Verfassungsschutzbericht Brandenburg 2012 Ein Handbuch Mit dem vorliegenden Jahresbericht 2012 unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages die Öffentlichkeit. Brandenburg ist eine bedeutende Forschungs-, Wirtschaftsund Tourismus-Region mit Geschichte. Das Titelbild des jährlichen Verfassungsschutzberichtes steht dafür. Es zeigt die denkmalgeschützten Biotürme auf dem Gelände der einstigen Braunkohlegroßkokerei in Lauchhammer. Seit 2008 können Besucher einen der bis 2002 genutzten Türme besteigen und weit über das ehemalige Industrieareal schauen. 2012 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg Impressum Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Redaktion: Abteilung Verfassungsschutz, Referat 52 Henning-von-Tresckow-Straße 9 - 13 14467 Potsdam Telefon: 0331 866-2699 Fax: 0331 866-2609 E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Internet www.verfassungsschutz.brandenburg.de Auflage: 6.000 Druck: Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Redaktionsschluss: 15. März 2013 Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf in irgendeiner Form durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren ohne schriftliche Genehmigung durch das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1. Rechtsextremismus unter Druck der wehrhaften Demokratie 17 1.1 Wehrhafte Demokratie erhöht Druck auf Neonationalsozialisten ... 18 1.2 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten...................................... 39 1.3 Militante Milieus und Rechtsextremismus ....................................... 43 1.4 NPD-Jugend ohne Jugend ............................................................. 52 1.5 Die Zwei-Mann-Show der nazifizierten NPD .................................. 63 1.6 Rechtsextremisten gründen neue Partei "Die Rechte" ................... 84 1.7 Immobilien und Rechtsextremismus ............................................... 86 1.8 "Reichsbürger"-Wahn...................................................................... 90 1.9 "Bund für Gotterkenntnis" ............................................................. 110 1.10 Ausblick ........................................................................................ 112 2. Hass-Musik im Extremismus 115 2.1 Rechtsextremistische Hass-Musik ................................................ 115 2.2 Musik mit linksextremistischen Bezügen ...................................... 129 3. Linksextremismus - nicht nur die Ideologie altert 133 3.1 Autonome im Wandel der Zeit ...................................................... 134 3.2 "Rote Hilfe" taucht ab .................................................................... 140 3.3 "Deutsche Kommunistische Partei" zu alt für die Revolution .......................................................................... 146 3.4 Beispiele linksextremistischer Straftaten ..................................... 150 3.5 Ausblick ........................................................................................ 152 4. Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus 155 4.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus ............... 155 4.2 Islamistischer Extremismus und Salafismus ohne Bedeutung im Land Brandenburg ........................................ 158 4.3 Ausländerextremismus ................................................................ 166 4.4 Ausblick ........................................................................................ 168 5 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 5. Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz 171 5.1 Spionageabwehr ........................................................................... 171 5.2 Wirtschaftsschutz: Know-how-Abfluss verhinden ......................... 173 5.3 Proliferation................................................................................... 177 5.4 Geheimschutz und Sicherheitsüberprüfungen.............................. 180 6. Verfassungsschutz durch Aufklärung 185 7. Anhang 7.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus .................... 199 7.2 Glossar ......................................................................................... 234 7.3 Gesetzestexte BbgVerfSchG ................................................................................ 252 BVerfSchG .................................................................................... 