Freie Hansestadt Bremen ET nneres und Sport m Verfassungsschutzbericht 2010 Freie %'J Hansestadt Bremen Vorwort 5 Zwei besondere Ereignisse standen 2010 im Mittelpunkt der Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV): die bundesweite Warnung vor islamistischen Anschlägen und die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober in Bremen. Da die linksextremistische autonome Szene im Vorfeld des Tags der Deutschen Einheit militante Protestaktionen angekündigt und diese u. a. mit Brandanschlägen auf Fahrzeuge unterstrichen hatte, stellten die Vorbereitungen dieses Tages für die Sicherheitsbehörden des Landes eine besondere Herausforderung dar. Diese haben sie hervorragend bewältigt. Ende November sah sich der Bundesinnenminister vor dem Hintergrund sich verdichtender Hinweise veranlasst, bundesweit vor Anschlägen islamistischer Terroristen zu warnen. Zwar gab es keine konkreten Anhaltspunkte für zu erwartende Anschläge in Bremen, gleichwohl war eine besondere Wachsamkeit der bremischen Verfassungsschützer und der Polizei gefordert. Denn nach wie vor gibt es im Land Bremen eine radikal-islamistische Szene, die es aufmerksam zu beobachten gilt. Die Jahresberichte des LfV dienen der Aufklärung über extremistische Phänomene im Land Bremen. Mit diesen Publikationen befördert das Amt die politische Auseinandersetzung mit den Zielen extremistischer Gruppierungen und schafft eine sachliche Basis für die Diskussion um die Maßnahmen zur Abwehr der von ihnen ausgehenden Gefahren. Der Bericht macht aber auch deutlich, dass die Öffentlichkeitsarbeit des Amtes sich nicht mehr nur auf die Vorlage des Jahresberichtes beschränkt, sondern auch aktive Aufklärungsund Präventionsprojekte umfasst. Dazu gehörten im Jahr 2010 die Ausstellung "Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus - Demokratie schützen" sowie eine öffentliche Podiumsdiskussion mit dem Titel "Wohin führt der Weg der Rechten?". Außerdem unterstützte das LfV verschiedene Initiativen und Institutionen in der weiterhin unverzichtbaren Präventionsarbeit gegen den Rechtsextremismus. Auf der anderen Seite hat das Amt den bereits 2009 begonnenen Dialog mit muslimischen Verbänden fortgesetzt. Dieser Dialog soll insbesondere dazu beitragen, dass die terroristische Bedrohung durch islamistische Extremisten nicht das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen belastet. Unter diesem Vorzeichen fand nach der Terrorwarnung des Bundesinnenministers unter Mitarbeit des LfV eine Informationsveranstaltung für alle muslimischen Verbände in Bremen statt. Zur Förderung des Gesprächs zwischen Muslimen und Nichtmuslimen beteiligte sich das Amt im August 2010 außerdem erstmals an der bremischen Integrationswoche. Nach den grundlegenden Reformprozessen in den Jahren 2008 und 2009 hat sich das LfV konsolidiert und zu einem modernen Verfassungsschutzamt entwickelt. Der vorliegende Bericht macht dies sehr deutlich. Dafür möchte ich der Leitung und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz herzlich danken. Ulrich Mäurer Senator für Inneres und Sport Seitenzahl Verfassungsschutz im Lande Bremen 11 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) 10 1.2 Tätigkeitsschwerpunkte n 1.3 "Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum" n 1.4 Gesetzliche Grundlagen 12 1.5 Kontrolle 12 1.6 Haushaltsmittel und Personalbestand 13 Information und Prävention 14 241 Dialog mit muslimischen Verbänden 16 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus 18 Rechtsextremismus 20 Rechtsextremistisches Weltbild 21 Rechtsextremistische Parteien 21 Fusion von NPD und DVU 22 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 25 "Deutsche Volksunion" (DVU) 27 Aktionsorientierter Rechtsextremismus 27 Neonazis 30 Sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten 31 Bremer Aussteigerprogramm 32 4 Linksextremismus 33 4.1 Ideologie des Linksextremismus 34 4.2 Autonome 36 4.2.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" 38 4.2.2 Aktionsfeld "Antirepression" 7 40 4.2.3 Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" 42 4.2.4 Aktionsfeld "Anti-Atom" 43 4.3 Kommunikation 44 4.4 Linksextremistische Parteien und sonstige Organisationen 46 5 Islamismus und islamistischer Terrorismus 48 5.1 Islamismus 49 5.2 Islamistischer Terrorismus 49 5.2.1 Ideologischer Hintergrund 50 5.2.2 Schauplätze des islamistischen Terrorismus 51 5.2.3 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 51 5.2.4 Internet und andere Medien 52 5.2.5 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 54 5.3 Islamismus in Bremen 54 5.3.1 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e. V." (IKZ) 55 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e. V." (KuF) 57 5.3.3 "Tablighi Jama'at" (TJ) 58 5.3.4 "Hizb Allah" 59 5.3.5 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) 63 6 Ausländerextremismus 65 6.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und Nachfolgeorganisationen 69 6.2 "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) 71 7 "Scientology-Organisation" (SO) 73 8 Unterstützungsaufgaben des LfV 76 Anhang 80 Impressum NTEL TE HE OO L} tz im Lande Bremen e Landesamtes für Verfassungsschu , (LfV) K 'punkte | n rrorismusabwehrzentrum" n W 2 1 Verfassungsschutz im Lande Bremen Vielen Bürgern erscheint es selbstverständlich, in einem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat zu leben, in dem sie vorstaatlicher Willkür geschützt und Menschenund Bürgerrechte durch das Grundgesetz garantiert sind. Gleichwohl hat derfreiheitliche demokratische Rechtsstaat Gegner, die ihn abschaffen wollen. Dererste Versuch einer deutschen Demokratie, die Weimarer Republik, wurde von "Rechts" und "Links" verachtet und bekämpft. Die Erfahrungen mit dem dann folgenden totalitären Regime derNationalsozialisten, das beispiellose Verbrechen beging, haben das heutige Grundgesetz maßgeblich geprägt. Alle Demokraten sind sich darüber einig, den Feindender Freiheit nie wieder eine Chance zu geben, diese abzuschaffen. Der Schutz der Verfassung ist notwendig, um Menschenrechte, Freiheit und Demokratie zu sichern. Deshalb wurden mit dem Grundgesetz eine "streitbare und wehrhafte Demokratie" und ein umfassendes System zum Schutze der Verfassung geschaffen. 1.1 Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Freiheitliche demokratische Den Verfassungsschutzbehörden kommt die Aufgabe zu, Erkenntnisse und Grundordnung Unterlagen über verfassungsfeindliche Bestrebungen und sicherheitsgefährdende Die Wesensmerkmale der freiheitTätigkeiten zu sammeln (Artikel 87 Absatz 1 und Artikel 73 Absatz 1 Nr. 10 b) lichen demokratischen GrundordGrundgesetz); sie sind damit Teil des Instrumentariums der "wehrhaften Demokratie". nung sind: _ = die Achtung vor den im Das Landesamt für Verfassungsschutz Bremen(LfV) hat folgende im Gesetz über Grundgesetz konkretisierten den Verfassungsschutz im Lande Bremen (& 3 BremVerfSchG) normierte Aufgaben: Menschenrechten Die Beobachtung von verfassungsfeindlichen oder extremistischen Bestrebungen, = die Volkssouveränität die = die Gewaltenteilung _= gegendie freiheitliche demokratische Grundordnung oder _ = die Verantwortlichkeit der = gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes Regierung gerichtet sind oder = die Gesetzmäßigkeit der = durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete VorbereitungshandVerwaltung lungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden oder = die Unabhängigkeit der = gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen Gerichte dasfriedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. _ = das Mehrparteienprinzip _ = die Chancengleichheit für alle DasLfV ist auch zuständig für die Spionageabwehr im Bundesland Bremen. politischen Parteien mit dem Daneben führt das LfV im Rahmen seiner Mitwirkungsaufgaben SicherheitsüberRecht auf verfassungsmäßige prüfungen von Personen zum Zweck des Geheimund Sabotageschutzes durch. Bildung und Ausübung einer Opposition Zu den Aufgaben des LfV zählen weiterhin die regelmäßige Unterrichtung von Senat und Bürgerschaft über die Sicherheitslage im Land Bremen und die Information der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Letzteres wird unter anderem durch die Veröffentlichung des jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichtes gewährleistet. Der Bericht beruht auf den Erkenntnissen, die das LfV im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zusammen mit den Verfassungsschutzbehör10 den des Bundes und der Länder gewonnen hat. Der Verfassungsschutzbericht stellt keine abschließende Aufzählung aller verfassungsschutzrelevanten Personenzusammenschlüsse dar, sondern unterrichtet über die wesentlichen, während des Berichtsjahres zu verzeichnenden verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen und deren Bewertung. Reform des LfV Der in den Jahren 2008 und 2009 durchgeführte Reformprozess im LfV führte insgesamt zu einer verbesserten Informationsgewinnung über terroristische und extremistische Bestrebungen im Lande Bremen und zu einer qualitativen und quantitativen Steigerung des Berichtswesens. 1.2 Tätigkeitsschwerpunkte Das Jahr 2010 endete mit einer Warnung des Bundesinnenministers Thomas de Maiziere vor einer erhöhten Terrorgefahr in Deutschland. Hintergrund dafür waren Hinweise auf Anschlagsplanungen. Bereits im Oktober 2010 hatten die amerikanische und die britische Regierung ihre Bevölkerung wegen möglicher terroristischer Anschläge vor Reisen u. a. nach Deutschland gewarnt. Vor dem Hintergrund einer bereits länger andauernden abstrakt hohen Gefährdungslage und der sich im Jahr 2010 verdichtenden Hinweise auf mögliche terroristische Anschläge in Europa und auch in Deutschland richteten das LfV und die Polizei Bremen ihr Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus. Die Beobachtung von Personen oder Personenzusammenschlüssen aus Bremen mit Verbindungen zum islamistischen Terrorismus stand im Jahr 2010 im Mittelpunkt der Arbeit des LfV. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt des LfV war die Beobachtung des Rechtsextremismus; von Bedeutung war hier die zum 1. Januar 2011 vollzogene Fusion von NPD und DVU. Die "neue Rechtspartei" erhofft sich, bei der Bürgerschaftswahl im Mai 2011 vom vermeintlichen Erstarken des rechtsextremistischen Lagers zu profitieren. Höhepunkt des Wahlkampfes wird die für den 1. Mai 2011 angemeldete Demonstration "Sozialkongreß - Nationale Solidarität statt Raubtierkapitalismus!" sein, bei der die komplette NPD-Führungsriege anwesend sein wird. Gerade im Bereich des Rechtsextremismus intensivierte das LfV seine Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit, auch und gerade bei jungen Menschen (siehe Kapitel 2.2). Eine besondere Herausforderung für die bremischen Sicherheitsbehörden waren im Jahr 2010 die Feierlichkeiten zum "Tag der Deutschen Einheit" am 3. Oktober, die weitgehend friedlich verliefen. Die linksextremistische autonome Szene Bremens hatte im Vorfeld massive Proteste gegen die Einheitsfeier angekündigt. 1.3 "Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum" De effektive Bekämpfung desislamstischen Terrorsmus kann eine nachrichtendienstliche Behörde nicht allen bewältigen. Aus desem Grund wurde 2004 das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) geschaffen, an dem das LfV mitwrkt Das GTAZ ist en Zusammenschluss aller Scherheitsbehörden des Bundes und der Länder. Vorrangige Aufgabe des GTAZist es, für einen reibungslosen Austausch von Erkenntnissen unter den Scherheitsbehörden zu sorgen und operative Maßnahmen abzustimmen, um dadurch de Möglichket zur effektiven Gefahrenabwehr zu verbessern Von der erfolgreichen Arbeit des GTAZ und der Unterstützung vieler zum GTAZgehörender Sicherheitsbehörden hat das LfV auch im Jahr 2010 profitiert. Bundesamt für GeneralbundesVerfassungsanwalt schutz n 16 Landesämter Bundeskriminalfür VerfassungsDas bremische VerfassungsEn schutz schutzgesetz (BremVerfSchG) regelt die Aufgaben und Befug16 LandesBundesnachrichnisse sowie die Rechtsstellung kriminalämter tendienst des LfV und seine Zusammenarbeit mit den Verfassungsschutzbehörden der Länder Militärischer und des Bundes. Bundespolizei Abschirmdienst Das Artikel 10-Gesetz (G 10-Gesetz) regelt die BefugBundesamt für nisse der deutschen NachrichMigration und Zollkriminalamt tendienste zu Eingriffen in das Flüchtlinge durch Artikel 10 des Grundgesetzes garantierte Briefgeheimnis, Postgeheimnis und Fernmeldegeheimnis. Das bremische Sicherheits1.4 Gesetzliche Grundlagen überprüfungsgesetz (Brem SUG) regelt die VorausBei der Erfüllung dieser Aufgaben handelt das Landesamt für Verfassungsschutz setzungen und das Verfahren ncht im rechtsfreen Raum Esgelten folgende rechtsstaatliche Grundsätze: zur Sicherheitsüberprüfung von Personen, die mit bestimmten Gesetze VerhältnismäßigkeitsTrennungsgebot sicherheitsempfindlichen grundsatz Tätigkeiten betraut werden (keine Befugnisse keine Exekutivsollen (Sicherheitsüberprüfung) ohnegesetzliche Regebefugnisse oder bereits betraut worden sind lung) (keine Geheimpolizei) (Aktualisierungsbzw. WiederBremVerfSchG, holungsprüfung). Artikel 10-Gesetz Die Gesetze sind im Internet und bremisches unter www.verfassungsschutz. Ausführungsgesetz, bremen.de abrufbar. BremSÜG Jede Tätigkeit des LfV bedarf einer gesetzlchen Grundlage, de die Voraussetzungen für das Ob und das Wie des Handelns genau regelt. Parlamentarische Die Verfassungsschutzbehörden haben kene polzeilchen Befugnisse Fur seine Kontrollkommission gesetzlich festgelegte Aufgabe des Sammelns und Auswertens von Informationen uber verfassungsfeindlche Bestrebungen und scherheitsgefährdende Aktivitäten Die Parlamentarische Kontrollstehen dem LfV neben "offenen" auch geheime Informationsmöglichketen zur kommission (PKK) wird durch Verfügung. Dabei glt jedoch stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel. den Senator für Inneres und Die Möglichketen zur unerkannten Informationsgewinnung darf das LfV daher erst Sport überdie allgemeine in Betracht ziehen, wenn de Informationen von hnreichender Bedeutung snd und Tätigkeit des LfV sowie über ncht durch offen zugänglche Quellen erlangt werden können. Vorgänge von besonderer Bedeutung fortlaufend und umfassend unterrichtet. Die PKKhat das Recht, Einsicht in Akten und andere Unterlagen 1.5 Kontrolle zu nehmen, und hat Zugang zu Einrichtungen desLfV. Die Die Arbet des LfV unterlegt der Kontrolle der Bremischen Bürgerschaft (ParlamenPKKder Bremischen Bürgertarsche Kontrolle) sowie der Rechtsund Fachaufsicht durch den Senator fur Inneres schaft besteht aus drei Mitund Sport. Maßnahmen des LfV snd auch gerichtlch uberprufbar gliedern und drei stellvertretendenMitgliedern, die die Bürgerschaft zu Beginn jeder Parlamentarische Parlamentarische Parlamentarische Wahlperiode ausihrer Mitte Kontrolle Kontrolle Kontrolle wählt. Die Kommission tritt Parlamentarische Parlament G 10-Kommission mindestens alle drei Monate Kontrollkommission zusammen. Ihre Beratungen unterliegen der Geheimhal- A tungspflicht. BUE VerwaltungsGerichtliche Öffentliche G 10-Kommission kontrolle Kontrolle Kontrolle Senator für Inneres VerwaltungsBürger Die G 10-Kom ion entscheiund Sport (Rechtsgerichtlicher (Auskunftsrecht) det überdie Zulässigkeit und und Fachaufsicht) Rechtsschutz Notwendigkeit von BeschränPresse kungsmaßnahmen des Brief-, Landesbeauftragte für Postund FernmeldegeheimDatenschutz und nisses. Die Kontrollbefugnis Informationsfreiheit der Kommission erstreckt sich Bremen auf die gesamte Erhebung, Landesrechnungshof Verarbeitung und Nutzung der nach dem G 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste einschließlich der Entscheidung 1.6 Haushaltsmittel und Personalbestand überdie Mitteilung an Betroffene. Die G 10-Kommission Zur Erfüllung sener Aufgaben gab das LfV im Haushaltsjahr 2010 für Personal der Bremischen Bürgerschaft 1.819.553 Euro (2009 1 733.272 Euro) und fur Sachmittel 718.218 Euro besteht aus drei Mitgliedern (2009 562.827 Euro) aus. Die nvestiven Ausgaben betrugen 2010 57 538 Euro und drei stellvertretenden (2009 84.158 Euro). Mitgliedern, die die PKK zu Beginn jeder Wahlperiode wählt. Das Gesamtausgabevolumen lag im Jahr 2010 be 2.595 309 Euro (2009: Der Vorsitzende muss die 2.380.257 Euro), während das Beschäftigungsvolumen 47,2 Vollzeteinheiten Befahigung zum Richteramt (2009 44) umfasste. besitzen. 21 Dialog mit muslimischen Verbänden 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus rsachsen - hützen deg----. Rechtsextremismus 2 Information und Prävention De Bekämpfung extremistischer Aktivitäten erfolgt n ener Demokrate n enem gesamtgesellschaftlichen Kontext. Aus desem Grundst es ein besonderes Anlegen des LfV, das Wissen des Verfassungsschutzes für de Aufklarung und Menungsbldung in Staat und Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. De Informationsund Präventionsarbeit des LfV bezieht sch insbesondere auf zwei Bereiche: Unter der Überschrift "Sicherheitspartnerschaft" fuhrt das LfV seit 2009 enen Dialog mt muslimschen Verbanden. Darüber hnaus hat das LfV seine Öffentlichketsarbet im Bereich des Rechtsextremismus im Jahr 2010 intensiviert. 2.1 Dialog mit muslimischen Verbänden Den 2009 begonnenen Dialog mit muslimischen Verbänden setzte das LfV im Jahr 2010 fort. Im Rahmen einer "Scherheitspartnerschaft" beabschtigt das LfV, gemensam mt muslimischen Verbänden ein Präventionskonzept zur Bekämpfung von extremistischen undterrorstischen Aktvitäten zu erarbeten Zel st es auch, de Gesellschaft über den Islam aufzuklären und dabe hr oftmals negatives Bld über den Islam zu revidieren. Muslime in Bremen In Deutschland leben derzeit 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime, während es n Bremen ca. 40.000 Muslime sind. Rund 5 % der Muslme in Bremen gehören einer slamstischen Organisation an oder wesen eine entsprechende Enstellung auf. Diese Minderheit, de de Relgon für politische Zwecke missbraucht, ist von der großen Mehrheit derfriedlich lebenden Muslme abzugrenzen Der Großteil der n Bremen lebenden Muslime kommt aus der Turkei oder dem arabischen Raum. Muslme unterscheden sich nicht nur durch hre Herkunft, Sprache und Kultur, sondern auch durchihre religiöse Ausrichtung. In Bremen exstieren daher rund 30 Moscheen, die sch durch hren ethnischen Hintergrund (z. B. arabsch oder türkisch) oder durch hre religiöse Ausrichtung (z. B. sunntsch oder schitisch) unterscheiden. Die organisatorische Bass für die Moscheen blden sogenannte "Moschee-Vereine". De n Bremen tätigen muslmischen Verbände "Türksch-Islamische Union der Anstalt fur Religion" (DITIB), "Verband der slamschen Kulturzentren" (VIKZ) und "Islamsche Föderation Bremen" (IFB) verstehen sch als Interessenvertretungen für religiöse und auch allgemeine Belange der Muslme. Sie nehmen zumeist ehrenamtlich Aufgaben im sozalen Bereich, insbesonderen der Integrations-, Jugendund Bildungsarbet, wahr. 700.000 Land Bremen D 600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000 ü GesamtbeBevö kerung mit Ausländer 0_ Muslime u Islamisten _ völkerung Migrationshintergrund (Quelle: Statstisches Landesamt, LfV) Dialog mit muslimischen Verbänden in Bremen DerDialog zwischen dem LfV und den muslimischen Verbänden begann Ende 2009 mit einer von der Senatskanzlei initiierten Gesprächsrunde. Das LfV führte anschließend separate Gespräche mit den Verbänden DITIB, VIKZ und IFB. Im Vordergrund stand dabei im Jahr 2010 das gegenseitige Kennenlernen. DasLfV stellte den Verbänden seine Aufgaben und die mit der Beobachtung extremistischer und terroristischer Aktivitäten verbundenen Fragenvor. Die Verbände berichteten von ihrer Arbeit für die in Bremen lebenden Muslime. Durch einen offenen Austausch über Themen wie die "Darstellung extremistischer Bestrebungen von Muslimen im Verfassungsschutzbericht", "Innere Sicherheit", "Integration" und das "Islambild" gelang es, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen und damit eine Grundlage für die zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen. Nachdem Bundesinnenminister de Maiziere im November 2010 mit einer Terrorwarnung an die Öffentlichkeit getreten war, in der er die Bevölkerung um Aufmerksamkeit und Wachsamkeit gebeten hatte, fand aufInitiative des LfV und in Zusammenarbeit mit Polizei und Senatskanzlei eine Informationsveranstaltung für alle muslimischen Verbände in Bremenstatt. Einigkeit bestand in der Verurteilung terroristischer Aktivitäten und der Unterstützung der Sicherheitsbehörden in ihrerArbeit. Es sei wichtig, darauf zu achten, dass sich die Thematisierung derterroristischen Bedrohung nicht negativ auf das Verhältnis zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in Bremen auswirke. Bremer Integrationswoche "Labskaus" Das LfV nahm im Jahr 2010 erstmals an derIntegrationswoche "Labskaus"teil, die zum zweiten Mal in Bremen veranstaltet wurde. Alles Unkenntnis? ED Unter dem Titel "Alles Unkenntnis? -- Islamophobie, kulturelle Distanz und gesellund gesellschaftlicher Dialog schaftlicher Dialog" leistete das LfV einen Beitrag zum konstruktiven Dialog zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Die Veranstaltung wurde von Innensenator Mäurer vor ca. 140 Gästen eröffnet. Er betonte, dass das Gespräch zwischen Menschen verschiedener Glaubensrichtungen weiter auszubauen ist und Vorurteile abzubauen sind. Dr. Jürgen Leibold von der Universität Göttingen stellte in seinem Kurzreferat einen Ausschnitt der Langzeituntersuchung "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" vor. Das Forschungsprojekt geht der Frage nach, wie Menschen unterschiedlicher sozialer, religiöser und ethnischer Herkunft sowie verschiedener Lebensstile n unserer Gesellschaft von der Mehrheit wahrgenommen und mit feindseligen Mentalitäten konfrontiert werden. Dabei beleuchtete Dr. Leibold das Phänomen der Islamophobe, ihre Ausbreitung, Ursachen und zeigte Ansätze zum Abbau der Islamophobe auf. An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen Halime Cengz, die seit Jahren ehrenamtlich u a. die Frauen-, Mädchenund Dalogarbet in der Bremer Mevlana Moschee leitet, Lamya Kaddor, eine slamische Religionspädagogin, Buchautorn und Lehrerin für Islamkunde, sowie Erhard Heintze, Mgrationsund Integrationsbeauftragter des Landes Bremenund Mitorgansator der diesjährgen Integrationswoche, teil. DasLfV plant auch im Jahr 2011 eine Veranstaltung, um die Bereicherung durch kulturelle und religiöse Vielfalt hervorzuheben und um die öffentlche Dskussion über extremistische und terrorstische Aktivitaten zu versachlichen. 2.2 Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Rechtsextremismus DasLfV unterstützte als Partner des Bremer Beratungsnetzwerkes "pro aktiv gegen rechts" auch 2010 die umfassende und seit Jahren bestehende Präventionsarbeit der verschiedenen Initiatven, Institutionen und Behörden im Lande Bremen Höhepunkt der Öffentlichkeitsarbeit des LfV war die Präsentation einer Ausstellung gegen Rechtsextremismus Ausstellung "Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus" DasLfV zeigte vom 19. April bs 8. Mai 2010 de Ausstellung "Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus -- Demokrate schützen" im Haus der Wissenschaft in der Bremer Innenstadt. Die in Kooperaton mit dem niedersächsischen Verfassungsschutz präsentierte Wanderausstellung informiert über aktuelle Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und ist seit 2005 bereits an vielen Orten Niedersachsens gezeigt worden. In Bremenstieß die Ausstellung auf reges Interesse, innerhalb der dre Ausstellungswochen kamen rund 800 Besucher. Mitarbeiter des LfV standen den Besuchern während der gesamten Ausstellungszeit für Gespräche und Nachfragen zur Verfügung. Zelgruppe der Ausstellung waren vorallem Schulklassen ab Jahrgangsstufe 8. Etwa 20 Schulklassen nahmen das Angebot des LfV an und ließen sch von dessen Mitarbeitern durch de Ausstellung führen. In diesen Führungen gng es nsbesondere um de aktuellen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus in Bremen. De Ausstellung gbt einen Überblick über die Entwicklung von rechtsextremistischen Parteien, Neonazs und rechtsextremistischen Skinheads sowe rechtsextremistische Symbolik. Ihren besonderen Schwerpunktlegt sie auf Musik, da Rechtsextremisten gerade über Musk versuchen, Jugendlichen ihr Gedankengut näher zu bringen und se damit für sich zu gewinnen. In zwei Musikboxen können die Besucher ene Vielzahl von rechtsextremistischen Liedern verschiedener Stilrchtungen, vor allem Rechtsrock und Schlagermusik, hören und gleichzeitig auf einem Bildschirm die zum Teil stark rassistischen und menschenverachtenden Textinhalte lesen. Eröffnet wurde die Ausstellung am 19. April 2010 mit zahlreichen Gästen durch den Innensenator Mäurer eröffnet Senator für Inneres und Sport, Ulrich Mäurer, und den Amtsleiter des LfV. In seiner Ausstellung "Verfassungsschutz Eröffnungsrede erklärte Innensenator Mäurer, dass "Bremen[...] keineswegs eine gegen Rechtsextremismus" rechtsextremsmusfreie Zone" sei, wennglech die Mitgliederzahlen der rechtsextremistischen Parteien n den letzten Jahren kontinuierlich gesunken seien. Nach wie vorstelle der Rechtsextremismus eine politische Bedrohung für das demokratische Zusammenleben dar. LfV veranstaltet große Podiumsdiskussion Im Rahmen der Ausstellung gab es am 22. April 2010 eine Podiumsdiskussion im Haus der Wissenschaft. "Wohin führt der Weg der Rechten?" war der Titel und zugleich die Fragestellung der gut besuchten Veranstaltung. Vor rund 100 Besuchern diskutierten Vertreter aus Praxis und Wissenschaft über aktuelle Entwicklungen im Rechtsextremismus, dazu gehörten Prof. Pfahl-Traughber von der Fachhochschule 17 des Bundes für öffentliche Verwaltung, Prof. Stöss von der Freien Universität Berlin, NDR-Info-Journalist Schölermann, der Bremer Polizeipräsident Münch und der Amtsleiter des LfV von Wachter. Moderiert wurde die Diskussion von dem Mitarbeiter der Bremer Beratungsstelle "pro aktiv gegen rechts" Peltz-Förster. Thema "Wohin führt der Weg der der Diskussion war unter anderem der Wandel der rechtsextremistischen Szene in Rechten?" war das Thema der den letzten Jahren. Podiumsdiskussion Vorträge zum Thema Rechtsextremismus Zur Öffentlichkeitsarbeit des LfV gehört seit 2009 das Angebot, Vorträge zum Thema Rechtsextremismus zu halten. Das Angebot richtet sich insbesondere an Schulen sowie Vereine und sonstige Einrichtungen. In den Vorträgen geht es um aktuelle Entwicklungen und neue Erscheinungsformen im Rechtsextremismus sowie den Rechtsextremismus im Lande Bremen. Gemeinsame Internetseite der norddeutschen Verfassungsschutzbehörden Einen Überblick über die Situation des Rechtsextremismus in Norddeutschland gibt die Internetseite www.verfassungsschutzgegenrechtsextremismus.de. Die norddeutschen Verfassungsschutzbehörden informieren dort über aktuelle Entwicklungen und Ereignisse im Themenfeld Rechtsextremismus. 