andauern, muss auch hierzulande mit Demonstrationen und Ausschreitungen zwischen beiden Gruppierungen gerechnet werden. 98 7.3 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) (Devrimci Halk Kurtulus Partisi-Cephesi) Ideologie/Ziele Die DHKP-C zählt mit etwa 650 Anhängern zu den bedeutendsten linksextremistischen Ausländerorganisationen in Deutschland. Sie verfolgt das Ziel, das aktuell bestehende türkische Staatssystem durch eine bewaffnete Revolution zu zerschlagen und auf Grundlage des Marxismus-Leninismus ein sozialistisches Regime zu gründen. Ziel ist auch die Errichtung einer klassenlosen sozialistischen Gesellschaft im Sinne der kommunistischen Ideologie, wobei auch bewaffnete Gewalt als legitimes Mittel zur Umsetzung angesehen wird. In Deutschland unterliegt die DHKP-C seit 1998 einem Organisationsverbot und wird seit 2002 durch die Europäische Union als terroristische Vereinigung geführt. Der politische Flügel der DHKP-C trägt den Namen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei" (Devrimci Halk Kurtulus Partisi - Logos der DHKP-C DHKP), der militärische Arm der DHKP-C trägt die Bezeichnung "Revolutionäre Volksbefreiungsfront" (Devrimci Halk Kurtulus Cephesi - DHKC). Die Bundesrepublik dient der Organisation als ein wichtiger Rückzugsort zur Strukturierung und Planung (sog. Rückfront). Die Anhänger entfalten ihre Aktivitäten aus legalen Vereinen heraus, deren Satzungen keinen Rückschluss auf die Zugehörigkeit zur DHKP-C zulassen. Oftmals treten sie über ihre Tarnorganisation "Anatolische Föderation" (Anadolu Federasyonu) bzw. "Volkskomitee/-front" (Halk Cephesi) in Erscheinung. Die Organisation finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spendengeldsammlungen, Verkauf von Publikationen sowie durch Einnahmen aus Musikveranstaltungen. Nach einer Gewaltverzichtserklärung des früheren DHKP-C-Führers Dursun Karatas Anfang 1999 sind keine gewaltsamen Aktionen im Bundesgebiet mehr festzustellen. Jedoch bezieht sich der Gewaltverzicht nur auf Deutschland und Europa. In der Vergangenheit kam es in der Türkei mehrfach zu Anschlägen und militanten Aktionen, insbesondere gegen staatliche Einrichtungen wie Polizei und Militär. Die DHKP-C propagiert für die Türkei weiterhin den bewaffneten Kampf. Neben der Türkei gelten insbesondere die USA als Hauptfeind. Nach Ansicht der DHKP-C wird die Türkei in politischer, wirtschaftlicher und vor allem militärischer Hinsicht vom "US-Imperialismus" dominiert. Dieser sei auch für die Zustände und Auseinandersetzungen im aktuellen Nahost-Konflikt verantwortlich. Die ideologische Ausrichtung sowie die Aktivitäten der DHKP-C richten sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, gefährden mit ihrem Bestreben die Innere Sicherheit und die öffentliche Ordnung sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. Ereignisse 2018 99 Fast ausschließlich bezieht die DHKP-C ihre Agitation auf Ereignisse und Entwicklungen in der Türkei. Die nach dem Putschversuch im Juli 2016 von der türkischen Regierung veranlassten Maßnahmen gegen Regierungskritiker und Oppositionelle waren auch im vergangenen Jahr maßgeblicher Anlass für ihre Aktionen. Dazu gehörten Solidaritätsbekundungen mit Opfern der türkischen Regierung und die Forderung von Freilassungen von politischen Gefangenen sowie Märtyrergedenken. Hierzu bediente sich die DHKP-C auch lokaler und überregionaler Seiten in den sozialen Netzwerken. In Bremen werden der DHKP-C ca. 35 Anhänger zugerechnet, die sich im Jahr 2018 auch an Demonstrationen und Protestaktionen der PKK gegen Erdogan und das militärische Vorgehen in Syrien beteiligten. Auch 2018 fanden im Bundesgebiet regelmäßige Kulturund Musikveranstaltungen statt, die zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls beitragen sollen und an denen auch Angehörige der DHKP-C Bremen teilnahmen. 