Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2017 Ein Handbuch Mit dem vorliegenden Jahresbericht 2017 unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags die Öffentlichkeit. Brandenburg ist vielfältig, modern und zukunftsweisend. Zu den bedeutenden Wirtschaftszweigen zählt neben der Energiewirtschaft, der Landwirtschaft und der Filmwirtschaft auch der Tourismus. Das diesjährige Titelbild des Verfassungsschutzberichts steht dafür. Es zeigt die 30 Meter hohe Landmarke Lausitzer Seenland, den sogenannten "Rostigen Nagel", an der Einmündung zum Sedlitzer See. Es handelt sich um einen Aussichtsturm aus 111 Tonnen Cortenstahl, von dessen Plattform man neben den verbundenen Seen auch den Windpark Klettwitz und das Kraftwerk Schwarze Pumpe sieht. 2017 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg Impressum Herausgeber: Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (MIK) Henning-von-Tresckow-Straße 9 - 13 | 14467 Potsdam Internet: mik.brandenburg.de Redaktion und Layout: MIK | Abteilung Verfassungsschutz, Referat 52 Internet: www.verfassungsschutz.brandenburg.de E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Telefon: 0331 866-2699 Fax: 0331 866-2599 Druck: LGB (Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg) Heinrich-Mann-Allee 103 | 14473 Potsdam Auflage: 2.500 Redaktionsschluss: 28.06.2018 Diese Informationsschrift wird kostenlos im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Bundes-, Landtagsund Kommunalwahlen sowie für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zu Gunsten einzelner Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es jedoch gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer einzelnen Mitglieder zu verwenden. Vorwort des Ministers Liebe Bürgerinnen und Bürger, knapp 30 Jahre nach der friedlichen Revolution leben wir heute in einem demokratischen und freien Land. Leider wird diese historische Errungenschaft nicht von allen Teilen unserer Gesellschaft als solche geschätzt. Vielmehr haben extremistische Gruppierungen in Brandenburg in den letzten Jahren Zulauf erfahren. Auch für das Jahr 2017 muss ein Anstieg der Personenpotenziale in den relevantesten extremistischen Phänomenbereichen festgestellt werden. Deswegen bin ich sehr dankbar, mit dem Verfassungsschutz eine Abteilung in meinem Ministerium zu haben, die mit der Aufklärung dieser gefährlichen Entwicklungen betraut ist. Entgegen der weitverbreiteten Annahme, der Verfassungsschutz behalte seine Erkenntnisse ausschließlich für sich, setzt die brandenburgische Behörde als Partner der Zivilgesellschaft schon seit vielen Jahren auf eine präventive Strategie. Ziel ist, weite Teile der Gesellschaft über extremistische Gefahren und deren Folgen aufzuklären, um auf diese Weise verfassungsfeindlichen Strömungen frühzeitig entgegenwirken zu können. Nicht ohne Grund wird der Verfassungsschutz daher als "Frühwarnsystem" bezeichnet. Dass eine solche Behörde gerade in der aktuellen Zeit unabdingbar ist, zeigt beispielsweise die Gesamtzahl rechtsextremistischer Personen in Brandenburg. Diese stieg im Jahre 2017 um 150 auf nunmehr 1.540 Personen an. Das ist der zweithöchste Wert in der Geschichte unseres Bundeslandes. Hierbei ist es ein schwacher Trost, dass die rechtsextremistischen Gewaltstraftaten im letzten Jahr zwar rückläufig waren, da ihre Gesamtzahl mit 124 Delikten weiterhin hoch ist. Rechtsextremisten sind auch bemüht, sich an nicht extremistischen Demonstrationen zu beteiligen. So versuchen sie, anschlussfähig zu werden. Hier heißt es sowohl für die Gesellschaft als auch für den Verfassungsschutz wachsam zu sein und die versuchte Einflussnahme der Rechtsextremisten weiter im Blick zu haben und zurückzudrängen. 3 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gleichermaßen erwähnenswert erscheint mir, dass nicht nur Rechtsextremisten, sondern auch Linksextremisten das Versammlungsrecht instrumentalisieren. Sie wollen einerseits ihre Ideologie propagieren, andererseits aber auch ihre Gewaltphantasien ausleben. Die schweren Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel in Hamburg belegen, wie weit Autonome von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entfernt sind. In diesem Zusammenhang bin ich sehr froh über das letztjährige Verbot der Internetplattform "linksunten.indymedia". Auch brandenburgische Linksextremisten waren dort aktiv, um zur Begehung von Straftaten aufzufordern oder sie zu billigen. Ein solches Vorgehen der Sicherheitsbehörden zeigt, dass wir in einer wehrhaften Demokratie leben, die sich entschieden gegen jegliche Form von Extremismus stellt. Diese Feststellung gilt ebenso für das im Januar 2017 abgeschlossene NPD-Verbotsverfahren. Obwohl die rechtsextremistische Partei letztlich nicht verboten wurde, hat das Urteil des Bundesverfassungsgerichts dennoch den verfassungsfeindlichen Charakter der Partei bestätigt und zudem einen Weg aufgezeigt, die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen. Diese neue Möglichkeit wird nun konsequent weiterverfolgt, um der Partei den Geldhahn endgültig zuzudrehen. Mit gleicher Konsequenz gilt es, die aktuellen Tendenzen im islamistischen Extremismus zu beobachten. Brandenburg weist im Bundesvergleich zwar nur ein eher geringes islamistisches Personenpotenzial auf. Nichtsdestotrotz ist die Gesamtzahl islamistischer Extremisten 2017 im Vergleich zum Vorjahr von 100 auf nun 130 Personen angestiegen. Darüber hinaus gibt es vor allem zwei Entwicklungen innerhalb der islamistischen Szene, die Sorge bereiten und daher einer weiteren Beobachtung bedürfen. Das betrifft einerseits die Rückkehr kampferfahrener Jihadisten aus syrischirakischen Kriegsgebieten oder aber hier Anschläge durch sogenannte "turboradikalisierte Einzeltäter" sowie andererseits gezielte Anwerbeversuche islamistischer Organisationen - wie zum Beispiel der Muslimbruderschaft - unter Flüchtlingen. Zur Verhinderung derartiger Gefahren bleibt eine Kombination aus gesamtgesellschaftlichen Integrationsangeboten und deutlicher staatlicher Repression unerlässlich. Vor dem Hintergrund der geschilderten Situationen ist es in allen Phänomenbereichen wichtig, die intensive Präventionsarbeit im Sinne eines gelebten Verfassungspatriotismus weiter fortzuführen, um Extremisten am 4 Vorwort des Ministers besten gar nicht erst zum Zuge kommen zu lassen. Hierzu wird der Verfassungsschutz als aktiver "Demokratiedienstleister" selbstverständlich auch in Zukunft seinen Beitrag leisten, wofür ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes bedanke. Ihr Karl-Heinz Schröter Minister des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg 5 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 6 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ................................................................................10 1. Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes ........................................................21 2. Rechtsextremismus ..................................................................25 2.1 Rechtsextremistische Parteien....................................................29 2.1.1 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) und Junge Nationaldemokraten (JN) ..........................................30 2.1.2 DIE RECHTE ..............................................................................52 2.1.3 DER DRITTE WEG .....................................................................55 2.2 Parteiunabhängige Strukturen ....................................................65 2.3 Rechtsextremistische Hassmusik ...............................................90 2.4 Immobilien der rechtsextremistischen Szene............................ 111 2.5 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten ................................116 2.6 Überblick über die Landkreise...................................................135 3. Reichsbürger und Selbstverwalter ........................................145 4. Linksextremismus...................................................................157 4.1 Autonome ..................................................................................160 4.2 Rote Hilfe e.V. (RH)...................................................................167 4.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ..................................170 4.4 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)............173 4.5 Ausblick .....................................................................................174 5. Entwicklungen im islamistischen Extremismus ..................177 5.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus ...........177 5.2 Lage in Brandenburg.................................................................188 5.3 Ausblick .....................................................................................195 6. Ausländerextremismus ..........................................................199 7. Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz ..................................................................203 7.1 Spionageabwehr, Proliferation ..................................................203 7.2 Wirtschaftsschutz ......................................................................209 7.3 Geheimschutz, Sicherheitsund Zuverlässigkeitsüberprüfungen .................................................210 7 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 8. Verfassungsschutz durch Aufklärung ..................................215 9. Anhang .....................................................................................219 9.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus ................221 9.2 Glossar ......................................................................................259 9.3 Gesetzestexte ...........................................................................277 BbgVerfSchG ...........................................................................277 Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz) BVerfSchG ...............................................................................299 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) Artikel 10-Gesetz - G 10 .........................................................306 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses G10AGBbg ...............................................................................330 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes VereinsG...................................................................................333 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) BbgSÜG ...................................................................................339 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz) 9.4 Register .....................................................................................365 Ortsregister ...............................................................................365 Personenregister .......................................................................373 Sachregister ..............................................................................376 9.5 Auflistung extremistischer Organisationen/Gruppierungen im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2017......................385 9.6 Bildnachweis .............................................................................390 8 Inhaltsverzeichnis 9 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Zusammenfassung Für das Jahr 2017 ist in allen relevanten extremistischen Phänomenbereichen ein Aufwuchs der Personenpotenziale feststellbar. Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft stellt diese Entwicklung vor zunehmend größere Herausforderungen. Rechtsextremismus Im Jahr 2017 erreichte das rechtsextremistische Personenpotenzial mit 1.540 (2016: 1.390) den zweithöchsten Stand seit 1993. Der höchste war im Jahr 1999 mit 1.665 Rechtsextremisten. Rechtsextremismus in Brandenburg 1992 - 2017 anhand der Kategorien "rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt)", "Mitglieder rechtsextremistischer Parteien", "Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1800 1665 1540 1500 1390 1370 1320 1320 1290 1290 1230 1230 1190 1170 1150 1140 1160 1200 1125 900 845 615 605 585 600 515 520 500 435 430 350 340 355 345 320 315 295 254 300 186 129 167 106 87 105 124 74 71 90 93 73 71 58 45 36 0 1992 1993 1995 1997 1999 2001 2004 2006 2007 2008 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt) Mitglieder rechtsextremistischer Parteien Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Damit ist das rechtsextremistische Personenpotenzial in Bandenburg zum vierten Mal in Folge angestiegen. Dieser Prozess vollzog sich insbesondere ab dem Jahr 2015 und spiegelt eine hohe Szene-Dynamik als Reaktion auf die Flüchtlingskrise wider. Parallel dazu wuchsen die rechtsextremistisch motivierten Gewaltstraftaten bis ins Jahr 2016 dramatisch auf. 2017 waren diese Delikte erstmals seit 2013 wieder rückläufig, 10 Zusammenfassung erzielten aber mit 124 in der Gesamtbetrachtung erneut ein sehr hohes Niveau (2016: 167). Gerade die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) war in den Jahren 2015 und 2016 bemüht, die Flüchtlingskrise zu missbrauchen und fremdenfeindliche Stimmung zu verbreiten. Dafür setzte sie auf eine breit angelegte Anti-Asyl-Kampagne. Sie strebte damit eine führende Rolle innerhalb des rechtsextremistischen Milieus an. Ihr Ziel war, auch außerhalb des Milieus die treibende Kraft der Protestbewegung zu werden und neue Mitglieder zu gewinnen. Ihre Aktivitäten sind im Jahr 2017 jedoch weitgehend zusammengebrochen. Das schlägt sich auch in ihrer Mitgliederentwicklung nieder. 2017 waren es nur noch 280 Mitglieder (2016: 300). Auf kommunaler Ebene hat die Partei ebenfalls an Handlungsfähigkeit eingebüßt. Von ihren ursprünglich 48 kommunalen Mandaten nimmt sie nur noch 37 wahr. Sie unterhielt im Jahr 2017 insgesamt 9 (2016: 8) Kreisverbände, von denen kaum noch Aktivitäten ausgingen. Der erst 2014 gegründete Landesverband der "Jungen Nationaldemokraten" ist 2017 praktisch nicht mehr in Erscheinung getreten.1 Mitglieder rechtsextremistischer Parteien in Brandenburg 1993 - 2017 - unter Berücksichtigung der Mitglieder der Jungen Nationaldemokraten (JN) in der NPD - 845 700 710 685 605 585 515 515 520 470 435 430 370 340 355 345 320 315 295 1993 1994 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2004 2006 2008 2009 2010 2012 2013 2014 2015 2016 2017 NPD DIE RECHTE DER DRITTE WEG Sonstige Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Die den Parteienstatus beanspruchende, stramm neonationalsozialistisch ausgerichtete Organisation "DER DRITTE WEG" kam 2017 unverändert auf 30 Mitglieder. Ebenfalls unverändert war 2017 die Zahl ihrer 1 Am 13. Januar 2018 Umbenennung in "Junge Nationalisten". 11 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 drei Stützpunkte in Brandenburg. "DER DRITTE WEG" gibt sich elitär, ist innerhalb der Szene sehr gut vernetzt und strebt einen ideologisch-organisatorischen Führungsanspruch an, welcher im Jahr 2017 mit zahlreichen Aktivitäten untersetzt wurde. Innerhalb des rechtsextremistischen Milieus hat die Kleinpartei den Einfluss der NPD inzwischen deutlich zurückgedrängt und greift nach der Führungsrolle. "DIE RECHTE" beansprucht ebenfalls den Parteienstatus. Im Jahr 2017 ist sie jedoch mit ihren rund 35 Mitgliedern 2016: 25) nach außen praktisch nicht in Erscheinung getreten. Wie "DER DRITTE WEG" wollen auch hier Neonationalsozialisten den Parteienstatus für Aktivitäten nutzen, um Verboten nach dem Vereinsrecht vorzubeugen. So dient "DIE RECHTE" in Brandenburg nur als Fassade, hinter der sich die "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" verbirgt. Neben Parteien beziehungsweise sich als Parteien ausgebenden Organisationen mit ihren insgesamt 345 Mitgliedern (2016: 355) wird das rechtsextremistische Personenpotenzial seit dem Jahr 2017 von allen Verfassungsschutzbehörden in die Kategorien "Rechtsextremisten in parteiunabhängigen Strukturen" und "weitgehend unstrukturiertes rechtsexRechtsextremismus in Brandenburg 2016 und 2017 (neue Zählweise) anhand der Kategorien "rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt)", "gewaltorientierte Rechtsextremisten", "weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial", "Rechtsextremisten in Parteien", "Rechtsextremisten in parteiunabhängigen Strukturen", "Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1540 1390 1120 1010 1030 920 355 345 220 250 167 124 2016 2017 rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt) gewaltorientierte Rechtsextremisten weitgehend unstrukturiertes rechtsextrem. Personenpotenzial Rechtsextremisten in Parteien Rechtsextremisten in parteiunabhängigen Strukturen Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts 12 Zusammenfassung tremistisches Personenpotenzial" eingeteilt, um aktuelle Entwicklungen besser abbilden zu können. Das "weitgehend unstrukturierte rechtsextremistische Personenpotenzial" umfasste im Jahr 2017 insgesamt 1.030 Personen (2016: 920). Damit sind rund zwei Drittel der dem Verfassungsschutz Brandenburg bekannten Rechtsextremisten nicht in Parteien oder parteiunabhängigen Strukturen eingebunden. Gleichwohl bestehen Kontaktund Kennverhältnisse. Damit zählen zu dem "weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial" durchaus Personen, die für Aktivitäten von Parteien oder Kameradschaften mobilisierbar sind. Im Jahr 2017 entfielen auf die Kategorie "Rechtsextremisten in parteiunabhängigen Strukturen" insgesamt 250 Personen (2016: 220). Dahinter verbergen sich im Wesentlichen überwiegend neonationalsozialistische Personenzusammenschlüsse wie "Kameradschaften", rockerähnliche "Bruderschaften", "Freie Kräfte", Vereine und sonstige Strukturen. Im Jahr 2017 wurden unverändert 20 parteiunabhängige Strukturen festgestellt, darunter 7 (2016: 8) rockerähnliche "Bruderschaften" sowie die "Identitäre Bewegung Deutschlands" mit ihren unverändert 20 Anhängern und ihren zwei regionalen Gruppen (Cottbus und Potsdam). So unterschiedlich die Organisationsformen im Einzelnen auch sein mögen, letztendlich eint alle die rechtsextremistische Ideologie und die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Rechtsextremisten propagieren eine Volksgemeinschaft auf rassistisch-biologistischer Basis. Hinzu tritt ein aggressiver Nationalismus gepaart mit fremdenfeindlichem, rassistischem und meist antisemitischem Gedankengut. Statt eines demokratischen Pluralismus fordern Rechtsextremisten einen antipluralistischen Volkskollektivismus. Seit dem Jahr 2017 wird von allen Verfassungsschutzbehörden ebenfalls die neue Kategorie "gewaltorientierte Rechtsextremisten" verwendet. Darunter fallen Personen, die gewalttätig, gewaltbereit, gewaltunterstützend oder zumindest gewaltbefürwortend sind. Im Jahr 2017 waren das 1.120 (2016: 1.010). Das entspricht knapp 70 Prozent aller dem Verfassungsschutz Brandenburg bekannten Rechtsextremisten. 2017 konnte die rechtsextremistische Musikszene in Brandenburg ihren hohen Aktivitätslevel der Vorjahre teilweise halten. Die Zahl der Bands ist auf 20 (2016: 24) leicht gesunken. Hinzu kamen 13 Liedermacher (2016: 14). Aufgrund des hohen und erfolgreichen Drucks der Sicherheitsbehörden, insbesondere der Polizei, bewegten sich die Konzertaktivitäten 13 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 in Brandenburg 2017 weiterhin auf vergleichsweise niedrigem Niveau. 5 Konzerte (2016: 2) konnten durchgeführt werden. 2 (2016: 5) Konzerte wurden im Vorfeld verhindert. Zusätzlich fanden 7 (2016: 6) Liederabende statt. Die Produktion neuer Tonträger lag bei 10 (2016: 12). Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 1993 - 2017 - ohne Liedermacher - 30 25 26 26 25 24 24 23 23 22 20 20 15 13 10 9 5 4 0 1993 2002 2005 2007 2008 2009 2010 2011 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Insgesamt betrachtet tritt der Süden des Landes, besonders der Raum Cottbus, immer stärker in Erscheinung. Vor dieser Entwicklung warnt der Verfassungsschutz bereits seit längerem. Teilweise überlagern und verzahnen sich in der dortigen rechtsextremistischen Szene Strukturen von Neonationalsozialisten, Rockern, Angehörigen des Bewachungsgewerbes, Kampfsportlern, Hass-Musikern, Hooligans, Identitären und Vereinen aus dem Umland. Reichsbürger und Selbstverwalter Die Zahl verfassungsschutzrelevanter "Reichsbürger und Selbstverwalter" ist 2017 auf 560 (2016: 440) angewachsen. Die Tendenz ist weiter steigend. Dies liegt auch an den nach wie vor eingehenden Meldungen der Kommunen sowie der höheren Sensibilität. Linksextremismus Im Linksextremismus ist das Personenpotenzial viermal in Folge angestiegen und lag im Jahr 2017 bei 520 (2016: 500). Erneut zugenommen hat ebenfalls die Zahl gewaltbereiter Autonomer auf jetzt 220 (2016: 210), 14 Zusammenfassung während die Gewaltstraftaten auf 24 (2016: 53) gesunken sind. Unterstützt von der "Roten Hilfe" dienten Demonstrationsund Blockadetrainings auch im Jahr 2017 der Szene-Professionalisierung. Die Gefahr, dass in einschlägigen Rückzugsräumen Aktionen gegen den politischen Gegner und die Polizei geplant werden, nimmt damit weiter zu. In unverändert 13 Kommunen beziehungsweise Regionen sind gewaltbereite Autonome aktiv. Erneut gewachsen ist die "Rote Hilfe e.V.". Sie zählt rund 225 (2016: 215) Mitglieder. Das ist ihre höchste jemals in Brandenburg festgestellte Mitgliederzahl. Linksextremismus in Brandenburg 1993 - 2017 anhand der Kategorien "linksextremistisches Personenpotenzial (gesamt)", "Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - links" 800 715 700 670 670 620 715 605 600 600 545 540 535 520 500 490 500 485 490 500 410 400 300 200 100 44 48 53 24 36 21 22 32 34 26 30 24 8 21 14 15 0 1993 1994 1995 1997 1998 2001 2002 2003 2006 2008 2009 2013 2014 2015 2016 2017 linksextremistisches Personenpotenzial (gesamt) Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - links Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Innerhalb des Linksextremismus behauptet sie ihre Rolle als übergreifende, zwischen allen Strömungen vermittelnde Konsensorganisation und kümmert sich unter anderem um Rechtsbeistand für politisch-motivierte Straftäter. Vor diesem Hintergrund ist sie als gewaltunterstützend zu bewerten. Auf nur noch 50 (2016: 55) Mitglieder bringt es die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP). Ihre Reststrukturen werden weiter zerfallen. Diejenigen der "Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD) sind praktisch nicht mehr feststellbar. Der parteipolitische Linksextremismus in Brandenburg ist am Ende. 15 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Linksextremismus in Brandenburg 1993 - 2017 anhand der Kategorien (Doppelzählungen möglich) "Parteimitglieder", "Rote Hilfe e.V.", "Gewaltbereite (Autonome)" 450 450 400 400 350 350 340 300 300 310 300 250 225 225 220 215 210 200 200 210 200 190 190 180 170 175 150 155 155 160 145 130 130 130 130 115 100 100 110 95 85 75 70 65 50 60 40 0 1993 1997 2001 2002 2003 2005 2010 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Parteimitglieder Rote Hilfe e.V. Gewaltbereite (Autonome) Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Islamistischer Extremismus Unter Ausnutzung der Flüchtlingsmigration der letzten Jahre sind auch islamistische Extremisten nach Europa eingesickert. Weitere werden mit Sicherheit folgen. Ein Teil verfügt mit hoher Wahrscheinlichkeit über Kampferfahrung als Jihadisten beziehungsweise Gewalterfahrung. Ebenso registrieren die Sicherheitsbehörden eine zunehmende Zahl von Rückkehrern aus den Kampfgebieten, also von Personen, die Deutschland mit dem Ziel verlassen hatten, sich dem terroristischen "Islamischen Staat" (IS) anzuschließen. Darunter sind Frauen und Kinder, teils handelt es sich um konvertierte Deutsche. Die größte Gefahr geht von Jihadisten aus, die ideologisch gefestigt sind und mit einem Auftrag versehen entweder zurückkehren oder bereits hier sind und beauftragt werden. Diese Personen dürften weitgehend verroht und extrem gewaltbereit sein. Sie haben die Kontakte und das Know-how, um ihre Mission in die Tat umzusetzen. Eine mindestens ebenso große Gefahr stellen anpolitisierte Einzeltäter dar, die sich das das Know-how via Internet angeeignet haben. Hierbei kann es sich entweder um Migranten handeln oder aber um Homegrown-Extremisten, teils auch Konvertiten. Ziel der Sicherheitsbehörden ist, diese Personen zu erkennen und entweder bereits bei der Einreise festzunehmen oder im Vorbereitungsstadium. Illegale Einreiserouten oder die Nutzung gefälschter Papiere machen es 16 Zusammenfassung Islamistisch-extremistisches Personenpotenzial in Brandenburg 2001 - 2017 130 130 120 110 100 100 90 80 70 70 60 60 50 50 50 50 40 45 40 40 30 35 30 20 10 10 0 2001 2002 2006 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. jedoch extrem schwierig, Reisebewegungen zu verfolgen. Jihadisten agieren hochkonspirativ und schotten sich hermetisch gegen ihre Umwelt ab. Der dagegen gerichtete Aufwand der Sicherheitsbehörden ist sehr hoch und erfordert enorme personelle sowie materielle Ressourcen. Im Verfassungsschutzbericht 2014 wurden noch 40 islamistische Extremisten gezählt. Im Jahr 2016 waren es bereits 100 und im Jahr 2017 stieg ihre Zahl auf 130. Knapp die Hälfte von ihnen kommt aus dem Nordkaukasus. Dortige Gruppierungen haben sich teilweise dem terroristischen "Islamischen Staat" (IS) unterstellt. Der rapide Anstieg des islamistischen Personenpotenzials ist unter anderem auf die verbesserte Erkenntnislage der Sicherheitsbehörden zurückzuführen. In immer kürzeren Abständen gehen Hinweise auf potenzielle Islamisten bei den Sicherheitsbehörden ein. Organisatorisch sind in Brandenburg legalistische islamistische Extremisten unter dem Namen "Sächsische Begegnungsstätte" (SBS) vertreten. Die SBS wird der islamistisch-extremistischen "Muslimbruderschaft" zugerechnet. Zielgruppe der SBS sind meist Zuwanderer. In Brandenburg an der Havel unterhält die Organisation bereits einen Gebetsraum. In Senftenberg (OSL) und in Luckenwalde (TF) sollten weitere entstehen. Die SBS nutzt gezielt den Bedarf der hier lebenden Muslime nach Gelegenheiten zum Gebet aus und ist ebenso daran orientiert, bereits auf Kinder ideologisch einzuwirken. 17 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Ausländerextremismus Ausländerextremistisches Personenpotenzial in Brandenburg 1995 - 2017 300 290 275 250 235 235 200 205 200 170 150 155 140 125 100 110 105 100 100 50 50 20 40 10 30 5 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2006 2007 2008 2009 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Das größte Personenpotenzial im Bereich Ausländerextremismus weist in Brandenburg die bundesweit mit einem Betätigungsverbot belegte "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) auf. Ende 2017 wurden ihr rund 80 (2016: 85) Personen zugerechnet. Zuverlässigkeitsund Sicherheitsüberprüfungen Neben der Beobachtung extremistischer Bestrebungen wirkt der Verfassungsschutz an Zuverlässigkeitsüberprüfungen mit. Um dieser Aufgabe überhaupt nachkommen zu können, benötigt der Verfassungsschutz Daten über Extremisten. Er bekommt sie von anderen Behörden oder erhebt sie selbst. Diese Daten von Extremisten werden in einer eigenen Datenbank erfasst und ständig gepflegt. Sie ist das Herzstück der Behörde. Bei Zuverlässigkeitsüberprüfungen wird die Datenbank abgefragt. So soll beispielsweise verhindert werden, dass dem Verfassungsschutz bekannte Extremisten beruflichen Zugang zum Sicherheitsbereich von Flughäfen erlangen oder Asylunterkünfte bewachen. 2017 gingen insgesamt 7.155 (2016: 5.004) entsprechende Anfragen beim Verfassungsschutz ein. Wenn der Flughafen Berlin-Brandenburg öffnet und Tegel parallel dazu schließt, werden die wichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfungen gemäß Luftsicherheitsgesetz ausschließlich vom brandenburgischen Verfassungsschutz durchgeführt. Die Zahl der jährlichen Zuverlässigkeitsüberprüfungen wird dann mit hoher Wahrscheinlichkeit fünfstellig werden. 18 Zusammenfassung Überprüfungen durch den Verfassungsschutz Brandenburg 2011 - 2017 Zuverlässigkeitsüberprüfungen* Sicherheitsüberprüfungen 8000 400 7000 350 382 7155 354 6000 6438 6153 300 312 5000 250 278 5140 5004 4000 200 3000 150 2795 139 2000 2525 100 121 122 1000 50 0 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 * nach Luftsicherheits-, Sprengstoffund Atomgesetz sowie auf Grundlage der Bewachungsverordnung Als Sicherheitsdienstleister wirkt der Verfassungsschutz ebenfalls an den personalintensiven Sicherheitsüberprüfungen mit. Betroffen sind davon Mitarbeiter von etwa 20 Behörden (unter anderem: Polizei, Staatskanzlei und Ministerien, Landtag, Gerichte sowie Staatsanwaltschaften). 354 (2016: 312) Sicherheitsüberprüfungen waren es 2017. Verfassungsschutz durch Aufklärung Verfassungsschutz durch Aufklärung Veranstaltungen Teilnehmer 150 6000 6000 142 133 5000 120 4800 112 116 4000 4300 100 102 4000 4000 90 96 3600 3000 3200 70 60 64 2500 2000 2100 30 1000 0 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Informationsangebote des Verfassungsschutzes waren 2017 erneut stark nachgefragt. In 96 (2016: 102) Veranstaltungen wurden Vorträge gehalten. Rund 3.600 (2016: 4.000) Bürger nahmen teil. Damit summiert sich die Zahl solcher Veranstaltungen seit 2008 auf insgesamt 1.064 mit rund 39.000 Zuhörern. Ebenso wirkte der Verfassungsschutz an der erst vor wenigen Tagen erschienenen Neuauflage des "Reichsbürger"-Handbuchs mit. Es gilt bundesweit als Standardwerk. 19 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 20 Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes 1. Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes Zu den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit aller politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Ohne die Achtung dieser Prinzipien ist eine Demokratie nicht möglich. Um diese zu schützen, sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Er wertet sie aus und unterrichtet zuständige Stellen. In unserer Demokratie zählen dazu die Bevölkerung, die Landesregierung, die öffentliche Verwaltung, die Polizei und viele andere. Auf diesem Wege über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu informieren, ist somit eine zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes. Denn der beste Schutz der Verfassung ist der informierte Bürger. Freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland Menschenrechte Volkssouveränität Gewaltenteilung Verantwortlichkeit der Regierung Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Unabhängigkeit der Gerichte Mehrparteienprinzip Chancengleichheit für Parteien Recht auf parlamentarische Opposition 21 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Am 31. Dezember 2017 hatte der brandenburgische Verfassungsschutz im Ministerium des Innern und für Kommunales 89 Mitarbeiter (2016: 86).2 An Sachmitteln standen der Verfassungsschutzbehörde im Haushaltsjahr 2017 insgesamt 1.300.000 Euro zur Verfügung. Davon wurden 1.299.995,26 Euro verausgabt. Der Verfassungsschutz ist der Inlandsnachrichtendienst Deutschlands. Diese Aufgabe fällt sowohl in die Zuständigkeit des Bundes als auch der Länder. Anders als die Polizei hat der Verfassungsschutz keine exekutiven Befugnisse. Kein Verfassungsschützer darf Wohnungen durchsuchen, Personen festnehmen oder Zeugen vernehmen. Verfassungsschützer sind unbewaffnet und tragen keine Uniform. Im demokratischen Rechtsstaat wachen parlamentarische Gremien über alle Aktivitäten des Verfassungsschutzes. Im Landtag Brandenburg sind das die "Parlamentarische Kontrollkommission" (PKK) und die "G 10-Kommission". Die PKK ist von der Landesregierung unter anderem umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten (SS 25 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz). Die "Parlamentarische Kontrollkommission" kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen. Bei besonderem Aufklärungsbedarf können Bedienstete mit Zustimmung des Innenministers zum Sachverhalt befragt werden. Darüber hinaus wird die PKK regelmäßig ohne Aufforderung nach SS 7 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 4 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz über Quellen und Observationen sowie in anonymisierter Form über Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses informiert. Der Landtag beschließt über Größe und Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission. Sie soll nicht mehr als neun Mitglieder haben. Hierbei muss die parlamentarische Opposition angemessen vertreten sein (SS 24 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz). Das Gremium tritt in der Regel alle zwei Monate zusammen, Beratungen erfolgen in geheimer Sitzung. 2 Die Zahl umfasst auch Teilzeitbeschäftigte. Wie in den vorangegangen Berichten werden abgeordnete Bedienstete nicht ausgewiesen. 22 Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses werden durch die vom Landtag gewählte "G 10-Kommission" vor ihrer Durchführung auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Angeordnete Beschränkungsmaßnahmen, welche die "G 10-Kommission" für unzulässig oder nicht notwendig erachtet, hat das Innenministerium unverzüglich einzustellen. Die Kontrollbefugnis erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem "Artikel 10-Gesetz" erlangten personenbezogenen Daten. Die "G 10-Kommission" besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muss, und zwei Beisitzern. Mitglieder der "G 10-Kommission" sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen (SS 2 Abs. 3 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes). Alle Bürger haben das Recht, ein Auskunftsersuchen gemäß SS 12 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz beim Verfassungsschutz zu stellen. Davon machten im Jahr 2017 insgesamt 162 (2016: 194) Personen Gebrauch. Der Verfassungsschutz hält den Einsatz von menschlichen Quellen zur Erfüllung seines Auftrages für unabdingbar. Denn Quellen sind durch andere nachrichtendienstliche Mittel nicht zu ersetzen. Im Bereich des Rechtsextremismus haben Quellen maßgeblich dazu beigetragen, dass 23 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 brandenburgische Innenminister bislang acht Vereinsverbote erlassen konnten. Mit solchen Verboten wird die Ausbreitung extremistischer Ideologien maßgeblich unterbunden. Ebenso trägt der Quelleneinsatz zur Aufklärung politisch motivierter Kriminalität bei. Dies gilt beispielsweise für die Eindämmung rechtsextremistischer Hasskonzerte. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen ist im Verfassungsschutzgesetz des Landes Brandenburg und insbesondere detailliert in der "Dienstanweisung Beschaffung" geregelt. Festgelegt sind Mindeststandards bei der Werbung von Quellen als auch bei der Informationserhebung durch Quellen. 24 Rechtsextremismus 2. Rechtsextremismus Im Jahr 2017 haben sich die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern für den Rechtsextremismus auf ein neues Kategoriensystem verständigt. Die Unterteilung der rechtsextremistischen Szene in subkulturell, gewaltbereite Rechtsextremisten, Neonationalsozialisten und in Parteien organisierte Rechtsextremisten wurde durch eine eindeutigere Zählung abgelöst. Die neuen Kategorien sind: Parteilich organisierte Rechtsextremisten, Rechtsextremisten in parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen (z. B. "Freie Kräfte", "Kameradschaften", "Bruderschaften" etc.) und weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial. Rechtsextremistisches Personenund Organisationspotenzial in Brandenburg (zum Teil geschätzt) 2016 2017 in Parteien (gesamt) 355 345 NPD 300 280 DIE RECHTE 25 35 DER DRITTE WEG 30 30 in parteiunabhängigen Strukturen (NEU) 220 250 weitgehend unstrukturiertes Personenpotenzial (NEU) 920 1.030 gesamt 1.495 1.625 Mehrfachmitgliedschaften 105 85 Personenpotenzial (nach Abzug von Mehrfachzählungen) 1.390 1.540 davon gewaltorientierte Rechtsextremisten (NEU) 1.010 1.120 Die stark angestiegenen Zuzugszahlen von Asylsuchenden in den vergangenen Jahren haben auch in Brandenburg das Anwachsen der rechtsextremistischen Szene stark begünstigt. Auch wenn die Flüchtlingszahlen im Jahr 2017 rückläufig waren, kann von einer Entspannung 25 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 in Hinblick auf das rechtsextremistische Personenpotenzial keine Rede sein. Nach dessen rasantem Anstieg im Jahr 2016 auf 1.390 war im Jahr 2017 erneut ein deutlicher Aufwuchs auf 1.540 festzustellen. Damit verzeichnet Brandenburg die zweithöchste Zahl an Rechtsextremisten seit Bestehen des Landes. Lediglich im Jahr 1999 war die Zahl mit 1.665 höher. Der Anstieg des rechtsextremistischen Personenpotenzials im Jahr 2017 betrifft annähernd alle Bereiche. Lediglich die NPD verzeichnete 2017 einen Mitgliederverlust. Auch nach dem Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts am 17. Januar 2017 blieb ein Aufschwung für die Partei aus. Die Entwicklung bei den "parteiunabhängigen bzw. parteiungebundenen Strukturen" wie "Kameradschaften", "Freien Kräften" oder "Bruderschaften" verlief im Wesentlichen moderat. Es sind nur geringe Zuwächse zu verzeichnen. Am deutlichsten und dynamischsten ist gegenwärtig die Entwicklung im "weitgehend unstrukturierten Personenpotenzial". Zwar ging das Demonstrationsgeschehen - außer in Cottbus und mit Abzügen in Rathenow (HVL) - im Jahr 2017 deutlich zurück, dennoch erwies sich die Anti-Asyl-Thematik auch weiterhin als geeignet, sowohl junge "Asylgegner" an die Szene heranzuführen als auch gestandene "Alt-Nazis", die ihre politische Sozialisierung während der Flüchtlingskrise zu Beginn der 1990er Jahre erfuhren, wieder zu reaktivieren. Ein Bedeutungsverlust der Asylthematik für die Mobilisierung der Szene ist gegenwärtig noch nicht erkennbar. Zumindest bei den rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikten ist jedoch ein deutlicher Rückgang feststellbar. Nachdem die Zahl noch im Jahr 2016 auf 167 bekannte Fälle nach oben geschnellt ist und seit 1993 einen neuen Höchststand in Brandenburg markierte, ist im vergangenen Jahr eine leichte Entspannung festzustellen. Die Zahl der Gewaltstraftaten ist im Jahr 2017 auf 124 zurückgegangen. 80 davon richteten sich gegen Asylbewerber beziehungsweise Flüchtlinge. Verglichen mit dem Jahr 2011, in dem lediglich 36 Gewaltstraftaten verzeichnet wurden, ist das Niveau jedoch nach wie vor sehr hoch. Wie auch in den Vorjahren nimmt vor allem die Region Cottbus/Spree-Neiße mit 23 Delikten (2016: 50) einen Spitzenplatz ein. Trotz des deutlichen Rückgangs bleibt das südliche Brandenburg gemeinsam mit dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin, wo 2017 insgesamt 16 Delikte (2016: 19) bekannt wurden, eine Hochburg des Rechtsextremismus in Brandenburg. 26 Rechtsextremismus Körperverletzungen machen nach wie vor den größten Anteil der Gewaltdelikte aus. Ein Großteil der Straftaten wird spontan beziehungsweise situativ begangen. Bisweilen ist jedoch durchaus ein planvolles Vorgehen mit gezielter Vorbereitung festzustellen. Da die Zahlen nach wie vor auf einem hohen Niveau verharren und die Qualität der Delikte nicht abgenommen hat, muss weiterhin von einem gewissen rechtsterroristischen Potenzial in der Szene ausgegangenen werden. Wie bei den Gewaltdelikten gab es auch bei den asylfeindlichen Demonstrationen einen deutlichen Rückgang. 2017 wurden lediglich noch 99 Demonstrationen durchgeführt. Im Vorjahr waren es noch 171. Besorgniserregend sind insbesondere die Versuche von Rechtsextremisten, bürgerliche asylkritische Demonstrationen zu beeinflussen. Deutlich ist in den vergangenen zwei Jahren eine Erosion der Abgrenzung festzustellen. Scheinbar bestehen an immer weniger Orten Berührungsängste zwischen Bürgerinitiativen, Rechtspopulisten und Rechtsextremisten. Grenzen verwischen zunehmend. Stillschweigende Kooperationen werden häufiger. Nur selten ist die Einflussnahme durch Rechtsextremisten augenscheinlich. Häufig wird noch aus der Deckung agiert. Für die Öffentlichkeit nicht sichtbar, kümmern sich Rechtsextremisten im Hintergrund um Logistik, Infrastruktur, Planung und Propaganda. Die fremdenfeindliche Weltsicht soll soweit wie möglich hinter der Fassade der "bürgerlichen" Proteste verborgen bleiben. Die Szene hat schnell gemerkt, dass sie da, wo sie offen auftritt, deutlich weniger Protestpotenzial mobilisieren kann, als dort, wo sie im Hintergrund wirkt. Die Zahl der Übergriffe auf Flüchtlinge ging im Jahr 2017 nur unmerklich zurück. Während im Jahr 2016 insgesamt 264 Straftaten festgestellt wurden, waren es 258 im Jahr 2017. Einen deutlichen Rückgang gab es jedoch bei Straftaten gegen Asylunterkünfte. Hier sank die Zahl von 72 im Jahr 2016 auf 19 im Jahr 2017. Obwohl die Quantität der Straftaten nachließ, ist die Qualität der Delikte nach wie vor besorgniserregend. Gerade die Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in den vergangenen Jahren wie etwa in Zossen (TF), Nauen (HVL), Brandenburg an der Havel und Kremmen (OHV) sind Beweise für die neue Qualität rechtsextremistisch motivierter Straftaten. Es gilt genau zu beobachten, ob die aktuelle Situation den Nährboden für einen neuen Rechtsterrorismus bilden könnte. Es ist davon auszugehen, 27 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 dass die Gewalt gegen Asylbewerber und Anschläge gegen deren Unterkünfte - wenn auch auf einem niedrigeren Niveau - anhalten wird. Ebenfalls steht zu befürchten, dass die Konfrontationsgewalt zwischen Rechtsund Linksextremisten durch die politisch aufgeladene Situation weiter angefeuert wird. Rechtsextremisten nutzen zudem die Möglichkeiten des Internets, um dort ihre menschenverachtende und rassistische Propaganda zu verbreiten. Bewusst werden hier Ängste und Neid geschürt. Insbesondere den "Hasspostings", die sich in allen sozialen Netzwerken breit machen, kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Die Rolle des Internets bei der Radikalisierung, Mobilisierung und Rekrutierung der Szene kann nicht überschätzt werden. Die vermeintliche Anonymität des Internets befeuert viele Rechtsextremisten, gegen Flüchtlinge, Ausländer und Andersdenkende zu hetzen. Zudem werden Halbwahrheiten und bewusste Falschmeldungen ("Fake News") lanciert, die insbesondere kriminelle Handlungen von Flüchtlingen thematisieren. Nachweisbar sind viele dieser Meldungen erfunden oder übertrieben. Im Netz werden sie jedoch schnell geteilt und weiterverbreitet. Auf diese Weise grassieren Unwahrheiten und Tatsachen werden verdreht. Besonders häufig werden vermeintliche Straftaten von Flüchtlingen geschildert und Auseinandersetzungen zwischen Asylbewerbern als Beleg für deren Gewalttätigkeit dargestellt. Ziel der "Fake News" ist, Flüchtlinge pauschal als kriminelle Gewaltverbrecher darzustellen und zu diskreditieren. Zugleich versuchen die Urheber zum Beispiel durch manipulierte Bilder von Flüchtlingen mit Luxusartikeln Sozialneid zu schüren. Asylbewerber werden als begünstigte Sozialschmarotzer dargestellt, denen es an Dankbarkeit und Wertschätzung fehle. Nicht selten wird der tatsächliche Urheber verschleiert. Die erfundenen "Nachrichten" werden auf diese Weise in großer Dynamik innerhalb der Szene verbreitet und befeuern den Ausländerhass. Auch die Nutzung von "Memes" oder Videos verschafft der rechtsextremistischen Szene einen großen Resonanzraum in der Welt der sozialen Netzwerke. Grundsätzlich ist eine zunehmende Verrohung der Sprache und der Bilder festzustellen. Immer häufiger wird im Internet offen und unverhohlen zu Gewalt gegen Ausländer, politisch Andersdenkende und "Staatsrepräsentanten" aufgerufen. Das hohe Niveau der Gewaltstraftaten zeigt, dass dieser Verbalradikalismus immer häufiger in die reale Welt übertragen wird. Die lautstarken rechtsextremistischen Agitatoren in den sozialen Netzwerken werden zu geistigen Brandstiftern und Impulsgebern für die Ausübung von schweren und schwersten Gewaltstraftaten. 28 Rechtsextremismus 2.1 Rechtsextremistische Parteien Die Flüchtlingsthematik war im Jahr 2017 erneut das zentrale Thema der rechtsextremistischen Parteien in Brandenburg. Keine der drei im Land vertretenen extremistischen Parteien konnte jedoch Profit aus der politischen Situation schlagen. Bei der Bundestagswahl 2017 erreichte die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) lediglich magere 0,9 Prozent der Stimmen in Brandenburg. "DIE RECHTE" und "DER DRITTE WEG" sind erst gar nicht angetreten. Gegenwärtig haben die rechtsextremistischen Parteien damit zu kämpfen, dass sie sich harter Konkurrenz zur Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) ausgesetzt sehen. Von der angestrebten Meinungsführerschaft beim Protest gegen die Asylpolitik der Regierung sind die Rechtsextremisten derzeit weit entfernt. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 17. Januar 2017, die NPD aufgrund ihrer politischen Unbedeutendheit nicht zu verbieten, änderte nichts daran. "DIE RECHTE" war im vergangenen Jahr kaum aktiv und machte höchstens durch interne Querelen und Grabenkämpfe einzelner Landesverbände auf sich aufmerksam. Gegenwärtig hat von allen rechtsextremistischen Parteien in Brandenburg "DER DRITTE WEG" gewisses Potenzial. Jedoch konnte auch er seine Organisationsstruktur und sein Aktivitätsniveau im vergangenen Jahr nicht ausbauen. Nach wie vor gelingt es der Organisation nicht, die Führungsrolle in der rechtsextremistischen Szene zu übernehmen, die sie sich selbst zuspricht. Mitglieder rechtsextremistischer Parteien in Brandenburg 1993 - 2017 - unter Berücksichtigung der Mitglieder der Jungen Nationaldemokraten (JN) in der NPD - 845 700 710 685 605 585 515 515 520 470 435 430 370 340 355 345 320 315 295 1993 1994 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2004 2006 2008 2009 2010 2012 2013 2014 2015 2016 2017 NPD DIE RECHTE DER DRITTE WEG Sonstige Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. 29 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2.1.1 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) wurde 1964 gegründet, die Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) fünf Jahre später.3 In den ersten Jahren nach ihrer Gründung verfolgte die NPD nach außen das Ziel, national-konservative Strömungen bündeln zu wollen, stand aber gleichzeitig unter wachsendem rechtsextremistischem Einfluss. Zu Beginn der neunziger Jahre erfuhr die Partei unter dem Parteivorsitzenden Günther Deckert eine neue Ausrichtung. Revisionistische, sozialrevolutionäre und ausländerfeindliche Themen dominierten nun die politische Agenda. Die ursprüngliche Abgrenzung vom (Neo-)Nationalsozialismus wurde aufgeweicht. Deckerts Nachfolger als Parteivorsitzender, Udo Voigt, leitete endgültig die Nazifizierung ein, indem er die NPD gezielt für Neonationalsozialisten öffnete. Viele folgten dieser Einladung. Nach Jahrzehnten der politischen Erfolglosigkeit zog die Partei im Jahr 2004 in den sächsischen Landtag ein. In Mecklenburg-Vorpommern schaffte sie dies zwei Jahre später. In zahlreichen Kommunalvertretungen, insbesondere in den neuen Ländern, konnte die NPD Sitze erringen. Im November 2014 löste der saarländische NPD-Funktionär Frank Franz den Übergangsvorsitzenden Udo Pastörs ab. Den rasanten Mitgliederschwund konnte er nicht stoppen. Hinzu kommen die Neugründungen von "DIE RECHTE" (Mai 2012) und "DER DRITTE WEG" (September 2013). Beide behaupten, Parteien zu sein. Auf viele Neonationalsozialisten wirken sie anziehender als die NPD. Die NPD bot sich über Jahre als Schutzschirm für Kameradschaften und andere Neonationalsozialisten an. Diese nutzten die Möglichkeit sehr intensiv, unter dem gesetzlichen Schutz des Parteienprivilegs ihren neonationalsozialistischen Geschäften in der NPD nachzugehen. Jedoch verliert die NPD dieses Monopol zusehends. 3 Die JN haben sich im Jahr 2018 in "Junge Nationalisten" umbenannt. 30 Rechtsextremismus Am 17. Januar 2017 fällte das Bundesverfassungsgericht das Urteil im zweiten NPD-Verbotsverfahren.4 Am 3. Dezember 2013 hatte der Bundesrat die Antragsschrift beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Als wesentliche Verbotsgründe wurden die verfassungswidrige Ideologie sowie ein aktiv-kämpferisches und aggressives Handeln der NPD angeführt. Die Materialsammlung belegt auf gut tausend Seiten die Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus, einhergehend mit der Relativierung nationalsozialistischen Unrechts und die antisemitische Haltung der Partei. Vornan steht der rassistische Volksund Personenbegriff, der als Verstoß gegen die Menschenwürde zu werten ist: "Ein Afrikaner, Asiate oder Orientale wird nie Deutscher werden können, weil die Verleihung bedruckten Papiers ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert, die für die Ausprägung körperlicher, geistiger und seelischer Merkmale von Einzelmenschen und Völkern verantwortlich sind. Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, egal, wie lange sie in Deutschland leben. Sie mutieren durch die Verleihung des Passes ja nicht zu Deutschen."5 Das politische Handeln der NPD zielt darauf ab, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen und abzuschaffen. Die Antragsteller führen zahlreiche Rechtsverstöße der Partei und ihrer führenden Mitglieder an. Schon das Erreichen des Hauptverfahrens ist als Erfolg der Sicherheitsbehörden zu werten. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 17. Januar 2017, die NPD wird nicht verboten. Jedoch bescheinigte das Gericht der NPD, verfassungsfeindliche Ziele zu verfolgen. 4 Laut Parteiengesetz können Parteien nur auf Antrag des Bundesrats, Bundestags oder der Bundesregierung verboten werden. Zuständig ist das Bundesverfassungsgericht. Damit taktierend behaupten "DER DRITTE WEG" und "DIE RECHTE", sie seien Parteien. Organisationen, die nicht die Voraussetzung erfüllen, Partei zu sein, können nach dem Vereinsrecht von den Innenministern verboten werden. 5 NPD-Parteivorstand: Argumentationsbroschüre, 2012. 31 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) vertritt ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtetes politisches Konzept. Sie will die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Die NPD arbeitet auch planvoll und mit hinreichender Intensität auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin."6 Das Bundesverfassungsgericht stellte eindeutig fest, dass das politische Konzept der NPD auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet ist: "Der von der NPD vertretene Volksbegriff verletzt die Menschenwürde. Er negiert den sich hieraus ergebenden Achtungsanspruch der Person und führt zur Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit für alle, die nicht der ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" in ihrem Sinne angehören. Das Politikkonzept der NPD ist auf die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von gesellschaftlichen Gruppen (Ausländern, Migranten, religiösen und sonstigen Minderheiten) gerichtet. (...) Darüber hinaus missachtet die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung auch mit Blick auf das Demokratieprinzip. In einem durch die "Einheit von Volk und Staat" geprägten Nationalstaat im Sinne der NPD ist für eine Beteiligung ethnischer Nichtdeutscher an der politischen Willensbildung grundsätzlich kein Raum. Dieses Konzept widerspricht dem im menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips wurzelnden Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsangehörigen an der politischen Willensbildung. Außerdem tritt die NPD für die Abschaffung des bestehenden parlamentarisch-repräsentativen Systems und seine Ersetzung durch einen am Prinzip der "Volksgemeinschaft" orientierten Nationalstaat ein."7 Außerdem, so das Bundesverfassungsgericht, weist die NPD eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf: 6 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/ bvg17-004.html (abgerufen am 23.04.2018). 7 Ebd. 32 Rechtsextremismus "Das Konzept der 'Volksgemeinschaft', die antisemitische Grundhaltung und die Verächtlichmachung der bestehenden demokratischen Ordnung lassen deutliche Parallelen zum Nationalsozialismus erkennen. Hinzu kommen das Bekenntnis zu Führungspersönlichkeiten der NSDAP, der punktuelle Rückgriff auf Vokabular, Texte, Liedgut und Symbolik des Nationalsozialismus sowie geschichtsrevisionistische Äußerungen, die eine Verbundenheit zumindest relevanter Teile der NPD mit der Vorstellungswelt des Nationalsozialismus dokumentieren. Die Wesensverwandtschaft der NPD mit dem Nationalsozialismus bestätigt deren Missachtung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung."8 Jedoch ist die Partei politisch aktuell nicht mehr von Relevanz, so dass eine Umsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele als nicht möglich erscheint. "Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die eine Durchsetzung der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele möglich erscheinen lassen. Weder steht eine erfolgreiche Durchsetzung dieser Ziele im Rahmen der Beteiligung am Prozess der politischen Willensbildung in Aussicht, noch ist der Versuch einer Erreichung dieser Ziele durch eine der NPD zurechenbare Beeinträchtigung der Freiheit der politischen Willensbildung in hinreichendem Umfang feststellbar."9 Das Bundesverfassungsgericht hält die verfassungsfeindliche NPD jedoch für derart gefährlich, dass es Sanktionsmöglichkeiten gegen verfassungsfeindliche Parteien aufzeigte. Der Gesetzgeber nahm diese Anregung auf. Im Juni 2017 beschloss der Deutsche Bundestag eine Grundgesetzänderung, die es ermöglicht, verfassungsfeindliche Parteien von staatlichen Subventionen auszuschließen. Im Grundgesetz lautet Artikel 21, Absatz 3, nun so: "Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher 8 Ebd. 9 Ebd. 33 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien." Ein entsprechender Antrag an das Bundesverfassungsgericht wurde im Februar 2018 durch die Bundesländer einstimmig im Bundesrat verabschiedet. In ihrem Antrag fordern die Länder einen Ausschluss der NPD von der staatlichen Teilfinanzierung für zunächst sechs Jahre: "Das Verfahren zum Ausschluss von der staatlichen Teilfinanzierung dient (...) vorwiegend dem Zweck, zu verhindern, dass eine Partei, die die freiheitlich demokratische Grundordnung missachtet, mit Hilfe von Steuergeldern - gleichgültig in welcher Höhe - von dem Staat unterstützt werden muss, dessen wesentliche Verfassungswerte sie ablehnt."10 Aufgrund des schlechten Abschneidens bei der Bundestagswahl 2017 ist die NPD bereits jetzt von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen. 0,4 Prozent der Stimmen im Bund und 0,9 Prozent in Brandenburg genügten nicht, um ein Anrecht auf staatliche Subventionen zu haben. Noch im Jahr 2016 erhielt die Partei 1,14 Millionen Euro von dem deutschen Staat, den die Partei mit allen Mitteln bekämpft. "Allein der Umstand, dass die Partei bei der letzten Bundestagsund einigen vorangegangenen Landtagswahlen das nach SS 18 Absatz 4 PartG jeweils nötige Quorum nicht erreicht hat, steht der Zulässigkeit eines Antrags nach Artikel 21 Absatz 3 GG, SS 46a BVerfGG nicht entgegen. Wird das jeweilige Quorum bei einer einzelnen Wahl erreicht, hat die Partei einen Anspruch auf staatliche Parteienfinanzierung."11 Innerparteilich verschoben sich die Machtverhältnisse nach dem verheerend schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl noch einmal zunehmend zum völkischen Lager. Sichtbarstes Zeichen hierfür ist die Gründung des "Völkischen Flügels" der NPD um den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Thorsten Heise aus Thüringen. Dieser scheiterte zwar im März 10 https://www.bundesrat.de/SharedDocs/ beratungsvorgaenge/2018/0001-0100/0030-18.html (abgerufen am 24.04.2018). 11 Ebd. 34 Rechtsextremismus 2017 mit einer Kandidatur um den Bundesvorsitz gegen Frank Franz. Mittlerweile positioniert er jedoch die radikaleren Kräfte in der Partei gegen Franz. So bleibt abzuwarten, ob es dem "Völkischen Flügel" gelingt, "dem Liberalisierungsprozess, dem Mitgliederund Aktivistenschwund, sowie der Perspektivlosigkeit und der schwindenden Moral innerhalb der Partei, Einhalt zu gebieten".12 Dieser Versuch, die Partei wieder verstärkt an rechtsextremistische Kreise anzuschließen, könnte auch ihre Spaltung nach sich ziehen. Mit deutlicher Kritik an der derzeitigen NPD-Führung spart der "Völkische Flügel" auf jeden Fall nicht: "Der Völkische Flügel soll insofern dazu beitragen, unsere NPD zu einer wirklichen Weltanschauungsorganisation und Bewegung zu gestalten, anstatt sie weiter als erfolglose Wahlpartei systemaffiner Politikjongleure zu überlassen. Der Völkische Flügel versucht somit nicht kurzfristige Wahl'erfolge' zu erzwingen und reagiert nicht primär auf tagespolitische Ränkespielchen."13 Unter den Erstunterzeichnern der Gründungserklärung, die bezeichnenderweise am 30. Januar 2018, dem Jahrestag von Hitlers Machtergreifung, verkündet wurde, befand sich mit Thomas Gürtler aus Lauchhammer (OSL) lediglich ein NPD-Funktionär aus Brandenburg. NPD Brandenburg In Brandenburg war die NPD nie wählerisch. Im Laufe der Zeit traten unter anderem Aktivisten aus den verbotenen Organisationen "Nationalistische Front" (NF) "Freiheitlich Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) und "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) bei. Auch der Eintritt der vom Verbot bedrohten "Die Nationalen" um den Neonationalsozialisten Frank Schwerdt brachte einen spürbaren Zuwachs. 12 Facebook-Seite "Völkischer Flügel" in der NPD: "PROKLAMATION DES VÖLKISCHEN FLÜGELS!", 30.01.2018 (Zugriff am 24.04.2018). 13 Ebd. 35 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Ein eigener Landesverband wurde erst im Jahr 2003 gegründet. Zuvor bestand ein gemeinsamer mit Berlin. Nach dem Einzug der NPD in die Landtage von Sachsen (2004) sowie Mecklenburg-Vorpommern (2006) und der strategischen Öffnung der Partei für Neonationalsozialisten stieg die Mitgliederzahl in Brandenburg auf ihren Höchststand von 370 im Jahr 2010. Mitgliederentwicklung NPD in Brandenburg 1993 - 2017 - unter Berücksichtigung der Mitglieder der Jungen Nationaldemokraten (JN) - 400 350 370 350 300 320 320 300 300 290 280 250 260 250 235 230 200 205 205 190 150 155 150 100 50 65 30 25 0 1993 1994 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Im Jahr 2009 setzte die NPD Brandenburg alles auf eine Karte und brach einseitig den "Deutschland-Pakt"14 mit der "Deutschen Volksunion" (DVU). Im Ergebnis flog die DVU nach 10 Jahren aus dem Landtag und die NPD scheiterte deutlich. Damals zeigte sich, dass es der NPD Brandenburg weniger gut gelang, neonationalsozialistische "Freie Kräfte" einzubinden. Zwar waren einige zur Kooperation mit der NPD bereit. Andere lehnten die Partei jedoch ab, da sie durch ihr politisches Handeln selbst Teil des verhassten Systems sei. Diese Auffassung vertrat etwa die rechtskräftig verbotene Gruppierung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg ("Spreelichter")". Funktionierende Kooperationen zwischen NPD und Neonationalsozialisten beschränken sich heute auf die Kreisverbände HavelNuthe, Prignitz-Ruppin, Oberhavel und Dahmeland. 14 Der "Deutschland-Pakt" von NPD und DVU regelte, dass beide Parteien bei Wahlen nicht gegeneinander antreten. In Brandenburg saß die DVU seit 1999 im Landtag. Für Brandenburg sah der Pakt daher nur DVU-Landtagskandidaturen vor. 36 Rechtsextremismus Die Schwäche des Landesverbandes ist ebenso die Schwäche seines Vorstands. Seit 2009 richtet er immer weniger Veranstaltungen aus. Im mau geführten Bundestagswahlkampf 2017 wurde deutlich, dass kaum noch jemand landesweit öffentlich für die Partei Flagge zeigen wollte. Klaus Beier ist seit 2004 Landesvorsitzender und seit 2003 NPD-Mandatsträger im Kreistag Oder-Spree. Als Bundespressesprecher war er bis 2011 viele Jahre Funktionär auf Bundesebene. Mit dem Wechsel des Parteivorsitzes von Udo Voigt auf Holger Apfel verlor Beier vorübergehend sein Amt. Auf dem Bundesparteitag im November 2014 konnte er es zurückerringen. Im Landesvorstand wird Beier von Thomas Salomon und Ronny Zasowk vertreten. Salomon ist gleichzeitig als Chefredakteur verantwortlich für die Parteipublikation "Zündstoff - Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg". Zasowk, der zugleich Stadtverordneter in Cottbus ist, war bis zum Ausscheiden der NPD aus dem sächsischen Landtag im August 2014 dort beschäftigt. Auf Bundesebene ist er seit 2014 stellvertretender Parteivorsitzender. Weitere brandenburgische NPD-Vorstandsmitglieder sind Landesschatzmeisterin Aileen Rokohl (Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Barnim); Michel Müller (Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Havel-Nuthe); Robert Wolinski, zuständig für Organisation; Benjamin Mertsch (Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Lausitz), zuständig für Kommunales und Pressesprecher Florian Stein, der zudem für den NPD-Europaabgeordneten Udo Voigt arbeitet. Auf Bundesebene haben einige Landesvorstandsmitglieder einen vergleichsweise guten Stand. Dem nicht besonders erfolgreichen Landesverband hingegen fehlt der Einsatz dieser Funktionäre. Die NPD lebt somit von einigen wenigen Multifunktionären. Schon der Ausfall eines Aktivpostens kann zur Stagnation ganzer Kreisverbände führen. Derzeit zählt die NPD rund 280 Mitglieder in Brandenburg. Das ist der erste Rückgang seit dem Jahr 2013. Von der sowohl verdeckt als auch offen betriebenen AntiAsyl-Kampagne konnte die Partei demnach nicht profitieren. Der Trend, Neonationalsozialisten in die Partei zu holen und so die Strukturen zu verstärken sowie die Mitgliederstruktur zu verjüngen, stagniert. 37 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Wesentlicher Grund hierfür dürfte vor allem die Konkurrenz durch andere neonationalsozialistische Organisationen wie beispielsweise "DER DRITTE WEG" sein. Zugleich macht sich die Konkurrenz durch die rechtspopulistische AfD bemerkbar. Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2014 erzielte die NPD 48 Mandate. Derzeit sind 37 davon besetzt. Im Mittelpunkt der Parteiarbeit im vergangenen Jahr stand der Bundestagswahlkampf. Die Wahl endete mit desaströsen 0,9 Prozent. Höhepunkt des mauen und müden Wahlkampfes der kleinen NPD-Mannschaft war am 29. August 2017 eine Störaktion eines Auftritts von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brandenburg an der Havel. Unter dem Motto "Merkel in Brandenburg? Nicht willkommen!"15 hatte der Landesverband zu Protesten aufgerufen. Neben dem Bundesvorsitzenden Frank Franz nahmen auch NPD-Bundesorganisationsleiter Sebastian Schmidtke sowie der stellvertretende Landesvorsitzende Ronny Zasowk an der Veranstaltung teil. Die Partei setzte auf Buhrufe, Pfiffe und eine lautstarke Störung der Veranstaltung. Aus einem nahen Hotelfenster hingen Parteimitglieder ein Plakat mit der Aufschrift "Asylbetrug macht uns arm!". Ohne nennenswerte Resonanz verlief die Aktion "Deutsche helfen Deutschen"16, mit denen der Landesverband sein Image als "KümmererPartei" aufbessern wollte. Eingesammelte Sachspenden und Altkleider blieben jedoch zu großen Teilen unverteilt. Selbst geschenkt wollte kaum ein Brandenburger die vermeintlich mildtätigen Gaben der NPD entgegennehmen. Sangund klanglos wurde die Kampagne nach der Bundestagswahl beerdigt. Die NPD unterhielt im Jahr 2017 in Brandenburg folgende Kreisverbände: Dahmeland, Havel-Nuthe, Lausitz, Märkisch-Oderland, Prignitz-Ruppin, Oberhavel, Oderland, Barnim und Uckermark. Der ehemalige Kreisverband Barnim-Uckermark spaltete sich am 1. Januar 2017 in die Kreisverbände Barnim und Uckermark und erhöhte die Zahl der Kreisverbände in Brandenburg auf neun. 15 Homepage NPD Brandenburg: "Merkel in Brandenburg? Nicht willkommen!", 25.08.2017 (abgerufen am 24.04.2018) 16 Homepage NPD Brandenburg: "Kampagne 'Deutsche helfen Deutschen' startet in Brandenburg!", ohne Datum (abgerufen am 24.04.2018). 38 Rechtsextremismus Strukturen der NPD in Brandenburg 2017 4 NPD KV Uckermark NPD NPD KV UM 5 KV Prignitz-Ruppin Oberhavel PR 6 OPR 2 1 BAR NPD KV Barnim OHV 3 HVL NPD MOL NPD 7 8 KV Havel-Nuthe KV Märkisch-Oderland 9 16 NPD 11 10 17 KV Oderland 13 19 20 PM 14 NPD 18 LOS 12 KV Dahmeland LDS 15 TF 21 SPN OSL 22 23 24 EE NPD KV Lausitz 25 NPD: Ortsbereiche, Ortsgruppen, Stadtverbände oder Stützpunkte (Bezeichnungen werden von der NPD synonym gebraucht) 1 Neuruppin 9 Nauen 17 Schöneiche 2 Gransee-Zehdenick 10 Brandenburg an der Havel 18 Scharmützelsee 3 Oranienburg 11 Potsdam 19 Fürstenwalde 4 Prenzlau 12 Bad Belzig 20 Frankfurt (Oder) 5 Schwedt/Oder 13 Königs Wusterhausen 21 Guben 6 Joachimsthal 14 Teltow-Fläming 22 Cottbus 7 Bernau 15 Schenkenländchen 23 Calau 8 Rathenow 16 Strausberg 24 Herzberg 25 Lauchhammer 39 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 NPD Kreisverbände "Märkisch-Oderland" (MOL) Der Kreisverband mit dem Stadtverband Strausberg zählt nach wie vor zu den schwächeren innerhalb des Landesverbandes. Wie schon in den Jahren zuvor trat er kaum in Erscheinung. Der Kreisverband unterhält ein eigenes Facebook-Profil. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis MOL einen Zweitstimmenanteil von 0,8 Prozent. "Lausitz" (SPN, OSL, EE, CB) Der Kreisverband Lausitz erstreckt sich über die Landkreise Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Spree-Neiße und die kreisfreie Stadt Cottbus. Er verfügt über Ortsbereiche in Cottbus, Guben (SPN), Calau (OSL), Herzberg (EE) und Lauchhammer (OSL). Sowohl der Kreisverband als auch die einzelnen Ortsbereiche verfügen über eigene Facebook-Auftritte. Die Mitgliederzahl ist rückläufig und liegt derzeit bei rund 50 Personen. Dennoch war der Kreisverband im Jahr 2017 erneut recht aktiv. Er beteiligte sich am Bundestagswahlkampf, veranstaltete kleinere Infostände und Mahnwachen, verteilte Propagandamaterial, griff regionale Themen auf und versuchte vor Ort, Bürgernähe herzustellen. Um neue Mitglieder zu gewinnen, luden die Ortsbereiche zu Interessentenstammtischen ein. Vorsitzender ist seit Dezember 2015 Benjamin Mertsch. Er wurde auf der Jahreshauptversammlung am 16. Dezember 2017 in seinem Amt bestätigt. Als sein Vertreter wurde Jan Seefloth aus Guben (SPN) gewählt. 17 Nach wie vor ist jedoch der ehemalige Kreisvorsitzende Ronny Zasowk in der Region sehr präsent. Der gebürtige Cottbuser ist seit November 2014 stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender und seit 2008 stellvertretender Landesvorsitzender. In Cottbus sitzt er zudem in der Stadtverordnetenversammlung. In den Kreistagen Elbe-Elster, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz sind ebenfalls jeweils ein bis zwei NPD-Mitglieder vertreten. 17 Homepage NPD Brandenburg: "Benjamin Mertsch als Vorsitzender in der Lausitz bestätigt", 20.12.2017 (abgerufen am 25.04.2018). 40 Rechtsextremismus Hauptthema für den NPD-Kreisverband waren im Jahr 2017 die steigenden Flüchtlingszahlen. Die entsprechenden Slogans auf den regionalen NPD-Facebook-Seiten lauteten beispielsweise: "Wir sind der Impfstoff gegen Asylbetrug", "Wir arbeiten, Fremde kassieren - Asylbetrug macht uns arm" oder "Wir brauchen keine neuen Asylheime ... wir brauchen mehr Klapsmühlen für unsere Politiker!" Vorhandene Protestpotenziale gegen die Flüchtlingspolitik konnte die NPD nicht für sich nutzen; sie verlor im Gegenteil Mitglieder. Hingegen verbuchten Protestkundgebungen des asylkritischen Vereins "Zukunft Heimat e.V." in Cottbus Teilnehmerzahlen von mehreren hundert bis mehreren tausend Personen. Unter den Teilnehmern waren immer wieder Mitglieder der NPD Lausitz zu finden. Dem NPD-Kreisverband gelang es lediglich, eine öffentliche Kundgebung mit zweistelliger Teilnehmerzahl auf die Beine zu stellen. Für den 24. Mai 2017 meldete er eine Versammlung unter dem Motto "Schluss mit Übergriffen auf Deutsche" in Cottbus an. 40 Personen nahmen teil. Allerdings konnte der Kreisverband diese Teilnehmerzahl nicht allein aufbringen, sondern wurde nach eigenen Angaben vom Landesverband Berlin und dem Kreisverband Oderland unterstützt. Jahrelang war die traditionelle Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bombardierung von Cottbus im Zweiten Weltkrieg am 15. Februar das jährliche NPD-Hauptevent. Während daran im Jahr 2016 immerhin noch 47 Personen teilnahmen, fiel sie im Jahr 2017 aus. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Oberspreewald-Lausitz einen Zweitstimmenanteil von 1,5 Prozent, in Elbe-Elster 1,3 Prozent, in Spree-Neiße 1,2 Prozent und in Cottbus 1,0 Prozent. 41 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Oderland" (Frankfurt (Oder), LOS) Der Kreisverband Oderland umfasst geografisch die Stadt Frankfurt (Oder) und den Landkreis Oder-Spree. Vorsitzende ist die langjährige Funktionärin Manuela Kokott. Sie sitzt in der Gemeindevertretung Spreenhagen (LOS) und trat bei der Bundestagswahl 2017 als Direktkandidatin im Wahlkreis 63 an. Knapp ein Prozent der Wähler konnte sie mit ihrem teils an nationalsozialistische Rhetorik ("Und am ENDE steht der SIEG")18 erinnernden Wahlkampf erzielen. Wie andernorts konnte die NPD auch hier nicht von der Flüchtlingskrise profitieren, obwohl sie sich als "Die Partei aller Zuwanderungskritiker in Deutschland!"19 darzustellen versuchte. Kokott ist eine führende Aktivistin der NPD Brandenburg und treibt die regionale Vernetzung zwischen NPD, anderen rechtsextremistischen Parteien sowie dem weitgehend unstrukturierten Personenpotenzial voran. Mit anderen Rechtsextremisten nahm sie beispielsweise am 1. Mai 2017 an einer von "DIE RECHTE" organisierten Versammlung unter dem Motto: "Tradition verpflichtet! 84. Tag der deutschen Arbeit! Gemeinsam gegen Kapitalismus, Ausbeutung und Überfremdung" in Halle (Saale) (SachsenAnhalt) sowie an der Versammlung "Mord verjährt nicht!" anlässlich des 30. Todestags des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß, teil. Offenbar ist man im NPD-Kreisverband zu der Ansicht gelangt, nach Beendigung des Parteiverbotsverfahrens wieder vermehrt zu sympathisierenden Darstellungen des Nationalsozialismus zurückkehren zu können. So 18 Facebook-Seite NPD Oderland, 04.04.2017 (letzter Zugriff 19.12.2017) 19 Facebook-Seite NPD Oderland, 30.01.2017 (letzter Zugriff 19.12.2017) 42 Rechtsextremismus ehrte der Kreisverband auf seiner Facebook-Seite den Hitler-Stellvertreter Heß mit einem Gedicht. Der Titel lautete: "HEIL DIR, dem Märtyrer des Friedens".20 Auf derselben Seite wurden die Hitler-Attentäter um Claus Schenk Graf von Stauffenberg als "Mörder" bezeichnet.21 Am Volkstrauertag veranstaltete der Kreisverband in Fürstenwalde/Spree (LOS) und auf dem Soldatenfriedhof in Halbe (LDS) ein "Heldengedenken".22 Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Oder-Spree einen Zweitstimmenanteil von 1,2 Prozent und in Frankfurt (Oder) von 0,7 Prozent. "Dahmeland" (LDS, TF) Der wenig aktive Kreisverband umfasst das Einzugsgebiet der Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming. Der Verband gliedert sich mit seinen etwa 30 Mitgliedern in den Stadtverband Königs Wusterhausen (LDS), den Regionalverband Teltow-Fläming sowie den Ortsbereich Schenkenländchen (LDS). Vorsitzender ist Benjamin Weise. Sein Vertreter ist der ehemalige Vorsitzende der Jungen Nationaldemokraten (JN) Pierre Dornbrach. Von diesem Kreisverband gehen keine bedeutsamen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten aus. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis DahmeSpreewald einen Zweitstimmenanteil von 0,9 Prozent und im Landkreis Teltow-Fläming von 0,7 Prozent. "Havel-Nuthe" (HVL, PM, Potsdam, Brandenburg an der Havel) Der Kreisverband "Havel-Nuthe" deckt die Landkreise Havelland, PotsdamMittelmark sowie die kreisfreien Städte Potsdam und Brandenburg an der Havel ab. Vorsitzender ist nach wie vor Michel Müller aus Rathenow (HVL). Er ist ebenso Mitglied im NPD-Landesvorstand. Im Internet versucht der nicht sonderlich aktive Kreisverband Größe vorzutäuschen. Angeblich existieren neben den drei Gebietsverbänden Havelland, Potsdam-Mittelmark und Potsdam weitere fünf Stadtverbände. Diese verweisen jedoch immer auf dieselbe Anschrift in Rathenow. Die Facebook-Profile des Kreisverban20 Facebook-Seite NPD Oderland, 26.04.2017 (letzter Zugriff 19.12.2017) 21 Facebook-Seite NPD Oderland, 19.07.2017 (letzter Zugriff 19.12.2017) 22 Facebook-Seite NPD Oderland, 19.11.2017 (letzter Zugriff 19.12.2017) 43 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 des wurden zwar gepflegt, lassen aber nur wenige regionale Bezüge erkennen. Insbesondere im Bundestagswahlkampf wurde deutlich, dass die Personaldecke des Kreisverbandes extrem dünn ist. Parteiaktivitäten waren kaum wahrnehmbar, was nicht verwundert, da es kaum Personen gibt, die sich vor Ort für die Partei engagieren. Einzig der Bad Belziger (PM) Andre Schär schien im Jahr 2017 noch nicht komplett den Kampfgeist aufgegeben zu haben. Infostände, Plakatierungen und Veröffentlichungen als kommunaler NPD-Mandatsträger belegen seine Wahlkampf-Versuche. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Havelland einen Zweitstimmenanteil von 0,7 Prozent, in Brandenburg an der Havel von 0,6 Prozent, im Landkreis Potsdam-Mittelmark von 0,6 Prozent und in Potsdam von 0,3 Prozent. "Prignitz-Ruppin" (PR, OPR) 2015 konnte die NPD den Kreisverband Prignitz-Ruppin reaktivieren. Er erstreckt sich über die Landkreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin und verfügt in Neuruppin (OPR) über einen Stadtverband, welcher den Kreisverband antreibt. Kreisvorsitzender ist Peter Börs. Führender Funktionär des Kreisverbandes ist der Neuruppiner Neonationalsozialist und NPDStadtverordnete Dave Trick. Sowohl der Kreisverband als auch der Stadtverband verfügen über ein Facebook-Profil. Das des Kreisverbandes ist seit März 2015 im Netz. Beide Profile überschneiden sich nur teilweise, wobei zu beobachten ist, dass auf dem Profil des NPD-Stadtverbandes Neuruppin (OPR) sämtliche Aktionen der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" geteilt werden. Als Bindeglied fungiert Dave Trick, der auch ein führendes Mitglied der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" ist. Der Stadtverband Neuruppin mobilisiert demzufolge für Veranstaltungen, die von den "Freien Kräften" organisiert werden. Ebenso besuchen immer wieder Mitglieder der "Freien Kräfte" Veranstaltungen der NPD. So fand beispielsweise die Veranstaltung zur Bombardierung der Stadt Nauen (HVL) unter Beteiligung von NPD und den "Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland" am 20. April 2017 statt. Dasselbe gilt für eine Kundgebung am 3. Oktober 2017 in Rheinsberg (OPR). Vergleicht man die Facebook-Seiten von "Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland" und NPD Neuruppin, so ist festzustellen, dass viele Artikel nahezu 44 Rechtsextremismus zeitgleich auftauchen. Zudem wird über dieselben Veranstaltungen berichtet und es werden dieselben Fotos "online" gestellt. Durch sein langjähriges Wirken innerhalb der rechtsextremistischen Szene und seine Parteimitgliedschaft ist Dave Trick szene-intern gut vernetzt. Ebenso ist der Stadtverband Neuruppin überregional aktiv. So wurden auf der Facebook-Seite der NPD-Neuruppin beispielsweise Demonstrationsaufrufe anlässlich der Jahrestage der Bombardierungen Magdeburgs (Sachsen-Anhalt) am 16. Januar 1945 und Dresdens (Sachsen) am 13. Februar 194523 geteilt. Dave Trick und Mitglieder der "Freien Kräfte" nahmen nachweislich an dem "Trauermarsch" in Dresden am 11. Februar 2017 teil.24 Gute persönliche Kontakte bestehen auch zu den Jungen Nationaldemokraten in Sachsen. Schon im Jahr 2015 konnte Dave Trick deren Führungskader Maik Müller für einen Vortrag über die "Europäische Solidaritätsfront für Kosovo" gewinnen.25 Im Jahr 2017 intensivierte sich der Kontakt noch einmal, als man gemeinsam für mehrere Tage in den Kosovo reiste, um Sachund Geldspenden zu übergeben.26 Ein ausführliches, bebildertes "Reisetagebuch" findet sich auf der Facebook-Seite der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland". Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Prignitz einen Zweitstimmenanteil von 0,7 Prozent und im Landkreis Ostprignitz-Ruppin von 0,9 Prozent. "Barnim" (BAR) Für die Landkreise Barnim und Uckermark existierte bis Ende des Jahres 2016 der gemeinsame NPD-Kreisverband "BarnimUckermark". Seit Beginn des Jahres 2017 verfügt jeder Landkreis über einen eigenen Kreisverband. Als Untergruppierungen des Kreisverbands Barnim werden die Stadtverbände 23 Facebook-Seite NPD Neuruppin, 17.01.2017 zu Magdeburg und 31.01.2017 zu Dresden (letzter Zugriff am 30.05.2018). 24 Facebook-Seite NPD Neuruppin, 14.02. 2017 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 25 Facebook-Seite NPD Neuruppin, 07.11.2015 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 26 Homepage "Europäische Solidaritätsfront für Kosovo" (ESFK): "Jedinstvo über ESFK Mission-Kosovo Oktober 2017", 22.11.2017 (letzter Zugriff am 25.04.2018). Das ESFK will Serben im Kosovo unterstützen. 45 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Bernau sowie Joachimsthal (beide BAR) genannt. Kreisvorsitzende ist Aileen Rokohl. Zuversichtlich wurde in einer Pressemitteilung erklärt: "Mit der weiteren Verankerung vor Ort wird es den Aktivposten in beiden Verbänden künftig gelingen, noch mehr Vertrauen bei den Bürgern aufzubauen."27 Das will man erreichen, indem man sich vermeintlich sozial engagiert und am Gemeinwohl interessiert zeigt. Der Kreisverband beteiligte sich an der Aktion "Deutsche helfen Deutschen". Im Januar 2017 wurde darüber berichtet, dass Sachspenden an die "Berliner Kältehilfe" übergeben wurden: "Für uns ist die Volksgemeinschaft mehr als nur ein Wort. Auch in Zukunft werden wir uns für soziale Aktionen und Ideen einsetzen."28 Im Herbst 2017 wurde erneut zu Sachspenden wie Bekleidung, Decken, Schlafsäcke aufgerufen.29 Die NPD Barnim unterstützte die Kampagne "LEBEN RETTEN" des Landesverbandes. Die Bürger der Stadt Bernau (BAR) wurden exemplarisch dazu aufgerufen, sich vor Ort zu engagieren und der Freiwilligen Feuerwehr beizutreten. "Jeder sollte über einen Eintritt in die Freiwillige Feuerwehr vor Ort nachdenken. Man ist dort stetig auf der Suche nach neuen Mitgliedern."30 Mit dieser Kampagne folgt die Partei dem Konzept "Kampf um die Köpfe", bei dem es darauf ankommt, den politischen Diskurs bereits auf den untersten Ebenen zu beeinflussen; hierzu zählen neben Nachbarschaftsvereinen oder Sportclubs auch die Freiwillige Feuerwehr vor Ort. Am 8. Mai 2017 fand die Aktion "8. Mai - wir feiern nicht" auf dem Bernauer (BAR) Marktplatz statt. Der Jahrestag der Kapitulation und des Kriegsendes wurde hierbei genutzt, um erneut von einer "Befreiungslüge" zu schwadronieren.31 Die NPD will sich als soziale Protestpartei darstellen und die Ängste der Bevölkerung unter anderem vor einer "multikulturellen Gesellschaft" schüren. Am 14. Juni 2017 beteiligte sich die NPD Barnim in Bernau (BAR) an einer Demonstration gegen die Einrichtung eines Gebetsraumes für Muslime, "um sich gegen die schleichende Islamisierung unserer Stadt zu wenden".32 27 Homepage NPD Brandenburg: "NPD gründet neue Kreisverbände im Barnim und der Uckermark", 02.01.2017 (letzter Zugriff am 03.01.2017). 28 Facebook-Seite NPD Barnim, 20.02.2017 (letzter Zugriff am 21.02.2017). 29 Facebook-Seite NPD Barnim, 20.02.2017 (letzter Zugriff am 09.01.2018). 30 Facebook-Seite NPD Barnim, 27.02.2017 (letzter Zugriff am 09.01.2018). 31 Facebook-Seite NPD Barnim, 09.05.2017 (letzter Zugriff am 09.01.2018). 32 Facebook-Seite NPD Barnim, 14.06.2017 (letzter Zugriff am 09.01.2018). 46 Rechtsextremismus Auch der jährliche Volkstrauertag ist für Rechtsextremisten ein regelmäßiger Anlass für Aktivitäten. Der Kreisverband berichtete im November 2017, dass verschiedene Gräber gepflegt und ein Kranz niederlegt wurden. Der Kranz soll daran erinnern, "dass bei uns niemand vergessen wird. Ewig lebt der Toten Tatenruhm."33 Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Barnim einen Zweitstimmenanteil von 0,8 Prozent. "Uckermark" (UM) Nach der Teilung des ehemaligen Kreisverbandes "Barnim-Uckermark" wurde Thomas Haberland Vorsitzender des Kreisverbandes Uckermark. Als Untergruppierungen werden die Ortsbereiche beziehungsweise Stadtverbände Prenzlau und Schwedt/Oder (beide UM) genannt. Zuversichtlich wurde in einer Pressemitteilung erklärt: "Mit der weiteren Verankerung vor Ort wird es den Aktivposten in beiden Verbänden künftig gelingen, noch mehr Vertrauen bei den Bürgern aufzubauen."34 In der Uckermark versucht die NPD seit Jahren über gemeinsame Aktionen mit neonationalsozialistischen "Freien Kräften" zumindest einen Teil der parteiunabhängigen Strukturen an sich zu binden. Auch im Jahr 2017 fanden die örtliche NPD und "Freie Kräfte" wieder zusammen: Unter der Überschrift "Vernichtung ist keine Befreiung" wurde im Internet darüber berichtet, dass anlässlich des 8. Mai "die Freien Kräfte und Mitglieder der NPD Uckermark auf dem Soldatenfriedhof in Schwedt/Oder ein Gesteck nieder[legten], um an die deutschen Opfer zu gedenken, die durch die alliierten Kriegsverbrechen umgekommen sind. Denn: 'Befreier morden nicht!', Befreier rauben nicht!', Befreier schänden nicht!' 8. Mai? Wir feiern nicht! - NPD Uckermark". Auf der Schleife des Blumengestecks war zu lesen: "Vernichtung ist keine Befreiung, NPD Uckermark und Freie Kräfte". 35 Auch David Weide - er sitzt für die NPD im Kreistag und in der Stadtverordnetenversammlung Schwedt/Oder (UM) - veröffentlichte diesen Beitrag auf seiner Facebook-Seite. 33 Facebook-Seite NPD Barnim, 20.11.2017 (letzter Zugriff am 05.12.2017). 34 Homepage NPD Brandenburg: "NPD gründet neue Kreisverbände im Barnim und der Uckermark", 02.01.2017 (letzter Zugriff am 03.01.2017). 35 Facebook-Seite NPD Uckermark, 08.05.2017 (letzter Zugriff am 18.01.2018). 