Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2013 Ein Handbuch Mit dem vorliegenden Jahresbericht 2013 unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages die Öffentlichkeit. Brandenburg ist so vielfältig wie die Menschen, die hier leben. Mit seinen rund 3.000 natürlich entstandenen Seen und zahlreichen Kanälen gilt Brandenburg als das gewässerreichste Land der Bundesrepublik Deutschland. Das Titelbild des jährlichen Verfassungsschutzberichtes steht dafür. Es zeigt die schwimmenden Ferienhäuser des "Lausitz Resorts" am Südufer des Geierswalder Sees. 2013 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg Impressum Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Redaktion: Abteilung Verfassungsschutz, Referat 52 Henning-von-Tresckow-Straße 9 - 13 14467 Potsdam Telefon: 0331 866-2699 Fax: 0331 866-2609 E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Internet www.verfassungsschutz.brandenburg.de Auflage: 6.000 Druck: Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Redaktionsschluss: 14. März 2014 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf in irgendeiner Form durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren ohne schriftliche Genehmigung durch das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Liebe Bürgerinnen und Bürger, knapp 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und dem Ende der DDR sind Freiheit und Demokratie für die Menschen auch in Ostdeutschland selbstverständlich. Die jüngere Generation kennt das diktatorische System der DDR bestenfalls aus Erzählungen oder den Medien. Selbst erlebt hat sie die DDR nicht mehr. Allenfalls Teile der mittleren Generation und natürlich die Älteren in unserem Land haben das Leben ohne garantierte Grundrechte und Freiheiten bewusst erlebt. Erst die friedliche Revolution machte den Einzug von Grundrechten, Demokratie und Freiheit in den ostdeutschen Bundesländern möglich. Diese noch gar nicht so lange zurückliegenden geschichtlichen Ereignisse unterstreichen, dass Demokratie und Freiheit keineswegs selbstverständlich sind. Sie müssen vielmehr jeden Tag aktiv bewahrt und auch verteidigt werden. Ohne Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit herrschen letztlich Unterdrückung, Zwang und Willkür. Deshalb haben die Menschen in der DDR für ihre elementaren Rechte gekämpft. Die friedliche Revolution muss uns eine besondere Verpflichtung und Auftrag sein, unsere freiheitliche Demokratie zu schützen. Ein Teil dieses "Schutzschirms" ist der Verfassungsschutz. Seine Aufgabe ist es, schon im Vorfeld strafrechtlicher Relevanz extremistische Bestrebungen zu erkennen, die sich zum Ziel gesetzt haben, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu zerstören oder wichtige Prinzipien dieser Grundordnung in Abrede zu stellen. Der Verfassungsschutz ist damit eine Art Frühwarnsystem. Als solches halte ich ihn auch in Zukunft für unverzichtbar. Vor allem die Erfahrungen mit dem Rechtsextremismus in unserem Land zeigen, wie notwendig das Frühwarnsystem Verfassungsschutz ist. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist und bleibt auch auf absehbare Zeit die zentrale Herausforderung für den Verfassungsschutz in Brandenburg. Das belegt der hier vorgelegte Verfassungsschutzbericht 2013 er- 3 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 neut sehr deutlich. Dass wir darüber hinaus andere Erscheinungsformen des Extremismus nicht unbeachtet lassen dürfen, erscheint mir allerdings ebenso selbstverständlich. Nach wie vor unternehmen Rechtsextremisten große Anstrengungen, um Jugendliche auf ihre Seite zu bringen. Dabei spielt nicht mehr nur rechtsextremistische Musik eine Rolle. Immer stärker wird auch das Internet genutzt, um entsprechende Inhalte zu transportieren. Auch wenn der Erfolg nach den Beobachtungen mäßig bleibt: Zivilgesellschaft, Schulen, Jugendschützer, Verfassungsschutz und Polizei müssen mit Blick auf mögliche Wirkungen solcher Kampagnen weiterhin besonders wachsam sein. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche von Rechtsextremisten nicht auf die falsche Bahn gelenkt werden. Wir müssen den Rechtsextremisten offensiv entgegentreten. Das gilt auch für die Versuche von NPD und anderen Rechtsextremisten, eine von Fremdenhass getriebene Asyldebatte zu starten. Als Bürgerinitiativen getarnt wollten sich rechtsextremistische Kreise mit Kampagnen unter dem Titel "Nein zum Heim in..." als angebliches Sprachrohr besorgter Bürger inszenieren. Um die eigentlichen Urheber zu verschleiern, wurden dabei zum Teil auch Strohmänner vorgeschickt, um Demonstrationen anzumelden. Vorbild war ganz offensichtlich die Berliner Kampagne "Nein zum Heim in Hellersdorf" gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft in dem gleichnamigen Berliner Stadtteil. Die Anti-Asylkampagne der NPD und anderer rechtsextremistischer Organisationen fand dabei nicht nur in der "Realwelt" statt. Die so genannten "Bürgerinitiativen" präsentierten sich auch auf dem sozialen Netzwerk Facebook, wo zum Teil längere Beiträge von angeblich "bürgerlicher Seite" eingestellt wurden. Tatsächlich wurde der Zusammenhang mit der NPD und ihrem Umfeld trotz verbaler Distanzierung rasch überdeutlich - etwa durch ausländerfeindliche Postings und Verlinkungen mit den Seiten der NPD. Der Versuch der Rechtsextremisten, sich ein bürgerliches Mäntelchen umzuhängen, ist allerdings relativ schnell gescheitert. Die Menschen vor Ort haben die Kampagne durchschaut. Sie vertrauen auf die Informationen ihrer Gemeinden und Landkreise und lassen sich nicht von rechtsextremistischen Hasspredigern vor den Karren spannen. Ganz im Gegenteil: An vielen Orten haben sich Initiativen gebildet, die in vorbildlicher Weise dazu beitragen, Flüchtlinge zu integrieren. 4 Vorwort des Ministers Möglich war die rasche Reaktion auf die Kampagne der Rechtsextremisten auch, weil der Verfassungsschutz die notwendigen Informationen liefern konnte. Damit er dies kann, benötigt er im gesetzlich abgesteckten Rahmen die notwendigen Instrumente. Dazu gehören auch künftig menschliche "Quellen". Allerdings wird der Umgang mit diesen Personen immer problematisch bleiben. Denn sie sind selbst Teil der extremistischen Szene. Deshalb muss der Verfassungsschutz genau hinschauen, wen er anwirbt. Auf Grundlage der unterschiedlichen - darunter auch schlechten - Erfahrungen hat der Verfassungsschutz Brandenburg seine Anforderungen an die Anwerbung von V-Leuten schon vor Jahren verschärft und überprüft sie kontinuierlich. Auch im vergangenen Jahr wurden die strengen Regelungen erneut aktualisiert. Der Verfassungsschutz Brandenburg hat sich über die Jahre einen guten Ruf erworben - im Land selbst, aber auch außerhalb unseres Landes und auf Bundesebene. Er ist ein Demokratiedienstleister im besten Sinne. Er informiert nicht nur Landesregierung und Parlament über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Er ist ebenso ein gefragter Partner bei zivilgesellschaftlichen Organisationen, Verbänden und Kommunen. Sie alle profitieren vom Wissen des Verfassungsschutzes und können so noch besser dazu beitragen, unser Gemeinwesen aktiv vor Verfassungsfeinden zu schützen. Und darauf kommt es an. Ihr Ralf Holzschuher Minister des Innern 5 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Zusammenfassung Unter allen extremistischen Erscheinungsformen ist der Rechtsextremismus für Brandenburg weiterhin die größte Herausforderung. In diesem Bereich wird für das Jahr 2013 ein Potenzial von 1.125 (-15) Personen festgestellt.1 Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) verliert erneut und ist auf 290 (-30) Mitglieder gesunken. Darunter sind 20 (-5) "Junge Nationaldemokraten" (JN). Auf anhaltend hohem Niveau bewegen sich Neonationalsozialisten mit 430 (+/-0) Personen. Mit 390 (-20) ist die Anzahl "unorganisierter, insbesondere subkultureller und gewaltbereiter" Rechtsextremisten wiederholt leicht rückläufig. Neu hinzugekommen ist die stark neonationalsozialistisch beeinflusste Partei "Die Rechte". Sie zählte Ende 2013 etwa fünf Mitglieder. Rechtsextremistisches Personenpotenzial in Brandenburg* 1700 1.665 1600 1500 1.490 1400 1.385 1.370 1.320 1.320 1300 1.280 1290 1.290 1.265 1.230 1.230 1200 1.190 1.170 1.170 1.150 1.140 1.125 1100 1000 1993 1995 1997 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 *unter Abzug von Doppelzählungen Die Bemühungen der NPD Brandenburg, insbesondere mit Blick auf die Landtagswahl 2014 ihre kommunalen Strukturen auszubauen, blieben auch 2013 ohne greifbare Ergebnisse. Dies ist unter anderem dem deutlichen Mitgliederverlust geschuldet. Vergleichsweise aktivere und mitgliederstärkere Landesverbände in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind unerreichbar. In Brandenburg unterhält die NPD acht (+/-0) mehr 1 Zur Zusammensetzung der einzelnen Gruppen im Bereich Rechtsextremismus siehe Seite 21. 6 Zusammenfassung oder weniger aktive Kreisverbände. Von den 23 (-1) Ortsverbänden existieren viele nur virtuell im Internet. Hinzu kommen vier JN-"Stützpunkte" (+/-0), von denen insbesondere der "JN-Stützpunkt Schenkenländchen" hervortrat. Bei den JN zeichnen sich jedoch erhöhte Aktivitäten im Raum Potsdam und Oranienburg (OHV) ab. Ende 2013 verfügte die NPD in Brandenburg über 26 (-2) kommunale Mandate. Die Parteiaktivitäten erlahmten teilweise im Laufe des Jahres 2013. Erst zur Bundestagswahl zogen sie an und wurden zum Jahresende hin nochmals intensiviert. Hierbei stand fast ausnahmslos ihre rassistisch motivierte Anti-Asylkampagne im Vordergrund. Dazu zählten Demonstrationen und zahlreiche zumindest NPD-beeinflusste Internetauftritte besonders auf Facebook. Über alle drei im Jahr 2014 anstehenden Wahlen hinweg wird die NPD versuchen, diese Kampagne massiv und aggressiv ins Zentrum ihrer Aktivitäten zu rücken. Durch den erstmaligen Wegfall einer prozentualen Sperrklausel bei der anstehenden Europawahl ist mit einer erhöhten Wahlkampfmotivation der NPD zu rechnen. Ihre Hauptaktivitäten wird sie jedoch im Zusammenhang mit der Landtagswahl entfalten. Mit Unterstützung durch eher parteiferne neonationalsozialistische "Freie Kräfte" ist weiterhin zu rechnen. Insgesamt kommen hier erhebliche Anforderungen auf Sicherheitsbehörden und die Zivilgesellschaft zu. Durch den Wechsel an der Spitze der Bundespartei von Apfel zu Pastörs kann überdies ein zusätzlicher Radikalisierungsschub der NPD angenommen werden. Rechtsextremistisches Personenpotenzial ausgewählter Phänomenbereiche in Brandenburg - NPD, Neonationalsozialisten und Gewaltbereite 600 500 400 300 200 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 NPD Neonationalsozialisten Gewaltbereite 7 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Regional unterschiedlich intensiv ausgeprägt war die Zusammenarbeit der NPD mit neonationalsozialistischen "Freien Kräften". Seit Jahren ist es das erklärte Ziel der NPD, diese einzubinden. Als Scharnier dienen die JN. Mit Hilfe "Freier Kräfte" versucht die Partei, ihre zahlreichen Defizite auszugleichen. Sie werden als Hilfstruppen für niedere Aufgaben gerade in Wahlkampfzeiten dringend benötigt und benutzt. Neonationalsozialisten weisen eine eindeutige Wesensverwandtschaft mit der NSDAP auf. Daher haben sie in den letzten Jahren maßgeblich dazu beigetragen, mit ihren Vorstellungen das ideologische Profil der NPD zu bestimmen. Der Verfassungsschutz Brandenburg bezeichnet diesen Prozess als Nazifizierung der NPD. Andere Neonationalsozialisten lehnen diese Zusammenarbeit mit der NPD jedoch ab. Zum einen wollen sie keine Parteien unterstützen, weil sie Parteien als Bestandteil des Systems betrachten, welches sie überwinden wollen. Zum anderen orientieren sich "Freie Kräfte" ebenso in Richtung der erst 2012 gegründeten Partei "Die Rechte". Acht (+1) neonationalsozialistische Gruppierungen waren 2013 in Brandenburg aktiv. Auf hohem Niveau bleibt weiterhin das Personenpotenzial. Das 2012 ausgesprochene Verbot der bis dahin auch über die Landesgrenzen hinweg bekannt gewordenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" wurde im November 2013 vom Oberverwaltungsgericht BerlinBrandenburg bestätigt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Zurzeit bleibt jedoch nach wie vor abzuwarten, inwieweit der davon betroffene Personenkreis seine Aktivitäten einstellt oder in andere Strukturen verlagert. Öffentlichkeitswirksame neonationalsozialistische Aktivitäten im Süden Brandenburgs haben jedoch nach dem Verbot spürbar abgenommen. Trotz allem wurden im Laufe des Jahres 2013 neue Aktionsformen im Süden bekannt, welche auf Bezüge zur verbotenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" schließen lassen könnten. Die aufgrund ihrer Gewaltbereitschaft derzeitig aggressivsten Neonationalsozialisten sind im Raum Spremberg (SPN) anzutreffen. Relativ neu ist die erst 2012 vom Hamburger Neonationalsozialisten Christian Worch gegründete Partei "Die Rechte". Insbesondere in Westdeutschland ist sie zumindest ein Auffangbecken für ehemalige Angehörige verbotener neonationalsozialistischer Organisationen. Der brandenburgische Landesverband wurde im Januar 2013 ins Leben gerufen. Bis Ende 2013 zählte er nur eine Handvoll Mitglieder. Klaus Mann, Landesvorsitzender von "Die Rechte", war der letzte Landesvorsitzende der "Deutschen Volksunion" (DVU). Das Scheitern der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen 8 Zusammenfassung Fusion von NPD und DVU wird daran erneut ersichtlich. Erst Ende 2013 entfaltete "Die Rechte" in Brandenburg öffentliche Aktivitäten, indem sie an die Anti-Asylkampagne der NPD andockte. Die Gründung des ersten Kreisverbandes erfolgte am 1. Februar 2014. Daran beteiligt waren unter anderem Angehörige neonationalsozialistischer "Freier Kräfte". Mit "Die Rechte" erwächst der NPD somit zunehmend eine Konkurrentin. Da sich "Die Rechte" Vorwürfen ausgesetzt sieht, sie sei mehr oder weniger die Neugründung eines verbotenen Vereins, ist sie sehr daran interessiert, über die Teilnahme an Wahlen das Gegenteil zu demonstrieren. Hierbei wird sie mit der NPD auf dem Stimmzettel konkurrieren. Der Versuch, dies bereits bei der Europawahl umzusetzen, ist jedoch gescheitert. "Die Rechte" schaffte es nicht, die notwendige Anzahl an Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Zur diesjährigen Kommunalund Landtagswahl in Brandenburg wird "Die Rechte" möglicherweise nicht selbstständig antreten. Stattdessen soll sie nach eigenen Angaben Listenplätze bei der NPD erhalten. Die Zahl rechtsextremistischer Hass-Bands bleibt mit 24 unverändert hoch. Nur in einem Bundesland gibt es mehr. Insgesamt 12 (+/-0) neue Tonträgerproduktionen wurden festgestellt. Fünf (-4) Konzerte haben stattgefunden. Davon wurden vier (+1) aufgelöst. Aufgrund des hohen Drucks der Sicherheitsbehörden treten brandenburgische Hass-Bands oft außerhalb des Landes auf. Die Konzert-Aktivitäten in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) kamen im zweiten Halbjahr zum Erliegen. Insbesondere im Süden Brandenburgs bleiben Überlagerungen und gegenseitige Durchdringungen verschiedener, teilweise gewaltaffiner Szenen unter Einbindung des Rechtsextremismus erkennbar. Hinzu kommen Tätigkeiten von Rechtsextremisten in der Produktion und im Vertrieb rechtsextremistischer Hass-Musik. Bezüge zu Sportarten wie "Free-Fight" konnten 2013 erfolgreich zurückgedrängt werden. Erstmals wurde eine Gruppe der zurzeit eher internetbasierten "Identitären Bewegung" als Beobachtungsgegenstand in den Bericht aufgenommen. Die "Identitäre Bewegung Cottbus" wurde am 30. November 2012 gegründet. Nur fünf Personen nahmen teil. Vier davon gehören der regionalen rechtsextremistischen Szene an. Somit sind Ansätze erkennbar, dass Rechtsextremisten sich von der Ideologie der "Identitären Bewegung" angesprochen fühlen beziehungsweise bemüht sind, sie zu vereinnahmen oder zumindest unter deren Flagge zu segeln. 9 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Im Linksextremismus ist das Personenpotenzial auf 485 (-45) gesunken.2 Das betrifft im Wesentlichen gewaltbereite Autonome, deren Zahl Ende 2013 bei 190 (-35) lag. Sie waren in zehn (-1) Kommunen beziehungsweise Regionen aktiv. Auf nur noch 80 (-10) Mitglieder bringt es die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP). Innerhalb des Linksextremismus kann die "Rote Hilfe e.V." ihre Rolle einer zwischen den verschiedenen Gruppierungen und Strömungen konsensvermittelnden Organisation behaupten. Erneut ist ihre Mitgliederzahl gestiegen und lag Ende 2013 bei 180 (+5). Linksextremisten in Brandenburg 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1993 1995 1997 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 linksextremistisches Personenpotenzial (unter Abzug von Doppelzählungen) davon gewaltbreite autonome Linksextremisten Für den Bereich islamistischer Extremismus gibt der Verfassungsschutzbericht insgesamt 30 (-5) Personen an. Erneut konnten keine entsprechenden Strukturen festgestellt werden. Allerdings gibt es in Berlin islamistisch beeinflusste Einrichtungen. Diese dienen auch in Brandenburg lebenden Einzelpersonen als Anlaufpunkte. Ebenso konnten Einzelpersonen festgestellt werden, die islamistische Bezüge zum Kaukasus aufweisen. Darüber hinaus liegen Erkenntnisse vor, dass Einzelpersonen in Richtung Syrien ausgereist sind, wahrscheinlich, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Das größte Personenpotenzial im Bereich Ausländerextremismus weist in Brandenburg unverändert die bundesweit mit einem Betätigungsverbot belegte "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) auf. Ende 2013 wurden ihr etwa 2 Zur Zusammensetzung der einzelnen Gruppen im Bereich Linksextremismus siehe Seite 159. 10 Zusammenfassung 115 Personen zugerechnet. Aktivitäten werden immer wieder im Zusammenhang mit der jährlichen Spendenkampagne festgestellt. Darüber hinausgehende Aktivitäten wurden nicht bekannt. Informationsangebote des Verfassungsschutzes waren 2013 erneut stark nachgefragt. In 100 Veranstaltungen wurden Vorträge gehalten. Rund 3.200 Bürger nahmen teil. Zielgruppen waren insbesondere Jugendwarte der Feuerwehr, Soldaten, Unternehmer sowie deren Mitarbeiter, Lehrkräfte, Polizisten, Zivildienstleistende, kommunale Bedienstete, Schüler, Auszubildende und viele mehr. Fortgesetzt wurde die seit 2008 bestehende strategische Kooperation mit folgenden Einrichtungen und Organisationen: "Tolerantes Brandenburg", "Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung - demos", "Brandenburgische Kommunalakademie", Landkreistag, "Städteund Gemeindebund" sowie Landesjugendamt. Gemeinsam wurden fünf Veranstaltungen durchgeführt: vier zum Thema "Rechtsextremisten im Wahlkampf und die Wechselwirkung mit neonationalsozialistischen Strukturen" (100 Teilnehmer) und eine zu "Reichsbürgern" (180 Teilnehmer). Gezählt wurden ebenso 13 Info-Veranstaltungen mit rund 265 Angehörigen der Feuerwehren, meist Jugendwarte. Und mit seinem Info-Mobil präsentierte sich der Verfassungsschutz 26 Mal auf Dorffesten und weiteren Veranstaltungen. Ebenso fanden unter dem Titel "Zweiter regionaler Sicherheitsdialog - Integration, Ausländerfeindlichkeit und islamistischer Extremismus" vier Veranstaltungen statt. 320 Interessierte wurden erreicht. Eine fünfte Sonderveranstaltung war mit 170 Teilnehmern gänzlich ausgebucht. 11 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Inhaltsverzeichnis 1. Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes ............................................................ 15 2. Rechtsextremismus ...................................................................... 21 2.1 NPD: Fremdenfeindlichkeit als Wahlkampfkonzept ........................ 22 2.2 NPD-Jugend: NS-Aktivismus mit wenigen Aktivisten ..................... 55 2.3 Neonationalsozialisten in Lauerstellung ......................................... 68 2.4 "Die Rechte": Familienbetrieb mit Grundstück ................................ 95 2.5 Rechtsextremistische Hass-Musik ................................................ 101 2.6 Immobilien und Rechtsextremismus ............................................. 117 2.7 Reichsbürger ohne Reich ............................................................. 124 2.8 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten.................................... 126 2.9 Rechtsextremistische "Anti"-Kampagnen und "Identitäre" ............ 134 2.10 Ausblick ........................................................................................ 153 3. Linksextremismus ...................................................................... 159 3.1 Autonome im Abschwung ............................................................. 160 3.2 "Rote Hilfe" aktiv im Hintergrund ................................................... 167 3.3 DKP und MLPD: Bruderkampf um letzte Wähler .......................... 171 3.4 Beispiele linksextremistischer Straftaten ..................................... 177 3.5 Ausblick ........................................................................................ 179 4. Islamistischer Extremismus ...................................................... 181 4.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus ............... 181 4.2 Salafismus noch ohne Wirkung in Brandenburg........................... 185 4.3 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen durch Islamisten mit Bezügen in den Nordkaukasus .................... 191 4.4 Ausblick ........................................................................................ 193 5. Ausländerextremismus ............................................................. 195 6. Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz ....... 199 6.1 Spionageabwehr ........................................................................... 199 12 Inhaltsverzeichnis 6.2 Wirtschaftsschutz.......................................................................... 202 6.3 Proliferation................................................................................... 207 6.4 Geheimschutz und Sicherheitsüberprüfungen.............................. 210 7. Verfassungsschutz durch Aufklärung ...................................... 215 8. Anhang 8.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus .................... 223 8.2 Glossar ......................................................................................... 258 8.3 Gesetzestexte BbgVerfSchG Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz)........................... 276 BVerfSchG Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz) ............................................... 298 Artikel 10-Gesetz - G 10 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses ...................................................................... 304 G10AGBbg Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes .......................... 326 VereinsG Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) ............................................................................. 330 BbgSÜG Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz) ................. 336 8.4 Register Ortsregister ................................................................................... 362 Personenregister .......................................................................... 372 Sachregister.................................................................................. 376 Auflistung extremistischer Organisationen/Gruppierungen im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2013 ......................... 390 8.5 Bildnachweis ................................................................................. 396 13 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 14 1. Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes Zu den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit aller politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Informationen des Verfassungsschutzes Ausübung einer Opposition. Ohne die Achtung dieser Was wir schützen Prinzipien ist eine Demokratie nicht möglich. Um dieWie wir schützen se zu schützen, sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Er wertet sie aus und unterrichtet die zuständigen Stellen. In unserer Demokratie zählen dazu die Bevölkerung, Regierungsstellen, die Polizei und viele andere. Auf diesem Wege über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu informieren, ist daher eine zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes. Denn der beste Schutz der Verfassung ist der informierte Bürger (siehe Kapitel 7). Am 31. Dezember 2013 hatte der brandenburgische Verfassungsschutz im Ministerium des Innern 99 Mitarbeiter. An Sachmitteln standen der Verfassungsschutzbehörde im Haushaltsjahr 2013 insgesamt 1.343.210 Euro zu Verfügung. Davon wurden 1.343.199,01 Euro verausgabt. Der Verfassungsschutz ist der Inlandsnachrichtendienst Deutschlands. Diese Aufgabe ist sowohl Bundesals auch Ländersache. Anders als die Polizei hat der Verfassungsschutz keine exekutiven Befugnisse. Kein Verfassungsschützer darf Wohnungen durchsuchen, Personen festnehmen oder Zeugen vernehmen. Verfassungsschützer sind unbewaffnet und tragen keine Uniform. Im demokratischen Rechtsstaat wachen parlamentarische Gremien über alle Aktivitäten des Verfassungsschutzes. Im Landtag Brandenburg sind das die "Parlamentarische Kontrollkommission" (PKK) und die "G 10-Kommission". Die PKK ist von der Landesregierung unter ande15 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 rem umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten (SS 25 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz). Die PKK kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen. Bei besonderem Aufklärungsbedarf können Bedienstete mit Zustimmung des Innenministers zum Sachverhalt befragt werden. Darüber hinaus wird die PKK regelmäßig ohne Aufforderung nach SS 7 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 4 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz über Quellen und Observationen sowie in anonymisierter Form über Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen informiert. Der Landtag beschließt über Größe und Zusammensetzung der PKK. Sie soll nicht mehr als sieben Mitglieder haben. Hierbei muss die parlamentarische Opposition angemessen vertreten sein (SS 24 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz). 2013 hatte die PKK folgende Zusammensetzung: SPD (2), DIE LINKE (2), CDU (1), FDP (1) und Bündnis 90/Die Grünen (1). Das Gremium tritt in der Regel alle zwei Monate zusammen. Beratungen erfolgen in geheimer Sitzung. Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses werden durch die vom Landtag gewählte "G 10-Kommission" vor ihrer Durchführung auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Anordnungen, welFreiheitliche Demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland Menschenrechte Volkssouveränität Gewaltenteilung Verantwortlichkeit der Regierung Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Unabhängigkeit der Gerichte Mehrparteienprinzip Chancengleichheit für Parteien Recht auf parlamentarische Opposition 16 Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes che die "G 10-Kommission" für unzulässig oder nicht notwendig erachtet, hat das Innenministerium unverzüglich aufzuheben. Die Kontrollbefugnis erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Artikel 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten. Die "G 10-Kommission" besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muss und zwei Beisitzern. Mitglieder der "G 10-Kommission" sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen (SS 2 Abs. 3 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes). Alle Bürger haben das Recht, ein Auskunftsersuchen gemäß SS 12 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz beim Verfassungsschutz zu stellen. Davon machten im Jahr 2013 rund 190 Bürger Gebrauch. Der Verfassungsschutz hält den Einsatz von menschlichen Quellen zur Erfüllung seines Auftrages für unabdingbar. Denn Quellen sind durch andere nachrichtendienstliche Mittel nicht zu ersetzen. Im Bereich des Rechtsextremismus haben Quellen maßgeblich dazu beigetragen, dass die jeweiligen brandenburgischen Innenminister acht Vereinsverbote erlassen konnten (siehe Kapitel 2.3). Mit solchen Verboten wird die Ausbreitung neonationalsozialistischer Ideologie maßgeblich unterbunden. Der Quelleneinsatz spielt sich nicht in der Öffentlichkeit ab. Ebenso ermöglicht der Quelleneinsatz beispielsweise die Eindämmung rechtsextremistischer Hasskonzer17 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 te. Auch beschaffen Quellen rechtsextremistische Tonträger als Grundlage für Indizierungen (siehe Kapitel 2.5). Strafrechtliche Maßnahmen gegen die Hersteller und Verbreiter solcher Tonträger sind weitere Konsequenzen, die daraus entstehen. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen ist im Verfassungsschutzgesetz des Landes Brandenburg und insbesondere detailliert in der "Dienstanweisung Beschaffung" geregelt. Diese legen sowohl Mindeststandards bei der Werbung von Quellen als auch den Ausschluss von Straftaten beim Quelleneinsatz fest. 18 Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle des Verfassungsschutzes 19 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 20 2. Rechtsextremismus Mitgliederzahlen rechtsextremistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2012 2013 unorganisierte, insbesondere subkulturelle und gewaltbereite Rechtsextremisten* 410 390 organisierte und unorganisierte Neonationalsozialisten 430 430 NPD** 320 290 Die Rechte - 5 sonstige rechtsextremistische Organisationen 60 70 gesamt 1.220 1.185 Mehrfachmitgliedschaften 80 60 Personenpotenzial 1.140 1.125 * Die Zahl der subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten, darunter Skinheads, wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungen aus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffällig geworden sind; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäter, die im betrachteten Jahr straffällig geworden sind; c) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenen Jahren straffällig geworden und bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewaltbereitschaft gegeben sind; d) extremistisch orientierte Personen, denen keine einschlägigen Gewalttaten nachzuweisen sind, die aber aufgrund konkreter Einzelerkenntnisse (mutmaßliche Beteiligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen und so weiter) als gewaltbereit gelten müssen. ** Die Mitgliederzahl der NPD wird unter Berücksichtigung der Unterorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) angegeben. 21 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2.1 NPD: Fremdenfeindlichkeit als Wahlkampfkonzept Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) wurde 1964 als Sammelbecken für damalige nationalkonservative Strömungen gegründet. Ein Anlass war die erste nennenswerte Wirtschaftskrise der damals noch jungen Republik. Bis 1969 konnte die Partei in sieben Länderparlamente einziehen und zählte fast 30.000 Mitglieder. 1969 scheiterte sie mit 4,3 Prozent nur knapp am Einzug in den Bundestag. In der Folge griff Resignation in der NPD um sich. Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse brachen dramatisch ein, Streitigkeiten nahmen zu und 1972 verlor die NPD ihre letzten Landtagsmandate. Danach versank sie für Jahrzehnte in parlamentarischer Bedeutungslosigkeit. Ideologisch war die NPD in den ersten Jahren ihres Bestehens eher kleinbürgerlich-deutschnational ausgerichtet. Zumindest offiziell versuchte sie sich vom Nationalsozialismus abzugrenzen. Diese Ausrichtung endete 1991 unter dem dritten Parteivorsitzenden Günter Deckert, der einen neuen radikaleren Kurs einschlug. Von nun an setzte die NPD verstärkt auf sozialrevolutionäre, ausländerfeindliche und vor allem revisionistische Themen. Auch die Abgrenzung von Neonationalsozialisten wurde immer stärker aufgeweicht. Zwar fanden Günter Deckerts revisionistische Brandreden in der Partei viel Anklang, doch seine Strategie war insgesamt eher kontraproduktiv. Zum einen wurde die NPD nun hauptsächlich als Partei der Ewiggestrigen wahrgenommen. Und zum anderen saß Deckert ab Mitte der 1990er Jahre unter anderem wegen Volksverhetzung längere Zeit im Gefängnis. Diese Situation nutzte sein innerparteilicher Konkurrent Udo Voigt, um erfolgreich nach dem Parteivorsitz zu greifen. Mit ihm wurde ein unumkehrbarer Prozess der Nazifizierung aller Parteistrukturen eingeleitet. Voigt propagierte die bis heute gültige neonationalsozialistische "Dreisäulenstrategie". Unter dem Motto "Kampf um die Köpfe - Kampf um die Parlamente - Kampf um die Straße" greift die NPD seit dem die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik an und propagiert "nationalen Sozialismus". In der Folgezeit wurde eine vierte Säule "Kampf um den organi22 Rechtsextremismus sierten Willen" hinzugefügt. Damit ist das gemeinsame Antreten von NPD und Neonationalsozialisten bei Wahlen gemeint. So gelang es der NPD, neonationalsozialistische Kader bis heute an die Partei zu binden. 2003 scheiterte der erste Versuch, die NPD zu verbieten. Anschließend erstarkte das gesamte rechtsextremistische Lager. Viele Szeneangehörige, insbesondere Neonationalsozialisten, wähnten sich dem jahrelang vergeblich angestrebten Ziel einer Einheit aller Kräfte wesentlich näher und setzten verstärkt auf die NPD. Damit einher ging eine noch tiefer greifende Nazifizierung, also eine insgesamt mehrheitlich neonationalsozialistische Ausrichtung der Partei. So zog sie nach über 30 Jahren wieder in Landesparlamente ein: Sachsen (2004) und Mecklenburg-Vorpommern (2006). Ebenso errang sie Sitze in ostdeutschen Kommunalvertretungen. Die an die Partei herangeführten Neonationalsozialisten hatten daran erheblichen Anteil. Da die NPD bis Ende der 1990er Jahre in Ost wie West ein Schattendasein führte, versuchte Udo Voigt die Wahlergebnisse in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern als Erfolg seiner Strategie zu verkaufen. Vielmehr lag es jedoch an der regionalen Verankerung von Personen wie Udo Pastörs (Mecklenburg-Vorpommern) und des mittlerweile verstorbenen Uwe Leichsenring (Sachsen). Beide Landesverbände betonten auch, wie wichtig die regionale Bekanntheit und ein äußerlich bürgerliches Auftreten für das Image der NPD sei. Schnell wurde klar, die NPD verfügte außerhalb Sachsens und Mecklenburg-Vorpommerns nicht über vergleichbare personelle und materielle Ressourcen, um solche Ergebnisse woanders zu wiederholen. Vielmehr nahmen eindeutig neonationalsozialistisch geprägte Aktivitäten mehr und mehr überhand. Bekanntestes Beispiel dafür war die Beerdigung des NPD-Mitglieds und Neonationalsozialisten Friedhelm Busse im Juli 2008. Der Hamburger Neonationalsozialist und ehemalige Angehörige des NPDBundesvorstands, Thomas Wulff, entfaltete eine Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz und legte sie auf den Sarg. Direkt dabei stand der damalige Parteivorsitzende Voigt. Erst als die Staatsanwaltschaft Passau (Bayern) Ermittlungen gegen Wulff einleitete, war Voigt bemüht, sich nach außen ein wenig von dem Vorgang zu distanzieren. In den letzten Jahren rieben zahlreiche Finanzskandale die Partei immer mehr auf. Die NPD nimmt zwar gerne die Parteienfinanzierung des verhassten "Systems" an, mit ihren Parteibilanzen scheint sie es jedoch 23 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 nicht immer so genau genommen zu haben. Spendenquittungen wurden über Jahre systematisch gefälscht, Rechenschaftsberichte waren fehlerhaft und ein Bundesschatzmeister griff zudem richtig tief in die Parteikasse. Bis heute hat sich die Partei davon nicht erholt, da sie zu Strafzahlungen in Millionenhöhe verurteilt wurde. Im November 2013 ereilte die vor dem Bankrott stehende NPD die bisher letzte finanzielle Hiobsbotschaft: Gedeckt von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war die Bundestagsverwaltung am 15. November 2013 dazu übergegangen, die fälligen Strafzahlungen der NPD mit Mitteln der staatlichen Parteienfinanzierung zu verrechnen. Somit fehlten der NPD plötzlich sehnlichst erwartete 300.000 Euro. Ohne diese Gelder ist die NPD praktisch handlungsunfähig. Prompt folgten Entlassungen in der Bundesgeschäftsstelle. Selbst wohlmeinende Parteikameraden sehen eine mangelnde Wahrnehmung der Aufsichtspflichten beim damaligen Parteivorsitzenden Voigt. Als mit dem Hamburger Jürgen Rieger ein einflussreicher Unterstützer Voigts und der wichtigste Kreditgeber der Partei im Jahr 2009 plötzlich verstarb, verlor Voigt zunehmend seine Hausmacht gegenüber seinen innerparteilichen Konkurrenten aus Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern: Holger Apfel und Udo Pastörs. Am 11. November 2011 setzte sich Holger Apfel auf dem Bundesparteitag in Neuruppin (OPR) gegen Udo Voigt in einer Kampfkandidatur durch. Sein Leitmotiv lautete "seriöser Radikalismus". Ein konkretes Konzept dazu blieb Apfel allerdings bis zu seinem plötzlichen Rückund Parteiaustritt im Dezember 2013 schuldig. Denn unter seiner Führung erfolgte tatsächlich keine inhaltliche Neuausrichtung. Nur eine allzu offensichtliche Bezugnahme auf neonationalsozialistische Konzepte wurde vermieden. Das Ziel, auf diese Weise nationalkonservative Kreise stärker an die Partei zu binden und als Wähler zu gewinnen, ist gescheitert. In weiten Teilen Deutschlands gilt die NPD als praktisch unwählbar, sogar in Sachsen und MecklenburgVorpommern liegt sie in Umfragen teilweise deutlich unter ihren letzten Landtagswahlergebnissen. Ihr extremistisches Schmuddel-Image hat sich unter Apfel sogar noch verstärkt. Am 3. Dezember 2013 hat der Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD gestellt. Das bedroht zusätzlich die "seriös-radikale" NPD und entfernt sie weiter von ihrem Ziel einer Massenbewegung. Ebenso laufen die Mitglieder davon. Weniger als 5.500 sind ihr verblieben. Selbstverständlich sinken damit die ohnehin nicht gerade sprudelnden Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen. 24 Rechtsextremismus Große Hoffnungen setzte die NPD auf die vergleichsweise weniger radikalisierten Mitglieder der "Deutschen Volksunion" (DVU). Doch auch die konnte Apfel von seinem Konzept der "seriösen Radikalität" nicht überzeugen. Nur wenige von ihnen fanden den Weg in die NPD. Im Gegenteil: Im Mai 2012 gründete der aus Hamburg stammende Neonationalsozialist und ehemalige DVU-Unterstützer Christian Worch die Partei "Die Rechte" (siehe Kapitel 2.4). Zwar ist dessen neue Truppe derzeit noch keine wirkliche Konkurrenz für die NPD, aber immerhin eine Alternative, beispielsweise für ehemalige DVU-Anhänger in Brandenburg. In Nordrhein-Westfalen tritt "Die Rechte" eher als Auffangbecken für ehemalige Mitglieder verbotener neonationalsozialistischer Organisationen in Erscheinung. Die suchen für ihre Aktivitäten auf diesem Wege Schutz unter dem Parteienprivileg. Ende September 2013 gründete sich in Rheinland-Pfalz die Partei "Der Dritte Weg". Ehemalige NPD-Mitglieder und Neonationalsozialisten stehen dahinter. Die schlechten Wahlergebnisse der letzten Jahre sorgten bei der NPD zusätzlich für Ebbe in der Kasse. Das drückt die Stimmung. Denn bei vier der fünf Landtagswahlen in den Jahren 2012 und 2013 lag ihr Stimmenanteil teilweise deutlich unter einem Prozent. Diese Marke müssen Parteien aber erreichen, um bei Landtagswahlen in den Genuss staatlicher Parteienfinanzierung zu kommen. In Schleswig-Holstein erzielte die NPD 0,7 Prozent, in Nordrhein-Westfalen 0,5 Prozent, in Niedersachsen 0,8 Prozent Landtagswahlen 2012/2013 - Stimmenanteil der NPD 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 25 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 und in Bayern 0,6 Prozent. In Bayern scheiterte die NPD sogar an den notwendigen Unterschriften, um flächendeckend anzutreten. Nur bei der Landtagswahl im Saarland, einem aufgrund der Größe für Wahlkampfkostenrückerstattung nicht so bedeutendem Bundesland, konnte sie mit 1,2 Prozent gerade noch den Anspruch sichern. Acht Jahre zuvor waren es noch 4 Prozent. Teilweise versuchte die Parteiführung, die mehr als enttäuschenden Ergebnisse mit angeblicher "staatlicher Diskriminierung" zu begründen. Etwas glimpflicher verlief für die NPD die Bundestagswahl 2013. Mit 1,3 Prozent der Zweitstimmen verlor sie gegenüber der Bundestagswahl 2009 knapp 0,2 Prozent. Für eine Wahlkampfkostenrückerstattung liegt hier die Mindestgrenze bei 0,5 Prozent. Die NPD verfügt damit über einen Anspruch, welcher insgesamt rund 1,9 Millionen Euro beträgt und über vier Jahre verteilt ausgezahlt wird. Und das, obwohl der Bundestagswahlkampf alles andere als erfolgversprechend für die Partei verlief. Im Zentrum stand der Wahlkampflaster "NPD-Flaggschiff", den sie auf "Deutschlandtour" schickte. Interessierte Bürger wurden kaum angelockt, dafür umso häufiger Gegendemonstranten. Denen standen selten mehr als zwei Dutzend Partei-Anhänger gegenüber. So auch am 20. September 2013 in Potsdam und Cottbus. Die ursprünglich für fünf Stunden angemeldete Kundgebung in Potsdam wurde auf eine Stunde verkürzt. Ein Grund dafür mögen die knapp 10 NPD-Anhänger gewesen sein, die sich den rund 150 Gegendemonstranten nicht gewachsen fühlten. In Cottbus konnte die NPD immerhin 20 Teilnehmer für eine gute Stunde mobilisieren. Inhaltlich rückte die NPD eine Hetzkampagne gegen Ausländer und Asylbewerber in den Vordergrund (siehe hierzu auch ausführlich Kapitel 2.9). Die Jugendorganisation der Partei startete eine Kampagne unter dem Motto "Kondome für Ausländer und ausgewählte Deutsche". In Berlin erhielten Bundestagskandidaten mit Migrationshintergrund NPD-Schreiben mit einem symbolischen Rückflugticket. Darin wurden sie zur freiwilligen Ausreise aufgefordert: " ... in keinem Fall sollen Sie in irgendeiner Sie persönlich benachteiligenden Form transportiert werden. Wir bevorzugen Ihre Übersiedelung durch Auswanderung". 26 Rechtsextremismus Zahlreiche NPD-Wahlplakate waren fremdenfeindlich motiviert: "Maria statt Scharia", "Guten Heimflug", "Masseneinwanderung stoppen" und "Geld für die Oma statt für Sinti & Roma". In Berlin steuerte die NPD zudem massiv die Kampagne einer "Bürgerinitiative Nein zum Heim!" in Marzahn/Hellersdorf. Kurz nach der Bundestagswahl wurde Berlins NPD-Chef Sebastian Schmidtke am 4. Dezember 2013 vom Amtsgericht Tiergarten zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sprach ihn der Volksverhetzung und Gewaltdarstellung schuldig. Außerdem habe Schmidtke gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen. In Schmidtkes Geschäft für Militaria in Berlin-Schöneweide hatte die Polizei einen Koffer mit Musik-CDs sichergestellt. Die Musiktexte hatten rechtsextremistische und rassistische Inhalte. Nach den Wahlniederlagen und noch vor Einreichung des aktuellen Verbotsantrags versuchte die Parteiführung verzweifelt, mit diversen Anträgen beim Bundesverfassungsgericht gegen angebliche "staatliche Diskriminierung" vorzugehen. So legte sie im November 2012 einen Antrag vor, um sich ihre Verfassungstreue bestätigen zu lassen. Den erklärte das Gericht im Februar 2013 für unzulässig. Daher wandte sich die Partei im September 2013 an den "Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte". In ihrer Opferrolle scheint sich die NPD wohlzufühlen. Seit dem 11. Februar 2014 befasst sich das Bundesverfassungsgericht auf Antrag von Udo Pastörs mit einem weiteren Verfahren. Pastörs will die Rechtmäßigkeit der letzten zwei Bundespräsidentenwahlen prüfen lassen. Er unterstellt unter anderem angebliche Verfahrensfehler. Die durchgehende Erfolglosigkeit von Apfels "Rechtskampf" hatte zunehmend seine innerparteilichen Gegner auf den Plan gerufen. Trotz zweimaligen Einzugs seiner sächsischen NPD in den Landtag galt er bis zu seinem plötzlichen und totalen Rückzug aus der Partei im Dezember 2013 als Kader ohne wirklich große Basishaftung. Dagegen kann Udo Pastörs eine solche Verankerung nicht abgesprochen werden. Der zweimalige Einzug der NPD in den Landtag Mecklenburg-Vorpommerns wird ihm persönlich zugerechnet. Apfel wurde auch von der Person innerparteilich erheblich unter Druck gesetzt, die er Ende 2011 in einer Kampfkandidatur zunächst aus dem Feld geschlagen glaubte: Udo Voigt. Dessen Anhänger, also Apfel-Gegner, gingen anschließend jedoch dazu über, zahlreiche "Freundeskreise Udo Voigt" zu gründen. Sogar eine eigene Website "wohin-deutscheRechte.de" 27 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 ging online, gestaltet vom langjährigen NPD-Funktionär Frank Rohleder. Dort trauerten die Voigt-Anhänger dem ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden nach, organisierten Veranstaltungen mit ihm und sägten am Vorsitz Apfels. Laut der Webseite existieren bereits 71 Freundeskreise. Angeblich sollen sie in Brandenburg unter anderem in Eisenhüttenstadt (LOS), Frankfurt (Oder) und Potsdam bestehen. Im Internet wird Udo Voigt von seinen Anhängern in Aufrufen als das "personifizierte Symbol jener Bestrebungen" gepriesen, das "die Zersplitterung der heimatliebenden und dem deutschen Volk verpflichteten Kräfte ... überwinden und ein Gegengewicht zu dem Kartell der Kollaborateure der Besatzungsmächte" schaffen kann. Unterzeichnet haben beispielsweise die bekannten Rechtsextremisten Uwe Meenen, Thorsten Heise und aus Brandenburg Dr. Kersten Radzimanowski. Um seinen Freundeskreisen weiteren Schwung zu geben, schrieb Voigt sogar das Buch "Der deutschen Zwietracht mitten ins Herz - Warum Deutschland und Europa nationale Politik benötigen", um damit lesereisend übers Land zu ziehen. Der brandenburgische NPDLandesvorsitzende Klaus Beier, dem eine Nähe zu Voigt nachgesagt wird, kündigte das Erscheinen des Buches auch auf der Facebook-Seite der Landespartei an. Vor seinem Rücktritt geriet Apfels Kessel der "seriösen Radikalität" demnach zunehmend unter Druck. Voigt hinterließ ihm eine bis ins Mark finanziell erschütterte Partei. Der Versuch, über Landtagswahlen die Kassen etwas zu füllen, scheiterte bis auf das Saarland vollständig. Auch bei der Bundestagswahl verlor die NPD Stimmen und damit Geld. Obendrein war die Bundestagsverwaltung 2013 dazu übergegangen, der NPD formal zustehende Gelder mit fälligen Strafgeldern zu verrechnen. Auch das ist ein Voigt-Erbe, an dem sich Apfel nur verheben konnte. Sein in jeder Hinsicht erfolgloser "Rechtskampf" vor deutschen Gerichten wirkte teilweise komisch bis verzweifelt, zumal viele Rechtsextremisten dem demokrati28 Rechtsextremismus schen Rechtsstaat sowieso ablehnend gegenüberstehen. Darüber hinaus interpretierten insbesondere neonationalsozialistisch ausgerichtete Teile der rechtsextremistischen Szene Apfels Kurs der "seriösen Radikalität" als Abgrenzung von Neonationalsozialisten. Diese waren in einem sich langsam entwickelnden etwa zehnjährigen Prozess noch unter Udo Voigt erfolgreich an die NPD heranund in die Partei eingeführt worden. Überdies ist mit der Gründung der Partei "Die Rechte" im rechtsextremistischen Lager eine wenn auch nur kleine Alternative zur NPD entstanden, die regional insbesondere Neonationalsozialisten anspricht. Und der Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD wurde vom Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Der Kessel zerbarst, als im Dezember 2013 ein Gerücht über Apfels sexuelle Orientierung in Umlauf kam.1 Offenbar war Apfel nicht bereit, alle Gerüchte hinzunehmen. Am 19. Dezember 2013 legte er den Posten des NPD-Bundesvorsitzenden und den des NPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag Sachsen nieder. Am 24. Dezember 2013 trat er aus der Partei aus. Sogar sein sächsisches Landtagsmandat gab er am 17. Januar 2014 zurück. Im rechtsextremistischen Lager löste Apfels Schritt eine Welle bösartiger Kommentare auf einschlägigen Internetseiten aus. Fürsprecher fanden sich kaum. Auf der besonders bei Neonationalsozialisten beliebten Seite Altermedia schreibt beispielsweise ein "Wolfdietrich" am 23. Dezember 2013: "Ich kenne diesen Mann weder aus eigenem Erleben noch aus persönlichem Umgang mit ihm und kann mir daher über ihn kein Urteil bilden. Für mich ist vielmehr etwas anderes wichtig: In seinem Standardwerk von 1912 'Deutsche Judennamen. Zusammengestellt nach Verzeichnissen jüdischer (Religions)-Behörden' führt Philipp Stauff auch den Familiennamen 'Apfel' auf, der also ein Ju- 1 Losgelöst vom Wahrheitsgehalt dieser und jener Gerüchte, welche von Kameraden über Kameraden in der Szene verbreitet werden, ist der Umstand homosexueller Neigungen im Rechtsextremismus grundsätzlich nichts wirklich Neues. Schon die "Sturmabteilung" (SA) der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) konnte hier mit und unter Ernst Röhm reichlich Erfahrung sammeln. Ebenso gab es um den 1991 verstorbenen Michael Kühnen in den 1980er Jahren eine entsprechende Debatte samt neonationalsozialistisch hergeleiteter Begründungen für homosexuelle Ausrichtungen und Tätigkeiten, was die Szene damals spaltete. Diese Debatte ebbte später bei seinem ehemaligen Gefolgsmann Thomas Brehl nicht unbedingt ab. Und der Regisseur Rosa von Praunheim konnte mit seiner Dokumentation "Männer, Helden, schwule Nazis" viel Licht in diese Lebenswelt des deutschen Rechtsextremismus bringen. 29 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 denname ist. Für mich war dieser Politiker daher von Anfang an verdächtig und ein Grund, die NPD nicht zu wählen. Wenn man also den Bock zum Gärtner macht, braucht man sich hernach nicht zu wundern, daß dieser alles, was man in jahrelanger mühevoller Arbeit angebaut hat, in kurzer Zeit vernichtet." Apfels Rücktritt ging ein wichtiges Ereignis unmittelbar voraus. Im Oktober 2013 wurde öffentlich bekannt, dass der Parteivorstand ein Ausschlussverfahren gegen den bekannten Neonationalsozialisten und stellvertretenden Hamburger NPD-Vorsitzenden Thomas Wulff beschlossen hat. Er soll fortwährend den Parteifrieden gestört haben. So hatte Wulff im April 2013 unter der Überschrift "NPD am Boden - eine Partei zerstört sich selbst" einen Brandbrief veröffentlicht. Darin wirft er dem Parteivorstand, insbesondere Holger Apfel, Udo Pastörs und Peter Marx, Versagen, Verrat sowie eine "asoziale" Selbstbedienungsmentalität vor: "Was mit der Wahl von Holger Apfels und seiner Mannschaft -inkl. sächsischem Weg der seriösen Peinlichkeitenzu befürchten stand, hat sich traurig bewahrheitet. Zur organisatorischen Verantwortungslosigkeit und der faktischen Aufkündigung des Volksfrontpaktes - u.a. durch die Widereinführung eines Unvereinbarkeitsbeschlusses - kommt noch der politische Verrat und die Provokation in die eigene Front hinein, die eine Zerrüttung der Geschlossenheit zur Folge haben musste." Gleichzeitig bekräftigt er seine neonationalsozialistische Gesinnung, indem er sein Idealbild eines Parteivorsitzenden beschwört: "Möge dieser Parteitag am Wochenende des 20.April dem einen oder anderen Delegierten blitzartig ins Gedächtnis rufen, wozu der größte Sohn unseres Volkes - auch ohne Anfangs große Mittel zur Verfügung gehabt zu haben - in der Lage war. Es gelang ihm, weil er, unter Einsatz seiner ganzen Person, vollkommen selbstlos handelnd, unbestechlich und zu jedem persönlichen Opfer bereit, die Verkörperung der Hoffnung von Millionen selbst wurde! - und diese nie verraten hat." Mit einem freiwilligen Austritt Wulffs ist nicht unbedingt zu rechnen. Somit droht - auch ohne Apfel an der Parteispitze - ein langwieriges Verfahren. Besonders in Hamburg kann Wulff innerhalb der NPD auf Unterstützung setzen. Als westdeutsches Neonazi-Urgestein in der Gewichtsklasse von Christian Worch (Vorsitzender der Partei "Die Rechte") hat er unter Udo 30 Rechtsextremismus Voigt in der NPD Karriere gemacht und genießt unter Neonationalsozialisten innerwie außerhalb der NPD hohes Ansehen. Ein möglicher, von der neuen Parteiführung weiter vorangetriebener Ausschluss würde die Szene sicherlich als Bestätigung des verhassten Apfel-Kurses verstehen. Für den neuen Mann an der Parteispitze, Udo Pastörs, ist der weitere Umgang mit Wulff somit eine schwer zu lösende Bürde. Schließlich steht Pastörs ebenso für die Einbindung von Neonationalsozialisten in die NPD. In Mecklenburg-Vorpommern hat er diese Politik selbst erfolgreich betrieben. Und Pastörs weiß, seine personell sehr schwach aufgestellte NPD ist auf Wahlkampfhilfe von eher parteifernen Neonationalsozialisten zwingend angewiesen. Es ist somit wahrscheinlich, dass Pastörs zur Festigung seiner Position versuchen könnte, das Ausschlussverfahren gegen Wulff unter bestimmten gesichtswahrenden Auflagen einzustellen. Ginge er diesen Weg, erhöhte er jedoch automatisch die Gefahr eines drohenden Parteiverbots. Somit könnte er in Versuchung geraten, das Ausschlussverfahren parallel zum Verbotsverfahren als innerparteilichen Burgfrieden schlicht in der Schwebe zu halten. Mit seinem geifernden Antisemitismus wird Pastörs zumindest Neonationalsozialisten begeistern können und die Partei radikaler als bisher ausrichten. Wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in Tateinheit mit Verleumdung wurde er bereits zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung rechtskräftig verurteilt. Doch damit hätte Pastörs die Partei noch lange nicht befriedet, finanziell konsolidiert und seine Position gefestigt. Er war aktiv daran beteiligt, dass Voigt von Apfel im November 2011 gestürzt wurde. Somit droht ihm dasselbe Ungemach, mit dem sich Apfel herumschlagen musste: Udo Voigt und seine Freundeskreise. Und tatsächlich hat Apfels Rücktritt deren Aktivitäten nicht zum Erliegen gebracht. Im Gegenteil. Auf seiner Internetseite platzierte Voigt kurz danach den Aufruf "Nur Einigkeit macht stark!". Ohne den Namen Apfel auch nur zu erwähnen, fordert er: "...wir sollten jetzt zusammenstehen, den Verbotsversuch abwehren und durch gemeinsames Handeln das kommende Jahr zu einem Jahr des nationalen Aufbruchs und Neuanfangs zu machen!" In der Folgezeit war die Seite zügig dazu übergegangen, einfach so wie bisher weiterzumachen, also Voigt beispielsweise als "Parteivorsitzenden der Herzen" zu verkünden. Solange es keine wirkliche Übereinkunft zwischen Pastörs und Voigt gibt, werden die Freundeskreise sicherlich keine Ruhe geben. Sein erstes Ziel, die NPD-Spitzenkandidatur bei der Europawahl, hat Voigt bereits erreicht. Am 18. Januar 2014 setzte er sich in einer 31 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kampfkandidatur gegen den neuen NPD-Vorsitzenden Pastörs durch und brachte diesem damit eine empfindliche Niederlage bei. Ob Voigt in den nächsten Monaten versuchen wird, Pastörs den Parteivorsitz streitig zu machen, ist offen, aber durchaus möglich. Den Freundeskreisen fiele hierfür eine wichtige innerparteiliche Bedeutung zu. NPD in Brandenburg Bis Ende der 1990er Jahre verfügte die NPD in Brandenburg über sehr wenige Mitglieder. Die waren meist älter und schon mangels Masse zu einer nennenswerten Parteiarbeit nicht fähig. Berührungspunkte zu neonationalsozialistischen Gruppen waren damals noch nicht so stark ausgeprägt wie heute. Die schwachen Mitgliederzahlen stiegen nach 1997 von damals 60 auf 200 im Jahr 1999 deutlich an. Vier Jahre später - nach einer Abspaltung samt erheblichen Mitgliederverlusten - wurde ein eigenständiger Landesverband für Brandenburg gegründet. Bis dahin gab es nur einen gemeinsam mit Berlin. Mit dem wiederholten Einzug der NPD in die Landesparlamente von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern stieg die Mitgliederzahl der NPD Brandenburg parallel an. 2010 erreichte sie mit 370 ihren bisherigen Höchststand. Seitdem geht es bergab. Aufgrund der Neupositionierung der Gesamtpartei vor rund zehn Jahren durch den damaligen Bundesvorsitzenden Voigt öffnete sich auch die NPD Brandenburg für Neonationalsozialisten. Neonationalsozialistische Kader verbotener Organisationen wie beispielsweise von der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP), der "Nationalistischen Front" (NF) sowie der "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) traten bei. Insbesondere Übertritte aus der damals von einem Verbot bedrohten Organisation "Die Nationalen" um den Neonationalsozialisten Frank Schwerdt brachten der NPD erhebliche Zuwächse. Der unter Voigt vollzogene Wechsel der NPD hin zur nationalsozialistischen "Dreisäulenstrategie" (siehe oben) konnte Neonationalsozialisten über viele Jahre bis heute an die Partei binden - auch in Brandenburg. Das Scheitern bei der Landtagswahl 2009 läutete den erneuten Niedergang der NPD Brandenburg ein. Zwar gibt es nach wie vor viele personelle wie organisatorische Schnittmengen zwischen NPD und Neonationalsozialisten, wie etwa in den NPD-Kreisverbänden Lausitz, Havel-Nuthe, Oberhavel und Dahmeland. Hier sehen Neonationalsozialisten in einer NPDoder JN-Mitgliedschaft die Chance, ihre ideologischen Aktivitäten unter dem Schutzschirm des Parteienprivilegs zu entfalten. Doch nicht alle neo32 Rechtsextremismus Strukturen der NPD Brandenburg 2013 4 NPD NPD KV Barnim-Uckermark NPD KV UM 6 KV Prignitz-Ruppin Oberhavel PR 5 OPR 2 1 BAR OHV 3 HVL NPD MOL NPD 7 8 KV Havel-Nuthe KV Märkisch-Oderland 9 15 NPD 10 11 16 KV Oderland 12 18 19 17 PM 13 NPD LOS KV Dahmeland LDS 14 TF 20 SPN OSL 21 22 Ortsbereiche, Ortsgruppen, 23 EE NPD Stadtverbände oder Stützpunkte KV Lausitz (Bezeichnungen werden von der NPD synonym gebraucht) 1 Neuruppin 13 Teltow-Fläming 2 Gransee 14 Schenkenländchen 3 Oranienburg 15 Strausberg 4 Prenzlau 16 Schöneiche 5 Joachimsthal 17 Scharmützelsee 6 Schwedt/Oder 18 Fürstenwalde 7 Bernau 19 Frankfurt (Oder) 8 Rathenow 20 Guben 9 Nauen 21 Cottbus 10 Brandenburg an der Havel 22 Calau 11 Potsdam 23 Herzberg 12 Königs Wusterhausen nationalsozialistischen "Freien Kräfte" sind zur Kooperation bereit. Manche lehnen Parteien schon deswegen ab, weil sie am politischen Betrieb teilnehmen und damit schon Bestandteil des verhassten "Systems" sind. Folgerichtig verweigert ein Teil der "Freien Kräfte" die Zusammenarbeit mit der NPD und hält ihr vor, "Systempartei" zu sein. Dieser Auffassung innerhalb 33 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 der "Freien Kräfte" folgte etwa die mittlerweile verbotene Gruppierung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg". Eine dritte Haltung ist insbesondere bei den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) zu beobachten. Sie nutzen die NPD als Vehikel zur Verfolgung eigener Ziele. Das größte Problem der NPD Brandenburg ist die generelle Schwäche des Landesverbandes und der damit verbundenen Vorstandsebene. Seit 2009 fanden nur wenige Veranstaltungen statt, für die tatsächlich der Landesvorstand Verantwortung trug. Der "Preußentag" war eine solche Ausnahme. Aber selbst der wurde 2013 abgesagt. Die wesentlichen Aktivitäten finden in den Kreisverbänden statt. Sie treten zum Teil selbstbewusst und tonangebend auf und rufen eigenverantwortlich Aktionen ins Leben. Erfolglos blieben die Bemühungen der NPD in Brandenburg, ihre Strukturen mit Blick auf die Landtagswahl 2014 auf kommunaler Ebene weiter auszubauen. Ihre kommunalen Mandatsträger sind bis auf wenige Ausnahmen nicht in der Lage, ihre Aufgaben mit der gebotenen Ernsthaftigkeit wahrzunehmen. Ebenso hakt es in der Parteiorganisation. In Brandenburg unterhält die NPD nur acht Kreisverbände: Barnim-Uckermark, Dahmeland, Havel-Nuthe, Lausitz, Märkisch-Oderland, Oberhavel und Oderland. Die Aktivitäten des Kreisverbandes Prignitz-Ruppin bestanden im Wesentlichen aus denen des Ortsverbandes Neuruppin. Hinzu kommen die vier "Stützpunkte" der JN (siehe Kapitel 2.2). In den Kreisverbänden und den Stützpunkten der JN hängen die Aktivitäten und die damit verbundene öffentliche Wahrnehmung jedoch nur an wenigen Handelnden. NPD-Landesvorsitzender ist seit 2004 Klaus Beier. Unter Udo Voigt war er bis 2011 Bundespressesprecher und damit viele Jahre hauptamtlicher Funktionär der Bundespartei. Mit dem damals neu gewählten Bundesvorsitzenden Apfel verlor Beier ab November 2011 deutlich an Einfluss. Seine Stellvertreter im Landesvorstand sind Thomas Salomon und Ronny Zasowk. Letzterer ist Vorsitzender des Kreisverbandes Lausitz. Er ist ein politisches Ziehkind Apfels und soll im Landesvorstand für die Landespolitik verantwortlich sein. Weitere Vorstandsmitglieder sind nach offiziellen Angaben: Manuela Kokott (Landesschatzmeisterin), Michel Müller (Landesorganisationsleiter), Lore Lierse (Koordination Kommunalpolitik), Aileen Rokohl (Landesgeschäftsführerin) sowie Florian Stein (Pressesprecher). Mit dieser Riege sind die Aktivposten der Brandenburger NPD zu mehr als 50 Prozent genannt. 34 Rechtsextremismus Die Mitgliederentwicklung des NPD-Landesverbandes Brandenburg ist wie seine Aktivitäten rückläufig und lag 2013 bei 290 Mitgliedern (2012: 320). Hier offenbart sich eine weitere wesentliche organisatorische Schwäche der Partei: Die mangelhafte Vorfeldrekrutierung. Außer den JN existiert in Brandenburg keine Möglichkeit des "Hineinwachsens" oder "Seiteneinstiegs" in die Partei, denn die NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) sowie die "Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV) spielen bis auf wenige Einzelpersonen schlicht keine Rolle. Mitgliederzahlen der NPD/J N in Brandenburg 400 370 350 350 320 320 300 300 290 250 250 225 230 200 200 180 150 130 100 50 60 20 0 1993 1997 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Während der NPD-Landesverband Brandenburg von der Mitgliederzahl her gesehen noch im Mittelfeld der ostdeutschen Landesverbände angesiedelt ist, gehört er in finanzieller Hinsicht eindeutig zu den schwächeren. Nur ein geringer Anteil der Mitglieder in Brandenburg entrichtet - wenn überhaupt - regelmäßig und in voller Höhe Mitgliedsbeiträge. Für das Land Brandenburg weist der am 22. Februar 2013 von der Bundestagsverwaltung veröffentlichte Rechenschaftsbericht Gesamteinnahmen von 88.785,02 Euro für das Jahr 2011 aus. Das sind noch einmal gut 5.000 Euro weniger als im Jahr zuvor. Der größte Teil der Einnahmen besteht aus staatlichen Mitteln und Spenden, insbesondere an die Kreisverbände. Jedoch waren die Spenden gegenüber den Vorjahren rückläufig. Demgegenüber stehen Ausgaben von 57.806,87 Euro jährlich. Ein hauptamtlicher Apparat ist so nicht finanzierbar. Trotz allem wurde deutlich mehr eingenommen als ausgegeben. Hielte so ein Trend über ein paar Jahre an, stünden für 2014 Wahlkampfmittel in nicht geringer Höhe zur Verfügung. 35 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Einen weiteren Beitrag zur Finanzierung leisteten in der Vergangenheit Parteiveranstaltungen mit Musik wie der jährliche "Preußentag", für den zuletzt immerhin 15 Euro Eintritt fällig waren. Diese fielen 2013 zusätzlich weg und damit auch Möglichkeiten, über solche Veranstaltungen neue Mitglieder zu gewinnen. Das gilt ebenso für Demonstrationen oder Kundgebungen. Hier traten 2013 fast nur noch die Kreisverbände in Erscheinung. Inhalte und Kommunikation Die NPD ist weiterhin um ein bürgernahes Image bemüht. In diesem Sinne versuchen die Kreisverbände, sich insbesondere im ländlichen Raum über soziale Themen als Sachwalter der Interessen der "kleinen Leute" auszugeben. In Brandenburg verfügt die Partei kaum über geeignetes Personal, um die Bevölkerung vor Ort davon zu überzeugen. Zwar wird oft anderes behauptet, doch tatsächlich bleiben die Mitglieder der Partei bei Veranstaltungen in der Regel unter sich. So zum Beispiel beim Sommerfest des Kreisverbandes Dahmeland am 27. Juli 2013 oder bei der "Interessentenveranstaltung" des Kreisverbandes Barnim/Uckermark am 29. November 2013. Auch Kranzniederlegungen zum Volkstrauertag dienen eher der internen Gemeinschaftspflege. Fast alle Kreisverbände führten 2013 anlässlich des Volkstrauertages solche Aktionen durch: Kreisverband Barnim/ Uckermark am 17. November in Prenzlau (UM), Kreisverband Dahmeland nach eigenen Angaben am 17. November in Halbe (LDS), Kreisverband Lausitz, Kreisverband Oderland nach eigenen Aussagen auf dem kleinen Soldatenfriedhof im Wäldchen am Rande von Fürstenwalde/Spree sowie an der Gedenkstätte des Speziallagers Nr. 5 Ketschendorf (beide LOS), Kreisverband Oberhavel am 16. November in Teschendorf (OHV). All diesen Aktionen ist gemeinsam, dass sie nachträglich auf der Internetoder Facebook-Seite der Kreisverbände erwähnt wurden, praktisch ohne Außenwirkung verliefen und meist nur Einzelpersonen teilnahmen. Die größte Veranstaltung führten am 8. November etwa 20 bis 30 JN-Anhänger in einem Waldstück zwischen Ferch und Neuseddin (beide PM) durch. Beim Eintreffen der Polizei ergriffen sie die Flucht (siehe auch Kapitel 2.2). 36 Rechtsextremismus Vermeintliche Bürgernähe versucht die NPD in Brandenburg fast ausschließlich über ihre Internetpräsenzen zu erzeugen. Sämtliche Kreisverbände, einige Ortsverbände, die Landespartei und die JN sind online. Oft überschneiden sich die Inhalte. Neben den regulären Homepages wird ebenso Facebook genutzt. Nur selten gelingt es der NPD, ihre virtuellen Scheinwelten mit tatsächlichen Aktionen zu verbinden. Wenn andere in Not sind und um ihre Existenz kämpfen, versucht die NPD, daraus propagandistisches Kapital zu schlagen. So berichtet der Kreisverband Havel-Nuthe beispielsweise im Juni 2013 auf seiner Internetseite stolz über einen Hilfseinsatz gegen die Elbeflut in Magdeburg (SachsenAnhalt) und Brandenburg: "Es sollte bekannt sein, daß die NPD keine 'Altherrenpartei' ist in der nur über Probleme gesprochen, aber nicht gehandelt wird. So beteiligten sich junge und ältere Aktivisten selbstverständlich an den Hilfsmaßnahmen." Hier wird das Argumentationsmuster der NPD offenkundig. Bürgernahe Themen werden mit rechtsextremistischen Inhalten vermischt und als nationales Pathos im Sinne der Volksgemeinschaft verkündet: "Wenn die Not am Größten ist, steht man zusammen wie eine Mauer, eine Mauer der Solidarität. Otto von Bismarck äußerte einmal über die Deutschen: 'Wenn die Deutschen zusammenhalten, dann treiben sie selbst den Teufel aus der Hölle.' Nichts anderes möchte man dieser Tage behaupten. ... Sicher hatte niemand im Voraus mit dieser hohen Anzahl deutscher Männer und Frauen gerechnet, die zu tausenden freiwillig ihre Arbeitskraft in den Dienst der Gemeinschaft stellten." Da stellt sich dem aufmerksamen Bürger natürlich die Frage, ob sich die angeblichen NPD-Helfer immer das Familienstammbuch haben zeigen lassen, um sicher zu gehen, wirklich nur "Volksgenossen" zur Hand zu gehen. Da es der NPD an eigenen Inhalten schwer mangelt, sucht sie in den regionalen Medien nach Ereignissen und Anlässen. Im August 2013 berichteten 37 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 lokale Medien über einen bekennenden Pädophilen. Der NPD Kreisverband Havel-Nuthe demonstrierte daraufhin in Brandenburg an der Havel unter dem Motto: "Kinder schützen - Familien stützen! Konsequent gegen Kindesmissbrauch". 40 Anhänger konnten mobilisiert werden. Fast ebenso viele Gegendemonstranten standen ihr gegenüber. Gab man sich für NPDVerhältnisse vor Ort noch recht moderat, schlug der JN-Funktionär Pierre Dornbrach im Internet harsche Töne an: "Hier sind Mörder, Kinderschänder und Psychopathen zu Hause. Das 'Recht' steht auf ihrer Seite, da sie für das System keine Gefahr sind. Sie sind nur eine Gefahr für Familien und Zukunft. Das sind bekanntlich nicht gerade die Säulen, auf denen dieses System baut. Daher benötigen diese Gestalten keine Familie. Hauptsache es gibt nützliche Idioten, die berechenbar sind und bei der nächsten Wahl ihr Kreuz an der 'richtigen' Stelle machen. Das ist das Demokratieverständnis dieser Kreaturen. Wen wundert es da noch, daß es immer mehr Menschen gibt, die sich von dieser Demokratie abwenden. Die Geschichte hat aber auch noch eine andere Seite. Der 45-jährige wurde von zwei Männern zu Hause aufgesucht. Diese haben ihm dann mal ihre Auffassung von Recht und Ordnung zu spüren gegeben. Und sind wir doch mal ehrlich! Wer bekommt da schon Mitleid? Es gibt nach wie vor nur eine Therapie für solche Leute und die hat 0% Rückfallquote! Wenn der Staat keine Gesetze schafft, mit denen unsere Kinder auch beschützt werden, braucht er sich auch nicht zu wundern, wenn Selbstjustiz geübt wird. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Gesetz und Recht sind dazu da, sie zu schützen. Tun sie das nicht, ist es Verrat am Volk und an unserer Zukunft. Sie zu verteidigen ist oberstes Gebot und Pflicht für einen freiheitlichen und Recht schaffenden Menschen. Daher unsere Forderung: Todesstrafe für Kinderschänder!" Einige Kreisverbände sind bemüht, unregelmäßig Publikationen zu verteilen. Dazu zählen unter anderem die "Barnimstimme", die "Uckermarkstimme" und die "Havellandstimme". Sie erscheinen ein bis zweimal im Jahr und sollen laut eigenen Angaben eine Auflage von rund 15.000 Exemplaren haben. Zur Bundestagswahl wurden zusätzlich Briefe an Brandenburger Haushalte verteilt. Bei allen findet sich das bekannte Argumentationsmuster: Bürgernahe Themen werden mit rechtsextremistischer Propaganda vermischt. Beispielsweise fand sich in der "Dahmelandstimme" der Beitrag "Die 'Demokraten' bringen uns den Volkstod". Mit Totenköpfen illus38 Rechtsextremismus triert wurde zunächst die verbotene "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" gewürdigt. Dann folgt: "Die JN setzt sich gemeinsam mit der NPD gegen diesen Zustand zur Wehr. Wir haben angefangen uns selbst zu organisieren und machen uns unabhän!gig von einem liberalkapitalistischen System der 'fortschrittlich'-demokratischen Gesellschaft. Wir wollen uns nicht mehr von einem schwulen (Sch)Westerwelle und einem gelb-gelben Rösler repräsentieren lassen. Wir wollen leben und dazu gilt es den herrschenden Zuständen den Kampf anzusagen! Ihr 'Demokraten' könnt uns mal - Die Jugend bleibt deutsch! Wenn auch Du Dich im Kampf gegen ein Ausbeuterregime engagieren möchtest, dann bist Du bei uns genau richtig". Die Außendarstellung der brandenburgischen NPD hat sich unter dem Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Lausitz, Ronny Zasowk, verändert. Jedoch fehlt es den meisten Parteigliederungen schlicht an Kompetenz, entsprechende Konzepte selbst umzusetzen. Zasowk trat 2006 in die NPD ein und ist seit 2007 NPD-Kreisvorsitzender. Seit 2008 sitzt er für die NPD in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung. Parallel dazu hat er Politikwissenschaft an der Universität Potsdam studiert. Sein studienbegleiten39 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 des Pflichtpraktikum absolvierte er in der NPD-Bundesgeschäftsstelle. Zasowk veröffentlicht regelmäßig Artikel in der Printund Onlineausgabe der Parteizeitung "Deutsche Stimme". Parallel dazu ist er zum stellvertretenden Landesvorsitzenden in Brandenburg aufgestiegen. Schließlich holte ihn der inzwischen zurückgetretene Vorsitzende der sächsischen NPDLandtagsfraktion, Holger Apfel, 2010 als Mitarbeiter nach Dresden. Seit November 2011 sitzt er im NPD-Bundesvorstand und leitet seitdem das "Amt Ronny Zasowk Bildung". Durch seine Tätigkeiten im Bundesvorstand und als Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion hat Zasowk Zugang zu zahlreichen Informationen und innerparteilichen Strukturen. Ebenso verfügt er über ein gewisses taktisches Themenverständnis. Als einer der wenigen wusste er früh, dies auch mit Aktionen zu verbinden. Diese Erfahrungen lässt er in seine Arbeit im Kreisverband Lausitz einfließen. Mit zahlreichen Mahnwachen in der Region will er mit der Partei Präsenz in der Fläche zeigen. In der Vergangenheit versuchte er häufig und auffallend früh, regionale Themen wie etwa den Braunkohleabbau in der Lausitz zu besetzen und sich in Bürgerinitiativen vor Ort einzubringen. Schon die Begrüßung auf der Internetseite seines NPD-Kreisverbandes unterstreicht dieses Politikverständnis. Da geht es etwa um Abwassergebühren in Cottbus, Überschuldung in Brandenburg, Schulschließungen, Inklusion und Niedriglöhne. Doch auch dahinter ist die klassische NPD-Propaganda verborgen. So ist letztendlich an allem immer der Einwanderer, das Ausland oder die Demokratie schuld: "Weil Milliardensummen in die EU und den Erhalt des EuroWährungssystems gepulvert werden, weil ganze Kommunen in Zwangshaftung für unzählige Asylbewerberheime genommen werden und die Einwanderung in den Sozialstaat dessen Erhalt letztlich in Frage stellt, fehlt das Geld für das eigene Volk. In diesem Zusammenhang zeigt sich wieder einmal, daß die alte NPD-Forderung, deutsches Geld für deutsche Aufgaben zu investieren, zeitgemäßer und richtiger denn je ist." Unter der Rubrik "Weltanschauung" wird dann auf der Internetseite des Kreisverbandes neonationalsozialistisch Klartext geredet. Unterschrieben von einem "Willi Wichtig" ist hier ein Artikel über die Grundanliegen 40 Rechtsextremismus des Kreisverbandes Lausitz eingestellt. Mit flammenden Worten wird für die ethnisch homogene Volksgemeinschaft und den Kampf gegen das System geworben: "Mit Arbeitslosigkeit, Finanzkrise, Inflation, Armut, Abtreibungsmord, Gesundheitsreform, Volkstod und der moralischen Verwahrlosung wird unser Volk seit über 60 Jahren konfrontiert. Diese Probleme umgeben uns Tag für Tag und bedrohen unsere Existenz bis aufs Äußerste. Eine Beseitigung oder Minderung ist nicht in Sicht, denn die asoziale und verantwortungslose Politik der Herrschenden verschlimmert die Lage unseres ausgebeuteten Volkes immer mehr. Eines muß unmißverständlich klargestellt werden: Eine Verbesserung all dieser maroden Zustände ist von Seiten des herrschenden Systems auch gar nicht erwünscht; alles wird daran gesetzt, daß alles so bleibt wie es ist. Dieser Vorgang verstärkt die Richtigkeit der Aussage, daß dieses System keine Fehler hat, sondern selbst der Fehler ist! (...) Wir als NPD und hier vor Ort der Kreisverband Lausitz sind die Stimme der Schweigenden und Unterdrückten und treten für ihr Recht ein! (...) Eine auf unserem deutschen Wesen basierende Sozialpolitik, die auf die nationalen Interessen und Eigenschaften unseres Volkes zugeschnitten ist, wird eine Wende auf politischer und kultureller Ebene einleiten, an deren Ende die Schaffung einer echten nationalen und sozialen Gemeinschaft steht. (...) Deshalb, liebe Volksgenossinnen und Volksgenossen, stehen Sie auf und arbeiten Sie gemeinsam mit uns für ein sozial gerechtes Leben in Freiheit! Der nationale Sozialismus schafft und fördert die Volksgemeinschaft als Fundament des Staates! Der Untergang der Besatzer-Republik ist nicht durch gute Worte und auch nicht mit Hilfe von Konjunkturpaketen aufzuhalten. Probleme und Krisen, welche die Herrschenden herauf beschworen haben, werden ihr eigenes politisches Grab sein. Dann liegt es an uns Deutschen, das Schicksal unseres Landes selbst in die Hand zu nehmen und dementsprechend zu handeln." 41 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2013 hat sich erneut gezeigt, dass es der NPD schon aufgrund personeller Schwächen im Flächenland Brandenburg nicht gelingt, als ernsthafte politische Alternative wahrgenommen zu werden. Tritt sie in kleinen Grüppchen vor Ort in Erscheinung, so ist ihre Außenwirkung nicht unbedingt vertrauenerweckend. Ihre Versuche, auf das politische Geschehen vor Ort Einfluss nehmen zu wollen, müssen schon deswegen scheitern, weil sie die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt. Diese Ablehnung ist offensichtlich und wird von den Menschen in Brandenburg durchschaut. Sie durchschauen ebenso die NPD-typischen eindimensionalen Erklärungsmuster für komplexe gesellschaftliche Problemlagen und ihre rassistischen Vorstellungen einer am "Dritten Reich" orientierten Volksgemeinschaft. Wo immer die NPD versucht, sich über regionale Themen die bürgerliche Maske aufzusetzen, fällt diese sogleich von ganz allein herunter. NPD im Bundestagswahlkampf In der NPD Brandenburg ist man sich durchaus über das weitgehende Scheitern des "Konzepts Bürgernähe" im Klaren. Von einem neuen Bundesvorsitzenden, dessen politischer Radius oft auf plumpen und aggressiven Antisemitismus beschränkt ist ("Judenrepublik", "Krummnase"), sind zwar Schenkelklopfer bei Neonationalsozialisten zu erwarten, nicht aber neue Impulse in Richtung Bürgernähe. Bereits im Bundestagswahlkampf 2013 fiel die NPD daher auf ihre "Kernkompetenz" zurück. Und die lautet Ausländerfeindlichkeit. Konsequent rückte sie Themen wie Asyl ins Zentrum ihrer Propaganda (siehe hierzu Kapitel 2.9). Trotz allem verlief der Bundestagswahlkampf der brandenburgischen NPD eher schleppend. Das zeigte schon ein Video, welches die Partei bei YouTube zum Wahlkampfauftakt einstellte. Aufgrund mangelnder personeller und materieller Ausstattung war der Bundestagswahlkampf sicher nicht mehr als ein kleiner Testlauf für die anstehenden Wahlen in 2014. Informationsstände, Mahnwachen, Flugblätter und Wahlplakate sollten eine breite Mobilisierungsfähigkeit der Partei vortäuschen. Das gelang in den einzelnen Kreisverbänden unterschiedlich. Aktiv hervor traten die Kreisverbände Barnim/Uckermark und Lausitz mit relativ regelmäßigen Infoständen beispielsweise in Prenzlau (UM), Schwedt/Oder (UM), Biesenthal (BAR), Cottbus, Großräschen (OSL), Lübbenau (OSL) und Vetschau (OSL). In anderen Kreisverbänden wie Märkisch-Oderland kam es zu keinen Veranstaltungen. Die Bundespartei 42 Rechtsextremismus schickte ihren Wahlkampflaster "NPD-Flaggschiff" auf "Deutschlandtour". Der machte am 20. September 2013 in Potsdam und Cottbus halt (siehe hierzu Kapitel 2.9). Neben der üblichen Hetze gegen Asylbewerber standen auch Forderungen nach Abschaffung des Euro im Mittelpunkt. Laut seiner Internetseite verteilte der NPD-Kreisverband Dahmeland in den letzten Tagen vor der Wahl insbesondere im Raum Zossen, Wünsdorf und Baruth (alle drei TF) Flugblätter. Auf der Homepage stand dazu: "Allein letztes Jahr überwies die Bundesrepublik Deutschland wahnsinnige 9 Milliarden Euro (!) an den EU-Haushalt. Damit ist Deutschland der Zahlmeister Europas. Keines der 27 Mitgliedssaaten hat soviel Steuergelder für die verquere Politik der EU-Versager aufgebracht. Das sind Steuergelder, mit denen man eine gesunde und anständige Kinderund Familienpolitik betreiben könnte. Arbeitsplätze, Perspektiven und Werte werden in Deutschland immer mehr zur Mangelware, während Staaten wie Griechenland, Polen und Zypern mit dem Geld versorgt werden, daß man uns aus der Tasche zieht. Es gibt eine Alternative zu diesem desolaten Zustand. Die NPD sowie alle volkstreuen Deutschen stellen sich gegen die Arbeiterverräter von Linke, SPD, Grünen, FDP und CDU. Das BRD Regime und die dunkelrote Politik der Postkommunisten mit Dietmar Woidke an der Spitze machen sich strafbar, daß deutsche Volk auszubeuten und die Wähler hinters Licht zu führen. Es muß Schluß sein, mit den leeren Versprechungen und einer Versagerpolitik, die ihres Gleichen sucht auf dieser Welt." Das Verteilen von Flugblättern und Plakaten scheint insbesondere dem JN-Funktionär Pierre Dornbrach aus Märkisch Buchholz (LDS) nicht mehr zu reichen. Er wünscht sich einen kämpferischeren Auftritt der Partei. Auf der JN-Homepage veröffentlichte er im August 2013 folgenden Aufruf: "Es ist sinnvoller die Veranstaltungen unserer Bundesmarionetten zu besuchen, dort das Wort zu ergreifen, sie zu stören, unsere 43 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Flugblätter dort zu verteilen, sie lächerlich zu machen und ihnen das Fürchten zu lehren, als Dorf für Dorf oder Stadt für Stadt die Briefkästen zu füllen. Ich will damit nicht sagen, dass es vergebens wäre lediglich Flugis zu verteilen. Dennoch ist Angriff immer die beste Verteidigung. Um unsere Identität zu schützen müssen wir kaputt machen, was uns kaputt macht. Was wollen sie denn ausrichten, wenn wir ihre Bürgerdialoge und Volksversammlungen besuchen? Sie laden schließlich alle Bürger ein. Damit sollten auch wir uns angesprochen fühlen. Dabei müssen wir nur auf die Wahrheit aufmerksam machen. Sie müssen sich fürchten das Volk zu ihren Versammlungen einzuladen, vor Angst, dass wir auftauchen und sie bloßstellen. Ihre Knochen müssen zittern, wenn sie unseren Namen hören oder uns bereits von weiten sehen. Wir müssen aus unserer Verteidigungsecke raus und sie in die Ecke drängen. Sie sollen wanken und wir werden stoßen. Sie sollen bangen und wir werden nehmen, was uns gehört". Am 4. September 2013 schritten Mitglieder des JN-Stützpunktes Schenkenländchen (LDS) entsprechend zur Tat. Sie versuchten in Halbe (LDS) eine Veranstaltung der Partei DIE LINKE im Sinne der Wortergreifungsstrategie zu sprengen. Am 8. September führten das auch NPD-Mitglieder des Kreisverbandes Barnim/Uckermark im Schilde. Wieder war DIE LINKE das Opfer. Die Polizei sprach daraufhin Platzverweise aus. Das Wahlergebnis dürfte die NPD Brandenburg trotz anderer Behauptungen nicht wirklich zufriedengestellt haben. Ihr Hauptziel ist seit Jahren der Einzug in den Landtag Brandenburg und 2014 ist wieder Landtagswahl. Bei der Bundestagswahl 2013 erzielte die NPD in Brandenburg 2,6 Prozent der Zweitstimmen. Damit konnte sie zwar ihr prozentuales Ergebnis von 2009 halten und liegt sogar über dem Bundesdurchschnitt (1,3 Prozent). Aber sie ist von der Fünfprozenthürde weit entfernt, welche übersprungen werden muss, um in den Landtag einzuziehen. Somit scheint die Partei in Brandenburg zwar über eine stabile, jedoch viel zu kleine und nicht weiter ausbaufähige Wählerbasis zu verfügen. Ihre Wähler finden sich kaum in den größeren Städten. In Potsdam erreichte sie mit 1,0 Prozent ihr landesweit schlechtestes Ergebnis. Und im Norden musste die NPD trotz ihres dort vergleichsweise aktiveren Wahlkampfes sogar Verluste hinnehmen. Denn in der Uckermark sank sie von 3,3 Prozent (2009) auf 2,7 Prozent. Zulegen konnte sie im Süden in den Landkreisen Elbe-Elster, 44 Rechtsextremismus Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße. Auffällig ist, dass die Erststimmenergebnisse der Partei überall höher liegen als ihr Zweitstimmenanteil. Es muss davon ausgegangen werden, dass die NPD Brandenburg insbesondere im Landtagswahlkampf 2014 alle Aktivitäten deutlich erhöhen wird. Dazu zählen Aktionen im Sinne der Wortergreifungsstrategie, Demonstrationen, Internetauftritte, Infostände, Materialverteilungen und vieles mehr. Hierbei wird sie gerade das Thema Asyl massiv in den Vordergrund rücken. Ihre Wahlkampffähigkeit ist jedoch abhängig von externer Unterstützung. Das gilt sowohl für das Personal anderer Landesverbände als auch für parteiferne Neonationalsozialisten. Da am 14. September 2014 in Thüringen parallel eine Landtagswahl stattfindet, fällt Unterstützung von dort praktisch aus. Ebenso werden potenzielle externe Wahlkampfunterstützer dort helfen und für Brandenburg daher nicht zur Verfügung stehen. Inwieweit aus Sachsen noch mit Unterstützung gerechnet werden kann, ist ebenfalls offen, da dort kurz zuvor der Landtag gewählt wird. Andererseits verfügt NPD-Funktionär Zasowk über sehr gute Kontakte in die sächsische NPD, die er entsprechend zu nutzen versuchen könnte. Als die NPD 2009 zur Landtagswahl in Brandenburg antrat, hatte sie im rechtsextremistischen Lager noch die "Deutsche Volksunion" (DVU) als Konkurrentin. 2014 ist mit einer vergleichbaren Konkurrenz nicht zu rechnen. Zurzeit ist unklar, ob die Kleinstpartei "Die Rechte" zumindest auf dem Wahlzettel erscheint und der NPD Stimmen wegnehmen könnte. In Brandenburg gibt es jedoch Hinweise darauf, dass "Die Rechte" zunächst nicht gegen die NPD antreten will, dafür aber Listenplätze bei der NPD erhält. Zu erwarten ist, dass die NPD bei der Landtagswahl Erstund Jungwähler ins Blickfeld nimmt. Hierbei ist zu berücksichtigen: das Wahlalter ist erstmalig auf 16 gesenkt worden. Bei den Kommunalwahlen am 25. Mai 2014 wird die Partei bemüht sein, ihr Ergebnis von 2008 zumindest zu halten, um ihre kommunale Basis nicht völlig zu verlieren. Ende 2013 verfügte die Partei über 26 kommunale Mandate, zwei weniger als 2012. 