18 3 Rechtsextremismus 31 Rechtsextremistisches Weltbild 3.2 Rechtsextremistische Parteien 3.2.1 Fusion von NPD und DVU - .22 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) " 3.2.3 "Deutsche Volksunion" (DVU) 33 Aktionsorientierter Rechtsextremismus 4 3.3.1 Neonazis - - 332 Sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten 3.4 Bremer Aussteigerprogramm 3 Rechtsextremismus Die im Vergleich zu anderen Bundesländern kleine rechtsextremistische Szene Bremens weist alle Facetten und Organisationsformen des Rechtsextremismus auf. Es gibt Parteien, eine neonazistische Kameradschaft, rechtsextremistische Skinheads und Skinhead-Bands sowie rechtsextremistisch beeinflusste Hooligans. Dasrechtsextremistische Parteienspektrum befand sich 2010 im Umbruch. Während noch Mitte 2009 das Wahlbündnis von NPD und DVUzerbrochen war, kam es bereits im Verlaufe des Jahres 2010 zu einer Wiederannäherung, die ihren Abschluss in der Fusion der beiden rechtsextremistischen Parteien findet. Als neue "starke Rechtspartei" wollen NPD und DVU gemeinsam die 2011 anstehenden Landtagswahlen bestreiten. In Westdeutschland legt die fusionierte Partei ihren Schwerpunkt auf das Land Bremen, wosie sich im Mai 2011 Chancen auf einen Einzug in die Bremische Bürgerschaft ausrechnet. Mitgliederentwicklung im Rechtsextremismus in Bremen 180 160 140 120 100 NeonazisSubkult rel 2007 2008 2009 2010 3.1 Rechtsextremistisches Weltbild Rechtsextremismus ist keine in sich geschlossene Ideologie, sondern eine Weltanschauung, die sich insbesondere gegen die fundamentale Gleichheit aller Menschen richtet (Ideologie der Ungleichheit). Trotz der leidvollen Erfahrungen Deutschlands 20 während der NS-Zeit ist der Rechtsextremismus durch Einstellungen geprägt, die geschichtliche Tatsachen leugnen und großenteils beitragen zur Verharmlosung, Rechtfertigung oder gar Verherrlichung nationalsozialistischer Verbrechen einschließlich des Holocausts. Auch heute noch werden in einem Teil der rechtsextremistischen Szene, besonders in der neonazistischen Szene, Symbolik und Tradition des Nationalsozialismus aufgegriffen und Gedenktage von NS-Tätern zum Anlass für Veranstaltungen genommen. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Elemente: Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus. Fremdenfeindlichkeit umschreibt eine ablehnende Haltung gegenüber allem, was als fremd und deshalb bedrohlich oder minderwertig empfunden wird. Abgelehnt werden vor allem Ausländer, Obdachlose, Behinderte und Homosexuelle. Als Formen der Fremdenfeindlichkeit gelten Antisemitismus, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Während Antisemitismus speziell die Feindseligkeit gegenüber Juden und Ausländerfeindlichkeit die Feindseligkeit gegenüber Ausländern bezeichnet, bezieht sich Rassismus ausschließlich auf äußere Merkmale. Beim Rassismus wird aus genetischen Merkmalen der Menschen eine naturgegebene Rangordnung abgeleitet und zwischen "wertvollen" und "minderwertigen" Rassen unterschieden. Rassismus prägt auch das zweite zentrale Element rechtsextremistischer Weltanschauung, den Nationalismus. Unter Nationalismus ist ein übersteigertes Bewusstsein vom Wert und der Bedeutung der eigenen Nation zu verstehen. Rechtsextremisten sind der Überzeugung, dass die Zugehörigkeit zu einer Nation, Ethnie oder Rasse über den Wert eines Menschen entscheidet. Die eigene Nation wird dabei als höherwertig gegenüber anderen bewertet. Sie wird als ein so wichtiges, absolutes Gut angesehen, dass ihr sowohl Interessen und Werte anderer Nationalitäten als auch die (Bürgerund Menschen-)Rechte jedes Einzelnen unterzuordnen sind. Zentrale Merkmale des Das Ziel von Rechtsextremisten besteht darin, unsere pluralistische GesellschaftsRechtsextremismus ordnung durch die einer "Volksgemeinschaft" zu ersetzen, in der der totalitäre Staat 1. Ablehnung der universellen und das ethnisch homogene Volk miteinander verschmelzen. Der demokratisch Gleichheit aller Menschen verfasste Rechtsstaat soll einem nach dem Führerprinzip ausgerichteten totalitären 2. Verachtung des demokraStaat weichen, der von einer Einheitspartei beherrscht wird. tischen Verfassungsstaates; Bevorzugung autoritärer und Diese antidemokratischen Vorstellungen stehen im Widerspruch zur Werteordnung totalitärer Staatsmodelle des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Fremden3. Aggressiver Nationalismus feindlichkeit als Grundelement rechtsextremistischen Denkens ist weder mit dem (Konzept der "VolksgemeinPrinzip der Menschenwürde noch mit dem Prinzip der Gleichheit aller Menschen schaft") und Fremdenfeindlichvereinbar. Das autoritäre Staatsverständnis und antipluralistische Gesellschaftsverkeit ständnis widersprechen wesentlichen Demokratieprinzipien, wie der Gewaltenteilung, 4. Verharmlosung, Relativierung der Volkssouveränität oder dem Recht zur Bildung und Ausübung einer Opposition. oder Leugnung der unter Der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch Beobachtung des nationalsozialistischer HerrRechtsextremismus in seinen unterschiedlichen Facetten und Organisationsformen schaft begangenen Verist die zentrale Aufgabe des LfV gemäß SS 3 des Bremischen Verfassungsschutzgebrechen (Revisionismus) setzes. 3.2 Rechtsextremistische Parteien Im parlamentarischen Rechtsextremismus standen die Zeichen im Jahr 2010 auf Annäherung und Vereinigung. Die beiden großen rechtsextremistischen Parteien NPD und DVU waren damit beschäftigt, ihren Zusammenschluss zu einer "starken Rechtspartei" zum 1. Januar 2011 vorzubereiten. 21 3.2.1 Fusion von NPD und DVU Eine Fusion der rechtsextremistischen Parteien erschien noch vor einem Jahr wenig wahrscheinlich, vielmehr prägten Uneinigkeit und Konkurrenz das Jahr 2009 im rechtsextremistischen Parteienspektrum. Mitte 2009 hatte die NPD den seit vier Jahren bestehenden sogenannten "Deutschlandpakt" mit der DVU vorzeitig aufgelöst. Dieses Wahlbündnis sah vor, bei Europa-, Bundestagsund Landtagswahlen nicht gegeneinander zu kandidieren, um eine Aufsplitterung des "rechten" Wählerpotenzials zu vermeiden. Die NPD begründete die Aufkündigung des Paktes mit dem schlechten Abschneiden der DVU bei der Europawahl 2009 und hoffte, ohne die DVU bessere Wahlergebnisse zu erzielen. Bei den danach folgenden Wahlen in der zweiten Jahreshälfte 2009 gelang dies jedoch kaum. Die NPD konnte sich dennoch als dominante Kraft im rechtsextremistischen Parteienlager durchsetzen. Fusionsprozess: NPD-Bundesvorsitzender Voigt und DVU2010 - Annäherung im rechtsextremistischen Parteienlager Bundesvorsitzender Faust beim Seit Anfang 2010 war eine maßgeblich von den Parteivorsitzenden betriebene NPD-Bundesparteitag im Annäherung von NPD und DVU festzustellen, die in Gesprächen über eine ZusamNovember 2010 menführung der Parteien mündete. Bereits im Juni 2010 gaben der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt und der DVU-Bundesvorsitzende Matthias Faust ihr Vorhaben öffentlich bekannt: "Wir brauchen keine Neuauflage von Wahlabsprachen, wie es der Deutschlandpakt vorgesehen hat, wir brauchen eine Verschmelzung von NPD und DVU zu einer neuen, einer großen nationalen und sozialen Heimatpartei! [...] Der Deutschlandpakt war nur ein Vertrag zweier Parteien und für viel zu lange Zeit ausgelegt. Die nationalen Wähler wollen keine Wahlabsprachen oder Bündnisse, sondern endlich die starke 'Rechtspartei' in Deutschland!" (Rechenschaftsbericht der NPD und Bericht zur politischen Lage, 04.06.2010) Mit Blick auf die Landtagswahlen 2011 setzte Voigt dem Vorhaben einen engen Zeitrahmen. So wurde die Fusion zum 1. Januar 2011 faktisch vollzogen, gleichwohl existieren noch Rechtsstreitigkeiten, da die Auseinandersetzung innerhalb der DVU über den Zusammenschluss mit der NPD in einem Rechtsstreit ausgetragen wurde. Zeitweilig war z. B. unklar, ob Faust noch Bundesvorsitzender war und über ein Mandat für die Fusionsverhandlungen verfügte (siehe Kapitel 3.2.3). Die Fusion von NPD und DVU stellte weniger eine Verschmelzung als eine Übernahme dar, wenngleich im Fusionsvertrag von einer Parteienzusammenführung "auf gleichberechtigter Basis" die Rede war. Notwendige Voraussetzung für die Fusion war die Auflösung der DVU. Ihre Mitglieder sind somit nicht automatisch Mitglied in der neu gegründeten Partei, sondern müssen ihr beitreten. Das einzige Zugeständnis der NPD an die DVU bestand in der Ergänzung ihres Namens um den Zusatz "Die Volksunion", so heißt die neue Partei "NPD - Die Volksunion" (im Folgenden weiter: NPD). Bei der Besetzung von Führungspositionen in den Landesund Kreisverbänden der neuen Partei sollen die Mitglieder beider Parteien berücksichtigt werden. Auf Bundesebene wurden noch vor vollzogener Parteizusammenführung DVU-Führungsfunktionäre in den NPD-Bundesvorstand aufgenommen. Der außerordentliche Bundesparteitag der NPD im November 2010 wählte den DVU-Bundesvorsitzenden Matthias Faust zum stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden, zusätzlich wurden der stellvertretende DVU-Vorsitzende Ingmar Knop sowie das DVU-Präsidiumsmitglied Heiner Höving Beisitzer im NPD-Bundesvorstand. Hindernisse prägen Fusionsprozess Dem ehrgeizigen Ziel des NPD-Bundesvorsitzenden, den Fusionsprozess innerhalb eines halben Jahres abzuschließen, standen anfangs vielfältige Probleme entgegen. Das als Hauptschwierigkeit einer Fusion angesehene Schuldenproblem der DVU wurde überraschend behoben, indem der frühere DVU-Parteivorsitzende Gerhard 22 Frey gegenüber seiner Partei auf Forderungen von etwa einer Million Euro verzichtete. Bei einer zuvor abgehaltenen Mitgliederbefragung hatte die NPD die Zustimmung an die Bedingung geknüpft, dass der Partei daraus keine neuen Schulden erwachsen. Bremer NPD macht "fusionswilligen" DVU-Mitgliedern spezielles Angebot Um den langwierigen Fusionsprozess zu beschleunigen und zeitnah zur "Einheit der Nationalen" zu gelangen, bot der Bremer NPD-Landesverband im Juni 2010 "allen fusionswilligen DVU-Mitgliedern eine NPD-Mitgliedschaft auf dem kurzen Dienstwege' an. Anruf genügt!" (Internetseite der NPD Bremen, 15.06.2010; Fehler im Original) 3.2.2 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Mitglieder: ca. 6.600 in Deutschland ca. 40 in Bremen Die zügige Fusion mit der DVU war das zentrale organisatorische Ziel der NPD im Jahr 2010, dementsprechend intensiv bereitete sie diesen Schritt vor. In programmatischer Hinsicht festigte die Partei mit ihrem neuen Parteiprogramm ihren neonazistischen Kurs. NPD ist bundesweit die stärkste rechtsextremistische Partei Die NPD ist im Jahr 2010 trotz Mitgliederrückgangs die stärkste rechtsextremistische Partei in Deutschland. Seit 2008 sank die Mitgliederzahl der NPD leicht. 2010 verfügte die Partei bundesweit noch ungefähr über 6.600 Mitglieder. In Bremen ist eine ähnliche Entwicklung erkennbar. Innerhalb der letzten beiden Jahre verlor der NPD-Landesverband weitere Mitglieder und zählte 2010 noch etwa 40 Personen. Dem amtierenden Bundesvorsitzenden Udo Voigt war es nach seinem Amtsantritt 1996 gelungen, das Image der "Altherrenpartei" abzustreifen und durch die Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) vor allem junge Mitglieder zu gewinnen. Innerhalb von 10 Jahren verdoppelte sich die Mitgliederzahl, so dass die NPD zur stärksten rechtsextremistischen Partei in Deutschland wurde und die DVU hinter sich ließ. In Bremen war die DVU zwar noch die mitgliederstärkere der beiden rechtsextremistischen Parteien. Jedoch deutete sich aufgrund ihres desolaten Zustands und der erodierenden Mitgliederzahlen der DVU in Bremen und Bremerhaven auch hier eine ähnliche Entwicklung wie auf Bundesebene an. Entscheidender als die Mitgliederstärke einer Partei sind allerdings die von ihr ausgehenden Aktivitäten. Im Vergleich zur DVU war die NPD sowohl auf Bundesals auch auf Landesebene die aktivere Partei. In ihrer monatlich erscheinenden Parteizeitung "Deutsche Stimme" (DS) verbreitet die NPD ihre rechtsextremistische Weltanschauung. Die Finanzlage der NPD war wie in den Vorjahren angespannt, ihre Handlungsfähigkeit war dadurch jedoch nicht beschränkt. Nach zwei großen Finanzaffären in den letzten Jahren versuchte die NPD, ihre Finanzen zu konsolidieren und ihr Finanzwesen zu professionalisieren. Weiterhin belastend wirkte sich aus, dass 2010 noch Sanktionszahlungen an die Bundestagsverwaltung für fehlerhafte Rechenschaftsberichte zwischen 2002 und 2007 ausstanden. Die Partei profitiert durch die Teilnahme an Wahlen jedoch erheblich von der gesetzlichen Parteienfinanzierung. Mittel23 bar kommt der Partei außerdem die staatliche Unterstützung der Fraktionen in den Landtagen von Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zugute. Fusion untermauert Führungsanspruch der NPD Mit der Fusion bezweckte die NPD vor allem, die DVU als Konkurrentin bei Wahlen auszuschalten. Eine Stärkung der Parteistrukturen versprach sich die NPD indessen weniger, da die DVU weder über funktionierende Organisationsstrukturen noch über größere finanzielle Mittel verfügte. Abzuwarten bleibt auch, welches Mitgliederpotenzial die neu konstituierte Partei umfassen wird. Sicher ist, dass nicht alle DVU-Mitglieder der neuen Partei beitreten werden (siehe Kapitel 3.2.3). Dass die Initiative zur Fusionierung dennoch von der NPD ausging, hängt entscheidend mit der von ihr beanspruchten Führungsrolle im rechtsextremistischen Spektrum zusammen. Diesen Anspruch formulierte sie bereits 2004 mit der "Volksfront von rechts". Das Konzept beschreibt den Versuch der NPD, alle "nationalen Kräfte" unter ihrer Führung zu bündeln. Mit der Parteienfusion unter Regie der NPD verstärkt die NPD insgesamt ihre strategische Position in der rechtsextremistischen Szene. So war es der NPD auch auf außerparlamentarischer Ebene in den letzten Jahren gelungen, sich als zentrale Organisation im rechtsextremistischen Lager zu positionieren. Sie konnte vor allem Angehörige der Neonaziund der Skinhead-Szene für eine Zusammenarbeit gewinnen. Neues Parteiprogramm "Arbeit. Familie. Vaterland." Im Mittelpunkt des außerordentlichen Bundesparteitages der NPD am 4./5. Juni 2010 in Bamberg stand neben der Verkündung der Verschmelzungsabsicht die Verabschiedung eines neuen Parteiprogramms, mit dem die Partei im Hinblick auf die Landtagswahlen 2011 ihr Profil schärfen will. Das neue Parteiprogramm "Arbeit. Familie. Vaterland." knüpft an die völkischnationalistische Ausrichtung des Parteiprogramms von 1996 an. Den verschiedenen Themenbereichen und politischen Sachfragen liegt durchgängig das Konzept der "Volksgemeinschaft" zugrunde und damit ein antiindividualistisches Menschenbild. Aktuelle gesellschaftspolitische Probleme werden zugespitzter als noch 1996 formuliert. Das Thema Zuwanderung wird z. B. unter der Überschrift "Integration ist Völkermord" behandelt. Im anschließenden Kapitel wird die Rückführung der NPD-Parteiprogramm in Deutschland lebenden Ausländer gefordert, um die "deutsche Volkssubstanz" zu erhalten, und es wird ausdrücklich vor der "Gefahr der Islamisierung" gewarnt. Integration wird in diesem Zusammenhang als "menschenund völkerverachtende Politik" bezeichnet. Neben den üblichen NPD-Themen wie Zuwanderung und Integration liegt der thematische Schwerpunkt des neuen Parteiprogramms auf Wirtschaftsund Sozialpolitik. Dies ist Ausdruck einer innerparteilichen Diskussion um die Außendarstellung der NPD, bei der ein Teil der Partei bemüht ist, die Ausrichtung der Partei durch solche Themen und Thesen zu verdecken, deren rechtsextremistischer Hintergrund auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist. Die völkisch-nationalistische Gesinnung der NPD kommt aber letztlich auch hier zum Ausdruck: "Die sozialen Forderungen der NPD unterscheiden sich von denen anderer Parteien durch ihre strikte volksgemeinschaftliche Bindung, das heißt, soziale Leistungen darf es nur für deutsche Volksangehörige geben", erklärte der sächsische NPD-Landesvorsitzende Holger Apfel in diesem Zusammenhang (Internetseite der NPD Sachsen, 07.06.2010). Der"Dreiklang nationaldemokratischen Wollens -- nationale Identität, nationale Souveränität und nationale Solidarität" ziehe sich wie ein roter Faden durch das neue Parteiprogramm undpositioniere die NPD als "sozialrevolutionäre Kraft", betonte Apfel weiter, dessen sächsischer Landesverband die Formulierungen und Positionen im neuen Programm entscheidend beeinflusst hat. Die grundlegende Richtung der Außendarstellung der Partei hatte vor dem Parteitag eine Strategiekommission im Januar 2010 festgelegt. Während die Befürworter des "sächsischen Weges" um den sächsischen Parteiund Fraktionschef Apfel ein gemäßigtes Auftreten im Wettbewerb um die Wählergunst für geeignet hielten, erachteten die Befürworter des "deutschen Weges" um den NPD-Parteichef Voigt ein "authentisches", d. h. offen neonazistisches Auftreten für sinnvoller. Die Ergebnisse der Strategiekommission spiegelten deutlich den Ansatz wider, sympathisierende Wähler nicht durch die Überbetonung von neonazistischen Standpunkten zu vergraulen, und stärkten damit die Befürworter des "sächsischen Weges". Mit dieser neuen, leicht veränderten strategischen Ausrichtung weicht die Partei aber keineswegsvon ihrer neonazistischen Zielrichtung ab. Nach wie vor setzt sich der NPDBundesvorstand mehrheitlich aus Neonazis zusammen und bundesweit besteht eine strategische, teilweise enge Zusammenarbeit von NPD und Neonazis. Politische Themenschwerpunkte Themenschwerpunkte der Partei waren 2010 nebender Sozialund Wirtschaftspolitik vorallem die "Islamisierung" und die Integrationspolitik. In gesellschaftspolitischen Diskussionen ist die NPD stets auf der Suche nach Anknüpfungspunkten, um ihr eigenes rassistisches und fremdenfeindliches Weltbild zu propagieren. Ein solcher Anknüpfungspunkt bot sich der NPD im Herbst 2010, als eine heftige Diskussion um das vom ehemaligen Bundesbankvorstandsmitglied Thilo Sarrazin veröffentlichte Buch "Deutschland schafft sich ab" entbrannte. Die NPD nahm für sich in Anspruch, die in dem Buch dargelegten Thesen schonseit Jahren zu vertreten. Durch die VereinnahmungSarrazins erhoffte sie sich insbesondere, von einerbreiteren Öffentlichkeit als wählbare Alternative wahrgenommen zu werden. Ein NPD-Landtagsabgeordneter erklärte zur Buchveröffentlichung, dass der Autor mit seiner Kernaussage zur Überfremdung eine "lupenreine NPD-Position" vertrete. Der NPD-Bundesvorsitzende Voigt bot Sarrazin an, als "Ausländerrückführungs-Beauftragter" für die NPD zu arbeiten. Seine Aussagen würden die NPD "salonfähiger" machen und es in Zukunft erschweren, NPD-Funktionäre wegen Volksverhetzung zu verurteilen. Bremer NPD benennt Wahlkampfthema für Bürgerschaftswahl Auch der Bremer NPD-Landesverband nutzte die Debatte um Sarrazins Thesen, um seine Ansichten zu den Themen Integration und Islamisierung kundzutun. In einem im Internet veröffentlichten Artikel wird die bisherige Integrationspolitik als "MultiKulti-Gelaber der Etablierten" dargestellt und Sarrazin "Mut zur politischen Unkorrektheit" bescheinigt. Ihm wird attestiert: "Der Mann hatrecht!" (Internetseite der NPD Bremen, 09.09.2010) Der geplante Bau einer Moschee in Bremerhaven wird unter dem Stichpunkt "Nein zur Bremerhavener Großmoschee" thematisiert und zum Wahlkampfthema 2011 erklärt. In einem auch im Internet veröffentlichten Flugblatt heißt es, "nun soll mit der geplanten Fatih-Moschee in der Georg-Seebeck-Straße noch eine Großmoschee mit 20 Meter hohem Minarett als in Stein gehauenes Machtsymbol eines aggressiven Islam hinzukommen." Der Bauherr stehe der "Milli Görüs" nahe, die sich die "Islamisierung Europas durch muslimische Zuwanderer aufs Panier" geschrieben habe. Weiterhin versucht die NPD, sich als Wahlalternative zu präsentieren: "Wer die Bremerhavener Großmoschee mit Minarett und Muezzinruf will, wählt die Altparteien. Wer sie nicht will, der wählt mit der NPD die einzige politische Kraft in Bremen und Bremerhaven, die sich dem multikulturellen Wahnder Altparteien in den Weg stellt und die Moscheebau-Pläne ablehnt." (Internetseite der NPD Bremen, 12.09.2010) Ausblick auf Bremer Bürgerschaftswahl 2011 Die NPD rechnet sich in Bremen Chancen auf einen Einzug in den Landtag aus. "Unser Ziel ist der Einzug in die Bürgerschaft", erklärte NPD-Bundesvorstandsmitglied, Bundesorganisationsleiter und derzeitiger Bremer Landeswahlkampfleiter Jens Pühse im Dezember 2010. Zuletzt war die NPD bei der Bürgerschaftswahl 1999 angetreten. Bei den Bürgerschaftswahlen 2003 und 2007 hatte die NPD ent25 sprechend den Absprachen im "Deutschlandpakt" der DVU die Kandidatur überlassen. Bei der Bundestagswahl 2009 hatte sich gezeigt, dass die Bremer NPD weder organisatorisch noch personell oder finanziell in der Lage ist, eigenständig einen erfolgreichen Wahlkampf zu organisieren. Das spiegelte auch ihr Wahlergebnis von 1,1 % der Stimmen wider. Im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 verlor die NPD in Bremen 0,4 % der Stimmen. In den letzten beiden Jahren bereitete es den beiden Kreisverbänden Bremen-Stadt und Bremerhaven erhebliche Schwierigkeiten, frei gewordene Führungspositionen zu besetzen. Erst recht fehlte es dem Landesverband an charismatischem Führungspersonal. Darüber hinaus hat die Partei seit 2008 einen Mitgliederrückgang zu verzeichnen. Mit der Auflösung der "NPD-Jugendgruppe im Kreisverband Bremen" stellte die Partei 2008 faktisch auch ihre Jugendarbeit ein. Vom Bremer NPD-Landesverband gingen auch 2010 kaum öffentlichkeitswirksame Aktivitäten aus. Lediglich einzelne Mitglieder nahmen an größeren Demonstrationen im Bundesgebiet teil. Angesichts der Bedeutung, die der NPD-Bundesvorstand der Bürgerschaftswahl in Bremen zumisst, und der gleichzeitigen organisatorisch-intellektuellen Schwäche des Bremer Landesverbandes, übernimmt der Bundesverband selbst die Organisation des Wahlkampfes in Bremen. Als Spitzenkandidaten sind der ehemalige DVUBundesvorsitzende und jetzige stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende Faust sowie der NPD-Landeswahlkampfleiter Pühse vorgesehen. Mit einer offensiven und provozierenden Strategie bemüht sich die NPD seit Ende 2010, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Zum Beispiel lud NPD-Landeswahlkampfleiter Pühse die Bremer DGB-Vorsitzende als Rednerin zur Demonstration der neuen "Rechtspartei" am 1. Mai 2011 ein. Die 1. Mai-Demonstration der NPD wird den Höhepunkt des Wahlkampfes darstellen. Im Rahmen der Eröffnung des neuen NPD-Parteibüros in Bremerhaven Anfang Januar 2011 kündigte Pühse an, "Hartz IV"-Beratungen und Hausaufgabenhilfe anzubieten. Durch gezielte Werbung wolle die neue "Rechtspartei" vor allem "Jungwähler" für sich gewinnen. 3.2.3 "Deutsche Volksunion" (DVU) Mitglieder: ca. 3.000 in Deutschland ca. 60 in Bremen Die DVU befand sich bereits vor dem Fusionsprozess in einem desolaten Zustand und fortgeschrittenen Erosionsprozess. Seit Jahren hatte die Partei einen kontinuierlichen Mitgliederrückgang zu verzeichnen. 2007 büßte die DVU bereits ihre Position als stärkste rechtsextremistische Partei in Deutschland ein. Dieser Mitgliederschwund setzte sich auch 2010 fort; innerhalb von zwei Jahren hat sich damit die Mitgliederzahl um die Hälfte verringert. Bundesweit bestand die DVU 2010 aus etwa 3.000 Mitgliedern, während die Partei 2008 noch rund 6.000 Mitglieder zählte. Die stark rückläufige Mitgliederzahl spiegelte sich auch auf Landesebene wider. 