47 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Darüber hinaus wurden in Prenzlau und Templin (beide UM) anlässlich des 8. Mai gemeinsam mit den "Freien Kräften" Blumengestecke niedergelegt: "Der 8. Mai ist nicht der Tag der Befreiung, sondern der Tag der Besatzung, und den feiern wir nicht! NPD Uckermark".36 Neben dem 8. Mai als "Tag der Besatzung" beging die NPD Uckermark im Jahr 2017 weitere "Gedenkfeiern" anlässlich einschlägiger Ereignisse der deutschen Geschichte; beispielsweise am 13. Februar anlässlich der Bombardierung Dresdens (Sachsen), am 23. Februar anlässlich des Todestags von Horst Wessel und am 26. April anlässlich des Geburtstags von Rudolf Heß: "Wir werden Rudolf Heß nie vergessen. Seine Taten sollen uns Vorbild sein."37 Im Sommer 2017 fanden sowohl in Schwedt/Oder, in Brüssow als auch in Angermünde (alle UM) asylfeindliche Mahnwachen der NPD Uckermark statt. Keine Veranstaltung stieß auf Resonanz bei den Bürgern. An der Mahnwache in Schwedt/Oder nahm David Weide teil. Er bemüht sich als Einzelkämpfer nach wie vor vergeblich, die NPD attraktiv zu machen. Über seine Facebook-Seite informiert er regelmäßig über seine Aktivitäten in der Öffentlichkeit, sei es auf der Straße, im Kreistag oder in der Stadtverordnetenversammlung Schwedt/Oder. 36 Facebook-Seite NPD Uckermark, 08.05.2017 (letzter Zugriff am 10.05.2017). 37 Facebook-Seite NPD Uckermark, (letzter Zugriff am 27.04.2017; mittlerweile nicht mehr online). 48 Rechtsextremismus Anlässlich des "Heldengedenkens" legten im November 2017 die Mitglieder des NPD-Ortsbereiches Schwedt/Oder (UM) zusammen mit "Freien Kräften" ein Gesteck nieder. Auf der Schleife des Blumengestecks war aufgeprägt: "Ewig lebt der Toten Tatenruhm - NPD OB Schwedt und Freie Kräfte".38 Ähnliche Aktivitäten gingen vom NPD-Ortsbereich Prenzlau (UM) aus. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Uckermark einen Zweitstimmenanteil von 1,1 Prozent. "Oberhavel" (OHV) Der NPD-Kreisverband Oberhavel wurde 1999 in Hennigsdorf (OHV) gegründet. Er ist der älteste in Brandenburg und verfügt über Mandate im Kreistag, in Fürstenberg/Havel, Kremmen, Oranienburg, Velten, Oberkrämer und Mühlenbecker Land (alle OHV). Kein NPD-Kreisverband hat mehr. Auf der Jahreshauptversammlung wurde der Kreisvorsitzende Burkhard Sahner bestätigt. Robert Wolinski wurde als stellvertretender Kreisvorsitzender abgelöst. Er verstärkt als gewählter Beisitzer den Landesvorstand der NPD.39 Das Jahr 2017 stand für den Kreisverband ganz im Zeichen der Bundestagswahl. Im Wahlkampf wurden zahlreiche Plakatierungsaktionen (zum Beispiel am 12. August 2017)40, Infostände (zum Beispiel am 18. Juni und 19. August 2017)41, sowie Verteilaktionen von Flyern und Parteizeitungen (zum Beispiel am 8. August 2017, 17. August 2017 und 13. September 2017)42 durchgeführt. Zudem wurde unter anderem in der Stadt Velten (OHV) ein neuer Bürgermeister gewählt. Robert Wolinski trat für die NPD an und erreichte 5,6 Prozent der Stimmen. 38 Facebook-Seite NPD Uckermark, 19.11.2017 (letzter Zugriff am 04.12.2017). 39 Homepage NPD Brandenburg: "NPD-Oberhavel zog positive Bilanz", 16.03.2017 (letzter Zugriff am 25.04.2018). 40 Facebook-Seite NPD-Oberhavel, 12.08.2017 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 41 Facebook-Seite NPD-Oberhavel 18.06.2017 und 19.08.2017 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 42 Facebook-Seite NPD-Oberhavel, 08.08.2017, 17.08.2017, 13.09.2018 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 49 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Der Kreisverband organisiert regelmäßig interne Informationsund Fortbildungsveranstaltungen mit wechselnden Referenten. So fand unter anderem am 24. November 2017 ein Vortragsabend mit Sebastian Schmidtke, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD Berlin, statt.43 Auf der Facebook-Seite wird im Wesentlichen "Anti-Asyl-Propaganda" betrieben. So berichtet man regelmäßig über lokale Aktionen wie Infostände sowie Demonstrationen, veröffentlicht asylkritische Berichte und postet Beiträge über Straftaten krimineller Ausländer. So versucht man in den sozialen Netzwerken die Anti-Asyl-Stimmung aufrecht zu erhalten. Unter den Akteuren des Kreisverbands sticht der Veltener Stadtverordnete Robert Wolinski hervor. Er verfügt über enge Szenekontakte. Wolinski unterhält persönliche Kontakte zu dem Neuruppiner NPD-Stadtverordneten Dave Trick, der seinerseits aktives Mitglied der "Freien Kräfte Neuruppin/ Osthavelland" ist. Beide nahmen 2015 und 2016 wiederholt an den "Oranienburger Abendspaziergängen" teil. Es kann davon ausgegangen werden, dass Wolinski, Trick und die NPD maßgeblich in die Organisation dieser Demonstrationen eingebunden waren. Auch überregional ist Wolinski durch sein langjähriges, aktives Wirken innerhalb der Szene sehr gut angebunden. Über seinen Veranstaltungsdienst "MVD" und seine Kameradschaft "Märkische Skinheads 88" (MS88) kommt ihm eine tragende Rolle bei der Organisation rechtsextremistischer Konzertund Musikveranstaltungen zu. Bei der Bundestagswahl 2017 erzielte die NPD im Landkreis Oberhavel einen Zweitstimmenanteil von 1,0 Prozent. Junge Nationaldemokraten (JN) Die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) befanden sich im Jahr 2017 auf Bundesebene und im Land Brandenburg in einer tiefen Krise. Öffentlich ist die Jugendorganisation der NPD quasi nicht mehr in Erscheinung getreten. In Brandenburg fiel der erst 2014 gegründete Landesverband nach der Ablösung des Landesvorsitzen43 Facebook-Seite NPD-Oberhavel ,17.11.2017 (letzter Zugriff am 30.05.2018). 50 Rechtsextremismus den Pierre Dornbrach im März 2016 fast vollständig in sich zusammen. Die JN Brandenburg war 2017 fast vollkommen inaktiv. Ebenso verwaiste die Facebook-Seite über Monate. Teilnahmen an Veranstaltungen wie zur Wintersonnenwende in Oberhavel blieben die absolute Ausnahme. Die wenigen verbliebenen JN-Aktivisten aus Brandenburg orientierten sich 2017 eher nach Berlin. Aktionen in Brandenburg blieben daher fast vollständig aus. Ihrem Anspruch, eine völkisch-elitäre Kaderschmiede der NPD zu sein, wurde die JN hier nicht annähernd gerecht. Im Januar 2018 führten die JN ihren Bundeskongress in Riesa (Sachsen) durch. Nichts weniger als ein kompletter Neustart mit dem neu gewählten Bundesvorsitzenden Christian Häger aus Rheinland-Pfalz war das Ziel. Verdeutlicht wurde dies unter anderem durch eine Umbenennung der Jugendorganisation in "Junge Nationalisten". Ob dieser Neuanfang auch zu einer Wiederbelebung der Aktivitäten in Brandenburg führt, bleibt abzuwarten. 51 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2.1.2 DIE RECHTE Die Gründung von "DIE RECHTE" am 27. Mai 2012 in Hamburg erfolgte im Wesentlichen auf Initiative des Neonationalsozialisten Christian Worch. Gründungsmitglieder waren mehrheitlich enttäuschte ehemalige Mitglieder der Deutschen Volksunion (DVU), die ablehnend auf den Zusammenschluss von DVU und NPD reagierten. Auch ehemalige Mitglieder verbotener neonationalsozialistischer Vereinigungen traten in der Hoffnung ein, so ihre Aktivitäten unter dem Schutzmantel des Parteienprivilegs ungestört weiterführen zu können. Folglich finden sich Anhänger neonationalsozialistischer, antisemitischer und fremdenfeindlicher Gruppierungen in "DIE RECHTE" wieder. Die Organisation unterhielt im Jahr 2017 Strukturen in 13 Bundesländern, darunter auch in Brandenburg. Die Mitgliederzahl stagniert nach eigenen Angaben im Bereich von 600 bis 650. Zudem seien 2017 einige vormals aktive Landesund Kreisverbände "weggebrochen".44 Regional trat "DIE RECHTE" im Wesentlichen im mitgliederstärksten Landesverband NordrheinWestfalen in Erscheinung. Durch die Beteiligungen an der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 2017 und der Bundestagswahl am 24. September 2017 (nur in Baden-Württemberg) bemühte sich "DIE RECHTE", die formellen Voraussetzungen für einen Parteienstatus zu erfüllen. Christian Worch führte die Partei seit ihrer Gründung und trat am 31. Oktober 2017 zurück. Kommissarischer Nachfolger wurde der Dortmunder (Nordrhein-Westfalen) Christoph Drewer. Möglicherweise ausschlaggebend für Worchs Rücktritt war ein mehrheitlich angenommener Beschluss auf dem 8. Bundesparteitag am 28. Oktober 2017, sich als Partei "DIE RECHTE" "voll und ganz zur deutschen Volksgemeinschaft zu bekennen." Worch hatte zuvor aus "juristischen und politischen Gründen" erfolglos gegen diesen Antrag argumentiert.45 44 Homepage Bundesverband "DIE RECHTE" unter Rubrik "Bundesverband": "Erklärung des Bundesvorstandes von DIE RECHTE zum Rücktritt des Parteivorsitzenden Christian Worch", 02.11.2017 (letzter Zugriff am 20.11.2017). 45 Ebenda. 52 Rechtsextremismus Der ehemalige Bundesvorsitzende achtete auf die Vermeidung expliziter neonationalsozialistischer Standpunkte in der Öffentlichkeit. Das Parteiprogramm46 entsprach bislang weitgehend dem der alten DVU, wobei etliche Punkte sprachlich modernisiert und ergänzt wurden. "DIE RECHTE" versuchte bislang den Anschein einer bürgerlich seriösen Partei zu wahren, wenn auch unter den 15 propagierten Zielen herkömmlich rechtsextremistische Inhalte zu finden sind. Nach Worchs Rücktritt sieht sich der neu gewählte Bundesvorstand im Aufbruch. Angekündigt wurde unter anderem der Neuentwurf des Parteiprogramms. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich das Vorhaben auf die programmatische Zielrichtung und die Außendarstellung auswirken wird. DIE RECHTE im Land Brandenburg Der Landesverband mit seinen nun etwa 35 Mitgliedern wurde am 26. Januar 2013 gegründet. Im Jahr 2017 übernahm Robert Gebhardt den Landesvorsitz und ist in dieser Funktion auch Mitglied des Bundesvorstandes der Partei.47 Robert Gebhardt aus Bad Freienwalde (MOL) errang bei den Kommunalwahlen 2014 einen Sitz im Kreistag über die gemeinsame Liste von NPD und "DIE RECHTE". Zudem ist er Hauptakteur der neonationalsozialistischen "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB). Sie erklärte zwar im Juli 2010 nach einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren ihre Auflösung, trat jedoch ab 2013 wieder in Erscheinung. Ziel der Auflösung war vermutlich, ein mögliches Vereinsverbot zu vermeiden. Dafür spricht auch, dass im Februar 2014 der "Kreisverband Märkisch Oderland Barnim" (KMOB) gegründet wurde, deren Mitglieder nahezu personenidentisch mit denen der Kameradschaft sind. 46 Homepage Bundesverband "DIE RECHTE" unter Rubrik "Programm": "Programm der Partei DIE RECHTE", 28.10.2017 (letzter Zugriff am 21.11.2017). 47 Homepage Bundesverband "DIE RECHTE" unter Rubrik "Vorstand", ohne Datum (letzter Zugriff am 16.11.2017). 53 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Kameradschaft und Kreisverband tragen mit KMOB ebenfalls dieselbe Abkürzung. Der damalig nahezu geschlossene Übertritt in die Partei legt nahe, dass auch diese Gruppierung sich unter den Schutzschirm des Parteienprivilegs begab, um sich vereinsrechtlichen Verboten entziehen zu wollen. Räumlich und organisatorisch bleibt die "DIE RECHTE" mit ihrem Landesverband auf diesen bisher einzigen Kreisverband beschränkt. Schon 2016 machte die Gruppierung kaum von sich reden. Im Jahr 2017 ließen sich keine erkennbaren parteilichen Aktivitäten feststellen. Internetpräsenzen wie Homepage oder Facebook-Auftritte existieren nicht mehr. Lediglich auf der Internetpräsenz des Bundesverbandes finden Landesund Kreisverband eine Erwähnung.48 Fazit Sowohl Landesverband als auch Kreisverband von "DIE RECHTE" waren in Brandenburg nicht als aktiver Teil der Bundespartei wahrnehmbar. Eine beabsichtigte Mitwirkung an der politischen Willensbildung oder gar das Anstreben einer parlamentarischen Vertretung als grundsätzliche Aufgaben einer Partei lassen sich nicht erkennen. Ob die sich in Brandenburg auflösenden Strukturen von "DIE RECHTE" Bestand haben werden, ist ungewiss. Zumindest ist der Schutzschirm des Parteienprivilegs, den "DIE RECHTE" über der KMOB und außerhalb Brandenburgs über anderen Neonationalsozialisten aufgespannt hat, löchrig. 48 Homepage Bundesverband "DIE RECHTE" unter Rubrik "Verbände", ohne Datum (letzter Zugriff am 20.11.2017). 54 Rechtsextremismus 2.1.3 DER DRITTE WEG "DER DRITTE WEG" wurde am 28. September 2013 in Heidelberg (Baden-Württemberg) von ehemaligen NPD-Funktionären sowie Neonationalsozialisten gegründet. Insbesondere Aktivisten des verbotenen "Freien Netzes Süd" (FNS) fanden sich in der Kleinpartei wieder. "DER DRITTE WEG" hat gemäß Parteiengesetz Unterlagen beim Bundeswahlleiter hinterlegt und wird im Verzeichnis der Parteien und politischen Vereinigungen geführt. Ähnlich wie bei "DIE RECHTE" dient die Gründung von "DER DRITTE WEG" als Schutz vor einem Parteiverbotsverfahren. Denn die Verfassungswidrigkeit von Parteien kann nur durch das Bundesverfassungsgericht in einem komplexen Verfahren festgestellt werden. "DER DRITTE WEG" hofft, er falle unter diese gesetzliche Bestimmung. Bundesvorsitzender ist der ehemalige NPD-Funktionär Klaus Armstroff. Auf dem Parteitag am 30. September 2017 in Thüringen wurde der in Brandenburg lebende Matthias Fischer zu seinem Vertreter gewählt. Laut eigenen Angaben sind bundesweit ungefähr 500 Personen49 in der Kleinpartei aktiv, die sich selbst als Gruppierung mit elitärem Selbstverständnis sieht. Ideologisch vertritt "DER DRITTE WEG" einen strikten neonationalsozialistischen Rechtsextremismus mit völkischen, fremdenfeindlichen und antidemokratischen Positionen. Sein Selbstverständnis beschreibt er wie folgt: "Wir sind NATIONAL - Wir sind REVOLUTIONÄR - Wir sind SOZIALISTISCH".50 Die Ziele ergeben sich aus der Parteisatzung51 und einem "Zehn-Punkte-Programm". Sie greifen auf Bestandteile des "25-Punkte-Programms" der NSDAP zurück. So fordert "DER DRITTE WEG" den Schutz vor Überfremdung zur "Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes" und die "Beibehaltung der nationalen Identität des deutschen Volkes". 49 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Matthias Fischer im Gespräch mit dem Sturm! Magazin (Teil 1)", 18.03.2017 (letzter Zugriff am 21.11.2017). 50 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Zehn-Punkte-Programm", ohne Datum (letzter Zugriff am 21.11.2017). 51 Auf der Internetseite des Bundeswahlleiters lässt sich die Satzung abrufen (letzter Zugriff am 22.11.2017). 55 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Zudem deutet die Partei revisionistische Gebietsansprüche an, da es gilt "Gesamtdeutschland in seinen völkerrechtlichen Grenzen" wiederherzustellen. Auch bei der NPD und Denkern der "Neuen Rechten" werden Anleihen gemacht. Anklänge an deren politisches Konzept sind unverkennbar. Die römische "III" im Parteisymbol möchte "DER DRITTE WEG" als die drei Säulen der Partei verstanden wissen: "Politischer Kampf", "Kultureller Kampf" und "Kampf um die Gemeinschaft". Die Organisation will über einen hohen Organisationsgrad und entsprechendes Auftreten ein heimatverbundenes, politisch engagiertes, diszipliniertes und einheitlich erscheinendes Bild vermitteln. Die Mini-Aufmärsche mit Fahnen, Rednerpulten, Stehordnung (breitbeinig im Halbkreis) und Quasi-Uniformierung hinterlassen jedoch regelmäßig und zwingend den Eindruck, sie seien aus der Zeit gefallen. DER DRITTE WEG Zehn-Punkte-Programm 1. Schaffung eines Deutschen Sozialismus 2. Raumgebundene Volkswirtschaft 3. Deutsche Kinder braucht das Land 4. Heimat bewahren 5. Stärkung der Bürgerund Freiheitsrechte 6. Soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen 7. Umweltschutz ist Heimatschutz 8. Kein deutsches Blut für fremde Interessen 9. Schaffung einer Europäischen Eidgenossenschaft 10. Deutschland ist größer als die BRD 56 Rechtsextremismus Die Kleinpartei gliedert sich in die Gebietsverbände Nord, Mitte, Süd und West. Anstatt der zu erwartenden Bezeichnung als Gebietsverband Ost, unterstreicht die Gruppierung mit der Verwendung des Begriffes Mitte, "Deutschland ist größer als die BRD".52 Brandenburg gehört mit den Bundesländern Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen zum Gebietsverband Mitte, der von Matthias Fischer geführt wird. Seit seinem Umzug von Bayern zurück in die Uckermark treibt er umtriebig den Aufbau der Strukturen insbesondere in Brandenburg voran. Matthias Fischer ist als überregional bekannter Funktionär und zweiter Mann der Kleinpartei auch im Ausland vernetzt. Mit einigen weiteren Aktivisten inszenierte er am 11. Februar 2017 ein "Heldengedenken zum Tag der Ehre" in Budapest (Ungarn).53 Hier wird jährlich von Rechtsextremisten aus ganz Europa der Kampf um Budapest zum Ende des Zweiten Weltkriegs verklärt. Im Jahr 2017 reiste Fischer zudem beispielsweise in die Ukraine,54 nach Riga (Lettland)55 und nach Madrid (Spanien). Dies zeigt seine Vernetzungsbemühungen mit anderen europäischen Rechtsextremisten, die er gerne in ausführlich bebilderten Internetartikeln beschreibt.56 Die Entstehung der Kleinpartei sieht Fischer darin begründet, dass Deutschland "von einer extremen Überfremdung bedroht ist".57 Die Fremdenfeindlichkeit zeigt sich regelmäßig als eine wesentliche Triebfeder der Gruppierung: "Das soll also die Zukunft sein, deutsche Polizisten schützen die Staatsgrenze an den Hauptbahnhöfen und bei den jährlichen Festlichkeiten der Republik? Diese Entwicklung muss uns Nationalis52 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Aktionstag Deutschland ist größer als die BRD - Bericht des Stützpunkt München / Oberbayern", 13.09.2016 (letzter Zugriff am 25.04.2018). 53 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Becsület Napja! 'Tag der Ehre' 2017 in Budapest!",16.02.2017 (zuletzt abrufen am 25.02.2018). 54 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Marsch der Nation in Kiew", 19.10.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 55 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Kurzbesuch in Riga", 19.10.2017 (letzter Zugriff am 01.11.2017). 56 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "'Der III. Weg' in Spanien", 10.12.2017 (letzter Zugriff am 03.01.2018). 57 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Matthias Fischer im Gespräch mit dem Szturm! Magazin (Teil 1)", 18.03.2017 (letzter Zugriff am 21.11.2017). 57 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 ten als Motivation dienen, weiter täglich gegen diese antideutsche Regierung und ihre ausufernde Überfremdungspolitik anzugehen. Freiheit und eine sichere Zukunft sind kein Geschenk, dafür muss gestritten werden. Zu Hause, auf der Straße, in der Arbeit. Wir sind die Multiplikatoren eines besseren Deutschlands. Voran!!!"58 "DER DRITTE WEG" verfügt mit Matthias Fischer über einen ideologisch gefestigten Kader, der den Aufbau und die Festigung der rechtsextremistischen Strukturen der Kleinpartei vorantreibt. Der hohe Organisationsgrad und das Auftreten der Organisation versuchen, ein heimatverbundenes, politisch engagiertes, diszipliniertes und einheitlich erscheinendes Bild der Aktivisten zu vermitteln. Fischer trat zum Beispiel auch als Redner auf dem Szenefestival "Rock gegen Überfremdung" auf. Das als politische Versammlung angemeldete Rechtsrockkonzert mit etwa 6.000 Angehörigen der rechtsextremistischen Szene fand am 15. Juli 2017 im thüringischen Themar statt. Als Fazit spricht Fischer der Veranstaltung jedoch den "Anspruch auf politische Veränderungen" ab: "Eine Armee von Konsumenten, in einer Feierlaune bei einem Thema das unseren Volkstod besiegelt. (...) Sollte diese Herrschau des 'Nationalen Widerstandes' tatsächlich das letzte Bollwerk dieser Zeit im Kampf gegen Kapitalismus und Überfremdung in Deutschland und Europa sein, müssen wir feststellen, dass wir gelinde gesagt im Arsch sind."59 Insofern distanziert sich die Splitterpartei zunehmend von anderen Parteien und Gruppierungen des rechtsextremistischen Spektrums. Der einheitlich uniforme Auftritt soll nicht durch "Feier-Nazis" aufgeweicht werden. Für das Vermarkten politischer Aktionen und das Verbreiten der völkischen Weltanschauung nutzt die Gruppierung eine eigene Internetseite, einen YouTube-Channel sowie soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter. Über die Internetseite können Flugblätter, Fahnen und Kleidungsstücke erworben werden. Die uniforme Kleidung trägt die römische "III" im Lorbeerkranz als Parteiemblem. Im März 2017 entfernte Facebook den Account 58 Facebook-Seite "DER DRITTE WEG", 03.01.2017 (nicht mehr abrufbar). 59 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Kampf den bestehenden Verhältnissen", 18.07.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 58 Rechtsextremismus der Kleinpartei. Inzwischen pflegt "DER DRITTE WEG" dort jedoch einen neuen Auftritt. DER DRITTE WEG in Brandenburg Laut Satzung ist ein Kreisverband die kleinste selbstständige organisatorische Einheit der Partei. In Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, können "Stützpunkte" eingerichtet werden. In Brandenburg existieren derzeit die drei Stützpunkte: "Uckermark" (Gründung am 12. Dezember 2015), "Potsdam/Mittelmark" (Gründung am 18. April 2015) und "Mittelmark/Havel" (Gründung am 9. Januar 2016) mit insgesamt etwa 30 Mitgliedern. Zur "Stärkung der Gemeinschaft" und Verdeutlichung der "Heimatverbundenheit" werden Ausflüge durchgeführt. Im Juni 2017 wanderten Anhänger aus Brandenburg und Berlin durch das Briesetal (BAR). Die Parteifahne wurde passend zur uniformen Bekleidung der Wanderer an einem Jägerhochstand gehisst.60 Im Oktober 2017 führte eine Wanderung in die Märkische Schweiz (MOL).61 Am 24. Juni 2017 versammelten sich nach eigenen Darstellungen etwa 50 Mitglieder und Sympathisanten für eine "Sonnenwendfeier" im südlichen Brandenburg. Auch zum Jahresende trafen sich am 8. Dezember 2017 Mitglieder aus Berlin und Brandenburg, um das "ereignisreiche politische Kampfjahr" auszuwerten und neue Vorsätze zu fassen.62 60 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "In der Gemeinschaft im Briesetal", 21.06.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 61 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Wandertag in Brandenburg", 09.10.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 62 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Deutsche Weihnacht in Berlin", 19.12.2017 (letzter Zugriff am 03.01.2018). 59 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Die brandenburgischen Stützpunkte beteiligten sich zudem an Aktionen des Bundesverbandes wie dem "Traditionellen Heldengedenken im Gebietsverband Mitte"63 und dem "Heimatvertriebenen Aktionstag"64. Ebenso wurden im Jahr 2017 weitere relevante Partei-Veranstaltungen in ganz Deutschland besucht: 18. Februar in Würzburg (Bayern): "Ein Licht für Dresden"; 1. Mai in Gera (Thüringen): "Kapitalismus zerschlagen - Für Familie, Heimat, Tradition!"; 26. August in Fulda (Hessen): "Heimat bewahren - für einen deutschen Sozialismus"; 12. November in Wunsiedel (Bayern): "Tot sind nur jene, die vergessen werden!" Stützpunkt Uckermark Der Stützpunkt Uckermark zeigt sich besonders aktionistisch. Was sich womöglich auch darauf zurückführen lässt, dass Matthias Fischer dort seinen Wohnsitz hat. Vielfältige "politische" Aktionen werden inszeniert und über die sozialen Medien möglichst öffentlichkeitswirksam dargestellt. So will "DER DRITTE WEG" nach eigenen Angaben auf der Internetpräsenz des Bundesverbandes im Winter 2016/2017 für die bundesweit von Rechtsextremisten initiierte Kampagne "Deutsche Winterhilfe" in der Uckermark Flugblätter verteilt haben, die über die Aktion "Sachspenden für bedürftige Deutsche" informieren. Ähnlich verhält es sich mit der Spendenaktion "Tierfutter statt Böller", bei der nach eigenen Angaben im letzten Winter ein Tierheim in der Uckermark mit Futterspenden bedacht worden sein soll.65 Der Stützpunkt Uckermark beteiligte sich am Wochenende um den 16. März 2017 an Gedenkaktivitäten, zu denen alle Stützpunkte des Gebiets63 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Traditionelles Heldengedenken im Gebietsverband :Mitte'", 15.03.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 64 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Live-Ticker zum Heimatvertriebenen-Aktionstag", 11.09.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 65 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Soziales in der Uckermark", 05.01.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 60 Rechtsextremismus verbandes "Mitte" aufgerufen worden waren. Die Stützpunkte Potsdam/ Mittelmark und Mittelmark/Havel nahmen nach eigenen Angaben daran teil.66 Am 1. Juli 2017 führte "DER DRITTE WEG" in den Kreisstädten Angermünde, Prenzlau und Schwedt/Oder (alle UM) Kundgebungen durch. Die Abschlusskundgebung zur Thematik "Überfremdung stoppen - Heimat bewahren" war in Templin (UM). Hier liefen rund 40 Teilnehmer mit Fahnen und Plakaten in Reih und Glied.67 Die wenigsten Teilnehmer ließen sich jedoch den brandenburgischen Stützpunkten zuordnen. Die Kleinpartei spricht von einer "Propagandaoffensive" und schildert die Lage wie folgt: "Der Zustrom von Ausländern lässt auch in der Region der Uckermark nicht nach und verändert somit zusehends das Stadtbild vieler Kommunen. Tausende artund kulturfremde 'Neubürger' wurden in den letzten Jahren schon (...) auf Kosten des Steuerzahlers untergebracht".68 Auch in Neuruppin (OPR) wurden Flugblätter verteilt. Selbstverständlich fehlt der obligatorische Facebook-Beitrag nicht: "In den letzten Tagen wurden tausende Infokarten gegen Überfremdung in Neuruppin verteilt. Leider wird auch in dieser brandenburgischen Stadt die Ausländersituation nicht besser. Die politisch Verantwortlichen müssen auch hier gebranntmarkt [sic] und ihr antideutsches Handeln bekämpft werden. Schließt euch uns an und werdet aktiv gegen die etablierten Volksverräter."69 Die Debatte um die "Ehe für alle" greift "DER DRITTE WEG" als weiteres Thema auf. Unter dem Motto "Für eine gesunde Familie - HomoPropaganda stoppen!" wollen die Parteiaktivisten im August 2017 in Prenzlau, Templin, Schwedt/Oder und Angermünde (alle UM) "tausende" 66 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Traditionelles Heldengedenken im Gebietsverband "Mitte"", 15.03.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 67 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Kundgebungstour in der Uckermark", 02.07.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 68 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Aktivitäten in der Uckermark fortgesetzt", 10.08.2017 (letzter Zugriff am 26.04.2018). 69 Facebook-Seite "DER DRITTE WEG", 27.03.2017 (nicht mehr abrufbar) 61 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Informationsmaterialien verteilt haben.70 November und Dezember 2017 wurden in Schwedt/Oder "asylkritische Infokarten" verteilt, um "auf die verfehlte Asylpolitik aufmerksam zu machen und den Bürgern Alternativen zum herrschenden System aufzuzeigen".71 Stützpunkte Potsdam/Mittelmark und Mittelmark/Havel 72 Ende März 2017 führte eine Handvoll Aktivisten eine Mahnwache gegen "Überfremdung" in Teltow (PM) durch. Auf der Internetseite des Bundesverbandes hieß es dazu: "Politisch haben wir diesem antideutschen System der Ausbeutung, Armut und Überfremdung den Kampf angesagt und werden in Zukunft neben Teltow noch viele andere Gemeinden in Brandenburg aufsuchen, um jenen Deutschen die es noch sein wollen eine Alternative aufzuzeigen. Ein freies und souveränes Deutschland der Deutschen ist möglich mit einer volksnahen Wirtschaftsund Lebensform, dem deutschen Sozialismus. Dafür kämpfen wir. Heute, morgen, für immer - bis wir siegen."73 Stützpunkt-Anhänger demonstrierten am 22. April 2017 in Luckenwalde (TF) gegen Kapitalismus und wollten gleichzeitig zur Teilnahme an einer Kundgebung in Gera (Thüringen) mobilisieren.74 Die Internetseite des Bundesverbandes wird intensiv genutzt, um über Aktionen der beiden Stützpunkte zu berichten, darunter Flugblattverteilungen im zweiten Halbjahr in Stahnsdorf75 (PM), Blankenfelde76 (TF) und Teltow77 70 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Live Ticker: Aktionstag gegen Homo-Propaganda", 29.07.2017 (letzter Zugriff am 19.12.2017). 71 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Verteilungen in Schwedt/Oder fortgesetzt", 07.11.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 72 Der Stützunkt Mittelmark /Havel ist mittlerweile aufgelöst. 73 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": ""Der III. Weg" in Teltow!", 31.03.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 74 Facebook-Seite "DER DRITTE WEG", 22.04.2017 (nicht mehr abrufbar). 75 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Flugblattverteilung in Stahnsdorf", 17.08.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 76 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Flugblattverteilung in Blankenfelde", 02.09.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 77 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Verteilaktion in Teltow", 03.11.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 62 Rechtsextremismus (PM). Es findet sich dort zusätzlich ein Bericht über den Vortrag eines Angehörigen der "SS-Divison Nordland", der im Juni 2017 in Potsdam gehalten wurde: "Auch wir wollen nicht die Hände in den Schoß legen und von dem zehren, was unsere Vorfahren uns hinterlassen haben, sondern selbst Spuren hinterlassen. Menschen wie er sind ein lebendes Beispiel für Charakterstärke, denn sie bewahren Haltung und zeigen, was man imstande ist, zu leisten, wenn man nur will. (...) Doch wir wollen uns nicht auf der Geschichte ausruhen und mit erhobenem Zeigefinger auf die Leistungen vergangener Tage verweisen, sondern selbst Geschichte schreiben und somit den Fortbestand unseres Volkes durch eigenes Handeln sichern. Männer wie ER sind es, die uns einen Appell geben: Für das Vaterland, für das Volk, für die Heimat - Bereit!"78 Ob das "Zeltlager" mit "Überlebenstraining" und Sackhüpfen gegen die "Ehe für alle" so eine "Spur" war, die "DER DRITTE WEG" - inspiriert von SS-Angehörigenvorträgen - "für das Volk" und "für die Heimat" "hinterlassen" hat, ist nicht überliefert. Doch laut Homepage des Bundesverbandes muss es sich im Sommer 2017 so zugetragen haben: "Im Gegenzug als Aktion zur Legalisierung der 'Ehe für Alle' unternahmen junge Aktivisten der Partei und deren Familien ein Zeltlager, um sich auf die Gemeinschaft, Familie und die Natur zu besinnen. Auch wenn der Auslöser des Biwaks als Antagonist zur Liberalisierung der Ehe, als Familienund Gemeinschaftstag hervorgegangen ist, stecken hinter der Aktionsform des Überlebenstrainings noch sehr viel mehr Gründe. (...) Es kann vorkommen, dass man sich in einer Notwehrsituation befindet und sich selbst oder andere schützen muss (...) wir legen Wert auf eine sportliche, kämpferische Geisteshaltung (...) Somit veranstalteten wir einen Wettkampf bestehend aus acht Disziplinen (...) Wir konzentrieren uns hierbei auf verschiedene Schlag-und Trittabfolgen (...) Somit wird sichergestellt, dass der Nebenmann im politischen Kampf Selbstverteidigungserfahrungen erlangt (...) wir [müssen] wieder zu uns selbst als Volk finden, im 78 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Zeitzeugenvortrag in Potsdam", 20.06.2017 (letzter Zugriff am 11.12.2017). 63 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Kern unseres Wesens liegt unsere Weltanschauung. Diesen Kern müssen wir wieder freilegen, damit sich das Volk als solches begreift und sich gegen die Fremdherrschaft erhebt."79 Fazit "DER DRITTE WEG" lässt Bemühungen erkennen, bundesweit Strukturen aufzubauen und zu festigen. Hierfür missbraucht er den Schutzschirm des Parteienrechts und treibt die rechtsextremistische Anti-Asyl-Kampagne aggressiv voran. Der Versuch, sich konsequent elitär auszurichten, setzt dem stark neonationalsozialistisch ausgeprägten Agitationswillen Grenzen. Zwar existieren mittlerweile drei Stützpunkte in Brandenburg. Das Personenpotenzial ist jedoch gering. Denn die hohen Anforderungen der Kleinpartei an ihre Mitglieder lassen sich von der rechtsextremistischen Szene in Brandenburg mehr schlecht als recht erfüllen. Auch wenn es bisher nicht gelang, die beanspruchte Führungsrolle zu übernehmen, steigt der Einfluss auf die gesamte Szene jedoch kontinuierlich. Von allen in Brandenburg vertretenen rechtsextremistischen Parteien verfügt "DER DRITTE WEG" über das höchste Aktionismus-Potenzial, die effizienteste Organisation und die rigoroseste rechtsextremistische Ideologie. Insofern ist sie für aktive Rechtsextremisten von hoher Attraktivität und dient als mögliches Auffangbecken. Zudem läuft die Propagandamaschine mithilfe der sozialen Netzwerke und der eigenen Internetseite. "DER DRITTE WEG" agiert aktionsorientiert und vermittelt durch die akribische teils mehrfache Berichterstattung im Internet flächendeckende Aktivität. "DER DRITTE WEG" wird weiterhin am Mitgliederzuwachs und am Ausbau seiner Strukturen in der Fläche Brandenburgs arbeiten. Aufgrund ihres elitären Anspruchs steht die Kleinpartei aber nicht jedem Rechtsextremisten, sondern nur handverlesenen, sich voll in den Dienst der neonationalsozialistischen Organisation stellenden Interessenten offen. Es ist anzunehmen, dass sie weiterhin an ihrer flüchtlingsfeindlichen Anti-Asyl-Kampagne festhält und sich aktiv der eigenen völkischen Interpretation von "Heimatschutz und Traditionspflege" widmen wird. 79 Homepage Bundesverband "DER DRITTE WEG": "Über die Notwendigkeit eines Überlebenstrainings in der Natur", 04.09.2017 (letzter Zugriff am 26.04.2018). 64 Rechtsextremismus 2.2 Parteiunabhängige Strukturen 80 Insgesamt waren im vergangenen Jahr 250 Personen bekannt, die "parteiunabhängigen Strukturen" zugerechnet werden. Dazu zählen Kameradschaften, "Freie Kräfte", "Bruderschaften", Vereine und andere Strukturformen. Die jeweiligen Organisationsgrade und -formen sind durchaus unterschiedlich entwickelt. Während Kameradschaften eher fester organisiert sind, sind "Freie Kräfte" eher losere Zusammenschlüsse. Sie verzichten damit bewusst auf feste Hierarchien und Strukturen. Das ist mit der Hoffnung verbunden, Vereinsverboten zu entgehen. Zumeist unterscheiden sich "Freie Kräfte" auch im äußeren Erscheinungsbild von althergebrachten Kameradschaften oder Skinhead-Gruppierungen. Denn Springerstiefel und Bomberjacke gehören nicht zu ihren Erkennungszeichen. In den letzten Jahren hat die rechtsextremistische Szene ihr Auftreten grundsätzlich und vielschichtig erneuert. Ziel ist Anschlussfähigkeit an die jüngere und erlebnisorientierte Generation. Dies führt dazu, dass "Freie Kräfte" und "Autonome Nationalisten" im Auftreten äußerlich kaum mehr von linksautonomen Szenegängern unterschieden werden können. Schwarze, legere Kleidung, Basecaps und Turnschuhe statt Springerstiefel sind die vorherrschenden Modeartikel bei rechtsextremistischen Zusammenkünften geworden. Ein relativ neues Phänomen stellen "Bruderschaften" beziehungsweise "Brotherhoods" dar. Deren Mitglieder kopieren den Lifestyle von "Outlaw Motorcycle Gangs" (OMCG) wie "Hells Angels", "Bandidos" oder "Gremium". Dafür werden sowohl Äußerlichkeiten wie beispielsweise Lederkutten mit Patches (Vereinsabzeichen) als auch die streng hierarchischen Strukturen der Rocker übernommen. Nicht selten benennen die braunen "Bruderschaften" auch Funktionen und Ämter innerhalb ihres Clubs nach dem Vorbild der OMCG. So stehen den "Bruderschaften" für gewöhnlich ein "President" und ein "Vice-President" vor. Der Kassierer wird zum "Treasurer". Vollwertige Mitglieder sind "Fullmembers", Anwärter auf eine Mitgliedschaft werden "Prospects" genannt. Auch wenn Rituale, Sprachcodes und Outfits aus der Welt der OMCGs stammen, fremdeln die Neonationalsozialisten mit einem wesentlichen Element des Rockerlebens: mit dem Motorrad. Kaum ein Mitglied einer rechtsextremistischen "Bruderschaft" verfügt über einen Motorrad-Führerschein. 80 Zu den Definitionen siehe Erläuterungen zu Beginn des Kapitels 2. 65 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Ziel der "Bruderschaften" ist es vor allem, den inneren Zusammenhalt zu fördern und einen vermeintlich elitären Zirkel zu formen. Öffentliche, politische Auftritte sind eher die Ausnahme. Solche Nazis in Kutten sind in Brandenburg mittlerweile ein szenetypisches Element, denn mehr als jede dritte parteiunabhängige rechtsextremistische Struktur in Brandenburg (7 von 20) war im Jahr 2017 eine kuttentragende "Bruderschaft". So unterschiedlich die Organisationsformen im Einzelnen auch sein mögen, letztendlich eint alle die rechtsextremistische Ideologie und die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Rechtsextremisten propagieren eine Volksgemeinschaft auf rassistisch-biologistischer Basis. Hinzu tritt ein aggressiver Nationalismus gepaart mit fremdenfeindlichem, rassistischem und meist antisemitischem Gedankengut. Statt eines demokratischen Pluralismus fordern Rechtsextremisten einen antipluralistischen Volkskollektivismus. Rechtsextremisten beziehen sich zumeist - in unterschiedlicher Ausprägung - auf das "Dritte Reich" als Ideal einer staatlichen Ordnung. Der Nationalsozialismus wird verherrlicht, die Verbrechen des "Dritten Reiches" werden verharmlost, relativiert oder verleugnet. Der militaristische Führerstaat wird als politisches Ziel ausgegeben. Demokratische Institutionen und Repräsentanten des Staates werden diffamiert und zu "Volksfeinden" erklärt. Bis auf wenige Ausnahmen sind Angehörige von rechtsextremistischen Strukturen gewaltorientiert, das heißt, sie sind laut Definition der Verfassungsschutzbehörden entweder gewalttätig, gewaltbereit, gewaltunterstützend oder zumindest gewaltbefürwortend. Nicht selten pflegen Rechtsextremisten jedoch auch ein taktisches Verhältnis zur Gewalt, was bedeutet, dass Gewalt für die "große Abrechnung" am "Tag X" aufgespart wird. Sofern Organisationen nachgewiesen werden kann, dass sie sich aktivkämpferisch gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten oder dass der Zweck ihrer Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderläuft, können sie von den jeweils zuständigen Innenministern verboten werden. 66 Rechtsextremismus Das betraf bereits sieben rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse in Brandenburg: 1995: Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JF) 1997: Kameradschaft Oberhavel 2005: Kameradschaft Hauptvolk sowie die Untergliederung Sturm 27 2005: Alternative Nationale Strausberger Dart-, Piercingund TattooOffensive (ANSDAPO) 2006: Kameradschaft Schutzbund Deutschland 2011: Freie Kräfte Teltow-Fläming (FKTF) 2012: Widerstandsbewegung in Südbrandenburg ("Spreelichter") Einige Organisationen, die noch in den Vorjahren im Verfassungsschutzbericht genannt wurden, sind im Jahr 2017 inaktiv gewesen oder haben sich aufgelöst. Hierzu zählen beispielsweise die "Antikapitalistischen Kollektive (AKK)" und die "Aktionsgruppe Nord/Ost (AGNO)". Mit der Inhaftierung eines führenden Aktivisten aus der Region Wittstock/Dosse (OPR) kamen deren Aktivitäten zum Erliegen. Das vom Bundesinnenminister verfügte Verbot des Personenzusammenschlusses "Weiße Wölfe Terrorcrew" (WWT) vom 16. März 2016 ist bestandskräftig. Somit entfällt auch diese Gruppierung, die ihren brandenburgischen Stützpunkt in Wittstock/Dosse (OPR) hatte. Ebenfalls entfalteten die "Freien Kräfte Ost" bzw. die "Freien Kräfte Wittstock" im Jahr 2017 keine Aktivitäten mehr. Nichtsdestotrotz bildet Wittstock/Dosse, gerade aufgrund des unorganisierten rechtsextremistischen Personenpotenzials einen Schwerpunkt im Nordosten Brandenburgs. Auch im Bereich rechtsmotivierter Straftaten kann die Region um Wittstock/Dosse als Schwerpunkt bezeichnet werden. Einzelne Szeneangehörige begingen im Jahr 2017 zum Teil schwere Gewaltstraftaten und wurden rechtskräftig verurteilt. Einige verbüßten beziehungsweise verbüßen zurzeit noch Haftstrafen. Auch die Gruppierungen "Nationalisten Spremberg" und die "Nationalsozialisten Ortrand (NSO)" sind im Jahr 2017 inaktiv gewesen. Die Cottbuser Hooligan-Gruppierung "Inferno Cottbus" gab am 10. Mai 2017 ihre Auflösung bekannt. Die Selbstauflösung dürfte jedoch nur zum Schein vollzogen worden sein, in der Hoffnung, ein drohendes Vereinsverbot abzuwenden. 67 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Verbotene neonationalsozialistische Strukturen in Brandenburg UM PR Schutzbund OPR Oberhavel OHV Deutschland BAR HVL JF MOL Hauptvolk Sturm 27 FKTF LOS ANSDAPO PM TF LDS SPN OSL Widerstandsbewegung EE in Südbrandenburg * "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) - War in ganz Brandenburg aktiv und wurde am 05.05.1995 verboten. * Kameradschaft "Oberhavel" - verboten am 14.08.1997 * Kameradschaften "Hauptvolk" und "Sturm 27" - verboten am 06.04.2005 * "ANSDAPO" - verboten am 04.07.2005 * "Schutzbund Deutschland" - verboten am 26.06.2006 * "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (FKTF) - verboten am 11.04.2011 * "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" - verboten am 19.06.2012 68 Rechtsextremismus Von folgenden zwanzig Organisationen gingen im Jahr 2017 in Brandenburg Aktivitäten aus: Nr. Bezeichnung Organisationsform Region 1 AO Strausberg (AO SRB) Bruderschaft Strausberg (MOL) 2 Barnimer Freundschaft (BF Bruderschaft Wandlitz (BAR) 25) 3 Brigade 8 (B8) Bruderschaft ohne regionale Zuordnung 4 Bruderschaft 25 (B 25) Bruderschaft Frankfurt (Oder) 5 Bruderschaft H8 (H8) Bruderschaft Strausberg (MOL) 6 Bund für Gotterkenntnis Verein Brandenburg a.d.H. (Ludendorff) e. V. (BfG) 7 Bürgerbündnis Havelland e.V. Verein Rathenow (HVL) 8 Europäische Aktion (EA) Verein Frankfurt (Oder) 9 Freie Kameradschaft MärKameradschaft MOL kisch Oderland (FK MOL) 10 Freie Kräfte Neuruppin/ Freie Kräfte Neuruppin (OPR) Osthavelland (FKN/O) 11 Freie Kräfte Prignitz (FKP) Freie Kräfte Wittenberge/Lenzen (PR) 12 Freie Kräfte Schwedt/Oder Freie Kräfte Schwedt/Oder (UM) (FKS) 13 Hammerskin-Chapter Bruderschaft ohne regionale Brandenburg (HS) Zuordnung 14 Identitärer Aufbruch (IA) Freie Kräfte Senftenberg (OSL) 15 Identitäre Bewegung Verein Cottbus/Potsdam Deutschland e.V. (IB) 16 Inferno Cottbus/Unbequeme Hooligans Cottbus Jugend (IC99/UJC) 17 Kameradschaft Kommando Bruderschaft Frankfurt (Oder) Werwolf (KSKW) 18 Kameradschaft Märkisch Kameradschaft Bad Freienwalde Oder Barnim (KMOB) (MOL) 19 Märkische Skinheads 88 Kameradschaft OHV (MS88) 20 Northsidecrew (NSC) Kickbox-Verein Lübben (LDS) 69 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 UM PR 12 11 OPR OHV BAR 18 10 19 2 7 MOL HVL 9 1/5 6 15 4 8 LOS PM 17 TF LDS 20 SPN ohne regionale Zuordnung OSL 3 13 16 15 EE 14 AO Strausberg Der "AO Strausberg" gehören etwa zehn Mitglieder an, die regional der rechtsextremistischen Szene in und um Strausberg (MOL) entstammen. Wie derzeit in der rechtsextremistischen Szene nicht unüblich, kopieren auch sie den Habitus von Rockergruppierungen und tragen bei SzeneVeranstaltungen Lederkutten mit entsprechenden Symbolen und Schriftzügen, so beispielsweise beim Konzert "Rock gegen Überfremdung" am 15. Juli 2017 in Themar (Thüringen), an dem zahlreiche Mitglieder der "AO Strausberg" teilnahmen. Barnimer Freundschaft (BF 25) Die "Barnimer Freundschaft" (BF 25) gehört mit ihren etwa zwölf Mitgliedern, die sich aus dem Landkreis Barnim sowie aus Berlin rekrutieren, 70 Rechtsextremismus ebenfalls zu den rechtsextremistischen, kuttentragenden "Bruderschaften". Sie unterhält ein Clubhaus in Wandlitz (OT Klosterfelde, BAR), in dem am 28. Januar 2017 ein rechtsextremistischer Liederabend durchgeführt wurde. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem der derzeit wegen des öffentlichen Zeigens seines KZ-Tattoos inhaftierte Marcel Zech sowie die rechtsextremistischen Musiker "Son of the Wind" (S.o.W)" und "Villain051" (beide Teil des Bandprojekts "A3stus"). Die Gruppe unterhält gute Beziehungen zum NPD-Kreisverband Barnim um deren Vorsitzende Aileen Rokohl sowie zu Rechtsextremisten aus Berlin und Thüringen, hier insbesondere zu den Gruppierungen "Garde 20" und "Turonen". In Zusammenarbeit mit den letztgenannten war die "Barnimer Freundschaft" beim Konzert "Rock gegen Überfremdung" am 15. Juli 2017 in Themar (Thüringen) als Ordnerdienst eingesetzt. Brigade 8 (B8) Die in Schleswig-Holstein gegründete "Brigade 8" (B8) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, welcher sich strukturell wie ein Rockerclub ausrichtet, seine regionalen Ableger als "Chapter" bezeichnet und deren Mitglieder ähnliche Hierarchieabzeichen auf ihren Lederkutten wie Rocker tragen. Zur Neueröffnung des Clubhauses des aktivsten "Brigade 8"-Chapters "Eastside" in Mücka (Sachsen) konnten am 7. Oktober 2017 rund zehn Personen aus dem Raum Spreewald festgestellt werden. Da eine der Personen das Patch "President" auf seiner Kutte trug, wird davon ausgegangen, dass es im Spreewald zur Gründung eines weiteren "Brigade 8"-Chapters gekommen ist. Mitglieder der "Brigade 8" wurden in der Vergangenheit unter anderem als Teilnehmer an den "Zukunft Heimat"-Demonstrationen festgestellt. Bruderschaft 25 (B 25) Die aus Frankfurt (Oder) und Umgebung stammende "Bruderschaft 25" (B 25) zählt etwa fünf Mitglieder. Die "25" ist ein oft genutzter Szenecode und steht für den 2. und den 5. Buchstaben des Alphabets - also "B" und "E". Diese Zahlenbeziehungsweise Buchstabenkombination spielt auf den 71 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Wahlspruch der Hitlerjugend "Blut und Ehre" an. Die Namensähnlichkeit zur verbotenen rechtsextremistischen Vereinigung "Blood & Honour" ("Blut und Ehre") ist offensichtlich und zeigt die Verbundenheit der Gruppe mit der rechtsextremistischen Musikszene. Bruderschaft H8 (H8) Die etwa zehn Mitglieder der "Bruderschaft H8" (H8) stammen aus Strausberg (MOL) sowie Umgebung und zählen ebenfalls zu den rechtsextremistischen "Bruderschaften", die ihre Gruppenidentität durch das Tragen von Lederkutten bei Szene-Events darstellen. Das Symbol der "Bruderschaft H8" sind zwei in Form eines "X" gekreuzte Doppelpfeile. Das Erkennungszeichen soll an die bis 1945 in Ungarn existierende faschistische "Pfeilkreuzler"-Partei erinnern. Die Bezeichnung "H8" hat eine doppelte Bedeutung. Zum einen wird "H8" auf Englisch als "H-Eight", also "Hass" ausgesprochen. Zum anderen wird die Kombination von "H" und "8" in der rechtsextremistischen Szene auch als Abkürzung für "Heil Hitler" verwendet, da der 8. Buchstabe des Alphabets das "H" ist. Die "Bruderschaft H8" ist mit lokalen sowie mit rechtsextremistischen Gruppierungen aus Berlin und Thüringen wie beispielsweise der "Garde 20" sowie "Turonen" und mit der rechtsextremistischen Band "Exzess" sehr gut vernetzt. So wurden beispielsweise Mitglieder der "Bruderschaft H8" bei einem der größten Rechtsrockkonzerte der letzten Jahre am 15. Juli 2017 in Themar (Thürigen) - dem "Rock gegen Überfremdung" - neben der "Barnimer Freundschaft" als Ordner eingesetzt. Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V. (BfG) Der "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." (BfG) besitzt in Brandenburg an der Havel (OT Kirchmöser) einen zur Tagungsund Veranstaltungsstätte umgebauten Vierseitenhof, der in unregelmäßigen Abständen für Tagungen und Ferienlager genutzt wird. So war das Objekt am Wochenende des 6. bis 7. Mai 2017 Veranstaltungsort für ein bundesweites Treffen von rund 150 Personen, die der völkisch-nationalistischen Szene zugerechnet werden. 72 Rechtsextremismus Der regionale Schwerpunkt der Gruppierung liegt in Pähl bei Weilheim (Bayern), wo ebenfalls der dem BfG nahestehende rechtsextremistische "Verlag Hohe Warte GmbH" seinen Sitz hat. Der derzeitige Geschäftsführer des Verlages fungiert ebenfalls als Geschäftsführer der Immobilie in Kirchmöser. Der BfG wurzelt ideologisch in der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts und wendet sich gezielt an rechtsextremistisch geprägte Familien. Die Organisation bestand schon zur Zeit des Nationalsozialismus und wurde 1951 von Mathilde Ludendorff (1877-1966), Ehefrau von Erich Ludendorff, wiedergegründet. Erich Ludendorff war unter anderem General im Ersten Weltkrieg und 1923 am Hitlerputsch beteiligt. Der BfG bezeichnet sich als Weltanschauungsgemeinschaft und sieht es als seine Aufgabe an, "die Erkenntnisse der Philosophin Mathilde Ludendorff zu pflegen und weltanschaulich suchenden Menschen zu übermitteln". Bürgerbündnis Havelland e. V. Anknüpfend an Inhalte und Ziele der PEGIDA-Bewegung gründete sich Ende des Jahres 2015 in Rathenow (HVL) der "Bürgerbündnis Havelland e. V.". An den seit Oktober 2015 regelmäßig stattfindenden flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen in Rathenow nahmen anfänglich bis zu 500 Personen teil. Darunter vielfach bekannte Rechtsextremisten. Im vergangenen Jahr verstetigte sich der flüchtlingsfeindliche Protest. Während die Teilnehmerzahlen deutlich zurückgingen, nahmen Redebeiträge mit extremistischen Inhalten merklich zu. Redner des "Bürgerbündnisses" begrüßten unter anderem Angehörige freier Kameradschaften und vom "nationalen Widerstand", hetzten regelmäßig gegen Flüchtlinge, erklärten Deutschland zur "Staatssimulation" sowie zum "besetzten Land" und riefen offen zu Gewalt auf. Statt eines Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung erklärte der Vorsitzende des Bürgerbündnisses bereits 2016, dass er sich höchstens "zum NOCH vorhandenen gültigen deutschen Grundgesetz" bekenne. Zugleich forderte er "eine vom Volk gewählte Verfassung". Schließlich solle Deutschland wieder zu einstigem Ruhm und Ehre verholfen werden. 73 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Europäische Aktion (EA) Die "Europäische Aktion" (EA), die im Jahr 2010 gegründet wurde, löste sich offiziell am 10. Juni 2017 unter Angabe einer fragwürdigen Begründung auf. Tatsächlicher Hintergrund waren die behördlichen Ermittlungen gegen Personen der Gruppierung, die im Verdacht standen, paramilitärische Trainings unter anderem mit Schusswaffen durchgeführt zu haben. Die Auflösung betraf ebenfalls den "Stützpunkt" in Frankfurt (Oder), von dem seither keine Aktivitäten mehr ausgingen. Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland (FKN/O) Im Landkreis Ostprignitz-Ruppin gibt es eine sehr aktive rechtsextremistische Szene. Sie tritt vor allem in Neuruppin und Wittstock/Dosse in Erscheinung. Etwa 15 Aktivisten sind dem Kern der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" (FKN/O) zuzurechnen. Sie waren auch 2016 und 2017 wieder die aktivste rechtsextremistische Gruppe im nordwestlichen Brandenburg. Die "FKN/O" organisierten eigene Demonstrationen sowie Mahnwachen und veröffentlichten auf Facebook regelmäßig Terminankündigungen. Einen Schwerpunkt bildete die "Anti-Asyl-Agitation". Kontinuierlich werden Artikel und Beiträge gepostet, in denen Polizeiund Presseberichte von Straftaten von Menschen mit Migrationshintergrund thematisiert und instrumentalisiert werden. Die "FKN/O" nehmen rege an rechtsextremistischen Demonstrationen teil und veranstalten solche auch selbst. So standen auch im Jahr 2017 das alljährlich stattfindende "Gedenken zur Bombardierung Nauens" (HVL) am 20. April - zugleich der Geburtstag von Adolf Hitler - sowie das "Emil-Wendland-Gedenken"81 im Terminkalender. Begleitend dazu wurden nach eigenen Angaben 10.000 Flugblätter gedruckt und in Neuruppin (OPR) verteilt.82 Im Zuge der "EmilWendland-Kampagne" betrieben Mitglieder der "FKN/O" auch einen Stand zu Gunsten der "Obdachlosenhilfe" auf einem Flohmarkt.83 Auch überregional nahmen Mitglieder der "FKN/O" deutlich wahrnehmbar an Veranstaltungen und Demonstrationen der rechtsextremistischen Sze81 1992 erstochener Obdachloser. 82 Facebook "FKNO", 28.06.2017 und 01.07.2017 (Zugriff am 30.05.2018). 83 Facebook "FKNO", 28.06.2017 (Zugriff am 30.05.2018). 74 Rechtsextremismus ne teil, so beispielsweise am 11. Februar 2017 in Dresden (Sachsen), am 19. August 2017 in Berlin ("Rudolf Hess, Mord verjährt nicht") und am 18. November 2017 in Remagen (Rheinland-Pfalz) zur jährlich stattfindenden Gedenkveranstaltung anlässlich des "Rheinwiesenlagers".84 Am Tag der Deutschen Einheit organisierten die "Freien Kräfte" eine Kundgebung in Rheinsberg (OPR). Unter dem etwas sperrigen Titel "Äußerlich teilwiedervereint, innerlich zersetzt und entwurzelt" versammelten sich rund zwanzig Personen.85 Diese Aktionen, wie auch regelmäßige interne Events dienen der Anbindung Szeneangehöriger an die "FKN/O" sowie der Kontaktpflege zu anderen rechtsextremistischen Organisationen, insbesondere zur NPD. Mehrere Aktivisten der "FKN/O" sind Mitglieder der NPD. Unter dem Logo der "Europäischen Solidaritätsfront für den Kosovo" reisten vier Mitglieder der "FKN/O" im Mai 2017 in den Kosovo, um Geldund Sachspenden an die dortige serbische Minderheit zu überbringen. Begleitet wurden sie von Maik Müller, der seit September 2017 Landesvorsitzender der "Jungen Nationalisten" in Sachsen ist. Schon im Jahr 2015 hielt er beim NPD-Stadtverband einen Vortrag zum Thema "Europäische Solidaritätsfront für Kosovo."86 Im Jahr 2017 fungierte Dave Trick, einer der führenden Köpfe der "FKN/O", auch als Ordner87 bei einem von Müller organisierten Trauermarsch in Dresden (Sachsen). Freie Kameradschaft Märkisch Oderland (FK MOL) Der Anhängerkreis der "Freien Kameradschaft Märkisch Oderland" (FK MOL) liegt im unteren einstelligen Bereich. Der Kopf der Gruppierung, Stefan Schumann, war im vergangenen Jahr auf zahlreichen asylfeindlichen Demonstrationen in Brandenburg und Berlin präsent. Nicht selten trat er als Redner auf das Podium. Alles in allem versuchte die Gruppierung insbesondere über das Zeigen von Transparenten und durch Redebeiträge 84 Facebook "FKNO", 13.02.2017, 29.08.2017 und 18.11.2017 (Zugriff am 30.08.2018). 85 Facebook "FKNO", 12.10.2017 (Zugriff am 30.05.2018). 86 Homepage "Europäischer Solidaritätsfront für Kosovo" (ESFK): "Jedinstvo über ESFK Mission-Kosovo Oktober 2017", 22.11.2017 (letzter Zugriff am 25.04.2018). Das ESFK will Serben im Kosovo unterstützen. Siehe ebenso die Ausführungen im Kapitel 2.1 zum NPD-Kreisverband "Prignitz-Ruppin". 87 https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157676726298463 75 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 für Aufmerksamkeit zu sorgen. Auf Demonstrationen in Berlin am 14. Januar 2017 und am 20. Mai 2017 führte die "Freie Kameradschaft" ein weißes Stoffbanner mit. Darauf stand: "Wir lassen die Kirche im Dorf ... und die Moschee in Istanbul! Freie Kameradschaft MOL". Der Kameradschaftsführer trat am 29. Juli 2017 in Rathenow (HVL) bei einer öffentlichen Versammlung unter dem Motto "Deutscher wehr Dich" als Redner auf und stellte sich mit "Freie Kameradschaft Märkisch Oderland" vor. Freie Kräfte Schwedt/Oder (FKS) Die "Freien Kräfte Schwedt/Oder" (FKS) traten erstmals im Jahr 2013 in Erscheinung und haben deutliche Bezüge zur örtlichen NPD. Anlässlich des Todestages von Horst Wessel am 23. Februar wurde auf dem FacebookProfil "Wahrheit für Schwedt" am 24. Februar 2017 berichtet, "zum Gedenken an den Deutschen Freiheitskämpfer Horst Wessel" wurden Transparente mit seinem schemenhaften Abbild und den Worten "ERMORDET DURCH ROTE HAND" aufgehängt. Zum Sinn der Aktion heißt es: "Nun mögen einige Leute sagen, was bringt so eine Aktion. Wir sagen dazu nur, es kann nie verkehrt sein an Menschen zu erinnern, die für die Deutsche Freiheitsbewegung gestritten haben, bzw. sogar mit ihren Leben dafür bezahlt haben. Lieber so eine kleine Aktion, als irgendwelche sinnlosen Demos oder Mahnwachen für eine angeblich bessere Demokratie, oder Meinungsfreiheit."88 Unter der Überschrift "Vernichtung ist keine Befreiung" hieß es im Internet, dass anlässlich des 8. Mai "die Freien Kräfte und Mitglieder der NPD Uckermark auf dem Soldatenfriedhof in Schwedt/Oder ein Gesteck nieder[legten], um an die deutschen Opfer zu gedenken, die durch die alliierten Kriegsverbrechen umgekommen sind. Denn: 'Befreier morden nicht!' Befreier rauben nicht!' Befreier schänden nicht!' 8. Mai? Wir feiern nicht!"89 Der Internetbeitrag ist unterzeichnet mit "David WEIDE, Kreistagsund Stadtabgeordneter für die NPD Uckermark". Auf der Schleife des Blumengestecks war zu lesen: "Vernichtung ist keine Befreiung, NPD Uckermark und Freie Kräfte". Anlässlich des "Heldengedenkens" legten im November 88 Facebook-Seite "Wahrheit für Schwedt", 24.02.2017 (letzter Zugriff 27.02.2017). 89 Facebook-Seite "David Weide", 08.05.2017 (letzter Zugriff 04.12.2017). 76 Rechtsextremismus 2017 "die Mitglieder des NPD Ortsbereiches Schwedt/Oder zusammen mit den Freien Kräften ein Gesteck nieder, um an die gefallenen deutschen Soldaten zu gedenken, die im Kampf für ein besseres Deutschland ihr Leben ließen."90 Auf dem Gesteckband stand: "Ewig lebt der Toten Tatenruhm - NPD OB Schwedt und Freie Kräfte". Freie Kräfte Prignitz (FKP) Unter der Bezeichnung "Freie Kräfte Prignitz" (FKP) traten Angehörige der rechtsextremistischen Szene aus Wittenberge und Lenzen (beide PR) erstmals am 18. Januar 2014 bei einer Demonstration in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) auf. Es handelt sich bei den "FKP" um einen gut vernetzten Zusammenschluss von rund 15 Personen. Sie pflegen regional einen engen Kontakt zu den "Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland". Mitglieder beider Gruppierungen besuchen regelmäßig gemeinsam Szeneveranstaltungen wie Demonstrationen und rechtsextremistische Konzerte. Die "FKP" sind innerhalb der Szene auch überregional gut vernetzt. Durch die langjährige Szenezugehörigkeit unterhalten einzelne Mitglieder enge Kontakte zu Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Neben Teilnahmen an rechtsextremistischen Demonstrationen werben und mobilisieren die "FKP" unter anderem über Facebook zur Teilnahme an Veranstaltungen. Auf ihrer Facebook-Seite teilten sie Veranstaltungshinweise, posteten Kommentare sowie Bilder zu eigenen Aktionen und verbreiteten Berichte über Aktionen anderer rechtsextremistischer Gruppierungen. Dabei sind Art und Umfang der Artikel sehr variabel. Man verbreitet Artikel der NPD, der Kleinpartei "DER DRITTE WEG" und anderer "Freier Kräfte". Im Jahr 2017 traten die "FKP" selten öffentlich in Erscheinung. Man nahm lediglich an einer Handvoll Demonstrationen teil, so beispielsweise am 90 Facebook-Seite "David Weide", 19. November 2017 (letzter Zugriff 04.12.2017) und Facebook-Seite "NPD Uckermark", 19.11.2017 (letzter Zugriff am 04.12.2017). 77 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Nauen-Gedenken" (HVL) der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" am 20. April 201791 und an einer Demonstration in Köthen (Sachsen-Anhalt) zum 1. Mai.92 Fleißiger ist man beim Verlinken und Teilen von Beiträgen auf Facebook. Das betrifft zum Beispiel eine Aktion von "Sympathisanten aus der Prignitz". Zu sehen sind vier weiße Bettlaken, die mit Parolen wie "72 Jahre Raub, Mord, Vergewaltigung. Kein Grund zu feiern" oder "8. Mai - Wir wurden nicht befreit!" beschrieben sind.93 Im Vorfeld des 30. Todestages von Rudolf Hess teilten die "Freien Kräfte" zwei Fotos eines an einer Brücke angebrachten Transparents als "Zusendungen".94 Und auch zur "Aktion schwarze Kreuze Deutschland" wurden Beiträge geteilt.95 Hammerskins-Chapter Brandenburg (HS) In Brandenburg existiert seit 2012 die "Crew 38 Brandenburg" als Supporter-Gruppierung der Hammerskins. 2017 stieg die "Crew 38" zu einem vollwertigen Mitglied der Hammerskin-Gemeinschaft auf und darf sich nun "Hammerskin-Chapter Brandenburg" (HS) nennen. Die Hammerskins, die ursprünglich aus den USA stammen, sind der rechtsextremistischen Musikszene zugehörig und organisieren europaweit Konzerte. Das "HS" organisiert ebenfalls Konzerte, Liederabende und Szene-Treffen. Ein Kleingarten in Rathenow (HVL) dient den Hammerskins dabei als Treffpunkt. Am 26. August 2017 fand hier beispielsweise ein Liederabend mit dem rechtsextremistischen Liedermacher "Flak" (Nordrhein-Westfalen) statt. "Identitärer Aufbruch" (IA) Der "Identitäre Aufbruch"(IA) ist eine regionale Kleinstgruppe im Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Sie war bereits in den vergangenen Jahren unter wechselnden Aktionsbezeichnungen wie "Krümelmonster" aktiv. Nachdem sie sich in der Vergangenheit vorrangig dem Thema "Volkstod" widmete, versuchte sie seit Mitte 2015, bei den "Anti-Asyl-Protesten" anzudocken. Seit Ende 2015 trat sie als Bürgerinitiative "Heimat & Zukunft" im Internet auf, womit sie nicht zufällig den asylkritischen Verein "Zukunft Heimat e.V." zu kopieren versuchte. Die Mini-Protest-Truppe erhielt jedoch keinerlei 91 www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157679571336994 92 Facebook "Freie Kräfte Prignitz", 01.05.2017 (Abruf 12.12.2017). 93 Facebook-Profil "Freie Kräfte Prignitz", 08.05.2017 (Abruf 12.12.2017). 94 Facebook-Profil "Freie Kräfte Prignitz", 17.08.2017 (Abruf 12.12.2017). 95 Facebook-Profil "Freie Kräfte Prignitz", 13.07.2017 (Abruf 12.12.2017). 78 Rechtsextremismus Zulauf und Resonanz. Im Jahr 2016 versuchte sie den Trick unter dem Namen "Identitärer Aufbruch" erneut. Logo und Farben sahen der "Identitären Bewegung" sehr ähnlich. Ebenso wurden entsprechende Profile in verschiedenen sozialen Netzwerken eingerichtet. Es folgten mehrere Aktionen im Stile der "Identitären Bewegung", über die umgehend auf den entsprechenden Seiten des "Identitären Aufbruch" berichtet wurde. Der "Identitäre Aufbruch" ist jedoch keine Teilgliederung der "Identitären Bewegung". Im Jahr 2017 trat der "IA" mit mehreren Aktionen in Erscheinung. Am 10. Juni 2017 wurde die Haupteingangstür des Senftenberger (OSL) Rathauses mit einer Metallkette und einem Bügelschloss verriegelt. Außerdem wurde ein Zettel mit der Aufschrift: "ACHTUNG Wegen Asylwahn geschlossen!" an die Tür geklebt. Die Polizei konnte zwei Männer aus Lauchhammer (OSL) und Cottbus als Urheber der Tat ermitteln. Beide Personen sind bereits in der Vergangenheit mit ähnlichen Aktionen des "Identitären Aufbruchs" aufgefallen. Identitäre Bewegung Deutschland e. V. (IBD) Die "Identitäre Bewegung Deutschland e.V." (IBD) ist ein aktionsorientierter und stark internetbasierter Verein. Er zeichnet sich durch sloganartige Propaganda, gezielte Provokationen und symbolhafte Inszenierungen aus. Er verwendet dabei eine zielgruppenorientierte und jugendaffine Ästhetik. Ihren Ursprung hat die "Identitäre Bewegung" im "Bloc identitaire", einer aus verschiedenen regionalen Gruppen entstandenen politischen Bewegung in Frankreich, die den "Neuen Rechten" zugerechnet wird. Der "Bloc identitaire" ist die Nachfolgeorganisation der aufgrund gewalttätiger und rassistischer Aktivitäten 2002 verbotenen "Unite radicale". Im Oktober 2012 besetzten französische "Identitäre" ein Moscheedach in Poitiers (Frankreich). Zuvor hatte diese Gruppierung bei YouTube eine "Kriegserklärung" ("Declaration de guerre") eingestellt. Auch die Symbolik entspricht dem kriegerischen Habitus: Symbol der Identitären ist das Lambda. Entweder wird es gelb auf schwarzem Grund oder schwarz auf gelbem Grund in einem Kreis dargestellt. Das Lambdazeichen trugen die Soldaten aus Sparta als Erkennung auf ihren Schilden. 79 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Hintergrund: Als die Spartaner 480 vor Christus bei den Thermopylen gegen die Perser kämpften, trugen sie Schilder mit einem Lambda. Das griechische "L" steht für Lakedaimon, den mythischen Stammvater der Spartaner. Das Selbstopfer der Spartaner, das den Griechen die Zeit gewann, Athen zu evakuieren und die Perser bei Salamis und Plataiai zu besiegen, wurde zu einem oft zitierten abendländischen Mythos. Zuletzt wiedererzählt in "300", einem Spielfilm von Zack Snyder aus 2007. Die IBD sieht sich in der Tradition der Verteidiger des Abendlandes gegen das Morgenland. Das zeigt auch die Besetzung des Moscheedaches in Poitiers im Oktober 2012. Sie erinnert ebenfalls an einen Mythos, denn in der Schlacht von Tours und Poitiers im Jahr 732 gelang es einem Frankenheer unter Karl Martell erstmals ein Maurenheer zurückzuschlagen. Die Identitären sehen sich als moderne Krieger, die das Abendland vor dem "großen Austausch" verteidigen müssen. Auf der verbalen Ebene befinden sie sich bereits im Krieg. Das zeigt ihre im Oktober 2012 veröffentlichte "Declaration de guerre". Die Auswahl des Symbols wird in einem Video der "Generation Identitaire" wie folgt begründet: "Es (das Lambda) bedeutet, dass wir nicht zurückweichen und nicht aufgeben! Wir sind euer Geplänkel leid und gehen keinem Kampf und keiner Herausforderung aus dem Weg!" Ferner proklamiert man dort: "Unser einziges Erbe ist unser Land, unser Blut, unsere Identität." "Täuscht Euch nicht: Dieser Text ist kein einfaches Manifest: es ist eine Kriegserklärung." Im Jahr 2012 entstanden auch in anderen europäischen Ländern identitäre Gruppierungen. Am 10. Oktober 2012 gründete sich die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IDB) - zunächst als Facebook-Gruppe. Im August 2014 wurde der Verein "Identitäre Bewegung Deutschland e.V." gegründet. Bundesweit bestehen Regionalbzw. Ortsgruppen. Im November 2012 erklärte die "Identitäre Bewegung Cottbus" auf Facebook ihre Gründung, wobei von dieser damaligen Gruppierung, an deren Gründung maßgeblich Rechtsextremisten beteiligt waren, kaum nennenswerte öffentliche Aktivitäten ausgingen. 80 Rechtsextremismus Zielgruppe der IBD sind junge, gebildete "Aktivisten", die nach Möglichkeit keinen Vorlauf in der herkömmlichen rechtsextremistischen Szene haben sollten. In Anlehnung an den Begriff "Hipster", der Angehörige einer urbanen, avantgardistischen Jugendsubkultur beschreibt, nennen sich Identitäre auch "Ibster". Der aktivistische Anteil entspricht dem Konzept der Metapolitik, denn: "Bevor eine politische Revolution gelingen kann, muß man sicherstellen, dass das Volk diese Revolution für legitim erachtet. (...) In diesem Sinne können alle Bereiche menschlichen Handelns zum politischen Aktionsfeld werden, seien es Literatur, Film, Fernsehen, Sport, Freizeitgestaltung oder Mode - selbst ein Getränk kann ein Statement sein."96 Entsprechend vermarket die IBD Bier und Kleidung. Die "identitäre Ideologie" nimmt starke Anleihen bei den Theorien der "Neuen Rechten". Sie verbindet einen vehementen systemkritischen Antiliberalismus (Liberalismus sei eine geistige Immunschwächekrankheit97) mit dem Ethnopluralismus. Ziel ist eine politische Revolution. Die Zielrichtung bleibt vage, aus dem Widerstandsbegriff von IBD-Funktionären lässt sich jedoch eine antidemokratische Ausrichtung ablesen: Die Freikorps der Weimarer Republik werden als Freiheitskämpfer interpretiert, deren Anführer Hermann Ehrhardt als "Mann der Tat" skizziert und einer der Attentäter auf Walther Rathenau - der Terrorist Ernst von Salomon - als politischer Abenteurer verharmlost.98 Den demokratischen Verfassungsstaat greifen die Identitären an, bleiben aber - bewusst - vage bei Aussagen zur gewollten Staatsform, um die Anschlussfähigkeit zu erhalten.99 Die liberal-westlichen Demokratien lehnt die IB ab, da hier das Individuum zulasten eines "Volkswillens" überbetont 96 Mario Müller im Buch "Kontrakultur", Schnellroda 2017, S. 162. 97 Daniel Fiss, Die Bedrohung der Identität, http://web.archive.org/ web/20151020020232/http:/www.identitaere-generation.info:80/die-bedrohung-deridentitaet (eingesehen am 28.05.2018). 98 Mario Müller: "Kontrakultur", Seite 90 und Seite 250 f. 99 Europe Identity - Martin Sellner: Identitär - Eine Idee: https://europe-identity. tumblr.com/post/109989721604/martin-sellner-identittär-eine-idee (eingesehen am 29.05.2018). 81 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 werde. Stattdessen fordern sie eine "identitäre" bzw. "organische" Demokratie. Die Metapher "organisch" ist verräterisch. Die "Identitären" verstehen Volk als einen Organismus, als einen Körper. Die Demokratie dürfe nicht auf entwurzelten Individuen basieren, sondern auf Bürgern eines gemeinsamen Volkes.100 In der Logik der Metapher vom Volk als Organismus sind sie quasi die körpereigenen Zellen. Mit gemeinsamem Volk ist demnach ein ethnisch definierter Volksbegriff gemeint. Eingebürgerten sollen nicht die gleichen Rechte zustehen, stattdessen fordern sie eine "homogene Volksdemokratie".101 Auch den "Parlamentarismus" lehnen sie ab, da hier die Einzelinteressen überwögen. Ideologisches Kernelement ist der "Ethnopluralismus". Ziel ist ein ethnisch und kulturell möglichst homogener Staat: So formuliert der Funktionär der IB Mario Müller: "Als Deutsche wie als weiße Europäer sind wir alle eng miteinander verwandt, teilen die gleichen Ahnen und das gleiche Schicksal."102 An anderer Stelle erwiderte Müller gegenüber der ZEIT auf die Frage, ob ein Sohn türkischer Eltern, der in Stuttgart geboren, dort zur Schule gegangen sei und seit Jahrzehnten in Deutschland lebe, deutsch sein könne: "Nein, kann er nicht. Ich kann ja auch einen Hund nicht einfach Katze nennen." 103 Nach Überzeugung der IB führt die "Durchmischung" der Völker durch Zuwanderung letztendlich zu einem "Ethnozid". Damit weisen die Identitären deutliche Parallelen zu den Ideen der "Volkstod"-Kampagne der rechtsextremistischen Szene auf. Ziel der IB ist der Erhalt einer überbetonten ethnisch-kulturell begründeten Abstammungsgemeinschaft. Zugleich dockt die Ideologie der Identitären an Verschwörungstheorien an. Ihrer Meinung nach befördern die 100 http://web.archive.org/web/20150929193535/http://www.identitaere-generation. info:80/das-problem-der-demokratie/ (eingesehen am 28.05.2018). 101 http://web.archive.org/web/20151020020232/http:/www.identitaere-generation. info:80/portrait-carl-schmitt(eingesehen am 28.05.2018). 102 Mario Müller, Kontrakultur, S. 126 103 https://www.zeit.de/2018/15/identitaere-bewegung-halle-afd-rechtsextremismusprotest, eingesehen am 28.05.2018 82 Rechtsextremismus Regierungen in ganz Europa bewusst einen Identitätsund Kulturverlust ("Dekulturation"), woraus letztendlich ein "Großer Austausch" der Bevölkerung resultieren soll. Hier bedienen sich die Identitären bei der Theorie des französischen Rechtsintellektuellen und Vordenkers des Front National, Renaud Camus, der den Begriff "le grand remplacement" prägte. Als Teil der Verschwörung sieht die IBD die SPD: "Die SPD ist eine der entscheidenden Parteien, deren Funktionseliten seit vielen Jahren eine Politik fördern, die den Großen Austausch vorantreibt." 104 Mit ihren Äußerungen delegitimiert und diffamiert die IBD immer wieder demokratische Politiker als korrupte "Handlanger kapitalistischer Wirtschaftsinteressen", die nicht ihrem Gewissen oder Wählerauftrag folgen, sondern als Helfershelfer skrupellos an der Abschaffung des eigenen Staatsvolks mitarbeiten. Um dem "Großen Austausch" etwas entgegen zu stellen, betreibt die IBD ihre "Reconquista"-Kampagne, die die Rückeroberung vermeintlich muslimisch besetzter Gebiete in Europa einleiten soll. "Reconquista" bezeichnete ursprünglich die Vertreibung der Mauren von der iberischen Halbinsel, die 722 begann und 1492 mit der Eroberung von Granada durch die Katholischen Könige ihren Abschluss fand. Auch mit diesem Kampfbegriff stellen sich die "Identitären" in eine Linie mit den Glaubenskämpfern für ein christliches Abendland. Der Kontinent müsse - so die Identitären - zu einer "Festung Europa" ausgebaut werden, um weitere unkontrollierte Massenzuwanderung zu unterbinden. Letztendlich propagiert die IBD einen ausgrenzenden völkischen Nationalismus und paart ihn mit Fremdenund Islamfeindlichkeit. Die Fremdenbeziehungsweise Islamfeindlichkeit zeigt sich daran, dass die IBD diesen unabänderliche Wesensmerkmale (frauenfeindlich, unehrlich, machtbesessen usw.) pauschal zuschreibt. Ethnische Zugehörigkeiten werden auf diese Weise kulturalisiert und religiös überhöht, auch um an bestehende fremdenund islamfeindliche Ressentiments in der Bevölkerung anknüpfen 104 Homepage Identitäre Bewegung: "Großer Austausch", ohne Datum (abgerufen am 28.05.2018). 83 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 zu können. Hiermit richtet sich die IBD gegen die im Grundgesetz niedergelegten Freiheits-, Gleichheitsund Menschenrechte (Artikel 1 bis 4), denn im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland steht die Menschenwürde im Kern, nicht die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe. Aus Sicht der Justiz gilt die IBD als "aktivistischer Arm der Neuen Rechten".105 Seit 2014 besteht eine Regionalgruppe der IBD für die Bundesländer Berlin und Brandenburg. Nachdem sie in den ersten zweieinhalb Jahren ihres Bestehens wenig in Erscheinung trat, änderte sich die Situation im Zuge gesellschaftlicher Herausforderungen, die mit der Flüchtlingskrise ab Mitte 2015 einhergingen. Themen der IBD wie "nationale und kulturelle Identität" sowie "Islamisierung" wurden plötzlich populär. Es entstand eine Schnittmenge zwischen Rechtsextremisten und asylkritischen Bürgern, die für Ideologie und Aktionsformen der IBD durchaus empfänglich waren. Im Dezember 2015 kündigte die IBD auf ihrer Facebook-Seite an, nunmehr auch in Brandenburg aktiv werden zu wollen, und rief für das Jahr 2016 die Kampagne "Märkische Offensive" aus. Die IBD nutzte asylkritische Proteste, um ihre Botschaft zu transportieren. Im PEGIDA-Umfeld stieß sie auf ein aufgeschlossenes Publikum. Gelegentlich tauchten ihre typischen gelb-schwarzen Fahnen bei asylkritischen Demonstrationen im Land Brandenburg auf. Selten fanden kleinere Propagandaaktionen in Brandenburg statt. Es wurden jedoch mehrere Ausflüge unternommen, über die dann im Internet berichtet wurde. Große öffentlichkeitswirksame Aktionen veranstaltete die IBD jedoch in Berlin, zum Beispiel die Besetzung des Brandenburger Tores am 27. August 2016. Mit ihrem Aktivisten Robert Timm, der im Jahr 2016 die IBD-Regionalleitung übernahm, stiegen die Aktivitäten dieser Gruppierung im Jahr 2017 an. Timm, der die Gruppierung öffentlich repräsentiert und häufig über Interviews und Stellungnahmen im Internet seine Anliegen transportiert, stammt aus Berlin und studiert in Cottbus. Bevor Timm zur IBD stieß, erprobte er sich auf anderen Gebieten. Im Jahr 2013 war er einer der 105 Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 27. Juli 2017 (Az.: M 22 E 17.1861). 84 Rechtsextremismus Protagonisten der SWR-Dokumentation "Die Verführungskünstler". Timm präsentierte sich dort als einsamer, schüchterner Mann, der sich in Seminaren zum "Pick-up-Artist" ausbilden lassen will, also zum modernen Casanova, der Frauen mit eingeübten Verführungsstrategien und Psychotricks "abschleppt" und dies zu einer vermeintlichen "Kunstform" erhebt. Seinem Führungsanspruch in der IBD schadete seine "Pick-up"-Vergangenheit scheinbar nicht. Ebenso war es für Timm kein Widerspruch am 19. November 2016 einen Balkon der Bundesgeschäftsstelle von Bündnis 90/ Die Grünen in Berlin zu erklimmen, um dort per Megaphon die Stärkung der Frauenrechte einzufordern. Nunmehr als Frauenversteher beklagte Timm, dass die Politik "unsere Frauen längst vergessen" habe und stellte mit Verweis auf die vermeintlichen patriarchalischen Einstellungen von Asylsuchenden in Deutschland fest: "Wir werden für Multikulti nicht den Preis bezahlen - den Preis der Unversehrtheit und der Sicherheit unserer Schwestern, Mütter, Töchter und Freundinnen." Am 25. November 2017 wurde Timm schließlich anlässlich der 6. Konferenz für Sicherheit des Compact-Magazins mit dem Preis "Held des Widerstandes" ausgezeichnet. Als Begründung für den mit 1.000 Euro dotierten Preis wurde sein "gewaltfreier Bürgermut, sein tatkräftiger Einsatz für Deutschland und die abendländische Kultur und sein tapferes Durchhalten trotz Repressalien" angeführt. Der Lobpreis spielte auf die Teilnahme Timms an der Kampagne "Defend Europe" an. Im Rahmen dieser Kampagne haben einige Identitäre im Sommer 2017 ein Schiff, die "C-Star", gechartert, um einige Wochen im Mittelmeer zu patrouillieren. Schon nach einer Woche endete die "Mission" vor der libyschen Küste in einem Fiasko. Medienberichten zufolge sollen einige Crew-Mitglieder Asyl auf Zypern beantragt haben, es sei zu technischen Problemen gekommen. Der österreichische IB-Aktivist Martin Sellner twitterte am 06.10.2017; "wir ("Identitäre") haben nach Ende unserer bezahlten Charter das Schiff verlassen". Der Rest der Crew, entkräftete und unbezahlte Matrosen aus Sri Lanka seien in Barcelona (Spanien) vom "Roten Kreuz" versorgt worden. All das hinderte die Identitären aber nicht daran, die Aktion im Internet als einen "uneingeschränkten Erfolg" zu feiern.106 Timm war Mitglied der "C-Star"-Crew. 106 So im Video der Identitären auf der Seite "Gloria.tv", 24.08.2017 ( abgerufen am 04.06.2018). 85 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Nachdem Timm zunächst vorwiegend in seiner Heimatstadt Berlin aktiv war, vernetzte er sich im Jahr 2017 an seinem Studienort Cottbus. Am 4. Juli 2017 wurde die Gründung einer Cottbuser IBD-Gruppe bekanntgegeben. An diesem Tag demonstrierte sie bereits mit einem Banner in der Innenstadt von Cottbus und verteilte Pfefferspray an Frauen. Die Ortsgruppe Cottbus wird im studentischen Milieu der örtlichen Universität verortet und zählt etwa zehn Mitglieder. Die bislang öffentlichkeitswirksamste Aktion der IBD Cottbus ereignete sich am 20. Oktober 2017. Mehrere Personen ließen sich als Bauarbeiter verkleidet mit einer Hebebühne auf das Dach der Cottbuser Stadthalle transportieren und brachten dort zwei Transparente mit den Aufschriften "Grenzen schützen" und "Leben retten" an. Auf dem Dach posierten sie mit IBD-Fahnen. Von der Aktion wurde ein Video im Internet verbreitet. Die Stadthalle wurde gezielt ausgesucht. Auf dem Vorplatz halten sich viele Flüchtlinge auf. Zuvor hatte die Ortsgruppe im September 2017 ein Banner an der Slawenburg Raddusch (OSL) angebracht. Eine weitere IBD-Ortsgruppe gründete sich im September 2017 in Potsdam, was im Zusammenhang mit einer Banneraktion in Potsdam am 23. September 2017 bekannt gegeben wurde. Drei namentlich nicht bekannte Personen brachten am Schloss Sanssouci ein Transparent mit der Aufschrift "Merkel wählen = Terror ohne Grenzen" an. 86 Rechtsextremismus Die Ortsgruppe Cottbus ist derzeit die aktivere und größere Ortsgruppe. Der IBD in Berlin und Brandenburg werden etwa 50 Personen zugerechnet, davon kommen knapp 20 aus Brandenburg. Bei den größeren BerlinAktionen stellen Auswärtige das Gros der Teilnehmer. Ihren Bekanntheitsgrad konnte die IBD im Jahr 2017 weiter steigern und in Brandenburg eigene Strukturen gründen. Indem die IBD nicht die herkömmliche rechtsextremistische Klientel anspricht, übernimmt sie eine Art Brückenfunktion zu Akteuren der "Neuen Rechten". Seitens der IBD bestehen zudem enge Kontakte mit der Bürgerinitiative "Ein Prozent", dem Compact-Magazin und asylkritischen Bürgerinitiativen wie "Zukunft Heimat" in Cottbus. Nichtsdestotrotz stellt die IBD kein Massenphänomen dar. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen in Brandenburg wird weiterhin gerechnet. Ebenso mit dem Entstehen weiterer Ortsgruppen, insbesondere an Hochschulstandorten. Es bleibt jedoch fraglich, ob das derzeit hohe Aktivitätsniveau beibehalten werden kann, sollte das zentrale Mobilisierungsthema "Flüchtlingspolitik" in der allgemeinen Wahrnehmung an Bedeutung verlieren. Inferno Cottbus/Unbequeme Jugend Cottbus (IC99/UJC) Die rechtsextremistischen Fußball-Hooligans "Inferno Cottbus" des "1. FC Energie Cottbus" verfügen zusammen mit ihrer Nachwuchsorganisation "Unbequeme Jugend Cottbus" über ein Personenpotenzial im hohen zweistelligen Bereich. Gegen beide Gruppierungen wurde durch den "1. FC Energie Cottbus" ein Erscheinungsund Auftrittsverbot im Stadion ausgesprochen. Am 28. April 2017 kam es beim Derby zwischen dem "SV Babelsberg 03" und "Energie Cottbus" zu schweren Ausschreitungen. Rechtsextremistische Anhänger der Cottbuser Mannschaft zeigten mehrfach den "Hitlergruß" und riefen - bezogen auf die Losung am Tor des Konzentrationslagers in Auschwitz - "Arbeit macht frei, Babelsberg 03". Knapp ein Dutzend maskierte Mitglieder von "Inferno Cottbus" und der "Unbequemen Jugend Cottbus" stürmten während des Spiels den Platz, um das politisch eher als links geltende Fan-Lager des Potsdamer Vereins zu attackieren. Durch die folgende mediale Presseberichterstattung und der Furcht vor einer behördlichen Verbotsverfügung (einige Mitglieder waren bereits vom Verbot der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg ("Spreelichter")" betroffen) gab "Inferno Cottbus" am 10. Mai 2017 durch ein Statement auf 87 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Facebook seine Auflösung bekannt. Es darf davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei nur um ein Lippenbekenntnis handelt. Hinweise, dass die Gruppierung fortgeführt wird, ergaben sich beispielsweise am 1. Juli 2017, als eine große Gruppe "Inferno"-Mitglieder zusammen mit anderen Rechtsextremisten aus der Region mit mehreren Reisebussen zum "Rock für Deutschland" nach Gera (Thüringen) reisten. Dort feierte die Cottbuser Band "Frontalkraft" ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum und spielte neben den südbrandenburgischen Bands "Hausmannskost", "Convident of Victory" sowie "Frontfeuer". Ebenfalls besuchten "Inferno"Mitglieder gemeinsam am 14. Oktober 2017 das höchst konspirativ vorbereitete rechtsextremistische Kampfsportturnier "Kampf der Nibelungen" am 14. Oktober 2017, welches in der Halle des Schützenvereins in Kirchhundem (Nordrhein-Westfalen) mit ca. 600 Teilnehmern stattfand. Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW) Die "KSKW" gehört ebenfalls zu den Gruppierungen, die sich durch das Tragen von Lederkutten innerhalb der Szene nach außen präsentieren. Ihr gehören 10 bis 15 Rechtsextremisten aus Frankfurt (Oder), Beeskow (LOS) und Sachsen-Anhalt an. Ein Teil der Beeskower Mitglieder gehört ebenfalls der rechtsextremistischen Band "Frontfeuer" an. Die Gruppierung hat einen ehemaligen Luftschutzbunker im Zentrum von Frankfurt (Oder) als Clubhaus angemietet und nutzt ihn für Szeneevents wie zum Beispiel ein Konzert am 2. September 2017, das polizeilich aufgelöst werden konnte. Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB) Bis Januar 2014 stand die Abkürzung KMOB für "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim". Auch wenn die Gruppierung offiziell im Jahr 2010 nach einem vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahren die Auflösung bekannt gab, waren fortlaufend Aktivitäten der Kameradschaft festzustellen. Im Februar 2014 traten die Angehörigen der KMOB geschlossen in "DIE RECHTE" ein und bildeten den "Kreisverband Märkisch-Oderland-Barnim". Praktischerweise konnte damit das "Label" KMOB beibehalten werden. Bewusst nutzen die Kameradschaftsmitglieder das besondere Parteienprivileg des Grundgesetzes, um einem möglichen Vereinsverbot zu entgehen. Die Führungsperson der damaligen Kameradschaft, Robert Gebhardt, wurde auch 88 Rechtsextremismus Vorsitzender des Kreisverbandes. Im Jahr 2017 wurde er zudem Landesvorsitzender von "DIE RECHTE" und ist in dieser Funktion auch Mitglied des Bundesvorstandes. Märkische Skinheads 88 (MS88) Die aus der Region Oberhavel stammende Gruppierung "Märkische Skinheads 88" (MS88) ist seit 2011 bekannt und insbesondere in der Konzertszene aktiv. Führende Aktivisten sind zugleich Mitglieder im NPD-Kreisverband Oberhavel. Die Gruppierung ist unter anderem an der Organisation und Durchführung von Konzerten und Musikveranstaltungen beteiligt. Hier spielt insbesondere Robert Wolinski und dessen Veranstaltungsdienst "MVD" eine tragende Rolle. So waren die "MS88" beispielsweise im Jahr 2014 für ein Konzert in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) sowie ein Konzert in Staupitz (Sachsen) verantwortlich. Nachdem es im Jahr 2015 wieder ruhiger um die Gruppierung geworden war, wurden die "MS88" mit Liederabenden am 29. Januar 2016 in Mecklenburg-Vorpommern und am 30. Januar 2016 in der Region Oranienburg (HVL) wieder aktiv. Auch im Jahr 2017 setzten die "MS88" diese Konzertaktivitäten und die Übernahme von Ordnerdiensten fort, so zum Beispiel am 25. März 2017 bei einem Konzert in Mitteldeutschland und am 4. November 2017 in Staupitz. Northsidecrew (NSC) Der rechtsextremistische Kampfsportverein "Northsidecrew" (NSC) hat rund zehn Mitglieder und verfügt in Lübben (LDS) mit der ehemaligen Diskothek "Players" über eigene Trainingsund Clubräume. Die "NSC" ist in der regionalen rechtsextremistischen Szene Südbrandenburgs besonders mit der rechtsextremistischen Fußballhooligan-Szene aber auch darüber hinaus gut vernetzt und führt in unregelmäßigen Abständen Szene-Veranstaltungen in ihren Trainingsräumen mit mehreren Dutzend Teilnehmern durch. Die Kämpfer der "NSC" treten regelmäßig als Team für die rechtsextremistischen Bekleidungslabel "Black Legion" und "Greifvogel Wear" bei dem jährlich konspirativ organisierten, rechtsextremistischen Kampfsportturnier "Kampf der Nibelungen" an. 89 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2.3 Rechtsextremistische Hassmusik Rechtsextremistische Hassmusik ist das verbindende und identitätsstiftende Element der Szene. Sie ist häufig der erste Berührungspunkt für Jugendliche und bereitet deren Einstieg vor. Dabei fungiert die Musik als Vehikel, um das neonationalsozialistische Gedankengut zu transportieren. Die verschiedenen Versatzstücke der rechtsextremistischen Ideologie werden in der Musik in griffigen Parolen und Slogans verpackt. Die Bandbreite der Liedtexte ist entsprechend groß. Sie reicht von antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Inhalten über die germanische Mythologie und White-Supremacy-Überlegungen bis hin zu antidemokratischen sowie systemfeindlichen Hetzereien und der Verherrlichung des historischen Nationalsozialismus. Der "Soundtrack" des Rechtsextremismus umfasst mittlerweile eine Fülle von Genres, wie zum Beispiel Hardcore, Blackmetal, Hiphop, Rap, Soldatenund Heimatlieder. Die verschiedenen Musikstile haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr vervielfältigt. Ausgehend von althergebrachter Skinheadmusik übernahmen rechtsextremistische Musiker bald auch Heavy Metal-Elemente und luden diese mit politischen Inhalten auf. Inzwischen sind aber auch Rap oder Hiphop en vogue. Zunehmend gewinnen auch weibliche Interpreten beziehungsweise Liedermacher an Einfluss in der Musikszene. Musik von Rechtsextremisten dient nicht selten als Bindeglied, Erlebniswelt und Orientierung ihrer meist jungen Hörer. Insbesondere die zumeist konspirativ vorbereiteten und durchgeführten Konzerte haben eine immense Bedeutung für den Szene-Zusammenhalt. Die Musik hat damit eine gemeinschaftsstiftende Funktion und hat sich als probates Lockmittel erwiesen, um neue Anhänger an das rechtsextremistische Gedankengut heranzuführen. Zudem ist das Veranstalten von Konzerten häufig die einzige Möglichkeit für rechtsextremistische Gruppierungen, Geld zu generieren, das für den politischen Kampf benötigt wird. Auch wenn sich die Zahl der rechtsextremistischen Bands im vergangenen Jahr auf 20 (2016: 24) verringerte und die Zahl der Liedermacher auf 13 zurückging (2016:14), konnte die Musikszene im Jahr 2017 ihr hohes Aktivitätslevel dennoch weitestgehend halten. 90 Rechtsextremismus Trotz des hohen Drucks der Sicherheitsbehörden erhöhten sich die Konzertaktivitäten im Jahr 2017 leicht. Im Vergleich zu anderen Bundesländern bewegen sich die Zahlen jedoch weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. 2017 konnten fünf Konzerte (2016: 2) durchgeführt werden. Zwei Konzerte wurden im Vorfeld verhindert (2016: 5). Darüber hinaus fanden sieben Liederabende statt (2016: 6). Die Produktion neuer Tonträger ist mit zehn Veröffentlichungen gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (2016: 12). Im bundesweiten Vergleich sind Aktivitäten brandenburgischer Bands jedoch hoch. Das wird unter anderem durch die Nähe zu Sachsen begünstigt, denn im dortigen Torgau (Ortsteil Staupitz) befindet sich nahe der Landesgrenze ein Konzertort von bundesweiter Bedeutung, in dem auch 2017 wieder regelmäßig Aktivitäten stattfanden. Organisatoren, Bands und Ordner aus Brandenburg sind an den Auftritten seit Jahren beteiligt. So ist es nicht verwunderlich, dass im Jahr 2017 das Cottbuser Musiklabel "Rebel Records" sowie weitere Personen aus Brandenburg, vorrangig aus dem Landkreis Oberhavel, Staupitz als Veranstaltungsort auswählten. Rechtsextremistische Bands und Liedermacher Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 1993 - 2017 - ohne Liedermacher - 30 25 26 26 25 24 24 23 23 22 20 20 15 13 10 9 5 4 0 1993 2002 2005 2007 2008 2009 2010 2011 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. 91 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Die brandenburgischen Bands waren auch im übrigen Bundesgebiet weiter szeneintern gefragt. Insbesondere nach den Auftritten der Bands "Confident of Victory" (OSL), "Exzess" (MOL), "Frontalkraft" (CB) am 15. Oktober 2016 vor 5.000 Besuchern in der Schweiz folgten 2017 erneut große Auftritte: * 15. Juli 2017: "Rock gegen Überfremdung II", Themar (Thüringen), 6.000 Besucher, Band: Uwocaust * 28. Oktober 2017: "Rock gegen Links", Themar (Thüringen), 1.000 Besucher, Bands: Frontalkraft, Confident of Victory, Hausmannskost * 29. Juli 2017: "Rock für Identität", Themar (Thüringen), 1.000 Besucher, Band: Frontalkraft * Juli 2017: Rock für Deutschland "25 Jahre Frontalkraft", Gera (Thüringen), 1.000 Besucher, Bands: Frontalkraft, Confident of Victory, Hausmannskost, Frontfeuer 92 Rechtsextremismus Folgende Bands aus Brandenburg waren im Jahr 2017 aktiv107: * Aryan Brotherhood (A.B.); Potsdam * Barbaren; LOS (Neuaufnahme für 2017) * Burn Down (B.D.); Potsdam * Confident of Victory (C.O.V.); OSL * Deathfeud; LDS * Exzess; MOL * Frontalkraft (FK); Cottbus * Frontfeuer; LOS * Feuer Frei; ohne regionale Zuordnung / einige Bandmitglieder kommen aus dem Bereich LOS * Handstreich (inkl. das Projekt Natürlich); Potsdam * Hausmannskost (HMK); Cottbus * Outlaw; OSL * Preussen Revolte; BAR (Neuaufnahme für 2017) * Raritäten (vormals Exempel); BAR * Skrew You; LOS * Stahlhelm; ohne regionale Zuordnung (Neuaufnahme für 2017) * Stonehammer; LOS * Skindogs; LOS (Neuaufnahme für 2017) * Uwocaust und Helfershelfer beziehungsweise Uwocaust und RAConquista108 (vormals auch Uwocaust und alte Freunde); Potsdam * Volkstroi; LOS Die Bands "Blutflagge" (LOS), "Jungvolk" (UM), "Mogon" (LOS), "Projekt 8.8" (LOS), "Tätervolk" (MOL), "Tätervolks Stimme" und "Söhne Potsdams" (MOL/Potsdam), "Treueschwur" (PM) und "Wolfskraft" (LOS) waren im Jahr 2017 inaktiv. 107 "Aktiv" umfasst die Teilnahme an einem Konzert einer Tonträgerproduktion oder einer Online-Aktivität. 108 RAC steht für "Rock Against Communism". 93 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Von folgenden Liedermachern wurden 2017 Aktivitäten festgestellt109: * AK - Solingen (47); Cottbus * Artgerecht; ohne regionale Zuordnung (Wiederaufnahme für 2017) * Björn Brusak; Frankfurt (Oder) * Brenner; SPN * Fylgien; UM * Griffin; LOS * Heimattreue (Duo); ohne regionale Zuordnung * Martin; Potsdam * Mike; OPR * Preußen Standarte; ohne regionale Zuordnung * Son of the Wind (S.o.W.); BAR, vormals Recht auf Wahrheit (R.a.W.); trat mit dem rechtsextremistischen Berliner Liedermacher Villain 051 und als Trio zusätzlich mit Evil Goat aus Oberhavel unter dem Namen A3stus auf; im September 2017 erfolgte die Auflösung von Son of the Wind110 * Sten; Cottbus * Toitonicus (auch als Preussen.Wut und Thomas aktiv); HVL Von der Liedermacherin "Morgenröte" (OPR) sowie dem Liedermacher "Marci" (MOL) wurden 2017 keine Aktivitäten festgestellt. Alle genannten Bands sowie Liedermacher verbreiten - teils offen, teils verdeckt - rechtsextremistische, antisemitische sowie fremdenfeindliche Propaganda, hetzen gegen ihre politischen Gegner oder die staatliche Gewalt und stacheln zu Gewalt an. Auf Konzerten kommt es immer wieder zu strafbaren Handlungen, wie dem Rufen von "Sieg Heil" und "Heil Hitler". Auch der verbotene Hitler-Gruß wird gezeigt. Alle Bands und Liedermacher aus dem Land Brandenburg pflegen zudem regelmäßigen Kontakt zu anderen rechtsextremistischen Gruppierungen. Bands und Liedermacher können sich langfristig nur etablieren, wenn sie 109 "Aktiv" umfasst die Teilnahme an einem Konzert einer Tonträgerproduktion oder einer Online-Aktivität. 110 Schreibweise im Original. 94 Rechtsextremismus über geeignete Proberäume und Unterstützung von bekannten Bands und Musikern verfügen. Vor allem der Vertrag mit bekannten Musiklabels ist sehr wichtig. Für die rechtsextremistische Musikszene bedeutsame Label wie "Rebel Records", "Opos Records" (beide aus Brandenburg) und "PC Records" (Sachsen) sorgen dafür, dass die Bands ihre Botschaften bei Konzerten oder über Tonträgerveröffentlichungen an das Publikum bringen können. Vertriebe Folgende rechtsextremistische Vertriebsund Tonträgerproduktionsstrukturen sind im Land Brandenburg ansässig: * Erik & Sons (Königs Wusterhausen, LDS): Textil-Label * Exzess Records (Strausberg, MOL): Label, Vertrieb * Fylgien-Versand (Templin, UM): Vertrieb * Opos Records inklusive Textil-Label Greifvogel-Wear (Lindenau, OSL): Label, Vertrieb * Rebel Records inklusive Textil-Label Black Legion (Cottbus): Label, Vertrieb, Ladengeschäft * Zentralversand (Chorin, BAR): Vertrieb 95 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rechtsextremistische Bands, Liedermacher und Vertriebe in Brandenburg PR 3 OPR OHV 9 BA 13 HVL 13 Liedermacher 1 3 1. AK - Solingen (47) 2. Artgerecht 10 19 3. Björn Brusak 8 1 4. Brenner PM 5. Fylgien TF 6. Griffin 7. Heimattreue (ohne regionale Zuordnung) Vertriebe 8. Martin 1. Erik & Sons 9. Mike 2. Exzess Records 10. Preußen Standarte 3. Fylgien-Versand (ohne regionale Zuordnung) 4. Opos Records, 11. Son of the Wind EE Greifvogel-Wear 12. Sten 5. Rebel Records, Black Legion 13. Toitonicus 6. Zentralversand 96 Rechtsextremismus Bands 1. Aryan Brotherhood (A.B.) 5 UM 2. Barbaren 3. Burn Down (B.D.) 4. Confident of Victory (C.O.V.) 5. Deathfeud R 6 6. Exzess 3 11 7. Frontalkraft (FK) 14 8. Frontfeuer 9. Feuer Frei MOL (ohne regionale Zuordnung) 2 6 14 10. Handstreich 11. Hausmannskost (HMK) 12. Outlaw 3 13. Preussen Revolte 1 LOS 2 8 15 14. Raritäten 17 18 20 15. Skrew You LDS 6 16. Stahlhelm 5 17. Stonehammer SPN 4 18. Skindogs 19. Uwocaust und RAConquista OSL 7 12 20. Volkstroi 4 12 11 1 5 4 97 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 OPOS Records Mit "OPOS Records" ("One People One Struggle") und "GreifvogelWear" haben zwei der umsatzstärksten rechtsextremistischen Musikbeziehungsweise Streetwearlabels ihren Sitz in Brandenburg. Beide wurden zuvor viele Jahre in Dresden betrieben und 2016 nach Lindenau (OSL) verlegt. Der Besitzer beider Labels, der Rechtsextremist Sebastian Raack, hat dort eine Immobilie erworben und betreibt zusätzlich noch die "Parkgaststätte" samt angeschlossener "Pizzeria 18". In Ortrand (OSL) ist er Mitbesitzer eines zentral im Ortskern gelegenen Hotels. "OPOS Records" gilt als eines der umsatzstärksten rechtsextremistischen Musiklabels in Deutschland. Raack selbst ist einer der wesentlichen Organisatoren der europäischen Rechtsrockszene, deren Veranstaltungen er großzügig unterstützt. Das von Raack etablierte Rechtsrock-Netzwerk "One Family", in dem über fast zwei Jahrzehnte lang viele Bandprojekte entstanden und kommerzialisiert wurden, reicht weit in andere Bundesländer hinein. Mit seiner Kampfsportgruppe "Greifvogel Eskadron" mischt er ebenfalls in der rechtsextremistischen Kampfsportszene mit. 2017 trat sie beim bislang größten Ereignis der rechtsextremistischen Kampfsportszene, dem "Kampf der Nibelungen" in Nordrhein-Westfalen auf. Unterstützt wurde "Greifvogel Eskadron" durch einen Kämpfer der rechtsextremistischen Kampfsportgruppe "Northsidecrew" aus Lübben. Raack sieht in den rechtsextremistischen Kampfsportbünden eine Art Vorkämpfer für die "Volksgemeinschaft": "Die Zusammenkunft wahrhaft wehrhafter Deutscher sowie Brüder und Schwestern über alle Ländergrenzen hinweg ist im erwachenden Teil unserer Volksgemeinschaft nicht mehr wegzudenken." "Volksgemeinschaft" ist ein zentraler Begriff der Ideologie des Nationalsozialismus. Er steht programmatisch für die Idee des nationalen Sozialismus. Das Volk als Rasseund Weltanschauungsgemeinschaft soll sich geschlossen hinter seinem Führer versammeln. Durch Gleichschaltung der öffentlichen Meinung und durch ein konsequent nationalsozialistisches Erziehungssystem sollte die Volksgemeinschaft verwirklicht werden. 98 Rechtsextremismus Der rechtsextremistische Unternehmer geht jedoch noch einen Schritt weiter. Er lässt über Bilder, Aufschriften und auf den von ihm vertriebenen Produkten, Online-Werbung für seine rechtsextremistischen Tonträger und Twitter-Statements deutlich erkennen, welches Ziel er letztendlich anstrebt. Er propagiert die "Volksgemeinschaft" nicht nur als Rassegemeinschaft, sondern auch als Weltanschauungsgemeinschaft mit dem Anspruch, aktiv die Gesellschaft nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten: "Radikale Krieger unserer Art formen sich nicht in verrauchten Hinterzimmern und bierseligen Gelagen. Sie formen sich dort, wo kein Platz ist für Blender und Maulhelden! Marschiert ins Gebirge, in die Wälder, geht in Euch und tankt Energie für die Zeiten, die da kommen werden. Oder rein in die Städte und zeigt Flagge, daß unsere Botschaft in den Straßen und Gassen wahrgenommen wird. 'Der Gott, der Eisen wachsen lässt, der wohnt in jedem von uns selbst!" Im rechtsextremistischen Magazin "N.S. heute" propagiert der Rechtsextremist in einem Interview: "Von Gewichte stemmen alleine wird kein Volkskörper gesund und es gehört schon mehr dazu, als zu meinen, nur durch die Leibeszucht wäre die Zukunft unserer Art gesichert. Ganz allgemein sprechen wir in unseren Aussagen die Betätigungsfelder Kraftsport, Kampfsport und das Erweitern der geistigen Ebene aus der Sicht eines Kriegers und Soldaten an, dessen tägliche Pflicht darin besteht, sich unabhängig durch Training wehrhaft und gesund zu halten[...]." Als ehemaliges Mitglied und Kontaktperson des verbotenen rechtsextremistischen Musiknetzwerkes "Blood & Honour" in Brandenburg spielt Raack mit solchen Aussagen auch auf die paramilitärische Gruppe "Combat 18" an, die sich selbst als der "offiziell bewaffnete Arm von 99 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Blood & Honour" bezeichnete. "Blood & Honour" verstanden die Mitglieder des Netzwerkes als "pan-arische Bewegung des weißen Widerstandes", das gegen zionistisch-okkupierte" Regierungen kämpfen würde. "Combat 18" orientierte sich am Modell der "Leaderless Resistance" (Führungsloser Widerstand). Über den Kampfsport hält Raack auch Verbindungen zu den Hammerskins, einer international vernetzten Skinhead-Gruppierung, die 1986 in den USA gegründet wurde. Die rassistische, elitär und antidemokratische "White Supremacy"-Doktrin (Vorherrschaft der Weißen) der Hammerskins spiegelt sich auch in der sich jugendaffin und rebellisch gebenden Streetwear-Kollektion von "Greifvogel-Wear" und den MerchandiseProdukten von "OPOS Records" wieder. Ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Hammer-Philosophie" wirbt unter Anspielung auf die "Hammer-Philosophie" des Philosophen Friedrich Nietzsche für die Zertrümmerung demokratischer und bürgerlicher Werte. Nietzsche gilt Rechtsextremisten als der große Zerstörer angeblich überlebter Werte und überkommener abendländischer, liberal-demokratischer Moral. Seine Überlegungen zum "Übermenschen" und zum "Willen zur Macht" werden von Rechtsextremisten in einem elitären und antidemokratischen Sinne interpretiert. Ein weiteres T-Shirt bewirbt die von OPOS produzierte Band "Brainwash" mit dem Zusatz "Brotherhood". Das ist eine Anspielung auf die "White Supremacy"-Ideologie der rechtsextremistischen Bruderschaften. Auf einem Werbetrailer der rechtsextremistischen Band "14 Sacred Words" blendet Raack die "Fourteen Words" (14 Worte) ein. Diese sind eine verschleiernde Umschreibung für einen verbreiteten Glaubenssatz von Neonationalsozialisten: "We must secure the existence of our people and a future for White children" ("Wir müssen die Existenz unseres Volkes und die Zukunft für die weißen Kinder sichern."). Als Erfinder der "Fourteen Words" gilt der amerikanische Rechtsterrorist David Lane. Raacks musikalische Produktpalette wurden bereits 25 Mal von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert, das heißt, die Produkte sind dazu geeignet, Kinder und Jugendliche in ihrer geistigen und sittlichen Entwicklung zu stören. Sie dürfen weder beworben noch vertrieben werden. 100 Rechtsextremismus Raack nutzt die "Parkgaststätte" in Lindenau, um seinen Aktivitäten einen unauffälligen, normalen und bürgerlichen Anstrich zu geben. Am 28. Oktober 2017 veranstaltete er ein Konzert mit der "Böhse Onkelz"-Coverband "28". Was der Rechtsextremist verschwieg: Drei der Bandmitglieder spielen ebenfalls in den rechtsextremistischen Hassmusik-Bands "Faust" und "Oidoxie". In der Öffentlichkeit spielte er diesen Vorfall herunter: "Was die einzelnen Bandmitglieder noch so in ihrer Freizeit machen, entzieht sich meiner Kenntnis", schrieb er an den "Rundfunk Berlin-Brandenburg", der am 11. Februar 2018 einen Bericht mit dem Titel "Neonazi Sebastian Raack unterwandert Lindenau" ausgestrahlt hatte. Kurz zuvor hatte Raack auf seinem Label noch eine CD der rechtsextremistischen Band "Faust" produziert und in den sozialen Medien beworben. Auf dem Konzert "Rock gegen Links" am 28. Oktober 2017 in Themar (Thüringen) traten nicht nur rechtsextremistische Bands aus Brandenburg auf. Auch der Szenevertrieb "Rebel Records" und das Textil-Label "Black Legion" hatten einen Verkaufsstand. Am 1. Juli 2017 beim "Rock für Deutschland" in Gera (Thüringen) und am 29. Juli 2017 in Themar (Thüringen) war das Textil-Label "Black Legion" ebenfalls mit einem Verkaufsstand vor Ort. Bei letzterem Konzert waren zudem das Textil-Label "Greifvogel-Wear" und das Musiklabel "Rebel Records" mit Verkaufsständen vertreten. 101 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Der Vertrieb "Opos Records" macht aus seiner Verbundenheit mit dem Nationalsozialismus keinen Hehl. So findet man beispielsweise folgendes Bekleidungsstück im Sortiment: Der ehemals in Perleberg (PR) ansässige Vertrieb "Itsh84u"-Streetwear111 verlagerte seinen Sitz im vergangenen Jahr nach Vlotho (Nordrhein-Westfalen). Wie auch in den vergangenen Jahren führten die Aktivitäten der rechtsextremistischen Vertriebe zu polizeilichen Maßnahmen. Betroffen war am 20. September 2017 der "Fylgien-Versand" (Templin, UM). Es wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen SS 130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) eingeleitet. Anlass waren die Tonträger der Band "Erschießungskommando". Im Titel "Blut und Ehre" singen sie unter anderem: "Blut und Ehre treu und stolz auf der Brust das Hakenkreuz Uns zwingt niemand auf die Knie Bis zum Tode Widerstand für Ehre Heimat Volk und Land Aufgeben werden wir nie" Und im Titel "An allem sind die Juden Schuld" heißt es: "Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Libyen, Afghanistan, Syrien, Ukraine, Nordkorea und Vietnam Kosovo, Irak, Kambodscha, Jordanien, Nicaragua, Pakistan, El Salvador, alles Kriege made by JewSA" 111 "Itsh84u" steht für "It's hate for you" (Es ist Hass für Dich). 102 Rechtsextremismus Kehrreim: "An allem sind die Juden Schuld, die Juden sind an allem Schuld Es ist bewiesen, sie sind dran Schuld, an allem Bösen sind die Juden Schuld und sind sie auch einmal nicht Schuld, sind sie trotzdem mit dran Schuld es bleibt wie's ist auf dieser Welt, an allem sind die Juden Schuld Klimawandel, Drogenhandel, Ebola und linke Skins Nine eleven, Bilderbergtreffen, Pazifismus, Zinseszins, Flüchtlingsströme, Mannheims Söhne, Kreuzberg, Neukölln, Charlottenburg, Nagilaflaschen112, Dönertaschen, Michel Friedmanns Geburt Koschere Schächtung, meine Handyrechnung, Angela Merkel und Hollywood Pharmaindustrie, Pädophilie, Aids, Krebs, Durchfall und Fastfood CDU, SPD, Grüne, und die Antifa und selbst jetzt nach dieser Scheibe der ermittelnde Staatsschutzkommissar" Auch gegen das in Königs Wusterhausen (LDS) ansässige TextilLabel "Erik & Sons" wurde am 14. Juni 2017 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen SS 130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) eingeleitet. Anlass war das T-Shirt mit dem Aufdruck "Wo Unkraut gedeiht, wird Jäten zur Pflicht". Darunter sind Pflanzen zu sehen, in welchen eine Menora, ein Davidsstern und ein Hut mit angehängten Schläfenlocken abgebildet sind. 112 Koscherer Wein 103 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Am 16. Januar 2017 wurden vor dem Amtsgericht Tiergarten (Berlin) die Bandmitglieder von "A3stus", unter ihnen der Liedermacher "Son of the Wind" (BAR), verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, durch die Verbreitung und Veröffentlichung des von ihnen aufgenommenen und produzierten Liedes "Gegen die Pest" auf der "A3stus"-CD "Wehret den Anfängen" gegen eine religiöse und durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe sowie gegen Teile der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt und zu Gewalt aufgefordert zu haben. Sie wurden wegen Volksverhetzung beziehungsweise Beihilfe zur Volksverhetzung zu 90 und 150 Tagessätzen verurteilt. Im Song heißt es: "Ich guck mich um in den Straßen meiner Mutterstadt, Ich frag mich jeden Tag: 'Wer hat sie kaputtgemacht?' Wenn die Kanaken-Banden Drogen oder Waffen ticken, Stirbt ein Stück Kultur. Wann haben wir die Faxen dicke? Es geht nicht weiter so, wir müssen das Land befreien, Zusammenhalten, Bruder, nur so kannst du was erreichen. Wenn wir, die Fahne haltend, unverblümt zum Kampfe schreiten, Geht die Welt in Deckung. Wir müssen dieses Pack zerreißen Noch lohnt es sich zu wehren gegen ihre Tyrannei, Bald kannst du nichts mehr tun, dann haben die ihr Ziel erreicht. Dann steht der Plan der Weisen auf dem Deutschen Bundestag, Ticktack im Sekundentakt - Hört ihr nicht eure Stunde schlagen? Die Protokolle113 sind geschrieben, nichts ist mehr echt. Die Weisen von Zion haben sich durchgesetzt. Wir müssen zusammenhalten gegen die Pest, Wir sind alle bald tot, ob links oder rechts Ich richte mein Wort ans Volk - Deutsche, wehrt euch!114 Sie hassen jeden, horten Gold. Ja, ihr beschwert euch. Doch wenn es heißt: Bewegt den Arsch auf die Street, 113 Bei den "Protokollen der Weisen von Zion" handelt es sich um eine antisemitische Fälschung. Sie wurde 1903 in Russland verfasst, um eine angebliche jüdische Weltverschwörung zu belegen. 114 "Deutsche! Wehrt euch!" war die Losung der NSDAP, mit der am 1. April 1933 zum Boykott jüdischer Einrichtungen und Geschäfte aufgerufen wurde. Dabei kam es zu zahlreichen Übergriffen auf Juden und Personen, die dafür gehalten wurden. 104 Rechtsextremismus Habt ihr was Besseres zu tun, zum Beispiel Karten zu spielen. Hier hört man viel Gerede vom Kampf für Freiheit, Doch ihr scheißt euch ein, hier im Land der Feigheit. Deutsche Emanzipation, jeder nennt sich 'Patriot', Deutscher Hass ist tot und das Land erstickt an Atemnot. Das Erbe deiner Ahnen verkommt, dein Glaube ist gebrochen, Es war alles umsonst, sie sind für nichts gestorben. Weiße Kreuze stehen ungeehrt in aller Welt. Wo ist der Kampfgeist der Germanen, der unsere Feinde in den Schatten stellt?" Der an der Produktion der CD beteiligte Inhaber des Plattenlabels "Abendland-Records" ist mittlerweile von Berlin nach Wandlitz (BAR) gezogen. Das Plattenlabel "Abendland-Records" ist jedoch seit Frühjahr 2015 inaktiv. Die Internet-Seite ist nicht mehr erreichbar, die Facebook-Seite wurde zuletzt im Februar 2015 aktualisiert. Konzertgeschehen und Liederabende: Im Jahr 2017 fanden insgesamt fünf rechtsextremistische Konzerte im Land Brandenburg statt. Zwei Konzerte konnten im Vorfeld verhindert werden, eines wurde aufgelöst. Damit bewegt sich das Konzertgeschehen115 in Brandenburg trotz des Anstieges auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau. * 27. Januar 2017 in Lübben (LDS) * 29. April 2017 in Potsdam, 100 Teilnehmer * 2. September 2017 in Motzen (LDS) mit dem Liedermacher Brusak und der Band Feuer Frei, 40 Teilnehmer * 2. September 2017 (aufgelöst) in Frankfurt (Oder) * 2. September 2017 (verhindert) in Teschendorf (OHV) * 9. September 2017 im Bereich Strausberg (MOL) mit der Band Feuer Frei * 14. Oktober 2017 in Motzen (LDS) * 11. November 2017 (verhindert) in Cottbus mit der Band Frontalkraft 115 Teilnehmerzahlen soweit bekannt 105 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rechtsextremistische Konzerte 1993 - 2017 - inklusive der aufgelösten / ohne verhinderte / ohne Liederabende - 20 15 14 10 9 9 9 7 5 5 4 4 1 1 2 2 0 1993 1998 2003 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Im Jahr 2017 fanden sieben Liederabende statt: * 28. Januar 2017 in Wandlitz (BAR) mit Son of Wind (S.o.W.), 60 Teilnehmer * April 2017 in der Uckermark * 3. Juni 2017 in Neuruppin (OPR) mit Frank Rennicke (Bayern) * 26. August 2017 in Rathenow (HVL) mit Flak, 50 Teilnehmer * 8. September 2017 im Landkreis Oberhavel * 2. Oktober 2017 in Motzen (LDS) * 16. Dezember 2017 in Bad Freienwalde (MOL) mit Oiram, 35 Teilnehmer Zahlreiche brandenburgische Bands und Liedermacher traten im Jahr 2017 bundesweit und zum Teil auch im Ausland auf. Ebenso waren brandenburgische Rechtsextremisten in die Konzertorganisation, vorrangig im Land Sachsen, eingebunden. Drei der zehn Konzerte in Staupitz (Sachsen) wurden von brandenburgischen Rechtsextremisten mitorganisiert. Sie waren Veranstalter und stellten Ordner. Datum VeranstaltungsBandname / Liedermacher / Teilort Organisation nehmer 04.02.2017 Staupitz Frontfeuer (LOS) ca. 200 (Sachsen) 25.03.2017 Staupitz Personen aus OHV und Cottbus ca. 230 (Sachsen) waren in Organisation und/oder Ordnerdienste eingebunden 106 Rechtsextremismus 16.04.2017 Staupitz Uwocaust (Potsdam) ca. 250 (Sachsen) 22.04.2017 Tschechien Exzess (MOL) k.A. 28.04.2017 Sachsen Hausmannskost (Cottbus) k.A. 17.06.2017 Weißwasser Feuer Frei (LOS) k.A. (Sachsen) 01.07.2017 Gera Frontalkraft (Cottbus), Confica. 1.000 (Thüringen) dent of Victory (OSL), Hausmannskost (Cottbus), Frontfeuer (LOS) 15.07.2017 Themar Uwocaust (Potsdam) ca. 6.000 (Thüringen) 29.07.2017 Themar Frontalkraft (Cottbus) ca. 1.000 (Thüringen) 16.09.Wittenberg AK - Solingen (47) (Cottbus), k.A. 17.09.2017 (Sachsen-Anhalt) Heimattreue 07.10.2017 Italien Frontalkraft (Cottbus) k.A. 07.10.2017 Bad Wurzach Stonehammer (LOS) k.A. (Baden-Württemberg) 28.10.2017 Themar Frontalkraft (Cottbus), Hausca. 1.000 (Thüringen) mannskost (Cottbus), Confident of Victory (OSL) 04.11.2017 Staupitz Hausmannskost (Cottbus), ca. 250 (Sachsen) Exzess (MOL); Personen aus OHV und Cottbus waren in Organisation und/oder Ordnerdienste eingebunden 02.12.2017 Horka (Sachsen) Frontalkraft (Cottbus), Hausca. 300 mannskost (Cottbus), Confident of Victory (OSL); Personen aus Brandenburg waren in die Organisation eingebunden 09.12.2017 unbekannt Confident of Victory (OSL) ca. 500 29.12.2017 Staupitz Hausmannskost (Cottbus); Perca. 230 (Sachsen) sonen aus Brandenburg insbesondere aus dem Raum Cottbus waren in Organisation und/oder Ordnerdienste eingebunden 107 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Tonträger Produktion und Vertrieb von Tonträgern erfolgen meist über rechtsextremistische Musiklabel. Sie stellen Aufnahmetechnik zur Verfügung und verkaufen Tonträger über das Internet sowie in Ladengeschäften. Wie in den letzten Jahren waren "PC Records" in Chemnitz (Sachsen) und "Rebel Records" ("The Devils Right Hand Store") in Cottbus für die brandenburgische Szene ein wichtiger Auflaufpunkt. Ein weiterer wichtiger und einflussreicher Vertrieb ist "One People One Struggle Records" (OPOS Records) in Lindenau (OSL). An zehn Tonträgern (2016: 11) waren 2017 rechtsextremistische Musiker aus Brandenburg beteiligt. Lfd. Bandname Titel Art Hersteller Nr. 1 Aryan Brother"Brutal Charmant CD PC Records hood und schön Fana(Sachsen) tisch" 2 Burn Down, "Gift für die Ohren CD Märkische X.x.X Teil 2" (2017) Skinheads 88 (OHV) 3 Barbaren "komA" CD PC Records (Sachsen) 4 Uwocaust, "Die Söhne PotsCD PC Records Handstreich dams V" (Sachsen) 5 PORNO "Elend und Zerfall" CD Oldschool Re(mit Unterstütcords (Bayern) zung u. a. von Exzess) 6 u. a. mit Fylgien, "Punikoff Vol.I" CD PC Records Natürlich, (Sampler) (Sachsen) Uwocaust & Die Söhne Potsdams 7 Volkstroi "Die Weiße" CD PC Records (Sachsen) 8 u. a. mit Burn "(Gross) Berliner CD FrontMusik/ Down und Ensemble - Melodie Gjallarhorn Uwocaust für Millionen" Klangschmiede (Sachsen) 108 Rechtsextremismus 9 Preussen "Handeln, nicht philoCD Germania Revolte sophieren" Versand (Thüringen) 10 Raritäten "Schöne heile Welt" CD Germania Versand (Thüringen) Fazit Rechtsextremistische Musik aus Brandenburg erwies sich im Jahr 2017 erneut als unrühmlicher Exportschlager. Auch wenn die Zahl der Bands weiter rückläufig ist, sind Musiker aus Brandenburg in der rechtsextremistischen Szene weiterhin tonangebend und mischen bei allen großen Events mit. Das vergangene Jahr stand im Zeichen der Rückkehr rechtsextremistischer Großkonzerte. Nachdem die Szene bereist Ende 2016 mit über 5.000 Besuchern in der Schweiz feierte, wurden die Konzerte in Themar und Gera (beide Thüringen) zum Anziehungspunkt für Rechtsextremisten aus ganz Deutschland. Immer mit dabei: Musiker aus Brandenburg. Bands wie "Uwocaust", "Frontalkraft", "Hausmannskost", "Confident of Victory" oder "Frontfeuer" haben mittlerweile in der Szene ein Standing, dass sie aus dem "Line Up" rechtsextremistischer Festivals nicht mehr wegzudenken sind. In Brandenburg blieb das Konzertgeschehen erneut überschaubar. Der hohe Druck der Sicherheitsbehörden wurde konsequent aufrechterhalten. Auch im Jahr 2017 konnten erneut rechtsextremistische Konzerte verhindert beziehungsweise aufgelöst werden. Das strikte Vorgehen des Rechtsstaates zeigt insbesondere bei der Liegenschaft der Familie Mann 109 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 in Finowfurt (BAR) Wirkung. In der Vergangenheit fanden hier immer wieder rechtsextremistische Musikveranstaltungen statt. Durch konsequente staatliche Verbote sank die Attraktivität der Liegenschaft in den vergangenen Jahren permanent. Im Jahr 2017 konnten schließlich keine entsprechenden Konzerte mehr festgestellt werden. Stattdessen wichen Musiker und Veranstalter in andere Bundesländer, insbesondere nach Sachsen und Thüringen aus. Trotz allem sucht die Szene in Brandenburg weiterhin nach möglichen Veranstaltungsorten. Im Jahr 2017 waren das beispielsweise die bislang unbekannten Veranstaltungsorte in Motzen (LDS) und in Teschendorf (OHV). Für Brandenburg drohen somit ebenfalls rechtsextremistische Großveranstaltungen, wenn es der Szene gelingen sollte, geeignete Immobilien zu finden. 110 Rechtsextremismus 2.4 Immobilien der rechtsextremistischen Szene Um extremistisch-politische Arbeit wie Schulungen, Veranstaltungen, Konzerte oder Liederabende durchführen zu können, werden Immobilien benötigt, die sich möglichst im Eigentum eines Anhängers oder Sympathisanten befinden. Hat man auf solche Liegenschaften Zugriff, dienen sie in erster Linie dem Aufbau und der Verfestigung der Szene-Infrastruktur. Die Anforderungen an die Objekte sind vielfältig und unterscheiden sich je nach Anlass. Immobilienübersicht UM PR OPR OHV BAR 7 1 HVL 8 MOL 6 2 LOS 3 PM 5 TF LDS 4 1 Bad Freienwalde (MOL) SPN 2 Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser OSL 3 Frankfurt (Oder) 4 Lübben (LDS) EE 5 Mittenwalde OT Motzen (LDS) 6 Rathenow (HVL) 7 Schorfheide, OT Finowfurt (BAR) 8 Wandlitz OT Klosterfelde (BAR) 111 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Bad Freienwalde (MOL) Bei der Liegenschaft handelt es sich um das Nebengelass des Landesvorsitzenden von "DIE RECHTE", Robert Gebhardt, der zugleich führender Kopf der "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) ist. Die Räumlichkeiten, die als "Sturmlokal" bezeichnet werden, werden regelmäßig für Kameradschaftsabende oder interne Feierlichkeiten genutzt. Am 16. Dezember 2017 fand hier anlässlich des 10-jährigen Kameradschaftsbestehens eine Veranstaltung mit dem rechtsextremistischen Liedermacher "Oiram" aus Sachsen statt. Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser Der völkisch-rechtsextremistische "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." (BfG) besitzt hier einen zur Tagungsund Veranstaltungsstätte umgebauten Vierseitenhof, der in unregelmäßigen Abständen für Tagungen und Ferienlager genutzt wird.116 So wurde das Objekt am Wochenende vom 6. bis 7. Mai 2017 für ein bundesweites Treffen von rund 150 Personen genutzt. 116 Siehe dazu auch Kap. 2.5. 112 Rechtsextremismus Frankfurt (Oder) In der Innenstadt von Frankfurt (Oder) hat sich die "Kameradschaft Kommando Werwolf" (KSKW) einen alten Luftschutzbunker gemietet und nutzt dieses etwa 200 m2 große Objekt für rechtsextremistische Veranstaltungen. Ein rechtsextremistisches Konzert wurde am 2. September 2017 im Bunker durch die Polizei aufgelöst. Lübben (LDS) Der rechtsextremistische KickboxVerein "Northsidecrew" unterhält in der ehemaligen Lübbener Diskothek "Players" seine Trainingsund Clubräume. Das Objekt wurde im Jahr 2017 für Szene-Feiern genutzt. Mittenwalde OT Motzen (LDS) Ein 30-jähriger Rechtsextremist und eine 38-jährige Rechtsextremistin organisierten und veranstalteten in einem ehemaligen arabischen Restaurant mehrere Szene-Events. Am 7. Juli 2017 fand eine Trauerfeier mit dem Liedermacher Björn Brusak statt. Am 2. September 2017, 2. Oktober 2017 und 14. Oktober 2017 folgten weitere rechtsextremistische Musikveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmern. 113 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rathenow (HVL) Bei der Liegenschaft in Rathenow (HVL) handelt es sich um einen Kleingarten, der in der Vergangenheit wiederholt durch die lokale rechtsextremistische Szene für Veranstaltungen wie interne Feiern oder Liederabende genutzt wurde. Am 26. August 2017 fand hier beispielsweise ein Liederabend mit dem Liedermacher "Flak" aus Nordrhein-Westfalen statt. Schorfheide OT Finowfurt (BAR) Das vom ehemaligen "DIE RECHTE"Landesvorsitzenden Klaus Mann und seiner Familie genutzte WaldGrundstück wurde in den letzten Jahren durch zivilgesellschaftlichen Protest und ordnungsbehördliche Maßnahmen für die rechtsextremistische Szene immer unattraktiver. Trotz dessen versuchte ein 29-jähriges NPD-Mitglied aus dem Landkreis Oberhavel, dort am 29. Juli 2017 den "7. Germanischen Achtkampf" durchzuführen. Die Gemeinde Schorfheide untersagte das. Die Polizei setzte in Amtshilfe die Verbotsverfügung für die Gemeinde um und wies die anreisenden Teilnehmer ab. 114 Rechtsextremismus Wandlitz OT Klosterfelde (BAR) Im Wandlitzer Ortsteil Klosterfelde betreibt die rechtsextremistische Gruppierung "Barnimer Freundschaft" ihr Clubhaus auf einem ehemaligen Industriegelände. Die Immobilie wird weiterhin für Szenefeiern sowie Liederabende genutzt, die jeweils mehrere Dutzend Rechtsextremisten anziehen. Am 28. Januar 2017 trat der Liedermacher "Son of the Wind" vor rund 60 Teilnehmern auf. 115 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2.5 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten Im Jahr 2017 wurden 1.488 Straftaten (2016: 1.664) mit rechtsextremistischem Hintergrund in Brandenburg verübt. Das Niveau liegt damit aber nach wie vor über den Zahlen vor der Migrationsbewegung, zum Vergleich 2014: 1.281 Straftaten. Insgesamt 1.120 Rechtsextremisten galten im Jahr 2017 als gewaltorientiert. Die Zahl der Gewaltdelikte ging 2017 jedoch zurück. Insgesamt 124 Fälle (2016: 167) sind bekannt geworden. Auch hier liegt die Zahl aber deutlich über dem Niveau vor der Flüchtlingskrise (2014: 73). Rechtsextremismus in Brandenburg 1992 - 2017 anhand der Kategorien "rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt)", "Mitglieder rechtsextremistischer Parteien", "Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts" 1800 1665 1540 1500 1390 1370 1320 1320 1290 1290 1230 1230 1190 1170 1150 1140 1160 1200 1125 900 845 615 605 585 600 515 520 500 435 430 350 340 355 345 320 315 295 254 300 186 129 167 106 87 105 124 74 71 90 93 73 71 58 45 36 0 1992 1993 1995 1997 1999 2001 2004 2006 2007 2008 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 rechtsextremistisches Personenpotenzial (gesamt) Mitglieder rechtsextremistischer Parteien Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - rechts Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Exemplarisch werden im Folgenden Strafund Gewalttaten dargestellt, die (1) fremdenfeindlich sind, sich (2) gegen Flüchtlinge beziehungsweise Flüchtlingsunterkünfte, (3) den politischen Gegner, (4) Behinderte, (5) Homosexuelle und (6) Polizisten richten sowie (7) antisemitisch und (8) auf sonstige Weise rechtsextremistisch motiviert sind. 116 Rechtsextremismus Fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten Angermünde (UM), 20. Juni 2017: Ein afghanischer Asylbewerber setzt sich im Bus neben einen 17-jährigen Deutschen. Der Deutsche schiebt ihn mit dem Rücken vom Sitz, so dass der Asylbewerber auf den Boden fällt. Ihm wird außerdem der linke Daumen schmerzhaft umgedreht. Zur Motivation gibt der 17-jährige Deutsche an, der Ausländer sollte nicht neben ihm sitzen. Angermünde (UM), 26. Mai 2017: Ohne Anlass äußert ein 34-Jähriger auf dem Bahnsteig: "Warum haltet ihr islamischen Leute Euch in Deutschland auf?" Beim Einfahren des Zuges geht der 34-Jährige auf ein syrisches Ehepaar los, beschimpft es als "Scheiß Moslems" und schlägt den Ehemann mit der Faust ins Gesicht. Danach schlägt er der Ehefrau mit der Faust auf die rechte Hand und den Oberarm. Bernau (BAR), 19. August 2017: Mehrere alkoholisierte Tatverdächtige skandieren öffentlich mehrmals gemeinschaftlich die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!". Sie führen zwei Reichsflaggen mit. Bernau (BAR), 2. November 2017: Ein Hakenkreuz und eine DoppelSigrune werden mit dem Finger auf eine verspiegelte Fensterscheibe der Migrationsberatungsstelle gewischt. Bernau (BAR), 4. April 2017: Eine Deutsche mit Migrationshintergrund wird von zwei Frauen verfolgt. Eine der Frauen beleidigt sie mit den Worten "Scheiß Ausländer, geh nach Hause! Hure! Schlampe! Sie sind nur hier wegen dem Geld!". Als die Geschädigte äußert "Ich bin aber Deutsche", hebt die Tatverdächtige ihren Arm, als ob sie die Geschädigte schlagen will. Dazu kommt es aber nicht. Bestensee (LDS), 18. Juni 2017: Ein 25-Jähriger veröffentlicht auf Facebook ein Bild eines dunkelhäutigen Mannes sowie einer hellhäutigen Frau. Das Bild trägt die Unterschrift "Rassenschande ist Volksverrat". Brandenburg an der Havel, 11. Juli 2017: Die Geschädigte schwarzafrikanischer Herkunft wird vor einem Hauseingang unvermittelt 117 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 angegriffen. Sie erhält einen Schlag gegen den Kopf und wird als "Fotze" und "Negerschlampe" bezeichnet. Cottbus, 15. April 2017: Ein Pkw erfasst eine ägyptische Studentin. Wenige Tage später erliegt sie ihren Verletzungen. Zeugen geben an, dass der Beifahrer des Unfallfahrzeugs am Unfallort volksverhetzende Äußerungen wie "Bei euch zu Hause habt ihr keine Straßen, aber in Deutschland muss man auf die Straße gucken", "Geht doch in euer scheiß Land zurück!" sowie "Scheiß Ausländer! Scheiß Asylanten!" von sich gibt. Cottbus, 16. März 2017: Ein Pole wird mit den Worten: "Du Arschloch, lerne erst mal richtig Deutsch" und "Scheiß Ausländer!" beleidigt. Cottbus, 17. Juni 2017: Eine Gruppe von Personen fährt mit einem "Bierbike" durch Cottbus. In der Max-Grünebaum-Straße rufen sie mehrfach "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!". Cottbus, 20. Mai 2017: Unbekannte zerstören zwei Fensterscheiben eines türkischen Cafes. Außerdem werden unter anderem folgende Schriftzüge angebracht: "Haut ab", "NS" und eine Doppel-Sigrune. Cottbus, 27. März 2017: Ein Nigerianer wird mit den Worten "Verschwinde du Neger!", "Schwein" und "Arschloch" beleidigt. Beim Täter handelt es sich um einen 40-jährigen Cottbuser. Eberswalde (BAR), 6. Mai 2017: Ohne Anlass werden auf offener Straße eine weibliche und eine männliche Person aus Vietnam mit den Worten "Pack" und "Scheiß Ausländer" beschimpft. Der unter Alkoholeinfluss stehende Beschuldigte droht, sie umbringen zu wollen und zeigt eine Geste, indem er mit einem Finger über seine Kehle streicht. Anschließend kommt es zu einem verbal geführten Streit. Im weiteren Verlauf schubst der Beschuldigte eine weibliche Person zu Boden. Die männliche Person wird ebenso zu Fall gebracht und der Täter kniet sich auf sie. Beide Geschädigte tragen leichte Verletzungen davon. Elsterwerda (EE), 5. August 2017: Zwei Afghanen werden auf der Straße von zwei Männern mit den Worten "Das hier ist Deutschland, ihr seid Ausländer. Ausländer raus!" angepöbelt. Die Afghanen versuchen 118 Rechtsextremismus zu flüchten. Die beiden Männer holen sie ein und beginnen, sie mit Fäusten zu schlagen. Zudem schlagen sie mit der Metallstange eines Verkehrszeichens auf die Opfer ein. Zwei Personen aus Elsterwerda und Merzdorf (beide EE) werden als Tatverdächtige ermittelt. Erkner (LOS), 30. September 2017: Ein 29-jähriger Einwohner aus Fürstenwalde/Spree (LOS) wird von der Polizei in Erkner aus dem Regionalexpress geholt. Zuvor hatte er mehreren ausländischen Fahrgästen gedroht, er wolle sie "vergasen". Als Grund gibt er an, dass er "schief" angesehen worden sei. Frankfurt (Oder), 10. September 2017: Vier Personen - einer davon ein bekannter 25-jähriger Rechtsextremist aus Eisenhüttenstadt - schlagen mit einer Eisenstange auf einen Ausländer ein. Frankfurt (Oder), 16. Mai 2017: Ein 44-Jähriger ruft vom Balkon: "Ihr Fotzen, Scheiß Kanaken, Euch müsste man alle abknallen ... Ausländer raus aus Deutschland ...verpisst Euch aus diesem Land!" Frankfurt (Oder), 25. April 2017: Ein 25-jähriger bekannter Rechtsextremist und eine weitere Person schlagen aus einer Gruppe heraus auf einen Flüchtling ein. Dieser kann sich in ein nahegelegenes Restaurant flüchten. Fürstenwalde/Spree (LOS), 23. Mai 2017: Ein Jugendlicher mit Migrationshintergrund wird von mehreren Jugendlichen bedrängt. Ein 16-Jähriger beschimpft ihn als "Hurensohn", schlägt ihn, ruft ihm "Sieg Heil" hinterher und zeigt den Hitlergruß. Grünheide (Mark) (LOS), 10. November 2017: Ein Lkw-Fahrer, der seine Notdurft an einer Tankstellenmauer verrichtet, wird durch zwei Tankstellenmitarbeiter mit den Worten "Du Drecksausländer" beleidigt. Er wird zudem geschlagen und gewürgt. Hennigsdorf (OHV), 14. April 2017: Der Beschuldigte beschimpft den Geschädigten als "Ausländerschwein" und "Katzenficker", packt ihn am Kragen und stößt ihn in ein Gebüsch. Das Opfer ist ungarischer Abstammung. 119 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Königs Wusterhausen (LDS), 26. April 2017: Ein 64-Jähriger bedroht spielende Kinder mit einem Messer. Er ruft: "Ich stech Euch ab, ihr scheiß Ausländer!" Gegenüber der Polizei gibt er an, Ausländer nicht zu mögen und dass die alle kriminell seien. Es sei sein Recht und seine Pflicht, sich dagegen zu wehren. Lübbenau (OSL), 24. Februar 2017: Nach Angaben von mehreren Zeugen beschimpfen zwei männliche Personen im Bahnhof eine dunkelhäutige Person: "Du scheiß Neger, verpiss Dich! Du bist hier nicht willkommen!" Dabei entblößt einer der beiden seinen Oberkörper und zeigt eine schwarze Hakenkreuztätowierung auf der linken Brust. Beide erheben den Arm zum Hitlergruß und rufen "Sieg Heil!" und "Heil Hitler!". Prenzlau (UM), 16. Juni 2017: In einem Einkaufszentrum unterhalten sich zwei Polen in ihrer Muttersprache. Ein 39-jähriger Deutscher fordert sie auf, deutsch zu sprechen. Er stößt einen Polen und droht, draußen auf ihn zu warten. Es entwickelt sich eine verbale Auseinandersetzung. Der Deutsche zieht ein Messer und versucht, auf einen Polen einzustechen. Durch die Abwehrhandlung erleidet das Opfer eine stark blutende Schnittverletzung an der linken Hand, die im Krankenhaus genäht werden muss. Rheinsberg (OPR), 1. Januar 2017: In der Silvesternacht kommt es in Rheinsberg zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Personen. Der Geschädigte wird aus einer Personengruppe heraus unter anderem mit "Scheiß Ausländer", "Scheiß Kanake" beleidigt. Daraufhin greift der Geschädigte zwei Personen aus der Gruppe an und verletzt sie. Einer der angegriffenen Deutschen sticht dem Geschädigten mit einem Messer einmal in den Unterbauch und fügt ihm eine vier Zentimeter tiefe Stichverletzung zu. Eine weitere Person will dem Verletzten zu Hilfe kommen, wird im Gerangel zu Boden gedrückt und dabei leicht verletzt. Senftenberg (OSL), 13. Januar 2017: Beim Verlassen eines Supermarktes wird ein Ausländer von vier neben dem Eingang stehenden männlichen Personen mit "Scheiß Ausländer" und "Warum seid ihr in Deutschland?" beleidigt. Sie spucken ihm vor die Füße, zeigen den Mittelfinger und werfen ihm eine Flasche vor die Füße. Ein 33-Jähriger aus Calau (OSL) konnte als Tatverdächtiger ermittelt werden. 120 Rechtsextremismus Strausberg (MOL), 1. Mai 2017: Im Sportund Erholungspark Strausberg soll der "Muslime-Cup" stattfinden. Am Morgen des Tages werden zahlreiche Schweinefüße an Bäumen und Bänken mit Nägeln befestigt. Weitere werden auf dem Sportplatz ausgebracht. Außerdem werden zwölf Tornetze beschädigt und damit unbrauchbar gemacht. Templin (UM), 17. Juni 2017: Ein ausländischer Wachschutz-Mitarbeiter wird vor einer Flüchtlingsunterkunft beleidigt: "Du schwarzer Nigger!", "Scheiß Afghane!", "Kanacke", "Meine Fresse, Du bist so hässlich! Deine Fresse habe ich mir gemerkt". Ein weiterer deutscher Mitarbeiter wird als "Hampelmann" beschimpft und mit "Ich hau Dir in die Fresse!" bedroht. Der alkoholisierte 32-jährige Täter kündigt zudem an, er wolle warten, bis Ausländer aus dem Heim kommen. Er wolle "sich dann einen rauspicken und auf die Fresse schlagen". Velten (OHV), 9. Juni 2017: Der Geschädigte steigt am Bahnhof aus dem Bus. Der Tatverdächtige kommt auf ihn zu und sagt sinngemäß "Verpiss Dich in dein Land". Danach schlägt er sein Opfer bewusstlos. Der Geschädigte erleidet eine Nasenfraktur und verliert Zähne. Gegenüber einer Zeugin äußert der Täter, Freundinnen von ihm seien von Ausländern angemacht worden. Deshalb habe er den Ausländer geschlagen. Zehdenick (OHV), 25. Mai 2017: Zwei aus Somalia stammende Erwachsene wollen am Nachtschalter einer Tankstelle Getränke kaufen. Aus einer Gruppe heraus werden sie angesprochen: "Was wollt ihr hier. Diese Tankstelle ist für uns National-Deutsche!" Einer der Beschuldigten wirft eine Bierflasche und verletzt damit einen Geschädigten an Arm und Rücken. Beide Geschädigte entfernen sich vom Tankstellengelände, werden jedoch verfolgt und eingeholt. Es folgen ein Wortgefecht und eine weitere Körperverletzung gegen einen Somalier. Zudem wird das Fahrrad eines Geschädigten beschädigt. 121 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Strafund Gewalttaten gegen Asylbewerber Alt Zeschdorf (MOL), 13. Juni 2017: An mehreren Tagen werden eine Informationstafel auf dem Bahnhof Briesen (LOS) und Glassowie Kleidercontainer an einer Bushaltestelle in Alt Zeschdorf beschmiert: "AFRIKA FÜR AFFEN, EUROPA FÜR WEISSE, STECKT DIE AFFEN IN EIN BOOT UND SCHICKT SIE AUF DIE REISE" ... "Islamistische Zone ... NOT WELCOME" ... "SCHIFF AHOI!! Refugees not WELCOME" ... "COMBAT 18 ... C 18". Brieskow-Finkenheerd (LOS), 30. September 2017: Unbekannte Täter stellen einen aufgespießten Schweinekopf vor die Haustür einer Flüchtlingsfamilie. Cottbus, 11. April 2017: Ein Syrer zeigt einem 31-Jährigen aus dem Landkreis Spree-Neiße das Peace-Zeichen und erhält von diesem eine Ohrfeige. Der Syrer flüchtet, wird aber vom Täter verfolgt. Er schlägt ihm das Handy aus der Hand, erteilt ihm eine zweite Ohrfeige und beschimpft ihn als "Ausländer" und "Kanake". Cottbus, 14. Juli 2017: Drei syrische Flüchtlinge laufen die Straße entlang. Von einem Balkon schreit ein 33-Jähriger: "Was macht ihr Ausländer hier? Ihr Kanaken!" Ein Syrer fragt, was das soll. Der 33-Jährige antwortete: "Warte, ich zeig es euch." Kurz darauf stürmt er mit einer großen Holzlatte bewaffnet auf die Syrer zu und schreit: "Ihr Ausländer, ich komme! Ihr Feiglinge!" Die Syrer flüchten unverletzt. Cottbus, 16. März 2017: Ein rechtsextremistischer Straftäter aus Cottbus bringt den Schriftzug "GO HOME" am Briefkasten eines syrischen Asylbewerbers an. Cottbus, 6. August 2017: Ein 28-jähriger Cottbuser ruft während einer verbalen Auseinandersetzung mit einer Flüchtlingsfamilie: "Ihr gehört alle in die Gaskammer. Damals hätte es sowas nicht gegeben. Ihr scheiß Syrer!" Eberswalde (BAR), 25. September 2017: Zwei mit Kopftüchern verhüllte weibliche Personen kommen an einem offenen Fenster vorbei. 122 Rechtsextremismus Von dort ist in diesem Moment öffentlichkeitswirksam und laut vernehmbar: "Scheiß Merkel. Keiner traut sich den Mund aufzumachen. Scheiß Ausländer. Geht dahin, woher ihr gekommen seid. Da werdet ihr wenigstens erschossen. Ihr habt hier nix zu suchen. Ich komm runter. Sonst knall ich euch ab. Die Kopftuchträger sollen dahin gehen, wo sie hergekommen sind. Sonst bringe ich alle um." Eberswalde (BAR), 25. September 2017: Zwei Jugendliche zeigen gegenüber dem Personal eines Wohnverbundes für Flüchtlinge den Hitlergruß und sagen "Ausländer, verpisst Euch nach Hause! Ihr belegt Wohnungen, die Deutschen gehören sollten". Eberswalde (BAR), 3. Juli 2017: Ein Asylbewerber aus Kamerun teilt der Polizei mit, ein Unbekannter hat ihn mehrfach als "Neger" betitelt und einen Stein nach ihm geworfen. Eberswalde (BAR), 8. Oktober 2017: In einem Linienbus werden zwei mitfahrende Asylbewerber als "Scheiß Kanaken" und "Scheiß Nigger" beschimpft. Der Täter hält währenddessen ein Springmesser in seiner Hand und lässt wiederholt die Klinge herausspringen. Eisenhüttenstadt (LOS), 22. Mai 2017: Drei schwarz gekleidete und vermummte männliche Personen gehen mit einer brennenden Fackel in der Hand zu einer Grünfläche. Dort beschimpfen sie einen minderjährigen Flüchtling als "Scheiß Kanaken" und "scheiß Ausländer". Als weitere Flüchtlinge hinzukommen, flüchten die drei Personen. Finsterwalde (EE), 22. Mai 2017: Zwei Syrer betreten einen Supermarkt. Dort versetzt ein unbekannter Täter einem Syrer einen Faustschlag und tritt ihm zusätzlich mit dem Knie ins Gesicht. Danach schlägt der Täter den anderen Syrer zweimal mit der Faust ins Gesicht. Zuvor hatte er die beiden Syrer als "Scheiß Ausländer" bezeichnet. Forst (SPN), 10. September 2017: Unbekannte kleben an die Informationssäule des Rosengartens einen gelben Aufkleber. Darauf sind in schwarzer Farbe zwei Moslems abgebildet. Der eine hält ein Maschinengewehr und der andere eine Stange Dynamit mit brennender Zündschnur. Zusätzlich ist der Schriftzug: "Wir müssen draußen bleiben!" abgebildet. 123 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Frankfurt (Oder), 13. Oktober 2017: Mehrere Berufsschüler malen einem Flüchtling aus Kamerun drei Hakenkreuze auf sein T-Shirt. Frankfurt (Oder), 15. Juli 2017: Ein aus Afghanistan stammender Flüchtling wird von zwei Personen ins Gesicht und mit einer Holzlatte geschlagen. Fürstenwalde/Spree (LOS), 26. August 2017: Ein Flüchtling aus Kenia sitzt vor einem Lebensmittelmarkt, als ein 37-Jähriger mit seinem Pkw auf ihn zuhält. Der Flüchtling muss ausweichen, um nicht getroffen zu werden und zieht sich dabei mehrere Schnittverletzungen zu. Der Täter schlägt dann mit einer Metallstange auf das Opfer ein. Zu seiner Motivation gibt er gegenüber der Polizei an, dass "Ausländer hier nicht hergehören und dies auch spüren sollten, diese Kanaken ...". Gerswalde (UM), 14. Juli 2017: Ein alkoholisierter 21-Jähriger stürmt mit einem Luftdruckgewehr im Anschlag auf minderjährige Flüchtlinge zu. Dabei beleidigt er sie lautstark und droht: "Scheiß Ausländer! Ich bring Euch alle um!" Die Minderjährigen flüchten in ihre Unterkunft. Der 21-Jährige zerschlägt vor Ort mehrere Scheiben. Großräschen (OSL), 25. August 2017: Ein alkoholisierter 18-Jähriger aus Großräschen geht zu einem Spielplatz, auf dem sich mehrere Kinder und Erwachsene mit Migrationshintergrund aufhalten. Mehrere Zeugen bekommen Angst und laufen weg, da der 18-Jährige immer wieder Worte wie "Wollt ihr aufs Maul?" und "Scheiß Ausländer" brüllt. Eine Schwangere mit einem Kleinkind auf dem Arm kann nicht schnell genug rennen. Der 18-Jährige holt sei ein, tritt ihr in den Bauch und greift weitere Personen an. Guben (SPN), 10. September 2017: Ein syrischer Asylbewerber geht mit seiner Freundin spazieren. Ein PKW fährt vorbei, wendet und hält. Der Fahrer steigt aus, geht auf den Syrer zu und sagt: "Ich knall Dich ab!". Danach steigt er wieder in sein Fahrzeug und fährt davon. Ein hinlänglich bekannter Rechtsextremist wird als Täter ermittelt. Guben (SPN), 23. Juni 2017: Nachdem sie auf einer Wiese Fußball gespielt hatten, begeben sich vier Asylbewerber auf den Weg zu ihrer 124 Rechtsextremismus Unterkunft. Dabei treffen sie auf eine Gruppe von mehr als zehn Personen, die "Fuck Allah!" rufen und ihnen den ausgestreckten Mittelfinger zeigen. Die Asylbewerber versuchen wegzurennen, werden jedoch verfolgt und eingeholt. Zwei der Verfolger greifen zwei Asylbewerber, Vater und Sohn, an. Dem Vater wird mit der Faust auf das linke Auge geschlagen. Der Sohn wird festgehalten, kann sich jedoch befreien. Ein Täter konnte von der Polizei ermittelt werden. Es handelt sich um einen stadtbekannten Rechtsextremisten. Halbe (LDS), 20. August 2017: Drei männliche Personen fahren mit ihren Krafträdern unberechtigt auf das Gelände einer Asylunterkunft. Hierbei zeigt eine der Personen den Bewohnern der Unterkunft den Mittelfinger und sagt: "Scheiß Asylantenpack, ihr Ficker!" Diese Person kann durch einen Mitarbeiter des Wachschutzes gestellt werden. Es handelte sich um einen 14-Jährigen aus Baruth (TF). Herzberg (Elster) (EE), 1. Juli 2017: Nach einer verbalen Auseinandersetzung zwischen Syrern und drei Deutschen wirft eine Person eine Bierflasche in Richtung eines Syrers. Während der Anzeigenaufnahme äußert der Flaschenwerfer, ein 36-Jähriger aus Herzberg, dass man so etwas früher "vergast" hätte. Zudem zeigt er den Hitlergruß und ruft laut "Sieg Heil! Der Führer lebt!" sowie "Scheiß Ausländer". Jüterbog (TF), 4. April 2017: Beim Besuch eines Jugendclubs zeigt sich ein Beschuldigter erbost darüber, dass unter den Besuchern Asylbewerber sind: "Das ist ein deutscher Jugendclub. Jetzt sind die ganzen Fotzen hier. White Power". Dazu zeigte er mehrfach den Hitlergruß. Kolkwitz (SPN), 14. April 2017: Ein syrischer Flüchtling wird von zwei Männern mit den Worten: "Du Arschloch! Ihr Hurensöhne! Geht wieder raus aus unserem Land! He Du bist ein Arschloch! Ausländer! Warum bist Du hier? Scheiß Ausländer!" beleidigt. Danach schlagen beide Männer auf den Flüchtling und eine weitere ihn begleitende Person ein. Kremmen (OHV), 15. April 2017: Ein Mitarbeiter eines Wachdienstunternehmens teilt der Polizei mit, dass er zwei brennende Molotowcocktails vor dem bewohnten Asylbewerberheim festgestellt hat. 125 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Das Feuer wurde durch den Mitarbeiter gelöscht. Im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen kann Videomaterial vom Objekt gesichert werden. Hier ist eine augenscheinlich männliche Person zu sehen, die zwei Brandsätze entzündet und in Richtung Asylunterkunft wirft. Einer der Brandsätze prallt vom Haus ab und landet auf dem Gehweg. Letschin (MOL), 29. September 2017: Ein türkischer Asylbewerber wird auf offener Straße mit Äußerungen, wie: "... du Kanake ... Ausländer raus ..." beleidigt. Anschließend wird in seine Richtung der Hitlergruß gezeigt. Lindow (Mark) (OPR), 10. April 2017: Am Rande eines IntegrationsFußballturniers treffen jugendliche Flüchtlinge auf eine Gruppe von sieben bis acht einheimische Zuschauer. Es kommt zu einer verbalen Auseinandersetzung, infolge derer Äußerungen wie "Ausländer raus!" und "Kanaken" fallen. Die Situation eskaliert in einem Gerangel. Ein Geschädigter wird zu Boden geworfen und verletzt sich am Knie. Ein Beschuldigter will sogar mit einem Teleskopschlagstock ausholen, kann aber durch das Eingreifen weiterer Personen daran gehindert werden. Im Zuge der Ermittlungen stellt sich heraus, dass sich weitere Personen an den ausländerfeindlichen Äußerungen beteiligten. Lübben (LDS), 13. November 2017: Ein 32-Jähriger aus Lübben hält einem syrischen Flüchtling in einem Wohnhaus eine Pistole an den Kopf und sagt, sein Fahrrad kommt nicht in die Garage. Er soll mitkommen, er hat ein Foto von der Luftwaffe und von Hitler. Er wird ihn töten. Dazu macht er mit der Hand eine Bewegung an seinem Hals, als würde er ihm die Kehle durchschneiden. Er sagt auch, dass er ein Nazi ist und ihn jetzt immer kontrollieren wird. Müncheberg (MOL), 10. Juni 2017: Ein schwarzer Pkw biegt in die Straße der Asylunterkunft ein, dreht am Ende und fährt zurück. Personen steigen aus, rufen mehrfach lautstark "Sieg Heil" und werfen Steine gegen die Asylunterkunft. Neuruppin (OPR), 28. Mai 2017: Der Geschädigte trifft allein auf sechs bis sieben Deutsche. Von denen sagt einer: "Geh nach Hause nach Syrien". Mit dieser Person kommt es zur körperlichen Auseinandersetzung. 126 Rechtsextremismus Dann mischen sich weitere Personen der Gruppe ein. Der Geschädigte wird mehrfach geschlagen und am Boden liegend getreten. In dem Gerangel werden ihm Turnschuhe und Jacke ausgezogen. Erst durch das Erscheinen von Zeugen lassen die Personen von ihrem Opfer ab und entfernten sich. Einer der Zeugen kann angeben, dass aus der Gruppe heraus zuvor Nazilieder gesungen und "Sieg Heil" gerufen wurde. Niedergörsdorf (TF), 15. August 2017: Ein Asylbewerber aus dem Tschad wird zunächst von zwei unbekannten Tätern angespuckt und von einem dritten Täter in den Rücken getreten. Das Opfer wird zudem mit Fäusten geschlagen. Auch das Mobiltelefon wird ihm entwendet. Danach kann der Asylbewerber fliehen. Ihm wird "Renn Nigger!" hinterher gerufen. Der Asylbewerber muss ambulant im Krankenhaus Luckenwalde (TF) behandelt werden. Perleberg (PR), 15. Februar 2017: Die Geschädigte wird von der unbekannten Täterin angesprochen. Sie soll dahin gehen, wo sie herkommt, weil sie in "unserem" Land nichts zu suchen hat. In der weiteren Folge wird die Geschädigte angegriffen und gegen den Oberkörper gestoßen. Perleberg (PR), 29. Juli 2017: Ein unbekannter Täter sagt zu einem Asylbewerber aus Eritrea, dass er "schwarz" sei und deswegen wieder "verschwinden" solle. Weiterhin spuckt er ihm vor die Füße und deutet als Geste an, ihm die Kehle durchzuschneiden. Prenzlau (UM), 3. Dezember 2017: Ein einschlägig bekannter 32-Jähriger versucht einen 25-Jährigen aus Kenia zu schlagen. Dieser konnte unverletzt flüchten. Pritzwalk (PR), 28. Februar 2017: Im Jobcenter trifft der Beschuldigte auf den Geschädigten und schimpft vor Zeugen: "Fick Dich, Du scheiß Kanackensau. Verpiss Dich, gehe in Dein scheiß Land zurück, wo Du hergekommen bist. Wir wollen Euch hier nicht. Ihr Ausländer bekommt die Kohle in den Arsch gesteckt, für die Deutschen ist keine Kohle übrig. Wenn Du raus kommst, polier ich Dir die Fresse. Wirst schon sehen, was Du scheiß Kanacke davon hast. Wir sehen uns wieder und dann halt Dich fest". 127 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Senftenberg (OSL), 10. Juni 2017: Der Haupteingang des Senftenberger Rathauses wird mit einer großen Metallkette verschlossen und ein DIN A4-Blatt mit der Aufschrift: "ACHTUNG! Wegen Asylwahn geschlossen!" angebracht. Zwei hinlänglich bekannte Rechtsextremisten von der Gruppierung "Identitärer Aufbruch" werden als Tatverdächtige ermittelt. Ihnen werden weitere ähnliche Straftaten angelastet. Storkow (Mark) (LOS), 11. November 2017: Ein Unbekannter beleidigt mehrere jugendliche Flüchtlinge: "Scheiß Ausländer ... Verpisst euch in euer Land ... Ich bringe euch um" an. Danach schlägt er einem ins Gesicht und entfernt sich. Templin (UM), 3. März 2017: Aus einem fahrenden Auto wird vor die Asylunterkunft ein "Polenböller" geworfen. Templin (UM), 4. März 2017: An der Eingangstür des Asylbewerberheimes werden hinter dem Türgriff vermutlich mehrere "Böller" deponiert. Durch die einmalige Explosion kommt es zu starken Beschädigungen. Templin (UM), 5. März 2017: Drei Asylbewerber wollen mit dem Zug in Richtung Berlin fahren. Als sie an einem Lokal vorbeikommen, treffen sie auf mehrere alkoholisierte Personen. Diese beleidigen die Asylbewerber mit den Worten "Verpiss Dich", "Scheiße", "Asyl" und "Fick deine Mutter". Die Situation eskaliert und einem der Asylbewerber wird ein halb gefülltes Bierglas auf den Kopf geschlagen, sodass dieses zersprang. Zudem wird versucht, ihm im Gerangel mit einer Scherbe in Richtung Hals zu stechen, was nicht gelingt. Aus der Gruppe der Beschuldigten heraus wird ein weiterer Asylbewerber geschlagen und getreten. Der dritte Asylbewerber läuft zur Polizei. Auf dem Weg dorthin versperrt ihm ein Beschuldigter den Weg und macht mit der Hand eine Geste, als wenn er ihn erschießen würde. Wandlitz (BAR), 22. September 2017: Aus einer 15-köpfigen Personengruppe heraus wird auf einen Asylbewerber aus Afghanistan eingeschlagen, sodass dieser eine Hautverletzung am Zeigefinger der rechten Hand erfuhr. Als ein weiterer Asylbewerber zu Hilfe kommt, wird auch ihm einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen, wodurch er zu Boden stürzt. Durch den Schlag erleidet das Opfer eine Platzwunde am Kopf und durch den Sturz Verletzungen an der rechten Hand. 128 Rechtsextremismus Wittenberge (PR), 24. August 2017: Der Beschuldigte spricht den Geschädigten auf dem Gehweg mit den Worten "Ey, Du Neger!" an. Er zieht ein Messer und hält es dem Geschädigten entgegen. Beide Personen stehen sich zu diesem Zeitpunkt etwa zwei Meter gegenüber. Durch das Einschreiten eines Zeugen kann die Situation beruhigt werden und der Beschuldigte steckt das Messer wieder ein. Bei der Durchsuchung des Beschuldigten wird ein Messer sichergestellt, welches nach dem Waffengesetz verboten ist. Wittstock/Dosse (OPR), 25. Mai 2017: Im Rahmen eines Fußballspiels zwischen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen und einer Mannschaft mit fünf deutschen Spielern kommt es zu Auseinandersetzungen. Einige der deutschen Spieler bezeichnen Spieler der anderen Mannschaft als "Neger". Der Flüchtlingsbetreuer bricht das Spiel daraufhin ab und will mit seinen Schützlingen in die Unterkunft zurückkehren. Ein deutscher Spieler versucht das zu verhindern und fängt an, auf einen Jugendlichen einzuschlagen. Dieser wehrt sich und es entwickelte sich eine Schlägerei mit mehreren Beteiligten auf beiden Seiten. Mehrere Personen erleiden Kratzund Schürfwunden an Armen und Beinen. Wriezen (MOL), 19. Mai 2017: Ein Asylbewerber aus Somalia wird beschimpft: "Du Neger ... Du schwarzer Keks ... scher Dich zurück in Dein Land, Du hast hier nichts zu suchen". Strafund Gewalttaten gegen den politischen Gegner Bernau (BAR), 7. September 2017: Ein Mitglied der Partei DIE LINKE wird beim Radfahren auf Höhe eines Einkaufszentrums von drei männlichen Personen gestoppt. Sie fragen, ob er ANTIFA-Aufkleber in der Nähe angebracht hat. Dem Geschädigten wird, nachdem er verneint hat, gedroht, dass er "auf's Maul bekommt", wenn er sich noch mal hier sehen lässt. Nach kurzer Weiterfahrt hält der Geschädigte an und filmt die Tatverdächtigen mit seinem Handy. Die bemerken das, verfolgen den Geschädigten und versuchen, ihn vom Rad zu zerren. Er kann in ein Büro seiner Partei flüchten. Die drei Tatverdächtigen versuchen, ins Innere zu gelangen, was durch Zuhalten der Tür verhindert wird. Währenddessen wird der Geschädigte mit Worten wie "Du Jude, 129 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 wir häuten und köpfen Dich" sowie "Dir Zecke schneiden wir den Kopf ab" bedroht. Bernau (BAR), 13. Februar 2017: Die Eingangstür des Jugendtreffs "DOSTO" wird großflächig mit Tapetenkleister eingeschmiert. Auf die obere Scheibe wird ein Plakat mit "Denkt an Dresden! ...und sie bomben weiter!" geklebt. Bildlich sind vier Fliegerbomben dargestellt, die auf eine hellhäutige Frau mit Regenschirm niedergehen. Es handelt sich hierbei um eine typische Plakatierung der rechten Szene, die alljährlich zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens (Sachsen) 1945 durchgeführt wird. Beim Jugendtreff "DOSTO" handelt es sich um einen Treff der linken Szene. Brandenburg an der Havel, 29. August 2017: Bei einer Wahlveranstaltung der CDU unter Beteiligung der Bundeskanzlerin äußert eine Frau ihren Unmut über lautstarke Störungen, die sie am Folgen der Rede hindern. Daraufhin geht der Beschuldigte auf sie zu und versetzt ihr mehrere Tritte gegen die Schienbeine, so dass weitere Besucher der Wahlkampfveranstaltung sich schützend vor die Frau stellen müssen. Hierbei versetzt der Beschuldigte einer weiteren Person einen Kopfstoß. Cottbus, 13. Juni 2017: Während der Demonstration des Vereins "Zukunft Heimat e.V." auf dem Oberkirchplatz lässt eine Cottbuserin, die sich nach eigenen Angaben in der "linken" Szene engagiert, "Kotz-Geräusche" über Handy laufen und bringt durch "Buh"-Rufe ihre Meinung zur Veranstaltung zum Ausdruck. Später fährt sie mit dem Fahrrad nach Hause. Unterwegs bemerkt sie zwei vermummte Personen. Sie lässt ihr Fahrrad fallen und erhält in diesem Moment von einem der beiden einen Schlag ins Gesicht. Danach flüchten die beiden Personen. Groß Schönebeck (BAR), 28. August 2017: Ein Wahlplakat der SPD wird unter anderem mit der Parole "Sieg Heil" versehen. Falkensee (HVL), 19. August 2017: Ein unbekannter männlicher Täter beschädigt mit einem 6 x 6 cm großen Granitpflasterstein eine Fensterscheibe des Bürgerbüros der Partei "BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN" und taucht anschließend in eine Personengruppe der rechtsextremistischen Szene unter, welche unweit eine Spontanversammlung abhält. 130 Rechtsextremismus Herzberg (Elster) (EE), 22. April 2017: Unbekannte bewerfen die Schaufensterscheiben des Parteibüros der Partei DIE LINKE mit rohen Eiern. Luckenwalde (TF), 22. April 2017: Während einer angemeldeten Versammlung der rechtsextremistischen Partei "DER DRITTE WEG" spricht der Geschädigte Versammlungsteilnehmer an. Zwei Personen treten aus der Versammlung heraus und schlagen dem Geschädigten ins Gesicht und in den Nacken. Neuruppin (OPR), 29. Oktober 2017: Die Geschädigte ist Sympathisantin des linksalternativen "JWP Mittendrin". Nach einer Halloweenparty sucht sie in Begleitung kostümiert den Nachtschalter einer Tankstelle auf. Dort wird sie von den Beschuldigten zunächst verbal und dann tätlich angegriffen. Im Zuge des Übergriffs erhält sie mehrfache Faustschläge und Tritte. Ihre Begleitung stürzt beim Versuch wegzulaufen und bricht sich dabei einen Zahn ab. Die Beschuldigten sind hinlänglich wegen gleichartiger Delikte bekannt. Schönwalde-Glien (HVL), 11. Mai 2017: Der Geschädigte gibt an einer Supermarktkasse zwei Asylbewerbern zehn Euro, da dieser Betrag zur Bezahlung des Einkaufs fehlte. Daraufhin empört sich der Beschuldigte, der ebenfalls in der Kassenschlange steht: "Die kriegen schon genug in den Arsch gesteckt, denen brauchst Du nichts zu geben". Es entwickelt sich eine verbale Auseinandersetzung. Anschließend gehen beide zu ihren Fahrzeugen. Als der Beschuldigte mit seinem Pkw losfährt, ruft er zum Geschädigten "Wir werden uns sehen" und fuchtelt dabei mit einem Messer (20 cm Klingenlänge) rum. Strafund Gewalttaten gegen Behinderte Müncheberg (MOL), 21. Juni 2017: Ein 65-Jähriger äußert unter anderem gegenüber einem Schwerbehinderten, "wenn es nach mir gehen würde, würde ich wieder die Arbeitslager einführen und solche Leute, wie Schwerbehinderte und Psychos hätten bei mir keinen Bestand". 131 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Neuenhagen (MOL), 11. Januar 2017: Mit einem schwarzen Stift werden mehrere Hakenkreuze auf Spülknöpfe, Spiegel, Wandfliesen sowie das Badfenster der Behinderten-Toilette einer Bildungseinrichtung geschmiert. Strafund Gewalttaten gegen Polizisten Bernau (BAR), 1. Mai 2017: Polizeibeamten wird die Parole "Heil Hitler" zugerufen. Cottbus, 14. April 2017: Eine 22-Jährige aus dem Landkreis SpreeNeiße zeigt beim Vorbeifahren des Streifenwagens den Beamten den Hitlergruß. Guben (SPN); 11. Juni 2017: Ein 20-Jähriger ruft in einem Polizeirevier "Sieg Heil!" und zeigt den Hitlergruß. Im Anschluss beleidigt er einen Polizeibeamten, indem er sinngemäß äußert, er wolle nicht "diesen hässlichen Negerfatzken", sondern nur weiße Polizisten im Revier haben. Lübbenau (OSL), 6.April 2017: Eine 24-jährige Person aus Forst postet auf "Google Maps" zur Polizeiwache Lübbenau den Eintrag: "Einfach unhöflich diese Bullen. Ab in die Gaskammer und die Party kann beginnen. :-D" Schwedt/Oder (UM), 26. April 2017: Ein einschlägig bekannter 23-Jähriger hält sich vor einem Bierlokal auf und zeigt demonstrativ den Hitergruß, als ein Polizeiwagen vorbeifährt. Als Grund nennt er Alkoholkonsum. Spechthausen (BAR), 25. Mai 2017: Während einer polizeilichen Maßnahme werden die Polizeibeamten beschimpft: "Bolschewistenpack ... Arschloch ... Kommunisten ... so was wie Euch hätte man früher erschossen". 132 Rechtsextremismus Antisemitisch motivierte Strafund Gewaltstraften Cottbus, 1. April 2017: Eine Person verteilt aus einem Plastikkorb vor der Synagoge Cottbus religiöses Informationsmaterial. Ein 54-jähriger Cottbuser tritt gegen den Korb. Er äußert, er kann Juden nicht leiden und hat deshalb gegen den Korb getreten. Cottbus, 15. Oktober 2017: Ein Zuschauer ruft während des Fußballspiels "FC Energie Cottbus" gegen "SV Babelsberg 03": "Juden, Arbeit macht frei - Babelsberg 03". Cottbus, 24. September 2017: Ein unbekannter Mann brüllt in unmittelbarer Nähe der Synagoge mehrfach "Sieg Heil, scheiß Juden und Juden raus". Weiterhin zeigt er zweimal den Hitlergruß. Cottbus, 31. August 2017: Unbekannte bringen den Schriftzug: "Gas für Juden" in schwarzer Farbe auf einem Container für Gasflaschen an. Löwenberger Land (OHV), 28. Januar 2017: Der Beschuldigte nennt den Holocaust auf der für jedermann zugänglichen Facebook-Seite "Nationaler Verband Oberhavel" eine erschaffene Lüge. Falkenberg/Elster (EE), 16. Januar 2017: Mit einem schwarzen Edding beschmieren Unbekannte eine Gedenktafel für Juden mit "Holonikolaus Lüge!!!". Friedersdorf (LDS), 5. Juli 2017: Unbekannte beschmieren das Gemeindehaus Friedersdorf mit: "Juden sind scheiße" und "Fuck you". Bereits am Vortag wurden am Fahrradunterstand des Gemeindehauses Hakenkreuze, eine Doppel-Sigrune sowie die Schriftzüge "Fuck you Jude", "Hitler is back", "Fuck of Asyl" und "88" angebracht. Neuhardenberg (MOL), 16. Juni 2017: Aus einem geöffneten Fenster wird lautstark "Judensau" gebrüllt. Als ein 31-Jähriger aus dem gegenüberliegenden Haus genug von der Rumbrüllerei hat, ruft er "Halt Dein Maul!". Daraufhin beschimpft ihn die brüllende Person mit "Judenschwein". Schwedt/Oder (UM), 6. April 2017: Ein Video zeigt drei Jugendliche beim Fußballspielen. Darin fallen diese Äußerungen: "... wat für 133 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Scheiße kommt aus deinen unarischen Lungen? Dreckige Judensau! Der haut auch sowas raus wie, Ihr braunen Wichser!". Senftenberg (OSL), 28. Juni 2017: Ein 15-jähriger Schüler antwortet im Unterricht auf die Frage, warum es regne: "Weil die Juden vergast werden." Sonstige rechtsextremistisch motivierte Strafund Gewalttaten Bremsdorf (LOS), 11. Februar 2017: Zwei männliche Personen stellen sich "Heil Hitler" und "Sieg Heil" brüllend auf die Fahrbahn und zwingen einen PKW zum Anhalten. Als der Beifahrer die Personen zur Rede stellen will, wird er mit der Faust ins Gesicht geschlagen und auf dem Boden liegend getreten. Mittenwalde (LDS), 9. August 2017: Zeugen informieren die Polizei darüber, dass sich vermummte Personen mit einem weißen Plakat auf einer Autobahnbrücke aufhalten. Vor Ort werden vier Rechtsextremisten aus der Region festgestellt, die an das Brückengeländer zwei große Laken mit dem Konterfei von Rudolf Heß und den Aufschriften "Das war Mord" und "Mord verjährt nicht" angebracht hatten. Müllrose (LOS), 16. März 2017: Ein Lehrer wird auf eine von Schülern genutzte WhatsApp-Gruppe mit dem Namen "Waffen SS" und einem Hakenkreuz als Profilbild aufmerksam. Im Chatverlauf können Hakenkreuze, Begrüßungen mit "Sieg Heil", "Deutschland den Deutschen", "18 heißt Adolf Hitler" sowie ein Foto von Adolf Hitler festgestellt werden. Das Foto trägt den Zusatz "eine Liebe für immer" und ist mit einem roten Herz versehen. Sonnewalde (EE), 19. Februar 2017: Ein 44-Jähriger ruft auf seiner Facebook-Seite zur Bildung von Kampfgruppen auf. Seine Begründung: "uns beschützt hier keiner mehr". Wenig später verkündet er die Gründung einer solchen Gruppe für den Landkreis Elbe-Elster. Er gibt bekannt, dass er schon 30 Gruppenführer habe, hinter denen "2.150 Mann" stünden. Geplant seien monatliche Zusammenkünfte der Gruppenführer auf Landkreisebene und ein jährliches Manöver. Weitere Facebook-Beiträge richten sich gegen die Regierung und gegen Asylbewerber. 134 Rechtsextremismus 2.6 Überblick über die Landkreise Landkreis Barnim (BAR) Rechtsextremistisches 80 (2016: 61) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Barnim-Uckermark (seit 2017: KV Barnim) "DIE RECHTE" KV Märkisch Oderland Barnim Rechtsextremistische Barnimer Freundschaft (BF 25) Organisationen Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien Barnimer Freundschaft, Wandlitz Klaus Mann, Schorfheide Bands Raritäten (vormals Exempel) Preussen Revolte (Neuaufnahme) Liedermacher Son of the Wind (S.o.W.) Konzerte und Liederabende Liederabend am 28. Januar 2017 in Wandlitz, Son of Wind, vormals R.a.W. (Recht auf Wahrheit), ca. 60 Teilnehmer Vertriebe Zentralversand (Chorin): Vertrieb Brandenburg an der Havel Rechtsextremistisches 30 (2016: 31) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Havel-Nuthe "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Mittelmark (Havel) Rechtsextremistische Bund für Gotterkenntnis Organisationen (Kameradschaften, (Ludendorff) e. V. (BfG) "Freie Kräfte" etc.) Immobilien Bund für Gotterkenntnis, Kirchmöser Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe - 135 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Stadt Cottbus Rechtsextremistisches 160 (2016: 145) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Lausitz JN Stützpunkt Lausitz Rechtsextremistische Inferno Cottbus Organisationen (Kameradschaften, Identitäre Bewegung (IBD), "Freie Kräfte" etc.) Ortsgruppe Cottbus Immobilien - Bands Frontalkraft (FK) Hausmannskost (HMK) Liedermacher Sten AK - Solingen (47) Konzerte und Liederabende verhindertes Konzert am 11. November 2017 in Cottbus mit der Band Frontalkraft Vertriebe Rebel Records mit Textil-Label Black Legion: Label, Vertrieb, Ladengeschäft Landkreis Elbe Elster (EE) Rechtsextremistisches 35 (2016: 31) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Lausitz Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe - 136 Rechtsextremismus Stadt Frankfurt/Oder Rechtsextremistisches 50 (2016: 61) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Oderland Rechtsextremistische Bruderschaft 25 (B 25) Organisationen (Kameradschaften, Europäische Aktion (EA) "Freie Kräfte" etc.) Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW) Immobilien KSKW-Clubheim "Bunker", Frankfurt (Oder) Bands - Liedermacher Björn Brusak Konzerte und Liederabende aufgelöstes Konzert am 2. September 2017 in Frankfurt (Oder) Vertriebe - Landkreis Havelland (HVL) Rechtsextremistisches 75 (2016: 81) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Havel-Nuthe "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Mittelmark (Havel) Rechtsextremistische Freie Kräfte Neuruppin/ Organisationen (Kameradschaften, Osthavelland (FKN/O) "Freie Kräfte" etc.) Bürgerbündnis Havelland e. V. Immobilien Hammerskins, Kleingarten, Rathenow Bands - Liedermacher Toitonicus Konzerte und Liederabende Liederabend am 26. August 2017 Rathenow mit dem Liedermacher Flak, 50 Teilnehmer Vertriebe - 137 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) Rechtsextremistisches 110 (2016: 87) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Dahmeland JN Stützpunkt Schenkenländchen Rechtsextremistische Northsidecrew (NSC), Lübben Organisationen (Kameradschaften, Brigade 8 (B8) "Freie Kräfte" etc.) Immobilien Gaststätte, Mittenwalde OT Motzen Northsidecrew (NSC), Lübben (Vereinshaus) Bands Deathfeud Liedermacher - Konzerte und Liederabende Konzert am 27. Januar 2017 in Lübben Konzert am 2. September 2017 in Motzen mit dem Liedermacher Björn Brusak und der Band Feuer Frei, 40 Teilnehmer Liederabend am 2. Oktober 2017 in Motzen Konzert am 14. Oktober 2017 in Motzen Vertriebe Erik & Sons (Königs Wusterhausen): Textil-Label Landkreis Oder-Spree (LOS) Rechtsextremistisches 100 (2016: 84) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Oderland Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - 138 Rechtsextremismus Bands Barbaren (Neuaufnahme für 2017) Frontfeuer Stonehammer Skrew You Volkstroi Skindogs (Neuaufnahme für 2017) Feuer Frei Liedermacher Griffin Konzerte und Liederabende Vertriebe - Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) Rechtsextremistisches 95 (2016: 81) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Märkisch Oderland "DIE RECHTE" KV Märkisch Oderland Barnim Rechtsextremistische AO Strausberg (AO SRB) Organisationen (Kameradschaften, Bruderschaft H8 (H8) "Freie Kräfte" etc.) Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB) Freie Kameradschaft Märkisch Oderland (FK MOL) Immobilien KMOB-Clubheim "Sturmlokal", Bad Freienwalde Bands Exzess Liedermacher - Konzerte und Liederabende Konzert am 9. September 2017 im Bereich Strausberg mit Band Feuer Frei Liederabend am 16. Dezember 2017 in Bad Freienwalde mit dem Liedermacher Oiram, 35 Teilnehmer 139 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Vertriebe Exzess Records (Strausberg): Label, Vertrieb Landkreis Oberhavel (OHV) Rechtsextremistisches 140 (2016: 131) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Oberhavel JN Stützpunkt Oranienburg Rechtsextremistische Märkische Skinheads 88 (MS88) Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende Liederabend am 8. September 2017 verhindertes Konzert am 2. September 2017 in Teschendorf Vertriebe - Landkreis Ostprignitz-Ruppin Rechtsextremistisches 110 (2016: 81) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Prignitz-Ruppin Rechtsextremistische Freie Kräfte Neuruppin/ Organisationen (Kameradschaften, Osthavelland (FKN/O) "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher Mike Konzerte und Liederabende Liederabend am 3. Juni 2017 in Neuruppin mit Frank Rennicke (BY) Vertriebe - 140 Rechtsextremismus Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL) Rechtsextremistisches 75 (2016: 77) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Lausitz Rechtsextremistische Identitärer Aufbruch (IA) Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands Confident of Victory (C.O.V.) Outlaw Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe Opos Records, inkl. Textil-Label Greifvogel-Wear (Lindenau): Label, Vertrieb Stadt Potsdam Rechtsextremistisches 45 (2016: 54) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Havel-Nuthe "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Potsdam/Mittelmark Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - 141 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Bands Aryan Brotherhood (A.B.) Burn Down (B.D.) Handstreich (inkl. das Projekt 'Natürlich') Tätervolks Stimme und die Söhne Potsdam Uwocaust und Helfershelfer bzw. Uwocaust und RAConquista (vormals auch Uwocaust und alte Freunde) Liedermacher Martin Konzerte und Liederabende Konzert am 29. April 2017 in Potsdam, ca. 100 Teilnehmer Vertriebe - Potsdam-Mittelmark (PM) Rechtsextremistisches 60 (2016: 66) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Havel-Nuthe JN Stützpunkt Potsdam "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Potsdam/Mittelmark Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe - 142 Rechtsextremismus Landkreis Prignitz (PR) Rechtsextremistisches 65 (2016: 65) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Prignitz-Ruppin Rechtsextremistische Freie Kräfte Prignitz (FKP) Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe - Landkreis Spree-Neiße (SPN) Rechtsextremistisches 145 (2016: 110) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Lausitz Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher Brenner Konzerte und Liederabende - Vertriebe - Landkreis Teltow-Fläming (TF) Rechtsextremistisches 75 (2016: 89) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Dahmeland "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Potsdam/Mittelmark 143 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rechtsextremistische - Organisationen (Kameradschaften, "Freie" Kräfte etc.) Immobilien - Bands - Liedermacher - Konzerte und Liederabende - Vertriebe - Landkreis Uckermark (UM) Rechtsextremistisches 175 (2016: 160) Personenpotenzial Rechtsextremistische Parteien NPD KV Barnim-Uckermark (seit 2017: KV Uckermark) "DER DRITTE WEG" Stützpunkt Uckermark Rechtsextremistische Freie Kräfte Schwedt/Oder (FKS) Organisationen (Kameradschaften, "Freie Kräfte" etc.) Immobilien - Bands Jungvolk Liedermacher Fylgien Konzerte und Liederabende Liederabend im April 2017 Vertriebe Fylgien-Versand, Templin 144 Reichsbürger und Selbstverwalter 3. Reichsbürger und Selbstverwalter Der Verfassungsschutz Brandenburg informiert seit 2012 intensiv über die Reichsbürgerund Selbstverwalterszene. Seit im August und Oktober 2016 bei Polizeieinsätzen gegen Selbstverwalter in Reuden (Sachsen-Anhalt) und Georgensgmünd (Bayern) ein Polizist getötet und mehrere zum Teil schwer verletzt wurden, werden "Reichsbürger und Selbstverwalter" bundesweit als extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebung eingeschätzt. Daher werden sie mittlerweile in ganz Deutschland von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet. Bei "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" handelt es sich um Vereine, personelle Netzwerke und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren. Daher verstoßen "Reichsbürger und Selbstverwalter" oft gezielt gegen Gesetze oder begehen Ordnungswidrigkeiten. Mitarbeiter der Kommunalverwaltung fühlen sich schon seit vielen Jahren von "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" bedroht. Auch Richter, Staatsanwälte, Justizmitarbeiter und Polizisten stehen im Fokus. Mittlerweile wird das Milieu auf waffenrechtliche Erlaubnisse hin überprüft, um diese gegebenenfalls zu entziehen und so den Waffenbesitz in der Szene verhindern zu können. Personenpotenzial In Brandenburg waren Ende 2017 insgesamt 560 "Reichsbürger und Selbstverwalter" bekannt. Davon waren 50 Personen behördlich bekannte Rechtsextremisten. Auffällig ist, dass es sich um eine ältere Personengruppe handelt, denn jeder zweite "Reichsbürger oder Selbstverwalter" ist über 50 Jahre alt. Über zwei Drittel des Milieus sind Männer und rund fünf Prozent des Milieus verfügen über waffenrechtliche Genehmigungen. Diese Quote ist dreimal so groß, wie in der brandenburgischen Gesamtbevölkerung. "Reichsbürger und Selbstverwalter" sind ein Phänomen des ländlichen Raums. Die meisten der bekannt gewordenen Vorfälle spielen sich dort ab. Zwar sind alle 14 Landkreise und die vier kreisfreien Städte mit 145 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Reichsbürgern und Selbstverwaltern" konfrontiert. Doch der Landkreis Dahme-Spreewald war im Jahr 2017 mit Abstand am stärksten belastet, gefolgt von den Landkreisen Elbe-Elster, Potsdam-Mittelmark und Oberhavel. Die meisten "Reichsbürger und Selbstverwalter" in Brandenburg agieren als Einzelpersonen oder gehören zu kleineren, unstrukturierten Milieus, die sich regional und ortsbezogen durch Nachbarschaftsund Kennverhältnisse herausgebildet haben. Hinwendung zur Szene Warum Menschen die geregelten Bahnen eines normalen bürgerlichen Lebens verlassen und sich zu "Reichsregierungen", "Freistaaten", "Bundesstaaten" oder ähnlichen Milieus hingezogen fühlen, ist bislang noch nicht gründlich analysiert worden. Zur Szene gehören Personen mit psychischen Auffälligkeiten. Andere befinden sich objektiv gesehen in prekären Lagen. Eine solche Entwicklung wird von den Betroffenen oftmals gar nicht so eingeschätzt, sondern vielmehr als "persönlicher" Lebensstil deklariert. So wurde der Landrat von Dahme-Spreewald zwei Mal von Szeneangehörigen bedroht: unter anderem im September 2017 von einem "Reichsbürger" und ehemaligen Bürgermeisterkandidaten der rechtsextremistischen Partei "Pro Köln, der einige Monate zuvor in einer Fernsehsendung eines Privatsenders seinen Lebensentwurf als "Schnorrer" ausgebreitet hatte. Die Mehrheit der "Reichsbürger und Selbstverwalter" reagiert vor allem auf den raschen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahrzehnte. Sozialwissenschaftliche Studien legen nahe, dass gesellschaftliche Desintegrationsprozesse, wie instabile familiäre Strukturen, sich wandelnde soziale Strukturen, sich auflösende gemeinsame Werte und fehlende Beschäftigungsperspektiven von vielen Menschen als bedrohlich für den eigenen gesellschaftlichen Status wahrgenommen werden. Das Milieu der "Reichsbürger und Selbstverwalter" unterbreitet in solchen Situationen willkommene Vernetzungsmöglichkeiten und den Austausch mit Menschen, die ähnliche Ängste und Auffassungen haben. Geboten werden in der Regel weder Sachverstand noch individuelle Lösungen, sondern nur abstruse verschwörungsideologische Erklärungen, die mit der Wirklichkeit wenig zu tun haben. Die Fantastereien der "Reichsbürger und Selbstverwalter" verändern jedoch rasch und nachhaltig die politische Wahrnehmung sowie das politische und gesellschaftliche Handeln der betroffenen Personen. 146 Reichsbürger und Selbstverwalter Ideologie "Reichsbürger und Selbstverwalter" berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Sie behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung 1990 seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sie sich nicht verpflichtet, den geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Bundesrepublik sei nur ein Unternehmen ("GmbH") oder eine übergangsweise von den Alliierten eingesetzte Verwaltung, wie es in jüngsten Schreiben der Szene heißt, die in Brandenburg kursieren. Beispiel eines typischen Flyers von Reichsbürgern 147 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Typische Aktivitäten Haben sich solche Auffassungen erst einmal verfestigt, entfalten "Reichsbürger und Selbstverwalter" ihre szenetypischen Aktivitäten: "Reichsbürger und Selbstverwalter" geben amtliche Ausweisdokumente bei der Meldebehörde ab und benutzen stattdessen selbst produzierte oder im Internet erworbene Fantasiepapiere, wie "Personenausweise". Solche Papiere sind völlig wertlos und teilweise sogar strafrechtlich relevant. Seit vielen Jahren überziehen "Reichsbürger und Selbstverwalter" Behörden mit querulatorischen Schreiben, in denen sie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz ihre Autorität oder gar ihre Existenz absprechen. In mehrseitigen Briefen werden zum Beispiel Beamte und Richter belehrt, beschimpft und beleidigt. "Reichsbürger und Selbstverwalter" bestreiten die Berechtigung von Forderungen des Staates aus Steuer-, Bußgeldund Verwaltungsverfahren. Auch der Rundfunk-Beitrag wird oft nicht gezahlt. Die Konsequenzen für die hartnäckige Verweigerungshaltung sind oft hohe Mahngebühren, Pfändungen, gerichtliche Verfahren oder gar Erzwingungshaft. Wird Erzwingungshaft angedroht, zahlen sie aber in den meisten Fällen ihre Bußgelder. Aber bevor es so weit kommt, müssen die kommunalen Mitarbeiter im Innenwie im Außendienst oder Gerichtsvollzieher oft dem hohen Druck des Milieus standhalten. 2017 demonstrierten Reichsbürger sogar vor dem Wohnhaus eines Gerichtsvollziehers im Landkreis Oberhavel. Immer wieder kommt es vor, dass "Reichsbürger und Selbstverwalter" kommunale Mitarbeiter und Gerichtsvollzieher filmen. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit immer wieder Drohungen, unberechtigten Schadensersatzforderungen oder tätlichen Angriffen ausgesetzt. Amtsgänge mit Unterstützung von erfahrenen "Reichsbürgern" (sogenannte "Rechtskonsulenten") sollen den Druck auf die Verwaltung erhöhen. Durch den Abbau des Briefkastens samt Namensschild wollen "Reichsbürger und Selbstverwalter" die Zustellung von amtlichen Schreiben erschweren. 148 Reichsbürger und Selbstverwalter "Reichsbürger und Selbstverwalter" sind davon überzeugt, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland austreten können. Als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt betrachten sie häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises ("Gelber Schein") unter Berufung auf das Reichsund Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913. In Brandenburg wird der Staatsangehörigkeitsausweis wegen eines mangelnden Bescheidungsinteresses seit einigen Jahren nicht mehr ausgestellt. "Reichsbürger und Selbstverwalter" schöpfen den juristischen Klageweg weitestgehend aus und überhäufen Gerichte mit Anträgen und Eingaben. Auch hier lassen sie sich gerne von "Rechtskonsulenten" vertreten. Am ordentlichen Verfahren wirken sie in der Regel nicht mit und versuchen, Strafbefehle einfach ins Leere laufen zu lassen. Kommunen berichten häufiger, dass "Reichsbürger und Selbstverwalter" die Flagge des Deutschen Reiches im Vorgarten aufstellen oder ein Schild mit Warnhinweisen auf ihr "exterritoriales Gebiet" am Gartenzaun anbringen. Gewaltbereitschaft Nicht zuletzt der Fall von Wolfgang P., der im Oktober 2016 einen Polizisten im mittelfränkischen Georgensgmünd (Bayern) erschossen hatte, warf ein Schlaglicht auf das Gefahrenpotenzial der Szene. Der Beamte sollte dabei helfen, rund 30 Waffen im Haus des Reichsbürgers zu beschlagnahmen. 149 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Im Oktober 2017 wurde P. dafür vom Landgericht Nürnberg-Fürth (Bayern) wegen Mordes und versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Fall macht deutlich, dass die Ideologie der "Reichsbürgerund Selbstverwalter" Menschen tief in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild verstricken kann. Das kann die Grundlage für weitergehende Radikalisierungsprozesse sein. Für Wolfgang P. sei durch die Schüsse kein Mensch, sondern lediglich ein Amtsträger gestorben, wurde der Vorsitzende Richter des Landgerichts Fürth-Nürnberg zitiert. Ein solcher Angriff auf Repräsentanten des Staates sei verachtenswert und stehe auf tiefster Stufe.117 Strukturierte Formen der "Reichsbürger und Selbstverwalter in Brandenburg" "Reichsbürger und Selbstverwalter" in ihrer heutigen Ausprägung sind ein relativ junges Phänomen. Ihre ideologischen Wurzeln und symbolischen Aktionsformen sind in der rechtsextremistischen Geschichte verankert. Teile dieses Milieus sind den Verfassungsschutzbehörden schon seit 1985 als "Kommissarische Reichsregierungen" (KRR) bekannt. Schon damals stellten diese Gruppierungen Fantasiepapiere her und richteten zahlreiche Schreiben an Verwaltungen. Diese "Reichsbürger" sind Revisionisten und damit ein Teil der politischen Bewegung des Rechtsextremismus. Ihre Gruppen haben in der Vergangenheit symbolische Aktionsformen herausgebildet, die das Milieu der "Reichsbürger und Selbstverwalter" insgesamt geprägt haben. Die Bedeutung "Kommissarischer Reichsregierungen" für die Szene insgesamt ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. In den letzten Jahren war in Brandenburg nur die Gruppierung "Die ExilRegierung Deutsches Reich" aus dem Milieu der früheren klassischen "Kommissarischen Reichsregierungen" oder "Exilregierungen" aktiv. Die Exil-Regierung Deutsches Reich "Die Exil-Regierung Deutsches Reich" hat sich 2012 von der jahrelang die Szene dominierenden "Exilregierung Deutsches Reich" abgespalten. In ihren deutschlandweiten Vorträgen zur "BRD GmbH" macht die Gruppierung keinen Hehl daraus, dass sie die bestehende politische Ordnung fundamental ablehnt und die Demokratie durch ein anderes Staatsund Gesellschaftsmodell ablösen will. In der Region Berlin-Brandenburg trifft 117 Maxwill, Peter: Urteil im "Reichsbürger"-Prozess, in: Spiegel Online vom 23.10.2017. 150 Reichsbürger und Selbstverwalter sich die Gruppe regelmäßig zu "Funktionsträgertreffen", zu denen auch Mitglieder und Sympathisanten eingeladen werden. Strategisch ist sie um Mitgliedergewinnung bemüht und versucht, die regionalen, unstrukturierten "Reichsbürger"-Milieus an sich zu binden. "Die Exil-Regierung Deutsches Reich" ist bundesweit politisch tätig und lädt an wechselnden Orten in Deutschland zu "Bürgertreffen" beziehungsweise "Informationsveranstaltungen" ein, mit denen sie ihre Anhängerschaft zu vergrößern versucht. Im Jahr 2017 hat die Gruppe allerdings wegen interner Probleme nur wenige Veranstaltungen durchgeführt. Die Internetseite wurde ebenfalls nicht mehr gepflegt. In einem Appell wandte man sich an die Sympathisanten: "Wir schätzen Ihr Vertrauen. Das allein reicht aber nicht aus. Wir brauchen Ihre aktive Unterstützung. Beteiligen Sie sich an der Umsetzung dieser Ziele. (...) Wir bauen unseren Heimatstaat wieder auf, damit wir alle ein staatliches zu Hause haben. Sie kündigen doch auch nicht Ihre Wohnung, bevor Sie eine neue haben. [...] Bei uns gibt es die Möglichkeit, die Heimat zurück zu holen, aber keine Entschuldigungszettel für Gleichgültigkeit."118 Ziel der Gruppierung "Die Exil-Regierung Deutsches Reich", die sich selbst als "legitime Regierung der Deutschen" ansieht, ist die Reorganisation des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1871 als Deutsches Kaiserreich. Verfassung und Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland sieht die Gruppierung als nichtig an. Ihre Hauptvertreter treten in Videos auf YouTube für eine am Kaiserreich von 1871 orientierte Monarchie in Deutschland ein. Auf der Internetseite der Gruppierung finden sich fremdenfeindliche und antisemitische Aussagen. Sie spricht davon, dass der "Holocaust gegen die deutschen Völker" inzwischen eine neue Qualität erreicht habe. Flüchtlinge nennt sie in diesem Zusammenhang "Invasoren". Darüber hinaus kündigt die Gruppierung eine bevorstehende Weltherrschaft des "politischen Zionismus" an. Nationalstaaten sollen unter Druck gesetzt und zugunsten einer von Juden beherrschten "Neuen Weltordnung" ausgelöscht werden.119 Die Behauptung, die Bundesrepublik Deutschland 118 Internetseite der Gruppierung "Die Exilregierung Deutsches Reich" (letzter Zugriff am 02.05.2017) 119 Internetseite der Gruppierung "Die Exilregierung Deutsches Reich" (letzter Zugriff am 02.05.2017) 151 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 sei illegal und existiere nicht, verbindet "Die Exil-Regierung Deutsches Reich" mit der Aufforderung, keine Steuern, Abgaben oder Bußgelder zu zahlen. Dazu bietet sie vorgefertigte Beschwerdebeziehnungsweise Widerspruchsschreiben zum Download im Internet an. Haupteinnahmequelle ist der Verkauf von wertlosen "Reichsdokumenten", für die bis zu 120 Euro Gebühren verlangt werden. Die Hauptakteure sind in Brandenburg und Berlin ansässig. Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen Die Gruppierung "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen" mit Sitz in Cottbus ist eine Abspaltung des "Freistaats Preußen", der mit über 200 Mitgliedern und Sympathisanten zu den größten Vereinigungen des "Reichsbürger"-Milieus in Deutschland zählte. Die meisten Mitglieder stammten aus Brandenburg. Nach einer polizeilichen Maßnahme im Februar 2017 und internen Auseinandersetzungen spaltete sich der "Freistaat Preußen" im Frühjahr 2017 auf. Ein kleiner Teil der Mitglieder gründete den "Freistaat Preußen - Deutsches Reich". Der verbliebene Teil nennt sich "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen". Die Aktivisten der Nachfolgeorganisation waren zuvor geschäftsführend für den "Freistaat Preußen" tätig und für die Aufnahme von Mitgliedern sowie die Organisation von "Preußenrunden" und Seminaren zuständig. Von Cottbus aus wurden bundesweit mit dem "Freistaat Preußen" verbundene Gruppierungen mit Fantasiepapieren versorgt. Zu den mit der "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen" verbundenen Strukturen gehören die "Stadtgemeinde Cottbus" sowie der "Verein zur Förderung des Rechtssachverstandes in der Bevölkerung - Brandenburg" (RSV-Brandenburg). Die "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen" fällt immer wieder mit antisemitischen Äußerungen auf. In einem "Anschreiben an das jüdische Volk, den Zentralrat der Juden und die Israelische Botschaft" suggeriert die Gruppierung die Existenz einer jüdischen Macht, welche die weltweite politische Entwicklung prägen würde: 152 Reichsbürger und Selbstverwalter "Das jüdische Volk hat in jedem Land dieser Welt seine Vertreter, welche Einfluß auf die Regierungen dieser Länder haben. Ein Vertreter aus Ihrem Volk sagte sinngemäß, wenn ich die Macht über die Bank eines Landes habe, dann ist mir egal, welche Regierung das Land hat. Die Kriege der letzten Jahre zeigen offenkundig, daß nach der Unterwerfung des Landes die vorherige souveräne Staatsbank, der Weltbank untergeordnet wurde. Nicht zu vergessen ist die Kontrolle der Presse und Medien dieser Welt, durch Vertreter des jüdischen Volkes."120 Freistaat Preußen - Deutsches Reich Einige Personen, die im Geflecht rund um den "Freistaat Preußen" aktiv waren, haben den "Freistaat Preußen - Deutsches Reich" gegründet und unterhalten vom südlichen Brandenburg aus Beziehungen zu Gruppierungen mit ähnlichen Namen im gesamten Bundesgebiet wie "Bundesstaat Bayern", "Bundesstaat Sachsen" oder "Bundesstaat Baden". Teilweise verschicken diese Zusammenschlüsse gemeinsame "Anordnungen" an Verwaltungen in ganz Deutschland. In einer "Anordnung" vom 16.11.2017 an alle Standesämter droht der "Freistaat Preußen - Deutsches Reich" allen Mitarbeitern der Standesämter mit strafrechtlicher Verfolgung, wenn sie sich nicht beim "Freistaat Preußen" anmelden würden. Die Bundesrepublik Deutschland wird als "staatssimulierende BRD-Fremdverwaltung" bezeichnet. Die Standesbeamten seien bislang nur "Staatenlose mit der vorgetäuschten Staatsangehörigkeit deutsch".121 "Reaktivierte Gemeinden" Das Ausrufen von "Landgemeinden", "Samtgemeinden" oder "reaktivierten Gemeinden" ist eine neuere Aktionsform des Milieus in Brandenburg, wird aber auch in anderen Bundesländern (zum Beispiel Sachsen-Anhalt, Bayern, Nordrhein-Westfalen) praktiziert. In Brandenburg gibt es mehrere kleine Zusammenschlüsse dieser Art. Die "Landgemeinde Hosena" wurde 2016 von Aktivisten der "Reichsbürger"und "Selbstverwalter"-Szene aus Senftenberg (OSL) und Hoyerswerda (Sachsen) gegründet. Hosena ist 120 Internetseite der "Provinz Brandenburg - Deutsches Reich" (letzter Zugriff am 02.05.2017) 121 Internetseite des Freistaats Preußen - Deutsches Reich (letzter Zugriff am 02.05.2017) 153 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 ein Stadtteil von Senftenberg (OSL) und gehörte früher zu Schlesien. Seit 2016 ist die "Stadtgemeinde Cottbus" (verbunden mit der "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen") aktiv, seit 2017 die "Gebietskörperschaft Oranienburg" (OHV). Ebenfalls im Landkreis Oberhavel wurde 2017 die Gruppierung "Geeinte Stämme und Völker" ins Leben gerufen. Die Gründerin war einige Jahre zuvor schon in der Region um die niedersächsische Stadt Melle aktiv. Dort organisierte sie mit dem Verein "Landmark e.V." verschwörungsideologisch geprägte Veranstaltungen. Die meisten Anhänger solcher Aktionsformen erkennen ganz bewusst die deutsche Rechtsordnung nicht an. So argumentiert der Zusammenschluss "Geeinte Stämme und Völker", dass es eine "Staatsform im höchsten Recht" gäbe: "Die Staatsform im höchsten Recht ist der Naturstaat, der im engen und harmonischen Zusammenhang mit dem Grund und Boden steht auf dem er wirkt. Ein freier Zusammenschluss von Menschen die sich Ihrer Zusammengehörigkeit bewusst sind und unter Achtung der Natur diesen Staat auf dessen Boden errichtet haben."122 Solche informellen Zusammenschlüsse des Milieus waren in der Vergangenheit meistens nicht von langer Dauer. In den Jahren 2012 und 2013 gab es einen ähnlichen Versuch bereits in der Gemeinde Gosen (LOS), wo für die Dauer von eineinhalb Jahren eine "Samtgemeinde" gegründet wurde. Unstrukturierte Formen der "Reichsbürger und Selbstverwalter" in Brandenburg Neben diesen Zusammenschlüssen haben sich in vielen Teilen Brandenburgs kleinere, unstrukturierte regionale "Reichsbürger"-Milieus herausgebildet. Die Mehrheit dieses unstrukturierten Milieus eint die Ablehnung des demokratischen Rechtsstaates mitsamt seiner Verwaltung. Diffuse kollektivistische Vorstellungen, antisemitische Einstellungen und Verachtung gegenüber gewählten Repräsentanten des politischen Systems sind nicht selten in diesem Milieu. In allererster Linie fallen "Reichsbürger und Selbstverwalter" allerdings auf, weil sie sich hartnäckig Bußgeldern, kommunalen Gebühren, Rundfunkbeiträgen und Steuerzahlungen widersetzen. Zu diesem regionalen, unstrukturierten Milieu zählen in Brandenburg auch jene, die behaupten, sie seien aus der Bundesrepublik "ausgetreten" und praktizierten nun "Selbstverwaltung". 122 Internetseite der Gruppierung "Geeinte Stämme und Völker" (letzter Zugriff am 02.05.2017) 154 Reichsbürger und Selbstverwalter Immer wieder lässt sich in diesen unstrukturierten Milieus die Bildung loserer Netzwerke beobachten, die über die Grenzen der Bundesländer hinweg miteinander kooperieren. So unterhielt ein Angehöriger der Szene der "Reichsbürger und Selbstverwalter" aus Zeesen (LDS) Kontakte zum Selbstverwalter und Gewalttäter Adrian U. aus Reuden (Sachsen-Anhalt), der wegen versuchten Mordes an einem Polizisten in Halle (Sachsen-Anhalt) vor Gericht steht. In Zeesen ist auch das "Institut für Rechtsicherheit" aktiv, ein Klon von Mustafa Selim Sürmelis "Internationalen Centrum für Menschenrechte/Zentralrat Europäischer Bürger" aus Stade bei Hamburg. Sürmeli war "Rechtsbeistand" von Adrian U. und seiner Familie. Die Vernetzung läuft über soziale Netzwerke oder Internetradios, wie dem verschwörungsideologischen Sender "Dr Coldwell Radio Show". Aus einem solchen Milieu heraus wurde der Landrat von Dahme-Spreewald von einem "Reichsbürger" bedroht. In mehreren Fällen versuchten Angehörige des Milieus, Bürgermeisterwahlen in Brandenburg zu beeinflussen, indem sie ihnen missliebige Kandidaten mit ihrem typischen Verhalten provozierten. 155 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 156 Linksextremismus 4. Linksextremismus Linksextremistisches Personenund Organisationspotenzial in Brandenburg (zum Teil geschätzt) 2016 2017 Parteien Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 55 50 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) EP* EP* parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen - Rote Hilfe e.V. RH - 215 225 weitgehend unstrukturiertes linksextremistisches Personenpotenzial - Autonome - 210 220 sonstige linksextremistische Organisationen 70 65 Mehrfachzählungen Linksextremismus 50 50 Gesamtzahl der Linksextremisten (nach Abzug von Mehrfachzählungen) 500 520 * EP = Einzelpersonen Der Verfassungsschutz unterscheidet im Linksextremismus in drei Kategorien: Parteien, parteiunabhängige beziehungsweise parteiungebundene Strukturen und weitgehend unstrukturiertes linksextremistisches Personenpotenzial. Die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird nicht nur durch Straftaten angestrebt. Dem unstrukturierten Personenpotenzial gehören in Brandenburg in erster Linie gewaltbereite Autonome an. Sie bilden zugleich den größten Teil des Phänomenbereiches Linksextremismus. Ihr Ziel ist, das System mit allen Mittel zu überwinden. Dazu zählen die Anwendung von Gewalt und das Begehen verschiedener Straftaten. Unterstützung erhalten diese Akteure von parteiungebundenen Strukturen, die sie mit Know-how ausstatten und versuchen, sie vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen. 157 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Die linksextremistischen Parteien und parteiunabhängigen Organisationsstrukturen vertreten die legalistische Ebene des Linksextremismus. Sie nutzen meist Mittel der Willensbekundung und politischen Gestaltung. Allerdings pflegen diese Strukturen auch gute Kontakte zur autonomen Szene, unterstützen diese und stellen beispielsweise Rechtshilfe. Wenngleich sie nach wie vor nach einem Systemwechsel streben und dabei Grundpfeiler der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnen, werden in ihrem Namen kaum strafrechtlich relevante Taten begangen. Sie versuchen vielmehr, die bundesdeutsche repräsentative Demokratie aus sich selbst heraus zu bekämpfen und eine Diktatur des Proletariats zu errichten. Linksextremismus in Brandenburg 1993 - 2017 anhand der Kategorien "linksextremistisches Personenpotenzial (gesamt)", "Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - links" 800 715 700 670 670 620 715 605 600 600 545 540 535 520 500 490 500 485 490 500 410 400 300 200 100 44 48 53 24 36 21 22 32 34 26 30 24 8 21 14 15 0 1993 1994 1995 1997 1998 2001 2002 2003 2006 2008 2009 2013 2014 2015 2016 2017 linksextremistisches Personenpotenzial (gesamt) Gewaltstraftaten politisch motivierte Kriminalität - links Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. 158 Linksextremismus Linksextremismus in Brandenburg 1993 - 2017 anhand der Kategorien (Doppelzählungen möglich) "Parteimitglieder", "Rote Hilfe e.V.", "Gewaltbereite (Autonome)" 450 450 400 400 350 350 340 300 300 310 300 250 225 225 220 215 210 200 200 210 200 190 190 180 170 175 150 155 155 160 145 130 130 130 130 115 100 100 110 95 85 75 70 65 50 60 40 0 1993 1997 2001 2002 2003 2005 2010 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Parteimitglieder Rote Hilfe e.V. Gewaltbereite (Autonome) Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. 159 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 4.1 Autonome Wie schon 2016 hat die autonome Szene Brandenburg auch 2017 leichten Zuwachs. Die Zahl der Personen ist auf 220 angestiegen. Größere Bündnisse existieren weiterhin nicht. Lokale, in sich nicht homogene Szenen sind jedoch vorhanden. So agieren vor allem regionale Gruppierungen mit unterschiedlichen Agitationsschwerpunkten. Vornehmlich sind diese in den größeren Städten wie Potsdam, Cottbus und in Frankfurt (Oder) aktiv. Daneben existiert noch in Finsterwalde eine erwähnenswerte autonome Szene. Überregionales Kampagnenthema war 2017 der G20-Gipfel am 7. und 8. Juli 2017 in Hamburg, zu dem in allen linksextremistischen Hotspots mobilisiert wurde. Auch wenn nur von einer spärlichen Anwesenheit brandenburgischer Linksextremisten auszugehen ist, war das Ereignis dennoch der ultimative und europaweite Szene-Kristallisationspunkt. Der Autonome Gruppen in Brandenburg 2017 Prenzlau UM PR OPR OHV Neuruppin BAR Bernau Eberswalde HVL Oranienburg MOL Westhavelland Frankfurt (Oder) Potsdam LOS Teltow / Stahnsdorf / PM Kleinmachnow TF LDS SPN OSL Cottbus EE Forst Finsterwalde Spremberg 160 Linksextremismus Gipfel stellte nicht nur die Polizei in Hamburg vor eine enorme Herausforderung, sondern alle deutschen Sicherheitsbehörden. Die Ausschreitungen dürften zu den schwersten der letzten Jahre gehören. Sie überlagerten die friedlichen Protestbotschaften und Aktionen nahezu vollständig. Erste Mobilisierungen wurden bereits ein Jahr zuvor in großer Intensität gestartet. Aktionskonferenzen, die der Planung von Protestund Störaktionen dienten, fanden in den Städten Potsdam und Cottbus statt. Während des Gipfels riefen Potsdamer Aktivisten über das inzwischen verbotene Internetportal "linksunten.indymedia.org" zu einer nicht bei der Versammlungsbehörde angemeldeten Demonstration unter dem Motto "Hölle Hölle Hölle! Die gegebenen Umstände nicht hinnehmen. Wir lassen die aktuellen Auswüchse der kapitalistischen Gewaltverhältnisse nicht ungesehen. Hamburg ist überall." am Bassinplatz in Potsdam auf. Die Demonstration verlief entgegen einiger Ankündigungen friedlich. Das Aktionsfeld "Antifaschismus" ist für die Szene der größte Mobilisierungsfaktor und schafft anlassbezogene Allianzen unter den Gruppen. Außerdem lässt das Thema ideologische Differenzen verschwimmen. Im Mittelpunkt steht eindeutig die Konfrontation mit dem politischen Gegner. Das gilt insbesondere im Rahmen von Veranstaltungsund Demonstrationsgeschehen, wie auch losgelöst davon. Bei entsprechender Tatgelegenheit kommt es dabei zu Konfrontationsdelikten mit dem rechten Spektrum und zu Angriffen auf die Polizei. Derartige Tatgelegenheiten werden teilweise gezielt gesucht und provoziert. Besonders Aktionen gegen die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) vereinen die Szenen. Der "Kampf gegen den politischen Gegner" wird auf der Straße durch Blockaden, Plakatieraktionen oder Farbschmierereien ausgetragen. Zudem ist eine Ausweitung des Feindbildes feststellbar. Mittlerweile zählen nicht mehr ausschließlich Rechtsextremisten, sondern zunehmend Rechtspopulisten, wie Organisatoren und Anhänger der "GIDA"-Bündnisse oder eben der AfD, zu den erklärten Gegnern der Linksextremisten. Und die linksextremistische 161 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Ideologie verlangt, diese Gegner anzugreifen, weil Gewalt gegen den Gegner als legitimes Mittel der Auseinandersetzung betrachtet wird. Ebenfalls herrscht eine aggressive Stimmung gegenüber der Polizei. Ihr wird vorgeworfen, "Faschisten" zu schützen. Mit dem Ende der POGIDA-Proteste rückte 2017 die AfD zunehmend in das Visier der Szene. Es kommt seither vermehrt zu Aktionen gegen ihre Abgeordneten. Wohnhäuser werden aufgesucht und beschmiert, brennende Barrikaden errichtet sowie Bürgerbüros beschädigt. Auf Wahlveranstaltungen werden AfD-Mitglieder beschimpft und teilweise suchen Linksextremisten körperliche Auseinandersetzungen. Brandenburgische Linksextremisten bekennen sich zu diesen Aktionen auf Internetseiten wie der mittlerweile verbotenen Plattform "linksunten.indymedia.org". Das Internet bietet zusätzlich die Möglichkeit tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten anonym zu outen. Erst im Dezember 2017 wurde der Chefredakteur des rechtspopulistischen Magazins "Compact" an seiner Heimatadresse aufgesucht. Vor seinem Haus - die Adresse wurde im Internet veröffentlicht - fanden eine nicht genehmigte Demonstration und weitere Proteste statt. Die Aktion wurde medial aufbereitet und der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einen weiteren Schwerpunkt bilden "Anti-Gentrifizierungskampagnen" wie Besetzungen abrissbedrohter Gebäude. Diese werden im Verborgenen und mit größter Sorgfalt vorbereitet, bevor eine Mobilisierung der Öffentlichkeit startet. So beispielsweise bei der Besetzung des alten Fachhochschulgebäudes in Potsdam. Am 13. Juli 2017 fand ein Protestcamp gegen den geplanten Abriss statt. In einer Pressemitteilung teilten die "Aktivisten" die Besetzung mit. Kurz nach 13:00 Uhr wurden am Gebäude mehrere Banner entrollt unter anderem mit den Aufschriften "Stadt für alle - Retter*innen gesucht", gleichzeitig versammelten sich Protestler in den Räumen. Dabei kam es teilweise zu Sachbeschädigungen. Am späten Abend begann die Polizei, die Fachhochschule zu räumen. Die meisten Besetzer verließen das Objekt nach Platzverweisen freiwillig, einige mussten herausgetragen werden. Die 162 Linksextremismus Räumung wurde durch Sprechchöre begleitet: "Wir sind hier, sind laut, weil man uns die Häuser klaut", " BRD Bullenstaat" und "ganz Potsdam hasst die Polizei". Mehrere Anzeigen wegen Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurden gefertigt. Die gescheiterte Besetzung entwickelte eine lokale mediale Aufmerksamkeit, was dem Ziel der linksextremistischen Szene, eine öffentlichkeitswirksame Aktion durchzuführen, entsprach. Bei solchen Themen wird nach wie vor ein Brückenschlag zur bürgerlichen Gesellschaft gesucht und ein breiter Unterstützerkreis, der weit über das extremistische Personenpotenzial hinausgeht, angesprochen. Die regionalen linksextremistischen Szenen reagieren traditionell auf lokale Themenfelder. Dazu zählt auch der Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche, die aus Sicht der linksextremistischen Szene für preußischen Militarismus steht. Es werden die Themenfelder "Anti-Gentrifizierung" und "Antifaschismus" vermischt, um eine höhere Resonanz für potenzielle Gegenaktionen zu erzeugen. Ihren bisherigen Höhepunkt fanden die Proteste und Aktionen in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2017, als im Vorfeld eines angekündigten Gottesdienstes zur Grundsteinlegung des Wiederaufbaus des Kirchenturms eine übelriechende Flüssigkeit ausgebracht wurde. Fenster und Türrahmen der Nagelkreuzkapelle wurden beschädigt und der Gottesdienst durch Geruchsbelästigung beeinträchtigt. Zusätzlich wurde die Veranstaltung durch Rufe und Trillerpfeifen gestört. Hier sind weitere Aktionen der Szene zu erwarten. Antirassismus, Antifaschismus und Anti-Gentrifizierungskampagnen sind nach wie vor die bestimmenden Aktionsfelder. Mit den rückläufigen Flüchtlingszahlen ist eine gewisse Beruhigung der Szene einhergegangen. Öffentliche Solidaritätsveranstaltungen haben abgenommen und damit verbundene Spendenkampagnen für Kurdistan wurden reduziert. Grundsätzlich steht die linksextremistische Szene in Brandenburg offenen Grenzen und damit verbundenen Flüchtlingsbewegungen weiterhin positiv gegenüber und versucht auf unterschiedlichen Wegen, Flüchtlingen Hilfestellungen zu geben. In der Vergangenheit wurde Menschen, die nicht in Deutschland bleiben wollten, dabei geholfen, auf verschiedenen Reiserouten und Grenzübergängen unbehelligt das DublinAbkommen zu umgehen. Ebenfalls wurden Hilfsgelder für das selbsterklärte kurdische Autonomiegebiet Rojava (Syrien) oder den Kampf gegen den "Islamischen Staat" bereitgestellt. 163 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Mit einem Personenpotenzial von etwa 85 Mitgliedern ist die autonome Szene Potsdam die stärkste in Brandenburg. Hier existieren eine ganze Handvoll kleinere Gruppierungen, die keine festen Organisationen bilden oder Strukturen aufweisen. Die Gruppen treffen sich meist in unregelmäßigen Abständen in den diversen städtischen Szeneobjekten. Vielfach handelt es sich dabei um autonome Gruppen, die dem anarchistischen Spektrum zuzuordnen sind und teilweise eine gewisse Gewaltaffinität aufweisen. Sie rekrutierten sich zum Teil aus der Studentenschaft. Abgänge gleichen sie immer wieder aus. Die Entwicklung in den einzelnen Potsdamer Hausprojekten und die Abschottung der verschiedenen Gruppen haben zu einer Radikalisierung der Szene beigetragen. Ebenso ist eine Verjüngung feststellbar. Seit 2016 werden zunehmend Schüler in der Szene aktiv und heben das Personenpotenzial. Begünstigt und befördert wurde die Rekrutierung junger Aktivisten durch die zunehmende Präsenz rechtspopulistischer Akteure in der Öffentlichkeit. Viele der neuen Aktivisten sind nicht wegen einer linksextremistischen Weltanschauung oder gar fundamentaler gesellschaftlicher Umwälzungspläne in die Szene geraten. Vielmehr überhöhen sie ihre Vorstellung einer gerechten, weltoffenen Gesellschaft und sehen in Rechtspopulisten ihre Gegner. Bei ihren Aktionen verlassen sie dann vermehrt den demokratischen und legalistischen Rahmen und werden durch Altautonome und im besonderen Maße durch die "Rote Hilfe e.V." (RH) radikalisiert sowie instrumentalisiert. Dieser Trend setzte sich auch 2017 fort. Zwar ist die autonome Szene arg fragmentiert, aber einzelne Gruppierungen kooperieren anlassbezogen mit anderen Kleinund Kleinstgruppen in verschiedenen Bündnissen und Initiativen. Zudem hat sich die Szene in jüngster Zeit durch Demonstrationsund Blockadetrainings professionalisiert. Unterstützt durch intensive Schulungen der RH werden zunehmend im Geheimen Verhaltensweisen geübt und umgesetzt. Weiterhin wächst die Gefahr, dass innerhalb der vorhandenen Rückzugsräume Aktionen gegen den politischen Gegner und die Polizei geplant werden. Wichtigstes Kampagnethema der autonomen Szene ist der Antifaschismus. Allerdings spielen auch Anti-Gentrifizierungskampagnen, insbesondere in Studentenstädten mit Mietdruck wie Potsdam, eine Rolle. Im ersten Halbjahr 2017 war der G20-Gipfel das bedeutendste Thema. Am 20. und 21. Juni 2017 fanden in den Szeneobjekten "Spartacus" sowie 164 Linksextremismus "La Datscha" Infoveranstaltungen zu den Protesten gegen den G20-Gipfel statt. Die "Red & Anarchist Skinheads Berlin/Brandenburg" (RASH) nutzten das "Ultrash-Festival No. XI", um zur Anreise zum G20-Gipfel aufzurufen: "Auf unserem Ultrash-Festival wird es zudem verschiedene Infos zu den europaweiten antikapitalistischen Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg eine Woche später geben! Fahrt da alle hin und sorgt mit dafür, dass wir an diesem Wochenende ein starkes Zeichen gegen die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse setzen!" Nach dem Gipfel bestimmte die Bundestagswahl und damit verbunden der Kampf gegen den vermeintlichen Faschismus das Tagesgeschäft. Fast schon traditionell war im Wahljahr 2017 ein Anstieg linksextremistisch motivierter Sachbeschädigungen feststellbar. Besonders zerstörte Wahlplakate der AfD waren keine Seltenheit. Durch Linksextremisten begangene Straftaten, wie Beleidigungen und Bedrohung, flankierten AfD-Wahlkampfauftritte. In Finsterwalde (EE) kam es nach einer AfD-Kundgebung zu einem Angriff auf einen Ordner. Beim Verlassen der Veranstaltung wurde er angespuckt. Als Zeugen den Täter festhalten wollten, drohte dieser mit einem Schlagstock. Die zweitgrößte autonome Szene existiert in Cottbus. Sie verfügt über ein Personenpotenzial von etwa 35 Personen, darunter auch Gewaltbereite. Zum Teil rekrutiert sie sich aus der Studentenschaft der "Brandenburgischen Technischen Universität". Die Fluktuation ist hoch. Antifa-Aktivitäten dominieren. Überörtliche Veranstaltungen werden von der "Autonomen Antifa Cottbus" koordiniert. Hier existieren einschlägige Szenetrefforte und Hausprojekte einer subkulturellen linken Szene aus Punks und Autonomen, die sich weiter radikalisiert. Die "Autonome Antifa Cottbus" ist besonders bei der Koordination überregionaler Veranstaltungen tonangebend. Eine enge Zusammenarbeit besteht zudem mit der Szene in Spremberg (SPN). Beide verfügen außerdem über Kontakte zu den Szenen in Forst (SPN) und Finsterwalde (EE). Zur autonomen Szene Frankfurt (Oder) gehören weithin rund 30 Personen. Enge Verbindungen existieren zu Teilen der Studentenschaft, von der neue Mitglieder gewonnen werden. Damit hält sie seit Jahren ein stabiles Personenpotenzial, wenngleich bis auf einen kleinen Mitgliederstamm die Gesichter immer wieder wechseln. 165 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Die autonome Szene in Finsterwalde (EE) umfasst unverändert rund 20 Personen. Daneben existiert ein breites subkulturell geprägtes Umfeld - darunter Punks und antirassistische Skinheads -, das aktionsabhängig mobilisiert werden kann. Häufig kommt es zu Konfrontationen zwischen Angehörigen der linken und der rechten Szene. Darüber hinaus existieren weitere autonome Strukturen in Neuruppin (OPR), Prenzlau (UM), Bernau, Eberswalde (beide BAR), Oranienburg (OHV), Teltow, Stahnsdorf, Kleinmachnow (alle drei PM) und dem Westhavelland (HVL). 166 Linksextremismus 4.2 Rote Hilfe e. V. (RH) "Rote Hilfe e.V." (RH) Gründungsjahr: 1975 Sitz: Göttingen in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: 225 für Brandenburg relevante überregionale Publikationen: "Die Rote Hilfe" Internetadressen: www.rote-hilfe.de Mitglieder "Rote Hilfe e.V." in Brandenburg 1997 - 2017 250 225 210 215 200 200 175 180 170 150 160 160 150 150 130 100 100 80 50 60 40 0 1997 1999 2000 2001 2003 2005 2006 2007 2009 2010 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist zentraler Bestandteil der linksextremistischen Szene. Ihr Schwerpunktthema ist die "Antirepression". Mit ihrer Arbeit ist die RH ein organisationsübergreifender Förderer von Straftätern aus den unterschiedlichsten Bereichen des Linksextremismus. Selber agiert sie nicht gewalttätig, unterstützt aber Straftäter mit juristischer Beratung und bindet verurteilte Straftäter mit verschiedenen Aktionen, etwa 167 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 durch Solidaritätsbekundungen, an die Szene. Sie bekämpft die freiheitliche demokratische Grundordnung und sieht in der Bundesrepublik Deutschland einen Willkürstaat, von dem politische Verfolgung ausgehe. Die RH konnte in Brandenburg ihre Strukturen in den letzten Jahren kontinuierlich ausbauen. Sie verfügt nunmehr über 225 Mitglieder (2015: 210, 2016: 215) und gliedert sich in fünf Ortsgruppen (OG): Königs Wusterhausen (LDS), Potsdam, Strausberg (MOL), Neuruppin (OPR) und Cottbus. Die größte OG hat Potsdam mit fast 100 Mitgliedern, die aktivste Cottbus. Ortsgruppen der Roten Hilfe e.V. in Brandenburg 2017 UM PR OPR OHV Neuruppin BAR MOL HVL Strausberg Potsdam LOS PM Königs Wusterhausen TF LDS SPN OSL Cottbus EE Die RH hat in der gesamten linksextremistischen Szene Einfluss. Sie dient ihr als Scharnier und unterstützt die Szene mit Know-how, organisiert Veranstaltungen, Schulungen und Trainings. Bei den Aktionsund Blockadetrainings werden Strategien und Taktiken regelmäßig den aktuellen Gege168 Linksextremismus benheiten angepasst. Darüber hinaus betreibt die RH ihr Kerngeschäft mit der Verteidigung und Beratung linksextremistischer Straftäter. Perfide sind ihre selbstaufgestellten Regelungen, welche Straftäter unterstützungswürdig sind und wer nicht mit "Hilfe" bedacht wird. Wie der Verein selbst in seiner Publikation "Rote Hilfe Zeitung" regelmäßig darstellt, sind nur jene Straftäter einer Unterstützung würdig, die von ihren Straftaten gleich welcher Schwere überzeugt sind. Räumt ein Aktivist eine Überreaktion ein oder entschuldigt er sich gar für eine begangene Beleidigung oder Körperverletzung, kann er nicht mehr mit der Solidarität der RH rechnen. So ist beispielsweise zu lesen, dass der Sohn einer "Genossin" während einer Demonstration gegen Rechtsextremisten von Polizisten inhaftiert wurde. Daraufhin soll die "Genossin" die Polizisten "mit den Worten 'Das sind Arschlöcher' und 'diese Deppen' beleidigt haben. Es wurde ein Verfahren wegen Beleidigung gegen sie eingeleitet. Vor Gericht versuchte die Genossin, ein möglichst günstiges Urteil zu bekommen, indem sie sich für die Beleidigung der Beamten entschuldigte. Dies ist selbstverständlich eine Distanzierung und für uns ein Grund ihren Antrag abzulehnen."123 Gleiches gilt für Körperverletzungsdelikte. Beispielsweise wurde während eines Polizeikessels ein Aktivist wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung belangt. "In der Verhandlung legte er ein umfassendes Geständnis ab und entschuldigte sich. Das ist klar als Distanzierung von seiner politischen Aktion zu werten. Wir sehen uns daher leider gezwungen, ihm die Unterstützung zu versagen."124 Die RH demonstriert damit deutlich ihre Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und unterstützt gewalttätige Übergriffe auf Vertreter des Staates und vieles andere mehr. Weithin ist sie die einzige linksextremistische Organisation in Brandenburg, die unabhängig von jedwedem Trend kontinuierlich wächst. In Form von Aktionsund Blockadetrainings unterstützt die RH die linksextremistische Szene dabei, ihre Strategien und Taktiken kontinuierlich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Zusätzlich berät und unterstützt sie in Form von Schulungen. Ebenso werden Datenverschlüsselungen und andere szenespezifische Eigenschaften geschult. 123 Rote Hilfe e.V. (Hrsg.): "Die Rote Hilfe Zeitung", Ausg. 4/2017, S. 7. 124 Ebd., S. 6. 169 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 4.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Gründungsjahr: 1968 Sitz: Essen in Brandenburg aktiv seit: 1990 Jugendorganisation: "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Studentenorganisation: "Assoziation Marxistischer StudentInnen" (AMS) Mitglieder in Brandenburg: 50 für Brandenburg relevante regionale und überregionale Publikationen: "Unsere Zeit" (UZ), "Roter Brandenburger" (DKP Landesverband Brandenburg), "Trotz alledem!" (Zeitung der DKP Potsdam & Umland), "Rote Kalenderblätter" (DKP Landesverband Brandenburg) Internetadressen: www.dkpbrandenburg.de www.dkp.de Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) wurde am 25. September 1968 vom "Bundesausschuss zur Neukonstituierung einer Kommunistischen Partei" in Frankfurt am Main (Hessen) gegründet. Sie versteht sich als politische Nachfolgerin der 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) und betont, dass sie stets eng verbunden mit der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) der ehemaligen DDR war. Die DKP verfolgt als Ziel die Errichtung einer sozialistischen/kommunistischen Gesellschaft durch einen revolutio170 Linksextremismus nären Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen. Grundlage ist die Ideologie von Marx, Engels und Lenin. Sie betätigt sich hauptsächlich in den Aktionsfeldern Antifaschismus, Antimilitarismus und Antikapitalismus. Mitglieder linksextremistischer Parteien und "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Brandenburg 1993 - 2017 200 180 170 155 155 155 160 150 145 140 140 130 130 125 115 115 120 130 95 100 100 100 100 85 90 90 90 90 75 80 70 80 65 70 60 60 60 60 60 55 55 50 40 45 35 20 1993 1994 1995 1996 1998 2000 2002 2003 2004 2005 2006 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Linksextremistische Parteien Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. In Brandenburg verzeichnet die DKP trotz des Wahljahres 2017 einen weiteren Mitgliederschwund und bewegt sich in der Bedeutungslosigkeit. Die Altersstruktur wird im sehr wörtlichen Sinne von Altkadern geprägt. Ein angeblich aktives Parteileben wird von der Homepage des Landesverbandes vorgegaukelt. Auf den vorderen Landeslistenplätzen zur Bundestagswahl 2017 waren jedoch junge Kandidaten vertreten, um Verjüngung darzustellen. Doch davon ist die DKP weit entfernt. Während im Jahr 2017 sämtliche linksextremistischen Gruppierungen einen Zuwachs an Mitgliedern, Akteuren und 171 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Sympathisanten verzeichnen konnten, können die zwei linksextremistischen Parteien in Brandenburg davon nicht profitieren. Zusätzlich ist die DKP von einem Richtungsstreit gekennzeichnet. Die bundesweite Führungsriege kann sich daher kaum noch auf gemeinsame Programmpunkte einigen. Im Herbst 2017 führte dieser Streit zu bundesweiten Austritten langjähriger Mitglieder. Die Zersplitterung der Partei schreitet weiter voran. Mit ihren rund 50 Mitgliedern in Brandenburg tritt die DKP öffentlich quasi nicht mehr in Erscheinung. Lediglich bei Wahlen zeigt sie etwas erfolglose Präsenz. 172 Linksextremismus 4.4 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) ist eine maoistisch-stalinistisch ausgerichtete Partei und orientiert sich an den Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin sowie Mao Zedong. Ihrem Verständnis nach kann der Kapitalismus nicht reformiert werden, sondern muss revolutionär durch den echten Sozialismus nach sowjetischem Vorbild zur Zeit Stalins abgelöst werden. Den Sozialismus bezeichnet die Partei als den revolutionärsten Gedanken und einen Gewinn für die Menschheit. Die MLPD hat die Mitglieder der Bundesländer Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in einem gemeinsamen Landesverband NordOst gebündelt. Dieser wird von einer zentralen Geschäftsstelle in Berlin betreut. Eigene Strukturen der MLPD sind in Brandenburg nicht vorhanden. Lediglich Einzelmitglieder, die nur sporadisch aktiv sind, haben hier ihren Wohnsitz. Insgesamt weist die Partei einen elitären Mitgliederzirkel auf, der in sich geschlossen und durch private Verbandlungen geprägt ist. Aktuell scheint sie weniger durch Parteistrukturen geprägt als vielmehr von Vertretern einer politischen Glaubensrichtung. Die selten stattfindenden Aktionen der Partei werden federführend von Berlin oder anderen Bundesländern aus gesteuert und durchgeführt. Obwohl gelegentlich bei Demonstrationen oder Kundgebungen Fahnen oder Plakate der MLPD zu sehen sind, kommt die MLPD in Brandenburg über den Status einer Splitterpartei nicht hinaus. Genau wie die DKP hat auch die MLPD mit einer Überalterung ihrer Mitglieder und einer damit einhergehenden Obsoleszenz zu kämpfen. An politischen Diskussionen innerhalb der linksextremistischen Szene Brandenburgs hat sie sich bisher nicht gewinnbringend beteiligt. Resonanzen oder Reaktionen kann sie ebenfalls nicht hervorrufen. Somit ist ihre ideologische Wirkung gleich null. 173 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 4.5 Ausblick Die linksextremistische Szene in Brandenburg wird sich weiterhin in diversen gesellschaftlichen und politischen Aktionsfeldern betätigen. Ihre Anhänger streben dabei in der Hauptsache nicht die bloße Behebung von Missständen, sondern Veränderungen gesellschaftlicher Verhältnisse an. So unterschiedlich die Aktionsfelder sind, so haben sie doch alle dieselbe Botschaft: "Die Gründe für Armut und soziale Ungerechtigkeiten, Krieg, Flüchtlinge und Migration liegen im Kapitalismus." Staatliche Repression und Rechtsextremismus seien somit letztlich Instrumente zur Sicherung der sozial ungerechten Herrschaftsund Eigentumsverhältnisse im kapitalistischen System. Die öffentliche Fahndung nach G20-Straftätern wird die Szene noch eine ganze Weile beschäftigen. Es wird Solidaritätsbekundungen und weitere Veröffentlichungen von Namen sowie Adressen der Polizisten geben, die sich in Hamburg aufgehalten haben. Dieses Vorgehen (Outing) ist seit jeher ein typisches Mittel der linksextremistischen Szene, um ihre Gegner Angriffen auszusetzen. Der Staat soll so gezwungen werden, Straftaten von Demonstrationsteilnehmern zu legitimieren und von Verurteilungen Abstand zu nehmen. Im Jahr 2018 wird die linksautonome Szene in Brandenburg weiter, wenngleich langsam wachsen. Ein Teil der Anhänger wird mit zunehmendem Alter immer bürgerlicher und sucht Abstand. Neue, jüngere Mitglieder, Schüler oder dem studentischen Milieu entstammend, stoßen in diese Lücke. Mehr denn je lassen sich mit dem Kampagnenthema "Antifaschismus" neue Anhänger gewinnen. Ein großes Reizthema bleiben rechtspopulistische Parteien und Organisationen. Mit weiteren Farbanschlägen sowie Sachbeschädigungen an Parteienbüros und an Veranstaltungsgebäuden der AfD ist zu rechnen. Ziel solcher Aktionen ist, den politischen Gegner einzuschüchtern und zur Aufgabe zu bewegen. Beleidigungen beziehungsweise Bedrohungen bis hin zu Körperverletzungen gelten dabei als adäquates Mittel, um den "Feind" zu besiegen. Daneben sind es insbesondere Sachbeschädigungen, die auf das Konto der Linksextremisten gehen. Es steigt nicht nur die Bereitschaft zur Gewaltanwendung gegen den politischen Gegner, ebenso rückt die Polizei als Vertreter des Staates zunehmend ins Fadenkreuz. Die Verknappung von bezahlbarem Wohnraum und der Kampf gegen die damit verbundene Neugestaltung der Städte bleibt ein zentrales Anliegen der Szene. AntiGentrifizierungskampagnen könnten sich auf die anderen Städte auswei174 Linksextremismus ten. Die Garnisonkirche in Potsdam wird zudem ein weiterer Schwerpunkt bleiben. Anlassbezogene Aktionen und Eskalationen sind zu erwarten. Unterstützt werden die meisten Kampagnen durch die RH, die weiter wachsen und ihren Einfluss und ihre Verbindungen in das nicht extremistische Milieu erweitern wird. Flankierend wird sie weiterhin Aktionen mit ihrem Know-how unterstützen. Vorträge und Schulungen zum Umgang mit Polizeibeamten und Sicherheitsbehörden stehen im Vordergrund. Damit wirkt sie maßgeblich an der Professionalisierung der gewaltbereiten autonomen Szene mit. Der Linksextremismus wird auch 2018 fragmentiert bleiben, doch die RH schlägt eine Brücke zwischen szeneinternen Gräben und wird als Konsensorganisation akzeptiert. Das verschafft ihr weit über das linksextremistische Spektrum hinaus Reputation. Es bleibt dabei, dass es sich in bestimmten Kreisen gehört, Mitglied dieser Straftäter unterstützenden Organisation zu sein. Die sterbenden Parteien DKP und MLPD werden weiterhin einflusslos dahindämmern. Ihre Aktivitäten bleiben auf das vereinzelte Schwenken von Fahnen auf Demonstrationen beschränkt. Ihre Mitglieder lassen sich in absehbarer Zeit an zwei Händen abzählen. Die DKP wird darüber hinaus eine weitere Schwächung durch innerparteiliche Diskrepanzen erfahren. Die Vernetzung der linksextremistischen Szene wird sich mit Hilfe der sozialen Medien weiter intensivieren. So ist zu beobachten, dass Facebook und Twitter gerne zur Vorbereitung von Aktionen und Demonstrationen genutzt werden. Mobilisierungsaufrufe sind hier mittlerweile an der Tagesordnung. Anlaufstellen und Aufrufe zu Aktionen sind in den Foren und Chats der Szene zu finden, obwohl darauf geachtet wird, diese immer weiter zu verschlüsseln. Es wird durch anonymisierte Berichte im Internet für eine Etablierung einer "freien Gegenöffentlichkeit" geworben. Das Internet bietet die Möglichkeit tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten anonym zu outen, wie die Veröffentlichung der Privatadresse des Chefredakteurs des Magazins "Compact" zeigt. Solche Aktionen werden weiterhin zum Arsenal der linksextremistischen Szene in Brandenburg zählen. Die Gefahr des Linksextremismus geht letztlich nicht bloß von Aktivitäten und gewalttätigen Aktionen aus. Vielmehr hat eine jahrzehntelange Unterschätzung linksextremistischer Propaganda dazu geführt, dass einige ihre Ansichten in der Mitte der Gesellschaft bereits angekommen sind. 175 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Ein Beispiel sind Äußerungen eines Mitgliedes einer nicht extremistischen Partei. Als einer Polizistin in München (Bayern) in den Kopf geschossen wurde, hetzte er: "So ein Tag, so wunderschön wie heute. Weg mit dem Bullendreck. Ich mach mal den Champus auf #ACAB".125 Die Verwendung des Kürzels "ACAB" ("All cops are bastards") ist in der linksextremistischen Szene weit verbreitet und Teil des Themenfeldes "Antirepression". Durch solche Slogans sollen Polizisten entmenschlicht werden, um Gewalt gegen sie besser zu legitimieren. Der Beschuldigte wurde vom Amtsgericht Potsdam zu einer Geldstrafe von 1.500 Euro verurteilt. Der Richter sah die Vorwürfe der Beleidigung sowie der Billigung einer Straftat als erwiesen an. 125 Vgl. www.pnn.de/potsdam/1191421/ (Zugriff am 20.04.2018) 176 Entwicklungen im islamistischen Extremismus 5. Entwicklungen im islamistischen Extremismus Anzahl islamistischer Extremisten (geschätzt) Brandenburg 2015 2016 2017 Islamistische Extremisten 70 100 130 5.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus Mitte September 2017 ist die syrische Großstadt Rakka befreit worden. Damit hat die terroristische Organisation "Islamischer Staat" (IS) einen ihrer wichtigsten militärischen Stützpunkte verloren. Doch diese territoriale Zurückdrängung mit einem Sieg über den IS gleichzusetzen, wäre leichtfertig. Syrien und Nordirak sind nicht seine einzigen Wirkungsgebiete. Ableger haben sich mittlerweile in unterschiedlichen Regionen gebildet. ISJihadisten unterhalten nach wie vor Strukturen in Afghanistan, in Libyen, auf den Philippinen und im Nordkaukasus. Auch auf der ägyptischen SinaiHalbinsel begeht der IS massive Terroranschläge. Die Entwicklung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Ideologie des IS nicht allein militärisch zu bezwingen ist. Einige IS-Anhänger sind bereits aus den Kampfgebieten in die Bundesrepublik zurückgekehrt. Es stellt sich die Frage, wie sich diese Personen in Deutschland verhalten Flagge "Islamischer Staat" werden. Ob sie nach wie vor ihre terroristische Agenda verfolgen, desillusioniert oder traumatisiert sind, ist unklar. Islamistischer Terrorismus hat Deutschland längst erreicht. Der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 zeigte drastisch, dass Deutschland nicht nur Rückzugsgebiet, sondern auch Ziel ist. 177 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Zum Glück hat sich im Jahr 2017 in Deutschland ein Anschlag dieser Dimension nicht wiederholt. Immer wieder kommt es in Deutschland zu Verfahren nach SS 129 Strafgesetzbuch (Bildung einer terroristischen Vereinigung/Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung) und in deren Folge zu Hausdurchsuchungen sowie Verhaftungen. Anschläge konnten so verhindert werden. Die Vorbereitungen waren in unterschiedlichen Stadien. Teilweise hatten sich die Täter bereits die Tatmittel für geplante Anschläge beschafft. Die Zahl der Ermittlungsverfahren ist sprunghaft nach oben gegangen. Während der Generalbundesanwalt 2014 lediglich 114 Verfahren im Zusammenhang mit islamistisch-extremistischem Terrorismus geführt hat, waren es 2015 bereits 150. Im Jahre 2016 stieg die Gesamtzahl auf 250 und im November 2017 wurde erstmals die 1.000er-Grenze übersprungen. Von einer Entschärfung der Lage kann nicht die Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall. Auswahl islamistisch-terroristischer Anschläge 2017 31. Oktober USA Ein Pickup wird in Manhattan als Tatwaffe eingesetzt und überfährt auf einem Radweg Passanten. Acht Menschen sterben, elf werden verletzt. (Die verheerenden Folgen dieses Anschlages sind auf dem Bild auf Seite 180 zu sehen.) 17. August Spanien Barcelona und Cambrils: 16 Personen sterben, über 130 werden verletzt. 26. Juli Deutschland Ein Islamist greift in Hamburg Passanten mit einem Messer an. Ein Mensch stirbt, 5 werden verletzt. 20. Juni Belgien Ein Terrorist stirbt bei einem Sprengstoffattentat vor dem Hauptbahnhof in Brüssel. 178 Entwicklungen im islamistischen Extremismus 3. Juni England Anschlag in London mittels Kleinlaster und Messer: Acht Menschen sterben, 48 werden verletzt. Die drei Attentäter sterben bei dem Anschlag. 22. Mai England Selbstmordanschlag bei einem Konzert in Manchester auf überwiegend Kinder und Jugendliche: 22 Personen sterben über 500 werden verletzt. 20. April Frankreich Anschlag auf Polizisten in Paris auf dem Champs-Elysees: Ein Polizist stirbt, drei Polizisten werden verletzt. Der Attentäter ist tot. 7. April Schweden Anschlag mit LKW und Schusswaffen in Stockholm: Fünf Personen sterben, 15 werden verletzt. 3. April Russland Sprengstoffanschlag in St. Petersburg: 14 Personen sterben, über 50 werden verletzt. 22. März England Anschlag mit LKW und Messer in London: Fünf Personen sind tot, über 40 werden verletzt. Der Terrorist kommt ebenso ums Leben. 3. Februar Frankreich Ein Islamist greift mit einer Machete Soldaten in Paris am Louvre an: Ein Soldat wird getötet, der Angreifer auch. 1. Januar Türkei Ein Terrorist schießt in einem belebten Nachtclub in Istanbul um sich und tötet 39 Menschen. 179 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Anschlag am 31.10.2017 in Manhattan (USA) Zwar stand der "Islamische Staat" in Syrien schon seit längerer Zeit militärisch unter massivem Druck, dies hinderte die Jihadisten jedoch nicht, weltweit Anschläge zu begehen. Im Januar 2017 schoss ein Attentäter in einem Nachtclub in Istanbul (Türkei) um sich. Der Anschlag dauerte nur wenige Minuten, kostete aber 39 Menschen das Leben. In London (Großbritannien) steuerte ein Terrorist im März 2017 ein Auto in eine Menschenmenge an der Westminsterbrücke. Zwei Personen starben sofort, zwei weitere an den Folgen. Der Attentäter versuchte zu Fuß zu fliehen. Die Polizei erschoss den Täter, nachdem dieser auf einen Polizisten eingestochen hatte. Am 17. August überfuhr ein Lieferwagen gezielt Spaziergänger auf einer beliebten Flaniermeile in Barcelona. Dabei wurden 14 Menschen getötet und über 100 zum Teil schwer verletzt. Der Attentäter floh und erstach auf der Flucht eine weitere Passantin. Ein paar Stunden später stellte die Polizei ein paar Kilometer entfernt einen Wagen mit fünf Terroristen, die weitere Anschläge geplant hatten. Bei dem Versuch, sich der Verhaftung zu entziehen, wurden die Terroristen von der Polizei erschossen. Zwei völlig unbeteiligte Passanten verloren ebenfalls ihr Leben. Die Terroristen gehörten zu der Gruppe, die ursprünglich Sprengstoffanschläge auf mehrere Gebäude vorbereitete. Dabei explodierte jedoch ein Wohnhaus. In den 180 Entwicklungen im islamistischen Extremismus Ruinen fand die Polizei über 100 Butanund Propangasflaschen, die vermutlich bei dem Versuch der Herstellung des Sprengsatzes versehentlich detonierten. Der Kopf der Terrorzelle, Imam Abdelbaki Es Satty, und mindestens ein weiterer Terrorist kamen dabei ums Leben. Es Satty war den spanischen Behörden schon lange bekannt. Im Januar 2006 erfuhren die Sicherheitsbehörden, dass er Kontakt zu Personen hatte, die im Zusammenhang mit den 2004er Attentaten auf Regionalzüge in Madrid (Spanien) verhaftet wurden. Eine Kopie des Ausweises von Es Satty wurde seinerzeit in der Wohnung eines Verdächtigen gefunden. Er selbst wurde jedoch mit den Anschlägen nicht in Verbindung gebracht und wurde erst vier Jahre später verhaftet. Allerdings nicht aufgrund seiner islamistischen Aktivitäten, sondern wegen Drogenschmuggels. Er wurde zu vier Jahren Haft verurteilt und lernte während dieser Zeit Gleichgesinnte kennen. 2014 kam er frei, ging nach Ripoll (Spanien) und bewarb sich erfolgreich als Imam. Für sein Vorleben interessierte sich anscheinend niemand. Es Satty galt eher als zurückhaltend. Einzig die Tatsache, dass er sich kaum mit Gleichaltrigen abgab, fiel auf. Umso mehr kümmerte er sich um die Jugendlichen in der Gemeinde. Dass er es schaffte, sie für die Idee des terroristischen Jihad zu gewinnen und sie dementsprechend auszubilden, blieb unbemerkt. Der Fall zeigt deutlich, dass bereits bekannte Islamisten an Positionen kommen können, die ihnen ungehinderte Indoktrinierung Jugendlicher und Anschlagsvorbereitungen ermöglichen. Islamistische Strukturen sind nach wie vor in Deutschland präsent. Die Ereignisse im Jahr 2017 belegen erneut, dass Jihadisten willens und fähig sind, Anschläge durchzuführen. Im Oktober 2017 wurde in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) ein Syrer festgenommen. Er war im Herbst 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen und stellte im Februar 2016 in Mecklenburg-Vorpommern einen Asylantrag. Seit April 2016 stand er unter subsidiärem Schutz. Das heißt, die Flüchtlingseigenschaft wurde ihm nicht zuerkannt, er musste jedoch aufgrund des innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes nicht in sein Land zurückkehren. Die Hausdurchsuchungen ergaben, dass der 19-Jährige Sprengstoffanschläge geplant hatte, die viele Todesopfer gefordert hätten. Er war bereits gut vorbereitet. In seiner Wohnung fand man chemische Substanzen zur Herstellung des Sprengstoffes TATP. Durch die reibungslose Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden fand die Festnahme gerade zum richtigen Zeitpunkt statt. So konnte ein schwerer Anschlag in Deutschland verhindert werden. 181 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Die Tatmodalitäten unterscheiden sich vom nachfolgenden Fall, in dem mit einfachsten Mitteln und ohne große Vorbereitung vorgegangen wurde. Solche Anschläge stellen die Sicherheitsbehörden vor kaum lösbare Herausforderungen. Am 26. Juli 2017 attackierte in Hamburg ein 26-jähriger Palästinenser mit dem Messer wahllos Passanten. Der Täter ging zunächst in einen Supermarkt, kaufte Toastbrot und verließ ihn wieder. Unvermittelt betrat er das Geschäft erneut, begab sich direkt zu der Auslage der Küchenmesser, riss eines aus der Verpackung und stach auf Kunden ein. Dies kostete einem 50-jährigen Mann das Leben. Weitere sieben Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Beherzte Passanten stoppten den Attentäter und verhinderten Schlimmeres. In seiner Vernehmung gab der Täter an, er habe als Märtyrer sterben wollen. Die Behörden hatten ihn zwar als Islamisten eingestuft, er galt jedoch als eher psychisch instabil und weniger als zielstrebiger Terrorist. Eine Anbindung an islamistische Strukturen wurde bislang nicht bekannt. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass der Täter sich über das Internet radikalisiert hatte. Rückblickend auf die Ereignisse der letzten Jahre kann man im Wesentlichen drei Typen von Attentätern unterscheiden. Zu dem ersten Typus zählen Anhänger der international agierenden jihadistischen Netzwerke. Diese Personen gehen höchst konspirativ vor und planen ihre Taten im Voraus. Aufgrund der internationalen Kontakte sind sie weltweit mobil und könnten größere Anschläge logistisch bewältigen. Dazu zählt beispielsweise das französisch-belgische Netzwerk, das 2015 und 2016 für die Anschläge in Paris (Frankreich) und Brüssel (Belgien) verantwortlich war. Die Jihadisten haben meist eine terroristische Ausbildung in Syrien durchlaufen und Kampferfahrung gesammelt. Solche Netzwerke streben nach Expansion und versuchen über islamische Zentren, Moscheen und vor allem über das Internet neue Terroristen zu gewinnen. Sie verfügen über eine ausgezeichnete Logistik und Kontakte zu Spezialisten, zum Beispiel für die Herstellung von Sprengstoff. Eine weitere Bedrohung geht von den Einzeltätern aus. Sie pflegen keine systematischen Anbindungen an Netzwerke und radikalisieren sich meist selbst. Das Internet spielt hierbei eine große Rolle. In der virtuellen Welt verbreiten sie Propaganda, suchen Gleichgesinnte und Anleitungen oder Anschlagsideen. In diese Kategorie fällt beispielsweise Rias Khan Ahmadzi. Er attackierte 2016 in einem Regionalzug bei Würzburg (Bayern) eine fünfköpfige Touristengruppe aus Hongkong (China) mit Beil und Messer. 182 Entwicklungen im islamistischen Extremismus Vier Personen wurden lebensgefährlich verletzt, ebenso eine Frau, die dem Täter nach Verlassen des Zuges zufällig über den Weg gelaufen war. Als Polizisten einer Spezialeinheit ihn stellten, griff er diese an und wurde erschossen. Die Hintergründe dieser Tat liegen weitgehend im Dunkeln. Ahmadzi lebte bei einer deutschen Pflegefamilie, galt als eher ruhig und hatte Aussichten auf einen Ausbildungsplatz. Seine ideologische Ausrichtung konnte er vor seinem Umfeld verbergen. Erst nach der Tat fanden Ermittler in seinem Zimmer eine Flagge des "Islamischen Staates" und einen Abschiedsbrief an seinen Vater. Kurz danach verbreitete "Amaq", die Propagandaagentur des "Islamischen Staates", ein Bekennervideo. Die Gefahr von diesem Typus liegt in seiner Unberechenbarkeit und der Alltäglichkeit seiner Waffen. Attentäter der dritten Kategorie handeln weniger aus offensichtlichen politischen Motiven, sondern auch aus Verzweiflung. Sie begreifen ihr Umfeld nur noch als feindlich. Ihr Ziel ist Rache für empfundenes Unrecht. Sie wollen vor allem "Bedeutung", sei es auch nur für den Moment der Tat. Hierunter fallen Personen, die dem Phänomen des Amokläufers sehr nahe kommen. Eine ideologische Festigung ist hier kaum oder bestenfalls rudimentär vorhanden. Die Tat selbst wird dann entweder vom Täter selbst oder vom IS in den Kontext einer Ideologie gestellt und dadurch vermeintlich legitimiert. So gibt sich der Täter nicht das Image eines verzweifelten Selbstmörders, sondern das des Kämpfers, der sich für höhere Ziele opfert. Solche Zuschreibungen will sich der "Islamische Staat" gerne zu Eigen machen. Jeder Anschlag soll als Beweis seiner Schlagkraft gelten. Etabliert werden soll das Bild eines Soldaten, der bis zum Äußersten geht, um den Traum vom Kalifat umzusetzen. Als Beispiel für diesen Typus von Attentäter könnte Mohammad Daleel dienen. Er wollte seine Sprengstoffweste 2016 auf einem Musikfestival in Ansbach (Bayern) zünden, um einen Aufsehen erregenden Anschlag mit vielen Toten zu verüben. Die Tat war jedoch nicht sorgfältig vorbereitet. Der Attentäter hatte keine Eintrittskarte und wurde nicht auf das Festivalgelände gelassen. Alternativ sprengte er sich vor einem in der Nähe gelegenen Weinlokal in die Luft. Er verletzte 15 weitere Menschen, vier davon schwer. Der Täter selbst verstarb. Daleel kam über Bulgarien nach Deutschland. 2013 gab er in Bulgarien ein Interview über die Zustände in Aleppo (Syrien). Seine Frau und sein Kind seien von einer Bombe getötet worden, er selbst habe schwere Verletzungen durch Granatsplitter davongetragen. Er habe in Aleppo Kriegsopfer 183 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 fotografiert und die Bilder im Internet veröffentlicht, um auf die grausamen Zustände vor Ort aufmerksam zu machen. Vor der Kamera zeigte er seine Verletzungen. Daleels Ziel war Deutschland. In Bulgarien wollte er nicht bleiben. Er gelangte schließlich nach Lindau am Bodensee (Bayern) und begab sich freiwillig in Therapie. Seinem Therapeuten gegenüber hatte er mehrmals Selbstmordgedanken geäußert. Beispielsweise hatte er gedroht, sich mit Benzin übergießen und anzünden zu wollen. Sympathien für den internationalen Jihad hatte er nie offen gezeigt. Ob es tatsächlich eine Märtyreraktion für den "Islamischen Staat" war oder doch eher eine Verzweiflungstat, ist rückblickend schwer zu beurteilen. Fest steht jedoch, dass seine jihadistische Einstellung trotz psychologischer Betreuung nicht offensichtlich wurde. Die derzeit größte Gefahr geht von "Jihad-Rückkehrern" aus. Hiermit sind Personen gemeint, die Deutschland mit dem Ziel verlassen haben, sich dem terroristischen "Islamischen Staat" oder ähnlichen Organisationen anzuschließen. Das betraf bis Ende 2017 insgesamt 970 Personen. Davon haben ungefähr 150 in Syrien ihr Leben gelassen. Ein knappes Drittel der Ausgereisten ist bereits wieder zurück in Deutschland. Aufgrund der Niederlagen und Gebietsverluste des "Islamischen Staates" ist mit weiteren Rückreisewilligen zu rechnen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur aus Deutschland stammende Jihad-Reisende zurückkommen. Ebenso werden weitere Terroristen des "Islamischen Staates" versuchen, bei uns Zuflucht zu suchen. Von den bislang zurückgekehrten rund 300 IS-Anhängern ist bisher bekannt, dass ungefähr 100 im Kampfeinsatz waren. Sie dürften den Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoff gelernt haben. Einige von ihnen werden sicherlich aufgrund ihrer Erfahrungen desillusioniert und/oder traumatisiert sein. Andere aber werden den Kampf für ihr "Kalifat" fortsetzen. Die Grausamkeit und die Brutalität, die sie ausgeübt haben oder mit der sie konfrontiert waren, dürften Spuren hinterlassen haben. Einige der Rückkehrer werden mit Sicherheit desillusioniert sein. Sie sind in der blauäugigen Erwartung ausgereist, am Aufbau einer angeblich idealen Gesellschaft mitzuwirken und mussten feststellen, dass der "Islamische Staat" nur Gewalt und Leid verbreitet. Diese Desillusionierung kann eine Abwendung vom Jihadismus zur Folge haben. Die Gefahr, dass diese Personen in Deutschland aktiv werden, ist derzeit eher gering. 184 Entwicklungen im islamistischen Extremismus Andere Kriegsteilnehmer sind durch das Erleben von Gräueltaten traumatisiert. Posttraumatische Belastungsstörungen oder andere psychische Probleme sind die Folgen. Ihre Konstitution ist risikogeneigt und eine professionelle Behandlung notwendig. Eine ideologische Abwendung haben sie nicht vollzogen. Deshalb besteht die Gefahr, dass sie sich beispielsweise salafistischen Strukturen in Deutschland anschließen und zu Vorbildern für radikalisierte Jugendliche oder zum Verzweiflungstäter werden. Die größte Gefahr geht von Jihadisten aus, die ideologisch gefestigt und mit einem Auftrag versehen zurückkehren. Diese Personen dürften weitgehend verroht und extrem gewaltbereit sein. Sie haben die Kontakte und das Know-how, um ihre Mission in die Tat umzusetzen. Das oben erwähnte belgisch-französische Netzwerk ist das beste Beispiel hierfür. Ziel der Sicherheitsbehörden ist es, diese Personen bereits bei der Einreise festzunehmen. Illegale Einreiserouten oder die Nutzung gefälschter Papiere machen es jedoch extrem schwierig, Reisebewegungen zu verfolgen. Jihadisten agieren hochkonspirativ und schotten sich hermetisch gegen ihre Umwelt ab. Der dagegen gerichtete Aufwand der Sicherheitsbehörden ist sehr hoch und erfordert enorme personelle sowie materielle Ressourcen. Eine Gruppe, der bislang medial wenig Beachtung geschenkt wurde, sind die Frauen und Kinder. Frauen sind mit ihren Männern und Kindern ausgereist, um sich dem IS anzuschließen. Teilweise reisten die Frauen auch alleine oder zusammen mit Freundinnen aus, um vor Ort Kämpfer zu heiraten, die sie zuvor über das Internet kennengelernt hatten. Ist der Kämpfer tot, werden sie an den nächsten weiterverheiratet. Besonders Mädchen und Jugendliche sind leichter zu beeinflussen. Sie chatten über Facebook mit den Anhängern oder Kämpfern des "Islamischen Staates" und fühlen sich bald selbst als ein Teil einer gegen den Westen kämpfenden Gemeinschaft. Vor den Eltern halten sie dies geheim. Eltern merken zwar oft Verhaltensänderungen, tun sie aber in der Regel als Pubertätserscheinungen ab. Erst wenn die Mädchen verschwunden sind, wird den Eltern das Ausmaß der Manipulation an ihren Töchtern klar. Die Eltern der damals 15-jährigen Linda W. aus Sachsen ahnten nichts von den Ausreiseplänen ihrer Tochter. Linda hatte ihrer Mutter gesagt, sie wolle bei einer Freundin übernachten. In der Nacht saß sie schon in einem Flugzeug nach Istanbul. Die Anweisung für die Reise nach Syrien erhielt sie von einem tschetschenischen IS-Kämpfer, den sie im Internet 185 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 kennengelernt und am Telefon nach islamischen Recht geheiratet hatte. Die Mutter von Linda erhielt nur eine einzige Nachricht von ihrer Tochter. Sie schrieb, dass sie am Leben sei und: "Es werden viele Anschläge bei euch folgen". Mittlerweile ist Linda W. im Irak inhaftiert. Während die Staatsanwaltschaft bei rückkehrenden Männern in der Regel ein Verfahren einleitet, ist dies bei den Frauen extrem schwierig. Probleme bei der Strafverfolgung bereitet die Rolle, die Frauen vom terroristischen IS im "Kalifat" zugewiesen wurde. Während die Männer kämpften, sollten diese das Haus hüten, kochen, putzen und vor allem Kinder gebären. Solche und andere Tätigkeiten reichen für ein Verfahren nach Paragraf 129a Strafgesetzbuch meist nicht aus. Es liegen zwar Hinweise vor, dass dieses klassische Rollenbild durchbrochen wurde und auch Frauen zu den Waffen griffen, doch eindeutige Belege dafür, dass es sich um mehr als Einzelfälle handelt, gibt es nicht. Zudem ist es schwer, den Frauen eine konkrete Unterstützung des "Islamischen Staats" nachzuweisen. Während Männer von der Verwaltung des "Islamischen Staates" registriert, und ihre Fähigkeiten und Verwendungen sorgfältig dokumentiert wurden, finden Frauen in diesen Unterlagen keine Erwähnung. Dennoch darf die Rolle der Frauen für den internationalen Jihadismus nicht unterschätzt werden. Viele betrieben aktiv Propaganda in verschiedenen sozialen Netzwerken und lockten damit andere Frauen in Kriegsgebiete. Ein weiteres mittelfristiges Problem besteht bei Kindern, die aus diesen jihadistischen Familien hervorgegangen sind. Sie haben meist eine entsprechende Sozialisation erfahren, welche ihnen nach der Rückkehr in ihre Heimatländer einen Anschluss an die Gesellschaft nahezu unmöglich macht. Seit frühester Kindheit wurden sie ideologisch indoktriniert. Der "Islamische Staat" ist diese "erzieherische" Aufgabe systematisch angegangen. Die Lehrer wurden dazu gezwungen, ihre Schüler nach den Vorstellungen des "Islamischen Staates" zu unterrichten. Oberstes Ziel war die Ausbildung zum terroristischen Kämpfer. Die Vermittlung von Naturwissenschaften wurde weitgehend eingestellt. Fremdsprachen wurden gestrichen. Der Schwerpunkt lag auf Religion. Mathematik wurde anhand von militärischen Beispielen erklärt. Darüber hinaus wurden natürliche Hemmschwellen systematisch abgebaut. Augenzeugen berichten, dass bereits vierbis fünfjährige Kinder für Exekutionen missbraucht wurden. In sozialen Medien werden Videos zu den Taten der Kinder verbreitet. Ein Ausbilder gab ihnen zum Beispiel eine Pistole und befahl, Gefangene 186 Entwicklungen im islamistischen Extremismus zu erschießen. Es wurde den Kindern ebenfalls gezeigt, wie man einen Sprengstoffgürtel umschnallt, wie er auszulösen ist und wo man sich für eine höchstmögliche Opferzahl am besten platziert. Mit 14 Jahren wurden sie als Kinder-Soldaten eingesetzt. Es gab Camps, in denen nur unter 16-Jährige ausgebildet wurden. Teilweise hielten sich in diesen Camps über 100 Kinder und Jugendliche auf. Früher oder später werden viele dieser Kinder mit ihren Familien in ihre Heimatländer zurückkehren - auch nach Deutschland. Derart indoktriniert und gewalterfahren dürfte es für sie sehr schwer werden, ein halbwegs normales Leben zu führen. Bei derart missbrauchten Kindern verschwimmt die Grenze zwischen Tätern und Opfern. Opfer sind sie alle und manche wurden darüber hinaus zu Tätern. Mit jihadistisch-terroristischer Sozialisation umzugehen, wird die Gesellschaft und die Sicherheitsbehörden vor immense Herausforderungen stellen. 187 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 5.2 Lage in Brandenburg Gewaltbereiter islamistischer Extremismus und Jihadismus Islamistisch-extremistisches Personenpotenzial in Brandenburg 2001 - 2017 130 130 120 110 100 100 90 80 70 70 60 60 50 50 50 50 40 45 40 40 30 35 30 20 10 10 0 2001 2002 2006 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. Obwohl Brandenburg im Vergleich zu anderen Bundesländern ein eher geringes islamistisch-extremistisches Personenpotenzial aufweist, sollte die Gefahr, die davon ausgeht, keineswegs unterschätzt werden. Im Verfassungsschutzbericht 2014 wurden noch 40 islamistische Extremisten gezählt, 2016 waren es bereits 100 und mittlerweile liegt die Zahl der den Sicherheitsbehörden bekannten islamistischen Extremisten bei 130. Knapp die Hälfte von ihnen kommt aus dem Nordkaukasus. Ungefähr die Hälfte der Nordkaukasier gilt als gewaltbereit. Unter den anderen Nationalitäten liegt die Gewaltbereitschaft im einstelligen prozentualen Bereich. In den letzten Jahren sind über 30.000 Personen nach Brandenburg geflohen. Sie kamen vorwiegend aus Syrien, Irak, Russland (Kaukasus) und aus Nordafrika. Charakteristisch für diese Regionen sind unklare politische Verhältnisse und teils rechtsfreie Räume, die islamistische Organisationen als Operationsbasen für terroristische Anschläge vor Ort ausnutzen. Über die Flüchtlingsmigration sind in den vergangenen Jahren islamistische Extremisten nach Europa eingesickert. Weitere werden mit Sicherheit folgen. Diese verfügen mit hoher Wahrscheinlichkeit über Kampfbeziehungsweise Gewalterfahrungen. Die Strategie des "Islamischen Staates" ist, mittels terroristischer Anschläge Angst und Schrecken zu verbreiten, den eigenen Anhängern Stärke zu demonstrieren und damit eine Überreaktion gegen Muslime zu provozieren, um 188 Entwicklungen im islamistischen Extremismus die Mehrheit der gemäßigten Muslime in den Konflikt hineinzuziehen. Die Anschläge in Ansbach oder Würzburg (beide Bayern) zeigen, dass die Kampfzone nunmehr auch weiche Ziele außerhalb der Metropolen umfasst. Folglich ist ein Anschlag in Brandenburg keineswegs auszuschließen. Der islamistische Extremismus in Brandenburg ist vorwiegend durch Migranten aus dem Nordkaukasus geprägt. Dort gibt es viele Bewegungen, die die Unabhängigkeit von Russland anstreben. Der derzeitige pro-russische tschetschenische Regierungschef Ramsan Kadyrow regiert despotisch. Ihm werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Mit eiserner Hand geht er gegen Separatisten vor, die sich folglich weiter radikalisieren. Im Wesentlichen unterscheidet man zwei Gruppierungen: (1) die separatistische Itschkeria-Bewegung126, deren Hauptziel die Unabhängigkeit von Russland ist. Und (2) das islamistische "Kaukasische Emirat", das im Nordkaukasus ein Kalifat anstrebt. Einige Emire des "Kaukasischen Emirates" haben dem "Islamischen Staat" beziehungsweise seinem selbsternannten Kalifen al-Baghdadi die Treue geschworen und wurden somit zum "Islamischen Staat Provinz Kaukasus". Sie zählen damit zu den Islamisten, die den Jihad in den Kampfgebieten des Nahen Ostens unterstützen. Separatistische Interessen traten in den Hintergrund. Es ist schwer zu prognostizieren, wie sich diese IS-Unterstützer nach einem wahrscheinlich bevorstehenden Ende al-Baghdadis positionieren werden. Entweder suchen sie sich neue Kampfgebiete oder sie wenden sich wieder ihrer ursprünglichen Agenda, dem "Kaukasischen Emirat", zu. Die Flagge "Kaukasisches Emirat" 126 1991 wurde von tschetschenischen Separatisten die "Tschetschenische Republik Itschkerien" ausgerufen, die jedoch als unabhängiger Staat nicht anerkannt wurde. 1999 wurde Itschkerien durch russische Truppen zerschlagen. Die Separatisten agieren weiterhin im Untergrund. 