Senator für Inneres und Sport Verfassungsschutzbericht 2013 Freie Hansestadt Bremen 2 Senator für Inneres und Sport 3 Verfassungsschutzbericht 2013 Freie Hansestadt Bremen 4 Vorwort Transparenz, Kooperation und Kontrolle - so lauten die Schlüsselbegriffe bei der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes, die ich gemeinsam mit meinen Kollegen aus den Innenministerien der Länder im Jahr 2012 angesichts des Versagens der Sicherheitsbehörden bei der Aufdeckung der Verbrechen des rechtsterroristischen NSU eingeleitet habe. Das zum 1. Januar 2014 in Kraft getretene Bremische Verfassungsschutzgesetz trägt in hohem Maße dazu bei, dass diese Begriffe keine leeren Worthülsen bleiben, sondern in der täglichen Arbeit des bremischen Verfassungsschutzes Beachtung finden. Dies zeigt sich unter anderem beim Einsatz von V-Leuten, der seitdem einem engen Regelwerk und einer stärkeren parlamentarischen Kontrolle als früher unterliegt. Ein weiteres Ziel der Neuausrichtung des Verfassungsschutzes bestand darin, aus dem Verfassungsschutz eine Behörde zu machen, die sich als Informationsdienstleister der Öffentlichkeit versteht. Diesem Leitbild folgt das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in Bremen bereits seit seiner organisatorischen Neuaufstellung 2008. Das LfV sieht die Präventionsarbeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und versteht sich als einer der Akteure, wenn es darum geht, Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen. Die Unterstützung islamistisch-terroristischer Gruppierungen im syrischen Bürgerkrieg durch Islamisten aus Deutschland beschäftigte die Sicherheitsbehörden 2013. Auch aus Bremen sind mehrere Islamisten nach Syrien gereist, daher stellt die Beobachtung der salafistischen Szene in Bremen einen Arbeitsschwerpunkt des LfV dar. Die anhaltend hohe Gefährdung Deutschlands durch islamistische Terroristen und Terrororganisationen verdeutlichten im Jahr 2013 zum einen die Drohvideos, die auch in deutscher Sprache erschienen, und zum anderen die zahlreichen Gerichtsverfahren, in denen islamistische Terroristen teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des bremischen Landesamtes für Verfassungsschutz lag 2013 auf dem aktionsorientierten und gewaltbereiten Rechtsextremismus. Dabei mussten wir feststellen, dass sich gewaltbereite Formen schnell verändern. Ein Beispiel hierfür ist ein Ableger der sogenannten "Brigade 8", eine neonazistische Vereinigung im Stil eines Rockerclubs. Mit ihr hat sich in Bremen eine neue Gruppierung in der subkulturellen rechtsextremistischen Szene gebildet. Die Gewaltaffinität von Angehörigen dieser Szene wird insbesondere dann problematisch, wenn sie sich mit anderen, ebenfalls gewalttätigen Gruppen zusammentun. 5 Nach intensiven Vorarbeiten durch die Verfassungsschutzämter hat der Bundesrat Ende vergangenen Jahres seinen Antrag auf Verbot der rechtsextremistischen NPD beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Das Verbotsverfahren wird von mir ausdrücklich unterstützt. Gemeinsam mit meinen Kollegen beurteile ich die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens als positiv. Mit Hilfe eines Verbots könnten die Strukturen der größten bundesweit bedeutsamen rechtsextremistischen Partei zerstört und ihre Agitationsmöglichkeiten erschwert werden. Auch eine Finanzierung der NPD durch den Staat über die Wahlkampfkostenerstattung würde entfallen. Ein erfolgreiches Verbot wäre ein wichtiger Schritt, um den Rechtsextremismus in Deutschland noch wirksamer bekämpfen zu können. Ulrich Mäurer Senator für Inneres und Sport 6 Inhalt Seitenzahl 8 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen 9 1.1 Neues Bremisches Verfassungsschutzgesetz 10 1.2 Aufgaben des Verfassungsschutzes 13 1.3 Kontrolle des Verfassungsschutzes 14 1.4 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV 15 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV 16 2.1 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus 17 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Islamismus 19 3 Rechtsextremismus 20 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild 21 3.2 NSU-Prozess 22 3.3 NPD-Verbotsverfahren 23 3.4 Rechtsextremistische Parteien 23 3.4.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 28 3.4.2 "Die Rechte" 29 3.4.3 "Bürgerbewegung pro Deutschland" 30 3.5 Neonazistische Szene 34 3.6 Subkulturelle Szene 38 4 Linksextremismus 39 4.1 Ideologie des Linksextremismus 40 4.2 Autonome 43 4.3 Aktionsfelder der Autonomen 43 4.3.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" 7 45 4.3.2 Aktionsfeld "Antirepression" 48 4.3.3 Aktionsfeld "Antimilitarismus" 48 4.3.4 Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" 50 5 Islamismus und islamistischer Terrorismus 51 5.1 Islamismus 53 5.2 Islamistischer Terrorismus 53 5.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 54 5.2.2 Brennpunkte des islamistischen Terrorismus 55 5.2.3 Radikalisierte Einzeltäter 57 5.2.4 Internet und andere Medien 57 5.2.5 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 60 5.3 Salafistische Bestrebungen 62 5.3.1 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) 63 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e.V." (KuF) 65 5.4 Weitere islamistische Bestrebungen in Bremen 67 6 Ausländerextremismus 69 6.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 73 6.2 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) 75 7 Unterstützungsaufgaben des LfV 78 Anhang 82 Impressum 8 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen Seitenzahl 9 1.1 Neues Bremisches Verfassungsschutzgesetz 10 1.2 Aufgaben des Verfassungsschutzes 13 1.3 Kontrolle des Verfassungsschutzes 14 1.4 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV 9 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen Die Aufklärung der Mordserie der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) stand im Jahr 2013 im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Für den Verfassungsschutz waren rechtsterroristische Aktivitäten in dieser Art und in diesem Ausmaß bis zur Aufdeckung des NSU unvorstellbar. Ungeklärt ist nach wie vor die zentrale Frage, warum Verfassungsschutz und Polizei die Taten über Jahre hinweg nicht erkannten, obwohl es Hinweise zu Tätern und Unterstützern gab und sich diese zumindest zeitweise im Visier der Sicherheitsbehörden befanden. In Anbetracht der folgenschweren Fehler und Versäumnisse bei den Ermittlungen zur NSU-Mordserie begann 2012 für den Verfassungsschutz ein umfassender Reformprozess, der im Jahr 2013 fortgesetzt wurde. Beachtung fanden hier die im August 2013 ausgesprochenen Empfehlungen des Untersuchungsausschusses des Bundestages für die Reformierung des Verfassungsschutzes. Die Schwerpunkte in diesem Reformprozess liegen zum einen auf der Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Verfassungsschutz und Polizei; eine effizientere und intensivere Zusammenarbeit ist durch die Einrichtung eines "Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrums" (GETZ) 2012 bereits erreicht worden. Zum anderen geht es um die Stärkung der systematischen und strukturellen Kontrolle des Verfassungsschutzes, speziell der parlamentarischen Kontrolle. Der Kontrolle des Einsatzes von Vertrauensleuten (V-Leuten) kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Die Neuausrichtung des Verfassungsschutzes wurde in einigen Bundesländern, allen voran in Bremen, inzwischen auch gesetzlich verankert. Bei den in diesem Zuge verabschiedeten Gesetzen war mehr Transparenz und Kontrolle der Arbeit der Verfassungsschutzbehörden das Ziel. Es zeichnet sich nunmehr eine Fortentwicklung der Institution als eine von der Öffentlichkeit abgeschotteten zu einer transparenteren Behörde ab. Darüber hinaus befähigen die erweiterten Kontrollbefugnisse die zuständigen Volksvertreter, die Arbeit des Verfassungsschutzes umfassend und bis ins kleinste Detail nachzuvollziehen und zu kontrollieren. Nicht zuletzt zielt der Reformprozess auch darauf ab, das durch die NSU-Mordserie verloren gegangene Vertrauen der Bürger in den Verfassungsschutz wiederherzustellen. 1.1 Neues Bremisches Verfassungsschutzgesetz Im Rahmen des Reformprozesses des Verfassungsschutzes wurde das Bremische Verfassungsschutzgesetz zum 1. Januar 2014 geändert; sämtliche Empfehlungen des Untersuchungsausschusses des Bundestages sind darin eingeflossen. Neben klar definierten Grenzen der Informationserhebung, die den Datenschutz und den Kernbereich privater Lebensgestaltung von Betroffenen beachten, ist vor allem die parlamentarische Kontrolle gestärkt und die Transparenz erhöht worden. Konkret tragen drei wesentliche Neuerungen im Bremischen Verfassungsschutz- . gesetz dazu bei: Regelungen zur Auswahl und zum Einsatz von V-Leuten. In Zukunft dürfen z.B. keine Personen als V-Leute angeworben werden, die wegen schwerer Straftaten . vorbestraft sind. Parlamentarischer Genehmigungsvorbehalt für den Einsatz von V-Leuten. Bislang . 10 hatte der Einsatz von V-Leuten im Ermessen des Behördenleiters gestanden. Verfassungsschutz als Informationsdienstleister der Öffentlichkeit. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Bremen (LfV) entwickelte sich bereits in den letzten Jahren zu einer modernen und transparenten Sicherheitsbehörde. Seit seiner Neuausrichtung im Jahr 2008 versteht sich das LfV als Dienstleister für andere Behörden und Bedarfsträger. Es bemühte sich verstärkt darum, die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) umfassender als zuvor über seine Tätigkeiten zu informieren und seine Erkenntnisse über extremistische Phänomene in Vorträgen, Ausstellungen und Veranstaltungen in der Öffentlichkeit transparenter zu machen. Ferner besteht in Bremen seit Jahren innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine enge Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Polizei. 1.2 Aufgaben des Verfassungsschutzes Freiheitliche demokratische Der Verfassungsschutz gilt als "Frühwarnsystem" der Demokratie, da er verfassungsGrundordnung feindliche Aktivitäten (extremistische Bestrebungen) und sicherheitsgefährdende Tätigkeiten erkennen soll. Vor dem Hintergrund der geschichtlichen Erfahrungen Die Wesensmerkmale der freiheitDeutschlands mit dem Nationalsozialismus ist unser demokratischer Rechtsstaat mit lichen demokratischen Grundordeinem Warnund Schutzsystem ausgestattet. Das Prinzip der "wehrhaften Demokra- . nung sind: tie" trägt der Entschlossenheit des Staates Rechnung, sich gegenüber den Feinden die Achtung vor den im der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu wehren. Es zeigt sich etwa am Grundgesetz konkretisierten Festschreiben eines unveränderlichen Kerns einer Grundund Werteordnung, die . Menschenrechten selbst vor Verfassungsänderungen geschützt ist ("Ewigkeitsklausel", Art. 79 Abs. 3 . die Volkssouveränität Grundgesetz (GG)). Neben den Staatsstrukturprinzipien von Demokratie und Rechts- . die Gewaltenteilung staatlichkeit sind dadurch vor allem die wesentlichen Freiheitsrechte des Einzelnen die Verantwortlichkeit der abgesichert, allen voran der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG). Ergänzt . Regierung wird die "Wehrhaftigkeit" durch die Möglichkeit des Verbots von Parteien und sonsdie Gesetzmäßigkeit der tigen Vereinigungen wegen verfassungswidriger Aktivitäten (Art. 21 Abs. 2 GG, . Verwaltung Art. 9 Abs. 2 GG) oder durch die Verwirkung von Grundrechten, wenn diese im die Unabhängigkeit der Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht werden . Gerichte (Art. 18 GG). . das Mehrparteienprinzip die Chancengleichheit für alle Das LfV hat folgende im Gesetz über den Verfassungsschutz im Lande Bremen politischen Parteien mit dem . (SS 3 BremVerfSchG) normierte Aufgaben: Die Beobachtung von Bestrebungen, die Recht auf verfassungsmäßige gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Bildung und Ausübung einer . Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind Opposition durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen . auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. Das LfV ist auch zuständig für die Spionageabwehr im Bundesland Bremen. Daneben unterstützt es im Rahmen seiner Mitwirkungsaufgaben Sicherheitsüberprüfungen von Personen zum Zweck des Geheimund Sabotageschutzes. Zu den Aufgaben des LfV zählen weiterhin die regelmäßige Unterrichtung von Senat und Bürgerschaft über die Sicherheitslage im Land Bremen und die Information der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Letzteres wird unter anderem durch die Veröffentlichung des jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichtes gewährleistet. Der Verfassungsschutzbericht beruht auf den Erkenntnissen, die das LfV im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder gewonnen hat. Der Bericht stellt keine abschließende Aufzählung aller verfassungsschutzrelevanten Personenzusammenschlüsse oder Ereignisse dar, sondern unterrichtet über die wesentlichen, während des Berichtsjahres zu verzeichnenden verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen. 11 Tätigkeitsschwerpunkte Die Tätigkeitsschwerpunkte des LfV stellen die Beobachtung der Phänomenbereiche des Rechtsextremismus, islamistischen Terrorismus und Islamismus, Linksextremismus sowie Ausländerextremismus dar. Die gewaltbereiten Kräfte aus den einzelnen Phänomenbereichen stehen jeweils im Fokus der Beobachtung. Nicht zuletzt verdeutlichte die rechtsterroristische Gruppierung NSU die neue Qualität der Bedrohung der Inneren Sicherheit, welche heute von radikalisierten Einzeltätern und Kleingruppen ausgeht, die nicht zwingend in extremistische Strukturen eingebunden sein müssen. Mit der Fokussierung auf Gewalt veränderte sich auch insofern der Blickwinkel des Verfassungsschutzes, als nunmehr auch verstärkt Verbindungen zwischen Extremisten und gewaltaffinen Gruppierungen in die Beobachtung einbezogen werden. Informationsgewinnung Einen Großteil seiner Informationen gewinnt der Verfassungsschutz aus offen zugängDas Bremische Verfassungslichen Quellen, wie z.B. Publikationen, Internetseiten und sozialen Netzwerken sowie schutzgesetz (BremVerfSchG) öffentlichen Veranstaltungen. Durch die offene Informationsgewinnung entsteht allerregelt die Aufgaben und Befugdings selten ein vollständiges Bild extremistischer Bestrebungen. Gegenüber konspiranisse sowie die Rechtsstellung tiven Methoden versagt sie völlig. Um auch getarnte oder geheim gehaltene Aktivitäten des LfV und seine Zusammenbeobachten zu können, setzt der Verfassungsschutz vor allem im Bereich gewaltorienarbeit mit den Verfassungstierter Bestrebungen die verdeckte Informationsgewinnung ein, u.a. durch den Einsatz schutzbehörden der Länder von Vertrauensleuten (V-Leuten), Observationen, Bildund Tonaufzeichnungen sowie und des Bundes. die Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs. Das Artikel 10-Gesetz (G 10) regelt die Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste Gesetzliche Grundlagen zu Eingriffen in das durch Artikel 10 des Grundgesetzes garantierte Brief-, Postund FernmelGesetze VerhältnismäßigkeitsTrennungsgebot degeheimnis. grundsatz (keine Befugnisse keine ExekutivDas Bremische Sicherheitsohne gesetzliche Regebefugnisse überprüfungsgesetz lung) (keine Geheimpolizei) (BremSÜG) regelt die Voraussetzungen und das Verfahren BremVerfSchG, zur Sicherheitsüberprüfung von Artikel 10-Gesetz Personen, die mit bestimmten und bremisches sicherheitsempfindlichen Ausführungsgesetz, Tätigkeiten betraut werden BremSÜG sollen (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden sind (Aktualisierungsbzw. WiederJede Tätigkeit des Verfassungsschutzes bedarf einer gesetzlichen Grundlage, die die holungsprüfung). Voraussetzungen für das Ob und das Wie des Handelns genau regelt. Insbesondere bei der geheimen Informationsgewinnung gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Die Gesetze sind im Internet der Mittel. Die Möglichkeiten zur geheimen Informationsgewinnung darf der Verfasabrufbar unter: sungsschutz daher erst in Betracht ziehen, wenn die Informationen von hinreichender www.verfassungsschutz. Bedeutung sind und nicht durch offen zugängliche Quellen erlangt werden können. bremen.de Dem Verfassungsschutz stehen bei der Erfüllung seiner Aufgaben keine polizeilichen Befugnisse zu (Trennungsgebot), d.h., er darf weder Personen festnehmen noch Durchsuchungen anordnen und durchführen oder Gegenstände beschlagnahmen. Die Trennung von Polizei und Nachrichtendiensten ist eine Folge der nationalsozialistischen Herrschaft mit ihrer allmächtigen "Geheimen Staatspolizei". 12 Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei Unter Beachtung des Trennungsgebotes stellte die Verbesserung des Informationsaustausches zwischen Verfassungsschutz und Polizei einen Schwerpunkt des bisherigen Prozesses der Neuausrichtung dar. So trägt das im November 2012 eingerichtete "Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ), an dem sich Polizei und Verfassungsschutz gleichermaßen beteiligen, zum effizienteren Informationsaustausch innerhalb der Sicherheitsbehörden bei. Dabei ging das seit Dezember 2011 bestehende "Gemeinsame Abwehrzentrum Rechtsextremismus" (GAR) im GETZ auf. Das GETZ ist nach dem Vorbild des im Bereich des islamistischen Terrorismus erfolgreich operierenden "Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums" (GTAZ) geschaffen worden. Die Einrichtung von Untergremien im GETZ, in Gestalt einer "Polizeilichen Informationsund Analysestelle" (PIAS) sowie einer "Nachrichtendienstlichen Informationsund Analysestelle" (NIAS), soll insbesondere die Analysefähigkeit der Sicherheitsbehörden verbessern. Zu einem besseren Informationsaustausch zwischen Verfassungsschutz und Polizei trägt auch die im Dezember 2011 eingerichtete Plattform "Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus" (KIAR) bei. Die seit September 2012 bestehende "Rechtsextremismusdatei" (RED) sichert einen schnellen Austausch von Informationen über gewaltbereite Rechtsextremisten zwischen Verfassungsschutz und Polizei. "Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) Die effektive Bekämpfung des islamistischen Terrorismus kann eine nachrichtendienstliche Behörde nicht alleine bewältigen. Aus diesem Grund wurde 2004 das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) geschaffen, ein Zusammenschluss aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder. Vorrangige Aufgabe des GTAZ ist es, für einen reibungslosen Austausch von Erkenntnissen zu sorgen und operative Maßnahmen abzustimmen. Bundesamt für GeneralbundesMigration und anwalt Flüchtlinge Bundesamt für BundeskriminalVerfassungsamt schutz 16 Landes16 Landesämter für Verfassungskriminalämter GTAZ PI AS N I AS schutz BundesnachrichBundespolizei tendienst Militärischer Zollkriminalamt Abschirmdienst "Gemeinsames Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) Das 2012 neu eingerichtete "Gemeinsame Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ) ist ebenfalls ein Zusammenschluss aller Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder. Das GETZ beschäftigt sich mit den Phänomenbereichen Ausländer-, Linksund Rechtsextremismus sowie der Spionageabwehr. 13 Bundesamt für BundeskriminalGeneralbundesVerfassungsamt anwalt schutz 16 Landesämter Bundespolizei für Verfassungs- N I AS schutz PI AS Bundesnachrich16 Landeskriminalämter GETZ tendienst Europol Militärischer Abschirmdienst 1.3 Kontrolle des Verfassungsschutzes Die Arbeit des LfV unterliegt der parlamentarischen Kontrolle durch die Bremische Bürgerschaft (Parlamentarische Kontrollkommission und G 10-Kommission). Die Aufsicht über die Verfassungsschutzbehörde führt die Behördenleitung des Senators für Inneres und Sport. Maßnahmen des LfV sind auch gerichtlich überprüfbar. Parlamentarische Parlamentarische Parlamentarische Kontrolle Kontrolle Kontrolle Parlamentarische Parlament G 10-Kommission Kontrollkommission LfV Bremen VerwaltungsGerichtliche Öffentliche kontrolle Kontrolle Kontrolle Senator für Inneres VerwaltungsBürger und Sport gerichtlicher (Auskunftsrecht) Rechtsschutz Landesbeauftragte für Presse Datenschutz und Informationsfreiheit Bremen Landesrechnungshof Parlamentarische Kontrollkommission Die Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) wird durch den Senator für Inneres und Sport über die allgemeine Tätigkeit des LfV sowie über Vorgänge von besonderer Bedeutung fortlaufend und umfassend unterrichtet. Die PKK hat das Recht, Einsicht in Akten und andere Unterlagen zu nehmen, und hat Zugang zu Einrich14 tungen des LfV. Die PKK der Bremischen Bürgerschaft besteht aus drei Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern, die die Bürgerschaft zu Beginn jeder Wahlperiode aus ihrer Mitte wählt. Daneben können nicht in der PKK vertretene Fraktionen einen ständigen Gast in die PKK entsenden. Die Kommission tritt mindestens alle drei Monate zusammen. Ihre Beratungen unterliegen der Geheimhaltungspflicht. G 10-Kommission Die G 10-Kommission entscheidet über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem G 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Die G 10-Kommission der Bremischen Bürgerschaft besteht aus drei Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern, die die PKK zu Beginn jeder Wahlperiode wählt. Der Vorsitzende besitzt die Befähigung zum Richteramt. 1.4 Haushaltsmittel und Personalstand des LfV Zur Erfüllung seiner Aufgaben gab das LfV im Haushaltsjahr 2013 für Personal 1.984.028 Euro (2012: 1.993.240 Euro) und für Sachmittel 699.245 Euro (2012: 779.326 Euro) aus. Die investiven Ausgaben betrugen 49.828 Euro (2012: 50.104 Euro). Das Gesamtausgabevolumen lag im Jahr 2013 bei 2.733.101 Euro (2012: 2.822.670 Euro). Das Beschäftigungsvolumen umfasste 41,0 Vollzeitstellen (2012: 44,0). 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV 15 Seitenzahl 16 2.1 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus 17 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Islamismus 16 2 Öffentlichkeitsarbeit des LfV Die Bekämpfung extremistischer Aktivitäten erfolgt in einer Demokratie in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext. Aus diesem Grund ist es dem LfV ein besonderes Anliegen, das Wissen des Verfassungsschutzes für die Aufklärung und Meinungsbildung in Staat und Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Die Öffentlichkeitsarbeit des LfV bezieht sich insbesondere auf die Bereiche Rechtsextremismus und Islamismus. 2.1 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus Das LfV ist Partner im Bremer Beratungsnetzwerk "pro aktiv gegen rechts" und unterstützt im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit die umfassende und seit Jahren bestehende Präventionsarbeit der verschiedenen Initiativen, Institutionen und Behörden im Land Bremen. Daneben ist das LfV bestrebt, mit eigenen Initiativen die Prävention vor rechtsextremistischen Gefahren zu fördern, etwa durch eigene Ausstellungen und Vorträge. Vorträge zum Thema Rechtsextremismus Die zu diesem Thema angebotenen Vorträge richten sich insbesondere an Behörden, Einrichtungen, Vereine und Schulen. In den Vorträgen können unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden, so kann es um aktuelle Entwicklungen und neue Erscheinungsformen im Rechtsextremismus oder den Rechtsextremismus im Lande Bremen gehen. Bericht über Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit Der Senat legte am 7. Mai 2013 den "fünften Bericht zu Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Lande Bremen 2008 bis 2012" vor. Der Bericht entstand unter Federführung des Senators für Inneres und Sport sowie in Zusammenarbeit mit der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, der Senatorin für Bildung und Wissenschaft, dem Senator für Justiz und Verfassung und dem Magistrat der Seestadt Bremerhaven. Der Bericht reiht sich in die seit 1989 in regelmäßigen Abständen erschienenen Berichte des Senats zu diesem Thema ein. Der Bericht beschäftigt sich mit den zentralen Entwicklungen in den Bereichen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit innerhalb der letzten fünf Jahre in Bremen. Die rechtsextremistische Szene, ihre Randbereiche sowie ihre inzwischen vor allem über das Internet erfolgende Kommunikation werden ausführlich dargestellt. Darüber hinaus gibt der Bericht einen Überblick über Ansätze, Strategien und Aktivitäten zur Bekämpfung des Rechtsextremismus. In Bremen engagieren sich hier zahlreiche zivilgesellschaftliche und ehrenamtliche Akteure und Initiativen mit unterschiedlichen Konzepten und Maßnahmen. Bei der Vorstellung des Berichts stellte Innensenator Mäurer klar, dass es keinen Anlass gebe, bei den Anstrengungen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus nachzulassen. Bremer Aussteigerprogramm 17 Zur Bekämpfung des Rechtsextremismus gehört auch die Unterstützung von Personen, die aus der Szene aussteigen möchten. So verfügt das Land Bremen seit einigen Jahren über ein Hilfsangebot zur Unterstützung von ausstiegswilligen Rechtsextremisten. Ziel ist laut Senatsbeschluss vom 24. August 2004: "nicht nur einen Einstieg in die rechtsextremistische Szene bestmöglich zu verhindern, sondern auch zum Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene zu veranlassen." Um eine eventuelle Hemmschwelle möglichst zu vermeiden, ist die Kontaktaufnahme über eine nichtstaatliche Institution vorgesehen. Kontakt: Vereinigte Protestantische Gemeinde zur Bürgermeister-Smidt-Gedächtniskirche in Bremerhaven Tel.: 0471 412647 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Islamismus E-Mail: buero.grossekirche@kirchebremen.de Die Öffentlichkeitsarbeit des LfV im Bereich Islamismus verfolgt das Ziel, die öffentliche Debatte über Islam und Islamismus zu versachlichen und die bremische Bevölkerung über islamistische Bestrebungen zu informieren. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Behörden und zivilgesellschaftlichen Stellen sollen unter den Überschriften "Sensibilisierung und Früherkennung" in die Lage versetzt werden, zwischen legitimer Religionsausübung und dem eventuellen Abdriften einer Person in extremistische Kreise zu unterscheiden. Zentrales Anliegen ist es, dabei zu helfen, die Radikalisierung junger Personen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, bevor die Sicherheitsbehörden aktiv werden müssen. Islamisten in Bremen Personenanzahl 700.000 Land Bremen 661.000 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 184.000 100.000 82.000 40.000 440 0 GesamtbeBevölkerung mit Ausländer Muslime Islamisten völkerung Migrationshintergrund Islamisten stellen eine kleine Minderheit unter den Muslimen in Bremen. (Quelle: Statistisches Landesamt Bremen, LfV) LfV im Dialog mit muslimischen Verbänden Das LfV bemüht sich seit Jahren um einen Dialog mit den in Bremen tätigen mus18 limischen Verbänden "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" (DITIB), "Verband der islamischen Kulturzentren" (VIKZ), "Islamische Föderation Bremen" (IFB) und seit 2012 auch mit der "Ahmadiyya-Gemeinde". Die Verbände DITIB, VIKZ und IFB verstehen sich als Interessenvertretungen für religiöse und allgemeine Belange der Muslime. Sie nehmen zumeist ehrenamtlich Aufgaben im sozialen Bereich wahr, insbesondere in der Integrations-, Jugendund Bildungsarbeit. Vorrangiges Ziel des Dialoges zwischen LfV und den muslimischen Verbänden ist es, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und Vorbehalte abzubauen. Vorträge zum Thema Islamismus Zur Aufklärung der aktuellen Situation in Bremen und neuen Entwicklungen im Themenbereich Islamismus bietet das LfV Vorträge für Einrichtungen, Vereine und Schulen an. In den Vorträgen können unterschiedliche Themenschwerpunkte gesetzt werden, so zum Beispiel islamistische Szene in Bremen, Salafismus, Islamismus oder Islam, muslimisches Leben in Deutschland und Jugendkulturen. Im Jahr 2013 nutzten zahlreiche Schulen, Jugendfreizeitheime, Behörden sowie verschiedene zivilgesellschaftliche und politische Institutionen dieses Angebot. Hier hört die Tätigkeit des LfV allerdings auf. Prävention durch Beratung wird durch andere Institutionen zur Verfügung gestellt, wie die neu eingerichtete Beratungsstelle "kitab". Bundesweites Beratungsnetzwerk und Beratungsstelle in Bremen "kitab" Von der seit 2012 bestehenden Beratungsstelle "Radikalisierung" des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) können sich Personen telefonisch beraten lassen, die die Radikalisierung einer Person in ihrem Umfeld wahrnehmen. Die Telefonnummer der Beratungsstelle lautet: 0911 9434343. Bundesweit verfügt die Beratungsstelle über regionale Partner. In Bremen existiert die Beratungsstelle "kitab", die vom "Verein für Akzeptierende Jugendarbeit e.V." Kontakt: (Vaja) getragen wird. Das Angebot bietet insbesondere Eltern, Angehörigen, Lehrern "kitab" und Sozialarbeitern Hilfestellungen und Unterstützung im Umgang mit Jugendlichen Internet: www.vaja-bremen.de/ oder jungen Erwachsenen, die sich möglicherweise islamistischen Gruppen zuwenteams-vaja-kitab.htm den. Auch die Betroffenen können sich an "kitab" wenden. Die Mitarbeiter der BeraTel.: 0157 381652-06/-02 tungsstelle in Bremen sind werktags zwischen 9 und 15 Uhr und nach Vereinbarung E-Mail: kitab@vaja-bremen.de erreichbar. Die Beratung erfolgt auch in türkischer Sprache. Fachtag im LIS Zum Thema "Umgang mit extremistischen Äußerungen und Verhaltensweisen in pädagogischen Einrichtungen in Bremen" fand am 6. März 2013 ein Fachtag für etwa 100 pädagogische Fachkräfte aus Schulen und der Kinderund Jugendarbeit im "Landesinstitut für Schule Bremen" (LIS) statt. Der Fachtag erfolgte in Kooperation des LfV mit der Senatorin für Bildung und Wissenschaft, der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen sowie dem Verein Vaja. Neben Vorträgen zu Grundlagen des muslimischen Lebens in Deutschland und zum Salafismus gab es Workshops zu den Themen "pädagogischer Umgang mit religiös begründeten Hürden im Schulalltag", "islamistische Szene in Bremen" und dem "pädagogischen Umgang mit Extremismus". 3 Rechtsextremismus 19 Seitenzahl 20 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild 21 3.2 NSU-Prozess 22 3.3 NPD-Verbotsverfahren 23 3.4 Rechtsextremistische Parteien 23 3.4.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 28 3.4.2 "Die Rechte" 29 3.4.3 "Bürgerbewegung pro Deutschland" 30 3.5 Neonazistische Szene 34 3.6 Subkulturelle Szene 20 3 Rechtsextremismus Die rechtsextremistischen Bestrebungen sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden. War die rechtsextremistische Szene früher mit Parteien und Kameradschaften eher übersichtlich strukturiert, wird sie heute heterogener. Während der parteigebundene Rechtsextremismus an Attraktivität verliert, gewinnen neue Aktionsformen zunehmend Anhänger. Gerade im subkulturellen Bereich finden kurzlebige Verbindungen Zulauf. Hierzu trägt auch das Internet mit seinen Möglichkeiten der verdeckten Kooperation und der Vernetzung der rechtsextremistischen Szene bei. Dies erhöht die Anforderungen an den Verfassungsschutz für eine erfolgreiche Aufklärung des Rechtsextremismus beträchtlich. Die Notwendigkeit, in diesen Anstrengungen nicht nachzulassen, verdeutlicht auch die noch andauernde Aufarbeitung der von der rechtsterroristischen Gruppierung NSU begangenen Morde und Straftaten. Sowohl das strafgerichtliche Verfahren vor dem Oberlandesgericht München als auch der vom Untersuchungsausschuss des Bundestages dazu vorgelegte Bericht verdeutlichen die herausragende Bedeutung, die einer Beobachtung der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene zukommt. Dies schließt auch gerade jene Bereiche mit ein, die im Falle des NSU das Vorfeld und das gewaltorientierte Rekrutierungsund Unterstützungspotenzial gebildet haben. Nicht zuletzt diese Aspekte stehen daher bei der Beobachtung der neonazistischen und subkulturellen Szene im Zentrum der Aufmerksamkeit. 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild Rechtsextremismus ist keine in sich geschlossene Ideologie, sondern eine Weltanschauung, die sich insbesondere gegen die fundamentale Gleichheit aller Menschen richtet (Ideologie der Ungleichheit). Trotz der Erfahrungen Deutschlands während der Zeit des Nationalsozialismus ist der Rechtsextremismus durch Einstellungen geprägt, die geschichtliche Tatsachen leugnen und tendenziell zur Verharmlosung, Rechtfertigung oder gar Verherrlichung nationalsozialistischer Verbrechen einschließlich des Holocausts beitragen. Auch heute noch werden in Teilen der rechtsextremistischen Szene, besonders in der neonazistischen Szene, Symbolik und Tradition des Nationalsozialismus aufgegriffen und Gedenktage zum Anlass für Veranstaltungen genommen. Im Mittelpunkt der rechtsextremistischen Ideologie stehen zwei Elemente: Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Fremdenfeindlichkeit umschreibt eine ablehnende Haltung gegenüber allem, was als fremd und deshalb bedrohlich oder minderwertig empfunden wird. Abgelehnt werden vor allem Ausländer, Muslime, Obdachlose, Behinderte und Homosexuelle. Als Formen der Fremdenfeindlichkeit gelten Ausländer-, Islamfeindlichkeit sowie Antisemitismus. Ausländerfeindlichkeit bezieht sich auf die Feindseligkeit gegenüber Ausländern, während Islamfeindlichkeit die Abwertung von Personen wegen ihrer religiösen Überzeugung beschreibt, die häufig jedoch auch auf ethnische Zugehörig21 keit oder Nationalität abstellt. Antisemitismus meint die Feindseligkeit gegenüber Juden, die häufig politisch, kulturell oder rassistisch begründet und vielfach mit Verschwörungstheorien untermauert wird. Rassismus bezieht sich ausschließlich auf äußere Merkmale. Beim Rassismus wird aus genetischen Merkmalen der Menschen eine naturgegebene Rangordnung abgeleitet und zwischen "wertvollen" und "minderwertigen" Rassen unterschieden. Rassismus nimmt Einfluss auf das zweite zentrale Element rechtsextremistischer Zentrale Merkmale des Weltanschauung, den Nationalismus. Unter Nationalismus ist ein übersteigertes Rechtsextremismus Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation zu verstehen. Rechts1. Ablehnung der universellen extremisten sind der Überzeugung, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation, Ethnie Gleichheit aller Menschen oder Rasse über den Wert eines Menschen entscheidet. Die eigene Nation wird dabei 2. Verachtung des demokragegenüber anderen als höherwertig eingestuft. Sie wird als ein so wichtiges, absolutischen Verfassungsstaates; tes Gut angesehen, dass ihr sowohl Interessen und Werte anderer Nationalitäten als Bevorzugung autoritärer und auch die (Bürgerund Menschen-)Rechte jedes Einzelnen unterzuordnen sind. totalitärer Staatsmodelle 3. Aggressiver Nationalismus Das Ziel von Rechtsextremisten besteht darin, die pluralistische Gesellschaftsord(Konzept der "Volksgemeinnung durch die einer "Volksgemeinschaft" zu ersetzen, in der der totalitäre Staat und schaft") und Fremdenfeindlichdas ethnisch homogene Volk miteinander verschmelzen. Der demokratisch verfasste keit Rechtsstaat soll einem nach dem Führerprinzip ausgerichteten totalitären Staat 4. Verharmlosung, Relativierung weichen, der von einer Einheitspartei beherrscht wird. Diese antidemokratischen oder Leugnung der unter Vorstellungen stehen im Widerspruch zur Werteordnung des Grundgesetzes und der nationalsozialistischer Herrfreiheitlichen demokratischen Grundordnung. Fremdenfeindlichkeit als Grundelement schaft begangenen Verrechtsextremistischen Denkens ist weder mit dem Prinzip der Menschenwürde noch brechen (Revisionismus) mit dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen vereinbar. Das autoritäre Staatsverständnis und das antipluralistische Gesellschaftsverständnis widersprechen wesentlichen Demokratieprinzipien, wie der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität oder dem Recht zur Bildung und Ausübung einer Opposition. Der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Beobachtung des Rechtsextremismus in seinen unterschiedlichen Facetten und Organisationsformen ist eine der zentralen Aufgaben des LfV gemäß des Bremischen Verfassungsschutzgesetzes. 3.2 NSU-Prozess Der am 6. Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht München begonnene Strafprozess richtet sich nach dem Selbstmord der beiden Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos im Jahr 2011 gegen das einzige noch lebende NSU-Mitglied Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Unterstützer. Die aus den drei Rechtsextremisten bestehende Gruppierung lebte rund 13 Jahre im Untergrund und ermordete in den Jahren 2000 bis 2007 vor allem aus fremdenfeindlichen und rassistischen Motiven bundesweit insgesamt neun Personen ausländischer Herkunft und eine Polizistin. Darüber hinaus beging das Trio mindestens zwei Bombenanschläge und mindestens 15 bewaffnete Raubüberfälle zur Finanzierung ihres Lebens im Untergrund. Der Hauptangeklagten Zschäpe wirft die Bundesanwaltschaft vor allem die Bildung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie die Mittäterschaft an neun Morden, am Mordanschlag auf bzw. Mordversuch an zwei Polizisten und 22 an versuchten Morden durch mehrere Sprengstoffanschläge vor. Zwei Mitangeklagten werden insbesondere Beihilfe zu den Morden durch Beschaffung der Tatwaffe, dem dritten Angeklagten Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag und dem vierten Mitangeklagten Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in mehreren Fällen angelastet. Ein Urteil in diesem Verfahren ist voraussichtlich im Jahr 2015 zu erwarten. Bis Ende 2013 verhörte das Gericht etwa 200 Zeugen aus dem Umfeld der Angeklagten, insgesamt wurden rund 600 Zeugen benannt. Dutzende Nebenkläger wirken außerdem an dem Prozess mit. Die Hauptangeklagte Zschäpe verweigerte bislang jede Aussage zur Sache. Zentrale Fragen über den NSU und seine Taten blieben deswegen auch ungeklärt, so z.B. die Frage nach weiteren Unterstützern, Helfern oder Straftaten. 3.3 NPD-Verbotsverfahren Das Bekanntwerden der Mordserie des NSU entfachte erneut die Diskussion um ein NPD-Verbot. Der Bundesrat reichte am 3. Dezember 2013 einen Antrag auf Verbot der NPD beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein. Als einziges der drei antragsberechtigten Staatsorgane hatte sich der Bundesrat 2012 zu einem solchen Antrag entschlossen, nachdem die Innenministerkonferenz (IMK) die Erfolgsaussichten NPD zum Verbotsverfahren eines neuen NPD-Verbotsverfahrens als positiv beurteilt hatte. Die IMK traf ihre Einschätzung wiederum auf Grundlage einer Materialsammlung über die verfassungsfeindlichen Aktivitäten der NPD, die von einer eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe von Bund und Ländern zusammengestellt worden war. Die in die Materialsammlung eingeflossenen Informationen und Belege wurden in einem Zeitraum von 2008 bis 2013 erhoben und stammen ausschließlich aus offen zugänglichen Quellen. Mit dieser Vorgehensweise war auf das im Jahre 2003 gescheiterte Verbotsverfahren reagiert worden. Damals hatte das BVerfG das Verfahren eingestellt, weil belastende Informationen von "Vertrauensleuten" (V-Leuten) des Verfassungsschutzes stammten. Aus diesem Grund bescheinigten nunmehr die Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern in Form von dem Verbotsantrag beiliegenden Testaten die Quellenfreiheit der verwendeten Informationen. In einem weiteren Testat wird die Abschaltung aller V-Leute auf Führungsebene bestätigt, um im Verfahren die "Gegnerfreiheit" auf Seiten der Antragsgegnerin zu garantieren und sicherzustellen, dass die Prozessstrategie der NPD nicht durch V-Leute ausgeforscht werden kann. Die NPD gibt sich hinsichtlich des Verbotsantrages in der Öffentlichkeit demonstrativ gelassen. Der NPD-Bundesvorstand bezeichnete das erneute Verbotsverfahren in einer am 2. Dezember 2013 auf der Internetseite veröffentlichten Stellungnahme als einen offenen "Angriff auf das Recht zur Bildung einer freien Opposition und das Recht auf freie Meinungsäußerung", weiter heißt es: "Die mit dem 'Kampf gegen Rechts' verbundene Beschränkung des politischen Pluralismus und der Versuch, eine ganze politische Großrichtung mit einer Kombination aus Repression und 'zivilgesellschaftlichen Initiativen' zu eliminieren, stellt die größte Gefährdung von Demokratie, Selbstbestimmung und Volkssouveränität in der Geschichte der Bundesrepublik dar. Die NPD sieht in diesen Zuständen allerdings eine Herausforderung an alle Organe der Rechtspflege, endlich wieder rechtsstaatliche Verhältnisse zu schaffen. Das NPD-Verbotsverfahren ist eine große Chance für ganz Deutschland, der Freiheit im Lande endlich wieder mehr Raum zu verschaffen." (Fehler im Original, Internetseite der NPD vom 02.12.2013) 3.4 Rechtsextremistische Parteien Mitglieder: ca. 6.300 in Deutschland Im rechtsextremistischen Parteienspektrum ist die Partei "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) zurzeit die einzige Partei von bundesweiter Bedeutung. Insofern stellten die sich noch im Aufbau befindende rechtsextremistische Partei "Die Rechte" oder rechtspopulistische Parteien keine Konkurrenz für die NPD bei der 23 Bundestagswahl 2013 dar. Zum Ende des Jahres 2013 sah sich die NPD vor Probleme gestellt, da der Bundesrat seinen Antrag auf Verbot der Partei beim Bundesverfassungsgericht einreichte und der amtierende NPD-Bundesvorsitzende Apfel unerwartet von seinem Amt zurücktrat. 3.4.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands - Die Volksunion" (NPD) Mitglieder: ca. 5.500 in Deutschland ca. 40 in Bremen Die 1964 gegründete NPD stellt mit rund 5.500 Mitgliedern im Jahr 2013 die mitgliederstärkste der rechtsextremistischen Parteien in Deutschland dar. Der seit 2008 bundesweit zu verzeichnende Mitgliederrückgang setzte sich jedoch auch 2013 fort. In Bremen sank die Zahl der Mitglieder des NPD-Landesverbandes um etwa 10 Personen auf ca. 40 Mitglieder im Jahr 2013. Verfassungsfeindliche Ausrichtung der NPD Die NPD vertritt offen fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Positionen. Ihre verfassungsfeindliche Ausrichtung kommt in dem 2010 verabschiedeten Parteiprogramm "Arbeit. Familie. Vaterland." zum Ausdruck. Allen politischen, ökonomischen und sozialen Themenbereichen oder Sachfragen liegt hier das Konzept der "Volksgemeinschaft" zugrunde und damit ein antiindividualistisches Menschenbild sowie ein identitäres Politikund Staatsverständnis. Unter "Volksgemeinschaft" verstehen Rechtsextremisten ein streng hierarchisches Gemeinwesen, in dem der Staat und das ethnisch homogene Volk zu einer Einheit verschmelzen. Die "Volksgemeinschaft" als Gegenentwurf zur Demokratie gilt für die NPD als alternativloses Konzept. Die Leitidee der "Volksgemeinschaft" findet sich auch in einer 2012 veröffentlichten NPD-Broschüre "Wortgewandt/Argumente für Mandatsund Funktionsträger". Im Kapitel zur Ausländerpolitik wird gefordert, dass Deutschland durch eine "rechtsstaatlich abgesicherte Ausländerrückführung" "das Land der Deutschen" bleiben müsse. Deutscher sei - entsprechend dem Verständnis der NPD - nicht derjenige, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitze, vielmehr gelte das Abstammungsprinzip. Die NPD spricht zumindest nichteuropäischen Migranten kategorisch das Aufenthaltsrecht ab. Den Islam bewertet die Partei als "fremdkörperhafte Aggressionsreligion" in Mitteleuropa und erkennt ihm das Existenzrecht in Deutschland ab. Die völkische Ausrichtung der Partei kommt im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 aus taktischen Gründen weniger deutlich zum Ausdruck als in dem 2010 verabschiedeten Parteiprogramm und in der 2012 erschienenen Broschüre. Das am 25. April 2013 unter der Überschrift "Natürlich deutsch" veröffentlichte Wahlprogramm, das zuvor vom NPD-Bundesparteitag am 20./21. April 2013 verabschiedet Wahlprogramm der NPD zur worden war, setzt einen Schwerpunkt auf die Bereiche "Soziales" und "Finanzen". Bundestagswahl 2013 Während diese Themen in den ersten beiden Kapiteln behandelt werden, tauchen die Kernthemen der NPD wie Ausländerund Asylpolitik einige Kapitel weiter unter dem Stichwort "Identität" auf. Hier werden die bekannten fremdenfeindlichen Positionen und Forderungen der NPD wie die Abschiebung krimineller oder arbeitsloser Ausländer vertreten, jedoch ohne Verwendung des Begriffes der "Volksgemeinschaft" und die Erwähnung der Trias von "nationaler Identität, nationaler Souveränität und 24 nationaler Solidarität". Die weniger offene Formulierung von rechtsextremistischen Inhalten entspricht der vom 2013 zurückgetretenen NPD-Bundesvorsitzenden Apfel geforderten gemäßigteren Außendarstellung der Partei, dem Konzept der "seriösen Radikalität". Es war der Versuch der NPD, größeren Wählerzuspruch durch die Präsentation als gemäßigte und moderne statt als radikale und vergangenheitsorientierte Partei zu erlangen. NPD bei Bundestagswahl 2013 Die zur Bundestagswahl am 22. September 2013 bundesweit angetretene NPD erzielte ein Ergebnis von 1,3 % der Zweitstimmen und verfehlte damit deutlich den Einzug in den Bundestag. Verglichen mit der Bundestagswahl 2009, bei der die Partei ein Ergebnis von 1,5 % erreichte, büßte die NPD leicht an Wählerstimmen ein. Den größten Wählerzuspruch erfuhr die Partei in Sachsen und Thüringen mit einem Ergebnis von 3,3 % bzw. 3,2 % der Stimmen, den geringsten Wählerzuspruch bekam sie in Hamburg und Schleswig-Holstein mit 0,6 % bzw. 0,7 % der Stimmen. Bundesweit erzielte die NPD trotz des leichten Stimmenverlustes von 0,2 %-Punkten vor dem Hintergrund des schlechten Abschneidens bei den Landtagswahlen 2012 und 2013 ein besseres Ergebnis als erwartet. Bei den Landtagswahlen am 20. Januar 2013 in Niedersachsen und am 15. September 2013 in Bayern errang die NPD schwache Ergebnisse von unter 1 % der Stimmen, lediglich in Hessen erzielte die Partei am 22. September 2013 ein Ergebnis von knapp über 1 % der Stimmen, mit dem sie an der staatlichen Parteienfinanzierung teilhaben kann. In Bremen erzielte die NPD mit 1,1 % der Stimmen ebenfalls ein Ergebnis, das angesichts eines desolaten NPD-Landesverbandes nicht völlig unbeachtet bleiben darf. Während die NPD in Bremen-Nord und Bremerhaven auf 1,5 % der Stimmen kam, erzielte sie in Bremen-Stadt 0,8 % der Stimmen. Als Direktkandidaten waren der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende Karlo Ronstadt in Bremen und der NPDLandesvorsitzende Horst Görmann in Bremerhaven angetreten. Bei der Bundestagswahl 2009, bei der NPD und "Deutsche Volksunion" (DVU) noch konkurrierend gegeneinander angetreten waren, hatte die NPD auch ein Ergebnis von 1,1 % der Stimmen erreicht. Bremer NPD-Landesverband weitgehend inaktiv bei Bundestagswahl 2013 Wahlplakate der NPD Der im gesamten Jahr 2013 weitgehend inaktive Bremer NPD-Landesverband hatte lediglich ein Mindestmaß an Aktivitäten während des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 2013 entfaltet. So veranstaltete der NPD-Landesverband u.a. einen Informationsstand in Bremen-Blumenthal. Höhepunkt der Wahlkampfaktivitäten der NPD in Bremen war eine vom NPD-Bundesverband ausgerichtete Informationsveranstaltung in Bremen-Vegesack. Noch im Jahr 2011 hatte der Bremer Landesverband einen aktiven Wahlkampf zur Bürgerschaftswahl geführt, wenngleich auch damals bereits mit wesentlicher Unterstützung des Bundesverbandes. Der Mangel an geeigneten Führungspersonen sowie die damit einhergehende organisatorische und intellektuelle Schwäche des Landesverbandes offenbarte sich im Jahr 2013 des Weiteren im Bereich der Nachwuchsgewinnung. So war es dem Bremer NPD-Landesverband ebenso wenig wie in den Vorjahren gelungen, junge Aktivisten an sich zu binden. Im Jahr 2013 wendeten sich junge Rechtsextremisten von der Bremer NPD ab und schlossen sich den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) in Delmenhorst an. In Bremen ist die NPD auf kommunaler Ebene vertreten. Über jeweils ein Mandat verfügt die Partei in der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven und in den Stadtteilbeiräten Bremen-Blumenthal und Bremen-Gröpelingen. Den Einzug in die 25 Bremische Bürgerschaft hatte die NPD im Jahr 2011 mit einem Ergebnis von 1,6 % der Stimmen deutlich verfehlt. Wahlkampf der NPD Der NPD-Bundesverband veranstaltete vom 12. August 2013 bis zum 21. September 2013 unter der Bezeichnung "Deutschlandfahrt" eine Wahlkampftour durch Deutschland. In zahlreichen größeren Städten hielt die Partei Kundgebungen unter dem Motto "Asylflut und Eurowahn stoppen - NPD in den Bundestag" ab. Bereits 2012 hatte es eine ähnliche Kundgebungsreihe gegeben. Angesichts der im Sommer 2013 entbrannten gesellschaftspolitischen Diskussion um die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern in Deutschland nahm die Partei, die zunächst mit einem antieuropäischen Schwerpunkt in den Wahlkampf gestartet war, das Thema "Asylmissbrauch" in den Fokus ihrer Agitation. So änderte die NPD beispielsweise kurzfristig die geplante Route der "Deutschlandfahrt", um am 24. August 2013 gegen das in Berlin-Hellersdorf neu eröffnete Asylbewerberheim zu demonstrieren. Der NPD gelang es in Berlin und in anderen Bundesländern, die in der Bevölkerung vorhandenen Ängste aufzugreifen und die Proteste von Bürgern gegen die Einrichtung von Unterkünften für Asylbewerber zu instrumentalisieren. Im sächsischen Schneeberg organisierte die NPD 2013 z.B. insgesamt drei größere Demonstrationen unter dem Deckmantel einer Bürgerinitiative, an denen sich bis auf die letzte Demonstration mehrheitlich Demokraten beteiligten. Die Schwerpunktverschiebung auf das Kernthema der NPD, die Ausländerfeindlichkeit, führte zu einem Wahlkampf, in dem die Partei mit ihren neonazistischen Positionen öffentlich provozieren und damit vor allem ihre eigene Anhängerschaft mobilisieren konnte. Mit diesem offen neonazistischen Auftreten im Wahlkampf agierte die Partei entgegen dem im Wahlprogramm proklamierten gemäßigten Auftreten entsprechend der "seriösen Radikalität". In Bremen verlief die im Rahmen der Wahlkampftour für den 14. August 2013 geplante Kundgebung am Bahnhof in Bremen-Vegesack für die NPD wenig erfolgreich, da die Veranstaltung vorzeitig von der Polizei aufgelöst wurde. Die zur Eröffnung der Kundgebung gespielte Marschmusik bewertete die Polizei als Verstoß gegen die Auflagenbestimmungen. Bereits die Ankunft der 10 NPD-Funktionäre in einem Lastwagen, dem sogenannten "Flaggschiff", wurde mit lautstarken Protesten von ungefähr 150 Gegendemonstranten begleitet. Unmittelbar nachdem die NPD-Funktionäre mit dem Entladen des Lastwagens begonnen hatten, stürmten etwa 50 zum Teil vermummte autonome Linksextremisten den Kundgebungsort, dabei wurden vereinzelt Steine auf Polizisten und NPD-Mitglieder geworfen (s. Kapitel 4.3.1). Ausblick auf das Wahljahr 2014 Das Wahlergebnis der Bundestagswahl 2013 ist im Hinblick auf das Wahljahr 2014 insofern entscheidend, als neben Kommunalwahlen in elf Bundesländern insbesondere Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern sowie die Europawahl anstehen. In Anbetracht der in Brandenburg, Thüringen und Sachsen erzielten Wahlergebnisse bei der Bundestagswahl 2013 erscheint der Einzug bzw. Wiedereinzug der NPD in die dortigen Landesparlamente im August und September 2014 nicht vollkommen aussichtslos. Derzeit ist die NPD in zwei Landtagen vertreten, seit 2004 stellt die Partei eine Fraktion im Landtag von Sachsen und seit 2006 im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. Für die politische Arbeit der NPD und vornehmlich für ihre Aktionsfähigkeit sind die beiden Landtagsfraktionen von herausragender Bedeutung. Ebenso bestehen für die NPD realistische Chancen auf den Einzug in das Europäische Parlament, nachdem das Bundesverfassungsgericht die in Deutschland 26 geltende Drei-Prozent-Hürde im Februar 2014 für verfassungswidrig erklärt hatte. Nunmehr kann ein Stimmenanteil von weniger als 1 % für ein Mandat reichen. NPDSpitzenkandidat ist der frühere NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt, für den zweiten Spitzenplatz wurde der wissenschaftliche Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion Olaf Rose von den Delegierten des außerordentlichen NPD-Bundesparteitages am 18. Januar 2014 aufgestellt. Im Zusammenhang mit der Verkündung des Wahlkampfmottos "Europa wählt Rechts, Deutschland wählt NPD" erklärte der NPD-Spitzenkandidat Voigt am 26. Februar 2014: "Wir werden uns jetzt mit aller Kraft auf den Europawahlkampf konzentrieren. In Deutschland gibt es nur eine echte Opposition gegen das EUund Eurokartell: Die NPD." (Internetseite der NPD vom 27.02.2014) Rücktritt des NPD-Bundesvorsitzenden Apfel und Nachfolge von Pastörs Der seit November 2011 amtierende NPD-Parteichef Holger Apfel trat am 19. Dezember 2013 von seinen Ämtern als Vorsitzender der Bundespartei sowie der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag zurück und verkündete wenige Tage später seinen Parteiaustritt. Der bisherige stellvertretende Parteivorsitzende und NPD-Fraktionsvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern Udo Pastörs wurde am 10. Januar 2014 vom Parteivorstand zum kommissarischen Bundesvorsitzenden gewählt. Der Rücktritt und Parteiaustritt des langjährigen NPD-Funktionärs kam für die NPD-Mitglieder sowie die gesamte rechtsextremistische Szene unerwartet. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete der Parteivorstand den Rücktritt Apfels zunächst als "krankheitsbedingt", während Apfel in seiner lediglich kurzzeitig im Internet veröffentlichten Rücktrittserklärung persönliche Gründe für seine Ämterniederlegung angab. Die Mitglieder des NPD-Bundesvorstandes distanzierten sich frühzeitig von Apfel. Im Gegensatz zu ihnen veröffentlichten die Mitglieder des Landesvorstandes der sächsischen NPD zwei Wochen nach seinem Rücktritt eine Stellungnahme über die Verdienste ihres ehemaligen Fraktionsund Landesvorsitzenden. Von der gemäßigten zur offen neonazistischen Außendarstellung der NPD Das von Apfel vertretene Konzept der "seriösen Radikalität", das im Wettbewerb um die Wählergunst eine gemäßigte Außendarstellung der Partei vorsieht, war in der NPD umstritten, weil die Partei mit dieser in sich widersprüchlichen Strategie in den Jahren 2012 und 2013 weder neue Mitglieder noch Wahlen gewinnen konnte. Der aggressiver und offen neonazistisch auftretende Pastörs, der eine enge Zusammenarbeit mit Neonazis favorisiert, wird Apfels Kurs nicht fortsetzen. Damit wird die Partei zu ihrer früheren offen neonazistischen Außendarstellung zurückkehren, die das Auftreten der Partei bereits unter dem von 1996 bis 2011 amtierenden NPD-Vorsitzenden Voigt prägte. Seit Langem führt die Partei Diskussionen über ihr Erscheinungsbild, in der sich die Befürworter des "sächsischen Weges" um Apfel und die Befürworter des "deutschen Weges" um Voigt gegenüberstehen. Bei der Wahl um den Parteivorsitz 2011 hatte sich Apfel mit seinem Konzept der "seriösen Radikalität" gegenüber dem langjährigen NPD-Chef Voigt durchgesetzt und war ferner auf dem am 20./21. April 2013 abgehaltenen Parteitag sowohl in seinem Amt als auch in seinem Konzept von den Delegierten bestätigt worden. Scharfe Kritik am Kurs der Parteiführung sowie an dem von ihr vertretenen Konzept der "seriösen Radikalität" hatte im Vorfeld des Parteitages der frühere NPD-Bundesvorsitzende Voigt geübt, der ihr Führungsschwäche und Konzeptionslosigkeit vorwarf. Rückhalt und Unterstützung in seiner Kritik erfuhr dieser durch die seit Ende 2012 gegründeten "Freundeskreise Udo Voigt", in denen sich enttäuschte NPD-Mitglieder sammelten. Mit Apfels Rücktritt vom Parteivorsitz, der Nachfolge Pastörs sowie der Nominierung Voigts als Spitzenkandidaten für die Europawahl gewannen nunmehr die Vertreter der offen neonazistischen Außendarstellung die Oberhand in der Partei zurück. Strategie der NPD 27 Die NPD konnte ihre dominante Rolle im rechtsextremistischen Parteienlager zuletzt mit der Fusion der rechtsextremistischen Partei DVU Ende 2011 verfestigen. Wenngleich die NPD durch die Fusion mit der DVU weder einen erheblichen Mitgliederzuwachs noch eine Erhöhung des Aktionspotenzials erfuhr, so stellte die Partei die einzige noch verbleibende "nationale" Partei Deutschlands. Ihren Führungsanspruch im rechtsextremistischen Spektrum formulierte die NPD bereits im Jahr 2004 mit der "Volksfront von rechts". Das Konzept beschrieb den Versuch der Partei, alle "nationalen Kräfte" unter ihrer Führung zu bündeln, und läutete eine Phase der engen Zusammenarbeit zwischen NPD und Neonazis ein, die mancherorts bis heute anhält. Von Seiten der neonazistischen "Freien Kräfte" war die strategische Zusammenarbeit mit der NPD im Jahr 2009 aufgekündigt worden. Gültigkeit besitzt noch heute die 1996 formulierte "Drei-Säulen-Strategie" ("Kampf um die Parlamente", "Kampf um die Straße" und "Kampf um die Köpfe"), die 2004 um eine vierte Säule ("Kampf um den organisierten Willen") erweitert wurde. Die "Vier-Säulen-Strategie" zielt auf die umfassende Bekämpfung des demokratischen Verfassungsstaates mit dem Schwerpunkt, öffentliche Präsenz durch Aufmärsche, Kundgebungen und die politische Arbeit in Landesund Kommunalparlamenten zu zeigen. Die strategische Ausrichtung der Partei bestimmte maßgebend der bis 2011 amtierende NPD-Bundesvorsitzende Voigt, der 15 Jahre lang an der Spitze der Partei stand. Finanzlage der NPD Die Finanzlage der NPD war wie in den Vorjahren angespannt, ihre Handlungsfähigkeit war dadurch jedoch nicht beschränkt. Nach zwei großen Finanzaffären in den letzten Jahren versuchte die NPD nunmehr, ihre Finanzen zu konsolidieren und ihr Finanzwesen zu professionalisieren. 2012 standen noch Sanktionszahlungen an die Bundestagsverwaltung für fehlerhafte Rechenschaftsberichte zwischen 2002 und 2007 aus. Die Sanktionszahlungen belaufen sich auf 1,27 Millionen Euro, entschied das Bundesverwaltungsgericht 2012 und beendete damit den seit 2009 geführten Rechtsstreit zwischen NPD und Bundestagsverwaltung. Im Februar 2013 hatte die Bundestagsverwaltung die zu leistenden Sanktionszahlungen anteilig mit den der NPD im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung zustehenden Zahlungen verrechnet. Dagegen wehrte sich die NPD im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgreich, das Bundesverfassungsgericht entschied am 14. Mai 2013, dass die staatlichen Gelder in Höhe von jeweils 303.000 Euro zum 15. Mai und 15. August 2013 nicht mit den ausstehenden Sanktionszahlungen verrechnet werden dürften, da der NPD daraus eklatante Nachteile im Hinblick auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf erwüchsen. Die Partei profitiert durch die Teilnahme an Wahlen erheblich von der gesetzlichen Parteienfinanzierung. Mit einem Wahlergebnis von 1,3 % der Stimmen bei der Bundestagswahl 2013 konnte die NPD deutlich die 0,5 %-Hürde überwinden und sich damit die Fortzahlungen aus der staatlichen Teilfinanzierung von Parteien sichern. Mittelbar kommt der Partei außerdem die staatliche Unterstützung der Fraktionen in den Landtagen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zugute, die insbesondere die Ressourcen zur Professionalisierung der Parteiarbeit bietet und somit ihre Aktionsund Handlungsfähigkeit sichert. 3.4.2 "Die Rechte" Die rechtsextremistische Partei "Die Rechte" wurde im Mai 2012 von dem zum Bundesvorsitzenden gewählten Neonazi Christian Worch sowie von ehemaligen DVU-Mitgliedern gegründet. Der Partei gehörten zum Ende des Jahres 2013 rund 28 450 Mitglieder an. "Die Rechte" befindet sich im Aufbau von Organisationsstrukturen auf Landesund Kreisebene und verfügt derzeit über acht Landesverbände sowie mehrere Kreisverbände. In Bremen gründete sich am 5. Oktober 2013 eine "Landesgruppe", deren "Landesbeauftragter" ein bekannter Bremer Neonazi ist. Die ideologische Ausrichtung der Partei ist heterogen, da sich unter den Parteimitgliedern neben ehemaligen NPDund DVU-Mitgliedern auch Neonazis befinden. Inzwischen gilt knapp die Hälfte der Landesverbände als neonazistisch ausgerichtet. Angetreten war die neue Partei 2012 mit dem Parteiprogramm der 2011 aufgelösten DVU, welches sie mit leichten Veränderungen übernommen hatte. Die Partei verortet sich im politischen Parteienspektrum zwischen rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Parteien. Dass die sich noch im Aufbau von Parteistrukturen befindende Partei eineinhalb Jahre nach ihrer Gründung bereits acht Landesverbände aufweist, erscheint zunächst beachtlich. Allerdings gibt es bis auf Nordrhein-Westfalen kaum handlungsfähige Parteistrukturen unterhalb der Ebene der Landesverbände. In Nordrhein-Westfalen existieren ein aktiver Landesverband und mehrere Kreisverbände, in denen sich vor allem frühere Aktivisten der 2012 verbotenen neonazistischen Kameradschaften "Nationaler Widerstand Dortmund" (NWDO), "Kameradschaft Hamm" (KSH) und "Kameradschaft Aachener Land" (KAL) engagieren. Zur Bundestagswahl 2013 trat die Partei "Die Rechte" ausschließlich in Nordrhein-Westfalen an und konnte dort lediglich einen geringen Stimmenanteil auf sich vereinigen. Zur Europawahl im Mai 2014 kandidierte die Partei nicht, da sie an der Sammlung der benötigten Unterstützungsunterschriften scheiterte. Aktivitäten der Bremer "Landesgruppe" Die überwiegend aus Neonazis bestehende Bremer "Landesgruppe" der Partei "Die Rechte" ist stark neonazistisch ausgerichtet. In rechtsextremistischer Rhetorik behandelt die "Landesgruppe" beispielsweise Themen wie "Gewalt von Ausländern", den "Erhalt der deutschen Kultur" oder "Asylmissbrauch" auf ihrer Facebookund Internetseite. Auch die Aktivitäten der Bremer "Landesgruppe" im Jahr 2013 weisen auf eine rechtsextremistische Ausrichtung hin. So beteiligten sich Mitglieder der "Landesgruppe" an der Organisation von Kundgebungen zum Gedenken an einen im März 2013 im niedersächsischen Kirchweyhe getöteten jungen Mann. Der 25-Jährige wurde von anderen Heranwachsenden zu Tode geprügelt, nachdem er versucht hatte, einen Streit zu schlichten. Den Migrationshintergrund des Haupttäters instrumentalisierte die rechtsextremistische Szene zur Propagierung eines vermeintlichen strukturellen Problems von Ausländerkriminalität im Bremer Umland. Des Weiteren agitierte die Bremer "Landesgruppe" gegen ein geplantes Asylbewerberheim in Bremen-Horn. In einem im November und Dezember 2013 an die Anwohner verteilten Flugblatt heißt es: "Wir fordern: Keine Überfremdung unserer Stadtteile und Städte! [...] Lassen Sie sich von linken Multikultifanatikern ihren Stadtteil nicht kaputt machen! Lassen Sie sich von selbsternannten 'Gutmenschen' nicht den Mund verbieten, bestehen Sie auf Ihrem Recht auf Meinungsfreiheit." (Fehler im Original; Facebookseite der Landesgruppe "Die Rechte-Bremen" vom 18.11.2013) 3.4.3 "Bürgerbewegung pro Deutschland" Unter dem Namen "pro Bewegung" oder "pro Partei" gründeten sich in den vergangenen Jahren Parteien und Vereine in Deutschland, die von ihrer Organisationsform her eigenständig, jedoch zum Teil personell und programmatisch eng miteinander verknüpft sind. 29 Die 2007 gegründete rechtsextremistische Partei "Bürgerbewegung pro NRW" und der 1996 gegründete rechtsextremistische Verein "pro Köln e.V." zählen insgesamt rund 1.000 Mitglieder, von denen viele dem rechtsextremistischen Spektrum entstammen. Ihre programmatische Ausrichtung ist islamfeindlich. Sie propagieren den Islam als Feindbild, warnen vor einer "Islamisierung Europas" und diffamieren Muslime pauschal aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, Abstammung oder Nationalität. Sie sprechen ihnen nicht nur das Grundrecht auf freie Religionsausübung ab, sondern auch ein Existenzund Bleiberecht in Europa. Die Veranstaltungen der rechtsextremistischen Gruppierungen zogen in der Vergangenheit häufig öffentliche Aufmerksamkeit auf sich, weil sie mit ihrer Taktik der "maximalen Provokation" ihre politischen Gegner gezielt reizen. Die Taktik führte im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes 2012 zweimal zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei. Im Gegensatz zur rechtsextremistischen Partei "Bürgerbewegung pro NRW" und zum rechtsextremistischen Verein "pro Köln" gehen die derzeitigen Einschätzungen der Verfassungsschutzbehörden zur Verfassungsfeindlichkeit der "Bürgerbewegung pro Deutschland" auseinander. Die 2005 gegründete "Bürgerbewegung pro Deutschland" besteht aus einem Landesverband in Berlin sowie "Landesgruppen" und Kreisverbänden in mehreren Bundesländern. In Bremen gründete sich im November 2012 ein Kreisverband der "Bürgerbewegung pro Deutschland". Die programmatische Ausrichtung der Partei entspricht der der "Bürgerbewegung pro NRW". Auch ihr Themenschwerpunkt ist die Bekämpfung einer vermeintlichen "Islamisierung" und "Überfremdung" Deutschlands durch Zuwanderung von Ausländern. Zwischen der "Bürgerbewegung pro Deutschland" und der "Bürgerbewegung pro NRW" bestehen insofern sowohl programmatisch-strategische als auch ideologische Übereinstimmungen. "Bürgerbewegung pro Deutschland" bei Bundestagswahl 2013 Bei der Bundestagswahl 2013 erreichte die "Bürgerbewegung pro Deutschland", die in 13 Bundesländern angetreten war, ein Ergebnis von 0,2 % der Stimmen. In Bremen erzielte die Partei 0,1 % der Stimmen. Die für die Teilnahme des Bremer Kreisverbandes an der Bundestagswahl erforderlichen Wählerunterschriften wurden von niedersächsischen "pro Deutschland"-Aktivisten im Juli 2013 in Bremerhaven gesammelt. Den Spitzenplatz der Landesliste der "Bürgerbewegung pro Deutschland" belegte ein aus Niedersachsen stammender Rechtsextremist. Während des Wahlkampfes veranstalteten niedersächsische Mitglieder der "Bürgerbewegung pro Deutschland" am 14. September 2013 einen Informationsstand in Bremerhaven, gegen den etwa 40 Personen friedlich demonstrierten. Mehrere vom Bundesverband organisierte Kundgebungen fanden am 23. August 2013 in verschiedenen Ortsteilen Bremens statt. Wahlkampf der "Bürgerbewegung pro Deutschland" Unter dem Motto "Zuwanderung stoppen - Islamisierung verhindern" hatte der Bundesverband von "pro Deutschland" vom 21. August 2013 bis zum 21. September 2013 eine bundesweite Wahlkampftour durch mehr als 40 Städte organisiert. Die Kundgebungen fanden vorrangig in der Nähe von Moscheen und islamischen Zentren 30 sowie Treffpunkten der "linken" und linksextremistischen Szene statt. Mit der Wahl der Versammlungsorte beabsichtigte die Partei, entsprechend der Taktik der "maximalen Provokation", ihre politischen Gegner zu Gewalttätigkeiten zu provozieren. In Bremen hatte die "Bürgerbewegung pro Deutschland" zunächst fünf Kundgebungen für den 23. August 2013 geplant, vier davon fanden letztlich statt. An den vom Bundesvorsitzenden Manfred Rouhs geleiteten Kundgebungen beteiligten sich insgesamt acht Personen, darunter auch Personen des Bremer Kreisverbandes. Die beiden vor salafistisch ausgerichteten Moscheen in Bremen-Mitte und BremenGröpelingen abgehaltenen Kundgebungen verliefen trotz Gegenprotesten ohne Störungen. Die dritte, vor dem Theater am Bremer Goetheplatz abgehaltene Kundgebung wurde hingegen von starkem Protest von etwa 350 Demonstranten begleitet. Laute klassische Musik, die aus Lautsprechern vom Balkon des Theaters gespielt wurde, übertönte die Redebeiträge der Funktionäre der "Bürgerbewegung pro Deutschland". Mehrere Demonstranten bewarfen die Parteimitglieder und die Polizei mit Feuerwerkskörpern, Steinen, Tomaten und Eiern usw. Angesichts der Besetzung des vierten Kundgebungsorts in der Bremer Neustadt durch Gegendemonstranten wurde die Veranstaltung verlegt. Da es dort ebenfalls zu gewalttätigen Protesten kam, wurde die letzte Kundgebung kurzerhand abgesagt (s. Kapitel 4.3.1). 3.5 Neonazistische Szene Personenpotenzial: ca. 5.800 in Deutschland ca. 30 in Bremen Die neonazistische Szene in Deutschland umfasste im Jahr 2013 etwa 5.800 Personen, davon in Bremen ungefähr 30 Personen. Damit stagnierte die Zahl der Neonazis in Bremen im Vergleich zum Vorjahr. Relativ konstant ist die Zahl des Neonazis in Bremen 2011 bundesweiten neonazistischen Personenpotenzials seit 2011, nachdem in den Vorjahren ein Anstieg zu verzeichnen war. So zählte die neonazistische Szene in Deutschland im Jahr 2007 rund 4.400 Personen, zwei Jahre später umfasste die Szene bereits etwa 5.000 Personen und im Jahr 2011 gehörten ihr rund 6.000 Personen an. Bei Betrachtung des rechtsextremistischen Personenpotenzials im gesamten Bundesgebiet ging die kontinuierliche Zunahme des neonazistischen Personenpotenzials mit einem Mitgliederrückgang im parteigebundenen Rechtsextremismus und einer Abnahme des subkulturellen Personenpotenzials einher. Neonazis In Bremen hing der Anstieg des neonazistischen Personenpotenzials im Jahr 2012 "Neonazi" ist die Kurzform für vor allem mit der zunehmenden Handlungsunfähigkeit des NPD-Landesverbandes "Neonationalsozialist". Fälschzusammen. Insbesondere junge Rechtsextremisten wandten sich der neonazislicherweise werden die Begriffe tischen Szene wegen ihrer Aktionsorientiertheit zu (s. Kapitel 3.4.1). "Neonazi" und "Rechtsextremist" häufig synonym verwendet. Neonazismus ist ein Teilbereich Ideologie des Rechtsextremismus, der dadurch gekennzeichnet ist, Wenngleich sich Aktionsund Organisationsformen der neonazistischen Szene dass er in der Tradition des wandeln, bleiben die ideologischen Grundüberzeugungen gleich. Neonazis zeichnen Nationalsozialismus steht. sich durch ihre starke Bezugnahme auf die nationalsozialistische Ideologie aus, Neonazis bezeichnen sich sowohl in ihren Aktionsformen als auch in ihrer Symbolik beziehen sie sich auf den selber häufig als "Freie Kräfte" Nationalsozialismus. Sie greifen die typischen rechtsextremistischen Ideologieeleoder "Freie Nationalisten". mente auf, wie Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Nationalismus und Revisionismus. Ihr Ziel besteht darin, die staatliche Ordnung Deutschlands, die sie als "das System" bezeichnen, durch einen totalitären Führerstaat nationalsozialistischer Prägung mit einer ethnisch homogenen Bevölkerungsstruktur zu ersetzen. Ethnische Vielfalt und Meinungsvielfalt bedrohen die von Neonazis angestrebte "Volksgemeinschaft", die Personen ausländischer Herkunft kategorisch ausschließt und in der sich jedes Individuum dem vorgegebenen Gesamtwillen unterzuordnen hat. Trotz übereinstimmender Grundüberzeugungen ist die neonazistische Szene ideologisch nicht 31 homogen, die verschiedenen Ideologieelemente sind vielmehr je nach Gruppe unterschiedlich stark ausgeprägt. Strukturwandel in der neonazistischen Szene Die Neonazi-Szene in Deutschland besteht heute zum größten Teil aus lose strukturierten Personenzusammenschlüssen, während das Organisationsmodell der Kameradschaften zunehmend an Bedeutung verliert. Bei Kameradschaften handelt es sich um regional oder lokal verankerte Gruppen mit einem relativ festen Aktivistenstamm, die sich längerfristig politisch engagieren. Überregional vernetzt waren Kameradschaften in sogenannten "Aktionsbüros", die sich ebenfalls in den letzten Jahren verstärkt auflösten. Das Kameradschaftsmodell hatte sich in den 1990er-Jahren als Reaktion auf die zahlreichen Verbote neonazistischer Vereine und Verbände als eine Organisationsform ohne formelle Strukturen entwickelt. Heute treten anstelle von Kameradschaften neue Formen der Organisation, die noch geringere Strukturen aufweisen. So bilden sich vermehrt kleine, regional verankerte Gruppierungen, die aufgrund enger persönlicher Kontakte keine größeren Organisationsstrukturen benötigen. Überregional vernetzt sind diese Kleingruppen über das Internet. Diese unverbindlicheren Formen der politischen Arbeit stellen eine Alternative zu der verbindlichen politischen Arbeit in Kameradschaften dar. Der Trend zum Verzicht auf Organisationsstrukturen, um Vereinsverbote zu erschweren und um möglichst wenig Ansatzpunkte für strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Gruppierungen zu bieten, wird in Zukunft angesichts der Kameradschaftsverbote im Jahr 2012 anhalten. Gleich mehrere Kameradschaften wurden nach dem Vereinsgesetz wegen ihrer Aktivitäten gegen die verfassungsmäßige Ordnung von den Innenministern von Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verboten. "Autonome Nationalisten" Die "Autonomen Nationalisten" (AN) entstanden vor etwa zehn Jahren als Aktionsund Organisationsform in Abgrenzung zum Organisationsmodell der Kameradschaften. Anfangs stellten die AN etwa 10 % der Neonazi-Szene dar, inzwischen werden ihnen weniger Aktivisten zugerechnet. Während sich die AN wegen ihres Aktionsund Bekleidungsstils zunächst deutlich von der Neonazi-Szene abhoben, haben Teile der Szene ihren Stil inzwischen weitestgehend übernommen. In Bremen existierten bislang keine festen Strukturen der AN. Die AN gelten als gewaltbereit gegenüber der Polizei und ihren politischen Gegnern und suchen die Auseinandersetzungen insbesondere im Rahmen von Demonstrationen. Sie übernahmen die Bekleidungsstile anderer Jugendkulturen, so z.B. schwarze Kleidung, Kapuzenpullover und Baseball-Mützen. Darüber hinaus kopierten sie die Agitationsformen von linksextremistischen Autonomen, wie die Bildung von "Schwarzen Blöcken" bei Demonstrationen. Ideologisch bedienen sie sich lediglich einzelner Elemente der rechtsextremistischen Weltanschauung, so vor allem rassistischer und antikapitalistischer Ideologieelemente. Ihrer Aktionsorientiertheit und erhöhten Gewaltbereitschaft wegen sind die AN insbesondere für junge Rechtsextremisten interessant. "Die Unsterblichen" "Die Unsterblichen" stellen eine erstmals 2011 initiierte Aktionsform der neonazistischen Szene dar. Dabei handelt es sich um unangemeldete Aufzüge von kurzer Dauer, sogenannte "Flashmobs", bei denen die Demonstranten dunkel gekleidet und einheitlich vermummt mit weißen Masken auftreten. Die konspirativ geplanten 32 und zumeist nachts durchgeführten Spontandemonstrationen werden gefilmt und im Nachhinein im Internet verbreitet. Die Selbstdarstellung durch die im Internet verbreiteten Videoaufnahmen von den Aufzügen ist für die neonazistische Szene ebenso wichtig wie die Aktion selbst. Bundesweit griffen Neonazis diese Aktionsform anfangs auf. Nachdem die Polizei in den Jahren 2012 und 2013 jedoch bundesweit mehrere Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche Teilnehmer derartiger Aufzüge durchgeführt hatte und drei Teilnehmer im Oktober 2013 zu Bewährungsund Geldstrafen verurteilt worden waren, ging die Zahl der Spontandemonstrationen deutlich zurück. Im Jahr 2013 fanden keine öffentlichkeitswirksamen Aufzüge der "Unsterblichen" statt. Zum Bedeutungsverlust der Aktionsform trug ebenso das Verbot des neonazistischen Netzwerkes "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" 2012 bei, denn ideologisch steht die Aktionsform im Zusammenhang mit der von Aktivisten des verbotenen Netzwerkes entwickelten "Volkstod-Kampagne". Hinter der einheitlichen Vermummung der "Unsterblichen" steht die Botschaft, dass der Einzelne in der "Volksgemeinschaft" aufgeht und in ihr "unsterblich" wird. Die 2008 gestartete "Volkstod-Kampagne" warnt vor dem Aussterben des deutschen Volkes aufgrund von "Überfremdung", Abwanderung und des Geburtenrückgangs. In Anlehnung an die nationalsozialistische Rassenideologie werden Zuwanderer als "genetische" Gefahr für das deutsche Volk gesehen. "Europäische Aktion" (EA) Die "Europäische Aktion" (EA) steht weniger als Beispiel für neue Aktionsformen als vielmehr für andere Organisationsformen neben Kameradschaften und kleinen, regional verankerten Gruppierungen. Bei der seit 2011 aktiven EA handelt es sich um "eine Bewegung zur politisch-kulturellen Erneuerung ganz Europas", in der sich vorwiegend europäische Holocaustleugner sammeln. In ihrer Programmatik ist die Bewegung stark revisionistisch, nationalistisch, rassistisch, antisemitisch und islamfeindlich. Ihr Ziel ist ein Staatenbund unter dem Namen "Europäische Eidgenossenschaft", der die EU und NATO ablösen soll. Die 2010 in der Schweiz gegründete und zunächst unter der Bezeichnung "Bund Freies Europa" bestehende EA strebt daher die Zusammenarbeit von rechtsextremistischen Gruppen in Europa an. Dazu sollen Stützpunkte in Deutschland errichtet werden, unter anderem in Bremen. "Identitäre Bewegung" Die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) zählt ebenfalls zu den neuen Aktionsoder Organisationsformen. Die vornehmlich im Internet aktive IBD gliedert sich bundesweit in regionale Untergruppen, in Bremen gründete sich im November 2012 die rechtsextremistische Gruppierung "Identitäre Bewegung Bremen" (IBB). Im Dezember 2012 meldete die IBD den "Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität Deutschlands" an. Die IBD erläutert in ihrem Grundsatzpapier, dass sie sich für den Erhalt der ethnokulturellen Identität der Deutschen einsetze und gegen demografischen Wandel, Propaganda der "Identitären" kulturellen Verfall, Multikulturalismus, Masseneinwanderung und Islamisierung kämpfe. Dabei bedienen sich die "Identitären" des Konzepts des Ethnopluralismus, mit dem bisher insbesondere eine intellektuelle Strömung im Rechtsextremismus unter dem Namen "Neue Rechte" argumentierte. Grundlegende Annahme des Ethnopluralismus ist die Verschiedenartigkeit der Völker. Migrationsprozesse bedroh- ten diese Völkervielfalt, entwurzelten Menschen und vernichteten kulturelle Identitäten. Die Ethnienvielfalt könne letztlich nur durch die Trennung der Völker bewahrt werden. Ethnopluralisten betonen, dass sich Menschen nicht aufgrund ihrer Rasse, sondern aufgrund kultureller, regionaler und geografischer Faktoren unterschieden. Die mit dem Konzept des Ethnopluralismus begründeten nationalistischen, fremdenund insbesondere islamfeindlichen Einstellungen verbreiten die "Identitären" haupt33 sächlich im Internet, insbesondere im sozialen Netzwerk Facebook, auf professionell gestalteten Plakaten, Flyern und in Videos. Bundesweit traten die "Identitären" seit ihrem Bestehen mehrfach mit "Flashmobs" und der Verteilung von Flugblättern in der Öffentlichkeit auf, so auch in Bremen. Neonazistische Szene Bremens Die neonazistische Szene Bremens ist angesichts kaum vorhandener Organisationsstrukturen um den Aufbau von handlungsfähigen Gruppenstrukturen bemüht, wie sich am Beispiel der "Identitären" zeigt. Mit der neonazistischen Kameradschaft "Freie Nationalisten Bremen" löste sich zuletzt eine der zentralen handlungsfähigen Gruppierungen in Bremen auf. Die 2008 gegründete Kameradschaft trat seit 2011 nicht mehr öffentlich in Erscheinung. Grund für ihre Inaktivität kann die Furcht vor Strafverfolgung sein, denn 2011 sind führende Mitglieder der "Freien Nationalisten Bremen" im "Sturm-Wiking-Prozess" wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung zu Bewährungsund Geldstrafen sowie im "Ostkurvensaal-Prozess" wegen schweren Hausfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt worden. In der Vergangenheit scheiterten wiederholt Versuche der Etablierung neuer neonazistischer Gruppierungen; ein Beispiel hierfür ist die lediglich für kurze Zeit existierende neonazistische Gruppierung "Bürgerbewegung für Bremerhaven" (BFB). Von der neonazistischen Szene gingen im Jahr 2013 keine eigenständigen Aktionen aus. Einzelne Aktivisten nahmen an größeren, überregionalen Veranstaltungen von NPD oder Neonazis im gesamten Bundesgebiet teil. In der Vergangenheit beteiligten sich Neonazis aus Bremen vielfach an Aktionen und Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene im niedersächsischen Umland oder reisten gemeinsam mit Neonazis aus Niedersachsen zu überregionalen rechtsextremistischen Demonstrationen. Rechtsextremistische Mischszene in Bremen In Bremen besteht eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen NPD, Neonazis, rechtsextremistischen Skinheads und rechtsextremistischen Hooligans. Vielfach lassen sich dadurch die einzelnen Teilbereiche kaum mehr unterscheiden und führen zu einer rechtsextremistischen Mischszene. Es gibt in Bremen eine Vielzahl von personellen Überschneidungen, so ist es beispielsweise nicht ungewöhnlich, dass ein NPD-Mitglied zugleich in der neonazistischen Szene aktiv ist. Neben personellen Überschneidungen bestimmen vor allem enge persönliche Kontakte die Aktivitäten der rechtsextremistischen Mischszene Bremens. Nicht nur in Bremen, sondern bundesweit sind die Grenzen im aktionsorientierten Rechtsextremismus zwischen neonazistischer und subkultureller Szene in den letzten Jahren durchlässiger geworden. Rechtsextremisten und gewaltaffine Gruppierungen Eine erhöhte Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden verlangt auch das Verschwimmen der Grenze vom gewaltbereiten, aktionsorientierten Rechtsextremismus zu gewaltaffinen Gruppierungen, wie z.B. Rockern. Das Bedrohungspotenzial liegt dabei weniger in der ideologischen Grundüberzeugung als vielmehr in der hohen Gewaltbereitschaft, die von Personen aus diesen beiden Spektren ausgeht. Im Fokus des Verfassungsschutzes steht somit auch die verstärkte Beobachtung von jenen gewaltaffinen Gruppierungen, die vielerlei Verbindungen und vor allem persönliche Kontakte zur rechtsextremistischen Szene aufweisen. 