45 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kommunale NPD-Mandate Dezember 2013 1 1 UM A PR OPR OHV BAR 2 1 B HVL J C D MOL 2 2 E F LOS PM TF 3 G LDS H 1 I SPN OSL 2 EE 2 NPD-Mandate in Kreistagen und kreisfreien Städten NPD-Mandate in Kreistagen und kreisfreien Städten (16) Mandatsträger ist aus der NPD ausgetreten - agiert aber weiterhin im Sinne der NPD (1) NPD-Mandate in Gemeindevertretungen (10) A 1 x Fürstenberg/Havel (OHV) F 1 x Königs Wusterhausen (LDS) B 2 x Oranienburg (OHV) G 1 x Luckenwalde (TF) C 1 x Nauen (HVL) H 1 x Jüterbog (TF) D 1 x Mühlenbecker Land (OHV) I 1 x Guben (SPN) E 1 x Ludwigsfelde (TF) J 1 x Biesenthal (BAR): Mandatsträger ist aus der NPD ausgetreten - ist inaktiv 46 Rechtsextremismus NPD-Kreisverbände Lausitz Hinsichtlich seiner Aktivitäten und Mitgliederzahl kann der von Ronny Zasowk geführte Kreisverband Lausitz als aktivster in Brandenburg betrachtet werden. Er zählt rund 65 Mitglieder und musste damit gegenüber 2012 leichte Verluste hinnehmen. Geografisch werden Cottbus sowie die Landkreise Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster abgedeckt. Vier NPD-Ortsbereiche bestehen: Cottbus, Guben (SPN), Herzberg (EE) und Calau (OSL). Bisher gelang es nicht, weitere Ortsbereiche zu gründen. Der Kreisverband führt häufig öffentliche Veranstaltungen wie Mahnwachen und Infostände durch. 2013 fanden mehr als 20 solcher Aktionen statt, bei denen sich die NPD unter anderem als "Anti-Euro-Partei" positionieren wollte. In der zweiten Jahreshälfte rückte das Thema Asyl zunehmend in den Vordergrund. Selten nehmen mehr als fünf Personen an diesen Veranstaltungen teil. Das Interesse der Öffentlichkeit blieb auch 2013 gering. Jährlich kommt ein "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung von Cottbus im Zweiten Weltkrieg hinzu. Am 15. Februar 2013 nahmen daran etwa 180 Personen teil. Allerdings standen ihnen rund 1.000 Gegendemonstranten gegenüber und verhinderten den planmäßigen Ablauf der NPD-Demonstration. Am "Sozialen Tag der NPD", eine vom NPD-Bundesverband 2013 erstmalig ausgerufene Veranstaltung, nahm der Kreisverband nach eigener Aussage am 23. März teil. Auf der Homepage wurde dazu mitgeteilt: "Zeitnah zum alljährlichen Heldengedenken war es den Aktivisten, Mitgliedern und Sympathisanten der NPD ein Herzensanliegen, nicht nur symbolisch, sondern aktiv etwas für die Veränderung der Erinnerungskultur in unserem Land zu tun." Damit bezog man sich ganz offensichtlich auf den "Heldengedenktag" im "Dritten Reich". Unter Hitler wurde er ab 1939 am 16. März beziehungsweise am letzten Sonntag davor begangen. Am 11. Mai 2013 organisierte der Kreisverband laut eigener Internetseite ein "nationales Fußballturnier" mit 47 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 50 Teilnehmern, darunter Mitglieder der JN sowie "Freie Kräfte" aus der Region Südbrandenburg. Dieses Turnier will man als festen Termin etablieren. Seit Oktober 2013 laufen die Vorbereitungen für die Kommunalwahl 2014. Oderland Dieser Kreisverband zählte in der Vergangenheit zu den aktiveren in Brandenburg. Geografisch umfasst er die Stadt Frankfurt (Oder) und den Landkreis Oder-Spree. 2013 waren die Aktivitäten erneut rückläufig. Am spektakulärsten dürfte eine Aktion gegen die Entsendung von 75 Soldaten aus dem Storkower (LOS) Führungsunterstützungsbatallion 381 nach Afghanistan am 21. Februar 2013 gewesen sein. Die NPD ist gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Allerdings nicht, weil sie grundsätzlich pazifistisch eingestellt wäre. Sondern weil nach Auffassung der NPD dort keine deutschen Interessen vertreten werden. Trotzdem versucht sich die Partei als Friedenspartei zu präsentieren. Der NPD-Kreisverbandsvorsitzende Klaus Beier, der auch Landesvorsitzender der Partei ist, versucht ähnlich wie Zasowk, die NPD mit solchen Themen neu zu positionieren. So war der Kreisverband unter anderem bemüht, sich Themen wie dem Winterdienst auf märkischen Autobahnen und der Umweltbelastung durch Plastiktüten zu widmen. Doch der Kreisverband Oderland versteht es ebenso, weiche Themen mit rechtsextremistischer Symbolik aufzuladen. So wurde die Protestaktion gegen den Afghanistan-Einsatz von der berühmten "Esel-Aktion" begleitet. Die entstand ursprünglich im Kreis um den verstorbenen Neonationalsozialisten Michael Kühnen und lautete im Original: "Ich Esel glaube, dass in Deutschland Juden vergast worden sind!" Am 3. August 2013 führte der Kreisverband zwei Kundgebungen durch. Betroffen waren ein Wohnheim für Asylbewerber in Fürstenwalde/Spree und die "Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg" in Eisenhüttenstadt (beide LOS). Das Motto lautete "Einmal Deutschland und zurück - Asyl ist kein Selbstbedienungsladen!" Die Veranstaltung in Eisen48 Rechtsextremismus hüttenstadt wurde wegen des unfriedlichen Verlaufs von der Polizei aufgelöst (siehe auch Kapitel 2.9). Daneben kam es zu diversen Flugblattverteilaktionen. Am 28. Januar 2013 wurden vor zwei Schulen in Fürstenwalde/Spree Schulhof-CDs der NPD verteilt. Innerhalb des Kreisverbandes zeigt der Ortsverband Schöneiche (LOS) Aktivitäten, wobei diese ebenfalls rückläufig sind. Sie zogen wieder an, als bekannt wurde, dass die örtliche Kirche der Gemeinde ein Gebäude als Asylbewerberunterkunft zur Verfügung stellen wollte. Dahmeland Der Kreisverband umfasst die Landkreise Dahme-Spree und Teltow-Fläming. Seinen Sitz hat er in Märkisch Buchholz (LDS). 2012 war er vor allem durch die Versuche der NPD in die Schlagzeilen geraten, die Immobilie des Kreisvorsitzenden Haverlandt zur Parteiimmobilie oder zu einem "nationalen Schulungsund Jugendzentrum" auszubauen. Die NPD sprach im typischen Parteijargon von einem "nationalen Vereinshaus", an dem man "Hand in Hand fürs Vaterland" baue. Der enorme zivilgesellschaftliche Widerstand verhinderte die von der Partei angestrebte Verankerung. Haverlandt trat frustriert als Kreisvorsitzender zurück. Danach zeigte sich der Kreisverband orientierungsund führungslos. Mit der im März 2013 neu gewählten Kreisvorsitzenden Stella Hähnel verfügt er nun über eine langjährige und erfahrene Aktivistin. Sie stammt aus Berlin und engagiert sich seit ihrer Jugend in der rechtsextremistischen Szene. Sie war unter anderem Mitglied in der "Gemeinschaft deutscher Frauen" (GDF) und hat die NPD-Organisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) mitgegründet. Außerdem war sie Mitglied in der verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ). Stella Hähnel wird sicherlich bemüht sein, den Kreisverband mit seinen etwa 30 Mitgliedern zu reaktivieren. Die Immobilie in Märkisch-Buchholz (LDS) bleibt ein Ausgangspunkt von Aktivitäten. Hier treffen sich neben der NPD auch die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) des Stützpunktes Schenkenländchen. Seine Führungsfigur ist der JN-Bundesschulungsleiter Pierre Dornbrach. Er drückt auch dem NPD-Kreisver49 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 band zusehends seinen Stempel auf. Die NPD-Proteste gegen das geplante Asylbewerberheim in Bestensee, Ortsteil Pätz (LDS) werden gemeinsam von Dornbrach, Hähnel und dem NPD-Kreistagsmitglied Frank Knuffke organisiert (siehe Kapitel 2.9). Ein Sommerfest fand am 27. Juli 2013 statt. Havel-Nuthe Zum Kreisverband zählen die Landkreise Havelland, Potsdam-Mittelmark sowie die kreisfreien Städte Potsdam und Brandenburg an der Havel. Mit "Freien Kräften" wird rege zusammengearbeitet. Langjähriger Vorsitzender ist Michel Müller. Er wurde im Januar 2013 zum wiederholten Mal zum Vorsitzenden gewählt. Müller entstammt der neonationalsozialistischen "Kameradschaft Hauptvolk", die bereits im Jahr 2005 vom Innenminister des Landes Brandenburg verboten wurde. Er ist ein verurteilter Gewaltstraftäter. Der Kreisverband verfügt über zwei relativ aktive Ortsbereiche in Rathenow und Nauen (beide HVL). Die ehemaligen Ortsbereiche Brandenburg und Potsdam sind seit etwa zwei Jahren weitestgehend inaktiv. In Rathenow finden regelmäßig Stammtische statt. Verbindendes Element zwischen den Ortsbereichen war ein Sommerfest des Kreisverbandes am 4. Juli mit "120 zahlenden Teilnehmern". Wie oben bereits erwähnt, wurde am 10. August eine Mahnwache unter dem Motto: "Kinder schützen - Familien stützen! Konsequent gegen Kindesmissbrauch!" in Brandenburg an der Havel durchgeführt. Der Kreisverband Havel-Nuthe hat auch die Protestkundgebungen gegen die geplanten Asylbewerberunterkünfte am 23. November 2013 in Bad Belzig (PM) und am 7. September 2013 in Rathenow (HVL) und Premnitz (HVL) organisiert (siehe auch Kapitel 2.9). Die sexuelle Belästigung einer 16-Jährigen nahm der Kreisverband am 28. März 2013 zum Anlass, eine Wandermahnwache in Bad Belzig, Niemegk und Beelitz (alle drei PM) durchzuführen. Als Verbandszeitung erschien eine Ausgabe der "Havellandstimme". Oberhavel Am 3. März 2013 wurde Burkhard Sahner zum neuen Vorsitzenden des Kreisverbandes Oberhavel gewählt. Der bisherige Vorsitzende Thomas Salomon hatte angekündigt, den Vorsitz niederlegen zu wollen. Nach ei50 Rechtsextremismus genen Angaben wolle er sich stärker seinen Aufgaben als stellvertretender Landesvorsitzender und der politischen Bildungsarbeit des Bundesverbandes widmen. Ebenfalls zogen sich zwei weitere langjährige Vorstandsmitglieder, Detlef Appel und Lore Lierse, zurück. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie sich weiter für die Partei engagieren. Sahner war bereits vorher Mitglied im Kreisvorstand und dort für den Bereich Organisation verantwortlich. Durch die neuen Mitglieder soll der Altersdurchschnitt im Vorstand von 55 auf 35 Jahren gesunken sein. Aktionen waren in der Vergangenheit selten, regelmäßig trafen sich aber NPD-Anhänger zu geschlossenen Vortragsveranstaltungen, an denen im Schnitt etwa 50 Personen teilnahmen. Revisionistische Themen spielen im Kreisverband eine große Rolle. So monierte der alte Kreisvorsitzende Salomon auf einer Vortragsveranstaltung im August, die Deutschen seien "auch 67 Jahre nach Kriegsende nicht souverän". Die Sprengung einer amerikanischen Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg kommentierte der Kreisverband auf Facebook wie folgt: "Traurig ist allerdings die Tatsache, dass unsere schöne Kreisstadt Oranienburg unter den Altlasten des angloamerikanischen Bomben-Holocaust noch immer zu leiden hat. Ein Kriegsverbrechen an der Zivilgesellschaft das bis zum heutigen Tag noch nicht verurteilt wurde und für das noch heutige Generationen kräftig zahlen müssen. Ein Irrsinn dieser Zeit ist auch, dass man diesen Holocaust am deutschen Volk nicht beim Nahmen nennt und im Umkehrschluss uns noch heute dafür in Eigenverantwortung schuldig spricht." Ähnliche Töne schlug man beim in Hennigsdorf (OHV) geborenen Kriegsverbrecher Erich Priebke an, der im Oktober 2013 in Italien verstarb und dort beerdigt wurde. Zuvor wurden Befürchtungen laut, im Falle einer Beerdigung in Hennigsdorf könnte sich sein Grab zu einer Wallfahrtsstätte für Ewiggestrige entwickeln. Der NPD-Kreisverband schrieb dazu auf seiner Internetseite: "Als Erich Priebke in seinem italienischen Zwangsdomizil am 11. Okt. 2013 im Alter von 100 Jahren verstarb, war bereits zu befürchten, dass seine Beerdigung zu einem unwürdigen Gezerre führen würde, denn der Soldat Priebke hat es bis zu seinem Tode abgelehnt, dass ihm aufgeklebte Etikett 'Kriegsverbrecher' zu akzeptieren. Damit fiel er in einem Land der erfolgreich Umerzogenen nicht nur in Ungnade, sondern wurde nach dem um ihn ver51 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 anstalteten Schauprozeß in Italien zur Haßfigur, deren Verfolgung auch nach dem Tode anhält." Udo Pastörs, NPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag Mecklenburg-Vorpommern und jetziger Parteivorsitzende, hielt am 15. November 2013 in Oranienburg (OHV) einen Vortrag über "Verknechtung der Völker durch das Geld". Da die JN in Oranienburg über einen aktiven Stützpunkt verfügen, bleibt abzuwarten, ob sich der verjüngte Kreisverband in Zukunft radikalisiert und entsprechende Aktivitäten entfaltet. Die von der NPD angetriebene Kampagne "Nein zum Heim in Gransee" weist in diese Richtung (siehe auch Kapitel 2.9). Märkisch-Oderland Dieser Kreisverband zählt nach wie vor zu den schwächeren innerhalb des Landesverbandes. Außer einer Verteilaktion der "Oderlandstimme" wurden 2013 keine nennenswerten Aktionen bekannt. Barnim-Uckermark Am 24. März 2013 wurde Aileen Rokohl aus Bernau (BAR) zur neuen Vorsitzenden des Kreisverbandes Barnim/Uckermark gewählt. Nach wie vor besteht ein gemeinsamer NPD-Kreisverband für beide Landkreise. Der Schwerpunkt liegt im Landkreis Barnim. Dort verfügt die NPD über einen Ortsbereich in Joachimsthal und einen Stützpunkt in Bernau (beide BAR). In der Uckermark existieren zwei Ortsverbände in Prenzlau und in Schwedt/ Oder (beide UM). Beide sind kaum aktiv, verfügen jedoch über eigene Internetseiten, welche sich praktisch mit der des Kreisverbandes überschneiden. Als Publikationen erscheinen in Form von Flugblättern die "Barnimstimme" und die "Uckermarkstimme". Etwa 20 Informationsveranstaltungen, Kundgebungen, Mahnwachen und ähnliches hat der Kreisverband 2013 abgehalten. Dazu kommen noch Stammtische, Interessentenveranstaltungen und Flugblattverteilaktionen. Am 13. und 27. November 2013 demonstrierte der Kreisverband mit Unterstützung von Berliner NPD-Anhängern und "Freien Kräften" gegen eine geplante Asylunterkunft in Zepernick (BAR). 52 Rechtsextremismus Trotz dieser vermeintlichen Präsenz erntet der Kreisverband vor Ort kaum Zustimmung. Die NPD-Anhänger bleiben unter sich. Falls es nicht gelingt, Unterstützung beispielsweise von "Freien Kräften" zu gewinnen, sind selten mehr als 10 bis 15 Personen an den Aktivitäten beteiligt. Das hindert die Kreisvorsitzende nicht daran, sich an der Wortergreifungsstrategie zu erproben. Oben bereits erwähnt, störten am 8. September 2013 vier Personen, darunter Rokohl, ein Fest der Partei DIE LINKE in Bernau (BAR). Am 9. Dezember 2013 beteiligte sich Aileen Rokohl nach eigenen Angaben an einer Bürgerversammlung zum geplanten Asylbewerberheim in Zepernick (BAR). Die Artikel auf der Internetseite des Kreisverbandes versuchen sich wie die Kreisverbände Oderland und Lausitz am Konzept der Bürgernähe. Bürgerentscheide, die Abwahl des Bernauer (BAR) Bürgermeisters, der Neubau des Schwedter (UM) Rathauses werden aufgegriffen. Viel mehr als andere ist der Kreisverband Barnim/Uckermark jedoch auf Angriffe gegen die Asylpolitik und Asylbewerber fixiert. Asylsuchende werden von der Kreisvorsitzenden in fast jedem Artikel als Schmarotzer und Wirtschaftsflüchtlinge diffamiert. Auffällig ist das "Networking" des Ehepaares Rokohl. Beide laden regelmäßig Gäste aus anderen Kreisverbänden zu ihren Veranstaltungen ein. Unter anderem waren am 18. Mai 2013 auf einer Kundgebungsfahrt gegen das Asylbewerberheim in Wandlitz und Bernau (beide BAR) die Berliner NPD-Funktionärin Maria Fank und Ronny Zasowk anwesend. Pierre Dornbrach hielt am 2. August 2013 beim monatlichen Stammtisch des Kreisverbandes einen Vortrag zu den JN. An der "Asyltour" des Kreisverbandes Oderland in Fürstenwalde/Spree und Eisenhüttenstadt (beide LOS) war der Kreisverband nach eigenen Angaben ebenfalls beteiligt. Laut Internet war Aileen Rokohl am 10. August 2013 auch Rednerin auf einer Mahnwache des Kreisverbandes Havel-Nuthe in Brandenburg an der Havel. Und am 23. November 2013 nahm sie an der Kundgebung gegen das geplante Asylbewerberheim in Bad Belzig (PM) teil. Zwischen NPD und "Freien Kräften" gibt es in der Region keine Berührungsscheu. "Freie Kräfte" in Prenzlau (UM) beteiligten sich an Verteilaktionen der NPD-Regionalzeitung "Uckermarkstimme" im Juni 2013. Im Oktober 2013 feierten "Freie Kräfte" und der NPD-Ortsbereich Schwedt/Oder (UM) gemeinsam dessen zweijähriges Bestehen. Bei den "Freien Kräften" bedankte sich die NPD im Internet für die Unterstützung bei gemeinsamen Aktionen. Kreisverband Prignitz-Ruppin Der Kreisverband umfasst die Landkreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin. In der Prignitz entfaltet er kaum Aktivitäten. Die einzige relevante Gruppie53 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 rung des Kreisverbandes ist der im August 2011 gegründete Stadtverband Neuruppin (OPR) mit etwa 10 Mitgliedern. Der ehemalige Vorsitzende, ein als gewaltbereit bekannter Rechtsextremist, nimmt für sich in Anspruch, den NPD-Bundesparteitag am 12. November 2011 mit nahezu 250 Teilnehmern nach Neuruppin geholt zu haben. Der derzeitige Vorsitzende, Dave Trick, ist ein führender Angehöriger der "Freien Kräfte Neuruppin". Am 1. Mai 2013 trafen sich "Nationalisten" auf dem Neuruppiner See zu einer Bootsfahrt und enthüllten auf ihren Booten zwei Transparente mit NPDLogo und den Aufschriften: "Zukunft statt Hartz IV - Wir wollen leben!" sowie "Schluss mit der Ausbeutung, ehrlicher Lohn für ehrliche Arbeit!" Eine ähnliche Aktion hatte die Partei bereits am 26. Mai 2012 durchgeführt. Die letzte öffentlichkeitswirksame Aktion fand am 11. Mai 2013 statt. Die NPD führte in Perleberg (PR), Kyritz und Neuruppin (beide OPR) eine "Wanderkundgebung" unter dem Motto: "Einmal Deutschland und zurück - Asyl ist kein Selbstbedienungsladen!" durch. Maßgebliche Unterstützung erhielt der Kreisverband dabei vom NPD-Kreisverband Havel-Nuthe und dessen Vorsitzenden. 54 Rechtsextremismus 2.2 NPD-Jugend: NS-Aktivismus mit wenigen Aktivisten Die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) bestehen seit 1969 als offizielle Jugendorganisation der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). Mit ihrem "Nachwuchskader" verfügt die NPD als einzige rechtsextremistische Partei über eine Jugendorganisation. Sie gliedert sich in einen Bundesverband, mehrere Landesverbände und regionale Stützpunkte. Nicht in allen Bundesländern sind die JN präsent. Gegenwärtig liegt ihr Schwerpunkt vor allem im Südosten und Südwesten Deutschlands. Der Norden ist von wenigen Ausnahmen abgesehen kaum von Bedeutung. Bundesweit stagniert die Mitgliederzahl und lag 2012 erneut bei 350. Laut NPD-Satzung ist die Organisation "integraler Bestandteil" der Partei. Zudem entscheidet der NPD-Vorstand über "Neufassungen und Änderungen des JN-Status". Mitglied kann werden, wer das 16. Lebensjahr vollendet hat. Obgleich die JN organisatorisch in ihre Mutterpartei eingebunden sind, bemühen sie sich unverändert um Abgrenzung und Profilschärfung. Ihren Tätigkeitsschwerpunkt sehen die JN weniger im politischen Raum, sondern vielmehr im "vorpolitischen Raum". In einem 2010 veröffentlichten Strategiepapier zum gleichnamigen Thema setzen sie sich die Aufgabe, die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland langfristig durch eine antidemokratisch-nationalistische Weltanschauung zu ersetzen: "Geistige Produkte dessen, wie die 'demokratische Zivilgesellschaft' oder die 'westliche Wertegemeinschaft', sind im vorpolitischen Raum zu hinterfragen und ggf. am Beispiel zu entkräften, um das bestehende Ideenkonstrukt in seiner Gesamtheit langfristig zu destabilisieren. In das entstandene Vakuum sollten dann umgehend Alternativen Platz finden, die auf den Fundamenten einer modernen nationalpolitischen Ideengeschichte stehen." Für die angestrebte Systemüberwindung vernetzen sich die JN insbesondere mit Akteuren und Organisationen aus dem neonationalsozialistischen Spektrum der "Freien Kräfte". So fällt der Jugendorganisation seit Jahren eine Scharnierfunktion zu. Sie führen diese Szene an sich und damit an die 55 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 NPD heran. Denn die NPD ist auf deren Unterstützung beispielsweise bei Wahlkämpfen angewiesen. Das Ergebnis wirkt sich regional unterschiedlich aus. Schließlich orientieren sich Neonationalsozialisten in ihrer Zielsetzung am "Dritten Reich". Demokratie und Wahlen lehnen sie ab. Da die NPD an Wahlen teilnimmt, werfen ihr viele Neonationalsozialisten vor, sie sei schon deswegen eine "System"-Partei, also zu konform. Über die JN macht sich die NPD demnach für Neonationalsozialisten attraktiv. Im Ergebnis arbeiten eher parteiferne Neonationalsozialisten und NPD bei der Organisation und Durchführung verschiedener Veranstaltungen und Demonstrationen schon seit Jahren eng zusammen. Teilweise haben Neonationalsozialisten sogar Vorbehalte abgelegt und in der NPD Karriere gemacht. Der Verfassungsschutz Brandenburg bezeichnet diese Entwicklung als Nazifizierung der NPD (siehe hierzu Kapitel 2.1). So demonstrierten NPD, JN und neonationalsozialistische "Freie Kräfte" beispielsweise am 17. Oktober 2013 in Bestensee, Ortsteil Pätz (LDS) gegen den Bau geplanter Asylbewerberheime. Wie die NPD sehnen sich auch die JN nach einer homogenen und kollektivistischen Volksgemeinschaft. Rassistisch motivierte Ausgrenzung ist Kernbestandteil. Danach ist die Zugehörigkeit zu einem Staatsvolk nicht vom rechtlichen Status der Staatsbürgerschaft, sondern von der ethnischbiologischen Abstammung abhängig. Darüber hinaus muss nach JN-Auffassung der Einzelne mit seinen Rechten hinter das Volk zurücktreten, da das Volk - analog zu der im "Dritten Reich" propagierten Losung "Du bist nichts, dein Volk ist alles!" - über allen und allem steht. Vor autonomen, personalen Individuen, welche sich im freiheitlichen demokratischen 56 Rechtsextremismus Rechtsstaat mit Rechten und Pflichten als Staatsbürger organisieren, haben die JN Angst. Auf der Internetseite des Bundesverbandes formuliert der aus Brandenburg stammende JN-Bundesschulungsleiter Pierre Dornbrach seine Vision von der deutschen Volksgemeinschaft so: "Als Nationalisten steht für uns das Volk an oberster Stelle. Es macht den Kern unserer Weltanschauung aus. Die gesamte nationale Politik richtet sich nach dem Volke aus. (...) Nationalistisch, weil das Volk im Mittelpunkt steht. Sozialistisch, weil der Volksgenosse ein Teil einer Gemeinschaft ist, die nur gemeinsam stark sein kann." Hinter diesen allgemein gehaltenen Formulierungen verbirgt sich die Forderung nach einem "nationalen Sozialismus". Dass anstelle des "Nationalsozialismus" die Begriffe "national" und "Sozialismus" separat stehen, macht hier keinen Unterschied. Den Terminus "nationaler Sozialismus" verwenden Rechtsextremisten aus strafrechtlichen Erwägungen als Synonym zum historischen Nationalsozialismus, wie der ehemalige Neonationalsozialist Axel Reitz in einem Interview im Mai 2010 erklärte. Während sich die NPD im Jahr 2013 vorrangig mit Personalfragen beschäftigte, versuchten sich der JN-Bundesvorsitzende Andy Knape und sein Amtsvorgänger Michael Schäfer in der JN-Publikation "Der Aktivist" an einer Debatte um die Zukunft der NPD. Zwischen den Zeilen gibt der Parteinachwuchs zu: Die NPD hat an Bedeutung verloren. Der Name NPD gelte als "verrufen und unbrauchbar", so dass es nur schwerlich gelinge, die für einen Wahlantritt benötigten Unterstützungsunterschriften zu bekommen. Zukünftige Aufgabe der NPD solle daher sein, sich als eine Partei zu etablieren, die eine Mehrheit von Wählerstimmen auf sich verbuchen kann. Für dieses Ziel sehen Knape und Schäfer großen Reformbedarf. Entsprechend lassen es sich die JN-Größen nicht nehmen, in ihrem dreiseitigen Artikel Vorschläge zu unterbreiten. Offenbar waren sie darum bemüht, die "seriöse Radikalität" des inzwischen zurückgetretenen NPD-Vorsitzenden Apfel (siehe Kapitel 2.1) etwas mit Inhalt zu füllen. Mit dem Appell "Endlich die gleiche Sprache sprechen" fordern sie beispielsweise den Verzicht auf Begriffe wie "Weltnetz" für das Internet. Solche Wortschöpfungen nutzen NPD-Mitglieder häufig, um dem vermeintlichen Verfall der deutschen Sprache entgegenzuwirken. Dieses "NPD-Sektensprech" fördere jedoch eine Sprachkluft zwischen der Partei und "den Mitmenschen da draußen". Dies sei nicht wünschenswert, da Knape und 57 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Schäfer schließlich so reden wollen, wie "ihr Volk". Damit die NPD beim potenziellen Wähler besser ankommt, benötige sie zudem ein bürgernahes Auftreten. Der NPD-Nachwuchs hätte es gern, wenn Mitglieder auf Veranstaltungen der Partei nicht nur "hartgesottene Kameraden", sondern auch "ihre Oma" mitbringen könnten. Offenbar möchten sie ihrer Mutterpartei mit diesem Vorschlag das Image einer "Saubermann-Partei" empfehlen, die den Weg zu einer nationalen Volksbewegung ebnet. Laut Knape und Schäfer wäre die NPD besser beraten, wenn sie sich verstärkt auf ihre Kerngebiete konzentriert; nämlich: Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. In Gebieten, wo die NPD weniger stark vertreten ist, solle die Partei ihre Aktivitäten herunterfahren. Ob sie mit diesem Vorschlag Applaus bei den anderen Landesverbänden einheimsen können, ist kaum vorstellbar. Harsche Kritik üben die beiden rechtsextremistischen Jungaktivisten auch am Umgang der Parteiführung mit dem NPD-Verbotsverfahren. In der Tat befürchteten NPD-Gegner, die Partei erlange mit dem eingereichten Verbotsantrag des Bundesrates mehr mediale Aufmerksamkeit und gewinne damit neuen Auftrieb. Doch die Chance, das NPD-Verbotsverfahren in diesem Sinne für sich nutzbar zu machen, habe die Führung bisher total verpasst, urteilt der Parteinachwuchs. Der weitestgehende Reformvorschlag der JN-Größen zielt hingegen auf die strategische Neuausrichtung in der "Ausländerfrage" ab. Knape und Schäfer versprechen sich mehr Zustimmung beim Volk, wenn sich ihre Mutterpartei zu diesem Thema "glaubwürdig und eindeutig" positioniert. Unterm Strich befürworten sie eine Änderung des NPD-Programms zur "Ausländerrückführung": "Keiner von uns hat etwas gegen normale innereuropäische oder kulturnahe Arbeitsmigration oder gar Touristen. Uns nerven die Millionen Kulturfremden aus Afrika und dem arabischen Raum, die hier in die Sozialsysteme flüchten, unser Volk biologisch an den Rand drängen und uns unserer Identität berauben wollen." Aus diesen Zeilen ist keineswegs eine Entradikalisierung herauszulesen, sondern vielmehr der Versuch einer Hervorhebung der "weißen" gegenüber der bisherigen "deutschen Rasse". Diese Neuausrichtung hat - auch vor dem Hintergrund der NPD-Kandidatur zur Europawahl 2014 - offenbar den Zweck, eine größere Breitenwirkung zu entfalten. Die ausdrückliche Ablehnung einer Zuwanderung aus "Afrika und dem arabischen Raum" richtet sich somit gegen dunkelhäutige Personen sowie Muslime. 58 Rechtsextremismus Nicht zufällig erscheint in diesem Zusammenhang die Verwendung des Begriffs "Identität". Bereits im Dezember 2012 hatten die JN die gleichnamige Kampagne "Identität - Werde, wer du bist" ins Leben gerufen, die auf Facebook im Dezember 2013 bereits 2.535 Anhänger für sich verbuchen konnte. Als Symbol der Kampagne fungiert eine weiße Hand. Auf JNVeranstaltungen schmücken sich die Teilnehmer daher auch gerne mit weißen Handschuhen. Sowohl begrifflich als auch inhaltlich weist diese Kampagne Parallelen zu der "Identitären Bewegung" auf, wo sich die JN offenbar bedient haben. Die "Identitäre Bewegung" ist eine europaweite Struktur französischen Ursprungs und orientiert sich am Ethnopluralismus. Danach sollen die Identitäten der europäischen Länder vor vermeintlich schädlichen Einflüssen von außen wie Massenzuwanderung und Islamisierung geschützt werden (siehe Kapitel 2.9). Obgleich die JN gegenüber der "Identitären Bewegung" keine einheitliche Position vertreten, versuchen sie offenbar, deren zentrale Argumentationslinien und Begrifflichkeiten zu vereinnahmen. So charakterisiert sich die JN auf ihrer Facebook-Internetpräsenz als "DIE nationale und identitäre Jugendbewegung in Deutschland". Das JN-Bundesvorstandsmitglied Michael Schäfer stellte in einem im Januar 2013 veröffentlichten Artikel insbesondere das moderne Auftreten und den "Verzicht auf Spießigkeit" als Grund heraus, warum zahlreiche JNund NPD-Mitglieder mit der "Identitären Bewegung" sympathisieren. Ein weiterer Artikel der JN fasst Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu dieser Bewegung wie folgt zusammen: "Verbindend ist der Begriff der Identität an sich, da dieser nicht von der Identitären Bewegung erfunden, jedoch zum ersten Mal schlagkräftig mit neuem Wind ins Feld geführt wird. Trennend ist zuallererst der betriebene Abgrenzungswahn seitens einiger Teile aus dem Spektrum der Identitären." 59 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Doch losgelöst von allen Versuchen der JN, sich sprachlich ("Internet" statt "Weltnetz") etwas moderner aufzustellen und sich bei anderen wie den "Identitären" zu bedienen, haben sie nichts von der Rolle verloren, die ihnen von der NPD zugewiesen wird. Sie sind und bleiben das Scharnier zwischen Mutterpartei und neonationalsozialistischen "Freien Kräften". JN Brandenburg In Brandenburg existierten 2013 vier JN-Stützpunkte: Oranienburg (OHV), Potsdam, Lausitz und Schenkenländchen (LDS). Ein Landesverband existiert nicht. Entsprechende Vorhaben zur Gründung sind immer wieder gescheitert. Gegenüber 2012 ist die Mitgliederzahl um fünf leicht gesunken und lag Ende 2013 bei 20. 2013 waren die brandenburgischen JN verstärkt im Internet aktiv. So verfügen sie seit dem 10. Oktober über eine Facebook-Seite, die im Dezember gerade einmal 292 "Gefällt mir"-Klicks vorweisen konnte. Bei dieser geringen Anhängerschaft im Netz wird es dem NPD-Nachwuchs schwerlich gelingen, Texte, Infomaterialien und Videos breiter zu streuen. Zudem hat der brandenburgische JN-Aktivist Pierre Dornbrach ein Video erstellt, welches seit November 2013 über YouTube abrufbar ist. Im Grenzbereich des Erträglichen gestikulierend und sprachlich haspelnd, versucht er mit erhobener Faust die Werbetrommel für die JN in dem knapp sieben Minuten langen Video zu rühren: "Fühlst auch Du dich vernachlässigt von dem jetzigen Staat? Hast auch Du das Gefühl, dass die Regierenden und Herrschenden überhaupt gar kein Interesse mehr an Deinen Interessen haben? Hast Du das Gefühl, dass Du keine Perspektiven und Alternativen von diesem System geboten bekommst? Dann bist Du bei uns genau richtig. (...) Diese Alternative heißt JN. Diese Alternative hat sich organisiert mitten in Brandenburg. Sie hat sich folgendes auf die Fahnen geschrieben: freiheitlich zu denken, völkisch zu fühlen und revolutionär zu handeln." Nach einleitenden Worten zeigt der Filmversuch gemeinschaftliche Veranstaltungen und Unternehmungen der JN in Brandenburg. Darunter befinden sich Bildungsseminare, Kundgebungen, Demonstrationen, Plakatierungs60 Rechtsextremismus und Flyerverteilungsaktionen, "Fackelmärsche", Kanufahrten, Wanderungen, Sportveranstaltungen, Liederabende und Pflege von Gräbern. Mit dem "Nationalen Bildungskreis" (NBK) versuchen die JN großspurig, eine "geistige Gegenelite" zu erzeugen. Laut JN-Bundesvorstand dient der Kreis nicht nur der allgemeinen Wissensvermittlung im Geiste eines modernen Nationalismus für theorieinteressierte Abiturienten, Studenten und Graduierte, sondern auch der praxisorientierten Wissensvermittlung für die Bedürfnisse der Organisation, deren Verbände und Aktivisten. NBK-Leiter ist der Brandenburger Pierre Dornbrach in seiner Funktion als "JN-Bundesschulungsleiter". "Kaderschulungen" hin oder her: Eine ersehnte Intellektualisierung des Rechtsextremismus und Professionalisierung der JN-Aktivisten hat sich unter dem Wirtschaftsingenieur-Studenten jedoch nicht eingestellt. Die Bildungsarbeit beschränkt sich vielmehr auf Propaganda und Umdeutung, wie der folgende Auszug aus dem Aufsatz "Eine Abhandlung über den Freiheitsbegriff" von Dornbrach zeigt: "Unsere Freiheit, wieder eine selbst bestimmte Nation zu werden, ist zugleich auch die Unfreiheit der Etablierten. Für sie bedeutet ein Aufstreben des Nationalismus in ganz Europa, das Ende ihres Gleichheitswahns. Damit einhergehend wäre ihre Herrschaft der Unanständigen endlich dem Untergang geweiht. Wir Nationalisten sind Freiheitskämpfer. In germanischer Treue erheben wir unseren Schwur auf das Ganze, welches mehr ist als die Summer seiner Teile." Im Jahr 2013 setzte der NBK seine JN-"Kaderwochenenden" in Riesa (Sachsen) fort. Bei solchen Veranstaltungen gehen die "Absolventen durch die Kaderschmiede unserer Jugendorganisation, um den Weg zu bestreiten ein neues Deutschland zu bahnen". Für den elitären Kreis luden die JN laut eigenen Angaben nur solche Aktivisten ein, die sich die Teilnahme aufgrund ihres politischen Engagements und ihrer Fähigkeiten verdient hätten. Dazu mussten sich Kaderschulungswillige bei ihrem Schulungskader Dornbrach bewerben. Und zwar schriftlich mit politischem "Werdegang, Lebenslauf und Selbstreflektion". Erst dann 61 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 wurden sie mit "Menschenführung", "Rhetorik", "Wirtschaft" und "Psychologie als Waffe - Geisteswissenschaften im politischen Kampf" einer Kaderschulung unterzogen. Als Referenten standen Per Lennart Aae (NPD), Sebastian Richter (JN-Bundesvorstandsmitglied), Andy Knape (JN-Bundesvorsitzender), Maik Scheffler (stellvertretender Vorsitzende des NPD-Landesverbandes Sachsen), Pierre Dornbrach (NBK-Leiter) und ein "Führungskamerad aus Brandenburg" zur Verfügung. Mit Udo Pastörs konnten die JN sogar rechtsextremistische "Prominenz" für ihr "Kaderschmiede-Wochenende" gewinnen. Der NBK bewertet die durchgeführten Seminare als Erfolg sowie als wichtigen "Schritt in Sachen Optimierung und Ausbau von Persönlichkeiten und Fertigkeiten". Nicht nur auf Bundesebene wollen die JN Inhalte vermitteln, sondern auch in Brandenburg. Am 26. Mai 2013 lud der JN-Stützpunkt Schenkenländchen (LDS) nach eigenen Angaben zu dem Seminar "Wissenschaft und Weltanschauung" ein. Als Referent trat selbstverständlich NBK-Leiter Dornbrach auf, um - so die JN-Homepage - mit den Mitteln der "Hirnforschung" den "Nationalismus" zu bestätigen. Hierzu will der Wirtschaftsingenieur-Student sogar "Forschungsergebnisse der modernen Neurowissenschaft" herangezogen haben. Doch dabei blieb es nicht, denn Dornbrach hat sogar "den heutigen - als Demokratie getarnten - Marxismus der Nachfolge-68er auf die Probe" gestellt. Diese thematisch offenbar sehr weit gefächerte Schulung gipfelte schließlich darin: "Die Erforschung unseres limbischen Systems (vereinfacht: unterbewusster Teil des Gehirns) legte empirische Ergebnisse offen, die der Milieutheorie eine klare und sachliche Absage erteilen." Bei so viel nationalistischem Tiefgang darf mit Fug und Recht davon ausgegangen werden, dass so manchem Kaderanwärter im Schenkenländchen (LDS) die Neuronenbahnen glühten. Doch es soll so weitergehen: "Die Arbeitsgruppe will sich künftig mehr mit geistesund naturwissenschaftlichen Aspekten auseinandersetzen. Die deutsche Weltanschauung basiert auf Naturgesetzen." Neben der Arbeit des NBK-Leiters Dornbrach versuchen sich weitere JNMitglieder in der Bildungsarbeit. So fordert der NBK-Bildungsleiter von 62 Rechtsextremismus Mecklenburg-Vorpommern, Daniel Fiß, in einem im Dezember 2013 veröffentlichten Artikel die "Schaffung einer europäischen Einheitsfront". In der Einleitung steht, Fiß' Text "soll einen Anstoß geben im nationalen Spektrum zukünftig auch eine gesamteuropäische Perspektive ins Auge zu fassen und somit den Ansatz eines strategischen Konzepts liefern für eine künftige Zusammenarbeit zwischen den nationalen Gruppen in Europa". Fiß sieht europaweit in der "Ideologie der liberalkapitalistischen Ordnung" die Ursache für "Multi-Kulti, Dekadenz, Hedonismus, Volkstod und Gemeinschaftszersetzung". Von dem Zusammenschluss der nationalen Bewegungen zu einer "europäischen Einheitsfront" erhofft er sich eine "ungeahnte politische Dynamik für unseren Kampf". Eine "verengte Betrachtung auf die Zustände der BRD" sei deshalb "nicht zielführend". Entsprechend beschwört er für Europa "das gemeinsame Erbe des Abendlandes" und "die Dynamik eines gemeinsamen Rassebewusstseins" unter "Berücksichtigung der Souveränität und Selbstbestimmung seiner Völker". Auch in seinem Text wird die "weiße Rasse" ins Zentrum gerückt: "Selbstverständlich gibt es keine reine deutsche, französische oder auch italienische Rasse. (...) Auch unser deutsches Rassenwesen entstammt aus dem Genpool der europäischen Artzusammenschlüsse. (...) Um die Ganzheitlichkeit des weißen Menschen zu erfassen, müssen wir ihn immer im Wechselspiel zu der Instanz einer gemeinsamen europäischen Tradition erkennen. (...) Europa [ist] eben nicht ein bürokratisches Konstrukt, sondern der Lebensraum des weißen Menschen". Das Aufkommen nationaler Kräfte in Europa - wie die griechische Partei "Chrysi Avgi" (deutsch: "Goldene Morgenröte") oder die italienische Bewegung "CasaPound" - solle daher für die eigene nationale Volksbewegung genutzt werden. Beide Gruppen orientieren sich am Nationalsozialismus und am italienischen Faschismus, sind straff durchorganisiert und gelten als extrem gewalttätig. Verbindungen zu gewalttätigen Milieus, wie etwa den Hooligans, sind Teil ihrer Identität. Inwiefern die JN auch nach der Europawahl 2014 die Vereinigung nationaler Bewegungen zu einer europäischen nationalen Kraft fordern und das Konzept der "weißen Rasse" gegenüber dem Abstammungsprinzip der "deutschen Rasse" hervorhebten bleibt abzuwarten. 63 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Die rassistisch motivierte "Kondom-Kampagne" des NPD-Nachwuchses sorgte im Bundestagswahlkampf 2013 für Schlagzeilen. Neben der Verteilung an Infotischen verschickten die JN an zahlreiche Bundestagsabgeordnete, Minister und so genannte "Ausländerlobbyisten" Kondome mit der Aufschrift "Für Ausländer und ausgewählte Deutsche". Einer der Politiker, dem die JN ein Kondom samt Brief schickten, war der brandenburgische Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke. In dem Begleitbrief hieß es: "Sie sind Entscheidungsund Gestaltungsträger jener Politik, die es zu verantworten hat, dass ein erheblicher Teil der hier lebenden Ausländer das Sozialsystem belastet und diese Personen die Kriminalstatistik in vielen Großstädten Deutschlands anführen. (...) Wir sprechen Ihnen die Interessenvertretung der deutschen Belange ab. Um diesem politischen Treiben ein Ende zu bereiten, setzen wir mit dem JN-Kondom ein politisches Zeichen gegen die Missstände, die unser Land und unser Volk belasten." Mit der Kampagne wollten die JN gegen angebliche "volksfeindliche Heimatabwicklungspolitik" demonstrieren. Auf der Homepage der JN-Deutschlands steht hierzu: "Sie vermehren sich blitzartig, nerven, kosten unser Geld und haben eigentlich keinen Nutzen - die Politiker der korrupten Altparteien. Sie tun so, als ob sie sich für unsere Probleme interessieren, um dann jahrelang in den Parlamenten eine ruhige Kugel zu schie64 Rechtsextremismus ben. Sie wollen die multikulturelle Gesellschaft, die unsere Kultur zerstört. Sie lassen zu, dass sich unsere Gesellschaft überfremdet." Diese Vorgehensweise ist nicht neu, sondern lediglich neu verpackt. So warben die JN bereits 1998 auf Plakaten mit der Losung "Auch das ist Völkermord", welche farbige Hände auf einem weißen Hinterteil zeigten. Die Wurzeln solcher rassenhygienischer Kampagnen finden sich im "Dritten Reich". Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933 diente dazu, die Fortpflanzung bestimmter Personengruppen zu verhindern. Im Nationalsozialismus war dieses Gesetz eines der unzähligen Verbrechen, den "deutschen Volkskörper" von "lebensunwertem" Leben "säubern" zu wollen. In diese nationalsozialistische Anschauung reiht sich ebenso die "Kondom-Kampagne" der JN ein. Letztlich hat sie sich als kontraproduktiv für die NPD-Jugend erwiesen. Nachdem der Hersteller bemerkt hatte, an welche Organisation die Kondome gegangen waren, erklärte er sich bereit, die Einnahmen an die "Amadeu Antonio Stiftung" zu spenden und stiftete weitere 10.000 Präservative einem gemeinnützigen Zweck. Die JN schickten nicht nur Briefe, sie schrieben auch offene. Einen solchen richtete Dornbrach im Oktober 2013 an einen Pfarrer in Märkisch Buchholz (LDS). Zuvor hatte der Pfarrer der Beisetzung von Kriegstoten in Halbe (LDS) beigewohnt und eine Rede gehalten. Für Dornbrach Anlass genug, den Pfarrer zu verunglimpfen. Zunächst schreibt er: "mit diesem Brief wende ich mich als Bürger und Nachkomme der Kriegsgeneration zu Wort." Danach folgen Beleidigungen wie "Sie sind kein Christ" und noch vieles mehr. Der Pfarrer engagiert sich in der Bürgerinitiative "Märkisch Buchholz: offen und bunt". Damit verbunden ist ein "Briefkastenverbot" für NPD-Materialien. So hatte die Gruppe im Jahr 2012 die Idee, Aufkleber mit der Aufschrift "Keine Werbung der NPD!" in der Stadt zu verteilen. Jeder, der keine Materialien der Partei in seinem Briefkasten wollte, konnte sich mit diesem Aufkleber dagegen wehren. Doch die NPD warf ihre Materialien trotzdem in entsprechend gekennzeichnete Briefkästen ein. Daraufhin wurde sie erfolgreich verklagt. Das 2012 gefällte Urteil des Amtsgerichts in Königs Wusterhausen (LDS) wurde vom Landgericht in Potsdam im Mai 2013 bestätigt: "Keine Werbung der NPD" - dieser Schriftzug auf Hausbriefkästen ist bindend. Das Urteil stellt eine klare Schlappe für die NPD und ihre Jugendorganisation dar. Vor diesem Hintergrund kann der von Dornbrach verfasste Brief so gelesen werden: Versuch der öffentlichen Diffamierung und zielgerichteten Einschüchterung von Personen, die sich 65 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 gegen Rechtsextremismus engagieren. Auch in Zukunft muss mit solchen Vorgehensweisen gerechnet werden. Nicht nur die vermeintliche "Asylflut" versuchten die JN im Jahr 2013 zu stoppen, sondern auch die tatsächliche Elbeflut. Unter dem Motto "(R)echte Kerle packen anJN im Hochwassereinsatz" verkauften sich die JN als eine Organisation, die sich tatkräftig um die Menschen an Elbe, Mulde und Saale kümmere. Auch die JN Schenkenländchen behaupten auf der Internetseite des Bundesverbandes, sie seien mit "Freien Kräften" aus Königs Wusterhausen (LDS) im Einsatz gewesen. Ginge es den JN Schenkenländchen (LDS) tatsächlich um Hilfe, hätten sie jedoch von einer politischen Instrumentalisierung abgesehen. Stattdessen formulieren sie auf der JN-Internetseite erneut Hetze gegen Ausländer: "Außerdem fiel auf, war, dass die bereits 1/5 dieser BRD-Bevölkerung stellenden, uns das 'Heil' bringenden Ausländer eben nicht dort waren. Es waren eben keine arabischen oder türkischen Großfamilien anwesend, die uns helfen wollten. So zu sagen als Dank dafür, dass sie in Deutschland so gut leben können. Genau das zeigt sich in diesen Wochen sehr deutlich. Die BRD holt immer mehr Fremde in unser Land, denen nur ihr eigenes Wohl am Herzen liegt ... Das ist es, was dieses System geschaffen hat. Sollte sich in den nächsten Jahren nicht ein kompletter Wandel voll66 Rechtsextremismus ziehen, werden wohl die von Katastrophen heimgesuchten Deutschen irgendwann gar keine Helfer mehr finden." Am 8. Mai und am 8. November 2013 versammelten sich die JN zum "Heldengedenken" in Brandenburg. Der 8. Mai 1945 markiert das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. So führten die JN einen "Frühjahrsputz" auf dem Soldatenfriedhof in Storkow (LOS) durch und gedachten der "gefallenen, vertriebenen und ermordeten Toten". Seitdem Deutschland "besetzt" wurde, erlebe es "die Katastrophe einer Zerstückelung": Ostdeutschland sei verkauft, eine "starke Volksgemeinschaft" durch "eine widernatürliche multikulturelle Gesellschaft" ersetzt und ein "Seelenmord" am deutschen Volk begangen worden. Über das "Heldengedenken" im November schreibt die NPD-Jugend: "Sie traten in ihre Reihen und die jungen Deutschen konnten es fühlen. Eine Blutgemeinschaft der Generationen stand zusammen, Schulter an Schulter. (...) Es wurde bei den lodernden Flammen der Fackeln ein Bekenntnis abgelegt. Das Bekenntnis zu der eigenen Identität, Deutsche zu sein und das zu leben, was durch unzählige Generationen gehütet und uns in die Wiege gelegt wurde. Das deutsche Wesen. An diesem Abend legten die jungen Nationalisten einen Schwur ab, den Kampf um die Erhaltung des deutschen Volkes niemals aufzugeben. Denn diese Helden starben, damit wir leben können. Wir hüten ihre Opfer und Taten in unseren Herzen." 67 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2.3 Neonationalsozialisten in Lauerstellung Am meisten sind Neonationalsozialisten von sich selbst überzeugt. Sie verstehen sich als Hüter der NS-Ideologie und glauben sich von außen umzingelt: von Systemmedien, Systemparteien und allen anderen "Systemlingen". Dahinter vermuten sie eine jüdische Weltverschwörung, die sich insbesondere gegen Deutschland richte. Dieser düstere Tunnelblick ist die Eintrittskarte in ihre kleine, von Verschwörungstheorien, Rassismus und totalitärem Gedankengut zersetzte Welt. Haben sich die Möchtegernherrenmenschen dort erst mal eingerichtet, lassen sie sich durch nichts mehr beirren. Zerfressen von Narzissmus bilden sie mit ihrer neonationalsozialistischen Ideologie ein auf sich selbst bezogenes System. Da mutiert die Bevölkerung Nordkoreas plötzlich zu einem der "letzten freien Völker der Welt". Oder es wird - mal wieder - die seit Jahrzehnten andauernde "physische und wirtschaftliche Vernichtung der Deutschen" aufgedeckt, fußend auf Plänen zur "Endlösung der Deutschenfrage" (beides: www.nsfkn.info). Neonationalsozialisten sind derart tief in ihrem NSMikrokosmos gefangen, dass auch lebensbedrohliche Unfälle, bei denen Zuwanderer erste Hilfe leisten und ihnen damit das Leben retten, nicht zum Umdenken führen. Wenn Neonationalsozialisten darüber grübeln, warum sich ihre Weltsicht außerhalb der rechtsextremistischen Szene nicht durchsetzen will, sind sie sich schnell einig: in Deutschland wird "das Niveau der Bürger mit Absicht nach unten reguliert um diese gefügiger zu machen" (www.nsfkn.info). 68 Rechtsextremismus Demnach seien die Menschen einer "systematischen Volksverdummung" ausgesetzt. In einschlägigen Internetdiskussionen wird aus dem Demokraten auch schnell mal der "geistig verkrüppelte BRD-Zombie". Gerne klopfen sich Rechtsextremisten aller Schattierungen bei solchen Erklärungsversuchen gegenseitig auf die Schulter. An anderer Stelle führt solches Gehabe jedoch zu szeneinternem Zwist. Schließlich vermuten Neonationalsozialisten den Feind und Abweichler immer auch in den eigenen Reihen. So werden rechtsextremistische Demonstrationsteilnehmer oder Konzertbesucher kurzerhand zu "Mitläufern" degradiert, wenn sie nicht wöchentlich an Lesezirkeln über NS-Literatur teilnehmen, auf Cola verzichten und regelmäßig auf Soldatenfriedhöfen verweilen. Den eigenen Kameraden so herabzusetzen, geschehe völlig zu Recht, glauben beispielsweise Neonationalsozialisten aus Potsdam. Denn "nur wer Vorbild ist, kann auch überzeugen, kann Beispiel sein für einen besseren, höheren Typus" (www.lichtschatten.info). Selbstredend sind in der Szene Fanatismus und damit auch das Beharren auf entsprechende Verhaltensvorgaben der Lebensführung nicht flächendeckend derart stark ausgeprägt. Obendrein kommt hinzu, dass vielerorts öffentlich Wasser gepredigt aber heimlich natürlich Wein getrunken wird. Und selbstverständlich auch Cola. Dennoch erfordert ein aktives Engagement in der Szene neben zeitlichen und finanziellen Aufwendungen auch ein gewisses Maß an Disziplin und Frustrationstoleranz. In den letzten Jahren haben Neonationalsozialisten innerhalb des Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen. Denn ihnen gelingt es weitaus besser als beispielsweise der NPD, sich in einem jugendkulturellen und modernen Gewand zu präsentieren. Ihre nationalsozialistische Kern-Ideologie wird so geschickt verhüllt. Wenn sie nach außen mit Aktionen und Internetseiten in Erscheinung treten, achten sie verstärkt darauf, neonationalsozialistische Inhalte nicht auf Anhieb preiszugeben. Insbesondere die Möglichkeiten des Internets werden ausgelotet. Sie bedienen sich sowohl angesagter KommunikatiVereinnahmung des Twitter-Symbols durch die Szene 69 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 onsplattformen als auch sozialer Netzwerke, gestalten aufwendig Homepages und stellen professionelle Tonund Videoaufzeichnungen in Downloadportale. Organisationsformen und Personenpotenzial In den letzten 30 Jahren hat der organisierte Neonationalsozialismus mehrere Wandlungen vollzogen. Bis in die frühen 1990er Jahre waren hierarchisch strukturierte Vereine die typische Organisationsform. Die Mehrzahl dieser Vereine wurde bereits bis Mitte der 1990er Jahre verboten - auch und insbesondere in Brandenburg. Als Reaktion auf die Vereinsverbote versuchte sich die neonationalsozialistische Szene ab Mitte der 1990er Jahre an neuen Strukturen. Zunächst kamen "Kameradschaften" auf. Getragen wurden diese von einem starken Band gemeinsamer ideologischer Überzeugungen und einer klaren Fixierung auf lokale Führungspersonen. Neonationalsozialisten glaubten, den Sicherheitsbehörden damit keine Angriffsflächen zu bieten. Doch auch diese Personenzusammenschlüsse wurden über das Vereinsgesetz verboten. Heute nehmen "Kameradschaften" in der neonationalsozialistischen Szene keine bedeutende Rolle mehr ein. Auf die Verbote haben Neonationalsozialisten unterschiedlich reagiert. Ein Teil hat sich zurückgezogen. Andere wurden in der NPD, insbesondere in deren Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" aktiv (siehe Kapitel 2.2). Ein erheblicher Teil finRechtsextremistisches Personenpotenzial: Neonationalsozialisten in Brandenburg 500 430 430 400 410 380 300 320 300 270 260 240 200 220 190 175 125 120 120 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 70 Rechtsextremismus det sich jedoch in "Freien Kräften" zusammen. Sie nennen sich ebenso "Nationale Sozialisten", "Freie Nationalisten" oder "Nationaler Widerstand". Solche Gruppen versuchen, ihre Aktivitäten in weniger formal organisierten Strukturen zu entfalten. Es handelt sich um sehr lose strukturierte, informelle Personenzusammenschlüsse mit oftmals wechselnden Namen. Auf früher bestimmende Organisationsmerkmale wie Vereinskassen, Programme, Satzungen, Mitgliederlisten und Organisationsnamen wird verzichtet. Sie hoffen, so das Vereinsgesetz zu unterlaufen. Im Jahr 2013 betrug in Brandenburg das neonationalsozialistische Personenpotenzial 430 (2012: 430). Bundesweit wurden im Jahr 2012 rund 6.000 Neonationalsozialisten gezählt. Für gewalttätige Auseinandersetzungen sorgen "Autonome Nationalisten" (AN). AN sind innerhalb der neonationalsozialistischen Szene mehr eine Aktionsals eine Organisationsform. Ihr aggressives Demonstrationsverhalten kennzeichnet sie. Erscheinungsbild und Taktik haben AN in weiten Teilen von linksextremistischen Autonomen übernommen. Die Aktionsform AN ist eine neonationalsozialistische Reaktion auf szeneinterne Diskussionen über den Umgang mit dem Gewaltmonopol des demokratischen Rechtsstaates. Ideologisch beziehen sich AN wie alle Neonationalsozialisten auf die NSDAP. Meist treten sie mit plakativen Parolen auf. Jedoch stehen für AN kollektive und Bedrohung ausstrahlende Zusammenrottungen in Form "Schwarzer Blöcke" im Vordergrund. Gewalt gegen politische Gegner und Polizisten wird ausdrücklich bejaht. Diese erhöhte Gewaltbereitschaft zum Straßenkampf im Rudel unterscheidet AN von anderen Teilen der neonationalsozialistischen Szene. Die bundesweit zurzeit eher stagnierende Aktionsform AN hat in Brandenburg auch Anhänger. Dazu zählen sogar Mitglieder von NPD und JN. Landesweit umfasste das Mobilisierungspotenzial im Jahr 2013 wie im Vorjahr bis zu 100 Personen. Taktische Zurückhaltung nach staatlichem Verfolgungsdruck Neonationalsozialisten stehen seit Jahren im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden. Maßgebliche Aktivisten und Personenzusammenschlüsse unterliegen zahlreichen Maßnahmen. So wurden von brandenburgischen Innenministern bislang sieben rechtsextremistische Organisationen verboten. Brandenburg greift damit vergleichsweise häufig zum Mittel des Vereinsverbots. Das letzte Verbot wurde am 11. Juni 2012 gegen die "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" ausgesprochen und Ende 2013 gerichtlich be71 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Verbotene beziehungsweise selbst aufgelöste nationalistische Strukturen FNUM UM PR Märkischer Schutzbund OPR HeimatOberhavel OHV schutz Deutschland BAR Interessengemeinschaft Sturm Oranienburg KMOB HVL JF MOL Hauptvolk Sturm 27 FKTF LOS ANSDAPO PM TF LDS SPN OSL GGSOBB SC LFG EE Widerstandsbewegung in Südbrandenburg * Kameradschaft "Oberhavel" - verboten am 14.08.1997 * "Freie Nationalisten Uckermark" (FNUM) - Selbstauflösung am 02.07.2010 * "Schutzbund Deutschland" - verboten am 26.06.2006 * Kameradschaften "Hauptvolk" und "Sturm 27" - verboten am 06.04.2005 * "ANSDAPO" - verboten am 04.07.2005 * "Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg" (GGSOBB) - Scheinauflösung am 23.08.2006 * "Märkischer Heimatschutz" - eigenständige Auflösung am 04.11.2006 * "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) - Selbstauflösung am 03.07.2010 * "Interessengemeinschaft Sturm Oranienburg" - Beendigung der Aktivitäten nach Durchsuchungen der Polizei am 06.12.2006 * "Lausitzer Front Guben" (LFG) - Scheinauflösung am 24.08.2006 * "Sturm Cottbus" (SC) - Scheinauflösung am 23.08.2006 * "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) - War in ganz Brandenburg aktiv und wurde am 05.05.1995 verboten. * "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (FKTF) - verboten am 11.04.2011 * "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" - verboten am 19.06.2012 72 Rechtsextremismus stätigt. Zuvor traf es folgende Personenzusammenschlüsse: "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (2011), "Kameradschaft Schutzbund Deutschland" (2006), "Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive" (ANSDAPO), "Kameradschaft Hauptvolk" und deren Untergliederung "Sturm 27" (beide 2005), "Kameradschaft Oberhavel" (1997) sowie "Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JF)" (1995). Staatliche Exekutivund Verbotsmaßnahmen sorgen innerhalb der Szene für erhebliche Verunsicherung. Im Nachgang überbieten sich Neonationalsozialisten zwar gerne mit öffentlichen Kampfansagen und Solidarisierungsaufrufen. Die tatsächliche Gemütslage steht hierzu aber im krassen Widerspruch, denn große Teile der Szene plagt eine Heidenangst vor weiteren Maßnahmen. Nicht selten führt dies soweit, dass neben der betroffenen Organisation auch befreundete Personenzusammenschlüsse ihre Aktivitäten über einen längeren Zeitraum einstellen oder vorauseilend ihre Selbstauflösung erklären. Aktivitäten brandenburgischer Neonationalsozialisten waren 2013 von den Eindrücken des Vorjahres geprägt. Schon zuvor hatte das Bekanntwerden der Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) szeneintern für Unruhe gesorgt. Hierbei wurde auch die Frage diskutiert, welche konkreten Auswirkungen nun zu erwarten seien. Szeneangehörige trieb die Angst um, der Druck der Sicherheitsbehörden nehme zu. Das war auch der Fall, was sich unter anderem im Jahr 2012 in bundesweit sechs Verboten niederschlug. Überwiegend handelte es sich dabei um Gruppierungen mit hohem überregionalen Stellenwert. Die Szene traf das empfindlich. Das gilt insbesondere für die im Juni 2012 verbotene Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg". Betroffen waren darüber hinaus am 13. März 2012 Aktivisten der Gruppierung "Aktionsbüro Mittelrhein" in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Anschließend war am 10. Mai 2012 die "Kameradschaft Walter Spangenberg" in Nordrhein-Westfalen Adressat einer Verbotsmaßnahme. Ebenfalls in Nordrhein-Westfalen wurden am 23. August 2012 zeitgleich die drei Vereinigungen "Kameradschaft Aache73 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 ner Land", "Kameradschaft Hamm" und "Nationaler Widerstand Dortmund" verboten. Am 25. September 2012 traf es schließlich die Mitglieder der Gruppierung "Besseres Hannover" aus Niedersachen. Am 18. Februar 2013 folgte das Verbot der sächsischen Gruppierung "Nationale Sozialisten Döbeln". Zudem durchsuchten Polizeibeamte am 10. Juli 2013 im Zuge eines vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens Wohnungen und Arbeitsstätten von Aktivisten der Vereinigung "Freies Netz Süd" in Bayern. Aufgrund des hohen Stellenwerts der Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" bedeutete die Durchsetzung des Verbots einen massiven Schlag gegen die gesamte rechtsextremistische Szene im Land. Szeneintern sorgte das Verbot auch bundesweit für Unruhe. Der direkt betroffene Personenkreis um den Führungsaktivisten Marcel Forstmeier äußerte dies im Jahr 2013 unter anderem in einem neunminütigen Video und einer neu angelegten Internetnetseite. Das Vereinsverbot ist noch nicht rechtskräftig aber gerichtlich bestätigt, wobei eine Revision nicht zugelassen ist. Doch nicht nur deswegen legten Teile des neonationalsozialistischen Spektrums im Jahr 2013 zeitweise ein gewisses Maß an taktischer Zurückhaltung an den Tag, erkennbar beispielsweise an einem Rückgang öffentlichkeitswirksamer Aktionen. Ein Grund hierfür war der Versuch, vorerst aus dem Blickfeld der Sicherheitsbehörden zu verschwinden. Auf diesem Wege wollte man sich vor weiteren staatlichen Exekutivmaßnahmen schützen. Das gilt insbesondere für Verbote. Gleichzeitig wurden szeneintern Themen wie die abhörsichere Telekommunikation und das Verhalten bei Hausdurchsuchungen intensiv erörtert. Die Zurückhaltung ist auch aus anderen Gründen nicht verwunderlich. Immerhin wirken sich Verbotsmaßnahmen erheblich auf die Aktionsund Mo74 Rechtsextremismus bilisierungsfähigkeit der Szene aus. Zum einen lassen sich insbesondere Personen aus dem Kreis der Mitläufer und Sympathisanten von staatlichen Repressionsmaßnahmen langfristig abschrecken. Zum anderen erfordert ein notwendiger Neuaufbau der Strukturen einen erheblichen zeitlichen, personellen und logistischen Aufwand. Erschwerend kommen interne Verwerfungen hinzu. Die resultieren beispielsweise aus gegenseitigen Schuldzuweisungen, wenn sich Aktivisten vorwerfen, durch unvorsichtiges Handeln ein Eingreifen des Staates überhaupt erst provoziert zu haben. Unterschiedliche Praktiken im Kampf gegen das "System" Neonationalsozialisten teilen das Selbstverständnis der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP). Sie wollen ebenfalls "Bewegung" sein. Ihr mittlerweile von der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) übernommenes Ziel lautet "nationaler Sozialismus". Den gilt es über den "Kampf gegen das System" zu erreichen. Neonationalsozialisten wollen die freiheitliche demokratische Grundordnung durch eine rassistische, totalitäre Herrschaftsordnung ersetzen. Sie orientieren sich dabei am "Dritten Reich" und an der Ideologie der NSDAP. In der neonationalsozialistischen Propaganda wird die parlamentarische Demokratie als Wurzel fast jedweder Problemlage ausgemacht. Auf der Internetseite "Licht und Schatten", die Neonationalsozialisten aus Potsdam und Potsdam-Mittelmark zugerechnet werden kann, wird dies deutlich zum Ausdruck gebracht: "Heute ist klar, die Demokratie ist der wahre Feind der freien Welt. Die Demokratie ist der Feind freier Völker und freier Menschen - ja, der Feind der Freiheit!". Im Gegenzug werden die Vorzüge eines autoritären Systems dargelegt: "Durch die Existenz unzähliger Parteien und Organisationen gaukeln die Demokraten dem Volke vor, es könne tatsächlich aus einer Viel75 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 falt an politischen Alternativen schöpfen. Weit gefehlt. Diese 'Vielfalt' im Zusammenspiel mit dem Parlamentarismus führt lediglich zu noch unklareren und verworrenen Machtverhältnissen als in einem autoritärem Staat. Dort ist klar, wer die Führung und damit auch die Verantwortung innehat. Dort weiß das Volk, wem es zum sprichwörtlichen Teufel jagen muss, wenn die Staatsführung versagt." So sehr sich Neonationalsozialisten im "Kampf gegen das System" verbunden fühlen, so uneins sind sie sich bei der Frage, mit welchen Mitteln er zu führen sei. Und obwohl sich die Szene nach außen gerne als homogene Gemeinschaft inszeniert, räumen die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" im Internet ein, dass es "im nationalen Lager diverse Ungereimtheiten gibt und Kontroversen zu Agitation und Reaktion" (www.nsfkn.info). Die Frage nach der richtigen Strategie ist in der Szene seit Jahren allgegenwärtig: Ist die NPD ein würdiger Kooperationspartner? Ist die Durchführung von Demonstrationen angesichts vielfacher Blockaden durch Gegendemonstranten noch zeitgemäß oder werden neue Aktionsformen benötigt? Ist Gewalt zur Durchsetzung politischer Interessen zulässig oder sollte davon Abstand genommen werden? Ist der Bürger mit offensiven Aktionen wachzurütteln oder verschreckt man ihn damit? Dies sind lediglich Beispiele für Fragestellungen, die kontrovers diskutiert werden. Die unterschiedlichen Sichtweisen lassen sich am ambivalenten Verhältnis zur NPD verdeutlichen. Bei der Frage nach dem richtigen Umgang mit der Partei kommen Neonationalsozialisten seit Jahren auf keinen gemeinsamen Nenner. Im Gegenteil, in der Vergangenheit waren unterschiedliche Vorgehensweisen sogar mit ausschlaggebend dafür, dass Kooperationen zwischen neonationalsozialistischen Gruppierungen erheblich erschwert oder gar unmöglich wurden. Teile der neonationalsozialistischen Szene arbeiten seit Jahren eng mit der NPD zusammen. Gemeinsam werden Veranstaltungen organisiert und durchgeführt, Internetseiten gepflegt oder Propagandamaterialien verteilt. Mitgliedschaften in der NPD und gleichzeitige aktive Mitarbeit bei Neonationalsozialisten sind keine Seltenheit. Eine enge Kooperation mit der NPD pflegen beispielsweise die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland". Andere lehnen die NPD kategorisch ab. Sie sehen die NPD als "Systempartei", weil sie an Wahlen teilnimmt. Und gerade dieses System wolle man ja schließlich überwinden. Konsequenterweise wird keine Unterstüt76 Rechtsextremismus zung geleistet und lautstark für einen Wahlboykott geworben. Bekannt für ihre sehr distanzierte Haltung zur NPD sind beispielsweise Neonationalsozialisten aus Potsdam und in Südbrandenburg. Andere Neonationalsozialisten nutzen dagegen die NPD, um ihre Aktivitäten unter den Schutzschirm des Parteienprivilegs zu verlagern. Dort greift das Vereinsverbot nämlich nicht, sondern nur das weit aufwendigere und strengen Anforderungen unterliegende Parteienverbot. Kommt es aus diesem Grund zu Eintritten in die NPD oder in deren Jugendorganisation JN, führt dies allerdings nicht zwangsläufig zu einer aktiven Unterstützung und damit Stärkung der Partei. Vielmehr setzen viele Neonationalsozialisten dort lediglich ihre bisherigen Aktivitäten fort. Und die NPD lässt sie gewähren. Unterschiedliche Auffassungen über die richtige Strategie bei der Bekämpfung des "Systems" werden auch am Beispiel angemeldeter rechtsextremistischer Demonstrationen deutlich. Diese sind seit einigen Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen, da sie vermehrt von Gegendemonstranten blockiert und dadurch empfindlich gestört oder verhindert werden. Dies führt zu einem Rückgang der Teilnehmerzahlen, was innerhalb der Szene für Verärgerung sorgt. Schließlich wird gerade den öffentlichkeitswirksamen Großdemonstrationen eine große Bedeutung beigemessen. Sie dienen dazu, sich vor breitem Publikum als schlagkräftige, breite und geschlossene Gemeinschaft zu inszenieren. Bei der Frage nach einer angemessenen Reaktion auf die Blockaden angemeldeter Demonstrationen gehen die Meinungen weit auseinander. So gibt es nicht wenige Neonationalsozialisten, die einen Verzicht auf bundesweite Großdemonstrationen fordern. Ihrer Meinung nach ist es sinnvoller, stattdessen lieber viele kleine regionale Aktionen und Veranstaltungen durchzuführen. Das spart sowohl Geld als auch Zeit und schont die Nerven. Für andere wiederum sind gerade die bundesweiten Großdemonstrationen ein zentrales Datum im jährlichen Ereigniskalender. Ein Verzicht sei letztlich auch deswegen abzulehnen, da er einer Kapitulation vor dem 77 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 "System" gleichkäme. Vielmehr sei der richtige Weg, sich weiterhin friedlich an angemeldeten Demonstrationen zu beteiligen und die Verhinderung angemeldeter Veranstaltungen in die Propaganda gegen das "System" einfließen zu lassen. Gewaltbereite Szeneangehörige aus dem eher aktionsorientierten Spektrum der "Autonomen Nationalisten" teilen zwar die Forderung nach einer Fortsetzung der Großdemonstrationen. Allerdings fordern sie, die körperliche Auseinandersetzung zu suchen und die Blockaden zur Not mit Gewalt zu durchbrechen. Bislang ist dieser Vorschlag jedoch nicht mehrheitsfähig. Wohl auch aufgrund der befürchteten strafund versammlungsrechtlichen Konsequenzen. Die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" wollten 2011 einen anderen Weg einschlagen. Sie kündigten im Anschluss an eine durch Gegendemonstranten verkürzte Demonstration vollmundig an, für jeden blockierten Aufmarsch einen neuen am selben Ort durchführen zu wollen. Es blieb bei der Ankündigung. Ebenfalls 2011 eröffneten Anhänger der inzwischen verbotenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" der Szene neue Aktionsformen. Sie initiierten die Kampagne "Die Unsterblichen". Dazu zählten unangemeldete "Fackelmärsche", bei denen die Teilnehmer ihre Gesichter hinter weißen Masken und Kapuzenpullovern verbargen. Anschließend wurde ein Video davon ins Internet gestellt. In mehreren Bundesländern und im Ausland übernahmen Neonationalsozialisten diese Aktionsform und führten zahlreiche unangemeldete "Fackelmärsche" durch. In der Szene war dieses Vorgehen nicht unumstritten. So wurde oftmals kritisiert, damit würden keine politischen Inhalte transportiert, sondern Bürger verschreckt. Solche und andere Kontroversen über die Frage, wie denn der "Kampf gegen das System" zu führen sei, stehen einem überregionalen Zusammenschluss neonationalsozialistischer Gruppierungen im Wege. Unabhängig 78 Rechtsextremismus davon hat das Jahr 2013 erneut gezeigt, dass überregionale Zusammenschlüsse nur in Ausnahmefällen erfolgen. Zwar pflegen beispielsweise Szeneangehörige aus den Landkreisen Dahme-Spreewald und Oberhavel gute Verbindungen nach Berlin. Eine flächendeckende strukturelle Verzahnung, wie sie etwa die Internetpräsenz des virtuellen "Nationalen Widerstandes Berlin Brandenburg" vorgaukeln will, ist jedoch nicht feststellbar. Langfristige Kooperationen scheitern oftmals an mangelnder Motivation und fehlender Mobilität. Zudem bestehen immer wieder Spannungsverhältnisse zwischen Neonationalsozialisten mit Alleinvertretungsanspruch. Aus diesen Gründen sind überregionale Kooperationen bislang überwiegend anlassbezogen und regional begrenzt. Aktionsanlässe, Themen und Aktionsformen Aktivitäten von Neonationalsozialisten orientieren sich vielfach an jährlich wiederkehrenden Anlässen. Hierbei nimmt der regelmäßig im Februar stattfindende "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung der Stadt Dresden (Sachsen) im Zweiten Weltkrieg eine herausgehobene Stellung ein. Hinzu kommen Geburtsoder Todestage von Nationalsozialisten, allgemeine Gedenkbeziehungsweise Feiertage wie der 1. und der 8. Mai sowie der Volkstrauertag. Im Jahr 2013 führte auch die Bundestagswahl zu einer erhöhten Aktionsbereitschaft. Die Themenpalette von Neonationalsozialisten ist jedoch breiter gefächert, da die Szene regelmäßig auf tagespolitische Ereignisse reagiert. Ebenso sind klassische rechtsextremistische Themen wie beispielsweise die Asylpolitik nach wie vor von zentraler Bedeutung (siehe hierzu Kapitel 2.9). Zudem ist seit Jahren die ursprünglich von der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" initiierte "Volkstod"-Kampagne ein wichtiger Eckpfeiler 79 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 neonationalsozialistischer Propaganda. Hierbei werden Themen wie Bevölkerungsentwicklung, Geburtenrückgang oder Abwanderung aufgegriffen, um auf den angeblichen "Tod des deutschen Volkes" aufmerksam zu machen. Die Demokratie und insbesondere Politiker werden dabei zur Zielscheibe einer an dieser NS-Ideologie angelehnten völkischen Kampagne. Dem folgend wollen Neonationalsozialisten die freiheitliche Gesellschaft durch eine "Volksgemeinschaft" ersetzen. Den Politikern werfen sie vor, einen "Volkstod" zu betreiben. Im Jahr 2013 waren Neonationalsozialisten bemüht, zu umwelt-, gesellschaftsund sozialpolitischen Themen Stellung zu beziehen. Im Internet schrieben sie unter anderem über Förderschulen, Hochwasser und Tierquälerei. Mit dem Aufgreifen solcher Themen wollen sie sich als Sachwalter der Bevölkerung darstellen. Ihr eigentliches Anliegen, die Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wird meist verschleiert. So sollen Anhänger und Sympathisanten gewonnen werden. Meistens äußern sich Neonationalsozialisten über das Internet zu verschiedenen Themen. Daneben führen sie aber auch öffentlichkeitswirksame Aktionen durch. Neben Demonstrationen, Aufmärschen und Kundgebungen erstellen und verbreiten sie ebenso Propagandamaterialien. Hierbei handelt es sich zumeist um Aufkleber, Papierschnipsel, Flyer oder Plakate. Vielfach werden Sprüche und Symbole auch einfach wahllos an Hauswände gesprüht. Teilweise geschieht dies allerdings auch gezielt, um bestimmte Personen einzuschüchtern. Szenenintern wird das als "Kampf gegen den politischen Gegner" bezeichnet. Beleidigungen, Bedrohungen und körperliche Übergriffe zählen auch dazu. Solche Aktionen richten sich insbesondere gegen Angehörige der "Antifa", aber ebenso gegen Politiker, Bürgermeister, Redakteure oder engagierte Bürger und nicht zuletzt Sicherheitsbehörden. 80 Rechtsextremismus Szeneintern erregten im Jahr 2013 zudem Fotos und Videos von einem als Krümelmonster verkleideten Neonationalsozialisten für Aufsehen. Mit dem dazugehörigen Slogan "Lieber Kekse statt Demokraten" oder dem Diebstahl von an Schulen angebrachten Auszeichnungen sollen klassische NSInhalte neu verpackt werden. Neben öffentlichkeitswirksamen Aktionen sind auch interne Veranstaltungen wichtig für den Zusammenhalt der Szene. Je nach Anlass dienen sie der Weiterbildung, Vernetzung, Koordination, Geldeinnahme oder schlicht der Alkoholisierung der Teilnehmer. Neonationalsozialisten im Wahlkampf Das ambivalente Verhältnis zwischen Neonationalsozialisten und der NPD wurde im Jahr 2013 an Aktivitäten rund um die Bundestagswahl deutlich. So brachten Neonationalsozialisten aus Potsdam und Potsdam-Mittelmark in mehreren Internetartikeln ihre Ablehnung der "Systempartei" deutlich zum Ausdruck: "Selbst die so genannten Randparteien wie NPD und Linke sind letztendlich Demokraten und nichts anderes. Wirkliche Alternativen und tatsächliche Andersdenkende hat auch der bundesrepublikanische Parlamentarismus nicht zu bieten. Und wirkliche Alternativen lässt das System auch gar nicht zu. Dafür sorgen die Gerichte ..." (www.lichtschatten.info). Zudem führten sie Aktionen durch, bei denen sie sich gegen die Wahlen und damit auch gegen eine Unterstützung der NPD aussprachen. Hierbei brachten sie Propagandamaterialien an Wahlplakate oder 81 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 andere Orte des öffentlichen Raums an. Auf einem Plakat wurde fast wörtlich Adolf Hitler zitiert. Neonationalsozialisten probieren auch neue, unkonventionellere Aktionsformen aus. So haben Szeneangehörige aus Potsdam und Potsdam-Mittelmark am Tag der Bundestagswahl vereinzelt Tore von Wahllokalen mit Ketten versperrt sowie Transparente mit den Slogans "Nationaler Sozialismus jetzt", "Freiheit statt BRD", "Volkstod stoppen" und "Demokraten beerdigen das Deutsche Volk" gezeigt. Die Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung und versuchter Wahlbehinderung. Auch die "Freien Kräfte Schwedt/Oder" berichteten im Internet über eine Aktion zur Bundestagswahl. Diese wurde am 22. September 2013 in Schwedt/Oder (UM) durchgeführt. Hierbei posierten zwei Personen mit einem Transparent vor Wahllokalen der Stadt. Zu lesen war der Slogan "Die Demokraten bringen uns den Volkstod". Hervorgehoben wurde in dem dazugehörigen Internetartikel die Forderung, "das hiesige BRD System abzuschaffen, mit all ihren Parteien" (http://altermedia-deutschland.info). Mit ähnlichem Inhalt, jedoch anders verpackt, traten Neonationalsozialisten aus Südbrandenburg im Vorfeld der Bundestagswahl in Erscheinung. Auf der neonationalsozialistischen Internetseite "Zukunftsstimmen" wurde ein Video veröffentlicht. Darin verschließt eine als Krümelmonster verkleidete Person mit Absperrband ein CDU-Parteibüro im Landkreis Oberspreewald-Lausitz und bringt ein Papier mit dem Slogan "LIEBER KEKSE STATT DEMOKRATEN" an. 82 Rechtsextremismus Im Berichtsjahr traf die NPD jedoch nicht in allen Regionen Brandenburgs auf eine ablehnende Haltung der lokalen Szene. So pflegen die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" nach wie vor ein sehr enges Verhältnis zu den Führungsaktivisten des NPD-Kreisverbandes Havel-Nuthe. Im Internet machen sie aus ihrer Nähe zur NPD keinen Hehl und analysieren beispielsweise wohlwollend: "Anders sieht es da bei der NPD (3,21 %) aus. Sicherlich weit entfernt von den Mediengepuschten Blockparteien aber dennoch ein sehenswertes Ergebnis. In Anbetracht der Schikanen und Hetzberichte, des Verbotsgeschreis und NSU-Monster sowie der stetige Entzug von Öffentlichkeitsarbeit durch honorierte Linksfaschisten und Polizeiwillkür kann man dieses Ergebnis erstmal als positiv werten. Schließlich handelt es sich bei der U-18 Wahl um Jugendliche welche noch nicht festgefahren sind und sich auch informieren und weiterbilden." (www.nsfkn.info) Zudem berichten sie auf ihrer Internetpräsenz, dass am 10. August 2013 in Brandenburg an der Havel "parteigebundene und freie Kräfte" unter dem Motto "Kinder schützen - Familien stützen! Konsequent gegen Kindesmissbrauch!" demonstriert haben. Gefordert wurde auch die "Todesstrafe für Kinderschänder" (www.nsfkn.info). Es beteiligen sich insgesamt rund 40 Szeneangehörige an der Veranstaltung. Auch im Nordosten Brandenburgs gibt es keine Berührungsscheu zwischen Neonationalsozialisten und der NPD. Laut Homepage des NPDKreisverbandes Barnim-Uckermark verteilten im Juni 2013 in Prenzlau (UM) NPD-Mitglieder mit "Freien Kräften" die NPD-Regionalzeitung "Uckermarkstimme". Darüber hinaus wird auf derselben NPD-Internetseite berichtet, dass am ersten Oktoberwochenende 2013 "der NPD Ortsbereich Schwedt/Oder, zusammen mit Mitgliedern aus dem Kreisverband Barnim-Uckermark und freien Kräften das zweijährige Bestehen des Ortsbereichs Schwedt/Oder" feierte. Weiter heißt es: "Auch für die Unterstützung bei gemeinsamen Aktionen durch die anderen Mitglieder des Kreisverbandes Barnim-Uckermark sowie den Freien Kräften wird sich natürlich bedankt!" 83 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Demonstrationen und unangemeldete Aufmärsche Aufgrund negativer Erlebnisse mit angemeldeten Demonstrationen hat die Bereitschaft zur Organisation und Teilnahme an derartigen Veranstaltungen in den letzten Jahren nachgelassen. Der Ablauf solcher Veranstaltungen stellte sich zuletzt überwiegend so dar, dass sie entweder durch Gegendemonstranten blockiert und damit verhindert wurden oder deren Teilnehmer "durch menschenleere Straßen, vorbei an geschlossenen Autohäusern und Fabriken" marschierten (www.nsfkn.info). Aus diesem Grund macht sich in der neonationalsozialistischen Szene zunehmend Resignation breit. Beispielsweise beklagen die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" in Internetartikeln, ihnen sei "jegliches Recht auf die Straße" genommen. An anderer Stelle teilen sie mit: "Wir haben aus den Fehlern der letzten Jahre gelernt und begriffen, dass man das Ziel des nationalen Sozialismus nicht erreichen kann, wenn man zwischen mehreren Hundertschaften eingekesselt steht und nur darauf wartet, wieder kehrt machen zu müssen." (www.nsfkn.info) Seit einigen Jahren ist daraus resultierend eine Aufwertung unangemeldeter Aufmärsche zu erkennen. Deren Durchführung stellt zwar einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und damit für den Verantwortlichen eine Straftat dar, bietet den Teilnehmern aber die Möglichkeit, kurzfristig ohne organisierte Gegenaktionen öffentlich aufzutreten. Beliebtheit unter Neonationalsozialisten erfreute sich die Mitte 2011 durch Protagonisten der inzwischen vereinsrechtlich verbotenen Gruppierung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" initiierte Kampagne "Die Unsterblichen". Mit dem Verbot der Gruppierung verlor allerdings auch die Kampagne an Bedeutung. Im Berichtsjahr haben sich auch die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" verstärkt für unangemeldete Aufmärsche ausgesprochen. Sie kündigten 2013 mehrmals "kreativen Widerstand" anstelle von angemeldeten Demonstrationen an und drohten auf ihrer Internetseite: "So werdet ihr in Zukunft nur noch davon erfahren, dass wir marschieren, wenn ein 'besorgter' Bürger euch darüber informiert, dass auf der Straße hunderte von Menschen ohne Voranmeldung ein 'Nationaler Sozialismus - Jetzt' durch die bewohntesten Straßen der Innenstadt schreien. Dies liebe 'Schützer' des Staates, habt ihr euch selbst zu zu schreiben. Wer versucht uns das Recht auf die Straße zu nehmen muss sich nicht wundern, wenn 84 Rechtsextremismus die angestaute Wut sich Tag für Tag mehr zum Widerstand wandelt." (www.nsfkn.info) Die sinkende Bereitschaft zur Organisation von Demonstrationen wird anhand der Anzahl der Veranstaltungen deutlich. In 2013 führte der NPDKreisverband Lausitz am 15. Februar 2013 einen angemeldeten Aufmarsch in Cottbus durch. Es handelte sich um einen Gedenkmarsch anlässlich des alliierten Bombenangriffs auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg. Daran beteiligten sich insgesamt 190 Personen (2012: 180). Durch "Trauermärsche" wollen Neonationalsozialisten an deutsche Opfer im Zweiten Weltkrieg erinnern. Opfer, die das NS-Regime millionenfach zu verantworten hat, leugnen sie genauso wie den generell verbrecherischen Charakter des NS-Systems. Am 17. November 2013 veranstalteten gut 20 Personen einen "Trauermarsch" in der Stadt Hennigsdorf (OHV). Im Nachgang wurde auf der Internetseite der "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" darüber berichtet. Brandenburgische Neonationalsozialisten sind darüber hinaus auch auf Demonstrationen in anderen Bundesländern unterwegs. Eine zentrale Rolle nimmt der "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung der Stadt Dresden (Sachsen) am 13. Februar 1945 ein. Die bislang höchste Beteiligung wurde im Jahr 2009 mit etwa 6.500 Teilnehmern erreicht. 2010 gelangte zwar eine ähnlich große Anzahl zum Veranstaltungsort, konnte jedoch aufgrund zahlreicher Blockaden von Gegendemonstranten die eigentliche Veranstaltung nicht durchführen. Im Jahr darauf fand der "Trauermarsch" am 13. Februar 2011 mit einer Teilnehmerzahl von 1.450 Personen statt. Weitere für das nachfolgende Wochenende vorgesehene Großveranstaltungen konnten aufgrund von Gegenaktivitäten nicht wie geplant stattfinden. Beteiligten sich 2012 noch etwa 1.600 Rechtsextremisten an der Veranstaltung, waren es im Jahr 2013 nur noch rund 700 Personen. Dass der "Trauermarsch" in Dresden (Sachsen) nach wie vor eine wichtige Rolle für brandenburgische Szeneangehörige spielt, belegt deren intensive Mobilisierung für die Veranstaltung. Dies geschieht unter anderem im Rahmen einer "Aktionswoche", in der sieben Tage vor der Veranstaltung bundesweit mit regionalen Propagandaaktionen auf das Ereignis aufmerksam gemacht werden soll. Im Jahr 2013 hat die brandenburgische Szene über mehrere Eigenak85 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 tionen dazu berichtet. Demnach wurden im Havelland Flugblätter und Aufkleber verbreitet. Darüber hinaus sollen Holzkreuze mit den Aufschriften "Dresden", "1945" und "Mord" an Straßen aufgestellt worden sein. In Cottbus wurde ein Plakat verklebt, auf dem "Dresden" - 13. Februar - Denk dran!" zu lesen war. In Guben (SPN) wurden gleich mehrere Propagandaaktionen in diesem Zusammenhang durchgeführt. Im Internet veröffentlichte Fotos zeigen entsprechende Transparente. Darüber hinaus sollen im Stadtgebiet Plakate, Aufkleber und Flugblätter verbreitet worden sein. Außerdem soll im Rahmen einer Aktion mit Teelichtern der getöteten Deutschen gedacht worden sein. Neonationalsozialistische Aktivitäten an "Gedenktagen" Für Neonationalsozialisten spielen Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs und die Verehrung von NS-Funktionären eine wichtige Rolle. Eine besondere Bedeutung für die brandenburgische Szene hat der am 11. Oktober 2013 in Rom verstorbene Erich Priebke. Er wurde am 29. Juli 1913 in Hennigsdorf (OHV) geboren und war im Zweiten Weltkrieg als deutscher SS-Führer an den Geiselerschießungen bei den Ardeatinischen Höhlen beteiligt. Er wurde 1998 in Italien als Kriegsverbrecher zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, die jedoch aus Altersgründen in Hausarrest umgewandelt wurde. Brandenburgische Neonationalsozialisten nutzten das Jahr 2013 sowohl vor als auch nach seinem Tod für Aktionen zu Ehren Priebkes. Dazu zählen Veröffentlichungen wie auf der Internetseite "Licht und Schatten": "Gut 75 Jahre ist es nun her, dass eine Generation zu den Waffen griff in dem Glauben an die Zukunft des Volkes. So auch Erich Priebke. Er kämpfte für die Freiheit des deutschen Volkes und für ein Europa der Vaterländer in der größten Freiwilligenarmee, die es je in Europa gegeben hatte. Nach Beendigung des großen Krie86 Rechtsextremismus ges wurden die Männer der Waffen-SS verfolgt und zum Ziel von Kriegstreibern. Erich Priebke und viele andere vor ihm sind im wahrsten Sinne ein Sinnbild für die Geißelung eines ganzen Volkes. So wurde Erich Priebke für eine Tat verantwortlich gemacht, die sein Vorgesetzter schon verbüßen musste." Die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" veröffentlichten noch vor seinem Tod ebenfalls einen Artikel auf ihrer Internetseite. Zu sehen sind darin unter anderem mehrere Fotos, die Schilder zeigen, auf denen "Freiheit" und "Gerechtigkeit" für Priebke gefordert wird. Ein zentraler Termin im Ereigniskalender ist auch der Todestag des am 23. Februar 1930 erschossenen SA-Manns Horst Wessel. Zu diesem Anlass führen Szeneangehörige regelmäßig Propagandaaktionen durch. Am 23. Februar 2013 wurden auf dem Kriegerdenkmal in Geltow (PM) und vor dem Bürgerbüro der Partei DIE LINKE in Werder (Havel) (PM) brennende Grabkerzen und Tannenzweige abgelegt. Daneben wurde ein Bild von Horst Wessel aufgestellt. Dies enthielt unter anderem die Aufschrift: "Horst Wessel! Ehre, Treue, Vaterland, Ermordet durch rote Hand". Die Internetplattform "Infoportal Potsdam" berichtete darüber. Ein weiteres zentrales Datum ist der Geburtstag von Adolf Hitler am 20. April. Szeneanhänger feiern dann traditionell eher im privaten Rahmen. Nichtsdestotrotz kommt es auch immer wieder zu öffentlichen Bekenntnissen. So waren am 20. April 2013 aus einer Gaststätte in Brandenburg an der Havel unter anderem "Sieg Heil"-Rufe zu vernehmen. Am selben Tag skandierten in Mahlow (TF) zwei Personen mehrfach "Heil Hitler" und zeigten den Hitlergruß. Darüber hinaus riefen sie: "heut ist der 20.04. oi-oi-oi". Und in einer Wohnung in Potsdam wurde das Horst-Wessel-Lied gesungen. Zum 1. Mai führt die rechtsextremistische Szene bundesweit regelmäßig dezentrale Veranstaltungen durch. In Brandenburg wurde 2013 jedoch keine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung angemeldet. Die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" berichten im Internet jedoch über eine mit NPDMitgliedern durchgeführte Tretboot-Fahrt auf dem Ruppiner See (OPR). Nach Polizeiangaben waren neun Personen auf drei Tretbooten beteiligt. 