2010 zählte der Landesverband etwa 60 Mitglieder, während er 2009 noch aus rund 70 Personen bestand und ihm 2008 noch etwa 85 Mitglieder zuzurechnen waren. DVU ist im Jahr 2010 nahezu handlungsunfähig Bereits mit der Wahl von Matthias Faust zum DVU-Bundesvorsitzenden im Januar 2009 beschleunigte sich der Abwärtstrend der Partei. Nach mehr als zwei Jahrzehnten war der DVU-Gründer Dr. Gerhard Frey vom Bundesvorsitz zurückgetreten und hinterließ seinem Nachfolger eine Partei, die keinen innerparteilichen Pluralismus 26 kannte und über keine funktionierenden Parteistrukturen bzw. eine aktive, selbstständig agierende Parteibasis verfügte. Die Parteifunktionäre hatten jahrzehntelang in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum früheren Parteichef gestanden. Die Wahlerfolge der DVU in den vergangenen Jahrzehnten gingen entscheidend auf die von ihm finanzierten Wahlkämpfe zurück. Mit dem Rückzug Freys verlor die Partei ihren wichtigsten Geldgeber und ihre Handlungsfähigkeit. 2010 war die DVU nahezu inaktiv. Dem neuen Bundesvorsitzenden Faust gelang es weder, der Partei eine neue Ausrichtung noch neue Strukturen zu geben; vielmehr hatte Faust nach dem für die DVU katastrophalen Wahljahr und nach politischen Fehleinschätzungen seine Autorität eingebüßt. Fusion spaltet DVU Die Parteifusion war innerhalb der DVU umstritten. Der DVU-Bundesvorsitzende Faust schien aus eigenem Interesse zur Sicherung seiner politischen Existenz den Fusionsprozess voranzutreiben. Bei den auffällig schnellen Fusionsgesprächen zwischen den Parteichefs fühlten sich einige Mitglieder des DVU-Bundesvorstandes anfangs von ihrem Bundesvorsitzenden übergangen und warfen ihm eigenmächtiges Handeln vor. Die Fusionsgegner - zu ihnen gehörten die DVU-Landesvorsitzenden aus Berlin, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen - lehnten die Parteienzusammenlegung aus ideologisch-programmatischen oder persönlichen Gründen ab. Die neonazistische Ausrichtung der NPD wirkt z. B. auf DVU-Mitglieder mit einer eher gemäßigten, rechtspopulistischen Einstellung abschreckend. In der zweiten Jahreshälfte mündete der innerparteiliche Konflikt um die Parteizusammenführung in einen Rechtsstreit der DVU gegen ihren Bundesvorsitzenden. Dem DVU-Bundesvorsitzenden wurde von mehreren DVU-Funktionären die Legitimation für die Fusionsverhandlungen abgesprochen und ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn initiiert. Die Fusionsgegner versuchten unter Anrufung des DVU-Schiedsgerichts, Faust wegen eines Verstoßes gegen die DVU-Satzung von seinem Amt als Bundesvorsitzenden zu entheben und ihm die Mitgliedschaft zu entziehen. Der Rechtsstreit wurde im Oktober 2010 durch ein Urteil des Landgerichts München beendet, das Faust in seinem Amt als DVU-Bundesvorsitzenden bestätigte. Rücktritt des Bremer DVU-Chefs Gleich zu Beginn des Fusionsprozesses im Juni 2010 waren mehrere einflussreiche DVU-Funktionäre von ihren Ämtern zurückgetreten. Neben dem hessischen DVULandesvorsitzenden, der brandenburgischen DVU-Landesvorsitzenden sowie ihren beiden Stellvertretern legte auch der stellvertretende DVU-Bundesvorsitzende und Bremer DVU-Landesvorsitzende Hans-Otto Weidenbach seine Ämter nieder. Weidenbach führte allerdings persönliche Gründe an. Heute verfasst der ehemalige DVU-Landesvorsitzende lediglich noch Artikel für die "National-Zeitung", die vom früheren DVU-Bundesvorsitzenden Frey herausgegeben wird und bis 2009 als "Sprachrohr" der DVU galt. Landesvorsitzender der 2010 nahezu inaktiven Bremer DVU war von Mitte August bis Dezember 2010 der Bremerhavener DVU-Kreisvorsitzende und Fusionsgegner Rudolf Bargmann. Die DVU trat 2010 vereinzelt mit Informationsständen an die Öffentlichkeit. Der größere Teil des Bremer DVU-Landesverbandes unterstützte das Fusionsvorhaben von Beginn an. Finanzlage der DVU Während die Finanzlage der DVU Anfang 2010 noch miserabel war, verbesserte sie sich zum Ende des Jahres. Mit dem Rückzug des früheren DVU-Chefs Frey war der DVU im vergangenen Jahr ihr einflussreichster Geldgeber abhanden gekommen. Zuvor hatte Frey die DVU durch seine Spenden maßgeblich finanziert, zum Teil auch in Form von Darlehensgewährungen. Aus diesen Darlehen schuldete ihm die Partei 27 noch rund eine Million Euro. Diese Schulden stellten im Fusionsprozess zunächst ein entscheidendes Hindernis dar. Durch seinen kurzerhand erklärten Verzicht auf die Schuldenrückzahlung ebnete der frühere DVU-Chef im Herbst 2010 den Weg für eine Fusion. Nunmehr bringt die DVU keine Schulden in die fusionierte Partei ein, wie anfangs von der NPD befürchtet. Zudem hatte die DVU 2010 auch weitere Geldeinnahmen, so z. B. 450.000 Euro aus einer Erbschaft. Politische Themenschwerpunkte Die DVU griff ähnlich wie die NPD typisch rechtsextremistische Themenfelder wie Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und Revisionismus auf. In der tagespolitischen Debatte ging die DVU im Jahr 2010 populistisch auf soziale Themen wie Armut, Arbeitslosigkeit oder Kindesmissbrauch ein. In der Vergangenheit hatte sich die DVU vor allem damit profiliert, auf vorhandene fremdenfeindliche Stimmungen in der Bevölkerung einzugehen und diese für ihre Zwecke propagandistisch zu nutzen. In der 2010 geführten Debatte um die Thesen des ehemaligen Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin tat sich die DVU jedoch weniger stark hervor als die NPD und erklärte lediglich: "Mittlerweile scheinen sich immer mehr linke Politiker die Ansichten und Forderungen der DVU zum Thema Ausländerpolitik, z. B. 'Kriminelle Ausländer raus!', zu Eigen zu machen." (Internetseite "Gesamtrechts", 25.08.2010; Fehler im Original) 3.3 Aktionsorientierter Rechtsextremismus Zum aktionsorientierten, teilweise gewaltbereiten Rechtsextremismus zählen die in Kameradschaften organisierten Neonazis und die subkulturell geprägten rechtsextremistischen Skinheadund Hooligan-Szenen. 3.3.1 Neonazis Personenpotenzial: ca. 5.600 in Deutschland ca. 20 in Bremen Die Neonazi-Szene in Deutschland besteht zum größten Teil aus lose strukturierten Kameradschaften, die sich in der Regel als "Freie Kräfte" oder "Freie Nationalisten" bezeichnen. Die gesamte Neonazi-Szene umfasste im Jahr 2010 etwa 5.600 Personen, davon in Bremen ungefähr 20 Personen. In Bremen existiert zurzeit eine aktive Kameradschaft, die "Freien Nationalisten Bremen". Die "Kameradschaft Bremen" tritt nach internen Querelen und dem Rückzug ihrer Führungspersonen seit 2008 nicht mehr in Erscheinung. Neonazistischer Aufmarsch in Bad Nenndorf 2010 Neonazis in Kameradschaften organisiert Neonazis Die Kameradschaften bildeten sich in den 1990er-Jahren als Reaktion auf die zahlreichen Verbote neonazistischer Vereine heraus undstellen eine alternative "Neonazi" ist die Kurzform für Organisationsform zu Vereinen dar. Die damals zerspltterte neonazistische Szene "Neon alsozialist". Fälschorganiserte sich neu, um ihre Aktionsfähigkeit wieder zu erhöhen ("Organisierung licherweise werden die Begriffe ohne Organsation") und durch Verzicht auf formelle Organsationsstrukturen "Neonazi" und "Rechtsextremist" weitere Vereinsverbote zu verhindern. Heute existieren im gesamten Bundesgebiet häufig synonym verwendet. rund 160 Kameradschaften Neonazismus ist ein Teilbereich des Rechtsextremismus, der dadurch gekennzeichnetist, Neonazis bekennen sich zur NS-Ideologie dass er in der Tradition des Nationalsozialismus steht. Neonazis zeichnen sch vorallem durch hre starke Bezugnahme auf die nationalsoziaNeonazis unterscheiden sich von listischen Ideologie aus. In ihren Aktionsformen sowie in hrer Symbolik beziehen sich subkulturell geprägten GruppieNeonazis auf die Traditionen des Nationalsozialismus, z. B. auf die SS-Verbände rungenvor allem durch ihre (Schutzstaffeln). Außerdem greifen sie de typschen rechtsextremistischen Themenzielgerichteten politischen felder auf: Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Ihr Zel besteht Aktivitäten. darn, die staatliche Ordnung Deutschlands -- die sie nur als "das System" bezeichnen -- durch einentotalitaren Führerstaat nationalsozalistischer Prägung mt ener ethnisch homogenen Bevölkerungsstruktur zu ersetzen. "Freie Nationalisten Bremen" Der 2008 gegründeten neonazistischen Kameradschaft "Freie Nationalisten Bremen" gehören zurzeit ca. 15 Personen an. Die Kameradschaft versteht sich als "revolutionare Bewegung", die sich zusammengeschlossen hat, um "nationale und sozialistische Strukturen und Ideen in Bremen bekannt zu machen." (Selbstdarstellung der "Freien Nationalisten Bremen", 13.01.2010) Ihr erklärtes Ziel ist die "nationale Revolution". Ihre rechtsextremistische Haltung wird deutlich in Aussagen wie: "Dieses System ist unhelbar krank, es gleicht einer Pest, die ausgerottet werden muss, wennwr Deutschen eine gesunde Zukunft haben wollen." (Internetsete der "Freien Nationalisten Bremen", 06.01.2010) Mit Blick auf die im Vorfeld der Bürgerschaftswahl 2011 geplante NPD-Demonstration am 1. Mai greifen die "Freien Nationalisten Bremen" vermehrt soziale Themen auf und bedienen sich dabe der Rhetorik der NPD sowie anderer "Freier Kräfte". Unter der Überschrift "Nationale Solidarität statt Kaptalsmus" heißt es in einem Artikel: "Nur mt ener Systemalternatve, können wir die Etablierten aus ihren ParlamentsWE sesseln hinaus, und von hren Futtertrögen hinfort jagen und einen sozialen Neuanin Deiner. Sladt! fang wagen. Sozialsmus, Antkaptalismus und Nationalismus sind untrennbar miteinander verbunden undfinden hren politischen Ausdruck n unserer nationalen Bewegung. Aus diesem Grunde werden wr am 1. Mai 2011 in Bremen marschieren!" A TTT (Internetseite der "Freien Nationalisten Bremen", 12.11.2010; Fehler im Original) Flyer der "Freien Nationalisten Bremen" (FN) Aktivitäten der Kameradschaft Von der neonazistischen Kameradschaft "Freie Nationalisten Bremen" gngen m Jahr 2010 keine egenständigen Aktionen aus. Sie unterstützte lediglich größere, überregionale Demonstrationen von NPD und "Freien Kräften" im gesamten Bundesgebiet: m= "Trauermarsch" in Dresden Der "Trauermarsch" n Dresden nimmt set mehreren Jahren einen festen Platz m Terminkalender der norddeutschen Neonazis ein und zählt zu den bedeutendsten Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Anlass der Demonstration ist der Jahrestag des Bombenangriffs auf Dresden am 13. Februar 1945. Am "Trauermarsch" im Jahr 2010 beteiligten sich etwa 6.400 Personen, darunter Bremer Neonazis. Massve Gegenproteste verhinderten aber die Durchführung des rechtsextremistischen Aufzugs n der geplanten Form und führten zu seiner vorzeitigen Auflösung. De "Freien Nationalisten Bremen" kritisierten m Internet das Verhalten der Polizei in Dresden: Die Polize habe angesichts der Gegenproteste den "Trauermarsch" ncht durchsetzen können oderwollen; für zukünftige Großveranstaltungen der"nationalen Opposition" seien daher ähnliche Szenarien zu befürchten. Nach der Demonstration in Dresden sank die Motivation der Bremer NPD-Mitglieder und der "Freien Nationalisten Bremen", an anderen Demonstrationen teilzunehmen. Einige nahmen jedoch an weiteren Demonstrationen mit überregionaler Bedeutung teil, wie z. B. am 1. Mai in Berlin, am 5. Juni in Hildesheim oder am 14. August in Bad Nenndorf. . "JN"-Aktionswoche in Delmenhorst 29 Im Gegensatz zu Bremen besteht in Delmenhorst eine Ortsgruppe der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN). Diese organisierte vom 8. bis zum 15. Mai 2010 eine Aktionswoche unter dem Motto "Bundeswehr raus aus Afghanistan". Die Aktionswoche war Teil der seit mehreren Jahren laufenden NPD-Kampagne "Kein deutsches Blut für fremde Interessen", mit der sich die Partei gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan positioniert. Dass sich die Bremer Kameradschaft an der Aktionswoche beteiligte, verdeutlicht ihre Vernetzung mit der neonazistischen Szene im niedersächsischen Umland. Vernetzungen der Neonazis aus Bremen und Niedersachsen In der Vergangenheit beteiligten sich Neonazis aus Bremen vielfach an Aktionen der zeitweise sehr agilen rechtsextremistischen Szenen in Rotenburg und Verden. In der letzten Zeit hat sich der örtliche Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit niedersächsischen Rechtsextremisten jedoch verlagert. Bremer Rechtsextremisten arbeiten zunehmend enger mit den "JN" aus Delmenhorst und der "Aktionsgruppe Delmenhorst" zusammen. Zu konkreten Aktivitäten schließen sich die Neonazis aus Bremen und Niedersachsen zusammen, reisen gemeinsam zu überregionalen rechtsextremistischen Demonstrationen und unterstützen sich gegenseitig bei Veranstaltungen. Eine übergreifende niedersächsisch-bremische Gesamtplanung der Aktivitäten fand allerdings bisher nicht statt. Rechtsextremistische "Mischszene" in Bremen In Bremen besteht eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen NPD, Neonazis, rechtsextremistischen Skinheads und rechtsextremistischen Hooligans. Vielfach lassen sich dadurch die einzelnen Teilbereiche in Bremen kaum mehr unterscheiden und führen zu einer rechtsextremistischen "Mischszene". Nachdem das 2004 von der NPD ausgerufene "Volksfront-Konzept" in Bremen zunächst auf Skepsis gestoßen war, wurde es mit einer gewissen Zeitverzögerung 2006 schließlich umgesetzt. Die Bremer NPD öffnete sich für Angehörige der Neonaziund Skinhead-Szene, die in den folgenden Monaten zahlreich in die Partei eintraten und sogar Führungsfunktionen auf Kreisund Landesebene übernahmen. Wenngleich sich die Angehörigen von Neonaziund subkultureller Szene heute weitgehend wieder aus der Parteiarbeit der NPD zurückgezogen haben, gibt es in Bremen noch eine Vielzahl von personellen Überschneidungen. So ist es z. B. nicht ungewöhnlich, dass ein NPD-Mitglied zugleich in der Neonazi-Szene aktiv ist. Exkurs: "Autonome Nationalisten" (AN) Die "Autonomen Nationalisten" (AN) sind eine spezielle Ausprägung der NeonaziSzene. Seit 2003 treten sie insbesondere in Großstädten und Ballungszentren in Erscheinung. In Bremen existieren keine festen Strukturen der AN. Die AN gelten als gewaltbereit, insbesondere gegenüber der Polizei und ihren politischen Gegnern. Nachrangig sind für sie theoretisch-ideologische Positionen, sie bedienen sich lediglich einzelner Elemente der rechtsextremistischen Weltanschauung. In ihrem Erscheinungsbild widersprechen die AN dem herkömmlichen Bild eines Neonazis. Sie übernehmen die Bekleidungsstile anderer Jugendkulturen und tragen schwarze Kleidung, Kapuzenpullover und Baseball-Mützen. Darüber hinaus übernehmen sie die Agitationsformen der Linksextremisten, deren Parolen und die Bildung von "Schwarzen Blöcken". 3.3.2 Sonstige gewaltbereite Rechtsextremisten rsonenpotenzi Subkulturelle Szene Die subkulturell geprägte Szene, zu der insbesondere rechtsextremistische Skinheads und rechtsextremistisch beeinflusste Hooligans zählen, umfasste 2009 Mit subkultureller Szene sind bundesweit rund 8.300 Personen, davon in Bremen etwa 30 Personen. Ebenso Cliquen gemeint, die weder fest wenig wie in den Vorjahren gingen von der subkulturellen Bremer Szene 2010 eigene, strukturiert noch hierarchisch öffentlichkeitswirksame Aktionen aus. Vielmehr beteiligten sich ihre Angehörigen organisiert sind, sondern vor an den Veranstaltungen von NPD und "Freien Kräften". Ein Treffpunkt der subkulturell allem überdie persönlichen geprägten Rechtsextremisten ist u. a. das Geschäft "Sportsfreund" in der Bremer Beziehungen derCliquenInnenstadt, dessen Schließung ein breites Bündnis aus bürgerlichen und linksextremitglieder zusammengehalten mistischen Gruppen im Rahmen der "Kampagne Ladenschluss" fordert (siehe Kapitel werden. Ein wesentliches 4.2.1). Inhaber des Geschäfts ist ein bekannter Bremer Hooligan mit Verbindungen Merkmal ist ihre Gewaltbereitin die rechtsextremistische Szene. schaft, die häufig in Verbindung mit Alkoholkonsum in spontanen Gewaltaktionen mündet. Eine Rechtsextremistische Skinheads besondere Bedeutung kommt derFreizeitgestaltung zu, d. h. Dersubkulturell geprägte Lebensstil stellt die Freizeitgestaltung in den Vordergrund; der gemeinsamen Teilnahme politische Arbeit ist rechtsextremistischen Skinheads hingegen eher unwichtig. Sie an rechtsextremistischen vertreten keine gefestigte Ideologie, sondern hängen einem diffusen rechtsextremisVeranstaltungen, Demonstratitischen Weltbild an, in dem Fremdenfeindlichkeit und Rassismus die zentralen onen oder Konzerten. Elemente sind. Insbesondere das Erscheinungsbild der Skinheads hat sich in den letzten Jahren wesentlich verändert: Während sie vor einigen Jahren noch anihrer Glatze, an Springerstiefeln und Bomberjacken leicht erkennbar waren, fallen sie heute mit normalerKleidung in der Öffentlichkeit kaum auf. Als Erkennungszeichen dienen hauptsächlich bestimmte szenetypische Kleidungsmarken, die oftmals nur noch von "Eingeweihten" als Identifikationsmerkmale zu erkennen sind. Das entscheidende Merkmal ist nicht länger die äußere Erscheinung, sondern vorallem die Musik. Sie sorgt für den nötigen Zusammenhalt einer Szene, die kaum feste oder organisierte Strukturen kennt. Bremer Skinhead-Bands Skinheads Die rechtsextremistische Szene Bremens ist insbesondere durch ihre vier aktiven Skinhead-Bands "Hetzjagd", "Endlöser", "Endstufe" und "Strafmass" deutschlandweit Skinhead ist eine Sammelbebekannt. zeichnung für eine sehr heterogene, jugendlich dominierte Die rechtsextremistische Musik hat ihren Ursprung in der Skinhead-Bewegung Subkultur. Die Skinhead-Beweder 1960/70er-Jahre und entwickelte sich seit Mitte der 1980er-Jahre auch in gung besteht aus vielen verDeutschland. Entscheidend ist ihre "Klammerfunktion", sie hält nicht nur die Skinschiedenen Gruppierungen, head-Szene zusammen, sondern ist gleichzeitig auch das verbindende Element wobei rechtsextremistische zwischen Skinhead-, Neonazi-Szene und den Parteien. Auftritte rechtsextremisSkinheads lediglich einen kleinen tischer Musikgruppen und sogenannter Liedermacher bei Veranstaltungen der NPD Teil der Bewegung ausmachen. oder bei Sommerfesten des "Deutschen Stimme"-Verlages gehören zur Normalität. Zum B jel gibt es auch antirassistische Skinheads, DerEinstieg von Jugendlichen in die Skinhead-Szene oder bei den "Autonomen die "Skinheads Against Racial Nationalisten" erfolgt oftmals über die Skinhead-Musik, durch die typisch rechtsextrePrejudice" (SHARP). DerBegriff mistische Feindbilder leicht vermittelt werden können. Konzerte haben dabei zwei Skinhead wird fälschlicherweise wichtige Funktionen, zum einen gebensie die Gelegenheit für Szene-Treffen und zum häufig synonym zu Neonazi anderen stärken sie das Zusammengehörigkeitsgefühl, weil sie regelmäßig konspiragebraucht. tiv organisiert sind. Die meisten rechtsextremistischen Konzerte finden in Ostdeutschland statt. Im Jahr 2010 fand erstmals seit vielen Jahren ein rechtsextremistisches Konzert in Bremen statt, bei dem u. a. die Bremer Skinhead-Band "Strafmass" auftrat. Das als "private Geburtstagsfeier" deklarierte Skinhead-Konzert in Bremerhaven am 17. April 2010 wurde von etwa 120 Personen besucht. Wenngleich die vier Bremer Skinhead- Bandsin den vergangenen Jahrenbei einer Vielzahl von rechtsextremistischen Konzerten im Bremer Umland, im gesamten Bundesgebiet sowie im Ausland auftraten, hatten sie jedoch lange Zeit in Bremen auf Konzerte aus Furcht vor Protesten verzichtet. Auch 2010 traten Bremer Skinhead-Bands bei Konzerten in Deutschland und dem Ausland auf. Die 1981 gegründete Skinhead-Band "Endstufe", die über Deutschland hinaus große Bekanntheit in der rechtsextremistischen Musik-Szene genießt, gab z. B. ein Konzert in Belgien. Die anderen drei Gruppen produzierten im Jahr 2010 vor allem neue CDs. Die seit 2002 existierende Skinhead-Band "Hetzjagd" beteiligte sich als eine von mehreren rechtsextremistischen Bands an der CD "Support the Nation -- Signs of Revolution". Die 1992 gegründete Skinhead-Band "Endlöser" nahm zusammen mit einer anderen rechtsextremistischen Band die CD "Die Jungs fürs Grobe" auf. Die seit 2008 bestehende Skinhead-Band "Strafmass" veröffentlichte ihre zweite CD mit dem Titel "Wir kriegen Euch alle ..." Insgesamt etwa zehn Personen aus dem rechtsextremistischen Bremer Umfeld bilden CD-Cover der Skinhead-Band den Kern der genannten Bands. "Strafmass" Hooligans Hooligans sind fanatische, gewaltbereite Fans eines Vereins, Sportereignissen durch ihre Gewalttätigkeiten auffallen. Sie verabreden sich gezielt zu Rechtsextremistisch beeinflusste Hooligans Kämpfen mit Hooligans anderer Die Hooligan-Szene ist| Vereine und betrachten dies Bremen hinaus bekan als ihren Sport ("3. Halbzeit"). "Standarte Bremen", "City Warriors" und "Nordsturm Brema". Diese Gruppierungen "Hooligan" ist ein Kunstbegriff sind rechtsextremistisch beeinflusst, das heißt, dass einzelne ihrer Mitglieder überaus dem Englischen und wird zeugte Rechtsextremisten sind. sinngemäß mit "Straßenrowdy", "Halbstarker" oder "Rabauke" In der Regel sind Hooligans unpolitisch, lediglich ein kleiner Teil ist fremdenfeindlich übersetzt. motiviert. Seit den 1980er-Jahren versuchen Rechtsextremisten, sowohl Hooligans gezielt abzuwerben und sie für ihre politischen Ziele zu instrumentalisieren als auch die Hooligan-Szene zu unterwandern. In Bremen bestehen enge Verbindungen zwischen der Hooliganund der NeonaziSzene. Verbindungsglied zwischen der Hooligan-Szene und den "Freien Nationalisten Bremen" ist ein bekannter, überregional agierender Neonazi, der außerdem für den NPD-Verlag "Deutsche Stimme" arbeitet. Diese enge Verflechtung führte in der Vergangenheit dazu, dass Mitglieder der "Standarte Bremen" sowie "Nordsturm Brema" an rechtsextremistischen Veranstaltungen teilnahmen. 3.4 Bremer Aussteigerprogramm DA Zur Bekämpfung des Rechtsextremismus gehört auch die Unterstützung von PerAnsprechpartner sonen, die aus der Szene aussteigen möchten. So verfügt das Land Bremenseit Vereinigte Protestantische Gemeinde einigen Jahren überein Hilfsangebot zur Unterstützung von ausstiegswilligen zur Bürgermeister-Smidt-GedächtnisRechtsextremisten. Ziel ist laut Senatsbeschluss vom 24. August 2004: "nicht nur kirche in Bremerhaven: einen Einstieg in die rechtsextremistische Szene bestmöglich zu verhindern, sondern Tel.: 0471-41 26 47, auch zum Ausstieg aus der rechtsextremistischen Szene zu veranlassen." Um eine E-Mail: buero.grossekirche@kircheeventuelle Hemmschwelle möglichst zu vermeiden, ist die Kontaktaufnahme über bremen.de einenichtstaatliche Institution vorgesehen. DE SS HH EL XI ELE 36 38 E 42 CX} DE 4 Linksextremismus "Hauptsache es knallt!" Jautete der Aufruf der gewaltbereiten linksextremistischen Szene zu den Protesten gegen den "Tag der Deutschen Einheit" 2010 in Bremen. Bundesweit riefen die Bremer Autonomen zur Teilnahme an "militanten" Protestaktionen gegendie Einheitsfeier auf. Eine Reihe von Sachbeschädigungen an Gebäuden sowie Brandanschläge auf Fahrzeuge im Vorfeld des 3. Oktobers 2010 standen im Zusammenhang mit den autonomen Protesten. Die Feierlichkeiten am "Tag der Deutschen Einheit" sowie die von Autonomen organisierte Demonstration am 2. Oktober 2010 verliefen jedoch weitgehend friedlich. 4.1 Ideologie des Linksextremismus "Den" Linksextremisten gibt es nicht. Innerhalb des linksextremistischen Spektrums Merkmale des gibt es stark voneinander abweichende Positionen. Einig sind sich Linksextremisten Linksextremismus aller Schattierungen jedoch darin, dass es die bestehende als imperialistisch, kapita1. Bekenntnis zum Marxismuslistisch oder rassistisch bezeichnete Staatsund Gesellschaftsordnung zu überwinLeninismus als "wissenschaftdengilt. Das Ziel soll dabei unter Missachtung der Grundwerte derfreiheitlichen licher" Anleitung zum Handeln; demokratischen Grundordnung erreicht werden und würde grundlegende Prinzipien daneben, je nach Ausprägung der Verfassung außer Kraft setzen. Betroffen wären davon nicht nur das in der der Partei oder Gruppierung, Verfassung verankerte Rechtsstaatsoder Demokratieprinzip, sondern insbesondere Rückgriff auch auf Theorien auch die individuellen Freiheitsrechte. von Stalin, Trotzki, Mao Zedong und anderen Linksextremisten lassen sich grob in zwei Hauptströmungen einteilen: Auf der 2. Bekenntnis zur sozialistischeinen Seite gibt es die dogmatischen Marxisten-Leninisten, deren Ziel eine sozialiskommunistischen Transformatisch-kommunistische Gesellschaftsordnung ist und die überwiegend in Parteien tion der Gesellschaft mittels und festen Gruppen organisiert sind. Auf der anderen Seite existieren die meist in eines revolutionären Umlosen Zusammenhängen agierenden Autonomen und Anarchisten, deren Ziel eine sturzes oderlangfristiger nicht konkret beschriebene "klassenund herrschaftsfreie Gesellschaft" ist, die revolutionärer Veränderungen jedoch mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. 