3.6 Subkulturelle Szene Personenpotenzial: ca. 7.400 in Deutschland ca. 40 in Bremen 34 Die subkulturelle rechtsextremistische Szene, zu der rechtsextremistische Skinheads, rechtsextremistische Hooligans und sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten zählen, umfasste im Jahr 2013 bundesweit rund 7.400 Personen, davon etwa 40 Personen in Bremen. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit in Bremen ein leichter Anstieg des subkulturellen Personenpotenzials zu verzeichnen (2012: 30 Personen). Bundesweit hingegen sinkt die Zahl der subkulturell geprägten Rechtsextremisten seit Jahren. Während die subkulturelle Szene im Jahr 2007 rund 10.000 Personen umfasste, zählte die Szene 2009 noch ungefähr 9.000 Personen, 2011 gehörten ihr lediglich etwa 7.600 Personen an. Mit subkultureller Szene sind Cliquen gemeint, die weder fest strukturiert noch hierarchisch organisiert sind, sondern vor allem über die persönlichen Beziehungen der Cliquenmitglieder zusammengehalten werden. Ein wesentliches Merkmal der subkulturellen rechtsextremistischen Szene ist ihre niedrige Hemmschwelle zur Ausübung von Gewalt, die in Verbindung mit Alkoholkonsum häufig zu spontanen Gewaltaktionen insbesondere im Rahmen von Konzertveranstaltungen führt. Rechtsextremistische Skinheads Skinheads Für den subkulturell geprägten Lebensstil, der die Freizeitgestaltung wie z.B. die Teilnahme an rechtsextremistischen Veranstaltungen und Konzerten in den VorderSkinhead ist eine Sammelbegrund stellt, ist eine dauerhafte politische Arbeit nachrangig. So vertreten rechtszeichnung für eine sehr heteroextremistische Skinheads auch keine gefestigte Ideologie, sondern hängen einem gene, jugendlich dominierte diffusen rechtsextremistischen Weltbild an, in dem Fremdenfeindlichkeit und RassisSubkultur. Die Skinhead-Bewemus die zentralen Elemente sind. Das Erscheinungsbild der Skinheads hat sich in gung besteht aus vielen verden letzten Jahren wesentlich verändert: Während sie vor einigen Jahren noch an schiedenen Gruppierungen, ihrer Glatze, an Springerstiefeln und Bomberjacken leicht erkennbar waren, fallen wobei rechtsextremistische sie heute mit normaler Kleidung in der Öffentlichkeit kaum auf. Als ErkennungszeiSkinheads lediglich einen kleinen chen dienen hauptsächlich bestimmte szenetypische Kleidungsmarken, die oftmals Teil der Bewegung ausmachen. nur noch von "Eingeweihten" als Identifikationsmerkmale zu erkennen sind. Das Zum Beispiel gibt es auch entscheidende Merkmal ist nicht länger die äußere Erscheinung, sondern vor allem antirassistische Skinheads, die Musik. In einer Szene, die kaum feste oder organisierte Strukturen kennt, sorgt die "Skinheads Against Racial sie für den nötigen Zusammenhalt. Prejudice" (SHARP). Der Begriff Skinhead wird fälschlicherweise häufig synonym zu Neonazi Rechtsextremistische Musik gebraucht. Rechtsextremistische Musik hält nicht nur die subkulturelle Szene zusammen, sondern erfüllt gleichzeitig eine "Klammerfunktion" zwischen subkultureller Szene, neonazistischer Szene und Parteien. Konzerte haben dabei zwei wichtige Funktionen, zum einen geben sie die Gelegenheit für Szene-Treffen und zum anderen stärken sie das Zusammengehörigkeitsgefühl, auch weil sie häufig konspirativ organisiert sind. Des Weiteren erfolgt der Einstieg von Jugendlichen in die subkulturelle oder neonazistische Szene oftmals über die Musik, durch die typisch rechtsextremistische Feindbilder leicht vermittelt werden können. "Hammerskins" Die seit Beginn der 1990er-Jahre in Deutschland existierende rechtsextremistische Skinhead-Organisation "Hammerskins" beschäftigt sich vorwiegend mit der Planung und Durchführung rechtsextremistischer Konzerte. Das "Hammerskin-Chapter Bremen" existiert seit etwa 20 Jahren. 35 Vor dem Hintergrund ihres rassistischen und nationalistischen Weltbildes verfolgt die Organisation das Ziel, alle "weißen nationalen" Kräfte in einer weltweiten "Hammerskin-Nation" zu vereinigen. Die "Hammerskins" verstehen sich als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Szene. Im Gegensatz zur rechtsextremistischen Skinhead-Szene in Deutschland sind die 1988 in den USA gegründeten "Hammerskins" straff und hierarchisch organisiert. Die Skinhead-Organisation ist in nationale Divisionen und diese wiederum in regionale "Chapter" gegliedert. In Deutschland gibt es derzeit rund zehn "Chapter", wobei das "Hammerskin-Chapter Bremen" zu den ältesten gehört. Abgesehen von Konzertveranstaltungen treten die konspirativ agierenden "Hammerskins" selten öffentlich in Erscheinung. Ein solches konspirativ organisiertes Treffen der "Hammerskin-Division Deutschland" am 23. Februar 2013 war jedoch öffentlich bekannt geworden und konnte vorzeitig von der Polizei aufgelöst werden. An diesem Treffen hatten auch Mitglieder des "Hammerskin-Chapters Bremen" teilgenommen. Rechtsextremistische Bremer Skinhead-Bands Die rechtsextremistische Musik-Szene Bremens ist insbesondere durch die aktiven Skinhead-Bands "Hetzjagd", "Endlöser", "Endstufe" und "Strafmass" über Deutschland hinaus bekannt. Die häufig wechselnden Besetzungen der Bands erwecken den Eindruck, als ob ein großer Personenkreis dahinterstehen würde. Tatsächlich gehören etwa 10 bis 15 Personen zur rechtsextremistischen Musik-Szene Bremens. Die rechtsextremistischen Bremer Skinhead-Bands veröffentlichen regelmäßig CDs oder beteiligen sich an CD-Samplern. Im Jahr 2013 produzierte die SkinheadBand "Endstufe" eine CD mit dem Titel "Steht auf!", während sich die 1992 gegründete Skinhead-Band "Endlöser" an einem CD-Sampler mit dem Titel "Für ein freies CD-Sampler unter Beteiligung Vaterland" beteiligte. In der Vergangenheit sind wiederholt CDs der Bremer Skinder Skinhead-Band "Endlöser" head-Bands von der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" indiziert worden, weil in den Liedtexten entweder die Feindseligkeit gegenüber dem Rechtsstaat und der Demokratie oder eine hasserfüllte Einstellung gegenüber Ausländern oder Andersdenkenden zum Ausdruck gekommen ist. In Bremen gab es im Jahr 2013 keine rechtsextremistischen Konzerte, jedoch traten die Bremer Skinhead-Bands bei rechtsextremistischen Konzerten in Deutschland und im europäischen Ausland auf. So beteiligte sich die 1981 gegründete und damit älteste Bremer Skinhead-Band "Endstufe" an einem Konzert unter dem Motto Ankündigung für Konzert "This One's for the Skinheads again" am 25. Mai 2013 im sachsen-anhaltinischen mit der Skinhead-Band Nienhagen mit rund 1.200 Gästen. Ein weiteres Konzert fand am 24. August 2013 "Endstufe" in Tschechien unter Beteiligung der Bremer Skinhead-Band statt. Die seit 2008 bestehende Bremer Skinhead-Band "Strafmass" trat neben weiteren rechtsextremistischen Bands im Rahmen eines von der NPD veranstalteten Konzertes unter dem Motto "In Bewegung - Das politische Fest der Nationalen, dem demografischen Wandel entgegentreten" am 10. August 2013 im sachsen-anhaltinischen Berga auf. Ankündigung für Konzert mit der Skinhead-Band "Strafmass" Subkulturelle Gruppierung "Brigade 8" Die 2012 gegründete subkulturelle rechtsextremistische Gruppierung "Brigade 8" verfügt bundesweit über Anhänger und Mitglieder. Eine regionale Untergliederung der Gruppierung besteht u.a. in Bremen. Der "Brigade 8 Crew Bremen" gehören vor allem Angehörige der subkulturellen rechtsextremistischen Szene Bremens an, die über 36 enge Kontakte zu rechtsextremistischen Hooligans und Neonazis verfügen. Die Gruppierung "Brigade 8" bedient sich dem martialischen Erscheinungsbild und den Organisationsstrukturen von Motorradclubs, ohne jedoch ein Motorradclub zu sein. So tragen ihre Anhänger beispielsweise mit Aufnähern versehene Westen, sogenannte "Kutten", oder ihre Mitglieder werden nach "Vollmitgliedern" und "Unterstützern" unterschieden. Die Gruppierung versteht sich als Bruderschaft, "welche sich es zum Ziel gesetzt hat, den Kampf gemeinsam, gegen das System und seine Feinde zu führen. Die Bruderschaft "Brigade 8" ist eine Gruppe Nationaler Gleichgesinnter, die sich zusammengetan haben, um Politisch Aktiv zu sein." (Fehler im Original, Internetseite der "Brigade 8" von 07.2012) Rechtsextremistisch beeinflusste Hooligans Die Bremer Hooligan-Szene ist wegen der Hooligan-Gruppierungen "Standarte Bremen", "City Warriors" und "Nordsturm Brema" sowie der Fußballfan-Gruppierung "Farge Ultras" bekannt. Diese Gruppierungen gelten als "rechtsextremistisch beeinflusst", das heißt, dass es sich bei einzelnen Mitgliedern um überzeugte Rechtsextremisten handelt. In der Regel sind Hooligans unpolitisch, lediglich ein kleiner Teil ist fremdenfeindlich Hooligans motiviert. Seit den 1980er-Jahren versuchen Rechtsextremisten, sowohl Hooligans Hooligans sind fanatische, gezielt abzuwerben und sie für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren als auch gewaltbereite Fans eines die Hooligan-Szene zu unterwandern. Personen, die sich so "fanatisch" mit ihrem Vereins, die im Rahmen von "Lieblingsverein" identifizieren und so weit gehen, dass "Gegner" gehasst oder gar Sportereignissen durch ihre angegriffen werden, können für Rechtsextremisten Rekrutierungspotenzial bieten. Gewalttätigkeiten auffallen. Sie verabreden sich gezielt zu In Bremen bestehen enge Verbindungen zwischen der Hooliganund NeonaziKämpfen mit Hooligans anderer Szene. Diese enge Verflechtung führte in der Vergangenheit dazu, dass Mitglieder Vereine und betrachten dies der "Standarte Bremen" sowie "Nordsturm Brema" an rechtsextremistischen Veranals ihren Sport ("3. Halbzeit"). staltungen teilnahmen. Auch gab es wiederholt Auseinandersetzungen zwischen "Hooligan" ist ein Kunstbegriff Mitgliedern der drei rechtsextremistisch beeinflussten Hooligan-Gruppierungen und aus dem Englischen und wird "linken" Ultra-Gruppierungen sowie zwischen "rechten" und "linken" Fußballfans. sinngemäß mit "Straßenrowdy", So kam es am 7. September 2013 im "Ostkurvensaal" des Weserstadions zu einer "Halbstarker" oder "Rabauke" Auseinandersetzung zwischen "linken" Fans und Mitgliedern der rechtsextremistisch übersetzt. beeinflussten Fußballfan-Gruppierung "Farge Ultras". Hooligan-Band Neben den vier rechtsextremistischen Skinhead-Bands gibt es in Bremen die überregional bekannte Hooligan-Band "Kategorie C - Hungrige Wölfe" (KC), bei der Anhaltspunkte für den Verdacht einer rechtsextremistischen Bestrebung vorliegen. Die Band ist besonders wegen ihrer gewaltverherrlichenden Lieder auch in der rechtsextremistischen Skinheadund Neonazi-Szene beliebt. Sie erfüllt jene Funktionen, die auch rechtsextremistische Bands wahrnehmen. Ihre Konzerte tragen zur Mobilisierung und zum Zusammenhalt der Szene bei, schaffen die Möglichkeit zum Kontakt und geben Gelegenheit zur Rekrutierung von Sympathisanten für die Szene. Insbesondere ist die Band ein Bindeglied zwischen der Hooligan-Szene und dem Rechtsextremismus. Ihre Konzerte werden regelmäßig ebenso konspirativ organisiert wie Auftritte rechtsextremistischer Bands. Vereinzelt tritt KC auch mit diesen gemeinsam auf. Zum Teil werden ihre Konzerte auch von bekannten Rechtsextremisten organisiert. Auch im Kreis der Bandmitglieder sind Bezüge zum organisierten Rechtsextremismus unverkennbar, ebenso wie dies bei vielen Konzertbesuchern der Fall ist. KC tritt seit 2012 auch unter dem Namen "H.E.R.M." auf. Der Name bezieht sich auf 37 den jeweiligen Anfangsbuchstaben der Vornamen der vier ehemaligen Band-Mitglieder, die der Hooligan-Band im Jahr 2012 noch angehörten. Trotz Mitgliederwechsels gibt KC auch weiterhin unter diesem Namen kleinere Konzerte in Kneipen. Mit diesem Konzept versucht die Hooligan-Band, Behinderungen durch Polizeieinsätze oder Protestaktionen sowie Konzertverboten zu entgehen. 38 4 Linksextremismus Seitenzahl 39 4.1 Ideologie des Linksextremismus 40 4.2 Autonome 43 4.3 Aktionsfelder der Autonomen 43 4.3.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" 45 4.3.2 Aktionsfeld "Antirepression" 48 4.3.3 Aktionsfeld "Antimilitarismus" 48 4.3.4 Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" 39 4 Linksextremismus Das Personenpotenzial der autonomen Szene in Bremen ist mit ca. 200 Personen gleichbleibend hoch. Ihre teilweise gewaltsamen Aktionen richteten sich in Bremen überwiegend gegen Wahlkampfveranstaltungen von rechtsextremistischen oder vermeintlich "rechten" Parteien zur Bundestagswahl am 22. September 2013. Bundesweit zeigte sich im Jahr 2013 das hohe Aggressionsund Gewaltpotenzial der Autonomen anhand mehrerer gezielter Angriffe auf Polizisten anlässlich von Demonstrationen, bei denen ernsthafte Verletzungen bis hin zum Tod der Opfer in Kauf genommen wurden. Beispielhaft hierfür stehen die gewaltsamen Ausschreitungen von etwa 4.000 Autonomen am 21. Dezember 2013 in Hamburg. In Bremen sind im August 2013 vier Zivilpolizisten außerhalb eines Demonstrationsgeschehens von Autonomen angegriffen und verletzt worden. 4.1 Ideologie des Linksextremismus In der linksextremistischen Ideologie wird die Forderung nach sozialer Gleichheit unter Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates verabsolutiert. Linksextremisten aller Schattierungen streben die Überwindung der bestehenden als imperialistisch, kapitalistisch oder rassistisch bezeichneten Staatsund Gesellschaftsordnung an. Das Ziel soll dabei unter Missachtung der Grundwerte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erreicht werden und würde grundlegende Prinzipien der Verfassung außer Kraft setzen. Betroffen wäre davon nicht nur das in der Verfassung verankerte Rechtsstaatsoder Demokratieprinzip, wie beispielsweise die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität oder das Recht zur Bildung und Ausübung einer Opposition, sondern insbesondere auch die individuellen Freiheitsrechte. Im Linksextremismus lassen sich als Hauptströmungen orthodoxe Kommunisten einerseits sowie Autonome und Anarchisten andererseits unterscheiden. Die überwiegend in Parteien und festen Gruppen organisierten orthodoxen Kommunisten, zu denen zum Beispiel die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) oder die "Sozialistische Alternative" (SAV) gehören, streben nach einer mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbaren sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung. Autonome und Anarchisten, die meist in losen Zusammenhängen agieren, fordern ein selbstbestimmtes Leben ohne staatliche Organisation und Machtstrukturen, das sich in unserem demokratisch verfassten Rechtsstaat schwerlich realisieren lässt. Die Anwendung von Gewalt zur Erreichung dieser Ziele ist dabei einer der umstrittensten Punkte innerhalb der linksextremistischen Ideologie. Während der Großteil der Linksextremisten auch aus taktischen Gründen auf Gewalt verzichtet, ist die Ausübung von Gewalt innerhalb der autonomen Szene kaum umstritten. 4.2 Autonome Personenpotenzial: ca. 6.100 in Deutschland ca. 200 in Bremen 40 Der autonomen Szene in Deutschland waren im Jahr 2013 etwa 6.100 gewaltbereite Anhänger zuzurechnen. In Bremen kann die autonome Szene zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Spontandemonstrationen, kurzfristig bis zu 200 Personen mobilisieren. Ziel von Autonomen ist das Abschaffen jeglicher Form von "Herrschaftsstrukturen". Sie lehnen sowohl gesellschaftliche Normen und Zwänge als auch den demokratischen Verfassungsstaat - den sie als "staatlichen Repressionsapparat" bezeichnen - sowie seine Einrichtungen ab. Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Regeln leben zu können, und streben nach einem hierarchiefreien, selbstbestimmten Leben innerhalb "herrschaftsfreier" Räume. Ideologisch beziehen sie sich vor allem auf anarchistische und kommunistische Theoriefragmente, wobei ihre ideologischen Vorstellungen insgesamt diffus bleiben. Gewalt als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung Autonome befürworten die Anwendung von Gewalt gegen den Staat, seine Einrichtungen und Repräsentanten sowie gegen rechtsextremistische Strukturen und Personen zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen. Mit "militanten Aktionen" wollen sie über die Herbeiführung "chaotischer Zustände" letztlich die Unregierbarkeit des Staates erreichen. "Militante Aktionen" werden u.a. mit der von Staat und Gesellschaft ausgehenden "strukturellen Gewalt" gerechtfertigt. Gewalt ist aber nicht nur ein Mittel zur Bekämpfung des "staatlichen Repressionsapparates", sondern zugleich auch ein identitätsstiftendes Merkmal. Viele Angehörige der autonomen Szene sehen darin einen Akt der individuellen Selbstbefreiung. Mit ihrer Einstellung, politische Ziele gewaltsam zu verfolgen, setzen sich Autonome über das Gewaltmonopol des Staates und den Grundkonsens demokratischer Verfassungsstaaten hinweg, gesellschaftspolitische Veränderungen ausschließlich auf demokratischem Wege herbeizuführen. In den vergangenen Jahren lässt sich ein wachsendes Gewaltund Aggressionspotenzial in der autonomen Szene feststellen, dies verdeutlicht insbesondere die Zunahme von Angriffen auf Polizisten, bei denen schwere Verletzungen bis hin zur Tötung billigend in Kauf genommen werden. Eine Vielzahl gezielter Angriffe auf Polizisten und polizeiliche Einrichtungen erfolgten in den Wochen vor und nach einer außergewöhnlich gewalttätig verlaufenen Demonstration am 21. Dezember 2013 in Hamburg (s. Kapitel 4.3.2). Auch in Bremen überfielen Autonome mehrere Polizisten im August 2013 und verletzten sie. Insgesamt ist in Bremen für das Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr jedoch kein signifikanter Anstieg von linksextremistischen Straftaten auszumachen, ebenso sank hier die Zahl der Gewalttaten leicht. Autonome übten Gewalt bislang vornehmlich in zwei Konstellationen aus: einerseits im Rahmen von Demonstrationen und andererseits durch "militante Aktionen" in Form von Brandanschlägen und Sachbeschädigungen auf Gebäude und Fahrzeuge. . Gewalt im Rahmen von Demonstrationen Die massiven gewalttätigen Ausschreitungen im Rahmen von autonomen Demonstrationen stellen regelmäßig ein zentrales Problem für die öffentliche Sicherheit dar, wie am 1. Mai in Berlin oder Hamburg. Die Angriffe, bei denen die Verletzung von Personen zumindest billigend in Kauf genommen wird, richten sich in erster Linie gegen Polizisten und Rechtsextremisten. An gewalttätigen Auseinandersetzungen, insbesondere im Rahmen von Demonstrationen, beteiligen sich häufig auch unpolitische Jugendliche. In der Regel geht es ihnen, ebenso wie sehr jungen Angehörigen der autonomen Szene, weniger um konkrete politische und auf die Systemüberwindung ausgerichtete Ziele als mehr um den "Erlebnischarakter", der von solchen Ereignissen ausgeht, oder das Ausleben eines vorhandenen Aggressionspotenzials. Ein großer Teil dieser gewaltbereiten Jugendlichen kehrt mit dem Älterwerden in den nichtextremistischen Bereich zurück. 41 In Bremen hat es bei autonomen Demonstrationen seit Langem keine gewalttätigen Ausschreitungen in der Form gegeben, dass Barrikaden errichtet und in Brand gesetzt, Geschäfte beschädigt und geplündert oder Fahrzeuge demoliert und angezündet worden sind. Dennoch kommt es auch in Bremen im Rahmen von Demonstrationen der autonomen Szene immer wieder zu Sachbeschädigungen und der Verletzung von Polizisten. . "Militante Aktionen" Wie in den Vorjahren verübten Angehörige der autonomen Szene auch 2013 zahlreiche "militante Aktionen" in Form von Brandanschlägen und Sachbeschädigungen unterschiedlicher Art und Intensität. Häufig werden die "militanten Aktionen" anschließend in Selbstbezichtigungsschreiben erläutert und unter anderem als "Aktionen" gegen "staatliche Repression" oder "Faschismus" begründet. Ein Großteil der "militanten Aktionen" stand 2013 jedoch im Begründungszusammenhang "Antimilitarismus" (s. Kapitel 4.3.3). Die in diesem Kontext 2011 ausgerufene Kampagne "Krieg beginnt hier. War starts here. Kampagne gegen die kriegerische Normalität" richtet sich primär gegen die Bundeswehr und die mit ihr zusammenarbeitenden Unternehmen, wie die Deutsche Post oder die Deutsche Bahn. Sie ist eine Fortsetzung der Kampagne gegen den Logistikdienstleister DHL und die Deutsche Post, bei denen es in den Jahren 2008 bis 2011 zu einer Vielzahl von Sachbeschädigungen und Brandanschlägen kam. Organisationsformen und Vernetzungsbemühungen Da formelle Strukturen und Hierarchien grundsätzlich abgelehnt werden, ist die autonome Szene stark fragmentiert und besteht hauptsächlich aus losen Personenzusammenschlüssen, die anlassbezogen gegründet werden und sich ebenso kurzfristig auflösen. Autonome erachten ihre Eigenund Selbstständigkeit für so wichtig, dass sie sich in der Regel in keine festen politischen Strukturen integrieren. In den vergangenen Jahren war allerdings festzustellen, dass Teile der Szene wie die Gruppe "Avanti - Projekt undogmatische Linke" ("Avanti") nicht mehr prinzipiell die Organisierung ablehnen, sondern diese bis zu einem gewissen Grad als geeignet ansehen, um größere politische Bedeutung zu erlangen. Auch das linksextremistisch beeinflusste Netzwerk "Interventionistische Linke" (IL), ein bundesweiter Zusammenschluss aus überwiegend autonomen und antiimperialistischen Gruppen und Einzelpersonen, bemüht sich um die Organisierung des radikalen "linken" Spektrums. "Autonome Vollversammlung Bremen" Die in vielen Städten bestehenden "Autonomen Vollversammlungen" (AVV) stellen einen Versuch dar, die autonome Szene vor allem auf lokaler und regionaler Ebene besser zu vernetzen. In Hamburg ist dieser Vernetzungsversuch bereits 2012 gescheitert, auch in Bremen zeichnet sich eine ähnliche negative Entwicklung für die 2009 gegründete AVV ab. Ziel der AVV in Bremen ist es, eine "offene Plattform für Information, Kommunikation und inhaltliche Diskussion" zu stellen, den Informationsaustausch zwischen den Gruppierungen zu verbessern und "Perspektiven und Strategien 'autonomer', 'libertärer' und 'linksradikaler' Politik" zu entwickeln. (Internetseite der AVV vom 15.02.2010) Flyer der AVV in Bremen Bündnispolitik Autonome engagieren sich häufig für Themen, die für sich betrachtet nicht extremistisch sind. Auf diese Weise versuchen sie, ihre politischen Vorstellungen in die Gesellschaft zu tragen. Dafür sind sie bereit, sich an bürgerlich-demokratischen Bündnissen zu beteiligen und ihre eigenen Ziele kurzfristig in den Hintergrund zu stellen. Mit 42 dieser Taktik gelingt es Autonomen immer wieder, insbesondere im Bereich "Antifaschismus", mit bürgerlich-demokratischen Gruppen zusammenzuarbeiten, die ihre extremistischen Ansichten im Grunde ablehnen. Kommunikation Das Internet ist das wichtigste Kommunikationsmittel der autonomen Szene. Es dient ihr sowohl als Kommunikationsplattform als auch als Medium zur Verbreitung von Propaganda. Von Bremer Gruppierungen gibt es eine Reihe von teilweise sehr professionell gestalteten Internetseiten. Über den Blog "Twitter", der Kurznachrichten in Echtzeit versendet, kommunizieren Angehörige der autonomen Szene beispielsweise während Demonstrationen. Neben einer Vielzahl von offenen und geschlossenen Internetportalen stellt das internationale Mediennetzwerk "Indymedia" mit seinem deutschen Ableger "Indymedia Deutschland" eine zentrale Kommunikationsplattform für das gesamte "linke" Spektrum dar. "Indymedia" betreibt einen "offenen Journalismus", d.h., jeder Internetnutzer kann dort ohne redaktionelle Vorgaben und unter Nutzung eines Pseudonyms Beiträge veröffentlichen, die andere Internetnutzer wiederum kommentieren und ergänzen können. Die Beiträge reichen von Berichten zum Verlauf von Kundgebungen über Analysen zu tagespolitischen Entwicklungen bis hin zu Informationsoder Diffamierungskampagnen gegen politische Gegner. In Bremen gibt es seit 2009 das Internetforum "end of road". Die Betreiber erklärten, dass es sich um ein "antikapitalistisches Projekt" handele und sie "nur Dinge veröffentlichen, die dem Sinne des Projektes entsprechen und eine antifaschistische, autonome und antinationale Grundhaltung haben" (Internetblog "end of road", 06.09.2009). Die veröffentlichten Artikel, Aktionsberichte, Demonstrationsaufrufe und Terminankündigungen spiegeln ein breites Themenspektrum wider. Die Nutzer können die eingestellten Artikel kommentieren und sind darüber hinaus zum Einsenden von Berichten und Terminankündigungen aufgefordert. Die veröffentlichten Beiträge stammen jedoch auch aus Tageszeitungen oder dem Internetportal "Indymedia". Szene-Zeitschriften Ein zentrales Publikationsorgan ist die in Berlin herausgegebene Szene-Zeitschrift "Interim", die als eine von wenigen autonomen Schriften bundesweite Bedeutung genießt. Die Szene-Zeitschrift dient vor allem dem gewaltbereiten autonomen Spektrum zur Information und Diskussion. In der "Interim" finden sich Beiträge zu aktuellen Themen, aber auch Rechtfertigungen zur Gewaltanwendung sowie Aufforderungen und Anleitungen zu Gewalttaten. Um Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren, gibt es keine feste Redaktion, auch wird kein Impressum abgedruckt. In Bremen erscheint seit 2010 regelmäßig die Szene-Zeitschrift "LaRage". Die in der Zeitschrift veröffentlichten Artikel umfassen unterschiedliche Themenbereiche, vom "Antifaschismus" bis hin zu "Sozialen Kämpfen". Über Aktionen und Veranstaltungen der autonomen Szene wird unter dem Titel "**schlagzeilen Nachrichten zu anschlagsrelevanten Themen aus der Region" berichtet. Titelbilder der "Interim" und "LaRage" 4.3 Aktionsfelder der Autonomen Die Aktionsfelder "Antirepression" und "Antifaschismus" waren wie bereits in den Vorjahren für die autonome Szene Bremens von zentraler Bedeutung. Weniger Aktivitäten als im Vorjahr gab es dagegen im Aktionsfeld "Soziale Kämpfe". 