87 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Es wurden zwei Transparente mit der Losung "Zukunft statt Hartz IV - Wir wollen leben" und "Schluss mit der Ausbeutung, gerechter Lohn für ehrliche Arbeit" hochgehalten. Auch zum 8. Mai als Tag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht im Jahr 1945 fühlen sich brandenburgische Neonationalsozialisten regelmäßig zu Aktivitäten animiert. So war auf der Internetseite "Licht und Schatten" zu lesen: "Doch wissen wir Nationale Sozialisten, dass der 8. Mai 1945 ein Zeichen für das Elend, die Qual, die Trauer und das Massenmorden gegen das Deutsche Volk ist. Sechs Jahre lang hat das deutsche Volk um seine Existenz gekämpft und erlag letztendlich der Übermacht. Am 8. Mai 1945 wurde der Krieg in Europa beendet, doch der Krieg wird nun mit anderen Waffen gegen uns Deutsche weiter geführt. Die Waffen lauten nun Demokratie, Überfremdung, Geburtenschwund und globaler Kapitalismus." Des Weiteren wurden Fotos veröffentlicht, welche einen unangemeldeten nächtlichen "Fackelmarsch" durch Kloster Lehnin (PM) in den Abendstunden des 8. Mai 2013 zeigen. Beteiligt waren etwa 20 bis 30 Personen aus Potsdam und Potsdam-Mittelmark. Ein Versammlungsteilnehmer hielt per Megaphon eine Rede. Teilnehmer warfen selbstgefertigte Flyer in die Luft. Auf diesen befanden sich die Aufdrucke "Die Demokraten beerdigen das deutsche Volk" und "Gedanken einer neuen Zeit", jeweils mit einem Verweis auf die Internetseite "Licht und Schatten". Auch wurden auf den Boden mehrmals mit schwarzer Farbe die Parole "Frei, Sozial und National" sowie die Adresse der Internetseite "Licht und Schatten" aufgesprüht. Die "Freien Kräfte Königs Wusterhausen" (LDS) organisierten für den 8. Mai 2013 eine Kundgebung mit dem Motto "Kein Grund zum Feiern; 'Massenmord' ist keine Befreiung". Daran beteiligten sich ungefähr 60 Personen. In Karstädt und Wittenberge (beide PR) verteilten Unbekannte Flyer mit Bezug zum 8. Mai 1945. In Guben (SPN) wurden großflächig die Schriftzüge "8. Mai 1945 wir feiern nicht" und "8. Mai 1945 war keine Be88 Rechtsextremismus freiung" mit Kreide auf den Asphalt einer Straße aufgemalt. Kreidezeichnungen wurden zudem in Velten (OHV) festgestellt, dort schrieben Unbekannte: "8. Mai 1945 Befreiung???". Und in Cottbus wurde das Denkmal für Opfer von Faschismus und Militarismus zuerst mit weißer Farbe übergossen und anschließend mit einer Spraydose mit undefinierbaren blauen Zeichen besprüht. Auch der Selbstmord des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß (17. August 1987) ist für Neonationalsozialisten ein wichtiges Datum. So wurden am 17. August 2013 rund 60 Szeneangehörige in einem Waldgebiet zwischen Lietzen und Marxdorf (beide MOL) festgestellt. Hierbei waren "Sieg Heil"Rufe zu vernehmen. Ein weiteres Ereignis ist der Volkstrauertag, den Rechtsextremisten in ihrem Sinne ständig umzudeuten versuchen. In diesem Zusammenhang galt Halbe (LDS) einst als wichtigster Versammlungsort in Deutschland. Mit dem im Oktober 2006 verabschiedeten Gräberstätten-Versammlungsgesetz und dem "Fest der Demokratie", das die Gemeinde mit vielen anderen feiert, konnte rechtsextremistischen Aktivitäten dort ein Riegel vorgeschoben werden. Seitdem zieht die Szene dezentrale Aktionen vor. Am 8. November 2013 veranstalteten 20 bis 30 Rechtsextremisten mit Bezug zu JN in einem Waldgebiet zwischen Ferch und Neuseddin (beide PM) ein Heldengedenken. Beim Eintreffen der Polizei verließen die Teilnehmer teilweise fluchtartig das Gelände. Gemeinsam mit "Freien Kräften" führte der NPD-Ortsbereich Prenzlau am 17. November 2013 eine Versammlung durch. Durch unbekannte Täter wurden in Werder (Havel) (PM) drei Transparente mit den Aufschriften: "RUHM UND EHRE DER WAFFEN SS - www.lichtschatten.info", "IHRE TATEN UNVERGESSEN, www.lichtschatten.info" und "HELDENGEDENKEN, www.lichtschatten.info" angebracht. Der Kampf gegen den politischen Gegner Der "Kampf gegen den politischen Gegner" reicht von Bedrohungen und Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Wie Neonationalsozialisten versuchen, Gegner einzuschüchtern, kann am Beispiel von Szeneangehörigen aus Spremberg (SPN) verdeutlicht werden. Die dortige Szene ist eine der aktivsten und aggressivsten in Brandenburg. Den harten Kern bilden rund 25 Neonationalsozialisten. Darüber hinaus gibt es noch 89 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 etwa 10 Mitglieder und Sympathisanten der NPD. Bereits seit vielen Jahren sind Verbindungen der Spremberger Rockerszene zur rechtsextremistischen Szene bekannt. Vier Personen der rechtsextremistischen Szene Spremberg gehörten der am 19. Juni 2012 verbotenen Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" an. Während die "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" nicht typischerweise mit gewalttätigen Aktionen auffiel, ist die Spremberger Gruppierung sehr gewaltbereit und tritt provokant in der Öffentlichkeit auf. Es kommt immer wieder zu Übergriffen auf linksgerichtete Jugendliche, ausländische Mitbürger und andere Personen. Weitere - auch strafbare - Aktionen richteten sich wiederholt gegen die Pressefreiheit, konkret gegen die "Lausitzer Rundschau". So betraten am 19. März 2013 zwei Szeneangehörige die Lokalredaktion und forderten, ausführlicher über "Antifa-Schmierereien" zu berichten. Ansonsten kämen sie wieder, dann sähe der Besuch aber anders aus. Am 7. Juli 2013 brachte ein hinlänglich bekannter Szeneangehöriger einen Aufkleber an der Tür der Lokalredaktion an. Darauf war ein Schweinekopf mit der Beschriftung: "Ich mag Schwein!" abgebildet. Zwei weitere Aufkleber mit den Aufschriften "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht!", "Die Presse lügt", "www.freiesnetz.com" und einem Pinocchio-Kopf mit langer Nase wurden am 7. Oktober 2013 an der Lokalredaktion festgestellt. Neonationalsozialistische Gruppierungen In Brandenburg entfalten mehrere neonationalsozialistische Gruppierungen Aktivitäten. Darüber hinaus existieren neben den nachfolgend genannten Vereinigungen noch losere Personenzusammenschlüsse, so beispielsweise in Bad Belzig (PM) und im Nordosten Brandenburgs. 1. "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) Die "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) zeigt sich seit ihrer erklärten Selbstauflösung am 3. Juli 2010 nun wieder öffentlich. Damals waren einen Tag zuvor Objekte und Personen im Zusammenhang mit der KMOB auf vereinsrechtlicher Grundlage Gegenstand polizeilicher Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Im Herbst 2010 formierte sich in der Region der "Freundeskreis Nord-Brandenburg". Doch dieser konnte sich nicht etablieren. Im Herbst 2012 wurde zum Liederabend und einer Jahresfeier unter dem Motto "Niedergang und Wiederauferstehung" eingeladen. Etwa 75 Personen waren anwesend. Schon im November 2012 zeigte sich die 90 Rechtsextremismus "Freie Kräfte" in Brandenburg UM 5 PR OPR OHV 2 BAR 1 7 8 HVL MOL 6 4 LOS PM TF LDS SPN OSL EE 3 Nr. Bezeichnung Region "Kameradschaft Märkisch 1 Nord-Ost-Brandenburg Oder Barnim" (KMOB) 2 "Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland" (FKN) Neuruppin (OPR) 3 "Nationalisten Spremberg" Spremberg (SPN) 4 "Freie Kräfte Königs Wusterhausen" (FK KWH) Königs Wusterhausen (LDS) 5 "Freie Kräfte Schwedt/Oder" Schwedt/Oder (UM) 6 "Nationale Sozialisten Premnitz" Premnitz, Rathenow (beide HVL) 7 "Märkische Skinheads 88" (MS 88) Oranienburg (OHV) 8 "Nationale Jugend Bamme" Rathenow (HVL) KMOB auf einer NPD-Demonstration in Frankfurt (Oder) mit einem Transparent: "frei - sozial - national". Am 27. Juli 2013 trugen Szeneaktivisten KMOB-T-Shirts auf einem rechtsextremistischen Konzert in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR). Ein T-Shirt hatte einen wappenartigen Rücken91 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 aufdruck mit "5 Jahre KMOB", eingerahmt von den Worten "Kampf - Aktion - Widerstand". Ein anderes T-Shirt war bedruckt mit einem wappenartigen Rückenaufdruck "KMOB", umgeben mit den Worten "Wahrhaft - Mutig - Erdverwachsen", "Ortsgruppe Uckermark". Am 21. September 2013 wurde wieder nach Schorfheide, Ortsteil Finowfurt, (BAR) zum Liederabend und einer Jahresfeier mit Liedermachern eingeladen. Insgesamt befanden sich bis zu 120 Personen auf dem Grundstück. Die Veranstaltung wurde durch die Polizei aufgelöst, nachdem strafbare Titel gespielt wurden. Angehörige der KMOB waren am 01.02.2014 offenbar an einer Kreisverbandsgründung der Partei "Die Rechte" beteiligt. 2. "Freie Kräfte Neuruppin / Osthavelland" Die erstmals 2009 in Erscheinung getretenen "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" (FKN) veröffentlichen auf ihrer Internetseite Demonstrationsaufrufe und Berichte von Gedenkveranstaltungen. Hinzu kommen - mehr als in den Jahren zuvor - Stellungnahmen zu allgemeinen politischen Themen wie beispielsweise die Eurokrise, Arbeitslosigkeit sowie Ausländerkriminalität und Asylmissbrauch. Wie bereits in den Vorjahren veranstalteten die FKN gemeinsame Aktionen wie Mahnwachen. So will sie den Zusammenhalt rechtsextremistischer Gruppierungen aus verschiedenen Landkreisen fördern und den Kontakt zu örtlichen NPD-Strukturen festigen. Darüber hinaus beteiligten sie sich an Demonstrationen in und außerhalb Brandenburgs, führten aber im Jahr 2013 keine eigene Demonstration durch. Ein führender Aktivist der FKN ist seit dem 1. März 2012 Vorsitzender des NPD-Stadtverbandes Neuruppin. 3. "Nationalisten Spremberg" Im April 2012 wurde im Internet ein Foto einer Gruppe von Rechtsextremisten vor dem Bismarckturm, dem Wahrzeichen der Stadt Spremberg (SPN), veröffentlicht. Abgebildet sind etwa 30 überwiegend schwarz gekleidete und vermummte Personen. Die Personen stehen hinter einem Plakat mit der Aufschrift "Deutsche Jugend voran! Nationalisten Spremberg". Zwei Personen halten eine Fackel in der Hand. Das 92 Rechtsextremismus Foto trug ein Goebbels-Zitat als Unterschrift. Vier Personen der rechtsextremistischen Szene Spremberg gehörten der am 19. Juni 2012 verbotenen Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" an. Allerdings ließen sich diese Personen vom Verbot nicht beeindrucken, gehen weiterhin ihren rechtsextremistischen Aktivitäten nach und begehen Straftaten. Die Gruppierung zählt zu den aktivsten und aggressivsten in Brandenburg. Ihre Anhänger sind gewaltbereit. 4. "Freie Kräfte Königs Wusterhausen" Die "Freien Kräfte Königs Wusterhausen" (FK KWH) sind ein loser Zusammenschluss von Einzelpersonen. In den Jahren 2009 und 2010 nahmen Anhänger an zahlreichen Demonstrationen und Aktionen teil. In den Jahren 2012 und 2013 fand lediglich noch jeweils eine Mahnwache am 8. Mai statt. 5. "Freie Kräfte Schwedt/Oder" "Wahltag in Schwedt - Demokratie = Lüge" - so lautet ein Internetbeitrag auf altermedia-deutschland.info. Am Wahlsonntag, dem 22. September 2013, soll in Schwedt/Oder (UM) eine Aktion anlässlich der Bundestagswahl stattgefunden haben. Unterzeichnet ist der Artikel mit "Freie Kräfte Schwedt/Oder". "So versammelten sich die Kameraden, mit gut vorbereiteten Transparenten vor einigen Wahllokalen und an belebten Plätzen der Stadt, um darauf aufmerksam zu machen, dass die 'Demokraten' uns den Volkstod bringen." Der Beitrag endet mit der Forderung: "Damit es in diesem Land wieder vorwärts geht, kann es nur eines geben und das lautet, das hiesige BRD System abzuschaffen, mit all ihren Parteien." Zur Dokumentation werden zwei Fotos beigebracht, die jeweils ein von zwei Personen gehaltenes Transparent mit der Aufschrift "DIE DEMOKRATEN BRINGEN UNS DEN VOLKSTOD" zeigen. In der Vergangenheit wurde das Thema "Volkstod" in Schwedt/Oder (UM) von der "Oderfront" in Szene gesetzt. 6. "Nationale Sozialisten Premnitz" Auch im Nordwesten des Landes Brandenburg sammeln sich Neonationalsozialisten in losen parteiungebundenen Strukturen und treten in unregelmäßigen Abständen in Erscheinung. Obschon öffentlichkeitswirksam 93 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 letztmalig 2010 als "Nationale Sozialisten Premnitz" aufgetreten, sind die Protagonisten dieser Gruppierung bis heute gemeinsam in der regionalen Szene aktiv. Dem Personenkreis werden fünf bis zehn teilweise gewaltbereite Personen zugerechnet. Sie gehörten mehrheitlich der 2005 verbotenen "Kameradschaft Hauptvolk" an. Gelegentlich unterstützt der Personenkreis den NPD-Kreisverband Havel-Nuthe. Vernetzungen bestehen darüber hinaus nach Brandenburg an der Havel, Potsdam-Mittelmark und Sachsen-Anhalt. 7. "Märkische Skinheads 88" In der Region um Oranienburg (OHV) sind die "Märkischen Skinheads 88" (MS 88) aktiv. Vornehmlich organisierten sie rechtsextremistische Konzerte, zuletzt am 27. Juli 2013 auf einer Szeneliegenschaft in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR). Gerade hier konnte eine deutliche Professionalisierung festgestellt werden. Angehörige der MS 88 traten im Jahr 2013 immer wieder als Teilnehmer oder als Ordner auf Demonstrationen und Mahnwachen der NPD in Erscheinung. Der Kopf sowie weitere Aktivisten der Gruppierung sind im NPD-Kreisverband Oberhavel aktiv. 8. "Nationale Jugend Bamme" Unweit von Rathenow (HVL) formiert sich zur Zeit mit der "Nationalen Jugend Bamme" eine kameradschaftsähnliche Struktur. Zuletzt beteiligten sich am 7. September 2013 zwei Mitglieder dieser Gruppierung an einer Demonstration gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in Rathenow und Premnitz (beide HVL). 94 Rechtsextremismus 2.4 "Die Rechte": Familienbetrieb mit Grundstück Seit dem 27. Mai 2012 existiert mit "Die Rechte" eine weitere rechtsextremistische Partei neben der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD, siehe Kapitel 2.1). "Die Rechte" wurde auf Betreiben des bekannten wie unsteten Neonationalsozialisten Christian Worch in Hamburg gegründet. Er ist zugleich Bundesvorsitzender. Entstanden ist die Partei als Reaktion auf die Fusion der rechtsextremistischen Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) mit der NPD. Jedoch suchten einige DVU-Mitglieder mit anderen eine politische Heimat abseits der NPD. Wohl auch deswegen finden sich Versatzstücke der DVU-Programmatik bei "Die Rechte" wieder. Zeitweilig war Worch sogar selbst in der DVU aktiv. Der letzte DVUVorsitzende Faust hatte ihn beispielsweise für - erfolglose - Wahlkämpfe in Brandenburg geworben. Dafür schien Worch umso erfolgreicher darin gewesen zu sein, die zum damaligen Zeitpunkt sowieso schon völlig desorientierte DVU noch weiter zu verunsichern. Nichtsdestotrotz erklärte Worch, er sehe seine neugegründete Partei "Die Rechte" in der Tradition der DVU. Christian Worch gilt trotz vieler Misserfolge als einer der profiliertesten Neonationalsozialisten der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihm verfügt die Partei über einen gut vernetzten Vorsitzenden, der trotz des vergleichsweise moderaten Partei-Programms bis hin zu "Autonomen Nationalisten" (siehe Kapitel 2.3) anschlussfähig ist. Bis auf wenige Ausnahmen war die Partei seit ihrer Gründung öffentlich kaum wahrnehmbar. Bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 trat sie nur in Nordrhein-Westfalen an. Sie erhielt landesweit insgesamt nur 2.245 Zweitstimmen, was einem Zweitstimmenanteil von 0,0 Prozent entspricht. Zulegen konnte "Die Rechte" dagegen bei den Mitgliedern. Ende 2013 zählte sie rund 500 (2012: 200). Diese Entwicklung zeigt sich ebenso bei der Zahl der Landesverbände. Waren es Ende 2012 nur zwei, stieg die Zahl in 2013 auf acht: Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen. Bremen hat laut Internetseite von "Die Rechte" einen Landesbeauftragten. In einigen Ländern wie Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen ist "Die Rechte" zudem dazu übergegangen, auf regionaler Ebene Strukturen herauszubilden. Organisatorische Hochburg ist Nordrhein-Westfalen, 95 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 wo "Die Rechte" nach eigenen Aussagen bereits über neun Kreisverbände verfügen will. Der Charakter der Landesverbände ist sehr unterschiedlich. Als Auffangbecken für politisch heimatlose ehemalige DVU-Mitglieder wurden die wenigsten Landesverbände gegründet. Denn gerade enttäuschte NPD-Mitglieder, neonationalsozialistische "Freie Kräfte" auf der Suche nach festeren Strukturen und insbesondere Mitglieder verbotener oder vermeintlich von einem Verbot bedrohter Organisationen nutzen "Die Rechte" für ihre Zwecke. Dementsprechend sind einige Landesverbände eindeutig neonationalsozialistisch ausgerichtet. Das gilt gerade für den Landesverband Nordrhein-Westfalen. Am 23. August 2012 wurden dort die neonationalsozialistischen Organisationen "Nationaler Widerstand Dortmund", "Kameradschaft Hamm" und "Kameradschaft Aachener Land" verboten. Kurz danach entstand der Landesverband Nordrhein-Westfalen von "Die Rechte". Daher besteht ein nicht unerheblicher Teil der dort führenden Mitglieder aus ehemaligen Angehörigen dieser verbotenen Strukturen. Der ehemalige Vorsitzende der "Kameradschaft Hamm" ist heute Vorsitzender des "Die Rechte"-Kreisverbandes Hamm. In Dortmund kandidiert ein ehemaliger Kameradschaftsaktivist bei der Kommunalwahl 2014 für den Stadtrat. Auch im Landesvorstand von Nordrhein-Westfalen und im Bundesvorstand finden sich Mitglieder der verbotenen Vereinigungen. Worchs Sogwirkung auf Neonationalsozialisten zeigt sich ebenso an der Wahl des als "SS-Sigi" bekannten Siegfried Borchardt zum Kreisvorsitzenden in Dortmund (Nordrhein-Westfalen). Auch er tritt 2014 zur Kommunalwahl in Dortmund an. Borchardt ist seit den achtziger Jahren durch die von ihm gegründete Hooligan-Gruppierung "Borussenfront" bekannt. Später war er stellvertretender Vorsitzender der 1995 verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP). Ferner konnte Borchardt vielfach im Umkreis von Michael Kühnen (+ 25. April 1991) festgestellt werden. Kühnen war bis zu seinem Tod der führende Neonationalsozialist in Deutschland. Worch entstammt ebenso dessen Umfeld. Mit seiner vergleichsweise neonationalsozialistischen Ausrichtung hebt sich der "Die Rechte"-Landesverband Nordrhein-Westfalen von anderen ab. Andernorts zählten die meisten Landesverbände Ende 2013 deutlich weniger Mitglieder, oder fast gar keine wie in Sachsen oder Brandenburg. 96 Rechtsextremismus Der sächsische wurde beispielsweise erst auf Betreiben eines hessischen Funktionärs und stellvertretenden Bundesvorsitzenden am 26. Oktober 2013 in Hessen gegründet. Zudem lähmt sich die junge Partei mit internen Auseinandersetzungen. So löste sich der erst im Februar 2013 gegründete Landesverband Niedersachsen bereits am 9. November 2013 wieder auf, nachdem drei Mitglieder des Landesvorstandes zurückgetreten waren. Grund dafür waren Unstimmigkeiten mit dem Landesvorsitzenden. Zwischenzeitlich wurde der Landesverband unter Notverwaltung gestellt. Auf einem Landesparteitag am 19. Januar 2014 wurde der alte Vorsitzende dann wiedergewählt. Ein Kommentar auf der provisorischen Internetseite des Landesverbandes vermerkte dazu: "Leider war der Parteitag nicht wirklich gut besucht. Nach den ersten Meldungen waren 6 Parteimitglieder aus dem Bundesland Niedersachsen anwesend. Bleibt zu hoffen, dass der alte und auch neue Vorsitzende nun seinen Aufgaben nachkommt". "Die Rechte" in Brandenburg 2013 gingen vom brandenburgischen Landesverband "Die Rechte" geringe Aktivitäten aus. Er wurde erst am 26. Januar 2013 in Biesenthal (BAR) gegründet und zählte Ende des Jahres mehr oder weniger fünf Mitglieder. Vorsitzender ist der letzte Landesvorsitzende der DVU, Klaus Mann. Stellvertreterin ist seine Ehefrau Sybille. Der Sohn ist ebenfalls mit dabei, weswegen der Landesverband vorübergehend mehr als Familienunternehmen denn als Partei wirkte. Mann verbindet Politik gewöhnlich mit finanziellen Interessen. In den letzten Jahren wurde das seiner Frau gehörende Grundstück in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) wiederholt der DVU, der NPD, Neonationalsozialisten und für rechtsextremistische Konzerte zur Verfügung gestellt. Am 29. Juni 2013 fand die einzige größere Parteiveranstaltung seit der Gründung des Landesverbandes dort statt. Es war das insgesamt 14. Sommerfest auf seinem Gelände, nur feierte diesmal eben "Die Rechte". Da es sich jedoch eher um ein rechtsextremistisches Konzert handelte, wurde es von der Polizei aufgelöst. Danach kam es dort zu keinen größeren Parteiveranstaltungen mehr (siehe auch Kapitel 2.6). 97 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Nachdem "Die Rechte" in Brandenburg noch ihr erstes regionales Flugblatt erstellt hatte, verabschiedete sie sich einschließlich ihrer Internetauftritte von Juli bis September 2013 in die Sommerpause. Zumindest die Internetauftritte waren bis dahin regelmäßig gepflegt worden. Ende September gab es dann wieder erste Lebenszeichen. Dies hing wohl auch mit der zwischenzeitlichen Gründung des Berliner Landesverbandes am 15. September 2013 zusammen. Bei "Die Rechte" in Berlin sind ehemalige Mitglieder der 2009 vom dortigen Innensenator verbotenen neonationalsozialistischen Gruppe "Frontbann 24" aktiv. Die besuchten schon in der Vergangenheit einschlägige Veranstaltungen in Nordostbrandenburg. Eine nennenswerte Zahl Berliner Rechtsextremisten beteiligte sich ebenso an zwei Aktionen von "Die Rechte". Damit wollte die Partei an die zu diesem Zeitpunkt bereits von der NPD betriebene Anti-Asylkampagne andocken (siehe hierzu Kapitel 2.9). Unter dem Motto "Asylantenheim - Wir sagen Nein!" führte die Partei am 16. November 2013 und am 4. Januar 2014 Mahnwachen in Oderberg (BAR) und Bad Freienwalde (MOL) mit etwa 35 beziehungsweise 55 Teilnehmern durch. In Oderberg wurde ein Flugblatt mit typischen rechtsextremistischen Inhalten verteilt. "Die eigentliche Gefahr für Deutschland", so heißt es, "ist jedoch die fortschreitende, galoppierende Überfremdung unserer Heimat. Immer mehr Ausländer mit exotischen Verhaltensweisen aus fremden, konkurrierenden Kulturen, werden hier von durchgeknallten Politikern gefeiert wie die Ankunft des Messias, Politiker .... wollen aus irregeleiteter Toleranz fremde Kulturen hier gleichberechtigt ansiedeln. Was für ein gefährlicher Wahnsinn!" Propagandamaterial zur Kampagne können Interessierte auch über den "Zentralversand - Versand des Nationalen Widerstandes" mit Sitz in Chorin (BAR) bestellen. Seit Ende Dezember 2013 existiert eine Facebook-Seite "Nein zum Heim Oderberg". Die ist zwar ähnlich wie entsprechende NPD-beeinflusste Facebook-Seiten in Berlin und Brandenburg aufgemacht. Sie weist jedoch deutliche Bezüge zu "Die Rechte" und szenetypischen fremdenfeindlichen Rassismus auf: 98 Rechtsextremismus "Wir wollen kein Asylbewerberheim in Oderberg. Wir kämpfen für Ihre Sicherheit! Wir dulden es nicht, dass unsere Kinder mit Kriminellen aufwachsen sollen!" Neben Neonationalsozialisten aus Berlin scheinen sich zunehmend "Freie Kräfte" aus den Landkreisen Barnim und Märkisch-Oderland für "Die Rechte" zu interessieren. Am 1. Februar 2014 wurde der "Kreisverband Märkisch-Oder-Barnim (KMOB)" in Brandenburg gegründet. Die stellvertretende Parteivorsitzende Sybille Mann teilte dazu auf der Partei-Homepage mit: "Nachdem der Landesvorsitzende Klaus Mann die Mitglieder und Gäste herzlich begrüßt hatte, wurde unser Parteivorsitzender Christian Worch zum Gründungswahlleiter bestimmt. (...) Dem Kreisverband gehören überwiegend junge, aktive Mitglieder an, die sich in freien Kameradschaften bewährt haben. Somit ist ein weiterer Schritt im gerechten Kampf gegen das herrschende System und ihren angeblichen Volksvertretern in Brandenburg getan." An dieser Gründung beteiligt waren offenbar Angehörige der zwischenzeitlich aufgelösten "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB). Die Zahl der Parteimitglieder wird sich damit deutlich erhöht haben. Auch mit einer Steigerung der Parteiaktivitäten ist zu rechnen. Ebenso muss eine stärkere neonationalsozialistische Ausrichtung der Partei befürchtet werden. Ähn99 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 lich wie in anderen Regionen wird "Die Rechte" von den "Freien Kräften" als willkommene Alternative gesehen, ihre Aktivitäten unter den Schutz einer vermeintlich schwer zu verbietenden Partei zu stellen. Für die unter Mitgliederverlusten leidende brandenburgische NPD bildet sich damit zumindest regional nach und nach eine ernsthafte Konkurrenz heraus. Bundesweit wird "Die Rechte" bis auf weiteres eine unbedeutende Splitterpartei bleiben. Bei Wahlen kann sie der NPD jedoch entscheidende Stimmen abnehmen. Das gilt sowohl für den Gewinn von Mandaten als auch für den Erwerb erforderlicher Stimmenzahlen für Wahlkampfkostenerstattungen. Dass "Die Rechte" 2014 auf Stimmzetteln in Brandenburg stehen könnte und somit gegen die NPD antritt, ist am ehesten bei der Europawahl möglich. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieses Verfassungsschutzberichts versuchte sie bundesweit, dafür Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Von einer selbstständigen Beteiligung an der gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahl und an der späteren Landtagswahl scheint "Die Rechte" jedoch abzusehen. Stattdessen soll sie nach eigenen Angaben Listenplätze bei der NPD erhalten. 100 Rechtsextremismus 2.5 Rechtsextremistische Hass-Musik Musik von Rechtsextremisten dient der Verherrlichung von Gewalt sowie Nationalsozialismus und prägt damit die Erlebniswelt und Orientierung ihrer meist jungen Hörer. Für die Szene erfüllt Musik zudem eine ideologiestiftende Funktion, um neue Szeneangehörige zu gewinnen und heranzuführen. Von wenigen Liedermachern und ersten Rap-Versuchen abgesehen, wird überwiegend Rock gespielt. Im Jahr 2013 konnte die rechtsextremistische Musikszene in Brandenburg ihren hohen Aktivitätslevel der Vorjahre nicht in allen Bereichen halten. Zwar blieb die Zahl der Bands mit 24 unverändert. Doch bei Konzerten ist ein Rückgang feststellbar. Fünf Konzerte (2012: 9) haben stattgefunden. Davon wurden vier (2012: 3) aufgelöst. Mit insgesamt etwa 1.600 hat sich die Zahl der Konzertteilnehmer gegenüber 2012 nur unwesentlich verringert (2012: 1.700). Wie bereits 2012 wurden 12 neue Tonträgerproduktionen registriert. Im bundesweiten Vergleich sind Bandaktivitäten in Brandenburg vergleichsweise hoch. Das wird von der Nähe zu Sachsen begünstigt, denn dort finden bundesweit die meisten rechtsextremistischen Konzerte statt. Hierbei ist insbesondere Torgau, Ortsteil Staupitz in Sachsen von Bedeutung. Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 30 25 26 25 23 24 24 24 20 22 15 13 10 5 0 2005 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 101 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Rechtsextremistische Bands 2013 in Brandenburg 1. Aryan Brotherhood (A.B.); Potsdam 2. Autan; Oranienburg (OHV) 3. Bloodshed (B.S.); Potsdam 4. Blutflagge; Beeskow (LOS) 5. Burn Down (B.D.); Potsdam 6. Confident of Victory (C.O.V.); Senftenberg (OSL); hinzu kommen das Black Metal-Projekt Obskur sowie das Bandprojekt Against Music Industry (bestehend aus C.O.V. und der sächsischen Band Magog) 7. Die weißen Jäger (D.W.J.); (LOS) 8. Exzess; Strausberg (MOL) 9. Frontalkraft (FK); Cottbus 10. Frontfeuer; Beeskow (LOS) 11. Hallgard; (OHV) 12. Handstreich (vormals Glaskammer, Cynic); Potsdam; hinzu kommt das Projekt Natürlich 13. Hassgesang (H.G.); Teltow (PM); hinzu kommen die Projekte: Agnar, No Escape, Anger Within 14. Hausmannskost (HMK); Cottbus 15. Helle und die RACker (H&R); Raum Oranienburg (OHV); auch mit der Schreibweise Helle und die RACer sowie Heller und USK zu finden 16. Himmelfahrtskommando; (ohne regionale Zuordnung) 17. Jungvolk; (UM) 18. Klänge des Blutes; (BAR); Nachfolgeband der 2011 aufgelösten Band Preußenfront 19. Mogon; Beeskow (LOS) 20. Preussenstolz; Potsdam 21. Projekt 8.8 (Projekt 88); Beeskow (LOS) 22. Uwocaust (auch bekannt unter Uwocaust & alte Freunde sowie Uwe und alte Freunde); Potsdam 102 Rechtsextremismus 23. Volkstroi / USK; Fürstenwalde und Beeskow (LOS) 24. Wolfskraft (WK); Beeskow (LOS) Von den Bands "Barbaren" aus Eisenhüttenstadt (LOS) und "Redrum" aus Potsdam wurden keine Aktivitäten festgestellt. Die Band "Hope for the Weak" wird als sächsische Band gezählt. Die Mehrzahl der Bandmitglieder sowie der Sänger haben dort ihren Wohnsitz. Alle genannten Bands verbreiten - teils offen, teils verdeckt - rechtsextremistische, antisemitische sowie fremdenfeindliche Propaganda, Zerrbilder des politischen Gegners und rufen zu Gewalt sowie anderen Delikten auf. Ebenso wird gegen Polizeibeamte gehetzt. Auf Konzerten gehen vom Publikum häufig strafbare Handlungen wie "Sieg Heil"und "Heil Hitler"-Rufe aus. Auch der verbotene Hitler-Gruß wird gezeigt. Konzertbesucher sind gewaltbereite Rechtsextremisten, Neonationalsozialisten, Anhänger der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und ihrer Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN), Personen aus der Rockerszene sowie Hooligans. Die Vielzahl von Konzertauflösungen und -verhinderungen im Land Brandenburg ist der klare Beleg, dass es bei Konzerten immer wieder zu verschiedenen Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz (JuSchG) sowie gegen das Strafgesetzbuch (StGB) gekommen ist. Viele Bands und Bandprojekte sind lediglich kurzlebiger Natur. Nachwuchsbands können sich zeitweilig dann etablieren und ihre Popularität vergrößern, wenn sie über ungestörten Zugang zu Probeund Produktionsmöglichkeiten verfügen. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass rechtsextremistische Bands wie beispielsweise "Frontfeuer", "Blutflagge", "Projekt 88" und "Klänge des Blutes" verstärkt im Umfeld von extremistischen Strukturen wie der Kameradschaft "Kommando Werwolf (KSKW) / Terrorcrew" und "Sturmgruppe SG 44" entstanden sind. Personalfluktuation und Kurzlebigkeit von Bandprojekten samt Wechsel von Bandnamen sorgen dafür, dass vermeintlich neue Kapellen die Musikbühne betreten. 2013 hat sich beispielsweise die 2011 aufgelöste Band "Preußenfront" unter dem Namen "Klänge des Blutes" zurückgemeldet. Auch "Solo"-Auftritte von Mitgliedern der Bands "Frontalkraft", "Handstreich", "Helle und die RACker" und "Flak Sturm" (seit 2011 inaktiv; vormals "Wintergewitter") bei NPD-Veranstaltungen, Feiern und Liederabenden finden regelmäßig statt. Mit den Liedermachern "Netze", "Wecki" und Björn Brusak sind im Land Brandenburg zudem Barden unterwegs, die nicht aus dem Umfeld rechtsextremistischer Bands stammen. 103 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Rechtsextremistische Bands in Brandenburg PR OPR OHV BA 15 11 2 17 HVL 3 1 12 5 13 19 21 PM TF EE 104 Rechtsextremismus 16 mit regionaler Zuordnung 1. Aryan Brotherhood (A.B.) 2. Autan UM 3. Bloodshed (B.S.) 4. Blutflagge 5. Burn Down (B.D.) 6. Confident of Victory (C.O.V.) R 7. Die weißen Jäger (D.W.J.) 8. Exzess 9. Frontalkraft (FK) 10. Frontfeuer MOL 11. Hallgard 12. Handstreich 8 13. Hassgesang (H.G.) 7 14. Hausmannskost (HMK) 15. Helle und die RACker (H&R) 16. Jungvolk LOS 17. Klänge des Blutes 4 20 18 18. Mogon 22 10 23 LDS 19. Preussenstolz 20. Projekt 8.8 (Projekt 88) 21. Uwocaust SPN 22. Volkstroi / USK OSL 9 23. Wolfskraft (WK) 14 ohne regionale Zuordnung Himmelfahrtskommando 6 105 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Rechtsextremistische Konzerte 2013 in Brandenburg 2013 haben fünf rechtsextremistische Konzerte (2012: 9) stattgefunden. Davon wurden vier (2012: 3) durch die Polizei aufgelöst. Ein weiteres wurde schon im Vorfeld durch die Organisatoren abgesagt. Hauptveranstaltungsort war das Grundstück der Familie Mann in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR, siehe hierzu Kapitel 2.6). Dort wurde ebenso versucht, sich andere Szenen mit Berührungspunkten zum Rechtsextremismus über Musik zu erschließen. So wurde ursprünglich für den 17. August 2013 ein Konzert der Bremer Hooligan-Band "Kategorie C - Hungrige Wölfe" (auch unter "Kategorie C" und "KC - Die Band" bekannt) geplant, später aber auf den 28. September 2013 verschoben und dann verboten. Hooligans sind gewaltbereite Personen, die meistens im Zusammenhang mit Fußballspielen auftreten. Die Polizei teilt Fußballfans in Kategorien von A bis C ein. "Kategorie C" steht für "Gewaltsuchende Fans", woran sich die Band mit ihrem Namen gezielt anlehnt. "Kategorie C - Hungrige Wölfe" ist insbesondere wegen ihrer Gewalt verherrlichenden Texte in der rechtsextremistischen Skinhead-Szene und bei Neonationalsozialisten beliebt. Die Band erfüllt eine Bindegliedfunktion zwischen Hooligans und Rechtsextremisten. Zwar vermitteln die auf Tonträgern veröffentlichten Texte keine offenkundig rechtsextremistischen Inhalte, Konzertauftritte der Band tragen aber zur Mobilisierung und zum Zusammenhalt von Hooligans und Rechtsextremisten bei. Die Organisation von Konzerten wird des Öfteren von bekannten Rechtsextremisten übernommen. Im November 2011 untersagte beispielsweise das Oberverwaltungsgericht Bremen ein Konzert dieser Band unter anderem mit dieser Begründung: "Nach derzeitigem Sachstand muss davon ausgegangen werden, dass ... [Konzertbesucher] das Konzert nutzen, um Straftaten zu begehen. Dieses Verhalten muss der Antragsteller, der Sänger der Band ist, sich zurechnen lassen. Nach Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz werden die Konzerte der Band von Personen aus dem gewaltbereiten Hooliganmilieu sowie dem rechtsextremistischen Milieu besucht .... Dass die Betreffenden dabei in erheblicher Weise gegen die Strafgesetze verstoßen, wird durch zwei Videomitschnitte jüngeren Datums belegt. Der Inhalt dieser Videos wird in der Verbotsverfügung wiedergegeben. Sie können im Internet eingesehen werden ... In einem der Videos sin106 Rechtsextremismus gen (bzw. grölen) die Konzertbesucher 'Eine U-Bahn bauen wir von St. Pauli bis nach Auschwitz'. Daraufhin äußert sich der Antragsteller als Sänger der Band wie folgt: 'Alles Lüge - Da fährt gar keine U-Bahn'. Dass sowohl der Gesang des Publikums als auch die Reaktion des Antragstellers die in Auschwitz unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Verbrechen in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise billigen bzw. verharmlosen, drängt sich auf. Die Einlassung des Antragstellers in der Beschwerde, er habe 'dieses Lied auf seine Weise aus dem Publikum sofort mit dem zitierten Spruch abgewürgt', ist nicht geeignet, diese Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Bei summarischer Prüfung spricht jedenfalls Einiges dafür, dass der Straftatbestand des SS 130 Abs. 3 StGB erfüllt worden ist. In einem zweiten Video singt der Antragsteller das Lied 'Hoch auf dem gelben Wagen...' in der Version '...sitz ich beim Führer vorn'. Das Publikum stimmt in den Gesang ein, ein Teil hat dabei den ausgestreckten rechten Arm erhoben. Es drängt sich auf, dass es sich dabei um den sog. Hitler-Gruß handelt, was den Straftatbestand des SS 86a Abs. 1 StGB erfüllt." Auch Anhänger von "National Socialist Black Metal" (NSBM) sollten am 2. November 2013 nach Finowfurt (BAR) gelockt werden. Auftreten sollten "Waffenträger Luzifers" (Deutschland), "Funeral Winds" (Niederlande) und "Leichenzug" (Sachsen). Das Konzert wurde durch die Polizei verhindert. NSBM ist eine spezielle Stilrichtung des Black-Metal und seit Ende der 1990er Jahre ein Teilsegment der rechtsextremistischen Musikszene. Vertreter dieses Stils haben aus dem Black Metal antichristliche, satanistische oder neuheidnische Elemente übernommen und mit ihrer nationalsozialistischen Ideologie verbunden. Die rechtsextremistische Ausrichtung solcher Bands ergibt sich weniger - weil nicht zu verstehen - aus dem hohen Kreischgesang. Vielmehr ausschlaggebend sind Stellungnahmen in Publikationen und CD-Booklets sowie Verhalten bei Konzertauftritten. Inzwischen sind in einigen Bundesländern Verflechtungen zwischen Angehörigen der rechtsextremistischen und der NSBM-Szene erkennbar. Gemeinsame Konzertauftritte verdeutlichen das. In Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) fand auch ein Liederabend statt: Am 21. September 2013 wurde eine als "Liederabend in Mitteldeutschland" angekündigte Veranstaltung durch die Polizei aufgelöst. Anmelder war der ehemalige Vorsitzende der rechtsextremistischen "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim". Die Gruppe hatte 2011 ihre Auflösung erklärt (sie107 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 he Kapitel 2.3). An der Veranstaltung nahmen bis zu 120 Personen teil. Zwei Musiker traten auf. Hierbei kam es zu Straftaten. Zusätzlich wurden fünf Verstöße gegen das Waffengesetz zur Anzeige gebracht. In Frankfurt (Oder) spielte am 9. August 2013 Björn Brusak und erhielt dafür eine Anzeige. Unter anderem soll er das Lied "Ran an den Feind" gesungen haben: "(...) Kamerad, Kamerad, alle Mädels müssen warten. Kamerad, Kamerad, unsere Sturzkampfbomber starten. Kamerad, Kamerad, es lautet der Befehl: Ran an den Fein, ran an den Feind, Bomben auf Israel. Wir stellen die Auserwählten zum letzten entscheidenden Schlag, wir halten Gericht, ihre Weltmacht zerbricht, das wird unser stolzester Tag. Hört Ihr die Motoren singen ran and den Feind, hört Ihr die Motoren singen ran an den Feind, Bomben, Bomben, Bomben auf Israel (...)" Auf einer NPD-Feier am 22. Juni 2013 in Uckerland, Ortsteil Uhlenhof (UM) spielte der Liedermacher "Handschuh". Er war Mitglied der seit 2011 inaktiven rechtsextremistischen Band "Flak Sturm" (vormals "Wintergewitter") aus Cottbus. Ebenfalls mit dem Liedermacher "Handschuh" fand am 21. Dezember 2013 im Bereich Bad Freienwalde (MOL) ein Liederabend statt. Konzerte in Brandenburg (ohne reine Liedermacher-Auftritte) Rechtsextremistische Konzerte in Brandenburg 15 durchgeführt 15 verhindert aufgelöst 12 9 6 6 3 4 4 3 3 1 2 0 2011 0 2012 2013 108 Rechtsextremismus Jahr Konzert VerOrt TNZ* Bands (Land) 2013 wurde stöße Bereich verhin- 1 26.01. Wittstock dert (OPR) "Frontfeuer" (BB), Finowfurt aufge- 2 13.04. 80 "Ostfront" (TH), "12 JuSchG (BAR) löst Golden Years" (TH) "Priorität 18" (SN), "Legion of Thor" (BER), "2 Minutes Warning" (ST), "Hausmannskost" (BB), "Frontfeuer" (BB), Finowfurt "Jungblut & WortgeaufgeStGB, 3 18.05 655 (BAR) fecht" (ST), "Stimme löst JuSchG der Vergeltung" (MV), "Klänge des Blutes" (BB), "Sachsenblut" (SN), "12 Golden Years" (TH), "Exzess" (BB), "Sleipnir" (NRW) "KinderZimmerTerroristen" (TH), Finowfurt durch- 4 29.06. 150 "Sachsenblut" (SN), (BAR) geführt "Burn Down" (BB), "Blutflagge" (BB) "Timebomb" (SH), "Frontalkraft" (BB), Finowfurt aufgeStGB, 5 27.07. 732 "Hope for the Weak" (BAR) löst JuSchG (SN), "Confident of Victory" (BB) Finowfurt abge- 6 12.10. Preußentag 2013 (BAR) sagt "Forgotten Tomb" (IT), Finowfurt verhin- 7 02.11. "Funeral Winds" (NL), (BAR) dert "Leichenzug" (SN), 109 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Jahr Konzert VerOrt TNZ* Bands (Land) 2013 wurde stöße "Sarkrista" (BRD), "Whiskey Ritual" (IT), "Stahlfront" (BRD/CZ), "The True Endless" (IT), "Waffenträger Luzifers" (BRD) Bad aufge- 8 23.11. Belzig löst (PM) *Teilnehmerzahl Länderabkürzungen: BB = Brandenburg, TH = Thüringen, SN = Sachsen, ST = Sachsen-Anhalt, MV = Mecklenburg-Vorpommern, NRW = Nordrhein-Westfalen, SH = Schleswig-Holstein, IT = Italien, NL = Niederlande, CZ = Tschechische Republik, BRD = Deutschland Regionale Verteilung rechtsextremistischer Konzerte UM PR OPR OHV BAR 1 2 3 4 5 6 HVL 7 MOL LOS PM TF 8 LDS SPN OSL EE 110 Rechtsextremismus Die Konzerte am 13. April 2013, 18. Mai 2013 und 27. Juli 2013 wurden nach Verstößen gegen das Jugendschutzgesetz (JuSchG) sowie gegen das Strafgesetzbuch (StGB) polizeilich aufgelöst. Beispielsweise rief der Sänger von "Frontfeuer" am 18. Mai 2013 die Parole "Deutschland erwache". Es handelt sich hierbei um eine Losung der SA (Sturmabteilung), einer paramilitärischen Kampforganisation der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei". Das aufgelöste Konzert am 13. April 2013 hatte die "Kameradschaft Kommando Werwolf" (KSKW) organisiert. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss von einigen Personen mit engen Verbindungen in die rechtsextremistische Musikszene, vor allem zur Band "Frontfeuer". Die KSKW nutzte in den letzten Jahren intensiv eine Räumlichkeit in Frankfurt (Oder) für Konzerte und Feiern. Dieses Objekt steht jedoch nicht mehr zur Verfügung. Aufgrund der Entfernung zwischen Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) und Frankfurt (Oder) ist davon auszugehen, dass die Nutzung der Finowfurter Immobilie eine "Übergangslösung" darstellt, bis die Gruppierung wieder ein eigenes Objekt im Bereich Frankfurt (Oder) nutzen kann. Tonträger 2013 Tonträgerproduktion und deren Vertrieb erfolgen meist über rechtsextremistische Musiklabels. Sie stellen Aufnahmetechnik zur Verfügung und verkaufen Tonträger über das Internet und Ladengeschäfte. Wie in den letzten Jahren sind auch 2013 die Labels "PC Records" in Chemnitz (Sachsen) und "Rebel Records" in Cottbus für die brandenburgische Szene ein wichtiger Anlaufpunkt gewesen. Ein weiterer bekannter Vertrieb ist "One People One Struggle Records" (OPOS Records) in Dresden (Sachsen), geleitet von einem Brandenburger. An zwölf Tonträgern (2012: 12) waren rechtsextremistische Musiker beziehungsweise Bands aus Brandenburg beteiligt. 111 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 TonträBand/Bands Titel Hersteller gerart OPOS-Records "Confident of "A never ending 1 CD (Dresden, SachVictory" Fight" sen) "Stimmen der OPOS-Records Freiheit" u. a. mit "Die Gedanken 2 CD (Dresden, Sachdem Sänger von sind frei!" sen) "Frontalkraft" Molokoplus "Bardenklänge u. a. mit LiedermaVersand 3 einer rauen Zeit" CD cher "Wecki" (Görgeshausen, (CD-Sampler) Rheinland-Pfalz) "Schulhof CD u. a. mit "Agnar", Brandenburg NPD Landesver"H.G.", "Confident of - Aktivismus band Branden- 4 CD Victory", "Uwe und - Bildung - burg, Storkow alte Freunde" Gemeinschaft" (LOS) (CD-Sampler) CD "Das letzte (auch Rebel Records 5 "Hausmannskost" Abendmahl" als "Di(Cottbus) gipack) "Hochwasser u. a. mit "Jungvolk", - Solidarität ist OPOS-Records 6 "Handstreich", Liemehr als nur CD (Dresden, Sachdermacher "Wecki" ein Wort" (CDsen) Sampler) Germania"Für ein freies u. a. mit LiedermaVersand 7 Vaterland" (CDCD cher "Wecki" (Sondershausen, Sampler) Thüringen) Heimdall-Ver"Berserkeru. a. mit Liedermasand (Witten- 8 Sampler Teil 3" CD cher "Wecki" berg, Sachsen(CD-Sampler) Anhalt) 112 Rechtsextremismus TonträBand/Bands Titel Hersteller gerart "Disszensierter Oldschool Reu. a. mit "HandHandstreich - 9 CD cords (Memminstreich" Tradition schlägt gen, Bayern) jeden Trend" "Eisenschmiede (Limited OPOS-Records "Confident of 10 Edition)", bereits CD (Dresden, SachVictory" Ende 2012 sen) erschienen u. a. mit UnterPC Records stützung von 11 "2 Minutes Warning" CD (Chemnitz, "Uwocaust" Sachsen) "In Your Face" "Stereotyp" (u. a. OPOS-Records mit Unterstützung 12 "Feindbild" CD (Dresden, Sachvon "Confident of sen) Victory" Szeneläden vertreiben jedoch nicht nur Tonträger, sondern neuerdings auch T-Shirts im Zusammenhang mit Konzertaktivitäten. 2013 betraf das die Konzerte in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt am 18. Mai 2013 und 27. Juli 2013. Hierbei wurden Aufschriften wie "Einer für alle, Alle für Einen" (Vertrieb "NMV Versand", Eberswalde [BAR]) und "Gemeinschaft ist unsere Waffe" (Vertrieb u. a. "Rebel Records", Cottbus) verwendet. Solche und weitere T-Shirts nutzen Veranstalter und Labels, um Szeneangehörigen noch mehr Geld abzunehmen. Auch T-Shirts zum Gedenken an den in Brandenburg geborenen und mittlerweile in Italien verstorbenen Kriegsverbrecher Erich Priebke waren beispielsweise bei "NMV Versand" im Angebot. 113 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Indizierungen und Strafverfahren Der Tonträger "Schulhof CD Brandenburg - Aktivismus - Bildung - Gemeinschaft" vom brandenburgischen NPD-Landesverband ist inhaltsgleich mit der bereits indizierten CD "Die Zukunft im Blick" von den Jungen Nationaldemokraten. Die Indizierung durch die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" (BPjM) wurde im Bundesanzeiger vom 13. März 2013 bekanntgemacht. Die CD "Unser Land" von "Frontfeuer" - der Vertrieb erfolgte durch "Rebel Records" (Cottbus) - wurde im Jahr 2012 durch die BPjM indiziert und dies am 31. Oktober 2012 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Entscheidend war unter anderem der gegen Homosexuelle gerichtete Titel "Vom ander'n Stern": "(...) Du bist die Tunte der Nation / Ich sag' dir, was du bist / Du bist der Abschaum in Person / Schwuchtel (...) Doch du bist ja nicht der Einzige / In unserem schönen Land / Es gibt noch viele andere, die sind genauso krank (...)" Gegen den Betreiber des Vertriebs "Rebel Records" (Cottbus) wurde ein Strafverfahren eingeleitet. Am 15. August 2013 wurden Geschäftsund Wohnräume durchsucht. Der Betroffene ist ebenso Sänger von "Hausmannskost". 2013 veröffentlichte die Band die CD "Das letzte Abendmahl", vertrieben über "Rebel Records". Im Song "Schlagt Worte zu Waffen" heißt es: "Wir haben die Lizenz. Worte werden zu Waffen. Und wir wissen. Dafür werden sie uns hassen. Egal was sie denken und was sie sagen. Wir werden sie aus Deutschland jagen. (...) Auf Kameraden zu den Waffen. Bis die Schweine es endlich raffen! (...) Schlagt Worte zu Waffen. Schmiedet Eisen. Schmiedet Stahl. Bringt das System zu Fall (...)" Konzertaktivitäten brandenburgischer Bands außerhalb des Landes Rechtsextremistische Bands aus Brandenburg traten erneut außerhalb des Bundeslandes und zum Teil im Ausland auf. Hiesige Szeneangehörige waren dabei in organisatorische Tätigkeiten eingebunden. In einigen Fällen wie in Torgau, Ortsteil Staupitz (Sachsen) waren die Veranstalter Brandenburger. 114 Rechtsextremismus Ort (Gemeinde, Bands aus TeilJahr Bundesland Brandenburg/sonstiger neh2013 bzw. Staat) Brandenburg-Bezug mer "Hausmannskost", "Heller Torgau (OT Staupitz, 1 05.01. und USK"; Veranstalter: 120 Sachsen) Betreiber "Rebel Records" Torgau (OT Staupitz, 2 09.02. "Confident of Victory" 500 Sachsen) Torgau (OT Staupitz, 3 16.03. "Hausmannskost" Sachsen) In der Nähe von 4 30.03. "Frontalkraft", "Exzess" Verona (Italien) "Exzess", "Die weissen Brüssow (Mecklen- 5 06.04. Jäger (D.W.J.)", "Projekt 150* burg-Vorpomern) 8.8" Neuensalz (OT Zobes, "Burn Down", "Frontal- 6 08.06. 720 Sachsen) kraft" (hat abgesagt) 7 08.06. Nordrhein-Westfalen "Frontfeuer" 150 8 15.06. Kahla (Thüringen) "Exzess" 160 9 06.07. Gera (Thüringen) "Frontfeuer" 700 Roden-Ansbach ver10 10.08. "Confident of Victory" (Bayern) boten "Hausmannskost", Torgau (OT Staupitz, "Frontalkraft", "Confident 11 31.08. 500 Sachsen) of Victory", Veranstalter: Betreiber "Rebel Records" Badbergen (Niederver12 14.09. "Exzess" sachsen) boten Torgau OT Staupitz Veranstalter: Betreiber 13 19.10. 120 (Sachsen) Rebel Records 14 25.10. "Helle und die RACker" Bereich Söllingen "Confident of Victory", 15 09.11. (Baden-Württemberg) "Frontfeuer" "Frontalkraft"; Torgau (OT Staupitz, 16 23.11. Veranstalter: Betreiber Sachsen) "Rebel Records" * Einzelne Teilnehmer zeigten den Hitlergruß 115 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Bewertung Die Polizei löste eine Vielzahl von rechtsextremistischen Konzerten in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) auf. Trotz des polizeilichen Einschreitens und trotz relativ hoher Preise für Eintritt und Getränke werden alle Konzerte innerhalb der rechtsextremistischen Szene als Erfolg betrachtet. Die Veranstaltungen am 18. Mai 2013 sowie 27. Juli 2013 wurden professionell vorbereitet: Auswahl eines Mottos, Kartenvorverkauf, Auswahl der Bands, Verkaufsstände, Konzert-T-Shirts, Verpflegung, Bühnenund Tontechnik. Für das letztgenannte Konzert wurde neben den üblichen Flyern sogar ein Einladungsvideo produziert und eine Hausordnung erlassen. Für Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) ist weiterhin davon auszugehen, dass trotz niedriger Einschreitschwelle der Polizei und hoher Auflagen der Behörden an Szeneveranstaltungen festgehalten wird. Das Mobilisierungspotenzial liegt bei rund 600 Personen. Rechtsextremistische Musik ist und bleibt ein starkes Bindemittel für die gesamte Szene. Der Trend zur Produktion rechtsextremistischer Musik samt Tonträger wird anhalten. Etablierte Bands lassen ihre Tonträger nach wie vor bei bekannten und ihnen vertrauten Labels produzieren sowie vermarkten. Neulinge und Bands mit geändertem Namen nutzen zur Veröffentlichung weiterhin das Internet und verbreiten in eigener Verantwortung selbstproduzierte Tonträger in kleinen Stückzahlen. Konzerte sind wichtige Bestandteile der rechtsextremistischen Erlebniswelt und haben daher einen Eventcharakter. Daher wird der hohe und erfolgreiche Druck der brandenburgischen Sicherheitsbehörden konsequent aufrecht gehalten. Rechtsextremistische Bands wissen das. Sie nutzen daher Objekte in anderen Bundesländern, insbesondere in Sachsen. In Brandenburg beschränken sich die Möglichkeiten zurzeit vornehmlich auf das Grundstück in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR). 116 Rechtsextremismus 2.6 Immobilien und Rechtsextremismus Mit einer Immobilie ist die politische Arbeit wesentlich leichter zu organisieren. Das gilt insbesondere für Extremisten. Deshalb sind solche Parteien und Gruppierungen immer auf der Suche nach geeigneten, möglichst abgelegenen Räumlichkeiten. Trotz allem sollten sie verkehrsgünstig liegen. Solche Orte dienen für Veranstaltungen jeder Art. Rechtsextremisten können dann ihrer menschenfeindlichen Gesinnung ungestört freien Lauf lassen. Gerade Konzerte sind hierbei für den Zusammenhalt innerhalb der Szene von großer Bedeutung. In Liedtexten werden Gewaltverherrlichung, Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und Rassismus besungen (siehe Kapitel 2.5). Auch in finanzieller Hinsicht profitieren Extremisten von solchen Anlaufstellen. Schließlich werden Eintrittsgelder eingenommen und beispielsweise mit Verkäufen von Getränken und Szene-Devotionalien Gewinne erwirtschaftet. Behördliche Auflagen, Verbote und zivilgesellschaftImmobilienübersicht UM PR OPR OHV BAR 1 HVL 2 MOL 3 LOS PM 5 TF 4 LDS SPN OSL 1 Schorfheide, OT Finowfurt (BAR) 2 Biesenthal (BAR) EE 3 Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser 4 Mühlenfließ, OT Grabow (PM) 5 Märkisch Buchholz (LDS) 117 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 liches Engagement zeigen jedoch zunehmend Wirkung. Damit dabei kein "Verdrängungswettbewerb" zwischen Kommunen und Bundesländern entsteht, ist überregionale Vernetzung notwendig. Die Szene reagiert auf den Druck der Sicherheitsbehörden und versucht die Sicherheitsbehörden mit Mehrfachanmeldungen derselben Veranstaltung in mehreren Bundesländern zu täuschen. Ebenso werden über Dritte schlichte Musikveranstaltungen oder Geburtstagsfeiern angemeldet. Einige scheuen die polizeiliche Auseinandersetzung nicht und setzen sich über Auflagen und Bescheide hinweg. So kam es in Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) am 12. Oktober 2013 zu Auseinandersetzungen mit etwa 100 Rechtsextremisten, darunter auch Brandenburger, die ein Konzert besuchen wollten. Zuvor hatte die Gemeinde rechtskräftig entschieden, dass die Nutzung des Stallgebäudes als Veranstaltungsort unzulässig ist. Kommunale Ordnungsbehörden werden durch rechtsextremistische Großveranstaltungen erheblich beansprucht. Ganz zu schweigen von dem Image-Schaden, den Szenekonzerte nach sich ziehen können. Der Verfassungsschutz Brandenburg ist auch künftig Ansprechpartner für Einschätzungen im Vorfeld extremistischer Veranstaltungen und möglichen Immobilienerwerbs durch Rechtsextremisten. 1. Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) Abgelegen und dennoch verkehrsgünstig wohnt Familie Mann auf einem 9.351 m2 großen Grundstück im Ortsteil Schorfheide der Gemeinde Finowfurt (siehe auch Kapitel 2.5). Seit mehreren Jahren stellt sie das Gelände verschiedenen rechtsextremistischen Gruppierungen oder Szeneangehörigen für einschlägige Veranstaltungen zur Verfügung. So hatte sich das Objekt bis zum Sommer 2013 als Veranstaltungsort für rechtsextremistische Konzerte überregional etabliert. Erstmals seit mehreren Jahren versammelten sich dort bis zu 700 Rechtsextremisten. Damit waren mutmaßlich erhebliche Einnahmen verbunden. Für die Szene ist das Grundstück ein zentraler Veranstaltungsort für Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und dem Raum Berlin-Brandenburg. In den Jahren 2007 bis 2013 wurden insgesamt über 6.000 Teilnehmer bei Veranstaltungen auf dem Gelände gezählt. 118 Rechtsextremismus Am 13. April 2013 organisierte der Landesvorsitzende der Partei "Die Rechte", Klaus Mann, die Gründungsfeier "seiner" Partei mit musikalischem Rahmenprogramm (siehe Kapitel 2.4). Für 75 "Gäste" spielten bei 15 Euro Eintritt die Bands "Frontfeuer", "Ostfront" und "12 Golden Years". Ebenso organisierte Mann das Sommerfest am 29. Juni 2013 unter dem Motto "Wir backen Waffeln gegen links". 120 Besucher zahlten 15 Euro Eintritt. Eine Getränkewertmarke kostete 1,50 Euro. Mit Blick auf Größe und Teilnehmerzahlen verliefen diese Veranstaltungen in einem Rahmen, wie er dort seit einigen Jahren üblich ist. Jedoch hat Mann das Grundstück bei größeren Ereignissen schon immer anderen Veranstaltern überlassen, wobei es hierbei im Jahr 2013 zu neuen Größenordnungen kam. So organisierten Gesine "Hennrich" Schrader und Tom Staletzki (Vorstandsmitglieder des Landesverbandes der Partei "Die Rechte" in Berlin) am 18. Mai 2013 ein "Benefizkonzert". Motto: "EINER für alle, alle für EINEN". 650 Besucher nahmen teil. Bei einem Eintrittspreis von 30 Euro kamen vermutlich durch den Verkauf der Tickets 19.500 Euro zusammen. Einnahmen aus dem Verkauf von Merchandising und Verzehr kommen noch hinzu. Am 27. Juli 2013 lud Robert Wolinski (Mitglied im NPD-Kreisvorstand Oberhavel) unter dem Namen "MS 88" zum "Freiluftkonzert in Mitteldeutschland" bei den Manns ein. Es kamen 730 Szene-Aktivisten. "MS 88" ist die Abkürzung für eine kameradschaftsähnliche Struktur aus Velten (OHV) und steht ausgeschrieben für "Märkische Skinheads 88". Die Zahl 88 ist kein Zufall und bedeutet "Heil Hitler". Motto der Veranstaltung: "Gemeinschaft ist unsere Waffe." Im Vorverkauf waren für die Eintrittskarte 18 Euro, an der Abendkasse dann 20 Euro fällig. Getränkegutscheine wurden für 5 Euro abgegeben. So waren dem Veranstalter vor Abzug der Unkosten wohl geschätzte 17.000 Euro sicher. Vor der Konzertveranstaltung konnten sich rund 40 Interessierte bei einem NPD-Sportfest im "Germanischen Achtkampf" messen. Jedoch macht der demokratische Rechtsstaat bei solchen Großereignissen nicht vor Privatgrundstücken Halt, sollte dort Recht gebrochen werden. So fanden alle großen Konzertveranstaltungen des Jahres 2013 ein vorzeitiges Ende, weil strafrechtlich relevante Musiktitel aufgeführt wurden. Ebenso wirken die Gemeinde Schorfheide (BAR), der Landkreis und die Sicherheitsbehörden vor Ort eng zusammen. Hinzu kommt eine engagierte Zivilgesellschaft. Somit kann damit gerechnet werden, dass größere Konzerte auf dem Grundstück der Manns vorerst nicht mehr stattfinden. 119 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 So wurde der für den 12. Oktober 2013 bereits angemeldete "4. Preußentag" der NPD Brandenburg wieder abgemeldet. Von der Gemeinde Schorfheide verboten wurde zudem ein für den 28. September 2013 geplantes Konzert. Spielen sollte die Bremer Band "Kategorie C". Der Veranstalter ging über mehrere Instanzen erfolglos dagegen vor. Sogar die Klage des rechtsextremistischen Veranstaltungsanmelders und Bandmitglieds Stefan Behrens beim Bundesverfassungsgericht blieb erfolglos. Ursprünglich sollte das Konzert am 17. August 2013 (Todestag des Kriegsverbrechers Rudolf Heß) stattfinden. Diesen Termin hatte der Veranstalter jedoch selbst abgesagt. Schließlich sollte am 2. November 2013 das "Fireblade Force Festival Part V" mit der Musikrichtung "National Socialist Black Metal" (NSBM) stattfinden. Der besonders in Sachsen aktive Veranstalter sagte sein Vorhaben nach Erhalt des Auflagenbescheids der Gemeinde Schorfheide ab. Auf Facebook stand dazu: "Wir müssen leider bekannt geben, dass das diesjährige FirebladeForce Festival nunmehr komplett abgesagt werden muss. Wie die Polizei bekannt gab, werden auch eventuelle Ersatzveranstaltungen bedingunglos aufgelöst. Wir haben unser möglichstes versucht um die Veranstaltung zu retten, jedoch machten uns die demokratischen Mächte unseres Landes einen Strich durch die Rechnung. FbF-Crew" Entsprechend fielen die Reaktionen dazu aus. Von "fick auf die BRD!", über "Elendes Dreckspack!" bis hin zu "DAS ist Demokratie, wenn die Bullen unter dem Banner der Linksfaschisten Kultur unterbinden! Danke Deutschland du bist so toll" fanden sich Facebook-Einträge. 2. Biesenthal (BAR) In einer Immobilie in Biesenthal gründete sich am 26. Januar 2013 der Landesverband der Partei "Die Rechte". Trotz baurechtlicher Vorgaben und 120 Rechtsextremismus teilweise behördlich versiegelter Räume konnte bei einer Ortsbegehung ein "Proberaum" im Keller entdeckt werden. Die Androhung empfindlicher Ordnungsgelder zeigte Wirkung. Danach gab es insbesondere in der zweiten Jahreshälfte nur noch kleine konspirativ organisierte Aktivitäten. Die Eigentümerin, eine gemeinnützige GmbH, hat vermutlich in erster Linie finanzielle Interessen. Sie "beherbergt" offenbar wahllos Extremisten sowie einige Firmen und Vereine. 3. Brandenburg an der Havel, Ortsteil Kirchmöser In Brandenburg an der Havel (Ortsteil Kirchmöser) besitzt der "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." (BfG) eine Immobilie, die als Tagungshaus genutzt wird. Bisher ging man bundesweit von etwa 240 Mitgliedern aus. Neuere, verlässliche Zahlen sind allerdings nicht bekannt. Nur wenige Anhänger sind in Brandenburg ansässig. Der regionale Schwerpunkt der Gruppierung liegt in Pähl bei Weilheim (Bayern). Dort sitzt der unternehmerische Zweig der Gruppierung. Ein zweiter Schwerpunkt ist Bad Fallingbostel im Ortsteil Dorfmark (Niedersachsen), wo der Verein seine jährlichen Ostertagungen durchführt. Der Verein richtet sich - auch auf Grund seiner teilweise erzieherischen Ansprüche - an rechtsextremistisch eingestellte Familien, die Kontakt zu ihresgleichen suchen. Der BfG wurzelt ideologisch in der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts. Die Organisation bestand schon zur Zeit des Nationalsozialismus und wurde 1951 von Mathilde Ludendorff (18771966), Ehefrau von Erich Ludendorff, wiedergegründet. Ludendorff war unter anderem General im Ersten Weltkrieg und 1923 am Hitlerputsch beteiligt. Der BfG bezeichnet sich als Weltanschauungsgemeinschaft und sieht es als seine Aufgabe an, "die Erkenntnisse der Philosophin Mathilde Ludendorff zu pflegen und weltanschaulich suchenden Menschen zu übermitteln". Ähnlich wie die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." des verstorbenen Neonationalso121 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 zialisten Jürgen Rieger verbindet die BfG germanisch-heidnische Glaubensansätze mit ethnopluralistischen Vorstellungen. Rassismus und Antisemitismus durchziehen daher die Weltanschauung und werden regelmäßig auf Seminaren und Tagungen vermittelt. Auch in Brandenburg führt der Verein Tagungen und Ferienlager in seiner Immobilie durch. Der Verein wirbt nicht öffentlich, sondern richtet sich direkt an ihm bekannte rechtsextremistisch eingestellte Familien in Brandenburg. Auch die Internetseite der Gruppierung passt zu dieser Ausrichtung. Sie wirkt unzeitgemäß und erweckt den Eindruck, für Insider gemacht zu sein. Der BfG betätigt sich auch wirtschaftlich. Der Verlag "Hohe Warte" ist der unternehmerische Zweig der Gruppierung, der die Weltanschauung über Bücher, Spruchkarten, Poster und Ähnliches verbreitet. Dazu zählt die Zeitschrift "Mensch und Maß", in der Rechtsextremisten wie Claus Nordbruch publizieren. Der BfG wirkt vor allem über die Zeitschrift "Mensch und Maß" in rechtsextremistische Zirkel. Kontakte ins Ausland sind bisher - außer im publizistischen Bereich - nicht bekannt geworden. 4. Mühlenfließ, Ortsteil Grabow (PM) Im Mühlenfließer Ortsteil Grabow befindet sich eine aus mehreren kleinen Gebäuden bestehende Immobilie. Obwohl nahezu baufällig, dient sie Rechtsextremisten aus Brandenburg und aus benachbarten Bundesländern als Treffpunkt. Das Grundstück ist gegen Einblicke von außen gänzlich abgeschottet. Besitzer ist der aus den "Jungen Nationaldemokraten" (siehe 2.2) ausgetretene ehemalige Leiter des Potsdamer Stützpunktes, Maik Eminger. Am 24. November 2011 wurde sein Zwillingsbruder Andre Eminger an diesem Ort von der Spezialeinheit GSG 9 festgenommen. Er ist vor dem Oberlandesgericht München angeklagt, den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben. 5. Märkisch Buchholz (LDS) In Märkisch Buchholz steht ein zweigeschossiges Wohnhaus, dessen Erdgeschoss als Gaststätte genutzt wurde. Auf dem Hof befindet sich ein Seitenflügel mit drei kleinen Wohneinheiten. Alle Gebäude haben einen hohen Sanierungsbedarf. Die Liegenschaft wird von dem NPD-Funktionär Sven Haverlandt bewohnt und ist gleichzeitig Sitz des NPD-Kreisverban122 Rechtsextremismus des Dahmeland und Stützpunkt der "Jungen Nationaldemokraten" (JN). Zu der Immobilie wird zudem eine eigene Internetseite unterhalten. Das Vorhaben der NPD, eine Szene-Immobilie zu etablieren, ist durch Nutzungsbeschränkungen und am geschlossenen Widerstand der Bürger vor Ort bislang gescheitert. So fanden 2013 nur noch kleinere Treffen und "Privatveranstaltungen" statt. 123 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2.7 Reichsbürger ohne Reich Reichsbürger und ihre "Reichsregierungen" behaupten, die Bundesrepublik existiere eigentlich nicht oder sei im Zuge der Wiedervereinigung untergegangen. Stattdessen bestünde das Deutsche Reich beispielsweise in den Grenzen von 1937 bis heute fort oder die Bundesrepublik sei eine GmbH. Teilweise nutzen Reichsbürger Verschwörungstheorien, um ihre Thesen zu untermauern. Ein typisches Symptom bei Reichsbürgern ist ihre Verweigerung, die gesellschaftliche Realität anzuerkennen. Ziel der "Reichsbürger" ist die Delegitimierung der Bundesrepublik Deutschland und das Stiften von Verwirrung. Ihren Schreiben an Verwaltungen sind oft pseudowissenschaftliche Abhandlungen beigefügt, die zum Teil mit antisemitischen Klischees gespickt sind. Einige Reichsbürger sind Rechtsextremisten. Mit ihren Aktivitäten versuchen sie, einen gesellschaftlichen Resonanzboden für ihr rechtsextremistisches Gedankengut zu schaffen. Volksverhetzende Äußerungen, Holocaust-Leugnung und Werbung für rechtsextremistische Parteien sind keine Seltenheit. Im Oktober 2013 klebten Reichsbürger Flugblätter einer sächsischen Reichsbürgergruppe an die Eingangstür des Cottbuser Finanzamts. In dem Flugblatt wurde dazu aufgefordert, sich vom "Zionismus" zu befreien. Bürger wachtauf !!! "Islam 2030"Vorbereitungen auf den Bevölkerungsaustausch by staseve Schätzungen zufolge werden die Deutschen spätestens im Jahr 2040 zur Minderheit im eigenen Land werden. Bei der derzeitigen Bevölkerungsentwicklung würde es dann auch nicht mehr lange dauern, bis die Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen Moslems sind. Das Regime unternimmt selbstverständlich nichts gegen diese Entwicklung, stattdessen arbeitet es durch Förderung von Masseneinwanderung und durch familienfeindliche Politik gezielt auf die Ausdünnung des deutschen Bevölkerungsanteils hin. Leider gibt es bislang eher wenig Anzeichen dafür, daß die Deutschen gegen diese Entwicklung aktiven Widerstand leisten werden. Massenüberfremdung ganzer Stadtteile, großzügige finanzielle Förderung von Wirtschafts-Flüchtlingen bis hin zum gezielten Abschlachten deutscher Menschen durch ausländische Jugendbanden - all das wird derzeit noch von der einheimischen Bevölkerung erduldet. Die Welt ist nicht da für schwache Völker. Dieses Naturgesetz hatte zu allen Zeiten Gültigkeit und hat sich auch in der heutigen Wohlstandsund Konsumgesellschaft nicht geändert. Wenn die Deutschen es nicht schaffen, sich aus ihrer Unmündigkeit zu befreien, dann haben sie auch kein Recht, weiterhin als Volk auf dieser Erde zu existieren. Dann wird das Gesetz der Natur gnadenlos zuschlagen und das deutsche Volk wird untergehen. Noch haben wir die Möglichkeit, uns aus eigener Kraft vom Multikulturalismus, Kapitalismus, Globalismus und Zionismus zu befreien. Aber die Zeit drängt. Quelle: deutschelobby.com vom 18.10.2013 124 Rechtsextremismus In Brandenburg sind etwa 100 Reichsbürger aktiv. Manche geraten aus wirtschaftlicher oder sozialer Not in die Fänge von "Reichsregierungen", ohne die Hintergründe zu kennen. Andere suchen bewusst die Nähe zu den unzähligen Gruppierungen und Einzelinitiativen dieser bizarren Szene und belästigen Gerichte, Gerichtsvollzieher sowie Finanzund Kommunalbeamte mit ihren Eingaben. Oft drohen Reichsbürger unverhohlen oder werden vereinzelt gewalttätig. Eine der bekanntesten Gruppierungen der Reichsbürgerszene ist die "Exilregierung Deutsches Reich". Sie hat in den letzten Jahren auch in Brandenburg Versammlungen mit bis zu 35 Personen abgehalten. Diese Gruppierung wird von Norbert Schittke geführt. Der hat sich mittlerweile den Fantasienamen "Fürst Norbert Schittke zu Romkerhall (Ritterhof)" gegeben. Sein erfundenes "Amt": "Reichskanzler der Exilregierung Germane/ Deutsches Reich und Zuständiger des Germane/Deutsches Reich - Kaiserreich, Prinz des Hauses Hannover und Haus Windsor". Einer der Treffpunkte befindet sich im Spreewald. Ende des Jahres 2012 hat sich eine kleine Gruppe von Schittkes "Exilregierung Deutsches Reich" abgespalten und belästigt seither ebenso Landkreise, Stadtverwaltungen und Gerichte im Land Brandenburg mit Schreiben des "Reichsministeriums des Innern". Sie nennt sich "Die Exilregierung Deutsches Reich" (www.friedensvertrag. org). In einem der Schreiben des "Staatssekretärs" des "Reichsministeriums des Innern", Alexander Schlowak, an den Landkreis Oder-Spree wurde darauf hingewiesen, dass man eine "Strafkartei" führe. Schlowak lädt regelmäßig zu Veranstaltungen in verschiedenen Bundesländern ein. Auch die NPD hat Berührungspunkte zur Reichsbürgerszene. Eine Vertreterin der NPD in der Stadtverordnetenversammlung Luckenwalde (TF) brachte im Jahr 2013 Fantasiedokumente der "Zentralverwaltung Freistaat Preußen administrative Regierung Freistaat Preußen" in Umlauf. 125 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2.8 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten Laut polizeilichem Definitionssystem "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" wurden 2013 in Brandenburg 45 Gewaltdelikte bekannt (2012: 58). Wie in den Vorjahren sind die Tatverdächtigen hauptsächlich zwischen 18 und 30 Jahre alt. Die gewalttätigen Aktionen richteten sich in erster Linie gegen als "fremd" angesehene Personen, aber auch gegen "politische Gegner", Polizeibeamte und Menschen mit Behinderungen. 390 Rechtsextremisten gelten in Brandenburg als gewaltbereit (2012: 410). Rechtsextremistisches Personenpotenzial: Gewaltbereite in Brandenburg 600 600 580 580 550 550 560 550 500 500 500 510 480 450 400 420 410 390 300 200 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten Vorbehalte gegen "Ausländer" oder Personen mit "fremdländischem" Aussehen führen immer wieder zu rechtsextremistisch motivierten Straftaten. Kommt es zu Gewaltstraftaten, gehen oft verbale Provokationen voraus. Beispiele Strausberg (MOL), 5. März 2013: Eine vietnamesische Staatsangehörige wird aus einer Gruppe heraus beschimpft. Eine männliche Person wirft eine Bierflasche in ihre Richtung. Die Frau wird durch Glassplitter am Fuß verletzt und muss sich in ärztliche Behandlung begeben. Potsdam, 14. März 2013: Zwei gebürtige Kenianer unterhalten sich in der Straßenbahn. Ein Rechtsextremist beschimpft sie daraufhin mit den 126 Rechtsextremismus Rechtsextremistische Gewaltpotenziale in den Landkreisen und kreisfreien Städten UM PR OHV BAR OPR HVL MOL TF PM LOS LDS = 1 - 29 Personen SPN OSL = 30 - 59 Personen EE = 60 und mehr Personen Worten: "Wir sind die deutsche Herrenrasse, ihr Neger habt hier ruhig zu sein." Danach kommt es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, wobei einem der beiden Kenianer mit der Faust ins Gesicht geschlagen wird. Angermünde (UM), 6. April 2013: Während einer öffentlichen Tanzveranstaltung beleidigen vier unbekannte männliche Personen zwei österreichische Besucher mehrfach lautstark als "Ösis" und rufen "Ihr Scheiß Österreicher schaut nicht unsere Mädels an!" sowie "Ihr Scheiß Österreicher, Ausländer verschwindet nach Hause!". Nach Verlassen der Gaststätte werden die Österreicher von hinten durch vier Personen angegriffen, niedergeschlagen und verletzt. Bernau (BAR), 18. April 2013: In einem Telekommunikationsfachgeschäft verweist ein Mitarbeiter indischer Herkunft einen Kunden an ei127 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 nen Kollegen. Kurz drauf kommt es vor dem Geschäft zu einer verbalen Auseinandersetzung. Der Kunde beleidigt den Mitarbeiter mit "Scheiß Ausländer! Du indische Schlampe! Was hat ein Ausländer in Bernau zu tun?" und wird handgreiflich. Er zerrt an der Kleidung des Mitarbeiters und beschädigt dessen Hemd. Dabei zieht sich der Mitarbeiter Verletzungen an der rechten Hand zu. Potsdam, 29. April 2013: Ein gebürtiger Kenianer wird aus einer Gruppe heraus mit den Worten: "Guck mal, da ist der Schwarze wieder" angesprochen. Anschließend erhält er aus einer Gruppe von drei Tätern einen Faustschlag gegen den Kopf und geht zu Boden. Es folgen Tritte gegen Gesäß und Beine. Schwedt/Oder (UM), 30. April 2013: Ein Jugendlicher russischer Abstammung wird von einer weiblichen Person mit den Worten "Scheiß Russenzeug", "Ausländerzeug", "Drecksviecher" und "Blöde Russen" beleidigt. Als er die Täterin auffordert, damit aufzuhören, packt sie ihn, schüttelt ihn und versucht ihn auf den Boden zu werfen. Zudem stößt sie ihn mit beiden Händen vor die Brust. Brandenburg an der Havel, 30. Mai 2013: Als ein Autofahrer kubanischer Herkunft vor einer roten Ampel wartet, wird er aus einem anderen PKW heraus mit "Du Neger! Raus aus Deutschland!" beschimpft. Fünf männliche Personen steigen aus diesem Wagen aus. Einer davon schubst den Geschädigten und schlägt auf ihn ein. Ein anderer filmt den Übergriff mit einem Mobiltelefon. Die drei anderen feuern den Schläger bei seiner Tathandlung an. Die Täter geben später an, sie seien in der Absicht durch die Stadt gefahren, Gewalt auszuüben. Brandenburg an der Havel, 24. Juni 2013: Ein aus Brasilien stammender Mann wird von einem Rechtsextremisten mit "Wollen wir kämpfen?" angesprochen. Als der Angesprochene ablehnt, erhält er vom Täter einen Kniestoß gegen den Oberschenkel. Eisenhüttenstadt (LOS), 27. Juli 2013: In einer Gartensparte sucht ein 44-Jähriger Streit mit einem dunkelhäutigen Besucher und äußert, mit Ausländern nichts zu tun haben zu wollen. In der Folge schlägt der Täter mehrfach mit der Faust auf den Besucher ein und tritt nach ihm, als dieser schon am Boden liegt. Zwei weitere Personen beteiligen sich und treten, schlagen und würgen das Opfer. Als dessen Freundin ver128 Rechtsextremismus sucht, ihn zu schützen, wird auch sie geschlagen. Sie trägt Prellungen und einen umgeknickten Fuß davon. Bei ihrem Freund werden Prellungen im Gesicht und am Oberkörper festgestellt. Seine Brille und sein T- Shirt werden beschädigt. Potsdam, 8. August 2013: Der Beifahrer eines Fahrzeuges wirft eine Zigarettenkippe durch das geöffnete Fenster eines neben ihm haltenden Fahrzeugs. Darin sitzt eine dunkelhäutige Person. Der Werfer der Zigarettenkippe ruft "Nigger raus aus dem Auto". Anschließend verlassen er und der Fahrer das Fahrzeug. Das dunkelhäutige Opfer erhält mehrere Faustschläge ins Gesicht. Eine weitere weibliche Person verlässt das Auto des Täters und droht dem Opfer Schläge mit einem mitgeführten Baseballschläger an. Strafund Gewalttaten gegen den politischen Gegner Rechtsextremisten richten ihre Aggression und Gewalt häufig gegen Personen, denen sie eine "linke Gesinnung" unterstellen. Betroffen sind auch Personen, die nicht mehr der rechtsextremistischen Szene angehören. Beispiele Spremberg (SPN), 23. Februar 2013: Ein rechtsextremistischer Straftäter schlägt mit einem Stuhl auf eine Person ein. Zuvor hatte der Täter erfahren, sein Opfer sei vor zwei Jahren aus der Szene ausgestiegen und werde als Verräter angesehen. Das Opfer erleidet neben Prellungen am Jochbein und am Auge mehrere Platzwunden am Kopf sowie im Gesicht und verliert kurzzeitig das Bewusstsein. Spremberg (SPN), 24. Februar 2013: Mit der Faust schlägt ein Täter auf sein Opfer ein. Dem ging ein Streit voran. Hierbei vertrat der Täter die Auffassung, deutsche Frauen dürften sich nicht mit "Negern" einlassen. Das Opfer widersprach. Spremberg (SPN), 4. März 2013: Zwei 16-Jährige beleidigen eine Person, die sie für einen "Punk" halten, mit "Du linkes Stück Scheiße" und "Kanacke". In der Folge stellen sie sich ihm in den Weg und fordern ihn auf, sich mit ihnen zu schlagen. Das Opfer lehnt ab, wird aber trotzdem mit Fäusten ins Gesicht geschlagen. 129 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Spremberg (SPN), 8. März 2013: An einer Straßenkreuzung wird das Opfer von einem Rechtsextremisten mit "Kauf dir mal ordentliche Klamotten, Scheiß Punker!" und mit "Zecke" beleidigt. Anschließend schlägt der Täter dem Opfer mit der flachen Hand ins Gesicht und reißt ihm die Umhängetasche sowie einen Sticker ("Good Night White Pride") herunter. Beim Einsteigen ins Auto droht der Täter seinem Opfer, es das nächste Mal umzubringen. Spremberg (SPN), 12. März 2013: Ein bereits wegen gefährlicher Körperverletzung Beschuldigter (siehe Vorfall vom 4. März 2013) greift sein Opfer erneut an und schlägt ihm mit Fäusten ins Gesicht. Potsdam, 3. August 2013: Vor dem Regionalligaspiel zwischen dem SV Babelsberg 03 und dem 1. FC Lokomotive Leipzig kommt es zwischen Fangruppen zu Anfeindungen und Provokationen sowie gewaltsamen Ausschreitungen. Dabei übersteigen rechtsmotivierte Fans des 1. FC Lokomotive Leipzig die Sicherungszäune und greifen Fans des SV Babelsberg an. Eisenhüttenstadt (LOS), 3. August 2013: Vor der "Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg" findet eine NPD-Mahnwache statt. Gegen die NPD demonstrieren wiederum andere. Teilnehmer der NPDVeranstaltung rennen gezielt auf die Gegendemonstranten zu und greifen sie körperlich an. Dabei schlagen sie unter anderem mit einer zusammengerollten Fahne und sprühen mit Reizgas. Großräschen (OSL), 30. August 2013: Ein Fahrradfahrer bespuckt ein Kreisvorstandsmitglied der Partei DIE LINKE durch das offene PKWFenster. Als dieser weiterfährt, stellt sich der Täter mit dem Fahrrad quer zur Fahrbahn und nötigt den Autofahrer zu einer Gefahrenbremsung. Als der aussteigt, wird er ins Gesicht geschlagen und getreten. Das Opfer war zuvor Teilnehmer einer Wahlkampfveranstaltung der Partei DIE LINKE. Bereits dort ist der Beschuldigte mit Sachbeschädigung an Wahlaufstellern und Zeigen des Hitlergrußes in Erscheinung getreten. Strafund Gewalttaten gegen Polizisten Auch vor gewalttätigen Übergriffen auf Polizeibeamte schrecken Rechtsextremisten nicht zurück. Die Polizei übt beispielsweise mit Platzverweisen, Konzertabbrüchen und weiteren Maßnahmen hohen Druck auf die 130 Rechtsextremismus rechtsextremistische Szene aus. Das führt bei Extremisten zu Frust, der sich in Form von Gewalt entladen kann. Beispiele Potsdam, 25. Januar 2013: Ein sich als "Reichsbürger" bezeichnender Mann bringt folgendes deutlich sichtbar auf seinem Balkon an: Reichskriegsflagge, Flagge des deutschen Kaiserreichs, Flagge der Stadt Potsdam mit schwarz-weiß-rotem Wimpel sowie eine umgedrehte Deutschlandfahne. Als Polizeibeamte einschreiten wollen, bezeichnet er sie als "Wachschutz der GmbH BRD", der ihm nichts zu sagen hätte. Als die Beamten die Wohnung betreten, äußert er "Was wollt ihr denn mit eurem Judenstaat, den wird es eh nicht mehr lange geben" und legt einen "Personalausweis des Deutschen Reiches" vor. Anschließend setzt er Pfefferspray gegen die Beamten ein, um die Sicherstellung der Fahnen zu verhindern. Spremberg (SPN), 9. Juni 2013: Ein Angehöriger der rechtsextremistischen Szene soll nach begangener Sachbeschädigung zur Verhinderung weiterer Straftaten in Gewahrsam genommen werden. Dabei sagte er gegenüber den eingesetzten Beamten: "Ich erkenne die Gesetzlichkeiten der BRD nicht an!" Dann tritt und schlägt er nach den Beamten, wobei einer verletzt wird. Ebenso werden die Polizisten als "Bullenschweine" beleidigt. Später folgen Äußerungen, die als Bedrohung aufgefasst wurden. Strafund Gewalttaten gegen Menschen mit Behinderungen Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen ist ein besonders abscheuliches Verbrechen, das in letzter Konsequenz Gedanken an die Euthanasie im "Dritten Reich" aufkommen lässt. 2013 gab es in Brandenburg auch dafür Beispiele. Beispiele Wittstock (OPR), 18. Mai 2013: Eine zu 70 Prozent behinderte Person gibt an, von einem "Rechten" einen Schlag ins Gesicht erhalten zu haben. Der Begleiter des Geschädigten erklärt, das Opfer wurde zunächst vom Täter verbal wegen seiner Behinderung beleidigt und erhielt dann einen Schlag mit dem Ellenbogen ins Gesicht. 131 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Spremberg (SPN), 6. Juli 2013: Ein bekannter rechtsextremistischer Gewalttäter schlägt ohne ersichtlichen Grund mit der Faust gegen den Kopf eines an einem sichtbaren Nervenleiden Erkrankten. Dieser bricht bewusstlos zusammen. Es werden Hirnblutungen und ein Schädelbruch diagnostiziert. Der Täter verachtet Menschen, die anders denken und anders sind, auch kranke und hilflose Menschen. Sein nationalsozialistisches Denken führte wiederholt zu politisch motivierten Gewalttaten. Antisemitisch motivierte Strafund Gewalttaten 2013 war eine Vielzahl von antisemitischen Äußerungen, Beschimpfungen und Drohungen zu verzeichnen. Diese richten sich sowohl gegen Opfer jüdischen Glaubens als auch gegen Andersgläubige. Beispiele Potsdam, 10. Januar 2013: Der Besucher eines Jobcenters wird im Laufe eines Gesprächs ausfallend und äußert: "Scheiß Juden, die Juden sind an allem Schuld. Die Juden werde ich umbringen." Königs Wusterhausen (LDS), 28. Januar 2013: Während des Unterrichts zur Vorbereitung einer Veranstaltung zum Jahrestag des Holocaust äußert sich ein 15-Jähriger wie folgt: "Ich hole gleich meine Nazifreunde und dann verbrenne ich euch alle. Ich vergase euch, ihr Juden." Zur Tatzeit befanden sich ein Lehrer sowie 22 Mitschüler im Klassenraum. Nuthetal (PM), 6. März 2013: Eine 27-Jährige beschimpft einen Nachbarn mit den Worten: "Mit deiner Hakennase siehst du aus wie ein scheiß Jude. So was wie dich sollte man wie bei Hitler vergasen. Du scheiß Jude verrecke." Im Anschluss zeigt sie ihm den Hitlergruß. Cottbus, OT Groß Gaglow, 2. April 2013: Der Hausdetektiv eines Baumarktes begrüßt einen Kunden mit den Worten "Sieg Heil" und "Heil Hitler". Dabei hebt er die rechte Hand zum Hitlergruß. Während des Gespräches äußert er, dass er "in der kommenden Woche schwere Aufgaben" hätte. Nach den Aufgaben befragt gibt er an: "Er müsse Juden vergasen, Polen zusammentreiben, an die Wand stellen und erschießen, sowie ein KZ eröffnen." Weiterhin gibt der Anzeigenerstatter an, 132 Rechtsextremismus der Hausdetektiv lege solche Verhaltensformen schon seit mindestens drei Jahren an den Tag. In einigen Fällen seien auch Zeugen zugegen gewesen. Neuenhagen (MOL), 5. Juli 2013: Der Täter beleidigt seit mehreren Monaten fast täglich eine weibliche Person mit Äußerungen wie "Du Judensau, schade dass man euch vergessen hat zu vergasen". Weiter droht er ihr an, er lasse sie "abholen" und man werde ihr "dann etwas antun". Oranienburg (OHV), 24. Mai 2013: Eine Frau äußert gegenüber ihrer Nachbarin: "Du bist ein Jude!", "Dich müsste man in den Ofen schieben!", "Euch müsste man alle verbrennen!" Die Nachbarin ist jüdischer Abstammung und hat im "Dritten Reich" Verwandte verloren. Fürstenberg/Havel (OHV), 7. Juni 2013: Bei einem Streit unter Nachbarn wegen zu lauter Musik mischt sich ein weiterer Nachbar ein und sagt zum Geschädigten: "Du kommst nach Sachsenhausen, Auschwitz, die Gleise hast du ja schon!" Im Gehen ruft er: "In Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt!" Cottbus, 5. September 2013: Ein Rechtsextremist beleidigt einen Servicemitarbeiter der Deutschen Bahn mit den Worten: "Ihr dreckiger Judenverein". Während der Sachverhaltsklärung durch Bundespolizeibeamte äußert er fortwährend ausländerfeindliche und rechtsorientierte Parolen wie: "In Deutschland gibt es keine Juden mehr, weil sie schon weggemacht wurden, sondern nur noch Ausländer und die sollen auch alle verschwinden. In Deutschland leben nur noch Kanacken." Antisemitismus ist nicht nur auf Deutsche beschränkt. Sollten ausländische Mitbürger entsprechende Handlungen begehen, werden sie nicht unter "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" erfasst. Ein solches Ereignis hat sich auch in Brandenburg zugetragen und soll hier der Vollständigkeit halber erwähnt werden. In Forst (SPN) bezeichnete ein palästinensischer nichtdeutscher Mitbürger am 3. Januar 2013 Mitarbeiter des Landratsamtes als "Juden" und "Rassisten". Ebenso erklärte er: "Der Holocaust und die Judenverfolgung hat nie stattgefunden." 133 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2.9 Rechtsextremistische "Anti"-Kampagnen und "Identitäre" "Warum sagt denn hier keiner was?" Fast schon verzweifelt ruft ein Mitglied der rechtsextremistischen "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" diese Frage in die Aula des Friesacker Oberstufenzentrums (OSZ). Das Amt Friesack (HVL) hat zu einer Bürgerversammlung eingeladen. Thema des Abends sind 20 Flüchtlinge und Asylbewerber, die nach den Planungen des Landeskreises in einem Teil des OSZ unterkommen sollen. Über 200 Bürger sind der Einladung gefolgt. Einige äußern ihre Ängste. Auch Vorurteile schwingen mit. Schnell wird Flüchtlingen und Asylbewerbern der Missbrauch des Asylrechts unterstellt. Von Kriminalität ist die Rede. Davor müsse man geschützt werden, sind einige Anwohner überzeugt. Der Ruf nach der Polizei ertönt. Von Anfang an versuchen etwa 30 Rechtsextremisten, allesamt Mitglieder und Anhänger des NPD-Kreisverbandes Havelland oder regionaler "Freier Kräfte", kräftig mitzumischen. Sie wollen eine negative Stimmung im Saal schüren. Wenige Tage zuvor hatten sie im sozialen Netzwerk Facebook eine Seite eingerichtet. "Nein zum Heim in Friesack", so der Titel, sollte möglichst viele Rechtsextremisten mobilisieren und zu dieser Veranstaltung locken. Die stehen jetzt im hinteren Teil des Saales und applaudieren, wenn Bürger Ressentiments formulieren. Eine jüngere Rechtsextremistin ruft: "Die vermehren sich wie die Karnickel." Aber die Rechtsextremisten haben sich verschätzt. Die Stimmung entwickelt sich zu ihren Ungunsten, als zwei ehemalige Schüler aus Friesack aufstehen und von ihren positiven Erfahrungen mit Kriegsflüchtlingen aus Kroatien und Bosnien Ende der 1990er Jahre erzählen. Sie berichten, wie ihre Freunde heute wieder in den befriedeten Ländern leben, wie oft sie miteinander telefonieren und sich über die guten Deutschkenntnisse ih134 Rechtsextremismus rer ehemaligen Mitschüler freuen. Der Vorsitzende des örtlichen Fußballvereins steht auf und bietet seine Mithilfe insbesondere bei der Integration der Flüchtlingskinder an. Das gilt ebenso für den Vorsitzenden des örtlichen Karnevalsvereins und die Vertreter des Landschaftsvereins. Man spricht darüber, wie man Asylbewerber in der Gemeinde sinnvoll beschäftigen könne. Die geplante Inszenierung der Rechtsextremisten fällt in sich zusammen. Ihre in den Saal hineingerufenen Parolen verhallen einfach. Schließlich ziehen sie verärgert ab. Gewonnen hat die Zivilgesellschaft. Viele Bürger aus Friesack wollen sich der Herausforderung stellen und erinnern sich an das positive Beispiel der Menschen, die vor dem Balkankonflikt flüchteten und in Friesack (HVL) Zuflucht fanden. Derzeit haben Kampagnen gegen Asylbewerber und Zuwanderung bei Rechtsextremisten in Brandenburg und anderen Bundesländern Konjunktur. Das Thema elektrisiert sowohl die NPD als auch Neonationalsozialisten. Überwiegend virtuell mischen ebenso ethnopluralistisch orientierte Strömungen wie die "Identitären" mit, verpacken ihre Ziele jedoch in eine modernere, weichere Sprache (siehe weiter unten). Andere, wie beispielsweise bestimmte "pro"-Gruppierungen, haben sich wiederum Islam-Kritik auf ihre Fahnen geschrieben. Vordergründig wenden sie sich gegen eine "Islamisierung" Europas. Doch hinter der Fassade der Islam-Kritik können sich sowohl herkömmlicher Rechtsextremismus als auch verfassungsschutzrelevante Islamfeindlichkeit verbergen. Den Ausund Neubau von Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge und Asylbewerber will besonders die NPD politisch ausnutzen. Verändert wurden nur die Parolen. Statt "Ausländer Raus!", heißt es nun "Einmal Deutschland und zurück", "Geld für die Oma statt für Sinti & Roma" oder "Asylflut stoppen!". Die NPD hofft, so von ihren schweren Problemen abzulenken (siehe auch Kapitel 2.1). Ein zurückgetretener Vorsitzender, marode Parteifinanzen, entlassene Mitarbeiter, reihenweise verlorene Wahlen, Mitgliederverluste, innerparteili135 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 che Zerreißproben und das Verbotsverfahren setzen ihr schwer zu. Für die Partei stehen 2014 überlebenswichtige Wahlen an. In Sachsen will sie erneut in den Landtag einziehen und im Landtag Brandenburg das Erbe der "Deutschen Volksunion" antreten. Überdies stehen in Brandenburg Kommunalwahlen und die Wahl des Europaparlaments an. Dafür braucht sie ein Mobilisierungsthema. Die Kampagnen gegen den Euro und gegen "Kinderschänder" zündeten nicht. Somit kommt der NPD die Flüchtlingsund Asylproblematik gerade recht. Bereits seit Anfang des Jahres 2013 ist sie bemüht, entsprechende Ressentiments zu schüren. Auch Neonationalsozialisten beteiligen sich oder planen eigene Aktionen. Dabei schrecken sie nicht vor Gewaltaufrufen zurück. Diskriminierungsideologien Diskriminierungsideologien stellen für die politische Kultur und die innere Sicherheit einer modernen Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Die aus ihnen erwachsenden Vorurteile waren in der Menschheitsgeschichte oft Anlass für gewalttätige Ausschreitungen und Pogrome. Antisemitismus, die Feindschaft gegenüber Juden, ist hierfür ein besonders bedrückendes Beispiel. Im nationalsozialistischen Deutschland gipfelte er im Holocaust, dem Vorhaben, die europäischen Juden massenhaft und industriell zu vernichten. Rassismus, also die Unterteilung von Menschen in Gruppen höherer und niederer Ordnung, ist die gemeinsame Grundlage rechtsextremistischen Denkens und Handelns. So war der Antisemitismus sowohl im Nationalsozialismus als auch bei vorangegangenen völkischen Strömungen des Kaiserreichs und der Weimarer Republik rassistisch motiviert. Man unterstellte den Juden, sie seien keine religiöse Gruppe, sondern eine "minderwertige Rasse", welcher zudem noch allerlei Verschwörungen angedichtet wurden. Die Ideologie von NPD und Neonationalsozialisten ist nach wie vor von einem rassistischen Menschenbild mit besonders ausgeprägtem Antisemitismus durchdrungen. Deshalb orientieren sich Rechtsextremisten am nationalsozialistisch geprägten Begriff der "Volksgemeinschaft". In einer "Argumentationshilfe für Funktionäre" des NPD-Bundesvorstandes finden sich völkisch-nationalistische Versatzstücke, die Funktionäre für das Gespräch mit Bürgern vorbereiten sollen: "Nur ethnisch geschlossene Gesellschaftskörper mit geringem Ausländeranteil sind solidarund belastungsfähig, nur sie können positive Gemeinschaftskräfte zur Krisenbewältigung entwickeln. 