100 8 Unterstützungsaufgaben des LfV 101 8 Unterstützungsaufgaben des LfV Dem LfV obliegt nicht nur die Beobachtung extremistischer Bestrebungen zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, sondern es trägt über umfangreiche Prüfungen ebenfalls dazu bei, Sicherheitsrisiken in Behörden oder privaten Unternehmen zu minimieren. Geheimschutz Der Geheimschutz hat die Aufgabe, Informationen und Vorgänge, deren BekanntGeheimhaltungsgrade werden den Bestand, die Sicherheit oder sonstige Interessen der Bundesrepublik von Verschlusssachen (VS) Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden, vor unbefugter Kenntnisnahme (SS 5 BremSÜG) zu schützen. Der Schutz dieser so genannten Verschlusssachen (VS) wird durch . . STRENG GEHEIM Maßnahmen des personellen und materiellen Geheimschutzes verwirklicht. . GEHEIM . Geheimschutz findet nicht nur in Behörden statt, sondern auch in Unternehmen, VS-VERTRAULICH die im Auftrag des Staates mit Verschlusssachen umgehen und demzufolge die VS-NUR FÜR DEN Regelungen des personellen und materiellen Geheimschutzes zu beachten haben. DIENSTGEBRAUCH Geheimschutzbetreute Unternehmen sind z.B. Betriebe, die im Bereich der wehrtechnischen Forschung oder Produktion tätig sind. Materieller Geheimschutz Der materielle Geheimschutz beinhaltet technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen und regelt z.B., in welcher Weise VS-Dokumente aufbewahrt und verwaltet werden müssen. Die Einzelheiten ergeben sich im Wesentlichen aus der Verschlusssachenanweisung des Landes Bremen. Dort ist jeweils in Abhängigkeit vom Geheimhaltungsgrad auch die Erforderlichkeit von Tresoren und Alarmanlagen geregelt. Das LfV ist zentraler Ansprechpartner für alle bremischen Behörden, die mit VS-Material umgehen. Es berät und unterstützt diese bei der Erfüllung der Anforderungen des materiellen Geheimschutzes. Personeller Geheimschutz Der personelle Geheimschutz soll sicherstellen, dass in Bereichen, die mit VS-Material umgehen, keine Person beschäftigt wird, von der ein Sicherheitsrisiko ausgeht. Zu diesem Zweck und nur mit vorheriger Zustimmung des Betroffenen finden individuelle Sicherheitsüberprüfungen statt. Das LfV wirkt an den Sicherheitsüberprüfungen mit. Seine fachliche Bewertung dient der zuständigen Behörde als Entscheidungshilfe, bevor sie eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut. Abstufung von Sicherheitsüberprüfungen (SS 8 BremSÜG) . . (Ü1) - einfache Sicherheitsüberprüfung . (Ü2) - erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü3) - erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen Die Stufe der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Höhe des Geheimhaltungsgrades, zu dem die Person Zugang erhalten soll. Bei den Überprüfungsarten Ü2 und Ü3 werden Ehegatte oder Lebenspartner in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, weil sich Sicherheitsrisiken bei diesen Personen auf die betroffene Person auswirken können. 