3. Bekenntnis zur Diktatur des Proletariats oder zu einer Linksextremisten engagieren sich häufig für Themen, die für sich betrachtet nicht herrschaftsfreien (anarchisextremistisch sind. Auf diese Weise versuchen sie, ihre politischen Vorstellungen in tischen) Gesellschaft die Gesellschaft zu tragen. Dafür sind sie bereit, sich an bürgerlich-demokratischen 4. Bekenntnis zur revolutionären Bündnissen zu beteiligen und ihre eigenen Ziele kurzfristig in den Hintergrund zu Gewalt als bevorzugter oder -- stellen. Mit dieser Taktik gelingt es Linksextremisten immer wieder, insbesondere je nach den konkreten Bedinim Bereich "Antifaschismus", mit bürgerlich-demokratischen Gruppierungen zusamgungentaktisch einzusetmenzuarbeiten, die ihre extremistischen Ansichten im Grunde ablehnen. zender Kampfform 4.2 Autonome Personenpotenzial: ca. 6.200 in Deutschland ca. 200 in Bremen 34 Der autonomen Szene in Deutschland waren im Jahr 2010 etwa 6.200 gewaltorientierte Anhänger zuzurechnen. In Bremen kann die autonome Szene zu bestimmten Anlässen, beispielsweise zu Spontandemonstrationen gegen Neonazis, kurzfristig bis zu 200 Personen mobilisieren. Ziel von Autonomen ist das Abschaffen jeglicher Form von "Herrschaftsstrukturen". Sie lehnen sowohl gesellschaftliche Normen und Zwänge als auch den demokratischen Verfassungsstaat - den sie als "staatlichen Repressionsapparat" bezeichnen - sowie seine Einrichtungen ab. Autonome erheben den Anspruch, nach eigenen Regeln leben zu können, und streben nach einem hierarchiefreien, selbstbestimmten Leben innerhalb "herrschaftsfreier" Räume. Ideologisch beziehen sie sich vor allem auf anarchistische und kommunistische Theoriefragmente, wobei ihre ideologischen Vorstellungen insgesamt diffus bleiben. Da formelle Strukturen und Hierarchien grundsätzlich abgelehnt werden, ist die autonome Szene stark fragmentiert und besteht hauptsächlich aus losen Personenzusammenschlüssen. Autonome erachten ihre Eigenund Selbstständigkeit für so wichtig, dass sie sich in der Regel in keine festen politischen Strukturen integrieren. In den vergangenen Jahren war allerdings festzustellen, dass Teile der Szene nicht mehr prinzipiell die Organisierung ablehnen, sondern diese bis zu einem gewissen Grad als geeignet ansehen, um größere politische Bedeutung zu erlangen. Gewalt als legitimes Mittel Die Anwendung von Gewalt ist innerhalb der autonomen Szene kaum umstritten. Autonome befürworten Gewalt gegen den Staat, seine Einrichtungen und Repräsentanten sowie gegen rechtsextremistische Strukturen und Personen zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen. Ihre "militanten Aktionen" rechtfertigen sie u. a. mit der von Staat und Gesellschaft ausgehenden "strukturellen Gewalt". Darüber hinaus ist Gewalt für die autonome Szene ein identitätsstiftendes Element, zum Teil sehen Angehörige der Szene in der Anwendung von Gewalt einen Akt der Selbstbefreiung. Mit dem Selbstverständnis, politische Ziele gewaltsam zu verfolgen, setzen sich Autonome über das Gewaltmonopol des Staates und den Grundkonsens demokratischer Verfassungsstaaten hinweg, gesellschaftspolitische Veränderungen ausschließlich auf demokratischem Wege herbeizuführen. Gewalt wird von Autonomen hauptsächlich in zwei Konstellationen ausgeübt: einerseits im Rahmen von Demonstrationen sowie anderseits bei Anschlägen auf Gebäude und Fahrzeuge. . Gewalt im Rahmen von Demonstrationen Die massiven gewalttätigen Ausschreitungen gegen Polizisten und den "politischen Gegner" im Rahmen linksextremistischer autonomer Demonstrationen, wie z. B. am 1. Mai in Berlin oder dem "Schanzenfest" in Hamburg, stellen regelmäßig ein zentrales Problem für die öffentliche Sicherheit dar. Die Verletzung von Polizeikräften, die u. a. mit Steinen, Molotowcocktails und Feuerwerkskörpern beworfen werden, wird dabei zumindest billigend in Kauf genommen. An solchen gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligen sich häufig auch unpolitische Jugendliche. In der Regel geht es ihnen ebenso wie sehr jungen Angehörigen der autonomen Szene jedoch weniger um konkrete politische und auf die Systemüberwindung ausgerichtete Ziele als mehr um den "Erlebnischarakter", der von solchen Ereignissen ausgeht, oder das Ausleben eines vorhandenen AggressionsAutonome demonstrieren in potenzials. Ein großer Teil dieser gewaltorientierten Jugendlichen kehrt mit dem Bremen gegen die Einheitsfeier Älterwerden in den nichtextremistischen Bereich zurück. In Bremen hat es bei autonomen Demonstrationen seit langem keine gewalttätigen Ausschreitungen in der Form gegeben, dass Barrikaden errichtet und in Brand gesetzt, Geschäfte beschädigt und geplündert oder Fahrzeuge demoliert und angezündet worden sind. Dennoch kommt es auch in Bremen im Rahmen von Demonstrationen der autonomen Szene immer wieder zu Sachbeschädigungen und der Verletzung von Polizisten. Krawalle und massive Ausschreitungen hatten gewaltbereite Linksextremisten zum "Tag der Deutschen Einheit" 2010 in Bremen zwar angekündigt, 35 die Gegenproteste verliefen aufgrund der starken Polizeipräsenz jedoch weitgehend friedlich. Lediglich im Vorfeld war es auf der Sielwall-Kreuzung im Bremer Ostertor zu einer Auseinandersetzung zwischen etwa 150 Autonomen und der Polizei gekommen. . Anschläge auf Gebäude und Fahrzeuge Großes Polizeiaufgebot begleitet Demonstration der Angehörige der autonomen Szene verübten bundesweit auch im Jahr 2010 autonomen Szene "militante Aktionen" in Form von Brandanschlägen sowie Sachbeschädigungen unterschiedlicher Art und Intensität. Brandanschläge auf hochwertige Fahrzeuge als "Symbol des Kapitalismus" waren insbesondere in Berlin und Hamburg an der Tagesordnung. Auch die Bundeswehr und ihre Auslandseinsätze standen wie bereits im Vorjahr im Blickpunkt militanter Linksextremisten. Brandanschläge auf Fahrzeuge der Bundeswehr, der Deutschen Bahn und des Postund Logistikunternehmens DHL sowie Sachbeschädigungen an Briefkästen und Packstationen sind auf die Ende 2008 ausgerufene "DHL-Kampagne" zurückzuführen. Ihrer logistischen Dienstleistungen wegen gelten die Deutsche Bahn und das Postund Logistikunternehmen DHL bei Autonomen als Unterstützer sowie "Profiteure" des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Den Rückzug von DHL als Bewerber eines Großauftrages der Bundeswehr im November 2009 werteten die Aktivisten zwar als Erfolg, setzten aber dennoch ihre Kampagne im Jahr 2010 fort mit dem Ziel eines völligen Rückzuges der DHL aus der Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Im Zeitraum vom 26. September bis zum 2. Oktober 2010 wurden in Bremen ein Dutzend Brandanschläge auf Fahrzeuge verübt. Die zeitliche Nähe und die sonstigen Tatumstände legen hier einen Zusammenhang mit dem "Tag der Deutschen Einheit" nahe, so z. B. der Brandanschlag auf das Fahrzeug eines Bremer Unternehmens, das die Einheitsfeier sponserte. Bereits in der ersten Jahreshälfte 2010 wurden mehrere linksextremistisch motivierte Brandanschläge auf Fahrzeuge verübt. Ein hoher Sachschaden entstand u. a. bei einem Brandanschlag auf mehrere Fahrzeuge des Polizeireviers Schwachhausen in der Nacht zum 1. Mai 2010. Zwei der Polizeifahrzeuge brannten vollständig aus, während drei weitere Polizeifahrzeuge beschädigt wurden. In Bremen ist trotz zahlreicher Sachbeschädigungen im Vorfeld des 3. Oktobers für das Jahr 2010 kein signifikanter Anstieg von linksextremistischen Straftaten zu konstatieren. Aktionsfelder der Autonomen Der Schwerpunkt der Aktivitäten der autonomen Bremer Szene lag ebenso wie im Vorjahr auf den Aktionsfeldern "Antifaschismus" und "Antirepression". Verstärkte Aktivitäten waren der Wirtschaftskrise und der von vielen Bürgern empfundenen Verschlechterung von Arbeitsund Lebensbedingungen geschuldet. Dies wurde im Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" thematisiert. Auch das Aktionsfeld "Anti-Atom" mit dem Castor-Transport in das Atommüll-Zwischenlager Gorleben war in diesem Jahr von Bedeutung. Die Felder "Klimaschutz", "Antimilitarismus" und "Antirassismus", die im Vorjahr Aktivitätsschwerpunkte der autonomen Szene in Bremen darstellten, waren 2010 hingegen von nachrangiger Bedeutung. Die Schwerpunktverschiebung zeigt, dass die autonome Szene mit ihren politischen Aktivitäten hauptsächlich auf aktuelle politische Ereignisse reagiert; selten setzt sie eigene Themen im politischen Diskurs. Die subjektive Betroffenheit bestimmt maßgeblich das autonome Handeln und damit das autonome Politikverständnis. 4.2.1 Aktionsfeld "Antifaschismus" "Antifaschismus" stellt unverändert seit Jahren ein zentrales Betätigungsfeld der Autonomen in Bremen dar, in dessen Mittelpunkt Proteste gegen Aufmärsche, Veranstaltungen und Informationsstände von Rechtsextremisten stehen. In diesem 36 linksextremistischen Betätigungsfeld sind verschiedene Gruppen in Bremen tätig, z. B. die Bremer "Antifa", die "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) und der "Antifa Arbeitskreis" der Gruppe "Avanti - Projekt undogmatische Linke". Im Bereich der "Antifaschismusarbeit" ist neben linksextremistischen Organisationen und Gruppierungen auch eine Vielzahl unterschiedlicher demokratischer Akteure tätig. Mit der Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geht das Antifaschismusverständnis von Linksextremisten jedoch weit über das von Demokraten hinaus. Für Linksextremisten stellt die Bekämpfung von rechtsextremistischen Strukturen und Personen nur ein vordergründiges Ziel dar, ihr tatsächliches Angriffsziel ist das "bürgerliche und kapitalistische System" und die angeblich ihm zugrunde liegenden faschistischen Wurzeln. Zur Vergrößerung ihres politischen Einflusses und zur Gewinnung neuer Anhänger beteiligen sich autonome Gruppierungen häufig an bürgerlich-demokratischen Bündnissen; ein solches Bündnis ist in Bremen die "Kampagne Ladenschluss". Bremer "Kampagne Ladenschluss" Die "Kampagne Ladenschluss" ist ein seit Mitte 2007 bestehender Zusammenschluss von bürgerlichen Kräften sowie linksextremistischen antifaschistischen Gruppierungen. Ziel der Kampagne ist laut eigener Aussage, "durch größtmöglichen öffentlichen Druck eine Schließung der Geschäfte und Versande zu erwirken, um so die Bremer Nazi-Szene einer ihrer Finanzierungsund Vernetzungsmöglichkeiten zu berauben und sie dadurch maßgeblich zu schwächen." (Pressemitteilung der "Kampagne Ladenschluss", 19.09.2008) Der Protest richtet sich in erster Linie gegen das Geschäft "Sportsfreund" in der Bremer Innenstadt, das der rechtsextremistischen subkulturellen Bremer Szene als Treffpunkt dient. Flyer der "Kampagne Ladenschluss" Während in den Jahren 2008 und 2009 jeweils noch rund 700 Personen den Demonstrationsaufrufen der "Kampagne Ladenschluss" gefolgt waren, beteiligten sich an der Demonstration "Null Bock auf Nazis - Naziläden dicht machen!" 2010 noch etwa 300 Personen, die überwiegend dem autonomen linksextremistischen Spektrum zuzurechnen waren. Die geringe Teilnehmerzahl 2010 ist darauf zurückzuführen, dass der Demonstrationsaufruf nicht von bürgerlicher Seite mitgetragen wurde. Die Aktivitäten der Kampagne im Jahr 2010 wurden vornehmlich von linksextremistischen Gruppierungen wie der autonomen "Basisgruppe Antifaschismus" (BA) bestimmt. "Buttersäure-Anschlag" auf das Geschäft "Sportsfreund" Angehörige der linksextremistischen autonomen Szene verübten am 9. Februar 2010 einen Anschlag mit Buttersäure auf das Geschäft "Sportsfreund". In einem Artikel auf dem von der "linken" Szene genutzten Internetportal "Indymedia" heißt es: "Geschäfte mit rechten Modemarken und rechter Musik spielen eine zentrale Rolle in der Neonazistischen Szene, sie dienen propagandistischen Zwecken und der Finanzierung rechter Strukturen. Außerdem stellen sie ein Vernetzungsund Rekrutierungsfeld für Neonazis dar. Es ist und bleibt notwendig diese Strukturen anzugreifen." (Internetportal "Indymedia", 09.02.2010; Fehler im Original) Rechtsextremistischer "Trauermarsch" in Dresden blockiert Als großen Erfolg feierte die autonome Szene die Verhinderung des rechtsextremistischen "Trauermarsches" am 13. Februar 2010 in Dresden. Der rechtsextremistische Aufmarsch, der jährlich die Zerstörung Dresdens im Jahr 1945 thematisiert, gehört zu den bedeutendsten und größten rechtsextremistischen Demonstrationen in Deutschland. Rund 9.500 Gegendemonstranten, darunter ungefähr 3.000 gewalt37 bereite Linksextremisten, versperrten durch Sitzblockaden, Straßensperren und Barrikaden sowohl die genehmigte als auch mögliche andere Demonstrationsrouten der Rechtsextremisten. Durch die Blockaden sah sich der Veranstalter gezwungen, den Aufzug nach einer kurzen Kundgebung aufzulösen. Im Anschluss kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten und der Polizei. In der Nachbetrachtung heißt es: "Es zeigt sich, dass das Konzept des bundesweiten Antifabündnis 'No Pasaran' mit fortschrittlichen Teilen der Zivilgesellschaft eng zusammenzuarbeiten äußerst erfolgversprechend sein (kann)." (Internetportal "Indymedia", 13.02.2010; Fehler im Original) Das überwiegend aus linksextremistischen Gruppierungen bestehende Demonstrationsbündnis "no pasaran!" hatte nach fehlgeschlagenen Blockadeversuchen 2009 Aufruf zur Teilnahme an den das Dachbündnis "Nazifrei - Dresden stellt sich quer" initiiert, zu dem es sich mit Protesten in Dresden 2010 überwiegend nichtextremistischen Gruppierungen und Einzelpersonen zusammengeschlossen hat. Für die Blockadeaktionen 2010 konnten daher mehr Teilnehmer aus dem nichtextremistischen Bereich gewonnen werden. Der Erfolg der dezentralen "Massenblockaden" hing in Dresden entscheidend vom engen Zusammenwirken der autonomen Linksextremisten mit Nichtextremisten, einer Absprache der Blockadepläne sowie einer frühzeitigen, umfassenden und bundesweiten Mobilisierung ab. In Vorbereitung auf die geplanten Blockadeund Protestaktionen in Dresden hatten mehrere autonome Gruppierungen aus Bremen ein "Blockadetraining" veranstaltet: "Bei diesem wollen wir lernen und zeigen wie mensch möglichst effektiv blockiert und wie man sich bei solchen und ähnlichen Aktionen am besten verhält." (Internetseite von "Avanti", 06.02.2010; Fehler im Original) Nach ihrem Erfolg in Dresden gelang es der autonomen Szene mit der Blockadestrategie, auch weitere rechtsextremistische Aufmärsche im Jahr 2010 zu behindern, so z. B. am 27. März in Lübeck oder am 1. Mai in Berlin. Bremer Linksextremisten beteiligten sich im Jahr 2010 sowohl an den genannten Protesten als auch an Demonstrationen gegen rechtsextremistische Aufmärsche in Hildesheim am 5. Juni oder in Bad Nenndorf am 14. August. Vernetzungen der autonomen Szene Bremens ins niedersächsische Umland Die autonome Szene Bremens steht vor allem mit autonomen "Antifa-Gruppen" des niedersächsischen Umlandes in reger Kooperation. Die Zusammenarbeit reicht von regelmäßigen Treffen und Veranstaltungen bis hin zur gemeinsamen Teilnahme an bundesweiten Demonstrationen. Im Frühjahr 2010 unterstützten Bremer Autonome angesichts der Zunahme neonazistischer Aktivitäten in Delmenhorst insbesondere die "Antifa Delmenhorst". Am 28. April 2010 fand in Delmenhorst unter dem Motto "Naziterror stoppen!" eine von der Partei "DIE LINKE" kurzfristig angemeldete "antifaschistische" Demonstration statt. An der Demonstration beteiligten sich ca. 100 Personen. Eine weitere "antifaschistische" Demonstration in Delmenhorst am 15. Mai 2010 mit etwa 150 Teilnehmern richtete sich gegen die Aktionswoche der NPD-Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) (siehe Kapitel 3.3.1). Mobilisierung zu Protesten gegen die JN-Aktionswoche in Delmenhorst Vernetzungsbemühungen innerhalb der autonomen Szene Bremens In der autonomen Szene Bremens gab es in der Vergangenheit immer wieder Versuche, die in viele kleine Gruppen zersplitterte Szene besser zu vernetzen und ihre Aktivitäten stärker zu koordinieren. Einen solchen Vernetzungsversuch stellt die im September 2009 gegründete "Autonome Vollversammlung Bremen" (AVV) 38 dar. Die AVV bietet sowohl für "Einzelpersonen als auch Gruppen aus unterschiedlichen politischen Feldern" eine offene "Plattform für Information, Kommunikation und inhaltliche Diskussion", wobei "gemeinsame Basis [...] die radikale Ablehnung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, sowie das Streben nach einer herrschaftsfreien Welt" ist. Ziele der AVV sind weiterhin die "Verbesserung des Informationsaustausches", "Reflektion bisheriger und zukünftiger politischer Praxis/ Aktionen" und die Entwicklung von "Perspektiven und Strategien 'autonomer', 'libertärer' und 'linksradikaler' Politik". (Internetseite der AVV, 15.02.2010; Fehler im Original) Die AVV greift jeweils Themen auf, die aktuell in der autonomen Szene Bremens diskutiert werden, so z. B. "Militanz", "autonome Anti-AKW-Politik" oder "Leiharbeit und Hartz IV". Die AVV versucht somit, Kontinuität in die politische Arbeit der Bremer Autonomen zu bringen. Des Weiteren unterhält sie Kontakte zu "Autonomen Vollversammlungen" insbesondere in Berlin und Hamburg. Die angestrebte überregionale Vernetzung soll eine engere Themenabsprache und bundesweite inhaltliche Diskussionen ermöglichen. Autonome "Recherchearbeit" Neben den eher handlungsorientierten Aktivitäten spielt die "Recherchearbeit" der autonomen Antifaschisten eine wichtige Rolle. Bei der linksextremistischen "Aufklärungsarbeit" werden Beobachtungen und Informationen über die rechte Szene in Bremen sowie aus dem niedersächsischen Umland eingeholt und auf einer Internetseite veröffentlicht. 4.2.2 Aktionsfeld "Antirepression" Das Themenfeld "Antirepression" war wie bereits in den Vorjahren für die autonome Szene Bremens von zentraler Bedeutung. Insbesondere für gewaltbereite Linksextremisten stellt die Auseinandersetzung mit "staatlicher Repression" seit jeher einen Aktionsschwerpunkt dar. Als neue Qualität "staatlicher Repression" betrachten Autonome etwa die Anpassung der Sicherheitsgesetze zur Terrorismusbekämpfung oder den Einsatz neuer technischer Aufklärungsmethoden. Im Mittelpunkt der Kritik stehen vor allem polizeiliche Sicherheitsmaßnahmen. Weiterer Schwerpunkt der "Antirepressionsarbeit" ist die Schaffung von "Freiräumen", dazu zählen in erster Linie besetzte Häuser oder selbst verwaltete Projekte. Im Aktionsfeld "Antirepression" engagiert sich der Großteil der autonomen Bremer Gruppierungen vor allem bei konkreten Anlässen. Den Höhepunkt der diesjährigen "Antirepressionsaktivitäten" der autonomen Bremer Szene stellten die Proteste gegen die Feierlichkeiten zum "Tag der Deutschen Einheit" am 3. Oktober 2010 dar. Proteste gegen den "Tag der Deutschen Einheit" in Bremen Die zentralen Feierlichkeiten des Bundes zum 20. Jahrestag der "Deutschen Einheit" wurden in diesem Jahr in Bremen ausgerichtet. Unter dem Motto "Kein Tag für die Nation! Kein Tag für Deutschland!" demonstrierten am 2. Oktober 2010 autonome Linksextremisten gegen die Veranstaltungen, die vom 1. bis zum 3. Oktober stattfanden. Etwa 1.500 bis 2.000 Demonstranten, davon ca. 500 gewaltbereite Linksextremisten, zogen weitgehend friedlich durch die Bremer Innenstadt. Aus dem Autonome demonstrieren Demonstrationszug heraus wurden vereinzelt Rauchkörper, Flaschen und Farbbeutel in Bremen gegen Einheitsauf Polizeikräfte geworfen. Aufgrund der zu erwartenden Ausschreitungen wurde feier und deutsche Wiederdie Demonstration von Beginn an mit einem hohen Polizeiaufgebot begleitet, so dass vereinigung es den Demonstranten nicht möglich war, die genehmigte Route zu verlassen. "Bündnis gegen den 3. Oktober 2010 in Bremen" Organisiert wurde die Demonstration maßgeblich vom "Bündnis gegen den 3. Oktober 2010 in Bremen", das sich aus antinationalen, antideutschen und autonomen Gruppierungen zusammensetzte. Bundesweit rief das Bündnis über seine Internetseite zur Teilnahme an der Demonstration auf und organisierte darüber hinaus Informationsund Mobilisierungsveranstaltungen in Bremen sowie in mehreren größeren Städten. 39 Antideutsche und antinationale Autonome Nach der deutschen Wiedervereinigung bildeten sich in den 1990er-Jahren verschiedene Strömungen innerhalb des autonomen linksextremistischen Spektrums heraus, darunter antinationale und antideutsche Gruppierungen. Beide Strömungen befürchteten mit der deutschen Wiedervereinigung ein erneutes Erstarken des Nationalsozialismus. Die antinationale Strömung lehnt grundsätzlich Nationalstaaten und Nationen ab, während im Mittelpunkt der antideutschen Überzeugung darüber hinaus die uneingeschränkte Solidarität mit Israel und den USA steht. Die Mehrheit der autonomen und orthodox-kommunistischen Linksextremisten ist jedoch stark antiamerikanisch eingestellt und ergreift im Israel-Palästinenser-Konflikt Partei für die Palästinenser. Diese unterschiedlichen Ansichten führen in der Zusammenarbeit häufig zu Spannungen und Zerwürfnissen, so auch im Bremer "Bündnis gegen den 3. Oktober". Ankündigung gewalttätiger Proteste im Vorfeld des 3. Oktobers Neben dem "Bündnis gegen den 3. Oktober" riefen im Vorfeld auch andere gewaltbereite autonome Linksextremisten zu Protesten gegen die Einheitsfeier auf. Unter der Überschrift "Hauptsache es knallt! 20 Jahre Wiedervereinigung: es wächst zusammen, was zerstört gehört!" wurde im August und September 2010 ein Artikel auf verschiedenen linksextremistischen Internetseiten sowie in der bundesweit erscheinenden linksextremistischen Szene-Zeitschrift "Interim" veröffentlicht. "Unser Anliegen besteht darin, die Einheitsfeier zu einem Desaster zu machen! [...] Das Kampagnenmotto 'Hauptsache es knallt!' drückt für uns prägnant und treffend das aus, was wir in Hinblick auf die Einheitsfeier konzeptionell für richtig und nötig halten. Ob dabei auch die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften zu suchen ist und ob die Bündnisdemo der richtige Ort dafür sein kann, muss letztlich jeder selbst entscheiden." (Internetportal "Indymedia", 23.08.2010; Fehler im Original) Ausdrücklich wird darin von einem unbekannten Verfasser aus der autonomen Szene zu Gewalt gegen Personen, insbesondere gegen Polizeikräfte, zu Sachbeschädigungen durch "Farbe, Glasbruch und Buttersäure", zu Brandanschlägen auf Fahrzeuge sowie zu Sabotageakten auf die Infrastruktur des Festes aufgerufen. Unabhängig voneinPlakat des "Bündnisses gegen ander agierende Kleingruppen sollten danach dezentral "militante Aktionen" ausfühden 3. Oktober" ren, um "unkontrollierte Verhältnisse" in Bremen zu schaffen. Mit insgesamt sieben Videos, die im Vorfeld des 3. Oktobers 2010 auf verschiedenen Internetseiten eingestellt worden waren, wurde mit Parolen wie "Deutschland aufs Maul!" oder "Die Feierlichkeiten zum Desaster machen - kommt nach Bremen - lasst es knallen!" zu gewalttätigen Protesten aufgerufen. Sachbeschädigungen und Ausschreitungen im Vorfeld des 3. Oktobers Durch gezielte Sachbeschädigungen wurden zum Teil erhebliche materielle Schäden verursacht, von denen besonders Unternehmen und Einrichtungen betroffen waren, die die Einheitsfeier sponserten. Im Zusammenhang mit dem "Tag der Deutschen Einheit" standen z. B. Farbanschläge oder Steinwürfe auf das Gebäude der "Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales", das "Weserhaus" von Radio Bremen, eine Filiale der Deutschen Bank und eine Geschäftsstelle der Sparkasse. Ein hoher Sachschaden durch Brandstiftung entstand auch bei einer Bremer Recyclingfirma. Darüber hinaus wurden mehrere Brandanschläge auf Fahrzeuge in Bremen, Berlin und Bad Bramstedt verübt. Die Zunahme der Straftaten kurz vor Beginn der Einheitsfeier ließ keinen Zweifel daran, dass die autonome Szene in Bremen den vielfältigen Aufrufen zu gewalttätigen Protesten am 2. und 3. Oktober 2010 mit Hilfe der aus dem ganzen Bundesgebiet angereisten autonomen Linksextremisten nachkommen wollte. Durch die hohe Präsenz und das geschickte Verhalten der Polizei konnten Störungsabsichten jedoch von vorneherein verhindert werden. Die autonomen Linksextremisten sahen sich 40 während des gesamten Zeitraums der Feiern nicht in der Lage, die angekündigten "militanten Aktionen" zu realisieren. Ein großer Teil der Demonstranten war enttäuscht über das Ausbleiben der angekündigten Krawalle. In einem Kommentar zu einem Bericht im Internetportal "Indymedia" heißt es: "vielleicht wird ja morgen alles nachgeholt und bremen versinkt im chaos. dran glauben tut nur bestimmt keiner mehr, der das heute gesehen hat. immerhin ein gelungener tag für die polizei bremen." (Internetportal "Indymedia", 02.10.2010; Fehler im Original) "Rote Hilfe" Die Rechtsund Hafthilfeorganisation "Rote Hilfe e. V." (RH) ist ausschließlich im Bereich der "Antirepression" tätig. Der Verein versteht sich laut Satzung als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation", die über 40 Ortsgruppen im gesamten Bundesgebiet unterhält. Bundesweit zählt die Organisation ca. 5.400 Mitglieder. In Bremen besteht eine aktive Ortsgruppe mit etwa 160 Mitgliedern. Die RH sieht ihren Arbeitsschwerpunkt in der finanziellen und politischen Unterstützung von Angehörigen aus dem "linken" Spektrum, die von "staatlicher Repression" betroffen sind. Zu ihren Aufgaben gehören die Gewährung von Rechtshilfe, die Vermittlung von Anwälten an Szeneangehörige, die Beihilfe zu Prozesskosten und Geldstrafen sowie die Betreuung von "politischen Gefangenen". Die dabei entstehenden Kosten werden aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. 