136 Rechtsextremismus (...) Zahlreiche Bevölkerungsprognosen sehen die alteingesessenen Europäer schon (...) als Minderheit (...). Das ist Völkermord an den Einheimischen und läuft auf den Völkerkrieg hinaus." In der ersten Auflage dieser Handreichung wurde die NPD sogar noch deutlicher: "Ein Afrikaner, Asiate oder Orientale wird nie Deutscher werden können, weil die Verleihung bedruckten Papiers (eines BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert, die für die Ausprägung körperlicher, geistiger und seelischer Merkmale von Einzelmenschen und Völkern verantwortlich sind. Längst ist erwiesen, daß das Erbliche bei Einzelnen wie bei Völkern und Rassen (als evolutionsbiologischen Lebensordnungen verwandter Menschen) gleichermaßen für die Ausbildung körperlicher wie nichtkörperlicher Merkmale verantwortlich ist. Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, gleich wie lange sie in Deutschland leben, und mutieren durch die Verleihung bedruckten Papiers nicht zu germanischstämmigen Deutschen." Daher fordern NPD und Neonationalsozialisten die schrittweise "Rückführung" von Ausländern, die in Deutschland leben. Mit geschmacklosen und vor dem Hintergrund des "Dritten Reichs" bedrohlichen Aktionen versucht die NPD dieser Forderung entsprechend Nachdruck zu verleihen. So erhielten Politiker mit Migrationshintergrund von der Berliner NPD beispielsweise ein symbolisches Rückflugticket und wurden zur freiwilligen Ausreise aufgefordert (siehe Kapitel 2.1). Diese Aktion spiegelt das rassistische Weltbild in großen Teilen des Rechtsextremismus wieder. Die Bevölkerung als Gesellschaft gleichberechtigter Individuen, wie es das Grundgesetz definiert, existiert nicht in der Vorstellungswelt von Rassisten. Sie setzen stattdessen auf ein völkisches Rassekollektiv ohne Individualrechte. Zu den Diskriminierungsideologien zählt auch Islamfeindlichkeit. Sie wird definiert als Abwertung von Muslimen durch pauschal zugeschriebene Ei137 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 genschaften, die Muslime als minderwertig klassifizieren. Islamkritik - beispielsweise an den im Koran verankerten Körperstrafen - ist damit ausdrücklich nicht gemeint, so lange sie von pauschalen, gruppenbezogenen Eigenschaftszuschreibungen absieht. Islamfeindlichkeit beruht vielmehr auf der rassistischen Strategie, Menschen aufgrund ihrer religiösen Herkunftskultur herabzusetzen sowie als nicht gleichberechtigte Minderheit auszugrenzen und schließlich als Sündenböcke für verschiedenste Probleme verantwortlich zu machen. Rechtsextremisten versuchen so gezielt, an Vorurteile in der Bevölkerung anzudocken oder solche zu erzeugen. Davon erhofft sich beispielsweise die NPD bessere Wahlergebnisse. Zudem setzen Rechtsextremisten den Islam als Religion mit islamistischem Extremismus und Terrorismus gleich. In Deutschland wird das Islam-Bild vor allem durch die Berichterstattung über Terroranschläge sowie blutige Auseinandersetzungen in Afghanistan, Irak und Syrien geprägt. Hinzu kommen die Terroranschläge vom 11. September 2001. Die Bilder der einstürzenden Zwillingstürme haben sich unauslöschlich ins Bewusstsein vieler eingeprägt. Auch vor diesem Hintergrund betonen Rechtsextremisten bei jeder sich bietenden Gelegenheit, Muslime seien eine Bedrohung für die kulturelle Identität und "Qualität" des deutschen Volkes. Jeder Moscheebau wird deshalb zur "Landnahme", zur Bedrohung der nationalen Identität der Deutschen umgedeutet. So auch der Tenor des Beitrages "Elbe-Elster: Islamisierung? Nein Danke!" auf der Website des NPD-Kreisverbandes Lausitz, der am 20. Februar 2013 erschien: "Immer öfters sieht man vermummte bzw. verschleierte Personen auf den sonst recht ruhigen Straßen von Trebbus. Einer der Bewohner stellte auch verwundert fest, dass ein Moslem sogar eine afrikanische Frau hätte, was es hier im Dorf ja noch nie gegeben habe. Stück für Stück werde das Dorf durch Moslems eingenommen, indem diese Haus für Haus von den alten und allein nicht mehr selbstständigen Trebbusern zu viel zu geringen Preisen aufkaufen." Der Autor fragt daraufhin: "Was wird geschehen, wenn Moslems im Dorf die Mehrheit stellen? Wird dann bald das erste Minarett im Ort stehen und morgens der Muezzin anstatt des gewohnten Hahnenschreis die Trebbuser wecken?" 138 Rechtsextremismus und verspricht: "Der NPD-Kreisverband Lausitz wird diesem Treiben nicht zusehen und nicht einfach still bleiben, während offenbar alle anderen versuchen das Problem schweigend unter den Tisch zu kehren." Daher bettet die NPD solche Erklärungen in übergeordnete, rassistisch motivierte Propagandaaktionen ein. So finden immer wieder Plakate Verwendung, die eine muslimische Familie auf einem fliegenden Teppich zeigen. Der Zusatz lautet "Gute Heimreise". Der Slogan "Maria statt Scharia", der ebenfalls auf Wahlplakaten der NPD zu finden ist, ist rassistisch motiviert. Eine weitere Diskriminierungsideologie ist Antiziganismus, die Feindschaft gegenüber ethnischen Gruppen wie Sinti und Roma. Ihnen werden - ähnlich wie Juden im Antisemitismus - negative Eigenschaften zugeschrieben. Im rechtsextremistischen Lager ist Antiziganismus ein wichtiges Mobilisierungsthema und der Begriff "Zigeuner" wird als abwertend verstanden sowie entsprechend genutzt. Im Laufe des Jahres 2013 war der Schengen-Beitritt von Bulgarien und Rumänien absehbar. Sowohl Medien als auch Politik thematisierten in diesem Zusammenhang lokale Problemlagen. Parallel dazu stieg antiziganistische Propaganda auf rechtsextremistischen Internetseiten deutlich an. Dort wurde ebenso der abwertende Begriff "Ekelhäuser" für die von Zuwanderern aus Südosteuropa bewohnten Unterkünfte geprägt. Außerdem bedienen sich Rechtsextremisten der bekannten Stereotype gegenüber Gruppen wie Sinti und Roma. Ihnen wird pauschal unterstellt, das deutsche Sozialsystem zu unterlaufen sowie Prostitution und Kriminalität nach Deutschland zu bringen. In Brandenburg hat der NPD-Kreisverband Lausitz im Mai 2013 eine Mahnwache in Cottbus abgehalten. Dabei wurde der Wahlkampfslogan der Bundespartei aufgegriffen und vom stellvertretenden Landesvorsitzenden, Ronny Zasowk, "mehr Geld für Opa und Oma statt für Sinti und Roma" gefordert. 139 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Anti-Asylkampagnen von Rechtsextremisten Mit Anti-Asykampagnen erzielte die NPD bundesweite Aufmerksamkeit. Das gilt insbesondere für Berlin und Schneeberg (Sachsen). Bei entsprechenden Veranstaltungen trat oft die Bundesprominenz der NPD auf. Beispielsweise sprach Udo Pastörs, Vorsitzender der NPD-Fraktion im Landtag Mecklenburg-Vorpommern und damals noch Stellvertretender Bundesvorsitzender, am 16. Februar 2013 auf einer öffentlichen Saalveranstaltung in Berlin unter dem Motto "Asylrecht. Asylwirklichkeit. Kein Asylheim in Neukölln!". Ihm zur Seite standen der stellvertretende NPD-Landesvorsitzende, Ronny Zasowk, der Berliner NPD-Landesvorsitzende, Sebastian Schmidtke sowie der Berliner NPD-Direktkandidat für den Bundestag, Jan Sturm. Letzterer erklärte, man wolle die Berliner vor "Lärm, Müll und Kriminalität" bewahren. Dies und weitere Versuche der NPD, das Grundrecht auf Asyl politisch zu missbrauchen, zeigten Wirkung. Bei der Bundestagswahl gelang es der NPD, in dem Wahlbüro, das an das geplante Asylbewerberheim in Berlin Hellersdorf/Marzahn angrenzt, gut 10 Prozent der Stimmen zu erhalten. Als angebliche Bürgerinitiative getarnt mobilisierte die NPD im Oktober 2013 in Schneeberg (Sachsen) 1.200 Teilnehmer für eine Demonstration gegen ein bereits bestehendes Übergangswohnheim. Anfang November 2013 folgten sogar 1.800 Teilnehmer unter dem Motto "Fragt uns Bürger! Wir sagen NEIN zum Asylmissbrauch!". Die dazugehörige FacebookGruppe nannte sich "Schneeberg wehrt sich". Einer der davon äußerte unverhohlen seine feindlichen Einstellungen gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern: "Diese Gruppe formuliert den Protest gegen die Ansiedlung krimineller Asylbetrüger in Schneeberg! Wir können und wollen nicht tatenlos zusehen, wie unsere schöne Bergstadt über Nacht in eine Hochburg straffällig gewordener Asylbewerber verwandelt wurde." 140 Rechtsextremismus Anti-Asylkampagnen in Brandenburg In Brandenburg bestand die "Anti-Asyl"-Inszenierung der rechtsextremistischen Szene im Wesentlichen aus Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und Internetauftritten von "Bürgerinitiativen" gegen Asylbewerberunterkünfte. Flugblätter und Besuche von Bürgerversammlungen zählten ebenso dazu. Auch Straftaten wie Brandstiftungen und Sachbeschädigungen wurden begangen. Demonstrationen wurden meist in unmittelbarer Nähe zu Einrichtungen abgehalten, die als Übergangswohnheime vorgesehen sind. Eine nennenswerte Mobilisierung oder gar Instrumentalisierung der örtlichen Bevölkerung gelang 2013 allerdings nicht. Bereits Anfang 2013 wollte die NPD Brandenburg mit der Kampagne "Einmal Brandenburg und zurück - Asyl ist kein Selbstbedienungsladen!" Aufmerksamkeit erzeugen. Offizieller Start war April mit Kundgebungsfahrten unter anderem in Potsdam, Teltow (PM) und Beelitz (PM). In Potsdam trafen am 13. April 2013 etwa zehn NPD-Anhänger auf 200 Gegendemonstranten. Am 3. August 2013 führte der Kreisverband Oderland zwei Kundgebungen vor der Aufnahmestelle für Asylbewerber in Eisenhüttenstadt (LOS) und vor einem Wohnheim für Asylbewerber in Fürstenwalde/Spree (LOS) durch. Die Veranstaltung in Eisenhüttenstadt wurde wegen des unfriedlichen Verlaufs von der Polizei aufgelöst. Hier hatten Rechtsextremisten Gegendemonstranten mit Reizgas und einer Fahnenstange angegriffen. Die NPD stellte den Sachverhalt als Notwehr dar. Bei der Kundgebung in Eisenhüttenstadt folgten gerade einmal knapp 20 Rechtsextremisten dem NPD-Aufruf. Sie standen zeitweilig bis zu 70 Gegendemonstranten gegenüber. Am 24. August 2013 veranstaltete der Kreisverband Lausitz zwei Kundgebungen in Lübbenau (OSL) und Vetschau (OSL). Einige der Teilnehmer fuhren anschließend nach Berlin, um dort gegen ein Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf zu demonstrieren. Am 7. September 2013 demonstrierte der NPD-Kreisverband Havel/Nuthe in Premnitz (HVL) und Rathenow (HVL) gegen zwei geplante Asylbewerberunterkünfte. Das Mot141 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 to lautete: "NEIN ZUM HEIM - Deutsches Geld für Schulen und Kindergärten!" Bei diesen Veranstaltungen blieb die NPD unter sich. Mehr als 20 Personen nahmen an diesen Kundgebungen nicht teil. Die landesweit bisher umfassendsten Anti-Asyl-Aktivitäten haben 2013 in Bestensee, Ortsteil Pätz (LDS) stattgefunden. Die Kampagne wird seit Mitte Oktober 2013 von der NPD gesteuert und richtet sich gegen das geplante Asylbewerberwohnheim im Ort. Dazu zählen Demonstrationen und Kundgebungen sowie die Facebook-Seite einer "Bürgerinitiative". Mitglieder der NPD nahmen ebenso an einer Bürgerversammlung am 17. Oktober 2013 teil. Anschließend versammelten sich 70 bis 80 Rechtsextremisten vor dem Veranstaltungssaal, um weiter Stimmung gegen das Asylbewerberheim zu schüren. Redner waren Pierre Dornbrach von den Jungen Nationaldemokraten und der NPD-Kreistagsabgeordnete Frank Knuffke. In einem von der NPD veröffentlichtem Video rief Knuffke offen zum Kampf gegen das Wohnheim auf: "(...) Und wenn Ihr Euch nicht wehrt, dann werdet Ihr Euch noch alle ganz furchtbar umgucken. (...) Der Kampf beginnt ab heute. Wir lassen nicht nach. Wir werden konsequent kämpfen gegen dieses scheiß Asylantenheim. Deutschland bedeutet Land der Deutschen und das soll es auch bleiben." Am 23. Oktober 2013 versammelten sich 25 NPD-Anhänger vor dem Kreistag in Lübben (LDS). Das Heim in Bestensee, Ortsteil Pätz (LDS) stand auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung. Zwei NPD-Anhänger versuchten die überfüllte Sitzung zu besuchen, wurden jedoch des Saales verwiesen. In Bestensee, Ortsteil Pätz fand am 25. Oktober 2013 auch die bisher größte Demonstration im Land Brandenburg gegen ein Übergangswohnheim statt. Unter den etwa 200 Teilnehmern des NPD"Fackelmarsches" waren größtenteils Szeneangehörige aus Brandenburg und Berlin. Am 22. November 2013 nahmen nur noch 65 NPD-Anhänger an einer Kundgebung teil, am 21. Dezember 2013 waren es wieder 100. Hier lautete das Motto: "Das Licht der Hoffnung ist noch nicht erloschen - Asylwahnsinn stoppen!" Neben Lampions, Kerzen, Fackeln, Transparenten, Schildern und Fahnen wurden weiße Masken getragen. Eine Anlehnung an Agitationsformen der verbotenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" ist offensichtlich (siehe Kapitel 2.3). In anderen Orten Brandenburgs kam es 2013 ebenfalls zu Versammlungen gegen geplante Asylbewerberunterkünfte. Organisiert wurden sie ent142 Rechtsextremismus weder von der NPD oder von Neonationalsozialisten aus der Region. Daran nahmen jedoch nie mehr als 25 Personen teil. Am 2. November 2013 veranstaltete der NPD-Kreisverband Lausitz eine Mahnwache in Bad Liebenwerda (EE). Sie richtete sich "gegen den zunehmenden und politisch gedulScreenshot deten Asylmissbrauch und die massenhafte Unterbringung von Asylbewerbern in brandenburgischen Städten und Gemeinden". Am 13. und 27. November 2013 demonstrierte der NPD-Kreisverband Barnim/Uckermark mit Unterstützung von Berliner NPD-Anhängern und Neonationalsozialisten gegen eine geplante Unterkunft in Zepernick (BAR). Am 23. November 2013 kam es in Bad Belzig (PM) zu einer Mahnwache unter dem Motto "Nein zum Heim in Bad Belzig!". Die rechtsextremistische Partei "Die Rechte" (siehe Kapitel 2.4) wollte dem nicht nachstehen und initiierte eine Demonstration gegen Asylbewerberunterkünfte am 16. November 2013 in Oderberg (BAR). 35 Personen nahmen teil, ein Großteil davon Neonationalsozialisten aus der Region und aus Berlin. Der brandenburgische Landesverband dieser Partei vertreibt außerdem ein T-Shirt mit der Aufschrift: "Asylantenheim - wir sagen Nein!". Aufgehetzt durch die fremdenfeindliche Agitation wurden im Jahr 2013 drei Brandanschläge auf Asylbewerberunterkünfte verübt. So wurde bereits in der Silvesternacht von 2012 auf 2013 versucht, ein leerstehendes Gebäude in Beelitz (PM) in Brand zu stecken. Es war als Übergangswohnheim vorgesehen. Am 16. August 2013 wurde ein Brandsatz vor das Übergangswohnheim in Luckenwalde (TF) geworfen. Zuletzt kam es am 18. September 2013 zu einem Brandanschlag auf die geplante Asylbewerberunterkunft in Premnitz (HVL). Diese Tat ist bereits aufgeklärt. Die Ermittlungen haben das fremdenfeindliche Motiv bestätigt. Neidkampagne im Internet Ein großer Teil der rechtsextremistischen Anti-Asyl-Kampagne findet im Internet, besonders in den sozialen Netzwerken statt. Neben den NPD-Web143 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 präsenzen sind zahlreiche rechtsextremistische Internetseiten, wie etwa "lichtschatten.info", daran beteiligt. Eine Besonderheit stellen angebliche "Bürgerinitiativen" in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter dar. Häufig sind sie mit NPD-Seiten verlinkt, auf denen zu Demonstrationen vor Asylbewerberheimen aufgerufen wird. Solche virtuellen "Bürgerinitiativen" gibt es vor allem zu den Orten in denen Übergangswohnheime entstehen, wie etwa in Premnitz (HVL), Bestensee, Ortsteil Pätz (LDS), Gransee (OHV), Oranienburg (OHV), Friesack (HVL) und Bad Belzig (PM). Häufig stecken Neonationalsozialisten oder die NPD selbst hinter diesen Seiten. Rechtsextremisten lassen dort ihren rassistischen Ressentiments ungehemmt freien Lauf. Die Facebook-Seite der "virtuellen" Bürgerinitiativen "Nein zum Heim in Pätz" startete am 14. Oktober 2013. Erzielte sie innerhalb der ersten neun Tage bereits über 1.600 "Gefällt-mir-Klicks", ebbte dieser Zuspruch bis Mitte Dezember spürbar ab. Nur noch rund 500 Klicks kamen hinzu. Dennoch bietet die Seite ein zügelloses Forum für Hassäußerungen und Gewaltaufrufe. Am 17. Oktober 2013 wurde dort folgender Aufruf eines Nutzers veröffentlicht: "brennt die scheiße schon vorher ab denn habt ih ruhe ist doch schon geplant das ding ob die Bürger was sagen oder nicht armes Deutschland das Land der Demokratie". Unter dem Motto "Wir wollen nicht in die Nazi-Ecke gestellt werden" aber was "endlich einmal gesagt werden muss" wurde ein Brand in einem Übergangswohnheim, welcher angeblich ein Bewohner verursacht hatte, folgendermaßen kommentiert: "also ich denke, dem war einfach nur kalt. Wenn einem Neger im Busch kalt ist, zündet er doch auch gleich ein Feuer an. Vielleicht sollten wir sie dahingehend etwas unterstützen." Ob Facebook oder die eigene Website: Rechtsextremisten nutzen das Internet ebenso, um Angst und Neid zu schüren. Asylbewerber werden generell als schmarotzende Wirtschaftsflüchtlinge und Kriminelle dargestellt. Schnell ist man mit Begriffen wie "Asylflut", "Asylmissbrauch" und "Asylbetrug" zur Stelle. Es wird mit Unterstellungen und angeblichen Fakten gearbeitet. So fragt der NPD-Kreisverband Oberhavel auf seiner FacebookSeite, die mit der Seite "Nein zum Heim in Gransee" verlinkt ist, nach der Zukunft in Gransee (OHV), wenn das Asylbewerberheim dort eröffnet wird. Dem folgt ein düsteres Szenario: sinkende Grundstückspreise, Kriminali144 Rechtsextremismus tät, Bettler vor Einkaufszentren und hochansteckende Krankheiten, welche Asylbewerber mitbrächten. Und: "Können wir uns dann (wenn die Asylbewerber kommen) noch sicher fühlen? Wie fühlt man sich wohl, wenn man im eigenen Haus bestohlen wurde?" Auch der NPD-Kreisverband Lausitz bedient auf seiner Website niedere Instinkte und stellt Flüchtlinge und Asylbewerber als Sozialbetrüger und Kriminelle dar: "...so kann sich so mancher 'hochqualifizierte' Gast ein zweites Standbein in der Betäubungsmittelbranche mithilfe staatlicher Alimente aufbauen". Der NPD-Kreisverband Oberhavel instrumentalisierte die Nachricht zu Tuberkulosefällen in der "Zentralen Ausländerbehörde des Landes Brandenburg" in Eisenhüttenstadt. Dabei wurde verschwiegen, dass 2013 - ähnlich wie in den Jahren zuvor - die Zahlen von Neuinfektionen mit Tuberkulose konstant waren und sich nicht nur auf Asylbewerber beschränken. Der selbe Kreisverband bedient auf seiner Facebook-Seite auch muslimfeindliche Ressentiments und "prophezeit" eine "Muslimflut": "Und auch in die Ruhezone Nummer eins in unserer Region, der Stechlinsee, wird dann ausländische Familien anziehen. Viele Bürger werden dann vielleicht zum ersten Mal einen Burkini, einen Ganzkörperschwimmanzug für Frauen, sehen. Unwahrscheinlich ist das nicht, da ein Großteil der Bewohner wohl Muslime sein werden. Und wer weiß, vielleicht wird dann auch bald wie in Leipzig, die erste Moschee in Gransee errichtet." Oft behaupten Rechtsextremisten, "deutsches Geld" werde für "Asylanten" verschwendet. Im Zusammenhang mit dem geplanten Asylbewerberheim in Zepernick (BAR) äußert sich die Kreisvorsitzende der NPD Barnim-Uckermark, Aileen Rokohl, unter der Überschrift: "Asylmissbrauch nun auch in Panketal" im Dezember 2013 auf der Homepage des NPD-Landesverbandes: "Warum müssen unsere Senioren den Platz für Wirtschaftsflüchtlinge und Sozialschmarotzer räumen?" Und bereits im September 2013 schreibt sie an gleicher Stelle: 145 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Aktivitäten gegen die Unterbringung von Asylbewerbern Stand: 17. Februar 2014 UM PR OPR OHV 3 BAR 10 10 Facebook-Seiten 11 x unter anderem 1 4 12 4 "Nein zum Heim HVL in ..." 1 9 MOL 5 Premnitz und 2 8 1 Rathenow 5 6 1 2 Bestensee/Pätz 3 3 Gransee 4 Friesack 2 LOS 5 Bad Belzig PM 1 8 Letschin (Facebook- 6 5 TF Gruppe) 2 11 Neuhardenberg LDS 4 7 (Facebook-Gruppe) 8 Falkensee 3 9 Lauchhammer (2x) 10 Oderberg OSL 4 11 Oranienburg EE x Twitter-Seiten unter anderem 9 3 7 "Nein zum Heim in ..." 7 1 Lauchhammer (2x) 1 Bürgerversammlungen mit Teilnahme von x Datum Rechtsextremisten 1 13.11.2013 Friesack 2 18.11.2013 Bad Belzig (versuchte Wortergreifung in Ausschusssitzung) 3 25.11.2013 Potsdam (Freie Kräfte) 4 09.12.2013 Zepernick (NPD) 146 Rechtsextremismus Datum Straftaten x 1 01.01.2013 Beelitz (Brandanschlag) 2 18.09.2013 Premnitz (Brandanschlag) 3 24.10.2013 Senftenberg (Schmierereien) 4 16.08.2013 Luckenwalde (Brandanschlag) 5 02.12.2013 Zepernick (Buttersäureanschlag) 25.12.2013 Neuhardenberg (Schmierereien) 6 20.01.2014 Neuhardenberg (Schmierereien) 7 31.12.2013 Lauchhammer (Schmierereien) 6 x Datum Flugblattverteilung 7 6 1 09.11.2013 Schöneiche (NPD) Datum Gegen Asylbe- x Demonstrationen, Mahnwachen und sonstige werber in: 2 öffentliche Versammlungen 1 1 Eisenhüttenstadt 03.08.2013 (NPD) 2 Fürstenwalde/Sp. 03.08.2013 (NPD) 3 Lübbenau 24.08.2013 (NPD) 4 Vetschau 24.08.2013 (NPD) SPN 5 Premnitz 07.09.2013 (NPD) 6 Rathenow 07.09.2013 (NPD) 7 Bad Liebenwerda 02.11.2013 23.10.2013 (NPD in Lübben) 24.10.2013 (NPD in Lübben) 8 Bestensee/Pätz 25.10.2013 (NPD) 22.11.2013 (NPD) 21.12.2013 (NPD) 13.11.2013 9 Zepernick 27.11.2013 (NPD) 10 Oderberg 16.11.2013 (Die Rechte) 23.11.2013 (NPD) 11 Bad Belzig 25.01.2014 (NPD-Bezug) 12 Bad Freienwalde 04.01.2014 (Die Rechte) 147 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 "Ihnen werden Wohnungen bereitgestellt, Kita-Plätze und vieles mehr. Alles Dinge, für die wir Deutsche hart arbeiten und viel zahlen müssen. Die monatlichen Mietkosten, Kita-Kosten (wenn man denn einen Kita-Platz in der Nähe bekommen hat), Einrichtung, Lebensmittel etc. zahlen wir Deutschen von unserem hart erarbeiteten Geld. Den Asylanten wird dies alles in den Rachen geschmissen!" Ebenso versucht der brandenburgische Landesvorsitzende der NPD, Klaus Beier, im November 2013 auf der Homepage des NPD-Landesverbandes Öl ins Feuer zu gießen: "Die Heime sind oft Hort der Kriminalität (...) Ein Grund mehr, die Forderungen der nationalen Opposition zu unterstützen und auf die Straße zu tragen. Es muß Schluß damit sein, daß es sich Wirtschaftsflüchtlinge auf Steuerzahlers Kosten in der sozialen Hängematte gemütlich machen wollen. Der Asylmißbrauch muß gestoppt, das einklagbare Grundrechts auf Asyl muß abgeschafft werden. Deutsches Geld muß für deutsche Aufgaben eingesetzt werden. (...) Wer diesen politischen und deutschfeindlichen Amokläufen einer abgehobenen Polit-Schickeria nicht länger tatenlos zusehen möchte, der sollte die NPD-Aktion 'Asylflut stoppen!' in den betroffenen Regionen unterstützen. Mit dem Wahlzettel sollte dann im nächsten Jahr die Stimme der Deutschen in den Kreistagen und dem Potsdamer Landtag deutlich zu hören sein!" Der NPD-Kreistagsabgeordnete Frank Knuffke sieht in der Asylpolitik sogar eine Verschwörung. Auf der Facebook-Seite der NPD Dahmeland schreibt er im Oktober 2013: "In Wirklichkeit ist das Thema Asyl und Zuwanderung unter einem ganz anderen Aspekt zu betrachten, nämlich der gesteuerten und geförderten Überfremdung Deutschlands, mit der Zielsetzung, das deutsche Volk, als Subjekt des Völkerrechts auszulöschen." Brandenburg befindet sich 2014 in einem Superwahljahr: Kommunale Vertreter, Europaparlament (beide am 25. Mai 2014) und Landtag (14. September 2014) werden gewählt. Die NPD hofft, auf kommunaler Ebene ihre derzeit 26 Mandate zu halten, oder gar auszubauen. Bei der Europawahl setzt sie - wie alle Splitterparteien - auf den Wegfall der Dreiprozenthürde. Ihr Hauptaugenmerk gilt jedoch der Landtagswahl. Bis dahin wird sie versuchen, insbesondere mit ihrer Anti-Asyl-Kampagne als rechtsextremistische "Ein-Themen-Partei" auf Stimmenfang zu gehen. So erklärt der bran148 Rechtsextremismus denburgische NPD-Landesvorsitzende, Klaus Beier, Ende Dezember 2013 im Internet: "Die dem etablierten Parteienkartell entgleitende Flut von Asylantenbzw. Wirtschaftsflüchtlingen und die aus dem Boden schießenden Asylheime sowie die steigende Kriminalität sind der Treibstoff, der uns am 14. September 2014 in den Landtag bringen kann, wenn wir konsequent und bürgernah agieren." Zu erwarten ist, dass die NPD mit Udo Pastörs an der Spitze der Bundespartei noch stärker als bisher von Neonationalsozialisten unterstützt wird. Insbesondere für Brandenburg ist daher mit einer weiteren Zunahme entsprechender NPD-Aktivitäten auf der Straße und im Internet zu rechnen. Das kann ebenso weitere Straftaten nach sich ziehen. Bisher konnte die NPD in Brandenburg keine Erfolge verbuchen. Alle Kampagnen-Versuche liefen ins Leere. Denn selbst die skeptischen Menschen im Land, die sich nicht an einer vorbehaltlosen Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen beteiligen wollen, unterscheiden mit überwältigender Mehrheit sehr wohl zwischen der Notwendigkeit einer demokratischen Auseinandersetzung mit dem Thema Asyl nach rechtsstaatlichen Regeln und auf der Grundlage der Menschenrechte auf der einen Seite und dem mit auf Hass sowie rassistischer Ausgrenzung beruhenden Polit-Krawall der NPD auf der anderen. Sie nehmen die NPD als das wahr, was sie ist: als rechtsextremistische Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Der starke zivilgesellschaftliche Widerspruch, welcher der NPD in Brandenburg entgegentritt, wird von ihr selbst erzeugt. "Identitäre Bewegung" Die "Identitäre Bewegung" ist ein noch junges, teilweise aktionsorientiertes und stark internetbasiertes Netzwerk. Ihr Logo ist das Symbol des gelben griechischen Buchstabens Lambda auf schwarzem Grund. Damit soll ein Bezug zu den Spartanern hergestellt werden, die unter anderem 480 vor Christus gegen die Perser kämpften. Ihren Ursprung hat die "Identitäre Bewegung" im "Bloc identitaire". Das ist eine aus verschiedenen regionalen Gruppen entstandene politische Bewegung in Frankreich, die den "Neuen Rechten" zugerech149 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 net wird. Im Oktober 2012 besetzten französische Identitäre ("Generation Identitaire") ein Moscheedach in Poitiers (Frankreich). Zuvor hatte diese Gruppierung bei YouTube eine "Kriegserklärung" eingestellt. Im Jahr 2012 entstanden auch in anderen europäischen Ländern identitäre Gruppierungen, darunter in Deutschland. Am 10. Oktober 2012 gründete sich die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IDB) als Facebook-Gruppe. Die Anhänger vertreten ethnopluralistische Ideen. Unter "identitär" verstehen sie, ihre jeweils eigene regionale, nationale und kulturelle Herkunft gegen Einflüsse von außen zu verteidigen und Traditionen zu bewahren. Auf der Homepage "www.identitaerebewegung.de" wird behauptet, man stehe für "100% Identität, 0% Rassismus". Jedoch heißt es dort an anderer Stelle: "Identitär zu sein bedeutet für uns, mit vollem Einsatz für den Erhalt unserer ethnokulturellen Identität einzutreten. Unsere Identität ist für uns ... eine homogene, verwandte Gemeinschaft (...) was uns als Deutsche von allen anderen unterscheidet, ist eben die kulturelle und ethnische Substanz, die sich über Jahrtausende hinweg ... erhalten hat." Letztlich wurden hier alte Standardbegriffe aus dem Handbuch des Rechtsextremismus schlicht und einfach durch unverfänglicher klingende ersetzt: Aus "Volksgemeinschaft" wurde "homogene, verwandte Gemeinschaft" und aus "Rasse" wurde "ethnische Substanz". Ihre Botschaften richten Identitäre zudem gegen vermeintlich schädliche Einflüsse von außen, wie "MasScreenshot 150 Rechtsextremismus seneinwanderung" und "Islamisierung". Ähnlich wie bestimmte islamkritische und -feindliche Vereinigungen sind Identitäre bemüht, sich ausdrücklich vom Antisemitismus abzugrenzen. Grundsätzlich dürfte das fehlende antisemitische Element das Interesse herkömmlicher Rechtsextremisten an der "Identitären Bewegung" erheblich reduzieren, da deren Koordinatensystem ohne Antisemitismus zusammenbräche. Zunehmend wird von Identitären jedoch ebenso das Thema "Ausländerkriminalität" aufgegriffen. Verpackt in zeitgemäßen Internetauftritten, griffigen Slogans und an Flashmobs angelehnten, provokativen Aktionen versuchen Identitäre, Botschaften in den öffentlichen Raum zu tragen. Damit soll vorwiegend jugendliches Publikum angesprochen und mobilisiert werden. Beispielsweise stürmten am 30. Oktober 2012 einige maskierte Identitäre zu Techno-Musik eine Veranstaltung der Interkulturellen Wochen in der Stadtbibliothek in Frankfurt am Main (Hessen). Ein Video dieser Aktion wurde im Internet veröffentlicht. Ein weiteres Video zeigt, wie Identitäre in Fulda (Hessen) in das Stadtschloss einund auf das Dach vordringen. Dort holen sie die Europaflagge ein und hissen die deutsche. Obwohl Internetauftritte deutscher Identitärer durchaus eine Vielzahl an "Gefällt mir"-Klicks auf Facebook vorweisen, ist hier trotz kreativer Selbstinszenierung keineswegs eine neue rechtsextremistische Massenbewegung entstanden. Zum einen sind Identitäre nicht klassischen rechtsextremistischen Strömungen zuzurechnen, zum anderen dürfte das aktive Personenpotenzial bundesweit im zweistelligen Bereich liegen. An Aktionen in der "Realwelt" nahmen jeweils nur wenige Aktivisten teil. Jedoch bedienen Identitäre - ob gewollt oder nicht - teilweise rechtsextremistisches Gedankengut. Ebenso haben sie bestimmte Aktionsstile, Argumentationsmuster und Kommunikationstechniken neu ausgeprägt, welche von Rechtsextremisten mittlerweile schlicht übernommen werden, in der Hoffnung, sich so einen moderneren Anstrich zu geben. Wirklich neu sind jedoch nicht alle Stilmittel der Identitären. Neonationalsozialisten wie beispielsweise die am 19. Juni 2012 verbotene "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" nutzten bereits Flashmobs. Letztlich befruchten Identitäre zurzeit eher bestimmte rechtsextremistische Strömungen. Eine gegenseitige Durchdringung und damit ideologische Vereinheitlichung kann nicht festgestellt werden. Jedoch zeigen Erkenntnisse aus Brandenburg, dass Rechtsextremisten zumindest versuchen, in identitärem Gewand daherzukommen. Zwar sind kaum Aktivitäten zu verzeichnen. Doch auf Facebook sind die "Identitäre 151 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Bewegung Lausitz", die "Identitäre Bewegung Cottbus" und die "Identitäre Bewegung Potsdam" vertreten. Sie sind fast ausschließlich in der virtuellen Welt zu Hause und auch dort gehen von ihnen keine nennenswerten Impulse aus. Die "Identitäre Bewegung Cottbus" wurde am 30. November 2012 nach Vorabankündigung im Internet gegründet. Nur fünf Personen nahmen teil. Vier davon gehören der regionalen rechtsextremistischen Szene an. Somit sind Ansätze erkennbar, dass Rechtsextremisten bemüht sind, die "Identitäre Bewegung" zu vereinnahmen oder zumindest unter deren Flagge zu segeln. In der Folge wurden keine Aktivitäten der Cottbuser Gruppe bekannt. Jedoch tauchten im Raum Cottbus gelegentlich Flyer und Aufkleber der "Identitären Bewegung" auf. In Spremberg (SPN) wurde im März 2013 ein Flugblatt mit dem Titel "Deutsche wehrt Euch!" und dem Logo der "Identitären Bewegung" samt Internetadresse in Umlauf gebracht. Inhaltlich richtete sich dieses Flugblatt jedoch gegen die "linke" Szene Spremberg und die Berichterstattung der "Lausitzer Rundschau". Aktionen mit dieser Stoßrichtung gingen zuvor auf das Konto der örtlichen neonationalsozialistischen Szene. Hier ist, wie bei der Gruppengründung in Cottbus, naheliegend, dass Rechtsextremisten das Label der "Identitären Bewegung" offenbar nutzen, ohne sich zuvor mit deren Inhalten konkret befasst zu haben. 152 Rechtsextremismus 2.10 Ausblick Der NPD-Bundesverband ist im Dezember 2013 erneut in eine schwere Krise gestürzt. Nach zahlreichen Landtagswahlschlappen, bei denen die Partei noch nicht einmal genug Stimmen für die Inanspruchnahme staatlicher Parteienfinanzierung erzielt hatte, trat ihr Vorsitzender Holger Apfel erst zurück und dann sogar noch aus der NPD aus. Den Ausschlag gaben Gerüchte, welche in der Partei über ihn verbreitet wurden. Doch bereits in den Monaten zuvor stieg der Druck auf ihn immer weiter an: Mitgliederverluste, anhaltende Finanznöte, Entstehung der Konkurrenz "Die Rechte", Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD durch den Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht und die "Freundeskreise" des ehemaligen Parteivorsitzenden Udo Voigt setzten ihm zu. Schließlich war Apfel mit seinem Konzept der "seriösen Radikalität" am Ende und gab auf. Bis auf weiteres wird die Partei nun vom NPD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, geführt. Ihm ist es in den letzten Jahren gelungen, eher parteiferne neonationalsozialistische "Freie Kräfte" in seinen Landesverband zu integrieren. Pastörs spricht zudem deren Sprache. Er ist die exemplarische Verkörperung eines Prozesses, den der Verfassungsschutz Brandenburg seit längerem als "Nazifizierung" der NPD bezeichnet. Dieser Prozess hat die gesamte NPD längst erfasst, auch in Brandenburg, und prägt sowohl ihre Ideologie als auch ihr Auftreten. Mit Pastörs als NPD-Vorsitzendem wird die Radikalisierung der Partei weiter vorangetrieben. 2014 stehen auf unterschiedlichen Ebenen zahlreiche Wahlen in Deutschland an. Die NPD wird hierbei durchgehend versuchen, sich mit ihrer rassistisch-motivierten Anti-Asyl-Kampagne aggressiv in Szene zu setzen. Große Hoffungen setzt sie auf die Europawahl am 25. Mai 2014, da das Bundesverfasungsgericht am 26. Februar 2014 die Dreiprozenthürde gekippt hat. Ebenso große Hoffnungen setzt die mittlerweile überwiegend zur ostdeutschen Regionalpartei geschrumpfte NPD auf die Landtagswahlen in Sachsen (31. August 2014), Thüringen und Brandenburg (beide 14. September 2014). In Sachsen steht der Wiedereinzug auf der Kippe. In Thüringen und Brandenburg war sie noch nie parlamentarisch vertreten. In Brandenburg scheiterte sie 2009 mit 2,6 Prozent deutlich. Mit von der NPD erhofften Einzügen in Landesparlamente wären erhebliche Zuflüsse staatlicher Mittel verbunden: bezahlte Abgeordnete sowie Gelder für Mitarbeiter und Fraktionszuschüsse. 153 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 2013 hat die NPD Brandenburg erneut Mitglieder verloren. Ende 2013 lag sie bei nur noch 290. Die finanziellen Eigenmittel sind gering. Von ihren kommunalen Mandaten hat sie durch Parteiaustritte ebenfalls zwei eingebüßt und zählte Ende 2013 nur noch 26. Auch die Anzahl ihrer oftmals nur virtuell existierenden Ortsverbände ist rückläufig. Manche der acht Kreisverbände zeigen hohe Aktivitäten; andere wiederum geringe bis nahezu gar keine. Im Laufe des Jahres 2013 erlahmten die Aktivitäten der NPD Brandenburg sogar teilweise. Erst zur Bundestagswahl zogen sie an und wurden zum Jahresende hin nochmals intensiviert. Unterstützt von "Freien Kräften" stand fast ausnahmslos ihre rassistisch motivierte Anti-Asylkampagne im Vordergrund. Dazu zählten unter anderem Demonstrationen und zahlreiche zumindest NPD-beeinflusste Internetauftritte besonders auf Facebook. Flächendeckend wahlkampffähig ist die NPD Brandenburg aus eigener Kraft kaum. Somit ist sie mehr denn je auf Unterstützung neonationalsozialistischer "Freier Kräfte" angewiesen. Diese Unterstützung ist je nach Region unterschiedlich stark ausgeprägt. Mal treten Neonationalsozialisten ein, mal unterstützen sie aktiv, mal verweigern sie sich, mal treten sie der Konkurrentin "Die Rechte" bei. Das Glied in der Kette zwischen "Freien Kräften" und NPD sind die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), die im Laufe des Jahres 2013 jedoch auch einen leichten Mitgliederverlust hinnehmen mussten. In Brandenburg stehen 2014 drei Wahlen an. Über alle Wahlen hinweg wird die NPD an ihrer Anti-Asyl-Kampagne festhalten, ihre Hauptaktivitäten wohl jedoch erst im Zusammenhang mit der Landtagswahl entfalten. Mit Unterstützung durch eher parteiferne neonationalsozialistische "Freie Kräfte" ist weiterhin zu rechnen. Für die Landtagswahl wurde das Wahlalter erstmalig auf 16 abgesenkt. Von der NPD werden gezielte Aktionen ausgehen, sowohl diese Erstals auch Jungwähler zu umwerben. Ihre Wahlkampf-Hauptaktivitäten sind für die Regionen Lausitz, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Oder-Spree zu erwarten. Doch auch in anderen Teilen des Landes wird die Partei versuchen, Präsenz zu zeigen. Bei den JN ist neben dem bereits aktiven "Stützpunkt Schenkenländchen" (LDS) mit einer Erhöhung von Aktivitäten im Raum Potsdam und Oranienburg (OHV) zu rechnen. Relativ neu ist die erst 2012 vom Hamburger Neonationalsozialisten Christian Worch gegründete Partei "Die Rechte". Insbesondere in West154 Rechtsextremismus deutschland ist sie zumindest ein Auffangbecken für ehemalige Angehörige verbotener neonationalsozialistischer Organisationen. Der brandenburgische Landesverband wurde im Januar 2013 ins Leben gerufen. Bis Ende 2013 zählte er nur eine Handvoll Mitglieder. Klaus Mann, Landesvorsitzender von "Die Rechte", war der letzte Landesvorsitzende der "Deutschen Volksunion" (DVU). Das Scheitern der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Fusion von NPD und DVU wird daran erneut ersichtlich. Schon damals wollte kaum einer der rund 20 kommunalen DVU-Mandatsträger zur NPD übertreten. Ebenso verweigerten sich die meisten DVUMitglieder der Fusion. Erst Ende 2013 entfaltete "Die Rechte" in Brandenburg konkrete Aktivitäten, indem sie an die Anti-Asylkampagne der NPD andockte. Die Gründung des ersten Kreisverbandes erfolgte am 1. Februar 2014. Daran beteiligt waren unter anderem Angehörige neonationalsozialistischer "Freier Kräfte". Mit "Die Rechte" erwächst der NPD somit zunehmend eine Konkurrentin. Anfang 2014 kam "Die Rechte" in Brandenburg auf etwa 20 Mitglieder. Dass "Die Rechte" 2014 auf Stimmzetteln in Brandenburg stehen könnte und somit gegen die NPD antritt, ist am ehesten bei der Europawahl möglich. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieses Verfassungsschutzberichts versuchte sie bundesweit dafür Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Von einer selbstständigen Beteiligung an der gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahl und an der späteren Landtagswahl scheint "Die Rechte" jedoch abzusehen. Stattdessen soll sie nach eigenen Angaben Listenplätze bei der NPD erhalten. Somit würden "Die Rechte" und die NPD den "Deutschlandpakt" wieder aufleben lassen, welcher ursprünglich zwischen der DVU und NPD in den Jahren 2004 bis 2009 bestanden hatte, dann jedoch einseitig von der NPD aufgekündigt wurde. Da sich "Die Rechte" Vorwürfen ausgesetzt sieht, sie sei mehr oder weniger die Fortführung verbotener Organisationen, ist sie sehr bemüht, über die bundesweite Herausbildung formaler Strukturen und über die Teilnahme an Wahlen unter das schützende Dach des Parteienprivilegs zu schlüpfen. Hier zeichnet sich eine neue Strategie eher parteiferner Neonationalsozialisten ab. Nachdem insbesondere in den 1980er und 1990er Jahren ihre Vereine verboten wurden, wichen sie zunächst auf das Modell der Kameradschaften aus. Doch auch diese wurden verboten. Danach versuchte die Szene, sich über noch losere Strukturen zu vernetzen und zu organisieren. "Freie Kräfte" entstanden. Aber auch hier griffen Vereinsverbote. 155 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Parallel verlagerten einige Szeneangehörige ihre Aktivitäten in die NPD, um dort unter dem Schutz des Parteienprivilegs ihre Ideologie voranzutreiben. Während die NPD so nach und nach nazifiziert wurde, ist die Gründung der Partei "Die Rechte" tatsächlich aus der Szene der "Freien Kräfte" selbst hervorgegangen. Maßgeblich daran beteiligt waren Neonationalsozialisten, deren Organisationen zuvor verboten wurden. Mit diesem offensichtlichen Versuch, nach dem Parteienprivileg zu greifen, erhoffen sich Neonationalsozialisten Schutz vor den rechtsstaatlichen Verbotsmöglichkeiten des Vereinsrechts. Insofern ist "Die Rechte" Ausdruck einer neuen neonationalsozialistischen Organisationstaktik abseits der NPD. Gleichzeitig wäre "Die Rechte" ein Auffangbecken für den Fall eines NPD-Verbots. Mit acht Gruppierungen und 420 Angehörigen bleibt das Personenpotenzial brandenburgischer Neonationalsozialisten auf hohem Niveau. Sowohl NPD als auch "Die Rechte" werden diese Szene umwerben, um sie in Wahlkampfaktivitäten einzubinden. Das 2012 ausgesprochene Verbot der bis dahin auch über die Landesgrenzen hinweg bekannt gewordenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" wurde im November 2013 vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Es muss weiter beobachtet werden, inwieweit der davon betroffene Personenkreis seine Aktivitäten einstellt oder in andere Strukturen verlagert. Öffentlichkeitswirksame neonationalsozialistische Aktivitäten im Süden Brandenburgs hatten nach dem Verbot spürbar abgenommen. Trotz allem wurden im Laufe des Jahres 2013 und auch im Frühjahr 2014 Aktionen festgestellt, welche Bezüge zur verbotenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" aufweisen. Die aufgrund ihrer Gewaltbereitschaft derzeitig aggressivsten Neonationalsozialisten sind im Raum Spremberg (SPN) anzutreffen. Für Rechtsextremisten sind Demonstrationen ein Mittel, ihre Ideologie in die Öffentlichkeit zu tragen. Großdemonstrationen wie zuletzt beispielsweise in Dresden haben nach wie vor hohe Bedeutung, verlieren jedoch an Attraktivität. Der organisatorische Aufwand ist enorm und zu groß ist der Szene-Frust, wenn solche Aufmärsche nicht wie erhofft stattfinden. Bereits seit längerem warnt der Verfassungsschutz Brandenburg davor, dass Rechtsextremisten daher vermehrt auf Spontanaktionen ausweichen oder beispielsweise "Wandermahnwachen" durchführen. Die Planungen hierfür verlaufen teilweise konspirativ. Solche und ähnliche Aktivitäten nahmen 2013 zu und werden im Wahljahr 2014 von nochmals wachsender Bedeutung sein. 156 Rechtsextremismus Brandenburg verfügt mit 24 über eine nach wie vor vergleichsweise hohe Zahl rechtsextremistischer Hass-Bands. Nur in einem Bundesland gibt es mehr. Tonträger dienen dem Ideologietransfer und führen potenzielle Interessenten an die Szene heran. Über alle Binnengrenzen hinweg sind Konzerte für den Zusammenhalt und die Vernetzung der gesamten rechtsextremistischen Szene von hoher Bedeutung. Hier treffen unorganisierte Gewaltbereite, Mitglieder von NPD und JN, Angehörige "Freier Kräfte" und viele andere aufeinander. Lokal kann der Strang ebenso zu Angehörigen des Rocker-Milieus reichen. Der Druck der Sicherheitsbehörden auf die Szene ist in Brandenburg hoch. Die Konzert-Aktivitäten in Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) kamen im zweiten Halbjahr zum Erliegen. Die Liegenschaft gehört der Frau des Landesvorsitzenden der Partei "Die Rechte", Klaus Mann. Dort ist jedoch mit erneuten Versuchen zu rechnen, die Liegenschaft als Veranstaltungsort zu nutzen und überregional zu etablieren. Die zurzeit eher internetbasierte "Identitäre Bewegung" hat drei Ableger in Brandenburg. Einer davon, die "Identitäre Bewegung Cottbus", wurde erstmals als Beobachtungsgegenstand in den Bericht aufgenommen. Die Gruppe wurde am 30. November 2012 gegründet. Nur fünf Personen nahmen teil. Vier davon gehören der regionalen rechtsextremistischen Szene an. Somit sind Rechtsextremisten bemüht, die "Identitäre Bewegung" zu vereinnahmen oder zumindest unter deren Flagge zu segeln. Gleichzeitig nutzen Rechtsextremisten die "Identitäre Bewegung" vermehrt als Stichwortgeber, um die eigene Ideologie sprachlich aufzupolieren. 157 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 158 3. Linksextremismus Mitgliederzahlen linksextremistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2012 2013 Autonome* 225 190 Anarchisten Einzelpersonen (EP) DKP 90 80 MLPD EP EP Rote Hilfe 175 180 sonstige linksextremistische Organisationen 85 75 gesamt** 575 525 Mehrfachmitgliedschaften 45 40 tatsächliches Personenpotenzial 530 485 * Die Zahl der Angehörigen autonomer Gruppen wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungen aus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffällig geworden sind; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäter, die im betrachteten Jahr straffällig geworden sind; c) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenen Jahren straffällig geworden und bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewaltbereitschaft gegeben sind; d) extremistisch orientierte Personen, denen keine einschlägigen Gewalttaten nachzuweisen sind, die aber aufgrund konkreter Einzelerkenntnisse (mutmaßliche Beteiligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen usw.) als gewaltbereit gelten müssen. ** Mitglieder linksextremistisch beeinflusster Organisationen sind nicht mitgezählt. 159 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 3.1 Autonome im Abschwung Die autonome Szene in Brandenburg ist im Schwinden begriffen. Die Zahl ihrer Mitglieder ging 2013 erneut zurück und lag bei 190 (2012: 225). Bundesweit waren es 2012 insgesamt 6.400 Personen. Gewaltbereite Linksextremisten in Brandenburg 500 450 400 400 350 360 350 330 320 300 300 310 300 300 250 200 225 190 100 0 1993 1996 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2008 2009 2011 2012 2013 Autonome Szenen existieren in Brandenburg vor allem noch in den größeren Städten wie Potsdam und Cottbus sowie in den Regionen Spremberg (SPN) und Forst (SPN). Schwächere Szenen gibt es in Frankfurt (Oder), Neuruppin (OPR), Finsterwalde (EE), Königs Wusterhausen (LDS), Strausberg (MOL), und in der Region Eberswalde/Bernau (BAR). Laut Internetportal Indymedia ist innerhalb der Szene der Trend zu beobachten, "die Koffer für einen Umzug nach Berlin-Neukölln oder in die Hamburger Schanze zu packen." Somit verringert sich sowohl die Zahl der Szeneangehörigen als auch die der Szenen selbst. Im April verkündete die "Autonome Gruppe Oranienburg" (AGO) ihre Selbstauflösung mangels aktiver Mitglieder. In der Regel erfolgen solche Eingeständnisse nicht so deutlich. Viele Gruppen fristen noch jahrelang als inaktive Homepage im Internet ein virtuelles Dasein. So lassen sie die Öffentlichkeit über ihr tatsächliches Schicksal im Unklaren. Inhaltlich hat sich die autonome Szene in Brandenburg schon seit Längerem vom traditionellen Autonomen entfernt. Sie müssten eigentlich eher 160 Linksextremismus Autonome Gruppen UM PR OPR OHV BAR Neuruppin Eberswalde/Bernau HVL MOL Strausberg Potsdam Frankfurt (Oder) LOS PM Königs Wusterhausen TF LDS SPN OSL Forst Cottbus Finsterwalde EE Spremberg als postautonome Struktur bezeichnet werden. Den klassischen Autonomen, wie er in der Hausbesetzerszene der Altbundesländer der 1980er Jahre existierte, gab es in Brandenburg praktisch nur in den 1990er Jahren. Die Befriedung der Hausbesetzerszene, die nicht unerhebliche Personalfluktuation und ein inzwischen vollzogener Generationswechsel haben den klassischen Autonomen inzwischen zu einer Seltenheit werden lassen. Die heutigen Mitglieder autonomer Szenen leben in zunehmendem Maße in selbstverwalteten autonomen kulturellen und sozialen Zentren. Nicht nur äußerlich haben sie inzwischen das klassisch autonome Outfit überwunden. Viele von ihnen sind ebenso von Sozialhilfeempfängern zu aktiven Mitgliedern der Gesellschaft geworden, studieren oder stehen im Berufsleben. Leider hat sich in ihrer Ideologie nicht immer eine entsprechende Entwicklung mitvollzogen. Viele hängen noch immer dem alten autonomen Antifaschismusbegriff an. Sie verwechseln den freiheitlichen demokratischen 161 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Rechtsstaat mit einem angeblich faschistischen Gebilde, welches als Unterdrückungsinstrument der angeblich herrschenden Klasse eingesetzt wird. Darin glauben sie die Wurzel allen Übels zu erkennen. Während Autonome im praktischen Leben die Vorteile, die Sicherheit sowie die Leistungen des Sozialund Rechtstaats selbstverständlich nutzen, bleibt er bei ihren politischen Aktionen der zu bekämpfende Repressionsapparat. Es bleibt abzuwarten, wie Autonome, wenn sie eines Tages beispielsweise als Erzieher im öffentlichen Dienst tätig sein sollten, mit dieser Geistesspaltung umgehen werden. Aber auch Kommunen sehen bei der Finanzierung autonomer Zentren bisweilen nicht, dass sie den gleichen Spagat ausführen. Diese Veränderungen der autonomen Szene und ihre Migration in die bürgerliche Gesellschaft hinein führen dazu, dass Szenemitglieder von demokratischen Bürgerbündnissen manchmal unkritisch betrachtet werden. Manche demokratische Bürgerbündnisse akzeptieren oder schätzen sie gar als vermeintliche Spezialisten ihres - in diesem Falle falsch verstandenen - Antifaschismus. Dabei sollte klar sein: Nicht die Häufigkeit, mit der jemand das Wort Antifaschismus im Munde führt oder sonst wie verwendet, macht ihn zum Spezialisten in dieser Sache. Fließt autonomes Denken in demokratische Bürgerbündnisse ein, kann der Antifaschismusbegriff als Kern der Ablehnung des demokratischen Rechtstaates dort ebenfalls Eingang finden. Demokratischen Bürgerbündnissen sei daher ein gesundes Misstrauen gegenüber Personen empfohlen, die ihren Namen oder ihre Gruppenzugehörigkeit nicht preisgeben wollen und Konspiration vorziehen. Meist sind es Mitglieder autonomer Gruppen die so handeln. Früher waren autonome Gruppen ausschließlich aktionsorientiert und interessierten sich nicht weiter für ihre ideologischen Wurzeln. Jedoch beschäftigen sich - insbesondere in den Universitätsstädten Potsdam und Cottbus - Szenemitglieder nun häufiger mit dogmatisch-kommunistischen 162 Linksextremismus Schriften. Möglicherweise sind sie auf der Suche nach einem geistigen Fundament für sich selbst. Solche Lesekreise sind gleichzeitig auch dazu geeignet, den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken, ideologische Abweichler zu disziplinieren oder auszuschließen. Ein Beispiel dafür ist die Gruppierung "Zusammen kämpfen (ZK) Cottbus" Sie wurde im Frühjahr 2012 von autonomen Szenemitgliedern gegründet. Unter dem gleichen Label hatten sich schon früher in Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Berlin und Stuttgart (Baden-Württemberg) gewalttätige autonome Gruppierungen zusammengeschlossen. Die Magdeburger Gruppe teilt beispielsweise auf ihrer Homepage mit, man verstehe sich "als Teil der weltweit kämpfenden revolutionären Linken für eine Gesellschaft frei von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, frei von Kriegen und frei von rassistischer, patriarchaler und sexistischer Unterdrückung". Bereits nach wenigen Wochen nannte sich die Gruppe "ZK Cottbus" in "Ziel und Kurs Cottbus" um. Wortreich wurde versucht, das auf der Homepage zu erklären. So sei tatsächlich geplant gewesen, der ZK-Struktur der drei oben genannten Städte beizutreten. Zu spät habe man gemerkt, dass man sich dann den beiden Hauptfeldern dieser Strukturen stärker hätte widmen müssen: dem Engagement für politische Gefangene und Aktionen gegen Antideutsche. Da "Ziel und Kurs Cottbus" andere Vorstellungen für sein politisches Wirken habe, war schnell klar, dass man im ZK-Verbund keine Zukunft habe. Das Engagement für politische Gefangene sei in der Region Cottbus bereits durch die "Rote Hilfe" abgedeckt und die Thematik Antideutsche vor Ort praktisch ohne Bedeutung. Man wolle seine Kräfte, 163 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 die man zum Kampf gegen die Kapitalisten und ihre Vertreter in der Region brauche, nicht in szeneinternen Kämpfen verschwenden. Da man sich mit "ZK Cottbus" bereits einen Namen gemacht habe, wurde das Kürzel bei der Umbenennung beibehalten. Zudem entspreche dieser Name dem Wirken: "Wir haben mit dem Sozialismus als Gesellschaft, in dem nicht mehr einzelne Eigentümer an Boden und Maschinen Millionen Menschen knechten[,] ein ebenso hohes wie vernünftiges Ziel. Zugleich verfolgen wir mit dem Festigen von Klassenbewusstsein und Klassenkampf auch einen klaren Kurs[,] dieses Ziel zu erreichen. Unsere Solidarität gehört allen Verbindungen, die danach streben[,] das kapitalistische Ungetüm auf den Müllhaufen der Geschichte zu verbannen." Zunächst gab "ZK Cottbus" monatlich bis April 2013 die Publikation "KATJUSCHA" heraus. Die Namensanalogie zu Stalins Raketenwerfer ist wohl nicht zufällig gewählt. Sie ist auch über die Homepage zk-cottbus.de abrufbar. Aktivitäten, Reaktionen und Bekundungen autonomer Szenen folgen keiner zwingenden Logik. Sie passen ihr Verhalten teilweise geschickt an Gegebenheit und Lage der Dinge an, um ihre Ziele zu erreichen. Das kommt auch im Vorwort der Broschüre "Fight back #5 / Neonazis in Berlin und Brandenburg - eine Antifa-Recherche" vom April 2013 zum Ausdruck. Die Autoren distanzieren sich von der Politik ihrer Partner in demokratischen Bürgerbündnissen und legitimieren den Einsatz von Gewalt: "Unserer radikalen Gesellschaftskritik folgend unterscheiden wir uns bisweilen auch in der Wahl der Mittel unserer Politik von bürgerlichen Bündnispartner_ innen. Das heißt, unsere Aktionsformen werden nach ihrer Effektivität gewählt und weniger nach dem rechtlichen Rahmen. Wir finden es gerechtfertigt, sich Neonazis in den Weg zu stellen, ob nun erlaubt oder 164 Linksextremismus nicht. So sehen wir auch Militanz als berechtigtes Mittel an. Es wird dadurch bewusst das staatliche Gewaltmonopol und auch die ideologische Deutungshoheit darüber, was legitime (Staats) Gewalt, und was 'kriminell' ist, in Frage gestellt. Das gewaltsame Abschieben von Flüchtlingen, das Wegsperren von Antifaschist_innen und das Verprügeln von Demonstrant_innen etc. gilt als gerechtfertigt, antifaschistische Gegenwehr jedoch wird zum Verbrechen erklärt. Dieser verlogene Gewaltbegriff unserer Gesellschaftsordnung, der institutionalisierte Gewalt und gesellschaftliche Ausgrenzung (z.B. in Form von Rassismus) legitimiert, wird somit zumindest symbolisch verneint." Die autonome Szene nimmt nach außen eine ambivalente Haltung zur Gewalt ein. So wird Gewalt vor einer Aktion nie verlässlich abgelehnt. Aus diesem Grund entstehen regelmäßig voraussehbare Konflikte mit demokratischen Bürgerbündnissen. Spätestens dann, wenn bei Bündnisdemonstrationen Szenemitglieder im Schutz der Masse gewalttätige Aktionen begangen haben, kommt es zum Bruch. Dass die Szene einen Großteil ihrer Gewaltdelikte im Zusammenhang und im Schutz friedlicher Demonstrationen verübt, lässt sich anhand der Zahlen erkennen (siehe auch Kapitel 3.4). Die autonome Szene in Brandenburg befasst sich neben dem "Antifaschismus" vor allem mit dem "Kampf um Freiräume". Im Zentrum stehen "Wohnund Kulturobjekte", in deren Besitz sie einmal gelangt ist und für deren subventionierten Bestandsschutz sie eintritt. Die autonome Szene verbindet ihren "Kampf um Freiräume" mit politisch durchaus wichtigen Themen wie Miete und Wohnraumverfügbarkeit. Das gelingt den Akteuren durch geschickte Mobilisierung. Dabei halten sie sich unaufdringlich im Hintergrund und machen sich zu Fürsprechern für Benachteiligte. Da die Themen Miete und Wohnraumverfügbarkeit über die nächsten Jahre sicherlich aktuell bleiben dürften, wird die autonome Szene von dieser Schwerpunktkampagne nicht ablassen. Ihre darüber gewonnene Mobilisierungsfähigkeit und ihr gewachsenes logistisches Demonstrations-Know-how kann sie für weitere Aktionen nutzen oder in Bündnisse ein165 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 bringen. Ihr so gewonnenes Renommee lässt die Kritikschwelle ihr gegenüber sinken. Es wird der autonomen Szene leichter fallen, unterschwellig oder auch offen, ihr autonomes Denken in die Gesellschaft einzubringen. Ein weiteres Thema, das vermutlich noch an Bedeutung gewinnen und von Bestand sein wird, zeichnet sich in der Flüchtlingsproblematik ab. Hier wird versucht, dem verhassten Repressionsapparat seine angebliche Inhumanität vorzuhalten. Obwohl die Szenemitglieder weder praktisch noch finanziell tatsächlich zu einer Lösung beitragen, dürften sie dennoch von ihren Aktionen medial profitieren. Gleichzeitig kommt es hier zu punktuellen Überschneidungen von Autonomen mit "Antideutschen", zwei sich sonst im linken Lager eher gegenüberstehenden Strömungen. Bei einem weiteren Verfall der brandenburgischen Szene bleiben letztlich nur noch Aktionen wie nächtlich verübte Schmierereien und Plakatierungen. Solche können auch von Einzelpersonen ausgeführt werden und den Eindruck erwecken, hinter der Aktion stünde eine ganze Gruppe. 166 Linksextremismus 3.2 "Rote Hilfe" aktiv im Hintergrund Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist ein bundesweit organisierter Personenzusammenschluss. Der heutige Verein besteht seit 1986. Der Vereinsname knüpft an die marxistisch-leninistische Tradition internationaler kommunistischer Gefangenenhilfsorganisationen an, die Anfang der 1920er Jahre entstanden. Die "Rote Hilfe Deutschland" wurde 1924 gegründet. Alljährlich feiert die RH am 18. März den "Tag des politischen Gefangenen". Er wurde auch im Jahr 2013 wieder begangen. "Rote Hilfe e.V." (RH) Gründungsjahr: 1975 Sitz: Göttingen in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: 180 für Brandenburg relevante überregionale Publikationen: "Die Rote Hilfe" Internetadressen: www.rote-hilfe.de Die RH rekrutiert ihre Mitglieder auch aus der autonomen Szene, obwohl Autonome organisierten Strukturen ansonsten eher skeptisch gegenüberstehen. Bundesweit kam der Verein 2012 auf etwa 6.000 Mitglieder, die in 48 Ortsgruppen organisiert waren. Bei der RH handelt es sich um eine der wenigen konsensfähigen Organisationen im linksextremistischen Spektrum. Sie propagiert offensiv die marxistisch-leninistische Auffassung von der "besonderen Repressionsgewalt" des bürgerlichen Staates, dem sie ihren entschlossenen Widerstand entgegensetzen will. Sie selbst sieht sich als "parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutzund Solidaritätsorganisation", deren Arbeitsschwerpunkt auf der Unterstützung von Strafund Gewalttätern aus dem linken Spektrum liegt. Die wehrhafte Demokratie ist für die RH ein Instrument staatlicher Unterdrückung und wird von ihr als "politische Verfolgung" diffamiert. Schwerpunkt der RH-Arbeit ist daher die Unterstützung vermeintlich "politischer Gefangener". Sogar Verfahren gegen die terroristische "Rote Armee Frak167 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 tion" (RAF) gelten als "Repression". Die rechtsstaatlich gebotene strafrechtliche Ahndung der Morde und terroristischen Gewalttaten der RAF wird von der RH nicht anerkannt. Unter bestimmten Voraussetzungen bietet die RH auch Angeklagten in laufenden Verfahren und nicht inhaftierten Verurteilten rechtlichen Beistand. Dieser "Service" wird innerhalb der linksextremistischen Szene sehr geschätzt. Daneben unterstützt die RH Demonstrationen, organisiert Informationsund Diskussionsveranstaltungen zu Themen wie "Rechtshilfe" oder "staatliche Repression". Ebenfalls werden entsprechende Schriften herausgegeben. Darin werden Adressen von linksextremistischen Straftätern veröffentlicht, die es aus Sicht der RH materiell und politisch zu unterstützen gilt. Die politischen Aktivitäten der Gruppierung werden aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und dem Verkauf der Publikation "Die Rote Hilfe" finanziert. Trotz einer relativ hohen Anzahl an Mitgliedern und Sympathisanten sind in den Stützpunkten der RH meistens nur wenige Mitglieder aktiv. Rote Hilfe e.V. in Brandenburg In Brandenburg hat die RH etwa 180 Mitglieder (2012: 175). Aktive Ortsgruppen der RH bestehen in Potsdam, Cottbus, Neuruppin (OPR), Königs Wusterhausen (LDS) und Strausberg (MOL). Das Hauptthema der RH in Brandenburg ist die Unterstützung für "politische Gefangene". Die Cottbuser Ortsgruppe hielt am 9. Juni 2013 unter dem Motto "Wie schreib ich Gefangenen?" ein speziell für den Austausch mit inhaftierten Straftätern gestaltetes Seminar ab. Schon in der Ankündigung wurde deutlich, dass es der RH nicht nur um Unterstützung Inhaftierter geht, sondern auch um die Konfrontation mit dem aus ihrer Sicht repressiven Staat und seinen Institutionen. Politische Straftaten, die auf dieser ideologischen Grundlage begangen wurden, sind für die RH politisch legitim: "Unser Kampf darf nicht an den Gefängnismauern aufhören und wir dürfen gerade diejenigen die aufgrund ihrer politischen Tätigkeiten und Überzeugungen hinter Gittern sitzen nicht vergessen und alleine lassen. Dabei kann es für uns keine Rolle spielen ob sie im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches 'schuldig' oder 'unschuldig' sind. Sie sind ein Teil von uns, sie sind unsere Genossinnen und Genossen und brauchen unsere Solidarität." Die Speerspitze des staatlichen "Repressionsapparates" sieht die RH im Verfassungsschutz. Im Jahr 2013 hat der brandenburgische Verfassungsschutz ein Schaubild ("Extremograph") herausgegeben, auf dem linksals 168 Linksextremismus Ortsgruppen (OG) der Roten Hilfe UM PR OPR OHV OG Neuruppin BAR MOL HVL OG Strausberg OG Potsdam LOS PM OG Königs Wusterhausen TF LDS SPN OSL OG Cottbus EE auch rechtsextremistische Bestrebungen und Strukturen im Land abgebildet wurden. Darunter auch die RH mit ihren Untergliederungen. Daraufhin wurde auf der Internetseite des RH-Bundesverbandes eine Stellungnahme gepostet, die offenlegt, wie fundamental die RH die Grundlagen der bundesdeutschen Demokratie verwirft: "Der VS besitzt nach wie vor die Definitionsfreiheit darüber, welche Teile der bundesrepublikanischen Bevölkerung sich außerhalb der so genannten freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGo) und damit außerhalb des politischen Diskurses befinden. Für ihn ist die fdGo ein unveränderliches Naturgesetz, welches objektiv feststeht und keiner gesellschaftlichen Diskussion bedarf, auch wenn er selbst faschistische Gruppierungen und deren Aktivisten systematisch vor ermittlungsbehördlichen Zugriff schützt." Die grundsätzliche Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung lässt die antidemokratische Zielrichtung der RH erkennen. Die Über169 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 windung des demokratischen Rechtsstaates bleibt nach wie vor ihr erklärtes Ziel. 170 Linksextremismus 3.3 DKP und MLPD: Bruderkampf um letzte Wähler "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Am 26. September 1968 wurde die DKP als eine von mehreren Nachfolgeorganisationen der verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) in Essen (Nordrhein-Westfalen) gegründet. Richtschnur ihres politischen Handelns ist nach wie vor der MarxismusLeninismus. Ziel ist der Umsturz der politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik und der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. In der marxistisch-leninistischen Doktrin ist das die erste Stufe auf dem Weg "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Gründungsjahr: 1968 Sitz: Essen in Brandenburg aktiv seit: 1990 Jugendorganisation: "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Studentenorganisation: "Assoziation Marxistischer StudentInnen" (AMS) Mitglieder in Brandenburg: 80 für Brandenburg relevante regionale und überregionale Publikationen: "Unsere Zeit" (UZ), "Roter Brandenburger" (DKP Landesverband Brandenburg), "Trotz alledem!" (Zeitung der DKP Potsdam & Umland), "Rote Kalenderblätter" (DKP Landesverband Brandenburg) Internetadressen: www.dkpbrandenburg.de www.dkp.de 171 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 zur klassenlosen Gesellschaft mit abgestorbenem Staat. Parteiorgan ist die Wochenzeitung "Unsere Zeit" (UZ). Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) mit Sitz in Essenwurde ebenfalls 1968 gegründet. Sie ist eine unabhängige aber der DKP nahestehende Jugendorganisation. Mit bis zu 30.000 Mitgliedern war die DKP vor der deutschen Wiedervereinigung die mitgliederstärkste linksextremistische Organisation in der Bundesrepublik. Nachdem die Unterstützung durch die DDR weggefallen war, schrumpfte ihre Mitgliederzahl in den 1990er Jahren und lag 2012 bei nur noch knapp 3.500. Nur wenige Mitglieder sind jünger als 30 Jahre. Der Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa belastete die DKP nicht nur finanziell. Zusätzlich verlor sie an Glaubwürdigkeit auf Grund ihrer bedingungslosen Anbindung an die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED), die Staatspartei der DDR. Als Auffangbecken für entmachtete ostdeutsche Kommunisten konnte sie sich aber nie etablieren. Vor der Wende versuchte die DKP, den politischen Diskurs in der Bundesrepublik zu manipulieren. Um nach der Wiedervereinigung nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, hängte sich die DKP stärker denn je an neue soziale Bewegungen. Diesen Kurs befürworten die "reformerischen" Parteikräfte. Dagegen setzen die alten sozialrevolutionären Kräfte wie eh und je auf den revolutionären Umsturz. Die DKP Brandenburg neigt dem traditionellen Parteiflügel zu. In Brandenburg ist die Partei fast flächendeckend vertreten. Sie gliedert sich in elf Gruppen: Strausberg (MOL), Frankfurt (Oder), Schwedt/Oder (UM), Prenzlau/Templin (UM), Barnim, Luckenwalde (TF), Elbe-Elster, Königs Wusterhausen (LDS), Cottbus, Havel-Oberhavel und Potsdam. Die Potsdamer Parteigruppe ist die einzige Gruppe mit einem halbwegs aktiven Parteileben. Sie äußert sich zu aktuellen und tagespolitischen Themen und veröffentlicht entsprechende Publikationen. So wurde zur 80. Wiederkehr des "Tages von Potsdam"1 am 21. März 2013 eine Son- 1 An diesem Tag kamen Abgeordnete der NSDAP und anderer Parteien in der Potsdamer Garnisonkirche zur konstituierenden Sitzung des am 05.03.1933 gewählten Reichstages zusammen. Abgeordnete von der KPD und SPD nahmen nicht teil und waren teilweise schon in Haft. 172 Linksextremismus derausgabe der Potsdamer DKP-Zeitung "Trotz alledem!" herausgegeben. In ihr wird der geplante Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche als Symbol für preußischen Militarismus, nationalsozialistischen Größenwahn und die Wiederkehr imperialistischer Ansprüche der wiedervereinigten Bundesrepublik gebrandmarkt: "Wehren wir uns dagegen, das Potsdam wieder zum Symbol reaktionären, militärischen Preußentums und deutschen imperialistischen Großmachtstrebens wird!" Im August 2013 veröffentlichte die DKP Potsdam ein Flugblatt mit der Überschrift "Nein zum Krieg! Hände weg von Syrien!" Die DKP schlägt sich auf die Seite des syrischen Diktators Assad und wirft den USA und ihren Verbündeten - und damit auch Deutschland - vor, dass es ihnen ausschließlich um die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen ginge. Die DKP strebt nicht in die Parlamente. In der Juli/August-Ausgabe der DKP-Landeszeitung "Roter Brandenburger" hat sie dazu aufgerufen, "Die Linke" bei der Bundestagswahl mit der Zweitstimme zu wählen. Lediglich die DKP-Direktkandidaten sollen die Erststimme erhalten, wobei die DKP auch nur mit Direktkandidaten antrat. Im Wahlaufruf verkündete sie, 173 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 die strategische "Orientierung ist und bleibt der außerparlamentarische Kampf". Ferner brauche das Land "Kommunisten" auf der Straße, "die den Druck aufbauen und verstärken gegen Ausbeutung und Kapital". Die Partei hat mittlerweile die sozialen Netzwerke für sich entdeckt und ist seit August 2013 bei Facebook vertreten. Die Seite wurde bislang dafür genutzt, den eigenen 2013er Bundestagswahlkampf zu dokumentieren und ihre vier brandenburgischen Direktkandidaten vorzustellen. Zu einer Verjüngung der Partei haben diese Aktivitäten bisher nicht geführt. Auch das Bundestagswahlergebnis war kaum messbar. Die Direktkandidaten der DKP Brandenburg erhielten zusammen 1.207 Stimmen, was einem Stimmenanteil von 0,1 Prozent entspricht. Überhaupt gibt man sich trotz Facebook weiterhin rückwärtsgewandt. So besuchten einige Brandenburger DKP-Anhänger anlässlich des 64. Jahrestages der DDR-Gründung am 5. Oktober 2013 eine zentrale Veranstaltung in Bochum (Nordrhein-Westfalen). "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die Jugendorganisation der DKP, die (SDAJ), zählte 2012 bundesweit etwa 500 Mitglieder. Nur Einzelpersonen davon sind in Brandenburg aktiv. Der Bundesverband organisiert traditionell alle zwei Jahre ein Pfingstcamp. Die SDAJ Brandenburg richtete das "Ostpfingstcamp" vom 17. bis 19. Mai 2013 in Cottbus aus. Motto: "Raus aus'm Geddo, rein inne Freiheit". Etwa 100 Personen reisten aus ganz Ostdeutschland an. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die linksextremistische (MLPD) zählte 2012 bundesweit etwa 1.900 Mitglieder. Ihr Schwerpunkt liegt in Nordrhein-Westfalen. Sie wurde 1982 in Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) gegründet und ist aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) hervorgegangen. Im Partei-Statut heißt es in der Präambel: "Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) versteht sich als politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in 174 Linksextremismus Deutschland. Ihr grundlegendes Ziel ist der revolutionäre Sturz der Diktatur des Monopolkapitals und die Errichtung der Diktatur des Proletariats für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft." Die MPLD ist maoistisch-stalinistisch ausgerichtet und hält an den revolutionären Zielsetzungen von Marx und Lenin fest. Allerdings ist sie wegen ihrer maoistischen Positionen und der Relativierung stalinistischer Verbrechen im linksextremistischen Spektrum weitgehend isoliert. Hinzu kommt der Anspruch auf den "wahren Sozialismus". Mit ihrem Jugendverband "Rebell" will die MLPD Jugendliche ansprechen. Der Jugendverband unterhält zudem die Kinderorganisation "Rotfüchse". In den Ländern Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wird ein gemeinsamer Landesverband Nord-Ost unterhalten. Die Geschäftsstelle ist in Berlin-Neukölln. In Brandenburg verfügt die MLPD lediglich über Einzelmitglieder und entfaltet nur sporadisch Aktivitäten. Federführend sind dabei häufig Parteimitglieder aus anderen Bundesländern. Gelegentlich wurden bei Demonstrationen oder Kundgebungen, wie beispielsweise den Ostermärschen, Fahnen oder Plakate der MLPD gesichtet. Die MLPD in Brandenburg war allenfalls im Umfeld von größeren Aktionen anderer Organisationen oder politischer Bündnisse sichtbar. Nennenswerte eigene Aktivitäten entfaltete sie nur im Vorfeld der Bundestagswahl 2013. Allerdings herrscht akuter Personalmangel: Auf der Landesliste zur Bundestagswahl kandidierten nur fünf Personen. Vier kamen aus Berlin, lediglich ein Kandidat aus Eisenhüttenstadt (LOS). Die Partei kam landesweit nur auf 1.581 Zweitstimmen und erzielte damit 0,1 Prozent (2009: 0,1 Prozent). Während des Wahlkampfes waren nur selten Wahlplakate zu sehen. Einzig am 10. September 2013 konnte sie in Potsdam 12 Personen für eine Kleindemonst175 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 ration organisieren. Seit der Bundestagswahl ist die MLPD verstummt. Anscheinend ist die Hoffnung versiegt, in Brandenburg über den Status einer praktisch nicht mehr messbaren Splitterpartei hinaus zu kommen. 176 Linksextremismus 3.4 Beispiele linksextremistischer Straftaten Die schwerwiegendsten unter den linksextremistischen Straftaten sind die Gewaltdelikte. 2013 wurden insgesamt 15 (2012: 27) erfasst. Die Gewalttaten zeigen am deutlichsten, woran es der autonomen Szene mangelt: am Demokratieverständnis. Zwar finden regelmäßig Plenumstreffen in den Szeneobjekten statt. Dort wird Basisdemokratie geübt, was einen rücksichtsvollen Umgang mit anderen Meinungen erwarten lässt. Doch das Verhalten in der Praxis ist davon nicht immer geprägt: Menschen, die anderer Meinung sind, werden nicht nur verbal, sondern auch körperlich angegriffen. So sollen sie mundtot gemacht und beiseite gedrängt werden. Viele Mitglieder autonomer Szenen ertragen es nicht, bei Demonstrationen oder anderen Gelegenheiten Menschen mit anderen politischen Einstellungen aggressionsfrei gegenüberzustehen. Es fällt ihnen schwer, das verfassungsmäßig verbriefte Recht des politischen Gegners zu respektieren. Sie sprechen ihm sein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ab. Mit Verweis auf seine schädliche Ideologie meinen sie ein Selbsthilferecht zu besitzen. Einige Gewaltdelikte mit linksextremistischem Hintergrund ereigneten sich 2013 am Rande von Demonstrationen beziehungsweise im Zusammenhang mit Gegendemonstrationen. Diese Taten zeigen aber auch, dass sich die Täter im Wesentlichen nur noch in und aus einer Menschenmenge heraus stark und sicher fühlen, ihre provokativen Angriffe auszuführen. Sie haben es hierbei gleichermaßen auf den politischen Gegner und auf die Polizei abgesehen. Letzterer werfen sie vor, "Faschisten zu schützen". In den Augen gewaltbereiter Linksextremisten "solidarisieren sich die Bullen mit den Rechten", wenn sie deren Grundrecht auf Versammlungsfreiheit absichern. Deshalb ist es nach autonomem Verständnis legitim, dass "die Bullen ihre Rechnung bekommen". Teltow (PM), 13. Februar 2013: Eine Senatssitzung der "Freien Universität Berlin" zum Thema Studienregelungen wurde, nachdem es bereits mehrfach zu Störungen gekommen war, vorsorglich von Berlin auf ein Institutsgelände in Teltow (PM) verlegt. Trotz umzäunten Grundstücks und Sicherung durch ein Wachschutzunternehmen gelang es einer größeren Zahl von Personen, auf das Gelände zu kommen. Vier davon griffen die Angestellte eines Sicherheitsdienstes an. Dem Opfer wurde mit der Faust auf den Brustkorb geschlagen. Insgesamt wurden neun Tatverdächtige zu dem schweren Hausfriedensbruch und der gefährli177 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 chen Körperverletzung festgestellt. Zu drei Tatverdächtigen lagen bereits politisch motivierte Erkenntnisse vor. Cottbus, 15. Februar 2013: Ein 32-Jähriger mit rechtsextremistischer Orientierung hielt sich in der Nähe einer Spontandemonstration von NPD-Gegendemonstranten auf. Er lieferte sich mit den Teilnehmern einer Sitzblockade einen Streit. Daraufhin erhob sich eine kleine Gruppe von Gegendemonstranten, ging auf ihn zu und schlug auf ihn ein. Im Nachhinein konnte ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Potsdam, 4. Mai 2013: Bei einem Spiel des SV Babelsberg 03 waren Mitarbeiter einer Berliner Sicherheitsfirma als Ordner eingesetzt. Etwa 20 Fans des SV Babelsberg 03 beschimpften eine Mitarbeiterin als "Nazibraut", griffen sie an und schlugen sie. Das Opfer flüchtete mit weiteren Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes in einen geparkten PKW. Unter Rufen "Da sind die Nazischweine" wurden sie verfolgt. Die Verfolgergruppe vergrößerte sich auf etwa 40 bis 50 Personen. Sie umringten das Fahrzeug, schlugen darauf ein, traten mit Füßen gegen die Karosserie und warfen Bierflaschen gegen den PKW. Drei Personen sind bislang als Tatverdächtige ermittelt worden. Cottbus, 17. September 2013: Die Partei "pro Deutschland" führte in der Nähe eines Szeneobjektes eine Versammlung durch. Polizeibeamte waren zur Absicherung eingesetzt. Zur Beweissicherung wurde der Polizeieinsatz durch eine Polizeibeamtin videografiert. Ein 31-jähriger Gegendemonstrant und Teilnehmer einer Spontandemonstration gegen die Partei "pro Deutschland" ergriff die Videokamera und versuchte sie zu entwenden. Er wollte damit die Strafverfolgung einer anderen Tat verhindern. Ein 29-jähriger Teilnehmer der Spontandemonstration versuchte eine Festnahme zu vereiteln, indem er einen Polizeibeamten mit beiden Händen wegzudrängen suchte. Ein anderer 25-jähriger Gegendemonstrant sprang einen Polizeibeamten von hinten an, um eine Maßnahme zu verhindern. Darüber hinaus steht ein 23-Jähriger, der als linksextremistisch orientierter Gewalttäter bekannt ist, im Verdacht, einen Polizeibeamten, der zur Absicherung der Versammlung eingesetzt war, durch Tritte und Schläge angegriffen zu haben. 178 Linksextremismus 3.5 Ausblick Die autonome Szene in Brandenburg ist in den letzten Jahren deutlich geschrumpft. Verbliebene Aktivisten werden mit zunehmendem Alter zudem bürgerlicher und entfernen sich zusehends von der Szene. Trotz allem wachsen vereinzelt neue Personen - vor allem Studierende - mit marxistisch-ideologischer Theoriebildung nach. Ob die ausreichen, den dramatischen Aderlass der letzten Jahre auszugleichen, ist fraglich. Zu den heutigen Lebenswelten Jugendlicher scheint diese anachronistisch veranlagte Szene alle Zugänge so gut wie verloren zu haben. Auch die ideologische Entwicklung ist ins Stocken geraten. Die wenigen Themen der Autonomen, die noch dazu geeignet sind, auf gesellschaftliche Resonanz zu stoßen, sind Gentrifizierung, Flüchtlinge und Mieten. Hier bestehen Anknüpfungspunkte zur Zivilgesellschaft. Über solche Bündnisse wollen Autonome ihre demokratiefeindliche Grundgesinnung verbreiten. Problematisch ist hierbei nach wie vor das Verhalten Autonomer bei Demonstrationen. Dort sprechen sie dem politischen Gegner und der Polizei das Recht auf körperliche Unversehrtheit ab. So wird auch weiterhin mit Gewalttaten zu rechnen sein. Im Gegensatz zu den schwächelnden Autonomen gelingt es der "Roten Hilfe", sich weiterhin als feste und aktive Größe im linksextremistischen Spektrum Brandenburgs zu verankern. Als übergreifende Konsensorganisation ist sie straff organisiert und in Teilen konspirativ tätig. Ihre Hauptstoßrichtung richtet sich in begrenztem Maße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Es gelingt ihr, sich nach außen als Wohltäterin der von staatlicher "Repression" Verfolgten darzustellen. Die überalterten Parteien DKP und MLPD haben den Anschluss an die moderne Gesellschaft und politische Prozesse vollständig verloren. Ihr Einfluss auf Willensbildungsprozesse ist nahe null. Beide fristen in Brandenburg ein weitgehend unbemerktes Dasein in der Parteienlandschaft. 179 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 180 4. Islamistischer Extremismus 4.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus Anzahl islamistischer Extremisten (geschätzt) Brandenburg 2012 2013 Islamistische Extremisten 35 30 Die Ereignisse des Jahres 2013 haben erneut gezeigt, dass vom islamistisch-extremistischen Terrorismus eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit ausgeht. Das betrifft auch Deutschland. Islamistisch-extremistische Terrororganisationen haben weiterhin westliche Ziele im Visier. Folglich sind auch deutsche Interessen im Inund Ausland gefährdet. Im Jahr 2013 beschränkte sich die al-Qaida-Kernorganisation erneut auf ihre ideologische Führungsrolle. Die regionalen Teilorganisationen hingegen gewannen aufgrund ihrer eigenständigen Medienarbeit und ihrer operativen Erfolge weiter an Bedeutung. Ihre regionalen Ziele verfolgen sie dabei weitestgehend autonom. Folgende Ereignisse verdeutlichen das weltweite Gefährdungspotenzial: Bei einem terroristischen Angriff auf eine Gasförderanlage in Amenas (Algerien) am 16. Januar 2013 wurden über 100 Mitarbeiter als Geiseln genommen. Unter ihnen befanden sich viele Ausländer. Da sich die Terroristen auf der Anlage verschanzten, wurde die Geiselnahme durch algerische Spezialkräfte gewaltsam beendet. Insgesamt starben 39 Geiseln. Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppe "Muwaqqiun bi-ddamm" ("Die mit Blut unterzeichnen") unter der Führung von Mokhtar Belmokhtar. Mokhtar Belmokhtar - Auszug aus einer Videobotschaft 181 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Laut Bekennervideo war der Anschlag eine Vergeltungsaktion für die Gewährung von Überflugrechten für die französische Luftwaffe beim Einsatz in Mali. Am 15. April 2013 verübten die tschetschenischstämmigen Geschwister Tamerlan und Dschochar Zarnajew Bombenanschläge auf den Marathonlauf in Boston (USA). Bei dem Anschlag starben drei Menschen, mehr als 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Im Rahmen der Ermittlungen konnte keine formale Anbindung der Täter an eine terroristische Organisation festgestellt werden. Gleichwohl dürften sie über jihadistische Propaganda radikalisiert und zur Tatausführung motiviert worden sein. Bei einem Anschlag am 22. Mai 2013 in London (Großbritanien) ermordeten zwei islamistische Extremisten den britischen Soldaten Lee Rigby auf offener Straße. Das Opfer wurde zunächst mit einem Auto verfolgt und angefahren. Anschließend töteten die beiden Täter ihr schwer verletztes Opfer mit Messern und einem Fleischerbeil. Nach dem Mord verblieben die Täter bewusst am Tatort und forderten Passanten auf, sie zu fotografieren und zu filmen. Offensichtlich hatten die Täter die öffentlichkeitswirksame Inszenierung als festen Bestandteil ihrer Tat eingeplant. Bei einem Überfall mit anschließender Geiselnahme auf die "Westgate Shopping Mall" in Nairobi (Kenia) am 21. September 2013 wurden nach offiziellen Angaben 72 Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich die al-Qaida-Regionalorgansiation "Al-Shabab". In dem Bekennervideo drohte "Al-Shabab" mit weiteren Anschlägen, sollte Kenia seine militärischen Operationen gegen "Al-Shabab" in Somalia fortsetzen. Neben den aufgeführten Ereignissen finden im Irak, in Syrien und anderen Krisenregionen weltweit fast täglich islamistisch-extremistisch motivierte Anschläge statt. Insgesamt wurden dabei im Jahr 2013 mehrere tausend Menschen getötet. Trotz des hohen Verfolgungsdrucks und der hohen personellen Verluste der letzten Jahre sind islamistisch-extremistische Terrororganisationen nach wie vor handlungsfähig. Gerade in arabischen Ländern versuchen alQaida und andere islamistisch-extremistische Organisationen die teilweise unübersichtliche Lage für eigene Zwecke zu nutzen. 