43 Die autonome Szene reagiert mit ihren politischen Aktivitäten hauptsächlich auf aktuelle politische Ereignisse und setzt selten eigene Themen im politischen Diskurs, so dass es immer wieder zu Schwerpunktverschiebungen kommt. Die subjektive Betroffenheit bestimmt maßgeblich das autonome Handeln und damit das autonome Politikverständnis ("Politik der ersten Person"). 4.3.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" "Antifaschismus" stellt unverändert seit Jahren ein zentrales Betätigungsfeld der Autonomen in Bremen dar, in dessen Mittelpunkt Proteste gegen Aufmärsche, Veranstaltungen und Informationsstände von Rechtsextremisten sowie Übergriffe auf Einzelpersonen stehen. Auch Brandanschläge auf Fahrzeuge von Rechtsextremisten hatte es in den letzten Jahren wiederholt gegeben, so wurde am 1. August 2013 das Fahrzeug eines Bremer Rechtsextremisten beschädigt. Im Aktionsfeld "Antifaschismus" engagieren sich in Bremen verschiedene autonome Gruppierungen, allen voran die "Antifa" und die seit 2008 aktiven Gruppierungen "Basisgruppe Antifaschismus" Brandanschlag auf (BA) und "Avanti". Fahrzeug eines Bremer Rechtsextremisten Im Bereich der "Antifaschismusarbeit" ist neben linksextremistischen Organisationen und Gruppen auch eine Vielzahl unterschiedlicher demokratischer Akteure tätig. Mit der Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geht das Antifaschismusverständnis von Linksextremisten jedoch weit über das von Demokraten hinaus. Für Linksextremisten stellt die Bekämpfung von rechtsextremistischen Strukturen und Personen nur ein vordergründiges Ziel dar, ihre tatsächliche Stoßrichtung ist das "bürgerliche und kapitalistische System" und die angeblich ihm zugrunde liegenden faschistischen Wurzeln. Zur Vergrößerung ihres politischen Einflusses und zur Gewinnung neuer Anhänger ist das Bemühen um Bündnisse mit nichtextremistischen Gruppen ein entscheidendes Instrument autonomer "Antifaschismusarbeit". Proteste von Autonomen im Rahmen des Bundestagswahlkampfs 2013 Im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2013 protestierten Autonome bundesweit gegen Wahlkampfveranstaltungen von rechtsextremistischen oder vermeintlich "rechten" Parteien (s. Kapitel 3.4). Die am 14. August 2013 von der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) in Bremen-Vegesack veranstaltete Kundgebung wurde von heftigen Protesten von rund 150 Personen begleitet, darunter etwa 60 Autonome. Zu Beginn der Veranstaltung stürmte eine Gruppe von ungefähr 50, teilweise vermummten Autonomen den Kundgebungsort und bewarf dabei vereinzelt Polizisten und NPD-Aktivisten mit Steinen, Tomaten, Eiern usw. Nach vorzeitiger Beendigung der Kundgebung beschädigten sie außerdem die abfahrenden Fahrzeuge der NPD mit Flaschen und Lebensmitteln. Zur Teilnahme an Gegenprotesten riefen im Vorfeld verschiedene autonome Gruppierungen in Bremen auf, u.a. die autonome Gruppierung BA. In ihrem Mobilisierungsaufruf bezog sich die BA auf die von Autonomen initiierte bundesweite Kampagne gegen die Wahlkampftour der NPD, die mit einem Lastwagen erfolgte, dem sogenannten "Flaggschiff". Unter dem Motto "Das NPD Flaggschiff versenken! Die NPD Wahlkampftour zum kentern bringen" wurde im Internet zur Störung der NPD-Wahlkampfveranstaltungen aufgerufen. Erheblichen Protest gab es ebenfalls gegen die Wahlkampfveranstaltung der Partei "Bürgerbewegung pro Deutschland" am 23. August 2013 im Bremer Steintor. Dort demonstrierten bis zu 350 Personen gegen die Partei. Mehrere Autonome warfen Steine, Feuerwerkskörper, Tomaten, Eier usw. auf die Funktionäre der "Bürgerbewegung pro Deutschland" und die Polizisten. Einen weiteren in der Bremer Neustadt vorgesehenen Kundgebungsort der Partei hielten Autonome besetzt, so dass die 44 Kundgebung an einen anderen Platz verlegt wurde. Auch dort gingen Autonome gewaltsam gegen die Parteifunktionäre vor. Auch eine Wahlkampfveranstaltung der Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) am 24. August 2013 im Bremer Bürgerpark wurde durch Autonome gestört. Während der AfD-Parteivorsitzende eine Rede vor rund 120 Besuchern hielt, stürmten zwei Autonome auf die Bühne und stießen ihn hinunter. Anschließend flüchteten sie mit weiteren Personen, die bis dahin neben der Bühne gewartet hatten, in ein angrenzendes Waldstück. Bei der Flucht versprühten die Autonomen Reizgase und verletzten damit rund 17 Personen. Autonome demonstrieren gegen Rechtsterrorismus des NSU Der am 6. Mai 2013 vor dem Oberlandesgericht München eröffnete Prozess gegen die Rechtsterroristin Zschäpe als einziges noch lebendes Mitglied des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) sowie vier mutmaßliche Unterstützer wurde von bundesweiten Protesten gegen rechtsterroristische und rechtsextremistische Strukturen begleitet (s. Kapitel 3.2). Unter dem Motto "Gegen Naziterror, staatlichen und Demonstrationsaufruf alltäglichen Rassismus - Verfassungsschutz abschaffen - Gegen Rechtsextremisgegen Rechtsterrorismus mus und Rechtspopulismus" demonstrierten am 13. April 2013 in München rund des NSU in München 5.500 Personen, darunter etwa 800 Autonome. Zur Teilnahme an der Demonstration hatten bundesweit insbesondere linksextremistische Gruppierungen aufgerufen, dazu gehörte auch die autonome Gruppierung BA aus Bremen. Darüber hinaus war die BA Mitorganisatorin einer Solidaritätskundgebung am 17. April 2013 in Bremen mit etwa 100 Personen der "linken" Szene. Im Zuge dieser Veranstaltung brachte ein BA-Aktivist sein linksextremistisches Verständnis von Antifaschismus deutlich zum Ausdruck: "Wir wollen eine Welt in der [...] alle Menschen dort leben und Reisen können wohin sie wollen [...]. Um dies zu erreichen ist es notwendig diese ganze Marktwirtschaft, diese gesellschaftlichen Verhältnisse zu überwinden und auf dem Weg dorthin Nazis wie die den so genannten Nationalsozialistischen Untergrund und andere FaschistInnen weiter konsequent zu bekämpfen [...]. Die Grenzen dafür enden nicht am staatlichen Gewaltmonopol. Auch wenn in der derzeitigen Krise die Chance für eine emanzipatorische Aufhebung der Verhältnisse nicht wahrscheinlicher geworden ist, gilt auch weiterhin: Wir wollen diese Ordnung fallen sehen, lieber heute als morgen. Wir wollen eine Gesellschaft ohne Staat, Nation und Kapital [...]". (Fehler im Original, Internetseite der BA vom 18.04.2013) Autonome protestieren gegen Aufmärsche von Rechtsextremisten Autonome Gruppierungen aus Bremen unterstützten im Jahr 2013 auch mehrere Demonstrationen gegen rechtsextremistische Aufmärsche in anderen Städten. So demonstrierten am 12. Januar 2013 in Magdeburg rund 1.000 Personen gegen den jährlichen neonazistischen "Trauermarsch" zum Jahrestag der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. An der Demonstration beteiligten sich rund 350 Autonome, die Straßenblockaden errichteten und sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei lieferten. Gegen den Aufmarsch von Rechtsextremisten am Aufruf zur Teilnahme an 1. Juni 2013 in Wolfsburg unter dem Motto "Tag der deutschen Zukunft" demonstrierGegenprotesten in Magdeburg ten rund 3.500 Personen, darunter ungefähr 500 Autonome. Autonome "Recherchearbeit" Die "Aufklärungsoder Recherchearbeit" gehört zu den zentralen Aktivitäten der autonomen Szene in Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Szene. In diesem Zusammenhang werden Beobachtungen und Informationen über Einzelpersonen, Gruppierungen und Strukturen der "rechten" Szene wie etwa Szeneläden gesammelt. Die Informationen zu Einzelpersonen werden meist in Steckbriefen 45 zusammengefasst und im Rahmen sogenannter "Outing-Aktionen" in der Nachbarschaft der Betroffenen und im Internet veröffentlicht. In den Steckbriefen werden neben persönlichen Daten wie z.B. Anschrift, Geburtsdatum oder Beruf auch weitere Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen bekanntgemacht. Ziel dieser Aktionen ist es, vermeintliche Rechtsextremisten aus der Anonymität zu holen und ihre politischen Aktivitäten öffentlich zu machen. In Bremen wurden zuletzt im November 2013 zwei Mitglieder des Bremer "Hammerskin-Chapters" "geoutet". 4.3.2 Aktionsfeld "Antirepression" "Antirepression" stellt ebenfalls einen Aktionsschwerpunkt der gewaltbereiten autonomen Szene in Bremen dar. Autonome sehen ihre individuelle, soziale oder politische Entfaltung durch den Staat und seine "Machtstrukturen" unterbunden, konkret etwa durch Sicherheitsgesetze oder polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen. Weiterer Schwerpunkt der "Antirepressionsarbeit" ist die Schaffung und Erhaltung von "autonomen Freiräumen", wozu in erster Linie besetzte Häuser oder selbst verwaltete Projekte zählen. Kritisiert wird unter dem Stichwort "Gentrifizierung" der Verdrängungseffekt infolge städtebaulicher Umstrukturierungsmaßnahmen, d.h., weniger wohlhabende Personen werden aufgrund steigender Mieten infolge von Sanierungsmaßnahmen aus bestimmten Stadtteilen verdrängt. Vor diesem Hintergrund sehen sich Autonome im Kampf gegen die "staatliche Repression". Die Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols ist das verbindende Element verschiedener autonomer Gruppierungen. In Bremen engagieren sich insofern sämtliche autonome Gruppierungen anlassbezogen in diesem Aktionsfeld. Angriffe auf Polizisten als "Vertreter oder Handlanger des Repressionsapparates" finden innerhalb der autonomen Szene seit jeher weitgehende Akzeptanz, sofern Menschenleben dadurch nicht unmittelbar gefährdet werden. Inzwischen scheint sich dieser Konsens vor dem Hintergrund eines wachsenden Aggressionsund Gewaltpotenzials der autonomen Szene aufzuweichen. Die Zahl der Angriffe auf Polizisten, bei denen der Tod zumindest billigend in Kauf genommen wird, stieg in den vergangenen Jahren an, wie sich in Hamburg Ende 2013 zeigte. Gewaltsame Großdemonstration in Hamburg Unter dem Motto "Rote Flora verteidigen - Esso Häuser durchsetzen! Gegen rassistische Zustände - Bleiberecht für alle!" beteiligten sich an der überaus gewaltsam verlaufenen Demonstration am 21. Dezember 2013 in Hamburg rund 7.300 Personen, davon rund 4.000 Autonome. Unter den Demonstranten befanden sich auch Autonome aus Bremen. Anlass für die Demonstration war die Aufforderung des Eigentümers zur Räumung des seit 1989 von Autonomen besetzten Veranstaltungszentrums "Rote Flora" in Hamburg. Bisher hatte der Eigentümer die Besetzung des autonomen Veranstaltungszentrums geduldet, das zu den wichtigsten Treffpunkten der autonomen Szene in Hamburg gehört; nunmehr plant er die Errichtung eines kommerziellen Kulturzentrums. Daneben galt die Demonstration am 21. Dezember 2013 auch der erneuten Forderung nach einem Bleiberecht für die "Lampedusa-Flüchtlinge", die aus Nordafrika über die italienische Insel Lampedusa nach Deutschland eingereist waren und nun in Hamburg um Asyl baten. Bereits im Herbst 2013 hatte es in diesem Zusammenhang mehrere u.a. von Autonomen organisierte Demonstrationen in Hamburg gegeben. Bei der Demonstration am 21. Dezember 2013 wurden somit mehrere für die autonome Szene wichtige Themen miteinander verknüpft, namentlich die Aktions46 felder "Antigentrifizierung", "Antirepression" und "Antirassismus". Ferner war die autonome Szene in Hamburg bestrebt, ihre Handlungsfähigkeit und Stärke mit dieser Demonstration unter Beweis zu stellen. Gleich zu Beginn der Demonstration eskalierte die Situation, als Autonome Feuerwerkskörper, Steine und Flaschen auf Polizisten warfen. Daraufhin löste die Polizei die Demonstration auf. Im Anschluss gab es massive Ausschreitungen in mehreren Stadtteilen, dabei wurden Fahrzeuge in Brand gesetzt, Fensterscheiben eingeworfen, Polizeifahrzeuge beschädigt und rund 120 Polizisten verletzt. Die auch im Vergleich mit den Vorjahren hohe Zahl gewaltbereiter Autonomer kann neben der Verknüpfung mehrerer autonomer Themenfelder u.a. auf die über mehrere Monate erfolgte Mobilisierung zur Teilnahme an der Demonstration zurückgeführt werden. Bundesweit fanden zahlreiche Informationsund Mobilisierungsveranstaltungen statt. In Bremen nahmen am 12. Dezember 2013 rund 70 überwiegend Autonome an einem solchen Mobilisierungstreffen teil. Im Vorfeld der Demonstration veröffentlichte eine autonome Gruppe aus Hamburg eine Solidaritätserklärung mit dem Titel "Antifa supports Rote Flora: Eine für Alle - Alle für Eine" u.a. auf der "linken" Internetplattform "Indymedia". Neben Gruppierungen aus dem gesamten Bundesgebiet unterzeichneten auch autonome Gruppierungen aus Bremen die Solidaritätserklärung, darunter die BA und "Antifa". Der Aufruf verdeutlicht ihr linksextremistisches Verständnis von Antifaschismus: "Für uns ist Antifaschismus mehr, als nur der Kampf gegen Neonazis und rechte Strukturen. Wir sehen uns als Kritiker_innen gesellschaftlicher Missstände und unser Engagement als einen Teil von vielen Kämpfen gegen Staat, Nation und Kapital - für ein schönes Leben für Alle. [...] Ein kommendes Highlight wird eine bundesweite Demo am 21.12.2013 in Hamburg sein. Wir laden euch ein, mit uns gemeinsam im Autonomen Block ordentlich Stimmung zu machen und den Bullen, dem Senat und allen, die die Rote Flora als linksradikalen Freiraum in Frage stellen, zu zeigen, was es bedeutet unsere Projekte anzugreifen." (Fehler im Original; Internetseite der BA vom 18.11.2013) Im Zusammenhang mit der Demonstration am 21. Dezember 2013 in Hamburg wurden bundesweit zahlreiche Straftaten verübt. Im Vorfeld der Demonstration beschädigten unbekannte Täter am 20. Dezember 2013 in Bremen das Gebäude des Senators für Inneres und Sport mit Farbe und Steinen. Noch am selben Tag veröffentlichten die Täter unter dem Namen "aktions-gruppe fang den baer" im Internet eine Taterklärung, worin sie sich mit der Hamburger Kampagne "Flora bleibt unverträglich!" solidarisieren. Der Name der Aktionsgruppe bezieht sich auf den Berater des Eigentümers der "Roten Flora", den Chef einer Hamburger Immobilienberatungsfirma Gert Baer, der in der Öffentlichkeit für den Neubau eines kommerziellen Kulturzentrums wirbt. Zur Begründung der Tat heißt es: "Die Situation in Hamburg sehen wir als Ausdruck und Ergebnis unerträglicher repressiver staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen an. Dies ist für uns nur ein weiteres Argument dafür, uns wieder stärker einzumischen." (Fehler im Original; Internetplattform "Indymedia" vom 20.12.2013) Überfall auf Zivilpolizisten Angehörige der autonomen Szene Bremens griffen Polizisten in der Vergangenheit zumeist im Rahmen von Demonstrationen an und verletzten sie teilweise schwer. Der Überfall von Autonomen auf Zivilpolizisten in der Nacht zum 24. August 2013 im Bremer Steintor ereignete sich jedoch im Anschluss an die ohne konkreten Anlass erfolgte Besetzung der "Sielwall-Kreuzung" durch rund 300 Personen. Im Zuge der 47 Räumung der Kreuzung nahmen vier Zivilpolizisten eine Person fest, übergaben sie an ihre Kollegen und kehrten zu ihrem abseits stehenden Fahrzeug zurück. Beim Einsteigen in das Fahrzeug wurden sie von Autonomen angegriffen, die gegen das Fahrzeug traten, Türen aufrissen und Reizgas versprühten. Die Polizisten erlitten Augenund Atemwegsverletzungen. Wenige Tage nach dem Vorfall, am 27. August 2013, hingen zahlreiche Plakate im Bremer Steintor, auf denen ein brennender Polizist zu sehen und die Schriftzüge "A.C.A.B.", "All Cops are Burning", "Against all authority" und "Anarchy" zu lesen waren. Dieser Überfall offenbart ein in der autonomen Szene Bremens vorhandenes Aggressionsund Gewaltpotenzial, das in der Form bislang noch nicht zum Ausdruck gekommen war. Weitere Farbund Brandanschläge Ihre Ablehnung von Staat und Polizei machten Autonome mit einem am 19. August 2013 auf die ehemalige Polizeiwache in der Bremer Neustadt verübten Farbanschlag deutlich. In einem am folgenden Tag im Internet veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben erklärten sie: "Bullen sind grundlegend für die bestehende Ordnung, die nur über Herrschaft, Obrigkeit und Unterdrückung funktioniert. [...] Bullen, als eine Institution die staatliche Gewalt letztlich ausführt, gibt es in jeder Stadt, und sind überall angreifbar! Anlässe gibt es genug!" (Fehler im Original; Internetseite "end of road" vom 20.08.2013) Als Protest gegen den Abriss eines sogenannten "Kaisenhauses" in Bremen-Woltmershausen steht der Brandanschlag auf einen Bagger am 11. Januar 2013. Wenngleich kein Selbstbezichtigungsschreiben vorliegt, wurde in der im Frühjahr erschienenen Ausgabe der Bremer Szene-Zeitschrift "LaRage" mit einem Bericht über die Geschichte der "Kaisenhäuser", verschiedenen Zeitungsartikeln und einem Polizeibericht auf die Brandstiftung Bezug genommen. Das auf der Titelseite abgebildete Foto zeigt die Stelle, an der der Bagger abbrannte. Titelbild der Szene-Zeitschrift "LaRage" "Rote Hilfe" Die Rechtsund Hafthilfeorganisation "Rote Hilfe e.V." (RH) ist ausschließlich im Bereich der "Antirepression" tätig. Der Verein versteht sich laut Satzung als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation", die über 40 Ortsgruppen im gesamten Bundesgebiet unterhält. Bundesweit zählt die Organisation ca. 6.000 Mitglieder. In Bremen besteht eine aktive Ortsgruppe mit etwa 190 Mitgliedern. Die RH sieht ihren Arbeitsschwerpunkt in der finanziellen und politischen Unterstützung von Angehörigen aus dem "linken" Spektrum, die von "staatlicher Repression" betroffen sind. Zu ihren Aufgaben gehören die Gewährung von Rechtshilfe, die Vermittlung von Anwälten an Szene-Angehörige, die Beihilfe zu Prozesskosten und Geldstrafen sowie die Betreuung von "politischen Gefangenen". Die dabei entstehenden Kosten werden aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. 4.3.3 Aktionsfeld "Antimilitarismus" Das Aktionsfeld "Antimilitarismus" war auch im Jahr 2013 für die autonome Szene in Bremen von Bedeutung. Bundesweit hat das Aktionsfeld einen hohen Stellenwert für die autonome Szene, was durch die anhaltend hohe Zahl an "militanten 48 Aktionen" im Rahmen der Kampagne "war starts here" deutlich wird (s. Kapitel 4.2). Auch in Bremen gab es 2013 "Aktionen" in diesem Begründungszusammenhang. Die "militanten Aktionen" richten sich gegen die Bundeswehr, Rüstungsbetriebe und Unternehmen, die mit der Bundeswehr zusammenarbeiten. Kritisiert werden die Sicherheitspolitik der Bundesregierung und insbesondere die Auslandseinsätze der Bundeswehr. In diesem Zusammenhang wurden auch im Jahr 2013 ein Brandanschlag sowie Sachbeschädigungen in Bremen verübt. Autonome verübten einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug der Telekom-Tochterfirma "DeTeFleetServices GmbH" am 30. Mai 2013, des Weiteren beschädigten sie die Frontscheibe eines Fahrzeugs des Technologiekonzerns Siemens mit Farbe. In einem am 10. Juni 2013 im Internet veröffentlichten Selbstbezichtigungsschreiben rechtfertigten sie die Anschläge wie folgt: "firmen wie die deutsche telekom oder siemens, machen mit krieg, leid, erpressung und unterdrückung profit. das wollen und werden wir nicht einfach so hinnehmen. wir sind solidarisch mit allen aktionen gegen die telekom. [...] die rüstungskonzerne und kriegsprofiteure in bremen und Brandanschlag auf Fahrzeug überall angreifen! war starts here - let's stop it here!" (Fehler im Original; Internetder Firma "DeTeFleetServices" blog "end of road" vom 10.06.2013) in Bremen Eine weitere Sachbeschädigung steht ebenfalls im Zusammenhang mit der antimilitaristischen Kampagne. Das Firmenschild des Fahrzeugund Maschinenbaukonzerns MAN in der Bremer Neustadt wurde am 20. Juni 2013 mit Farbe beworfen sowie mit dem Schriftzug "War starts here" besprüht. In einer am 27. Juni 2013 im Internet veröffentlichten Taterklärung heißt es: "MAN stellt bundeswehrfahrzeuge her welche in kriegen auf der ganzen welt eingesetzt werden. auch in der bremer filiale stehen militärfahrzeuge im hinterhof. krieg wird hier geplant und kriegsgerät hier hergestellt - aber hier kann krieg auch sabotiert werden." (Fehler im Original; Internetportal "linksunten.indymedia.org" vom 27.06.2013) 4.3.4 Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" Ein weiteres Betätigungsfeld der autonomen Szene Bremens im Jahr 2013 war das Aktionsfeld "Soziale Kämpfe", in dem sich das Engagement vor allem auf eine Verbesserung der Arbeitsund Lebensbedingungen der Menschen richtet. Autonome gehen auch in diesem Themenfeld, in dem überwiegend nichtextremistische Akteure tätig sind, häufig Bündnisse mit demokratischen Gruppen ein, um den Protesten ein größeres Gewicht zu verleihen. "Blockupy"-Aktionstage 2013 Die vom 31. Mai bis zum 1. Juni 2013 in Frankfurt am Main stattfindenden "Blockupy"-Aktionstage hatte das linksextremistisch beeinflusste Bündnis "Blockupy Frankfurt" organisiert. Die Proteste unter dem Motto "Widerstand im Herzen des europäischen Krisenregimes" richteten sich wie bereits im Vorjahr gegen die Krisenpolitik von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Neben nichtextremistischen Gruppen und Einzelpersonen gehörten dem "Blockupy Frankfurt"-Bündnis das bundesweite linksextremistisch beeinflusste Netzwerk "Interventionistische Linke" (IL) sowie das kommunistische "umsGanze!"-Bündnis an. Höhepunkt der "Blockupy"-Aktionstage war die DemonsAufruf zur Teilnahme an tration am 1. Juni 2013 unter Beteiligung von etwa 6.000 Demonstranten. Die Polizei den "Blockupy"-Aktionstagen löste die Demonstration vorzeitig auf, da sie von rund 700 Autonomen mit Farbbeuteln und Feuerwerkskörpern angegriffen wurde. In Bremen rief das lokale Bündnis "Blockupy Bremen" zur Teilnahme an den Aktionstagen auf und organisierte die Fahrt von etwa 100 Personen, darunter waren rund 40 Autonome. Darüber hinaus machte das lokale Bündnis in Bremen mit einer friedlichen Kundgebung auf die Aktionstage in Frankfurt am Main am 31. Mai 2013 aufmerksam. An der Kundgebung beteiligten sich rund 50 Personen, darunter etwa 15 Autonome. Dem Bremer "Blockupy"-Bündnis gehören überwiegend nichtextremistische Gruppierungen und Organisationen an, jedoch auch die autonome Gruppie49 rung "Avanti". "Avanti" Die 1989 gegründete Gruppe "Avanti - Projekt undogmatische Linke" beschäftigt sich vor allem mit den Aktionsfeldern "Antifaschismus" und "Soziale Kämpfe". "Avanti" verfügt über acht Ortsgruppen in Norddeutschland, seit 2008 existiert in Bremen eine aktive Ortsgruppe. Das Ziel von "Avanti" ist die revolutionäre Überwindung der bestehenden Gesellschaft. Mit der Auffassung, dass die Systemüberwindung eine Organisierung der Kräfte voraussetzt, hebt sich "Avanti" von der typischen organisationskritischen Einstellung autonomer Gruppierungen ab. Feste Strukturen, formelle Hierarchien und sonstige Verbindlichkeiten lehnen Autonome grundsätzlich ab. "Avanti" mit ihren Ortsgruppen indessen engagiert sich zur besseren überregionalen Vernetzung in dem linksextremistisch beeinflussten Netzwerk "Interventionistische Linke" (IL). Auch in ihrer theoretischen Ausrichtung ähnelt "Avanti" eher revolutionärmarxistischen Organisationen als autonomen Gruppierungen, die sich häufig lediglich auf anarchistische und kommunistische Versatzstücke beziehen. Die Aktionsformen von "Avanti" gleichen wiederum denen der autonomen Szene. 50 5 Islamismus und islamistischer Terrorismus Seitenzahl 51 5.1 Islamismus 53 5.2 Islamistischer Terrorismus 53 5.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 54 5.2.2 Brennpunkte des islamistischen Terrorismus 55 5.2.3 Radikalisierte Einzeltäter 57 5.2.4 Internet und andere Medien 57 5.2.5 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 60 5.3 Salafistische Bestrebungen 62 5.3.1 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) 63 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e.V." (KuF) 65 5.4 Weitere islamistische Bestrebungen in Bremen 51 5 Islamismus und islamistischer Terrorismus Die Bedrohung durch islamistisch motivierte Terroristen oder Einzeltäter war auch im Jahr 2013 in Deutschland gleichbleibend hoch. Die reale Bedrohung zeigen mehrere Gerichtsverfahren gegen islamistische Terroristen in Deutschland, in denen diese zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind. Islamistische Terroristen veröffentlichten darüber hinaus zahlreiche Propagandavideos mit dem Ziel, die Bürger westlicher Staaten in ihrem Sicherheitsgefühl zu verunsichern. In einigen Drohund Propagandavideos wurde auch mit konkreten terroristischen Anschlägen in Deutschland gedroht. Im Fokus des Verfassungsschutzes standen im Jahr 2013 insbesondere Islamisten aus Deutschland, die sich islamistisch-terroristischen Gruppierungen im syrischen Bürgerkrieg anschlossen. Als potenziellen Nährboden für den islamistischen Terrorismus haben die Verfassungsschutzbehörden dabei den Salafismus besonders im Blick. 