4.2.3 Aktionsfeld "Soziale Kämpfe" Ein Hauptbetätigungsfeld der autonomen Szene Bremens im Jahr 2010 war neben "Antifaschismus" und "Antirepression" das Aktionsfeld "Soziale Kämpfe", in dem sich das Engagement vor allem auf eine Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen der Menschen richtet. Im Mittelpunkt der Kritik standen die "Wirtschaftskrise" und der "Abbau von Sozialleistungen". Autonome Linksextremisten sowie orthodoxe Kommunisten gehen im Bereich "Soziale Kämpfe", in dem überwiegend nichtextremistische Akteure tätig sind, häufig Bündnisse mit demokratischen Gruppen ein, um den Protesten ein größeres Gewicht zu verleihen. Dabei geht ihr Ziel, die Abschaffung des demokratischen Rechtsstaates, weit über das Ziel der Demokraten hinaus. Ein solches aus nichtextremistischen und linksextremistischen Gruppen bestehendes Bündnis gründete sich 2008 mit dem "Mayday-Bündnis Bremen", in dem z. B. die linksextremistische Gruppierung "Avanti" mitwirkt. Das Bündnis nahm 2010 an mehreren Aktionen teil: Proteste der Bremer Autonomen für bessere Arbeitsund Lebensbedingungen "Wat mutt, datt mutt: Her mit dem schönen Leben für alle weltweit!" war das Motto einer "Euromayday-Aktion", an der sich am 29. April 2010 etwa 100 Personen in der Bremer Innenstadt beteiligten. Im Rahmen der Demonstration besetzten Aktivisten eine Leiharbeitsfirma. Unter dem Namen "Euromayday-Parade" demonstrieren seit 2001 Menschen in europäischen Städten am 1. Mai für eine Verbesserung der Lebensund Arbeitsbedingungen und für eine Stärkung von sozialen Rechten. Plakat des "MaydayBündnisses" Im Aktionsaufruf schrieb das "Mayday-Bündnis Bremen": "Gegenwehr ist möglich. Und zwar nicht nur in Tarifkämpfen, sondern durch einen Zusammenschluss von Beschäftigten, KundInnen, Menschen aus dem Stadtteil und politischen AktivistInnen. So müssen betriebliche Konflikte nicht als Privatprobleme der betroffenen Beschäftigten verhandelt werden, sondern als das was sie sind: gesellschaftliche Kämpfe, die alle betreffen." (Internetseite des "Mayday-Bündnisses", 29.04.2010) 41 Die Neueröffnung eines "Schlecker-XL-Marktes" in Bremen-Schwachhausen nahmen im Februar 2010 ungefähr 150 Personen zum Anlass, um gegen die ihrer Ansicht nach schlechten Arbeitsbedingungen, niedrigen Löhne und gegen die Behinderung bei der Gründung von Betriebsräten im Unternehmen Schlecker zu protestieren. Mitinitiator der Aktion "XL-Terror bei Schlecker" war das Bremer "Mayday-Bündnis". Im März 2010 besetzten ca. 50 Personen, darunter Aktivisten des "Mayday-Bündnisses", die Geschäftsstelle des Bremer FDP-Landesverbandes. In einer Nachbetrachtung heißt es: "Mit mühseligen Aufklärungskampagnen z. B. des 'Paritätischen Wohlfahrtverbandes' allein wird die politische De-Legitimierung der politischen Kräfte, die die [...] Krisenlasten zugunsten der Kapitalbesitzer und Vermögenden auf die Schwächsten der Gesellschaft abwälzen wollen, nicht zu erreichen sein. Dazu bedarf es auch öffentlichkeitswirksamer Proteste. FDP-Hetze stoppenFür eine solidarische Gesellschaft." (Internetseite des "Mayday-Bündnisses", 05.03.2010; Fehler im Original) "Avanti" Die Gruppe "Avanti - Projekt undogmatische Linke" gründete sich 1989 aus autonomen Gruppierungen in Schleswig-Holstein. Inzwischen gibt es acht Ortsgruppen in Norddeutschland, u. a. in Hamburg, Hannover und Bremen. Die Bremer Ortsgruppe engagierte sich 2010 vor allem in den Aktionsfeldern "Soziale Kämpfe", "Antifaschismus" und "Anti-Atom". In Bremen ging "Avanti" im Juni 2008 aus der Gruppe "solid.org - Organisierung linker Basisgruppen" hervor. "Solid.org" war aus dem PDS-nahen Jugendverband "['solid] - die sozialistische Jugend" entstanden, von dem sie sich 2006 ablöste und bis 2008 als parteiunabhängige autonome Gruppe in Bremen existierte. In der Erklärung der Gruppe "solid.org" zu ihrem Beitritt zu "Avanti" werden die extremistische Ausrichtung und die Ziele von "Avanti" deutlich. So strebt "Avanti" die revolutionäre Überwindung unserer Staatsund Gesellschaftsordnung an: "Auch in der Frage von Organisation teilen wir die Überzeugung von Avanti, 'dass die heutige Gesellschaft revolutionär verändert werden muss und dass die hierfür notwendige gesellschaftliche Gegenmacht nicht allein aus spontanen Bewegungen bestehen kann, sondern die Beteiligung revolutionärer Organisation braucht.' [...] Organisierung muss überregional und perspektivisch darüber hinaus sein, weil die Gesamtscheiße eben nicht nur in Bremen stattfindet und aufgehoben gehört, sondern weltweit." (Internetseite von "Avanti", 10.09.2009) Ziel von "Avanti" ist die revolutionäre Überwindung der bestehenden Gesellschaft. Mit der Auffassung, dass die Systemüberwindung eine Organisierung der Kräfte voraussetzt, hebt sich die Gruppe von der typischen organisationskritischen Einstellung autonomer Gruppierungen ab. Festen Strukturen, formellen Hierarchien und sonstigen Verbindlichkeiten verweigern sich Autonome grundsätzlich. "Avanti" indessen besteht aus Ortsgruppen in verschiedenen Städten und engagiert sich zur besseren überregionalen Vernetzung in der "Interventionistischen Linken" (IL). Die IL ist ein bundesweiter Zusammenschluss von linksextremistischen autonomen sowie nichtextremistischen Gruppierungen und Einzelpersonen, der sich um die Organisierung des radikalen linksextremistischen Spektrums bemüht. Auch in ihrer theoretischen Ausrichtung ähnelt "Avanti" eher revolutionär-marxistischen Organisationen als autonomen Gruppierungen, die sich häufig lediglich auf anarchistische und kommunistische Versatzstücke beziehen. Die Aktionsformen von "Avanti" gleichen wiederum denen der autonomen Szene. 4.2.4 Aktionsfeld "Anti-Atom" Vor dem Hintergrund der beschlossenen Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken gewann das Aktionsfeld "Anti-Atom" auch für die linksextremistische autonome Szene im Jahr 2010 wieder an Bedeutung. Wenngleich der "Kampf gegen die fried42 liche Nutzung von Atomenergie" innerhalb der letzten 30 Jahre immer wieder Aktionsschwerpunkt militanter Linksextremisten war, so hatten sie sich in den letzten Jahren kaum in der mehrheitlich von bürgerlich-demokratischen Akteuren getragenen "Anti-Atom-Bewegung" engagiert. Insgesamt gering war auch in diesem Jahr die Beteiligung autonomer Linksextremisten an den Protesten gegen den Castor-Transport Anfang November 2010 vom französischen La Hague ins niedersächsische Gorleben. Starke Proteste begleiteten den Transport, größtenteils blieben sie aber friedlich. Bis zu 3.000 Personen beteiligten sich zeitweilig an einer Sitzblockade, versperrten die Bahnstrecke und verzögerten damit das Eintreffen des Castor-Transportes im Endlager. An der Großdemonstration in Dannenberg am 6. November 2010 hatten zuvor ca. 25.000 Personen teilgenommen, darunter rund 300 autonome Linksextremisten. Auch Bremer Autonome beteiligten sich an den Protesten. Kampagne "Castor? Schottern!" Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte die Kampagne "Castor? Schottern!", die neben demokratischen auch von linksextremistischen Einzelpersonen und Gruppierungen wie "Avanti" unterstützt wurde. Das erklärte Ziel der Kampagne war es, die für den Transport der Castor-Behälter notwendigen Gleisanlagen unbrauchbar zu machen. In der vorher verbreiteten Absichtserklärung wird formuliert: "Wir sind entschlossen, massenhaft den Schotter aus dem Gleisbett zu entfernen, also die Gleise zu unterhöhlen und sie damit für den Atommüllzug unbefahrbar zu machen. [...] Um auf die Strecke zu kommen, werden wir gemeinsam Polizeiabsperrungen überwinden, umgehen oder durch sie hindurchfließen. Wir lassen uns nicht stoppen." (Absichtserklärung der Kampagne "Castor? Schottern!", 27.10.2010) Gewalttätige Aktionen gegen Personen schließe der Aktionskonsens jedoch aus, betonten die Organisatoren. Am 7. November 2010 beteiligten sich mehrere Tausend Personen am sogenannten "Schottern". "Anti-Atom"-Aktivitäten der Bremer Autonomen Die "Anti-Atom-Bewegung" wird sowohl bundesweit als auch in Bremen vornehmlich von nichtextremistischen Bürgerund Umweltinitiativen getragen. Bei anstehenden Castor-Transporten greifen jedoch auch Bremer Autonome das Thema auf. So beteiligte sich die linksextremistische Gruppe "Avanti" am 6. November 2010 an einer "Aktion für die Daheimgebliebenen - Anti-Atom-Soli-Demo" in der Bremer Innenstadt von etwa 300 Personen. Im Dezember 2010 kamen rund 50 Personen, größtenteils autonome Atomkraftgegner, zu einer Spontandemonstration in der Bremer Innenstadt zusammen. Sie solidarisierten sich mit den Protesten gegen den Castor-Transport ins Zwischenlager Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern. 4.3 Kommunikation Das Internet ist das wesentliche Kommunikationsmittel der autonomen Szene. Die meisten linksextremistischen Gruppen und Bündnisse in Bremen nutzen das Internet auch zur Selbstdarstellung. Die teilweise sehr professionell gestalteten Internet-Seiten bieten u. a. Veranstaltungsübersichten, Mobilisierungsaufrufe und 43 Kontaktmöglichkeiten. Internetportale Neben einer Vielzahl von offenen und geschlossenen Internetportalen stellt das internationale Mediennetzwerk "Indymedia" mit seinem deutschen Ableger "Indymedia Deutschland" eine zentrale Kommunikationsplattform für das gesamte "linke" Spektrum dar. "Indymedia" betreibt einen "offenen Journalismus", d. h., jeder Internetnutzer kann dort ohne redaktionelle Vorgaben und unter Nutzung eines Pseudonyms Beiträge veröffentlichen, die andere Internetnutzer wiederum kommentieren und ergänzen können. Die Beiträge reichen von Berichten zum Verlauf von Kundgebungen über Analysen zu tagespolitischen Entwicklungen bis hin zu Informationsoder Diffamierungskampagnen gegen politische Gegner. Speziell für Bremen gibt es seit September 2009 das Internetforum "end of road". Die Betreiber kündigten zu Beginn an, dass es sich um ein "antikapitalistisches Projekt" handele und sie "nur Dinge veröffentlichen, die dem Sinne des Projektes entsprechen und eine antifaschistische, autonome und antinationale Grundhaltung haben." (Internetblog "end of road", 06.09.2009) Zentrales Anliegen sei es, "regionale Geschehnisse zu dokumentieren und für Interessierte zugänglich zu machen." Die veröffentlichten Artikel, Aktionsberichte, Demonstrationsaufrufe und Terminankündigungen spiegeln daher ein breites Themenspektrum wider. Die Nutzer können die eingestellten Artikel kommentieren und sind darüber hinaus zum Einsenden von Berichten und Terminankündigungen aufgefordert. Die veröffentlichten Beiträge stammen jedoch auch aus Tageszeitungen oder dem Internetportal "Indymedia". Szene-Zeitschriften Wenngleich die über Jahrzehnte dominierenden klassischen Printmedien durch die Verbreitung elektronischer Medien in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung verloren haben, gibt es nach wie vor Zeitschriften mit regionaler und überregionaler Bedeutung für die autonome Szene. Ein zentrales Publikationsorgan ist die in Berlin herausgegebene Szenezeitschrift "Interim", die als eine von wenigen autonomen Schriften bundesweite Bedeutung genießt. Die Szenezeitschrift dient vor allem dem gewaltbereiten autonomen Spektrum zur Information und Diskussion. In der "Interim" finden sich Beiträge zu aktuellen Themen, aber auch Rechtfertigungen zur Gewaltanwendung sowie Aufforderungen und Anleitungen zu Gewalttaten. Um Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren, gibt es keine feste Redaktion, auch wird kein Szene-Zeitschrift "Interim" Impressum abgedruckt. In Bremen erschien im Februar 2010 die neue Szenezeitschrift "LaRage". Bereits der Titel deutet auf die autonome Szene als Zielgruppe hin. Im Vorwort der ersten Ausgabe heißt es: "In LaRage (französisch: die Wut)" sollen zweierlei Dinge passieren. Zum Einen soll sich verdichten, was in Politgruppen, Szenekneipen und Wohnprojekten nächtelang diskutiert worden ist, zum Anderen sollen praktische Erfahrungen und Anregungen in der 'radikalen Linken' verbreitet werden." (Fehler im Original) Die in der Zeitschrift veröffentlichten Artikel umfassen unterschiedliche Themenbereiche, vom "Antifaschismus" bis hin zu "Sozialen Kämpfen". Die meisten Artikel stammen dabei aus anderen "linken" Medien. Für die zweite Ausgabe der "LaRage" wurde z. B. aus der Szene-Zeitschrift "Interim" die Anleitung zum Bau von Molotowcocktails Szene-Zeitschrift "LaRage" übernommen. Im Impressum ist eine fiktive Person genannt, um mögliche Strafverfolgungsmaßnahmen zu erschweren. 4.4 Linksextremistische Parteien und sonstige Organisationen Linksextremistische Parteien sind im Allgemeinen bestrebt, ihr Ziel der Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats unter formaler Beachtung demokratischer Regeln 44 und unter Ausnutzung des grundgesetzlich garantierten Schutzes von Parteien zu verfolgen. Die in Bremen aktiven linksextremistischen Parteien DKP und MLPD streben in erster Linie nicht nach parlamentarischer Repräsentanz, sondern sind sich ihrer geringen Erfolgsaussichten bei Wahlen bewusst und verfolgen daher ihre politischen Ziele vor allem im außerparlamentarischen Raum, wo sie jedoch ebenso kaum wahrnehmbar sind. In Bremen existieren daneben mehrere linksextremistische Splittergruppen, wie z. B. die SAV oder die FAU-IAA. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) ist die Kernorganisation der orthodoxen Kommunisten. Die 1968 gegründete Partei versteht sich als politische Nachfolgerin der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Sie bekennt sich als "Partei der Arbeiterklasse" zum Marxismus-Leninismus und strebt eine revolutionäre Umgestaltung der bestehenden Gesellschaft an. Bundesweit verfügt die DKP über ca. 4.000 Mitglieder, davon in Bremen ca. 70 Personen. Aufgrund ihrer Chancenlosigkeit bei Wahlen versucht die Partei vorwiegend, ihre kommunistische Weltanschauung in sozialen Bewegungen und pluralistischen Bündnissen zu verbreiten. Die DKP ist jedoch aufgrund ihrer überalterten Mitgliederstruktur sowie finanzieller und struktureller Probleme auch im außerparlamentarischen Bereich in den vergangenen Jahren kaum noch als politische Kraft wahrnehmbar gewesen. Von der Bremer DKP gingen im Jahr 2010 keine eigenen öffentlichen Aktivitäten aus. Die Partei beteiligte sich lediglich an einer "Anti-AtomDemonstration" im April 2010 in der Nähe von Elmshorn. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland" (MLPD) Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschland" (MLPD) hält unverändert an ihrer maoistisch-stalinistischen Ausrichtung und der Notwendigkeit eines revolutionären Kampfes fest. Ziel der 1982 aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) hervorgegangenen MLPD ist die Überwindung des bestehenden politischen Systems. Bundesweit zählt die Partei 2.000 Mitglieder, davon in Bremen etwa 15 Personen. Die Bremer MLPD trat lediglich am 1. Mai 2010 mit einem Informationsstand öffentlich in Erscheinung. "Sozialistische Alternative" (SAV) Die 1994 gegründete trotzkistische "Sozialistische Alternative" (SAV) ist die deutsche Sektion des internationalen trotzkistischen Dachverbandes "Committee for a Workers' International". Die SAV beabsichtigt, eine "revolutionäre sozialistische Masseninternationale" aufzubauen, den Kapitalismus abzuschaffen und diesen durch eine "sozialistische Demokratie" zu ersetzen. Bundesweit zählt die Organisation 400 Mitglieder, die Ortsgruppe Bremen besteht aus ca. 20 Personen. Im Jahr 2010 gingen keine eigenen Aktivitäten von der Bremer SAV aus. Im März 2010 nahm sie an einer von der KPD-AB angemeldeten Kundgebung in der Bremer Innenstadt teil. "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (KPD-AB) Bei dem in den 1970er-Jahren aus "Arbeiter-Basisgruppen" hervorgegangenen "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (KPD-AB) handelt es sich um eine revolutionär-marxistische Organisation, die bundesweit über ca. 100 Mitglieder und in Bremen über ca. 10 Mitglieder verfügt. Am 27. März 2010 meldete ein Mitglied des KPD-AB eine Kundgebung "Gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf 45 die Werktätigen" in Bremen an. Hauptinitiator war jedoch ein nichtextremistisches Bündnis aus Betriebsräten und Vertrauensleuten. Etwa 100 Personen protestierten gegen "Lohndrückerei", Entlassungen und Rationalisierungen. Wesentlich geringer fiel die Teilnehmerzahl bei einer von der KPD-AB ausgerichteten Kundgebung aus. So fanden sich am 15. November 2010 rund 10 Personen zu einer Kundgebung auf dem Bremer Marktplatz ein. "Freie Arbeiterinnenund Arbeiter-Union" (FAU-IAA) Die 1977 gegründete "Freie Arbeiterinnenund Arbeiter-Union/Internationale ArbeiterAssoziation" (FAU-IAA) versteht sich als "anarchistische Gewerkschaft" und engagiert sich vorrangig in Betrieben. Durch Fabrikbesetzungen, Sabotagen und Streiks beabsichtigt die FAU-IAA, revolutionäre Gewerkschaften und militante Betriebsgruppen aufzubauen. Bundesweit gehören der Organisation ca. 340 Mitglieder an, davon in Bremen etwa 15 Personen. Im Jahr 2010 war die FAU-IAA nicht in der Öffentlichkeit präsent. "GegenStandpunkt" Die revolutionär-marxistische Gruppe "GegenStandpunkt", die bis 1991 "Marxistische Gruppe" (MG) hieß, existiert nach ihrer offiziellen Auflösung heute bundesweit unter verschiedenen Bezeichnungen weiter. Bundesweit sind der Organisation rund 10.000 Mitglieder zuzurechnen, in Bremen besteht sie aus etwa 250 Personen. Die Gruppe "GegenStandpunkt" vertritt einen modifizierten, elitären Marxismus und propagiert ihre verfassungsfeindlichen Absichten im Gegensatz zu anderen kommunistischen Organisationen nicht offen. Ihre besonderen Merkmale sind ihre destruktive und zynische Kritik an gesellschaftspolitischen Entwicklungen und ihr konspiratives Verhalten. So handelt es sich um einen weitgehend geschlossenen Personenkreis, der sich überwiegend aus Akademikern zusammensetzt. Ihre Aktivitäten in Bremen beschränkten sich auch im Jahr 2010 auf regelmäßige Vortragsveranstaltungen. E EL und islamistischer Ter 54 Istamismus 52 Islamistischer Terrorismus 824 Ideologischer Hintergrund 5.2.2 Schauplätze des islamistischen Terrorismus 5.2.3 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" 5.2.4 Internet und andere Medien 525 Islamistischer Terrorismus in Deutschland 53 Islamismus in Bremen 5341 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e. V." (IKZ) 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e. V." (KuF) 533 "Tablighi Jama'at" (TJ) 5.3.4 "Hizb Allah" 535 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) 5 Islamismus und islamistischer Terrorismus DerArbeitsschwerpunkt der Sicherheitsbehörden lag im Jahr 2010 beim islamistischen Terrorismus und Islamismus. Deutschland steht insbesondere wegen seiner Unterstützung der NATO-Mission in Afghanistan auch weiterhin im Fokus islamistischer Terrorgruppierungen. Während 2009 zahlreiche Drohvideos im Zusammenhang mit der Bundestagswahl erschienen waren, verschärfte sich 2010 die Gefährdungslage in Deutschland durch die sich verdichtenden Hinweise auf Anschlagsplanungen gegendie USA, Europa und Deutschland von "al-Qaida" und ihnen nahe stehenden Organisationen. Im Oktober 2010 wurden Paketbomben aus dem Jemen in die USA versandt, die Sprengsätze aus dem Jemen Der Weg der Luftpostsendungen jedoch vor der geplanten Explosion entdeckt und entschärft werden konnten. Eine Ablegerorganisation von "al-Qaida", "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel", bekannte sich im Nachhinein zu dem Anschlagsversuch und erklärte, er sei Teil einer neuen Strategie, die auf die wirtschaftliche Schwächung "des Westens" ziele. Angesichts der finanziellen Einbußen, die die Paketbomben z. B. in der Logistikbranche verursachten, Bombe -- Bombe 2 -- sah die Organisation in dem vereitelten Anschlag einen Teilerfolg. Der missglückte Terroranschlag in der schwedischen Hauptstadt Stockholm im Dezember 2010 macht 13048 die Bedrohung durch den sogenannten "Home-grown"-Terrorismus deutlich. Bei dem getöteten Selbstmordattentäter handelte es sich um einen jungen Iraker, der in Transportverlauf der Schweden zur Schule gegangen war und in Großbritannien studierte. Paketbomben Aus denin diesem Jahr verstärkten Hinweisen für Anschlagsplanungen ergaben sich bislang keine Bezüge nach Bremen. Dennoch ist in Bremen eine wachsende radikal-islamistische Szene festzustellen, die vom LfV im Zusammenwirken mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der anderen Länder beobachtet wird. DerInformationsaustausch und die Koordination von operativen Maßnahmen und Ermittlungen erfolgen dabei im Wesentlichen über das "Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) in Berlin. In Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichter Anstieg des islamistischen Personenpotenzials zu verzeichnen; die Zahl der diesem Bereich zuzurechnenden Personen stieg von 36.300 im Jahr 2009 auf 37.500 im Jahr 2010. Der Großteil der Personen gehört dabei nicht terroristischen, sondern islamistischen Organisationen an. In Bremen waren 2010 etwa 2.160 Personen islamistischen Gruppierungen zuzurechnen, 2009zählten ca. 2.150 Personen dazu. 5.1 Islamismus Islamismus bezeichnet eine politische Ideologie, die anstelle des demokratischen Rechtsstaates eine islamistische Gesellschaftsund Rechtsordnung vorsieht. Ziel ist es, die freiheitliche demokratische Grundordnung durch islamische Vorschriften 48 ("Scharia") zu ersetzen. Das hier im Mittelpunkt stehende "Prinzip der Gottessouveränität" widerspricht dem "Prinzip der Volkssouveränität". So lehnen Islamisten insbesondere die Gleichberechtigung von Mann und Frau ab. In der Öffentlichkeit werden die Begriffe Islamismus und Islam häufig gleichbedeutend verwendet oder verwechselt. Die politische Ideologie des Islamismus ist jedoch deutlich von der Religion des Islam zu trennen. Während der Islam lediglich die Religion bezeichnet, bedient sich der Islamismus der Religion, um seine politischen Ziele religiös zu legitimieren und durchzusetzen. Kennzeichen islamistischer Bestrebungen . Islamisten folgen nicht nur ihrer religiös fundamentalistischen Überzeugung, sondern sind darüber hinaus politisch motiviert. . Das Ziel ist, unter Berufung auf die "Scharia" eine vom Islam vorgegebene Gesellschaftsordnung zu verwirklichen, die für alle Bürger unabhängig von ihrer Religion gilt und die die Regeln und Gesetze eines demokratischen Rechtsstaates ersetzen soll. . Islamisten fordern ein islamisches Staatswesen und die wörtliche Geltung von Koran und Sunna für jede Lebenssituation. . Islamisten lehnen die westliche Zivilisation, ihre Werte und ihr Demokratieverständnis generell ab. "Scharia" "Scharia" bedeutet wörtlich übersetzt "Weg zur Quelle" und wird heute häufig als Begriff für das islamische Recht verstanden. Die bis zum Ende des 9. Jahrhunderts entstandene "Scharia" beruft sich auf vier Quellen: den Koran, die gesammelten Prophetentraditionen (Sunna), den Konsens der Gelehrten ("Idschma") und den Vergleich von früher zu heute ("Qiyas"). Die "Scharia" ist nirgends abschließend festgeschrieben, sondern unterliegt einer steten Auslegung. Die "Scharia" besteht im Wesentlichen aus zwei Bereichen, dem "Ibadat" und dem "Mu'amalat". Der "Ibadat" umfasst Vorschriften zum rituellen Leben und Pflichten gegenüber Gott. Dort sind u. a. neben den fünf Säulen des Islam die rituelle Reinheit (z. B. Waschungen vor dem Gebet) und das Verbot bestimmter Speisen (z. B. Schweinefleisch) geregelt. Der "Mu'amalat" befasst sich mit den Regeln des menschlichen Zusammenlebens. Dort finden sich Bestimmungen zum Ehe-, Familien-, Personenstands-, Vermögens-, Verkehrsund Wirtschaftsrecht sowie aus dem Strafrecht wieder. Während die Mehrheit der Muslime heute lediglich einen Teil der "Scharia" ("Ibadat") befolgt und sich an die dort festgelegten Vorschriften zum rituellen Leben und an die Pflichten gegenüber Gott hält, fordern Islamisten die unmittelbare und vollkommene Umsetzung der "Scharia". Einige Vorschriften in der "Scharia", die das menschliche Zusammenleben regeln ("Mu'amalat"), widersprechen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der geltenden Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. So verletzen strafrechtliche Vergeltungsstrafen die grundrechtlich garantierte körperliche Unversehrtheit, wie z. B. das Handabhacken oder die Steinigung. Die Ungleichbehandlung der Geschlechter zeigt sich beispielhaft in den Rechtsgebieten des Erbund Familienrechts. Auch wird die Herabwürdigung der Frau dadurch deutlich, dass die Zeugenaussage eines Mannes in einigen Bereichen so schwer wiegt wie die zweier Frauen. Ausgehend von ihrer jeweiligen Entstehung habensich unterschiedliche Ausprägungen der islamistischen Ideologie entwickelt. Entscheidend wirken dabei vor allem die verschiedenen Gelehrten oder politischen Vertreter, die maßgeblich an ihrer Auslegung beteiligt sind. Auch ihre geographische Herkunft spielt eine entscheidende Rolle, insbesondereob sie türkischen oder arabischen Ursprungs sind. 5.2 Islamistischer Terrorismus Die Grenze zwischen islamistischem Extremismus und islamistischem Terrorismus ist teilweise fließend, weil zum einen die ideologische Ausrichtung und die damit begründete Gewaltaffinität der Anhänger nicht immer eindeutig definiert werden kann, zum anderen weil terroristische Gruppen ihre Anhänger häufig aus islamistisch-extremistischen Organisationen rekrutieren. Islamistische Bestrebungen sind hauptsächlich nach der Wahl ihrer Mittel zu differenzieren: m Islamistisch-extremistische Organisationen wollen die Staatsund Gesellschaftsordnung in ihren Herkunftsländern zugunsten eines islamischen Staatswesens durch politische Einflussnahme verändern. Ziel ihrer politischen Strategie ist es, auch in Deutschland im Sinneihrer Ideologie leben zu können. Durch politische und gesellschaftliche Veränderungen möchten sie rechtliche Freiräume für ein "schariakonformes" Leben erzielen. m Islamistische Terrororganisationen wollen ihre Ziele demgegenüber mit Gewalt und durch das Verüben von Anschlägen durchsetzen und streben eine "islamische Weltordnung" an. 5.2.1 Ideologischer Hintergrund Der überwiegende Teil der islamistisch-terroristischen Bewegung ist jihadistisch geprägt. Die Anhänger dieser Ideologie legitimieren die von ihnen verübten Terroranschläge religiös. "Jihad" bedeutet wörtlich übersetzt "Anstrengung" oder "Bemühung" und meint die geistlich-spirituellen Bemühungen der Gläubigen um dasrichtige Verhalten gegenüber Gott. Islamische Gelehrte unterscheiden hierbei zwischen dem "Großen Jihad" und dem "Kleinen Jihad". Mit dem "Großen Jihad" sind alle "inneren Bemühungen" eines Muslims gemeint, die moralischen Maßstäbe des Islam so gut wie möglich zu befolgen. Der "Kleine Jihad" dagegen meint den Kampfeinsatz zur Verteidigung sowie zur Ausbreitung des islamischen Herrschaftsbereichs. Die Jihadisten beziehen sich demzufolge auf den "Kleinen Jihad". Sie führen unter dem Leitprinzip des "Jihad" einen gewaltsamen Kampf, den "heiligen Krieg", gegen die angeblichen Feinde des Islam. Dieser religiösen Legitimation bedienen sich nicht nur das Terrornetzwerk "al-Qaida" und ihre Ablegerorganisationen, sondern auch von "al-Qaida" organisatorisch unabhängig agierende jihadistische Einzelgruppierungen undEinzeltäter. Die Grafik verdeutlicht, dass radikale Ansichten nur von einem Bruchteil der Muslime vertreten werden Ideologie des Salafismus Den Jihadisten dient der Salafismus als ideologisches Fundament. Die Ideologie des Salafismus beruft sich auf die frühislamische Zeit. Salafisten versuchen, die Lebensweise der Muslime in Mekka und Medina zur Zeit des Propheten Muhammad im 7. Jahrhundert detailgetreu zu kopieren. Die Anhänger dieser Ideologie sind der 50 Überzeugung, dass Probleme der Gegenwart durch die Rückbesinnung auf den "wahren Islam" gelöst werden können. Anpassungen der Islamauslegung an veränderte gesellschaftliche und politische Gegebenheiten werden durch die Salafisten als "unislamisch" kategorisch abgelehnt und führen - so die Vorstellung - zwangsläufig zum "Unglauben". Auch im Alltag orientieren sich Salafisten an den Lebensumständen der frühislamischen Zeit und befolgen z. B. spezielle Zahnputztechniken und tragen nach dem Vorbild des Propheten Muhammad knöchellange Gewänder oder Vollbärte. Beim Salafismus kann zwischen einer politischen und einer jihadistischen Strömung unterschieden werden, wobei die Grenze zum Teil fließend ist. Politische Salafisten beabsichtigen, durch intensive Propaganda und Missionierung einen islamischen Staat zu errichten, in dem ausschließlich die Gesetze Gottes gelten. Jihadistische Salafisten versuchen hingegen, die Errichtung eines islamischen Staates durch den gewaltsamen Kampf gegen "den Westen" und damit auch durch Terroranschläge durchzusetzen. 