189 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 unterschiedlichen Gruppierungen lassen sich schwer voneinander abgrenzen. Es gibt zahlreiche Überschneidungen und wechselnde Loyalitäten, was eine eindeutige Zuordnung und Prognose problematisch macht. Sicherheitsbehörden rechnen jedoch mit der Bereitschaft einiger jihadistischer Tschetschenen, auch in Deutschland schwerste Straftaten zu begehen. Anlass zur Sorge bereiten die tschetschenischen Kampfgruppen, die in Syrien aktiv waren. Sie gelten aufgrund ihrer militärischen Fähigkeiten und ihrer Skrupellosigkeit als Elitekämpfer. Voraussichtlich werden sie sich ein neues Einsatzgebiet suchen und sich dort jihadistischen Gruppierungen anschließen. Einige jedoch könnten nach Europa fliehen. Die Rückkehr nach Tschetschenien dürfte angesichts der starken Repressalien durch das Kadyrow-Regime wenig verlockend sein. Da Brandenburg bereits über eine große tschetschenische Community verfügt, ist eine weitere Zuwanderung islamistisch-extremistisch oder gar jihadistisch orientierter Tschetschenen nicht unwahrscheinlich. Sonstiger islamistischer Extremismus Nicht nur der terroristische Islamismus stellt für Brandenburg eine Bedrohung dar, sondern auch der politisch-legalistische islamistische Extremismus. Aufgrund der angespannten Terrorlage findet dieser bislang deutlich weniger öffentliche Beachtung. Anschläge auf Leib und Leben stehen bei diesen Organisationen nicht auf der aktuellen Agenda. Sie streben jedoch eine Gesellschaftsordnung an, die sich an islamistisch-extremistischen Werten orientiert. Diese Werte sind mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung völlig unvereinbar. Denn sie sind darauf ausgerichtet, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu überwinden, weil an deren Stelle ein Kalifat errichtet werden soll. Ohne Gewalt und die vollständige Abschaffung des demokratischen Rechtsstaats lässt sich dieses Ziel aber nicht erreichen. Die weltweit größte legalistische islamistische Organisation ist die mehrere Millionen Mitglieder umfassende Muslimbruderschaft (MB), die vordergründig eine ausgeprägte soziale und politische Bewegung darstellt. Ihr Leitgedanke lautet "Der Islam ist die Lösung!" - die Lösung 190 Entwicklungen im islamistischen Extremismus für alle sozialen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Probleme. Sie strebt einen islamischen Staat auf Grundlage der Scharia an und lehnt westliche Staatsund säkulare Gesellschaftsformen sowie Ideologien ab. Die MB wurde 1928 von Hassan Al Banna (1906 - 1949) in Ägypten gegründet und gilt als älteste und einflussreichste sunnitische islamistische Bewegung. Nach eigenen Angaben ist sie in mehr als 70 überwiegend muslimischen Ländern vertreten. Zahlreiche islamistische Organisationen sind aus ihr hervorgegangen, zum Beispiel die palästinensische HAMAS oder die En-Nahda in Tunesien. Die mitunter auch als "Mutterorganisation des politischen Islam" bezeichnete MB versucht, die Regierungen ihrer jeweiligen Heimatstaaten abzulösen und einen islamischen Gottesstaat auf der Grundlage der Scharia zu errichten. Dies will sie durch eine kulturelle Durchdringung der jeweiligen islamischen Staaten erreichen, beispielsweise durch Missionierung, karitative Einrichtungen, islamische Bildung und Erziehung. Nachdem in den 1950er / -60er Jahren der gewaltsame Jihad als Pflicht galt - im Notfall auch gegen "abtrünnige Muslime" -, wird seit den 1970er Jahren der gewaltlose Kampf propagiert. Allerdings beteiligten sich der MB zuzurechnende Gruppen auch danach noch an gewaltsamen Erhebungen gegen die jeweilige Staatsmacht, beispielsweise 1982 in Syrien und während der 1990er Jahre in Algerien. In der jüngeren Vergangenheit führten die vielfältigen politischen Umwälzungen des Arabischen Frühlings ab Ende 2010 zum Sieg der MB bei der Präsidentschaftswahl im Jahr 2012 in Ägypten. Präsident Mohammed Mursi blieb ein Jahr im Amt bis zu seinem Sturz 2013. Danach wurde die MB per Gerichtsbeschluss in Ägypten verboten und als Terrororganisation eingestuft. Mursi wurde im Jahr 2016 zu 40 Jahren Haft verurteilt. In Europa fungiert die Föderation Islamischer Organisationen in Europa (englisch "Federation of Islamic Organisations in Europe", FIOE) als Dachverband unterschiedlicher Organisationen, die den Muslimbrüdern nahestehen. Die von der MB in Deutschland betriebenen Islamischen Zentren dienen zum einen als Veranstaltungsorte für politische Agitation, zum anderen gelten sie als Begegnungsstätten für Anhänger islamistischer Organisationen 191 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 diverser Länder. Vereine der MB finanzieren sich im Wesentlichen über Mitgliedsbeiträge, Spendensammlungen in Moscheen oder sonstige private Spenden. Die hier lebenden Anhänger der MB treten allerdings öffentlich kaum in Erscheinung. In Deutschland ist die MB vor allem durch die 1960 gegründete "Islamische Gemeinschaft in Deutschland e.V." (IGD) vertreten; deutschlandweit hat sie 1.040 Anhänger (2016). Die IGD strebt zunächst die Errichtung eines bürgerlichen Staates mit islamischen Werten an. Ziel der Organisation ist, sich in Deutschland als anerkannter Ansprechpartner für Muslime und für Islamfragen zu etablieren, öffentliche Akzeptanz zu erlangen und sich als Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft zu positionieren. Die Mitglieder tarnen sich als weltoffene tolerante Organisation und leisten oftmals humanitäre Hilfe, um sich bei den "kleinen Leuten" unter den Muslimen beliebt zu machen. Die Ausnutzung der demokratischen Freiräume begünstigt dabei die Herausbildung islamischer Parallelgesellschaften. Organisatorisch sind in Brandenburg legalistische islamistische Extremisten unter dem Namen "Sächsische Begegnungsstätte" (SBS) vertreten. Ihre Zielgruppe sind meist Zuwanderer. In Brandenburg an der Havel unterhält die SBS bereits einen Gebetsraum. In Senftenberg (OSL) und in Luckenwalde (TF) sollten weitere Gebetsräume entstehen. Die SBS nutzt gezielt den Bedarf der hier lebenden Muslime nach Gelegenheiten zum Gebet aus. Die SBS wurde im Frühjahr 2016 mit Sitz in Dresden (Sachsen) gegründet. Kurz nach der Gründung hat die Organisation ein Objekt in Pirna (Sachsen) gekauft, um die Begegnungsstätte einzurichten. Der Kaufpreis betrug rund 300.000 Euro und soll in fünf Jahresraten getilgt werden. Weitere Objekte soll die SBS in Leipzig, Riesa, Meißen, Görlitz, Zittau und Dresden (alle Sachsen) gekauft beziehungsweise gemietet haben. Die starke Expansion in kürzester Zeit lässt darauf schließen, dass die SBS über größere Finanzmittel verfügt. In Brandenburg werden der Struktur etwa 10 Mitglieder zugerechnet. Die Anzahl ist gering, Methode der SBS ist es 192 Entwicklungen im islamistischen Extremismus aber, sehr langfristig über soziales Engagement politisch-extremistisch zu wirken. Die Reichweite der 10 Mitglieder erhöht sich mit jedem Gebetsraum, den sie betreiben, deutlich. Vorstand und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der SBS ist Dr. Saad Elgazar. Es liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die seine Zuordnung zur MB rechtfertigen. So hat er über einen längeren Zeitraum in sozialen Netzwerken Beiträge veröffentlicht, welche die Aktivitäten der MB beschreiben. Er verbreitete und kommentierte Beiträge von und über Yousuf Al-Qaradawi, einer der wichtigsten und öffentlichkeitswirksamsten Ideologen der Muslimbruderschaft. Al-Qaradawi (*1926) zählt zu den weltweit prominentesten nicht-salafistischen Islamisten; er bestreitet eine Sendung auf dem TV-Sender Al Jazeera und die Webseite IslamOnline. In seinen Predigten und religiösen Rechtsgutachten ruft er auch zu Gewalt auf; in einem Rechtsgutachten erklärte er Selbstmordattentate gegen Israel für legitim. Unkommentiert verbreitete Elgazar zum Beispiel ein Video von Ismail Haniyeh, einem der politischen Führer der palästinensischen Terrororganisation HAMAS. In diesem drohte Haniyeh damit, genügend Kräfte zu haben, um den Feind, das heißt Israel, auf vielerlei Weise angreifen zu können. Ziel sei dabei nicht nur die Befreiung Gazas oder Jerusalems, sondern ganz Palästinas. Beiträge über Hassan Al Banna, den Gründer der MB, werden von Elgazar ebenso gepostet wie die Ideologie von Sayyid Qutb. Qutb (1906 - 1966) war einer der wichtigsten Ideologen des islamistischen Extremismus. Qutb forderte zunächst die Islamisierung der ägyptischen Nation, um dann die weltweite muslimische Gemeinschaft zu vereinen und abschließend die gesamte Welt zu islamisieren. Dabei sah er auch Gewalt als legitimes Mittel an, um die Gegner seiner Vision zu bekämpfen. Er wird auch von terroristischen Jihadisten zur Legitimation herangezogen. 193 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Durch positive Berichterstattung und Ideologieverbreitung verbunden mit der Forderung, den "wahren Kern des Islam" (Islamverständnis der Muslimbruderschaft) zu leben, wird die ideologische Ausrichtung der SBS deutlich. Elgazars Veröffentlichung "Die Lösung ist die Muslimbruderschaft" vervollständigt das Bild. Derartige Texte tragen zur Verbreitung der extremistischen Ideologie der Muslimbruderschaft bei und bezeugen, dass sich Elgazar als ein Teil dieser Organisation versteht. Wiederholt verwendet er in einigen seiner Beiträge die erste Person Plural, indem er Formulierungen wie "unsere Feinde", "unsere Methoden" oder auch "unser Krieg" wählte. Ebenso lassen sich antisemitische Haltungen in den Beiträgen erkennen. Beispielsweise wird in einem von ihm geteilten Video Mahmud Abbas, der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, als Verräter bezeichnet. Im Hintergrund sieht man eine geografische Karte Palästinas ohne Israel. Elgazar kommentiert das Video mit: "Es gab für uns ein Land mit dem Namen Palästina - und wird es [wieder] werden." Weitere Hinweise auf eine ideologische Verbindung zur Muslimbruderschaft bezeugen Kontakte bei zahlreichen Veranstaltungen sowie das Auftreten von Rednern, Referenten und Gastimamen der MB in Objekten der SBS. Aufgrund der Presseberichterstattung zu den Aktivitäten der MB sind viele Beiträge der SBS aus dem Netz verschwunden oder können nicht mehr aufgerufen werden. Dies zeugt von einer zielgerichteten Verschleierung tatsächlich vorhandener Absichten. Auch die derzeitige Website der SBS wirkt vollkommen unverfänglich und soll eine weltoffene kommunikationsorientierte Organisation suggerieren. In der Realität jedoch ist ihr Weltbild nicht nur intolerant gegenüber anderen Religionen, sondern auch gegenüber der übergroßen Mehrheit der Muslime. Sie möchten die Gesellschaft nach islamistisch-extremistischen Vorstellungen, also unter Einführung des SchariaRechts, verändern. Durch ihr hilfsbereites und vermeintlich tolerantes Auftreten will sie anschlussfähig wirken. Ihr gelingt es zudem, breite Unterstützung zu erlangen. Gerade im Hinblick auf die zahlreichen Migranten in Brandenburg kann von legalistischen islamistischen Extremisten eine große Gefahr ausgehen. Unter dem Deckmantel der Hilfsbereitschaft verschaffen sie sich Zugang zu Migranten und nutzen deren prekäre Lebenssituation aus, um neue Anhänger zu gewinnen, sie beginnen bereits im Kindesalter mit Veranstaltungen. Immer wieder erkennen auch Muslime den desintegrativen Charakter der MB selbst und wenden sich ab. Es besteht die Gefahr, dass sich extremistische Parallelkulturen bilden, die nicht mehr integrierbar sind und die letztendlich die Gesellschaft spalten. Eine solche Spaltung wäre nahezu unumkehrbar und würde jeder Form des Extremismus Vorschub leisten. 194 Entwicklungen im islamistischen Extremismus 5.3 Ausblick Vor allem in Syrien haben verstärkte Interventionen der westlichen Staaten und Russlands sowie kurdische Kämpfer islamistisch-terroristische Organisationen zurückgedrängt und teilweise handlungsunfähig gemacht. Mit dem Fall von Rakka hat der "Islamische Staat" sein Territorium weitgehend verloren. Damit erscheint die Vision des Kalifates weitaus weniger realistisch und glaubwürdig. Dennoch wird die Gefolgschaft des "Islamischen Staates" von ihrer Ideologie nicht ablassen. Die IS-Terroristen werden sich in anderen Krisenregionen wie Libyen ein neues Betätigungsfeld suchen. Andere werden in ihre Heimatländer zurückkehren oder dorthin gehen, wo sie sich eine Zukunft versprechen. Deutschland ist dabei sicherlich eines der bevorzugten Zielgebiete. Ob diese Kämpfer desillusioniert, traumatisiert oder weiter radikalisiert sind, lässt sich schwer vorhersagen. Auch außerhalb der Kampfgebiete werden sie versuchen, neue Betätigungsfelder und Rekrutierungspools zu erschließen. Trotz zahlreicher Verhaftungen, teils auch in Brandenburg, ist die Gefahr keineswegs gebannt. Anhänger des jihadistischen Spektrums werben in unzähligen Facebook-Profilen, auf Twitter und per WhatsApp sowie mit professionell aufgemachten Online-Magazinen für den "Islamischen Staat". Reisen nach Syrien sind für islamistische Extremisten jedoch unattraktiv geworden. Legitimation, Propaganda und Präsenz haben sich in andere Regionen und in die virtuelle Realität verlagert. So wird die Existenz des IS-Kalifats vorgegaukelt und jeder Anschlag zum Ausweis seiner Handlungsfähigkeit verklärt. Folgerichtig ruft es seine Anhänger auf, zu Hause zu bleiben und vor Ort zu kämpfen, also terroristische Anschläge zu begehen. Mehr als ein Auto oder ein Messer braucht der Attentäter dafür nicht. Um die ganze Entwicklung zu beschleunigen, werden Flüchtlingsbewegungen genutzt und Terroristen nach Europa geschleust. Die Nutzung von Alias-Identitäten, die hohe Konspiration und die Kampferfahrung offenbaren das Ausmaß des Gefährdungspotenzials. Die bundesweite Dynamik des islamistischen Extremismus spiegelt sich auch im Land Brandenburg wider. Das islamistische Potenzial in Brandenburg rekrutiert sich bislang fast ausschließlich aus Migranten. Hierbei kommt die überwiegende Mehrheit aus Syrien, Afghanistan und der Russischen Föderation. Bei den Migranten aus der Russischen Föderation handelt es sich vorwiegend um Tschetschenen. Davon hat ein Teil 195 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 in den Tschetschenienkriegen gekämpft und verfügt über entsprechende militärische Fähigkeiten. Über 5.000 Flüchtlinge aus dieser Region hat Brandenburg in den letzten zwei Jahren aufgenommen. Mittlerweile ist die Migration aus dem Nordkaukasus wieder etwas zurückgegangen, aber Rückreisen dorthin sind bislang weitgehend ausgeblieben. Darunter sind auch Personen, die eine islamistisch-extremistische Agenda verfolgen und untereinander bestens vernetzt sind. Obwohl die Bleibeperspektive der Migranten aus der Russischen Föderation äußerst gering ist, findet eine Rückreise in das Heimatland aus vielerlei Gründen - von Abschiebehindernissen bis hin zu Klageverfahren - kaum statt. Man schottet sich zudem massiv ab und hilft sich gegenseitig. Solche Clan-ähnlichen Solidaritätsstrukturen sind überaus attraktiv für weitere Zuzügler aus dem Kaukasus, aber auch für tschetschenische Kämpfer aus den Kriegsgebieten. Sollte ein weiterer Zuzug erfolgen, ist mit einer weiteren Erhöhung des islamistisch-extremistischen Personenpotenzials und der damit einhergehenden Verschärfung der Sicherheitslage zu rechnen. Obwohl das größte Problem in Brandenburg nach wie vor islamistische Extremisten aus dem Nordkaukasus sind, mehren sich Hinweise, dass auch Syrer, Afghanen und Nordafrikaner mit dem IS oder anderen Terrororganisationen sympathisieren und Anschläge befürworten. Das gilt auch für Migranten, die eine islamistisch-extremistische Ideologie teilen, selbst aber nicht aktiv werden wollen. In zweierlei Hinsicht ist das problematisch. Zunächst geht von diesem Personenkreis die Gefahr von Mitwirkungen oder Unterstützungshandlungen bei Anschlägen aus. Weiterhin kann es durch Rekrutierung zur Verbreitung der Ideologie und der Vermehrung des entsprechenden Personenpotenzials führen. Gefahr könnte auch von anderer Seite drohen. Sollte es nicht gelingen, die Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und anderen Staaten zu integrieren, könnte das Gefühl der Ausgrenzung einige dazu verleiten sich islamistischen Extremisten anzuschließen, die nur allzu bereitwillig das Feindbild des "Westens" zur Verfügung stellen. Die hieraus resultierende Polarisierung der Gesellschaft würde den gesellschaftlichen Frieden gefährden. Islamistische Werber sehen hier ihre Chance. Sie wissen nur zu gut, dass entwurzelte Menschen Gemeinschaft brauchen und bieten ihnen Hilfe bei Streitigkeiten und Behördengängen an. Vermehrt wurden Aktivisten salafistischer Organisationen im Umfeld von Asylbewerberheimen festgestellt, 196 Entwicklungen im islamistischen Extremismus in Einzelfällen auch in Brandenburg. Unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe versuchen sie, Asylbewerber für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Die Hilfsbedürftigkeit der Geflüchteten, ihre Entwurzelung, der Stress angesichts der Ungewissheit, wie es ihren zurückgebliebenen Familien geht, Orientierungslosigkeit und Ängste angesichts einer ungewissen Zukunft werden ausgenutzt, um neue Anhänger zu werben. Der geforderte Preis ist die Unterwerfung unter eine fanatische Auslegung des Islam. 197 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 198 Ausländerextremismus 6. Ausländerextremismus Mitgliederzahlen ausländerextremistischer Gruppierungen 127 (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2015 2016 2017 Linksextremisten 100 100 95 davon PKK / Nebenorganisationen 95 85 80 Nationalistische Extremisten 10 15 15 gesamt* 110 105 100 * Hier werden auch mit Verbot belegte Gruppen mitgezählt. Trotz teilweise rasanter politischer Entwicklungen in der ganzen Welt sind ausländerextremistische Bestrebungen im Land Brandenburg nach wie vor von untergeordneter Bedeutung. Von den in Brandenburg lebenden Personen ausländischer Herkunft gehörten im Jahr 2017 nur etwa 100 (2016: 105) extremistischen Ausländerorganisationen an128. Ausländerextremistisches Personenpotenzial in Brandenburg 1995 - 2017 300 290 275 250 235 235 200 205 200 170 150 155 140 125 100 110 105 100 100 50 50 20 40 10 30 5 0 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2006 2007 2008 2009 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Bei der Erstellung des Diagramms wurde auf die Darstellung von Jahreszahlen, die keine bzw. unwesentliche Veränderungen zum Vorjahr aufweisen, zu Gunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet. 127 Islamistische Extremisten werden nicht hier, sondern im Kapitel 5 erfasst. 128 Ausgenommen von dieser Zählung sind islamistische oder salafistische Akteure. 199 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Deutschland und damit auch Brandenburg dienen diesem Personenspektrum bereits seit Jahrzehnten als Rückzugsund in gewissem Maße als Rekrutierungsraum. Allerdings bringen die seit 2015 zahlreich nach Brandenburg eingereisten Flüchtlinge ihre Einstellungen mit. In ihrer Heimat aktiv gewesene Anhänger ausländerextremistischer Organisationen legen ihre Überzeugungen beim Grenzübertritt nicht ab. Feste Strukturen von ausländerextremistischen Gruppierungen sind im Land Brandenburg allerdings weiterhin nicht feststellbar. Es lassen sich letzten Endes in erster Linie Einzelpersonen ausmachen. Sie orientieren sich in der Regel nach Berlin, wo entsprechende Strukturen vorhanden sind. Dort und vor allem in Westdeutschland kam es im Jahr 2017 beispielsweise zu zahlreichen Zusammenstößen von Kurden und Türken, die im Zusammenhang mit dem mutmaßlich schlechten Gesundheitszustand des in der Türkei inhaftierten PKK-Führers Öcalan standen. Außerdem fürchten PKK-Sympathisanten, dass die in der Türkei zur Debatte stehende Wiedereinführung der Todesstrafe Öcalan betreffen könnte. Mobilisierungsförderlich erweist sich weiterhin der Kampf der PKK zusammen mit ihrer syrischen Schwesterpartei PYD (Partei der Demokratischen Union) gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" im Irak und in Syrien. Der Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien im Januar 2018 hat die Spannungen zwischen beiden Volksgruppen zusätzlich verschärft. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA-GEL) Gründungsjahr (als PKK): 1978 in der Türkei Sitz: Nord-Irak in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: ca. 80 Publikationen: "Serxwebun" (Unabhängigkeit), "Yeni Özgür Politika" (Neue Freie Politik) internationale Teilorganisation: "Koordination der kurdischdemokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) Betätigungsverbot für die PKK in Deutschland durch den Bundesminister des Innern am 26.11.1993 200 Ausländerextremismus Die 1978 von Abdullah Öcalan in der Türkei gegründete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) sieht sich als einzige legitime Interessenvertretung der Kurden. In vergangenen Jahrzehnten hat sie sich immer wieder umbenannt (KADEK, KONGRA-GEL, KKK beziehungsweise KCK). Im Kern blieben die Strukturen und die Ausrichtung der PKK allerdings bestehen. Ursprünglich trat sie für die Errichtung eines unabhängigen Staates "Kurdistan" ein und versuchte, mit militärischen Mitteln und terroristischen Anschlägen diese Ziele zu erreichen. Die Finanzierung dieser und weiterer Aktivitäten erfolgt insbesondere über das Ausland, wo Kurden dafür sowohl freiwillig spenden als auch unter Druck zu Zahlungen gezwungen werden. Während sich auf türkischem Gebiet die PKK zur Interessenvertretung der Kurden erklärt hat, übernimmt diese Rolle in Syrien ihre Schwesterpartei PYD ("Partei der Demokratischen Union"). Proklamierten die Akteure in den vergangenen Jahren, dass es ihnen angeblich nur noch um kulturelle Autonomie gehe, streben sie nunmehr nicht zuletzt aufgrund ihrer militärischen Erfolge in Syrien einen länderübergreifenden föderalen Verbund aller Kurden im Nahen Osten an. Von einem vereinigten Kurdistan ist die Rede. Die im Januar 2018 vom türkischen Militär in Syrien gestartete "Operation Olivenzweig" kann in diesem Kontext gesehen werden. Aufgrund ihres auch in Deutschland gewalttätigen Vorgehens wurde die PKK am 26. November 1993 vom Bundesinnenminister mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegt. Seit 2002 ist sie von der Europäischen Union als terroristische Organisation gelistet. 2014 wurde diese Einstufung von der Europäischen Union erneut bekräftigt. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 28. Oktober 2010 wird die PKK in Deutschland als terroristische Vereinigung im Ausland eingestuft. Damit können ihre Mitglieder nach SSSS 129a und b StGB strafrechtlich verfolgt werden, was ein höheres Strafmaß ermöglicht. Die PKK ist die einzige ausländerextremistische Organisation im Land Brandenburg, die über ein zahlenmäßig relevantes Personenpotenzial verfügt. Gegenwärtig werden etwa 80 Personen (2016: 85) dieser Organisation zugerechnet. Zusätzlich gibt es Einzelpersonen, die insbesondere nationalistisch-ausländerextremistischen Spektren zugeordnet werden. 201 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Darunter beispielsweise die aus Indien stammende Babbar Khalsa. Die entsprechenden Akteure unterhalten in Brandenburg jedoch keine über persönliche Kennverhältnisse hinausgehenden Strukturen. Diejenigen mit Organisationsbezügen orientieren sich nach Berlin. 2016 konnten in Brandenburg Intensivierungen der PKK bei der Rekrutierung von Kämpfern festgestellt werden. 2017 haben diese Aktivitäten nachgelassen. Selbst eine 2016 erstmals in Potsdam durchgeführte PKKDemonstration wurde nicht wiederholt. Ebenfalls ist die Unterstützung durch die linksextremistische Szene rückläufig. Solidaritätsaktionen und Spendenkampagnen wurden zurückgefahren. Jedoch sind vereinzelte Ausreisen von Aktivisten, meist mit Kontakten zum linksextremistischen Milieu, in das Krisengebiet feststellbar. Die Personenanzahl ist gering und häufig kehren sie nach einem kurzen Aufenthalt - nicht selten frustriert und desillusioniert - nach Deutschland zurück. Jährlich führt die PKK in Brandenburg unter ihren Mitgliedern und Sympathisanten Spendenkampagnen durch. Dies wird weiterhin eine ihrer wesentlichen Aufgaben sein. Von einer Ausdehnung des PKK-Netzwerks nach Brandenburg ist bisher nicht auszugehen. In Zukunft werden nach wie vor in erster Linie Einzelpersonen mit Bezügen zur PKK in Brandenburg leben oder gemeldet sein. Die Erfolge kurdischer Kämpfer beim Zurückdrängen des terroristischen "Islamischen Staats" in Syrien und die damit gewonnene internationale Wertschätzung wird die PKK nutzen wollen, um die Aufhebung ihres in Deutschland seit 1993 bestehenden Betätigungsverbotes und die Streichung von der EU-Terrorliste zu fordern. Obwohl sich die PKK in Europa überwiegend friedlich verhält, sind militante Aktivitäten nach wie vor möglich. Die weitere Entwicklung der hiesigen PKK-Aktivitäten hängt insbesondere von den politischen und militärischen Vorhaben der türkischen AKP-Regierung ab. Bisher ordneten sich die jungen PKK-Parteigänger und -sympathisanten dem eher besonnenen Vorgehen ihrer älteren Führungseliten weitgehend unter. Sollte Öcalan aus gesundheitlichen oder anderen Gründen in türkischer Haft versterben, ist mit unkoordinierten gewalttätigen Aktionen - besonders der Jugendorganisationen - zu rechnen. Mit einer Veränderung der PKK-Strategie in Europa kann dann ebenfalls gerechnet werden. Innerparteiliche Konflikte sind bereits vorprogrammiert. 202 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz 7. Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz 7.1 Spionageabwehr, Proliferation Politische, wirtschaftliche, militärische und technologische Zusammenhänge in Deutschland und Europa sind für ausländische Regierungen, denen zuzurechnende Unternehmen oder Organisationen sowie für fremde Nachrichtendienste und deren verlängerte Arme nach wie vor außerordentlich interessant. Man erhofft sich Erkenntnisse, welche dem jeweils eigenen Staat einen Wissensvorsprung verschaffen sowie Zeit und eigene Ressourcen sparen. Um an diese Informationen zu gelangen, bedienen sie sich unter anderem der Spionage. Die Erkenntnisse aus der Vergangenheit und der Gegenwart lehren auch, dass fremde Nachrichtendienste oder Organisationen im Auftrag eines Staates Personen, oppositionelle Gruppen und andere beobachten beziehungsweise ausspähen, um gegen sie dann vorgehen zu können. Der Verfassungsschutz Brandenburg arbeitet im Verfassungsschutzverbund (Bundesamt für Verfassungsschutz und Verfassungsschutzbehörden der Länder) sowie mit allen Sicherheitsbehörden des Landes und zuweilen auch mit denen anderer Staaten zusammen, um dies zu verhindern. Auf Grund seiner Bedeutung innerhalb der EU und der NATO, der geopolitischen Lage, der wirtschaftlichen Stärke, der Hochtechnologien und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass politisch Verfolgte in unserem Land Zuflucht finden können, ist Deutschland und somit auch Brandenburg im Fokus fremder Nachrichtendienste und ein entsprechend wichtiges Aufklärungsziel. Die Chance, mögliche Entscheidungen oder Entscheidungsprozesse der Bundesregierung oder des Bundestages im Vorfeld zu kennen, diese eventuell beeinflussen oder verhindern zu können, scheinen einen besonderen Reiz auszumachen. Insbesondere im Hinblick auf taktische 203 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 und strategische Planungen, Waffentechnologien, Rüstungsprojekte, kritische Infrastrukturen oder auch in Bezug auf die Rechte und die Gesundheit Schutzsuchender arbeitet der Verfassungsschutz Brandenburg daran, die Interessen unseres Landes zu schützen. Wie auch schon in den vergangenen Jahren waren die Russische Föderation, die Volksrepublik China und die Islamische Republik Iran Hauptakteure der Spionage in Deutschland. Ungeachtet dessen wäre es fatal anzunehmen, dass diese Länder die einzigen sind, die sich uns gegenüber der Spionage bedienen. Wir richten in unserer Arbeit den Blick natürlich nicht nur nach Osten oder Nordosten. Erfahrungen zeigen, dass eine 360-GradBetrachtung sinnvoll und notwendig ist. Der Verfassungsschutz Brandenburg arbeitet im Rahmen der gesetzlichen Regelungen mit den Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland intensiv zusammen. Dazu zählen: Bundeskriminalamt, Bundespolizei, Zollkriminalamt, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst. Darüber hinaus wird ein Austausch mit der Polizei und dem Verfassungsschutzverbund gepflegt. In Brandenburg wird nicht unterschätzt, dass wir als eher mittlerer Wirtschaftsstandort natürlich trotzdem von Aktivitäten fremder Nachrichtendienste betroffen sind. Nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass sich die Bundeshauptstadt Berlin im Zentrum Brandenburgs befindet und somit ein zusätzlicher großer Anziehungspunkt für ausländische Dienste gegeben ist. Vor diesem Hintergrund werden in Brandenburg Informationen gesammelt und ausgewertet, um geheimdienstliche Tätigkeiten zu verhindern beziehungsweise aufzuklären. Neben der Enttarnung von Agenten geht es natürlich auch um das Erkennen von Arbeitsweisen, Informationsnetzen, Strukturen und Zielrichtungen der Akteure. Grundsätzlich sind die Arbeitsweisen fremder Nachrichtendienste im Wesentlichen gleich - wenn auch die Gewichtungen in puncto Einsatz von Technik, Finanzausstattung, Intensität und Quantität durchaus variieren. An den Methoden der Erkenntnisgewinnung fremder Nachrichtendienste änderte sich nichts. Nach wie vor bedient man sich sogenannter Legalresidenturen (Botschaften, Konsulate, Handels-, Reiseund Presseagenturen). In Zeiten von Internet, Jobbörsen, Social-Media, Dating-Agenturen, Bloggern, privaten Homepages und vielem mehr ist das Erlangen von In204 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz formationen für fremde Nachrichtendienste oft sehr leicht. Das Gros der erlangten Informationen stammt erstaunlicherweise noch immer aus frei zugänglichen Quellen. Neben den elektronischen Möglichkeiten schließt das natürlich auch die Printmedien ein. Weiterhin werden im Vorfeld von und während Delegationsbesuchen, Tagungen, Messen, Kongressen und Symposien Informationen unterschiedlichster Art erlangt. Dabei werden oft falsche Tatsachen vorgespiegelt, insbesondere durch "Social-Engineering". Dadurch wird das Vertrauen der Zielperson gewonnen und sie dann in aller Ruhe "abgeschöpft". Zuweilen werden diese Personen auch als "Quelle im Objekt" genutzt. Oft handelt es sich dabei um Behördenvertreter, Angehörige der Bundeswehr, Wissenschaftler, hochkarätige Manager und auch "einfache" Mitarbeiter. Neben der klassischen Beschaffung von Informationen wird durch fremde Nachrichtendienste versucht, Einflussnahme durch Propaganda und Desinformation auszuüben. Hierbei sind insbesondere die russischen Nachrichtendienste zu nennen, welche über staatlich gelenkte Medien, soziale Netzwerke und staatliche Institutionen versuchen, das westliche Bündnis zu schwächen und für Verunsicherung in der Bevölkerung zu sorgen. Besonders zu bemerken ist, dass man sich offensichtlich zuweilen auch "angeblicher" Flüchtlinge bedient, um echte Flüchtlinge auszuspähen und die Informationen an den russischen Geheimdienst weiterzugeben. Das ist besonders verwerflich, da echte Flüchtlinge diskreditiert und möglicherweise unter Generalverdacht gestellt werden. Wenn von Propaganda, "falschen" Flüchtlingen oder Einflussnahme und Desinformation zu sprechen ist, sollen auch türkische Institutionen nicht unerwähnt bleiben. Hier mehrten sich die Aktivitäten nach dem missglückten Putsch und nach dem Referendum über die neue Verfassung in der Türkei und in Bezug auf die "Gülen-Bewegung". Vor etwa 20 Jahren begann eine Art elektronische Revolution. Von Beginn an war diese Entwicklung von einem starken nachrichtendienstlichen Interesse begleitet. Zunehmend wurden Dienstleistungen wie zum Beispiel normale Briefpost, Telefax oder Festnetztelefon fast vollständig von E-Mail, SMS, MMS, WhatsApp, Skype und anderen IP-basierten Dienstleistungen abgelöst. Dies eröffnete den Geheimdiensten völlig neue Mittel und Wege. Grundsätzlich brachte diese Entwicklung sowohl für Unternehmen als auch für jeden einzelnen Bürger wirtschaftliche Vorteile und größere 205 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Freiheiten. Electronic-Banking und Onlineshopping machen für viele Menschen das Leben leichter. Der Fortschritt ist rasant. Schlagworte wie "Internet der Dinge", "Industrie 4.0" und "smart everything", "Smart-Home" sind allen bekannt. Natürlich kann man Kühlschränke, die Einkaufslisten erstellen und versenden, oder Kaffeemaschinen mit Internet-Schnittstellen durchaus hinterfragen. Es gibt jedoch eine wachsende Interessentengruppe für solche Produkte. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Mit technischem Fortschritt geht leider auch eine ernstzunehmende Gefährdung einher. Die Gefahr durch Ausspähung von vertraulichen und geheim zu haltenden Informationen, die, wenn sie in falsche Hände geraten, zu erheblichen Schäden bis hin zur totalen Abhängigkeit führen können, ist nicht zu unterschätzen. Im digitalen Zeitalter erlangt die Informationsgewinnung mit technischen Mitteln immer mehr an Bedeutung. Mit relativ überschaubaren Mitteln und wenig Risiko lassen sich relativ leicht Informationen beschaffen. Dabei werden immer öfter auch Scheinidentitäten zur Kontaktaufnahme verwendet. Leider "helfen" viele Zielpersonen oder Unternehmen, auch im privaten Bereich, unfreiwillig bei dieser Art von Beschaffung. Es gilt höchste Vorsicht, wenn Kontaktanfragen oder verlockende Jobangebote unerklärlich sind oder ungefragt an eine oder mehrere Personen herangetragen werden. Ein sehr freizügiger Umgang mit persönlichen Daten in sozialen Netzwerken, veraltete Schutzmechanismen in Unternehmen oder im privaten Sektor machen es den Tätern oft sehr leicht, an ihre "Beute" zu gelangen. Es ist davon auszugehen, dass ausländische Nachrichtendienste auch weiterhin erhebliche Anstrengungen unternehmen, um den Internetund Kommunikationsverkehr zu erfassen, auszuwerten und für Ihre Ziele zu nutzen. Eben weil die Datenfülle so enorm ist und die Vernetzung und Verknüpfung der Plattformen und Daten so weit fortgeschritten ist, lohnen sich Abschöpfungen jeglicher Art. Vor einigen Jahren ließen sich die Teilbereiche der Spionageabwehr noch genau trennen. Dies ist einem steten Wandel unterzogen. Heute müssen die einzelnen Bereiche immer intensiver zusammenrücken und können in der Wahl der Mittel kaum noch voneinander getrennt werden. Spionageabwehr, Wirtschaftsspionage, Sabotageschutz, Proliferation (Verhinderung der Verbreitung von Waren zur Waffenherstellung, Waffen und Massenvernichtungswaffen), Abwehr elektronischer Angriffe mit nachrichtendienst206 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz lichem Hintergrund ("Cyber-Abwehr"), Wirtschaftsschutz und materieller Geheimschutz haben neben den herkömmlichen Mitteln der Angreifer durch die elektronische Ausrichtung viele Gemeinsamkeiten aufzuweisen. Das bedeutet höhere Anforderungen an die technische und personelle Ausstattung und die Ausund Weiterbildung innerhalb des Verfassungsschutzverbundes und das Fortschreiben der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wenn der Verdacht besteht, dass die Bestrebungen beispielsweise gegen Privatpersonen, Vereine, Universitäten, Unternehmen, Parteien oder die "kritischen Infrastrukturen" (KRITIS) unseres Landes gerichtet sind, wird der Verfassungsschutz tätig. Unter KRITIS versteht man Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden. Dazu zählen beispielsweise: Energie, Finanzen/Versicherungen, Informationstechnik/Telekommunikation, Ernährung, Wasser, Medien/Kultur, Staat/Verwaltung, Gesundheit, Transport/Verkehr. Dabei geht es den fremden Nachrichtendiensten nicht nur um das Erlangen von Informationen oder das Zerstören von Datenbanken. Immer häufiger ist es Ziel der "Angreifer" Verwirrung zu stiften, falsche Information zu lancieren oder Zwietracht zu säen. Einige Angriffsversuche erwecken zusätzlich den Eindruck, als würden "Übungen für den Ernstfall" abgehalten werden. Bei der Analyse der nachrichtendienstlich gesteuerten elektronischen Angriffe zeigt sich in der Regel eine hohe informationstechnische Qualität. So werden zum Beispiel bisher unbekannte Sicherheitslücken in Softwareprodukten ausgenutzt. Andererseits zeigen Spear-Phishing-Angriffe einen im Vorlauf auf einzelne Personen ausgerichteten intensiven Rechercheeinsatz auf, in dessen Ergebnis dem Opfer auf ihn individuell zugeschnittene unauffällige E-Mails mit versteckter Schadsoftware zugespielt werden. Ein Beispiel für die Qualität von Angriffen, das inzwischen weltweit "Berühmtheit" erlangte, zeigt die Gefahr besonders deutlich auf. Es ist laut US-Geheimdiensten davon auszugehen, dass es russischen Nachrichtendiensten durch geschicktes Eindringen in Computernetze gelang, sensible Informationen der Demokratischen Partei der USA in die Öffentlichkeit mit dem Ziel zu schleusen, die Wahlentscheidung US-amerikanischer Bürger zu manipulieren. Zusätzlich weisen verschiedene Aktivitäten mit Scheinidenti207 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 täten auf sozialen Netzwerken darauf hin, dass intensiv Falschmeldungen ("Fake-News") in Umlauf gebracht wurden, um Verwirrung zu stiften. Wenn man bedenkt, dass in den USA inzwischen die Mehrheit der Bürger ihre "täglichen Nachrichten" beispielsweise über Twitter und ähnliche Dienste empfängt, gewinnen diese Methoden zusätzlich an Bedeutung. Die im Verlauf des Krieges der Ukraine mit russischen Separatisten im Osten der Ukraine zum Teil großangelegten Manipulationsmaßnahmen in sozialen Netzwerken, aber auch die gesteuerten Falschmeldungen in den Medien, sind neben anderen Möglichkeiten nur ein weiteres, aber an Bedeutung stark zunehmendes Instrument feindlicher Nachrichtendienste. Elektronische Angriffe sind ein weit verbreitetes Mittel und zuweilen auch erfolgversprechend. Aus diesem Grund werden sie auch in allen Bereichen eingesetzt. Insbesondere die "Hidden Champions"129 sind oft Ziel von Angriffen. Der jährliche Schaden für die deutsche Volkswirtschaft beläuft sich auf eine Höhe von knapp 50 bis 70 Milliarden Euro. Ein Vielfaches an Schäden wird als Dunkelziffer vermutet. Laut Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz kann durchaus mit einem dreistelligen Milliardenbetrag gerechnet werden. Die hohe Dunkelziffer im Cyber-Bereich lässt sich dadurch erklären, dass Delikte aus Angst vor Nachahmern, Scham oder Angst vor Rufschädigung nicht angezeigt oder schlichtweg nicht bemerkt werden. Um dem und weiteren Gefahren vorbeugen zu können, unternimmt der Verfassungsschutz in Brandenburg große Anstrengungen im präventiven Bereich der Spionageabwehr und des Wirtschaftsschutzes. 129 "Hidden Champions" sind Unternehmen, die in ihrer Branche zwar zu den Weltmarktführern gehören, aber in der Öffentlichkeit aufgrund eines Jahresumsatzes von maximal 3 Milliarden Euro oftmals kaum bekannt sind. 208 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz 7.2 Wirtschaftsschutz Der Wirtschaftsschutz soll deutsche Unternehmen durch präventive Maßnahmen vor Wirtschaftsspionage, den damit einhergehenden Wettbewerbsnachteilen, vor Sabotage, Terrorismus und Angriffen politischer Extremisten schützen. Durch persönliche Beratung und Sensibilisierungen in den Unternehmen, Teilnahme an Kongressen, Messen und Foren, durch Vorträge und das Beantworten unterschiedlichster Fragen wird von Seiten des Verfassungsschutzes Hilfestellung gegeben. Durch Sicherheitspartnerschaften - beispielsweise mit der "Industrieund Handelskammer" - sowie der Zusammenarbeit mit Universitäten und der intensiven Kooperation im Rahmen des Verfassungsschutzverbundes und mit anderen Sicherheitsbehörden wie der Polizei wird gewährleistet, eine möglichst breite Front gegen Angreifer zu bilden und darüber hinaus auch voneinander zu lernen. Insbesondere im Cyber-Bereich, in dem von Unternehmen die größte Gefahr gesehen wird, steht der Verfassungsschutz aktiv an der Seite der brandenburgischen Unternehmen. Durch viele Einzelvorträge oder auch auf Veranstaltungen von Unternehmensverbänden konnte erfolgreich sensibilisiert werden. Auch wenn Cyberattacken von außen ein großes Problem darstellen, sind 70 bis 80 Prozent der wissentlich oder nicht wissentlich nachrichtendienstlichen Akteure Innentäter. Das bedeutet, es handelt sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen oder in der Verwaltung. Die Bedrohungen sind allgegenwärtig und dessen sollten wir uns alle bewusst sein. Alle diese Fakten und Entwicklungen in den Bestrebungen fremder Nachrichtendienste werden auch in Zukunft vom Verfassungsschutz Brandenburg ernst genommen. Wir leiten die notwendigen Schritte ein, um unserem Auftrag gerecht zu werden. Interessierte können sich jederzeit an die Mitarbeiter der Behörde wenden: 0331 866-2500 oder "info-wirtschaftsschutz@verfassungsschutz-brandenburg.de" 209 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 7.3 Geheimschutz, Sicherheitsund Zuverlässigkeitsüberprüfungen Materieller Geheimschutz "Verschlusssachen" sind im öffentlichen Interesse geschützte Informationen, deren Preisgabe die Sicherheit der Menschen und die unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats gefährden würde. Schriftstücke, Bildmaterialien, das gesprochene Wort und weitere Informationsträger können "Verschlusssachen" sein. Die Einstufung in die gesetzlich vorgesehenen und bundesweit einheitlich definierten Geheimhaltungsgrade - "VS-Nur für den Dienstgebrauch", "VS-Vertraulich", "Geheim" und "Streng Geheim" - richtet sich nach dem Inhalt. Am häufigsten sind die beiden erstgenannten Geheimhaltungsgrade. Der damit verbundene Geheimschutz erfolgt in materieller sowie personeller Hinsicht. Gegenüber anderen Behörden und Einrichtungen wirkt der Verfassungsschutz hier insgesamt als Sicherheitsdienstleister. Der materielle Geheimschutz umfasst technische und organisatorische Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme von Verschlusssachen. Bei der entsprechenden Umsetzung unterstützt der Verfassungsschutz Behörden und geheimschutzbetreute Unternehmen. Grundlage dafür ist die Verschlusssachenanweisung des Landes Brandenburg vom 16. April 1991. Sie enthält Regelungen zur Aufbewahrung und Weitergabe von Verschlusssachen. Die Bearbeitung von Verschlusssachen erfolgt heutzutage fast ausschließlich im Bereich computergestützter Informationstechniken. Auch hierbei ergreift der Verfassungsschutz entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Integrität (Unverfälschtheit) der Daten. Vor einer Übermittlung werden sie hochgradig verschlüsselt. Auch die Speicherung erfolgt aufgrund der sehr hohen Schutzbedürftigkeit nach strengen Maßgaben. Sie sind höher als die des IT-Grundschutzes des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Grundlage dafür ist ein IT-Sicherheitskonzept. Es wird regelmäßig auf Wirksamkeit geprüft und neu angepasst. 210 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz Personeller Geheimschutz - Zuverlässigkeitsüberprüfungen Der Verfassungsschutz ist auf Antrag an Zuverlässigkeitsüberprüfungen beteiligt. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen dafür sind das Luftsicherheits-, das Atomund das Sprengstoffgesetz. Zusätzlich fällt der Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems zur Prüfung der Zuverlässigkeit nach Gewerbeordnung ebenfalls eine wichtige Rolle zu. Bewachungsaufgaben privater Dienstleister haben generell an Bedeutung und Komplexität gewonnen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz spezieller Infrastrukturen oder von Großveranstaltungen. Die zuständige Ordnungsbehörde hat zur Prüfung der Zuverlässigkeit des Beschäftigten die unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister und eine Stellungnahme der für den Wohnort zuständigen Polizeibehörde einzuholen. Je nach Einsatzart kann darüber hinaus auch der Verfassungsschutz über Personenerkenntnisse angefragt werden. Es gibt seit vielen Jahren bereits die Berufsausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit, diese stellt einen regulären Berufsabschluss dar. Daneben gibt es noch weitere Qualifikationen, bis hin zum studierten Sicherheitsfachwirt. Insbesondere öffentliche Auftraggeber sollten in ihren Ausschreibungen diese hoch qualifizierten Kräfte verlangen, um den gestiegenen und sensiblen Ansprüchen gerecht zu werden. 2017 gingen insgesamt 7.155 (2016: 5.004) Anfragen im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen ein: davon 5.935 (2016: 3.565) gemäß Luftsicherheitsgesetz, 108 (2016: 49) gemäß Atomgesetz, 266 (2016: 240) gemäß Sprengstoffgesetz und 846 (2016: 1.150) auf der Grundlage der Gewerbeordnung für das Bewachungsgewerbe. Zuverlässigkeitsüberprüfungen 2011 - 2017 - nach Luftsicherheits-, Sprengstoffund Atomgesetz sowie auf Grundlage der Bewachungsverordnung - 7000 7.155 6.438 6000 6.153 5000 5.140 5.004 4000 3000 2.795 2.525 2000 1000 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 211 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Personeller Geheimschutz - Sicherheitsüberprüfungen Rechtliche Grundlage für Sicherheitsüberprüfungen ist das "Brandenburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz" (BbgSÜG). Es gibt die Voraussetzungen und das Verfahren vor. So soll festgestellt werden, ob ein vorgesehener Geheimnisträger nach seinem bisherigen Verhalten prognostisch geeignet ist, mit übertragenen Verschlusssachen vertraulich umzugehen. Die Art der Sicherheitsüberprüfung (Ü1 / Ü2 / Ü3) richtet sich nach der Einstufung und der Anzahl der Verschlusssachen, zu denen eine Person künftig Zugang haben darf beziehungsweise sich diesen Zugang verschaffen kann. Anhaltspunkte, die dem erfolgreichen Abschluss einer Sicherheitsüberprüfung entgegenstehen, sind: * Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, * eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, * oder Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Solche Anhaltspunkte können selbstverschuldet sein (beispielsweise Straftaten, finanziell bedenklicher Lebensstil) oder auch beim Lebenspartner bestehen, sofern er in eine Sicherheitsüberprüfung mit einzubeziehen ist (beispielsweise Ehepartner mit erheblicher Anzahl von Straftaten). In solchen Fällen kann es unter Umständen wegen vorliegender Sicherheitsrisiken zur Ablehnung kommen. Im Jahr 2017 wirkte der Verfassungsschutz Brandenburg beim Abschluss von insgesamt 354 (2016: 312) Sicherheitsüberprüfungen mit. In Brandenburg betrifft das Mitarbeiter von etwa 20 Behörden: Polizei, Staatskanzlei und Ministerien, Landtag, Gerichte sowie Staatsanwaltschaften. 212 Spionageabwehr, Proliferation, Wirtschaftsschutz und Geheimschutz Sicherheitsüberprüfungen 2011 - 2017 400 382 354 300 312 278 200 139 121 122 100 0 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 213 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 214 Verfassungsschutz durch Aufklärung 8. Verfassungsschutz durch Aufklärung Prävention und Öffentlichkeitsarbeit sind unerlässliche Säulen in der Auseinandersetzung mit Extremisten. Daher wird "Verfassungsschutz durch Aufklärung" von vielen Verfassungsschützern aktiv betrieben. In zahlreichen Vorträgen, Lagebildern und Hintergrundberichten informieren unsere Mitarbeiter über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, über Spionageabwehr und über Wirtschaftsschutz. Sie zeigen damit Gesicht und stellen sich Debatten über die Feinde der Demokratie. Das ist wichtig für eine effektive Informationsvermittlung. Dafür gehen Verfassungsschützer auf die Zivilgesellschaft zu. Je mehr Informationen über Extremisten vermittelt werden, desto geringer sind deren Erfolgsaussichten. Und für den Verfassungsschutz gilt: Je mehr die Zivilgesellschaft über den Verfassungsschutz weiß, desto eher wird sie ihn als Kommunikationspartner und Demokratiedienstleister akzeptieren. Die Öffentlichkeit, an die sich der Verfassungsschutz richtet, ist so vielfältig wie die brandenburgische Gesellschaft. Rund 3.600 interessierte Bürgerinnen und Bürger besuchten 2017 unsere 96 Vortragsveranstaltungen. Damit summiert sich die Zahl solcher Veranstaltungen seit 2008 auf insgesamt 1.064 mit 39.000 Zuhörern. Verfassungsschutz durch Aufklärung Veranstaltungen Teilnehmer 150 6000 6000 142 133 5000 120 4800 112 116 4000 4300 100 102 4000 4000 90 96 3600 3000 3200 70 60 64 2500 2000 2100 30 1000 0 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 215 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Aufgrund des großen Beratungsbedarfs vieler Behörden zum Thema "Reichsbürger" bot der Verfassungsschutz 2017 dazu 42 Vorträge an. Mehr als 2.300 Interessierte, überwiegend Mitarbeiter von Behörden, nahmen daran teil. Ebenso wirkte der Verfassungsschutz an dem Ende 2015 veröffentlichten Handbuch "Reichsbürger" mit. Es wurde 2018 in aktualisierter Form neu aufgelegt und kann über die Homepage des brandenburgischen Verfassungsschutzes als PDF-Datei heruntergeladen werden. Um die Aufklärungsund Präventionsarbeit möglichst zielgruppenorientiert und wirkungsvoll zu gestalten, hat der Verfassungsschutz Brandenburg seine strategische Kommunikation kontinuierlich ausgebaut und sich mit wichtigen Kooperationspartnern vernetzt. Mit dem Landesfeuerwehrverband besteht seit 2007 eine Kooperation. Hierbei werden insbesondere Jugendwarte und Feuerwehrführer der freiwilligen Feuerwehren sowie Angehörige der Berufsfeuerwehren an der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt (LOS) über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung informiert. Diese Kooperation ist inzwischen fester Bestandteil im dortigen Ausbildungsprogramm. Von 2007 bis Ende 2017 nahmen daran etwa 1.490 Feuerwehrleute in 68 Veranstaltungen teil. Verstetigt hat sich die erfolgreiche Kooperation mit dem Toleranten Brandenburg, dem Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung (demos), dem Städteund Gemeindebund, dem Landkreistag, der Polizeifachhochschule und der Brandenburgischen Kommunalakademie. Gemeinsam wurden seit Sommer 2008 insgesamt 43 ganztägige Info-Veranstaltungen für rund 1.870 Teilnehmer angeboten. Darunter waren unter anderem Polizisten, kommunale Entscheidungsträger und Sozialarbeiter. 2017 stand das Thema "Extremistische Herausforderungen in Brandenburg im Zuge der Fluchtmigration" im Mittelpunkt. Dafür wurden vier Termine im ganzen Land angeboten. 140 Interessierte nahmen teil. 216 Verfassungsschutz durch Aufklärung Damit Informationen breiter gestreut werden können, nutzt der Verfassungsschutz Brandenburg ein Info-Mobil. Unter dem Motto "Unterwegs für Freiheit und Demokratie" werden Messen, Feste, Konzerte und weitere Veranstaltungen besucht. So steht die Behörde in direktem Kontakt mit den Bürgern. Das Info-Mobil war im Jahr 2017 mehrmals unterwegs, beispielsweise auf dem Einbürgerungsfest in Potsdam. Für Vorträge legten die Verfassungsschutzmitarbeiter 2017 mehr als 14.000 Kilometer zurück. Dabei verbrachten sie rund 190 Stunden auf den Straßen. Rund 190 Stunden beanspruchten die Einsätze vor Ort. Die Vorund Nachbereitung aller Einsätze umfasste weitere rund 370 Stunden. Seit 2005 hat der Verfassungsschutz Brandenburg 17 Fachtagungen zu aktuellen Themen in Kooperation oder alleiniger Verantwortung organisiert. Insgesamt nahmen 2.670 Interessierte daran teil. Die letzte drehte sich um "Verschwörungstheorien" und zog rund 100 Gäste an. Sie wurde von den Verfassungsschutzbehörden Berlin, Brandenburg, MecklenburgVorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gemeinsam in Dresden (Sachsen) angeboten. Diese Kooperation wird 2018 fortgesetzt. Informationsmaterialien des Verfassungsschutzes sind sehr begehrt. In erster Linie betrifft das den jeweils aktuellen Verfassungsschutzbericht. Daneben sind zahlreiche Faltblätter zu verschiedenen Themenfeldern des Extremismus und Wirtschaftsschutzes sowie Dokumentationen von Fachtagungen im Angebot. 217 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Alle bisher in Brandenburg erschienenen Verfassungsschutzberichte und weitere Informationsmaterialien sind über die Homepage www.verfassungsschutz.brandenburg.de abrufbar. Vieles davon kann ebenfalls als Printausgabe kostenlos bestellt werden. 218 Anhang ANHANG 219 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 220 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus 9.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Rechtsextremisten denken in rassistischen Kategorien von Überund Unterordnung und drücken dies unter anderem durch Symbole und Kennzeichen aus. In der Gruppe definieren sich Rechtsextremisten über ihre "Gemeinschaft" und grenzen sich von anderen ab, die sie zu ihren "Feinden" erklären. Durch Symbole werden Feindbilder sowie Gemeinschaftsgefühl gestärkt und in die Öffentlichkeit getragen. Vorbild ist die Symbolik des Nationalsozialismus. Es ist in Deutschland strafbar, Kennzeichen verbotener und ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen öffentlich zu zeigen. Deswegen suchen Rechtsextremisten nach Alternativen, um die Verbundenheit untereinander und ihre Ablehnung der Demokratie zum Ausdruck zu bringen. Dabei greifen sie auf Symbole, Codes und Modemarken zurück. Zeichen, die dem "Germanischen" oder allgemein "Nordischen" zugeordnet werden, sind zentral für die rechtsextremistische Symbolik. Die Runenschrift soll die angebliche Überlegenheit der "nordischen Rasse" demonstrieren. Die Frakturschrift wird als besonders "deutsche" Schrift verstanden, obwohl gerade sie 1941 im "Dritten Reich" als "Judenlettern" verboten wurde. Auch Zeichen aus internationalen rassistischen Zusammenhängen werden gebraucht, so etwa die "White Power"-Symbolik USamerikanischer Rassisten. Mittlerweile ist das ursprünglich in der "linken" Protestkultur der 1980er Jahre verbreitete Palästinensertuch sogar bei Rechtsextremisten, besonders unter den "Autonomen Nationalisten", ein sehr beliebtes Accessoire. Schließlich lassen sich darüber antisemitische Einstellungen zum Ausdruck bringen. Mittels der Symbolik erkennen Rechtsextremisten Gleichgesinnte und grenzen sich gleichzeitig von ihrer Umwelt ab. Dabei setzen sie auch auf Zahlencodes. Die als Gruß verwendete Zahl "14" zum Beispiel steht für die von USamerikanischen Rassisten verwendete, aus vierzehn Worten bestehende Formel "We must secure the existence of our people and a future for white children" (Wir müssen den Bestand unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern). Die "18" steht für den ersten und achten Buchstaben 221 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 im Alphabet (Adolf Hitler). "88" wiederum signalisiert den verbotenen Gruß "Heil Hitler". Symbolträchtig sind für Rechtsextremisten auch Daten: Der Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß oder der "Heldengedenktag" geben Rechtsextremisten immer wieder Anlass zu demonstrativen Aktionen. In geschlossenen Szeneveranstaltungen scheuen sich Rechtsextremisten wenig, strafbare Kennzeichen zu verwenden oder entsprechende Handlungen zu begehen. Das Zeigen des "Hitlergrußes" und das Brüllen von "Sieg Heil" sind ritualisierte Bestandteile bei Konzerten. In der Öffentlichkeit siegt hingegen regelmäßig die Angst vor Bestrafung über die politische Gesinnung. Rechtsextremisten versuchen öffentlich oft nur solche Symbole zu verwenden, die die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschreiten. Manche Kleiderlabel wie "LONSDALE" haben eindeutig demonstriert, dass sie sich nicht mit ihrer rechtsextremistischen Kundschaft gemein machen. "LONSDALE" war bei Rechtsextremisten beliebt, weil dieser Firmenname die Buchstaben NSDA und damit in ihren Augen einen Hinweis auf die NSDAP enthält. Es gibt allerdings immer noch Markenbekleidung, die wenig Zweifel an der Gesinnung ihrer Hersteller und Träger aufkommen lässt: "CONSDAPLE" etwa ist solch ein Kleiderlabel, das sich bei Rechtsextremisten regelrecht anbiedert. Im Wort selbst befindet sich die Buchstabenfolge "NSDAP". Die Marke "Thor Steinar" ist bei Rechtsextremisten ebenfalls beliebt. Das Tragen von "Thor Steinar" dient als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten. Die in Königs Wusterhausen ansässige Marke "Eric and Sons" ist bemüht, daran anzuknüpfen. Nicht umsonst bezeichnete der einschlägig rechtsextremistisch bekannte Internet-Versandhandel "RockNord" die Käufer von "Thor Steinar"Artikeln als "patriotische" Kunden. Die Mittel des Rechtsstaates können zwar rechtsextremistische Symbolik nicht völlig aus dem Licht der Öffentlichkeit verbannen. Allerdings sind Staat und Gesellschaft aufmerksam gegenüber einschlägigen Kennzeichen. Das zeigt sich auch am Verhalten der Brandenburgerinnen und Brandenburger, die in ihrer ganz großen Mehrheit keine rechtsextremistischen Zeichen und Symbole dulden und zur Anzeige bringen. Die Strafverfolgung tut ihr Übriges. Dies nimmt Rechtsextremisten öffentlichen Raum und Aufmerksamkeit und dient damit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. 222 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Unter den Straftaten, die aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus begangen werden, ragen in der Statistik regelmäßig Propagandadelikte heraus. Das nun folgende Kapitel soll Hinweise für die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und seinen Kennzeichen und Symbolen geben. 223 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gesetzliche Grundlagen SS 86 Strafgesetzbuch Strafrechtlich versteht man unter Propagandadelikten die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (SS 86 Strafgesetzbuch - StGB) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (SS 86a StGB). Bundesweit machen sie den größten Anteil der rechtsextremistischen Delikte aus. SS 86 Strafgesetzbuch - Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (1) Wer Propagandamittel 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist, 2. einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist, 3. einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder 4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern öffentlich zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (SS 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. 224 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus (3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. (4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Das Gesetz nennt zwar nur den Begriff "Schriften", hierzu zählen nach SS 11 Abs. 3 StGB jedoch auch: Tonträger: zum Beispiel CDs, Magnetbänder, -kassetten und -platten, Schallplatten und Walzen, Bildträger: zum Beispiel Videos, DVDs, CD-ROMs, Abbildungen: unmittelbar durch Gesichtsoder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergaben der Außenwelt, vor allem Fotos, Dias und in der Regel auch Filme, Darstellungen: jedes Gebilde von gewisser Dauer, das sinnlich wahrnehmbar Vorstellungen oder Gedanken ausdrückt, zum Beispiel abstrakte Bilder, Plastiken, Datenträger, Bildschirmtexte aber auch Kennzeichen. Verwenden bedeutet jeden Gebrauch, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht, also insbesondere das Tragen, Zeigen, Ausstellen, Vorführen, Vorspielen, Ausrufen, Veröffentlichen auf Webseiten. Vorrätig halten ist der Besitz zu einem bestimmten Verwendungszweck. Es genügen einzelne Stücke, die zur freien Verfügung stehen. Der Täter muss über den Absatz zumindest bestimmen können. Zu beachten ist: Die reine Lagerung ist für die Erfüllung eines Straftatbestands nicht ausreichend. Verbreiten umfasst das öffentliche Zugänglichmachen beziehungsweise die Weitergabe an eine größere, nicht mehr kontrollierbare Zahl von Personen. Auch die Weitergabe an eine einzelne Person kann bereits Verbreiten im Sinne des Gesetzes sein, wenn es von der Vorstellung getragen ist, dass die Sache von dieser Person weiteren Personen zugänglich gemacht wird. 225 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Vorkonstitutionelle Schriften Vorkonstitutionelle, das heißt vor Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 entstandene Schriften SS (und andere Propagandamittel), zum Beispiel das 1923 von Adolf Hitler diktierte Buch "Mein SS Kampf", stellen in erhalten gebliebenen historischen Exemplaren einen Sonderfall dar: Sie SS fallen nicht unter SS 86 StGB. Dennoch ist etwa die unveränderte Neuauflage von "Mein Kampf" SS in Deutschland nicht erlaubt. SS 86a Strafgesetzbuch - Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. im Inland Kennzeichen einer der in SS 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (SS 11 Abs. 3 Strafgesetzbuch) verwendet oder 2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) SS 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind oftmals ohne besondere Fachkenntnisse erkennbar. Vor allem aus der Zeit des Nationalsozialismus sind eine Vielzahl von Beispielen bekannt. Für diese Epoche und das uneingeschränkte Bekenntnis zum damaligen Unrechtsregime sind insbesondere die Verwendung von Hakenkreuz oder "Sig"-Rune charakteristisch. 226 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus SS SS SS SS SS Parteiabzeichen der NSDAP SS Doppelte "Sig"-Rune der SS Allerdings bezieht sich SS 86a StGB nicht nur auf Kennzeichen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch Kennzeichen von neonationalsozialistischen Organisationen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind und sich oft der Symbolik des Nationalsozialismus in abgewandelter Form bedienen, sind nach SS 86a StGB strafrechtlich relevant. Nach dem Verbot einer Organisation dürfen auch deren Kennzeichen nicht mehr verwendet werden. Durch ihr nur begrenztes Erscheinen in der Öffentlichkeit sind diese im Gegensatz zum Hakenkreuz und der "Sig"-Rune jedoch weit weniger im öffentlichen Bewusstsein präsent und werden oft nicht sofort mit einem extremistischen Hintergrund verbunden. Hinzu kommen nicht durch das Strafrecht erfasste, vergleichsweise neue und in vielen Fällen verschlüsselte Symbole und Parolen der rechtsextremistischen und neonationalsozialistischen Szene, die nur deren Angehörigen selbst oder dem geschulten Beobachter die Verbindung zum Rechtsextremismus zeigen. Gleichwohl verrät der Benutzer damit einen bestimmten ideologischen Standort. Sozialadäquanzklausel SS 86 Abs. 3 und SS 86a Abs. 3 StGB enthalten eine Sozialadäquanzklausel, das heißt, die Verbote gelten nicht für bestimmte Verwendungen von Kennzeichen in den Bereichen der Wissenschaft und Lehre, der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung, wie auch im Fall dieser Veröffentlichung. Gleichermaßen ist auch das Verwenden von Kennzeichen nicht strafbar, aus denen der unbefangene Beobachter eine Ablehnung der NS-Ideologie erkennen kann. Beispielhaft dafür sind Darstellungen, auf denen das Hakenkreuz abgebildet ist, um zum Beispiel gegen die Veröffentlichung rechtsextremistischer Zeitungen zu protestieren. 227 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Beispiele für die Verwendung des Hakenkreuzes gemäß der Sozialadäquanzklausel Ebenfalls erlaubt ist die Verwendung des Hakenkreuzes in durchgestrichener Form. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation nicht von SS 86a StGB erfasst wird, wenn der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt.69 Symbole und Kennzeichen Hakenkreuz Das Hakenkreuz ist das bekannteste, untrennbar SS mit dem Nationalsozialismus verbundene Zeichen. Doch es ist keine Erfindung Hitlers. Bereits in frühSS geschichtlicher Zeit war es in verschiedenen Kulturen verbreitet. Es findet sich auf Abbildungen in Tempeln und auf Götterdarstellungen in Asien und SS Vorderasien. Ebenso kommt es auf antiken Vasenmalereien und als Verzierung auf Alltagsgegenständen bei Germanen und Kelten vor. In Deuschland wurde das Hakenkreuz Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch völkisch-nationalistische und esoterische Gruppen wiederentdeckt. Dem Hakenkreuz wurde eine arisch-germanische sowie antisemitische Bedeutung gegeben. Einige Organisationen und Jugendbewegungen machten es zu ihrem Erkennungszeichen. 69 Vgl. Urteil des BHG vom 15. März 2007, Az.: 3 StR 486/06 228 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Später wählte Adolf Hitler das Hakenkreuz als Symbol für die nationalsozialistische Bewegung. Ab 1920 war es Kennzeichen der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP). Nach der nationalsozialistischen Machtübergreifung im Jahr 1933 wurde das ursprüngliche Parteikennzeichen am 5. November 1935 zum Hoheitszeichen des Deutschen Reiches. Mit dem Reichsadler symbolisierte es die Einheit von Partei und Staat. Flaggen SS Die von 1935 bis 1945 verwendete ReichsSS kriegsflagge des "Dritten Reiches" ist heute SS verboten. Auf der Suche nach einem Ersatz SS nutzen Rechtsextremisten bei ihren AufmärSS schen oft Flaggen anderer Epochen, die nicht mit dem nationalsozialistischen Regime und seiner Ideologie verbunden sind. Insbesondere die Flagge des Norddeutschen Bundes und des deutschen Kaiserreiches sowie die Fahne der Reichswehr ab 1933 - vor der Bildung der Deutschen Wehrmacht 1935 und noch ohne Hakenkreuz - dienen häufig als Ersatzsymbole. 1867 - 1921 Diese Fahne wurde 1867 vom Norddeutschen Bund zur Flagge der Kriegsund Handelsmarine bestimmt und 1892 zur Kriegsflagge des Deutschen Reiches erhoben. 1922 - 1933 Reichskriegsflagge der Weimarer Republik 1933 - 1935 Fahne der Reichswehr 229 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Eine Straftat ist die Verwendung dieser historischen Flaggen nicht. Da aber Rechtsextremisten diese Flaggen immer wieder bei Aufmärschen mitführen, werden sie kaum noch als Teil der Traditionspflege, sondern eher als Ausdruck einer politischen Gesinnung verstanden. Deshalb weisen in manchen Bundesländern, so auch in Brandenburg, Erlasse der Innenministerien die Polizei an, "das Zeigen oder Verwenden der Reichskriegsflagge aus der Zeit vor 1933 in der Öffentlichkeit zu unterbinden und die Flagge [...] sicherzustellen". Die öffentliche Verwendung der Flagge kann in diesem Kontext als "Verstoß gegen die öffentliche Ordnung" gewertet werden. In dem Erlass des brandenburgischen Innenministeriums vom 17. April 2014 heißt es: "Die Reichskriegsflagge ist weiterhin Symbol nationalsozialistischer Anschauungen und/oder von Ausländerfeindlichkeiten. Ihre Verwendung in der Öffentlichkeit stellt eine nachhaltige Beeinträchtigung der Voraussetzungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben und damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Reichskriegsflaggen im Sinne dieses Erlasses sind nachfolgend genannte Flaggen: - Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1867 bis 1921 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1922 bis 1933 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1933 bis 1935 Die Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945 enthält neben dem Eisernen Kreuz zusätzlich das Hakenkreuz. Das Zeigen dieser Flagge ist nach SS86a StGB strafbar. Nach SS86a Abs.2 Satz 2 StGB ist auch das Verbreiten und Verwenden solcher Kennzeichen strafbar, die den Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Verwechseln ähnlich sind." 230 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Schriftzeichen Runen sind die ältesten germanischen Schriftzeichen. Sie stellten jedoch keine Schrift im eigentlichen Sinne dar, sondern dienten vor allem Priestern zu magischen und kultischen Zwecken. Mit der völkischen Verklärung des Germanentums entdeckten die Nationalsozialisten die von der lateinischen Schrift verdrängten Runen neu und sahen in diesen Zeichen einen wichtigen Bestandteil der "arischen Kultur". Das "Runenalphabet" (nach der ersten Buchstabenreihe "Futhark" genannt) unterlag im Laufe der Zeit Veränderungen, was sowohl die Anzahl der Zeichen als auch ihre Form und Benennung betraf. SS Unter der Vielzahl überlieferter Runen aus germanischer Zeit wurden jedoch nur wenige tatsächlich SS im Nationalsozialismus verwendet und instrumentalisiert. Am bekanntesten ist die "Sig"-Rune als SS Kennzeichen des "Deutschen Jungvolks" (DJ) und - als doppelte "Sig"-Rune - auch Kennzeichen der "Schutzstaffel" (SS) der NSDAP. Der Ursprung der "Sig"-Rune ist umstritten, wahrscheinlich entspricht sie der "Sowulo"-Rune (auch "Sol"-Rune genannt) als Symbol für die Sonne. Die SS verwendete die doppelte "Sig"-Rune in ihrem Abzeichen und machte sich damit die aggressive dynamische Form (Blitz) und die Assoziation mit dem Wort "Sieg" zu Eigen. Fehu (f) Hagalaz (h) Teiwaz (t) Uruz (u) Nauthiz (n) Berkana (b) Thurisaz (th) Isa (i) Ehwaz (e) Ansuz (a) Jera (j, y) Mannaz (m) Raido (r) Eihwaz (e) Laguz (l) Kenaz (k) Perthro (p) Inguz (ng) Gebo (g) Algiz (z) Othila (o) Wunjo (w,v) Sowulo (s) Dagaz (d) "Runenalphabet" 231 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 In der heutigen Zeit verwenden Rechtsextremisten neben der "Sig"-Rune vor allem noch die "Odal"("Othila") sowie die "Lebens"bzw. "Todes"-Rune ("Algiz"). "Lebens"und "Todes"-Rune dienen ihnen oft zur Kennzeichnung entsprechender Geburtsund Todesdaten. "Lebens"-Rune "Odal"-Rune "Todes"-Rune Hinzu kommen Symbole, die aus ursprünglichen Runen abgeleitet worden sind, zum Beispiel die so genannten Wolfsangeln. Der seit September 2000 verbotene Personenzusammenschluss "Blood & Honour" verwendete insbesondere eine an ein abgewandeltes, dreiarmiges Hakenkreuz erinnernde Triskele. SS DIVISION DEUTSCHLAND SS SS SS SS Triskele Logo B&H Eine Strafbarkeit der Verwendung dieser Zeichen ist allerdings nur dann gegeben, wenn sie bei einem unbefangenen Dritten den Eindruck erwecken, es handele sich um Erkennungszeichen einer verbotenen Organisation. Rechtsextremisten gebrauchen darüber hinaus häufig eine den Runen ähnelnde Schriftform, um so den heidnisch-germanischen Ursprung des deutschen Volkes zu betonen und eine Traditionslinie zu ihrem eigenen vermeintlichen Germanentum zu ziehen. Eine weitere, heute mitunter in rechtsextremistischen Kreisen gebräuchliche Schriftform ist die Frakturschrift. Diese Schriftart war vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum üblich. 232 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Runenähnliche Schrift und Odalrune - hier in Verbindung mit der verbotenen Wiking-Jugend Grußformen, Parolen und Losungen Während Symbole und Kennzeichen als optische Erkennungszeichen der nationalsozialistischen Ideologie unter das Strafrecht fallen, sind bestimmte Grußformen, Parolen und Lieder vor allem wegen ihrer Inhalte und ihrer Verwendung in der Zeit des "Dritten Reiches" als Ausdruck besonderer Systemnähe heute verboten. Zu derartigen Grußformen gehören: * "Heil Hitler", * "Sieg Heil", * "Sieg und Heil für Deutschland", * "Mit Deutschem Gruß" (unter anderem als Schlussformel für Briefe). Zu den Grußformen des Nationalsozialismus ist als charakteristische Geste auch der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" zu rechnen. Der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" ist ein Verstoß gegen SS 86a StGB. Deutsche Neonationalsozialisten verwendeten seit den 1970er Jahren eine durch Michael Kühnen70 initiierte Abwandlung des "Deutschen Grußes", den "Widerstandsgruß" beziehungsweise "Kühnengruß". Hierbei sind bei erhobenem und ausgestrecktem rechten Arm Daumen, Zeigeund Mittelfinger der Hand von einer Faust abgespreizt, wobei sie praktisch ein "W" bilden. Diese Grußform ist ebenfalls strafbar. 70 Michael Kühnen (1955 - 1991) war ein führender Kopf der neonationalsozialistischen Szene und Organisationsleiter der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationaler Aktivisten" (ANS / NA) 233 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Deutscher Gruß" oder "Hitlergruß" "Widerstands-" oder "Kühnengruß" Rechtsextremistische Bands zeigen bei ihren Auftritten häufig den "Hitlergruß" und animieren auch das Publikum dazu. Zusammen mit einschlägigen Texten ist das ein offenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus. Verbotene Losungen des "Dritten Reiches" sind: * "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" (allgemeine Losung des "Dritten Reiches"), * "Deutschland erwache" (Losung der SA), * "Meine / Unsere Ehre heißt Treue" (Losung der SS), * "Blut und Ehre" (Losung der Hitlerjugend). Die im Rahmen rechtsextremistischer Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung im Jahr 1999 aufgekommene Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" war in ihrer strafrechtlichen Relevanz umstritten. Sie wurde zunächst als Verstoß gegen SS 86a Abs. 2 Satz 2 StGB angesehen. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung nicht bestätigt. Jedoch kommt eine Strafbarkeit nach SS 130 Abs. 4 StGB in Betracht, wenn öffentlich oder in einer Versammlung der öffentliche Friede in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch gestört wird, dass die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft gebilligt, gerechtfertigt oder verherrlicht wird. 234 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Codes Häufig verwendet die rechtsextremistische Szene Codes aus Ziffernoder Buchstabenkombinationen. 14 Words ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") "We must secure the existence of our people and a future for white children" - von deutschen Rechtsextremisten übernommen: "Wir müssen den Erhalt unserer Rasse sichern und eine Zukunft für weiße Kinder". 168 : 1 bezieht sich auf das Bombenattentat des amerikanischen Rechtsextremisten Timothy Mc Veigh auf ein Regierungsgebäude in Oklahoma City im Jahr 1995, bei dem 168 Menschen getötet wurden. Mc Veigh wurde zum Tode verurteilt und 2001 hingerichtet. ZOG/JOG bedeutet "Zionist/Jewish Occupied Government" ("Zionistisch / Jüdisch Okkupierte Regierung"). WAR bedeutet "White Arian Resistance" ("Weißer Arischer Widerstand"). 18 steht für den ersten ("A") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Adolf Hitler". 28 steht für den zweiten ("B") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für die in Deutschland verbotene Organisation "Blood & Honour" (B & H). 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Heil Hitler". Auch die Ziffernkombination "14 / 88" ist eine häufig gebrauchte, rechtsextremistische Grußformel mit der oben genannten Bedeutung. Auf diese Weise lässt sich jede Aussage verschlüsseln. 235 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Kritische Kombinationen auf Kfz-Kennzeichen Häufig wollen Menschen auf ihren Kfz-Kennzeichen ihre Initialen und das Geburtsjahr verwenden. Manchmal kommt es dann zu Kombinationen, die besonders gern von Rechtsextremisten genutzt werden. Daher empfiehlt die Bundesregierung den Kraftfahrzeug-Zulassungsstellen, keine Buchstabenund Ziffernkombinationen bei Kfz-Kennzeichen zu vergeben, die auf den Nationalsozialismus sowie andere umstrittene Organisationen und Parteien hinweisen. In Brandenburg gesperrte Buchstabenkombinationen sind daher: D TF HJ 032 HJ = Hitler Jugend Jugendund Nachwuchsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitspartei (NSDAP) D P NS 065 NS = Nationalsozialismus Völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland unter Führung der Partei NSDAP (1920-1945) D CB KZ 029 KZ = Konzentrationslager Auf Veranlassung der nationalsozialistischen Führung erfolgte im "Dritten Reich" (1933-1945) in den Konzentrationslagern bürokratisch und industriell durchorganisierter Massenmord an unzähligen Menschen. D LDS SA 31 SA = Sturmabteilung Sie war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP (1920-1945). D PR SS 071 SS = Schutzstaffel der NSDAP Urspünglich Truppe der NSDAP zum Schutz von Adolf Hitler, übernahm die SS zunehmend weitere Kompetenzen. Die SS-Totenkopfverbände organisierten den 236 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Völkermord während des Zweiten Weltkrieges und führten ihn maßgeblich durch. Rechtsextremisten nutzen daher andere Ziffernkombinationen, damit Gleichgesinne sie erkennen. Ebenso dokumentieren sie damit nach außen ihre antidemokratische Einstellung. Zu diesen rechtextremistischen Kombinationen zählen: D FF ABB 14 14 (words) ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") - "We must secure the existence of our people and a future for white children" D OSL AKH 18 18 steht für den ersten ("A") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Adolf Hitler. D BAR AOP 28 28 steht für den zweiten ("B") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Blood & Honour (eine im Jahr 2000 verbotene Skinheadorganisation). D PR AZY 88 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Heil Hitler. D OHV JN 18 JN 18 Manchmal verbinden Rechtsextremisten eine Buchstabenkombinationen mit einer kritischen Ziffernkombination: "JN" steht für "Junge Nationaldemokraten", die Jugendorganisation der rechtsextremistischen NPD; "18" für Adolf Hitler. 237 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Seit Dezember 2009 werden von brandenburgischen Kfz-Zulassungsstellen keine Kennzeichen mehr neu vergeben, die wie folgt enden: "88" "188" "888" "1888" "8888" "8818" Auch die Kombinationen "HH 18" sowie "AH 18" sind seitdem für Neuvergaben gesperrt. Rechtsextremistische Symbole auf Kraftfahrzeugen Rechtsextremisten wollen ihre Gesinnung nach außen demonstrieren und sich von anderen abgrenzen. Dafür nutzen sie auch bestimmte Aufkleber, die vorrangig an der Heckschutzscheibe angebracht werden. Als Motiv dient der teilweise nur leicht veränderte Reichsadler der Nationalsozialisten. Nur thront dieser nicht auf einem Hakenkreuz im Eichenkranz. Er sitzt stattdessen auf den Emblemen von Kfz-Herstellern. Der Reichsadler selbst ist kein strafbares Kennzeichen. Jedoch sind Embleme der Fahrzeughersteller eingetragene Bildmarken und durch das Markengesetz streng geschützt. Unerlaubte Herstellung und unerlaubter Vertrieb verstoßen gegen die Rechte der Markeninhaber. Wer sich daran nicht hält, riskiert empfindliche Geldstrafen. Es liegt in der Verantwortung der Fahrzeughersteller, den Missbrauch ihrer Embleme zu verfolgen. Das tun sie auch mit Nachdruck. Ebenso kann die Nutzung eines solchen Aufklebers auf dem eigenen Kraftfahrzeug zivilrechtliche Folgen haben. Schließlich liegt es nicht im Interesse der Fahrzeughersteller, dass ihre Marken für nationalsozialistische Sympathiebekundungen missbraucht werden. Bekleidung Aktionsorientierte Rechtsextremisten haben in der Vergangenheit ihre Gesinnung häufig durch ein nahezu uniformiertes Erscheinungsbild zum Ausdruck gebracht. Dieses Aussehen orientierte sich vor allem an der an sich ursprünglich nicht rechtsextremistischen Subkultur der Skinheads: So genannte Bomberjacken, Kampfstiefel und kurzrasierte Haare prägen 238 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus auch heute noch das mediale Bild vom Rechtsextremismus. Allerdings hat sich der Bekleidungsstil des Rechtsextremismus stark verändert und bietet kein eindeutiges Zuweisungsmerkmal mehr. Zum einen ist der Skinhead-Stil auch bei nicht rechtsextremistischen Jugendlichen anzutreffen. Zum anderen vermeiden Rechtsextremisten zunehmend ein martialisches, uniformiertes Auftreten und orientieren sich in der Öffentlichkeit eher an der Mainstream-Jugendkultur oder kopieren sogar Formen der linksextremistischen Autonomen-Szene. Nachfolgend werden einige bei Rechtsextremisten beliebten Labels dokumentiert. Daneben gibt es beispielsweise noch "Masterrace" ("Herrenrasse") oder "Rizist" (für Widerstand): "LONSDALE" Beim Tragen unter der geöffneten Jacke sind die Buchstaben "NSDA" zu erkennen. Es handelt sich aber um einen weitverbreiteten Sportartikelhersteller, der sich von dem Missbrauch seiner Produkte ausdrücklich distanziert und in Kampagnen gegen Rassismus engagiert. "CONSDAPLE" Auch bei "CONSDAPLE" ist die Sichtbarkeit der Buchstaben "NSDAP" das ausschlaggebende Element. Das Label dürfte im Gegensatz zu "LONSDALE" gezielt für einen Absatz unter Rechtsextremisten kreiert worden sein, da es ausschließlich in entsprechenden Szeneläden oder im einschlägigen Versandhandel erhältlich ist. "ERIC AND SONS" ER Die in Königs Wusterhausen ansässige Modemarke D "Erik and Sons" unterstützte neben bekannten Vertrie- B ING RAN IK ben aus der Musikszene wie zum Beispiel PC Records AND SO K und Opos Records den "Nationalen Widerstand Berlin". S V I N So geschehen am 10. Juli 2009 bei der Solidaritätsfeier des "Nationalen Widerstands Berlin". 239 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Thor Steinar" Die Marke "Thor Steinar" betont einen nordischen Hintergrund. "Thor Steinar" verwendete zunächst ein aus zwei Runen zusammengesetztes, bei Rechtsextremisten beliebtes Logo. Dieses Logo wird von der Rechtsprechung in neu alt Berlin und Brandenburg sowie in anderen Bundesländern nicht als strafbar angesehen. Seit Anfang 2005 gebraucht die Firma ein strafrechtlich neutrales Logo. Immer seltener tragen Rechtsextremisten Aufnäher mit Losungen wie "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" oder die so genannten "Gaudreiecke", die sich an Kennzeichen der Hitlerjugend orientieren und der regionalen Zuordnung des Trägers dienen. Die öffentliche Verwendung von "GaudreiSS ecken" ist nach einem Urteil des BundesgeSS Brandenburg SS richtshofs gemäß SS 86a StGB strafbar, da sie unabhängig davon, ob sie mit den von der Hitlerjugend verwendeten Abzeichen im Detail übereinstimmen, mit diesen zumindest verwechselbar sind. Zudem vermitteln sie ihren Trägern die gleichen Symbolwerte und erfüllen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Rechtsextremistische Musik Einen besonderen Fall rechtsextremistischer Symbolik stellt die SzeneMusik als gemeinschaftsbildendes Erkennungszeichen dar. Unter rechtsextremistischer Musik versteht man die Kombination rechtsextremistischer Texte mit verschiedenen Musikstilen (unter anderem Rock / Hardrock, "Hatecore", Heavy Metal, Gothic, Dark Wave, Schlager, Rockabilly, Volkslieder). Die Aufzählung zeigt, dass rechtsextremistische Musik nicht mit einem Musikstil verbunden ist, sondern ganz unterschiedlich klingen kann. Entscheidend für die Bewertung sind die Textinhalte. 240 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Musik des "Dritten Reichs" Die Zeit des Nationalsozialismus brachte eine Vielzahl von Kampfund Propagandaliedern SS hervor, die insbesondere zur Verherrlichung des Systems und seiner Organisationen dienten. An SS erster Stelle ist das so genannte "Horst-WesselLied" ("Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen ...") zu nennen, das während der NS-Diktatur SS zu einer zweiten Nationalhymne bestimmt worden war. Das Absingen oder -spielen dieses Liedes verwirklicht wegen seiner deutlichen Übereinstimmung mit der Ideologie des Nationalsozialismus einen Straftatbestand. Weitere mit der nationalsozialistischen Ideologie eng verknüpfte und daher unter den SS 86a StGB fallende Lieder sind beispielsweise: * "Vorwärts! Vorwärts!" ("Unsre Fahne flattert uns voran"), * "Ein junges Volk steht auf" (Lieder der Hitlerjugend), * "Sturm, Sturm, Sturm" (Liedgut der NSDAP), * "Brüder in Zechen und Gruben" (Kampflied der NSDAP), * "Siehst Du im Osten das Morgenrot" (NSDAP-Liedgut), * "Es stehet in Deutschland" (Kampflied der SA) und * "Wir sind die Sturmkolonnen ... es lebe Adolf Hitler" (SA-Liedgut). Das Oberlandesgericht Oldenburg hat 1987 entschieden, dass ein Straftatbestand auch dann gegeben ist, wenn ein Lied ohne oder mit anderem Text gespielt wird: "Gerade die Melodie macht Symbolkraft aus"71. Allerdings haben Nationalsozialisten vor allem in den 1920er Jahren einige Melodien von Arbeitervolksliedern übernommen und deren Texte geringfügig, aber an entscheidenden Stellen verändert. Deshalb sind bei der Beurteilung von Liedern, erst recht von einzelnen Melodien, immer die konkreten Umstände sowie die erkennbare Zielrichtung zu berücksichtigen. 