182 Islamistischer Extremismus Im Jahr 2013 wurde in einer Vielzahl von Videound Audiobotschaften zur Unterstützung und aktiven Kampfteilnahme in den Jihad-Gebieten - insbesondere in Syrien - aufgerufen. Auch der Anführer der al-Qaida-Kernorganisation, Aiman Al-Zawahiri, meldete sich zu Wort. Anfang April 2013 rief er Muslime in Großsyrien, im Irak, in Palästina, in Somalia, im Maghreb, in Tunesien, in Ägypten, in Pakistan und auf der arabischen Halbinsel auf, sich im Jihad zu vereinen. Ziel soll ein Kalifat und die Einführung der Scharia sein. Mit vielfältigen Propagandaaktivitäten sollen Konsumenten mit der jihadistischen Ideologie vertraut gemacht, radikalisiert und zur aktiven Unterstützung mobilisiert werden. Die zunehmend professionell produzierten Videound Audiobotschaften sind hierzu durchweg geeignet. Auf diesem Weg ist es gelungen, international erfolgreich für eine aktive Unterstützung des Widerstandes gegen das Assad-Regime in Syrien zu mobilisieren. Hiervon ist auch Deutschland betroffen. Den Sicherheitsbehörden liegen bislang Erkenntnisse zu mehr als 200 deutschen islamistischen Extremisten beziehungsweise islamistischen Extremisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien ausgereist sind, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen oder den jihadistischen Widerstand gegen das Assad-Regime in sonstiger Weise zu unterstützen. Einige lassen dort ihr Leben. So zum Beispiel der ehemalige deutsche Fußballjugendnationalspieler Burak Kran. Noch im Oktober 2013 tauchte ein Video im Internet auf, in dem er in typischer Jihadisten-Haltung mit einem Sturmgewehr posierte. Doch nicht alle Deutschen im Dienste ausländischer Terroristen bezahlen ihren Irrweg mit dem eigenen Leben. Viele kehren zurück, was wiederum weitere Gefahren in Deutschland selbst nach sich zieht. Sie bringen Kenntnisse und Erfahrungen aus den Jihad-Gebieten mit, die auch in Deutschland Anwendung finden können. Andere erhalten konkrete Aufträge, wie dies bei der "Sauerland-Gruppe" der Fall war. Darüber hinaus genießen Rückkehrer in islamistisch-extremistischen Kreisen meist ein besonderes Ansehen. Als "Vorbilder" können diese Personen Radikalisierungsprozesse vorantreiben und weitere Personen rekrutieren. Neben den Rückkehrern geht derzeit die größte Gefahr islamistisch-extremistischer Terroranschläge von radikalisierten Einzeltätern oder Kleinstgruppen ohne Organisationsbezug aus. Durch islamistisch-extremistische Propaganda inspiriert, könnten sie sich zu mehr oder weniger durchgeplanten Einzeltaten motivieren lassen. Dies ist Teil einer al-Qaida-Strate183 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 gie, die unter der Bezeichnung "individueller Jihad" auch regelmäßig im bekanntesten jihadistischen Online-Magazin "INSPIRE" thematisiert wird. Hier wurden beispielsweise die Anschläge auf den Marathon in Boston (USA) und auf den britischen Soldaten in London (Großbritanien) als Beleg für die Effektivität des "individuellen Jihad" dargestellt. Gleichzeitig wird dazu aufgerufen, weitere derartige Anschläge zu verüben. Das gescheiterte Bombenattentat auf den Hauptbahnhof Bonn (Nordrhein-Westfalen) im Dezember 2012 kann in einem solchen Zusammenhang betrachtet werden. Im Land Brandenburg ließen sich 2013 keine islamistisch-extremistischen oder gar islamistisch-terroristischen Strukturen feststellen. Gleichwohl gibt es Einzelpersonen, die Bezüge zu solchen Strukturen aufweisen oder mit ihnen sympathisieren. Darüber hinaus liegen Erkenntnisse vor, dass Einzelpersonen in Richtung Syrien ausgereist sind, wahrscheinlich, um dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. Die Beobachtung und Bekämpfung des islamistischen Extremismus und damit verbundenem Terrorismus wird auch in den Folgejahren ein Schwerpunkt deutscher Sicherheitsbehörden bleiben. 184 Islamistischer Extremismus 4.2 Salafismus noch ohne Wirkung in Brandenburg Der Begriff "Salafismus" bezeichnet eine islamistisch-extremistische Ideologie. Innerhalb der verschiedenen islamistischen Strömungen zeichnet sich der Salafismus durch konsequente Rückwärtsgewandtheit und besonders rigide Prinzipienrestriktionen aus. Salafisten geben vor, sich am frühmittelalterlichen Leben des Propheten Mohammed, seiner Gefährten sowie deren erste Nachfahren ("Altvordere") zu orientieren. Hierbei werden Mutmaßungen über eine urislamische Frühgesellschaft angestellt und schließlich in höchstem Maße idealisiert. Dies äußert sich beispielsweise im Lebensstil von Salafisten. Mit Kleidung und Haartracht eifern sie ihren optischen Vermutungen darüber nach, wie "Altvordere" angeblich ausgesehen haben mögen. Die Ziele der Salafisten sind mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar. Demokratie, Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Gerichte, Pluralismus und Menschenrechte - wie etwa Religionsfreiheit und rechtliche Gleichstellung zwischen Mann und Frau - widersprechen der salafistischen Auffassung eines gottgefälligen Lebens. Salafisten streben einen Gottesstaat an, der ihrer Auslegung des Islams entspricht. Dieser Staat wäre dann ein islamistisch-extremistischer. Auf dem Weg dorthin sind sie bestrebt, größtmöglichen Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen und ihre Interpretation des Islams zu verbreiten. Ob Moslem, Christ oder sonst wer: Laut salafistischen Predigern kommt jeder Nicht-Salafist in die Hölle. Konsequenterweise werden unterschiedliche Interpretationen des Islams und erst recht angeblich unislamische Lebensstile strikt abgelehnt. Somit geraten Salafisten nicht nur mit Gläubigen anderer Religionen und Atheisten in Konflikt, sondern ebenso mit anderen Muslimen. Ideologische Grundlage der Salafisten ist ihre eigene Interpretation des Korans und der sich aus ihm ergebenden islamischen Rechtsordnung, genannt Scharia. Salafisten wollen das gesamte Leben aller Menschen gemäß ihrer Scharia-Auslegung regeln. Das schließt die Anwendung von Strafen wie Handabhacken bei Dieben oder Töten von Ehebrechern ein. Für Salafisten steht ihre Scharia-Auslegung als angeblich einzig göttliche Wahrheit über allen von Menschen geschaffenen Gesetzen, somit auch über dem Grundgesetz. Geraten Salafisten mit weltlichen Gesetzen in Konflikt, beharren sie darauf, sich keinem von Menschen gemachten Gesetz zu unterwerfen. 185 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Der Verfassungsschutz unterscheidet zwischen einem politischen und einem jihadistischen Salafismus. Politische Salafisten versuchen in der Regel, ihre islamistisch-extremistische Ideologie auf friedlichem Weg zu erreichen. Für jihadistische Salafisten ist Gewalt ein legitimes Mittel zum Erreichen ihrer Ziele. Salafistische Jihadisten beziehen sich dabei ausschließlich auf die militärische Bedeutung des Begriffes "Jihad", welche bei weitem nicht die einzige ist. Der Übergang zwischen den Strömungen ist fließend. In Deutschland wird der Salafismus derzeit als die dynamischste islamistisch-extremistische Ideologie wahrgenommen. Dies wird unter anderem an den konstant steigenden Anhängerzahlen in der Bundesrepublik deutlich. Im Jahr 2011 wurden 3.800 Personen der salafistischen Szene zugerechnet, 2012 waren es bereits 4.500, im Jahr 2013 stieg die Zahl noch einmal um Tausend auf 5.500 Personen. Salafisten in der Bundesrepublik Deutschland 2013 2012 2011 1000 2000 3000 4000 5000 6000 0 Attraktivität des Salafismus Vor allem auf junge Menschen kann die salafistische Ideologie eine starke Anziehungskraft ausüben, bis hin zum Wechsel der Religion (Konvertiten). Dies trifft sowohl auf Personen mit Migrationshintergrund zu als auch auf Konvertiten ohne Migrationshintergrund. Der Einstieg in die salafistische Szene ist einfach. Die oft redegewandten Prediger sprechen Deutsch und versuchen, sich gerade jungen Menschen zu nähern. Sie vermitteln einfache Antworten auf komplexe Probleme und erzeugen das Gefühl, in der Gemeinschaft der Gottgefälligen aufgehoben zu sein. Salafistischen Rednern wie dem Konvertiten Pierre Vogel gelingt es bisweilen, Hunderte Zuhörer zu versammeln. Die Strenge und der umfassende Geltungsanspruch der Regeln ergeben einen klaren Ablaufplan für das alltägliche Leben. Dies betrifft sogar den Schlaf: Pierre Vogel erklärt etwa in einem YouTube-Video, es sei verboten, auf dem Bauch zu schlafen, der Prophet habe dies bestimmt. 186 Islamistischer Extremismus Aussteiger berichten von einer Art "Punktesystem": Jede gottgefällige Tat werde dem Gläubigen auf einer Art himmlischem Punktekonto gutgeschrieben. Am Ende warte dann das Paradies. Wer sich allerdings nicht an die zahllosen Geund Verbote der Salafisten hält, werde mit dem Höllenfeuer bestraft. Die Attraktivität des Salafismus rührt auch von einer starken medialen Internetpräsenz her. Vor allem auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder auf Video-Plattformen wie YouTube wird professionell hergestellte Salafismus-Propaganda verbreitet. Auf zahlreichen Internetseiten geben salafistische Organisationen vor, den wahren Islam zu erklären. Sucht man im Internet "Islam" oder verwandte Begriffe, werden unter den ersten Treffern oft salafistische Seiten angezeigt. Eine wichtige Rolle bei der Propaganda spielen zudem "Nasheeds". Darunter versteht man Sprechgesänge propagandistischen Inhalts. Vor allem Videos aus Jihad-Gebieten, wie Syrien, Afghanistan oder Pakistan, werden mit "Nasheeds" unterlegt. Die Melodien sind sehr eingängig, was eine tranceartige Wirkung erzeugen kann. Im April 2011 wurde deutlich, dass eine Selbstradikalisierung von Einzeltätern über das Internet grundsätzlich möglich ist. Der bei Sicherheitsbehörden bis dato unbekannte Arid U. verübte einen Anschlag auf dem Flughafen in Frankfurt am Main und tötete dabei zwei US-Soldaten. Aktuell wird insbesondere der Bürgerkrieg in Syrien von Salafisten medial genutzt, um in Deutschland Anhänger zu gewinnen. Salafistische Aktivitäten Politische Salafisten widmen sich vor allem der Missionierung ("Dawa"). Zielgruppe sind Anhänger anderer Glaubensrichtungen, Atheisten aber auch Muslime selbst. Diese salafistische Missionierungsarbeit rückte mit Infoständen im Rahmen der Kampagne "Lies!" in die Öffentlichkeit. Meist junge männliche Salafisten verteilen dabei kostenlose Exemplare des Korans. Und sie werben für ihre salafistische Interpretation des Korans und der Scharia. Das stellen sie dann als "wahren Islam" dar. Wesentlicher Organisator ist der Kölner (Nordrhein-Westfalen) Prediger Abou-Nagie des salafistischen Netzwerkes "Die wahre Religion" (DWR). Angeblich soll die Organisation bereits hunderttausende Exemplare in deutschen Fußgängerzonen verteilt haben. Ein weiteres Mittel der Propaganda sind Vorträge salafistischer Prediger wie Pierre Vogel oder Hassan Dabbagh. Solche Vorträge werden zudem 187 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 ins Internet gestellt. In diesen Videos äußern sich die Prediger zu politischen Themen wie dem Syrien-Konflikt und zu ganz alltäglichen Dingen. Auch werden regelmäßig "Islamseminare" angeboten. Ebenso gibt es Benefizveranstaltungen, in deren Rahmen Spenden für Syrien oder auch andere Konfliktgebiete gesammelt werden. Beliebtes Mittel sind Versteigerungen. Wie die Spenden letztendlich verwendet werden, ist allerdings meist unklar. Aktuell steht der Syrien-Konflikt im Fokus salafistischer Propaganda. In Syrien aktive jihadistische Salafisten produzieren vermehrt Videos in den umkämpften Gebieten und rufen zum Jihad auf. Um eine größtmögliche Emotionalisierung zu erreichen, werden martialische Bilder der eigenen Kämpfer und grausame Bilder von zivilen Opfern verwendet. Deutsche Sicherheitsbehörden haben bereits mehr als 200 Ausreisen islamistischer Extremisten aus Deutschland nach Syrien festgestellt. Die Jihad-Reisenden wollen den Widerstand gegen das Assad-Regime unterstützen oder sich direkt an den Kämpfen beteiligen. In Brandenburg wurden zwei solcher Ausreisen bekannt. Wechselwirkung mit Islamkritikern Im Mai 2012 kam es im Rahmen des Landtagswahlkampfes der rechtsextremistischen Partei "pro NRW" unter dem Motto "Freiheit statt Islam" zu gewalttätigen Ausschreitungen in Bonn und Solingen (beide NordrheinWestfalen). "pro NRW"-Anhänger stellten Mohammed-Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard zur Schau. Salafisten fühlten sich davon provoziert. Sie schlugen auf Polizisten ein und warfen Flaschen und Steine. Der türkische Staatsangehörige Murat K. verletzte zwei Polizeibeamte durch Messerstiche schwer. Andere islamkritische Kundgebungen (unter anderem in Berlin) von "pro Deutschland" verliefen vergleichsweise ruhig - mutmaßlich bedingt durch eine konsequente Trennung beider Lager durch die Polizei. Diese Form der Straßengewalt war eine neue Erscheinung salafistischer Aktivitäten, die bisher nicht wieder eingetreten ist. Dennoch besteht offenbar eine Wechselwirkung zwischen Islamfeinden und Salafisten. Kurz nach den Ereignissen im Mai 2012 veröffentlichte der aus Bonn stammende Islamist Yassin Chouka, Mitglied der Terrorgruppe "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU), einen Audio-Clip mit dem Titel "Tod der proNRW". Darin rief er zur Ermordung von "pro NRW"-Mitgliedern auf: 188 Islamistischer Extremismus "Ihr sollt die Mitglieder der 'pro NRW' alle töten. So möchte ich euch (...) speziell einige Tipps geben. So raten wir euch, lauert und sucht einzelne Personen der 'pro NRW' im Geheimdienstverfahren auf. Sammelt genug Informationen über ihre Wohnorte, über ihre täglichen Routen, ihre Arbeitsplätze und sonstige Informationen. Und dann, nach guten und ausreichenden Recherchen und einem strategischen Plan, schlagt zu. (...) Schlagt so lange auf sie ein, bis sie es aufs Äußerste bereuen, jemals das Siegel aller Propheten beleidigt zu haben." Etwa ein Jahr später verhaftete die Polizei in der Nacht auf den 13. März 2013 vier Personen aus dem salafistischen Spektrum in Nordrhein-Westfalen. Diese hatten mutmaßlich einen Anschlag auf den Vorsitzenden der Partei "pro NRW", Markus Beisicht, geplant. Es steht zu befürchten, dass dieser Anschlagsplan kurz vor der Ausführung stand. Islamfeindliche Organisationen wie "pro NRW" nehmen vor allem den Neubau von Moscheen zum Anlass für Proteste und provozierende Aktionen. Darauf lassen sich Salafisten nur allzu gern ein, um sich in der muslimischen Gemeinschaft zu profilieren. Salafistische Gegenaktionen dienen wiederum den Islamkritikern zur Legitimation ihrer Anfeindungen. Als Folge der Verbreitung verfassungsfeindlicher Inhalte über das Internet wurden im März 2013 die Organisationen "Dawa FFM" und "Islamische Audios" durch den Bundesinnenminister verboten. Das Verbot von "Dawa FFM" ist wegen einer Klage noch nicht rechtskräftig. Bereits im Juni 2012 189 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 wurde die Gruppe "Millatu Ibrahim" verboten. Deren Vertreter Denis Cuspert (vormals bekannt als "Gangsta-Rapper" mit dem Namen "Deso Dogg") veröffentlicht weiterhin "Nasheeds", in denen er Anschläge androht. Er hält sich mutmaßlich im Ausland auf. Es ist jüngst ein Video bekannt geworden, in dem er sich als Aufbauhelfer in Syrien präsentiert. Kein Salafismus in Brandenburg In Brandenburg konnten bislang keine salafistischen Strukturen festgestellt werden. Allerdings gibt es in Berlin einige salafistische und von Salafisten beeinflusste Einrichtungen. Diese dienen auch für in Brandenburg lebende Einzelpersonen als Anlaufpunkte. Im Land Brandenburg spielt Salafismus aktuell keine erkennbare Rolle. Im Jahr 2013 wurden im Land Brandenburg 30 Personen dem islamistisch-extremistischen Spektrum zugerechnet (2012: 35), davon sind nur einige wenige Einzelpersonen Anhänger der salafistischen Ideologie. 2013 war in Brandenburg ein starker Anstieg von Asylbewerbern aus Tschetschenien zu verzeichnen. Darunter auch Personen, die eine islamistisch-extremistische Auslegung ihrer Religion vertreten. Die salafistische Ideologie weist zum Teil große Schnittmengen mit anderen islamistisch-extremistischen Strömungen auf. So gibt es etwa Personen, die der "Nordkaukasischen Separatistenbewegung" (NKSB) zugerechnet werden und Bezüge zum Salafismus haben. Zwei Tschetschenen sind 2013 von Brandenburg nach Syrien ausgereist. Beide schlossen sich mutmaßlich der kämpfenden syrischen Opposition an und hatten Bezüge zum Salafismus (siehe Kapitel 4.3). 190 Islamistischer Extremismus 4.3 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen durch Islamisten mit Bezügen in den Nordkaukasus Mit dem Anschlag der tschetschenisch-stämmigen Geschwister Tamerlan und Dschochar Zarnajew auf den Boston-Marathon am 15. April 2013 in den USA ist islamistisch-extremistischer Terrorismus mit Bezügen in den Kaukasus erneut ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Zuvor beschränkten sich terroristische Anschläge mit Kaukasus-Bezügen auf Russland. Bei dem Boston-Attentat starben drei Menschen, mehr als 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Die Täter hatten keine formale Anbindung an eine terroristische Organisation. Gleichwohl dürften sie über jihadistische Propaganda radikalisiert und zur Tatausführung motiviert worden sein. Daher führte der Anschlag auch bei deutschen Sicherheitsbehörden zu einer besonderen Sensibilität hinsichtlich der Gefahren, die von tschetschenischen Extremisten ausgehen können. Die Verfassungsschutzbehörden beobachten seit mehreren Jahren unter dem Arbeitsbegriff "Nordkaukasische Separatistenbewegung" (NKSB) zwei voneinander unabhängige Organisationen: das "Kaukasische Emirat" (KE) und die "Tschetschenische Republik Itschkeria" (CRI). Beide Organisationen verfolgen das Ziel, einen von der Russischen Föderation unabhängigen islamistischen Gottesstaat zu errichten. Das KE unter Führung von Dokku Umarov kämpft für die Errichtung eines islamistischen Gottesstaates auf dem Gebiet des gesamten Nordkaukasus mit terroristischen Mitteln. Ihre Anschläge beschränken sich auf das Gebiet der Russischen Föderation. Die CRI verFlagge des Kaukasischen Emirates sucht hingegen unter der Leitung von Ahmed Zakaev dies in Tschetschenien auf politischem Wege zu erreichen. Bundesweit werden dem KE 200 Anhänger und der CRI 300 Anhänger (Stand 2012) zugerechnet. Nach bislang vorliegenden Erkenntnissen dienen Deutschland und Westeuropa den Anhängern des KE und der CRI als Rückzugsraum und zur finanziellen sowie logistischen Unterstützung von Aktivitäten im Nordkaukasus. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich radikalisierte Einzelpersonen in Abhängigkeit von aktuellen Ereignissen im Nordkaukasus nicht mehr nur auf gewaltfreie Unterstützungshandlungen im Ausland 191 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 beschränken. Die Sicherheitsbehörden verfolgen in diesem Zusammenhang mit Sorge, dass sich insbesondere junge Tschetschenen zum Salafismus hingezogen fühlen. Sie könnten es als ihre vermeintlich muslimische Pflicht ansehen, dem globalen Jihad zu folgen. Im besonderen Fokus des KE standen die XXII. Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi. In einer Anfang Juli 2013 veröffentlichten Videobotschaft hat der Emir des KE, Dokku Umarov, seine Anhänger dazu aufgefordert, die Austragung der OlymDokku Umarov - Auszug aus der Anfang Juli 2013 veröfpischen Spiele mit allen fentlichten Videobotschaft Mitteln zu verhindern. Dies war als direkter Aufruf zu entsprechenden terroristischen Anschlägen zu verstehen, zu denen es nicht kam. Jedoch verloren zuvor bei Anschlägen im südrussischen Wolgograd im Dezember 2013 insgesamt 34 Menschen ihr Leben. Im Land Brandenburg gibt es keine eigenständigen islamistisch-extremistischen Strukturen mit Bezügen zum Kaukasus. Es konnten aber Einzelpersonen festgestellt werden, die mit den Positionen des KE sympathisieren und diese auch aktiv unterstützen. Inwieweit der starke Anstieg von Asylsuchenden aus dem Nordkaukasus auch zu einer verstärkten Zuwanderung von Anhängern des KE und der CRI führt, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Einige Asylbewerber aus dem Kaukasus könnten aufgrund ihrer Erfahrungen in der Heimat sowie aufgrund von enttäuschten Hoffnungen bei ihrer Ankunft in Deutschland ein Radikalisierungspotenzial bilden und insbesondere für Salafismus sowie islamistischen Extremismus empfänglich sein. 192 Islamistischer Extremismus 4.4 Ausblick Weltweit bleibt der islamistische Extremismus ein vorherrschendes Problem der Sicherheitsbehörden. Die al-Qaida-Kernorganisation ist operativ handlungsfähig und eine organisatorische sowie ideologische Hydra: In Ländern Arabiens, Afrikas und Asiens gibt es regionale Arme, daneben existieren weltweit jihadistische Gruppierungen, die sich auf al-Qaida und ihre Ideologie berufen. Auch Einzeltäter könnten sich dazu berufen fühlen, Anschläge zu planen und durchzuführen. Weiterhin besteht die abstrakte Gefahr für die Sicherheit Deutschlands, die von radikalisierten kleinen Gruppen und Einzeltätern ausgeht. Diese abstrakte Gefahr kann jederzeit konkret werden, wie der gescheiterte Bomben-Anschlag auf den Bonner Hauptbahnhof (Nordrhein-Westfalen) im Dezember 2012 unterstreicht. Es war nicht der erste gescheiterte Anschlagsversuch dieser Art. Darüber hinaus werden die deutschen Sicherheitsbehörden ihr Augenmerk besonders auf zwei Problemkomplexe lenken müssen: Auf die realen und virtuellen Zentren der Propaganda von Salafisten. Und auf diejenigen, die in Jihad-Gebiete ausreisen beziehungsweise aus solchen Gebieten nach Deutschland zurückkehren. Der starke Ausreiseanstieg von Jihad-Willigen, die vor allem über die Türkei nach Syrien gelangen, ist alarmierend. Ob die Ausreisen weiter andauern, hängt von vielen Faktoren ab. Zunächst von den politischen und militärischen Entwicklungen in dem Bürgerkriegsland und von salafistischen Propagandaaktivitäten. Ebenso wird von Bedeutung sein, was Rückkehrer über ihre Erlebnisse in Syrien berichten. Solche Jihad-Kämpfer könnten nach ihrer Rückkehr zu Zentralfiguren neuerlicher Radikalisierung, Rekrutierung und Anschlagsplanung werden. Auch können kriegerische Konflikte in anderen Staaten Syrien ablösen und entsprechende Reiseaktivitäten nach sich ziehen. 193 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 194 5. Ausländerextremismus Mitgliederzahlen ausländerextremistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2012 2013 Linksextremisten 180 150 davon KONGRA-GEL* 130 115 Nationalistische Extremisten 20 20 gesamt* 200 170 * Hier werden auch mit Verbot belegte Gruppen mitgezählt. Anhänger extremistischer Ausländerorganisationen verfolgen in Deutschland Ziele, die von den politischen oder religiösen Konflikten der jeweiligen Heimatländer bestimmt sind. Sie betrachten Deutschland zumeist als Rückzugsund Unterstützungsraum. Den nutzen sie, um ihre Mutterorganisation propagandistisch oder materiell zu unterstützen. Ausländerextremistische Bestrebungen spielen im Land Brandenburg bisher eine eher untergeordnete Rolle. Nur etwa 170 Personen gehören extremistischen Ausländerorganisationen an (2012: 200). Strukturen ausländerextremistischer Gruppierungen sind im Land Brandenburg nicht feststellbar. Es lassen sich lediglich Einzelpersonen ausmachen. Mit ihren Aktivitäten halten sich diese Personen jedoch im Land Brandenburg zurück. Sie orientieren sich in der Regel nach Berlin oder anderen Großstädten, wo bereits organisatorische Strukturen vorhanden sind. "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die von Abdullah Öcalan in der Türkei gegründete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) versteht sich selbst als einzige legitime Interessenvertretung der Kurden. Die PKK, die auch unter den Bezeichnungen KADEK, KONGRA GEL, KKK beziehungsweise KCK bekannt ist, trat ursprünglich für die Errichtung eines unabhängigen Staates "Kurdistan" ein. Die PKK strebt einen länderübergreifenden föderalen Verbund aller 195 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kurden im Nahen Osten an. Öffentlich hingegen hat sich die PKK von den früheren separatistischen Zielen losgesagt und befürwortet nunmehr ausschließlich die Anerkennung der kurdischen Identität sowie mehr Rechte und kulturelle Autonomie. In Deutschland ist die PKK seit dem 26. November 1993 mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegt. Seit 2002 ist die PKK von der Europäischen Union als terroristische Organisation gelistet. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird sie in Deutschland als terroristische Vereinigung im Ausland eingestuft. Im Land Brandenburg konnten 2013 vereinzelte Aktivitäten der PKK im Zusammenhang mit der jährlichen Spendenkampagne festgestellt werden. Darüber hinausgehende Aktivitäten wurden nicht bekannt. Der PKK ist es auch im Jahr 2013 nicht gelungen, neue Mitglieder beziehungsweise Anhänger in Brandenburg zu gewinnen. Gegenwärtig gehören etwa 115 Personen (2012: 130; bundesweit 2012: 13.000) dieser Organisation an. In Brandenburg weist die PKK unverändert das größte Personenpotenzial im Bereich Ausländerextremismus auf. Wesentliche Funktion der PKK in Brandenburg wird auch künftig die Sammlung von Spendengeldern sein. Von einer Ausdehnung des PKKNetzwerks nach Brandenburg ist nicht auszugehen. Obgleich sich die "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA-GEL) Gründungsjahr (als PKK): 1978 in der Türkei Sitz: Nord-Irak in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: 115 Publikationen: "Serxwebun" (Unabhängigkeit), "Yeni Özgür Politika" (Neue Freie Politik) Internetadressen: www.kongra-gel.org internationale Teilorganisation: "Koordination der kurdischdemokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) Betätigungsverbot für die PKK in Deutschland durch den Bundesminister des Innern am 26.11.1993 196 Ausländerextremismus PKK überwiegend friedlich in Europa verhält, sind militante Aktivitäten in Deutschland jederzeit möglich. Ferner ist zu erwarten, dass die weitere Entwicklung des Kurdenkonfliktes in der Türkei unmittelbar das Verhalten und die Aktivitäten der PKK in Deutschland beeinflussen kann. Ob sich Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung auch positiv auf die innere Sicherheit in Deutschland auswirken können, bleibt abzuwarten. 197 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 198 6. Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz 6.1 Spionageabwehr Spionage bezeichnet das Beschaffen und Erlangen nicht-öffentlich zugänglicher Informationen oder geschützten Wissens durch eine fremde staatliche Macht. Unverändert setzen eine Vielzahl von Staaten ihre Nachrichtendienste ein, um Informationen im politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich auf diesem Weg zu gewinnen. Spionage stellt für sie ein effektives Mittel zur Sicherung unlauterer Interessensvorteile dar. Denn grundsätzlich gilt: Wer über aktuelle Ereignisse und zukünftige Entwicklungen frühzeitig unterrichtet ist, verfügt über einen entscheidenden Informationsvorsprung gegenüber anderen und kann sein Handeln danach ausrichten. Die Spionageabwehr gehört zu den Aufgaben des brandenburgischen Verfassungsschutzes. Ihr Ziel ist es, Spionageaktivitäten gegnerischer Nachrichtendienste aufzuklären und zu verhindern. Aus diesem Grund werden Informationen über geheimdienstliche Aktivitäten gesammelt und ausgewertet. Hierbei geht es nicht allein um die Enttarnung von Agenten, sondern auch um die Aufklärung von Strukturen, Aktivitäten, Arbeitsmethoden und Zielrichtungen fremder Dienste. Die Bundesrepublik Deutschland bleibt wegen ihrer geopolitischen Lage, ihrer Rolle in der Europäischen Union (EU) und der NATO sowie als innovativer und dynamischer Wirtschaftsraum ein wichtiges Aufklärungsziel ausländischer Nachrichtendienste. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär bilden die vorrangigen Aufklärungsfelder. Die frühzeitige Ausspähung politischer Positionen Deutschlands sowie die Gewinnung von Informationen über wirtschaftspolitische Planungen, aktuelle Forschungsprojekte und militärische Strategien sind für fremde Nachrichtendienste daher von besonderem Interesse. Zu den Hauptakteuren der Spionageaktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland zählen nach wie vor die Russische Föderation und die Volksrepublik China. Als ein weiterer Schwerpunkt ist die Ausforschung der in Deutschland aktiven Organisationen und Einzelpersonen zu nennen, die in Opposition zum Regime in ihren Heimatländern stehen. 199 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Im Jahr 2013 entflammte eine noch immer anhaltende Debatte um Ausspähungsaktivitäten westlicher Nachrichtendienste, von denen auch Deutschland betroffen sein soll. Enthüllt wurden die Vorwürfe von Edward Snowden. Der Berichterstattung war zu entnehmen, dass durch westliche Nachrichtendienste eine umfassende internationale Datensammlung und -kontrolle stattfinden soll. Hierbei wurden unter anderem Programme wie "PRISM" und "TEMPORA" erwähnt. Ebenso sollen insbesondere durch US-amerikanische Stellen Telefone von Mitgliedern der Bundesregierung gezielt abgehört worden sein. Diese und weitere im Raum stehende Aktivitäten sowie Verhandlungen über den Abschluss eines "No-Spy-Abkommens" insbesondere mit den USA konnten bis zum Redaktionsschluss dieses Berichts nicht vollständig und erschöpfend geklärt werden. Ausländische Nachrichtendienste betreiben Spionage sowohl mit offener als auch mit verdeckter Informationsbeschaffung, wie etwa klassischer Agentenführung. Den größten Teil der Informationen bringen sie offen in Erfahrung: durch Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen wie Zeitungen, Internet und Datenbanken sowie durch Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen oder wissenschaftlichen Projekten. Besonders sensible und deshalb auch entsprechend geschützte Informationen werden zumeist mit geheimen Beschaffungsmethoden gewonnen: durch Eindringen in Informationssysteme, Überwachung der Telekommunikation oder Einsatz von Agenten im Zielobjekt. Botschaften aber auch Handels-, Reiseund Presseagenturen dienen den ausländischen Nachrichtendiensten als Stützpunkt, um von dort aus Spionage zu betreiben. Spionage ist Realität. Daher ist und bleibt das Thema Spionageabwehr hochaktuell. Am 2. Juli 2013 hat das Oberlandesgericht Stuttgart (Baden-Württemberg) ein Ehepaar mit den Aliasnamen Andreas und Heidrun A. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit verurteilt. Gegen den Ehemann verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten, gegen dessen Frau eine von fünf Jahren und sechs Monaten. Die Eheleute reisten noch vor der Wiedervereinigung im Auftrag des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB 200 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz in die damalige Bundesrepublik Deutschland ein, lebten unter falscher Identität als österreichische Staatsangehörige in verschiedenen deutschen Städten und waren über 20 Jahre für den russischen Auslandsnachrichtendienst SWR tätig. Andreas und Heidrun A. kam unter anderem die Aufgabe zu, Informationen über politische und militärpolitische Planungen der EU und NATO zu beschaffen. Dafür haben sie von 2008 bis 2011 eine Quelle im niederländischen Außenministerium geführt, die ihnen amtliche Dokumente über EUund NATO-Sachverhalte lieferte. 201 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 6.2 Wirtschaftsschutz Aufgrund der Globalisierung der Märkte hat die Bedeutung der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage in den vergangenen Jahren beständig zugenommen. Wirtschaftsspionage zählt neben der politischen und militärischen Ausforschung zu den klassischen Aufklärungszielen fremder Nachrichtendienste. Der Schaden für die deutsche Volkswirtschaft ist immens. Viele Fälle werden von den betroffenen Unternehmen nicht entdeckt oder aus Furcht vor einem vermeintlichen Reputationsverlust nicht gemeldet. Das Dunkelfeld dürfte daher sehr hoch sein und eine konkrete Schadenssumme lässt sich kaum berechnen. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft durch Know-how-Diebstahl jährlich einen Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe erleidet. Aus diesem Grund zählt die Bekämpfung von Wirtschaftsspionage in der Bundesrepublik zu den bedeutsamen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden. Für die Arbeit des Verfassungsschutzes ist es zwingend notwendig zwischen Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung zu unterscheiden, auch wenn diese Differenzierung für ein betroffenes Unternehmen irrelevant sein dürfte. Eine gesetzliche Zuständigkeit des Verfassungsschutzes besteht lediglich im Bereich der Wirtschaftsspionage, das heißt der von Nachrichtendiensten fremder Staaten ausgehenden Ausforschung von Unternehmen. Konkurrenzausspähung, also die Ausforschung eines Unternehmens durch einen privaten Wettbewerber, fällt hingegen in den Zuständigkeitsbereich der Strafverfolgungsbehörden. Schutz gesetzliche vor Zuständigkeit Deutsche Unternehmen stehen aufgrund ihres Know-hows im Fokus ausländischer Nachrichtendienste. Das gilt auch für brandenburgische Firmen und Forschungseinrichtungen. Schließlich zeichnet sich der Wirtschaftsraum Brandenburg durch eine ausgesprochen hohe Zahl an innovativen, modernen und dynamischen Unternehmen aus. Im Bereich der Hochund Spitzentechnologie hat sich das Land zu einem bevorzugten Produktionsund Forschungsstandort entwickelt. Auf etwa 1.500 Unternehmen trifft das zu. Davon weisen mehr als 100 internationale Spitzenleistungen auf. Da202 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz rüber hinaus gibt es nirgendwo in Deutschland eine ähnlich hohe Dichte an Forschungseinrichtungen wie in der Innovationsregion Berlin-Brandenburg. Brandenburg lebt vom Ideenreichtum seiner Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Klassischerweise konzentriert sich Wirtschaftsspionage auf forschungsintensive und innovationsstarke Branchen. Zu nennen sind hier beispielhaft vor allem die Bereiche Rüstung, Maschinenund Fahrzeugbau, Luftund Raumfahrttechnik, Informationstechnik, Energieund Umwelttechnik, Biotechnologie, Medizintechnik und Optik. Dabei richten sich die Spionageangriffe keineswegs nur auf Global Player oder Großkonzerne. Viel häufiger werden kleine und mittelständische Unternehmen mit hoher technologischer Kompetenz Opfer von Ausspähversuchen. Denn gerade solche Unternehmen verfügen nur selten über ausreichende Sicherungsvorkehrungen, um Diebstahl und ungewollten Abfluss ihres Firmen-Know-hows zu verhindern. Häufig werden Anzeichen für einen gezielten Spionageangriff ignoriert oder nicht erkannt. Um aber einen schwerwiegenden Know-howVerlust im Unternehmen wirkungsvoll zu verhindern, sind bereits erste Verdachtsmomente ernst zu nehmen. Im Bereich der Wirtschaftsspionage sind nach wie vor die Volksrepublik China und die Russische Föderation aktiv. Ziel beider Staaten ist es, Know-how, Spitzentechnologie und Forschungsergebnisse aus anderen Ländern zu beschaffen, um Lücken zu den westlichen Industrieländern zu schließen. Den russischen Diensten ist die Wirtschaftsspionage sogar per Gesetz auferlegt. Artikel 5 des Gesetzes der Russischen Föderation über die Auslandsaufklärung fordert die "Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts des Landes durch Beschaffung von wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Informationen durch die Organe der Auslandsaufklärung". Im Jahr 2013 gab es eine intensive Debatte über Art und Ausmaß von Spionageaktivitäten westlicher Nachrichtendienste in Deutschland (siehe auch Kapitel 6.1). Vielfach wurden Verdächtigungen gegen verschiedene westliche Dienste laut, sie würden Spionage, darunter auch Wirtschaftsspionage, gegen Deutschland betreiben. Belege für derartige Behauptungen 203 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 liegen dem Verfassungsschutz Brandenburg nicht vor. Dennoch geht der Verfassungsschutz allen Verdachtsmomenten nach. Es ist seine Aufgabe, hiesige Firmen vor einem Know-how-Abfluss durch nachrichtendienstliche Spionage zu schützen. Daher lautet der Appell an Unternehmen und Forschungseinrichtungen, sich bei Schadensfällen und Verdachtsmomenten an den Verfassungsschutz zu wenden. Ein einfaches, aber sehr effektives Mittel der Informationsbeschaffung ist die "Gesprächsabschöpfung". Ein Angreifer vertraut in diesem Fall auf die Arglosigkeit seines Gesprächspartners und entlockt ihm - in zumeist angenehmer Gesprächsatmosphäre - das eine oder andere Betriebsoder Geschäftsgeheimnis. Zudem gelangen Wirtschaftsspione häufig an sensible oder geschützte Firmendaten durch "Social Engineering". Von einem "Social Engineering"-Angriff spricht man, wenn sich ein Angreifer unter Ausnutzung menschlicher Eigenschaften wie zum Beispiel Dankbarkeit, Hilfsbereitschaft, Habgier, Autoritätshörigkeit, Geltungssucht, Unsicherheit oder Bequemlichkeit Zugang zu Firmeninterna beziehungsweise sensiblen Daten verschafft. Vor dem eigentlichen Angriff erfolgt häufig eine gründliche Hintergrundrecherche zu dem "Opfer". Soziale Netzwerke bieten Wirtschaftsspionen hierfür beste Voraussetzungen. Solche Internetplattformen sind sehr beliebt und viele Anwender geben dort vieles über sich preis. Ihnen ist dabei allerdings nicht immer bewusst, welche Probleme das nach sich ziehen kann. Jedermann hat die Möglichkeit, dort interessante Personendaten aus dem Netz zu filtern: Alter, Wohnanschrift, Bildung, Ausbildung, Spezialkenntnisse, Beruf, Firma, Interessenlage, Hobbys, persönliche Neigungen, Forenkommentare oder Bilder. All diese Informationen können als Ansatzpunkt für eine scheinbar unverfängliche Kontaktaufnahme dienen. Auch heute noch setzen Nachrichtendienste auf den Einsatz klassischer Agenten, die sowohl offen als auch konspirativ Informationen sammeln. Durch die Nachrichtendienste der Volksrepublik China werden in Deutschland lebende Chinesen gezielt angeworben und als Informationsquellen ausgenutzt. Als Studenten, Gastwissenschaftler oder Praktikanten haben viele von ihnen einen hervorragenden Zugang Schutz vor zu deutschen Firmen oder wissenschaftlichen EinWirtschaftsspionage Eine Information des richtungen. Ebenso gehen von ausländischen WirtVerfassungsschutzes schaftsdelegationen und Werksbesuchern besondere Risiken aus, wenn unbeobachtet Daten kopiert 204 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz oder während einer Werksführung mit versteckten Minikameras Fotos geschossen werden. Darüber hinaus können auch Joint Ventures mit ausländischen Firmen oder gemeinsame Forschungsprojekte Einfallstore für Wirtschaftsspionage sein. Die Lage im Bereich der elektronischen Spionage hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Gezielte Angriffe auf Netzwerke und Computersysteme nehmen stetig zu. Nicht nur Cyberkriminelle, sondern auch fremde Nachrichtendienste nutzen moderne Technik für ihre Ziele. Computernetzwerke, Telekommunikationsanlagen und mobile Endgeräte sind geeignete Angriffspunkte für fremde Nachrichtendienste. Sich gegen einen gezielten Spionageangriff zu schützen, ist schwierig, aber möglich. Entscheidend ist, dass Firmen zunächst ihr schützenswertes Wissen identifizieren. Deshalb ist eine "Know-how-Inventur" unerlässlich. Häufig sind es nicht mehr als fünf bis zehn Prozent der Firmendaten, die tatsächlich zu den "Kronjuwelen" eines Unternehmens zählen. Diese sollten absolut sicher vor unbefugtem Zugriff sein. Darüber hinaus ist es sinnvoll, eine Risikound Schwachstellenanalyse im Unternehmen durchzuführen sowie entsprechende Notfallpläne zu erarbeiten. Es macht außerdem Sinn, im Unternehmen verbindliche Sicherheitsrichtlinien einzuführen und stets nach dem Prinzip "Kenntnis nur wenn nötig" zu verfahren. Ein Mitarbeiter sollte also grundsätzlich nur Zugang zu den Informationen haben, die er tatsächlich für seine Arbeit benötigt. Zudem ist die Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins im Unternehmen wichtig. Dafür ist es notwendig, alle Mitarbeiter ausreichend zu schulen und für Gefahren zu sensibilisieren. Sicherheit sollte immer Chefsache sein. Ohne den Vorgesetzten, der in Sicherheitsfragen mit gutem Beispiel vorangeht, wird kaum ein 205 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Sicherheitsmaßnahmen überzeugt werden können. Von Wirtschaftsspionage betroffene Unternehmen sollten sich direkt an den Verfassungsschutz wenden. Das gilt ebenso für den Verdachtsfall. Ein vertrauensvoller und vertraulicher Informationsaustausch wird vom Verfassungsschutz garantiert. Der Verfassungsschutz ist kompetenter Ansprechpartner bei allen Fragen des Know-how-Schutzes. Er informiert diskret, kostenfrei und leistet praxisgerechte und fachkundige Unterstützung bei der Klärung von Spionageverdachtsfällen. Im Rahmen seiner Präventionsund Aufklärungsarbeit veranstaltete der Verfassungsschutz Brandenburg in den vergangenen Jahren drei Fachtagungen: Zwei Wirtschaftsschutztagungen im Jahr 2010: "1. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz, Wirtschaftsspionage - Risiko für Unternehmen" und "2. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz - Innovationsschutz in Universitäten und Unternehmen" sowie den "Wirtschaftsschutztag Berlin-Brandenburg 2011" in Kooperation mit dem Berliner Verfassungsschutz und der "Beuth Hochschule für Technik Berlin". Darüber hinaus informierte er im Rahmen von Vorträgen über Akteure und Methoden Verfassungsschutz - der Wirtschaftsspionage, war bei verschiedenen Ihr Ansprechpartner für Unternehmermessen vertreten und führte zahlWirtschaftsschutz reiche Sensibilisierungsgespräche mit brandenburgischen Unternehmern und Sicherheitsverantwortlichen. 206 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz 6.3 Proliferation Als proliferationsrelevante Beschaffungsaktivitäten bezeichnet man die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen. Der Verfassungsschutz arbeitet eng mit dem Zollkriminalamt, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, dem Bundesnachrichtendienst sowie mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen. So soll die illegale Beschaffung von Gütern, Technologien und Wissen über Massenvernichtungswaffen aufgeklärt und verhindert werden. Länder wie Syrien, Nordkorea, Pakistan und der Iran versuchen seit Jahren, ihre Produktion von Massenvernichtungswaffen weiter voranzutreiben. Die Forschungsund Entwicklungsprogramme für Massenvernichtungswaffen sind in diesen Ländern unterschiedlich hoch entwickelt. Die zuständigen Militäreinheiten versuchen ihre Waffenarsenale zu ergänzen, die Lagerungssicherheit dieser Waffen zu verbessern sowie Einsatzmöglichkeiten, Präzision, Reichweite und Effizienz zu erhöhen. Dazu benötigen sie das Wissen und die Technologien der führenden Industrienationen. Das beschaffen sie auf illegalem Wege und unter Umgehung der Exportkontrollen im Ausland. So streben sie eine möglichst weitgehende Unabhängigkeit in der Rüstungstechnik an. Trotz verbesserter Infrastruktur in den Krisenländern und ungeachtet anderer Anbieterländer sind bestimmte hochwertige Technologien und spezifisches Know-how nur bei brandenburgischen Unternehmen zu beziehen. Um die restriktiven Exportkontrollbestimmungen zu umgehen, nutzen die Risikostaaten verschiedene konspirative Methoden. Sie täuschen mit neutralen Handelsfirmen den tatsächlichen Kauf von proliferationsrelevanten Gütern durch ein staatlich gesteuertes Unternehmen vor. Häufig setzen die betroffenen Staaten Nachrichtendienste ein, deren Mitarbeiter sich dann als potenzielle Einkäufer oder Besteller ausgeben. Durch diese Vorgehensweisen wird es für Lieferfirmen schwierig, den effektiven Verwendungszweck ihres Produktes zu erkennen. Die Bundesregierung hat deswegen eine Frühwarnliste erarbeitet, auf welcher Kundennamen beziehungsweise die Kundenanschriften möglicher potenzieller Proliferationsbeschaffer verzeichnet sind. Mit diesen Hinweisen soll vermieden werden, dass deutsche Unternehmen unabsichtlich in die Beschaffung von Gütern im Rahmen des illegalen Transfers eingebunden werden könnten. 207 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Anhaltspunkte für Proliferationsbeschaffungen sind beispielsweise: * Endverbraucher tarnen sich hinter einem unverdächtigen Firmennamen oder einer Universität oder legen gefälschte Exportdokumente vor; * Kundenname beziehungsweise Kundenanschrift ist bereits von der Frühwarnliste erfasst oder es bestehen auffällige Ähnlichkeiten; * nicht zum Herkunftsland des anfragenden Unternehmens passende ausländische Namen von Firmen, Geschäftsführern und/oder Personal (zum Beispiel koreanisch bei einer angeblichen Firmenzentrale in Russland); * der Kunde hat geringe Erfahrungen in geschäftlichen Dingen; * der tatsächliche Endverbleib der Waren ist nicht eindeutig und kann durch den Auftraggeber auch nicht nachweislich erklärt werden; * die Abwicklung von Anfragen und Lieferungen findet über eine oder mehrere Firmen in Drittländern statt (Umweglieferungen); * Widersprüche zwischen den angefragten Parametern des Produktes und den tatsächlichen Gegebenheiten im Land des Endverbrauchers; * keine Wartungsverträge beziehungsweise routinemäßige Installationsarbeiten, Schulungen oder fehlendes Interesse an Service und Gewährleistungen nach dem Kauf; * vage Liefertermine oder Lieferungen an nicht bekannte Orte erwünscht. In den Fokus ausländischer Nachrichtendienste können auch UniversiDie Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern täten, Fachhochschulen und wissenschaftliche Institute gelangen. Der Proliferation Missbrauch von Wissen ist nur sehr schwer zu erkennen und sicher nicht vollständig über Gesetze und Verordnungen einzudämmen. Für den Schutz geheimhaltungswürdiger oder sonstiger proliferationswichtiger Informationen ist Problembewusstsein Voraussetzung. Damit wird das Risiko eigenen Reputationsverlustes ebenso Wir haben minimiert. Deswegen ist bei der EntVerantwortung scheidung über die personelle Besetzung an Forschungsprojekten erhöhProliferation 1 te Aufmerksamkeit geboten. Internati208 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz onale Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung ist erwünscht, ein illegaler Missbrauch muss aber verhindert werden. In erster Linie sind Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen für die Einhaltung der Exportkontrollbestimmungen selbst verantwortlich. Jedoch sind sie oft nicht in der Lage, vorgetäuschte Absichten ihrer Partner aus Risikoländern zu erkennen. So kann es unwissentlich zu strafbaren Handlungen kommen, wie beispielsweise verbotene Exportgeschäfte oder Geschäfte mit fremden Nachrichtendiensten. Der brandenburgische Verfassungsschutz tritt nicht als Exportkontrollbehörde auf. Er klärt in seiner Funktion als "Frühwarnsystem" vielmehr im Vorfeld über Beschaffungsbemühungen und -methoden der teilweise nachrichtendienstlich arbeitenden Einkäufer auf, ohne dass diese unter Generalverdacht gestellt werden. Dadurch können Firmen bei Geschäftsanbahnungen etwaige Proliferationsbezüge frühzeitig erkennen und auf einen Vertragsabschluss verzichten. Im Informationsaustausch mit den anderen Sicherheitsbehörden können zielgruppengerechte Sensibilisierungskonzepte für Wissensstandorte und Unternehmen erarbeitet und Forschungseinrichtungen als auch Wirtschaftsunternehmen durch Vorträge über die Gefahren der Proliferation sensibilisiert werden. Der Verfassungsschutz bietet der Wirtschaft und der Wissenschaft seine vertrauensvolle Hilfe an. Interessierte können sich mit Fragen jederzeit an die Mitarbeiter der Behörde wenden: Telefon: 0331 866-2500 oder Email: info-wirtschaftsschutz@verfassungsschutz-brandenburg.de 209 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 6.4 Geheimschutz und Sicherheitsüberprüfungen Auch ein demokratischer Staat hat ein Recht auf Geheimnisse. Er hat sogar die Pflicht, bestimmte Sachverhalte geheim zu halten, wenn deren Preisgabe anderenfalls eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Wehrfähigkeit des Landes bedeuten würde. Die Einstufung in die gesetzlich vorgesehenen und bundesweit einheitlich definierten Geheimhaltungsgrade - "VS-Nur für den Dienstgebrauch", "VS-Vertraulich", "Geheim" und "Streng Geheim" - richtet sich nach dem Inhalt der Verschlusssache, deren Bekanntwerden mindestens einen Nachteil für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder darstellen muss. Am häufigsten kommen im Alltag der Nachrichtendienste die Verschlusssachengrade "VS-Nur für den Dienstgebrauch" und "VS-Vertraulich" vor. Der damit verbundene Geheimschutz erfolgt in materieller sowie personeller Hinsicht. Gegenüber anderen Behörden und Einrichtungen wirkt der Verfassungsschutz hier insgesamt als Sicherheitsdienstleister. Materieller Geheimschutz Der materielle Geheimschutz umfasst technische und organisatorische Maßnahmen gegen die unbefugte Kenntnisnahme von Verschlusssachen. Verschlusssachen bezeichnen geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse unabhängig von ihrer Darstellungsform, wie zum Beispiel Schriftstücke, Bildmaterial oder das gesprochene Wort. Gemäß seinem gesetzlichen Auftrag unterstützt der Verfassungsschutz Behörden und geheimschutzbetreute Unternehmen im Umgang mit Verschlusssachen. Grundlage dafür ist die "Verschlusssachenanweisung des Landes Brandenburg" vom 16. April 1991. Sie enthält Regelungen zur Aufbewahrung und Weitergabe von Verschlusssachen. Berücksichtigt sind ebenso Maßnahmen zum Umgang mit Informationstechnik, die vertrauliche Inhalte enthalten. Zum materiellen Geheimschutz gehört auch die Sicherung von Räumen oder Gebäuden, in denen Verschlusssachen lagern oder besprochen werden. So wirkte der Geheimschutz zum Beispiel bei der Pla210 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz nung des Landtagsneubaus in Potsdam mit. Denn dort tagen nunmehr Gremien wie die Parlamentarische Kontrollkommission oder die G10Kommission (siehe Kapitel 1). Dafür sind abhörgeschützte Räumlichkeiten unerlässlich. Personeller Geheimschutz Das Gesetz verpflichtet den Verfassungsschutz ebenso zu Sicherheitsund Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Denn wo Informationen, die im staatlichen Interesse geheim zu halten sind, bearbeitet werden oder zugänglich sind, dürfen nur vertrauenswürdige Personen beschäftigt sein. Dies soll durch den "Personellen Geheimschutz" gewährleistet werden. Zentrales Instrument des personellen Geheimschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung. Rechtliche Grundlage ist das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG). Das BbgSÜG gibt Maßnahmen und Maßstäbe vor, anhand derer festgestellt werden soll, ob ein vorgesehener Geheimnisträger nach seinem bisherigen Verhalten prognostisch die nötige Zuverlässigkeit aufweist, mit übertragenen Verschlusssachen vertraulich umzugehen. Die Stufe der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Art und der Anzahl der Verschlusssachen, zu denen eine Person künftig Zugang haben darf oder sich diesen verschaffen kann. Im Jahr 2013 wirkte die Verfassungsschutzbehörde am Abschluss von insgesamt 278 Sicherheitsüberprüfungen mit. In Brandenburg betrifft das Mitarbeiter in etwa 20 Behörden: Polizei, Staatskanzlei und Ministerien, Landtag, Gerichte sowie Staatsanwaltschaften. Für Überprüfungen von "Ü1" (niedrigste) bis "Ü3" (höchste) werden Bundeskriminalamt, Landeskriminalämter, Bundesnachrichtendienst, Militärischer Abschirmdienst, Bundespolizei, Bundeszentralregister und Zentrales Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister angefragt sowie Auskünfte des "Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik" bewertet. Anhaltspunkte, die dem erfolgreichen Abschluss einer Sicherheitsüberprüfung entgegenstehen, sind: * Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit; 211 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 * eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste oder Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Solche Anhaltspunkte können selbstverschuldet sein (beispielsweise Straftaten, finanziell bedenklicher Lebensstil), aber auch beim Lebenspartner bestehen (beispielsweise Ehepartner mit erheblicher Anzahl von Straftaten). In solchen Fällen kann es unter Umständen wegen vorliegender Sicherheitsrisiken zur Ablehnung kommen. Der Verfassungsschutz ist ebenso an Zuverlässigkeitsüberprüfungen beteiligt. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen dafür sind das Atom-, Sprengstoffund Luftsicherheitsgesetz. Auch die Bewachungsverordnung sieht für Mitarbeiter des Bewachungsgewerbes die Möglichkeit vor, die Datenbank der Verfassungsschutzbehörde zur Prüfung der Zuverlässigkeit abzufragen. Damit wird gewährleistet, dass nur entsprechend überprüfte Personen in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten. Zielen die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Luftsicherheits-, dem Atomoder dem Sprengstoffgesetz insbesondere darauf ab, Terroroder Sabotageakte zu verhindern, ist die Zuverlässigkeit des Bewachungsgewerbes daneben auch von Bedeutung, weil die Mitarbeiter des Bewachungsgewerbes eine bedeutende Außenwirkung haben. 2013 gingen insgesamt 2.795 Anfragen (2012: 6.438) im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen ein: davon 2.233 gemäß Luftsicherheitsgesetz, 75 gemäß Atomgesetz, 255 gemäß Sprengstoffgesetz und 232 auf der Grundlage der Bewachungsverordnung. Anfragen im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen gemäß: Luftsicherheitsgesetz: 2.233 Sprengstoffgesetz: 255 Bewachungsverordnung: 232 Atomgesetz: 75 212 Spionageabwehr, Geheimschutz und Wirtschaftsschutz 213 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 214 7. Verfassungsschutz durch Aufklärung Prävention und Öffentlichkeitsarbeit sind unerlässliche Säulen in der Auseinandersetzung mit Extremisten. Daher wird "Verfassungsschutz durch Aufklärung" von vielen Verfassungsschützern aktiv betrieben. Ebenso ist Transparenz seit dem Bekanntwerden der NSU-Morde wichtiger denn je. In zahlreichen Vorträgen, Lagebildern und Hintergrundberichten informieren Mitarbeiter über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Sie zeigen damit Gesicht und stellen sich gemeinsamen Debatten über die Feinde der Demokratie. Auch das ist wichtig für eine effektive Informationsvermittlung. Dafür müssen Verfassungsschützer auf die Zivilgesellschaft zugehen. Je mehr Informationen über Extremisten vermittelt werden, desto geringer sind deren Erfolgsaussichten. Und für den Verfassungsschutz gilt: Je mehr die Zivilgesellschaft über den Verfassungsschutz weiß, desto eher wird sie ihn als Kommunikationspartner und Demokratiedienstleister akzeptieren. Die Öffentlichkeit, an die sich der Verfassungsschutz richtet, ist so vielfältig wie die brandenburgische Gesellschaft: Schülerschaft, Auszubildende, Krankenpflegekräfte, Soldaten und Soldatinnen, Ausbilder und Ausbilderinnen, Feuerwehrangehörige, Lehrkräfte, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Jugendeinrichtungen, politische Gremien auf Landesund Kommunalebene, Polizisten und Polizistinnen, Angehörige des Bundesfreiwilligendienstes, Sportler und Sportlerinnen, Geistliche, Unternehmerschaft und andere ließen sich im vergangenen Jahr von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Verfassungsschutzes über Rechtsund Linksextremismus, islamistischen Extremismus oder Wirtschaftsschutz informieren. Im Jahr 2013 Veranstaltungen im Rahmen des Konzepts "Verfassungsschutz durch Aufklärung" Veranstaltungen Teilnehmer 150 6000 6.000 142 5000 120 133 116 4.800 112 4000 4.300 90 100 4.000 3000 3.200 60 2000 30 1000 0 0 2009 2010 2011 2012 2013 2009 2010 2011 2012 2013 215 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 hielten Verfassungsschützer 100 Vorträge. Daran nahmen rund 3.200 interessierte Bürgerinnen und Bürger teil. Um die Aufklärungsund Präventionsarbeit möglichst zielgruppenorientiert und wirkungsvoll zu gestalten, hat der Verfassungsschutz Brandenburg seine strategische Kommunikation kontinuierlich ausgebaut und sich mit wichtigen Kooperationspartnern vernetzt. Mit dem Landesfeuerwehrverband besteht seit 2007 eine Kooperation. Hierbei werden Jugendwarte und Jugendwärterinnen sowie Feuerwehrführer und Feuerwehrführerinnen an der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt (LOS) über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung informiert. Diese Kooperation ist inzwischen fester Bestandteil im dortigen Ausbildungsprogramm. 2013 nahmen rund 265 Feuerwehrleute in 13 Veranstaltungen daran teil. Verstetigt hat sich die erfolgreiche Kooperation mit dem "Toleranten Brandenburg", "Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung - demos", dem "Städteund Gemeindebund", dem Landkreistag, der Polizeifachhochschule, der "Brandenburgischen Kommunalakademie" und dem Landesjugendamt. Gemeinsam wurden seit Sommer 2008 unter anderem an der Polizeifachhochschule in Oranienburg (OHV) an insgesamt 31 Tagen Info-Veranstaltungen angeboten. Daran haben rund 1.330 Personen von Polizei, Kommunalbehörden und weiteren Einrichtungen teilgenommen. Zielsetzungen waren jeweils der Umgang mit unterschiedlichen ex-tremistischen Aktivitäten aus polizeilicher, ordnungsund arbeitsrechtlicher Sicht im Zusammenhang mit Wahlkämpfen sowie der Umgang mit extremistischen Mandatsträgern in kommunalen Vertretungen und deren AnFeinde der Demokratie Feinde der Demokratie Feinde der Demokratie Rechtsextremisten Linksextremisten Islamistische Extremisten Eine Information des Eine Information des Eine Information des Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes 216 Verfassungsschutz durch Aufklärung frageverhalten. 2013 waren es vier Veranstaltungen zum Thema "Rechtsex-tremisten im Wahlkampf". Daran nahmen 100 Personen teil. Zwei der ganztägigen Informationsveranstaltungen wurden in der Nähe der sächsischen Grenze in Kooperation mit dem Verfassungsschutz Sachsen durchgeführt. 2014 finden in Brandenburg Wahlen zu den kommunalen Vertretungen, zum Europäischen Parlament und zum Landtag statt. Hierzu sind wieder vier Veranstaltungen geplant. Aufgrund des großen Beratungsbedarfs vieler Behörden zum Thema "Reichsbürger" bot der Verfassungsschutz 2013 mehrere Informationsveranstaltungen dazu an. Kooperiert wurde mit dem Ministerium der Finanzen, mit dem Landeskriminalamt, mit "demos" und seinen "Mobilen Beratungsteams" sowie mit den Landkreisen Potsdam-Mittelmark und Oder-Spree. Die beiden größten Veranstaltungen fanden in Königs Wusterhausen (LDS) mit 150 und in Beeskow (LOS) mit 180 Teilnehmern statt. 2013 besuchten insgesamt 700 Personen Veranstaltungen zum Thema "Reichsbürger". Der brandenburgische Verfassungsschutz ist seit 2012 Kooperationspartner des "Arbeitslosenverbandes Brandenburg" und damit Bestandteil des Bundesprogramms "Demokratie verstehen, Transparenz zeigen, Beteiligung eröffnen" (DEM-TRA-BE), finanziert durch das Bundesinnenministerium. Von Sommer 2009 bis Mai 2011 bot der Verfassungsschutz Brandenburg in Kooperation mit der Landesintegrationsbeauftragten die "Regionalen Sicherheitsdialoge: Integration, Radikalisierung und Islamismus" (IRIS) an. Vertreter lokaler Behörden und weiterer Einrichtungen wurden über islamistischen Extremismus informiert und sollten zugleich zur Integration ausländischer Mitbürger ermutigt werden. IRIS fand in allen 18 Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten statt. An der neunzehnten Veranstaltung nahmen ausschließlich Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Ausländerbehörden teil. Insgesamt besuchten 915 Personen diese Reihe. Die Evaluierung von IRIS im Jahr 2011 ergab eine Integration äußerst positive Resonanz. Im Jahr 2013 erAusländerfeindlichkeit und islamistischer Extremismus folgte unter dem Titel "Zweiter regionaler SiMaterialien des brandenburgischen Verfassungsschutzes cherheitsdialog - Integration, Ausländerfeindlichkeit und islamistischer Extremismus" die Informationsband 217 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Fortsetzung. In vier Veranstaltungen konnten 320 Interessierte erreicht werden. Eine fünfte Sonderveranstaltung unter anderem zu Asylbewerbern aus dem Kaukasus war mit 170 Teilnehmern gänzlich ausgebucht. Damit Informationen breiter gestreut werden können, nutzt der Verfassungsschutz Brandenburg ein Info-Mobil. Unter dem Motto "Unterwegs für Freiheit und Demokratie" werden Messen, Feste, Konzerte und weitere Veranstaltungen besucht. So steht die Behörde in direktem Kontakt mit den Bürgern. Das Info-Mobil war 26 Mal im Jahr 2013 unterwegs. Einsätze gab es beispielsweise beim Festival "Laut & Bunt" in Rathenow (HVL), bei den "Tagen der Demokratie" in Potsdam oder beim Spremberger (SPN)Heimatfest. Darüber hinaus dient es als Einsatzfahrzeug für Vorträge im Land. Für Vorträge und Info-Mobil-Einsätze legten die Verfassungsschutzmitarbeiter 2013 mehr als 21.000 Kilometer zurück. Dabei verbrachten sie knapp 300 Stunden auf den Straßen. Über 400 Stunden beanspruchten die Einsätze vor Ort. Die Vorund Nachbereitung aller Einsätze umfasste weitere 800 Stunden. Fachtagungen zu aktuellen Themen sind eine weitere Säule der Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes. Im Januar 2013 nahmen an der in Dresden (Sachsen) zusammen mit dem dortigen Verfassungsschutz durchgeführten Fachtagung "Verfassungsfeinde und das Kapital - Finanzströme im Rechtsextremismus" 170 Personen teil. Die vorangegangenen lauteten: "Hass-Musik" Rechtsextremismus zwischen "Mitte der (2005), "Antisemitismus - GleichGesellschaft" und Gegenkultur klang zwischen den Extremen" Eine Veranstaltung des Verfassungsschutzes der Länder Sachsen (2007), "Freiheit, Islam und Extreund Brandenburg am 28. Januar 2013 in Dresden mismus" (2007), "Fußball, Gewalt und Rechtsextremismus" (2008), Tagungsband "Extremismus 2.0 - die dunkle Seite des Internets" (2009), "Islamistischer Extremismus, Konvertiten und Terrorismus - Bedrohungen im Wandel" (2009) sowie "Schwarze Blöcke rechts und links - Autonome Extremisten auf Gewaltkurs (2010), "Kultur des Hasses - Extremisten und Musik" (2011) und "Verfassungsfeinde und das Kapital - Finanzströme im Rechtsextremismus" (2012). Zwei Wirt218 Verfassungsschutz durch Aufklärung schaftsschutztagungen gab es im Jahr 2010: "1. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz, Wirtschaftsspionage - Risiko für Unternehmen" und "2. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz - Innovationsschutz in Universitäten und Unternehmen". Hinzu kommt der "Wirtschaftsschutztag BerlinBrandenburg 2011". Er wurde von den Verfassungsschutzbehörden Berlin und Brandenburg sowie der "Beuth Hochschule für Technik Berlin" organisiert. An diesen insgesamt 13 Veranstaltungen haben zwischen 2005 und 2013 rund 2.000 Personen teilgenommen. Zu jeder Fachtagung sind Dokumentationen auf der Homepage des Verfassungsschutzes abrufbar. Zudem veranstaltete der sächsische Verfassungsschutz in Kooperation mit dem Verfassungsschutz Brandenburg insgesamt drei Mal das "Forum starke Demokratie". Das Thema lautete: "Rechtsextremistische Konzerte in Szene-Objekten zurückdrängen". Insgesamt nahmen daran rund 140 Personen teil. Informationsmaterialien des Verfassungsschutzes sind sehr begehrt. In erster Linie betrifft das den jeweils aktuellen Verfassungsschutzbericht. Daneben sind zahlreiche und ständig aktualisierte Faltblätter zu verschiedenen Themenfeldern des Extremismus und Wirtschaftsschutzes im Einsatz. Von diesen Materialien wurden 2013 weit über 18.000 Exemplare verteilt beziehungsweise verschickt. Alle bisher in Brandenburg erschienenen Verfassungsschutzberichte, alle genannten Broschüren und Faltblätter sowie weitere Materialien sind über die Homepage www.verfassungsschutz.brandenburg.de abrufund/oder bestellbar. 2013 wurden 998.572 Zugriffe auf der Homepage registriert. Zusätzlich wird dort regelmäßig über aktuelle Ereignisse im Zusammenhang mit Extremismus berichtet. 219 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 220 ANHANG 221 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 222 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus 8.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Rechtsextremisten denken in rassistischen Kategorien von Überund Unterordnung und drücken dies durch Symbole und Kennzeichen aus. In der Gruppe definieren Rechtsextremisten sich über ihre "Gemeinschaft" und grenzen sich von anderen ab, die sie zu ihren "Feinden" erklären. Durch Symbole werden Feindbilder sowie Gemeinschaftsgefühl gestärkt und in die Öffentlichkeit getragen. Vorbild ist die Symbolik des Nationalsozialismus. Es ist in Deutschland strafbar, Kennzeichen verbotener und ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen öffentlich zu zeigen. Deswegen suchen Rechtsextremisten nach Alternativen, um die Verbundenheit untereinander und ihre Ablehnung der Demokratie zum Ausdruck zu bringen. Dabei greifen sie auf Symbole, Codes und Modemarken zurück. Zeichen, die dem "Germanischen" oder allgemein "Nordischen" zugeordnet werden, sind zentral für die rechtsextremistische Symbolik. Die Runenschrift soll die angebliche Überlegenheit der "nordischen Rasse" demonstrieren. Die Frakturschrift wird als besonders "deutsche" Schrift verstanden, obwohl gerade sie 1941 im "Dritten Reich" als "Judenlettern" verboten wurde. Auch Zeichen aus internationalen rassistischen Zusammenhängen werden gebraucht, so etwa die "White Power"-Symbolik, welche bei US-amerikanischen Rassisten Anwendung findet. Mittlerweile ist das ursprünglich in der "linken" Protestkultur der 1980er Jahre verbreitete Palästinensertuch sogar bei Rechtsextremisten, besonders unter den "Autonomen Nationalisten", ein sehr beliebtes Accessoire. Schließlich lassen sich darüber antisemitische Einstellungen zum Ausdruck bringen. Mittels der Symbolik erkennen Rechtsextremisten Gleichgesinnte und grenzen sich gleichzeitig von ihrer Umwelt ab. Dabei setzen sie auch auf Zahlencodes. Die als Gruß verwendete Zahl "14" zum Beispiel steht für die von US-amerikanischen Rassisten verwendete, aus vierzehn Worten bestehende Formel "We must secure the existence of our people and a future for white children" (Wir müssen den Bestand unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern). Die "18" steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet (Adolf Hitler). "88" wiederum signalisiert den verbotenen Gruß "Heil Hitler". Symbolträchtig sind für Rechtsextremisten auch Daten: Der Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß oder der 223 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 "Heldengedenktag" geben Rechtsextremisten immer wieder Anlass zu demonstrativen Aktionen. In geschlossenen Szeneveranstaltungen scheuen sich Rechtsextremisten wenig, verbotene oder strafbare Kennzeichen zu verwenden oder entsprechende Handlungen zu begehen. Das Zeigen des "Hitlergrußes" und das Brüllen von "Sieg Heil" sind ritualisierte Bestandteile bei Skinheadkonzerten. In der Öffentlichkeit siegt hingegen regelmäßig die Angst vor Bestrafung über die politische Gesinnung. Rechtsextremisten versuchen öffentlich oft nur solche Symbole zu verwenden, die die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschreiten. Manche Kleiderlabel wie "LONSDALE" haben eindeutig demonstriert, dass sie sich nicht mit ihrer rechtsextremistischen Kundschaft gemein machen. "LONSDALE" war bei Rechtsextremisten beliebt, weil dieser Firmenname die Buchstaben NSDA und damit in ihren Augen eine Reminiszenz an die NSDAP enthält. Es gibt allerdings immer noch Markenbekleidung, die wenig Zweifel an der Gesinnung ihrer Hersteller und Träger aufkommen lässt: "CONSDAPLE" etwa ist solch ein Kleiderlabel, das sich bei Rechtsextremisten richtiggehend anbiedert. Im Wort selbst befindet sich die Buchstabenfolge "NSDAP". Die Marke "Thor Steinar" ist bei Rechtsextremisten ebenfalls beliebt. Das Tragen von "Thor Steinar" dient als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten. Die in Königs Wusterhausen ansässige Marke "Eric and Sons" ist bemüht, daran anzuknüpfen. Nicht umsonst bezeichnete der einschlägig rechtsextremistisch bekannte Internet-Versandhandel "Rock-Nord" die Käufer von "Thor Steinar"Artikeln als "patriotische" Kunden. Die Mittel des Rechtsstaates können zwar rechtsextremistische Symbolik nicht völlig aus dem Licht der Öffentlichkeit verbannen. Allerdings sind Staat und Gesellschaft aufmerksam gegenüber einschlägigen Kennzeichen. Das zeigt sich auch am Verhalten der Brandenburgerinnen und Brandenburger, die in ihrer ganz großen Mehrheit keine rechtsextremistischen Zeichen und Symbole dulden und zur Anzeige bringen. Die Strafverfolgung tut ihr Übriges. Dies nimmt Rechtsextremisten öffentlichen Raum und Aufmerksamkeit und dient damit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Unter den Straftaten, die aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus begangen werden, ragen in der Statistik regelmäßig Propagandade224 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus likte heraus. Bundesweit, wie auch in Brandenburg, machen sie über die Hälfte aller rechtsextremistischen Straftaten aus. Das nun folgende Kapitel soll Hinweise für die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und seinen Kennzeichen und Symbolen geben. Gesetzliche Grundlagen SS 86 Strafgesetzbuch Unter den strafrechtlich erfassten so genannten Propagandadelikten versteht man die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (SS 86 Strafgesetzbuch - StGB) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (SS 86 a StGB). Bundesweit machen sie den größten Anteil der rechtsextremistischen Delikte aus. SS 86 Strafgesetzbuch - Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (1) Wer Propagandamittel 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist, 2. einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist, 3. einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder 4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern 225 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 öffentlich zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (SS 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. (3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. (4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Das Gesetz nennt zwar nur den Begriff "Schriften", hierzu zählen nach SS 11 Abs. 3 StGB jedoch auch: Tonträger: zum Beispiel CDs, Magnetbänder, -kassetten und -platten, Schallplatten und Walzen, Bildträger: zum Beispiel Videos, DVDs, CD-ROMs, Abbildungen: unmittelbar durch Gesichtsoder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergaben der Außenwelt, vor allem Fotos, Dias und in der Regel auch Filme, Darstellungen: jedes Gebilde von gewisser Dauer, das sinnlich wahrnehmbar Vorstellungen oder Gedanken ausdrückt, zum Beispiel abstrakte Bilder, Plastiken, Datenträger, Bildschirmtexte aber auch Kennzeichen. Verwenden bedeutet jeden Gebrauch, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht, also insbesondere das Tragen, Zeigen, Ausstellen, Vorführen, Vorspielen, Ausrufen, Veröffentlichen auf Webseiten. Vorrätig halten ist der Besitz zu einem bestimmten Verwendungszweck. Es genügen einzelne Stücke, die zur freien Verfügung stehen. Der Täter muss über den Absatz zumindest bestimmen können. Zu beachten ist: Die reine Lagerung ist für die Erfüllung eines Straftatbestands nicht ausreichend. Verbreiten umfasst das öffentliche Zugänglichmachen beziehungsweise die Weitergabe an eine größere, nicht mehr kontrollierbare Zahl von Per226 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus sonen. Auch die Weitergabe an eine einzelne Person kann bereits Verbreiten im Sinne des Gesetzes sein, wenn es von der Vorstellung getragen ist, dass die Sache von dieser Person weiteren Personen zugänglich gemacht wird. Vorkonstitutionelle Schriften Vorkonstitutionelle, das heißt vor Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 entstandene Schriften SS (und andere Propagandamittel), zum Beispiel das 1923 von Adolf Hitler diktierte Buch "Mein Kampf", SS stellen in erhalten gebliebenen historischen Exemplaren einen Sonderfall dar: Sie fallen nicht unSS ter SS 86 StGB. Dennoch ist etwa die unveränderte Neuauflage von "Mein Kampf" in Deutschland SS nicht erlaubt. Der Freistaat Bayern besitzt zum Teil die Urheberrechte und gestattet keinen Nachdruck. Die Herstellung und Verbreitung der Schrift ist eine Straftat nach dem Urheberrecht. SS 86 a Strafgesetzbuch - Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. im Inland Kennzeichen einer der in SS 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (SS 11 Abs. 3 Strafgesetzbuch) verwendet oder 2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) SS 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. 227 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind oftmals ohne besondere Fachkenntnisse erkennbar. Vor allem aus der Zeit des Nationalsozialismus sind eine Vielzahl von Beispielen bekannt. Für diese Epoche und das uneingeschränkte Bekenntnis zum damaligen Unrechtsregime sind insbesondere die Verwendung von Hakenkreuz oder "Sig"-Rune charakteristisch. SS SS SS SS SS Parteiabzeichen der NSDAP SS Doppelte "Sig"-Rune der SS Allerdings bezieht sich SS 86 a StGB nicht nur auf Kennzeichen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch Kennzeichen von neonazistischen Organisationen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind und sich oft der Symbolik des Nationalsozialismus in abgewandelter Form bedienen, sind nach SS 86 a StGB strafrechtlich relevant. Nach dem Verbot einer Organisation dürfen auch deren Kennzeichen nicht mehr verwendet werden. Durch ihr nur begrenztes Erscheinen in der Öffentlichkeit sind diese im Gegensatz zum Hakenkreuz und der "Sig"-Rune jedoch weit weniger im öffentlichen Bewusstsein präsent und werden oft nicht sofort mit einem extremistischen Hintergrund verbunden. Hinzu kommen nicht durch das Strafrecht erfasste, vergleichsweise neue und in vielen Fällen verschlüsselte Symbole und Parolen der rechtsextremistischen und neonationalsozialistischen Szene, die nur deren Angehörigen selbst oder dem geschulten Beobachter die Verbindung zum Rechtsextremismus zeigen. Gleichwohl verrät der Benutzer damit einen bestimmten ideologischen Standort. Sozialadäquanzklausel SS 86 Abs. 3 und SS 86 a Abs. 3 StGB enthalten eine Sozialadäquanzklausel, das heißt die Verbote gelten nicht für bestimmte Verwendungen von Kennzeichen in den Bereichen der Wissenschaft und Lehre, der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung, wie auch im Fall dieser Veröffentlichung. 228 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Gleichermaßen ist auch das Verwenden von Kennzeichen nicht strafbar, aus denen der unbefangene Beobachter eine Ablehnung der NS-Ideologie erkennen kann. Beispielhaft dafür sind folgende Darstellungen, auf denen das Hakenkreuz abgebildet ist, um zum Beispiel gegen die Veröffentlichung rechtsextremistischer Zeitungen zu protestieren. Beispiele für die Verwendung des Hakenkreuzes gemäß der Sozialadäquanzklausel Ebenfalls erlaubt ist die Verwendung des Hakenkreuzes in durchgestrichener Form. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation nicht von SS 86 a StGB erfasst wird, wenn der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt.1 1 Vgl. Urteil des BHG vom 15. März 2007, Az.: 3 StR 486/06 229 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Symbole und Kennzeichen Hakenkreuz Das Hakenkreuz ist das bekannteste, untrennbar SS mit dem Nationalsozialismus verbundene Zeichen. Doch es ist keine Erfindung Hitlers. Bereits in frühSS geschichtlicher Zeit war es in verschiedenen Kulturen verbreitet. Es findet sich auf Abbildungen in SS Tempeln und auf Götterdarstellungen in Asien und Vorderasien. Ebenso kommt es auf antiken Vasenmalereien und als Verzierung auf Alltagsgegenständen bei Germanen und Kelten vor. In Deuschland wurde das Hakenkreuz Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch völkisch-nationalistische und esoterische Gruppen wiederentdeckt. Dem Hakenkreuz wurde eine arisch-germanische sowie antisemitische Bedeutung gegeben. Einige Organisationen und Jugendbewegungen machten es zu ihrem Erkennungszeichen. Später wählte Adolf Hitler das Hakenkreuz als Symbol für die nationalsozialistische Bewegung. Ab 1920 war es Kennzeichen der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP). Nach der nationalsozialistischen Machtübergreifung im Jahr 1933 wurde das ursprüngliche Parteikennzeichen am 5. November 1935 zum Hoheitszeichen des Deutschen Reiches. Mit dem Reichsadler symbolisierte es die Einheit von Partei und Staat. Flaggen SS Die von 1935 bis 1945 verwendete SS Reichskriegsflagge des "Dritten Reiches" ist heute verboten. Auf der Suche nach SS einem Ersatz nutzen Rechtsextremisten SS bei ihren Aufmärschen oft Flaggen andeSS rer Epochen, die nicht mit dem nationalsozialistischen Regime und seiner Ideologie verbunden sind. Insbesondere die Flagge des Norddeutschen Bundes und des deutschen Kaiserreiches sowie die Fahne der Reichswehr ab 1933 - vor der Bildung der Deutschen Wehrmacht 1935 und noch ohne Hakenkreuz - dienen häufig als Ersatzsymbole. 230 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus 1867 - 1921 Diese Fahne wurde 1867 vom Norddeutschen Bund zur Flagge der Kriegsund Handelsmarine bestimmt und 1892 zur Kriegsflagge des Deutschen Reiches erhoben. 1922 - 1933 Reichskriegsflagge der Weimarer Republik 1933 - 1935 Fahne der Reichswehr Eine Straftat ist die Verwendung dieser historischen Flaggen nicht. Da aber Rechtsextremisten diese Flaggen immer wieder bei Aufmärschen mitführen, werden sie kaum noch als Teil der Traditionspflege, sondern eher als Ausdruck einer politischen Gesinnung verstanden. Deshalb weisen in manchen Bundesländern, so auch in Brandenburg, Erlasse der Innenministerien die Polizei an, "das Zeigen oder Verwenden der Reichskriegsflagge aus der Zeit vor 1933 in der Öffentlichkeit zu unterbinden und die Flagge [...] sicherzustellen". Die öffentliche Verwendung der Flagge kann in diesem Kontext als "Verstoß gegen die öffentliche Ordnung" gewertet werden. In dem Erlass des brandenburgischen Innenministeriums vom 18. April 2008 heißt es: "Die Reichskriegsflagge ist weiterhin Symbol nationalsozialistischer Anschauungen und/oder von Ausländerfeindlichkeiten. Ihre 231 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Verwendung in der Öffentlichkeit stellt eine nachhaltige Beeinträchtigung der Voraussetzungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben und damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Reichskriegsflaggen im Sinne dieses Erlasses sind nachfolgend genannte Flaggen: - Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1867 bis 1921 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1922 bis 1933 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1933 bis 1935 Die Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945 enthält neben dem Eisernen Kreuz zusätzlich das Hakenkreuz. Das Zeigen dieser Flagge ist nach SS86a StGB strafbar. Nach SS86a Abs.2 Satz 2 StGB ist auch das Verbreiten und Verwenden solcher Kennzeichen strafbar, die den Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Verwechseln ähnlich sind." Schriftzeichen Runen sind die ältesten germanischen Schriftzeichen. Sie stellten jedoch keine Schrift im eigentlichen Sinne dar, sondern dienten vor allem Priestern zu magischen und kultischen Zwecken. Mit der völkischen Verklärung des Germanentums entdeckten die Nationalsozialisten die von der lateinischen Schrift verdrängten Runen neu und sahen in diesen Zeichen einen wichtigen Bestandteil der "arischen Kultur". Das "Runenalphabet" (nach der ersten Buchstabenreihe "Futhark" genannt) unterlag im Laufe der Zeit Veränderungen, was sowohl die Anzahl der Zeichen als auch ihre Form und Benennung betraf. SS Unter der Vielzahl überlieferter Runen aus germanischer Zeit wurden jedoch nur wenige tatsächlich SS im Nationalsozialismus verwendet und instrumentalisiert. Am bekanntesten ist die "Sig"-Rune als SS Kennzeichen des "Deutschen Jungvolks" (DJ) und - als doppelte "Sig"-Rune - auch Kennzeichen der "Schutzstaffel" (SS) der NSDAP. Der Ursprung der 232 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Fehu (f) Hagalaz (h) Teiwaz (t) Uruz (u) Nauthiz (n) Berkana (b) Thurisaz (th) Isa (i) Ehwaz (e) Ansuz (a) Jera (j, y) Mannaz (m) Raido (r) Eihwaz (e) Laguz (l) Kenaz (k) Perthro (p) Inguz (ng) Gebo (g) Algiz (z) Othila (o) Wunjo (w,v) Sowulo (s) Dagaz (d) "Runenalphabet" "Sig"-Rune ist umstritten, wahrscheinlich entspricht sie der "Sowulo"-Rune (auch "Sol"-Rune genannt) als Symbol für die Sonne. Die SS verwendete die doppelte "Sig"-Rune in ihrem Abzeichen und machte sich damit die aggressive dynamische Form (Blitz) und die Assoziation mit dem Wort "Sieg" zu Eigen. In der heutigen Zeit verwenden Rechtsextremisten neben der "Sig"-Rune vor allem noch die "Odal"("Othila") sowie die "Lebens"bzw. "Todes"-Rune ("Algiz"). "Lebens"und "Todes"-Rune dienen ihnen oft zur Kennzeichnung entsprechender Geburtsund Todesdaten. "Lebens"-Rune "Odal"-Rune "Todes"-Rune Hinzu kommen Symbole, die aus ursprünglichen Runen abgeleitet worden sind, zum Beispiel die so genannten Wolfsangeln. Der seit September 2000 verbotene Personenzusammenschluss "Blood & Honour" verwendete insbesondere eine an ein abgewandeltes, dreiarmiges Hakenkreuz erinnernde Triskele. 233 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Eine Strafbarkeit der Verwendung dieser Zeichen ist allerdings nur dann gegeben, wenn sie bei einem unbefangenen Dritten den Eindruck erwecken, es handele sich um Erkennungszeichen einer verbotenen Organisation. SS DIVISION DEUTSCHLAND SS SS SS SS Triskele Logo B&H Rechtsextremisten gebrauchen darüber hinaus häufig eine den Runen ähnelnde Schriftform, um so den heidnisch-germanischen Ursprung des deutschen Volkes zu betonen und eine Traditionslinie zu ihrem eigenen vermeintlichen Germanentum zu ziehen. Eine weitere, heute mitunter in rechtsextremistischen Kreisen gebräuchliche Schriftform ist die Frakturschrift. Diese Schriftart war vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum üblich. Runenähnliche Schrift und Odalrune - hier in Verbindung mit der verbotenen Wiking-Jugend Grußformen, Parolen und Losungen Während Symbole und Kennzeichen als optische Erkennungszeichen der nationalsozialistischen Ideologie unter das Strafrecht fallen, sind bestimmte Grußformen, Parolen und Lieder vor allem wegen ihrer Inhalte und ihrer Verwendung in der Zeit des "Dritten Reiches" als Ausdruck besonderer Systemnähe heute verboten. Zu derartigen Grußformen gehören: * "Heil Hitler", 234 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus * "Sieg Heil", * "Sieg und Heil für Deutschland", * "Mit Deutschem Gruß" (unter anderem als Schlussformel für Briefe). Zu den Grußformen des Nationalsozialismus ist als charakteristische Geste auch der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" zu rechnen. Der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" ist ein Verstoß gegen SS 86 a StGB. Deutsche Neonationalsozialisten verwendeten seit den 1970er Jahren eine durch Michael Kühnen2 initiierte Abwandlung des "Deutschen Grußes", den "Widerstandsgruß" beziehungsweise "Kühnengruß". Hierbei sind bei erhobenem und ausgestrecktem rechten Arm Daumen, Zeigeund Mittelfinger der Hand von einer Faust abgespreizt, wobei sie praktisch ein "W" bilden. Diese Grußform ist ebenfalls strafbar. "Deutscher Gruß" oder "Hitlergruß" "Widerstands-" oder "Kühnengruß" Rechtsextremistische Bands zeigen bei ihren Auftritten häufig den "Hitlergruß" und animieren auch das Publikum dazu. Zusammen mit einschlägigen Texten ist das ein offenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus. Verbotene Losungen des "Dritten Reiches" sind: * "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" (allgemeine Losung des "Dritten Reiches"), * "Deutschland erwache" (Losung der SA), * "Meine / Unsere Ehre heißt Treue" (Losung der SS), * "Blut und Ehre" (Losung der Hitlerjugend). 2 Michael Kühnen (1955 - 1991) war ein führender Kopf der Neonazi-Szene und Organisationsleiter der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationaler Aktivisten" (ANS / NA) 235 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Die im Rahmen rechtsextremistischer Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung im Jahr 1999 aufgekommene Parole "Ruhm und Ehre der WaffenSS" war in ihrer strafrechtlichen Relevanz umstritten. Sie wurde zunächst als Verstoß gegen SS 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB angesehen. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung nicht bestätigt. Jedoch kommt eine Strafbarkeit nach SS 130 Abs. 4 StGB in Betracht, wenn öffentlich oder in einer Versammlung der öffentliche Friede in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch gestört wird, dass die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft gebilligt, gerechtfertigt oder verherrlicht wird. Codes Häufig verwendet die rechtsextremistische Szene Codes aus Ziffernoder Buchstabenkombinationen. 14 Words ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") "We must secure the existence of our people and a future for white children" - von deutschen Rechtsextremisten übernommen: "Wir müssen den Erhalt unserer Rasse sichern und eine Zukunft für weiße Kinder". 168 : 1 bezieht sich auf das Bombenattentat des amerikanischen Rechtsextremisten Timothy Mc Veigh auf ein Regierungsgebäude in Oklahoma City im Jahr 1995, bei dem 168 Menschen getötet wurden. Mc Veigh wurde zum Tode verurteilt und 2001 hingerichtet. ZOG/JOG bedeutet "Zionist/Jewish Occupied Government" ("zionistisch jüdisch okkupierte Regierung"). WAR bedeutet "White Arian Resistance" ("weißer arischer Widerstand"). 18 steht für den ersten ("A") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Adolf Hitler". 28 steht für den zweiten ("B") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für die in Deutschland verbotene Organisation "Blood & Honour" (B & H). 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Heil Hitler". Auch die Ziffernkombination "14 / 88" ist eine häufig gebrauchte, rechtsextremistische Grußformel mit der oben genannten Bedeutung. Auf diese Weise lässt sich jede Aussage verschlüsseln. 236 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Kritische Kombinationen auf Kfz-Kennzeichen Häufig wollen Menschen auf ihren Kfz-Kennzeichen ihre Initialen und das Geburtsjahr verwenden. Manchmal kommt es dann zu Kombinationen, die besonders gern von Rechtsextremisten genutzt werden. Daher empfiehlt die Bundesregierung den Kraftfahrzeug-Zulassungsstellen, keine Buchstabenund Ziffernkombinationen bei Kfz-Kennzeichen zu vergeben, die auf nationalistische Vereinigungen und Einrichtungen sowie andere umstrittene Organisationen und Parteien hinweisen. In Brandenburg gesperrte Buchstabenkombinationen sind daher: D TF HJ 032 HJ = Hitler Jugend Jugendund Nachwuchsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitspartei (NSDAP) D P NS 065 NS = Nationalsozialismus Völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland unter Führung der Partei NSDAP (1920-1945) D CB KZ 029 KZ = Konzentrationslager Auf Veranlassung der nationalsozialistischen Führung erfolgte im "Dritten Reich" (1933-1945) in den Konzentrationslagern bürokratisch und industriell durchorganisierter Mord an unzähligen Menschen. D LDS SA 31 SA = Sturmabteilung Sie war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP (1920-1945). D PR SS 071 SS = Schutzstaffel der NSDAP Urspünglich Truppe der NSDAP zum Schutz von Adolf Hitler, übernahm die SS zunehmend weitere Kompetenzen. Die SS-Totenkopfverbände organisierten den Völkermord während des Zweiten Weltkrieges und führten ihn maßgeblich durch. 237 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Rechtsextremisten nutzen daher andere Ziffernkombinationen, damit Gleichgesinne sie erkennen. Ebenso dokumentieren sie damit nach außen ihre antidemokratische Einstellung. Zu diesen rechtextremistischen Kombinationen zählen: D FF ABB 14 14 (words) ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") - "We must secure the existence of our people and a future for white children" D OSL AKH 18 18 steht für den ersten ("A") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Adolf Hitler. D BAR AOP 28 28 steht für den zweiten ("B") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Blood & Honour (eine im Jahr 2000 verbotene Skinheadorganisation). D PR AZY 88 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Heil Hitler. D OHV JN 18 JN 18 Manchmal verbinden Rechtsextremisten eine Buchstabenkombinationen mit einer kritischen Ziffernkombination: "JN" steht für "Junge Nationaldemokraten", die Jugendorganisation der rechtsextremistischen NPD; "18" für Adolf Hitler. Seit Dezember 2009 werden von brandenburgischen Kfz-Zulassungsstellen keine Kennzeichen mehr neu vergeben, die wie folgt enden: "88" "188" "888" "1888" "8888" "8818" 238 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Auch die Kombinationen "HH 18" sowie "AH 18" sind seitdem für Neuvergaben gesperrt. Bekleidung Aktionsorientierte Rechtsextremisten haben in der Vergangenheit ihre Gesinnung häufig durch ein nahezu uniformiertes Erscheinungsbild zum Ausdruck gebracht. Dieses Aussehen orientierte sich vor allem an der an sich ursprünglich nicht rechtsextremistischen Subkultur der Skinheads: So genannte Bomberjacken, Kampfstiefel und kurzrasierte Haare prägen auch heute noch das mediale Bild vom Rechtsextremismus. Allerdings hat sich der Bekleidungsstil des Rechtsextremismus stark verändert und bietet kein eindeutiges Zuweisungsmerkmal mehr. Zum einen ist der Skinhead-Stil auch bei nicht rechtsextremistischen Jugendlichen anzutreffen. Zum anderen vermeiden Rechtsextremisten zunehmend ein martialisches, uniformiertes Auftreten und orientieren sich in der Öffentlichkeit eher an der Mainstream-Jugendkultur oder kopieren sogar Formen des Auftretens der linksextremistischen Autonomen-Szene. Nachfolgend werden einige bei Rechtsextremisten beliebten Labels dokumentiert. Daneben gibt es beispielsweise noch "Masterrace" ("Herrenrasse") oder "Rizist" (für Widerstand): "LONSDALE" Beim Tragen unter der geöffneten Jacke sind die Buchstaben "NSDA" zu erkennen. Es handelt sich aber um einen weitverbreiteten Sportartikelhersteller, der sich von dem Missbrauch seiner Produkte ausdrücklich distanziert und in Kampagnen gegen Rassismus engagiert. "CONSDAPLE" Auch bei "CONSDAPLE" ist die Sichtbarkeit der Buchstaben "NSDAP" das ausschlaggebende Element. Das Label dürfte im Gegensatz zu "LONSDALE" gezielt für einen Absatz unter Rechtsextremisten kreiert worden sein, da es ausschließlich in entsprechenden Szeneläden oder im einschlägigen Versandhandel erhältlich ist. 239 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 "ERIC AND SONS" Die in Königs Wusterhausen ansässige Modemarke ER D "Erik and Sons" unterstützte neben bekannten Vertrie- B ING RAN IK ben aus der Musikszene wie zum Beispiel PC Records AND SO K und Opos Records den "Nationalen Widerstand Berlin". V I N S So geschehen am 10. Juli 2009 bei der Solidaritätsfeier des "Nationalen Widerstands Berlin". "Thor Steinar" Die Marke "Thor Steinar" betont einen nordischen Hintergrund. "Thor Steinar" verwendete zunächst ein aus zwei Runen zusammengesetztes, bei Rechtsextremisten beliebtes Logo. Dieses Logo wird von der Rechtsprechung in neu Berlin und Brandenburg sowie in anderen Bunalt desländern nicht als strafbar angesehen. Seit Anfang 2005 gebraucht die Firma ein strafrechtlich neutrales Logo. Immer seltener tragen Rechtsextremisten Aufnäher mit Losungen wie "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" oder die so genannten "Gaudreiecke", die sich an Kennzeichen der Hitlerjugend orientieren und der regionalen Zuordnung des Trägers dienen. Die öffentliche Verwendung von "GaudreiSS ecken" ist nach einem Urteil des BundesgeSS Brandenburg SS richtshofs gemäß SS 86 a StGB strafbar, da sie unabhängig davon, ob sie mit den von der Hitlerjugend verwendeten Abzeichen im Detail übereinstimmen, mit diesen zumindest verwechselbar sind. Zudem vermitteln sie ihren Trägern die gleichen Symbolwerte und erfüllen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Rechtsextremistische Musik Einen besonderen Fall rechtsextremistischer Symbolik stellt die SzeneMusik als gemeinschaftsbildendes Erkennungszeichen dar. Unter rechtsextremistischer Musik versteht man die Kombination rechtsextremistischer Texte mit verschiedenen Musikstilen (unter anderem Rock / Hardrock, "Hatecore", Heavy Metal, Gothic, Dark Wave, Schlager, Rockabilly, Volkslie240 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus der). Die Aufzählung zeigt, dass rechtsextremistische Musik nicht mit einem Musikstil verbunden ist, sondern ganz unterschiedlich klingen kann. Entscheidend für die Bewertung sind die Textinhalte. Musik des "Dritten Reichs" Die Zeit des Nationalsozialismus brachte eine SS Vielzahl von Kampfund Propagandaliedern hervor, die insbesondere zur Verherrlichung des SS Systems und seiner Organisationen dienten. An erster Stelle ist das so genannte "Horst-WesselLied" ("Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlosSS sen ...") zu nennen, das während der NS-Diktatur zu einer zweiten Nationalhymne bestimmt worden war. Das Absingen oder -spielen dieses Liedes verwirklicht wegen seiner deutlichen Übereinstimmung mit der Ideologie des Nationalsozialismus einen Straftatbestand. Weitere mit der nationalsozialistischen Ideologie eng verknüpfte und daher unter den SS 86 a StGB fallende Lieder sind beispielsweise: * "Vorwärts! Vorwärts!" ("Unsre Fahne flattert uns voran"), * "Ein junges Volk steht auf" (Lieder der Hitlerjugend), * "Sturm, Sturm, Sturm" (Liedgut der NSDAP), * "Brüder in Zechen und Gruben" (Kampflied der NSDAP), * "Siehst Du im Osten das Morgenrot" (NSDAP-Liedgut), * "Es stehet in Deutschland" (Kampflied der SA) und * "Wir sind die Sturmkolonnen ... es lebe Adolf Hitler" (SA-Liedgut). Das Oberlandesgericht Oldenburg hat 1987 entschieden, dass ein Straftatbestand auch dann gegeben ist, wenn ein Lied ohne oder mit anderem Text gespielt wird: "Gerade die Melodie macht Symbolkraft aus"3. Allerdings haben Nationalsozialisten vor allem in den 1920er Jahren einige Melodien von Arbeitervolksliedern übernommen und deren Texte geringfügig, aber an entscheidenden Stellen verändert. Deshalb sind bei der Beurteilung von Liedern, erst recht von einzelnen Melodien, immer die konkreten Umstände sowie die erkennbare Zielrichtung zu berücksichtigen. 3 Urteil des OLG Oldenburg vom 5.10.1987, Az.: 1 Ss 481/87 241 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Verbotene Personenzusammenschlüsse Bundesweit wurden seit 1951 mehr als 100 rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse verboten, deren Ziele sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten oder nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderliefen. Zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung hat der Gesetzgeber unter anderem folgende Instrumente vorgesehen: * Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (verbotene Vereinigungen), * Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (Verfassungswidrigkeit und Verbot von Parteien), * SS 32 Parteiengesetz (Vollstreckung eines Parteiverbotes), * SS 3 Vereinsgesetz (Vereinsverbot). Weil ein Parteioder Vereinsverbot in einer von Meinungsvielfalt und der Achtung der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen geprägten Gesellschaft nur letztes Abwehrinstrument sein kann, muss vor einem Verbot die Verfassungsfeindlichkeit des Personenzusammenschlusses ausdrücklich nachgewiesen werden. Ein Verbot einer Partei kann nur das Bundesverfassungsgericht aussprechen. Vereine können dagegen durch Verfügung des Bundesinnenministers und bei ausschließlich regionalen Aktivitäten durch den Innenminister oder -senator des jeweiligen Bundeslandes verboten werden. Voraussetzung für ein Verbot ist eine aggressiv-kämpferische Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Dabei kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten an. Diese Zielrichtung ist insbesondere dann zu unterstellen, wenn eine Vereinigung in programmatischer Ausrichtung, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist. In Brandenburg wurden bisher sieben rechtsextremistische Organisationen verboten: "Widerstand in Südbrandenburg" (2012), "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (2011), "Kameradschaft Schutzbund Deutschland" (2006), "Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive" (ANSDAPO), "Kameradschaft Hauptvolk" und deren Untergliederung "Sturm 27" (beide 2005), "Kameradschaft Oberhavel" (1997), "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (1995). 242 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Verbotene rechtsextremistische Organisationen Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurden folgende rechtsextremistische Organisationen verboten: Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Senat von Berlin, Senator Bund junger Deutscher 06.08.1951 für Inneres Deutsche Sozialistische Senat von Berlin, Senator 09.08.1951 Partei (DSP) für Inneres Bund für Wahrheit und Freie und Hansestadt 21.03.1952 Recht Hamburg Polizeibehörde Deutsche Arbeiterpartei Bayerisches Staatsmini17.09.1952 (DAP) sterium des Innern Unpolitische InteressenBayerisches Staatsmini17.09.1952 gemeinschaft (UIG) sterium des Innern Vereinigung ehemaliger Bayerisches Staatsmini17.09.1952 Internierter in Moosburg sterium des Innern Sozialistische ReichsparBundesverfassungsgericht 23.10.1952 tei (SRP) Deutscher Arbeiter-VerHessischer Minister des band (DAV), später: Bund 11.11.1952 Innern der Schaffenden Bund Deutscher Jugend Innenminister des Landes 07.01.1953 Hessen Hessen Stadtund Polizeiamt Bund Deutscher Jugend 13.01.1953 Bremen Technischer Dienst (NieNiedersächsischer Mini13.01.1953 dersachsen) ster des Innern Deutscher Heimatschutz Bayerisches Staatsmini13.01.1953 (DHS) sterium des Innern Freie und Hansestadt Bund Deutscher Jugend 14.01.1953 Hamburg Polizeibehörde 243 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Regierungspräsident Bund Deutscher Jugend 15.01.1953 Hannover Diskussionskreis der Bayerisches Staatsmini24.01.1953 ehemaligen SS sterium des Innern Technischer Dienst Bayerisches Staatsmini24.01.1953 (Bayern) sterium des Innern Nationale SammlungsbeInnenministerium Baden27.01.1953 wegung (NSB) Württemberg Arbeitsgemeinschaft Senator für Inneres Berlin 29.01.1953 Nation Europa Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 09.02.1953 (DG) Koblenz Freie und Hansestadt Freikorps Deutschland 11.02.1953 Hamburg, Polizeibehörde Innenministerium BadenBund Deutscher Jugend 18.02.1953 Württemberg Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 24.02.1953 (DG) Montabaur Sozialistische Jugend Senator für Inneres von 11.03.1953 Europas Berlin Vereinigung freier unabSenator für Inneres von 11.03.1953 hängiger Deutscher Berlin Deutsche Gemeinschaft Niedersächsischer Mini(DG) Landesgemeinschaft 19.03.1953 ster des Innern Niedersachsen Sozialistische Reichspartei (SRP), einschließlich: Reichsfront Deutsche Bundesverfassungsgericht 23.10.1953 Reichsjugend, SRPFrauenbund Europäische VerbindungsInnenminister des Landes stelle (EVS) Nationale 15.06.1954 Schleswig-Holstein Sektion 244 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Vereinigung ehemaliger Angehöriger des SSHessischer Minister des 12.04.1956 Kavallerie-Korps in Bad Innern Wildungen Bund Deutscher NationalBundesminister des 25.09.1956 sozialisten (BDNS) Innern Bund für Deutschlands Senator für Inneres, Berlin 25.09.1956 Erneuerung Arbeitsgemeinschaft nie Senator für Inneres Berlin 25.09.1956 vergessene Heimat Gründungsausschuss der Senat von Berlin, Senator 10.11.1956 "Deutschen Gemeinschaft" für Inneres Regierungspräsident "Reichsjugend" (Höller) 08.06.1957 Düsseldorf Bundesverband der ehemaligen Internierten Regierungspräsident Köln 17.04.1959 und Entnazifizierungsgeschädigten e. V. (BIE) Soziales Hilfswerk für Regierungspräsident 17.04.1959 Zivilinternierte e. V. (SHW) Düsseldorf Bund Nationaler StuSenator für Inneres, Berlin 14.01.1960 denten (BNS) Nationaljugend DeutschSenator für Inneres, Berlin 20.01.1960 lands (NJD) Bund Nationaler StuOberbürgermeister der denten (BNS) Hochschul01.04.1960 Stadt Marburg/Lahn gruppe Marburg/Lahn Bezirksregierung für Bund Nationaler StuRheinhessen auf Weisung 01.04.1960 denten (BNS) des Ministeriums des Innern 245 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Nationaler StuFreie und Hansestadt denten (BNS) Hochschul12.04.1960 Hamburg, Polizeibehörde gruppe Hamburg Bund Nationaler StuRegierungspräsident 19.08.1960 denten (BNS) Hildesheim Präsident des NiederBund Nationaler Stusächsischen Verwaltungs25.08.1960 denten (BNS) bezirks Braunschweig Bund Nationaler StuRegierungspräsident 25.08.1960 denten (BNS) Aurich Bund Nationaler StuRegierungspräsident 05.01.1961 denten (BNS) Aachen Bund Nationaler StuRegierungspräsident Köln 06.01.1961 denten (BNS) Bund Nationaler StuRegierungspräsident 09.01.1961 denten (BNS) Münster Bund Nationaler StuInnenminister des Landes 14.02.1961 denten (BNS) Schleswig-Holstein Bund Nationaler StuBayerisches Staatsmini24.02.1961 denten (BNS) sterium des Innern Bund Nationaler StuInnenminister des Landes 06.03.1961 denten (BNS) Baden-Württemberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Hildesheim Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Lüneburg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Osnabrück Bund Vaterländischer Innenministerium Baden13.07.1962 Jugend (BVJ) Württemberg 246 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Präsident des NiedersächBund Vaterländischer sischen Verwaltungsbezirks 13.07.1962 Jugend (BVJ) Braunschweig Präsident des NiederBund Vaterländischer sächsischen Verwaltungs13.07.1962 Jugend (BVJ) bezirks Oldenburg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Stade Ministerium des Innern Bund Vaterländischer des Landes Rheinland13.07.1962 Jugend (BVJ) Pfalz Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Aachen Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Arnsberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Detmold Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Düsseldorf Bund Vaterländischer Regierungspräsident Köln 13.07.1962 Jugend (BVJ) Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Münster Bund Vaterländischer Innenminister des Landes 13.07.1962 Jugend (BVJ) Schleswig-Holstein Bund Vaterländischer Bayerisches Staatsmini14.07.1962 Jugend (BVJ) sterium des Innern Bund Vaterländischer Freie und Hansestadt Jugend (BVJ) und FreunHamburg, Behörde für 16.07.1962 deskreis Vaterländischer Inneres Jugend 247 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Aurich Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Hannover Stahlheim e.V. - Bund der Ministerpräsident des Frontsoldaten, Ortsgruppe 03.03.1966 Landes Rheinland-Pfalz Bad Bergzabern Vereinigung der eheNiedersächsischer Minimaligen SS-Division 03.05.1966 ster des Innern "Nordland" Wehrsportgruppe HoffBundesminister des 16.01.1980 mann (WSG) Innern Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei Bundesminister des 14.01.1982 der Arbeit (VSBD/PdA), Innern einschl. Junge Front (JF) Wehrsportgruppe WolfsMinisterium des Innern und 14.04.1983 pack/Sturm 12 für Sport Rheinland-Pfalz Freundeskreis Deutsche Bundesminister des 24.11.1983 Politik (FK) Innern Aktionsfront Nationaler Bundesminister des Sozialisten/Nationale 24.11.1983 Innern Aktivisten (ANS/NA) Unabhängiger Wählerkreis Würzburg - Arbeitskreis Bayerisches Staatsmini17.02.1984 für Wiedervereinigung und sterium des Innern Volksgesundheit (UWK) Nationale Sammlung (NS) Bundesminister des Innern 27.01.1989 Nationalistische Front (NF) Bundesminister des Innern 26.11.1992 Bundesminister des Deutsche Alternative (DA) 08.12.1992 Innern 248 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Deutscher KameradNiedersächsischer Minischaftsbund Wilhelms18.12.1992 ster des Innern haven (DKB) Bundesminister des Nationale Offensive (NO) 21.12.1992 Innern Bayerisches StaatsminisNationaler Block (NB) 07.06.1993 terium des Innern Heimattreue Vereinigung Innenministerium Baden08.07.1993 Deutschlands (HVD) Württemberg Freundeskreis Freiheit für Innenministerium Nord25.08.1993 Deutschland (FFD) rhein-Westfalen Bundesminister des Wiking-Jugend e.V. (WJ) 10.11.1994 Innern Freiheitliche Deutsche Bundesminister des 22.02.1995 Arbeiterpartei (FAP) Innern Freie und Hansestadt Nationale Liste (NL) Hamburg, Behörde für 23.02.1995 Inneres Direkte Aktion / MittelInnenminister des Landes 05.05.1995 deutschland (JF) Brandenburg Bayerisches StaatsminiSkinheads Allgäu 23.07.1996 sterium des Innern Innenminister des Landes Kameradschaft Oberhavel 14.08.1997 Brandenburg Heide-Heim e.V. (HamInnenministerium Nieburg) mit Heideheim e.V. 09.02.1998 dersachsen (Buchholz) Behörde für Inneres Hamburger Sturm 11.08.2000 Hamburg 249 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Blood & Honour (B&H), DiBundesminister des vision Deutschland, einschl. 14.09.2000 Innern White Youth (WY) Skinheads Sächsische Schweiz (SSS), einschließlich deren AufbauSächsisches Staatsminiorganisation" (SSS-AO) 05.04.2001 sterium des Innern und der Nachfolgeorganisation Nationaler Widerstand Pirna * Bündnis nationaler SoziaInnenministerium des Lan07.03.2003 listen für Lübeck (BNS) des Schleswig-Holstein Bayerisches StaatsminiFränkische Aktionsfront 19.12.2003 sterium des Innern Kameradschaft Tor "MäInnensenator des Landes delgruppe" der Kamerad07.03.2005 Berlin schaft Tor Berliner Alternative SüdInnensenator des Landes 07.03.2005 Ost (BASO) Berlin Kameradschaft Hauptvolk Ministerium des Innern mit Untergliederung Sturm 06.04.2005 des Landes Brandenburg 27 Ministerium des Innern ANSDAPO 04.07.2005 des Landes Brandenburg Ministerium des Innern Schutzbund Deutschland 26.06.2006 des Landes Brandenburg Sächsisches StaatsminiKameradschaft Sturm 34 23.04.2007 sterium des Innern Innenministerium des Blue White Street Elite 01.04.2008 Landes Sachsen-Anhalt Bundesministerium des Collegium Humanum (CH) 07.05.2008 Innern 250 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens Bundesministerium des 07.05.2008 des Holocaust Verfolgten Innern (VRBHV) Heimattreue Deutsche Bundesministerium des 31.03.2009 Jugend e.V. (HDJ Innern Kameradschaft MecklenInnenministerium des burgische Aktionsfront Landes Mecklenburg28.05.2009 (M.A.F.) Vorpommern Innensenator des Landes Frontbann 24 05.11.2009 Berlin Freie Kräfte TeltowMinisterium des Innern 11.04.2011 Fläming des Landes Brandenburg Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene Bundesministerium des 21.09.2011 und deren Angehörige Innern e.V. (HNG) Kameradschaft Walter Innenministerium Nord09.05.2012 Spangenberg rhein-Westfalen Widerstand in SüdbranMinisterium des Innern 19.06.2012 denburg des Landes Brandenburg Nationaler Widerstand Innenministerium Nord23.08.2012 Dortmund rhein-Westfalen Innenministerium NordKameradschaft Hamm 23.08.2012 rhein-Westfalen Kameradschaft Aachener Innenministerium Nord23.08.2012 Land rhein-Westfalen Niedersächsischer MiniBesseres Hannover 25.09.2012 ster des Innern Nationale Sozialisten DöSächsisches Staatsminibeln einschließlich Band 18.02.2013 sterium des Innern "Inkubation" 251 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kennzeichen verbotener Personenzusammenschlüsse SS SS SS SS SS SS SS V S B DSS "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit" (VSBD / PDA) Das Keltenkreuz war Symbol der VSBD. Deren Verbot im Jahre 1982 beinhaltete auch das Verbot des Keltenkreuzes in der von dieser Organisation verwendeten Form. Eine "isolierte" Verwendung des Keltenkreuzes ist nur dann strafbar, wenn weitere konkrete Umstände auf die VSBD hinweisen. SS SS SS SS SS AKTIONSFRONT NATIONALER SOZIALISTEN SS ANS SS SS negatives Hakenkreuz "Sig"-Rune mit angesetzten Spitzen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) SS SS Mitgliedsausweis DEUTSCHE SS SS D SSA SS SS ALTERNATIVE N S SS SS Die nationale Protestpartei SS "Nationale Sammlung" "Deutsche Alternative" (ANSErsatzorganisation) (DA) 252 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus SS SS SS SS SS SS SS SS SS "Blood & Honour" (B & H) "White Youth" mit Triskele SS SS SS SS SS SS Die "Wiking-Jugend" verwendete als eines ihrer Symbole auch die "Odalrune". Ohne Bezug zur WJ ist dieses Zeichen nicht strafbar. SS SS SS "Nationale Offensive" (NO) Nationaler Block (NB) SS SS SS "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ), später "Direkte Aktion / Mitteldeutschland" (JF) 253 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 SS SS SS SS SS SS "Nationale Liste" (NL) "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) SS Kameradschaft Oberhavel SS SS "Kameradschaft Oberhavel" "Kameradschaft Hauptvolk" SS SS SS SS SS SS ANSDAPO mit Sonnenrad "Nationalistische Front" (NF) Die Darstellung des Sonnenrades ist ohne Bezug zur ANSDAPO nicht strafbar. 254 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Rat und Hilfe Mit rechtsextremistischen Phänomenen beschäftigt sich eine Vielzahl von Behörden und - teils staatliche, teils private - Institutionen, Gremien und Initiativen. Verfassungsschutz Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben die gesetzlich bestimmte Aufgabe, Strukturen und Aktivitäten von extremistischen Organisationen auch mit verdeckten Methoden, so genannten nachrichtendienstlichen Mitteln, zu beobachten, aktuelle Entwicklungen festzustellen und hierüber die politisch Verantwortlichen sowie die Öffentlichkeit zu unterrichten. Sie haben keine polizeilichen Zwangsbefugnisse. Neben den jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichten veröffentlichen die Verfassungsschutzbehörden regelmäßig Informationsmaterial zu Themen des politischen Extremismus und bieten für interessierte Gruppen nach Vereinbarung auch fachbezogene Informationsvorträge an. Verfassungsschutz Brandenburg Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Abteilung Verfassungsschutz Henning-von-Tresckow-Str. 9 - 13 14467 Potsdam Tel.: 0331 866-2500 Fax: 0331 866-2609 E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Internet: www.verfassungsschutz.brandenburg.de Polizeilicher Staatsschutz Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes ist die Ermittlung und Aufklärung politisch motivierter Straftaten nach der Strafprozessordnung (StPO). Zur Gefahrenabwehr hat der Staatsschutz die in den Polizeigesetzen der Länder vorgesehenen Befugnisse. Im Land Brandenburg gibt es ein Polizeipräsidium mit vier Direktionen und 15 Polizeiinspektionen. Dort bieten Beamte Unterstützung an, wenn es darum geht, Straftaten vorzubeugen und anzuzeigen. 255 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Polizeipräsidium des Landes Brandenburg Kaiser-Friedrich-Straße 143 14469 Potsdam Bürgertelefon: 0700 3333 0331 Weitere Informationen finden sie unter: www.internetwache.brandenburg.de Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg Die Koordinierungsstelle unterstützt die Umsetzung des Handlungskonzeptes Tolerantes Brandenburg der Landesregierung gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Sie initiiert und begleitet den Aufund Ausbau von Trägerstrukturen und Netzwerken zur Festigung der Bürgergesellschaft. Sie fungiert dabei als Ansprechpartner für regionale und landesweite Akteure, Initiativen und lokale Bündnisse und nimmt eine Brückenfunktion zwischen Zivilgesellschaft und Landesregierung wahr. Wichtige Partner sind - neben den Ressorts der Landesregierung - vor allem das landesweit wirkende Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die Mobilen Beratungsteams (MBT), die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule Brandenburg (RAA) und der Verein Opferperspektive. Gefördert und begleitet werden außerdem Träger und Projekte mit örtlicher beziehungsweise regionaler Ausrichtung. Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg der Landesregierung im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Heinrich-Mann-Allee 107 Haus 1 a 14473 Potsdam Tel.: 0331 866-3560 Fax.: 0331 866-3566 E-Mail: angelika.thiel-vigh@mbjs.brandenburg.de Internet: www.tolerantes.brandenburg.de 256 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelte Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) überprüft Veröffentlichungen aller Art - zum Beispiel Bücher, Filme, CDs, Computerprogramme, Homepages im Internet auf jugendgefährdende Inhalte. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Die BPjM wird auf Antrag einer Stelle, die vom Gesetz dazu besonders ermächtigt ist, oder durch die Anregung einer Behörde beziehungsweise eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe aktiv. Im Falle eines jugendgefährdenden Inhalts wird das jeweilige Produkt "indiziert", das heißt seine Verbreitung unterliegt Beschränkungen. Es darf zum Beispiel Kindern und Jugendlichen nicht mehr frei zugänglich gemacht werden. Die BPjM veröffentlicht regelmäßig fortgeschriebene Übersichten zu den indizierten Medien. Von einer Indizierung zu unterscheiden sind die in Zusammenhang mit einem Strafverfahren ergehenden Entscheidungen wie die polizeiliche Beschlagnahmung oder die spätere gerichtliche Einziehung solcher Produkte. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Rochusstr. 10 53123 Bonn Tel.: 0228 962103-0 Fax: 0228 379014 E-Mail: info@bpjm.bund.de Internet: www.bundespruefstelle.de 257 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 8.2 Glossar Anarchismus Die Anhänger des Anarchismus streben eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft ohne gesellschaftliche Normen an. In Deutschland gibt es anarchistische Kleinparteien und Kleingruppen, die sich zum Teil auf klassische Theoretiker des Anarchismus wie Michael Bakunin, Errico Malatesta oder Pierre-Joseph Proudhon berufen. Sie haben im Gesamtspektrum des Linksextremismus nur eine randständige Bedeutung. Symbole und einige Forderungen der Anarchisten werden zum Teil auch von Autonomen (siehe "Autonome / Autonome Antifa") genutzt. Diese lehnen jedoch die festen Organisationsformen der "klassischen" Anarchisten ab. Anti-Antifa Die "Anti-Antifa" ist eine überwiegend von Neonationalsozialisten (siehe "Neonazismus / Neonationalsozialismus") betriebene Kampagne. Dies geschieht durch die Einrichtung eines gemeinsamen Feindbildes: die "Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa"). So wie "Antifa"-Angehörige Daten über Rechtsextremisten sammeln, kopieren die Rechtsextremisten dieses Vorgehen und tragen Daten über "Antifa"-Aktivisten zusammen. Hierbei können auch Vertreter demokratischer Verbände oder staatlicher Instanzen ins Visier der Extremisten geraten. Ihre Daten über "Antifa"-Angehörige tauschen Neonationalsozialisten untereinander aus. Diese Datensammlungen sollen die dort erfassten Personen bedrohen und einschüchtern. Anti-Deutsche "Anti-Deutsche" sind eine Bewegung, die aus der "autonomen Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa") hervorgegangen ist. Ihr Verständnis von "Antifaschismus" benennt den von den Nationalsozialisten propagierten Antisemitismus als den Kern des Faschismus (zum Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus"). Wer Antifaschist sein wolle, so argumentieren sie, müsse deswegen in erster Linie ein Anti-Antisemit sein. "Anti-Deutsche" sehen ihre unbedingte Solidarität mit Israel in dieser Haltung begründet. "Anti-Deutsche" tragen oft auf Demonstrationen Israel-Fahnen mit sich. Der Name "Anti-Deutsche" geht auf die Überzeugung zurück, dass jeder deutsche Staat antisemitisch und somit faschis258 Glossar tisch sei und deswegen schon von vorn herein jegliche Daseinsberechtigung verwirkt habe. Slogans wie "Wer Deutschland liebt, muss scheiße sein, wir hau'n alles kurz und klein" dokumentieren diese Ideologie. Antisemitismus Antisemiten behaupten, es gebe eine geheime weltweite Verschwörung des Judentums gegen den Rest der Welt. Der Kapitalismus wird genauso als Auswuchs der jüdischen Weltverschwörung angesehen wie der Kommunismus, Rassismus, Islamismus und Imperialismus. Der Erfinder des Begriffes "Antisemitismus", Wilhelm Marr (1819-1904), betrachtete sogar die gesamte moderne Welt als Ergebnis eines angeblichen jüdischen Komplotts. Oft wird von Antisemiten ein Buch mit dem Titel "Protokolle der Weisen von Zion" als Beleg für ihre Verschwörungsfantasien herangezogen. Jedoch ist das Buch eine plumpe Fälschung, welche Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Rechtsextremistische Antisemiten meinen, Demokratie sei den Deutschen "wesensfremd" und nach 1945 von "Angloamerikanern sowie Juden" mittels "Umerziehung" aufgezwungen worden. Sie bezeichnen die freiheitliche demokratische Grundordnung als "ZOG" (siehe auch "Zionist Occupied Government"), als "zionistisch besetzte Regierung". Kritische Auseinandersetzung mit dem "Dritten Reich" betrachten sie als jüdischen Angriff auf die "deutsche Art". Einerseits leugnen sie den organisierten Massenmord an Juden im "Dritten Reich", andererseits beschuldigen sie die Überlebenden, vom Holocaust-Gedenken profitieren zu wollen. Linksextremistische Antisemiten verstehen Israel als "Brückenkopf des US-Imperialismus im Nahen Osten" und streiten dem Land jede Daseinsberechtigung ab. Islamistische Extremisten sind zum Teil - wie Rechtsextremisten auch - Rassisten, die Juden als Angehörige einer "verfluchten Rasse" verunglimpfen. Ähnlich wie linksextremistische Antisemiten betrachten Islamisten Israel als Teil einer "westlichen Verschwörung" gegen den Islam. Deswegen glauben sie auch nicht an einen Frieden im Nahen Osten, sondern fordern eine "Beendigung der jüdischen Existenz in Palästina", die sie durch Terroranschläge und Krieg erreichen wollen. Ausländerextremismus Extremisten ausländischer Herkunft verfechten in Deutschland Anliegen, die ihren Ursprung in den politischen und religiösen Konflikten der jeweiligen Herkunftsländer haben. Sie gehen mit aggressiv-kämpferischer Pro259 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 paganda und Gewalt gegen ihre Gegner vor. Damit schaden sie den auswärtigen Belangen der Bundesrepublik und dem inneren Frieden. Sie fordern mitunter extremen Gehorsam ihrer Mitglieder und treiben mit Gewalt "Spenden"-Gelder ein. Hinzu kommen Bestrafungsaktionen gegen ehemalige Mitglieder, die als "Verräter" bezeichnet werden. Solch aggressives Vorgehen hat bereits zu Betätigungsverboten ausländerextremistischer Organisationen geführt (siehe "Ausländerorganisationen, extremistische"). Ausländerorganisationen, extremistische Zu Organisationen ausländischer Extremisten in Deutschland zählen: a) linksextremistische Organisationen, die die bestehende soziale und politische Ordnung in ihren Heimatländern gewaltsam beseitigen und durch ein sozialistisches beziehungsweise kommunistisches Regime ersetzen wollen; b) extrem-nationalistische Vereinigungen, die Machtbeziehungsweise Gebietszuwachs für die eigene Nation und die Abschaffung oder Nichtgewährung von Minderheitenrechten aggressiv propagieren; c) separatistische Organisationen, die für die Loslösung ihrer Heimatregion aus bestehenden Staaten eintreten; d) islamistische Gruppierungen, die die Trennung von Religion und Staat zugunsten eines autoritären theokratischen Systems aufheben wollen und e) Gruppierungen, die in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute im Ausland, insbesondere Regimegegner, repressiv oder sogar terroristisch vorgehen. Autonome / Autonome Antifa Autonome lehnen gesellschaftliche Normen als Zwang ab und suchen nach einem freien, selbst bestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen. Bei ihnen kommen kommunistische und anarchistische Überzeugungen zusammen. Ideologisch reicht ihr Ursprung bis in die Anfänge der studentischen Protestbewegung der 1960er Jahre zurück. Sie werden dann als Extremisten vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn sie gewalttätig oder gewaltbereit sind, oder Gewalt befürworten. Autonome besitzen meist kein einheitliches, verbindliches Weltbild. Oft folgen sie verschwommenen anarchistischen und anarcho-kommunistischen 260 Glossar Vorstellungen oder spontanen aktionistischen Antrieben. Sie wollen das demokratisch verfasste Gemeinwesen bekämpfen und möglichst zerschlagen, da der Staat und sein "Repressionsapparat" sie an der Verwirklichung ihrer Absichten hindere. Gewalt - zum Beispiel gegen die Polizei - ist für Autonome oft die einzige Möglichkeit, einen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe herzustellen, da alle Versuche sich zu organisieren, als "Machtgier" abgelehnt werden. Gewaltbereite Autonome bilden bei Demonstrationen "Schwarze Blöcke", von denen ein erhebliches Gewaltpotenzial ausgeht. Die "Autonome Antifa" hat sich dem Kampf gegen den "Faschismus" verschrieben. Der Faschismus-Begriff der "Autonomen Antifa" ist dabei sehr weit gespannt. Polizisten werden genauso als "Faschisten" bezeichnet, wie beispielsweise Lehrer, Selbständige oder sonstige Bürger, die sich den reißerischen Parolen nicht anschließen wollen. Wenn die "Autonome Antifa" gegen tatsächliche Rechtsextremisten vorgeht, sucht sie oft Anschluss an demokratische Gruppen. Innerhalb der "Autonomen Antifa" gibt es verschiedene, einander mitunter deutlich widersprechende Strömungen. Zusammenschlüsse halten oft nicht lange und zerbrechen aufgrund interner Streitigkeiten. Eine Strömung innerhalb der "Autonomen Antifa" sind die "Anti-Deutschen" (siehe "Anti-Deutsche"). Autonome Nationalisten "Autonome Nationalisten" werden dem rechtsextremistischen Spektrum der "Freien Kräfte" (siehe "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") zugeordnet. Sie orientieren sich ideologisch unter anderem an nationalrevolutionären Ideen. Besonderes Merkmal ist die Übernahme von Verhaltensformen, die militanten Linksextremisten (siehe "Autonome / Autonome Antifa") zugerechnet werden. "Autonome Nationalisten" treten oft mit einem hohen Maß an Militanz gegen Polizeibeamte und politische Gegner auf. Wie gewaltbereite Linksextremisten bilden auch sie "Schwarze Blöcke". Innerhalb der neonationalsozialistischen Szene sind "Autonome Nationalisten" vor allem wegen ihres öffentlichen Erscheindungsbildes umstritten. Dschihad Dschihad bedeutet im Arabischen Anstrengung, innerer Kampf aber auch Heiliger Krieg. In der islamischen Kultur hat der Begriff verschiedene Bedeutungen. Ein "Heiliger Krieg" kann beispielsweise eine innere spirituelle Auseinandersetzung sein. Andere wiederum verstehen darunter den 261 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 bewaffneten Kampf gegen "Ungläubige" und "Feinde des Islam". Für militante Islamisten ist der bewaffnete Dschihad eine religiöse Pflicht. In ihrer angestrebten Ordnung eines idealisierten Islam hält sich angeblich jeder aus Einsicht und Gottesfurcht ganz von selbst an angestrebte moralische wie soziale Maßstäbe. Nur der Islam kenne die alleinige Herrschaft Gottes über alle Menschen, alle anderen politischen und sozialen Systeme sähen menschliche Einrichtungen vor (zum Beispiel das Parlament in der Demokratie), die die Menschen führen wollten. Dschihad sei deswegen ein Krieg zur Befreiung der Menschen von der Knechtschaft der Menschen. Durch den Dschihad werde der Mensch zum "Stellvertreter Gottes", dem es gelingen könne, ein "Reich Gottes auf Erden" zu errichten. In dieser Zielsetzung einer totalen Gesellschaft ähnelt der Dschihadismus kommunistischen Bewegungen (siehe "Kommunismus"). Es kann angesichts ihres totalitären Religionsverständnisses nicht verwundern, dass sich dschihadistische Gewalt zumeist gegen Muslime selbst richtet. Extremismus In der Alltagssprache werden die Begriffe "Extremismus" und "Radikalismus" häufig gleichbedeutend verwendet. Für den Verfassungsschutz bestehen hier aber entscheidende Unterschiede. Denn "radikale" Bestrebungen werden nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, "extremistische" hingegen schon. Als "radikal" wird eine Bestrebung dann verstanden, wenn sie eine politische Problemstellung von der Wurzel (lateinisch "radix") her anpacken will, ohne dabei die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen. Im Gegensatz dazu stehen "extremistische" Bestrebungen. Sie richten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So streben Teile des linksextremistischen Spektrums beispielsweise eine "Diktatur des Proletariats" an. Rechtsextremisten wollen statt dessen einen rassistischen "totalen Führerstaat" errichten. Und Islamisten sind auf einen "Gottesstaat" ausgerichtet. Gewalt wird dabei häufig als Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Ziele befürwortet, propagiert oder sogar praktiziert. Gemeinsam ist diesen extremistischen Gegenentwürfen die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO). Das Bundesverfassungsgericht hat die Prinzipien der fdGO 1952 folgendermaßen definiert: a) die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte; b) die Volkssouveränität; 262 Glossar c) die Gewaltenteilung; d) die Verantwortlichkeit der Regierung; e) die Gesetzmäßigkeit der Regierung; f) die Unabhängigkeit der Gerichte; g) das Mehrparteienprinzip; h) die Chancengleichheit aller politischen Parteien und i) das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Extremistische Bestrebungen, die einen oder mehrere dieser Grundwerte abschaffen wollen, werden vom Verfassungsschutz beobachtet (siehe auch "Ausländerextremismus"; "Islamistischer Extremismus", "Linksextremismus"; "Rechtsextremismus"; "Terrorismus"). Extremistische Gefangenenhilfsorganisationen Sowohl Rechtsals auch Linksextremisten und islamistische Extremisten betreuen inhaftierte Sympathisanten und Mitglieder. Dazu stellen sie beispielsweise Rechtsanwälte zur Verfügung und Kontakte zur Außenwelt her. Für Extremisten ist die Arbeit mit Gefängnisinsassen deswegen bedeutsam, weil sie den Häftlingen einreden, "Kämpfer für die richtige Sache" zu sein. Das deutsche Strafrecht wird als "Gesinnungsstrafrecht" diffamiert. Solche Gefangenenhilfsorganisationen stellen ein Netzwerk zwischen Gefängnisinsassen und Extremisten her, das meist noch lange über die Haftdauer hinaus Bestand hat. Auf diese Weise "vermitteln" sie oft Häftlinge nach deren Entlassung in extremistische Kreise. Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) war die aktivste rechtsextremistische Gefangenenhilfsorganisationen in Deutschland. Sie wurde 1979 gegründet und vermittelte vornehmlich Kontakte zwischen Szeneangehörigen und Häftlingen und sorgte auf diesem Weg dafür, dass Rechtsextremisten auch während ihrer Haftzeit nicht ihre Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung änderten. Sie wurde 2011 verboten. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist eine bundesweite Organisation, die politisch Aktive aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum auf vielfältige Weise unterstützt. Die RH hat bundesweit mehrere Tausend Mitglieder. Sie rekrutieren sich überwiegend aus dem autonomen Spektrum. Mit Beratungsangeboten, Prozessbegleitung und Gefangenenbesuchen steht 263 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 die RH tatsächlichen oder vermeintlichen linksextremistischen Tatverdächtigen und Straftätern bei. Sie beteiligt sich an den Rechtsanwaltsund Prozesskosten. Bei hohen Geldstrafen, Verlust des Arbeitsplatzes oder Haftstrafen gewährt sie auch finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt. Obwohl eigenständige Gefangenenhilfsorganisationen von islamistischen Extremisten bislang nicht bekannt sind, bemühen sich einzelne islamistische Gruppierungen intensiv um Gefangene in deutschen Gefängnissen, um sie auf Dauer für ihre jeweiligen Ideologien zu gewinnen. Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus" Freie Kräfte / Freie Nationalisten Mitte der 1990er Jahre entwickelten Neonationalsozialisten das Konzept der "Freien Kräfte" beziehungsweise "Freien Nationalisten" als Reaktion auf zahlreiche Vereinsverbote. Ihre wesentlichsten Ausprägungen sind Kameradschaften (siehe "Kameradschaften") und "Autonome Nationalisten" (siehe "Autonome Nationalisten"). Einerseits bezeichnen sich Kameradschaftsmitglieder zum Teil selber als "Freie Kräfte" beziehungsweise "Freie Nationalisten", um sich von rechtsextremistischen Parteistrukturen abzugrenzen. Andererseits verwenden auch rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse, die sich nicht als Kameradschaft definieren, diese Begrifflichkeit. Insbesondere seit den Verboten von Kameradschaften in mehreren Bundesländern nutzen viele Neonationalsozialisten auf ihren Transparenten oder Internet-Seiten nur noch den Begriff "Freie Kräfte" und versehen ihn mit einem lokalen Namenszusatz. Der Begriff kommt bei Neonationalsozialisten zunehmend nur noch unverbindlich zur Anwendung, um das eigene parteiungebundene Konzept zu verdeutlichen. Sie hoffen, damit den Sicherheitsbehörden weniger Angriffsflächen zu bieten. Fremdenfeindlichkeit Berührungsängste zwischen Personen unterschiedlicher Herkunft, die einander nicht kennen, sind menschlich und überwindbar. Jedoch sehen Rechtsextremisten in "Fremden" generell einen zu bekämpfenden Feind. Ihre Fremdenfeindlichkeit richten Rechtsextremisten gegen alle Menschen, die sie als "fremd" betrachten. Als vordergründige Unterscheidungsmerkmale ziehen sie Hautfarbe, Religion, vermutete Herkunft und Ähnliches heran. Opfer von Fremdenfeindlichkeit sind demnach Ausländer 264 Glossar und Deutsche. Hierbei kommt es zu fremdenfeindlich motivierten Straftaten und nicht selten zu Gewaltstraftaten. Ihren Opfern sprechen Rechtsextremisten allein wegen des vermuteten "Fremdseins" die Menschenwürde und die Menschenrechte ab (siehe auch "Rassismus"). Geheimschutz Als Geheimschutz wird der Schutz staatlicher Interessen vor Ausspähungen und unbefugtem Zugriff bezeichnet. Insbesondere Informationen über verteidigungswichtige militärische Einrichtungen und kritische Infrastruktur (zum Beispiel Flughäfen) zählen dazu. Man unterscheidet den materiellen Geheimschutz (beispielsweise Nutzung von Panzerschränken, IT-Sicherheit) und den personellen Geheimschutz (Sicherheitsüberprüfungen). Rechtsgrundlage im Bereich personeller Geheimschutz ist das Brandenburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Die Kennzeichnung, Aufbewahrung, Verwaltung und den Transport von Verschlusssachen (materieller Geheimschutz) regelt verbindlich für alle Landesbehörden die Verschlusssachenanweisung. Globalisierung Unter Globalisierung wird der Prozess zunehmender internationaler Verflechtung in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur und Kommunikation verstanden. Dieses gegenseitige globale Durchdringen und Zusammenrücken, welches beispielsweise Geldtransfer in Echtzeit rund um den Globus ermöglicht, vollzieht sich nicht überall gleich. Ebenso wirken sich vorhandene Chancen und Risiken in vielfältiger Weise unterschiedlich aus. Jedoch: All dies ist nichts Neues. Im Gegenteil. Seit der Mensch Räume erschlossen, besiedelt und angefangen hat, Handel zu treiben, globalisiert er sich und damit die Welt. In diesem prozesshaften Lauf der Dinge werden Dynamik, Strukturen und Mitteleinsatz angepasst, verbessert und so einer unermüdlichen Modernisierung unterworfen. Individuen, Gesellschaften, Institutionen, Unternehmen, Kommunikationssysteme und Staaten sind daran beteiligt. Die Liberalisierung des Welthandels bildet den Rahmen und bindet in diesen Prozess immer mehr Akteure ein. Kritiker, Gegner und Skeptiker der Globalisierung finden sich im extremistischen wie im demokratischen Spektrum der Bevölkerung. Besonders Linksund Rechtsextremisten haben die Globalisierungskritik als eigenes Themenfeld entdeckt. Teilweise kann von extremistischen Kritikern erhebliche Gewalt ausgehen. 265 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Islamistischer Extremismus Islamistischer Extremismus ist eine Sammelbezeichnung für eine politische, sozialrevolutionäre und in sich teilweise sehr zerstrittene Bewegung, die von einer Minderheit der Muslime getragen wird. Ihre Anhänger fordern unter Berufung auf einen von ihnen politisch idealisierten Islam die "Wiederherstellung" einer "islamischen Ordnung". Sie verstehen den Islam als Gegenmodell zu westlichen, demokratischen Staatsund Gesellschaftsformen. Die von ihnen propagierte "islamische Ordnung" göttlichen Ursprungs (Scharia), die im Koran, in der Praxis der muslimischen Urgemeinde (Sunna) und in den biographischen Berichten über den Propheten (Hadithe) verbindlich vorgegeben sei, müsse alle Lebensbereiche regeln. Islamistische Extremisten glauben sich legitimiert, die "islamische Ordnung" mit Gewalt durchzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf im Koran enthaltene Aufforderungen zum "Dschihad" (siehe "Dschihad"), den sie, abweichend von der Mehrheit der Muslime, als heilige Pflicht zum unablässigen Krieg gegen alle "Feinde" des Islams sowohl in muslimischen als auch in nichtmuslimischen Ländern verstehen. Manche greifen zu Mitteln des Terrorismus (siehe "Terrorismus"). Gewalt gegen "Verräter des wahren Islam" richtet sich sehr häufig auch gegen Muslime, die nicht in das enge Weltbild der islamistischen Extremisten passen. Kameradschaften Kameradschaften (siehe auch "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") entstanden als Reaktion auf Verbote rechtsextremistischer Organisationen in den 1990er Jahren. Rechtsextremisten glaubten, dass sie durch diese Art der Zusammenschlüsse einem vereinsrechtlichen Verbotsverfahren ausweichen könnten. Ihr Wirkungskreis ist lokal oder regional begrenzt, oft spiegelt sich dies in der Namensgebung wieder. Innerhalb der Kameradschaften besteht eine Übereinstimmung zu gemeinsamer politischer Arbeit auf Basis rechtsextremistischer Grundorientierung. Ihre Binnenstruktur ist in der Regel streng hierarchisch aufgebaut. Letztlich ist das Selbstverständnis der NSDAP (siehe "Nationalsozialismus"), die sich nie als Partei, sondern immer als Hitler-Bewegung verstanden hat, das historisches Vorbild, dem Kameradschaften nacheifern. Die Verbote mehrerer neonationalsozialistischer Kameradschaften in Brandenburg haben zur Folge gehabt, dass sich Mitläufer von einem kleinen harten Kern überzeugter Rechtsextremisten losgelöst haben und in der rechtsextremistischen Szene nicht mehr in Erscheinung traten. Andere Neonati266 Glossar onalsozialisten nutzen mittlerweile die Strukturen von NPD, JN oder "Die Rechte" für ihre Aktivitäten. Das Kameradschaftsmodell scheint für Rechtsextremisten an Bedeutung zu verlieren. Kommunismus Kommunisten glauben an die Lehre von Karl Marx (1818-1883), der zufolge sich die gesamte Menschheitsgeschichte als Wechselspiel von Ausbeutung und Revolte dagegen verstehen ließe. Daran beteiligten Gruppen werden materielle Interessen unterstellt, die in der kommunistischen Lehre als "objektiv" verstanden werden. Sollen es in der Geschichtsauffassung der Kommunisten erst Sklavenhalter und Sklaven, dann Feudalherren und Bauern gewesen sein, die einen "Klassenkampf" führten, so stünden sich heute "Bourgeoisie" und das "Proletariat" gegenüber. Dieses "Proletariat" solle eine Diktatur errichten, die den Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft einleiten werde. Besonders die von Wladimir I. Lenin (18701924) eingeführte Lehre, wonach das "Proletariat" dabei von einer Avantgarde geführt werden müsse, hat die Erscheinungsform kommunistischer Gruppen in den letzten Jahrzehnten geprägt. Von der marxistisch-leninistischen Orthodoxie abweichende kommunistische Strömungen berufen sich oft auf Leo Trotzki, Josef Stalin oder Mao Zedong. Linksextremismus Kommunisten, Anarchisten, Trotzkisten und Autonome (siehe auch jeweils "Kommunismus", "Anarchismus" und "Autonome / Autonome Antifa") stellen die Hauptströmungen des Linksextremismus dar. Sie unterscheiden sich in einigen Punkten stark voneinander, sind sich aber in der Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einig. Für Linksextremisten ist die Demokratie in Deutschland nur ein Deckmantel für die von ihnen unterstellte eigentliche Macht des Kapitals. Sie gehen davon aus, dass sowohl Gewaltenteilung als auch die Unabhängigkeit der Gerichte in Wirklichkeit gar nicht gegeben, sondern nur vorgespielt seien. Ihr Ziel ist ein System, dass nichts mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu tun hat, sondern eine Diktatur über die Mehrheit und damit eine Bevormundung Andersdenkender bedeutet. Die von ihnen häufig genannten Werte "Gleichheit", "Freiheit" und "Gerechtigkeit" stellen sich bei näherem Hinsehen als Synonyme für die Zerstörung demokratischer Errungenschaften (zum Beispiel die Gewaltenteilung), für die Einschränkung 267 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 persönlicher Freiheitsrechte (zum Beispiel die freie Berufswahl) und die Beseitigung des Rechts auf Eigentum dar. So unterschiedlich sie auch ausgerichtet sein mögen, verstehen sich doch alle linksextremistischen Organisationen als "antifaschistisch". Damit ist allerdings nur teilweise der Kampf gegen Rechtsextremismus gemeint. Gemeinsam ist linksextremistischen Gruppen die Ausdehnung des Faschismus-Begriffes auf demokratische Einrichtungen. Linksextremistische Parteien Linksextremistische Parteien verstehen sich als Kaderorganisationen, die eine revolutionäre Umwälzung vorbereiten wollen. Die in Brandenburg aktiven linksextremistischen Parteien "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) sind marxistisch-leninistisch ausgerichtet. Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) orientiert sich daneben noch an den Lehren Josef Stalins und Mao Zedongs. Sporadisch treten auch trotzkistische Parteien, zum Beispiel die "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG), bei Wahlen in Erscheinung. Nachrichtendienstliche Mittel Der Verfassungsschutz unterrichtet die Landesregierung und die Öffentlichkeit über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) richten, damit Maßnahmen für deren Verteidigung eingeleitet werden können. Für diesen Gesetzesauftrag sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Extremisten. Der Verfassungsschutz gewinnt seine Informationen aus offen zugänglichen Quellen (beispielsweise Internet-Seiten, Zeitschriften, Flugblätter) und durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Die sachund personenbezogenen Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen werden ausgewertet und die daraus gewonnen Erkenntnisse an zuständige Stellen weitergegeben, um so die fdGO zu schützen. Das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz gestattet in SS 6, Absatz 3 unter anderem folgende nachrichtendienstliche Mittel: Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen, Observation, Anwendung technischer Hilfsmittel wie Bildund Tonaufzeichnungen außerhalb des Schutzbereichs der Wohnung sowie Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs. Die Intensität solcher Maßnahmen ist unterschiedlich. Nach streng geregelten 268 Glossar Verfahren genehmigen und kontrollieren parlamentarische Kontrollgremien den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Nachrichtendienstliche Quellen Das brandenburgische Verfassungsschutzgesetz erlaubt im SS 6, Absatz 3 den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (siehe "Nachrichtendienstliche Mittel"), darunter unter anderem den Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen. Das sind Personen, die aus unterschiedlichen Interessen Informationen aus dem Bereich des politischen Extremismus weitergeben, dem sie angehören oder in dem sie sich bewegen können. Sie sind keine Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde. Ein Vertrauensverhältnis besteht zu solchen Personen ausdrücklich nicht. Der Geheimhaltung bedarf es, weil Identität und Verbindung zum Verfassungsschutz im Interesse der weiteren Informationsgewinnung geschützt werden müssen. Nationalsozialismus Nationalsozialismus war eine völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland (1919-1945), die sich 1920 als "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei" (NSDAP) organisierte und unter Führung Adolf Hitlers 1933 eine totalitäre Diktatur in Deutschland errichtete. Neonazismus / Neonationalsozialismus Die Begriffe "Neonazismus", "Neonationalsozialismus" und "Rechtsextremismus" werden umgangssprachlich häufig synonym verwandt. Der Verfassungsschutz dagegen versteht unter Neonationalsozialisten diejenigen Rechtsextremisten, die ein politisches System nach dem Vorbild des nationalsozialistischen "Dritten Reichs" (siehe "Nationalsozialismus") mit "rassenreiner Volksgemeinschaft" (siehe "Rassismus") und totalitärem Führerstaat anstreben. Die Verbrechen, die vom nationalsozialistischen Regime 1933-1945 begangen wurden, verharmlosen, verherrlichen und leugnen sie gleichzeitig. Adolf Hitler und Rudolf Heß sind für Neonationalsozialisten Identifikationsfiguren. Je nach Strömung werden zusätzlich andere Verbrecher des Regimes verehrt, zum Beispiel Otto und Gregor Strasser oder Ernst Röhm. Kleine Teile des neonationalsozialistischen Spektrums knüpfen an die Ideologie des Nationalbolschewismus an. Einige Neonationalsozialisten stellen gegenwartsbezogene Themen in den Mittelpunkt ihrer völkischen und rassistischen Agitation. 269 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Observation Observation ist die verdeckte Beobachtung durch besonders ausgebildete Mitarbeiter mit Unterstützung technischer Mittel. Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus dem brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz (SS 6, Absatz 3 Nr. 2 und 3). Ziel ist, unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit Informationen über extremistische oder sicherheitsgefährdende Bestrebungen sowie über staatlich gelenkte Spionage zu gewinnen. Proliferation Unter Proliferation versteht man die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Waffenträgersystemen beziehungsweise von Produkten und Kenntnissen, die zur Herstellung solcher Waffen dienen können. Oftmals ist bei Lieferungen solcher Produkte die beabsichtigte Rüstungsproduktion nicht erkennbar oder wird verschleiert, zumal sie häufig sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich verwendet werden können - so genannte Dual-Use-Güter. Radikalismus siehe "Extremismus" Rassismus Alle Ausprägungen des Rechtsextremismus sind rassistisch. Rassisten teilen Menschen anhand bestimmter Merkmale in höherund minderwertige Gruppen ein. Merkmale sind beispielsweise die Hautfarbe, die Nationalität oder Herkunft, Kultur und Religion. Um diese Gruppen voneinander abbeziehungsweise auszugrenzen, verlangen Rassisten "ethnisch homogene" Nationen. Gewöhnlich gehen Rassisten davon aus, dass Angehörige "weißer Rassen" anderen überlegen seien. Daraus ziehen Rechtsextremisten ihre Rechtfertigung für Diskriminierung und Ausgrenzung aller ihnen unliebsamen Gruppen. Solch eine Diskriminierung verstößt gegen Verfassungsgrundsätze. Rassismus wird auch als Begründung für Fremdenfeindlichkeit (siehe "Fremdenfeindlichkeit") benutzt. Eine spezielle Form des Rassismus ist der Antisemitismus (siehe "Antisemitismus"). Rechtsextremismus Folgende Einstellungen charakterisieren Rechtsextremisten: Ablehnung der Menschenrechte; Ablehnung der Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz; übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit ei270 Glossar ner Feindschaft gegen Fremde oder fremd Aussehende, gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten (siehe "Rassismus"); Verschweigen, Verharmlosen oder Leugnen der nationalsozialistischen Verbrechen von 1933-1945 (siehe "Revisionismus, rechtsextremistischer"). In unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung lassen sich in den einzelnen rechtsextremistischen Strömungen folgende Kernelemente ausmachen: Rassismus, ein biologistisch geprägtes Menschenbild und Antisemitismus; völkischer Kollektivismus, also pauschale Überbewertung einer meist rassistisch definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Individuums; Militarismus samt dem Bestreben, auch zivile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nach hierarchischen Prinzipien ("Führer und Gefolgschaft") zu ordnen; Etatismus, also die Forderung nach einer autoritären oder diktatorischen staatlichen Ordnung. Angesichts der vielfältigen Ausprägungen des Rechtsextremismus ist es nicht sachgerecht, Rechtsextremisten unterschiedslos als "Nazis", "Neonazis", "Neonationalsozialisten" oder "Faschisten" zu bezeichnen. Den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 betrachten nur die Anhänger des Neonationalsozialismus (siehe auch "Neonazismus" / "Neonationalsozialismus") als fortgeltendes Leitbild. Auf den Faschismus, das in Italien 1922 bis 1944 bestehende Herrschaftssystem und dessen von Benito Mussolini geprägte faschistische Ideologie, berufen sich in Deutschland allenfalls rechtsextremistische Splittergruppen. Dennoch wird in der Alltagssprache "Faschismus" oft mit "Rechtsextremismus" gleichgesetzt. Rechtsextremistische Parteien Rechtsextremistische Parteien wollen den demokratischen Staat des Grundgesetzes "abwickeln" und durch einen totalitären Führerstaat ersetzen. Sie propagieren beispielsweise ein "lebensrichtiges Menschenbild", das rassistisch ist. Rechtsextremistische Parteien arbeiten teilweise mit Neonationalsozialisten zusammen. In Brandenburg nimmt die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) an Wahlen teil. Revisionismus, rechtsextremistischer Als (Geschichts-)Revisionismus bezeichnet man den politisch motivierten Versuch, Verbrechen unter nationalsozialistischer Herrschaft im Wege einer "nochmaligen Betrachtung" zu relativieren oder zu leugnen. Durch vermeintlich entlastende und verzerrende Darstellung der Geschichte soll 271 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 die rechtsextremistische Ideologie wieder politikfähig werden. Insbesondere im Rahmen einer gezielten "Revisionismus-Kampagne" versuchen Rechtsextremisten aus aller Welt seit Jahren, den millionenfachen Mord an den Juden zu bestreiten oder zumindest die Zahl der Opfer in Frage zu stellen. Dazu berufen sich Revisionisten auf häufig von ihnen selbst in Auftrag gegebene pseudowissenschaftliche "Gutachten" ("Leuchter-Report", "Rudolf-Gutachten"), in denen versucht wird, die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern als technisch unmöglich darzustellen. In der Bundesrepublik wird dieses Verhalten strafrechtlich geahndet. Sicherheitsüberprüfung siehe "Geheimschutz" Skinheads Die Wurzeln der Skinheadbewegung liegen im Großbritannien der späten 1960er Jahre. Sie war ursprünglich eine unpolitische, der Arbeiterschicht entstammende Jugendbewegung. Auch heute interessiert sich ein großer Teil der Skinheadszene nicht für politische Themen, sondern fühlt sich lediglich einer von einschlägiger Musik und Mode geprägten Subkultur zugehörig. Die Öffentlichkeit nimmt allerdings von der vielschichtigen Skinheadszene hauptsächlich den rechtsextremistischen Flügel ("Boneheads", "White-Power-Skins" und "Fascho-Skins") wahr, der sich über eine bestimmte Mode sowie Musik und über eine von neonationalsozialistischen Ideologieelementen durchsetzte Einstellung definiert. Wichtige Bindeglieder der internationalen rechtsextremistischen Skinheadszene sind Skinhead-Musik, die auf Tonträgern und bei Konzerten mit oft aggressiven, zum Teil neonationalsozialistischen Texten verbreitet wird, und Skinhead-Modeartikel. Die Produkte werden von zahlreichen Vertriebsdiensten im Versandhandel angeboten sowie über einschlägige Internetseiten, in Foren und Skin-Magazinen (Fanzines) beworben. Eine Minderheit in der Skinheadszene ist dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen. "Red Skins", SHARPs ("Skinheads Against Racial Prejudice") oder R.A.S.H.s ("Red and Anarchist Skinheads") grenzen sich energisch gegen "Nazis und Rassismus" ab. Ein kleiner Teil dieses Personenkreises vertritt linksextremistische Vorstellungen. Linksextremistische Skinheads finden sich auch in der autonomen Szene und engagieren sich zum Teil in der autonomen Antifa (siehe "Autonome / autonome Antifa"). 272 Glossar Spionage Wenn ein Staat mit verdeckten Mitteln und Methoden politische Entscheidungsprozesse sowie wirtschaftliche, wissenschaftliche und militärische Potenziale eines anderen Staates ausforscht, um auf unerlaubte Weise Vorteile und Informationen zu gewinnen, betreibt er Spionage. Spionageabwehr ist Auftrag des Verfassungsschutzes. Die politische und militärische Spionage erreichte während des "Kalten Krieges" ihren Höhepunkt, bleibt aber auch heute angesichts zahlreicher Interessengegensätze in der Staatenwelt aktuell. Insbesondere die staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage ist eine Bedrohung und Belastung, die sich gegen Firmen, Unternehmen und Verbände richtet. Sie ist zu unterscheiden von der wirtschaftlichen Konkurrenzspionage, mit der ein privates Unternehmen gegen ein anderes vorgeht. Diese Form der Spionage ist nicht Gegenstand des Verfassungsschutzauftrages. Terrorismus Terrorismus ist Gewalt gegen eine bestehende Ordnung, um einen politischen Wandel über schwere Straftaten zu erzwingen. Terror dient dabei als Druckmittel, indem Angst und Schrecken verbreitet werden. Terrorismus benötigt mediale Öffentlichkeit, die er gerade über zivile Opfer erzeugt. Trotzkismus Der Trotzkismus ist eine politisch-ideologische Richtung im Kommunismus (siehe "Kommunismus"), die auf Leo Trotzki (1879-1940), einen der Hauptakteure der russischen Oktoberrevolution 1917, zurückgeht. Ziel der Trotzkisten ist eine "permanente Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" unter ihrer Führung. Trotzkistische Parteien stehen abseits von den übrigen kommunistischen Parteien. Um dennoch über ihre engen Zirkel hinaus Einfluss zu gewinnen, bedienen Trotzkisten sich der Methode des gezielten Unterwanderns (Entrismus). Verbotene Kennzeichen Nach SS 86 a Strafgesetzbuch ist das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar. Kennzeichen sind Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Das Verbot umfasst Kennzeichen verbotener Parteien, verbotener Vereinigungen, Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen. Bekannteste Beispiele solcher Straftaten sind das Schmieren von Hakenkreuzen oder das Zeigen des "Hitler-Grußes". 273 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Verschlusssachen siehe Geheimschutz Wirtschaftsschutz Der Wirtschaftsschutz beinhaltet alle relevanten Maßnahmen des Verfassungsschutzes, die geeignet sind, einen illegalen Know-how-Transfer durch fremde Nachrichtendienste aus deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren (siehe "Spionage"). Zionist Occupied Government (ZOG) "Zionist Occupied Government" (ZOG) kommt aus dem Englischen und heißt wörtlich übersetzt "zionistisch besetzte Regierung". Die Abkürzung ist eine in rechtsextremistischen Bewegungen übliche antisemitische Schmiererei. Mit dem Ausdruck ist gemeint, dass eine Regierung von Juden angeblich "besetzt" beziehungsweise "erobert", also fremdbestimmt sei und demnach das Staatsvolk nicht repräsentiere, sondern unterdrücke. Darin glauben Rechtsextremisten wiederum, eine angebliche jüdische Weltverschwörung zu erkennen. 274 Glossar 275 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 8.3 Gesetzestexte Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches VerfassungsschutzgesetzBbgVerfSchG) Vom 05. April 1993 (GVBl.I/93, [Nr. 04], S.78), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Januar 2010 (GVBl.I/10, [Nr. 01]) Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Zweck des Verfassungsschutzes; Auftrag der Verfassungsschutzbehörde (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Dadurch soll es ihnen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen. SS2 Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörde (1) Verfassungsschutzbehörde ist das Ministerium des Innern. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes im Einvernehmen, die des Bundes nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden. 276 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Zur Erfüllung ihres Auftrages sammelt die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. und wertet sie aus. Voraussetzung für ihr Tätigwerden ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. 277 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind in dem Brandenburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt. SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die in Absatz 3 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. (2) Eine Bestrebung im Sinne dieses Gesetzes ist insbesondere dann gegeben, wenn sie auf Gewaltanwendung gerichtet ist oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in Absatz 3 genannten Grundsätzen erkennen lässt. (3) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: 1. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, 2. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 278 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 3. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 4. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 5. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 6. die Unabhängigkeit der Gerichte und 7. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft. (4) Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise sonst geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (5) Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne der SSSS 16 Abs. 1 und 20 Abs. 1 sind Verbrechen oder Vergehen, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedroht sind, sowie Rauschgifthandel, Falschgeld-, Sprengstoffund Waffendelikte und Straftaten nach SS 129 des Strafgesetzbuches. SS5 Unterrichtung der Öffentlichkeit Die Verfassungsschutzbehörde informiert die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1. Sie unterrichtet jährlich die Öffentlichkeit über die Summe ihrer Haushaltsmittel und über die Gesamtzahl ihrer Bediensteten. Zweiter Abschnitt Befugnisse SS6 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde ist an Gesetz und Recht gebunden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht die Bestimmungen des Brandenburgi279 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 schen Datenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Informationsbeschaffung als nachrichtendienstliche Mittel die folgenden Maßnahmen anwenden: 1. Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermittlern; 2. Observationen; 3. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen; 5. Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel; 6. Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 7. Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen; 8. Verwendung fingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden); 9. Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; 10.Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes. Minderjährige dürfen nicht als Vertrauensleute, sonstige geheime Informanten, Gewährspersonen oder verdeckte Ermittler eingesetzt werden. Soweit sich Personen aus beruflichen Gründen auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, darf die Verfassungsschutzbehörde diese nicht von sich aus für ihre Zwecke in Anspruch nehmen; Informationen, die diese Personen unter Verletzung des SS 203 des Strafgesetzbuches rechtswidrig an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben beabsichtigen, dürfen von dieser nicht entgegengenommen werden. Tarnpapiere und Tarnkennzeichen dürfen auch zu dem in SS 7 Abs. 1 Nr. 5 genannten Zweck verwendet werden; die zuständigen Behörden des Landes sowie 280 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde für diese Tarnmaßnahmen Hilfe zu leisten. (4) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu. Sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. (5) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über den Verwendungszweck aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst bei einer beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenn die Tatsache, dass die Erhebung für Zwecke der Verfassungsschutzbehörde erfolgt, aus besonderen Gründen nicht bekannt werden soll. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. (6) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat die Verfassungsschutzbehörde diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. (7) Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine Straftaten begangen werden. Die abschließende Aufzählung der Straftatbestände, die verwirklicht werden dürfen, erfolgt in einer Dienstvorschrift nach Vorlage in der Parlamentarischen Kontrollkommission. SS7 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 6 Abs. 3 nur erheben, wenn 1. sich ihr Einsatz gegen Personenzusammenschlüsse, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen, 2. sich ihr Einsatz gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für diese bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, 281 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 3. ihr Einsatz gegen andere als in den Nummern 1 und 2 genannten Personen unumgänglich ist, um Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen zu gewinnen, die sich durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter wenden, 4. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlichen Quellen in Personenzusammenschlüssen nach Nummer 1 gewonnen werden können oder 5. dies zum Schutz der Bediensteten, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach SS 15 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 6 Abs. 3 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen, insbesondere nicht zu der Gefahr, die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne von SS 3 Abs. 1 ausgeht. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. (2) Die mit den Mitteln nach SS 6 Abs. 3 gewonnenen Informationen dürfen nur für den jeweiligen Erhebungszweck genutzt werden. Eine anderweitige Nutzung ist nur zulässig, wenn das zur Informationsgewinnung verwendete Mittel auch für den jeweils anderen Nutzungszweck hätte eingesetzt werden dürfen. Sie ist ferner zulässig im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach SS 3 Abs. 2 und in Verwaltungsverfahren, in denen die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörde gesetzlich vorgeschrieben ist. (3) Das Mithören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel oder sonstige Maßnahmen nach SS 6 Abs. 3, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, sind zulässig, wenn dadurch Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen, die auf Gewaltanwendung gerichtet sind oder sonst 282 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in SS 4 Abs. 3 genannten Grundsätzen erkennen lassen, gewonnen werden können. Ein solcher Eingriff bedarf im Einzelfall der vorherigen Zustimmung des Ministers des Innern, im Falle seiner Verhinderung der seines Vertreters. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist in der jeweils nächsten Sitzung, bei Fortdauer der Maßnahmen jeweils in Abständen von drei Monaten, zu unterrichten. Die durch den Eingriff erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 4 Abs. 2 des Artikel 10-Gesetzes, zur Erforschung oder Verfolgung einer Straftat nach SS 129 des Strafgesetzbuches sowie für die in Absatz 2 Satz 3 genannten Zwecke genutzt werden. (4) Beim Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern sowie bei Observationen finden die Bestimmungen in Absatz 3 Satz 3 entsprechende Anwendung, ohne dass die Identität der Vertrauensleute oder verdeckten Ermittler, auch nicht in mittelbarer Form, offenbart wird. SS8 Speicherung, Veränderung, Nutzung, Berichtigung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 vorliegen oder 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlich ist. Die Speicherung von Informationen über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres zu ihrer Person ist unzulässig. Mittels automatisierter Datenverarbeitung zu ihrer Person gespeicherte Daten Minderjähriger dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. Die Speicherdauer ist auf das für die Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. (2) Gespeicherte Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies im Zusammenhang mit dem Datum, dessen Richtigkeit bestritten wird, zu vermerken. Sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollstän283 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 dig sind und dadurch schutzwürdige Interessen Betroffener beeinträchtigt sein können. (3) Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nach SS 3 Abs. 1 nicht mehr erforderlich ist. Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, sofern Minderjährige betroffen sind, nach zwei Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu löschen oder zu berichtigen sind. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden. Ein schutzwürdiges Interesse liegt auch vor, wenn die betroffene Person einen Antrag nach SS 12 Abs. 1 gestellt hat. (4) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter, trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (5) Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre des Betroffenen, die mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. (6) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke sowie zum Nachweis strafbarer Handlungen nach SS 38 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes verwendet werden. SS9 (aufgehoben) SS 10 (aufgehoben) 284 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS 11 (aufgehoben) Dritter Abschnitt Auskunft und Einsicht SS 12 Auskunft, Einsicht und Benachrichtigung (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zur antragstellenden Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung. Soweit sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, ist auf Antrag der antragstellenden Person Einsicht zu gewähren. Die Akteneinsicht ist auf die Teile der Akten beschränkt, die personenbezogene Daten der antragstellenden Person enthalten. Auskunft oder Akteneinsicht können sich auf Antrag auch auf die Herkunft der Daten, den Zweck ihrer Übermittlung und die Empfänger von Übermittlungen innerhalb der letzten zwei Jahre erstrecken. Auskunft aus Akten oder Einsicht in Akten, die nicht zur Person des Betroffenen geführt werden, sind zu gewähren, soweit die antragstellende Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen. (1a) Soweit Daten zur Person mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, erhält die antragstellende Person Einsicht in Ausdrucke der gespeicherten Datensätze. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. (2) Auskunftserteilung oder Einsichtsgewährung können nur unterbleiben, wenn 1. das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht überwiegt oder 2. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen von Dritten geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter unter Abwägung der in den Nummern 1 und 2 genannten Interessen mit 285 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht. (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung oder der Einsichtsgewährung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Verweigerung gefährdet würde; die Gründe sind aber festzuhalten. Die antragstellende Person ist auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen einer Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen und Einsicht zu gewähren. Stellt der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär, im Einzelfall fest, dass durch die Auskunft oder die Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde, erhält nur der Landesbeauftragte persönlich Auskunft oder Einsicht. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die antragstellende Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zugestimmt hat. (4) Bezieht sich die Auskunftserteilung oder die Einsicht auf die Herkunft personenbezogener Daten von anderen Verfassungsschutzbehörden, der Staatsanwaltschaft und der Polizei, von Landesfinanzbehörden, soweit diese personenbezogene Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, vom Bundesnachrichtendienst, vom Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, von anderen Behörden des Bundesministers der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig. Das gleiche gilt, wenn diese Behörden Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten sind. Soweit es sich um Behörden des Landes handelt, gelten für die Versagung der Zustimmung die Absätze 2 und 3 entsprechend. (5) Von der ohne ihre Kenntnis erfolgten Erhebung personenbezogener Daten ist die betroffene Person zu benachrichtigen, sobald der Zweck der Erhebung es zulässt. Bei Eingriffen nach SS 7 Abs. 3 und 4 ist die Parlamentarische Kontrollkommission spätestens drei Jahre nach der Beendigung des Eingriffes zu unterrichten, sofern eine Mitteilung an die betroffene Person nicht erfolgt ist. (6) Wird der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach SS 12 Abs. 3 tätig, so kann er die Parlamentarische Kontrollkommission von sich aus 286 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG unterrichten, wenn sich im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. Vierter Abschnitt Informationsübermittlung SS 13 Zulässigkeit von Ersuchen Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um die Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. SS 14 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Behörden, Betriebe und Einrichtungen des Landes sowie die der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Auf287 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 wand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen sind festzuhalten. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100 a der Strafprozessordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dabei übermittelten Kenntnisse und Unterlagen finden SS 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und SS 4 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind, ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten genutzt werden. SS 14a Übermittlung von Informationen durch nicht-öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Auskünfte nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes dürfen nur auf schriftlichen Antrag des Leiters der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung seines Vertreters, eingeholt werden. Über den Antrag entscheidet der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet die G 10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann das Ministerium des Innern den Vollzug der Entscheidung auch vor Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Entscheidungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für nicht notwendig oder unzulässig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. (3) Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 1 erlangten Daten. 288 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG (4) Für die Verarbeitung der nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. (5) Für die Mitteilung an den Betroffenen findet SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. (6) Das Ministerium des Innern unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1. (7) Das Ministerium des Innern unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes jährlich über die nach Absatz 1 durchgeführten Maßnahmen nach Maßgabe des SS 8 Abs. 10 Satz 1 zweiter Halbsatz des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (8) Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz, Artikel 16 Verfassung des Landes Brandenburg) wird nach Maßgabe des Absatzes 1 in Verbindung mit SS 8 Abs. 6 und 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes eingeschränkt. SS 15 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Aufklärung 1. von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht oder 2. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder 3. von Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. von öffentlichen Stellen geführte Register einsehen. 