5.2.2 Schauplätze des islamistischen Terrorismus Beim islamistischen Terrorismus handelt es sich um ein globales Phänomen. Nicht nur für die USA, Europa oder Deutschland bedeutet der islamistische Terrorismus eine Gefährdung für die Innere Sicherheit, Schauplätze des islamistischen Terrorismus sind insbesondere der Irak und Afghanistan. Das Hauptbetätigungsfeld und Rückzugsraum für islamistische Terroristen stellt vor allem der Irak dar. Ein internationales Truppenkontingent unter amerikanischer Führung bemüht sich seit 2003 um die Herstellung einer stabileren Sicherheitslage, der vollständige Truppenrückzug ist für Ende 2011 geplant. Im Irak herrschten auch 2010 vielerorts bürgerkriegsähnliche Zustände, so verübte eine regionale Ablegerorganisation von "al-Qaida", "al-Qaida im Irak", im Oktober 2010 einen Anschlag auf eine katholische Kirche in der irakischen Hauptstadt Bagdad, bei dem über 50 Personen ums Leben kamen. Im Frühjahr 2010 hatte es bei einem Selbstmordanschlag in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Bakuba mindestens 30 Tote und über 70 Verletzte gegeben. Zum Betätigungsschwerpunkt von islamistisch motivierten Terroristen gehört ebenfalls Afghanistan, wo die Bundeswehr seit 2002 unter NATO-Führung im Einsatz ist. Die Bundeswehr gilt hier als Zielscheibe für die islamistischen Terroristen. Bei Anschlägen starben 2010 acht deutsche Soldaten, 24 Soldaten wurden verletzt. Seit Beginn des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan erreichte die Opferzahl deutscher Soldaten damit einen neuen Höchststand. 5.2.3 Globales Terrornetzwerk "al-Qaida" "Al-Qaida" vollzog innerhalb der letzten 15 Jahre einen fundamentalen Wandel von einer Organisation mit festen Strukturen zu einem globalen losen Terrornetzwerk. Das Netzwerk umfasst einerseits regionale Ablegerorganisationen von "al-Qaida", wie "al-Qaida im Irak" (AQiI), "al-Qaida im islamischen Maghreb" (AQM) und 51 "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" (AQAH). Andererseits setzt sich das Terrornetzwerk aus einer Vielzahl von islamistisch-terroristischen Organisationen zusammen, wie den radikal-sunnitischen "Taliban" oder der "Islamischen Jihad Union" (IJU), sowie einzelnen Terrorzellen aus dem Nahen Osten, Afrika und Europa. Viele dieser Organisationen und Terrorzellen stehen nicht in unmittelbarem Kontakt zur "Kernorganisation" "al-Qaida". Sie agieren unter Beachtung der "al-Qaida"-Ideologie vollkommen autonom. Dadurch ist es dem Terrornetzwerk "al-Qaida" grundsätzlich möglich, weltweit zu agieren und zu jeder Zeit, an jedem Ort und gegen jedes Ziel Anschläge durchzuführen. Grund für diese Diversifizierung war vor allem der hohe Fahndungsdruck, dem "al-Qaida" seit dem 11. September 2001 ausgesetzt ist. Seit Anfang 2009 gelang es den NATO-Truppen in Afghanistan, die Organisation insbesondere durch zunehmende Drohnenangriffe zu schwächen. Entstehung und Ideologie des Terrornetzwerkes "al-Qaida" Als Organisation in der jetzigen Form entstand "al-Qaida" Ende der 1980er-Jahre, als sich die von Usama bin Laden gegründete afghanische Terrorgruppe mit einer ägyptischen Terrororganisation unter Leitung von Aiman az-Zawahiri verbündete. In der heute existierenden Organisation gilt az-Zawahiri nach bin Laden als zweite Person in der Hierarchie sowie als ihr ideologischer Führer. Im Widerstand gegen die von 1979 bis 1989 andauernde sowjetische Besatzung gründete bin Laden die Gruppe "al-Qaida". Mit Waffen und der Rekrutierung ausländischer Kämpfer unterstützte "al-Qaida" insbesondere den Kampf von religiösen Guerilla-Gruppierungen, den sogenannten "Mujahidin". Noch heute wird bin Laden als Führer und Symbolfigur für den "gerechten Kampf" verehrt. Nach dem Rückzug der sowjetischen Truppen, der als großer Sieg der "Mujahidin" und auch für "al-Qaida" galt, erklärte "al-Qaida" dem "Westen" den "Jihad". Die Ideologie von "al-Qaida" und ihre wiederholten Aufrufe zu Gewalt und Terror bildeten den ideologischen Ausgangspunkt für zahlreiche Anschläge in aller Welt, so z. B. die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA, am 11. März 2004 in Madrid und am 7. Juli 2005 in London. Die Ideologie von "al-Qaida" sieht vor, den "fernen Feind" anzugreifen, gemeint sind die USA und ihre Verbündeten, um ihn von der weiteren Unterstützung des "nahen Feindes" abzuhalten. Als "nahen Feind" bezeichnet "al-Qaida" die arabischen Länder, die nach ihrer Auffassung nicht islamkonform regiert werden. Bin Laden erklärte darüber hinaus, dass es die Pflicht jedes Muslims sei, amerikanische Soldaten und Zivilisten sowie die Verbündeten der USA jederzeit zu töten. Sein Aufruf zur Tötung von "Ungläubigen" habe so lange Geltung, bis die "heiligen Stätten" der Muslime von ihnen befreit seien. Usama bin Laden und Aiman az-Zawahiri 5.2.4 Internet und andere Medien Das Internet dient gewaltbereiten und nichtgewaltbereiten Islamisten als wichtiges Medium zur Kontaktpflege, Verbreitung von Propaganda und Rekrutierung von neuen Anhängern. Ihre mediale Präsenz im Internet hat sich in den vergangenen Jahren insbesondere durch sogenannte Medienzentren erhöht, wie z. B. das Medienzentrum der "Kern-al-Qaida" "as-Sahab Media" oder das Medienzentrum "al-Furqan" der "al-Qaida im Irak". Vielfältige Nutzungsmöglichkeiten des Internets für islamistische Terroristen . Selbstinszenierung mit dem Ziel, Stärke zu demonstrieren und Angst zu verbreiten . Verbreitung von Propaganda . Sammlung von Spenden . Informationsaustausch und verdeckte Kommunikation innerhalb der Netzwerke 52 . Inspiration und Motivation der Anhänger zum Fortbestand terroristischer Netzwerke und zur Durchführung von Terroranschlägen . Virtuelle Trainingslager und Anleitungen zur Durchführung von Anschlägen Onlinemagazin "Inspire" Eine neue Qualität im Hinblick auf Inhalt und Zielgruppe stellt das 2010 erstmals erschienene englischsprachige Onlinemagazin "Inspire" dar, das von der "al-Qaida auf der arabischen Halbinsel" herausgebracht wird. Durch die englische Sprache werden hauptsächlich Islamisten und Sympathisanten in Europa erreicht, die der arabischen Sprache nicht mächtig sind. In den ersten drei Ausgaben des Magazins wurden die Leser wiederholt dazu aufgerufen, sich am "heiligen Krieg" zu beteiligen oder sich zur Vorbereitung von Anschlägen in den europäischen Heimatländern zusammenzuschließen. Das Magazin gibt auch Anregungen dazu, wie Anschläge in Europa begangen werden könnten. "Inspire"-Ausgabe von Oktober 2010 5.2.5 Islamistischer Terrorismus in Deutschland Die Sicherheitsbehörden in Deutschland stellten im Jahr 2010 eine Zunahme der Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus fest. Die verschärfte Sicherheitslage hat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere bewogen, am 17. November 2010 an die Öffentlichkeit zu treten: "Seit Mitte des Jahres 2010 verzeichnen die Sicherheitsbehörden verstärkt Hinweise, wonach die Terrororganisation ,al-Qaida' längerfristig plane, Anschläge in den USA, in Europa und auch in Deutschland zu begehen. [...] Zu den bisherigen Erkenntnissen sind nunmehr weitere gefährdungsrelevante Erkenntnisse und Sachverhalte hinzugetreten, die in übereinstimmender Bewertung der Sicherheitsbehörden die Einschätzung begründen, dass wir es gegenwärtig mit einer neuen Lage zu tun haben. [...] Das hohe Maß an nunmehr zeitund inhaltlichen Übereinstimmungen mit der bisherigen eher allgemeinen Hinweislage hat die Lage verändert. [...] Meine Damen und Herren, es gibt Grund zur Sorge, aber keinen Grund zu Hysterie. Wir lassen uns durch den internationalen Terrorismus weder in unseren Lebensgewohnheiten noch in unserer freiheitlichen Lebenskultur einschränken. [...] Seien sie sicher, dass wir gemeinsam mit unseren internationalen Partnern alles in unserer Macht stehende tun werden, um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten." Die Bedrohung für die Innere Sicherheit geht insbesondere von Personen des gewaltbereiten islamistischen Spektrums aus, die in Terrorlagern im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet speziell auf Anschläge in Deutschland vorbereitet werden. Im Jahr 2010 reisten vermehrt gewaltbereite Islamisten von Deutschland in die Region. Seit Beginn der 1990er-Jahre haben insgesamt etwa 220 Personen aus Deutschland eine paramilitärische Ausbildung erhalten oder diese zumindest angestrebt. Ungefähr die Hälfte dieses Personenkreises befindet sich vermutlich wieder in Deutschland, während sich die andere Hälfte an Kampfhandlungen in Afghanistan oder im Irak beteiligt oder sich an einem unbekannten Ort aufhält. Eine hohe Gefährdung geht ebenso von "fanatisierten" Einzeltätern aus, die keine solche Ausbildung durchlaufen haben. In Deutschland ist zu beobachten, dass die Zahl junger Muslime wächst, die sich intensiv mit der gewaltorientierten Ideologie von "al-Qaida" auseinandersetzen. Das englischsprachige Onlinemagazin "Inspire" stellt dazu ein wichtiges Medium dar. Insbesondere Orte mit hohem Symbolwert oder mit hoher infrastruktureller Bedeutung stellen potenzielle Anschlagsziele dar. Dazu zählen neben Flughäfen und Bahnhöfen auch Orte, die aus Sicht der Attentäter die typisch westliche Lebensweise symbolisieren, wie z. B. Einkaufszentren. Einer hohen Gefährdung sind in Deutschland auch US-amerikanische, britische, israelische und jüdische Einrichtungen ausgesetzt. Darüber hinaus dient Deutschland dem islamistisch-terroristischen Netzwerk als 53 Rückzugs-, Logistik-, Vorbereitungsund Rekrutierungsraum. Islamistisch-terroristische Gruppen unterstützen den "heiligen Krieg" von Deutschland aus vor allem auf finanzielle und materielle Art, z. B. mit gefälschten Papieren oder Elektronikartikeln. Exkurs: "Home-grown"-Terrorismus und Radikalisierungsprozesse Die Profile islamistischer Terroristen haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Längst stellen nicht mehr nur aus dem Ausland eingereiste Attentäter eine Bedrohung der Inneren Sicherheit dar. Eine hohe Gefährdung geht von sogenannten "Home-grown"-Terroristen aus, die in westlichen Staatsund Gesellschaftsformen aufgewachsen und sozialisiert worden sind. Wenngleich "Home-grown"-Terroristen äußerlich meist gut in die Gesellschaft integriert scheinen, wenden sie sich radikal islamistischem Gedankengut zu und fühlen sich zur Verübung von Anschlägen berufen. Durch ihre Sozialisation bewegen sich "Home-grown"-Terroristen bei der Planung und Durchführung von Anschlägen in der Regel unauffälliger als aus dem Ausland eingereiste Attentäter. Strukturen des "Home-grown"-Terrorismus wurden in Deutschland mit der "Sauerland-Gruppe" sichtbar, deren Mitglieder in Deutschland aufgewachsen waren. Im März 2010 wurden sie wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Ihr Ziel war es zunächst, sich an Kampfhandlungen im Irak oder in Tschetschenien zu beteiligen. In Vorbereitung auf ihren Kampfeinsatz "Sauerland-Gruppe" ließen sie sich in einem pakistanischen Ausbildungslager der "Islamischen Jihad Union" schulen, wo sie ihre Pläne neu ausrichteten und nunmehr Terroranschläge in Deutschland planten. Der missglückte Terroranschlag in einer gut besuchten Einkaufsstraße in der Stockholmer Innenstadt am 11. Dezember 2010 zeigt nicht nur, dass Europa im Visier islamistischer Terroristen steht, sondern auch die akute Gefährdung durch sogenannten "Home-grown"-Terroristen. Der getötete Selbstmordattentäter, der sich selbst in die Luft sprengte und zwei weitere Personen verletzte, war als Kind aus dem Irak nach Schweden gekommen, dort zur Schule gegangen und studierte zuletzt in Großbritannien. Radikalisierungsprozesse Die Wandlung in die Gesellschaft integriert erscheinender junger Männer zu islamisTerroranschlag in Stockholm tisch motivierten Gewalttätern wirft Fragen zum Radikalisierungsprozess auf. Die im Dezember 2010 wissenschaftliche Betrachtung des Themas befindet sich noch am Anfang. Einen Erklärungsansatz bietet das Modell des "New York Police Department" aus dem Jahre 2007, demzufolge Radikalisierung in mehreren Phasen erfolgt. In der Phase der Vorradikalisierung löst sich die Person von ihrem ursprünglichen Umfeld und wendet sich einem neuen Umfeld zu, z. B. einer extremistischen Moschee. Zum Ende der Phase knüpft die Person verstärkt Kontakte in das islamistische Milieu. In der Selbstidentifikationsphase rutscht die Person auf der Suche nach der eigenen Identität in das islamistische Milieu ab. In dieser Phase wirken insbesondere Schlüsselpersönlichkeiten aus dem salafistischen Spektrum, islamistische Internetseiten oder fundamentalistische Literatur auf die Person ein. Es beginnt die "Erkundungsreise" in die Welt des Salafismus. In der Indoktrinationsphase steigert sich die Radikalisierung durch verschiedene Faktoren wie die eigene Perspektivlosigkeit, mediale "Jihad"Vorbilder oder durch Kontakte zu radikalen geistigen Führern. Die letzte Phase, die Jihadisierung, ist erreicht, sobald sich die Person entscheidet, den bewaffneten Kampf zu unterstützen. 5.3 Islamismus in Bremen In Bremen gehören insbesondere folgende Organisationen zum islamistischen Spektrum: das "Islamische Kulturzentrum Bremen e. V.", der "Kultur & Familien Verein e. V." sowie die "Tablighi Jama'at", die "Hizb Allah" und die "Islamische Gemeinschaft 54 Milli Görüs e. V." 5.3.1 "Islamisches Kulturzentrum Bremen e. V." (IKZ) Personenpotenzial: 250-350 in Bremen (Freitagsgebet) Das "Islamische Kulturzentrum Bremen e. V." (IKZ) wurde 2001 zunächst als "Islamisches Kulturzentrum Abu Bakr Moschee e. V." gegründet und 2003 umbenannt. Führende Vertreter des IKZ sowie ein Teil der Moscheebesucher sind dem Salafismus zuzuordnen, einer fundamental-islamistischen Strömung. In den Vorträgen, Seminaren und Predigten, die im Jahr 2010 im IKZ gehalten wurden, kam die salafistische Ausrichtung deutlich zum Ausdruck, mit den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ist sie unvereinbar. Das IKZ wurde im Dezember 2010 von der Polizei im Rahmen eines vom Bundesinnenministerium eingeleiteten vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens durchsucht. Das Bundesinnenministerium hat den Verdacht, dass das IKZ als Teil eines bundesweit agierenden salafistischen Netzwerkes die verfassungsmäßige Ordnung zugunsGebäude des IKZ im ten eines islamischen Gottesstaates beseitigen will. Von der polizeilichen DurchsuBreitenweg in Bremen chungsmaßnahme war außer dem IKZ auch der Verein "Einladung zum Paradies e. V." (EZP) in Braunschweig und Mönchengladbach betroffen. Zwischen den islamistischen Vereinen IKZ und EZP bestehen enge inhaltliche, personelle und organisatorische Verflechtungen. Ideologisch berufen sich die Vereine weitgehend auf dieselben salafistischen Grundlagen. Aktivitäten des IKZ Im Jahr 2010 hielten salafistische Referenten aus Deutschland und aus Saudi-Arabien regelmäßig Vorträge im IKZ. Im Mai 2010 veranstaltete das IKZ ein mehrtägiges Seminar unter dem Titel "Die Sunnah des Gelehrten Allahs", an dem der bekannte salafistische Prediger Pierre Vogel teilnahm. Sowohl die Auswahl der Referenten als auch die Inhalte der Seminare und Vorträge verdeutlichen, dass die Anhänger des IKZ eine gesellschaftliche Ordnung wie in der frühislamischen Zeit anstreben und damit alle seitdem stattgefundenen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen ablehnen. Das Freitagsgebet ist mit 250 bis 350 Besuchern das am stärksten frequentierte Gebet im IKZ. Die an weiteren Wochentagen abgehaltenen Gebete finden mit jeweils weitaus geringerer Beteiligung statt. Als Vorbeter wirken führende Vertreter des IKZ. Die Besucher stammen vor allem aus Nordafrika und der Türkei sowie vom Balkan und aus dem Kaukasus. Einladung zum Seminar Zentrale Personen des IKZ betrachten es als ihre religiöse Pflicht, allen Menschen ihren islamischen Glauben näher zu bringen; dieser Pflicht kommen sie durch die Missionierungsarbeit ("Da'wa") nach. Das IKZ organisierte daher 2010 mehrere Informationsstände in der Bremer Innenstadt. "Da'wa" "Da'wa" bedeutet wörtlich übersetzt "Ruf" und kann als "Einladung zum Islam" verstanden werden. Einige Muslime sehen es als ihre Pflicht an, andere Menschen über den Islam aufzuklären und sie zum Islam zu bekehren. So heißt es im Koran (Sure 16, Vers 125): "Ruf [die Menschen] mit Weisheit und einer guten Ermahnung auf den Weg deines Herrn und streite mit ihnen auf eine möglichst gute Art." Nach 55 islamischer Lehre erfolgt die Bekehrung jedoch ohne Androhung oder Anwendung von Gewalt. Internetpräsenz des IKZ Neben den Informationsständen nutzt das IKZ auch das Internet zur Selbstdarstellung. Auf seiner Internetpräsenz finden sich z. B. Veranstaltungshinweise und Literaturempfehlungen. Zwei der Bücher, die 2010 im Internet beworben wurden, beschäftigen sich mit dem Frauenbild nach islamistisch-salafistischer Auffassung, das die Gleichberechtigung von Mann und Frau negiert. Das Buch "Frauen im Schutz des Islam", in dem Gewalt gegenüber Frauen religiös legitimiert wird, wurde von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien 2009 auf die Liste für jugendgefährdende Medien gesetzt. In dem Buch "Die Frau im Islam im Vergleich zur Frau in der judeo-christlichen Tradition" wird nicht nur die Gewalt gegenüber Frauen gerechtfertigt, die Frau wird darüber hinaus als Eigentum des Mannes beschrieben. In einem Kapitel heißt es beispielsweise, "dass das Schlagen der Ehefrau, die gegen die Gebote Allahs verstößt, den letzten Ausweg darstellt". Kindergartenprojekt Die Gründung eines muslimischen Kindergartens wird seit Mitte 2009 von einer dem IKZ nahe stehenden Personengruppe in Form der "Initiative Kindergarten Bremen e. V." vorangetrieben. Bereits jetzt wird im IKZ an Wochenenden Arabischunterricht für Kinder und Jugendliche sowie deren Betreuung angeboten. Mit der Gründung eines eigenen Kindergartens bezweckt die Gruppe, dass ihre Kinder so wenig wie möglich mit westlichen Bräuchen und Wertvorstellungen in Berührung kommen. 5.3.2 "Kultur & Familien Verein e. V." (KuF) Spendenaufruf Personenpotenzial: 20-30 in Bremen Die Anhänger des 2007 gegründeten Bremer "Kultur & Familien Vereins e. V." (KuF) stehen für eine besonders radikale Strömung des Salafismus. Sie lassen sich als jihadistische Salafisten mit "Takfir"-Elementen beschreiben. Der Vereinszweck besteht offiziell in der Zusammenführung von Familien aus internationalen und nationalen Kulturen sowie zur Förderung der Integration, tatsächlich betreibt der Verein jedoch eine Moschee in seinen Vereinsräumen, die sich "Mesjid ul Furqan" nennt. Der KuF verzeichnet seit seiner Gründung einen stetigen Anstieg der Besucherzahlen. Gebäude des KuF in Bremen-Gröpelingen "Takfir"Ideologie Der Salafismus bildet insofern die Grundlage der "Takfir"-Ideologie, als sie ebenso die radikale Rückkehr zu den Wurzeln des Islam und die Errichtung einer islamischen Gesellschaft zum Ziel hat. "Takfir" bedeutet in der arabischen Sprache, "jemanden zum Ungläubigen erklären" und stellt zugleich das zentrale Merkmal der Ideologie 56 dar, wonach jede Person, die sie nicht befolgt, für "ungläubig" erklärt wird. Die konsequente Abschottung der "Takfiris" gegenüber allen Andersgläubigen bezieht sich nicht nur auf Nichtmuslime, sondern auch auf den größten Teil der Muslime, da ihre extreme Intoleranz in Glaubensfragen jegliche Neuauslegung des Korans verbietet. Alle Staatsformen, die nicht auf den Grundsätzen der "Scharia" basieren, werden als "unislamisch" abgelehnt. Die Anhänger der "Takfir-Ideologie" nennen sich selbst "Al Muwahidun" oder "Ansar at-tawhid" ("Anhänger des Eingottglaubens"). Die Anhänger des KuF, die sich zentraler Kennzeichen der "Takfir"-Ideologie bedienen, sind ihrer grundsätzlichen Befürwortung von Gewalt zur Verwirklichung ihrer Ziele wegen als jihadistische Salafisten mit "Takfir"-Elementen einzuordnen. "Ungläubige" sind ihrer Auslegung nach zu bekämpfen und der Abfall vom Glauben ist sogar mit dem Tod zu bestrafen. Damit vertreten die Bremer Anhänger eine Ideologie, die den im Grundgesetz verankerten Werten widerspricht. "Takfir"-Netzwerk und Aktivitäten des KuF Es existiert ein europaweites, wenn auch instabiles "Takfir"-Netzwerk. Dass auch der Bremer KuF in dieses europaweite "Takfir"-Netzwerk eingebunden ist, zeigen die stetig wachsenden Zahlen auswärtiger Besucher sowie die verschiedenen Reisebewegungen im Umfeld des Vereins. Die Instabilität des Netzwerkes resultiert aus Zerwürfnissen, weil sich die Anhänger auch untereinander bei religiösen Meinungsverschiedenheiten für "ungläubig" erklären. Das heutige europäische und deutsche "Takfir"-Netzwerk, das sich vom Balkan aus nach Europa ausbreitete, ist unter anderem deshalb nicht sehr groß. Screenshot eines Zu den Besuchern im KuF zählte auch der mutmaßliche Attentäter, der im September "YouTube"-Videos 2010 eine Explosion in einem Hotel in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen auslöste. Die Polizei geht davon aus, dass der Attentäter einen Anschlag auf die Zeitung "Jyllands-Posten" geplant hatte, die 2005 die sogenannten "MohammedKarikaturen" veröffentlichte. Die Explosion wurde von ihm versehentlich verfrüht herbeigeführt. Während der KuF in den vergangenen Jahren verstärkt das Internet zur Verbreitung seiner Ideologie nutzte und zahlreiche Videos auf dem Internetportal "YouTube" veröffentlichte, sind im Jahr 2010 keine neuen Videos erschienen. Anhänger des KuF waren im Jahr 2010 an der Gründung des Verlags "Dar ul Firdaus" beteiligt, der sich seitdem auf verschiedenen Internetplattformen präsentiert. Nach eigenen Angaben handelt es sich um ein islamisches Verlagshaus, das die Publikation von "authentischer Literatur" zum Ziel hat. Anklage gegen KuF-Gründungsmitglieder Die Bundesanwaltschaft erhob im September 2010 unter anderem gegen zwei Gründungsmitglieder des KuF Anklage wegen Mitgliedschaft in der vornehmlich im Internet agierenden "Globalen Islamischen Medienfront" (GIMF). Bei der GIMF handelt es sich um ein internationales Netzwerk von militanten Internetaktivisten, deren Ziel in der Verbreitung der "al-Qaida"-Ideologie mittels Audiound Videobotschaften und in der Werbung für den gewaltsamen islamistischen Kampf besteht. Den angeklagten KuF-Mitgliedern wird neben der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, für die Internetseiten der deutschen GIMF inhaltlich verantwortlich gewesen zu sein. In Beiträgen sollen sie das Terrornetzwerk "al-Qaida" sowie die ihr nahe stehenden terroristischen Organisationen "al-Qaida im Zweistromland" und "Ansar at-tawhid" unterstützt haben. Darüber hinaus wird einem der KuF-Mitglieder vorgeworfen, den Versuch unternom57 men zu haben, sich am gewaltsamen "Jihad" zu beteiligen. Unterstützung habe es dabei von einer Person erhalten, die das Terrornetzwerk "al-Qaida" mit Geldspenden, militärischer Ausrüstung und der Rekrutierung neuer potenzieller Jihadisten unterstützte und deshalb 2009 zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden war. Das KuF-Mitglied habe im Mai 2007 erfolglos versucht, mit einem Empfehlungsschreiben dieser Person in ein Ausbildungslager zu reisen. 