71 Urteil des OLG Oldenburg vom 5.10.1987, Az.: 1 Ss 481/87 241 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 "Reichsbürger" Die rechtsextremistische "Reichsideologie" geht zurück bis in die Gründungszeit der Bundesrepublik Deutschland. "Reichsbürger" und ihre "Reichsregierungen" behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei illegal und existiere daher nicht. Oft bezeichnen sie die Bundesrepublik als "GmbH". Stattdessen bestünde das Deutsche Reich beispielsweise in den Grenzen von 1937 bis heute fort. Solche Einstellungen werden als "Revisionismus" bezeichnet. "Revisionismus" ist eine ideologische Klammer, die Rechtsextremisten verbindet. Ziel der "Reichsbürger" ist die Delegitimierung der Bundesrepublik Deutschland und das Stiften von Verwirrung. So wollen sie einen gesellschaftlichen Resonanzboden für ihr rechtsextremistisches Gedankengut schaffen. Die Akteure sind teilweise sehr tief in der rechtsextremistischen Szene verankert. Volksverhetzende Äußerungen, Holocaust-Leugnung und Werbung für rechtsextremistische Parteien sind keine Seltenheit. Jedoch: Nicht jeder "Reichsbürger" ist zwingend ein Rechtsextremist. Einige geraten in die Fänge von "Reichsregierungen", ohne die Hintergründe zu erkennen. Auf der "Reichsideologie" von "Reichsbürgern" beruhen "Reichsregierungen". Sie entstanden erst in den 1980er Jahren. Die sektenartigen Gruppen stehen untereinander in Konkurrenz. Nicht selten zerstreiten sich die Akteure und gründen weitere Gegen-"Reichsregierungen". Oft verbreiten sie im Internet ihre Ideologie. Manchmal handelt es sich nur um Einzelaktivisten. Verbotene Personenzusammenschlüsse Bundesweit wurden seit 1951 mehr als 100 rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse verboten, deren Ziele sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten oder nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderliefen. 242 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung hat der Gesetzgeber unter anderem folgende Instrumente vorgesehen: * Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (verbotene Vereinigungen), * Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (Verfassungswidrigkeit und Verbot von Parteien), * SS 32 Parteiengesetz (Vollstreckung eines Parteiverbotes), * SS 3 Vereinsgesetz (Vereinsverbot). Weil ein Parteioder Vereinsverbot in einer von Meinungsvielfalt und der Achtung der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen geprägten Gesellschaft nur letztes Abwehrinstrument sein kann, muss vor einem Verbot die Verfassungsfeindlichkeit des Personenzusammenschlusses ausdrücklich nachgewiesen werden. Ein Verbot einer Partei kann nur das Bundesverfassungsgericht aussprechen. Vereine können dagegen durch Verfügung des Bundesinnenministers und bei ausschließlich regionalen Aktivitäten durch den Innenminister oder -senator des jeweiligen Bundeslandes verboten werden. Voraussetzung für ein Verbot ist eine aggressiv-kämpferische Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Dabei kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten an. Diese Zielrichtung ist insbesondere dann zu unterstellen, wenn eine Vereinigung in programmatischer Ausrichtung, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist. In Brandenburg wurden bisher sieben rechtsextremistische Organisationen verboten: "Widerstand in Südbrandenburg" (2012), "Freie Kräfte TeltowFläming" (2011), "Kameradschaft Schutzbund Deutschland" (2006), "Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive" (ANSDAPO), "Kameradschaft Hauptvolk" und deren Untergliederung "Sturm 27" (beide 2005), "Kameradschaft Oberhavel" (1997), "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (1995). 243 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Verbotene rechtsextremistische Organisationen Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurden folgende rechtsextremistische Organisationen verboten: Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Senat von Berlin, Bund junger Deutscher 06.08.1951 Senator für Inneres Deutsche Sozialistische Senat von Berlin, 09.08.1951 Partei (DSP) Senator für Inneres Bund für Wahrheit und Freie und Hansestadt 21.03.1952 Recht Hamburg Polizeibehörde Deutsche Arbeiterpartei Bayerisches Staats17.09.1952 (DAP) ministerium des Innern Unpolitische InteressenBayerisches Staats17.09.1952 gemeinschaft (UIG) ministerium des Innern Vereinigung ehemaliger Bayerisches Staats17.09.1952 Internierter in Moosburg ministerium des Innern Sozialistische ReichsBundesverfassungsgericht 23.10.1952 partei (SRP) Deutscher ArbeiterHessischer Minister Verband (DAV), später: 11.11.1952 des Innern Bund der Schaffenden Bund Deutscher Jugend Innenminister des 07.01.1953 Hessen Landes Hessen Stadtund Polizeiamt Bund Deutscher Jugend 13.01.1953 Bremen Technischer Dienst Niedersächsischer 13.01.1953 (Niedersachsen) Minister des Innern Deutscher Heimatschutz Bayerisches Staats13.01.1953 (DHS) ministerium des Innern Freie und Hansestadt Bund Deutscher Jugend 14.01.1953 Hamburg Polizeibehörde 244 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Regierungspräsident Bund Deutscher Jugend 15.01.1953 Hannover Diskussionskreis der Bayerisches Staats24.01.1953 ehemaligen SS ministerium des Innern Technischer Dienst Bayerisches Staats24.01.1953 (Bayern) ministerium des Innern Nationale SammlungsInnenministerium 27.01.1953 bewegung (NSB) Baden-Württemberg Arbeitsgemeinschaft Senator für Inneres Berlin 29.01.1953 Nation Europa Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 09.02.1953 (DG) Koblenz Freie und Hansestadt Freikorps Deutschland 11.02.1953 Hamburg, Polizeibehörde Innenministerium Bund Deutscher Jugend 18.02.1953 BadenWürttemberg Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 24.02.1953 (DG) Montabaur Sozialistische Jugend Senator für Inneres 11.03.1953 Europas von Berlin Vereinigung freier unabSenator für Inneres 11.03.1953 hängiger Deutscher von Berlin Deutsche Gemeinschaft Niedersächsischer (DG) Landesgemeinschaft 19.03.1953 Niedersachsen Minister des Innern Sozialistische Reichspartei (SRP), einschließlich: Reichsfront Deutsche Bundesverfassungsgericht 23.10.1953 Reichsjugend, SRP-Frauenbund Europäische VerbindungsInnenminister des Landes stelle (EVS) Nationale 15.06.1954 Sektion Schleswig-Holstein 245 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Vereinigung ehemaliger Angehöriger des SSHessischer Minister 12.04.1956 Kavallerie-Korps in Bad des Innern Wildungen Bund Deutscher NationalBundesminister 25.09.1956 sozialisten (BDNS) des Innern Bund für Deutschlands Senator für Inneres, 25.09.1956 Erneuerung Berlin Arbeitsgemeinschaft nie Senator für Inneres, 25.09.1956 vergessene Heimat Berlin Gründungsausschuss der Senat von Berlin, 10.11.1956 "Deutschen Gemeinschaft" Senator für Inneres Regierungspräsident "Reichsjugend" (Höller) 08.06.1957 Düsseldorf Bundesverband der ehemaligen Internierten Regierungspräsident Köln 17.04.1959 und Entnazifizierungsgeschädigten e. V. (BIE) Soziales Hilfswerk für Regierungspräsident 17.04.1959 Zivilinternierte e. V. (SHW) Düsseldorf Bund Nationaler Senator für Inneres, 14.01.1960 Studenten (BNS) Berlin Nationaljugend Senator für Inneres, 20.01.1960 Deutschlands (NJD) Berlin Bund Nationaler StuOberbürgermeister der denten (BNS) Hochschul01.04.1960 gruppe Marburg/Lahn Stadt Marburg/Lahn Bund Nationaler Bezirksregierung für Rheinhessen auf Weisung des 01.04.1960 Studenten (BNS) Ministeriums des Innern Bund Nationaler Freie und Hansestadt Studenten (BNS) Hoch12.04.1960 Hamburg, Polizeibehörde schulgruppe Hamburg 246 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Nationaler Regierungspräsident 19.08.1960 Studenten (BNS) Hildesheim Präsident des NiederBund Nationaler sächsischen Verwaltungs25.08.1960 Studenten (BNS) bezirks Braunschweig Bund Nationaler Regierungspräsident 25.08.1960 Studenten (BNS) Aurich Bund Nationaler Regierungspräsident 05.01.1961 Studenten (BNS) Aachen Bund Nationaler Regierungspräsident Köln 06.01.1961 Studenten (BNS) Bund Nationaler Regierungspräsident 09.01.1961 Studenten (BNS) Münster Bund Nationaler Innenminister des Landes 14.02.1961 Studenten (BNS) Schleswig-Holstein Bund Nationaler Bayerisches Staats24.02.1961 Studenten (BNS) ministerium des Innern Bund Nationaler Innenminister des Landes 06.03.1961 Studenten (BNS) Baden-Württemberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Hildesheim Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Lüneburg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Osnabrück Bund Vaterländischer Innenministerium 13.07.1962 Jugend (BVJ) Baden-Württemberg Präsident des NiederBund Vaterländischer sächsischen Verwaltungs13.07.1962 Jugend (BVJ) bezirks Braunschweig Präsident des NiederBund Vaterländischer sächsischen Verwaltungs13.07.1962 Jugend (BVJ) bezirks Oldenburg 247 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Stade Bund Vaterländischer Ministerium des Innern des 13.07.1962 Jugend (BVJ) Landes Rheinland-Pfalz Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Aachen Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Arnsberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Detmold Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Düsseldorf Bund Vaterländischer Regierungspräsident Köln 13.07.1962 Jugend (BVJ) Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Münster Bund Vaterländischer Innenminister des Landes 13.07.1962 Jugend (BVJ) Schleswig-Holstein Bund Vaterländischer Bayerisches Staats14.07.1962 Jugend (BVJ) ministerium des Innern Bund Vaterländischer Freie und Hansestadt Jugend (BVJ) und Hamburg, Behörde für 16.07.1962 Freundeskreis Inneres Vaterländischer Jugend Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Aurich Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Hannover Stahlheim e.V. - Bund der Ministerpräsident des Frontsoldaten, Ortsgruppe 03.03.1966 Landes Rheinland-Pfalz Bad Bergzabern 248 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Vereinigung der ehemaligen Niedersächsischer 03.05.1966 SS-Division "Nordland" Minister des Innern Wehrsportgruppe Bundesminister des 16.01.1980 Hoffmann (WSG) Innern Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei Bundesminister des 14.01.1982 der Arbeit (VSBD/PdA), Innern einschl. Junge Front (JF) Wehrsportgruppe Ministerium des Innern und 14.04.1983 Wolfspack/Sturm 12 für Sport Rheinland-Pfalz Freundeskreis Deutsche Bundesminister 24.11.1983 Politik (FK) des Innern Aktionsfront Nationaler Bundesminister Sozialisten/Nationale 24.11.1983 des Innern Aktivisten (ANS/NA) Unabhängiger Wählerkreis Würzburg - Arbeitskreis Bayerisches Staats17.02.1984 für Wiedervereinigung und ministerium des Innern Volksgesundheit (UWK) Nationale Sammlung (NS) Bundesminister des Innern 27.01.1989 Nationalistische Front (NF) Bundesminister des Innern 26.11.1992 Bundesminister des Deutsche Alternative (DA) 08.12.1992 Innern Deutscher KameradNiedersächsischer schaftsbund Wilhelms18.12.1992 Minister des Innern haven (DKB) Bundesminister des Nationale Offensive (NO) 21.12.1992 Innern Bayerisches StaatsNationaler Block (NB) 07.06.1993 ministerium des Innern 249 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Heimattreue Vereinigung Innenministerium 08.07.1993 Deutschlands (HVD) Baden-Württemberg Freundeskreis Freiheit Innenministerium 25.08.1993 für Deutschland (FFD) Nordrhein-Westfalen Bundesminister Wiking-Jugend e.V. (WJ) 10.11.1994 des Innern Freiheitliche Deutsche Bundesminister 22.02.1995 Arbeiterpartei (FAP) des Innern Freie und Hansestadt HamNationale Liste (NL) 23.02.1995 burg, Behörde für Inneres Direkte Aktion / Innenminister des 05.05.1995 Mitteldeutschland (JF) Landes Brandenburg Bayerisches StaatsSkinheads Allgäu 23.07.1996 ministerium des Innern Innenminister des Kameradschaft Oberhavel 14.08.1997 Landes Brandenburg Heide-Heim e.V. (HamInnenministerium burg) mit Heideheim e.V. 09.02.1998 Niedersachsen (Buchholz) Behörde für Inneres Hamburger Sturm 11.08.2000 Hamburg Blood & Honour (B&H), Bundesminister des Division Deutschland, 14.09.2000 Innern einschl. White Youth (WY) Skinheads Sächsische Schweiz (SSS), einschließlich deren AufbauSächsisches Staatsorganisation" (SSS-AO) 05.04.2001 ministerium des Innern und der Nachfolgeorganisation Nationaler Widerstand Pirna * 250 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bündnis nationaler SoziaInnenministerium des Lan07.03.2003 listen für Lübeck (BNS) des Schleswig-Holstein Bayerisches StaatsFränkische Aktionsfront 19.12.2003 ministerium des Innern Kameradschaft Tor Innensenator des "Mädelgruppe" der 07.03.2005 Landes Berlin Kameradschaft Tor Berliner Alternative Innensenator des 07.03.2005 Süd-Ost (BASO) Landes Berlin Kameradschaft Hauptvolk Ministerium des Innern mit Untergliederung Sturm 06.04.2005 des Landes Brandenburg 27 Ministerium des Innern ANSDAPO 04.07.2005 des Landes Brandenburg Ministerium des Innern Schutzbund Deutschland 26.06.2006 des Landes Brandenburg Sächsisches StaatsKameradschaft Sturm 34 23.04.2007 ministerium des Innern Innenministerium des Blue White Street Elite 01.04.2008 Landes Sachsen-Anhalt Bundesministerium des Collegium Humanum (CH) 07.05.2008 Innern Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens Bundesministerium des 07.05.2008 des Holocaust Verfolgten Innern (VRBHV) Heimattreue Deutsche Bundesministerium des 31.03.2009 Jugend e.V. (HDJ Innern Kameradschaft MecklenInnenministerium des burgische Aktionsfront Landes Mecklenburg28.05.2009 (M.A.F.) Vorpommern 251 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Innensenator des Frontbann 24 05.11.2009 Landes Berlin Freie Kräfte Ministerium des Innern 11.04.2011 Teltow-Fläming des Landes Brandenburg Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene Bundesministerium des 21.09.2011 und deren Angehörige Innern e.V. (HNG) Kameradschaft Walter Innenministerium 09.05.2012 Spangenberg Nordrhein-Westfalen Widerstand in Ministerium des Innern 19.06.2012 Südbrandenburg des Landes Brandenburg Nationaler Widerstand Innenministerium 23.08.2012 Dortmund Nordrhein-Westfalen Innenministerium Kameradschaft Hamm 23.08.2012 Nordrhein-Westfalen Kameradschaft Aachener Innenministerium 23.08.2012 Land Nordrhein-Westfalen Niedersächsischer Besseres Hannover 25.09.2012 Minister des Innern Nationale Sozialisten Sächsisches StaatsDöbeln einschließlich 18.02.2013 ministerium des Innern Band "Inkubation" Bayerisches StaatsFreies Netz Süd ministerium des Innern, 23.07.2014 für Bau und Verkehr Nationale Sozialisten Chemnitz (NSC) alias Interessengemeinschaft Sächsisches Chemnitzer StadtgeStaatsministerium 20. 03.2014 schichte alias Aktionsdes Innern gruppe Raus in die Zukunft 252 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Autonome Nationalisten Innenministerium 10.12.2014 Göppingen Baden-Württemberg Hessischen Ministerium Sturm 18 e.V. 29.10.2015 des Innern und für Sport Betreiberverein des Bundesminister des Internetportals Altermedia 27.01.2016 Innern Deutschland Bundesminister des Weisse Wölfe Terrorcrew 16.03.2016 Innern Kennzeichen verbotener Personenzusammenschlüsse Das Keltenkreuz war Symbol der VSBD. Deren Verbot im Jahre 1982 beinhaltete auch das Verbot des Keltenkreuzes in der von dieser Organisation verwendeten Form. Eine "isolierte" Verwendung des Keltenkreuzes ist nur dann strafbar, wenn weitere konkrete Umstände auf die VSBD hinweisen. SS SS SS SS SS SS SS V S B DSS "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit" (VSBD / PDA) SS SS SS SS SS AKTIONSFRONT NATIONALER SOZIALISTEN SS ANS SS SS negatives Hakenkreuz "Sig"-Rune mit angesetzten Spitzen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) 253 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 SS SS Mitgliedsausweis DEUTSCHE SS SS D SSA SS SS ALTERNATIVE N S SS SS Die nationale Protestpartei SS "Nationale Sammlung" "Deutsche Alternative" (ANSErsatzorganisation) (DA) SS SS SS SS SS SS SS SS SS "Blood & Honour" (B & H) "White Youth" mit Triskele SS SS SS SS SS SS Die "Wiking-Jugend" verwendete als eines ihrer Symbole auch die "Odalrune". Ohne Bezug zur WJ ist dieses Zeichen nicht strafbar. SS SS SS "Nationale Offensive" (NO) Nationaler Block (NB) 254 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus SS SS SS "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ), später "Direkte Aktion / Mitteldeutschland" (JF) SS SS SS SS SS SS "Nationale Liste" (NL) "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) SS SS Kameradschaft Oberhavel SS SS SS SS "Kameradschaft Oberhavel" "Kameradschaft Hauptvolk" SS SS SS SS SS SS ANSDAPO mit Sonnenrad "Nationalistische Front" (NF) Die Darstellung des Sonnenrades ist ohne Bezug zur ANSDAPO nicht strafbar. 255 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rat und Hilfe Mit rechtsextremistischen Phänomenen beschäftigt sich eine Vielzahl von Behörden und - teils staatliche, teils private - Institutionen, Gremien und Initiativen. Verfassungsschutz Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben die gesetzlich bestimmte Aufgabe, Strukturen und Aktivitäten von extremistischen Organisationen auch mit verdeckten Methoden, so genannten nachrichtendienstlichen Mitteln, zu beobachten, aktuelle Entwicklungen festzustellen und hierüber die politisch Verantwortlichen sowie die Öffentlichkeit zu unterrichten. Sie haben keine polizeilichen Zwangsbefugnisse. Neben den jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichten veröffentlichen die Verfassungsschutzbehörden regelmäßig Informationsmaterial zu Themen des politischen Extremismus und bieten für interessierte Gruppen nach Vereinbarung auch fachbezogene Informationsvorträge an. Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg Abteilung Verfassungsschutz Henning-von-Tresckow-Str. 9 - 13 14467 Potsdam Tel.: 0331 866-2500 Fax: 0331 866-2599 E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Internet: www.verfassungsschutz.brandenburg.de Polizeilicher Staatsschutz Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes ist die Ermittlung und Aufklärung politisch motivierter Straftaten nach der Strafprozessordnung (StPO). Zur Gefahrenabwehr hat der Staatsschutz die in den Polizeigesetzen der Länder vorgesehenen Befugnisse. Im Land Brandenburg gibt es ein Polizeipräsidium mit vier Direktionen und 15 Polizeiinspektionen. Dort bieten Beamte Unterstützung an, wenn es darum geht, Straftaten vorzubeugen und anzuzeigen. 256 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Polizeipräsidium des Landes Brandenburg Kaiser-Friedrich-Straße 143 14469 Potsdam Tel.: 0700 3333 0331 (Bürgertelefon) E-Mail: praesidium.potsdam@polizei-internet.brandenburg.de Weitere Informationen finden sie unter: www.polizei.brandenburg.de Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg Die Koordinierungsstelle unterstützt die Umsetzung des Handlungskonzeptes Tolerantes Brandenburg der Landesregierung gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Sie initiiert und begleitet den Aufund Ausbau von Trägerstrukturen und Netzwerken zur Festigung der Bürgergesellschaft. Sie fungiert dabei als Ansprechpartner für regionale und landesweite Akteure, Initiativen und lokale Bündnisse und nimmt eine Brückenfunktion zwischen Zivilgesellschaft und Landesregierung wahr. Wichtige Partner sind - neben den Ressorts der Landesregierung - vor allem das landesweit wirkende Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die Mobilen Beratungsteams (MBT), die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule Brandenburg (RAA) und der Verein Opferperspektive. Gefördert und begleitet werden außerdem Träger und Projekte mit örtlicher beziehungsweise regionaler Ausrichtung. Koordinierungsstelle "Tolerantes Brandenburg" Staatskanzlei des Landes Brandenburg Heinrich-Mann-Allee 107 14473 Potsdam Tel.: 0331 866-11-70/63/64/65/66/67 Fax.: 0331 866-3566 E-Mail: angelika.thiel-vigh@stk.brandenburg.de Internet: www.tolerantes.brandenburg.de 257 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelte Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) überprüft Veröffentlichungen aller Art - zum Beispiel Bücher, Filme, CDs, Computerprogramme, Homepages im Internet auf jugendgefährdende Inhalte. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Die BPjM wird auf Antrag einer Stelle, die vom Gesetz dazu besonders ermächtigt ist, oder durch die Anregung einer Behörde beziehungsweise eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe aktiv. Im Falle eines jugendgefährdenden Inhalts wird das jeweilige Produkt "indiziert", das heißt seine Verbreitung unterliegt Beschränkungen. Es darf zum Beispiel Kindern und Jugendlichen nicht mehr frei zugänglich gemacht werden. Die BPjM veröffentlicht regelmäßig fortgeschriebene Übersichten zu den indizierten Medien. Von einer Indizierung zu unterscheiden sind die in Zusammenhang mit einem Strafverfahren ergehenden Entscheidungen wie die polizeiliche Beschlagnahmung oder die spätere gerichtliche Einziehung solcher Produkte. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Rochusstr. 8 - 10 53123 Bonn Tel.: 0228 962103-0 Fax: 0228 379014 E-Mail: info@bpjm.bund.de D-Mail: info@bpjm-bund.de-mail.de Internet: www.bundespruefstelle.de 258 Glossar 9.2 Glossar Anarchismus Die Anhänger des Anarchismus streben eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft ohne gesellschaftliche Normen an. In Deutschland gibt es anarchistische Kleinparteien und Kleingruppen, die sich zum Teil auf klassische Theoretiker des Anarchismus wie Michael Bakunin, Errico Malatesta oder Pierre-Joseph Proudhon berufen. Sie haben im Gesamtspektrum des Linksextremismus nur eine randständige Bedeutung. Symbole und einige Forderungen der Anarchisten werden zum Teil auch von Autonomen (siehe "Autonome / Autonome Antifa") genutzt. Diese lehnen jedoch die festen Organisationsformen der "klassischen" Anarchisten ab. Anti-Antifa Die "Anti-Antifa" ist eine überwiegend von Neonationalsozialisten (siehe "Neonazismus / Neonationalsozialismus") betriebene Kampagne. Sie richtet sich gegen die "Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa"). So wie "Antifa"-Angehörige Daten über Rechtsextremisten sammeln, kopieren Rechtsextremisten dieses Vorgehen und tragen Daten über "Antifa"-Aktivisten zusammen. Hierbei können auch Vertreter demokratischer Verbände oder staatlicher Instanzen ins Visier der Extremisten geraten. Die gesammelten Daten tauschen Neonationalsozialisten untereinander aus. Sie dienen der Einschüchterung und Bedrohung. Anti-Deutsche "Anti-Deutsche" sind eine Bewegung, die aus der "autonomen Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa") hervorgegangen ist. Ihr Verständnis von "Antifaschismus" benennt den von den Nationalsozialisten propagierten Antisemitismus als den Kern des Faschismus (zum Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus"). Wer Antifaschist sein wolle, so argumentieren sie, müsse deswegen in erster Linie ein Anti-Antisemit sein. "Anti-Deutsche" sehen ihre unbedingte Solidarität mit Israel in dieser Haltung begründet. "Anti-Deutsche" tragen oft auf Demonstrationen Israel-Fahnen mit sich. Der Name "Anti-Deutsche" geht auf die Überzeugung zurück, dass jeder deutsche Staat antisemitisch und somit 259 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 faschistisch sei und deswegen schon von vorn herein jegliche Daseinsberechtigung verwirkt habe. Slogans wie "Wer Deutschland liebt, muss scheiße sein, wir hau'n alles kurz und klein" dokumentieren diese Ideologie. Antisemitismus Antisemiten behaupten, es gebe eine geheime weltweite Verschwörung des Judentums gegen den Rest der Welt. Der Kapitalismus wird genauso als Auswuchs der jüdischen Weltverschwörung angesehen wie der Kommunismus, Rassismus, Islamismus und Imperialismus. Der Erfinder des Begriffes "Antisemitismus", Wilhelm Marr (1819-1904), betrachtete sogar die gesamte moderne Welt als Ergebnis eines angeblichen jüdischen Komplotts. Oft wird von Antisemiten ein Buch mit dem Titel "Protokolle der Weisen von Zion" als Beleg für ihre Verschwörungsfantasien herangezogen. Jedoch ist das Buch eine plumpe Fälschung, welche Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Rechtsextremistische Antisemiten meinen, Demokratie sei den Deutschen "wesensfremd" und nach 1945 von "Angloamerikanern sowie Juden" mittels "Umerziehung" aufgezwungen worden. Sie bezeichnen die freiheitliche demokratische Grundordnung als "ZOG" (siehe auch "Zionist Occupied Government"), als "Zionistisch Besetzte Regierung". Kritische Auseinandersetzung mit dem "Dritten Reich" betrachten sie als jüdischen Angriff auf die "deutsche Art". Einerseits leugnen sie den organisierten Massenmord an Juden im "Dritten Reich", andererseits beschuldigen sie die Überlebenden, vom Holocaust-Gedenken profitieren zu wollen. Linksextremistische Antisemiten verstehen Israel als "Brückenkopf des US-Imperialismus im Nahen Osten" und streiten dem Land jede Daseinsberechtigung ab. Islamistische Extremisten sind zum Teil - wie Rechtsextremisten auch - Rassisten, die Juden als Angehörige einer "verfluchten Rasse" verunglimpfen. Ähnlich wie linksextremistische Antisemiten betrachten Islamisten Israel als Teil einer "westlichen Verschwörung" gegen den Islam. Deswegen glauben sie auch nicht an einen Frieden im Nahen Osten, sondern fordern eine "Beendigung der jüdischen Existenz in Palästina", die sie durch Terroranschläge und Krieg erreichen wollen. Ausländerextremismus Extremisten ausländischer Herkunft verfolgen in Deutschland Ziele, die ihren Ursprung in den politischen und religiösen Konflikten der jeweiligen 260 Glossar Herkunftsländer haben. Sie gehen mit aggressiv-kämpferischer Propaganda und Gewalt gegen ihre Gegner vor. Damit schaden sie den auswärtigen Belangen der Bundesrepublik und dem inneren Frieden. Sie fordern mitunter extremen Gehorsam ihrer Mitglieder und treiben mit Gewalt "Spenden"Gelder ein. Hinzu kommen Bestrafungsaktionen gegen ehemalige Mitglieder, die als "Verräter" bezeichnet werden. Solch aggressives Vorgehen hat bereits zu Betätigungsverboten ausländerextremistischer Organisationen geführt (siehe "Ausländerorganisationen, extremistische"). Ausländerorganisationen, extremistische Zu Organisationen ausländischer Extremisten in Deutschland zählen: a) linksextremistische Organisationen, die die bestehende soziale und politische Ordnung in ihren Heimatländern gewaltsam beseitigen und durch ein sozialistisches beziehungsweise kommunistisches Regime ersetzen wollen; b) extrem-nationalistische Vereinigungen, die Machtbeziehungsweise Gebietszuwachs für die eigene Nation und die Abschaffung oder Nichtgewährung von Minderheitenrechten aggressiv propagieren; c) separatistische Organisationen, die für die Loslösung ihrer Heimatregion aus bestehenden Staaten eintreten; d) islamistische Gruppierungen, die die Trennung von Religion und Staat zugunsten eines autoritären theokratischen Systems aufheben wollen und e) Gruppierungen, die in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute im Ausland, insbesondere Regimegegner, repressiv oder sogar terroristisch vorgehen. Autonome / Autonome Antifa Autonome lehnen gesellschaftliche Normen als Zwang ab und suchen nach einem freien, selbst bestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen. Bei ihnen kommen kommunistische und anarchistische Überzeugungen zusammen. Ideologisch reicht ihr Ursprung bis in die Anfänge der studentischen Protestbewegung der 1960er Jahre zurück. Sie werden dann als Extremisten vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn sie gewalttätig oder gewaltbereit sind, oder Gewalt befürworten. Autonome besitzen meist kein einheitliches, verbindliches Weltbild. Oft folgen sie verschwommenen anarchistischen und anarcho-kommunistischen 261 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Vorstellungen oder spontanen aktionistischen Antrieben. Sie wollen das demokratisch verfasste Gemeinwesen bekämpfen und möglichst zerschlagen, da der Staat und sein "Repressionsapparat" sie an der Verwirklichung ihrer Absichten hindere. Gewalt - zum Beispiel gegen die Polizei - ist für Autonome oft die einzige Möglichkeit, einen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe herzustellen, da alle Versuche sich zu organisieren, als "Machtgier" abgelehnt werden. Gewaltbereite Autonome bilden bei Demonstrationen "Schwarze Blöcke", von denen ein erhebliches Gewaltpotenzial ausgeht. Die "Autonome Antifa" hat sich dem Kampf gegen den "Faschismus" verschrieben. Der Faschismus-Begriff der "Autonomen Antifa" ist dabei sehr weit gespannt. Polizisten werden genauso als "Faschisten" bezeichnet, wie beispielsweise Lehrer, Selbständige oder sonstige Bürger, die sich den reißerischen Parolen nicht anschließen wollen. Wenn die "Autonome Antifa" gegen tatsächliche Rechtsextremisten vorgeht, sucht sie oft Anschluss an demokratische Gruppen. Innerhalb der "Autonomen Antifa" gibt es verschiedene, einander mitunter deutlich widersprechende Strömungen. Zusammenschlüsse halten oft nicht lange und zerbrechen aufgrund interner Streitigkeiten. Eine Strömung innerhalb der "Autonomen Antifa" sind die "Anti-Deutschen" (siehe "Anti-Deutsche"). Autonome Nationalisten "Autonome Nationalisten" werden dem rechtsextremistischen Spektrum der "Freien Kräfte" (siehe "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") zugeordnet. Sie orientieren sich ideologisch unter anderem an nationalrevolutionären Ideen. Besonderes Merkmal ist die Übernahme von Verhaltensformen, die militanten Linksextremisten (siehe "Autonome / Autonome Antifa") zugerechnet werden. "Autonome Nationalisten" treten oft mit einem hohen Maß an Militanz gegen Polizeibeamte und politische Gegner auf. Wie gewaltbereite Linksextremisten bilden auch sie "Schwarze Blöcke". Innerhalb der neonationalsozialistischen Szene sind "Autonome Nationalisten" vor allem wegen ihres öffentlichen Erscheindungsbildes umstritten. Dschihad Dschihad bedeutet im Arabischen Anstrengung, innerer Kampf aber auch Heiliger Krieg. In der islamischen Kultur hat der Begriff verschiedene Bedeutungen. Ein "Heiliger Krieg" kann beispielsweise eine innere spirituelle Auseinandersetzung sein. Andere wiederum verstehen darunter den be262 Glossar waffneten Kampf gegen "Ungläubige" und "Feinde des Islam". Für militante Islamisten ist der bewaffnete Dschihad eine religiöse Pflicht. In ihrer angestrebten Ordnung eines idealisierten Islam hält sich angeblich jeder aus Einsicht und Gottesfurcht ganz von selbst an angestrebte moralische wie soziale Maßstäbe. Nur der Islam kenne die alleinige Herrschaft Gottes über alle Menschen, alle anderen politischen und sozialen Systeme sähen menschliche Einrichtungen vor (zum Beispiel das Parlament in der Demokratie), die die Menschen führen wollten. Dschihad sei deswegen ein Krieg zur Befreiung der Menschen von der Knechtschaft der Menschen. Durch den Dschihad werde der Mensch zum "Stellvertreter Gottes", dem es gelingen könne, ein "Reich Gottes auf Erden" zu errichten. In dieser Zielsetzung einer totalen Gesellschaft ähnelt der Dschihadismus kommunistischen Bewegungen (siehe "Kommunismus"). Es kann angesichts ihres totalitären Religionsverständnisses nicht verwundern, dass sich dschihadistische Gewalt zumeist gegen Muslime selbst richtet. Extremismus In der Alltagssprache werden die Begriffe "Extremismus" und "Radikalismus" häufig gleichbedeutend verwendet. Für den Verfassungsschutz bestehen hier aber entscheidende Unterschiede. Denn "radikale" Bestrebungen werden nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, "extremistische" hingegen schon. Als "radikal" wird eine Bestrebung dann verstanden, wenn sie eine politische Problemstellung von der Wurzel (lateinisch "radix") her anpacken will, ohne dabei die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen. Im Gegensatz dazu stehen "extremistische" Bestrebungen. Sie richten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So streben Teile des linksextremistischen Spektrums beispielsweise eine "Diktatur des Proletariats" an. Rechtsextremisten wollen statt dessen einen rassistischen "totalen Führerstaat" errichten. Und Islamisten sind auf einen "Gottesstaat" ausgerichtet. Gewalt wird dabei häufig als Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Ziele befürwortet, propagiert oder sogar praktiziert. Gemeinsam ist diesen extremistischen Gegenentwürfen die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO). Das Bundesverfassungsgericht hat die Prinzipien der fdGO 1952 folgendermaßen definiert: a) die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte; b) die Volkssouveränität; c) die Gewaltenteilung; 263 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 d) die Verantwortlichkeit der Regierung; e) die Gesetzmäßigkeit der Regierung; f) die Unabhängigkeit der Gerichte; g) das Mehrparteienprinzip; h) die Chancengleichheit aller politischen Parteien und i) das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Extremistische Bestrebungen, die einen oder mehrere dieser Grundwerte abschaffen wollen, werden vom Verfassungsschutz beobachtet (siehe auch "Ausländerextremismus"; "Islamistischer Extremismus", "Linksextremismus"; "Rechtsextremismus"; "Terrorismus"). Extremistische Gefangenenhilfsorganisationen Sowohl Rechtsals auch Linksextremisten und islamistische Extremisten betreuen inhaftierte Sympathisanten und Mitglieder. Dazu stellen sie beispielsweise Rechtsanwälte zur Verfügung und Kontakte zur Außenwelt her. Für Extremisten ist die Arbeit mit Gefängnisinsassen deswegen bedeutsam, weil sie den Häftlingen einreden, "Kämpfer für die richtige Sache" zu sein. Das deutsche Strafrecht wird als "Gesinnungsstrafrecht" diffamiert. Solche Gefangenenhilfsorganisationen stellen ein Netzwerk zwischen Gefängnisinsassen und Extremisten her, das meist noch lange über die Haftdauer hinaus Bestand hat. Auf diese Weise "vermitteln" sie oft Häftlinge nach deren Entlassung in extremistische Kreise. Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) war die aktivste rechtsextremistische Gefangenenhilfsorganisationen in Deutschland. Sie wurde 1979 gegründet und vermittelte vornehmlich Kontakte zwischen Szeneangehörigen und Häftlingen und sorgte auf diesem Weg dafür, dass Rechtsextremisten auch während ihrer Haftzeit nicht ihre Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung änderten. Sie wurde 2011 verboten. Zumindest inhaltlich verfolgt die Organisation "Gefangenenhilfe" die selben Ziele. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist eine bundesweite Organisation, die politisch Aktive aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum auf vielfältige Weise unterstützt. Die RH hat bundesweit mehrere Tausend Mitglieder. Sie rekrutieren sich überwiegend aus dem autonomen Spektrum. Mit Beratungsangeboten, Prozessbegleitung und Gefangenenbesuchen steht die RH tatsächlichen oder vermeintlichen linksextremistischen Tatverdächtigen und Straftätern bei. Sie beteiligt sich an den Rechtsanwaltsund 264 Glossar Prozesskosten. Bei hohen Geldstrafen, Verlust des Arbeitsplatzes oder Haftstrafen gewährt sie auch finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt. Obwohl eigenständige Gefangenenhilfsorganisationen von islamistischen Extremisten bislang nicht bekannt sind, bemühen sich einzelne islamistische Gruppierungen intensiv um Gefangene in deutschen Gefängnissen, um sie auf Dauer für ihre jeweiligen Ideologien zu gewinnen. Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus" Freie Kräfte / Freie Nationalisten Mitte der 1990er Jahre entwickelten Neonationalsozialisten das Konzept der "Freien Kräfte" beziehungsweise "Freien Nationalisten" als Reaktion auf zahlreiche Vereinsverbote. Ihre wesentlichsten Ausprägungen sind Kameradschaften (siehe "Kameradschaften") und "Autonome Nationalisten" (siehe "Autonome Nationalisten"). Einerseits bezeichnen sich Kameradschaftsmitglieder zum Teil selber als "Freie Kräfte" beziehungsweise "Freie Nationalisten", um sich von rechtsextremistischen Parteistrukturen abzugrenzen. Andererseits verwenden auch rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse, die sich nicht als Kameradschaft definieren, diese Begrifflichkeit. Insbesondere seit den Verboten von Kameradschaften in mehreren Bundesländern nutzen viele Neonationalsozialisten auf ihren Transparenten oder Internet-Seiten nur noch den Begriff "Freie Kräfte" und versehen ihn mit einem lokalen Namenszusatz. Der Begriff kommt bei Neonationalsozialisten zunehmend nur noch unverbindlich zur Anwendung, um das eigene parteiungebundene Konzept zu verdeutlichen. Sie hoffen, damit den Sicherheitsbehörden weniger Angriffsflächen zu bieten. Fremdenfeindlichkeit Berührungsängste zwischen Personen unterschiedlicher Herkunft, die einander nicht kennen, sind menschlich und überwindbar. Jedoch sehen Rechtsextremisten in "Fremden" generell einen zu bekämpfenden Feind. Ihre Fremdenfeindlichkeit richten Rechtsextremisten gegen alle Menschen, die sie als "fremd" betrachten. Als vordergründige Unterscheidungsmerkmale ziehen sie Hautfarbe, Religion, vermutete Herkunft und Ähnliches heran. Opfer von Fremdenfeindlichkeit sind demnach Ausländer und 265 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Deutsche. Hierbei kommt es zu fremdenfeindlich motivierten Straftaten und nicht selten zu Gewaltstraftaten. Ihren Opfern sprechen Rechtsextremisten allein wegen des vermuteten "Fremdseins" die Menschenwürde und die Menschenrechte ab (siehe auch "Rassismus"). Geheimschutz Als Geheimschutz wird der Schutz staatlicher Interessen vor Ausspähungen und unbefugtem Zugriff bezeichnet. Insbesondere Informationen über verteidigungswichtige militärische Einrichtungen und kritische Infrastruktur (zum Beispiel Flughäfen) zählen dazu. Man unterscheidet den materiellen Geheimschutz (beispielsweise Nutzung von Panzerschränken, IT-Sicherheit) und den personellen Geheimschutz (Sicherheitsüberprüfungen). Rechtsgrundlage im Bereich personeller Geheimschutz ist das Brandenburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Die Kennzeichnung, Aufbewahrung, Verwaltung und den Transport von Verschlusssachen (materieller Geheimschutz) regelt verbindlich für alle Landesbehörden die Verschlusssachenanweisung. Globalisierung Unter Globalisierung wird der Prozess zunehmender internationaler Verflechtung in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur und Kommunikation verstanden. Dieses gegenseitige globale Durchdringen und Zusammenrücken, welches beispielsweise Geldtransfer in Echtzeit rund um den Globus ermöglicht, vollzieht sich nicht überall gleich. Ebenso wirken sich vorhandene Chancen und Risiken in vielfältiger Weise unterschiedlich aus. Jedoch: All dies ist nichts Neues. Im Gegenteil. Seit der Mensch Räume erschlossen, besiedelt und angefangen hat, Handel zu treiben, globalisiert er sich und damit die Welt. In diesem prozesshaften Lauf der Dinge werden Dynamik, Strukturen und Mitteleinsatz angepasst, verbessert und so einer unermüdlichen Modernisierung unterworfen. Individuen, Gesellschaften, Institutionen, Unternehmen, Kommunikationssysteme und Staaten sind daran beteiligt. Die Liberalisierung des Welthandels bildet den Rahmen und bindet in diesen Prozess immer mehr Akteure ein. Kritiker, Gegner und Skeptiker der Globalisierung finden sich im extremistischen wie im demokratischen Spektrum der Bevölkerung. Besonders Linksund Rechtsextremisten haben die Globalisierungskritik als eigenes Themenfeld entdeckt. Teilweise kann von extremistischen Kritikern erhebliche Gewalt ausgehen. 266 Glossar Islamistischer Extremismus Islamistischer Extremismus ist eine Sammelbezeichnung für eine politische, sozialrevolutionäre und in sich teilweise sehr zerstrittene Bewegung, die von einer Minderheit der Muslime getragen wird. Ihre Anhänger fordern unter Berufung auf einen von ihnen politisch idealisierten Islam die "Wiederherstellung" einer "islamischen Ordnung". Sie verstehen den Islam als Gegenmodell zu westlichen, demokratischen Staatsund Gesellschaftsformen. Die von ihnen propagierte "islamische Ordnung" göttlichen Ursprungs (Scharia), die im Koran, in der Praxis der muslimischen Urgemeinde (Sunna) und in den biographischen Berichten über den Propheten (Hadithe) verbindlich vorgegeben sei, müsse alle Lebensbereiche regeln. Islamistische Extremisten glauben sich legitimiert, die "islamische Ordnung" mit Gewalt durchzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf im Koran enthaltene Aufforderungen zum "Dschihad" (siehe "Dschihad"), den sie, abweichend von der Mehrheit der Muslime, als heilige Pflicht zum unablässigen Krieg gegen alle "Feinde" des Islams sowohl in muslimischen als auch in nichtmuslimischen Ländern verstehen. Manche greifen zu Mitteln des Terrorismus (siehe "Terrorismus"). Gewalt gegen "Verräter des wahren Islam" richtet sich sehr häufig auch gegen Muslime, die nicht in das enge Weltbild der islamistischen Extremisten passen. Kameradschaften Kameradschaften (siehe auch "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") entstanden als Reaktion auf Verbote rechtsextremistischer Organisationen in den 1990er Jahren. Rechtsextremisten glaubten, dass sie durch diese Art der Zusammenschlüsse einem vereinsrechtlichen Verbotsverfahren ausweichen könnten. Ihr Wirkungskreis ist lokal oder regional begrenzt, oft spiegelt sich dies in der Namensgebung wieder. Innerhalb der Kameradschaften besteht eine Übereinstimmung zu gemeinsamer politischer Arbeit auf Basis rechtsextremistischer Grundorientierung. Ihre Binnenstruktur ist in der Regel streng hierarchisch aufgebaut. Letztlich ist das Selbstverständnis der NSDAP (siehe "Nationalsozialismus"), die sich nie als Partei, sondern immer als Hitler-Bewegung verstanden hat, das historisches Vorbild, dem Kameradschaften nacheifern. Die Verbote mehrerer neonationalsozialistischer Kameradschaften in Brandenburg haben zur Folge gehabt, dass sich Mitläufer von einem kleinen harten Kern überzeugter Rechtsextremisten losgelöst haben und in der 267 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 rechtsextremistischen Szene nicht mehr in Erscheinung traten. Andere Neonationalsozialisten nutzen mittlerweile die Strukturen von NPD, JN, "Die Rechte" oder "Der III. Weg" für ihre Aktivitäten. Das Kameradschaftsmodell hat für Rechtsextremisten an Bedeutung verloren. Kommunismus Kommunisten glauben an die Lehre von Karl Marx (1818-1883), der zufolge sich die gesamte Menschheitsgeschichte als Wechselspiel von Ausbeutung und Revolte dagegen verstehen ließe. Daran beteiligten Gruppen werden materielle Interessen unterstellt, die in der kommunistischen Lehre als "objektiv" verstanden werden. Sollen es in der Geschichtsauffassung der Kommunisten erst Sklavenhalter und Sklaven, dann Feudalherren und Bauern gewesen sein, die einen "Klassenkampf" führten, so stünden sich heute "Bourgeoisie" und das "Proletariat" gegenüber. Dieses "Proletariat" solle eine Diktatur errichten, die den Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft einleiten werde. Besonders die von Wladimir I. Lenin (18701924) eingeführte Lehre, wonach das "Proletariat" dabei von einer Avantgarde geführt werden müsse, hat die Erscheinungsform kommunistischer Gruppen in den letzten Jahrzehnten geprägt. Von der marxistisch-leninistischen Orthodoxie abweichende kommunistische Strömungen berufen sich oft auf Leo Trotzki, Josef Stalin oder Mao Zedong. Linksextremismus Kommunisten, Anarchisten, Trotzkisten und Autonome (siehe auch jeweils "Kommunismus", "Anarchismus" und "Autonome / Autonome Antifa") stellen die Hauptströmungen des Linksextremismus dar. Sie unterscheiden sich in einigen Punkten stark voneinander, sind sich aber in der Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einig. Für Linksextremisten ist die Demokratie in Deutschland nur ein Deckmantel für die von ihnen unterstellte eigentliche Macht des Kapitals. Sie gehen davon aus, dass sowohl Gewaltenteilung als auch die Unabhängigkeit der Gerichte in Wirklichkeit gar nicht gegeben, sondern nur vorgespielt seien. Ihr Ziel ist ein System, dass nichts mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu tun hat, sondern eine Diktatur über die Mehrheit und damit eine Bevormundung Andersdenkender bedeutet. Die von ihnen häufig genannten Werte "Gleichheit", "Freiheit" und "Gerechtigkeit" stellen sich bei näherem Hinsehen als Synonyme für die Zerstörung demokratischer 268 Glossar Errungenschaften (zum Beispiel die Gewaltenteilung), für die Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte (zum Beispiel die freie Berufswahl) und die Beseitigung des Rechts auf Eigentum dar. So unterschiedlich sie auch ausgerichtet sein mögen, verstehen sich doch alle linksextremistischen Organisationen als "antifaschistisch". Damit ist allerdings nur teilweise der Kampf gegen Rechtsextremismus gemeint. Gemeinsam ist linksextremistischen Gruppen die Ausdehnung des Faschismus-Begriffes auf demokratische Einrichtungen. Linksextremistische Parteien Linksextremistische Parteien verstehen sich als Kaderorganisationen, die eine revolutionäre Umwälzung vorbereiten wollen. Die in Brandenburg aktive linksextremistische Partei "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) ist marxistisch-leninistisch ausgerichtet. Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) orientiert sich daneben noch an den Lehren Josef Stalins und Mao Zedongs. Sporadisch treten auch trotzkistische Parteien, zum Beispiel die "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG), bei Wahlen in Erscheinung. Nachrichtendienstliche Mittel Der Verfassungsschutz unterrichtet die Landesregierung und die Öffentlichkeit über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) richten, damit Maßnahmen für deren Verteidigung eingeleitet werden können. Für diesen Gesetzesauftrag sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Extremisten. Der Verfassungsschutz gewinnt seine Informationen aus offen zugänglichen Quellen (beispielsweise Internet-Seiten, Zeitschriften, Flugblätter) und durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Die sachund personenbezogenen Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen werden ausgewertet und die daraus gewonnen Erkenntnisse an zuständige Stellen weitergegeben, um so die fdGO zu schützen. Das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz gestattet in SS 6, Absatz 3 unter anderem folgende nachrichtendienstliche Mittel: Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen, Observation, Anwendung technischer Hilfsmittel wie Bildund Tonaufzeichnungen außerhalb des Schutzbereichs der Wohnung sowie Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs. Die Intensität solcher Maßnahmen ist unterschiedlich. Nach streng geregelten 269 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Verfahren genehmigen und kontrollieren parlamentarische Kontrollgremien den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Nachrichtendienstliche Quellen Das brandenburgische Verfassungsschutzgesetz erlaubt im SS 6, Absatz 3 den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (siehe "Nachrichtendienstliche Mittel"), darunter unter anderem den Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen. Das sind Personen, die aus unterschiedlichen Interessen Informationen aus dem Bereich des politischen Extremismus weitergeben, dem sie angehören oder in dem sie sich bewegen können. Sie sind keine Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde. Ein Vertrauensverhältnis besteht zu solchen Personen ausdrücklich nicht. Der Geheimhaltung bedarf es, weil Identität und Verbindung zum Verfassungsschutz im Interesse der weiteren Informationsgewinnung geschützt werden müssen. Nationalsozialismus Nationalsozialismus war eine völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland (1919-1945), die sich 1920 als "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei" (NSDAP) organisierte und unter Führung Adolf Hitlers 1933 eine totalitäre Diktatur in Deutschland errichtete. Neonazismus / Neonationalsozialismus Die Begriffe "Neonazismus", "Neonationalsozialismus" und "Rechtsextremismus" werden umgangssprachlich häufig synonym verwandt. Der Verfassungsschutz dagegen versteht unter Neonationalsozialisten diejenigen Rechtsextremisten, die ein politisches System nach dem Vorbild des nationalsozialistischen "Dritten Reichs" (siehe "Nationalsozialismus") mit "rassenreiner Volksgemeinschaft" (siehe "Rassismus") und totalitärem Führerstaat anstreben. Die Verbrechen, die vom nationalsozialistischen Regime 1933-1945 begangen wurden, verharmlosen, verherrlichen und leugnen sie gleichzeitig. Adolf Hitler und Rudolf Heß sind für Neonationalsozialisten Identifikationsfiguren. Je nach Strömung werden zusätzlich andere Verbrecher des Regimes verehrt, zum Beispiel Otto und Gregor Strasser oder Ernst Röhm. Kleine Teile des neonationalsozialistischen Spektrums knüpfen an die Ideologie des Nationalbolschewismus an. Einige Neonationalsozialisten stellen gegenwartsbezogene Themen in den Mittelpunkt ihrer völkischen und rassistischen Agitation. 270 Glossar Observation Observation ist die verdeckte Beobachtung durch besonders ausgebildete Mitarbeiter mit Unterstützung technischer Mittel. Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus dem brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz (SS 6, Absatz 3 Nr. 2 und 3). Ziel ist, unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit Informationen über extremistische oder sicherheitsgefährdende Bestrebungen sowie über staatlich gelenkte Spionage zu gewinnen. Proliferation Unter Proliferation versteht man die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Waffenträgersystemen beziehungsweise von Produkten und Kenntnissen, die zur Herstellung solcher Waffen dienen können. Oftmals ist bei Lieferungen solcher Produkte die beabsichtigte Rüstungsproduktion nicht erkennbar oder wird verschleiert, zumal sie häufig sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich verwendet werden können - so genannte Dual-Use-Güter. Radikalismus siehe "Extremismus" Rassismus Alle Ausprägungen des Rechtsextremismus sind rassistisch. Rassisten teilen Menschen anhand bestimmter Merkmale in höherund minderwertige Gruppen ein. Merkmale sind beispielsweise die Hautfarbe, die Nationalität oder Herkunft, Kultur und Religion. Um diese Gruppen voneinander abbeziehungsweise auszugrenzen, verlangen Rassisten "ethnisch homogene" Nationen. Gewöhnlich gehen Rassisten davon aus, dass Angehörige "weißer Rassen" anderen überlegen seien. Daraus ziehen Rechtsextremisten ihre Rechtfertigung für Diskriminierung und Ausgrenzung aller ihnen unliebsamen Gruppen. Solch eine Diskriminierung verstößt gegen Verfassungsgrundsätze. Rassismus wird auch als Begründung für Fremdenfeindlichkeit (siehe "Fremdenfeindlichkeit") benutzt. Eine spezielle Form des Rassismus ist der Antisemitismus (siehe "Antisemitismus"). 271 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Rechtsextremismus Folgende Einstellungen charakterisieren Rechtsextremisten: Ablehnung der Menschenrechte; Ablehnung der Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz; übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit einer Feindschaft gegen Fremde oder fremd Aussehende, gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten (siehe "Rassismus"); Verschweigen, Verharmlosen oder Leugnen der nationalsozialistischen Verbrechen von 1933-1945 (siehe "Revisionismus, rechtsextremistischer"). In unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung lassen sich in den einzelnen rechtsextremistischen Strömungen folgende Kernelemente ausmachen: Rassismus, ein biologistisch geprägtes Menschenbild und Antisemitismus; völkischer Kollektivismus, also pauschale Überbewertung einer meist rassistisch definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Individuums; Militarismus samt dem Bestreben, auch zivile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nach hierarchischen Prinzipien ("Führer und Gefolgschaft") zu ordnen; Etatismus, also die Forderung nach einer autoritären oder diktatorischen staatlichen Ordnung. Angesichts der vielfältigen Ausprägungen des Rechtsextremismus ist es nicht sachgerecht, Rechtsextremisten unterschiedslos als "Nazis", "Neonazis", "Neonationalsozialisten" oder "Faschisten" zu bezeichnen. Den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 betrachten nur die Anhänger des Neonationalsozialismus (siehe auch "Neonazismus" / "Neonationalsozialismus") als fortgeltendes Leitbild. Auf den Faschismus, das in Italien 1922 bis 1944 bestehende Herrschaftssystem und dessen von Benito Mussolini geprägte faschistische Ideologie, berufen sich in Deutschland allenfalls rechtsextremistische Splittergruppen. Dennoch wird in der Alltagssprache "Faschismus" oft mit "Rechtsextremismus" gleichgesetzt. Rechtsextremistische Parteien Rechtsextremistische Parteien wollen den demokratischen Staat des Grundgesetzes "abwickeln" und durch einen totalitären Führerstaat ersetzen. Sie propagieren beispielsweise ein "lebensrichtiges Menschenbild", das rassistisch ist. Rechtsextremistische Parteien arbeiten teilweise mit Neonationalsozialisten zusammen. In Brandenburg nimmt die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) an Wahlen teil. 272 Glossar Revisionismus, rechtsextremistischer Als (Geschichts-)Revisionismus bezeichnet man den politisch motivierten Versuch, Verbrechen unter nationalsozialistischer Herrschaft im Wege einer "nochmaligen Betrachtung" zu relativieren oder zu leugnen. Durch vermeintlich entlastende und verzerrende Darstellung der Geschichte soll die rechtsextremistische Ideologie wieder politikfähig werden. Insbesondere im Rahmen einer gezielten "Revisionismus-Kampagne" versuchen Rechtsextremisten aus aller Welt seit Jahren, den millionenfachen Mord an den Juden zu bestreiten oder zumindest die Zahl der Opfer in Frage zu stellen. Dazu berufen sich Revisionisten auf häufig von ihnen selbst in Auftrag gegebene pseudowissenschaftliche "Gutachten" ("Leuchter-Report", "Rudolf-Gutachten"), in denen versucht wird, die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern als technisch unmöglich darzustellen. In der Bundesrepublik wird dieses Verhalten strafrechtlich geahndet. Sicherheitsüberprüfung siehe "Geheimschutz" Skinheads Die Wurzeln der Skinheadbewegung liegen im Großbritannien der späten 1960er Jahre. Sie war ursprünglich eine unpolitische, der Arbeiterschicht entstammende Jugendbewegung. Auch heute interessiert sich ein großer Teil der Skinheadszene nicht für politische Themen, sondern fühlt sich lediglich einer von einschlägiger Musik und Mode geprägten Subkultur zugehörig. Die Öffentlichkeit nimmt allerdings von der vielschichtigen Skinheadszene hauptsächlich den rechtsextremistischen Flügel ("Boneheads", "WhitePower-Skins" und "Fascho-Skins") wahr, der sich über eine bestimmte Mode sowie Musik und über eine von neonationalsozialistischen Ideologieelementen durchsetzte Einstellung definiert. Wichtige Bindeglieder der internationalen rechtsextremistischen Skinheadszene sind Skinhead-Musik, die auf Tonträgern und bei Konzerten mit oft aggressiven, zum Teil neonationalsozialistischen Texten verbreitet wird, und Skinhead-Modeartikel. Die Produkte werden von zahlreichen Vertriebsdiensten im Versandhandel angeboten sowie über einschlägige Internetseiten, in Foren und Skin-Magazinen (Fanzines) beworben. In den letzten Jahren ist das Skinhead-Outfit 273 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 jedoch stark rückläufig. Die Szene hat innerhalb des Rechtsextremismus dadurch an Bedeutung verloren. Bei Szene-Musikkonzerten sind Skinheads jedoch noch gehäuft wahrnehmbar. Eine Minderheit in der Skinheadszene ist dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen. "Red Skins", SHARPs ("Skinheads Against Racial Prejudice") oder R.A.S.H.s ("Red and Anarchist Skinheads") grenzen sich energisch gegen "Nazis und Rassismus" ab. Ein kleiner Teil dieses Personenkreises vertritt linksextremistische Vorstellungen. Linksextremistische Skinheads finden sich auch in der autonomen Szene und engagieren sich zum Teil in der autonomen Antifa (siehe "Autonome / autonome Antifa"). Spionage Wenn ein Staat mit verdeckten Mitteln und Methoden politische Entscheidungsprozesse sowie wirtschaftliche, wissenschaftliche und militärische Potenziale eines anderen Staates ausforscht, um auf unerlaubte Weise Vorteile und Informationen zu gewinnen, betreibt er Spionage. Spionageabwehr ist Auftrag des Verfassungsschutzes. Die politische und militärische Spionage erreichte während des "Kalten Krieges" ihren Höhepunkt, bleibt aber auch heute angesichts zahlreicher Interessengegensätze in der Staatenwelt aktuell. Insbesondere die staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage ist eine Bedrohung und Belastung, die sich gegen Firmen, Unternehmen und Verbände richtet. Sie ist zu unterscheiden von der wirtschaftlichen Konkurrenzspionage, mit der ein privates Unternehmen gegen ein anderes vorgeht. Diese Form der Spionage ist nicht Gegenstand des Verfassungsschutzauftrages. Terrorismus Terrorismus ist Gewalt gegen eine bestehende Ordnung, um einen politischen Wandel über schwere Straftaten zu erzwingen. Terror dient dabei als Druckmittel, indem Angst und Schrecken verbreitet werden. Terrorismus benötigt mediale Öffentlichkeit, die er gerade über zivile Opfer erzeugt. Trotzkismus Der Trotzkismus ist eine politisch-ideologische Richtung im Kommunismus (siehe "Kommunismus"), die auf Leo Trotzki (1879-1940), einen der Hauptakteure der russischen Oktoberrevolution 1917, zurückgeht. Ziel der 274 Glossar Trotzkisten ist eine "permanente Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" unter ihrer Führung. Trotzkistische Parteien stehen abseits von den übrigen kommunistischen Parteien. Um dennoch über ihre engen Zirkel hinaus Einfluss zu gewinnen, bedienen Trotzkisten sich der Methode des gezielten Unterwanderns. Verbotene Kennzeichen Nach SS 86 a Strafgesetzbuch ist das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar. Kennzeichen sind Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Das Verbot umfasst Kennzeichen verbotener Parteien, verbotener Vereinigungen, Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen. Bekannteste Beispiele solcher Straftaten sind das Schmieren von Hakenkreuzen oder das Zeigen des "Hitler-Grußes". Verschlusssachen siehe Geheimschutz Wirtschaftsschutz Der Wirtschaftsschutz beinhaltet alle relevanten Maßnahmen des Verfassungsschutzes, die geeignet sind, einen illegalen Know-how-Transfer durch fremde Nachrichtendienste aus deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren (siehe "Spionage"). Zionist Occupied Government (ZOG) "Zionist Occupied Government" (ZOG) kommt aus dem Englischen und heißt wörtlich übersetzt "zionistisch besetzte Regierung". Die Abkürzung ist eine in rechtsextremistischen Bewegungen übliche antisemitische Schmiererei. Mit dem Ausdruck ist gemeint, dass eine Regierung von Juden angeblich "besetzt" beziehungsweise "erobert", also fremdbestimmt sei und demnach das Staatsvolk nicht repräsentiere, sondern unterdrücke. Darin glauben Rechtsextremisten wiederum, eine angebliche jüdische Weltverschwörung zu erkennen. 275 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 276 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 9.3 Gesetzestexte Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG) vom 5. April 1993 (GVBl.I/93, [Nr. 04], S.78), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Gesetzes vom 8. Mai 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 8], S.10) Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Zweck des Verfassungsschutzes; Auftrag der Verfassungsschutzbehörde (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Dadurch soll es ihnen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen. SS2 Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörde (1) Verfassungsschutzbehörde ist das Ministerium des Innern. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes im Einvernehmen, die des Bundes nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden. 277 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Zur Erfüllung ihres Auftrages sammelt die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. und wertet sie aus. Voraussetzung für ihr Tätigwerden ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind in dem Brandenburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt. 278 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen. 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die in Absatz 3 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. (2) Eine Bestrebung im Sinne dieses Gesetzes ist insbesondere dann gegeben, wenn sie auf Gewaltanwendung gerichtet ist oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in Absatz 3 genannten Grundsätzen erkennen lässt. (3) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: 1. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, 2. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 3. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 4. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 279 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 5. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 6. die Unabhängigkeit der Gerichte und 7. der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft. (4) Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise sonst geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (5) Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne der SSSS 16 Abs. 1 und 20 Abs. 1 sind Verbrechen oder Vergehen, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedroht sind, sowie Rauschgifthandel, Falschgeld-, Sprengstoffund Waffendelikte und Straftaten nach SS 129 des Strafgesetzbuches. SS5 Unterrichtung der Öffentlichkeit Die Verfassungsschutzbehörde informiert die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1. Sie unterrichtet jährlich die Öffentlichkeit über die Summe ihrer Haushaltsmittel und über die Gesamtzahl ihrer Bediensteten. Zweiter Abschnitt Befugnisse SS6 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde ist an Gesetz und Recht gebunden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht Bestimmungen des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes, die gemäß SS 27 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 zur Anwendung kommenden Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72) oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. 280 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Informationsbeschaffung als nachrichtendienstliche Mittel die folgenden Maßnahmen anwenden: 1. Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermittlern; 2. Observationen; 3. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen; 5. Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel; 6. Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 7. Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen; 8. Verwendung fingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden); 9. Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; 10. Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes. Minderjährige dürfen nicht als Vertrauensleute, sonstige geheime Informanten, Gewährspersonen oder verdeckte Ermittler eingesetzt werden. Soweit sich Personen aus beruflichen Gründen auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, darf die Verfassungsschutzbehörde diese nicht von sich aus für ihre Zwecke in Anspruch nehmen; Informationen, die diese Personen unter Verletzung des SS 203 des Strafgesetzbuches rechtswidrig an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben beabsichtigen, dürfen von dieser nicht entgegengenommen werden. Tarnpapiere und Tarnkennzeichen dürfen auch zu dem in SS 7 Abs. 1 Nr. 5 genannten Zweck verwendet werden; die zuständigen Behörden des Landes sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde für diese Tarnmaßnahmen Hilfe zu leisten. 281 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (4) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu. Sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. (5) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über den Verwendungszweck aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfaßt bei einer beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenn die Tatsache, daß die Erhebung für Zwecke der Verfassungschutzbehörde erfolgt, aus besonderen Gründen nicht bekannt werden soll. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. (6) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat die Verfassungsschutzbehörde diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. (7) Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine Straftaten begangen werden. Die abschließende Aufzählung der Straftatbestände, die verwirklicht werden dürfen, erfolgt in einer Dienstvorschrift nach Vorlage in der Parlamentarischen Kontrollkommission. SS7 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 6 Abs. 3 nur erheben, wenn 1. sich ihr Einsatz gegen Personenzusammenschlüsse, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen, 2. sich ihr Einsatz gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß sie für diese bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, 3. ihr Einsatz gegen andere als in den Nummern 1 und 2 genannten Personen unumgänglich ist, um Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen zu gewinnen, die sich durch Anwendung 282 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter wenden, 4. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlichen Quellen in Personenzusammenschlüssen nach Nummer 1 gewonnen werden können oder 5. dies zum Schutz der Bediensteten, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach SS 15 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 6 Abs. 3 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen, insbesondere nicht zu der Gefahr, die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne von SS 3 Abs. 1 ausgeht. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. (2) Die mit den Mitteln nach SS 6 Absatz 3 gewonnenen Informationen dürfen nur für den jeweiligen Erhebungszweck verarbeitet werden. Eine anderweitige Verarbeitung ist nur zulässig, wenn das zur Informationsgewinnung verwendete Mittel auch für den jeweils anderen Verarbeitungszweck hätte eingesetzt werden dürfen. Sie ist ferner zulässig im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach SS 3 Absatz 2 und in Verwaltungsverfahren, in denen die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörde gesetzlich vorgeschrieben ist. (3) Das Mithören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel oder sonstige Maßnahmen nach SS 6 Abs. 3, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, sind zulässig, wenn dadurch Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen, die auf Gewaltanwendung gerichtet sind oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in SS 4 Abs. 3 genannten Grundsätzen erkennen lassen, gewonnen werden können. Ein solcher Eingriff bedarf im Einzelfall der vorherigen Zustimmung des Ministers oder der Ministerin des Innern, im Falle der Verhinderung der jeweiligen Vertretung. Die Parlamentarische 283 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Kontrollkommission ist in der jeweils nächsten Sitzung, bei Fortdauer der Maßnahmen jeweils in Abständen von drei Monaten, zu unterrichten. Die durch den Eingriff erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 4 Absatz 2 des Artikel 10-Gesetzes, zur Erforschung oder Verfolgung einer Straftat nach SS 129 des Strafgesetzbuches sowie für die in Absatz 2 Satz 3 genannten Zwecke verarbeitet werden. (4) Beim Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern sowie bei Observationen finden die Bestimmungen in Absatz 3 Satz 3 entsprechende Anwendung, ohne daß die Identität der Vertrauensleute oder verdeckten Ermittler, auch nicht in mittelbarer Form, offenbart wird. SS8 Verarbeitung und Verarbeitungseinschränkung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 3 Absatz 1 Informationen, insbesondere personenbezogene Daten verarbeiten, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach SS 3 Absatz 1 vorliegen oder 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Absatz 1 erforderlich ist. Die Speicherung von Informationen über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres zu ihrer Person ist unzulässig. Mittels automatisierter Datenverarbeitung zu ihrer Person gespeicherte Daten Minderjähriger dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. Die Speicherdauer ist auf das für die Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. (2) Gespeicherte Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies im Zusammenhang mit dem Datum, dessen Richtigkeit bestritten wird, zu vermerken. Sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind und dadurch schutzwürdige Interessen Betroffener beeinträchtigt sein können. (3) Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nach SS 3 Abs. 1 nicht mehr erforderlich ist. Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, sofern Minderjährige betroffen sind, nach zwei Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu 284 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG löschen oder zu berichtigen sind. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall ist die Verarbeitung dieser Daten einzuschränken; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden. Ein schutzwürdiges Interesse liegt auch vor, wenn die betroffene Person einen Antrag nach SS 12 Abs. 1 gestellt hat. (4) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter, trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (5) Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre des Betroffenen, die mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. (6) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke sowie zum Nachweis strafbarer Handlungen nach SS 33 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes verwendet werden. SS9 Sicherheit der Verarbeitung (1) Die Verfassungsschutzbehörde oder der Auftragsverarbeiter haben unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten, der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung sowie der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schwere der mit der Verarbeitung verbundenen Gefahren für die Rechtsgüter der betroffenen Person die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Hierbei sind die einschlägigen Technischen Richtlinien und Empfehlungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik sowie die Regelungen des materiellen Geheimschutzes einzuhalten. (2) Die in Absatz 1 genannten Maßnahmen können unter anderem die Pseudonymisierung und Verschlüsselung personenbezogener Daten 285 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 umfassen, soweit solche Mittel in Anbetracht der Verarbeitungszwecke möglich sind. Die Maßnahmen nach Absatz 1 sollen dazu führen, dass 1. die Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit und Belastbarkeit der Systeme und Dienste im Zusammenhang mit der Verarbeitung auf Dauer sichergestellt werden und 2. die Verfügbarkeit der personenbezogenen Daten und der Zugang zu ihnen bei einem physischen oder technischen Zwischenfall rasch wiederhergestellt werden können. (3) Im Falle einer automatisierten Verarbeitung sind Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind zu gewährleisten, dass 1. nur Befugte diese Daten zur Kenntnis nehmen können (Vertraulichkeit), 2. diese Daten während der Verarbeitung unversehrt, vollständig und aktuell bleiben (Integrität), 3. diese Daten zeitgerecht zur Verfügung stehen oder ordnungsgemäß verarbeitet werden können (Verfügbarkeit), 4. diese Daten jederzeit ihrem Ursprung zugeordnet werden können (Authentizität), 5. festgestellt werden kann, wer wann welche personenbezogenen Daten in welcher Weise verarbeitet hat (Revisionsfähigkeit), und 6. die Verfahrensweisen bei der Verarbeitung dieser Daten vollständig, aktuell und in einer Weise dokumentiert sind, dass sie in zumutbarer Zeit nachvollzogen werden können (Transparenz). (4) Werden personenbezogene Daten nicht-automatisiert oder in Akten verarbeitet, sind Maßnahmen zu treffen, um insbesondere den Zugriff Unbefugter bei der Bearbeitung, der Aufbewahrung, dem Transport und der Vernichtung zu verhindern. (5) Bei der Beurteilung des angemessenen Schutzniveaus sind insbesondere die Risiken zu berücksichtigen, die mit der Verarbeitung verbunden sind, insbesondere durch Vernichtung, Verlust, Veränderung oder unbefugte Offenlegung von beziehungsweise unbefugten Zugang zu personenbezogenen Daten, die übermittelt, gespeichert oder auf andere Weise verarbeitet wurden. (6) SS 4 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes gilt entsprechend. 286 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS 10 (aufgehoben) SS 11 (aufgehoben) Dritter Abschnitt Auskunft und Einsicht SS 12 Auskunft, Einsicht und Benachrichtigung (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zur antragstellenden Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung. Soweit sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, ist auf Antrag der antragstellenden Person Einsicht zu gewähren. Die Akteneinsicht ist auf die Teile der Akten beschränkt, die personenbezogene Daten der antragstellenden Person enthalten. Auskunft oder Akteneinsicht können sich auf Antrag auch auf die Herkunft der Daten, den Zweck ihrer Übermittlung und die Empfänger von Übermittlungen innerhalb der letzten zwei Jahre erstrecken. Auskunft aus Akten oder Einsicht in Akten, die nicht zur Person des Betroffenen geführt werden, sind zu gewähren, soweit die antragstellende Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen. (1a) Soweit Daten zur Person mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, erhält die antragstellende Person Einsicht in Ausdrucke der gespeicherten Datensätze. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. (2) Auskunftserteilung oder Einsichtsgewährung können nur unterbleiben, wenn 1. das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht überwiegt oder 2. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen von Dritten geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter unter Abwägung der in den Nummern 1 und 2 genannten Interessen mit 287 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht. (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung oder der Einsichtsgewährung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Verweigerung gefährdet würde; die Gründe sind aber festzuhalten. Die antragstellende Person ist auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen einer Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten oder die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (der oder die Landesbeauftragte) wenden kann. Dem oder der Landesbeauftragten ist auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Einsicht zu gewähren. Stellt der Minister oder die Ministerin des Innern, im Falle der Verhinderung der Staatssekretär oder die Staatssekretärin, im Einzelfall fest, dass durch die Auskunft oder die Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde, erhält nur der oder die Landesbeauftragte persönlich Auskunft oder Einsicht. Mitteilungen des oder der Landesbeauftragten an die antragstellende Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zugestimmt hat. (4) Bezieht sich die Auskunftserteilung oder die Einsicht auf die Herkunft personenbezogener Daten von anderen Verfassungsschutzbehörden, der Staatsanwaltschaft und der Polizei, von Landesfinanzbehörden, soweit diese personenbezogene Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, vom Bundesnachrichtendienst, vom Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, von anderen Behörden des Bundesministers der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig. Das gleiche gilt, wenn diese Behörden Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten sind. Soweit es sich um Behörden des Landes handelt, gelten für die Versagung der Zustimmung die Absätze 2 und 3 entsprechend. (5) Von der ohne ihre Kenntnis erfolgten Erhebung personenbezogener Daten ist die betroffene Person zu benachrichtigen, sobald der Zweck der Erhebung es zuläßt. Bei Eingriffen nach SS 7 Abs. 3 und 4 ist die Parlamentarische Kontrollkommission spätestens drei Jahre nach der Beendigung des Eingriffes zu unterrichten, sofern eine Mitteilung an die betroffene Person nicht erfolgt ist. (6) Wird der oder die Landesbeauftragte nach SS 12 Absatz 3 Satz 3 tätig, so kann er oder sie die Parlamentarische Kontrollkommission 288 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG unterrichten, wenn sich im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. Vierter Abschnitt Informationsübermittlung SS 13 Zulässigkeit von Ersuchen Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um die Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. SS 14 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Behörden, Betriebe und Einrichtungen des Landes sowie die der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen sind festzuhalten. 289 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dabei übermittelten Kenntnisse und Unterlagen finden SS 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und SS 4 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind, ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten verarbeitet werden. SS 14a Übermittlung von Informationen durch nicht-öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Auskünfte nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes dürfen nur auf schriftlichen Antrag des Leiters der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung seines Vertreters, eingeholt werden. Über den Antrag entscheidet der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet die G 10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann das Ministerium des Innern den Vollzug der Entscheidung auch vor Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Entscheidungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für nicht notwendig oder unzulässig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. (3) Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 1 erlangten Daten. (4) Für die Verarbeitung der nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. (5) Für die Mitteilung an den Betroffenen findet SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. 290 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG (6) Das Ministerium des Innern unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1. (7) Das Ministerium des Innern unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes jährlich über die nach Absatz 1 durchgeführten Maßnahmen nach Maßgabe des SS 8 Abs. 10 Satz 1 zweiter Halbsatz des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (8) Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz, Artikel 16 Verfassung des Landes Brandenburg) wird nach Maßgabe des Absatzes 1 in Verbindung mit SS 8 Abs. 6 und 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes eingeschränkt. SS 15 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Aufklärung 1. von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht oder 2. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder 3. von Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. von öffentlichen Stellen geführte Register einsehen. (2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde oder 2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würde und 291 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der betroffenen Person, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder die empfangende Behörde die Daten zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) benötigt oder wenn eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Behörde darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz von Leib oder Leben oder zur Erfüllung eigener Aufgaben, insbesondere bei grenzüberschreitenden Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1, erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere die Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Stelle ist darauf hinzuweisen, 292 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt wurden, und daß die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. (3) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, daß 1. die betroffene Person zugestimmt hat, 2. dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder 3. zum Schutz der in SS 3 Abs. 2 Nr. 2 genannten Einrichtungen erforderlich ist und der Minister des Innern oder von ihm besonders bestellte Beauftragte ihre Zustimmung im Einzelfall erteilt haben. Die Verfassungsschutzbehörde führt hierüber einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, die Fundstelle und der Empfänger hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. Die empfangende Stelle darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. Sie ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, daß die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. SS 17 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, der Polizei von sich aus die ihr bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in den SSSS 74 a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. 293 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (2) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (3) Übermittlungen nach den Absätzen 1 und 2 sind festzuhalten. SS 18 Übermittlung personenbezogener Informationen an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde dürfen personenbezogene Daten nur bekanntgegeben werden, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen zwingend erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person überwiegen. Personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes dürfen veröffentlicht werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen dieser Personen nicht beeinträchtigt werden. SS 19 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschnittes unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Information zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht mehr erforderlich ist, 2. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Information und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn die Information die engere Persönlichkeitssphäre der betroffenen Person berührt, 3. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. 294 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS 20 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 8 Abs.1 Satz 2 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, ist eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres dürfen nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. SS 21 Pflichten der empfangenden Stelle Die empfangende Stelle prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß die Daten nicht erforderlich sind, hat sie die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. SS 22 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu berichtigen. Fünfter Abschnitt Parlamentarische Kontrolle SS 23 Parlamentarische Kontrollkommission In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt die Landesregierung unbeschadet der Rechte des Landtages der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. 295 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 SS 24 Zusammensetzung und Amtsdauer der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission wird vom Landtag gebildet. Der Landtag beschließt über ihre Größe, die neun Mitglieder nicht überschreiten soll, und Zusammensetzung und wählt die Mitglieder. Die parlamentarische Opposition muß angemessen vertreten sein. (2) Scheidet ein Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission aus dem Landtag oder aus seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ein neues Mitglied ist unverzüglich zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründen aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Landtages hinaus solange aus, bis der nachfolgende Landtag nach Absatz 1 eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gebildet hat. SS 25 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung und auf Verlangen der Kommission über Einzelfälle. Die Kommission hat Anspruch auf diese Unterrichtung. Sie kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen sowie bei besonderem Aufklärungsbedarf mit Zustimmung des Innenministers Bedienstete zum Sachverhalt befragen, sofern dem nicht überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen; die Landesregierung hat dies vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen. (2) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission auch über die Herstellung des Einvernehmens für das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder im Land Brandenburg gemäß SS 2 Abs. 2 sowie in allgemeiner Form über die Herstellung des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz gemäß SS 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. 296 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG (3) Eingaben einzelner Bürger (Petenten) über ein sie betreffendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde sind nach Zustimmung des Petenten der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis zu geben, wenn sie nicht an sie selbst gerichtet sind. Sie hat auf Antrag eines Mitgliedes Petenten zu hören. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Artikel 10-Gesetzes bleibt den aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz von der Volksvertretung bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. (5) Für die Parlamentarische Kontrollkommission gilt SS 18 Absatz 7 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes entsprechend. SS 26 Verfahrensweise der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission gibt sich eine Geschäftsordnung; im übrigen gelten die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission tagt nicht öffentlich. Auf Antrag eines Mitgliedes beschließt die Kommission über die Herstellung der Öffentlichkeit, soweit das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dem nicht entgegenstehen. Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder der Kommission zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen dabei bekannt geworden sind. Das gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von der Kommission aufgehoben werden, wenn die Gründe für die Verschwiegenheit nachträglich weggefallen sind. Die Aufhebung der Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen, die in die Verantwortlichkeit des Bundes oder eines anderen Landes fallen, ist nur mit deren Zustimmung möglich. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet den Landtag jährlich über ihre Tätigkeit. Sechster Abschnitt Schlußvorschriften SS 27 Geltung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes und der Verordnung (EU) 2016/679 (1) Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch die Verfassungsschutzbehörde finden 297 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 1. SS 2 Absatz 6, die SSSS 7 bis 13, 24 und 28 bis 31 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung und 2. die Artikel 1 bis 7, 22, 28 und 29 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechende Anwendung. SS 4 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes gilt entsprechend. (2) Für die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde gelten Artikel 57 Absatz 1 Buchstabe a bis i und t, Absatz 3 und 4, Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe a, b und d bis f, Absatz 2 und 3 jeweils Buchstabe a und b sowie Artikel 59 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechend. SS 28 Erlaß von Verwaltungsvorschriften Der Minister des Innern wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Über solche, die nachrichtendienstliche Mittel nach SS 6 Abs. 3 betreffen, ist die Parlamentarische Kontrollkommission vorab zu unterrichten. SS 29 Einschränkung von Grundrechten Durch dieses Gesetz werden das Grundrecht des Briefgeheimnisses sowie des Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 16 der Verfassung des Landes Brandenburg) und das Recht auf Datenschutz (Artikel 11 Absatz 1 der Verfassung des Landes Brandenburg) eingeschränkt. 298 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954) FNA 12-4 zuletzt geändert zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2097) - Auszug - Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden SS1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. SS2 Verfassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesministerium des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Mehrere Länder können eine gemeinsame Behörde unterhalten. 299 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, 300 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG 4. bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen, 5. bei der Geheimschutzbetreuung von nichtöffentlichen Stellen durch den Bund oder durch ein Land. Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geregelt. Bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 ist das Bundesamt für Verfassungsschutz zur sicherheitsmäßigen Bewertung der Angaben der nichtöffentlichen Stelle unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder befugt. Sofern es im Einzelfall erforderlich erscheint, können bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nummer 5 zusätzlich die Nachrichtendienste des Bundes sowie ausländische öffentliche Stellen um Übermittlung und Bewertung vorhandener Erkenntnisse und um Bewertung übermittelter Erkenntnisse ersucht werden. (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, 301 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS5 Zuständigkeiten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen im Sinne des SS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ist Voraussetzung, daß 302 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund richten, 2. sie darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden, Gewaltanwendung vorzubereiten, zu unterstützen oder zu befürworten, 3. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 4. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 5. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerden ersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgelagerter Fälle hergestellt werden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz wertet unbeschadet der Auswertungsverpflichtungen der Landesbehörden für Verfassungsschutz zentral alle Erkenntnisse über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Absatz 1 aus. Es unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz nach SS 6 Absatz 1, insbesondere durch Querschnittsauswertungen in Form von Strukturund Methodikberichten sowie regelmäßig durch bundesweite Lageberichte zu den wesentlichen Phänomenbereichen unter Berücksichtigung der entsprechenden Landeslageberichte. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz koordiniert die Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden. Die Koordinierung schließt insbesondere die Vereinbarung von 1. einheitlichen Vorschriften zur Gewährleistung der Zusammenarbeitsfähigkeit, 2. allgemeinen Arbeitsschwerpunkten und arbeitsteiliger Durchführung der Aufgaben sowie 3. Relevanzkriterien für Übermittlungen nach SS 6 Absatz 1 ein. (4) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterstützt als Zentralstelle die Landesbehörden für Verfassungsschutz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 3 insbesondere durch 1. Bereitstellung des nachrichtendienstlichen Informationssystems (SS 6 Absatz 2), 303 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2. zentrale Einrichtungen im Bereich besonderer technischer und fachlicher Fähigkeiten, 3. Erforschung und Entwicklung von Methoden und Arbeitsweisen im Verfassungsschutz und 4. Fortbildung in speziellen Arbeitsbereichen. (3) Dem Bundesamt für Verfassungsschutz obliegt der für Aufgaben nach SS 3 erforderliche Dienstverkehr mit zuständigen öffentlichen Stellen anderer Staaten. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz können solchen Dienstverkehr führen 1. mit den Dienststellen der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Streitkräfte, 2. mit den Nachrichtendiensten angrenzender Nachbarstaaten in regionalen Angelegenheiten oder 3. im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz. SS6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz und das Bundesamt für Verfassungsschutz übermitteln sich unverzüglich die für ihre Aufgaben relevanten Informationen, einschließlich der Erkenntnisse ihrer Auswertungen. Wenn eine übermittelnde Behörde sich dies vorbehält, dürfen die übermittelten Daten nur mit ihrer Zustimmung an Stellen außerhalb der Behörden für Verfassungsschutz übermittelt werden. (2) Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach Absatz 1 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unter den Voraussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig; SS 3 Absatz 3 Satz 2 des MADGesetzes bleibt unberührt. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Daten verändern, die Verarbeitung einschränken oder löschen. Die eingebende Stelle muss feststellbar sein. Eine Abfrage von Daten ist nur zulässig, 304 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben, mit denen der Abfragende unmittelbar betraut ist, erforderlich ist. Die Zugriffsberechtigung auf Daten, die nicht zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind, ist auf Personen zu beschränken, die mit der Erfassung von Daten oder Analysen betraut sind. Die Zugriffsberechtigung auf Unterlagen, die gespeicherte Angaben belegen, ist zudem auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft für die gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen entsprechend SS 64 des Bundesdatenschutzgesetzes. Es hat bei jedem Zugriff für Zwecke der Datenschutzkontrolle den Zeitpunkt, die Angaben, die die Feststellung der abgefragten Datensätze ermöglichen, sowie die abfragende Stelle zu protokollieren. Die Auswertung der Protokolldaten ist nach dem Stand der Technik zu gewährleisten. Die protokollierten Daten dürfen nur für Zwecke der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Datenverarbeitungsanlage verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. SS7 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. 305 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, ber. S. 2298, 2017 S. 154), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3202) geändert worden ist Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen SS1 Gegenstand des Gesetzes (1) Es sind 1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages, 1. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 8 und SS 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, in den Fällen der Nummer 1 auch die dem Briefoder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen. (2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission). SS2 Pflichten der Anbieter von Postund Telekommunikationsdiensten (1) Wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände des Postverkehrs zu erteilen 306 Artikel 10-Gesetz - G 10 und Sendungen, die ihm zum Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern anvertraut sind, auszuhändigen. Der nach Satz 1 Verpflichtete hat der berechtigten Stelle auf Verlangen die zur Vorbereitung einer Anordnung erforderlichen Auskünfte zu Postfächern zu erteilen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Anordnung bedarf. Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände der nach Wirksamwerden der Anordnung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen. SS 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, SS 4a des MADGesetzes und SS 3 des BND-Gesetzes bleiben unberührt. Ob und in welchem Umfang der nach Satz 3 Verpflichtete Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung der Überwachungsmaßnahme zu treffen hat, bestimmt sich nach SS 110 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung. (2) Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat vor Durchführung einer beabsichtigten Beschränkungsmaßnahme unverzüglich die Personen, die mit der Durchführung der Maßnahme betraut werden sollen, 1. auszuwählen, 2. einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu lassen und 3. über Mitteilungsverbote nach SS 17 sowie die Strafbarkeit eines Verstoßes nach SS 18 zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme dürfen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe des Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. Nach Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, bei Beschränkungsmaßnahmen einer Landesbehörde des zuständigen Landesministeriums, kann der Behördenleiter der berechtigten Stelle oder dessen Stellvertreter die nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten schriftlich auffordern, die Beschränkungsmaßnahme bereits vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Der nach Absatz 1 Satz 1 oder Satz 3 Verpflichtete hat sicherzustellen, dass die Geheimschutzmaßnah307 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 men zum Schutz als VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH eingestufter Informationen gemäß der nach SS 35 Absatz 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes zu erlassenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz in der jeweils geltenden Fassung getroffen werden. (3) Die Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen. Für Beschränkungsmaßnahmen einer Landesbehörde gilt dies nicht, soweit Rechtsvorschriften des Landes vergleichbare Bestimmungen enthalten; in diesem Fall sind die Rechtsvorschriften des Landes entsprechend anzuwenden. Zuständig ist bei Beschränkungsmaßnahmen von Bundesbehörden das Bundesministerium des Innern; im Übrigen sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden zuständig. Soll mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme eine Person betraut werden, für die innerhalb der letzten fünf Jahre bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundesoder Landesrecht durchgeführt worden ist, soll von einer erneuten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden. Abschnitt 2 Beschränkungen in Einzelfällen SS3 Voraussetzungen (1) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand 1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (SSSS 80a bis 83 des Strafgesetzbuches), 2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (SSSS 84 bis 86, 87 bis 89b, 89c Absatz 1 bis 4 des Strafgesetzbuches, SS 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes), 3. Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (SSSS 94 bis 96, 97a bis 100a des Strafgesetzbuches), 4. Straftaten gegen die Landesverteidigung (SSSS 109e bis 109g des Strafgesetzbuches), 308 Artikel 10-Gesetz - G 10 5. Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (SSSS 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit SS 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes), 6. Straftaten nach a) den SSSS 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie b) den SSSS 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Abs. 1 bis 3, SS 315 Abs. 3, SS 316b Abs. 3 und SS 316c Abs. 1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, 7. Straftaten nach SS 95 Abs. 1 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes, 8. Straftaten nach den SSSS 202a, 202b und 303a, 303b des Strafgesetzbuches, soweit sich die Straftat gegen die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere gegen sicherheitsempfindliche Stellen von lebenswichtigen Einrichtungen richtet, oder 9. Straftaten nach SS 13 des Völkerstrafgesetzbuches plant, begeht oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. (1a) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen für den Bundesnachrichtendienst auch für Telekommunikationsanschlüsse, die sich an Bord deutscher Schiffe außerhalb deutscher Hoheitsgewässer befinden, angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass jemand eine der in SS 23a Abs. 1 und 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. (2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, 309 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet. SS 3a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 sind unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst würden. Soweit im Rahmen von Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 neben einer automatischen Aufzeichnung eine unmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich einem bestimmten Mitglied der G10-Kommission oder seinem Stellvertreter zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung. Die Entscheidung des Mitglieds der Kommission, dass eine Verwertung erfolgen darf, ist unverzüglich durch die Kommission zu bestätigen. Ist die Maßnahme nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass sie nicht nach Satz 1 unzulässig ist, fortgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt. 310 Artikel 10-Gesetz - G 10 SS 3b Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen (1) Maßnahmen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1, die sich gegen eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richten und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, sind unzulässig. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist zu dokumentieren. Die Sätze 2 bis 3 gelten entsprechend, wenn durch eine Maßnahme, die sich nicht gegen eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richtet, von einer dort genannten Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte. (2) Soweit durch eine Beschränkung eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 der Strafprozessordnung genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Würdigung des öffentlichen Interesses an den von dieser Person wahrgenommenen Aufgaben und des Interesses an der Geheimhaltung der dieser Person anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Soweit hiernach geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, soweit die in SS 53a der Strafprozessordnung Genannten das Zeugnis verweigern dürften. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, sofern die zeugnisverweigerungsberechtigte Person Verdächtiger im Sinne des SS 3 Abs. 2 Satz 2 ist oder tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass sie dessen in SS 3 Abs. 1 bezeichnete Bestrebungen durch Entgegennahme oder Weitergabe von Mitteilungen bewusst unterstützt. SS4 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung (1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben allein oder zusammen mit bereits 311 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 vorliegenden Daten für die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. Die Löschung der Daten unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 1 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall ist die Verarbeitung der Daten einzuschränken; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 und den in Absatz 4 genannten Zwecken verwendet werden. (3) Der Behördenleiter oder sein Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission oder, soweit es sich um die Übermittlung durch eine Landesbehörde handelt, die nach Landesrecht zuständige Stelle zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten. (4) Die Daten dürfen an andere als die nach SS 1 Absatz 1 Nummer 1 berechtigten Stellen nur übermittelt werden 1. zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn a) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine der in SS 3 Abs. 1 und 1a genannten Straftaten plant oder begeht, b) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine sonstige in SS 7 Abs. 4 Satz 1 genannte Straftat plant oder begeht, 312 Artikel 10-Gesetz - G 10 2. zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Nummer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat, oder 3. zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes oder einer Maßnahme nach SS 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich sind. Bei der Übermittlung an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen ist daneben SS 19 Absatz 3 Satz 2 und 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anzuwenden. (5) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Löschung. Abschnitt 3 Strategische Beschränkungen SS5 Voraussetzungen (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen, soweit eine gebündelte Übertragung erfolgt, angeordnet werden. Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Beschränkungen nach Satz 1 sind nur zulässig zur Sammlung von Informationen über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr 313 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 1. eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland 2. der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland, 3. der internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien in Fällen von erheblicher Bedeutung, 4. der unbefugten gewerbsoder bandenmäßig organisierten Verbringung von Betäubungsmitteln in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland, 5. der Beeinträchtigung der Geldwertstabilität im Euro-Währungsraum durch im Ausland begangene Geldfälschungen, 6. der international organisierten Geldwäsche in Fällen von erheblicher Bedeutung 7. des gewerbsoder bandenmäßig organisierten Einschleusens von ausländischen Personen in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland a) bei unmittelbarem Bezug zu den Gefahrenbereichen nach Nr. 1 bis 3 oder b) in Fällen, in denen eine erhebliche Anzahl geschleuster Personen betroffen ist, insbesondere wenn durch die Art der Schleusung von einer Gefahr für ihr Leib oder Leben auszugehen ist, oder c) in Fällen von unmittelbarer oder mittelbarer Unterstützung oder Duldung durch ausländische öffentliche Stellen oder 8. des internationalen kriminellen, terroristischen oder staatlichen Angriffs mittels Schadprogrammen oder vergleichbaren schädlich wirkenden informationstechnischen Mitteln auf die Vertraulichkeit, Integrität oder Verfügbarkeit von IT-Systemen in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland 314 Artikel 10-Gesetz - G 10 rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr zu begegnen. In den Fällen von Satz 3 Nr. 1 dürfen Beschränkungen auch für Postverkehrsbeziehungen angeordnet werden; Satz 2 gilt entsprechend. (1) Bei Beschränkungen von Telekommunikationsbeziehungen darf der Bundesnachrichtendienst nur Suchbegriffe verwenden, die zur Aufklärung von Sachverhalten über den in der Anordnung bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt und geeignet sind. Es dürfen keine Suchbegriffe verwendet werden, die 1. Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen, oder 2. den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betreffen. Dies gilt nicht für Telekommunikationsanschlüsse im Ausland, sofern ausgeschlossen werden kann, dass Anschlüsse, deren Inhaber oder regelmäßige Nutzer deutsche Staatsangehörige sind, gezielt erfasst werden. Die Durchführung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. SS 5a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Durch Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 dürfen keine Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst werden. Sind durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst worden, dürfen diese nicht verwertet werden. Sie sind unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. SS 3a Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zum Zwecke der Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt. SS6 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Zweckbindung (1) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen 315 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres zu löschen, das dem Jahr der Protokollierung folgt. Außer in den Fällen der erstmaligen Prüfung nach Satz 1 unterbleibt die Löschung, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 2 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall ist die Verarbeitung der Daten einzuschränken; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Zwecken und für Übermittlungen nach SS 7 Abs. 1 bis 4a und SS 7a verwendet werden. (3) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen zur Prüfung der Relevanz erfasster Telekommunikationsverkehre auf Anordnung des nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministeriums die erhobenen Daten in einem automatisierten Verfahren mit bereits vorliegenden Rufnummern oder anderen Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse abgeglichen werden, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie in einem Zusammenhang mit dem Gefahrenbereich stehen, für den die Überwachungsmaßnahme angeordnet wurde. Zu diesem Abgleich darf der Bundesnachrichtendienst auch Rufnummern oder andere Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse im Inland verwenden. Die zu diesem Abgleich genutzten Daten dürfen nicht als Suchbegriffe im Sinne des SS 5 Abs. 2 Satz 1 verwendet werden. Der Abgleich und die Gründe für die Verwendung der für den Abgleich genutzten Daten sind zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu vernichten. 316 Artikel 10-Gesetz - G 10 SS7 Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst (1) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen nach SS 33 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Gefahren übermittelt werden. (2) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen an die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie an den Militärischen Abschirmdienst übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Daten erforderlich sind zur Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind, 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde Macht begründen oder 3. im Falle des SS 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nummer 8 tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angriffe von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes ausgehen. (3) Durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nr. 3 erhobene personenbezogene Daten dürfen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Kenntnis dieser Daten erforderlich ist 1. zur Aufklärung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr über Umstände, die für die Einhaltung von Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs von Bedeutung sind, oder 2. im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung einer ausfuhrrechtlichen Genehmigung oder zur Unterrichtung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr, soweit hierdurch eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von Gütern begründet wird. 317 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (4) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand a) Straftaten nach den SSSS 89a, 89b, 89c Absatz 1 bis 4 oder SS 129a, auch in Verbindung mit SS 129b Abs. 1, sowie den SSSS 146, 151 bis 152a oder SS 261 des Strafgesetzbuches, b) vorsätzliche Straftaten nach den SSSS 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes, SSSS 19 bis 21 oder SS 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder c) Straftaten nach SS 29a Abs. 1 Nr. 2, SS 30 Abs. 1 Nr. 1, 4 oder SS 30a des Betäubungsmittelgesetzes plant oder begeht oder 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine der in SS 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 7 und 9, Satz 2 oder Absatz 1a dieses Gesetzes oder eine sonstige der in SS 100a Absatz 2 der Strafprozessordnung genannten Straftaten plant oder begeht. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. (4a) Durch Beschränkungen nach SS 5 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nummer 8 erhobene personenbezogene Daten dürfen an das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Daten erforderlich sind zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit der Informationstechnik des Bundes oder zur Sammlung und Auswertung von Informationen über Sicherheitsrisiken auch für andere Stellen und Dritte. (5) Die Übermittlung ist nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist 318 Artikel 10-Gesetz - G 10 unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bundesnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. SS 4 Abs. 6 Satz 4 und SS 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 gelten entsprechend. SS 7a Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an ausländische öffentliche Stellen (1) Der Bundesnachrichtendienst darf durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3, 7 und 8 erhobene personenbezogene Daten an die mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betrauten ausländischen öffentlichen Stellen übermitteln, soweit 1. die Übermittlung zur Wahrung außenoder sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder erheblicher Sicherheitsinteressen des ausländischen Staates erforderlich ist, 2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen, insbesondere in dem ausländischen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist sowie davon auszugehen ist, dass die Verwendung der Daten durch den Empfänger in Einklang mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgt, und 3. das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist. Die Übermittlung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzleramtes. (2) Der Bundesnachrichtendienst darf unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3, 7 und 8 erhobene personenbezogene Daten ferner im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218) an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in deren Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. 319 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (3) Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bundesnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. Der Bundesnachrichtendienst führt einen Nachweis über den Zweck, die Veranlassung, die Aktenfundstelle und die Empfänger der Übermittlungen nach Absatz 1 und 2. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (4) Der Empfänger ist zu verpflichten, 1. die übermittelten Daten nur zu dem Zweck zu verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden, 2. eine angebrachte Kennzeichnung beizubehalten und 3. dem Bundesnachrichtendienst auf Ersuchen Auskunft über die Verwendung zu erteilen. (5) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G10Kommission über Übermittlungen nach Absatz 1 und 2. (6) Das Parlamentarische Kontrollgremium ist in Abständen von höchstens sechs Monaten über die vorgenommenen Übermittlungen nach Absatz 1 und 2 zu unterrichten. SS8 Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen im Sinne des SS 5 Abs. 1 Satz 1 angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu erkennen oder ihr zu begegnen und dadurch Belange der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer Weise berührt sind. (2) Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Die Zustimmung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Die Bestimmung tritt spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Eine erneute Bestimmung ist zulässig, soweit ihre Voraussetzungen fortbestehen. 320 Artikel 10-Gesetz - G 10 (3) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Der Bundesnachrichtendienst darf nur Suchbegriffe verwenden, die zur Erlangung von Informationen über die in der Anordnung bezeichnete Gefahr bestimmt und geeignet sind. SS 5 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Ist die Überwachungsmaßnahme erforderlich, um einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leib oder Leben einer Person zu begegnen, dürfen die Suchbegriffe auch Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung der Rufnummer oder einer anderen Kennung des Telekommunikationsanschlusses dieser Person im Ausland führen. (4) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten zu dem in Absatz 1 bestimmten Zweck erforderlich sind. Soweit die Daten für diesen Zweck nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. SS 6 Abs. 1 Satz 4 und 5, Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Daten dürfen nur zu den in den Absätzen 1, 5 und 6 genannten Zwecken verwendet werden. (5) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nach SS 33 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in Absatz 1 genannte Gefahr übermittelt werden. (6) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass jemand eine Straftat plant oder begeht, die geeignet ist, zu der Entstehung oder Aufrechterhaltung der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr beizutragen. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. SS 7 Abs. 5 und 6 sowie SS 7a Abs. 1 und 3 bis 6 gelten entsprechend. 321 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Abschnitt 4 Verfahren SS9 Antrag (1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dürfen nur auf Antrag angeordnet werden. (2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs 1. das Bundesamt für Verfassungsschutz, 2. die Verfassungsschutzbehörden der Länder, 3. der Militärische Abschirmdienst und 4. der Bundesnachrichtendienst durch den Behördenleiter oder seinen Stellvertreter. (3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Angaben enthalten. In den Fällen der SSSS 3 und 8 hat der Antragsteller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. SS 10 Anordnung (1) Zuständig für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im Übrigen das Bundesministerium des Innern. (2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind der Grund der Anordnung und die zur Überwachung berechtigte Stelle anzugeben sowie Art, Umfang und Dauer der Beschränkungsmaßnahme zu bestimmen. (3) In den Fällen des SS 3 muss die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme richtet. Bei einer Überwachung der Telekommunikation ist auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder die Kennung des Endgerätes, wenn diese allein diesem Endgerät zuzuordnen ist, anzugeben. (4) In den Fällen der SSSS 5 und 8 sind die Suchbegriffe in der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über das Informationen gesammelt werden sollen, und die Übertragungswege, die der 322 Artikel 10-Gesetz - G 10 Beschränkung unterliegen, zu bezeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des SS 5 darf dieser Anteil höchstens 20 vom Hundert betragen. (5) In den Fällen der SSSS 3 und 5 ist die Anordnung auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. (6) Die Anordnung ist dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermöglichen. Die Mitteilung entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt werden kann. (7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die jeweilige Landesbehörde für Verfassungsschutz über die in deren Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz teilen dem Bundesamt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen mit. SS 11 Durchführung (1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Beschränkungsmaßnahmen sind unter Verantwortung der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist, und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. (2) Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten, dem die Anordnung mitgeteilt worden ist, anzuzeigen. Die Anzeige an den Verpflichteten entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt wurde. (3) Postsendungen, die zur Öffnung und Einsichtnahme ausgehändigt worden sind, sind dem Postverkehr unverzüglich wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben. 323 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 SS 12 Mitteilungen an Betroffene (1) Beschränkungsmaßnahmen nach SS 3 sind dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung der G10-Kommission. Die G10-Kommission bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G10-Kommission einstimmig festgestellt hat, dass 1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt, 2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 5 und 8, sofern die personenbezogenen Daten nicht unverzüglich gelöscht wurden. Die Frist von fünf Jahren beginnt mit der Erhebung der personenbezogenen Daten. (3) Die Mitteilung obliegt der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist. Wurden personenbezogene Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger. SS 13 Rechtsweg Gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und ihren Vollzug ist der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen nicht zulässig. 324 Artikel 10-Gesetz - G 10 Abschnitt 5 Kontrolle SS 14 Parlamentarisches Kontrollgremium (1) Das nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständige Bundesministerium unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten das Parlamentarische Kontrollgremium über die Durchführung dieses Gesetzes. Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den SSSS 3, 5, 7a und 8; dabei sind die Grundsätze des SS 10 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachten. (2) Bei Gefahr im Verzug kann das zuständige Bundesministerium die Bestimmungen nach den SSSS 5 und 8 vorläufig treffen und das Parlamentarische Kontrollgremium durch seinen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter vorläufig zustimmen. Die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist unverzüglich einzuholen. Die Bestimmung tritt außer Kraft, wenn die vorläufige Zustimmung nicht binnen drei Tagen und die Zustimmung nicht binnen zwei Wochen erfolgt. SS 15 G 10-Kommission (1) Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und drei Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern, die an den Sitzungen mit Redeund Fragerecht teilnehmen können. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Mitglieder der G 10-Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und werden von dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode endet. Die oder der Ständige Bevollmächtigte des Parlamentarischen Kontrollgremiums nimmt regelmäßig an den Sitzungen der G 10-Kommission teil. 325 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (2) Die Beratungen der G 10-Kommission sind geheim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (3) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages gesondert im Kapitel für die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste auszuweisen. Der Kommission sind Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu stellen. (4) Die G 10-Kommission tritt mindestens einmal im Monat zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören. (5) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Verarbeitung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Der Kommission und ihren Mitarbeitern ist dabei insbesondere 1. Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen, 2. Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme, zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschränkungsmaßnahme stehen, und 3. jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren. Die Kommission kann dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. (6) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Bei Gefahr im Verzug darf am Tag der Beantra326 Artikel 10-Gesetz - G 10 gung bereits vor der Anordnung der Beschränkungsmaßnahme mit der Datenerhebung begonnen werden. Die bereits erhobenen Daten dürfen erst nach der Anordnung genutzt werden. Erfolgt die Anordnung nicht binnen 24 Stunden nach Beantragung, sind die erhobenen Daten unverzüglich automatisiert und unwiederbringlich zu löschen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das zuständige Bundesministerium unverzüglich aufzuheben. In den Fällen des SS 8 tritt die Anordnung außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter bestätigt wird. Die Bestätigung der Kommission ist unverzüglich nachzuholen. (7) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über Mitteilungen von Bundesbehörden nach SS 12 Abs. 1 und 2 oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, ist diese unverzüglich vorzunehmen. SS 12 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt, soweit das Benehmen einer Landesbehörde erforderlich ist. (8) Die G 10-Kommission und das Parlamentarische Kontrollgremium tauschen sich regelmäßig unter Wahrung der jeweils geltenden Geheimhaltungsvorschriften über allgemeine Angelegenheiten ihrer Kontrolltätigkeit aus. SS 16 Parlamentarische Kontrolle in den Ländern Durch den Landesgesetzgeber wird die parlamentarische Kontrolle der nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbehörden und die Überprüfung der von ihnen angeordneten Beschränkungsmaßnahmen geregelt. Personenbezogene Daten dürfen nur dann an Landesbehörden übermittelt werden, wenn die Kontrolle ihrer Verarbeitung durch den Landesgesetzgeber geregelt ist. Abschnitt 6 Strafund Bußgeldvorschriften SS 17 Mitteilungsverbote (1) Wird die Telekommunikation nach diesem Gesetz oder nach den SSSS 100a, 100e der Strafprozessordnung überwacht, darf diese Tatsache von Personen, die Telekommunikationsdienste erbringen oder 327 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 an der Erbringung solcher Dienste mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (2) Wird die Aushändigung von Sendungen nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 angeordnet, darf diese Tatsache von Personen, die zur Aushändigung verpflichtet oder mit der Sendungsübermittlung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (3) Erfolgt ein Auskunftsersuchen oder eine Auskunftserteilung nach SS 2 Abs. 1, darf diese Tatsache oder der Inhalt des Ersuchens oder der erteilten Auskunft von Personen, die zur Beantwortung verpflichtet oder mit der Beantwortung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. SS 18 Straftaten Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen SS 17 eine Mitteilung macht. SS 19 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. einer vollziehbaren Anordnung nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 zuwiderhandelt, 2. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 2 eine Person betraut oder 3. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 3 nicht sicherstellt, dass eine Geheimschutzmaßnahme getroffen wird. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro geahndet werden. (3) Bußgeldbehörde im Sinne des SS 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach SS 10 Abs. 1 zuständige Stelle. 328 Artikel 10-Gesetz - G 10 Abschnitt 7 Schlussvorschriften SS 20 Entschädigung Die nach SS 1 Abs. 1 berechtigten Stellen haben für die Leistungen nach SS 2 Abs. 1 eine Entschädigung zu gewähren, deren Umfang sich nach SS 23 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes bemisst. In den Fällen der SSSS 5 und 8 ist eine Entschädigung zu vereinbaren, deren Höhe sich an den nachgewiesenen tatsächlichen Kosten orientiert. SS 21 Einschränkung von Grundrechten Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird durch dieses Gesetz eingeschränkt. 329 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes (G10AGBbg) vom 14. Dezember 1995 GVBl.I/95, [Nr. 23], S.286) zuletzt geändert durch Artikel 15 des Gesetzes vom 8. Mai 2018 (GVBl.I/18, [Nr. 8], S.16) SS1 Anordnung von Beschränkungen (1) Oberste Landesbehörde im Sinne des SS 10 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes ist das Ministerium des Innern. (2) Antragsberechtigt nach SS 9 Abs. 2 Nr. 2 des Artikel 10-Gesetzes ist der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (3) Die Anordnung von Beschränkungen ist durch den Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung durch seinen Vertreter zu unterzeichnen. SS2 G 10-Kommission (1) Der Landtag wählt eine Kommission, die die vom Ministerium des Innern angeordneten Beschränkungsmaßnahmen überprüft. Sie ist auch zuständige Stelle im Sinne von SS 4 Abs. 3 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes. Sie besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muß, und zwei Beisitzern. Für jedes Mitglied der Kommission wird ein Vertreter gewählt; der Vertreter des Vorsitzenden muß die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein. Jede Fraktion hat das Recht, ein Kommissionsmitglied sowie dessen Vertreter vorzuschlagen. (2) Die Bestellung der Mitglieder der Kommission erfolgt für die Dauer einer Wahlperiode. Die Amtszeit endet mit der Neuwahl der Mitglieder, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode. (3) Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie treffen ihre Entscheidungen mehrheitlich. 330 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes - G10AGBbg (4) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die nach Anhörung der Landesregierung der Bestätigung durch die Parlamentarische Kontrollkommission nach SS 23 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 5. April 1993 (GVBl. I S. 78) bedarf. (5) Die Beratungen der Kommission sind geheim. Ihre Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Kommission bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (6) Die Mitglieder der Kommission und ihre Vertreter erhalten eine Entschädigung für Aufwand, die vom Präsidium des Landtages festgesetzt wird. Daneben werden als Kosten für Reisen die notwendigen Fahrkosten nach den für Landesbeamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Bestimmungen erstattet. (7) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. SS3 Überprüfung angeordneter Beschränkungsmaßnahmen (1) Das Ministerium des Innern unterrichtet unverzüglich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahme bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen; die Unterrichtung hat dann unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nach der Anordnung zu erfolgen. Die Kommission entscheidet von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Verarbeitung der nach dem Artikel 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten. Die Kommission kann dem oder der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht (der oder die Landesbeauftragte) Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. 331 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet nach Einstellung einer Beschränkungsmaßnahme in der nächsten Sitzung, spätestens innerhalb von drei Monaten, die Kommission über das Ergebnis der Maßnahme und die von ihm nach SS 12 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes vorgenommene Mitteilung an betroffene Personen oder über die Gründe, die einer Mitteilung an die betroffene Person entgegenstehen. Kann zum Zeitpunkt der Einstellung noch nicht abschließend über die Mitteilung entschieden werden, unterrichtet es die Kommission auf ihr Verlangen weiterhin, spätestens alle drei Jahre. Hält die Kommission eine Mitteilung an die betroffene Person für geboten, hat das Ministerium des Innern diese unverzüglich zu veranlassen. Betroffenen Personen steht nachträglich der Rechtsweg offen. SS4 Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission Das Ministerium des Innern unterrichtet auf Anforderung, mindestens jedoch im Abstand von drei Monaten, die Parlamentarische Kontrollkommission in allgemeiner und anonymisierter Form über die Durchführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie über die Ergebnisse der angeordneten Beschränkungsmaßnahmen. Der Bericht wird in geheimer Sitzung behandelt. SS5 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 332 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) - VereinsG vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) zuletzt geändert durch Art. 1 Zweites ÄndG vom 10. 3. 2017 (BGBl. I S. 419) - Auszug - Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Vereinsfreiheit (1) Die Bildung von Vereinen ist frei (Vereinsfreiheit). (2) Gegen Vereine, die die Vereinsfreiheit mißbrauchen, kann zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschritten werden. SS2 Begriff des Vereins (1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. (2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht 1. politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes, 2. Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder. Zweiter Abschnitt Verbot von Vereinen SS3 Verbot (1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, daß seine Zwecke oder seine Tätigkeit den 333 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Strafgesetzen zuwiderlaufen oder daß er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung 1. des Vereinsvermögens, 2. von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in SS 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und 3. von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind, zu verbinden. (2) Verbotsbehörde ist 1. die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken; 2. der Bundesminister des Innern für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 der Bundesminister des Innern zuständig ist. Der Bundesminister des Innern entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären. (3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, daß sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. 334 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG (4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach SS 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekanntzumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach SS 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; SS 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. (5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn 1. ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht, 2. die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und 3. nach den Umständen anzunehmen ist, daß sie vom Verein geduldet werden. SS5 Vollzug des Verbots (1) Soweit das Verbot nach diesem Gesetz nicht von der Verbotsbehörde selbst oder den von ihr gemäß SS 10 Abs. 3 und SS 11 Abs. 3 beauftragten Stellen zu vollziehen ist, wird es von den von der Landesregierung bestimmten Behörden vollzogen. (2) Folgt dem Verbot eines Teilvereins, bevor es unanfechtbar geworden ist, ein den Teilverein einschließendes Verbot des Gesamtvereins, so ist von diesem Zeitpunkt an nur noch das Verbot des Gesamtvereins zu vollziehen. SS6 Anfechtung des Verbotsvollzugs (1) Wird eine Maßnahme zum Vollzug des Verbots angefochten und kommt es für die Entscheidung darauf an, ob das Verbot rechtmäßig ist, so hat das Verwaltungsgericht, wenn es die Rechtmäßigkeit des Verbots bezweifelt, das Verfahren auszusetzen, bis über das Verbot 335 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 unanfechtbar entschieden ist, und dieses Ergebnis seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen zum Vollzug des Verbots haben keine aufschiebende Wirkung. SS8 Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen (1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) eines nach SS 3 dieses Gesetzes verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisationen) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. (2) Gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne dieses Gesetzes ist, kann zur verwaltungsmäßigen Durchführung des in Absatz 1 enthaltenen Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden, in der festgestellt wird, daß sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. Die SSSS 3 bis 7 und 10 bis 13 gelten entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Verfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen sind bei Gefahr im Verzug zu vorläufigen Maßnahmen berechtigt, die außer Kraft treten, wenn die Verbotsbehörde nicht binnen zweier Wochen die in Satz 1 bestimmte Verfügung trifft. SS9 Kennzeichenverbot (1) Kennzeichen des verbotenen Vereins dürfen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr 1. öffentlich, in einer Versammlung oder 2. in Schriften, Tonoder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 336 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen Vereinen verwendet werden. Ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins wird insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem äußerem Gesamterscheinungsbild das Kennzeichen des verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Ortsoder Regionalbezeichnung versehen wird. (4) Diese Vorschriften gelten auch für die Verwendung von Kennzeichen einer Ersatzorganisation für die Dauer der Vollziehbarkeit einer Verfügung nach SS 8 Abs. 2 Satz 1. Vierter Abschnitt Sondervorschriften SS 14 Ausländervereine (1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. SS 3 Abs. 1 Satz 2 und SS 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Absatzes 2 zulässig sind. (2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit 1. die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet, 337 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2. den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft, 3. Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind, 4. Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder 5. Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. Im übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt. 338 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG) Vom 30. Juli 2001 (GVBl.I/01, [Nr. 11], S.126), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. März 2012 (GVBl.I/12, [Nr. 16]) Abschnitt 1 Allgemeines SS1 Anwendungsbereich und Zweck des Gesetzes (1) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung). (2) Die in diesem Gesetz verwendeten Funktions-, Statusund anderen Bezeichnungen gelten für Frauen und Männer. (3) Zweck dieses Gesetzes ist es, 1. im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftngelegenheiten vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen und den Zugang von Personen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Geheimschutz), und 2. die Beschäftigung von Personen an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Sabotageschutz). Abschnitt 2 Geheimund Sabotageschutz bei öffentlichen Stellen SS2 Sicherheitsempfindliche Tätigkeiten (1) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer 1. Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH eingestuft sind, 339 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 2. Zugang zu entsprechenden Verschlusssachen ausländischer Stellen sowie zwischenund überstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn eine Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder besteht, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen, 3. in Behörden, Teilen von ihnen oder sonstigen öffentlichen Stellen des Landes tätig ist, die aufgrund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen von der jeweils zuständigen Aufsichtsoder obersten Landesbehörde im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern zum Sicherheitsbereich mit dem Erfordernis einer Sicherheitsüberprüfung nach den SSSS 10 (Ü 1), 11 (Ü 2) oder 12 (Ü 3) erklärt worden sind. (2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt ist. Lebenswichtig sind solche Einrichtungen, 1. deren Ausfall aufgrund ihrer kurzfristig nicht ersetzbaren Produktion oder Dienstleistung oder 2. deren Zerstörung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr in besonderem Maße die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung gefährden kann oder 3. die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Ausfall erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit in Krisenzeiten eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung entstehen lassen würde. Verteidigungswichtig sind Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit dienen und deren Ausfall oder schwere Beschädigung aufgrund ihrer fehlenden kurzfristigen Ersetzbarkeit gefährliche oder ernsthafte Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit, insbesondere der Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie für die Zivile Verteidigung verursacht. Sicherheitsempfindliche Stellen sind solche Teile von Anlagen oder Funktionen, die für Betriebsabläufe oder die Weiterführung des Gesamtbetriebes von erheblicher Bedeutung sind, so dass im Sabotagefall Teiloder Totalausfälle mit Folgen für die nach dem Gesetz geschützten Güter drohen. 340 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG SS3 Betroffener Personenkreis (1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (zu überprüfende Person), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit darf erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres übertragen werden. Auf eine Sicherheitsüberprüfung nach diesem Gesetz kann verzichtet werden, wenn für die zu überprüfende Person bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung durchgeführt worden ist und die Sicherheitsakte sowie die Sicherheitsüberprüfungsakte nach SS 21 verfügbar ist. (2) Die volljährige Person, mit der die zu überprüfende Person in einer Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaft lebt, soll in die Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) und SS 12 (Ü 3) einbezogen werden (einzubeziehende Person). Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Dieses Gesetz gilt nicht für 1. die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Stellung, 2. Richter, soweit sie Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen, 3. ausländische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach SS 2 Abs. 1 Nr. 2 ausüben sollen. SS4 Zuständigkeit (1) Zuständige Stelle für die Sicherheitsüberprüfung ist 1. die Behörde oder sonstige öffentliche Stelle, die eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauen will, es sei denn, die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde übernimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle oder überträgt sie einer anderen Behörde ihres Geschäftsbereichs, 2. bei Leitern von Landesbehörden, Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, 341 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 3. bei Mitarbeitern politischer Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes und deren Stiftungen, die Partei selbst, 4. bei Personen, die vom Landtag in ein öffentlich-rechtliches Amtsoder Dienstverhältnis gewählt werden, bei Fraktionsmitarbeitern sowie bei Mitarbeitern von Mitgliedern des Landtages, der Präsident des Landtages, 5. bei Landräten, Oberbürgermeistern, hauptamtlichen Bürgermeistern und Amtsdirektoren die Kommunalaufsichtsbehörde, 6. bei sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (2) Mitwirkende Behörde bei der Sicherheitsüberprüfung ist gemäß SS 3 Abs. 2 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. Sie führt die Sicherheitsüberprüfungen bei Bewerbern und Mitarbeitern des eigenen Dienstes nach den Vorschriften dieses Gesetzes selbst durch. SS5 Bestellung von Geheimschutzbeauftragten Bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen, bei denen mindestens fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, ist ein Geheimschutzbeauftragter und dessen Stellvertreter zu bestellen. Er nimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle gemäß SS 4 Abs. 1 und deren im Folgenden geregelten Befugnisse wahr und ist bei der Ausübung dieser Tätigkeit der jeweiligen Leitung unmittelbar unterstellt. Er darf nicht zugleich Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen. Soweit weniger als fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, nimmt die Aufgaben des Geheimschutzbeauftragten der Leiter der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle oder sein Vertreter wahr. SS6 Verschlusssachen (1) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Sie werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung eingestuft. (2) Eine Verschlusssache ist 342 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 1. STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann, 2. GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann, 3. VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann, 4. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. SS7 Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse (1) Ein Sicherheitsrisiko schließt die Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aus. Es liegt vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte 1. Zweifel an der Zuverlässigkeit der zu überprüfenden Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen oder 2. eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen oder 3. Zweifel am Bekenntnis der zu überprüfenden Person zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen. Ein Sicherheitsrisiko kann auch aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte bei der einzubeziehenden Person vorliegen. (2) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich, wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt. SS8 Rechte und Pflichten der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person (1) Die zu überprüfende Person ist von der zuständigen Stelle über den Zweck und die Art der beabsichtigten Sicherheitsüberprüfung, damit 343 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 verbundene Maßnahmen sowie über den Umfang der Datenverarbeitung zu unterrichten. Wird eine weitergehende Sicherheitsüberprüfung als ursprünglich vorgesehen erforderlich (SS 9 Abs. 2), so hat auch für diese die entsprechende Unterrichtung zu erfolgen. (2) Die Einwilligung der zu überprüfenden Person ist Voraussetzung für die Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung. Die Einwilligung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Sie muss sich auf alle Maßnahmen beziehen, die Gegenstand der Unterrichtung waren. Die Sicherheitsüberprüfung ist undurchführbar, wenn die zu überprüfende Person nicht einwilligt. Ihr darf dann keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen werden. Auf die sich aus der Weigerung ergebenden dienst-, arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertraglichen Konsequenzen ist sie von der zuständigen Stelle hinzuweisen. (3) Hat die zu überprüfende Person in die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung eingewilligt, ist sie verpflichtet, die zur Sicherheitsüberprüfung erforderlichen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Sie kann Angaben verweigern, die für sie, nahe Angehörige im Sinne von SS 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung oder die Person, mit der sie in einer Ehe, eingetragenen Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft verbunden ist, die Gefahr einer strafoder disziplinarrechtlichen Verfolgung, der Entlassung oder Kündigung begründen könnten. Über das Verweigerungsrecht ist die zu überprüfende Person zu belehren. (4) Sollen Angaben zur durch Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft verbundenen Person erhoben werden oder sollen diese Personen in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. SS 3 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Geht die zu überprüfende oder bereits überprüfte Person die Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft während oder erst nach erfolgter Sicherheitsüberprüfung ein, so hat sie die zuständige Stelle zu unterrichten, damit diese die Erhebung von Angaben zu den in Satz 1 genannten Personen und die Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung nachholen kann. (5) Bevor die zuständige Stelle die Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ablehnt, hat sie ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die zu überprüfende Person kann zur Anhö344 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG rung einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Bei der Anhörung ist der Quellenschutz zu gewährleisten und den schutzwürdigen Belangen von Personen, die während der Sicherheitsüberprüfung befragt wurden, Rechnung zu tragen. Die Anhörung unterbleibt, wenn sie einen erheblichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen. Unterbleibt die Anhörung, ist die zu überprüfende Person unter Hinweis auf die Rechtsgrundlage darüber zu unterrichten. (6) Liegen bei der einzubeziehenden Person Anhaltspunkte vor, die ein Sicherheitsrisiko begründen, ist ihr Gelegenheit zu geben, sich vor der Ablehnung der Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Absatz 5 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. (7) Die Absätze 1 bis 6 gelten auch für die Wiederholungsüberprüfungen. (8) Die Absätze 5 und 6 sind auch im Falle der Ablehnung einer Weiterbeschäftigung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit anzuwenden. SS9 Arten der Sicherheitsüberprüfung (1) Entsprechend der vorgesehenen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit wird entweder eine 1. einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) oder 2. erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) oder 3. erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) durchgeführt. (2) Ergeben sich bei der Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die eine weitergehende Überprüfung erfordern, kann die zuständige Stelle die nächsthöhere Art der Sicherheitsüberprüfung mit Zustimmung der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person anordnen. Diese ist jedoch nur soweit durchzuführen, wie der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 16 Abs. 5 bleibt unberührt. SS 10 Einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) (1) Die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) ist für Personen durchzuführen, die 345 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 1. Zugang zu VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen. (2) In den Fällen von Absatz 1 Nr. 2 kann die zuständige Stelle von der Sicherheitsüberprüfung absehen, wenn Art oder Dauer der Tätigkeit dies zulassen. SS 11 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 4. an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) für ausreichend hält. SS 12 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu STRENG GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 346 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 4. bei der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden sollen, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) oder SS 11 (Ü 2) für ausreichend hält. SS 13 Datenerhebung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde dürfen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten erheben. Die zu überprüfende und die einzubeziehende Person sowie die sonstigen zu befragenden Personen und die nichtöffentlichen Stellen sind auf den Zweck der Erhebung, die Auskunftspflichten nach diesem Gesetz und auf eine dienstoder arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht, ansonsten auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 4 Abs. 2 Satz 2 kann die Angabe der erhebenden Stelle gegenüber den sonstigen zu befragenden Personen oder nichtöffentlichen Stellen unterbleiben, wenn dies zum Schutz der zu überprüfenden Person oder der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (2) Die zuständige Stelle erhebt die personenbezogenen Daten bei der zu überprüfenden Person und, falls erforderlich, bei der einzubeziehenden Person. Reicht diese Erhebung nicht aus oder stehen ihr schutzwürdige Interessen der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person entgegen, können andere geeignete Personen oder Stellen befragt werden. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Ist zum Zwecke der Sammlung von Informationen die Weitergabe personenbezogener Daten unerlässlich, so dürfen schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. SS 14 Einleitung der Sicherheitsüberprüfung und Angaben zur Sicherheitserklärung (1) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle mit, dass eine Person in einer bestimmten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eingesetzt werden soll. 347 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (2) Die zuständige Stelle fordert die zu überprüfende Person zur Abgabe der Sicherheitserklärung auf und unterrichtet sie über ihre sowie die Rechte und Pflichten der einzubeziehenden Person gemäß SS 8. (3) In der Sicherheitserklärung sind anzugeben 1. Namen, auch frühere, Vornamen, auch frühere, 2. Geburtsdatum, -ort, Kreis, Bundesland, Staat, 3. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeiten, 4. Familienstand, 5. Wohnsitze und Aufenthalte von längerer Dauer als zwei Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf Jahren, im Ausland ab dem 18. Lebensjahr, 6. ausgeübter Beruf, 7. derzeitiger oder letzter Arbeitgeber und dessen Anschrift, Anzahl der Kinder, 8. im Haushalt lebende Personen über 18 Jahre (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und ort; Verhältnis zu dieser Person), 9. Eltern, Stiefoder Pflegeeltern (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitz), 10. Ausbildungsund Beschäftigungszeiten, Wehroder Zivildienstzeiten mit Angabe der Ausbildungsstätten, Beschäftigungsstellen sowie deren Anschriften, 11. Nummer des Personalausweises oder Reisepasses, 12. Angaben über in den vergangenen fünf Jahren durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und darüber, ob die derzeitigen finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können, 13. Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungsund Werbungsversuch hindeuten können, 14. Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen, 15. Beziehungen zu Organisationen, die von ihren Anhängern unbedingten Gehorsam verlangen oder die unbedingte Ausrichtung 348 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG auf bestimmte Lehren oder Grundsätze erwarten und deshalb die zu überprüfende Person in Konflikt mit ihrer Verschwiegenheitspflicht oder den Anforderungen der von ihr ausgeübten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit führen können, 16. anhängige Strafund Disziplinarverfahren, 17. Angaben zu Wohnsitzen, Aufenthalten, nahen Angehörigen und sonstigen Beziehungen in und zu Staaten, von denen das Ministerium des Innern festgestellt hat, dass besondere Sicherheitsrisiken für die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauten Personen zu besorgen sind, 18. Reisen, deren Durchführung Schlüsse auf Sicherheitsrisiken ermöglichen, 19. drei Referenzpersonen (Namen und Vornamen, Berufe, berufliche und private Anschriften und Rufnummern sowie zeitlicher Beginn der Bekanntschaften), 20. Angaben zu früheren Sicherheitsüberprüfungen. Der Sicherheitserklärung ist ein aktuelles Lichtbild mit der Angabe des Jahres der Aufnahme beizufügen. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) entfallen die Angaben zu Absatz 3 Nr. 8, 11 und 12 sowie die Pflicht, ein Lichtbild beizubringen; Absatz 3 Nr. 10 entfällt, soweit die dort genannten Personen nicht in einem Haushalt mit der zu überprüfenden Person leben. Die Angaben zu Absatz 3 Nr. 20 werden nur bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) erhoben. (5) Bei jeder Sicherheitsüberprüfung werden zu den in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen mit deren Zustimmung die Angaben nach Absatz 3 Nummer 1 bis 4 und 14 bis 16 erhoben. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Werden die in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, sind zusätzlich die in Absatz 3 Nummer 5 bis 7, Nummer 12 und 13 sowie Nummer 17 bis 19 genannten Daten anzugeben. (6) Ergeben sich bei einer Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 10 (Ü 1) aus der Sicherheitserklärung oder aufgrund der Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen, ist eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 11 (Ü 2) durchzuführen. 349 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (7) Bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen sind zusätzlich die Wohnsitze seit der Geburt, die Geschwister (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum, -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitze) und abgeschlossene Strafund Disziplinarverfahren sowie alle Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzugeben. SS 15 Maßnahmen der zuständigen Stelle (1) Die Sicherheitserklärung ist von der zu überprüfenden Person der zuständigen Stelle zuzuleiten, die die Angaben auf Vollständigkeit, Richtigkeit und sicherheitserhebliche Erkenntnisse prüft. Zu diesem Zweck können die Personalakten der zu überprüfenden Person von der zuständigen Stelle eingesehen werden. (2) Die zuständige Stelle richtet eine Anfrage an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, wenn die zu überprüfende oder die einzubeziehende Person vor dem 1. Dezember 1971 geboren wurde, es sei denn, dessen Auskunft an die personalverwaltende Stelle liegt nicht länger als sechs Monate zurück. Ergibt die Anfrage sicherheitserhebliche Erkenntnisse, übermittelt die zuständige Stelle diese zur Bewertung an die mitwirkende Behörde. (3) Die zuständige Stelle leitet die Sicherheitserklärung unter Darlegung etwaiger sicherheitserheblicher Erkenntnisse an die mitwirkende Behörde weiter, teilt dieser mit, in welcher sicherheitsempfindlichen Tätigkeit die zu überprüfende Person eingesetzt werden soll und beauftragt diese, die entsprechende Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Die Weiterleitung an die mitwirkende Behörde entfällt, wenn die zuständige Stelle bereits bei der Prüfung der Sicherheitserklärung ein Sicherheitsrisiko festgestellt hat, das der Aufnahme oder Fortführung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegensteht. SS 16 Maßnahmen der mitwirkenden Behörde bei den einzelnen Überprüfungsarten (1) Die mitwirkende Behörde (SS 4 Abs. 2 Satz 1) wird nur auf Antrag der zuständigen Stelle tätig. 350 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) trifft die mitwirkende Behörde zur Feststellung und Aufklärung eines Sicherheitsrisikos folgende Maßnahmen: 1. Sicherheitsmäßige Bewertung der Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Bundesländer, 2. Anfragen unter Beteiligung der Landeskriminalämter an die Polizeidienststellen der Wohnsitze der zu überprüfenden Person, in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre, 3. Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister und einer Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, 4. Anfragen an das Bundeskriminalamt, die Grenzschutzdirektion und die Nachrichtendienste des Bundes und 5. Anfragen an andere geeignete Stellen, insbesondere Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn trotz der vorherigen Maßnahmen ein Aufklärungsbedarf bleibt. (3) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) trifft die mitwirkende Behörde zusätzlich zu Absatz 2 folgende Maßnahmen: 1. Prüfung der Identität der zu überprüfenden Person, 2. Überprüfung der einzubeziehenden Person in dem in Absatz 2 genannten Umfang und hinsichtlich ihrer Identität. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) befragt die mitwirkende Behörde zusätzlich zu den Maßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 die von der zu überprüfenden Person in ihrer Sicherheitserklärung benannten Referenzpersonen, um zu prüfen, ob die Angaben der zu überprüfenden Person zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko schließen lassen. (5) Soweit es eine sicherheitserhebliche Erkenntnis erfordert und die Befragung der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person nicht ausreicht oder ihr schutzwürdige Interessen entgegenstehen, kann die mitwirkende Behörde neben den Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 4 weitere geeignete Auskunftspersonen befragen oder Einzelmaßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. 351 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 (6) Die mitwirkende Behörde kann mit Zustimmung der zuständigen Stelle und der zu überprüfenden Person Einsicht in deren Personalakte nehmen, wenn dies zur Klärung oder Beurteilung sicherheitserheblicher Erkenntnisse unerlässlich ist. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. SS 17 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass kein Sicherheitsrisiko nach SS 7 Abs. 1 vorliegt, teilt sie dies der zuständigen Stelle mit. Hat die mitwirkende Behörde Erkenntnisse, die kein Sicherheitsrisiko begründen, aber weiterhin sicherheitserheblich sind, so werden diese übermittelt. (2) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt, unterrichtet sie schriftlich unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung die zuständige Stelle, bei nachgeordneten Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen über deren zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Die zuständige Stelle entscheidet, gegebenenfalls nach Anhörung gemäß SS 8 Abs. 5 oder 6, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der überprüften Person entgegensteht. Kann die Sicherheitsüberprüfung nicht mit der Feststellung abgeschlossen werden, dass kein Sicherheitsrisiko vorliegt, hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen. (4) Liegt nach Entscheidung der zuständigen Stelle kein Sicherheitsrisiko vor, teilt sie dies der personalverwaltenden Stelle mit. 5) Lehnt die zuständige Stelle die Betrauung der überprüften Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ab, hat sie diese zu unterrichten. Eine Begründungspflicht besteht nicht. (6) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung gemäß Absatz 5 ohne Angabe von Gründen mit. Diese führt die erforderlichen Maßnahmen durch. (7) Die zuständige Stelle teilt der mitwirkenden Behörde das Ergebnis des Abschlusses der Sicherheitsüberprüfung mit. (8) Die Absätze 1 bis 7 gelten in den Fällen des SS 20 Abs. 2 entsprechend. 352 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG SS 18 Vorläufige Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (1) Die zuständige Stelle kann in Ausnahmefällen abweichend von SS 3 Abs. 1 die sicherheitsempfindliche Tätigkeit der zu überprüfenden Person vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung erlauben, wenn die mitwirkende Behörde 1. bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) die Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bewertet hat oder 2. bei Sicherheitsüberprüfungen nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) die Maßnahmen der nächstniederen Art der Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen hat und sich daraus keine Erkenntnisse ergeben haben, die auf ein Sicherheitsrisiko hindeuten. Dies gilt auch, wenn zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle die Auskunft nach SS 15 Abs. 2 noch nicht vorliegt. (2) SS 17 Abs. 4 gilt entsprechend. SS 19 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben sich unverzüglich gegenseitig zu unterrichten, wenn nachträglich sicherheitserhebliche Erkenntnisse zu der überprüften oder der einbezogenen Person bekannt werden oder sich mitgeteilte Erkenntnisse als unrichtig erweisen. (2) Für das weitere Verfahren gilt SS 17 entsprechend. SS 20 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung (1) Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, in der Regel alle fünf Jahre von der zuständigen Stelle zuzuleiten und von ihr zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Unabhängig hiervon hat die überprüfte Person der zuständigen Stelle von sich aus Veränderungen gemäß SS 8 Abs. 4 Satz 3 sowie 353 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit mitzuteilen. (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) ist darüber hinaus in der Regel im Abstand von zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten. Im Übrigen kann die zuständige Stelle eine Wiederholungsüberprüfung einleiten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse dies nahelegen. Auf die Wiederholungsüberprüfung finden die Vorschriften für die Erstüberprüfung Anwendung. Sie ist jedoch nur insoweit durchzuführen, als der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 21 Sicherheitsakte und Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die zuständige Stelle führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsakte, in die alle die Sicherheitsüberprüfung betreffenden Informationen aufzunehmen sind. Informationen über die persönlichen, dienstlichen, dienstund arbeitsrechtlichen Verhältnisse der überprüften Person sind zur Sicherheitsakte zu nehmen, soweit sie für die sicherheitsmäßige Beurteilung erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere: 1. Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, die dazu erteilte Ermächtigung oder Beauftragung sowie deren Einschränkung oder Aufhebung, 2. Umsetzung, Abordnung, Zuweisung, Versetzung und Ausscheiden, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. Anhaltspunkte für Überschuldung, insbesondere Pfändungsund Überweisungsbeschlüsse, 5. Strafund Disziplinarsachen sowie dienstund arbeitsrechtliche Maßnahmen. (2) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle die Sachverhalte gemäß Absatz 1 Nr. 1 mit. (3) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle Änderungen in den Sachverhalten nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 4 und 5 mit. (4) Die mitwirkende Behörde führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsüberprüfungsakte, in die aufzunehmen sind: 354 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 1. Informationen, die die Sicherheitsüberprüfung, die durchgeführten Maßnahmen und das Ergebnis betreffen, 2. die Betrauung mit, das Ausscheiden aus oder die Nichtaufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. die in Absatz 1 Nr. 4 und 5 genannten Sachverhalte, wenn sie sicherheitserheblich sind. (5) Die zuständige Stelle ist verpflichtet, die in Absatz 4 Nr. 2 bis 4 sowie die in SS 17 Abs. 6 genannten Daten unverzüglich der mitwirkenden Behörde zu übermitteln. (6) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte sind nicht Teil der Personalakte. Sie sind gesondert zu führen und dürfen der personalverwaltenden Stelle nicht zugänglich gemacht werden. Der überprüften Person stehen die Auskunftsund Akteneinsichtsrechte nach SS 26 zu. Bei einem Wechsel der überprüften Person zu einer anderen Dienststelle ist die Sicherheitsakte auf Anforderung an die nunmehr zuständige Stelle abzugeben, wenn dort eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausgeübt werden soll. Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist auf Anforderung an die nunmehr zuständige mitwirkende Behörde abzugeben. SS 22 Aufbewahrung und Vernichtung der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte ist gesondert aufzubewahren und gegen unbefugten Zugriff zu schützen. (2) Die Sicherheitsakte ist innerhalb eines Jahres zu vernichten, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in schriftlicher, aber nicht in elektronischer Form in die weitere Aufbewahrung ein. Im Übrigen ist die Sicherheitsakte fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu vernichten, es sei denn die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in die weitere Aufbewahrung ein oder es ist beabsichtigt, sie in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. 355 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Willigt eine der genannten Personen nicht in die weitere Aufbewahrung ein, so ist die Sicherheitsakte zu vernichten. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (3) Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist nach den in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 a und b genannten Fristen zu vernichten. Gleiches gilt bezüglich der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte zu den in SS 4 Abs. 2 Satz 2 genannten Personen. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (4) Das Brandenburgische Archivgesetz vom 7. April 1994 (GVBl. I S. 94) findet auf Sicherheitsakten und Sicherheitsüberprüfungsakten keine Anwendung. SS 23 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die nach diesem Gesetz in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten, ihre Aktenfundstelle und die der mitwirkenden Behörde, 2. die Beschäftigungsstelle und 3. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 1 genannten Zeitpunkts und beteiligte Behörden auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. (2) Die mitwirkende Behörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten der überprüften Person und der in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Person und die Aktenfundstelle, 2. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 genannten Zeitpunkts und 3. sicherheitserhebliche Erkenntnisse und Erkenntnisse, die ein Sicherheitsrisiko begründen auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die Daten nach Nr. 1 dürfen auch in den nach SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässigen Verbunddateien gespeichert und genutzt werden. SS 24 Übermittlung und Zweckbindung (1) Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen sowohl von der zuständigen Stelle als auch von der mitwirkenden Behörde nur für Zwecke 356 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 1. der Sicherheitsüberprüfung, 2. der Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (SS 10 Abs. 3 des Brandenburgischen Polizeigesetzes), 3. parlamentarischer Untersuchungsausschüsse genutzt und übermittelt werden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die ihnen nach Satz 1 Nr. 2 übermittelten Daten für Zwecke eines Strafverfahrens nur verwenden, wenn die Strafverfolgung auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die zuständige Stelle darf die gespeicherten personenbezogenen Daten außerdem für Zwecke der disziplinarrechtlichen Verfolgung sowie dienstoder arbeitsrechtlicher Maßnahmen nutzen und übermitteln, wenn dies zur Gewährleistung des Verschlusssachenschutzes erforderlich ist. Die mitwirkende Behörde darf die gespeicherten personenbezogenen Daten darüber hinaus im Rahmen des erforderlichen Umfangs zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder zur Aufklärung sonstiger Bestrebungen von erheblicher Bedeutung nutzen und übermitteln. (2) Die mitwirkende Behörde darf die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 1 gespeicherten Daten zur Erfüllung aller Zwecke des Verfassungsschutzes übermitteln. (3) Die mitwirkende Behörde darf personenbezogene Daten nach Absatz 1 nur an öffentliche Stellen übermitteln. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten ist aktenkundig zu machen. Die Nutzung oder Übermittlung personenbezogener Daten unterbleibt, soweit gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Eine nichtöffentliche Stelle ist darauf hinzuweisen. SS 25 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit personenbezogener Daten von der betroffenen Person 357 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 bestritten, ist dies, wenn sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, dort zu vermerken, in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren auf sonstige Weise festzuhalten. Zuständige Stelle und mitwirkende Behörde haben sich gegenseitig zu unterrichten. (2) Die in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren und Akten gespeicherten personenbezogenen Daten sind zu löschen soweit ihre Speicherung unzulässig ist. (3) Personenbezogene Daten in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren sind ferner zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden, 1. von der zuständigen Stelle a. innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Sicherheitsüberprüfung, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte und die einbezogene Person willigen in die weitere Speicherung ein, b. nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden der überprüften Person aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, es sei denn, die überprüfte und die einzubeziehende Person willigen in die weitere Speicherung ein, oder es ist beabsichtigt, die überprüfte Person in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. Willigt eine der Personen nicht in die weitere Speicherung ein, so sind die Daten zu löschen. 2. von der mitwirkenden Behörde a. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 10 (Ü 1) nach Ablauf von fünf Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, b. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) nach Ablauf von zehn Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, c. die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 3 gespeicherten Daten, wenn feststeht, dass die überprüfte Person die sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder aus ihr ausgeschieden ist. (4) Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der überprüften Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der überprüften Person verarbeitet 358 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG oder genutzt werden. Die Sperrung ist aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen entfallen. SS 26 Auskunft, Akteneinsicht (1) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde erteilt auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag unentgeltlich Auskunft über die bei ihr im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung zur anfragenden Person (Antragsteller) gespeicherten Daten. (2) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. Bezieht sich die Auskunft auf personenbezogene Daten, die von der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde der jeweils anderen übermittelt wurden, so ist die Auskunft nur mit deren Einwilligung zulässig. (3) Die Auskunft unterbleibt, wenn 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, oder 2. dies zu einer Gefährdung von Nachrichtenzugängen führen kann oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der mitwirkenden Behörde zu befürchten ist, oder 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten werden müssen und deswegen das Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. (4) Die Ablehnung der Auskunft bedarf keiner Begründung, wenn dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe für die Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunft ganz oder teilweise abgelehnt, ist der Antragsteller auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht wenden kann. 359 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Diesem ist auf Verlangen des Antragstellers persönlich Auskunft zu erteilen, soweit nicht die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes gefährdet würde. Personenbezogene Daten einer Person, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, dürfen auch dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht gegenüber nicht offenbart werden. Mitteilungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht an den Antragsteller dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde zulassen. (5) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde gewährt dem Antragsteller auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag Einsicht in die Teile der Sicherheitsakte oder der Sicherheitsüberprüfungsakte, die Daten zu seiner Person enthalten, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht ausreicht und er hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist. Die Regelungen der Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend. Abschnitt 3 Geheimund Sabotageschutz bei nichtöffentlichen Stellen SS 27 Anwendungsbereich Bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die von der zuständigen Stelle zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit bei einer nichtöffentlichen Stelle ermächtigt werden sollen, gelten die für Sicherheitsüberprüfungen bei öffentlichen Stellen anzuwendenden Vorschriften dieses Gesetzes, soweit sich aus den folgenden Regelungen nichts Anderes ergibt. SS 28 Zuständigkeit Die Aufgaben der zuständigen Stelle werden wahrgenommen für 1. den Geheimschutz a. von der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle, die eine Verschlusssache an eine nichtöffentliche Stelle weitergeben will, es sei denn, die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde übernimmt im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde die Aufgaben der zuständigen Stelle, 360 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG b. von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit eine Verschlusssache von einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle eines anderen Bundeslandes an eine nichtöffentliche Stelle im Land Brandenburg weitergegeben werden soll. 2. den Sabotageschutz von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit nicht im Einvernehmen mit dieser eine andere oberste Landesbehörde die Aufgabe als zuständige Stelle wahrnimmt. SS 29 Bestellung eines Sicherheitsbevollmächtigten (1) Die nichtöffentliche Stelle benennt der zuständigen Stelle einen geeigneten leitenden Mitarbeiter als Sicherheitsbevollmächtigten, der nach Maßgabe dieses Gesetzes an den Sicherheitsüberprüfungen zu beteiligen ist. Der Sicherheitsbevollmächtigte ist der Leitung der nichtöffentlichen Stelle unmittelbar zu unterstellen, ohne dass deren Verantwortung hiervon berührt wird. (2) Der Sicherheitsbevollmächtigte muss nach der höchsten bei der nichtöffentlichen Stelle vorkommenden Verschlusssacheneinstufung sicherheitsüberprüft sein. SS 30 Sicherheitserklärung, Sicherheitsakte (1) Abweichend von SS 15 Abs. 1 nimmt der Sicherheitsbevollmächtigte der nichtöffentlichen Stelle die Sicherheitserklärung entgegen. Er prüft die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegebenenfalls unter Beiziehung der Personalunterlagen, gibt sie an die zuständige Stelle weiter und teilt ihr alle sicherheitserheblichen Erkenntnisse mit. (2) Für die Sicherheitsakte über die überprüfte Person, die die nichtöffentliche Stelle führt, gilt SS 21 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Sicherheitsakte der nichtöffentlichen Stelle bei einem Wechsel des Arbeitgebers nicht abzugeben ist. SS 31 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe von sicherheitserheblichen Erkenntnissen Die zuständige Stelle unterrichtet den Sicherheitsbevollmächtigten darüber, ob die überprüfte Person zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ermächtigt oder nicht ermächtigt werden kann. Erkenntnisse, auf denen diese Entscheidung beruht, dürfen nicht mitgeteilt werden. Um den 361 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Geheimund Sabotageschutz zu gewährleisten, können sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach SS 7 Abs. 2 an die nichtöffentliche Stelle übermittelt werden; sie dürfen von dieser ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden. Die nichtöffentliche Stelle hat die zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten, wenn ihr sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die überprüfte oder die einbezogene Person bekannt werden. SS 32 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, auf Anforderung der zuständigen Stelle in der Regel alle fünf Jahre von der nichtöffentlichen Stelle erneut zuzuleiten. Die überprüfte Person hat die Sicherheitserklärung zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Die zuständige Stelle beauftragt die mitwirkende Behörde, die Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 erneut durchzuführen. SS 33 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten Die nichtöffentliche Stelle darf die nach diesem Gesetz zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten der überprüften Person in einer Sicherheitsakte und auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die personenbezogenen Daten der einbezogenen Person dürfen nur in der Sicherheitsakte gespeichert, verändert und genutzt werden. Die Regelungen der SSSS 22 und 25 gelten entsprechend. Abschnitt 4 Reisebeschränkungen und Schlussvorschriften SS 34 Reisebeschränkungen (1) Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, die eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) erfordert, können verpflichtet werden, Dienstoder Privatreisen in und durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, der zuständigen Stelle oder der nichtöffentlichen Stelle rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die Verpflichtung kann auch für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit angeordnet werden. 362 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (2) Die zuständige Stelle kann die Reise untersagen, wenn Anhaltspunkte zur Person oder eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegen, die eine erhebliche Gefährdung der überprüften Person durch fremde Nachrichtendienste erwarten lassen. Eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit ist in der Regel bei den in SS 12 Nr. 4 genannten Personen anzunehmen. (3) Ergeben sich bei einer Reise in oder durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, Anhaltspunkte, die auf einen Anbahnungsoder Werbungsversuch fremder Nachrichtendienste hindeuten können, so hat die überprüfte Person die zuständige Stelle unverzüglich nach Rückkehr zu unterrichten. SS 35 Ermächtigung zur Rechtsverordnung Die jeweils zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern durch Rechtsverordnung die lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen im Sinne des SS 2 Abs. 2 zu bestimmen. SS 36 Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften (1) Das Ministerium des Innern wird ermächtigt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. (2) Das für Wirtschaft zuständige Ministerium erlässt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes im Bereich der nichtöffentlichen Stellen. (3) Die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde bestimmt im Einvernehmen mit der mitwirkenden Behörde (SS 4 Abs. 2) die sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen. 363 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 364 Ortsregister 9.4 Register Ortsregister Landkreis Barnim.......................................................................... BAR Landkreis Dahme-Spreewald ........................................................LDS Landkreis Elbe-Elster ......................................................................EE Landkreis Havelland ......................................................................HVL Landkreis Märkisch-Oderland....................................................... MOL Landkreis Oberhavel ....................................................................OHV Landkreis Oberspreewald-Lausitz .................................................OSL Landkreis Oder-Spree .................................................................. LOS Landkreis Ostprignitz-Ruppin .......................................................OPR Landkreis Potsdam-Mittelmark ....................................................... PM Landkreis Prignitz ............................................................................PR Landkreis Spree-Neiße................................................................. SPN Landkreis Teltow-Fläming ................................................................ TF Landkreis Uckermark...................................................................... UM A Afghanistan.................................................... 102, 124, 128, 177, 195, 196 Ägypten ................................................................................................. 191 Aleppo (Syrien) ...................................................................................... 183 Alt Zeschdorf (MOL) .............................................................................. 122 Angermünde (UM) ..................................................................... 48, 61, 117 Ansbach (Bayern) .......................................................................... 183, 189 B Bad Belzig (PM)................................................................................. 39, 44 Bad Freienwalde (MOL) .....................................53, 69, 106, 111, 112, 139 Bad Wurzach (Baden-Württemberg) ..................................................... 107 Baden-Württemberg .................................................................. 52, 55, 107 Barcelona (Spanien) ................................................................ 85, 178, 180 365 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Bayern ........................57, 60f, 73, 106, 108, 145, 153f, 176, 182-184, 189 Beeskow (LOS) ....................................................................................... 88 Belgien........................................................................................... 178, 182 Berlin ...18, 36, 37, 41, 50, 51, 57, 59, 70-72, 75f, 76, 84-87, 94, 104, 105, 128, 150, 152, 173, 177, 200, 202, 204, 217 Bernau (BAR) .................................. 39, 46f, 117f. 129, 130, 132, 160, 166 Bestensee (LDS) ................................................................................... 117 Blankenfelde (TF) .................................................................................... 62 Brandenburg an der Havel ............17, 27, 38-39, 43-44. 72, 111, 112, 117, 130, 135, 192 Bremsdorf (LOS) ................................................................................... 134 Briesetal (BAR) ....................................................................................... 59f Brieskow-Finkenheerd (LOS) ................................................................ 122 Brüssel (Belgien) ........................................................................... 178, 182 Brüssow (UM) .......................................................................................... 48 Budapest (Ungarn) ................................................................................. 57f Bulgarien ........................................................................................183-184 C Calau (OSL)................................................................................39-40, 120 Cambrils (Spanien) ................................................................................ 178 Chemnitz (Sachsen) .............................................................................. 108 Cottbus .......... 13-14, 26f, 37, 39, 40-41, 67, 69f, 79, 80, 84, 86-88, 93-95, 105-108, 118f, 122, 130, 132-133, 136f, 152f, 160-161, 165, 168f D Deutschland.......16, 22, 31, 33, 42, 56-58, 60, 62, 73f, 77, 82, 84, 85f, 98, 109, 117-120, 134, 145f, 147, 149, 151f, 153, 163, 168, 177-178, 186, 181f, 184-185, 187, 190-192, 195, 200-204 Dortmund (Nordrhein-Westfalen) ............................................................ 52 Dresden (Sachsen)............................... 45f, 48, 60, 75f, 98, 130, 192f, 217 E Eberswalde (BAR) ................................................. 118, 122-123f, 160, 166 Eisenhüttenstadt (LOS) ........................................................ 119, 123, 216, Erkner (LOS) ........................................................................................ 119f Europa ..................................16, 57-58, 83f, 188, 190-191f, 195, 202f, 203 366 Ortsregister F Falkenberg/Elster (EE) .......................................................................... 133 Falkensee (HVL).................................................................................... 130 Finowfurt (BAR) .............................................................................. 110-112 Finsterwalde (EE) ........................................................ 123, 160f, 165f, 166 Forst (SPN)................................................................... 123, 132, 160, 165, Frankfurt (Oder) ..........39, 42-43, 69f, 71, 74, 88f, 94, 105, 111, 113f. 119f, 124f, 137f, 160, 165 Frankfurt am Main (Hessen) .................................................................. 170 Frankreich.............................................................................. 76f, 179f, 182 Friedersdorf (LDS) ................................................................................ 133f Fulda (Hessen) ........................................................................................ 60 Fürstenberg/Havel (OHV) ........................................................................ 49 Fürstenwalde/Spree (LOS) ............................................... 39, 43, 119f, 124 G Georgensgmünd (Bayern) ............................................................. 145, 149 Gera (Thüringen) ........................................... 60, 62, 88, 92, 101, 107, 109 Gerswalde (UM) .................................................................................... 124 Görlitz (Sachsen) ................................................................................... 192 Gosen (LOS) ......................................................................................... 154 Granada (Spanien) .................................................................................. 83 Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) .................................................. 89 Groß Schönebeck (BAR) ....................................................................... 130 Großräschen (OSL) .............................................................................. 124f Grünheide/Mark (LOS) .......................................................................... 119 Guben (SPN) ................................................................... 39, 40f, 124f, 132 H Halbe (LDS) ..................................................................................... 43, 125 Halle/Saale (Sachsen-Anhalt) ................................................... 42, 88, 155 Hamburg ......................................4, 52, 155, 160-161f, 165, 174, 178, 182 Heidelberg (Baden-Württemberg) ........................................................... 55 Hennigsdorf (OHV) .......................................................................... 49, 119 Herzberg (Elster) (EE) ...................................................... 39, 40, 125f, 131 Hongkong (China) ................................................................................. 182 Horka (Sachsen).................................................................................... 107 Hoyerswerda (Sachsen) ........................................................................ 153 367 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 I Irak................................................................................ 102, 186, 188, 200f Iran ........................................................................................................ 204 Istanbul (Türkei)................................................................76, 179-180, 185 Italien ..................................................................................................... 107 J Joachimsthal (BAR) ........................................................................... 39, 46 Jüterbog (TF) ......................................................................................... 125 K Kaukasus ....................................................................................... 188, 196 Kirchhundem (Nordrhein-Westfalen) ....................................................... 88 Kirchmöser ..................................................................72-73, 111, 112, 135 Kleinmachnow (PM) ...................................................................... 160, 166 Kolkwitz (SPN)....................................................................................... 125 Königs Wusterhausen (LDS) ...... 39, 43, 95, 103, 120, 138, 168f, 222, 239 Kosovo..................................................................................... 45f, 75f, 102 Köthen (Sachsen-Anhalt) ........................................................................ 78 Kremmen (OHV) ........................................................................ 27, 49, 125 L Lauchhammer (OSL) ............................................................. 35, 39, 40, 79 Leipzig (Sachsen) .................................................................................. 192 Lenzen (PR) ...................................................................................... 69, 77 Letschin (MOL) ...................................................................................... 126 Libyen .................................................................................... 102, 177, 195 Lindau am Bodensee (Bayern) .............................................................. 184 Lindenau (OSL) ........................................................ 95, 98, 101f, 108, 141 Lindow/Mark (OPR) ............................................................................... 126 London (Großbritannien) ................................................................179-180 Lübben (LDS) .....................................69, 89, 98, 105, 111, 113, 126f, 138f Lübbenau (OSL) ........................................................................... 120, 132f Luckenwalde (TF) ...................................................... 17, 62, 127, 131, 192 M Madrid (Spanien) ............................................................................. 57, 181 Magdeburg (Sachsen-Anhalt)............................................................ 45, 77 Manchester (England) ........................................................................... 179 368 Ortsregister Manhattan (USA) ........................................................................... 178, 180 Märkische Schweiz (MOL)....................................................................... 59 Mecklenburg-Vorpommern .......................... 30, 36, 77, 89f, 173, 181f, 217 Meißen (Sachsen) ................................................................................. 192 Mittenwalde (LDS) ..........................................................111, 113, 134, 138 Motzen (LDS) ..................................................105-106, 110-111, 113, 138f Mücka (Sachsen)..................................................................................... 71 Mühlenbecker Land (OHV) ...................................................................... 49 Müllrose (LOS) ...................................................................................... 134 Müncheberg (MOL) ....................................................................... 126, 131 München (Bayern) ................................................................................. 176 N Nauen (HVL)................................................................................ 27, 39, 44 Neuenhagen (MOL) ............................................................................... 132 Neuhardenberg (MOL) .......................................................................... 133 Neuruppin (OPR) .......... 39, 44, 61f, 69, 74f, 106, 126, 131, 160, 166, 168f Niedergörsdorf (TF) ............................................................................... 127 Nordafrika .............................................................................................. 188 Nordirak ................................................................................................. 177 Nordkaukasus.........................................................17, 177, 188-189f, 196f Nordrhein-Westfalen..................................... 52f, 78, 88, 98, 102, 114, 153 Nürnberg-Fürth (Bayern) ...................................................................... 150f O Oberkrämer (OHV) .................................................................................. 49 Oranienburg (OHV) ............................................. 39, 49, 89, 140, 160, 166 Ortrand (OSL) .......................................................................................... 98 P Paris (Frankreich) ......................................................................... 179f, 182 Perleberg (PR).............................................................................. 102, 127f Pirna (Sachsen) ..................................................................................... 192 Poitiers (Frankreich) ......................................................................... 79, 80f Potsdam ................. 13, 39, 43-44, 63, 69, 86f, 93-94, 105, 107f, 141-143, 160-161, 164, 168f, 175, 202, 207 Prenzlau (UM) ............................................ 39, 48, 61f, 120, 127, 160, 166 Pritzwalk (PR) ........................................................................................ 127 369 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 R Rakka (Syrien) ............................................................................... 177, 195 Rathenow (HVL) ................26, 39, 43f, 69, 73f, 76, 78, 106, 111, 114f, 137 Remagen (Rheinland-Pfalz) .................................................................... 75 Reuden (Sachsen-Anhalt) ............................................................. 145, 155 Rheinland-Pfalz ................................................................................. 51, 75 Rheinsberg (OPR) .................................................................... 44, 75, 120f Riesa (Sachsen) .............................................................................. 51, 192 Riga (Lettland) ......................................................................................... 57 Ripoll (Spanien)..................................................................................... 181 Rojava (Syrien) ...................................................................................... 163 Russische Föderation ............................................................................ 204 S Saarland .................................................................................................. 30 Sachsen.................................... 36, 45f, 48, 51, 57, 71, 75f, 77, 89, 91, 95, 106-108, 110, 112, 184-185, 192f, 217 Sachsen-Anhalt ..........................42, 45, 57, 77-78, 88, 145, 153, 155, 217 Schenkenländchen (LDS).......................................................... 39, 43, 138 Schleswig-Holstein .................................................................................. 71 Schönwalde-Glien (HVL) ....................................................................... 131 Schorfheide OT Finowfurt (BAR) .............................................11, 114f, 135 Schwedt/Oder (UM) ............................... 39, 47-49, 61-62, 69, 76, 132-133 Schweiz ........................................................................................... 92, 109 Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) .................................................. 181 Senftenberg (OSL) .......................17, 69, 79, 120, 128, 134, 153-154, 192 Spanien ............................................................................ 57, 85, 178, 181f Sparta ...................................................................................................... 79 Spechthausen (BAR) ............................................................................. 132 Spreenhagen (LOS) ................................................................................ 42 Spremberg (SPN) .......................................................................... 160, 165 Sri Lanka ................................................................................................. 85 St. Petersburg (Russland) ..................................................................... 179 Stade (Niedersachsen) .......................................................................... 155 Stahnsdorf (PM) ...................................................................... 62, 160, 166 Staupitz (Sachsen) ...........................................................89f, 91f, 106-107 Stockholm (Schweden).......................................................................... 179 Storkow (LOS) ....................................................................................... 128 Strausberg (MOL) ................. 39, 69f, 70, 72, 95, 105, 121f, 139, 140, 168f 370 Ortsregister Syrien ....... 102, 163, 177, 180, 182-185, 188, 190-191, 195-196, 200-202 T Tegel (Berlin) ........................................................................................... 18 Teltow (PM)............................................................................. 62f, 160, 166 Templin (UM) ............................................... 48, 61f, 95, 102,121,128f, 144 Teschendorf (OHV) ................................................................ 105, 110, 140 Themar (Thüringen).....................................58, 70-72, 92f, 101f, 107f, 109 Thüringen ........34,55, 57, 60, 62, 70-72, 88, 92f, 101f, 107f, 109-110, 217 Torgau OT Staupitz (Sachsen) ................................................................ 91 Tschechien ............................................................................................ 107 Tschetschenien...................................................................................... 190 Tunesien ................................................................................................ 191 Türkei......................................................................179, 180, 200-201, 205 U Ukraine ................................................................................... 57, 102, 208f Ungarn ............................................................................................... 57, 72 USA ..................................................................78, 100, 178, 180, 207-208 V Velten (OHV) ..............................................................................49-50, 121 Vlotho (Nordrhein-Westfalen) ................................................................ 102 Volksrepublik China ............................................................................... 204 W Wandlitz (BAR) ....................................................... 69, 105, 106, 128, 135f Wandlitz OT Klosterfelde (BAR) ...............................................71, 111, 115 Weilheim (Bayern) ................................................................................... 73 Weißwasser (Sachsen) ......................................................................... 107 Wittenberg (Sachsen-Anhalt) ................................................................ 107 Wittenberge (PR) ....................................................................... 69, 77, 129 Wittstock/Dosse (OPR)............................................................. 67f, 74, 129 Wriezen (MOL) ...................................................................................... 129 Wunsiedel (Bayern) ................................................................................. 60 Würzburg (Bayern) .................................................................. 60, 182, 189 371 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Z Zeesen (LDS) ....................................................................................... 155f Zehdenick (OHV) ............................................................................. 39, 121 Zittau (Sachsen) .................................................................................... 192 Zossen (TF) ............................................................................................. 27 Zypern ..................................................................................................... 85 372 Personenregister Personenregister A Abbas, Mahmud .................................................................................... 194 Ahmadzi, Rias Khan ...................................................................... 182, 183 Al Banna, Hassan .......................................................................... 191, 193 al-Baghdadi ........................................................................................... 189 Al-Qaradawi, Yousuf .............................................................................. 193 Apfel, Holger ............................................................................................ 37 Armstroff, Klaus ....................................................................................... 55 B Beier, Klaus ............................................................................................. 37 Börs, Peter............................................................................................... 44 Brusak, Björn ..................................................... 94, 96, 105, 113, 137, 138 C Camus, Renaud....................................................................................... 83 D Daleel, Mohammad ....................................................................... 183, 184 Deckert, Günther ..................................................................................... 30 Dornbrach, Pierre .............................................................................. 43, 51 Drewer, Christoph .................................................................................... 52 E Ehrhardt, Hermann .................................................................................. 81 Elgazar Dr., Saad .......................................................................... 193, 194 Es Satty, Imam Abdelbaki ...................................................................... 181 F Fischer, Matthias ................................................................... 55, 57, 58, 60 Franz, Frank ................................................................................ 30, 35, 38 G Gebhardt, Robert ....................................................................... 53, 88, 112 Graf von Stauffenberg, Claus Schenk ..................................................... 43 Gürtler, Thomas ....................................................................................... 35 373 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 H Haberland, Thomas ................................................................................. 47 Häger, Christian ....................................................................................... 51 Haniyeh, Ismail ...................................................................................... 193 Heise, Thorsten ....................................................................................... 34 Heß, Rudolf ......................................................................... 42, 43, 48, 134 K Kadyrow, Ramsan ................................................................................. 189 Kokott, Manuela....................................................................................... 42 L Lane, David ........................................................................................... 100 Ludendorff, Erich ..................................................................................... 73 Ludendorff, Mathilde ................................................................................ 73 M Mann, Klaus................................................................................... 114, 135 Martell, Karl ............................................................................................. 80 Maxwill, Peter ........................................................................................ 150 Merkel, Angela ................................................................................. 38, 103 Mertsch, Benjamin ............................................................................. 37, 40 Müller, Maik ....................................................................................... 45, 75 Müller, Mario ...................................................................................... 81, 82 Müller, Michel..................................................................................... 37, 43 Mursi, Mohammed ................................................................................. 191 N Nietzsche, Friedrich ............................................................................... 100 O Öcalan, Abdullah ................................................................... 200, 201, 202 P Pastörs, Udo ............................................................................................ 30 Q Qutb, Sayyid .......................................................................................... 193 374 Personenregister R Raack, Sebastian .............................................................. 98, 99, 100, 101 Rathenau, Walther ................................................................................... 81 Rokohl, Aileen.............................................................................. 37, 46, 71 S Sahner, Burkhard..................................................................................... 49 Salomon, Thomas ................................................................................... 37 Schär, Andre ............................................................................................ 44 Schmidtke, Sebastian........................................................................ 38, 50 Schumann, Stefan ................................................................................... 75 Schwerdt, Frank ...................................................................................... 35 Seefloth, Jan............................................................................................ 40 Sellner, Martin.................................................................................... 81, 85 Stein, Florian ........................................................................................... 37 Sürmelis, Mustafa Selim ........................................................................ 155 T Timm, Robert ........................................................................................... 84 Trick, Dave ............................................................................ 44, 45, 50, 75 V Voigt, Udo .......................................................................................... 30, 37 von Salomon, Ernst ................................................................................. 81 W Weide, David ......................................................................... 47, 48, 76, 77 Weise, Benjamin...................................................................................... 43 Wessel, Horst .................................................................................... 48, 76 Wolinski, Robert .................................................................... 37, 49, 50, 89 Worch, Christian ................................................................................ 52, 53 Z Zasowk, Ronny ............................................................................ 37, 38, 40 Zech, Marcel ............................................................................................ 71 375 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Sachregister 1. FC Energie Cottbus ............................................................................. 87 14 Sacred Words ................................................................................... 100 A A3stus........................................................................................ 71, 94, 104 Abendland-Records ............................................................................... 105 AK - Solingen (47) ............................................................. 94, 96, 107, 136 Aktionsgruppe Nord/Ost (AGNO) ............................................................ 67 Alternative für Deutschland (AfD) ...................... 29, 38, 161, 162, 165, 174 Alternative Nationale Strausberger Dart-, Piercingund Tattoo-Offensive (ANSDAPO) ........................................................... 67, 68 Amaq ..................................................................................................... 183 Anti-Asyl-Kampagne .................................................................... 11, 37, 64 Antikapitalistische Kollektive (AKK) ......................................................... 67 AO Strausberg (AO SRB) .......................................................... 69, 70, 139 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK); Volkskongress Kurdistans (KONGRA-GEL); KADEK, KKK, KCK ..................................... 18, 200, 201 Artgerecht .......................................................................................... 94, 96 Artikel 10-Gesetz ..................................................................................... 23 Aryan Brotherhood (A.B) ................................................... 93, 97, 108, 142 Autonome ................................................. 4, 14, 15, 16, 65, 157, 159, 160f Autonome Antifa Cottbus ....................................................................... 165 Autonome Nationalisten .......................................................................... 65 B Bandidos.................................................................................................. 65 Barbaren ............................................................................ 93, 97, 108, 139 Barnimer Freundschaft (BF 25) ............................. 69, 70, 71, 72, 115, 135 Björn Brusak ...................................................... 94, 96, 105, 113, 137, 138 Black Legion ................................................................ 89, 95, 96, 101, 136 Bloc identitaire ......................................................................................... 79 Blood & Honour ......................................................................... 72, 99, 100 Blutflagge................................................................................................. 93 Brandenburgische Kommunalakademie................................................ 216 Brandenburgische Technische Universität ............................................ 165 Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung (demos) .......... 216 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)......... 22, 23 376 Sachregister Brenner ...................................................................................... 94, 96, 143 Brigade 8 (B8) ........................................................................... 69, 71, 138 Bruderscahft H8 (H8)................................................................. 69, 72, 139 Bruderschaft 25 (B 25) .............................................................. 69, 71, 137 Bruderschaften ............................................ 13, 25, 26, 65, 66, 71, 72, 100 Brusak ............................................................... 94, 96, 105, 113, 137, 138 Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e. V. (BfG) ........ 69, 72, 73, 112, 135 Bundesamt für Verfassungsschutz ................................................ 203, 208 Bundesinnenminister ....................................................................... 67, 201 Bundeskriminalamt........................................................................ 204, 208 Bundesnachrichtendienst ...................................................................... 204 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien .................................. 100 Bundesrat .......................................................................................... 31, 34 Bundesregierung ............................................................................. 31, 203 Bundesverfassungsgericht ................ 4, 21, 26, 29, 31, 32, 33, 34, 55, 170 BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN .......................................................... 85, 130 Bürgerbündnis Havelland e. V. .................................................. 69, 73, 137 Burn Down (B.D.) .............................................................. 93, 97, 108, 142 C Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) .................. 103, 130 Combat 18 ............................................................................... 99, 100, 122 Compact (Magazin) ........................................................... 85, 87, 162, 175 Convident of Victory (C.O.V.)............................................... 88, 93, 97, 141 Crew 38 Brandenburg ............................................................................. 78 C-Star ...................................................................................................... 85 D Deathfeud .................................................................................. 93, 97, 138 Defend Europe (Kampagne).................................................................... 85 DER DRITTE WEG ...................................... 11, 12, 25, 29, 30, 31, 38, 55f 77, 131, 135, 137, 141, 142, 143, 144 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ................ 15, 157, 170f, 173, 175 Deutsche Volksunion (DVU) ........................................................ 36, 52, 53 Deutscher Bundestag .............................................................................. 33 Deutschland-Pakt .................................................................................... 36 Die Exil-Regierung Deutsches Reich ................................................... 150f DIE LINKE ..................................................................................... 129, 131 Die Nationalen ......................................................................................... 35 377 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 DIE RECHTE ............................ 11, 12, 25, 29, 30, 31, 42, 52f, 55, 88, 89, 112, 114, 135, 139 Direkte Aktion Mitteldeutschland (JF) ................................................ 67, 68 DOSTO .................................................................................................. 130 Dr Coldwell Radio Show ........................................................................ 155 E Eastside ................................................................................................... 71 Ein Prozent (Bürgerinitiative) ................................................................... 87 En-Nahda .............................................................................................. 191 Erik & Sons ........................................................................ 95, 96, 103, 138 Europäische Aktion (EA)............................................................ 69, 74, 137 Europäische Solidaritätsfront für Kosovo .......................................... 45, 75 Europäische Union (EU) ........................................................................ 201 Evil Goat .................................................................................................. 94 Exilregierung Deutsches Reich ............................................................ 150f Exzess ........................................................... 73, 92, 93, 97, 107, 108, 139 Exzess Records......................................................................... 95, 96, 140 F Facebook ................................35, 40-51, 54, 58, 61, 62, 74-78, 80, 84, 88, 105, 117, 133, 134, 175, 185, 195 Faust...................................................................................................... 101 Feuer Frei .......................................................... 93, 97, 105, 107, 138, 139 Flak .................................................................................. 78, 106, 114, 137 Flughafen Berlin-Brandenburg ................................................................ 18 Föderation Islamischer Organisationen (Federation of Islamic Organisations in Europe) (FIOE) ....................... 191 Frank Rennicke ............................................................................. 106, 140 Freie Kameradschaft Märkisch Oderland (FK MOL) ................. 69, 75, 139 Freie Kräfte ........13, 25, 26, 36, 44, 45, 47-49, 65, 69, 75, 77, 78, 135-144 Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland (FKN/O) .... 44, 45, 50, 69, 74, 77, 78 137, 140 Freie Kräfte Ost ....................................................................................... 67 Freie Kräfte Prignitz (FKP) .................................................. 69, 77, 78, 143 Freie Kräfte Schwedt/Oder (FKS).............................................. 69, 76, 144 Freie Kräfte Teltow-Fläming (FKTF) .................................................. 67, 68 Freie Kräfte Wittstock .............................................................................. 67 Freies Netz Süd (FNS) ............................................................................ 55 378 Sachregister Freiheitlich Deutsche Arbeiterpartei (FAP) .............................................. 35 freiheitliche demokratische Grundordnung ............4, 13, 21, 31-34, 66, 73, 157, 158, 168, 169, 190, 212, 215, 216 Freistaat Preußen ...........................................................................152-154 Freistaat Preußen - Deutsches Reich ............................................152-153 Front National .......................................................................................... 83 Frontalkraft (FK) .................................... 88, 92, 93, 97, 105, 107, 109, 136 Frontfeuer .............................................. 88, 92, 93, 97, 106, 107, 109, 139 FrontMusik ............................................................................................. 108 Fylgien............................................................................... 94, 96, 108, 144 Fylgien-Versand................................................................. 95, 96, 102, 144 G G 10-Kommission .............................................................................. 22, 23 G20-Gipfel ......................................................................... 4, 160, 164, 165 Garde 20............................................................................................ 71, 72 Gebietskörperschaft Oranienburg ......................................................... 154 Geeinte Stämme und Völker ................................................................. 154 Geheimschutz....................................................................................... 203f Germania Versand................................................................................. 109 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes ..................................... 23 GIDA-Bündnisse .................................................................................... 161 Gjallarhorn ............................................................................................. 108 Greifvogel Eskadron ................................................................................ 98 Greifvogel Wear............................................. 89, 95, 96, 98, 100, 101, 141 Gremium ............................................................................................ 22, 65 Griffin ......................................................................................... 94, 96, 139 Grundgesetz ............................................................ 21, 33, 73, 84, 88, 147 H HAMAS.......................................................................................... 191, 193 Hammerskin-Chapter Brandenburg (HS) .......................................... 69, 78 Hammerskins........................................................................... 78, 100, 137 Handstreich, inkl. Natürlich ................................................ 93, 97, 108, 142 Hass-Musiker........................................................................................... 14 Hausmannskost (HMK) ................................. 88, 92, 93, 97, 107, 109, 136 Heimat & Zukunft ..................................................................................... 78 Heimattreue ......................................................................... 35, 94, 96, 107 Heimattreue Deutsche Jugend (JDJ) ...................................................... 35 379 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Hells Angels ............................................................................................. 65 Hooligans..................................................................................... 14, 69, 87 I Identitäre.................................................................................14, 79-83, 85 Identitäre Bewegung Deutschland (IDB) ....................... 13, 69, 79, 80, 136 Identitärer Aufbruch (IA) .............................................. 69, 78, 79, 128, 141 Industrieund Handelskammer ............................................................. 209 Inferno Cottbus .............................................................. 67, 69, 87, 88, 136 Institut für Rechtssicherheit ................................................................... 155 Internationales Centrum für Menschenrechte/ Zentralrat Europäischer Bürger ............................................................. 155 Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V. (IGD) ............................ 192 Islamischer Staat (IS) .................................................................... 177, 200 Islamischer Staat Provinz Kaukasus ..................................................... 189 Itschkeria-Bewegung ............................................................................. 189 Itsh84u-Streetwear ................................................................................ 102 J Junge Nationaldemokraten (JN) ......................... 11, 29, 30, 36, 43, 45, 50f Junge Nationalisten ..................................................................... 11, 30, 51 Jungvolk .......................................................................................... 93, 144 K Kameradschaft Hauptvolk ................................................................. 67, 68 Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW) ................... 69, 88, 113, 137 Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB).... 12, 53, 69, 88, 112, 139 Kameradschaft Oberhavel ....................................................................... 67 Kameradschaft Schutzbund Deutschland ............................................... 67 Kameradschaften .......................................13, 25, 26, 30, 65, 73, 135-144 Kampf der Nibelungen (Kampfsportturnier) ................................. 88, 89, 98 Kampfsportler .......................................................................................... 14 Kaukasisches Emirat ............................................................................. 189 Klangschmiede ...................................................................................... 108 Kommissarische Reichsregierungen (KRR) .......................................... 150 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ........................................ 170 Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa (CDK) .................................................................................... 200 KRITIS ................................................................................................... 207 380 Sachregister Krümelmonster ........................................................................................ 78 L La Datscha ............................................................................................ 165 Landesfeuerwehrverband ...................................................................... 216 Landgemeinde Hosena ......................................................................... 153 Landkreistag .......................................................................................... 216 Landmark e. V. ...................................................................................... 154 Landtag Brandenburg .............................................................................. 22 linksunten.indymedia.org........................................................... 4, 161, 162 Luftsicherheitsgesetz ....................................................................... 18, 211 M Marci ........................................................................................................ 94 Märkische Skinheads 88 (MS88)................................. 50, 69, 89, 108, 140 Martin (Liedermacher) ............................................................... 94, 96, 142 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) .......... 15, 157, 173 Mike (Liedermacher).................................................................. 94, 96, 140 Militärischer Abschirmdienst .................................................................. 204 Mogon...................................................................................................... 93 Morgenröte .............................................................................................. 94 Muslimbruderschaft (MB) ............................................ 4, 17, 190, 193, 194 MVD (Veranstaltungsdienst) .............................................................. 50, 89 N N.S. heute................................................................................................ 99 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ................... 11, 29, 30f Nationalisten Spremberg ......................................................................... 67 Nationalistische Front (NF) ...................................................................... 35 Nationalsozialisten Ortrand (NSO) .......................................................... 67 NATO ..................................................................................................... 203 Neonationalsozialisten................12, 14, 25, 30, 35-37, 52, 54, 55, 65, 100 Neue Rechte.................................................................... 56, 79, 81, 84, 87 Northsidecrew (NSC)................................................... 69, 89, 98, 113, 138 NSDAP ...................................................................................... 33, 55, 104 O Oidoxie .................................................................................................. 101 Oiram ..................................................................................... 106, 112, 139 381 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Oldschool Records ................................................................................ 108 One Family .............................................................................................. 98 Opos Records.............................................. 95, 96, 98, 100, 102, 108, 141 Outlaw ....................................................................................... 93, 97, 141 Outlaw Motorcycle Gangs (OMCG) ......................................................... 65 P Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) .......................................... 22 Partei der Demokratischen Union (PYD) ....................................... 200, 201 PC Records ..................................................................................... 95, 108 Pfeilkreuzler ............................................................................................. 72 POGIDA-Proteste .................................................................................. 162 Polizei.................13, 15, 19, 21, 22, 79, 113, 114, 119, 120, 123-125, 128, 134, 161-164, 174, 180, 181, 204, 209, 213 Polizeifachhochschule ........................................................................... 216 Preussen Revolte .............................................................. 93, 97, 109, 135 Preußen Standarte ............................................................................ 94, 96 Pro Köln ................................................................................................. 146 Projekt 8.8 ............................................................................................... 93 Proliferation ................................................................................... 203, 206 Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen ..................................... 152, 154 R Raritäten, vormals Exempel .............................................. 93, 97, 109, 135 Rebel Records ..................................................... 91, 95, 96, 101, 108, 136 Reconquista-Kampagne .......................................................................... 83 Red & Anarchist Skinheads Berlin/Brandenburg (RASH)...................... 165 Reichsbürger .................................................................... 14, 19, 145f, 216 Rocker ......................................................................................... 14, 65, 71 Rote Hilfe e. V. .................................................. 15, 16, 157, 159, 164, 167f Rote Hilfe Zeitung .................................................................................. 169 S Sabotageschutz ..................................................................................... 206 Sächsische Begegnungsstätte (SBS).............................................. 17, 192 Selbstverwalter ............................................................................... 14, 145f Serxwebun (Unabhängigkeit) ................................................................ 200 Sicherheitsüberprüfungen ................................................. 18, 19, 212, 213 Skindogs .................................................................................... 93, 97, 139 382 Sachregister Skrew You.................................................................................. 93, 97, 139 Söhne Potsdams ............................................................................. 93, 108 Son of the Wind (S.o.W.), vormals Recht auf Wahrheit (R.a.W.) .................. 71, 94, 96, 104, 115, 135 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ................................ 170 Spartacus .............................................................................................. 164 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ................... 83, 103, 130 Spionageabwehr........................................................................... 203f, 215 SS-Divison Nordland ............................................................................... 63 Städteund Gemeindebund .................................................................. 216 Stadtgemeinde Cottbus ................................................................. 152, 154 Stahlhelm........................................................................................... 93, 97 Sten ........................................................................................... 94, 96, 136 Stonehammer .................................................................... 93, 97, 107, 139 Sturm 27 ............................................................................................ 67, 68 SV Babelsberg 03............................................................................ 87, 133 T Tätervolk .................................................................................................. 93 Tätervolks Stimme ........................................................................... 93, 142 Toitonicus, auch Preussen.Wut und Thomas ............................ 94, 96, 137 Tolerantes Brandenburg ........................................................................ 216 Treueschwur ............................................................................................ 93 Turonen ............................................................................................. 71, 72 Twitter ........................................................................ 58, 99, 175, 195, 208 U Ultrash-Festival...................................................................................... 165 Unite radicale........................................................................................... 79 Uwocaust ..............................................................92, 93, 97, 107-109, 142 V Verein zur Förderung des Rechtssachverstandes in der Bevölkerung - Brandenburg (RSV-Brandenburg) ......................................................... 152 Verfassungsschutz ...................... 3, 5, 13, 14, 18, 19, 21, 22, 23, 145, 157 203, 204, 207-211, 213, 215f Verlag Hohe Warte GmbH ....................................................................... 73 Villain 051 .......................................................................................... 71, 94 Völkischer Flügel ............................................................................... 34, 35 383 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Volkstroi ............................................................................. 93, 97, 108, 139 W Weiße Wölfe Terrorcrew (WWT) .............................................................. 67 WhatsApp .............................................................................. 134, 195, 205 Widerstandsbewegung in Südbrandenburg ("Spreelichter")....................................................................... 36, 67, 68, 87 Wirtschaftsschutz ................................................. 206, 208, 209f, 215, 217 Wirtschaftsspionage ...................................................................... 206, 209 Wolfskraft................................................................................................. 93 Y Yeni Özgür Politika (Neue Freie Politik)................................................. 200 YouTube .................................................................................... 58, 79, 151 Z Zentralversand........................................................................... 95, 96, 135 Zollkriminalamt ...................................................................................... 204 Zukunft Heimat e. V. ...................................................... 41, 71, 78, 87, 130 Zündstoff - Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg ...................... 37 Zuverlässigkeitsüberprüfungen ......................................... 18, 19, 210, 211 384 Auflistung extremistischer Gruppierungen/ Organisationen im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2017 Rechtsextremismus Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Aryan Brotherhood (A.B.) Band 93, 97, 108, 142 Barbaren 93, 97, 108, 139 Burn Down (B.D.) 93, 97, 108, 142 Confident of Victory (C.O.V.) 88, 93, 97, 141 Deathfeud 93, 97, 138 Exzess 72, 92, 93, 97, 107, 108, 139 Frontalkraft (FK) 88, 92, 93, 97, 105, 107, 109, 136 Frontfeuer 88, 92, 93, 97, 106, 107, 109, 139 Feuer Frei 93, 97, 105, 107, 138, 139 Handstreich 93, 97, 108, 142 Hausmannskost (HMK) 88, 92, 93, 97, 107, 109, 136 Outlaw 93, 97, 141 Preussen Revolte 93, 97, 109, 135 Raritäten 93, 97, 109, 135 Skrew You 93, 97, 139 Stahlhelm 93, 97 Stonehammer 93, 97, 107, 139 Skindogs 93, 97, 139 Uwocaust und Helfershelfer bzw. 92, 93, 97, 107-109, Uwocaust und RAConquista 142 Volkstroi 93, 97, 108, 139 Natürlich Band-Projekt 93, 108, 142 385 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) AK - Solingen (47) Lieder94, 96, 107, 136 Artgerecht macher/in 94, 96 Björn Brusak 94, 96, 105, 113, 137, 138 Brenner 94, 96, 143 Fylgien 94, 96, 108, 144 Griffin 94, 96, 139 Heimattreue 35, 94, 96, 107 Martin 94, 96, 142 Mike 94, 96, 140 Preußen Standarte 94, 96 Son of the Wind (S.o.W.) / 71, 94, 96, 104, 115, auch als A3stus aktiv 135 Sten 94, 96, 136 Toitonicus / auch als Preussen. 94, 96, 137 Wut und Thomas aktiv Rebel Records Vertriebe 91, 95, 96, 101, 108, und Label 136 Zentralversand 95, 96, 135 Exzess Records 95, 96, 140 Opos Records 95, 96, 98, 100, 102, 108, 141 Greifvogel-Wear 89, 95, 96, 98, 100, 101, 141 Fylgien-Versand 95, 96, 102, 144 Erik & Sons 95, 96, 103, 138 AO Strausberg (AO SRB) Neo69, 70, 139 Barnimer Freundschaft (BF 25) National69, 70-72, 115, 135 Brigade 8 (B8) sozialisten 69, 71, 138 Bruderschaft 25 (B 25) auch als 69, 71, 137 Bruderschaft H8 (H8) Vereine 69, 72, 139 Bund für Gotterkenntnis 69, 72, 73, 112, 135 (Ludendorff) e. V. (BfG) Bürgerbündnis Havelland e.V. 69, 73, 137 386 Auflistung extremistischer Gruppierungen/Organisationen Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Europäische Aktion (EA) Neo69, 74, 137 Freie Kameradschaft Märkisch National69, 75, 139 Oderland (FK MOL) sozialisten Freie Kräfte Neuruppin/ auch als 44, 45, 50, 69, 74, Osthavelland (FKN/O) Vereine 77, 78, 137, 140 Freie Kräfte Prignitz (FKP) 69, 77, 78, 143 Freie Kräfte Schwedt/Oder (FKS) 69, 76, 144 Hammerskin-Chapter 69, 78 Brandenburg (HS) Identitärer Aufbruch (IA) 69, 78, 79, 128, 141 Identitäre Bewegung 13, 69, 79, 80, 136 Deutschland e.V. (IBD) Inferno Cottbus/Unbequeme 67, 69, 87, 88, 136 Jugend (IC99/UJC) Kameradschaft Kommando 69, 88, 113, 137 Werwolf (KSKW) Kameradschaft Märkisch Oder 12, 53, 69, 88, 112, Barnim (KMOB) 139 Märkische Skinheads 88 (MS88) 50, 69, 89, 108, 140 Northsidecrew (NSC) 69, 89, 98, 113, 138 Partei 11, 12, 25, 29, 30, DIE RECHTE 31, 42, 52f, 55, 88, 89, 112, 114, 135, 139 11, 12, 25, 29-31, 38, DER DRITTE WEG 55-64, 77, 131, 135, 137, 141-144 Junge Nationaldemokraten (JN)/ 11, 29, 30, 36, 43, Junge Nationalisten (JN) 45, 50f Nationaldemokratische Partei 11, 29, 30f Deutschlands (NPD) 387 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Die Exil-Regierung Deutsches Reichs150f Reich bürger Provinz Brandenburg - 152, 154 Freistaat Preußen Stadtgemeinde Cottbus 152, 154 Verein zur Förderung des 152 Rechtssachverstandes in der Bevölkerung - Brandenburg (RSV-Brandenburg) Freistaat Preußen - 152, 153 Deutsches Reich Landgemeinde Hosena 153 Stadtgemeinde Cottbus 144, 145 Gebietskörperschaft Oranienburg 154 Geeinte Stämme und Völker 154 Linksextremismus Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Deutsche Kommunistische Partei Partei 15, 157, 170f, 173, (DKP) 175 Marxistisch-Leninistische Partei 15, 157, 173 Deutschlands (MLPD) Autonome in/um Potsdam Szene, 160f Autonome in/um Cottbus teilweise 160f unstruktuAutonome in/um Spremberg riert 160f Autonome in/um Forst 160f. Autonome in/um Finsterwalde 160f Autonome in/um Frankfurt (Oder) 160f Autonome in/um Neuruppin 160f Autonome in/um Prenzlau 160f Autonome in/um Bernau 160f 388 Auflistung extremistischer Gruppierungen/Organisationen Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Autonome in/um Eberswalde Szene, 160f Autonome in/um Oranienburg teilweise 160f unstruktuAutonome in/um Teltow/ riert 160f Stahnsdorf/Kleinmachnow Autonome in/um Westhavelland 160f Red and Anarchy Skinheads - 165 Berlin Brandenburg Rote Hilfe e.V. Verein 15, 16, 157, 159, 164, 167f Islamismus/islamistischer Terrorismus Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Nordkaukasische Separatisten Bezüge 189 Bewegung von Einzelpersonen zum "Kaukasischen Emirat" sowie zum "Islamischen Staat" Sächsische Begegnungsstätte 17, 192 (SBS) Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) Gruppierung/Organisation Anmerkung Seite(n) Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Verein, mit 18, 200, 201 bzw. Volkskongress Kurdistans Tätigkeits(KONGRAGEL) verbot belegt 389 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2017 9.6 Bildnachweis Titel (c) Marc Arzt S. 3 Ministerium des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg (MIK BB) S. 10ff. MIK BB S. 30 https://wikimedia.org, abgerufen am 17.04.2018 S. 35 Homepage "NPD Brandenburg", abgerufen am 17.04.2018 S. 36ff. MIK BB S. 41 Facebook-Seite "NPD Kreisverband Lausitz", 03.12.2017 S. 42 Facebook-Seite "NPD Oderland", 04.04.2017 S. 45 Facebook-Seite "NPD Barnim", 20.02.2017 S. 48 Facebook-Seite "NPD Uckermark", 08.05.2017 S. 50 MIK BB S. 51 aktion-widerstand.de, abgerufen am 20.06.2018, nicht mehr abrufbar S. 52ff. MIK BB S. 59 Homepage "DER DRITTE WEG", 21.06.2017 S. 60 Homepage "DER DRITTE WEG - Stützpunkt Uckermark", 22.12.2017 S. 68ff. MIK BB S. 71 Facebook-Seite "Brigade 8", 24.10.2016 S. 73 Facebook-Seite "Bürgerbündnis Havelland e. V.", 23.02.2017 S. 77 Facebook-Seite "Freie Kräfte Prignitz", 07.03.2016 S. 80 Facebook-Seite "Identitäre Bewegung Deutschland", 15.05.2016 S. 82f. MIK BB S. 84 Facebook-Seite "Identitäre Bewegung Berlin-Brandenburg", 15.05.2016 S. 86 Homepage "Ein Prozent", 08.08.2017 S. 91ff. MIK BB S. 99 "N.S. Heute", # 7 Januar/Februar 2018 390 Bildnachweis S. 101 links: Facebook-Seite "Oidoxie", 04.09.2017 rechts: Facebook-Seite "Frontfeuer", 30.06.2017 S. 102 opos-records.com, zuletzt abgerufen am 27.06.2018 S. 103 wbversand.com, zuletzt abgerufen am 20.04.2018, jetzt nicht mehr abrufbar S. 106 MIK BB S. 109 links: rebel-records.com, abgerufen am 20.04.2018 rechts: opos-records-com, abgerufen am 19.04.2018 S. 111ff. MIK BB S. 148 picture-alliance/Bildagentur-online S. 149 MIK BB S. 152 Homepage "Provinz Brandenburg - Freistaat Preußen", abgerufen am 18.06.2018 S. 158ff. MIK BB S. 161 Homepage "Antifa Crew Finsterwalde", abgerufen am 17.04.2018 S. 162 Facebook-Seite "RASH Berlin Brandenburg", 28.06.2016 S. 167ff. MIK BB S. 180 picture-alliance/ZUMA Press S. 188 MIK BB S. 189 https://wikimedia.org, abgerufen am 28.03.2017 S. 190 https://wikimedia.org, abgerufen am 23.05.2018 S. 192 oben: Facebook-Seite "IGD - Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V.", 05.06.2017 unten: Homepage "Sächsische Begegnungsstätte", abgerufen am 23.05.2018 S. 193 Facebook-Seite "Saad ELGAZAR", nicht mehr abrufbar S. 199ff. MIK BB S. 203 Plakat des Bundesamtes für Verfassungsschutz 2017 S. 210 Plakat des Bundesamtes für Verfassungsschutz 2017 S. 211ff. MIK BB 391 Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Brandenburg unentgeltlich herausgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Das gilt für Landtags-, Bundestagsund Kommunalwahlen sowie für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemitteln. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die auf Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. I. Grundrechte Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Artikel 2 (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.