289 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde oder 2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würde und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der betroffenen Person, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder die empfangende Behörde die Daten zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) benötigt oder wenn eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Behörde darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatli290 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG che Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz von Leib oder Leben oder zur Erfüllung eigener Aufgaben, insbesondere bei grenzüberschreitenden Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1, erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere die Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt wurden, und dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. (3) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, dass 1. die betroffene Person zugestimmt hat, 2. dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder 3. zum Schutz der in SS 3 Abs. 2 Nr. 2 genannten Einrichtungen erforderlich ist und der Minister des Innern oder von ihm besonders bestellte Beauftragte ihre Zustimmung im Einzelfall erteilt haben. Die Verfassungsschutzbehörde führt hierüber einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, die Fundstelle und der Empfänger hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. Die empfangende Stelle darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. Sie ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. SS 17 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, 291 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 der Polizei von sich aus die ihr bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in den SSSS 74 a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (3) Übermittlungen nach den Absätzen 1 und 2 sind festzuhalten. SS 18 Übermittlung personenbezogener Informationen an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde dürfen personenbezogene Daten nur bekanntgegeben werden, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen zwingend erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person überwiegen. Personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes dürfen veröffentlicht werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen dieser Personen nicht beeinträchtigt werden. SS 19 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschnittes unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, dass die Information zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht mehr erforderlich ist, 292 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 2. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Information und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn die Information die engere Persönlichkeitssphäre der betroffenen Person berührt, 3. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 20 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 8 Abs.1 Satz 2 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, ist eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres dürfen nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. SS 21 Pflichten der empfangenden Stelle Die empfangende Stelle prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass die Daten nicht erforderlich sind, hat sie die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. 293 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 SS 22 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu berichtigen. Fünfter Abschnitt Parlamentarische Kontrolle SS 23 Parlamentarische Kontrollkommission In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt die Landesregierung unbeschadet der Rechte des Landtages der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. SS 24 Zusammensetzung und Amtsdauer der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission wird vom Landtag gebildet. Der Landtag beschließt über ihre Größe, die sieben Mitglieder nicht überschreiten soll, und Zusammensetzung und wählt die Mitglieder. Die parlamentarische Opposition muss angemessen vertreten sein. (2) Scheidet ein Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission aus dem Landtag oder aus seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ein neues Mitglied ist unverzüglich zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründen aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Landtages hinaus solange aus, bis der nachfolgende Landtag nach Absatz 1 eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gebildet hat. SS 25 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung und auf Verlangen der Kommission über Einzelfälle. Die 294 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG Kommission hat Anspruch auf diese Unterrichtung. Sie kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen sowie bei besonderem Aufklärungsbedarf mit Zustimmung des Innenministers Bedienstete zum Sachverhalt befragen, sofern dem nicht überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen; die Landesregierung hat dies vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen. (2) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission auch über die Herstellung des Einvernehmens für das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder im Land Brandenburg gemäß SS 2 Abs. 2 sowie in allgemeiner Form über die Herstellung des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz gemäß SS 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (3) Eingaben einzelner Bürger (Petenten) über ein sie betreffendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde sind nach Zustimmung des Petenten der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis zu geben, wenn sie nicht an sie selbst gerichtet sind. Sie hat auf Antrag eines Mitgliedes Petenten zu hören. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Artikel 10-Gesetzes bleibt den aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz von der Volksvertretung bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. (5) Für die Parlamentarische Kontrollkommission gilt SS 23 Abs. 3 Satz 1 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes entsprechend. SS 26 Verfahrensweise der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission gibt sich eine Geschäftsordnung; im übrigen gelten die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission tagt nicht öffentlich. Auf Antrag eines Mitgliedes beschließt die Kommission über die Herstellung der Öffentlichkeit, soweit das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dem nicht entgegenstehen. Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder der Kommission zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen 295 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 dabei bekannt geworden sind. Das gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von der Kommission aufgehoben werden, wenn die Gründe für die Verschwiegenheit nachträglich weggefallen sind. Die Aufhebung der Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen, die in die Verantwortlichkeit des Bundes oder eines anderen Landes fallen, ist nur mit deren Zustimmung möglich. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet den Landtag jährlich über ihre Tätigkeit. Sechster Abschnitt Schlussvorschriften SS 27 Geltung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch die Verfassungsschutzbehörde finden die SSSS 4a, 9, 12 bis 19, 33c und 33d des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung. SS 28 Erlass von Verwaltungsvorschriften Der Minister des Innern wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Über solche, die nachrichtendienstliche Mittel nach SS 6 Abs. 3 betreffen, ist die Parlamentarische Kontrollkommission vorab zu unterrichten. SS 29 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) 296 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 297 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970) zuletzt geändert durch Art. 6 des G. v. 20.06.2013 BGBl. I S. 1602 - Auszug - Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden SS1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. SS2 Verfassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesministerium des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere 298 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, 4. bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen. Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geregelt. 299 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweck gerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 300 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS5 Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen im Sinne des SS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ist Voraussetzung, dass 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund richten, 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerden ersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgelagerter Fälle hergestellt werden. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. 301 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 SS6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unter den Voraussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Daten verändern, sperren oder löschen. Die eingebende Stelle muss feststellbar sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft für die gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von Textdateien oder Dateien, die weitere als die in Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zulässig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht, von rechtsextremistischen Bestrebungen oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten. Die Zugriffsberechtigung ist auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind; in der Dateianordnung (SS 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme von Textzusätzen in der Datei zu begründen. SS7 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. 302 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG 303 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) Vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), zuletzt geändert Art. 2 Abs. 4 G v. 6.6.2013 I 1482 Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen SS1 Gegenstand des Gesetzes (1) Es sind 1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaatendes Nordatlantikvertrages, 2. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den in SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 7 und SS 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, in den Fällen der Nummer 1 auch die dem Briefoder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen. (2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission). SS2 Pflichten der Anbieter von Postund Telekommunikationsdiensten (1) Wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände des Postverkehrs zu erteilen und Sendungen, die ihm zum Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern anvertraut sind, auszuhändigen. Der nach Satz 1 Verpflichtete hat der 304 Artikel 10-Gesetz - G 10 berechtigten Stelle auf Verlangen die zur Vorbereitung einer Anordnung erforderlichen Auskünfte zu Postfächern zu erteilen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Anordnung bedarf. Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände der nach Wirksamwerden der Anordnung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen. SS 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, SS 4a des MAD-Gesetzes und SS 2a des BND-Gesetzes bleiben unberührt. Ob und in welchem Umfang der nach Satz 3 Verpflichtete Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung der Überwachungsmaßnahme zu treffen hat, bestimmt sich nach SS 110 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung. (2) Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat vor Durchführung einer beabsichtigten Beschränkungsmaßnahme unverzüglich die Personen, die mit der Durchführung der Maßnahme betraut werden sollen, 1. auszuwählen, 2. einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu lassen und 3. über Mitteilungsverbote nach SS 17 sowie die Strafbarkeit eines Verstoßes nach SS 18 zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme dürfen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe des Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. Nach Zustimmung des Bundesministeriums des Innern kann der Behördenleiter der berechtigten Stelle oder dessen Stellvertreter die nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten schriftlich auffordern, die Beschränkungsmaßnahme bereits vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat sicherzustellen, dass die Geheimschutzmaßnahmen nach den Abschnitten 1.1 bis 1.4, 1.6, 2.1 und 2.3 bis 2.5 der Anlage 7 zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen vom 29. April 1994 (GMBl S. 674) getroffen werden. 305 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (3) Die Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen. Für Beschränkungsmaßnahmen einer Landesbehörde gilt dies nicht, soweit Rechtsvorschriftendes Landes vergleichbare Bestimmungen enthalten; in diesem Fall sind die Rechtsvorschriften des Landes entsprechend anzuwenden. Zuständig ist bei Beschränkungsmaßnahmen von Bundesbehörden das Bundesministerium des Innern; im Übrigen sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden zuständig. Soll mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme eine Person betraut werden, für die innerhalb der letzten fünf Jahre bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundesoder Landesrecht durchgeführt worden ist, soll von einer erneuten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden. Abschnitt 2 Beschränkungen in Einzelfällen SS3 Voraussetzungen (1) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand 1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (SSSS 80 bis 83 des Strafgesetzbuches), 2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (SSSS 84 bis 86, 87 bis 89a des Strafgesetzbuches, SS 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes), 3. Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (SSSS 94 bis 96, 97a bis 100a des Strafgesetzbuches), 4. Straftaten gegen die Landesverteidigung (SSSS 109e bis 109g des Strafgesetzbuches), 5. Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (SSSS 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit SS 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes), 6. Straftaten nach a) den SSSS 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie 306 Artikel 10-Gesetz - G 10 b) den SSSS 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Abs. 1 bis 3, SS 315 Abs. 3, SS 316b Abs. 3 und SS 316c Abs.1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, oder 7. Straftaten nach SS 95 Abs. 1 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes plant, begeht oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten zu begehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. (1a) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen für den Bundesnachrichtendienst auch für Telekommunikationsanschlüsse, die sich an Bord deutscher Schiffe außerhalbdeutscher Hoheitsgewässer befinden, angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass jemand eine der in SS 23a Abs. 1 und 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. (2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet. SS 3a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 sind unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst würden. Soweit im Rahmen von Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 neben einer 307 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 automatischen Aufzeichnung eineunmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich einembestimmten Mitglied der G10-Kommission oder seinem Stellvertreter zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung. Die Entscheidung des Mitglieds der Kommission, dass eine Verwertung erfolgen darf, ist unverzüglich durch die Kommission zu bestätigen. Ist die Maßnahme nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass sie nicht nach Satz 1 unzulässig ist, fortgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt. SS 3b Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen (1) Maßnahmen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1, die sich gegen eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richten und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, sind unzulässig. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist zu dokumentieren. Die Sätze 2 bis 3 gelten entsprechend, wenn durch eine Maßnahme, die sich nicht gegen eine inSS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richtet, von einer dort genannten Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte. (2) Soweit durch eine Beschränkung eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 der Strafprozessordnung genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der 308 Artikel 10-Gesetz - G 10 Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Würdigung des öffentlichen Interesses an den von dieser Person wahrgenommenen Aufgaben und des Interesses an der Geheimhaltung der dieser Person anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Soweit hiernach geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, soweit die in SS 53a der Strafprozessordnung Genannten das Zeugnis verweigern dürften. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, sofern die zeugnisverweigerungsberechtigte Person Verdächtiger im Sinne des SS 3 Abs. 2 Satz 2 ist oder tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass sie dessen in SS 3 Abs. 1 bezeichnete Bestrebungen durch Entgegennahme oder Weitergabe von Mitteilungen bewusst unterstützt. SS4 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung (1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nichterforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. Die Löschung der Daten unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 1 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 und den in Absatz 4 genannten Zwecken verwendet werden. 309 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (3) Der Behördenleiter oder sein Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission oder, soweit es sich um die Übermittlung durch eine Landesbehörde handelt, die nach Landesrecht zuständige Stelle zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten. (4) Die Daten dürfen nur übermittelt werden 1. zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn a) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine der in SS 3 Abs. 1 und 1a genannten Straftaten plant oder begeht, b) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine sonstige in SS 7 Abs. 4 Satz 1 genannte Straftat plant oder begeht, 2. zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Nummer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat, oder 3. zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes odereiner Maßnahme nach SS 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich sind. (5) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen odereines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. 310 Artikel 10-Gesetz - G 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Löschung. Abschnitt 3 Strategische Beschränkungen SS5 Voraussetzungen (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen, soweit eine gebündelte Übertragung erfolgt, angeordnet werden. Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Beschränkungen nach Satz 1 sind nur zulässig zur Sammlung von Informationen über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr 1. eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland, 2. der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur BundesrepublikDeutschland, 3. der internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien in Fällen von erheblicher Bedeutung, 4. der unbefugten gewerbsoder bandenmäßig organisierten Verbringung von Betäubungsmitteln in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland, 5. der Beeinträchtigung der Geldwertstabilität im Euro-Währungsraum durch im Ausland begangeneGeldfälschungen, 6. der international organisierten Geldwäsche in Fällen von erheblicher Bedeutung oder 7. des gewerbsoder bandenmäßig organisierten Einschleusens von ausländischen Personen in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland a) bei unmittelbarem Bezug zu den Gefahrenbereichen nach Nr. 1 bis 3 oder 311 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 b) in Fällen, in denen eine erhebliche Anzahl geschleuster Personen betroffen ist, insbesondere wenn durch die Art der Schleusung von einer Gefahr für ihr Leib oder Leben auszugehen ist, oder c) in Fällen von unmittelbarer oder mittelbarer Unterstützung oder Duldung durch ausländische öffentliche Stellen rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr zu begegnen. In den Fällen von Satz 3 Nr. 1 dürfen Beschränkungen auch für Postverkehrsbeziehungen angeordnet werden; Satz 2 gilt entsprechend. (2) Bei Beschränkungen von Telekommunikationsbeziehungen darf der Bundesnachrichtendienst nur Suchbegriffe verwenden, die zur Aufklärung von Sachverhalten über den in der Anordnung bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt und geeignet sind. Es dürfen keine Suchbegriffe verwendet werden, die 1. Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen, oder 2. den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betreffen. Dies gilt nicht für Telekommunikationsanschlüsse im Ausland, sofern ausgeschlossen werden kann, dass Anschlüsse, deren Inhaber oder regelmäßige Nutzer deutsche Staatsangehörige sind, gezielt erfasst werden. Die Durchführung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. SS 5a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Durch Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 dürfen keine Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst werden. Sind durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst worden, dürfen diese nicht verwertet werden. Sie sind unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. SS 3a Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zum Zwecke der Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht 312 Artikel 10-Gesetz - G 10 mehr erforderlich sind, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt. SS6 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Zweckbindung (1) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres zu löschen, das dem Jahr der Protokollierung folgt. Außer in den Fällen der erstmaligen Prüfung nach Satz 1 unterbleibt die Löschung, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 2 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten zusperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Zwecken und für Übermittlungen nach SS 7 Abs. 1 bis 4 und SS 7a verwendet werden. (3) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen zur Prüfung der Relevanz erfasster Telekommunikationsverkehre auf Anordnung des nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministeriums die erhobenen Daten in einem automatisierten Verfahren mit bereits vorliegenden Rufnummern oder anderen Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse abgeglichen werden, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie in einem Zusammenhang mit dem Gefahrenbereich stehen, für den die Überwachungsmaßnahme angeordnet wurde. Zu diesem Abgleich darf der Bundesnachrichtendienst auch Rufnummern oder andere Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse im Inland verwenden. Die zu diesem 313 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Abgleich genutzten Daten dürfen nicht als Suchbegriffe im Sinne des SS 5 Abs. 2 Satz 1 verwendet werden. Der Abgleich und die Gründe für die Verwendung der für den Abgleich genutzten Daten sind zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu vernichten. SS7 Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst (1) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen nach SS 12 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Gefahren übermittelt werden. (2) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen an die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie an den Militärischen Abschirmdienst übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Daten erforderlich sind zur Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind, oder 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde Macht begründen. (3) Durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nr. 3 erhobene personenbezogene Daten dürfen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Kenntnis dieser Daten erforderlich ist 1. zur Aufklärung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr über Umstände, die für die Einhaltung von Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs von Bedeutung sind, oder 2. im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung einer ausfuhrrechtlichen Genehmigung oder zur Unterrichtung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr, soweit hierdurch eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr vonGütern begründet wird. 314 Artikel 10-Gesetz - G 10 (4) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand a) Straftaten nach SS 89a oder SS 129a, auch in Verbindung mit SS 129b Abs. 1, sowie den SSSS 146, 151 bis 152a oder SS 261 des Strafgesetzbuches, b) vorsätzliche Straftaten nach den SSSS 17 und 18 des Außenwirtschaftsgesetzes, SSSS 19 bis 21 oder SS 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder c) Straftaten nach SS 29a Abs. 1 Nr. 2, SS 30 Abs. 1 Nr. 1, 4 oder SS 30a des Betäubungsmittelgesetzes plant oder begeht oder 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand a) Straftaten, die in SS 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 7, Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 1a dieses Gesetzes oder in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuches bezeichnet sind, b) Straftaten nach den SSSS 130, 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5 zweiter Halbsatz, SSSS 249 bis 251, 255, 305a, 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, SS 308 Abs. 1 bis 4, SS 309 Abs. 1 bis 5, SSSS 313, 314, 315 Abs. 1, 3 oder Abs. 4, SS 315b Abs. 3, SSSS 316a, 316b Abs. 1 oder Abs. 3 oder SS 316c Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches oder c) Straftaten nach SS 96 Abs. 2, auch in Verbindung mit Absatz 4, und SS 97 Abs. 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes plant oder begeht. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. (5) Die Übermittlung ist nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bun315 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 desnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. SS 4 Abs. 6 Satz 4 und SS 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 gelten entsprechend. SS 7a Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an ausländische öffentliche Stellen (1) Der Bundesnachrichtendienst darf durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 7 erhobene personenbezogene Daten an die mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betrauten ausländischen öffentlichen Stellen übermitteln, soweit 1. die Übermittlung zur Wahrung außenoder sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder erheblicher Sicherheitsinteressen des ausländischen Staates erforderlich ist, 2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen, insbesondere in dem ausländischen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist sowie davon auszugehen ist, dass die Verwendung der Daten durch den Empfänger in Einklang mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgt, und 3. das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist. Die Übermittlung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzleramtes. (2) Der Bundesnachrichtendienst darf unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 7 erhobene personenbezogene Daten ferner im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218) an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in deren Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. 316 Artikel 10-Gesetz - G 10 (3) Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bundesnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. Der Bundesnachrichtendienst führt einen Nachweis über den Zweck, die Veranlassung, die Aktenfundstelle und die Empfänger der Übermittlungen nach Absatz 1 und 2. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (4) Der Empfänger ist zu verpflichten, 1. die übermittelten Daten nur zu dem Zweck zu verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden, 2. eine angebrachte Kennzeichnung beizubehalten und 3. dem Bundesnachrichtendienst auf Ersuchen Auskunft über die Verwendung zu erteilen. (5) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G10Kommission über Übermittlungen nachAbsatz 1 und 2. (6) Das Parlamentarische Kontrollgremium ist in Abständen von höchstens sechs Monaten über dievorgenommenen Übermittlungen nach Absatz 1 und 2 zu unterrichten. SS8 Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen im Sinne des SS 5 Abs. 1 Satz 1 angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu erkennen oder ihr zu begegnen und dadurch Belange der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer Weiseberührt sind. (2) Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Die Zustimmung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Die Bestimmung tritt spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Eine erneute Bestimmung ist zulässig, soweit ihre Voraussetzungen fortbestehen. (3) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 317 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Der Bundesnachrichtendienst darf nur Suchbegriffe verwenden, die zur Erlangung von Informationen über die in der Anordnung bezeichnete Gefahr bestimmt und geeignet sind. SS 5 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Ist die Überwachungsmaßnahme erforderlich, um einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leib oder Leben einer Person zu begegnen, dürfen die Suchbegriffe auch Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung der Rufnummer oder einer anderen Kennung des Telekommunikationsanschlusses dieser Person im Ausland führen. (4) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten zu dem in Absatz 1 bestimmten Zweck erforderlich sind. Soweit die Daten für diesen Zweck nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. SS 6 Abs. 1 Satz 4 und 5, Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Daten dürfen nur zu den in den Absätzen 1, 5 und 6 genannten Zwecken verwendet werden. (5) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nach SS 12 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in Absatz 1 genannte Gefahr übermittelt werden. (6) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass jemand eine Straftat plant oder begeht, die geeignet ist, zu der Entstehung oder Aufrechterhaltung der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr beizutragen. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. SS 7 Abs. 5 und 6 sowie SS 7a Abs. 1 und 3 bis 6 gelten entsprechend. Abschnitt 4 Verfahren SS9 Antrag (1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dürfen nur auf Antrag angeordnet werden. 318 Artikel 10-Gesetz - G 10 (2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs 1. das Bundesamt für Verfassungsschutz, 2. die Verfassungsschutzbehörden der Länder, 3. das Amt für den Militärischen Abschirmdienst und 4. der Bundesnachrichtendienst durch den Behördenleiter oder seinen Stellvertreter. (3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Angaben enthalten. In den Fällen der SSSS 3 und 8 hat der Antragsteller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. SS 10 Anordnung (1) Zuständig für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im Übrigen das Bundesministerium des Innern. (2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind der Grund der Anordnung und die zur Überwachung berechtigte Stelle anzugeben sowie Art, Umfang und Dauer der Beschränkungsmaßnahme zu bestimmen. (3) In den Fällen des SS 3 muss die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme richtet. Bei einer Überwachung der Telekommunikation ist auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder die Kennung des Endgerätes, wenn diese alleindiesem Endgerät zuzuordnen ist, anzugeben. (4) In den Fällen der SSSS 5 und 8 sind die Suchbegriffe in der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über das Informationen gesammelt werden sollen, und die Übertragungswege, die der Beschränkung unterliegen, zu bezeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des SS 5 darf dieser Anteil höchstens 20 von Hundert betragen. (5) In den Fällen der SSSS 3 und 5 ist die Anordnung auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als drei 319 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. (6) Die Anordnung ist dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermöglichen. Die Mitteilung entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt werden kann. (7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die jeweilige Landesbehörde für Verfassungsschutz über die in deren Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz teilendem Bundesamt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen mit. SS 11 Durchführung (1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Beschränkungsmaßnahmen sind unter Verantwortung der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist, und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. (2) Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten, dem die Anordnung mitgeteilt worden ist, anzuzeigen. Die Anzeige an den Verpflichteten entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt wurde. (3) Postsendungen, die zur Öffnung und Einsichtnahme ausgehändigt worden sind, sind dem Postverkehr unverzüglich wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben. SS 12 Mitteilungen an Betroffene (1) Beschränkungsmaßnahmen nach SS 3 sind dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die 320 Artikel 10-Gesetz - G 10 nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung der G10-Kommission. Die G10-Kommission bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G10-Kommission einstimmig festgestellt hat, dass 1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt, 2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 5 und 8, sofern die personenbezogenen Daten nicht unverzüglich gelöscht wurden. Die Frist von fünf Jahren beginnt mit der Erhebung der personenbezogenen Daten. (3) Die Mitteilung obliegt der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist. Wurden personenbezogene Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger. SS 13 Rechtsweg Gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und ihren Vollzug ist der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen nicht zulässig. Abschnitt 5 Kontrolle SS 14 Parlamentarisches Kontrollgremium (1) Das nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständige Bundesministerium unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten das Parlamentarische Kontrollgremium über die Durchführung dieses Gesetzes. Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den SSSS 3, 5, 7a und 8; dabei sind die Grundsätze des SS10 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachten. 321 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (2) Bei Gefahr im Verzuge kann die Zustimmung zu Bestimmungen nach den SSSS 5 und 8 durch den Vorsitzendendes Parlamentarischen Kontrollgremiums und seinen Stellvertreter vorläufig erteilt werden. Die Zustimmung desParlamentarischen Kontrollgremiums ist unverzüglich einzuholen. Die vorläufige Zustimmung tritt spätestens nach zwei Wochen außer Kraft. SS 15 G 10-Kommission (1) Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und drei Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern, die an den Sitzungen mit Redeund Fragerecht teilnehmen können. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Mitglieder der G10-Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und werden von dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode endet. (2) Die Beratungen der G 10-Kommission sind geheim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (3) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages gesondert auszuweisen. Der Kommissionsind Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu stellen. (4) Die G 10-Kommission tritt mindestens einmal im Monat zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören. (5) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der Kommission er322 Artikel 10-Gesetz - G 10 streckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Datendurch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Der Kommission und ihren Mitarbeitern ist dabei insbesondere 1. Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen, 2. Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme, zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschränkungsmaßnahme stehen, und 3. jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren. Die Kommission kann dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragendes Datenschutzes geben. (6) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das zuständige Bundesministerium unverzüglich aufzuheben. In den Fällen des SS 8 tritt die Anordnung außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter bestätigt wird. Die Bestätigung der Kommission ist unverzüglich nachzuholen. (7) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über Mitteilungen von Bundesbehörden nach SS 12 Abs. 1 und 2 oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, ist diese unverzüglich vorzunehmen. SS 12 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt, soweit das Benehmen einer Landesbehörde erforderlich ist. SS 16 Parlamentarische Kontrolle in den Ländern Durch den Landesgesetzgeber wird die parlamentarische Kontrolle der nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbehörden und die Überprüfung der von ihnen angeordneten Beschränkungsmaßnahmen geregelt. Personenbezogene Daten dürfen nur dann an Landesbehörden übermittelt werden, wenn die 323 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kontrolle ihrer Verarbeitung und Nutzung durch den Landesgesetzgeber geregelt ist. Abschnitt 6 Strafund Bußgeldvorschriften SS 17 Mitteilungsverbote (1) Wird die Telekommunikation nach diesem Gesetz oder nach den SSSS 100a, 100b der Strafprozessordnung überwacht, darf diese Tatsache von Personen, die Telekommunikationsdienste erbringen oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (2) Wird die Aushändigung von Sendungen nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 angeordnet, darf diese Tatsache von Personen, die zur Aushändigung verpflichtet oder mit der Sendungsübermittlung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (3) Erfolgt ein Auskunftsersuchen oder eine Auskunftserteilung nach SS 2 Abs. 1, darf diese Tatsache oder der Inhalt des Ersuchens oder der erteilten Auskunft von Personen, die zur Beantwortung verpflichtet oder mit der Beantwortung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. SS 18 Straftaten Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen SS 17 eine Mitteilung macht. SS 19 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. einer vollziehbaren Anordnung nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 zuwiderhandelt, 2. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 2 eine Person betraut oder 3. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 3 nicht sicherstellt, dass eine Geheimschutzmaßnahme getroffen wird. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro geahndet werden. 324 Artikel 10-Gesetz - G 10 (3) Bußgeldbehörde im Sinne des SS 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach SS 10 Abs.1 zuständige Stelle. Abschnitt 7 Schlussvorschriften SS 20 Entschädigung Die nach SS 1 Abs. 1 berechtigten Stellen haben für die Leistungen nach SS 2 Abs. 1 eine Entschädigung zugewähren, deren Umfang sich nach SS 23 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes bemisst. In den Fällen der SSSS 5 und 8 ist eine Entschädigung zu vereinbaren, deren Höhe sich an den nach gewiesenen tatsächlichen Kosten orientiert. SS 21 Einschränkung von Grundrechten Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird durch dieses Gesetz eingeschränkt. 325 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes (G10AGBbg) Vom 14. Dezember 1995 (GVBl.I/95, [Nr. 23], S.286), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. September 2002 (GVBl.I/02, [Nr. 10], S.154, 155) SS1 Anordnung von Beschränkungen (1) Oberste Landesbehörde im Sinne des SS 10 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes ist das Ministerium des Innern. (2) Antragsberechtigt nach SS 9 Abs. 2 Nr. 2 des Artikel 10-Gesetzes ist der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (3) Die Anordnung von Beschränkungen ist durch den Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung durch seinen Vertreter zu unterzeichnen. SS2 G 10-Kommission (1) Der Landtag wählt eine Kommission, die die vom Ministerium des Innern angeordneten Beschränkungsmaßnahmen überprüft. Sie ist auch zuständige Stelle im Sinne von SS 4 Abs. 3 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes. Sie besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muss, und zwei Beisitzern. Für jedes Mitglied der Kommission wird ein Vertreter gewählt; der Vertreter des Vorsitzenden muss die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein. Jede Fraktion hat das Recht, ein Kommissionsmitglied sowie dessen Vertreter vorzuschlagen. (2) Die Bestellung der Mitglieder der Kommission erfolgt für die Dauer einer Wahlperiode. Die Amtszeit endet mit der Neuwahl der Mitglieder, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode. (3) Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie treffen ihre Entscheidungen mehrheitlich. (4) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die nach Anhörung der Landesregierung der Bestätigung durch die Parlamentarische 326 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes - G10AGBbg Kontrollkommission nach SS 23 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 5. April 1993 (GVBl. I S. 78) bedarf. (5) Die Beratungen der Kommission sind geheim. Ihre Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Kommission bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (6) Die Mitglieder der Kommission und ihre Vertreter erhalten eine Entschädigung für Aufwand, die vom Präsidium des Landtages festgesetzt wird. Daneben werden als Kosten für Reisen die notwendigen Fahrkosten nach den für Landesbeamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Bestimmungen erstattet. (7) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. SS3 Überprüfung angeordneter Beschränkungsmaßnahmen (1) Das Ministerium des Innern unterrichtet unverzüglich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahme bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen; die Unterrichtung hat dann unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nach der Anordnung zu erfolgen. Die Kommission entscheidet von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Artikel 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten. Die Kommission kann dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet nach Einstellung einer Beschränkungsmaßnahme in der nächsten Sitzung, spätestens innerhalb von drei Monaten, die Kommission über das Ergebnis der Maßnahme und die von ihm nach SS 12 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes vorgenommene Mitteilung an betroffene Personen oder über die Gründe, die einer Mitteilung an die betroffene Person entgegenste327 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 hen. Kann zum Zeitpunkt der Einstellung noch nicht abschließend über die Mitteilung entschieden werden, unterrichtet es die Kommission auf ihr Verlangen weiterhin, spätestens alle drei Jahre. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, hat das Ministerium des Innern diese unverzüglich zu veranlassen. Betroffenen Personen steht nachträglich der Rechtsweg offen. SS4 Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission Das Ministerium des Innern unterrichtet auf Anforderung, mindestens jedoch im Abstand von drei Monaten, die Parlamentarische Kontrollkommission in allgemeiner und anonymisierter Form über die Durchführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie über die Ergebnisse der angeordneten Beschränkungsmaßnahmen. Der Bericht wird in geheimer Sitzung behandelt. SS5 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 328 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes - G10AGBbg 329 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) - VereinsG Vom 05.08.1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) -AuszugErster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Vereinsfreiheit (1) Die Bildung von Vereinen ist frei (Vereinsfreiheit). (2) Gegen Vereine, die die Vereinsfreiheit missbrauchen, kann zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschritten werden. SS2 Begriff des Vereins (1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. (2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht 1. politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes, 2. Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder. Zweiter Abschnitt Verbot von Vereinen SS3 Verbot (1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafge330 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG setzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung 1. des Vereinsvermögens, 2. von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in SS 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und 3. von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessenverfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind, zu verbinden. (2) Verbotsbehörde ist 1. die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken; 2. der Bundesminister des Innern für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 der Bundesminister des Innern zuständig ist. Der Bundesminister des Innern entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären. (3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. (4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach SS 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der 331 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekannt zumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach SS 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; SS 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. (5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn 1. ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht, 2. die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und 3. nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie vom Verein geduldet werden. SS5 Vollzug des Verbots (1) Soweit das Verbot nach diesem Gesetz nicht von der Verbotsbehörde selbst oder den von ihr gemäß SS 10 Abs. 3 und SS 11 Abs. 3 beauftragten Stellen zu vollziehen ist, wird es von den von der Landesregierung bestimmten Behörden vollzogen. (2) Folgt dem Verbot eines Teilvereins, bevor es unanfechtbar geworden ist, ein den Teilverein einschließendes Verbot des Gesamtvereins, so ist von diesem Zeitpunkt an nur noch das Verbot des Gesamtvereins zu vollziehen. SS6 Anfechtung des Verbotsvollzugs (1) Wird eine Maßnahme zum Vollzug des Verbots angefochten und kommt es für die Entscheidung darauf an, ob das Verbot rechtmäßig ist, so hat das Verwaltungsgericht, wenn es die Rechtmäßigkeit des Verbots bezweifelt, das Verfahren auszusetzen, bis über das Verbot unanfechtbar entschieden ist, und dieses Ergebnis seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen zum Vollzug des Verbots haben keine aufschiebende Wirkung. 332 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG SS8 Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen (1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) eines nach SS 3 dieses Gesetzes verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisationen) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. (2) Gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne dieses Gesetzes ist, kann zur verwaltungsmäßigen Durchführung des in Absatz 1 enthaltenen Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden, in der festgestellt wird, dass sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. Die SSSS 3 bis 7 und 10 bis 13 gelten entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Verfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen sind bei Gefahr im Verzug zu vorläufigen Maßnahmen berechtigt, die außer Kraft treten, wenn die Verbotsbehörde nicht binnen zweier Wochen die in Satz 1 bestimmte Verfügung trifft. SS9 Kennzeichenverbot (1) Kennzeichen des verbotenen Vereins dürfen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr 1. öffentlich, in einer Versammlung oder 2. in Schriften, Tonoder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen, die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden Vereinen verwendet werden. 333 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (4) Diese Vorschriften gelten auch für die Verwendung von Kennzeichen einer Ersatzorganisation für die Dauer der Vollziehbarkeit einer Verfügung nach SS 8 Abs. 2 Satz 1. Vierter Abschnitt Sondervorschriften SS 14 Ausländervereine (1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. SS 3 Abs. 1 Satz 2 und SS 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Absatzes 2 zulässig sind. (2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit 1. die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet, 2. den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft, 3. Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind, 4. Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder 334 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG 5. Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. Im Übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt. 335 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG) Vom 30. Juli 2001 (GVBl.I/01, [Nr. 11], S.126), geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. März 2012 (GVBl.I/12, [Nr. 16]) Abschnitt 1 Allgemeines SS1 Anwendungsbereich und Zweck des Gesetzes (1) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung). (2) Die in diesem Gesetz verwendeten Funktions-, Statusund anderen Bezeichnungen gelten für Frauen und Männer. (3) Zweck dieses Gesetzes ist es, 1. im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftngelegenheiten vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen und den Zugang von Personen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Geheimschutz), und 2. die Beschäftigung von Personen an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Sabotageschutz). Abschnitt 2 Geheimund Sabotageschutz bei öffentlichen Stellen SS2 Sicherheitsempfindliche Tätigkeiten (1) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer 1. Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH eingestuft sind, 336 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 2. Zugang zu entsprechenden Verschlusssachen ausländischer Stellen sowie zwischenund überstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn eine Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder besteht, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen, 3. in Behörden, Teilen von ihnen oder sonstigen öffentlichen Stellen des Landes tätig ist, die aufgrund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen von der jeweils zuständigen Aufsichtsoder obersten Landesbehörde im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern zum Sicherheitsbereich mit dem Erfordernis einer Sicherheitsüberprüfung nach den SSSS 10 (Ü 1), 11 (Ü 2) oder 12 (Ü 3) erklärt worden sind. (2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt ist. Lebenswichtig sind solche Einrichtungen, 1. deren Ausfall aufgrund ihrer kurzfristig nicht ersetzbaren Produktion oder Dienstleistung oder 2. deren Zerstörung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr in besonderem Maße die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung gefährden kann oder 3. die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Ausfall erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit in Krisenzeiten eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung entstehen lassen würde. Verteidigungswichtig sind Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit dienen und deren Ausfall oder schwere Beschädigung aufgrund ihrer fehlenden kurzfristigen Ersetzbarkeit gefährliche oder ernsthafte Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit, insbesondere der Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie für die Zivile Verteidigung verursacht. Sicherheitsempfindliche Stellen sind solche Teile von Anlagen oder Funktionen, die für Betriebsabläufe oder die Weiterführung des Gesamtbetriebes von erheblicher Bedeutung sind, so dass im Sabotagefall Teiloder Totalausfälle mit Folgen für die nach dem Gesetz geschützten Güter drohen. 337 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 SS3 Betroffener Personenkreis (1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (zu überprüfende Person), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit darf erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres übertragen werden. Auf eine Sicherheitsüberprüfung nach diesem Gesetz kann verzichtet werden, wenn für die zu überprüfende Person bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung durchgeführt worden ist und die Sicherheitsakte sowie die Sicherheitsüberprüfungsakte nach SS 21 verfügbar ist. (2) Die volljährige Person, mit der die zu überprüfende Person in einer Ehe, eingetragener Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegter Lebensgemeinschaft lebt, soll in die Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) und SS 12 (Ü 3) einbezogen werden (einzubeziehende Person). Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Dieses Gesetz gilt nicht für 1. die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Stellung, 2. Richter, soweit sie Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen, 3. ausländische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach SS 2 Abs. 1 Nr. 2 ausüben sollen. SS4 Zuständigkeit (1) Zuständige Stelle für die Sicherheitsüberprüfung ist 1. die Behörde oder sonstige öffentliche Stelle, die eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauen will, es sei denn, die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde übernimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle oder überträgt sie einer anderen Behörde ihres Geschäftsbereichs, 2. bei Leitern von Landesbehörden, Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, 338 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 3. bei Mitarbeitern politischer Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes und deren Stiftungen, die Partei selbst, 4. bei Personen, die vom Landtag in ein öffentlich-rechtliches Amtsoder Dienstverhältnis gewählt werden, bei Fraktionsmitarbeitern sowie bei Mitarbeitern von Mitgliedern des Landtages, der Präsident des Landtages, 5. bei Landräten, Oberbürgermeistern, hauptamtlichen Bürgermeistern und Amtsdirektoren die Kommunalaufsichtsbehörde, 6. bei sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (2) Mitwirkende Behörde bei der Sicherheitsüberprüfung ist gemäß SS 3 Abs. 2 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. Sie führt die Sicherheitsüberprüfungen bei Bewerbern und Mitarbeitern des eigenen Dienstes nach den Vorschriften dieses Gesetzes selbst durch. SS5 Bestellung von Geheimschutzbeauftragten Bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen, bei denen mindestens fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, ist ein Geheimschutzbeauftragter und dessen Stellvertreter zu bestellen. Er nimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle gemäß SS 4 Abs. 1 und deren im Folgenden geregelten Befugnisse wahr und ist bei der Ausübung dieser Tätigkeit der jeweiligen Leitung unmittelbar unterstellt. Er darf nicht zugleich Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen. Soweit weniger als fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, nimmt die Aufgaben des Geheimschutzbeauftragten der Leiter der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle oder sein Vertreter wahr. SS6 Verschlusssachen (1) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Sie werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung eingestuft. (2) Eine Verschlusssache ist 339 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 1. STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann, 2. GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann, 3. VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann, 4. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. SS7 Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse (1) Ein Sicherheitsrisiko schließt die Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aus. Es liegt vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte 1. Zweifel an der Zuverlässigkeit der zu überprüfenden Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen oder 2. eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen oder 3. Zweifel am Bekenntnis der zu überprüfenden Person zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen. Ein Sicherheitsrisiko kann auch aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte bei der einzubeziehenden Person vorliegen. (2) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich, wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt. SS8 Rechte und Pflichten der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person (1) Die zu überprüfende Person ist von der zuständigen Stelle über den Zweck und die Art der beabsichtigten Sicherheitsüberprüfung, damit verbundene Maßnahmen sowie über den Umfang der Datenverarbei340 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG tung zu unterrichten. Wird eine weitergehende Sicherheitsüberprüfung als ursprünglich vorgesehen erforderlich (SS 9 Abs. 2), so hat auch für diese die entsprechende Unterrichtung zu erfolgen. (2) Die Einwilligung der zu überprüfenden Person ist Voraussetzung für die Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung. Die Einwilligung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Sie muss sich auf alle Maßnahmen beziehen, die Gegenstand der Unterrichtung waren. Die Sicherheitsüberprüfung ist undurchführbar, wenn die zu überprüfende Person nicht einwilligt. Ihr darf dann keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen werden. Auf die sich aus der Weigerung ergebenden dienst-, arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertraglichen Konsequenzen ist sie von der zuständigen Stelle hinzuweisen. (3) Hat die zu überprüfende Person in die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung eingewilligt, ist sie verpflichtet, die zur Sicherheitsüberprüfung erforderlichen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Sie kann Angaben verweigern, die für sie, nahe Angehörige im Sinne von SS 52 Absatz 1 der Strafprozessordnung oder die Person, mit der sie in einer Ehe, eingetragenen Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft verbunden ist, die Gefahr einer strafoder disziplinarrechtlichen Verfolgung, der Entlassung oder Kündigung begründen könnten. Über das Verweigerungsrecht ist die zu überprüfende Person zu belehren. (4) Sollen Angaben zur durch Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft oder auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft verbundenen Person erhoben werden oder sollen diese Personen in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. SS 3 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt. Geht die zu überprüfende oder bereits überprüfte Person die Ehe, eingetragene Lebenspartnerschaft oder eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft während oder erst nach erfolgter Sicherheitsüberprüfung ein, so hat sie die zuständige Stelle zu unterrichten, damit diese die Erhebung von Angaben zu den in Satz 1 genannten Personen und die Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung nachholen kann. (5) Bevor die zuständige Stelle die Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ablehnt, hat sie ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die zu überprüfende Person kann zur Anhörung einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Bei der Anhörung ist der Quel341 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 lenschutz zu gewährleisten und den schutzwürdigen Belangen von Personen, die während der Sicherheitsüberprüfung befragt wurden, Rechnung zu tragen. Die Anhörung unterbleibt, wenn sie einen erheblichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen. Unterbleibt die Anhörung, ist die zu überprüfende Person unter Hinweis auf die Rechtsgrundlage darüber zu unterrichten. (6) Liegen bei der einzubeziehenden Person Anhaltspunkte vor, die ein Sicherheitsrisiko begründen, ist ihr Gelegenheit zu geben, sich vor der Ablehnung der Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Absatz 5 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. (7) Die Absätze 1 bis 6 gelten auch für die Wiederholungsüberprüfungen. (8) Die Absätze 5 und 6 sind auch im Falle der Ablehnung einer Weiterbeschäftigung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit anzuwenden. SS9 Arten der Sicherheitsüberprüfung (1) Entsprechend der vorgesehenen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit wird entweder eine 1. einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) oder 2. erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) oder 3. erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) durchgeführt. (2) Ergeben sich bei der Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die eine weitergehende Überprüfung erfordern, kann die zuständige Stelle die nächsthöhere Art der Sicherheitsüberprüfung mit Zustimmung der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person anordnen. Diese ist jedoch nur soweit durchzuführen, wie der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 16 Abs. 5 bleibt unberührt. SS 10 Einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) (1) Die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) ist für Personen durchzuführen, die 342 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 1. Zugang zu VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen. (2) In den Fällen von Absatz 1 Nr. 2 kann die zuständige Stelle von der Sicherheitsüberprüfung absehen, wenn Art oder Dauer der Tätigkeit dies zulassen. SS 11 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 4. an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) für ausreichend hält. SS 12 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu STRENG GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 343 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 4. bei der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden sollen, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) oder SS 11 (Ü 2) für ausreichend hält. SS 13 Datenerhebung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde dürfen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten erheben. Die zu überprüfende und die einzubeziehende Person sowie die sonstigen zu befragenden Personen und die nichtöffentlichen Stellen sind auf den Zweck der Erhebung, die Auskunftspflichten nach diesem Gesetz und auf eine dienstoder arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht, ansonsten auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 4 Abs. 2 Satz 2 kann die Angabe der erhebenden Stelle gegenüber den sonstigen zu befragenden Personen oder nichtöffentlichen Stellen unterbleiben, wenn dies zum Schutz der zu überprüfenden Person oder der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (2) Die zuständige Stelle erhebt die personenbezogenen Daten bei der zu überprüfenden Person und, falls erforderlich, bei der einzubeziehenden Person. Reicht diese Erhebung nicht aus oder stehen ihr schutzwürdige Interessen der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person entgegen, können andere geeignete Personen oder Stellen befragt werden. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Ist zum Zwecke der Sammlung von Informationen die Weitergabe personenbezogener Daten unerlässlich, so dürfen schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. SS 14 Einleitung der Sicherheitsüberprüfung und Angaben zur Sicherheitserklärung (1) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle mit, dass eine Person in einer bestimmten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eingesetzt werden soll. 344 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (2) Die zuständige Stelle fordert die zu überprüfende Person zur Abgabe der Sicherheitserklärung auf und unterrichtet sie über ihre sowie die Rechte und Pflichten der einzubeziehenden Person gemäß SS 8. (3) In der Sicherheitserklärung sind anzugeben 1. Namen, auch frühere, Vornamen, auch frühere, 2. Geburtsdatum, -ort, Kreis, Bundesland, Staat, 3. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeiten, 4. Familienstand, 5. Wohnsitze und Aufenthalte von längerer Dauer als zwei Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf Jahren, im Ausland ab dem 18. Lebensjahr, 6. ausgeübter Beruf, 7. derzeitiger oder letzter Arbeitgeber und dessen Anschrift, Anzahl der Kinder, 8. im Haushalt lebende Personen über 18 Jahre (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und ort; Verhältnis zu dieser Person), 9. Eltern, Stiefoder Pflegeeltern (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitz), 10. Ausbildungsund Beschäftigungszeiten, Wehroder Zivildienstzeiten mit Angabe der Ausbildungsstätten, Beschäftigungsstellen sowie deren Anschriften, 11. Nummer des Personalausweises oder Reisepasses, 12. Angaben über in den vergangenen fünf Jahren durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und darüber, ob die derzeitigen finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können, 13. Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungsund Werbungsversuch hindeuten können, 14. Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen, 15. Beziehungen zu Organisationen, die von ihren Anhängern unbedingten Gehorsam verlangen oder die unbedingte Ausrichtung auf 345 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 bestimmte Lehren oder Grundsätze erwarten und deshalb die zu überprüfende Person in Konflikt mit ihrer Verschwiegenheitspflicht oder den Anforderungen der von ihr ausgeübten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit führen können, 16. anhängige Strafund Disziplinarverfahren, 17. Angaben zu Wohnsitzen, Aufenthalten, nahen Angehörigen und sonstigen Beziehungen in und zu Staaten, von denen das Ministerium des Innern festgestellt hat, dass besondere Sicherheitsrisiken für die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauten Personen zu besorgen sind, 18. Reisen, deren Durchführung Schlüsse auf Sicherheitsrisiken ermöglichen, 19. drei Referenzpersonen (Namen und Vornamen, Berufe, berufliche und private Anschriften und Rufnummern sowie zeitlicher Beginn der Bekanntschaften), 20. Angaben zu früheren Sicherheitsüberprüfungen. Der Sicherheitserklärung ist ein aktuelles Lichtbild mit der Angabe des Jahres der Aufnahme beizufügen. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) entfallen die Angaben zu Absatz 3 Nr. 8, 11 und 12 sowie die Pflicht, ein Lichtbild beizubringen; Absatz 3 Nr. 10 entfällt, soweit die dort genannten Personen nicht in einem Haushalt mit der zu überprüfenden Person leben. Die Angaben zu Absatz 3 Nr. 20 werden nur bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) erhoben. (5) Bei jeder Sicherheitsüberprüfung werden zu den in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen mit deren Zustimmung die Angaben nach Absatz 3 Nummer 1 bis 4 und 14 bis 16 erhoben. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Werden die in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, sind zusätzlich die in Absatz 3 Nummer 5 bis 7, Nummer 12 und 13 sowie Nummer 17 bis 19 genannten Daten anzugeben. (6) Ergeben sich bei einer Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 10 (Ü 1) aus der Sicherheitserklärung oder aufgrund der Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die in SS 8 Absatz 4 Satz 1 genannten Personen, ist eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 11 (Ü 2) durchzuführen. 346 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (7) Bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen sind zusätzlich die Wohnsitze seit der Geburt, die Geschwister (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum, -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitze) und abgeschlossene Strafund Disziplinarverfahren sowie alle Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzugeben. SS 15 Maßnahmen der zuständigen Stelle (1) Die Sicherheitserklärung ist von der zu überprüfenden Person der zuständigen Stelle zuzuleiten, die die Angaben auf Vollständigkeit, Richtigkeit und sicherheitserhebliche Erkenntnisse prüft. Zu diesem Zweck können die Personalakten der zu überprüfenden Person von der zuständigen Stelle eingesehen werden. (2) Die zuständige Stelle richtet eine Anfrage an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, wenn die zu überprüfende oder die einzubeziehende Person vor dem 1. Dezember 1971 geboren wurde, es sei denn, dessen Auskunft an die personalverwaltende Stelle liegt nicht länger als sechs Monate zurück. Ergibt die Anfrage sicherheitserhebliche Erkenntnisse, übermittelt die zuständige Stelle diese zur Bewertung an die mitwirkende Behörde. (3) Die zuständige Stelle leitet die Sicherheitserklärung unter Darlegung etwaiger sicherheitserheblicher Erkenntnisse an die mitwirkende Behörde weiter, teilt dieser mit, in welcher sicherheitsempfindlichen Tätigkeit die zu überprüfende Person eingesetzt werden soll und beauftragt diese, die entsprechende Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Die Weiterleitung an die mitwirkende Behörde entfällt, wenn die zuständige Stelle bereits bei der Prüfung der Sicherheitserklärung ein Sicherheitsrisiko festgestellt hat, das der Aufnahme oder Fortführung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegensteht. SS 16 Maßnahmen der mitwirkenden Behörde bei den einzelnen Überprüfungsarten (1) Die mitwirkende Behörde (SS 4 Abs. 2 Satz 1) wird nur auf Antrag der zuständigen Stelle tätig. 347 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) trifft die mitwirkende Behörde zur Feststellung und Aufklärung eines Sicherheitsrisikos folgende Maßnahmen: 1. Sicherheitsmäßige Bewertung der Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Bundesländer, 2. Anfragen unter Beteiligung der Landeskriminalämter an die Polizeidienststellen der Wohnsitze der zu überprüfenden Person, in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre, 3. Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister und einer Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, 4. Anfragen an das Bundeskriminalamt, die Grenzschutzdirektion und die Nachrichtendienste des Bundes und 5. Anfragen an andere geeignete Stellen, insbesondere Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn trotz der vorherigen Maßnahmen ein Aufklärungsbedarf bleibt. (3) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) trifft die mitwirkende Behörde zusätzlich zu Absatz 2 folgende Maßnahmen: 1. Prüfung der Identität der zu überprüfenden Person, 2. Überprüfung der einzubeziehenden Person in dem in Absatz 2 genannten Umfang und hinsichtlich ihrer Identität. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) befragt die mitwirkende Behörde zusätzlich zu den Maßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 die von der zu überprüfenden Person in ihrer Sicherheitserklärung benannten Referenzpersonen, um zu prüfen, ob die Angaben der zu überprüfenden Person zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko schließen lassen. (5) Soweit es eine sicherheitserhebliche Erkenntnis erfordert und die Befragung der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person nicht ausreicht oder ihr schutzwürdige Interessen entgegenstehen, kann die mitwirkende Behörde neben den Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 4 weitere geeignete Auskunftspersonen befragen oder Einzelmaßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. 348 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (6) Die mitwirkende Behörde kann mit Zustimmung der zuständigen Stelle und der zu überprüfenden Person Einsicht in deren Personalakte nehmen, wenn dies zur Klärung oder Beurteilung sicherheitserheblicher Erkenntnisse unerlässlich ist. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. SS 17 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass kein Sicherheitsrisiko nach SS 7 Abs. 1 vorliegt, teilt sie dies der zuständigen Stelle mit. Hat die mitwirkende Behörde Erkenntnisse, die kein Sicherheitsrisiko begründen, aber weiterhin sicherheitserheblich sind, so werden diese übermittelt. (2) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt, unterrichtet sie schriftlich unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung die zuständige Stelle, bei nachgeordneten Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen über deren zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Die zuständige Stelle entscheidet, gegebenenfalls nach Anhörung gemäß SS 8 Abs. 5 oder 6, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der überprüften Person entgegensteht. Kann die Sicherheitsüberprüfung nicht mit der Feststellung abgeschlossen werden, dass kein Sicherheitsrisiko vorliegt, hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen. (4) Liegt nach Entscheidung der zuständigen Stelle kein Sicherheitsrisiko vor, teilt sie dies der personalverwaltenden Stelle mit. 5) Lehnt die zuständige Stelle die Betrauung der überprüften Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ab, hat sie diese zu unterrichten. Eine Begründungspflicht besteht nicht. (6) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung gemäß Absatz 5 ohne Angabe von Gründen mit. Diese führt die erforderlichen Maßnahmen durch. (7) Die zuständige Stelle teilt der mitwirkenden Behörde das Ergebnis des Abschlusses der Sicherheitsüberprüfung mit. (8) Die Absätze 1 bis 7 gelten in den Fällen des SS 20 Abs. 2 entsprechend. 349 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 SS 18 Vorläufige Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (1) Die zuständige Stelle kann in Ausnahmefällen abweichend von SS 3 Abs. 1 die sicherheitsempfindliche Tätigkeit der zu überprüfenden Person vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung erlauben, wenn die mitwirkende Behörde 1. bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) die Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bewertet hat oder 2. bei Sicherheitsüberprüfungen nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) die Maßnahmen der nächstniederen Art der Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen hat und sich daraus keine Erkenntnisse ergeben haben, die auf ein Sicherheitsrisiko hindeuten. Dies gilt auch, wenn zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle die Auskunft nach SS 15 Abs. 2 noch nicht vorliegt. (2) SS 17 Abs. 4 gilt entsprechend. SS 19 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben sich unverzüglich gegenseitig zu unterrichten, wenn nachträglich sicherheitserhebliche Erkenntnisse zu der überprüften oder der einbezogenen Person bekannt werden oder sich mitgeteilte Erkenntnisse als unrichtig erweisen. (2) Für das weitere Verfahren gilt SS 17 entsprechend. SS 20 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung (1) Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, in der Regel alle fünf Jahre von der zuständigen Stelle zuzuleiten und von ihr zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Unabhängig hiervon hat die überprüfte Person der zuständigen Stelle von sich aus Veränderungen gemäß SS 8 Abs. 4 Satz 3 sowie Änderungen des Fa350 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG milienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit mitzuteilen. (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) ist darüber hinaus in der Regel im Abstand von zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten. Im Übrigen kann die zuständige Stelle eine Wiederholungsüberprüfung einleiten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse dies nahelegen. Auf die Wiederholungsüberprüfung finden die Vorschriften für die Erstüberprüfung Anwendung. Sie ist jedoch nur insoweit durchzuführen, als der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 21 Sicherheitsakte und Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die zuständige Stelle führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsakte, in die alle die Sicherheitsüberprüfung betreffenden Informationen aufzunehmen sind. Informationen über die persönlichen, dienstlichen, dienstund arbeitsrechtlichen Verhältnisse der überprüften Person sind zur Sicherheitsakte zu nehmen, soweit sie für die sicherheitsmäßige Beurteilung erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere: 1. Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, die dazu erteilte Ermächtigung oder Beauftragung sowie deren Einschränkung oder Aufhebung, 2. Umsetzung, Abordnung, Zuweisung, Versetzung und Ausscheiden, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. Anhaltspunkte für Überschuldung, insbesondere Pfändungsund Überweisungsbeschlüsse, 5. Strafund Disziplinarsachen sowie dienstund arbeitsrechtliche Maßnahmen. (2) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle die Sachverhalte gemäß Absatz 1 Nr. 1 mit. (3) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle Änderungen in den Sachverhalten nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 4 und 5 mit. (4) Die mitwirkende Behörde führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsüberprüfungsakte, in die aufzunehmen sind: 351 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 1. Informationen, die die Sicherheitsüberprüfung, die durchgeführten Maßnahmen und das Ergebnis betreffen, 2. die Betrauung mit, das Ausscheiden aus oder die Nichtaufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. die in Absatz 1 Nr. 4 und 5 genannten Sachverhalte, wenn sie sicherheitserheblich sind. (5) Die zuständige Stelle ist verpflichtet, die in Absatz 4 Nr. 2 bis 4 sowie die in SS 17 Abs. 6 genannten Daten unverzüglich der mitwirkenden Behörde zu übermitteln. (6) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte sind nicht Teil der Personalakte. Sie sind gesondert zu führen und dürfen der personalverwaltenden Stelle nicht zugänglich gemacht werden. Der überprüften Person stehen die Auskunftsund Akteneinsichtsrechte nach SS 26 zu. Bei einem Wechsel der überprüften Person zu einer anderen Dienststelle ist die Sicherheitsakte auf Anforderung an die nunmehr zuständige Stelle abzugeben, wenn dort eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausgeübt werden soll. Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist auf Anforderung an die nunmehr zuständige mitwirkende Behörde abzugeben. SS 22 Aufbewahrung und Vernichtung der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte ist gesondert aufzubewahren und gegen unbefugten Zugriff zu schützen. (2) Die Sicherheitsakte ist innerhalb eines Jahres zu vernichten, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in schriftlicher, aber nicht in elektronischer Form in die weitere Aufbewahrung ein. Im Übrigen ist die Sicherheitsakte fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu vernichten, es sei denn die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in die weitere Aufbewahrung ein oder es ist beabsichtigt, sie in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. Willigt eine der genannten Personen nicht in die weite352 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG re Aufbewahrung ein, so ist die Sicherheitsakte zu vernichten. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (3) Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist nach den in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 a und b genannten Fristen zu vernichten. Gleiches gilt bezüglich der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte zu den in SS 4 Abs. 2 Satz 2 genannten Personen. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (4) Das Brandenburgische Archivgesetz vom 7. April 1994 (GVBl. I S. 94) findet auf Sicherheitsakten und Sicherheitsüberprüfungsakten keine Anwendung. SS 23 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die nach diesem Gesetz in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten, ihre Aktenfundstelle und die der mitwirkenden Behörde, 2. die Beschäftigungsstelle und 3. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 1 genannten Zeitpunkts und beteiligte Behörden auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. (2) Die mitwirkende Behörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten der überprüften Person und der in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Person und die Aktenfundstelle, 2. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 genannten Zeitpunkts und 3. sicherheitserhebliche Erkenntnisse und Erkenntnisse, die ein Sicherheitsrisiko begründen auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die Daten nach Nr. 1 dürfen auch in den nach SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässigen Verbunddateien gespeichert und genutzt werden. SS 24 Übermittlung und Zweckbindung (1) Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen sowohl von der zuständigen Stelle als auch von der mitwirkenden Behörde nur für Zwecke 353 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 1. der Sicherheitsüberprüfung, 2. der Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (SS 10 Abs. 3 des Brandenburgischen Polizeigesetzes), 3. parlamentarischer Untersuchungsausschüsse genutzt und übermittelt werden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die ihnen nach Satz 1 Nr. 2 übermittelten Daten für Zwecke eines Strafverfahrens nur verwenden, wenn die Strafverfolgung auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die zuständige Stelle darf die gespeicherten personenbezogenen Daten außerdem für Zwecke der disziplinarrechtlichen Verfolgung sowie dienstoder arbeitsrechtlicher Maßnahmen nutzen und übermitteln, wenn dies zur Gewährleistung des Verschlusssachenschutzes erforderlich ist. Die mitwirkende Behörde darf die gespeicherten personenbezogenen Daten darüber hinaus im Rahmen des erforderlichen Umfangs zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder zur Aufklärung sonstiger Bestrebungen von erheblicher Bedeutung nutzen und übermitteln. (2) Die mitwirkende Behörde darf die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 1 gespeicherten Daten zur Erfüllung aller Zwecke des Verfassungsschutzes übermitteln. (3) Die mitwirkende Behörde darf personenbezogene Daten nach Absatz 1 nur an öffentliche Stellen übermitteln. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten ist aktenkundig zu machen. Die Nutzung oder Übermittlung personenbezogener Daten unterbleibt, soweit gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Eine nichtöffentliche Stelle ist darauf hinzuweisen. SS 25 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit personenbezogener Daten von der betroffenen Person 354 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG bestritten, ist dies, wenn sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, dort zu vermerken, in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren auf sonstige Weise festzuhalten. Zuständige Stelle und mitwirkende Behörde haben sich gegenseitig zu unterrichten. (2) Die in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren und Akten gespeicherten personenbezogenen Daten sind zu löschen soweit ihre Speicherung unzulässig ist. (3) Personenbezogene Daten in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren sind ferner zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden, 1. von der zuständigen Stelle a. innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Sicherheitsüberprüfung, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte und die einbezogene Person willigen in die weitere Speicherung ein, b. nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden der überprüften Person aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, es sei denn, die überprüfte und die einzubeziehende Person willigen in die weitere Speicherung ein, oder es ist beabsichtigt, die überprüfte Person in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. Willigt eine der Personen nicht in die weitere Speicherung ein, so sind die Daten zu löschen. 