5.3.3 "Tablighi Jama'at" (TJ) Personenpotenzial: ca. 700 in Deutschland ca. 15 in Bremen Die Bewegung der "Tablighi Jama'at" ("Gemeinschaft für Verkündigung und Mission", TJ) wurde als Wiedererweckungsund Missionsbewegung 1926 gegründet und gehört heute wegen der Zahl ihrer Anhänger und ihrer Verbreitung zu den weltweit bedeutendsten islamischen Bewegungen. Ideologie der TJ Als salafistische Bewegung fordert die TJ die strikte Einhaltung der "Scharia", die für sie nicht nur religiöse Gebote beinhaltet, sondern zur Erreichung politischer Ziele dient. Durch ein beispielgebendes frommes Leben und ihre "Missionsarbeit" zielen die TJ-Anhänger auf die weltweite Verbreitung des Islam, den sie als "wahre Religion" bezeichnen. Die "Missionierungsarbeit" der TJ gilt vor allem den Muslimen, die ihr Leben unzureichend am Islam ausrichten und deshalb zu "re-islamisieren" sind. Die TJ kennt verschiedene Missionsreisen ("Jama'at"), die sich im Wesentlichen in ihrer Dauer unterscheiden: So gehören die "3-Tages-Missionsreise" sowie die 10und 40-tägigen Missionierungsreisen zur Pflicht eines jeden Mitglieds. Die aufwändigste Missionsreise ist die viermonatige "Jama'at" in eines der Gründerzentren der TJ in Pakistan, Indien oder Bangladesch, die jedes Mitglied zumindest einmal in seinem Leben zu absolvieren hat. Die Bekehrung von Nichtmuslimen stellt zunächst kein vordringliches Ziel dar. Zur Realisierung des "höchsten" Ziels, der Islamisierung der Gesellschaft und der Etablierung eines islamischen Staates, ist sie nach Auffassung der TJ schließlich jedoch unerlässlich. Die TJ-Bewegung gilt als friedfertig und verfolgt nach eigenen Angaben weder politische Ziele noch befürwortet sie Gewalt. Gleichwohl besteht die Gefahr, dass die TJ aufgrund ihrer ideologischen Ausrichtung von militanten salafistischen Gruppierungen für terroristische Zwecke genutzt und missbraucht wird. Die strikte Ausrichtung des Lebens an den islamischen Glaubensgrundsätzen, wie sie von der TJ ausgelegt werden, kann für eine Person den ersten Schritt in ihrer Entwicklung zum Jihadisten darstellen. Daher gilt die Bewegung als Sprungbrett in das gewaltbereite islamistische Spektrum. In der Vergangenheit sind in religiösen Ausbildungszentren der TJ vereinzelt Rekruten für den bewaffneten Kampf abgeworben worden. Hierzu steht nicht im Widerspruch, dass nach Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. Oktober 2009, die TJ trotz des vereinzelten "Hervorbringens" von Jihadisten grundsätzlich keine Vereinigung ist, die den Terrorismus aktiv unterstütze, sondern eine religiöse Großorganisation. Struktur und Aktivitäten der TJ Das "geistige Zentrum" der TJ befindet sich in Pakistan, während die organisatorische Zentrale ihren Sitz in Indien hat. Alle TJ-Einrichtungen in Europa sind an die Entscheidungen aus Indien oder Pakistan gebunden. Bei den etwa alle vier Monate stattfindenden "Deutschlandtreffen" wird jeweils ein neuer "Emir" (religiöser Anführer) 58 gewählt, der die Entscheidungen aus Indien und Pakistan umsetzt und dem die geistige und administrative Führung der TJ-Anhänger in Deutschland obliegt. Bei den regelmäßigen Treffen auf Bundesals auch Europaebene sind Bremer TJ-Anhänger regelmäßig vertreten. Bremen und sein Umland stellen ein regionales Gebiet von insgesamt 12 Gebieten dar, in die Deutschland von der TJ aufgeteilt worden ist. Die TJ in Bremen verfügt dennoch über keine eigene Moschee. Auch 2010 wichen ihre Anhänger auf andere Moscheen aus und stießen dabei mit ihrer konservativen, fundamental-islamischen Glaubenslehre auf Kritik bei religiös gemäßigten Gemeindemitgliedern. Die wichtigsten "Anlaufstellen" der TJ-Anhänger in Bremen sind die Medina Moschee ("PakAlemi-Center") in der Bremer Innenstadt, das IKZ (siehe Kapitel 5.3.1) und der "Marokkanische Verein Abu Bakr Moschee e. V." in der Bremer Neustadt. In diesen Moscheen beteiligen sich regelmäßig auch auswärtige Gruppen an der "Da'wa"Arbeit (Missionierungsarbeit). Medina Moschee Die Medina Moschee besteht seit 1997 und wird hauptsächlich von Pakistanern, aber auch von Nordafrikanern und Türken besucht. Anfang 2010 wechselte die Moschee ihren Standort innerhalb Bremens. Der "Marokkanische Verein Abu Bakr Moschee e. V." wurde 2003 gegründet, nachdem sich ein Teil ehemaliger Besucher des IKZ von diesem lossagte. Bei den Mitgliedern und Besuchern dieses Moschee-Vereins handelt es sich größtenteils um Nordafrikaner, vornehmlich um Marokkaner. Abu Bakr Moschee 5.3.4 "Hizb Allah" Personenpotenzial: ca. 900 in Deutschland ca. 50 in Bremen Die "Hizb Allah" ("Partei Gottes") ist eine militante Sammelbewegung islamistischer Schiiten. Die Organisation wurde 1982 im Libanon auf Initiative des Irans nach dem Einmarsch israelischer Truppen gegründet. Bis heute steht die "Hizb Allah" sowohl unter finanziellem als auch unter politischem Einfluss des Irans. Hauptanliegen der "Hizb Allah" ist es, den Libanon vor israelischen Militäraktionen zu schützen sowie den Staat Israel zu zerstören. Das langfristige Ziel der Organisation besteht in der Umwandlung des Libanon in eine Republik nach iranischem Vorbild. Die "Hizb Allah" ist seit 1992 im libanesischen Parlament vertreten, ihr militärischer Flügel "Al-Muqawama la-Islamiya" ("Islamischer Widerstand", HAMAS) ist seit 1987 aktiv. "Hizb Allah" in Deutschland Die Führung der "Hizb Allah" versucht seit längerem, effiziente Organisationsstrukturen in Deutschland aufzubauen. Bislang existieren allerdings keine einheitlichen Strukturen, häufig sind ihre Anhänger in "Moschee-Vereinen" organisiert. Bei islamischen Festen wie dem "Ashura-Fest" oder dem Fastenmonat "Ramadan" schickt die libanesische Organisation regelmäßig Geistliche nach Deutschland, um die deutschen "Hizb Allah"-Gemeinden zu betreuen, denen vor allem libanesischstämmige Personen angehören. Die Aktivitäten der "Hizb Allah" beschränken sich auf die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen und Demonstrationen. Ebenso wie in den Vorjahren demonstrierten in Berlin am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan ("Al-Quds-Tag") mehrere Hundert arabische, türkische und iranische "Hizb Allah"Anhänger ihre Solidarität mit den Palästinensern. "Hizb Allah" in Bremen 59 In Bremen sind die Anhänger der "Hizb Allah" in der "Al-Mustafa-Gemeinschaft e. V." organisiert. Die Vereinsaktivitäten konzentrieren sich auf interne Treffen, Diskussionsveranstaltungen und religiöse Aktivitäten. Ziel der "Al-Mustafa-Gemeinschaft" ist es, die in Bremen lebenden Libanesen an ihre Heimat zu binden und die libanesische Kultur aufrechtzuerhalten. Zur Unterstützung des Kampfes der "Hizb Allah" im Libanon sammelt der Verein Spenden in Deutschland. Im Rahmen des "Waisenkinderprojekts Libanon e. V." werden z. B. deutschlandweit Patenschaften für Waisen im Libanon vermittelt und Familien von gefallenen "Hizb Allah"-Kämpfern unterstützt. Protestmarsch in Bremen In Bremen beteiligten sich am 5. Juni 2010 ca. 3.500 Demonstranten an einem Protestmarsch, um gegen den Angriff der israelischen Armee auf mehrere mit Hilfsgütern beladene Schiffe im Mai 2010 zu protestieren, die sich auf dem Weg in die palästinensischen Gebiete befanden. Auch Anhänger der Bremer "Hizb Allah" nahmen an dem friedlichen Protestmarsch teil. 5.3.5 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) Personenpotenzial: ca. 30.000 in Deutschland ca. 2.000 in Bremen Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs e. V." (IGMG) ist mit bundesweit etwa 30.000 Mitgliedern die größte islamistische Organisation in Deutschland. In Bremen wird die IGMG durch die "Islamische Föderation Bremen" (IFB) repräsentiert. Mit ca. 2.000 Mitgliedern stellt die IFB auch in Bremen die mitgliederstärkste islamistische Organisation dar. Die politische Bewegung "Milli Görüs" wurde 1969 von dem am 27. Februar 2011 verstorbenen türkischen Politiker Necmettin Erbakan gegründet und ideologisch maßgeblich von ihm geprägt. "Milli Görüs" ("Nationale Sicht") und "Adil Düzen" ("Gerechte Ordnung") sind die Schlüsselbegriffe der "Milli Görüs"-Ideologie. Sie zielt darauf, die gegenwärtige Ordnung, die auf Gewalt, Unrecht und Ausbeutung der Schwachen beruht, durch eine "Gerechte Ordnung" nach islamischen Grundsätzen zu ersetzen. Diese "Gerechte Ordnung" soll alle Lebensbereiche erfassen und dabei zunächst in der Türkei und schließlich in der gesamten Welt verwirklicht werden. Als klassische Feindbilder der "Milli Görüs"-Bewegung gelten die "westliche Welt", der Staat Israel und das Judentum, darüber hinaus sind der Kommunismus, Imperialismus, Kapitalismus sowie das Christentum zu bekämpfen. Der IGMG-Gründer Erbakan brachte seine antisemitische Haltung in einem im November 2010 erschieNecmettin Erbakan nen Interview zum Ausdruck: "Wenn die Israelis in Frieden leben wollen, wäre es vielleicht besser, wenn sie zum Beispiel in Amerika lebten." Seiner Meinung nach könne Deutschland ohne den Islam nie Perfektion erreichen. Kapitalismus und Kommunismus seien "Systeme der Unterdrückung" und somit "Zwillingsschwestern" schlussfolgerte Erbakan in seiner Ansprache zum 40-jährigen Bestehen der europäischen "Milli Görüs-Bewegung" am 15. April 2010 in Berlin. Seit den 1990er-Jahren habe sich die Welt zweigeteilt: in die "Milli Görüs" und die imperalistischen Kollaborateure. Das Anliegen der "Milli Görüs" sei es weiterhin, eine "Große Türkei" und eine "Neue Welt" zu errichten. Struktur und Aktivitäten der IGMG in Deutschland Die Anfänge der Organisation in Deutschland reichen bis in die 1970er-Jahre zurück. Heute ist die IGMG in Deutschland in 15 Regionalverbände untergliedert, die Zentrale der IGMG befindet sich im nordrhein-westfälischen Kerpen. 60 Die IGMG bietet ihren Mitgliedern abgesehen von der religiösen Betreuung beispielsweise bei islamischen Festen, Pilgerfahrten oder Bestattungen auch ein breit gefächertes kulturelles, soziales und pädagogisches Angebot. So werden Vortragsveranstaltungen, Gesprächskreise, Kurse für Frauen, Koranlesewettbewerbe, Computerkurse und geschlechtergetrennte Ferienlager für Kinder angeboten. Ebenso verfügt die IGMG über Sportund Studentenvereine. Darüber hinaus unterhält sie eine Rechtsabteilung, die ihre Mitglieder in juristischen Fragen unterstützt, wie z. B. bei der Abmeldung von Mädchen im Schwimmunterricht oder bei Einbürgerungsverfahren. Die Kinderund die Jugendarbeit bilden einen Tätigkeitsschwerpunkt der IGMG. Es gibt Hinweise darauf, dass Kinder und Jugendliche mit der "Milli Görüs"-Ideologie vertraut gemacht werden sollen, um eine "islamische Identität" zu entwickeln, ihre Kultur zu repräsentieren und gleichzeitig in einer Gesellschaft mit anderen kulturellen Werten leben zu können. "Erzieht Eure Kinder, die euch doch am Herzen liegen, zu guten Muslimen! [...] Die Ungläubigen wollen nicht, dass eure Kinder zu guten Muslimen werden. Ob offen oder verdeckt - sie wenden tausend Listen an, damit (Kinder) ohne Glauben heranwachsen", heißt es 2009 in einem "Offenen Brief an muslimische Eltern" in der Tageszeitung "Milli Gazete". (Fehler im Original) Tageszeitung "Milli Gazete" Die türkischsprachige Tageszeitung "Milli Gazete" ist neben der monatlich erscheinenden Publikation "Perspektif" und der zentralen Homepage ein wichtiges Kommunikationsinstrument der IGMG. Die Tageszeitung erscheint in einer "Türkei-" sowie in einer "Europa-Ausgabe", die im Wesentlichen in Deutschland verbreitet wird. Die Zeitung ist formal eigenständig, gleichwohl verkündet sie die "Milli Görüs"-Ideologie und berichtet umfangreich über die Aktivitäten der IGMG. Dafür unterstützt die IGMG die Kampagnen der "Milli Gazette" zur Abonnentenwerbung. Auch gemeinsame Arbeitstagungen von IGMG und "Milli Gazete" weisen auf eine enge Verzahnung hin. Die Aufgabe der "Milli Gazete" beschreibt eine Journalistin wie folgt: "Milli Gazete dient nicht nur der Milli Görüs-Gemeinde, sondern der ganzen Menschheit [...]. In ihrer Gesamtheit handelt Milli Gazete nach der Richtlinie der Milli Görüs-Mission, an die sie glaubt und der sie sich verschrieben hat, und verteidigt diese." ("Milli Gazete" vom 20. Oktober 2008) IGMG durch türkische "Saadet Partisi" ideologisch beeinflusst In der Türkei sind die Anhänger der islamistischen "Milli Görüs"-Bewegung seit 2001 in der "Saadet Partisi" ("Glückseligkeitspartei", SP) organisiert. Über die regelmäßige Entsendung von hochrangigen Parteifunktionären nach Deutschland nimmt die türkische Partei Einfluss auf die ideologische Ausrichtung der IGMG. Zwischen SP und IGMG besteht seit Jahren ein enger inhaltlicher und personeller Austausch. Regelmäßig treten SP-Parteifunktionäre als Redner bei Veranstaltungen der IGMG auf. In Bremen sprach z. B. die Vorsitzende des Frauenverbandes der SP zum 25. Jahrestag der "Muslimischen Frauenunion Bremen". Die beiden Vorgängerparteien der SP sind ihrer "anti-laizistischen Aktivitäten" wegen in der Türkei verboten worden. Erbakan neuer Vorsitzender der türkischen "Saadet Partisi" Auf dem Parteitag der SP am 17. Oktober 2010 wurde der Gründer und ideologische Führer der "Milli Görüs"-Bewegung Erbakan nach längerer Pause erneut zum Vorsitzenden gewählt. Erbakan verhalf auch langjährigen Weggefährten und seinen Kindern zu Funktionen in den Parteigremien. Die Auseinandersetzung zwischen ihm und dem damaligen SP-Parteivorsitzenden Numan Kurtulmus war zuvor beim 61 Parteitag im Juli 2010 eskaliert. Kurtulmus trat Anfang Oktober 2010 von seinem Amt zurück und verließ die Partei. Am 1. November 2010 gründete Kurtulmus die Partei "Halkin Sesi Partisi" ("Partei der Stimme des Volkes"). Wer die Nachfolge des verstorbenen Erbakan als Vorsitzender der SP antritt, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Modernisierungsbestrebungen innerhalb der IGMG Innerhalb der IGMG zeichnen sich Modernisierungsbestrebungen ab. Den älteren "Erbakantreuen" Mitgliedern, die sich durch seine Rückkehr an die Führungsspitze der SP im Oktober 2010 gestärkt fühlten, stehen jüngere Mitglieder gegenüber, die sich um eine größere Eigenständigkeit der Organisation gegenüber der türkischen "Milli Görüs" und eine allmähliche Lösung vom strikten Kurs Erbakans bemühen. Sie streben eine Integration der türkischen Muslime in Deutschland auf der Grundlage der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Bislang gibt es jedoch keine Hinweise darauf, dass diese moderaten Kräfte eine konkrete ideologische Reform der "Milli Görüs"-Bewegung ansteuern. Ebenso wenig ist zurzeit in Bremen erkennbar, dass die Führungsspitze der IFB diesen Kräften angehört. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Tod Erbakans auf den ideologischen Kurs der IGMG auswirkt. Beziehungen der IGMG zur verbotenen IHH Die IGMG kooperierte mit der im Juni 2010 verbotenen "Internationalen Humanitären Hilfsorganisation" (IHH) und war auch personell mit ihr verflochten. Bei der IHH handelt es sich um einen bundesweiten Verein, der Spenden für "humanitäre Zwecke" sammelte. Das Bundesinnenministerium hatte die IHH am 23. Juni 2010 mit der Begründung verboten, dass sie Sozialvereine finanziell unterstützte, die der palästinensischen Organisation "HAMAS" nahe stehen. Bislang ist das Verbot der IHH allerdings nicht rechtskräftig, da der Verein gegen das Verbot Rechtsmittel eingelegt hat. Anfang Juli 2010 wurden mehrere Einrichtungen der IHH und auch die IGMGZentrale polizeilich durchsucht. Die IGMG hatte in der Vergangenheit gemeinsam mit der IHH zahlreiche Spendensammlungen für die palästinensische Bevölkerung durchgeführt. So veröffentlichte die Tageszeitung "Milli Gazette" regelmäßig Spendenaufrufe der IHH. Struktur und Aktivitäten in Bremen Die "Islamische Föderation Bremen" (IFB) wurde 1989 gegründet und bildet den Regionalverband der IGMG, dem neben zurzeit 16 sogenannten "Moschee-Gemeinden" aus Bremen, Bremerhaven und dem Bremer Umland auch der "Muslimische Frauenverband" und der "Muslimische Jugendund Kulturverein" angehören. Die "Moschee-Gemeinden" werden oftmals von formal eigenständigen IGMG-Ortsvereinen getragen, z. B. der Kuba-Moschee in Bremen-Hemelingen oder der AksaMoschee in Bremen-Tenever. Zentrale der IFB in Bremen-Vahr De IFB versteht sich als islamische Religionsgemeinschaft und als Interessenvertreterin der hier lebenden Muslime. Im Jahr 2010 fanden zahlreche re se, kulturelle und soziale Aktivitäten und Veranstaltungen in den "Moschee-Gemeinden" der IFB statt, wie z. B. Kinderfeste, Sommerkorankurse oderFortbildungsund Familienseminare Ander traditonellen Großveranstaltung zu Ehren des Propheten Muhammad am 4. April 2010 in Bremen nahmen etwa 2.500 Gaästeteil, darunter auch der IGMGGeneralsekretär Ücüncü sowie bekannte Prediger aus dem Inund Ausland. Die Fath-Moschee st das Dialogbereitschaft der IFB Zentrum der IGMG in Bremen Die IFB präsentiert sich seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit als dialogbereite Organund eine der größten saton 2010 beteiligte sich die IFB am "Tag der offenen Moschee", am "Iftar-Empfang" Moscheen Norddeutschlands ("Einladung zum Fastenbrechen") sowie an der Bremer Integrationswoche "Labsmt überregionaler Bedeutung kaus". Der 2009 begonnene Dialog zwischen dem LfV und der IFB wurde auch im Jahr 2010 fortgesetzt (siehe Kapitel 2.1). 6 Ausländerextremismus 61 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und Nachfolgeorganisationen 6.2 "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) 6 Ausländerextremismus In der Öffentlichkeit weisen oftmals Blder von ausländischen "Führern" oder Kennzeichen ausländscher Organisationen auf extremstische Ausländerorganisatonen hin So zegen die Anhänger der "Arbeterparte Kurdistans" (PKK) be Demonstrationen n Bremen regelmäßig dasBild ihres "Führers" Abdullah Öcalan Neben der kurdschen PKK sind auch Organisationen aus anderen Telen der Welt n Bremen präsent, we die tamlische Organisation "Liberation Tgers of Tamil Eelam" (LTTE). Entwicklung extremistischer Ausländerorganisationen in Deutschland Die extremstischen Auslaänderorgansationen in Deutschland snd stark von Ereignissen und Entwicklungen in hren Herkunftsländern abhängg. Im Gegensatz zu islamistischen Organisatonen orientieren se sich nicht an einer religiösen "islamschen Ordnung", sondern an weltlichen, poltischen Ideologien oder Anschauungen. De Zielrichtungen von ausländerextremstischen Organsationen lassen sich m Wesentlichen n Inksextremistische, natonalistische und ethnisch motivierte Autonomieund Unabhänggkeitsbestrebungen untertelen. De Ausländerorgansatonen snd ncht autark, sondern mestens Teil einer "Mutterorganisation" m Herkunftsland oder zumindest ideologisch eng mt ener solchen verbunden. Gesellschaftliche und poltische Konflikte aus anderen Teilen der Welt werden durch Migration und den Zuzug von Arbetskräften nach Deutschland mportiert. Von der Finanzkraft der hier lebenden und arbeitenden Ausländer profitierten auch extremstsche Organisatonen n den Heimatländern. Velfach gründeten se "Exlvereine" n Deutschland. Heute ist Deutschland für extremstische Ausländerorgansationen n unterschiedlicher Intensität en Ruckzugsund Rekrutierungsraum und dient hnen zur Beschaffung von Material und Geld. Be der Mitglederwerbung und Moblisierung der Anhängerschaft setzen de Organisatonen in populistischer Wese auf "Volksnähe" DerAntel der ausländischen Extremisten n Bremenist gemessen an der Gesamtbevölkerung gerng. Von den ca. 661.000 Burgern im Land Bremen haben etwa 171.000 enen Migrationshintergrund, davon wederum gelten lediglich etwa 0,32 % als Extremisten (ohne Islamsten). Verfassungsfeindlichkeit Nach 8 3 Absatz 1 Nr 3 des Bremischen Verfassungsschutzgesetzes (BremVerfSchG) gehört es zu den Aufgaben des LfV, Bestrebungen zu beobachten, die durch Gewalt auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefahrden Diesist gegeben, wenn ausländische Gruppierungen von hier aus gewaltsame Aktonen m Heimatstaat vorbereten oder unterstützen, etwa durch Aufrufe zur Gewalt oder durch die Beschaffung finanzeller oder sonstiger Mittel. Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann auch durch ausländerextremistische Bestrebungen gefährdet sen, wenn Kaderstrukturen beabschtigen, demokratische Grundregeln n Deutschland außer Kraft zu setzen (& 3 Absatz 1 Nr. 1 BremVerfSchG) 6.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und Nachfolgeorganisationen Personenpotenzial: ca. 11.500 in Deutschland ca. 300 in Bremen 65 Die größte Gruppe unter den ausländischen Extremisten in Bremen bilden die "Kongra Gel" kurdischen Extremisten mit etwa 300 Mitgliedern, die sich überwiegend im "Birati e. V." ("Verein zur Förderung demokratischer Gesellschaft Kurdistans") treffen. Der auch im Jahr 2010 sehr aktive Verein fungiert als regionales Ausführungsorgan der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), die zurzeit unter dem Namen "Kongra Gel" agiert. Entwicklung der PKK und ihre Ideologie Die PKK wurde 1978 von einer kurdischen Gruppierung um den heutigen "PKKFührer" Abdullah Öcalan (genannt "Apo" = Onkel) gegründet. Ihre Ideologie strebte auf Grundlage einer demokratischen Volksdiktatur letztlich die Errichtung eines kurdischen Nationalstaates nach streng marxistisch-leninistischer Prägung in der Türkei an. Zur Durchsetzung ihrer Ziele begann die PKK 1984 einen Guerillakrieg KCK im Südosten der Türkei, der ab 1991 auch terroristische Aktionen im Westen der Türkei umfasste. Die Anschläge richteten sich vorwiegend gegen staatliche Einrich"Vereinigte Gemeinschaften tungen, Wirtschaftsunternehmen und Personen des öffentlichen Lebens. Zwischen Kurdistans" (KCK) 1984 und 1999 kamen schätzungsweise 37.000 Menschen in den Auseinandersetzungen zwischen der PKK und der türkischen Armee ums Leben. Das Konzept der "Vereinigten Gemeinschaften Kurdistans" Mit der Verhaftung des "PKK-Führers" Öcalan 1999 änderte die Partei ihre Strategie. (KCK) zielt auf die Förderung Sie beendete den Guerillakampf und gab gleichzeitig auch ihre Forderung nach der kurdischen Identität und auf einem eigenen Staat auf; ihr Ziel ist seitdem die politisch-kulturelle Autonomie der die Etablierung eines länderKurden. Öcalan entwickelte dazu das Konzept des "Demokratischen Konföderalisübergreifenden, politisch-kultumus" (KKK), das den in verschiedenen Staaten lebenden Kurden eine Art Verfassung rellen Verbundes aller Kurden. geben soll. 2007 wurde dieses Konzept in "Vereinigte Gemeinschaften Kurdistans" Die Mitbestimmung erfolgt über (KCK) umbenannt. Die ideologische Kaderorganisation "neue PKK" wurde 2005 sogenannte "Volksräte". Die Umgegründet, um das Konzept autoritär und zentralistisch umzusetzen. Der Exekutivrat setzung des Konzeptes erweist der KCK, der aus Spitzenfunktionären der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen sich in Europa als schwierig. besteht, führt die PKK. 2004 nahm die PKK den Guerillakampf mit der Begründung Wenngleich in den regionalen wieder auf, die türkische Regierung wolle sich nicht mit ihr einigen. Der bewaffnete Kurdenvereinen vielfach "VolksArm der PKK, die sogenannten "Volksverteidigungskräfte" (HPG), erhielt in seinem räte" installiert sind, werden Kampf gegen den türkischen Staat zeitweilig Unterstützung von den aus ihm hervordie Vereine meist autoritär von gegangenen "Freiheitsfalken Kurdistans" (TAK), die vor allem für terroristische PKK-Funktionären geführt. Anschläge verantwortlich waren. Alleinvertretungsanspruch der PKK Die PKK erhebt für sich den Anspruch, alleinige Vertreterin aller Kurden zu sein. Um allen Kurden eine entsprechende "Heimat" bieten zu können, schuf die Partei in den 1990er-Jahren eine Vielzahl von Interessenvertretungen unter dem eigenen Dach, sogenannte Massenorganisationen. Zum Beispiel sind Jugendliche im Dachverband "Komalen Ciwan" organisiert, religiöse Anhänger werden durch die "Islamische Gemeinschaft Kurdistans" (CIK) vertreten. In Bremen gehört die "Saidi Kurdi-Moschee" zur CIK. PKK in Europa und Deutschland verboten In Europa wurde die PKK 2002 in die Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen. In Deutschland wurde die PKK bereits 1993 wegen vielfältiger, teilweise gewaltsamer Unterstützungshandlungen der hier lebenden Anhängerschaft verboten. 