102 Weitere Sicherheitsüberprüfungen Der Ausschluss von individuellen Sicherheitsrisiken ist nicht nur im Bereich des Geheimschutzes, sondern auch in anderen Arbeitsbereichen von Bedeutung. So sieht u.a. das Luftsicherheitsgesetz, Sprengstoffgesetz und Bremische Hafensicherheitsgesetz vergleichbare Überprüfungen der in diesen Bereichen in der Regel bei privaten Unternehmen beschäftigten Personen vor. Auch an diesen Sicherheitsüberprüfungen wirkt das LfV mit. Regelanfragen im Bereich des Einbürgerungsund Aufenthaltsrechts Zu den Aufgaben des LfV gehört darüber hinaus die Beantwortung von Regelanfragen im Rahmen von Einbürgerungsverfahren und vor der Erteilung von Aufenthaltstiteln. Durch die große Zahl der anfallenden Prüfungen bilden diese Bereiche den Schwerpunkt der personenbezogenen Prüfungen für das LfV. Personenanzahl 9.000 8.335 8.000 7.485 7.000 6.000 5.000 4.000 3.766 3.500 3.000 2.900 2.709 2.500 2.000 2.071 1.500 1.000 500 2017 78 93 23 4 2018 0 Regelanfragen Regelanfragen vor ZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsim Rahmen Erteilung oder überprüfungen überprüfungen überprüfungen gemäß von Verlängerung einer gemäß dem gemäß dem dem Einbürgerungen AufenthaltsLuftsicherheitsHafensicherheitsSprengstoffgesetz genehmigung gesetz gesetz Anhang 103 Übersicht extremistischer Bestrebungen in Bremen 104 Mitglieder / Personenpotenzial Organisation / Gruppierung / Szene in Deutschland in Bremen Rechtsextremismus Parteien ca. 5.510 ca. 30 Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen ca. 6.600 ca. 30 Weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial ca. 13.240 ca. 110 davon Anteil gewaltorientierter Rechtsextremisten ca. 12.700 ca. 80 "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" Spektrum der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" ca. 19.000 ca. 130 Linksextremismus Gewaltorientierte linksextremistische Szene ca. 9.000 ca. 230 Islamismus Salafistische Bestrebungen ca. 11.500 ca. 540 "Hizb Allah" ca. 1.050 ca. 60 Ausländerextremismus "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und Nachfolgeorganisationen (Kongra Gel) ca. 14.500 ca. 480 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) ca. 650 ca. 35 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) ca. 7.000 ca. 200 Politisch motivierte Kriminalität in Bremen 2014 - 2018* Politisch motivierte Ausländerkriminalität 105 Straftaten 2014 2015 2016 2017 2018 gesamt 44 34 52 23 29 davon extremistische Delikte 27 22 36 19 27 davon Gewaltdelikte 9 2 13 1 5 Politisch motivierte Kriminalität "Rechts" Straftaten 2014 2015 2016 2017 2018 gesamt 142 126 122 110 152 davon Propagandadelikte 117 74 68 50 89 davon Gewaltdelikte 4 6 13 4 4 Politisch motivierte Kriminalität "Links" Straftaten 2014 2015 2016 2017 2018 gesamt 77 88 70 126 119 davon extremistische Delikte 32 41 32 108 28 davon Gewaltdelikte 8 7 14 11 15 Antisemitische Straftaten Straftaten 2014 2015 2016 2017 2018 gesamt 15 8 6 17 15 * Die Zahlen der politisch motivierten Kriminalität werden von der Polizei erhoben. 106 Impressum Herausgeber: Der Senator für Inneres Contrescarpe 22-24 28203 Bremen www.inneres.bremen.de Redaktion: Landesamt für Verfassungsschutz Bremen Postfach 28 61 57 28361 Bremen Tel.: 0421 53 77-0 Fax: 0421 53 77-195 office@lfv.bremen.de www.verfassungsschutz.bremen.de Gestaltung: moltkedesign, Bremen Fotos: LfV Titelbild: Dienstgebäude des Senators für Inneres Druck: Zertani Die Druck GmbH Erscheinungsdatum: 24. April 2019 107 Senator für Inneres und Sport 109 Freie Hansestadt Bremen