2. von der mitwirkenden Behörde a. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 10 (Ü 1) nach Ablauf von fünf Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, b. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) nach Ablauf von zehn Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, c. die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 3 gespeicherten Daten, wenn feststeht, dass die überprüfte Person die sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder aus ihr ausgeschieden ist. (4) Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der überprüften Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der überprüften Person verarbeitet oder ge355 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 nutzt werden. Die Sperrung ist aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen entfallen. SS 26 Auskunft, Akteneinsicht (1) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde erteilt auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag unentgeltlich Auskunft über die bei ihr im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung zur anfragenden Person (Antragsteller) gespeicherten Daten. (2) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. Bezieht sich die Auskunft auf personenbezogene Daten, die von der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde der jeweils anderen übermittelt wurden, so ist die Auskunft nur mit deren Einwilligung zulässig. (3) Die Auskunft unterbleibt, wenn 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, oder 2. dies zu einer Gefährdung von Nachrichtenzugängen führen kann oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der mitwirkenden Behörde zu befürchten ist, oder 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten werden müssen und deswegen das Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. (4) Die Ablehnung der Auskunft bedarf keiner Begründung, wenn dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe für die Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunft ganz oder teilweise abgelehnt, ist der Antragsteller auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht wenden kann. Diesem ist auf 356 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG Verlangen des Antragstellers persönlich Auskunft zu erteilen, soweit nicht die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes gefährdet würde. Personenbezogene Daten einer Person, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, dürfen auch dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht gegenüber nicht offenbart werden. Mitteilungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht an den Antragsteller dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde zulassen. (5) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde gewährt dem Antragsteller auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag Einsicht in die Teile der Sicherheitsakte oder der Sicherheitsüberprüfungsakte, die Daten zu seiner Person enthalten, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht ausreicht und er hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist. Die Regelungen der Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend. Abschnitt 3 Geheimund Sabotageschutz bei nichtöffentlichen Stellen SS 27 Anwendungsbereich Bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die von der zuständigen Stelle zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit bei einer nichtöffentlichen Stelle ermächtigt werden sollen, gelten die für Sicherheitsüberprüfungen bei öffentlichen Stellen anzuwendenden Vorschriften dieses Gesetzes, soweit sich aus den folgenden Regelungen nichts Anderes ergibt. SS 28 Zuständigkeit Die Aufgaben der zuständigen Stelle werden wahrgenommen für 1. den Geheimschutz a. von der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle, die eine Verschlusssache an eine nichtöffentliche Stelle weitergeben will, es sei denn, die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde übernimmt im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde die Aufgaben der zuständigen Stelle, 357 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 b. von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit eine Verschlusssache von einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle eines anderen Bundeslandes an eine nichtöffentliche Stelle im Land Brandenburg weitergegeben werden soll. 2. den Sabotageschutz von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit nicht im Einvernehmen mit dieser eine andere oberste Landesbehörde die Aufgabe als zuständige Stelle wahrnimmt. SS 29 Bestellung eines Sicherheitsbevollmächtigten (1) Die nichtöffentliche Stelle benennt der zuständigen Stelle einen geeigneten leitenden Mitarbeiter als Sicherheitsbevollmächtigten, der nach Maßgabe dieses Gesetzes an den Sicherheitsüberprüfungen zu beteiligen ist. Der Sicherheitsbevollmächtigte ist der Leitung der nichtöffentlichen Stelle unmittelbar zu unterstellen, ohne dass deren Verantwortung hiervon berührt wird. (2) Der Sicherheitsbevollmächtigte muss nach der höchsten bei der nichtöffentlichen Stelle vorkommenden Verschlusssacheneinstufung sicherheitsüberprüft sein. SS 30 Sicherheitserklärung, Sicherheitsakte (1) Abweichend von SS 15 Abs. 1 nimmt der Sicherheitsbevollmächtigte der nichtöffentlichen Stelle die Sicherheitserklärung entgegen. Er prüft die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegebenenfalls unter Beiziehung der Personalunterlagen, gibt sie an die zuständige Stelle weiter und teilt ihr alle sicherheitserheblichen Erkenntnisse mit. (2) Für die Sicherheitsakte über die überprüfte Person, die die nichtöffentliche Stelle führt, gilt SS 21 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Sicherheitsakte der nichtöffentlichen Stelle bei einem Wechsel des Arbeitgebers nicht abzugeben ist. SS 31 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe von sicherheitserheblichen Erkenntnissen Die zuständige Stelle unterrichtet den Sicherheitsbevollmächtigten darüber, ob die überprüfte Person zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ermächtigt oder nicht ermächtigt werden kann. Erkenntnisse, auf denen diese Entscheidung beruht, dürfen nicht mitgeteilt werden. Um den Ge358 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG heimund Sabotageschutz zu gewährleisten, können sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach SS 7 Abs. 2 an die nichtöffentliche Stelle übermittelt werden; sie dürfen von dieser ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden. Die nichtöffentliche Stelle hat die zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten, wenn ihr sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die überprüfte oder die einbezogene Person bekannt werden. SS 32 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, auf Anforderung der zuständigen Stelle in der Regel alle fünf Jahre von der nichtöffentlichen Stelle erneut zuzuleiten. Die überprüfte Person hat die Sicherheitserklärung zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Die zuständige Stelle beauftragt die mitwirkende Behörde, die Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 erneut durchzuführen. SS 33 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten Die nichtöffentliche Stelle darf die nach diesem Gesetz zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten der überprüften Person in einer Sicherheitsakte und auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die personenbezogenen Daten der einbezogenen Person dürfen nur in der Sicherheitsakte gespeichert, verändert und genutzt werden. Die Regelungen der SSSS 22 und 25 gelten entsprechend. Abschnitt 4 Reisebeschränkungen und Schlussvorschriften SS 34 Reisebeschränkungen (1) Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, die eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) erfordert, können verpflichtet werden, Dienstoder Privatreisen in und durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, der zuständigen Stelle oder der nichtöffentlichen Stelle rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die Verpflichtung kann auch für die Zeit nach dem 359 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit angeordnet werden. (2) Die zuständige Stelle kann die Reise untersagen, wenn Anhaltspunkte zur Person oder eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegen, die eine erhebliche Gefährdung der überprüften Person durch fremde Nachrichtendienste erwarten lassen. Eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit ist in der Regel bei den in SS 12 Nr. 4 genannten Personen anzunehmen. (3) Ergeben sich bei einer Reise in oder durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, Anhaltspunkte, die auf einen Anbahnungsoder Werbungsversuch fremder Nachrichtendienste hindeuten können, so hat die überprüfte Person die zuständige Stelle unverzüglich nach Rückkehr zu unterrichten. SS 35 Ermächtigung zur Rechtsverordnung Die jeweils zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern durch Rechtsverordnung die lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen im Sinne des SS 2 Abs. 2 zu bestimmen. SS 36 Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften (1) Das Ministerium des Innern wird ermächtigt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. (2) Das für Wirtschaft zuständige Ministerium erlässt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes im Bereich der nichtöffentlichen Stellen. (3) Die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde bestimmt im Einvernehmen mit der mitwirkenden Behörde (SS 4 Abs. 2) die sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen. 360 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 361 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 8.4 Register Ortsregister Landkreis Barnim.......................................................................... BAR Landkreis Dahme-Spreewald ........................................................LDS Landkreis Elbe-Elster ......................................................................EE Landkreis Havelland ......................................................................HVL Landkreis Märkisch-Oderland....................................................... MOL Landkreis Oberhavel ....................................................................OHV Landkreis Oberspreewald-Lausitz .................................................OSL Landkreis Oder-Spree .................................................................. LOS Landkreis Ostprignitz-Ruppin .......................................................OPR Landkreis Potsdam-Mittelmark ....................................................... PM Landkreis Prignitz ............................................................................PR Landkreis Spree-Neiße................................................................. SPN Landkreis Teltow-Fläming ................................................................ TF Landkreis Uckermark...................................................................... UM Brandenburg an der Havel ........................................................... BRB Cottbus ............................................................................................CB Frankfurt (Oder) ............................................................................... FF Potsdam ............................................................................................ P A Afghanistan............................................................................ 48, 138, 187 Afrika ............................................................................................. 58, 193 Ägypten ............................................................................................... 183 Algerien ............................................................................................... 181 Amenas (Algerien) ............................................................................... 181 362 Ortsregister Angermünde (UM) ............................................................................... 127 Arabien ................................................................................................ 193 Arabische Halbinsel ............................................................................. 183 Asien.................................................................................................... 193 Auschwitz (Polen) ........................................................................ 107, 133 B Bad Belzig (PM)......................................... 50, 53, 90, 110, 143, 144, 146 Badbergen (Niedersachsen)................................................................ 115 Baden-Württemberg ................................................ 73, 95, 115, 163, 200 Bad Fallingbostel, OT Dormark (Niedersachsen) ................................ 121 Bad Freienwalde (MOL) ........................................................ 98, 108, 147 Bad Liebenwerda (EE) ........................................................................ 147 Baruth/Mark (TF) ................................................................................... 43 Bayern ................................................................ 23, 26, 74, 113, 115, 121 Beelitz (PM) ................................................................... 50, 141, 143, 147 Beeskow (LOS) ......................................................................... 102f., 217 Berlin ...................... 4, 26f., 32, 49, 52f., 79, 95, 98f., 118f.,137, 140-143, 156, 160, 163f., 175, 177f., 188, 190, 195, 203, 206, 219 Berlin-Brandenburg ............................................. 118, 156, 203, 206, 219 Bernau (BAR) .................................................................... 52f., 127f., 160 Bestensee, OT Pätz (LDS) .................................... 50, 56, 142, 144, 146f. Biesenthal (BAR) ....................................................... 42, 46, 97, 117, 120 Bochum (Nordrhein-Westfalen) ........................................................... 174 Bonn (Nordrhein-Westfalen) ................................................ 184, 188, 193 Boston (USA)....................................................................... 182, 184, 191 Brandenburg ........... 6-11, 15, 18, 21, 25, 28, 32, 35-38, 40, 42, 44f., 47f., 50, 53, 56f., 60, 62, 67, 70f., 79, 83, 87, 89, 90, 92-99, 101-103, 106, 108, 110-116, 118, 120-122, 125f., 128, 131, 133, 135f., 139, 141f., 148f., 151, 153f., 157, 159-161, 164f., 167f., 171, 174-176, 179, 181, 184f., 188, 190, 192, 195f., 198, 202-204, 206, 210f., 216-219 Brandenburg an der Havel .............. 38, 50, 53, 83, 87, 94, 117, 121, 128 363 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser ........................................ 121 Brasilien ............................................................................................... 128 Bremen .................................................................................. 95, 106, 120 Brüssow (Mecklenburg-Vorpommern) ................................................. 115 Buchenwald (Thüringen) ..................................................................... 133 Bundesrepublik Deutschland .................... 16, 22, 28, 43, 48, 54f., 59, 61, 66-68, 73, 89, 95f., 98, 107, 110f., 114, 120, 124, 128, 133, 135-139, 142, 144, 150, 153, 167, 171-173, 175, 178, 181, 183, 186-188, 191-193, 195-197, 199, 201-204, 210 C Calau (OSL)........................................................................................... 47 Chemnitz (Sachsen) ..................................................................... 111, 113 Chorin (BAR) ......................................................................................... 98 Cottbus .................. 26, 40, 42f., 47, 85f., 89, 102, 108, 111-114,124, 133, 139, 152, 157, 160, 162-164, 168, 172, 174, 178 Cottbus, OT Groß Gaglow ................................................................... 132 D Dortmund (Nordrhein-Westfalen) .................................................... 74, 96 Dresden (Sachsen).................................... 40, 79, 85f., 111-113, 156, 218 E Eberswalde (BAR) ....................................................................... 113, 160 Eisenhüttenstadt (LOS) .................................... 28, 48, 53, 103, 128, 130, 141, 145, 147, 175, 216 Essen (Nordrhein-Westfalen) ............................................................ 171f. Europa ........................................................... 28, 61, 63, 67, 86, 88, 196f. F Falkensee (HVL).................................................................................. 146 Ferch (PM)....................................................................................... 36, 89 Finsterwalde (EE) ................................................................................ 160 Forst (SPN).................................................................................. 133, 160 364 Ortsregister Frankfurt am Main (Hessen) ........................................................ 151, 187 Frankfurt (Oder) .......................................... 28, 48, 91, 108, 111, 160, 172 Friesack (PM) ..................................................................... 134f., 144, 146 Fulda (Hessen) .................................................................................... 151 Fürstenberg/Havel (OHV) .............................................................. 46, 133 Fürstenwalde/Spree (LOS) .............................. 36, 48f., 53, 103, 141, 147 G Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) ................................................. 174 Geltow (PM)........................................................................................... 87 Gera (Thüringen) ................................................................................. 115 Görgeshausen (Rheinland-Pfalz) ........................................................ 112 Göttingen (Niedersachsen).................................................................. 167 Gransee (OHV).................................................................................... 146 Griechenland ......................................................................................... 43 Großbritanien............................................................................... 182, 184 Großräschen (OSL) ....................................................................... 42, 130 Guben (SPN) ........................................................................... 46f., 86, 88 H Halbe (LDS) ............................................................................... 36, 44, 89 Hamburg .................................................................................... 25, 30, 95 Hamburg, St. Pauli .............................................................................. 107 Hennigsdorf (OHV) ........................................................................ 51, 85f. Herzberg (EE)........................................................................................ 47 Hessen .................................................................................... 95, 97, 151 I Irak..................................................................................... 138, 182f., 196 Iran ...................................................................................................... 207 Israel .................................................................................................... 108 Italien ...................................................................... 51f., 86, 110, 113, 115 365 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 J Jüterbog (TF) ......................................................................................... 46 K Kahla (Thüringen) ................................................................................ 115 Karstädt (PR) ......................................................................................... 88 Kaukasus ............................................................................. 10, 191f., 218 Kenia ................................................................................................... 182 Ketschendorf (LOS) ............................................................................... 36 Kloster Lehnin (PM) ............................................................................... 88 Köln (Nordrhein-Westfalen) ................................................................. 187 Königs Wusterhausen (LDS) .............................. 46, 65f., 88, 91, 93, 132, 160, 168, 172, 217 Kyritz (OPR) .......................................................................................... 54 L Landkreis Barnim (BAR) .................. 42, 52f., 92, 94, 97f., 102, 106f.,109, 111, 113, 116, 118, 120, 127, 143, 145, 157, 160 Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) ............. 36, 43f., 49, 50, 60, 62, 65f., 88f., 91, 122, 132, 142, 144, 154, 160, 168, 172, 217 Landkreis Elbe-Elster (EE) .................................................... 47, 143, 160 Landkreis Havelland (HVL).............................. 50, 91, 94, 134, 141, 143f. Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) ............. 89, 98, 102, 108, 126, 133, 160, 168, 172 Landkreis Oberhavel (OHV) ................. 36, 51f., 79, 85f., 89, 91, 94, 102, 133, 144, 154, 216 Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL) ................ 42, 47, 102, 130, 141 Landkreis Oder-Spree (LOS).............. 28, 36, 48f., 53, 67, 79, 102f., 112, 125, 128, 130, 141, 175, 216f. Landkreis Ostprignitz-Ruppin (OPR) ... 24, 54, 87, 91, 109, 131, 160, 168 Landkreis Potsdam-Mittelmark (PM) ............. 36, 50, 53, 87-90, 102, 110, 122, 132, 141, 143f., 177 Landkreis Prignitz (PR).................................................................... 54, 88 366 Ortsregister Landkreis Spree-Neiße (SPN) ............ 47, 86, 88f., 91, 129-133, 156, 160 Landkreis Teltow-Fläming (TF) ........................................ 43, 87, 143, 172 Landkreis Uckermark (UM).. 36, 42, 53, 82f., 91, 93, 102, 108, 127f., 172 Lauchhammer (OSL) ......................................................................... 146f. Letschin (MOL) .................................................................................... 146 Lietzen (MOL) ........................................................................................ 89 London (Großbritanien) ............................................................... 182, 184 Lübbenau (OSL) .................................................................... 42, 141, 147 Lübben (LDS) ...................................................................................... 147 Luckenwalde (TF) .......................................................... 46, 143, 147, 172 Ludwigsfelde (TF) .................................................................................. 46 M Magdeburg (Sachsen-Anhalt)........................................................ 37, 163 Maghreb (Nordafrika) .......................................................................... 183 Mahlow (TF) .......................................................................................... 87 Mali ...................................................................................................... 182 Märkisch-Buchholz (LDS) ............................................................. 49, 117 Marxdorf (MOL) ..................................................................................... 89 Mecklenburg-Vorpommern .............. 6, 23f., 27, 31f., 52, 58, 63, 110, 118, 140, 153, 175 Memmingen (Bayern) .......................................................................... 113 Mühlenbecker Land (OHV) .................................................................... 46 Mühlenfließ, OT Grabow (PM)..................................................... 117, 122 N Nairobi (Kenia)..................................................................................... 182 Nauen (HVL).................................................................................... 46, 50 Neuenhagen (MOL) ............................................................................. 133 Neuensalz, OT Zobes (Sachsen) ........................................................ 115 Neuhardenberg (MOL) ...................................................................... 146f. Neuruppiner See ................................................................................... 54 Neuruppin (OPR) ....................................................... 24, 54, 91, 160, 168 367 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Neuseddin (PM)............................................................................... 36, 89 Niederlande ................................................................................. 107, 110 Niedersachsen........................................................... 25, 95, 97, 115, 121 Niemegk (PM)........................................................................................ 50 Nordkaukasus.................................................................................... 191f. Nordkorea ............................................................................................ 207 Nordrhein-Westfalen. 25, 73, 95f., 110, 115, 171, 174, 184, 187, 189, 193 Nuthetal (PM) ...................................................................................... 132 O Oderberg (BAR)................................................................... 98, 143, 146f. Oranienburg (OHV) ................ 7, 46, 51f., 60, 91, 94, 102, 133, 144, 146, 154, 160, 216 P Pähl bei Weilheim (Bayern) ................................................................. 121 Pakistan ............................................................................... 183, 187, 207 Palästina .............................................................................................. 183 Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) ............................................... 118 Passau (Bayern) .................................................................................... 23 Perleberg (PR)....................................................................................... 54 Polen ............................................................................................. 43, 132 Potsdam ........................... 7, 26, 28, 39, 43f., 50, 60, 65, 69, 75, 77, 81f., 87f., 94, 102f., 126, 128-132, 141, 146, 152, 154, 160, 162,168, 171-173, 175, 178, 211, 217f. Premnitz (HVL) ............................................ 50, 91, 93f., 141, 143f., 146f. Prenzlau/Templin (UM) ........................................................................ 172 Prenzlau (UM) ..................................................... 36, 42, 52f., 83, 89, 172 R Rathenow (HVL) ................................................ 50, 91, 94, 141, 146, 218 Rheinland-Pfalz ................................................................. 25, 73, 95, 112 Riesa (Sachsen) .................................................................................... 61 368 Ortsregister Roden-Ansbach (Bayern) .................................................................... 115 Ruppiner See (OPR) ............................................................................. 87 Russische Föderation .................................................. 191, 199, 203, 208 S Saarland .......................................................................................... 26, 28 Sachsen............................. 6, 23f., 29, 32, 37, 45, 58, 61f., 79, 85, 94-96, 101, 107, 110-116, 118, 120, 136, 140, 153, 217f. Sachsen-Anhalt ........................................................ 37, 94, 110, 112, 163 Sachsenhausen (OHV)........................................................................ 133 Schenkenländchen (LDS).................................. 7, 44, 49, 60, 62, 66, 154 Schleswig-Holstein ........................................................................ 25, 110 Schneeberg (Sachsen) ........................................................................ 140 Schöneiche (LOS) ......................................................................... 49, 147 Schorfheide, OT Finowfurt (BAR) ................ 9, 91, 94, 97, 106f., 109, 111, 113, 116-118 Schwedt/Oder (UM) ................................... 42, 52f., 82f., 91, 93, 128, 172 Senftenberg (OSL) ...................................................................... 102, 147 Solingen (Nordrhein-Westfalen) .......................................................... 188 Söllingen (Baden-Württemberg) .......................................................... 115 Somalia.............................................................................................. 182f. Sondershausen (Thüringen) ................................................................ 112 Sotschi (Russische Förderation) ......................................................... 192 Spremberg (SPN) .................................. 8, 89-93, 129-132, 152, 156, 160 Storkow (LOS) ............................................................................... 67, 112 Strausberg (MOL) ................................................ 102, 126, 160, 168, 172 Stuttgart (Baden-Württemberg) ................................................... 163, 200 Syrien ................................... 10, 138, 173, 182-184, 187f., 190, 193, 207 T Teltow (PM).......................................................................... 102, 141, 177 Teschendorf (OHV) ................................................................................ 36 Thüringen ......................................................... 45, 73, 110, 112, 115, 153 369 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Torgau, OT Staupitz (Sachsen) ................................................. 101, 114f. Tschechische Republik ........................................................................ 110 Tschetschenien.................................................................................. 190f. Tunesien .............................................................................................. 183 Türkei.................................................................................... 193, 195-197 U Uckerland, OT Uhlenhof (UM) ............................................................. 108 USA ..................................................................... 173, 182, 184, 191, 200 V Velten (OHV) ................................................................................. 89, 119 Verona (Italien) .................................................................................... 115 Vetschau (OSL) ..................................................................... 42, 141, 147 Volksrepublik China ................................................................... 199, 203f. W Wandlitz (BAR) ...................................................................................... 53 Werder (Havel) (PM) ....................................................................... 87, 89 Wittenberge (PR) ................................................................................... 88 Wittenberg (Sachsen-Anhalt) .............................................................. 112 Wittstock (OPR) ........................................................................... 109, 131 Wolgograd (Russische Förderation) .................................................... 192 Wünsdorf (TF) ....................................................................................... 43 Z Zepernick (BAR) ........................................................... 52f., 143, 145-147 Zossen (TF) ........................................................................................... 43 Zypern ................................................................................................... 43 370 Ortsregister 371 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Personenregister A Aae, Per Lennart ................................................................................... 62 Abou-Nagie, Ibrahim............................................................................ 187 al-Zawahiri, Aiman ............................................................................... 183 Apfel, Holger ............................................... 7, 24f., 27-31, 34, 40, 57, 153 Appel, Detlef .......................................................................................... 51 Assad................................................................................... 173, 183, 188 B Behrens, Stefan ................................................................................... 120 Beier, Klaus ..................................................................... 28, 34, 48, 148f. Beisicht, Markus .................................................................................. 189 Belmokhtar, Mokhtar............................................................................ 181 Borchardt, Siegfried (alias SS-Sigi) ....................................................... 96 Brehl, Thomas ....................................................................................... 29 Brusak, Björn ............................................................................... 103, 108 Busse, Friedhelm................................................................................... 23 C Chouka, Yassin .................................................................................... 188 Cuspert, Denis (alias Deso Dogg) ....................................................... 190 D Dabbagh, Hassan ................................................................................ 187 Deckert, Günter ..................................................................................... 22 Dornbrach, Pierre ............................... 38, 43, 49f., 53, 57, 60-62, 65, 142 E Eminger, Andre .................................................................................... 122 Eminger, Maik ...................................................................................... 122 372 Personenregister F Fank, Maria............................................................................................ 53 Faust, Matthias ...................................................................................... 95 Fiß, Daniel ............................................................................................. 63 Forstmeier, Marcel ................................................................................. 74 G Goebbels, Josef..................................................................................... 93 H Hähnel, Stella .................................................................................. 49, 50 Handschuh (Liedermacher) ................................................................. 108 Haverlandt, Sven ........................................................................... 49, 122 Heise, Thorsten ..................................................................................... 28 Heß, Rudolf ................................................................................... 89, 120 Hitler, Adolf .......................................... 47, 82, 87, 89, 103, 107, 119, 132 K Knape, Andy .................................................................................. 57f., 62 Knuffke, Frank ....................................................................... 50, 142, 148 Kokott, Manuela..................................................................................... 34 Kran, Burak.......................................................................................... 183 Kühnen, Michael ........................................................................ 29, 48, 96 L Leichsenring, Uwe ................................................................................. 23 Lenin, Wladimir Iljitsch ......................................................................... 175 Lierse, Lore...................................................................................... 34, 51 Ludendorff, Erich ................................................................................. 121 Ludendorff, Mathilde ............................................................................ 121 M Mann, Klaus..................................................... 8, 97, 106, 118f., 155, 157 Mann, Sybille ......................................................................................... 99 373 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Marx, Karl ............................................................................................ 175 Marx, Peter ............................................................................................ 30 Meenen, Uwe ........................................................................................ 28 Mohammed.................................................................................. 185, 188 Müller, Michel................................................................................... 34, 50 N Netze (Liedermacher) .......................................................................... 103 Nordbruch, Claus................................................................................. 122 O Öcalan, Abdullah ................................................................................. 195 P Pastörs, Udo ............................... 7, 23f., 27, 30-32, 52, 62, 140, 149, 153 Priebke, Erich ........................................................................ 51, 86f., 113 R Radzimanowski, Kersten ....................................................................... 28 Reitz, Axel.............................................................................................. 57 Richter, Sebastian ................................................................................. 62 Rieger, Jürgen ............................................................................... 24, 122 Rigby, Lee............................................................................................ 182 Rohleder, Frank ..................................................................................... 28 Rokohl, Aileen........................................................................ 34, 52f., 145 Rösler .................................................................................................... 39 S Sahner, Burkhard................................................................................. 50f. Salomon, Thomas ......................................................................... 34, 50f. Schäfer, Michael ............................................................................... 57-59 Scheffler, Maik ....................................................................................... 62 Schittke, Norbert .................................................................................. 125 Schlowak, Alexander ........................................................................... 125 Schmidtke, Sebastian .................................................................... 27, 140 374 Personenregister Schrader, Gesine "Hennrich" ............................................................... 119 Schwerdt, Frank .................................................................................... 32 Snowden, Edward ............................................................................... 200 Staletzki, Tom ...................................................................................... 119 Stalin.................................................................................................... 164 Stauff, Philipp ........................................................................................ 29 Stein, Florian ......................................................................................... 34 Sturm, Jan ........................................................................................... 140 T Trick, Dave ............................................................................................ 54 U Umarov, Dokku .................................................................................. 191f. V Vogel, Pierre ...................................................................................... 186f. Voigt, Udo ........................................................ 22-24, 27-29, 31f., 34, 153 von Bismarck, Otto ................................................................................ 37 von Praunheim, Rosa ............................................................................ 29 W Wecki (Liedermacher) ................................................................. 103, 112 Westergaard, Kurt ............................................................................... 188 Westerwelle ........................................................................................... 39 Woidke Dr., Dietmar ........................................................................ 43, 64 Wolinski, Robert .................................................................................. 119 Worch, Christian .................................................... 8, 25, 30, 95f., 99, 154 Wulff, Thomas............................................................................ 23, 30, 31 Z Zakaev, Ahmed .................................................................................... 191 Zarnajew, Dschochar ................................................................... 182, 191 Zarnajew, Tamerlan ............................................................................. 182 Zasowk, Ronny ............................................ 34, 39, 40, 45, 47f., 53, 139f. 375 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Sachregister 1. FC Lokomotive Leipzig .................................................................... 130 2 Minutes Warning ....................................................................... 109, 113 12 Golden Years .......................................................................... 109, 119 A Against Music Industry ........................................................................ 102 Agnar ........................................................................................... 102, 112 Aktionsbüro Mittelrhein .......................................................................... 73 al-Qaida ................................................................................ 181-183, 193 Al-Shabab ............................................................................................ 182 Altermedia ................................................................................. 29, 82, 93 Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive (ANSDAPO) ....................................................... 72f. Amadeu Antonio Stiftung ....................................................................... 65 Amtsgericht Königs Wusterhausen ....................................................... 65 Amtsgericht Tiergarten .......................................................................... 27 Anger Within ........................................................................................ 102 Anti-Asylkampagne.................................................................... 7, 9, 140f. Antifa ....................................................................................... 80, 90, 164 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) ............................................. 10, 195-197 Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. ............................................. 121 Artikel 10-Gesetz ................................................................................... 17 Aryan Brotherhood (A.B.) ............................................................ 102, 105 Assoziation Marxistischer StudentInnen (AMS) .................................. 171 Atomgesetz.......................................................................................... 212 Autan ........................................................................................... 102, 105 Autonome Gruppe Oranienburg (AGO ................................................ 160 Autonome Nationalisten (AN) ................................................................ 71 B Barbaren .............................................................................................. 103 376 Sachregister Barnimstimme.................................................................................. 38, 52 Besseres Hannover ............................................................................... 74 Beuth Hochschule für Technik Berlin ........................................... 206, 219 Bewachungsverordnung (BewachV) ................................................... 212 Bloodshed (B.S.) ......................................................................... 102, 105 Blutflagge........................................................................... 102f., 105, 109 Borussenfront ........................................................................................ 96 Brandenburgische Kommunalakademie.............................................. 216 Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung - demos 11, 216f. Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz (BbgSÜG) ......... 211 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG)........ 16-18 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle .................................. 207 Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)...................................... 211 Bundesgerichtshof ............................................................................... 196 Bundeskriminalamt .............................................................................. 211 Bundesnachrichtendienst ............................................................ 207, 211 Bundespolizei ...................................................................................... 211 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) .................... 114 Bundesrat ................................................................................ 24, 29, 153 Bundesrepublik Deutschland ................................ 16, 22, 43, 55, 95, 124, 171-173, 186, 199, 201f., 210 Bundestag ................................................................................. 7, 22, 140 Bundestagswahl ....... 26-28, 38, 44, 79, 81f., 93, 95, 140, 154, 173, 175f. Bundesverfassungsgericht ........................................ 24, 27, 29, 120, 153 Bundeszentralregister.......................................................................... 211 Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V. (BfG) ............................... 121f. Bündnis 90/Die Grünen ................................................................... 16, 43 Bürgerinitiative "Märkisch Buchholz: offen und bunt" ............................ 65 Bürgerinitiative Nein zum Heim! ............................................................ 27 Burn Down (B.D.) ........................................................ 102, 105, 109, 115 377 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 C CasaPound ............................................................................................ 63 Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) .............. 16, 43, 82 Chrysi Avgi (deutsch: Goldene Morgenröte).......................................... 63 Confident of Victory (C.O.V.) .............................. 102, 105, 109, 112f., 115 Cynic.................................................................................................... 102 D Dahmelandstimme................................................................................. 38 Dawa FFM ........................................................................................... 189 Der Aktivist............................................................................................. 57 Der Dritte Weg ....................................................................................... 25 Deutsche Demokratische Republik (DDR) .............................. 3, 172, 174 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ................ 10, 159, 171-174, 179 Deutschen Bahn .................................................................................. 133 Deutsches Reich ................................................................................. 124 Deutsche Stimme .................................................................................. 40 Deutsche Volksunion (DVU) ..................................... 8, 25, 45, 95-97, 155 Die Exilregierung Deutsches Reich ..................................................... 125 DIE LINKE ................................................................. 16, 43f., 53, 87, 130 Die Nationalen ....................................................................................... 32 Dienstanweisung Beschaffung .............................................................. 18 Die Rechte ..................................... 6, 8f., 11, 21, 25, 29f., 45, 92, 95-100, 119f., 143, 147, 153-157 Die Rote Hilfe .................................................................................... 167f. Die Unsterblichen ............................................................................ 78, 84 Die wahre Religion (DWR) .................................................................. 187 Die weißen Jäger (D.W.J.)................................................... 102, 105, 115 Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JF) .................................................. 72f. Drittes Reich ............................ 25, 42, 47, 56, 65, 75, 118, 131, 133, 137 E Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte ..................................... 27 378 Sachregister Europäisches Parlament ..................................................................... 217 Europäische Union (EU) .......................................... 40, 43, 196, 199, 201 Europawahl................................................ 31, 58, 63, 100, 148, 153, 155 Exilregierung Deutsches Reich ........................................................... 125 Extremograph ...................................................................................... 168 Exzess ......................................................................... 102, 105, 109, 115 F Facebook .......................... 4, 7, 28, 36f., 51, 59f., 98, 120, 134, 140, 142, 144-146, 148, 150f., 154, 174, 187 Fackelmarsch .................................................................... 61, 78, 88, 142 Fight back #5 / Neonazis in Berlin und Brandenburg - eine Antifa-Recherche ......................................................................... 164 Finanzamt Cottbus .............................................................................. 124 Flak Sturm ................................................................................... 103, 108 Forgotten Tomb ................................................................................... 109 Freie Demokratische Partei (FDP) .................................................. 16, 43 Freie Kräfte ......................... 7-9, 33, 48, 50, 52-56, 60, 66, 71, 73, 76, 78, 82-85, 87-89, 91-93, 96, 99f., 134, 146, 153f., 156 Freie Kräfte Königs Wusterhausen (FK KWH) ................................ 91, 93 Freie Kräfte Neuruppin / Osthavelland (FKN)........ 76, 78, 83, 85, 87, 91f. Freie Kräfte Schwedt/Oder ........................................................ 82, 91, 93 Freie Kräfte Teltow-Fläming (FKTF) .................................................... 72f. Freie Nationalisten................................................................................. 71 Freie Nationalisten Uckermark (FNUM) ................................................ 72 freies-netz.com ...................................................................................... 90 Freies Netz Süd ..................................................................................... 74 freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGo).......... 3, 15, 22, 42, 55, 75, 149, 169, 179, 215f. Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) .................................... 32, 96 Freiräume ............................................................................................ 165 Freundeskreise Udo Voigt ..................................................................... 27 Freundeskreis Nord-Brandenburg ......................................................... 90 379 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 friedensvertrag.org .............................................................................. 125 Frontalkraft (FK) ................................................. 102f., 105, 109, 112, 115 Frontbann 24 ......................................................................................... 98 Frontfeuer ................................................. 102f., 105, 109, 111, 114f., 119 Funeral Winds ..................................................................................... 109 G G 10-Kommission ............................................................................. 15-17 Geheimschutz............................................................................ 199, 210f. Gemeinschaft deutscher Frauen (GDF) ................................................ 49 Germania-Versand .............................................................................. 112 Gesetzes der Russischen Föderation über die Auslandsaufklärung ... 203 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes ................................... 17 Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg (GGSOBB) ............... 72 Glaskammer ........................................................................................ 102 Grundgesetz .......................................................................... 15, 137, 185 H Hallgard ....................................................................................... 102, 105 Handstreich ..................................................................... 102f., 105, 112f. Hassgesang (H.G.) ...................................................................... 102, 105 Hausmannskost (HMK) ...................................... 102, 105, 109, 112, 114f. Havellandstimme ............................................................................. 38, 50 Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ ........................................... 32, 49 Heimdall-Versand ................................................................................ 112 Helle: siehe Helle und die RACker (H&R) Helle und die RACer .......................................................... 102f., 105, 115 Helle und die RACker (H&R): siehe Helle und die RACker (H&R) Himmelfahrtskommando.............................................................. 102, 105 Hohe Warte ......................................................................................... 122 Hope for the Weak....................................................................... 103, 109 I identitaere-bewegung.de ..................................................................... 150 380 Sachregister Identitäre Bewegung................................................. 9f., 59, 149-152, 157 Identitäre Bewegung Cottbus .......................................................... 9, 152 Identitäre Bewegung Lausitz ............................................................... 151 Identitäre Bewegung Potsdam ............................................................ 152 Indymedia ............................................................................................ 160 Infoportal Potsdam ................................................................................ 87 INSPIRE .............................................................................................. 184 Interessensgemeinschaft Sturm Oranienburg ....................................... 72 Islamische Audios ................................................................................ 189 Islamische Bewegung Usbekistans (IBU)............................................ 188 J Jugendschutzgesetz (JuSchG)............................................. 103, 109, 111 Jungblut & Wortgefecht ....................................................................... 109 Junge Nationaldemokraten (JN) ........... 6-8, 21, 32, 34-39, 43f., 48f., 52f., 55-67, 70f., 75, 77, 89, 103, 114, 122f., 142, 154, 157 Jungvolk .............................................................................. 102, 105, 112 K KADEK: siehe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Kalifat................................................................................................... 183 Kameradschaft Aachener Land ....................................................... 73, 96 Kameradschaft Hamm ..................................................................... 74, 96 Kameradschaft Hauptvolk ................................................... 50, 72, 73, 94 Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW) .............................. 103, 111 Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB)................... 72, 90-92, 99 Kameradschaft Oberhavel ................................................................... 72f. Kameradschaft Schutzbund Deutschland ............................................. 73 Kameradschaft Walter Spangenberg..................................................... 73 Kampagne "Lies!" ................................................................................ 187 Kategorie C: siehe Kategorie C - Hungrige Wölfe 381 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Kategorie C - Hungrige Wölfe ..................................................... 106, 120 KATJUSCHA........................................................................................ 164 Kaukasisches Emirat (KE) ........................................................... 191, 192 KC-Band: siehe Kategorie C - Hungrige Wölfe KCK: siehe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) KGB ..................................................................................................... 200 KinderZimmerTerroristen ..................................................................... 109 KKK: siehe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Klänge des Blutes.............................................................. 102f., 105, 109 Kommando Werwolf (KSKW) / Terrorcrew: siehe Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW) / Terrorcrew Kommunalpolitische Vereinigung (KPV) ................................................ 35 Kommunalwahlen ........................................................ 9, 48, 96, 100, 155 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) .................................... 171f. Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD)........................ 174 KONGRA GEL: siehe Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) kongra-gel.org ..................................................................................... 196 Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa (CDK) ............................................................. 196 L Landesfeuerwehrschule ...................................................................... 216 Landesfeuerwehrverband .................................................................... 216 Landesintegrationsbeauftragte ............................................................ 217 Landesjugendamt .......................................................................... 11, 216 Landeskriminalämter ........................................................................... 211 Landgericht Potsdam............................................................................. 65 Landkreistag .................................................................................. 11, 216 Landtag Brandenburg .............................................................. 15, 44, 136 Landtag Mecklenburg-Vorpommern ...................................... 52, 140, 153 Landtagswahlen ............................... 6-9, 26, 32, 34, 44f., 100, 148, 154f. Lausitzer Front Guben (LFG) ................................................................ 72 382 Sachregister Lausitzer Rundschau ..................................................................... 90, 152 Legion of Thor ..................................................................................... 109 Leichenzug .......................................................................................... 109 lichtschatten.info .................................................. 69, 75, 81, 86, 88f., 144 Licht und Schatten: siehe lichtschatten.info Luftsicherheitsgesetz ........................................................................... 212 M Magog.................................................................................................. 102 Märkischer Heimatschutz ...................................................................... 72 Märkische Skinheads 88 (MS 88)............................................ 91, 94, 119 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ............. 159, 171, 174-176, 179 Mensch und Maß ................................................................................. 122 Militärischer Abschirmdienst ................................................................ 211 Millatu Ibrahim ..................................................................................... 190 Mobile Beratungsteams ....................................................................... 217 Mogon.......................................................................................... 102, 105 Molokoplus Versand ............................................................................ 112 Muwaqqiun bi-d-damm (Die mit Blut unterzeichnen)........................... 181 N Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ..... 3, 6-9, 21-34, 36f., 39-45, 47-60, 62, 64f., 67,69-71, 75-77, 81, 83, 85, 87, 89-92, 94-98, 100, 103,108, 112, 114, 119f., 122f., 125, 130, 134-149, 153-157, 178 Nationale Jugend Bamme ............................................................... 91, 94 Nationaler Bildungskreis (NBK) ........................................................... 61f. Nationaler Widerstand ........................................................................... 71 Nationaler Widerstand Berlin Brandenburg ........................................... 79 Nationaler Widerstand Dortmund .................................................... 74, 96 Nationale Sozialisten ................................................... 71, 74, 88, 91, 93f. Nationale Sozialisten Döbeln................................................................. 74 383 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Nationale Sozialisten Premnitz ...................................................... 91, 93f. Nationalisten Spremberg ..................................................................... 91f. Nationalistische Front (NF) .................................................................... 32 National Socialist Black Metal (NSBM)........................................ 107, 120 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ........... 8, 29, 71, 75, 172 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ....................... 73, 83, 122, 215 NATO ........................................................................................... 199, 201 Natürlich .............................................................................................. 102 Nein zum Heim Oderberg ...................................................................... 98 Nein zum Heim in Hellersdorf .................................................................... 4 NMV Versand ...................................................................................... 113 No Escape ........................................................................................... 102 Nordkaukasische Separatistenbewegung (NKSB) ............................ 190f. nsfkn.info .............................................................................. 68, 76, 83-85 O Oberlandesgericht München ............................................................... 122 Oberlandesgericht Stuttgart................................................................. 200 Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg .................................. 8, 156 Oberverwaltungsgericht Bremen ......................................................... 106 Obskur ................................................................................................. 102 Oderlandstimme .................................................................................... 52 Oldschool Records .............................................................................. 113 One People One Struggle Records (OPOS-Records)................... 111-113 Ostfront ........................................................................................ 109, 119 P Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ...................................... 15f. PC Records .................................................................................. 111, 113 Polizei ......................................... 15, 27, 36, 44, 49, 82, 89, 92, 97, 106f., 116, 120,130, 134, 141, 177, 179, 188f., 211, 216 Polizeifachhochschule ......................................................................... 216 Preußenfront...................................................................................... 102f. 384 Sachregister Preussenstolz .............................................................................. 102, 105 Preußentag ...................................................................... 34, 36, 109, 120 Priorität 18 ........................................................................................... 109 PRISM ................................................................................................. 200 pro Deutschland .......................................................................... 178, 188 Projekt 8.8 (Projekt 88) ........................................................ 102, 105, 115 Proliferation ................................................................................. 207, 209 pro NRW ............................................................................................ 188f. R Rebell .................................................................................................. 175 Rebel Records ............................................................................... 111-115 Redrum ................................................................................................ 103 Reichsbürger ..................................................................... 124f., 131, 217 Reichsregierung .......................................................................... 124, 125 Ring Nationaler Frauen (RNF)......................................................... 35, 49 Rote Armee Fraktion (RAF) ............................................................... 167f. rote-hilfe.de.......................................................................................... 167 Rote Hilfe Deutschland ........................................................................ 167 Rote Hilfe e.V. (RH) ........................................................ 10, 159, 167-169 Rote Kalenderblätter............................................................................ 171 Roter Brandenburger ........................................................................... 171 Rotfüchse ............................................................................................ 175 S Sachsenblut ......................................................................................... 109 Salafismus .................................................................... 185-187, 190, 192 Salafisten .............................................................................. 185-190, 193 Sarkrista .............................................................................................. 110 Sauerland-Gruppe ............................................................................... 183 Scharia .................................................................. 27, 139, 183, 185, 187 Schutzbund Deutschland....................................................................... 72 385 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Schwarze Blöcke ........................................................................... 71, 218 Serxwebun (Unabhängigkeit) .............................................................. 196 Sicherheitsüberprüfung ..................................................................... 210f. Sleipnir................................................................................................. 109 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ................... 16, 43, 172 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ........................ 171f., 174 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) .............................. 172 Spezialeinheit GSG 9 .......................................................................... 122 Spionageabwehr................................................................................ 199f. Sprengstoffgesetz................................................................................ 212 Städteund Gemeindebund .......................................................... 11, 216 Stahlfront ............................................................................................. 110 Stereotyp ............................................................................................. 113 Stimme der Vergeltung ........................................................................ 109 Stimmen der Freiheit ........................................................................... 112 Strafgesetzbuch (StGB)................................................ 103, 107, 109, 111 Sturm 27 .............................................................................................. 72f. Sturmabteilung (SA) ................................................................. 29, 87, 111 Sturm Cottbus (SC) ............................................................................... 72 Sturmgruppe SG 44............................................................................. 103 SV Babelsberg 03........................................................................ 130, 178 SWR .................................................................................................... 201 T TEMPORA ........................................................................................... 200 The True Endless ................................................................................ 110 Timebomb............................................................................................ 109 Tolerantes Brandenburg ................................................................ 11, 216 Trauermarsch ............................................................................ 47, 79, 85 Trotz alledem! .............................................................................. 171, 173 Tschetschenische Republik Itschkeria (CRI) ..................................... 191f. Twitter .................................................................................... 69, 144, 146 386 Sachregister U Uckermarkstimme.................................................................... 38, 52f., 83 Universität Potsdam .............................................................................. 39 Unsere Zeit (UZ) ................................................................................ 171f. USK: siehe Helle und die RACker (H&R) Uwe und alte Freunde: siehe Uwocaust Uwocaust ............................................................................. 102, 105, 113 Uwocaust & alte Freunde: siehe Uwocaust V Verfassungsschutz .......... 8, 11, 15, 17, 56, 106, 118, 153, 156, 168, 186, 204, 206f., 209-212, 215-219 Verschlusssachenanweisung .............................................................. 210 "Volkstod"-Kampagne ............................................................................ 79 Volkstroi / USK............................................................................. 103, 105 W Waffenträger Luzifers .......................................................................... 110 Whiskey Ritual ..................................................................................... 110 Widerstandsbewegung in Südbrandenburg ............ 8, 34, 39, 71-74, 78f., 84, 90, 93, 142, 151, 156 Wintergewitter.............................................................................. 103, 108 Wirtschaftsschutz ................................................ 199, 202, 206, 215, 219 wohin-deutscheRechte.de ..................................................................... 27 Wolfskraft (WK) ........................................................................... 103, 105 Y Yeni Özgür Politika (Neue Freie Politik)............................................... 196 YouTube ........................................................................ 42, 60, 150, 186f. Z Zentrale Ausländerbehörde (ZABH) ...................................... 48, 130, 145 Zentrales Staatsanwaltschaftliches Verfahrensregister ....................... 211 387 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Zentralversand - Versand des Nationalen Widerstandes ..................... 98 Zentralverwaltung Freistaat Preußen administrative Regierung Freistaat Preußen .............................................................. 125 ZK Cottbus......................................................................................... 163f. Zollkriminalamt .................................................................................... 207 Zukunftsstimmen ................................................................................... 82 388 Sachregister 389 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Auflistung extremistischer Organisationen/ Gruppierungen im Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2013 Rechtsextremismus Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Aryan Brotherhood (A.B.) 102, 105 Autan 102, 105 Bloodshed (B.S.) 102, 105 Blutflagge 102, 105 Burn Down (B.D.) 102, 105, 109, 115 102, 105, 109, Confident of Victory (C.O.V.) 112f., 115 Die weißen Jäger (D.W.J.) 102, 105, 115 Exzess 102, 105, 109, 115 102f., 105, 109, Frontalkraft 112, 115 102f., 105, 109, Frontfeuer 111, 114f., 119 Hallgard Band 102, 105 Handstreich 102f., 105, 112f. Hassgesang (H.G.) 102, 105 102, 105, 109, Hausmannskost (HMK) 112, 114f. Helle und die RACker (H&R) 102f., 105, 115 Himmelfahrtskommando 102, 105 Hope for the Weak1 103, 109 Jungvolk 102, 105, 112 Klänge des Blutes 102f., 105, 109 Mogon 102, 105 Preussenstolz 102, 105 Projekt 8.8 (Projekt 88) 102, 105, 115 1 Mitglieder teilweise aus Sachsen 390 Auflistung extremistischer Organisationen/Gruppierungen Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Uwocaust 102, 105, 113 Volkstroi / USK Band 103, 105 Wolfskraft 103, 105 Against Music Industry 102 Agnar 102, 112 Anger Within Band102 Natürlich Projekt 102 No Escape 102 Obskur 102 Identitäre Bewegung Cottbus Identitäre 9, 152 Bewegung Freie Kräfte Königs Wusterhausen 91, 93 76, 78, 83, 85, Freie Kräfte Neuruppin / Osthavelland 87, 91f. Freie Kräfte Schwedt/Oder 82, 91, 93 Kameradschaft Märkisch Oder Barnim 72, 90-92, 99 Märkische Skinheads 88 Neo91, 94, 119 nationalNationale Jugend Bamme 91, 94 sozialisten Nationale Sozialisten Premnitz 91, 93f. Nationalisten Spremberg 91f. 8, 34, 39, 71-74, Widerstandsbewegung in 78f., 84, 90, 93, Südbrandenburg 2 142, 151, 156 2 Verbot: Juni 2012, November 2013 gerichtlich bestätigt 391 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) 6, 8f., 11, 21, 25, 29f., 45, 92, 95Die Rechte 100, 119f., 143, 147, 153-157 6-8, 21, 32, 3439, 43f., 48f., 52f., 55-67, 70f., 75, Junge Nationaldemokraten (JN)3 77, 89, 103, 114, 122f., 142, 154, 157 Partei 6-9, 21-34, 36f., 39-45, 47-60, 62, 64f., 67,69-71, 75-77, 81, 83, 85, Nationaldemokratische Partei 87, 89-92, 94-98, Deutschlands (NPD) 100, 103,108, 112, 114, 119f., 122f., 125, 130, 134-149, 153157, 178 Exilregierung Deutsches Reich Reichs125 Die Exilregierung Deutsches Reich bürger 125 Bund für Gotterkenntnis Verein 121f. (Ludendorff) e.V. Linksextremismus Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Deutsche Kommunistische Partei 10, 159, 171-174, (DKP) Partei 179 3 NPD-Jugendorganisation 392 Auflistung extremistischer Organisationen/Gruppierungen Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Marxistisch-Leninistische Partei 159, 171, 174Deutschlands (MLPD) 176, 179 Partei Sozialistische Deutsche Arbeiter171f., 174 jugend (SDAJ)4 Autonome in/um Potsdam 160-166 Autonome in/um Cottbus 160-166 Autonome in/um Spremberg 160-166 Autonome in/um Forst 160-166 Autonome in/um Frankfurt (Oder) Szene, 160-166 Autonome in/um Neuruppin teilweise 160-166 Autonome in/um Finsterwalde unstruk160-166 Autonome in/um Königs Wusterturiert 160-166 hausen Autonome in/um Strausberg 160-166 Autonome in der Region Eberswalde/ 160-166 Bernau Rote Hilfe e. V. Verein 10, 159, 167-169 Islamismus/islamistischer Terrorismus Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Bezüge 190f. von EinzelNordkaukasische Separatisten personen Bewegung zum "Kaukasischen Emirat" 4 DKP-Jugendorganisation 393 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern (ohne Islamismus) Gruppierung / Organisation Anmerkung Seite(n) Verein, mit 10, 195-197 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Tätigkeitsverbot belegt 394 Auflistung extremistischer Organisationen/Gruppierungen 395 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 8.5 Bildnachweis Titel picture alliance / Andreas Franke Seite 3 Staatskanzlei des Landes Brandenburg Seite 6ff Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 22 aus http://www.npd.de/html/ (19.12.2011) Seite 25 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 26 aus http://werbemittel.npd.de/ (08.01.2014) Seite 28 aus http://wohin-deutscherechte.de/ (08.01.2014) Seite 33 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 35 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 36 aus http://npd-oderland.de/ (08.01.2013) Seite 37 aus http://www.npd-in-trier.de/ (08.01.2013) Seite 39 aus http://npd-dahmeland.de/ (08.01.2013) Seite 40 aus http://www.npd-rhein-neckar.de/ (26.02.2013) Seite 41 aus http://werbemittel.npd.de/ (08.01.2014) Seite 43 aus http://werbemittel.npd.de/ (08.01.2014) Seite 45 aus http://www.npd-brandenburg.de/ (22.01.2014) Seite 46 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 47 aus http://www.npd-lausitz.de/ (09.01.2014) Seite 48 aus http://npd-oderland.de/ (09.01.2014) Seite 49 aus http://npd-dahmeland.de/ (09.01.2013) Seite 50 aus http://aktion-widerstand.de/ (09.01.2013) Seite 52 aus http://npd-barnimuckermark.de/ (09.01.2014) Seite 54 http://npd-barnimuckermark.de/ (09.01.2014) Seite 55 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 56 aus http://aktion-widerstand.de/ (19.12.2013) Seite 59 aus http://www.frontdienst.de/ (10.02.2014) Seite 60 aus http://www.youtube.com/ (18.12.2013) Seite 61 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 62 aus http://aktion-widerstand.de/ (19.12.2013) 396 Bildnachweis Seite 64 aus http://aktion-widerstand.de/ (16.12.2013) Seite 66 aus http://werbemittel.npd.de/ (06.01.2014) Seite 68f. aus http://www.nsfkn.info (16.12.2013) Seite 70 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 72 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 73 aus http://ks-nord.net (16.12.2013) Seite 74 aus http://verbotsprotokolle.info/ (16.12.2013) Seite 75 aus http://www.lichtschatten.info (16.12.2013) Seite 77 aus http://www.lichtschatten.info (16.12.2013) Seite 78 aus http://www.werde-unsterblich.info/ (16.12.2013) Seite 79 aus http://verbotsprotokolle.info/ (16.12.2013) Seite 80 aus http://zukunftsstimmen.info/ (17.12.2013) Seite 81 oben aus http://www.lichtschatten.info (17.12.2013) unten aus http://www.lichtschatten.info (11.03.2014) Seite 82 aus http://www.lichtschatten.info (17.12.2013) Seite 85 aus http://www.gedenkmarsch.de/ (17.12.2013) Seite 86 aus http://www.lichtschatten.info (17.12.2013) Seite 87 aus http://ns-clan-deutschland.org (17.12.2013) Seite 88 aus http://www.lichtschatten.info (17.12.2013) Seite 91 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 92 oben: aus http://nsfkn.info/ (15.12.2011) unten: aus http://www.spremblog.info (14.04.2012) Seite 95 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 97 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 98f. aus http://die-rechte-brandenburg.de/ (24.01.2014) Seite 101 oben: aus http://www.nmv-versand.de/ (20.12.2013) unten: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 104ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 113 aus http://opos-records.com (20.12.2013) Seite 114ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 120 aus http://www.hungrige-woelfe.de/ (2013) Seite 121ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg 397 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2013 Seite 124 Finanzamt Cottbus Seite 126f. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 134ff. aus http://werbemittel.npd.de/ (06.01.2014) Seite 140 aus http://www.lichtschatten.info/ (07.01.2014) Seite 141 aus http://www.youtube.com/ (09.01.2014) "NPD-Kundgebung gegen Asylmißbrauch in Cottbus - im Mai 2013" Seite 143 Screenshot aus https://www.facebook.com/ pages/B%C3%BCrgerinitiative-Nein-zum-Heim-in-BadBelzig/238986076266530 (11.02.2014) Seite 146ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 150 Screenshot aus https://de-de.facebook.com/identitaere (19.02.2014) Seite 152 aus https://identitaerebewegung.wordpress.com/ (07.01.2014) Seite 160ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 163 oben: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg unten: aus http://zk-cottbus.de/ (15.11.2013) Seite 164 aus http://www.antifa-berlin.info/ (15.11.2013) Seite 165 aus http://aalp.blogsport.de/2013/06/ (15.11.2013) Seite 167ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 172 aus http://www.dkpbrandenburg.de/ (25.11.2013) Seite 173 aus http://www.potsdam.dkpbrandenburg.de/ (25.11.2013) Seite 174 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 175 aus http://www.mlpd.de/2013/ (25.11.2013) Seite 181 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 184 aus http://krypt3ia.wordpress.com/2013/05/31/inspire11-hasty-pasty-propaganda/ (04.12.2013) Seite 186ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 210 Thorben Wengert / pixelio.de Seite 212ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg 398 Bildnachweis 399 Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Brandenburg unentgeltlich herausgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Das gilt für Landtags-, Bundestagsund Kommunalwahlen sowie für die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemitteln. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die auf Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. I. Grundrechte Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Artikel 2 (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.