5.1 Islamismus Islamismus bezeichnet eine politische Ideologie, die anstelle des demokratischen Rechtsstaates und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Gesellschaftsund Rechtsordnung vorsieht, welche auf einer islamistischen Interpretation der "Scharia" beruht. Das hier im Mittelpunkt stehende "Prinzip der Gottessouveränität" widerspricht dem "Prinzip der Volkssouveränität". In der Öffentlichkeit werden die Begriffe Islamismus und Islam häufig gleichbedeutend verwendet oder verwechselt. Die politische Ideologie des Islamismus ist jedoch deutlich von der Religion des Islam zu trennen. Während der Islam die Religion bezeichnet, bedient sich der Islamismus an Symbolen und Begriffen aus dem Islam, um seine politischen Ziele religiös zu legitimieren und durchzusetzen. Kennzeichen islamistischer Bestrebungen . Islamisten folgen nicht nur ihrer religiös fundamentalistischen Überzeugung, . sondern sind darüber hinaus politisch motiviert. Das Ziel ist, unter Berufung auf die "Scharia" eine vom Islam vorgegebene Gesellschaftsordnung zu verwirklichen, die für alle Bürger unabhängig von ihrer Religion gilt und die die Regeln und Gesetze eines demokratischen Rechtsstaates . ersetzen soll. Islamisten fordern ein "islamisches" Staatswesen und lehnen die westliche Zivilisation, ihre Werte und ihr Demokratieverständnis ab. "Scharia" "Scharia" bedeutet wörtlich übersetzt "Weg zur Quelle" und bezeichnet die Gesamtheit aller islamischen Regeln und Riten, die im Koran und den gesammelten Prophetentraditionen (Sunna) festgeschrieben sind. Diese Texte zu interpretieren und daraus konkrete Handlungsempfehlungen und Gesetze abzuleiten, ist die Aufgabe 52 der islamischen Rechtsgelehrten. Diese Wissenschaft wird mit dem Begriff "Fiqh" beschrieben. Zur Rechtsfindung werden vier Quellen bzw. Methodiken zu Rate gezogen: der Koran, die Sunna, der Konsens der Gelehrten ("Idschma") und der Vergleich von früher zu heute ("Qiyas"). Die "Scharia" ist nirgends abschließend festgeschrieben, sondern unterliegt einer steten Auslegung. Die "Scharia" besteht im Wesentlichen aus zwei Bereichen, den "Ibadat" (rituelle Pflichten) und den "Mu'amalat" (gemeinschaftliche Regeln). Die "Ibadat" umfassen Vorschriften zum rituellen Leben und Pflichten gegenüber Gott. Dort sind u.a. neben den fünf Säulen des Islam (Glaubensbekenntnis, fünfmaliges tägliches Gebet, Almosenspende, Fasten im Monat Ramadan, Pilgerfahrt nach Mekka) die rituelle Reinheit, z.B. Waschungen vor dem Gebet, und das Verbot bestimmter Speisen, z.B. Schweinefleisch, geregelt. Die "Mu'amalat" befassen sich mit den Regeln des menschlichen Zusammenlebens. Dort finden sich Bestimmungen zum Ehe-, Familien-, Personenstands-, Vermögens-, Verkehrsund Wirtschaftsrecht sowie aus dem Strafrecht wieder. Islamisten fordern die unmittelbare und vollkommene Umsetzung ihrer Interpretation der "Scharia", während sich heute die Mehrheit der Muslime lediglich an die in der "Scharia" im Bereich der "Ibadat" festgelegten Vorschriften zum rituellen Leben und an die Pflichten gegenüber Gott hält. Einige Vorschriften in der "Scharia" aus dem Bereich der "Mu'amalat", die das menschliche Zusammenleben regeln, widersprechen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der in Deutschland geltenden Rechtsordnung. Die grundrechtlich garantierte körperliche Unversehrtheit wird beispielsweise durch Vergeltungsstrafen verletzt, dazu gehören u.a. Abhacken der Hand oder Steinigung. Die im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten bestehende Ungleichbehandlung der Geschlechter zeigt sich insbesondere in den Rechtsgebieten des Erbund Familienrechts, z.B. ist die Zeugenaussage eines Mannes in manchen Bereichen so viel wert wie die zweier Frauen. Der Islamismus ist eine sehr heterogene Bewegung und hat im Laufe seiner Geschichte verschiedene Ausprägungsformen entwickelt, die sich methodisch und ideologisch teilweise stark voneinander unterscheiden. Ausgehend von der Einstellung zur Gewalt können im Islamismus zwei Hauptströmungen unterschieden werden: islamistischer Extremismus und islamistischer Terrorismus. Die Grenze zwischen islamistischem Extremismus und islamistischem Terrorismus ist teilweise fließend, weil zum einen die ideologische Ausrichtung und die damit begründete Gewaltaffinität der Anhänger nicht immer eindeutig definiert werden kann, zum anderen weil terroristische Gruppen ihre Anhänger häufig aus islamistisch-extremistischen Organisationen rekrutieren. Islamischer Extremismus und islamistischer Terrorismus differenzieren sich hauptsächlich durch die Wahl ihrer Mittel: . Islamistisch-extremistische Organisationen streben in ihren Heimatländern die Veränderung der Staatsund Gesellschaftsordnung zugunsten eines islamischen Staatswesens über die politische Einflussnahme an. Durch politische und gesellschaftliche Veränderungen sollen rechtliche Freiräume für ein "schariakonformes" Leben geschaffen werden. So zielt auch die politische Strategie der in Deutschland lebenden islamistischen Extremisten darauf, hier entsprechend ihrer Ideologie leben zu können. . Islamistische Terrororganisationen verfolgen ihre Ziele demgegenüber mit Gewalt, unter anderem in Form von terroristischen Anschlägen. Unterschieden werden kann hier zwischen islamistisch-terroristischen Organisationen, die ausschließlich in ihren Heimatländern einen bewaffneten Kampf führen, z.B. die libanesische Organisation "Hizb Allah", und Jihadisten, die weltweit einen bewaffneten Kampf führen, z.B. das Terrornetzwerk "al-Qaida". 53 5.2 Islamistischer Terrorismus Der überwiegende Teil der islamistisch-terroristischen Bewegung ist jihadistisch geprägt. Die Anhänger dieser Ideologie legitimieren die von ihnen verübten Terroranschläge religiös. "Jihad" bedeutet wörtlich übersetzt "Anstrengung" oder "Bemühung" und meint die geistlich-spirituellen Bemühungen der Gläubigen um das richtige Verhalten gegenüber Gott. Islamische Gelehrte unterscheiden hierbei zwischen dem Muslime "Großen Jihad" und dem "Kleinen Jihad". Mit dem "Großen Jihad" sind alle "inneren Bemühungen" eines Muslims gemeint, die moralischen Maßstäbe des Islam so gut wie möglich zu befolgen. Der "Kleine Jihad" dagegen meint den Kampfeinsatz zur Verteidigung sowie zur Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereichs. Islamisten Die Jihadisten beziehen sich demzufolge auf den "Kleinen Jihad". Sie führen unter Salafisten dem Leitprinzip des "Jihad" einen bewaffneten Kampf gegen die angeblichen Feinde Jihadisten des Islam. Dieser religiösen Legitimation bedienen sich nicht nur das Terrornetzwerk "al-Qaida" und ihre Ablegerorganisationen, sondern auch von "al-Qaida" organisatorisch unabhängig agierende jihadistische Einzelgruppierungen und Einzeltäter. Radikale Ansichten werden von einem Bruchteil 5.2.1 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" der Muslime vertreten "Al-Qaida" vollzog innerhalb der letzten 15 Jahre einen fundamentalen Wandel von einer Organisation mit festen Strukturen zu einem globalen losen Terrornetzwerk. Das Terrornetzwerk "al-Qaida" umfasst eine Vielzahl von islamistisch-terroristischen Organisationen, einzelne Terrorzellen aus dem Nahen Osten, Afrika und Europa sowie zahlreiche regional und überregional agierende Ablegerorganisationen. Zu den von der Kernorganisation "al-Qaida" logistisch und finanziell relativ unabhängig agierenden regionalen Ablegerorganisationen gehören unter anderem der "Islamische Staat Irak und Großsyrien" (ISIS) in Syrien, "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" (AQAH) im Jemen, "al-Shabab" ("die jungen Menschen") in Somalia, "Jabhat al-Nusra" (JaN, "Unterstützungsfront") in Syrien und "al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQM) in den Maghrebstaaten. Viele dieser Organisationen und Terrorzellen stehen nicht in unmittelbarem Kontakt zur Kernorganisation "al-Qaida". Weltweit werden inzwischen Terroranschläge von Personen oder Organisationen verübt, die sich lediglich der Ideologie "al-Qaidas" verschrieben haben. Die von "al-Qaida" entwickelte "Dachideologie" des globalen "Jihad" existiert damit organisationsunabhängig und ist auch durch den Wegfall einzelner Personen nicht zu beseitigen. Entstehung und Ideologie des Terrornetzwerkes "al-Qaida" Die Entstehung von "al-Qaida" ("die Basis") ist eng mit der sowjetischen Besetzung Afghanistans in den Jahren von 1979 bis 1989 verknüpft. Neben den afghanischen "Mujahideen" ("die, die den "Jihad" betreiben") gab es eine Gruppe unter der Führung des Palästinensers Abdallah Azzam, die weltweit Muslime zur Verteidigung Afgha54 nistans als muslimisches Land aufrief und den "Jihad" somit internationalisierte. Azzam betrieb zusammen mit dem Saudi-Araber Usama bin Laden und dem Ägypter Ayman az-Zawahiri das sogenannte "Dienstleistungsbüro" (maktab al-khidamat), das die Finanzierung und Koordinierung der arabischen "Mujahideen" übernahm. Aus diesem "Dienstleistungsbüro" entstand die Organisation "al-Qaida". Entscheidend für die Entwicklung der Ideologie "al-Qaidas" waren der Zweite Golfkrieg 1990-1991 und die Tatsache, dass die Islamisten Anfang der 1990er-Jahre in keinem arabischen Staat die Herrschaft erringen konnten. Während bin Laden die Stationierung von US-amerikanischen Truppen in Saudi-Arabien im Zuge des Golfkrieges als nicht hinnehmbare Demütigung der islamischen Welt empfand, betrachtete Zawahiri die Machtübernahme von islamistischen Bewegungen in arabischen Staaten als aussichtslos, solange diese durch den Westen und insbesondere die USA unterstützt würden. Diese Unterstützung könne ausschließlich durch Usama bin Laden und Angriffe auf den Westen beendet werden. Ayman az-Zawahiri Die Hinwendung von der Bekämpfung des "nahen Feindes" (die arabischen Regime) zur Bekämpfung des "fernen Feindes" (der Westen) ist ein Schlüsselkonzept der Ideologie "al-Qaidas". Dieses Konzept manifestierte sich in den Anschlägen auf das "World Trade Center" in den USA 1993, die US-amerikanischen Botschaften in Daressalam/Tansania und Nairobi/Kenia 1998, das US-Kriegsschiff "USS Cole" 2000 und auf das "World Trade Center" 2001 in den USA. Mittlerweile hat sich dieses ideologische Konzept verselbstständigt und bildet die Motivation für zahlreiche Anschläge, die nicht direkt von der Kernorganisation "al-Qaida" koordiniert werden, wie die Terroranschläge am 11. März 2004 in Madrid oder am 7. Juli 2005 in London. Seitdem wird "al-Qaida" nicht mehr als Organisation, sondern als ein Netzwerk von gleichgesinnten Jihadisten definiert. 5.2.2 Brennpunkte des islamistischen Terrorismus Brennpunkte des islamistischen Terrorismus liegen zurzeit insbesondere in den Krisenregionen Afghanistan, Somalia, Jemen, Syrien und der Sahelregion. Ein Betätigungsund Rückzugsraum für islamistische Terroristen sind die in der Grenzregion zwischen Afghanistan und Pakistan liegenden "Stammesgebiete unter Bundesverwaltung" (FATA). Das schwer zugängliche Terrain bietet den islamistischen "Taliban" und den mit ihnen sympathisierenden Gruppen Schutz bei der Vorbereitung von Anschlägen, die vor allem den Institutionen des afghanischen Staates und den seit 2001 in Afghanistan stationierten ausländischen Militärs der "International Security Assistance Force" (ISAF) der NATO gelten. Im Dezember 2013 verübte ein Kämpfer der "Taliban" einen Anschlag auf einen Konvoi der deutschen Bundeswehr, bei dem dieser selbst ums Leben kam. Neben militärischen Zielen stehen auch westliche Wirtschaftsunternehmen und Entwicklungshelfer häufig im Fadenkreuz islamistischer Terroristen. Im westafrikanischen Mali hatten die jihadistischen Organisationen und Gruppierungen AQM, "Ansar al-Din" ("Anhänger der Religion") sowie "Bewegung für Monotheismus und Jihad" (MUJAO) im Zuge eines seit 2012 andauernden bewaffneten Konflikts, der mit dem Putsch militärischer Einheiten gegen die demokratisch gewählte Regierung begonnen hatte, den Norden des Landes besetzt. Daraufhin intervenierten vorrangig französische Truppen im Januar 2013 in Mali und erzwangen den Rückzug der Jihadisten aus dem Norden des Landes. Zurzeit formieren sich die Jihadisten in den Nachbarstaaten Niger, Mauretanien und Algerien neu. In Algerien überfiel eine Splittergruppe der jihadistischen Organisation AQM, namens "al-Muwaqqi'un bil-dima'" ("die mit dem Blut unterzeichnen"), die Gasanlage in In Amenas am 16. Januar 2013 und nahm über 100 internationale Mitarbeiter als Geiseln. Bei der Stürmung der Anlage durch algerische Spezialeinheiten kamen 40 Geiseln sowie 29 Geiselnehmer ums Leben. Im August 2013 schlossen sich MUJAO und "al-Muwaqqi'un" zu der Gruppe "al-Murabitun" ("die, die zusammengehören") zusammen. Die neu gegründete Gruppe schwor "al-Qaida"-Chef Ayman az-Zawahiri ihre 55 Treue und drohte in typisch jihadistischer Rhetorik mit einem Feldzug gegen "Zionisten und Kreuzritter" in der Region. Auch wenn Ägypten bislang keinen Brennpunkt des islamistischen Terrorismus darstellt, dient es Jihadisten als Transitland. Wie in den Vorjahren reisten Personen aus dem salafistisch-jihadistischen Spektrum aus Deutschland nach Ägypten, um von dort in eines der Krisengebiete zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" oder in ein Ausbildungslager zu gelangen. Seit der Absetzung des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mursi durch das Militär im Juli 2013 sind jihadistische Gruppen vor allem auf der Sinai-Halbinsel aktiv. Die schlagkräftigste Gruppe unter ihnen nennt sich "Ansar Bayt al-Maqdis" ("die Anhänger Jerusalems"). Die Gruppe bekannte sich zu dem gescheiterten Attentat auf den ägyptischen Innenminister im September 2013 und dem schweren Anschlag im Dezember 2013 in Mansura im Norden Ägyptens, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. In Syrien hat sich der 2011 zunächst friedlich begonnene Aufstand gegen das Regime des Präsidenten Assad zu einem landesweiten Bürgerkrieg entwickelt. Gegen die syrischen Regierungstruppen kämpfen neben säkularen bis moderat-islamistischen Oppositionsgruppen auch jihadistische Gruppen. Innerhalb dieser jihadistischen Opposition ringen derzeit die syrischen, "al-Qaida" nahestehenden Organisationen ISIS und JaN um die Vorherrschaft. Beide Gruppen kämpfen zum einen für die Beseitigung des syrischen Präsidenten Assad und zum anderen für die Errichtung eines Landesgrenzen überschreitenden Kalifats (Gottesstaates). Sie verhalten sich intolerant und gewalttätig gegenüber den in Syrien lebenden nichtsunnitischen Minderheiten, wie den Christen. Auch zahlreiche Europäer, darunter Deutsche, schlossen sich den im syrischen Bürgerkrieg kämpfenden jihadistischen Gruppen bereits an (s. Kapitel 5.2.5). 5.2.3 Radikalisierte Einzeltäter Vor allem außerhalb der islamischen Welt werden Anschläge von Kleingruppen und "fanatisierten" Einzeltätern in Eigeninitiative ausgeführt. Diese stehen nicht immer im Visier der Sicherheitsbehörden, vor allem dann nicht, wenn sie sich zuvor unauffällig verhielten und weder eine Ausbildung in einem Terrorcamp absolvierten noch dauerhaft in islamistisch-terroristische Strukturen eingebunden waren. Die folgenden Attentate im Jahr 2013 verdeutlichen die Gefahr, die von solchen Personen ausgeht: Das Bruderpaar Tsarnaev verübte am 16. April 2013 einen Anschlag auf den Marathon in Boston/USA, bei dem drei Menschen durch selbst gebaute Sprengsätze ums Leben kamen. Bei der Vernehmung erklärte einer der Brüder, dass sie die Tat in Eigenregie und als Rache für die US-amerikanischen Kriegseinsätze im Irak und in Afghanistan begangen hätten. Zwei Islamisten töteten am 25. Mai 2013 in der britischen Hauptstadt London einen Attentäter von Boston/USA Soldaten auf offener Straße. Die Attentäter blieben bis zum Eintreffen der Polizei am Tatort und rechtfertigten ihre Tat vor laufender Kamera als Reaktion auf den weltweiten Einsatz des britischen Militärs, in dessen Rahmen stets auch unschuldige Muslime getötet werden würden. Lediglich einer der Attentäter gehörte der in England verbotenen jihadistischen Bewegung "al-Muhajirun" ("die Auswanderer") an, welche auch Kontakte zur deutschen jihadistischen Szene unterhält. Außerdem war er im Jahr 2010 bei dem angeblichen Versuch, sich der islamistischen Terrororganisation "al-Shabab" in Kenia anzuschließen, verhaftet und an britische Behörden überführt worden, die ihn jedoch frei ließen. Die islamistische Terrororganisation "al-Shabab", welche u.a. für die Tötung von Zivilisten in einem Einkaufszentrum in der kenianischen Hauptstadt Nairobi im Septem56 ber 2013 verantwortlich war, rief in einem im Oktober 2013 veröffentlichten Video zur Nachahmung der Londoner Tat auf. Diesem Aufruf folgte wenige Tage später ein Mann in der französischen Hauptstadt Paris und griff ebenfalls einen Soldaten mit einem Messer auf offener Straße an. Er verletzte ihn dabei schwer. "Home-Grown-Terrorismus" Die Profile islamistischer Terroristen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Längst stellen nicht mehr nur aus dem Ausland eingereiste Attentäter eine Bedrohung der Inneren Sicherheit dar. Eine hohe Gefährdung geht von sogenannten "Home-Grown"-Terroristen aus, die in westlichen Staatsund Gesellschaftsformen aufgewachsen und sozialisiert worden sind. Wenngleich "Home-Grown"-Terroristen äußerlich meist gut in die Gesellschaft integriert scheinen, wenden sie sich radikal islamistischem Gedankengut zu und fühlen sich zur Verübung von Anschlägen berufen. Durch ihre Sozialisation bewegen sich "Home-Grown"-Terroristen bei der Planung und Durchführung von Anschlägen in der Regel unauffälliger als aus dem Ausland eingereiste Attentäter. Radikalisierungsprozesse Die Wandlung in die Gesellschaft integriert erscheinender junger Personen zu islamistisch motivierten Gewalttätern wirft Fragen zum Radikalisierungsprozess auf. Es existieren zahlreiche wissenschaftliche Studien zu dem Thema, die trotz unterschiedlicher Methodik Grundaussagen bezüglich der Radikalisierung von Personen zulassen: Viele junge Muslime stellen sich Fragen zu ihrer Identität und können u.a. im Islam Antworten finden. Zentral ist dabei oftmals die Frage nach der Bedeutung, als Muslim in einer mehrheitlich nichtmuslimischen Gesellschaft zu leben. Eine scheinbare Antwort auf diese Fragen können islamistische Ideologien wie der Salafismus bieten, der vor allem über das Internet, aber auch in geringerem Maße über Literatur und Prediger vermittelt wird. Die meisten Muslime lehnen eine solche extremistische Islaminterpretation ab. Akzeptanz findet die Ideologie bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen dann, wenn sie dort aufgrund von erlebten Frustrationserfahrungen wie Diskriminierung, Erniedrigung, Entfremdung, Ungleichbehandlung, Perspektivund Orientierungslosigkeit oder Konflikte mit dem Elternhaus angebliche Bestätigung finden. In diesem Fall werden persönliche negative Erfahrungen eingebettet in eine Weltsicht, in der sich die Ungläubigen in jeder Hinsicht gegen die Muslime verschworen haben. Die Ursachen für eine Radikalisierung liegen jedoch nicht im Islam, sondern sind sozialer, ökonomischer oder psychologischer Natur. Daher ist häufig nicht die Ideologie der wichtigste Grund, sich einer extremistischen Gruppierung anzuschließen, sondern die Aufnahme und Akzeptanz in eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten. Auch wenn die Befürwortung oder sogar Ausübung von Gewalt eher die Ausnahme darstellt, so gefährdet auch die gewaltlose Radikalisierung, vergleichbar mit Sekten und fundamentalistischen Strömungen innerhalb anderer Religionen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein friedliches, interkulturelles Zusammenleben, da sie Polarisation und soziale Abschottung fördert. 5.2.4 Internet und andere Medien Die Radikalisierung von jungen Muslimen kann insbesondere über im Internet abrufbare islamistische Propaganda erfolgen. Das Internet dient Islamisten als wichtiges Medium zur Kontaktpflege, Verbreitung von Propaganda und Rekrutierung von neuen Anhängern. Ihre Präsenz im Internet hat sich in den vergangenen Jahren insbesonde57 re durch sogenannte Medienzentren erhöht, wie z.B. die Medienproduktionsstelle "as-Sahab Media" des Terrornetzwerkes "al-Qaida", das Medienverbreitungszentrum "al-Fajr" oder das jihadistische Onlinepropaganda-Netzwerk "Globale Islamische Medienfront" (GIMF; s. Kapitel 5.2.5). Popularität genießen jihadistische Kampflieder, sogenannte "Nasheeds". Da in den Liedern keine Instrumente benutzt werden, stellen sie entsprechend einer strengen islamischen Auslegung die einzige legitime Musikform dar. Die Kampflieder stammen ursprünglich aus dem mystischen Islam (Sufismus). In den 1980er-Jahren während des Krieges in Afghanistan entdeckten Jihadisten diese Kampflieder für sich. Onlinemagazine "Inspire" und "Azan" Islamistische Propaganda wird längst nicht mehr ausschließlich auf Arabisch, sondern auch in europäischen Sprachen verbreitet. Das bekannteste nichtarabische Sprachrohr der jihadistischen Bewegung ist das Onlinemagazin "Inspire", das von Sympathisanten der im Jemen aktiven Terrororganisation AQAH herausgebracht wird. Bisher sind zwölf Ausgaben des Magazins über das Internet veröffentlicht worden. In dem Magazin wurden die Leser wiederholt zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" oder zur Vorbereitung von Anschlägen in ihren europäischen Heimatländern aufgerufen. Das Magazin gibt daneben auch Anleitungen zur Begehung von Anschlägen und zum Bombenbau. In der im Mai 2013 erschienenen Ausgabe wird der Anschlag auf den Marathon in Boston verherrlicht und zur Durchführung ähnlicher Anschläge aufgerufen. Des Weiteren wird in der Ausgabe der deutsch-marokkanische Jihadist Bekkay Harrach zitiert, der in mehreren Videos im Jahr 2009 zur Begehung von Anschlägen in Deutschland aufrief. Das englischsprachige Propagandamagazin "Azan" ("Ruf zum Gebet") wurde erstmals im Mai 2013 herausgebracht. In den bislang fünf veröffentlichten Ausgaben stammten mehrere Beiträge von dem deutschen Jihadisten Monir Chouka, der "Inspire"-Ausgabe aus dem mehrfach in gegen Deutschland gerichteten Drohvideos aufgetreten war. Jahr 2013 5.2.5 Islamistischer Terrorismus in Deutschland Die Gefährdung Deutschlands durch den islamistischen Terrorismus blieb im Jahr 2013 gleichbleibend hoch. Die Bedrohung für die Innere Sicherheit geht insbesondere von Personen des gewaltbereiten islamistischen Spektrums aus, die in Terrorlagern auf die Verübung von Anschlägen in Deutschland vorbereitet oder zumindest mit der Gründung von Terrorzellen beauftragt werden. Insbesondere Orte mit hohem Symbolwert oder hoher infrastruktureller Bedeutung stellen potenzielle Anschlagsziele dar. Dazu zählen neben Flughäfen und Bahnhöfen auch Orte, die aus Sicht der Attentäter die typisch westliche Lebensweise symbolisieren, wie Einkaufszentren. Einer hohen Gefährdung sind in Deutschland auch US-amerikanische, britische, israelische und jüdische Einrichtungen ausgesetzt. Darüber hinaus dient Deutschland dem islamistischen Terrorismus als Rückzugs-, Logistik-, Vorbereitungsund Rekrutierungsraum. In Deutschland bestehende islamistisch-terroristische Gruppen unterstützen den bewaffneten "Jihad" weltweit vor allem auf finanzielle und materielle Weise, z.B. mit gefälschten Papieren oder Elektronikartikeln. 58 In Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg des islamistischen Personenpotenzials von etwa 42.500 Personen auf ca. 43.200 Personen im Jahr 2013 zu verzeichnen. Der Großteil der Personen gehört dabei nicht islamistisch-terroristischen, sondern islamistisch-extremistischen Organisationen an. In Bremen sind im Jahr 2013 etwa 440 Personen islamistischen Gruppierungen zuzurechnen. Reisen von Islamisten nach Syrien Im Zuge des syrischen Bürgerkrieges reisten bislang mehr als 300 Islamisten aus Deutschland in Richtung Syrien aus, um die islamistischen Oppositionsgruppen im Kampf gegen syrische Regierungstruppen zu unterstützen. Einige dieser Islamisten sind bereits wieder nach Deutschland zurückgekehrt, etwa ein Dutzend von ihnen beteiligte sich aktiv an Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, 15 Personen starben dabei vermutlich. Vor allem innerhalb der salafistischen Szene ist der Konflikt in Syrien gegenwärtig ein wichtiges Thema. Im Internet betonen gewaltorientierte Islamisten ihre Verbundenheit mit jihadistischen Oppositionsgruppen. In sozialen Netzwerken wie "Twitter" oder "Facebook" veröffentlichen aus Deutschland ausgereiste Personen Fotos und Videos aus der Konfliktregion und versuchen damit, vor allem junge Muslime zur Ausreise zu bewegen. Die wachsende Anzahl der nach Syrien ausgereisten Personen ist für deutsche Sicherheitsbehörden deshalb problematisch, weil diese Personen eine terroristische Ausbildung durchlaufen haben könnten und mit dem erworbenen Wissen sowie dem Ziel der Begehung von Anschlägen nach Deutschland zurückkehren. Verurteilungen von Terrorverdächtigen Die hohe Gefährdung Deutschlands durch den islamistischen Terrorismus wird auch anhand der Zahl der im Jahr 2013 in diesem Zusammenhang verurteilten Personen deutlich. Am 6. März 2013 verurteilte das Oberlandesgericht in Düsseldorf einen 22-Jährigen wegen des Werbens um Mitglieder für die im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan agierende islamistisch-terroristische Vereinigung "Islamische Bewegung Usbekistan" (IBU) in vier Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Ebenfalls am 6. März 2013 sprach das Kammergericht Berlin einen 20-Jährigen für das gleiche Vergehen in jedoch nur einem Fall schuldig und erteilte eine Jugendstrafe von zehn Monaten. Am 20. März 2013 verhängte das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gegen einen 26-Jährigen wegen Mitgliedschaft in der ausländischen islamistisch-terroristischen Vereinigung IBU. Der Angeklagte hatte sich in den Jahren 2009 und 2010 an deren Kampfhandlungen in Pakistan beteiligt. Am 17. April 2013 verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz einen 26-Jährigen wegen des Werbens um Mitglieder oder Unterstützer u.a. für das Terrornetzwerk "al-Qaida" in 39 Fällen und Gewaltdarstellung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Billigung von Straftaten, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Am 8. November 2013 fällte das Kammergericht Berlin ein Urteil gegen einen 37-Jährigen. Das Gericht sprach ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen des Werbens um Mitglieder und Unterstützer für das Terrornetzwerk "al-Qaida" schuldig. Er hatte 2009 insgesamt vier Propagandavideos des Terrornetzwerkes "al-Qaida" ins Internet gestellt. Drohvideos Die globale Verbreitung jihadistischer Ideologie wird am Beispiel von Propagandavideos deutlich. Während die Aufrufe zu terroristischen Anschlägen in Propagandavideos zunächst vornehmlich für Krisenregionen gegolten haben, beziehen sie sich nunmehr auch auf Europa und Deutschland. Im Jahr 2013 wurden mehrere Videos aus dem Umfeld des verbotenen salafistischen Vereins "Millatu Ibrahim" über das 59 jihadistische Onlinepropaganda-Netzwerk "Globale Islamische Medienfront" (GIMF) veröffentlicht, die gegen Deutschland gerichtete Drohungen beinhalteten. "Globale Islamische Medienfront" Bei der "Globalen Islamischen Medienfront" (GIMF) handelt es sich um ein jihadistisches Onlinepropaganda-Netzwerk, welches über verschiedene nationale Ableger verfügt. In den dort veröffentlichten Schriften, Audiound Videobeiträgen wird der bewaffnete Kampf glorifiziert. Ebenso wird um finanzielle oder logistische Unterstützung für das Terrornetzwerk "al-Qaida" und ihr nahestehende Organisationen geworben. Die deutschsprachige Seite wurde 2008 geschlossen, nachdem der hauptverantwortliche Administrator zu vier Jahren Haft verurteilt worden war. Nach Beendigung seiner Haft setzte er die Verbreitung von Propaganda im Stile früherer GIMF-Produktionen fort, was zu einem Verbot seiner neuen Internetseite und dem dahinterstehenden Verein "Millatu Ibrahim" im Juni 2012 führte. Inzwischen werden die Veröffentlichungen der GIMF zumeist über geschlossene Foren publiziert und schließlich über die Videoplattform "Youtube" und soziale Netzwerke wie "Facebook" verbreitet. Im Februar 2012 erschien ein "Nasheed" mit dem Titel "Die Ummah" auf einem deutschsprachigen jihadistischen Internetblog, das eine Person namens Abu Azzam al-Almani (al-Almani bedeutet "der Deutsche") verfasst hatte. Der Sänger wünscht in martialischer Sprache u.a. der Bundeskanzlerin Angela Merkel den Tod und erklärt den bewaffneten "Jihad" für jeden Muslim in Deutschland zur Pflicht. Al-Almani fordert die Medien zur Aufzeichnung von Anschlägen und somit zur Verbreitung jihadistischer Propaganda auf. Die vermutlich gleiche Person drohte in einem im November 2013 im sozialen Netzwerk "Facebook" veröffentlichten Text mit der Geiselnahme von Deutschen und Österreichern zur Freipressung inhaftierter Jihadisten und der Verübung von terroristischen Anschlägen durch "Mujahideen" in Deutschland. Im April 2013 brachte die im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet operierende islamistisch-terroristische Organisation IBU zwei deutschsprachige Videos heraus, in denen der deutsche Jihadist Yassin Chouka Muslime zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" aufruft. Chouka und sein Bruder Monir veröffentlichten in der Vergangenheit bereits zahlreiche Propagandavideos aus dem afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. In den 2013 erschienenen Videos wandte sich Chouka gezielt an junge Muslime aus Deutschland, die er persönlich kannte, und versuchte über die Herstellung von Vertrautheit, insbesondere junge Muslime zur Beteiligung am bewaffneten Kampf im Ausland und in Deutschland zu motivieren. Deutschsprachiges Propagandavideo Im Oktober 2013 wurde auf einem deutschsprachigen jihadistischen "Youtube"-Kanal ein Video mit dem Titel "Assadullah al-Almani - Bis der Kopf fliegt" eingestellt. Der Sprecher, der sich Assadullah al-Almani nennt, ruft deutsche Muslime zur Ausreise nach Syrien und zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" auf. In diesem Zusammenhang kritisiert er die Muslime, die sich an den Demonstrationen in Solingen und Bonn 2012 beteiligten, für ihr nicht fortgeführtes Engagement und denunziert sie als Heuchler. Seiner Meinung nach seien lediglich die Muslime auf dem rechten Weg, die sich in Syrien an den Kampfhandlungen islamistischer Oppositionsgruppen beteiligen. Im November 2013 erschien erstmals ein Video eines deutschen oder zumindest deutschsprachigen Mitglieds der in Syrien aktiven islamischen Organisation ISIS, das alle Muslime in Deutschland zum Beitritt zu seiner Organisation und zur Beteiligung am bewaffneten Kampf in Syrien aufforderte. 