2004 wurde das Verbot sowohl in Europa als auch in Deutschland auf die PKK-Nachfolgeorganisation "Kongra Gel" ausgeweitet. In den 1990er-Jahren wurden im Zusammenhang mit dem Verbot der PKK in Bremen auch vier "Unterstützervereine" und ihre Nachfolgeorganisationen verboten. Die Bremer PKK-Anhänger gründeten jedoch unmittelbar nach den Verboten neue Vereine, zu ihnen gehört der Bremer "Birati e. V." 66 PKK verfolgt gewaltfreien Kampf in Europa Die PKK führt im Gegensatz zum gewaltsamen Kampf in der Türkei grundsätzlich einen gewaltfreien Kampf in Europa und verfolgt damit eine "Doppelstrategie". In Europa ist die Partei lediglich mit ihrem politischen Arm vertreten, der sich "Koordination der kurdischen demokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) nennt. Die PKK greift in ihrem gewaltfreien Kampf sowohl auf legale als auch illegale Strukturen in Deutschland zurück. Regionale Kurdenvereine (sogenannte Basisvereine) dienen den Anhängern als Informationsund Kommunikationszentren. Diese PKK-nahen Vereine sind in Deutschland unter dem Dachverband der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland" (YEK-KOM) zusammengeschlossen. Die Föderation unterstützt mit ihrem propagandistischen Wirken die Ziele der PKK und ihrer Nachfolgeorganisationen. Im Vorstand von YEK-KOM sind auch Bremer Vertreter aktiv. Finanzierung der PKK Der Guerillakampf der PKK in der Türkei sowie ihre politische Arbeit in Europa erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Die PKK finanziert sich in erster Linie aus Spenden, daneben auch durch Erlöse aus Veranstaltungen und den Verkauf von Publikationen. Die in Europa gesammelten Gelder fließen größtenteils in die kostenintensive Propagandaund Medienarbeit der PKK ein. Jährlich veranstaltet die PKK auch in Bremen eine Spendenkampagne, dabei ist die Höhe der zu leistenden Spende abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen jedes Einzelnen. Unter den PKK-Anhängern besteht allerdings eine "zwanghafte" Spendenbereitschaft, da eine Spendenverweigerung zum Ausschluss aus dem örtlichen PKK-Verein führen kann, was einer gesellschaftlichen Ächtung gleichkommt. Außerdem fürchten sich PKK-Anhänger vereinzelt auch heute noch vor Gewaltanwendung, wenn sie Spenden verweigern. Darüber hinaus wird den Spendern von den PKK-Funktionären stets ein Bild der allgemeinen Verfolgung von Kurden präsentiert. Kurden seien nicht nur in der Türkei der Verfolgung ausgesetzt, sondern würden auch in Europa und Deutschland kriminalisiert, womit polizeiliche Maßnahmen gegen PKK-nahe Vereine und Einrichtungen gemeint sind. Werbung und Rekrutierung von jungen Kurden für die PKK-Guerilla Die PKK ist nach einem jahrzehntelangen Guerillakampf in der Türkei verstärkt auf Nachwuchs angewiesen. Aufrufe zur Beteiligung am Kampf erfolgen u. a. in den ihr nahe stehenden Medien wie "Roj TV" oder auf Großveranstaltungen wie dem jährlichen kurdischen Kulturfestival. Beim Kulturfestival im September 2010 in Köln legten in Kampfuniformen gekleidete junge PKK-Anhänger Fahnen der KCK nieder. Solche Aktionen stehen symbolisch für das Zusammengehörigkeitsgefühl von Volk und "Freiheitskämpfern" und stellen damit eine indirekte Form der Werbung für den Guerillakampf der PKK dar. Verbotene Symbole der PKK sind bei solchen Veranstaltungen allgegenwärtig. In den regionalen Basisvereinen der PKK werden regelmäßig sogenannte "Märtyrerveranstaltungen" gefeiert, in denen es um das "heldenhafte" Leben gefallener Guerillakämpfer geht. So organisierte der Bremer "Birati e. V." im Mai 2010 eine Gedenkfeier für einen gefallenen Guerillakämpfer aus Bremen. Dieser hatte sich 1994 der PKK-Guerilla in der Türkei angeschlossen, war 2005 wegen einer Verwundung zurückgekehrt und ging 2007 erneut "in die Berge" (Synonym der PKK für den Eintritt in den Guerillakampf), wo er im April 2010 getötet wurde. Während seines Aufenthaltes in Bremen war er zeitweilig als Funktionär der PKK-Jugendorganisation "Komalen Ciwan" tätig. Anfang 2010 schloss sich ein ebenfalls aus Bremen stammender junger Kurde und Funktionär der PKK-Jugendorganisation "Komalen Ciwan" der Guerilla an. 2007 war er an einem Brandanschlag auf ein türkisches Vereinslokal in Berlin beteiligt. Bereits im Jahr 2009 waren zwei junge Kurdinnen aus Bremen für die PKK rekrutiert worden. Lediglich die Intervention ihrer Eltern verhinderte einen möglichen Kampfeinsatz für die PKK-Guerilla. 67 PKK in Bremen In Bremen nimmt der "Birati e. V." als regionales Ausführungsorgan der PKK eine besondere Funktion ein, weil er zu den sogenannten "Zentralvereinen" gehört. Deutschland wurde vom politischen Arm der PKK, der CDK, in knapp 30 Gebiete unterteilt. In einem solchen Gebiet nimmt der jeweils bedeutendste kurdische Verein die Stellung des "Zentralvereins" ein und alle anderen PKK-nahen Vereine sind häufig abhängig von seinen Entscheidungen und Weisungen. In Bremen steht z. B. der Verein der "Förderung der kurdisch-islamischen Kultur e. V." (Trägerverein der "Saidi Kurdi-Moschee") in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Zentralverein "Birati e. V." PKK-Funktionäre dominieren "Birati e. V." Im Bremer "Birati e. V." garantiert ein "Führungszirkel" aus PKK-Funktionären und -Aktivisten, dass die Anweisungen der PKK umgesetzt werden, und steuert darüber hinaus alle Aktivitäten der PKK-nahen Vereine. Den Anordnungen dieses "Schattenvorstandes" ordnen sich auch gewählte Vorstandsmitglieder unter, die nicht unmittelbar diesem "Führungszirkel" angehören. Die Dominanz der elitären Gruppe zeigt sich auch daran, dass nur wenige seiner Vereinsmitglieder das Vertrauen genießen, Spenden für die PKK zu sammeln. Ebenso bestimmen PKK-Funktionäre das politische Geschehen im "Bremer Volksrat", der auch als "Kurdisches Parlament" bezeichnet wird. Der derzeitige Vorsitzende des "Bremer Volksrates" gehört zu den bekanntesten Führungspersonen der PKK in Deutschland. "Volksräte" werden nach dem von Öcalan entwickelten Konzept der Sitz des "Birati e. V." "Vereinigten Gemeinschaften Kurdistans" (KCK) eingesetzt, um die Mitbestimmung aller Kurden zu gewährleisten. Tatsächlich erfolgt die Mitarbeit im "Bremer Volksrat" nicht nach demokratischen Regeln, was z. B. die geringe Beteiligung an den Versammlungen des "Volksrates" zeigt. Aktivitäten des "Birati e. V." Der "Birati e. V." war im Jahr 2010 ebenso wie in den Vorjahren mit einer Vielzahl von öffentlichen Aktivitäten in der Bremer Innenstadt präsent, insbesondere mit Kundgebungen und Infoständen. Die Mitgliederbeteiligung früherer Jahre wurde dabei jedoch nicht erreicht. Der Bremer "Birati e. V." bietet seinen Mitgliedern u. a. ein kulturelles Angebot. Der Verein unterhält eine Teestube und richtet traditionelle Feste der Kurden aus. Die im Zusammenhang mit der PKK stehenden Aktivitäten nehmen dabei allerdings einen breiten Raum ein, so z. B. Feiern zum Geburtstag des "Führers" Öcalan oder zum Jahrestag des Beginns des bewaffneten Kampfes der PKK. Die Bremer PKK setzte im Jahr 2010 auf die Popularität eines ehemaligen kurdischen Politikers, um ihre Anhänger zu einem stärkeren Engagement für die PKK zu bewegen. Der ehemalige Vorsitzende der 2009 verbotenen kurdischen "Partei für eine demokratische Lösung" (DTP) stellte Anfang 2010 einen Asylantrag in Bremen. Seitdem trat er wiederholt als Unterstützer der PKK in Bremen auf. Bremer Anhänger protestieren gegen Schließung des Fernsehsenders "Roj TV" "Wir protestieren gegen die Kriminalisierung und politische Verfolgung der Kurden" skandierten im März 2010 ca. 200 PKK-Anhänger in der Bremer Innenstadt. Anlass für europaweite Demonstrationen war die drohende Schließung des kurdischen 68 Fernsehsenders "Roj TV". Der Fernsehsender, der in mehreren europäischen Ländern vertreten ist, stellt eines der wichtigsten Propagandainstrumente der PKK dar. An einer Großdemonstration in Brüssel nahmen mehrere Tausend PKK-Anhänger teil, darunter auch Anhänger aus Bremen. Im Herbst 2010 löste die drohende Schließung des Senders erneut europaweite Proteste aus, so forderten Bremer PKK-Anhänger im Oktober 2010 mit Plakaten und Flugblättern: "Hände weg von Roj TV". Organisator der Demonstration war der "Birati e. V." Das Bundesinnenministerium hatte "Roj TV" und seine deutsche Teilorganisation "VIKO Fernseh Produktion GmbH" bereits 2008 aufgrund ihrer Propagandatätigkeit für die PKK verboten. Die Propagandatätigkeit von "Roj TV" bestätigte im Februar 2010 ebenfalls das Bundesverwaltungsgericht. Da das Gericht jedoch bei der Anwendung eines Verbotsgrundes nach deutschem Recht auf einen ausländischen Sender Bedenken hatte, verwies es die Frage an den Europäischen Gerichtshof und setzte das Verfahren bis zu seiner Entscheidung aus. Auch die dänische Justiz hatte im Sommer 2010 ein Verbotsverfahren gegen "Roj TV" mit der Begründung eingeführt, dass Kriegshandlungen und Guerillaaktivitäten der PKK in Interviews und Berichten verherrlicht würden und zur Unterstützung der PKK-Kämpfer aufgerufen werde. Zusammenarbeit des "Birati e. V." mit anderen Organisationen Im Jahr 2010 setzte die PKK ihre Bemühungen um den Ausbau ihrer politischen und gesellschaftlichen Kontakte mit dem Ziel fort, die Aufhebung des PKK-Verbotes, die Freilassung des PKK-Führers Öcalan und die Anerkennung der PKK als demokratische Vertretung der Kurden zu erreichen. In Bremen suchten 2010 Vertreter des "Birati e. V." sowie die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen YEK-KOM-Funktionäre verstärkt Kontakt zum "linken" Spektrum. In Vorbereitung auf die Bürgerschaftswahl 2011 zeichnete sich Ende 2010 eine enge Zusammenarbeit des Vereins mit der Partei "DIE LINKE" ab. Eine solche Kooperation hatte es bereits bei der Bürgerschaftswahl 2007 gegeben. Am "Weltfriedenstag", dem 1. September 2010, stellte "Birati e. V." einen Informationsstand auf dem Bremer Marktplatz auf. In Flugblättern wurden Massaker der türkischen Armee in Kurdistan und Rüstungsexporte Deutschlands insbesondere in den von Kurden bewohnten Südosten der Türkei angeprangert. Im Vorfeld des 1. Septembers hatte sich ein deutschlandweites, organisationsübergreifendes Bündnis aus deutschen "linken", linksextremistischen sowie ausländerextremistischen Gruppierungen gegründet, das den "Weltfriedenstag" zu einem Aktionstag unter dem Motto "Tatort Kurdistan" machen wollte. In Bremen blieb die Unterstützung von "linken" Gruppen allerdings aus. Zuvor hatte sich der "Birati e. V." in Bremen am sogenannten "karawane-festival 2010" des Netzwerkes "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten" im Mai 2010 beteiligt. In einer Ansprache warf die Sprecherin des "Birati e. V." Deutschland eine Mitschuld an der Unterdrückung des kurdischen Volkes in der Türkei sowie die Kriminalisierung der Kurden in Deutschland vor. 6.2 "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) Personenpotenzial: ca. 1.000 in Deutschland ca. 20 in Bremen 69 Das Ziel der 1972 gegründeten Organisation "Liberation Tigers of Tamil Eelam" ("Befreiungstiger von Tamil Eelam", LTTE) ist die Errichtung eines unabhängigen sozialistischen Tamilenstaates ("Tamil Eelam") in Sri Lanka. Die Volksgruppe der hinduistischen Tamilen bildet die größte Minderheit in dem mehrheitlich von buddhistischen Singhalesen bewohnten Sri Lanka. Diese fühlt sich von der singhalesischen Mehrheit unterdrückt. Über mehr als zwei Jahrzehnte herrschte in Sri Lanka ein Bürgerkrieg zwischen Tamilen und Singhalesen um die Aufteilung der Insel. Im Mai 2009 erklärte der srilankische Präsident den seit 1983 andauernden Bürgerkrieg für beendet und die LTTE für besiegt. Nach ihrer Niederlage und dem Tod ihres Führers Velupillai Prabhakaran versuchte die LTTE, sich im Jahr 2010 neu zu organisieren. Referendum für einen eigenen Tamilenstaat Die Tamilen haben im Januar 2010 über die seit 1976 geltende "Vaddukodai-Resolution" entschieden. Zentrale Forderung dieser Resolution ist die Gründung eines selbstständigen und unabhängigen Tamilenstaates ("Tamil Eelam") im Norden und Osten Sri Lankas. Weltweit waren alle Tamilen aufgefordert, sich zur Aufrechterhaltung der Forderung nach einem eigenen tamilischen Staat zu äußern. Nach Angaben der LTTE stimmten 99,2 % der Tamilen in Deutschland für einen eigenständigen Staat. Ähnliche Abstimmungsergebnisse wurden u. a. in Norwegen und Frankreich erzielt. Das Referendum soll suggerieren, dass die große Mehrheit der Exil-Tamilen auch nach Bürgerkriegsende einen selbstständigen und unabhängigen Tamilenstaat in Sri Lanka befürwortet. Das bundesweite Referendum war vom "Internationalen Menschenrechtsverein Bremen e. V." durchgeführt worden, veranlasst hatten es jedoch LTTE-Anhänger. Flyer zum Referendum Wahlen zum Exilparlament Im Mai und Juni 2010 fand die Wahl zum Exilparlament "Transnational Government of Tamil Eelam" (TGTE) statt. Deutschland stellt derzeit zehn von 135 Abgeordneten in dem Exilparlament, davon kommen zwei aus den norddeutschen Bundesländern. Vereinzelt versuchten LTTE-Anhänger in Deutschland die Wahl zum Exilparlament zugunsten ihrer Organisation zu manipulieren. LTTE in Deutschland Das "Tamil Coordination Commitee" (TCC) im nordrhein-westfälischen Oberhausen vertrat bislang die Interessen der LTTE in Deutschland und galt als "Deutschlandzentrale" der streng hierarchisch strukturierten Organisation. Im März 2010 wurden sechs der wichtigsten LTTE-Funktionäre festgenommen, darunter der für Deutschland verantwortliche LTTE-Funktionär, sein Stellvertreter, der Finanzverantwortliche sowie der Leiter des Jugendverbandes "Tamil Youth Organisation". Der Generalbundesanwalt wirft ihnen die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor sowie Verbrechen nach dem Außenwirtschaftsgesetz. De LTTE wurde 2006 von der Europäischen Union (EU) als Terrororgansation eingestuft. Jedoch stellte de EU der Organisation die Rücknahme der Einstufung als Terrororganisation n Ausscht, wenn de LTTE dauerhaft auf Gewalt verzichte und sich erkennbar für den Friedensprozess ensetze. De LTTE hatn Deutschland ein bret gefächertes Netzwerk von Tarnvereinen geschaffen. Zur Finanzerung des "Befreungskampfes" auf Sr Lanka fuhrte die Organsation in Deutschland Spendensammlungen durch. Nachder miltärischen Nederlage n Sr Lanka sind die Sammlungen größtentels zum Erliegen gekommen Wenngleich es in Bremen kene Vereinsstrukturen der LTTE gibt, waren Bremer LTTE-Anhänger in der Vergangenhet jedoch in der Lage, anlassbezogen eine große Anzahl von Anhängern zu moblisieren. 7 "Scientology-Organisation" (SO) 7 "Scientology-Organisation" (SO) ET A TE N TE - Die "Scientology-Mssion" in Bremenfügt sich ein in das Geflecht der weltweiten Organisationsstruktur und teilt die Zielsetzungen von "Scientology" Die "ScientologyOrganisation" (SO) versteht sich selbst als neue Religion, tatsächlich strebt sie jedoch eine andere Gesellschaftsordnung an, die den Wertender freiheitlichen demokratischen Grundordnung zuwiderläuft. So sind z. B. die Abschaffung allgemeiner Wahlen und das Aufheben zentraler MenschenrechteTeil deser Vorstellungen. Elementare Rechte sollen jenen Menschen vorenthalten werden, die nicht der SO angehören. Die SO entzieht sich einer Einordnung n die herkömmlichen extremstischen Phanomenbereiche, wie sie n den vorhergehenden Abschnitten beschrieben sind. Lehre und Ziel der SO Die Lehre der SO geht zurück auf den Gründer der Organisation, den amerikanischen Schriftsteller L. Ron Hubbard. In den 1950er-Jahren gründete er die erste "Scientology Kirche" in Los Angeles, nachdem er zuvor mit einem grundlegenden Buchzur "Dianetik" seine Ideenwelt dargestellt hatte. Seiner Lehre nachbilden die Identität des Menschen und sein unsterbliches Wesen den sogenannten Thetan, der in seinem Idealzustand in die Lage versetzt ist, umfassend über materielle und immaterielle Dinge zu bestimmen. Dieser Zustand soll vom Einzelnen mittels körperlicher und geistiger Reinigungsprozesseerreicht werden, die von der Organisation angeboten werden. Die Publikationen und Kurse werden gewinnorientiert gegen Entgelt angeboten. Die angestrebte Gewinnmaximierung und die beabsichtigte ständige Ausweitung der Organisationsstrukturen dient dem Ziel der SO, eine "scientologische" Gesellschaftsordnung zu schaffen. Bremenspielt für die Organsation eine untergeordnete Rolle und st nicht mit den Schwerpunkten in Deutschland, etwa mit Berlin, Hamburg oder den südlichen Bundesländern, vergleichbar. Bundesweit gehören der SO zwischen 4.500 und 5.000 Personen an, in Bremen zählen etwa 50 Personen zu "Scentology". De Bremer "Mission" trat 2010 kaum öffentlichkeitswirksam in Erscheinung; ihre Informatonsstände treffen in der Regel auf keine große Resonanz. Gleichwohl unterhält de SO in Bremen-Hastedt eigene Räumlichkeiten. Da die "Scientologen" uber einen hohen Bekanntheitsgrad verfügen, lasst de SO ihre Aktivitaten vielfach ncht unter ihrem eigenen Namenstattfinden. Stattdessen werden hierfür Tarnvereine genutzt, so u. a. de "Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte e. V.", die unter einem entsprechenden Vorwand Werbung für die SO-Aktivitäten betreibt. 8 Unterstützungsaufgaben des LfV 8 Unterstützungsaufgaben des LfV DasLfV hat ncht nur eine nhaltlche Aufgabenstellung zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vor extremstischen Bestrebungen. Es wirkt auch mt beim Verhindern von möglichen Scherheitsrisiken, die bei anderen Behörden oder privaten Unternehmen entstehen können. Hierbei unterstützt das LfV diese Stellen, ndem esfur diese zum Tel umfangreiche Prüfungen vornmmt 8.1 Geheimschutz Geheimhaltungsgrade Der Geheimschutz hat die Aufgabe, Informatonen und Vorgänge, deren Bekanntwerden den Bestand, de Sicherhet oder sonstige Interessen der Bundesrepublik (& 5 Bremisches SicherheitsDeutschland odereines ihrer Länder gefährden, vor unbefugter Kenntnisnahme überprüfungsgesetz) zu schützen. Der Schutz deser sogenannten Verschlusssachen (VS) wird durch STRENG GEHEIM Maßnahmen des personellen und materiellen Geheimschutzes verwirklcht. GEHEIM Geheimschutz findet ncht nur n Behörden statt, sondern auch n Unternehmen, VS-VERTRAULICH de im Auftrag des Staates mit Verschlusssachen umgehen und demzufolge die VS-NUR FÜR DEN Regelungen des personellen und materiellen Geheimschutzes zu beachten haben. DIENSTGEBRAUCH Geheimschutzbetreute Unternehmen sind z. B. Betriebe, de im Berech der wehrtechnschen Forschung oder Produktion tätg snd. Materieller Geheimschutz Der materlelle Geheimschutz beinhaltet technsche und organisatorische Scherheitsmaßnahmen und regelt beispielsweise, in welcher Weise VS-Dokumente aufbewahrt und verwaltet werden mussen. Die Einzelheiten ergeben sich m Wesentlichen aus der Verschlusssachenanweisung des Landes Bremen. Dort st jewels n Abhängigkeit vom Geheimhaltungsgrad auch de Erforderlichket von Tresoren und Alarmanlagen geregelt. Das LfV st zentraler Ansprechpartner für alle bremschen Behörden, de mit VS-Material umgehen. Es berät und unterstutzt dese bei der Erfüllung der Anforderungen des materiellen Geheimschutzes Personeller Geheimschutz Der personelle Geheimschutz soll sicherstellen, dass n Bereichen, die mt VS-Material umgehen, keine Person beschäftigt wrd, von der en Sicherheitsrisiko ausgeht Zu diesem Zweckund nur mt vorheriger Zustimmung des Betroffenen finden indviduelle Sicherhetsuberprufungen statt. Das LfV wrkt an den Sicherheitsüberprüfungen mt. Seine fachliche Bewertung dent der zuständigen Behörde als Entscheidungshilfe, bevor sie eine Person mit ener scherheitsempfindlichen Tätigket betraut. Abstufung von Sicherheitsüberprüfungen (& 8 Bremisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz) = (Ü1) -- einfache Sicherheitsüberprüfung = (Ü2) -- erweiterte Sicherheitsüberprüfung = (Ü3) -- erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen Die Stufe der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Höhe des Geheimhaltungsgrades, zu dem die Person Zugang erhalten soll. Bei den Überprüfungsarten Ü2 und U3 werden Ehegatte oder Lebenspartnerin die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, weil sich Sicherheitsrisiken bei diesen Personen auf die betroffene Person auswirken können. 8.2 Weitere Sicherheitsüberprüfungen Nicht nur im Bereich des Geheimschutzes ist der Ausschluss von individuellen Sicherheitsrisiken von besonderer Bedeutung. Auch auf anderen Arbeitsfeldern kommt dem Ausschluss von Personen mit Sicherheitsrisiken eine entscheidende Bedeutung zu. Das Luftsicherheitsgesetz, das Sprengstoffgesetz und das Bremische Hafensicherheitsgesetz sehen dahervergleichbare Überprüfungen derin diesen Bereichen beschäftigten Personen vor; die Betroffenen sind in der Regel bei privaten Unternehmen tätig. Auch an diesen Sicherheitsüberprüfungen wirkt das LfV wie im Bereich des personellen Geheimschutzes mit. 8.3 Regelanfragen im Bereich des Einbürgerungsund Aufenthaltsrechts Zu den Aufgaben des LfV gehört darüber hinaus die Beantwortung von Regelanfragen im Rahmen von Einbürgerungsverfahren und vorder Erteilung von Aufenthaltstiteln. Durch die große Zahl der anfallenden Prüfungen bilden diese Bereiche den Schwerpunkt der personenbezogenen Prüfungen des LfV für andere Behörden. Personenanzahl 3.000 2.500 > d [2.308 2.000 E 1.500 1535 E 1.000 500 0 -- C -- Regelanfragen Regelanfragen vor ZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsZuverlässigkeitsim Rahmen Erteilung oder überprüfungen überprüfungen überprüfungen von Verlängerung einer gemäß dem gemäß dem gemäß dem _ Einbürgerungen AufenthaltsLuftsicherheitsHafensicherheitsSprengstoffgesetz genehmigung gesetz gesetz Übersicht über extremistische Organisationen und Gruppierungen in Bremen Mitglieder / Personenpotenzial 77 Organisation / Gruppierung gegründet Medien / Publikationen in Deutschland in Bremen Rechtsextremismus "Nationaldemokratische 1964 ca. 6.600 ca. 40 "Deutsche Stimme" Partei Deutschlands" (NPD) www.npd.de "Deutsche Volksunion" (DVU) 1971 ca. 3.000 ca. 60 www.dvu.de Neonazi-Szene ca. 5.600 ca. 20 "Freie Nationalisten Bremen" www.fn-bremen.org Subkulturelle Szene ca. 8.300 ca. 30 Linksextremismus "Deutsche Kommunistische 1968 ca. 4.000 ca. 70 "Unsere Zeit" Partei" (DKP) "Bremer Rundschau" www.dkp.de "Marxistisch-Leninistische Partei 1982 ca. 2.000 ca. 15 "Rote Fahne" Deutschlands" (MLPD) www.mlpd.de "Sozialistische Alternative" (SAV) 1994 ca. 400 ca. 20 "Solidarität" www.sozialismus.info "Freie Arbeiterinnenund Arbeiter1977 ca. 340 ca. 15 "Direkte Aktion" Union" (FAU-IAA) "Bremer Aktion" www.fau.org "Arbeiterbund für den 1973 ca. 100 ca. 10 www.arbeiterbund-fuerWiederaufbau der KPD" (KPD-AB) den-wiederaufbau-derkpd.de "Rote Hilfe" (RH) 1975 ca. 5.400 ca. 160 "Die Rote Hilfe" www.rote-hilfe.de "GegenStandpunkt" Anfang der ca. 10.000 ca. 250 "GegenStandpunkt" 1970er-Jahre "GegenStandpunkt & Diskussion" (Bremen) www.gegenstandpunkt. com Autonome Szene ca. 6.200 ca. 200 "Interim" "Indymedia": http://de.indymedia.org "LaRage" "end of road": http// endofroad.blogsport.de 78 Mitglieder / Personenpotenzial Organisation / Gruppierung gegründet Medien / Publikationen in Deutschland in Bremen Islamismus "Islamisches Kulturzentrum 2003 250-350 www.islamhb.de Bremen e. V." (IKZ) (Freitagsgebet) "Kultur & Familien 2007 20-30 Verein e. V." (KuF) "Tablighi Jama'at" (TJ) 1926 ca. 700 ca. 15 "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs" 1985 ca. 30.000 ca. 2.000 "IGMG-Perspektif" (IGMG) www.igmg.de "Hizb Allah" 1982 ca. 900 ca. 50 www.almustafa.de in Bremen: "Al-MustafaGemeinschaft e. V." Ausländerextremismus "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und Nachfolgeorganisationen 1978 ca. 11.500 ca. 300 "Serxwebun" "ROJ TV" "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) 1972 ca. 1.000 ca. 20 "Viduthalai Puligal" Scientology "Scientology-Organisation" (SO) 1981 4.500-5.500 ca. 50 "Freiheit" "Impact" "Source" "Scientology News" Internetpräsentation Politisch motivierte Kriminalität in Bremen 2006-2010 Politisch motivierte Ausländerkriminalität 79 Straftaten 2006 2007 2008 2009 2010 gesamt 40 23 22 25 11 davon extremistische Delikte 38 20 21 20 9 davon Gewaltdelikte 6 2 1 5 3 Politisch motivierte Kriminalität "Rechts" Straftaten 2006 2007 2008 2009 2010 gesamt 138 130 138 140 113 davon Propagandadelikte 95 82 92 97 87 davon Gewaltdelikte 2 17 10 6 5 Politisch motivierte Kriminalität "Links" Straftaten 2006 2007 2008 2009 2010 gesamt 80 107 55 65 96 davon extremistische Delikte 61 86 36 61 94 davon Gewaltdelikte 35 12 7 12 24 Impressum: Herausgeber: Der Senator für Inneres und Sport Contrescarpe 22-24 28203 Bremen www.inneres.bremen.de Redaktion: Landesamt fur Verfassungsschutz Bremen Flughafenallee 23 28199 Bremen Tel. 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