60 5.3 Salafistische Bestrebungen Der Salafismus gilt sowohl in Deutschland als auch auf internationaler Ebene als die zurzeit dynamischste islamistische Bewegung. Ihr werden in Deutschland derzeit ca. 5.500 Personen und in Bremen ca. 360 Personen zugerechnet. Eine exakte Bezifferung des salafistischen Personenpotenzials ist aufgrund von strukturellen Besonderheiten der Szene schwierig. So weisen zahlreiche salafistische Personenzusammenschlüsse keine festen Strukturen auf. Gleichzeitig finden sich Salafisten in anderen islamistischen Organisationen und Einrichtungen. Salafismus leitet sich vom arabischen Begriff "Salafiyya" ab, der eine Strömung des Islams bezeichnet, die sich ideologisch an den sogenannten "Salaf as-Salih" ("die frommen Altvorderen"), also den ersten drei Generationen der Muslime orientiert. Salafisten versuchen deren Lebensweise detailgetreu zu kopieren. Die Anhänger dieser Ideologie sind der Überzeugung, dass Probleme der Gegenwart durch die Rückbesinnung auf den "wahren Urislam" gelöst werden können. Dazu legen sie die islamischen Quellen, Koran und "Sunna", wortwörtlich aus. Anpassungen der Islamauslegung an veränderte gesellschaftliche und politische Gegebenheiten werden durch die Salafisten als "unislamisch" kategorisch abgelehnt und führen - so die Vorstellung - zwangsläufig zum "Unglauben". Auch im Alltag orientieren sich viele Salafisten an den Lebensumständen der frühislamischen Zeit. Zum Beispiel befolgen sie spezielle Zahnputztechniken, tragen nach dem Vorbild des Propheten Mohammed knöchellange Gewänder oder Vollbärte und propagieren die Vollverschleierung der Frau. Die Ideologie des Salafismus lässt sich in eine politische und eine jihadistische Strömung unterteilen. Vertreter des politischen Salafismus stützen sich auf intensive Propagandatätigkeit, um ihre extremistische Ideologie zu verbreiten sowie politischen und gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Anhänger des jihadistischen Salafismus hingegen glauben, ihre Ziele durch Gewaltanwendung realisieren zu können. Die Übergänge zwischen beiden Formen sind fließend. In Deutschland lebende Anhänger lassen sich sowohl dem politischen als auch dem jihadistischen Salafistenspektrum zuordnen. Die Ideologie, die ihrer Interpretation der "Scharia" absoluten Geltungsanspruch einräumt, verstößt in mehreren Punkten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So lehnen Salafisten die Demokratie als politisches System grundsätzlich ab, da nur Gott Gesetze erlassen dürfe. Des Weiteren verletzen die in der "Scharia" vorgeschriebenen Körperstrafen für Kapitalverbrechen, die körperliche Züchtigung der Frau und die Beschränkung ihrer Freiheitsrechte sowie die fehlende Religionsfreiheit die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. Salafistische Vereinigungen in Deutschland Die salafistische Szene in Deutschland ist sehr heterogen, was ihre Struktur und Gewaltaffinität betrifft. Die salafistischen Vereine veranstalten in regelmäßigen Abständen bundesweit sogenannte "Islamseminare", in denen sie ihre salafistische Ideologie vermitteln. Finanzielle Unterstützung erhalten sie vor allem aus SaudiArabien, dort stellt der Salafismus die offizielle Islaminterpretation dar. In den vergan61 genen Jahren hatte der Salafismus eine wachsende Anziehungskraft insbesondere auf junge Muslime. Der bekannteste salafistische Verein in Deutschland war der Verein "Einladung zum Paradies e.V." (EZP). Einem angestrebten Verbotsverfahren kam der Verein im Jahr 2011 durch seine Selbstauflösung zuvor. Seine Mitglieder sind jedoch weiterhin aktiv. Der Verein EZP war vor allem wegen umstrittener und Aufsehen erregender Vorträge seiner Prediger bekannt. Insbesondere der Konvertit Pierre Vogel, der seine Botschaften stets mit Charisma vortrug, ist bei jungen Muslimen populär. Das aktive salafistische Netzwerk "Die wahre Religion" (DWR) hat sich die missionarische Verbreitung der "reinen Form" des Islams zur Aufgabe gemacht. Das Netzwerk propagiert die salafistische Ideologie über bundesweit stattfindende Vorträge und Seminare sowie seine Internetseite. Die meist emotional gehaltenen Vorträge zielen auf die Radikalisierung ihrer Zuhörer. Prediger versuchen insbesondere mit dem Vorwurf der Untätigkeit, ihre Zuhörer zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" zu bewegen. Der Hauptakteur des Netzwerkes DWR ist der salafistische Prediger Ibrahim Abou Nagie. Im Jahr 2013 veranstaltete das Netzwerk mehrere Benefizveranstaltungen, in denen Spenden zur Unterstützung islamistischer Oppositionsgruppen in Syrien gesammelt wurden. Im Rahmen des von Nagie initiierten Projektes "Lies! Im Namen Deines Herrn, der Dich erschaffen hat" wird der Koran kostenlos verteilt. Bundesweit gab es seit dem Jahr 2012 zahlreiche Verteilaktionen, davon mehrere in Bremen. Der Koran wird mit dem Ziel verteilt, vor allem Jugendliche langfristig in salafistische Netzwerke einzubinden. Für die Beteiligung an Verteilaktionen ist keine formelle Mitgliedschaft im salafistischen Netzwerk DWR nötig, vielmehr können Interessierte entsprechendes Material über die Internetseite anfordern. Für viele junge Muslime ist die Aktion deshalb attraktiv, weil sie in ihren Augen dem Abbau von Vorurteilen gegenüber der Religion des Islam dient. Insofern verweist die Beteiligung einer Person an einer solchen Verteilaktion nicht zwangsläufig auf ihre salafistische Einstellung. Der salafistische Verein "Dawa FFM" und die dazugehörige Internetplattform "Islamische Audios" wurde im März 2013 wegen Verstoßes gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung vom Bundesinnenministerium verboten. Hintergrund des Verbots war die Verbreitung salafistischer Ideologie sowie Aufrufe zu Gewalt im Zusammenhang mit den gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes 2012. Mit derselben Begründung war im Jahr 2012 bereits die salafistische Vereinigung "Millatu Ibrahim" (MI, "die Gemeinschaft Abrahams") vom Bundesinnenministerium verboten worden. Der Verein hatte u.a. den "Jihad" und das Märtyrertum glorifiziert. Darüber hinaus hatte er sich für die Befreiung von in Deutschland inhaftierten Islamisten eingesetzt. Das Verbot, das auch Nachfolgebestrebungen einschloss, erstreckte sich im März 2013 folglich auch auf den Nachfolgeverein "an Nussrah". Der Name "Millatu Ibrahim" ist ein ideologischer Verweis auf das gleichnamige Hauptwerk des bekannten jihadistischen Ideologen Muhammad al-Maqdisi, welcher zurzeit in Jordanien inhaftiert ist. Attentatsversuch auf Vorsitzenden der "Bürgerbewegung pro NRW" Am 12. März 2013 nahm die Polizei in Essen vier bewaffnete Personen aus dem salafistischen Spektrum fest, die über einen längeren Zeitraum die Lebensgewohnheiten des Vorsitzenden der rechtsextremistischen Partei "Bürgerbewegung pro NRW" ausgekundschaftet haben. Bei den anschließenden Hausdurchsuchungen 62 fand die Polizei neben einer weiteren Waffe auch Material für die Herstellung von Sprengstoff. Die Tat steht im Zusammenhang mit den gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Salafisten und der Polizei im Zuge der Wahlkampfveranstaltungen der "Bürgerbewegung pro NRW" im Jahr 2012 in Solingen und Bonn. Bei diesen Veranstaltungen war es aufgrund von Provokationen der "Bürgerbewegung pro NRW" zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen radikalen Salafisten und der Polizei gekommen. Im Nachhinein bereiteten mehrere Salafisten die Ereignisse propagandistisch auf und verbreiteten sie über soziale Netzwerke. In diesem Zuge rief der deutsche Jihadist Yassin Chouka in einem im Mai 2012 erschienenen Video zur Ermordung von Mitgliedern der "Bürgerbewegung pro NRW" auf. Gegen einen der Festgenommenen hatte die Bundesstaatsanwaltschaft im Jahr 2013 außerdem Anklage wegen des versuchten Bombenanschlags auf den Bonner Hauptbahnhof 2012 erhoben. 5.3.1 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) Personenpotenzial: 350-400 in Bremen (Freitagsgebet) Der salafistische Verein "Islamisches Kulturzentrum Bremen e.V." (IKZ) gründete sich im Jahr 2001. Das Freitagsgebet ist mit 350 bis 400 Besuchern das am stärksten frequentierte Gebet im IKZ. Die Besucher stammen größtenteils aus Nordafrika, der Türkei sowie vom Balkan. Als Vorbeter fungieren führende Vertreter des IKZ, die die "Missionierungsarbeit" ("Da'wa") als ihre religiöse Pflicht betrachten. "Da'wa" "Da'wa" bedeutet wörtlich übersetzt "Ruf" und kann als "Einladung zum Islam" verstanden werden. Einige Muslime sehen es als ihre Pflicht an, andere Menschen über den Islam aufzuklären und sie zum Islam zu bekehren. So heißt es im Koran Gebäude des IKZ in (Sure 16, Vers 125): "Ruf [die Menschen] mit Weisheit und einer guten Ermahnung Bremen-Mitte auf den Weg deines Herrn und streite mit ihnen auf eine möglichst gute Art." Nach islamischer Lehre erfolgt die Bekehrung jedoch ohne Androhung oder Anwendung von Gewalt. Die salafistische Ausrichtung des Vereins kommt regelmäßig in Vorträgen, Seminaren und Predigten zum Ausdruck. Im Jahr 2013 hielten vor allem salafistische Referenten aus Deutschland und Saudi-Arabien Vorträge im IKZ. Die zunehmende Präsenz von saudi-arabischen Referenten ist auf die 2011 vollzogene Auflösung des salafistischen Vereins EZP zurückzuführen. Zuvor waren Vertreter des EZP regelmäßig als Referenten im IKZ aufgetreten; die beiden Vereine standen in einem engen Austausch. In der Vergangenheit hatten bekannte saudische und deutsche Referenten mehrfach Vorträge oder Predigten im IKZ gehalten, zu denen jeweils mehrere Hunderte Besucher kamen, teilweise reisten sie aus dem gesamten Bundesgebiet an. Im Jahr 2013 gab es im Gegensatz zum Vorjahr zwei "Islamseminare". Während sich das "Islamseminar" vom 23. bis 25. August 2013 mit dem Thema: "Der Glaube an den Namen und [die] Eigenschaften Allahs den Erhabenen" beschäftigte, trug das vom 20. bis 22. Dezember 2013 abgehaltene "Islamseminar" den Titel "Die Erläuterung der sechs Säulen des Imans" (Glaube). Beide Seminare leitete der bekannte deutsche Prediger Shaikh Neil bin Radhan. 63 Regelmäßig finden im IKZ "Islamunterrichte" statt, die sich hauptsächlich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene richten. Für Frauen gibt es separaten Unterricht im Sinne der Geschlechtersegregation. Wie auch im Vorjahr hielt der bekannte Prediger und Imam einer Leipziger Moschee Hassan Dabbagh zahlreiche Unterrichte und Vorträge. Die im Rahmen des DWR-Projektes "Lies! Im Namen Deines Herrn, der Dich erschaffen hat" seit 2012 veranstalteten Verteilaktionen des Koran fanden im Jahr 2013 auch mehrfach in Bremen statt. Auch wenn die Verteilaktionen nicht von IKZ-Anhängern organisiert wurden, nahmen einige von ihnen daran teil. 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e.V." (KuF) Personenpotenzial: ca. 50 Personen (Freitagsgebet) Der salafistische Verein "Kultur & Familien Verein e.V." (KuF) gründete sich 2007. In der Vereinssatzung formuliert er als Zweck die Zusammenführung von Familien aus internationalen und nationalen Kulturen sowie die Förderung der Integration. Tatsächlich betreibt der Verein jedoch eine Moschee in seinen Vereinsräumen, die sich "Masjidu-l-Furqan" nennt. In dieser Moschee wird eine äußerst radikale Form des Salafismus gelehrt. Die Besucherzahlen des KuF verdreifachten sich innerhalb der vergangenen sechs Jahre; im Jahr 2013 nahmen etwa 50 Personen regelmäßig am Freitagsgebet teil. Zu den Besuchern gehören insbesondere junge Muslime aus Bremen. Gebäude des KuF in "Takfir"-Ideologie Bremen-Gröpelingen Die Anhänger des KuF vertreten mit dem ideologischen Konzept des "Takfir" eine besonders radikale Form des Salafismus. Der Begriff "Takfir" bedeutet wörtlich "Exkommunikation", d.h. die Erklärung eines Muslims zum "Ungläubigen" ("Kafir"). Der Begriff steht ursprünglich für ein komplexes Konzept aus der islamischen Theologie ("Kalam") und der Rechtswissenschaft ("Fiqh"). Eine Vielzahl von Kriterien legen dort fest, ab wann und unter welchen Bedingungen ein Muslim zu einem "Ungläubigen" erklärt werden darf. Diese Bedingungen sind in der Geschichte des Islam von verschiedenen Strömungen unterschiedlich streng ausgelegt worden. Die Anhänger des KuF benutzen dieses Konzept, um jeden, insbesondere auch Muslime, die nicht ihren strengen salafistischen Ansichten folgen, zu "Ungläubigen" zu erklären. "Ungläubige" sind entsprechend dem "Takfir"-Konzept zu bekämpfen und der Abfall vom Glauben ist, zumindest theoretisch, mit dem Tode zu bestrafen. Einige KuF-Anhänger befürworten darüber hinaus auch den bewaffneten "Jihad" von islamistisch-terroristischen Organisationen. Durch ihren Glauben an die "Takfir"-Ideologie sowie ihre jihadistische Einstellung weisen diese Anhänger damit eine größere Radikalität auf als Anhänger anderer salafistischer Strömungen in Bremen wie der des IKZ. Die Vereinsanhänger bezeichnen sich selbst als "Al Muwahidun" oder "Ansar at-Tawhid" ("Anhänger des Eingottglaubens"). Mit diesem Selbstbildnis, die einzig wahren Muslime zu sein, geht eine große Abschottungstendenz gegenüber Nichtanhängern einher. So wird bei neuen Anhängern insbesondere darauf geachtet, dass sie nicht nur regelmäßig an den Vereinsaktivitäten teilnehmen, sondern sich darüber hinaus sukzessive von ihrem bisherigen Umfeld lösen. 64 Aktivitäten des KuF In Europa existiert ein organisatorisches, wenn auch instabiles "Takfir"-Netzwerk, in das auch der Bremer Verein eingebunden ist. Die Instabilität des Netzwerkes resultiert aus Zerwürfnissen, weil sich die Anhänger auch untereinander bei religiösen Meinungsverschiedenheiten für "ungläubig" erklären. Das heutige europäische und deutsche "Takfir"-Netzwerk erfährt daher nicht den gleichen Zulauf wie der Salafismus insgesamt. Für die Anhänger des KuF gehört Missionierungsarbeit ("Da'wa") zur religiösen Pflichtausübung und nimmt dementsprechend einen großen Teil ihrer Aktivitäten ein. Mit dem Ziel, neue Anhänger für seine Ideologie zu gewinnen, gibt sich der Verein aus taktischen Gründen gegenüber interessierten Besuchern aufgeschlossen, wie etwa auf seiner Internetseite. Ein weiteres Instrument zur Verbreitung der extremistischen "Takfir"-Ideologie ist der Verlag "Dar ul Firdaus", an dessen Gründung im Jahr 2010 Anhänger des KuF maßgeblich beteiligt waren. Nach eigenen Angaben handelt es sich um ein islamisches Verlagshaus, das die Publikation von "authentischer Literatur" zum Ziel hat. Unter dem umfassenden Angebot, welches über die Internetseite des Verlages vertrieben wird, findet sich größtenteils salafistische Literatur. Verurteilung von Gründungsmitgliedern des KuF Im Jahr 2011 verurteilte das Oberlandesgericht in München zwei Gründungsmitglieder des KuF wegen Werbens für das Terrornetzwerk "al-Qaida" sowie ihr nahestehende terroristische Organisationen im Internet. Gegen ein Gründungsmitglied verhängte das Gericht "Sozialstunden", während es das andere Gründungsmitglied zu einer Haftstrafe von insgesamt drei Jahren und sechs Monaten verurteilte. In seinem Fall sah es das Gericht als erwiesen an, dass sich der Verurteilte dem bewaffneten Kampf des Terrornetzwerkes "al-Qaida" anschließen und sich zu diesem Zweck in einem Trainingslager in Afghanistan ausbilden lassen wollte. 5.4 Weitere islamistische Bestrebungen in Bremen In Bremen existieren weitere islamistische Personenzusammenschlüsse und Organisationen, die im Gegensatz zum eher transnational ausgerichteten Salafismus vielmehr von den politischen Entwicklungen in ihren Ursprungsländern geprägt sind, so die "Tablighi Jama'at" und die "Hizb Allah". 65 "Tablighi Jama'at" Die 1926 als eine Wiedererweckungsund Missionsbewegung gegründete "Tablighi Jama'at" (TJ, "Gemeinschaft für Verkündigung und Mission") zählt heute wegen ihrer großen Anhängerschaft zu den weltweit bedeutendsten islamistischen Bewegungen. Bundesweit verfügt die TJ über etwa 700 Anhänger, in Bremen zählen ca. 15 Personen dazu. Die Führungszentren der TJ liegen in Pakistan, Indien und Bangladesch. In Großbritannien befindet sich das für Europa maßgebliche Zentrum, weitere Zentren gibt es in Frankreich, Portugal und den Niederlanden. Die TJ teilt Deutschland in zwölf regionale Gebiete auf. Bei den ungefähr alle vier Monate stattfindenden Deutschlandtreffen wird jeweils ein neuer "Emir" (religiöser Anführer) gewählt. Dieser ist hauptsächlich für die organisatorische Umsetzung der in den Führungszentren der TJ getroffenen, grundlegenden Entscheidungen zuständig. Ihm obliegt damit die geistige und administrative Führung der TJ-Anhänger in Deutschland. Die Bewegung TJ entstand in Indien in einem der größten geistigen islamischen Zentren weltweit, dem "Dar ul-Ulum" ("Haus der Gelehrsamkeit") in Deoband. Die Anhänger dieser Denkschule werden daher auch "Deobandis" genannt. Sie folgen ähnlich wie Salafisten einer strengen Auslegung islamischer Quellen. Ihre Lehre besteht darüber hinaus jedoch auch aus Elementen der islamischen Mystik (Sufismus). Im Gegensatz zu Salafisten, die die Zugehörigkeit zu einer islamischen Rechtsschule ablehnen, gehören "Deobandis" der hanafitischen Rechtsschule an. Die TJ verfolgt weltweit das Ziel, ihre Lehren durch eine "selbstlose Missionsarbeit" zu verbreiten und vor allem "vom Weg abgekommene" Muslime an sich zu binden. Die individuelle Frömmigkeit und die konsequente Befolgung der islamischen Riten stehen für die gewaltfrei agierende islamische Bewegung im Vordergrund. Wenngleich sich die TJ als apolitisch charakterisiert, sind Teile ihrer Ideologie mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar. So steht die strenge Auslegung der "Scharia" im Widerspruch zu den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten sowie dem Demokratieund Rechtsstaatsprinzip. Entsprechend ihrer Ideologie betrachten Anhänger der TJ andere Religionen als minderwertig und sind zur Abschottung jeglichen außerislamischen Einflusses gehalten. Des Weiteren glorifizieren sie den "Jihad" und das Märtyrertum aus der islamischen Frühzeit, wenngleich sie nicht aktiv zur Beteiligung am bewaffneten "Jihad" aufrufen. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2011 ist die TJ keine terroristische Vereinigung, jedoch werden ihre Strukturen von Jihadisten zur Rekrutierung von freiwilligen Kämpfern für den bewaffneten Kampf missbraucht. In Bremen, das eines der zwölf regionalen Gebiete in Deutschland darstellt, betreiben TJ-Anhänger regelmäßig "Missionierungsarbeit", auch mit auswärtiger Unterstützung. Den auswärtigen TJ-Anhängern stellen die Bremer Anhänger z.B. Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung. Die gegenseitigen Besuche fördern den Zusammenhalt der islamistischen Bewegung auf lokaler, regionaler und überregionaler Ebene. Die Bremer TJ-Anhänger sind auf diese Weise in die übergeordneten Strukturen ihrer Bewegung eng eingebunden. Die TJ verfügt seit 2010 über eine eigene Moschee in Bremen, die "Rahmah Moschee". Einige TJ-Anhänger besuchen daneben weitere Einrichtungen in Bremen, wie den salafistischen Verein IKZ und den "Marokkanischen Verein Abu Bakr Moschee e.V." ("Abu Bakr Moschee"). Die Moschee wurde im Jahr 2003 u.a. von ehemaligen Besuchern des IKZ gegründet, nachdem diese sich vom IKZ losgesagt hatten. In der "Abu Bakr Moschee" verkehren jedoch weiterhin auch IKZ-Besucher. 66 "Hizb Allah" Die libanesische Organisation "Hizb Allah" ("Partei Gottes") ist islamistisch-schiitisch ausgerichtet. Die "Hizb Allah" wurde im Jahr 1982 maßgeblich auf Initiative des Iran nach dem Einmarsch israelischer Truppen in den Libanon gegründet. Bis heute wird die Organisation vom iranischen Regime finanziell und materiell unterstützt. Der "revolutionäre Iran" dient der "Hizb Allah" auch ideologisch als Vorbild, jedoch rückte inzwischen ihr ursprüngliches Ziel der Errichtung eines Gottesstaates nach iranischem Vorbild im Libanon aufgrund politischer Entwicklungen in den Hintergrund. Das Hauptanliegen der Organisation besteht heute in der Zerstörung des Staates Israel sowie im Schutz des libanesischen Territoriums vor israelischen MilitärakFlagge der tionen. "Hizb Allah" Die "Hizb Allah" verfolgt im Libanon ihre Ziele sowohl auf parlamentarischem als auch auf außerparlamentarischem Wege. So verfügt sie einerseits über eine Partei und stellt eine Fraktion im libanesischen Parlament, andererseits unterhält sie einen militärischen Arm. Die paramilitärischen Einheiten der "Hizb Allah" kämpfen seit 2012 im syrischen Bürgerkrieg auf Seiten der Regierung gegen die zahlreichen Oppositionsgruppen. Die EU nahm den militärischen Arm der "Hizb Allah" am 22. Juli 2013 in ihre Terrorliste auf. In Deutschland bemüht sich die "Hizb Allah" um den Aufbau von Organisationsstrukturen, ihre Anhänger organisieren sich derzeit vorwiegend in "Moschee-Vereinen". Bundesweit verfügt die Organisation über etwa 950 Anhänger, in Bremen zählen ca. 50 Personen dazu. Die Aktivitäten der "Hizb Allah" beschränken sich in Deutschland auf die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen, Spendensammlungen und Demonstrationen. Auch im Jahr 2013 beteiligten sich arabische, türkische und iranische "Hizb Allah"-Anhänger an einer Demonstration zum internationalen "al-Quds"-Tag ("Jerusalem-Tag") am 8. August 2013 in Berlin. Unter den etwa 1.200 Demonstranten waren auch Teilnehmer aus Bremen. In Bremen sind die Anhänger der "Hizb Allah" in dem "Moschee-Verein" "Al-MustafaGemeinschaft e.V." organisiert. Der "Moschee-Verein" veranstaltet Treffen, Diskussionsveranstaltungen und religiöse Aktivitäten mit dem Ziel, die in Bremen lebenden Libanesen an ihre Heimat zu binden und die libanesische Kultur aufrechtzuerhalten. Der "Moschee-Verein" unterstützt die Organisation im Libanon insbesondere durch die Sammlung von Spendengeldern. Im Rahmen des bundesweiten "Waisenkinderprojektes Libanon e.V." (WKP) werden Patenschaften für Waisen im Libanon vermittelt und Familien von gefallenen "Hizb Allah"-Kämpfern unterstützt. 6 Ausländerextremismus 67 Seitenzahl 69 6.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 73 6.2 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) 68 6 Ausländerextremismus Die bislang friedlichen Aktivitäten der PKK-Anhänger in Deutschland könnten durch den weiteren Fortgang der Friedensverhandlungen beeinflusst werden. Seit 2012 verhandelt die türkische Regierung mit der kurdischen Organisation "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Derzeit stehen die Friedensverhandlungen jedoch still, ihr Ausgang ist ungewiss. Die nationalistisch ausgerichtete türkische Organisation "Föderation der TürkischDemokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF), auch "Graue Wölfe" genannt, versuchte im Jahr 2013, insbesondere junge Anhänger über die Verbreitung ihrer Ideologie im Internet zu gewinnen. Entwicklung extremistischer "Ausländerorganisationen" in Deutschland Die extremistischen "Ausländerorganisationen" in Deutschland sind stark von Ereignissen und Entwicklungen in ihren Herkunftsländern abhängig. Im Gegensatz zu islamistischen Organisationen orientieren sie sich nicht an einer religiös-politischen Weltanschauung, sondern an weltlichen, politischen Ideologien oder Anschauungen. Die Zielrichtungen von ausländerextremistischen Organisationen lassen sich im Wesentlichen in linksextremistische, nationalistische und ethnisch motivierte Autonomieund Unabhängigkeitsbestrebungen unterteilen. Die "Ausländerorganisationen" sind nicht autark, sondern meistens Teil einer "Mutterorganisation" im Herkunftsland oder zumindest ideologisch eng mit einer solchen verbunden. Gesellschaftliche und politische Konflikte aus anderen Teilen der Welt werden durch Migration und den Zuzug von Arbeitskräften nach Deutschland importiert. Von der Finanzkraft der hier lebenden und arbeitenden Ausländer profitieren auch extremistische Organisationen in den Heimatländern. Vielfach gründeten sie "Exilvereine" in Deutschland. Heute ist Deutschland für extremistische Ausländerorganisationen in unterschiedlicher Intensität ein Rückzugsund Rekrutierungsraum und dient ihnen zur Beschaffung von Material und finanziellen Mitteln. Zu den Aufgaben des LfV gehört die Beobachtung von Bestrebungen, die auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland durch Gewalt gefährden. Dies ist gegeben, wenn ausländische Gruppierungen von hier aus gewaltsame Aktionen im Heimatstaat unterstützen, etwa durch Aufrufe zur Gewalt oder durch logistisch-finanzielle Hilfe. Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann auch durch ausländerextremistische Bestrebungen gefährdet sein, wenn Kaderstrukturen beabsichtigen, demokratische Grundregeln in Deutschland außer Kraft zu setzen. Im Jahr 2013 umfasste das ausländerextremistische Personenpotenzial in Deutschland etwa 28.800 Personen, dabei stammen die Gruppierungen aus verschiedenen Herkunftsländern, z.B. aus der Türkei oder Palästina. In Bremen nehmen die beiden türkischen Organisationen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) einen besonderen Stellenwert ein, wobei erstere eher linksextremistisch und letztere nationalistisch ausgerichtet ist. 6.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Personenpotenzial: ca. 13.000 in Deutschland ca. 300 in Bremen Die größte Gruppe unter den ausländischen Extremisten in Deutschland sind die Flagge der 69 Anhänger der verbotenen kurdischen Organisation "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) PKK-Nachfolgeorganisation mit etwa 13.000 Personen im Jahr 2013. Die PKK sowie ihre Nachfolgeorganisation "Kongra Gel" "Kongra Gel" ist in Deutschland seit 1993 bzw. 2004 wegen vielfältiger, teilweise gewaltsamer Unterstützungshandlungen der hier lebenden Anhänger verboten. Die EU definiert die PKK seit 2002 als terroristische Organisation. Die kurdischen Extremisten stellen mit rund 300 Anhängern auch in Bremen die mitgliederstärkste Gruppe unter den extremistischen "Ausländerorganisationen" dar. Sie organisieren sich überwiegend im "Verein zur Förderung demokratischer Gesellschaft Kurdistans" ("Birati e.V."), der als regionales Ausführungsorgan der PKK fungiert. In den 1990er-Jahren waren im Zusammenhang mit dem Verbot der PKK in Bremen vier "Unterstützervereine" und ihre Nachfolgeorganisationen verboten worden. Die PKK-Anhänger in Bremen gründeten jedoch unmittelbar nach den Verboten neue Vereine, zu ihnen gehört der Bremer Verein "Birati e.V.". Friedensverhandlungen zwischen PKK und türkischer Regierung Die seit Ende des Jahres 2012 laufenden Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung werden von den in Europa und Deutschland lebenden Kurden intensiv verfolgt. In den Verhandlungen geht es um die Beendigung des seit Jahrzehnten teilweise gewaltsam ausgetragenen Konflikts zwischen dem türkischen Staat und der Bevölkerungsminderheit der Kurden. Die 1978 von dem noch heute amtierenden PKK-Führer Abdullah Öcalan gegründete Organisation erhebt den Anspruch, alleinige Vertreterin aller Kurden zu sein. Die Kurden bilden eine ethnische Volksgruppe, die vorwiegend in der Türkei, jedoch auch im Irak, Iran und in Syrien leben. Während das anfängliche Ziel der PKK in der Errichtung eines kurdischen Nationalstaates bestand, kämpft sie nunmehr für die politisch-kulturelle Autonomie der Kurden innerhalb des türkischen Staates. Das von Öcalan 2005 hierzu entwickelte Konzept sieht die Etablierung eines politisch-kulturellen Verbundes der in verschiedenen Staaten lebenden Kurden vor. Der mit Unterbrechungen seit fast 30 Jahren geführte Guerilla-Kampf der PKK gegen den türkischen Staat wurde mit der Proklamation eines "einseitigen Waffenstillstands" durch PKK-Führer Öcalan vorerst am 21. März 2013 beendet. Die Einhaltung der "Waffenruhe" sowie eine Phase der "Aktionslosigkeit" der PKK bilden den ersten Punkt einer von Öcalan verkündeten "Roadmap". Im Juli 2013 erklärte die PKK die Einhaltung des ersten Punktes der "Roadmap" mit dem fast vollständigen Rückzug ihrer Kämpfer von türkischem Staatsgebiet in die Nachbarstaaten Irak und Syrien. Im Gegenzug war der türkische Staat in einem zweiten Punkt aufgefordert, den Kurden insbesondere die Gleichstellung als Staatsvolk, die Benutzung der kurdischen Sprache etwa in Schulen und mehr Selbstbestimmung in ihren Siedlungsgebieten einzuräumen. Vor diesem Hintergrund hatte der türkische Regierungschef Erdogan am 30. September 2013 ein "Demokratiepaket" veröffentlicht, das insbesondere auf die Stärkung der Minderheitenrechte zielte. Die wichtigsten Reformpunkte des "Demokratiepakets" sehen die Aufhebung des im Öffentlichen Dienst geltenden Kopftuchverbots, das Recht auf Unterricht in kurdischer Sprache an privaten Schulen, die Absenkung der 10 %-Hürde bei den Parlamentswahlen und weitere Rechte für kleinere religiöse und ethnische Gruppen vor. Nach Verkündung des "Demokratiepakets" im September 2013 stockten die Friedensverhandlungen, da sich PKK und türkische Regierung gegenseitig die Nichterfüllung der gestellten Bedingungen vorwarfen. Während die türkische Regierung bemängelt, dass die Guerilla der PKK nicht vollständig von türkischem Staatsgebiet abgezogen worden sei, kritisiert die PKK das "Demokratiepaket" als unzureichend. Die Erfüllung zahlreicher ihrer zentralen Forderungen stünden noch aus, wie die Erfüllung der 70 Gleichstellung der Kurden als Staatsvolk, der Unterricht in kurdischer Sprache, die Verbesserung der Lebensbedingungen des seit 1999 in Haft sitzenden PKK-Führers Öcalan oder die Freilassung der kurdischen politischen Gefangenen. Die von Öcalan verkündete "Roadmap" enthält darüber hinausgehende Forderungen wie z.B. die Einrichtung einer Untersuchungskommission des türkischen Parlaments zur Aufarbeitung der in der Vergangenheit vom türkischen Militär an Kurden verübten Verbrechen oder die Rückkehr von PKK-Kämpfern aus dem Irak in die Türkei und ihre strafrechtliche Verfolgung nach rechtsstaatlichen Grundsätzen. Trotz des weit hinter den Forderungen der PKK zurückgebliebenen "Demokratiepakets" signalisierte PKKFührer Öcalan Mitte Oktober 2013 weiterhin Verhandlungsbereitschaft. In Anbetracht der im Jahr 2014 in der Türkei anstehenden Wahlen der Kommunalvertretungen, des Präsidenten und des Parlaments sind derzeit indes keine Fortschritte in den Friedensverhandlungen zu erwarten. Der türkische Regierungschef wird der PKK aus Rücksicht auf seine nationalistisch ausgerichtete Wählerklientel keine weiteren Zugeständnisse machen, einen Abbruch der Friedensverhandlungen wird er allerdings auch vermeiden wollen. PKK in Europa und Deutschland In Europa führt die PKK einen gewaltfreien Kampf im Gegensatz zu dem gewaltsam geführten Guerilla-Kampf in der Türkei. Die PKK ist hier lediglich mit ihrem politischen Arm vertreten, der sich "Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) nennt. In ihrem gewaltfreien Kampf greift die Organisation sowohl auf legale als auch illegale Strukturen zurück. Regionale Kurdenvereine (sogenannte Basisvereine) dienen den Anhängern als Informationsund Kommunikationszentren. Diese der PKK nahestehenden Vereine sind in Deutschland unter dem Dachverband der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland" (YEK-KOM) zusammengeschlossen. Vorsitzender des Dachverbandes ist u.a. der Bremer PKK-Funktionär Yüksel Koc. Finanzierung der PKK Die über Jahrzehnte geführten Kämpfe der PKK in der Türkei sowie ihre politische Arbeit in Europa erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Die PKK finanziert sich in erster Linie aus Spenden, daneben auch aus Veranstaltungserlösen und dem Verkauf von Publikationen. Jedes Jahr ruft die PKK zu einer groß angelegten Spendenkampagne auf, die sie das "Jährliche" nennt, und fordert von ihren Anhängern regelmäßig die Erhöhung der Spendengelder. Auch in Bremen gibt es jedes Jahr eine solche Spendenkampagne. Propagandasender der PKK Zur Verbreitung ihrer Propaganda und Ideologie dienen der PKK vor allem Fernsehsender, dazu zählen derzeit "Sterk TV" und "Mednuce". Ziel der PKK ist es, die in Europa und Deutschland lebenden Kurden in ihrem Sinne zu beeinflussen. In der Vergangenheit sind mehrere Fernsehsender wegen ihrer Propagandatätigkeit zur Unterstützung der PKK von europäischen Gerichten zu Geldstrafen verurteilt und geschlossen worden. Zuletzt stellte die PKK den Betrieb des Fernsehsenders "Nuce TV" und des Musiksenders "MMC" am 20. August 2013 ein, nachdem ein dänisches Gericht den betreibenden Mediengesellschaften die Sendelizenzen entzogen und zu einer Geldstrafe in Höhe von 1,4 Mio. Euro verurteilt hatte. Mit der Inbetriebnahme des Fernsehsenders "Sterk TV" im Februar 2012 und des Fernsehsenders "Mednuce" im November 2013 konnte die PKK jedoch die Verbreitung ihrer Propaganda ohne Unterbrechungen fortsetzen. Der in der Vergangenheit für die PKK entscheidende Fernseh71 sender "Roj TV" konnte bereits mit Beginn des Jahres 2012 nicht mehr empfangen werden, da die Satellitenbetreiber die weitere Ausstrahlung des Senders angesichts seiner Verurteilung wegen Unterstützung der PKK verweigerten. Ermordung von PKK-Aktivistinnen in Paris Drei PKK-Aktivistinnen wurden am 10. Januar 2013 durch gezielte Kopfschüsse in Paris getötet. Eine von ihnen war Mitbegründerin der PKK, sie gehörte mehrere Jahre der PKK-Guerilla und zuletzt der europäischen Führung der PKK an. In dieser Funktion war sie in der Vergangenheit wiederholt zu Besuch im Bremer Verein "Birati e.V." gewesen und hatte dort an verschiedenen Veranstaltungen teilgenommen. Über die Hintergründe der Tat bestehen weiterhin Unklarheiten. Die der PKK nahestehenden Organisationen beschuldigten die türkische Regierung der Tat, diese wiederum sah darin eine Vergeltungsaktion innerhalb der PKK. Als Reaktion auf die Morde an den drei PKK-Aktivistinnen fanden Kundgebungen in zahlreichen europäischen Städten statt. In Bremen forderte allen voran die "Kurdische Fraueninitiative e.V." die Aufklärung der Morde und rief zur Teilnahme an Demonstration am zahlreichen Protestkundgebungen auf. Die Fraueninitiative veranstaltete in diesem 12. Januar 2013 in Paris Zusammenhang mehrere Kundgebungen in Bremen, bei denen die Demonstranten Fotos der drei ermordeten Frauen zeigten und Flugblätter verteilten, so am 11. Januar 2013 vor dem französischen Honorarkonsulat und am Bahnhofsvorplatz sowie am 13. Januar 2013 auf dem Bremer Marktplatz. Newroz-Feiern Die PKK instrumentalisiert das jährliche Newroz-Fest am 21. März für ihren "Befreiungskampf" gegenüber dem türkischen Staat. Newroz bedeutet "neuer Tag" und geht auf die Legende eines kurdischen Schmieds im Jahre 612 v. Chr. zurück, der zum Widerstand gegen einen Tyrannen aufgerufen und diesen in der Nacht vom 20. auf den 21. März erschlagen haben soll. Daher wird Newroz auch als Fest des Widerstandes gegen Tyrannei und als Symbol für den kurdischen Freiheitskampf verstanden. In Deutschland fand die zentrale Newroz-Feier am 23. März 2013 in Bonn statt, an der ca. 9.000 Personen teilnahmen. Unter den Gästen waren ungefähr 200 PKKAnhänger aus Bremen. Die Feier war von dem der PKK nahestehenden Dachverband YEK-KOM organisiert worden, dieser war im Vorfeld von einer größeren Teilnehmerzahl ausgegangen. In seiner Eröffnungsrede forderte der YEK-KOM-Vorsitzende Koc die Aufhebung des PKK-Verbotes in Deutschland und unterstützte den Aufruf des PKK-Führers Öcalan zur Beendigung der Kämpfe in der Türkei. Parallel zu der zentralen Großveranstaltung in Bonn fanden bundesweit Newroz-Feiern statt. In Bremen veranstaltete der Verein "Birati e.V." am 20. März 2013 seine Newroz-Feier mit anschließendem "Brauchtumsfeuer". An der friedlichen Kundgebung nahmen ca. 200 Personen teil. Erstmals hatte auch die aus syrischen Kurden bestehende Partei "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD) in Bremen am 16. März 2013 eine NewrozFeier mit etwa 700 Personen veranstaltet. Syrische Partei "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD) Die kurdische Partei "Partiya Yekitiya Demokrat" (PYD) gilt als politischer Arm der PKK in Syrien, wenngleich die offene Darstellung dieser Verbindung vermieden wird. Die PYD strebt einen Autonomiestatus der von Kurden besiedelten Gebiete im Norden Syriens an. Die PYD unterhält paramilitärische Einheiten, die sogenannten 72 "Volksverteidigungseinheiten" (YPG), die sich seit Herbst 2012 wiederholt bewaffnete Auseinandersetzungen mit anderen in Nordsyrien agierenden Konfliktparteien lieferten, wie der "Freien Syrischen Armee" (FSA) und jihadistischen Gruppierungen. In Europa organisiert die PYD insbesondere Protestveranstaltungen gegen Menschenrechtsverletzungen in Syrien. "21. Internationales Kurdisches Kulturfestival" Der der PKK nahestehende Dachverband YEK-KOM veranstaltete am 21. September 2013 unter dem Motto "Freiheit für Abdullah Öcalan - Frieden in Kurdistan" in Dortmund das "21. Internationale Kurdische Kulturfestival". Das Festival stellt einen Höhepunkt der regelmäßig stattfindenden kurdischen Großveranstaltungen dar. Neben der von der PKK propagierten "Pflege der kurdischen Kultur" dient es der Organisation zur Verbreitung ihrer politischen Ideologie. An der Veranstaltung nahmen ca. 24.500 Personen aus ganz Europa teil, darunter ca. 300 Personen aus Bremen. Im Gegensatz zum Vorjahr, als es in Mannheim zu schweren Ausschreitungen gekommen war, verlief das diesjährige "Kulturfestival" störungsfrei. Das Festival war den drei im Januar 2013 in Paris getöteten PKK-Aktivistinnen gewidmet; im Mittelpunkt der Beiträge standen jedoch die Kampfhandlungen in der syrischtürkischen Grenzregion. Demonstration gegen PKK-Verbot Anlässlich des 20. Jahrestages des Verbotes der PKK in Deutschland demonstrierten am 16. November 2013 in Berlin ca. 5.500 Personen, die aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland angereist waren, darunter auch Teilnehmer aus Bremen. Die Kundgebung war von dem seit 2010 bestehenden Aktionsbündnis "Tatort Kurdistan", dem überwiegend der PKK nahestehende Organisationen angehören, angemeldet worden und stand unter dem Motto "Den Friedensprozess in Kurdistan fördern. Aufhebung des PKK-Verbots. Freiheit für Abdullah Öcalan". Während der Abschlusskundgebung forderten verschiedene Redner die Beendigung der "Kriminalisierung" der Kurden, die Anerkennung ihrer Identität und die Aufhebung des PKK-Verbots. PKK in Bremen Aktivitäten der Bremer PKK-Anhänger erfolgen hauptsächlich auf Weisung der übergeordneten Strukturen. Der Verein "Birati e.V." nimmt dabei als regionales Ausführungsorgan der PKK eine besondere Funktion ein, weil er zu den sogenannten "Zentralvereinen" gehört. Er bietet seinen Mitgliedern u.a. soziale und kulturelle Aktivitäten an. Die im Zusammenhang mit der PKK stehenden Aktivitäten nehmen dabei einen breiten Raum ein, etwa Feiern zum Geburtstag des PKK-Führers Öcalan oder zum Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der PKK. Deutschland wurde vom politischen Arm der PKK, der CDK, in knapp 30 Gebiete unterteilt. In einem solchen Gebiet nimmt der jeweils bedeutendste kurdische Verein Gebäude des "Birati e.V." in die Stellung des "Zentralvereins" ein und alle anderen PKK-nahen Vereine sind meist Bremen abhängig von seinen Entscheidungen und Weisungen. In Bremen steht z.B. der Verein der "Förderung der kurdisch-islamischen Kultur e.V." (Trägerverein der "Saidi Kurdi-Moschee") in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Zentralverein "Birati e.V.". Ebenso bestimmen PKK-Funktionäre das politische Geschehen im "Bremer Volksrat", der auch als "Kurdisches Parlament" bezeichnet wird. Der derzeitige Vorsitzende des "Bremer Volksrates" gehört zu den bekanntesten Führungspersonen der PKK in Deutschland. Die Einsetzung von "Volksräten" erfolgt entsprechend dem von Öcalan 2005 entwickelten Konzept, welches letztlich auf die Etablierung eines politisch-kulturellen Verbundes der in verschiedenen Staaten lebenden Kurden abzielt, um die Mitbestimmung aller Kurden zu gewährleisten. Tatsächlich erfolgt die politische Arbeit 73 im "Bremer Volksrat" nicht nach demokratischen Regeln, sondern ist hierarchisch geprägt. Proteste gegen Kämpfe in syrisch-türkischer Grenzregion Mehrere Demonstrationen von PKK-Anhängern und Kurden in Bremen richteten sich im Jahr 2013 gegen die Kämpfe im Rahmen des 2011 begonnenen Bürgerkrieges in Syrien, in dem sich Regierungstruppen des amtierenden Präsidenten Assad und Kämpfer verschiedener Oppositionsgruppen gegenüberstehen. Von diesem Bürgerkrieg sind auch die von Kurden besiedelten Gebiete in der syrischtürkischen Grenzregion betroffen. In der Region Rojava im Norden Syriens, auch "Westkurdistan" genannt, bemühen sich Kurden seit 2011 um die Etablierung von autonomen und basisdemokratischen Verwaltungsstrukturen. Auch deshalb griffen islamistische Gruppen in der Vergangenheit mehrfach die kurdische Zivilbevölkerung an. Eine bundesweite Veranstaltungsreihe zu der von Kurden selbstverwalteten Region Rojava im Norden Syriens initiierten die syrische Partei PYD, das Aktionsbündnis "Tatort Kurdistan", das "Aktionsbündnis für die Unterstützung in Westkurdistan (Rojava)" und der Dachverband YEK-KOM. In Bremen fand dazu am 21. November 2013 eine Veranstaltung mit rund 120 Gästen statt. Zu den Organisatoren der Veranstaltung gehörten die GEW Bremen, das Bremer Friedensforum, die Plattform der kurdischen Vereine und Verbände "Solidarität für Rojava" sowie der Verein "Birati e.V.". Als Redner traten u.a. der Deutschland-Sprecher der syrischen Partei PYD, ein Historiker und Kurdistan-Experte sowie ein Vertreter der Partei "Die Linke" auf. Inhaltlich ging es in der Veranstaltung darum, dass die selbstverwaltete Region Rojava in Abgrenzung zu den politischen Überzeugungen der syrischen Regierung und der "menschenverachtenden Gotteskrieger" einen "dritten Weg" beschreitet. Der sich aus PKK nahestehenden Vereinen zusammensetzende Dachverband YEK-KOM sieht in der selbstverwalteten Region Rojava "ein Vorbild für ein zukünftiges Syrien, ja sogar für die ganze Nahost-Region [...], gerade weil nicht nur alle ethnischen und religiösen Gruppen, sondern auch beide Geschlechter gleichberechtigt und in Frieden zusammen leben". (Internetseite der YEK-KOM vom 06.11.2013) 6.2 "Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) Personenpotenzial: ca. 10.000 in Deutschland ca. 200 in Bremen Die türkische nationalistische Organisation "Föderation der Türkisch-Demokratischen Logo der ADÜTDF Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) gründete sich 1978 in Deutschland. Bundesweit hat die Organisation ungefähr 10.000 Anhänger, davon etwa 200 Anhänger in Bremen. Die Anhänger der ADÜTDF sind auch unter dem Namen "Graue Wölfe" bekannt. Die Bezeichnung steht für die Mitglieder der in der Türkei seit 1969 bestehenden und im türkischen Parlament vertretenen rechtsextremistischen "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP, "Milliyetci Hareket Partisi"). Die Partei gilt als Unterorganisation der sogenannten "Ülkücü-Bewegung". Auch die Anhänger der ADÜTDF, die sich als "Idealisten" ("Ülkücüler") bezeichnen, gehören zur "Ülkücü-Bewegung". Innerhalb der 74 "Ülkücü-Bewegung" in Deutschland stellt die ADÜTDF die größte Gruppierung dar. Die ADÜTDF wiederum ist Mitglied des europäischen Dachverbandes der "Türkischen Konföderation in Europa" (ATK), der Organisationen aus neun weiteren europäischen Staaten angehören. Des Weiteren verfügt die "Ülkücü-Bewegung" in Deutschland über eine aktive Jugendbewegung. Der Ideologie der "Ülkücü-Bewegung" liegt ein übersteigertes Nationalbewusstsein zugrunde. Die Bewegung propagiert die Idee einer "Großtürkei" in den Grenzen des Ritueller "Wolfsgruß" der Osmanischen Reiches und fordert die "Wiedervereinigung" aller Turkvölker vom "Ülkücü-Bewegung" Balkan bis Zentralasien in einem Staat. Als Feinde definiert sie insbesondere Kurden, Armenier, Griechen und Juden. Ihres extremen nationalistischen und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Gedankengutes wegen zählt die ADÜTDF zu den ausländerextremistischen Organisationen, die unter Beobachtung des LfV stehen. In Bremen wird der Verein "Türkische Familienunion in Bremen und Umgebung e.V." der ADÜTDF und damit auch der "Ülkücü-Bewegung" zugerechnet. Am 15. Februar 2013 veranstaltete die Organisation eine Feier anlässlich der seit 35 Jahren bestehenden "Kulturarbeit für die Bevölkerung in Deutschland" mit etwa 400-500 Personen. Die Jugendbewegung der "Ülkücü-Bewegung" verbreitet vor allem in sozialen Netzwerken wie "Facebook" oder offen zugänglichen Videoportalen ihre extremistische Einstellung. Sie hetzt beispielsweise gegen das friedliche Zusammenleben der verschiedensten ethnischen und religiösen Gruppierungen und fördert damit das Entstehen von Parallelgesellschaften in Deutschland. 7 Unterstützungsaufgaben des LfV 75 76 7 Unterstützungsaufgaben des LfV Dem LfV obliegt nicht nur die Beobachtung extremistischer Bestrebungen zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, sondern es trägt über umfangreiche Prüfungen ebenfalls dazu bei, Sicherheitsrisiken in Behörden oder privaten Unternehmen zu minimieren. Geheimhaltungsgrade Geheimschutz von Verschlusssachen (VS) (SS 5 BremSÜG) Der Geheimschutz hat die Aufgabe, Informationen und Vorgänge, deren Bekannt- . werden den Bestand, die Sicherheit oder sonstige Interessen der Bundesrepublik . STRENG GEHEIM Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden, vor unbefugter Kenntnisnahme . GEHEIM zu schützen. Der Schutz dieser sogenannten Verschlusssachen (VS) wird durch . VS-VERTRAULICH Maßnahmen des personellen und materiellen Geheimschutzes verwirklicht. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH Geheimschutz findet nicht nur in Behörden statt, sondern auch in Unternehmen, die im Auftrag des Staates mit Verschlusssachen umgehen und demzufolge die Regelungen des personellen und materiellen Geheimschutzes zu beachten haben. Geheimschutzbetreute Unternehmen sind z.B. Betriebe, die im Bereich der wehrtechnischen Forschung oder Produktion tätig sind. Materieller Geheimschutz Der materielle Geheimschutz beinhaltet technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen und regelt z.B., in welcher Weise VS-Dokumente aufbewahrt und verwaltet werden müssen. Die Einzelheiten ergeben sich im Wesentlichen aus der Verschlusssachenanweisung des Landes Bremen. Dort ist jeweils in Abhängigkeit vom Geheimhaltungsgrad auch die Erforderlichkeit von Tresoren und Alarmanlagen geregelt. Das LfV ist zentraler Ansprechpartner für alle bremischen Behörden, die mit VS-Material umgehen. Es berät und unterstützt diese bei der Erfüllung der Anforderungen des materiellen Geheimschutzes. Personeller Geheimschutz Der personelle Geheimschutz soll sicherstellen, dass in Bereichen, die mit VS-Material umgehen, keine Person beschäftigt wird, von der ein Sicherheitsrisiko ausgeht. Zu diesem Zweck und nur mit vorheriger Zustimmung des Betroffenen finden individuelle Sicherheitsüberprüfungen statt. Das LfV wirkt an den Sicherheitsüberprüfungen mit. Seine fachliche Bewertung dient der zuständigen Behörde als Entscheidungshilfe, bevor sie eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut. Abstufung von Sicherheitsüberprüfungen (SS 8 BremSÜG) . . (Ü1) - einfache Sicherheitsüberprüfung . (Ü2) - erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü3) - erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen Die Stufe der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Höhe des Geheimhal77 tungsgrades, zu dem die Person Zugang erhalten soll. Bei den Überprüfungsarten Ü2 und Ü3 werden Ehegatte oder Lebenspartner in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, weil sich Sicherheitsrisiken bei diesen Personen auf die betroffene Person auswirken können. Weitere Sicherheitsüberprüfungen Der Ausschluss von individuellen Sicherheitsrisiken ist nicht nur im Bereich des Geheimschutzes, sondern auch in anderen Arbeitsbereichen von Bedeutung. So sieht u.a. das Luftsicherheitsgesetz, Sprengstoffgesetz und Bremische Hafensicherheitsgesetz vergleichbare Überprüfungen der in diesen Bereichen in der Regel bei privaten Unternehmen beschäftigten Personen vor. Auch an diesen Sicherheitsüberprüfungen wirkt das LfV mit. Regelanfragen im Bereich des Einbürgerungsund Aufenthaltsrechts Zu den Aufgaben des LfV gehört darüber hinaus die Beantwortung von Regelanfragen im Rahmen von Einbürgerungsverfahren und vor der Erteilung von Aufenthaltstiteln. Durch die große Zahl der anfallenden Prüfungen bilden diese Bereiche den Schwerpunkt der personenbezogenen Prüfungen für das LfV. Personenanzahl 3.000 2.500 2.547 2.564 2.315 2.000 1.657 1.500 1.472 1.000 1.029 500 2012 38 50 44 24 2013 0 Regelanfragen Regelanfragen vor ZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsim Rahmen Erteilung oder überprüfungen überprüfungen überprüfungen von Verlängerung einer gemäß dem gemäß dem gemäß dem Einbürgerungen AufenthaltsLuftsicherheitsHafensicherheitsSprengstoffgesetz genehmigung gesetz gesetz 78 Anhang Übersicht extremistischer Organisationen und Gruppierungen in Bremen Mitglieder / Personenpotenzial 79 Organisation / Gruppierung / Szene Medien / Publikationen in Deutschland in Bremen Rechtsextremismus "Nationaldemokratische ca. 5.500 ca. 40 "Deutsche Stimme" Partei Deutschlands" (NPD) www.npd.de Neonazistische Szene ca. 5.800 ca. 30 Subkulturelle Szene ca. 7.400 ca. 40 Linksextremismus Autonome Szene ca. 6.100 ca. 200 "Interim" "Indymedia": http://de.indymedia.org "LaRage" "end of road": http// endofroad.blogsport.de "Rote Hilfe" (RH) ca. 6.000 ca. 190 "Die Rote Hilfe" www.rote-hilfe.de Islamismus Salafistische Bestrebungen ca. 5.500 ca. 360 "Islamisches Kulturzentrum 350-400 www.islamhb.de Bremen e.V." (IKZ) (Freitagsgebet) "Kultur & Familien ca. 50 www.masjidulfurqanVerein e.V." (KuF) (Freitagsgebet) bremen.de "Tablighi Jama'at" (TJ) ca. 700 ca. 15 "Hizb Allah"/ ca. 950 ca. 50 "IGMG Perspektif" "Al-Mustafa"Camia" Gemeinschaft e.V." www.igmg.de www.almustafa.de 80 Mitglieder / Personenpotenzial Organisation / Gruppierung / Szene Medien / Publikationen in Deutschland in Bremen Ausländerextremismus "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) ca. 13.000 ca. 300 "Serxwebun" "ROJ TV" "Sterk TV" "Nuce TV" "Föderation der ca. 10.000 ca. 200 Türkisch-Demokratischen Idealisten Vereine in Deutschland e.V." (ADÜTDF) Politisch motivierte Kriminalität in Bremen 2009-2013 Politisch motivierte Ausländerkriminalität 81 Straftaten 2009 2010 2011 2012 2013 gesamt 25 11 26 23 16 davon extremistische Delikte 20 9 23 23 15 davon Gewaltdelikte 5 3 8 2 1 Politisch motivierte Kriminalität "Rechts" Straftaten 2009 2010 2011 2012 2013 gesamt 140 113 132 127 115 davon Propagandadelikte 97 87 102 86 82 davon Gewaltdelikte 6 5 6 4 2 Politisch motivierte Kriminalität "Links" Straftaten 2009 2010 2011 2012 2013 gesamt 65 96 241 82 116 davon extremistische Delikte 61 94 240 78 95 davon Gewaltdelikte 12 24 79 22 17 82 Impressum Herausgeber: Der Senator für Inneres und Sport Contrescarpe 22-24 28203 Bremen www.inneres.bremen.de Redaktion: Landesamt für Verfassungsschutz Bremen Flughafenallee 23 28199 Bremen Tel.: 0421 53 77-0 Fax: 0421 53 77-195 office@lfv.bremen.de www.verfassungsschutz.bremen.de Gestaltung: moltkedesign.de, Bremen Foto: dpa, LfV Titelbild: Dienstgebäude des Senators für Inneres und Sport Druck: Zertani GmbH & Co. Die Druckerei KG, Bremen Erscheinungsdatum: 17. Juni 2014 83 84 Senator für Inneres und Sport 85 Freie Hansestadt Bremen