274 Artikel 10-Gesetz .......................................................................... 280 G10AGBbg ................................................................................... 302 VereinsG ....................................................................................... 306 BbgSÜG........................................................................................ 312 7.4 Register Ortsregister ................................................................................... 338 Personenregister .......................................................................... 348 Sachregister.................................................................................. 354 7.5 Bildnachweis ................................................................................. 368 6 Warum wir den Verfassungsschutz brauchen Liebe Bürgerinnen und Bürger, der Verfassungsschutzbericht 2012 erscheint in einer Zeit, in der sich der Nachrichtendienst in ganz Deutschland fundamentaler Kritik von Politik, Medien und Öffentlichkeit gegenüber sieht. Nicht wenige Akteure in dieser Debatte stellen dabei die Frage, ob man den Verfassungsschutz - jedenfalls in der bisherigen Form - überhaupt noch braucht. Die Zweifel an der Daseinsberechtigung einer solchen Behörde gehen dabei weit über das übliche Milieu grundsätzlicher Kritiker des Verfassungsschutzes hinaus. Auch bei vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ansonsten nicht besonders für die bundesdeutsche Sicherheitsarchitektur interessieren, hat der Dienst an Vertrauen verloren. Er habe, so heißt es weithin, "versagt" oder sei gar mehr Teil des Problems als seiner Lösung. Er sei, so schreibt die Presse, "eine Gefahr für die Verfassung" (Süddeutsche Zeitung) und wird "der Kumpanei" mit "Neonazis" (taz) bezichtigt. Vermutlich standen Legitimität und Zweck des Verfassungsschutzes noch nie seit seiner Gründung so sehr in Frage wie heute. Die gegenwärtige mediale und gesellschaftliche Grundstimmung gegenüber dem Inlandsnachrichtendienst "kritisch" zu nennen, wäre daher eine krasse Untertreibung. Diese massive Legitimitätskrise des Verfassungsschutzes hat nachvollziehbare Gründe. Den deutschen Sicherheitsbehörden war die Existenz des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) über 13 Jahre hinweg verborgen geblieben. Die Ermordung von mindestens zehn Menschen in dieser Zeit wurde nicht auf rechtsextremistische, sondern kriminelle Motive zurückgeführt. Eine, wie wir seit November 2011 wissen, verhängnisvolle Fehleinschätzung. Wozu braucht es Sicherheitsbehörden, fragen viele Bürger, die offenbar "blind" und nicht in der Lage sind, derart schreckliche 7 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Verbrechen zu verhindern? Dem Verfassungsschutz bläst der Wind der öffentlichen Meinung vor diesem Hintergrund derzeit frontal ins Gesicht. Was ist dem entgegenzuhalten? Zunächst das klare Eingeständnis: Ja, die Sicherheitsbehörden in Deutschland haben im Fall des NSU tatsächlich versagt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Der Verfassungsschutz stand mit diesen Fehlern nicht allein. Seit 2011 wird der NSU-Komplex von Regierungen und Parlamenten mit Kommissionen und Untersuchungsausschüssen umfassend aufgearbeitet. Mindestens das sind wir allein schon den Opfern des rechten Terrors und ihren Angehörigen schuldig, die zu Recht Antworten auf die Frage verlangen, wie sich diese beispiellose Mordserie in unserer Demokratie ereignen konnte. Mittlerweile liegen erste Ergebnisse dieser Untersuchungen auf dem Tisch; zum Beispiel der "Schäfer-Bericht" aus dem Freistaat Thüringen. Er kommt zu dem Schluss, dass sich sowohl der Verfassungsschutz als auch Polizei, Justiz und Dienstaufsichtsbehörden bei der Aufklärung der NSU-Terrorzelle teils schwere Fehler und Versäumnisse vorhalten lassen müssen. Das macht die Sache nicht besser, im Gegenteil, zeichnet aber auf der Grundlage der tatsächlichen Abläufe der Ereignisse ein differenzierteres Bild, das mit zahlreichen Fakten, Dokumenten und Zeugenaussagen untersetzt wird. Es sind viele Fehler gemacht worden - von vielen beteiligten Stellen und Behörden. Es lohnt, diese und andere mittlerweile vorliegenden Untersuchungen nachzulesen, weil die Aufhellung der Frage, wie "es" geschehen konnte, mittlerweile weiter vorangeschritten ist, als dies öffentlich manchmal wahrgenommen wird. Dennoch würde vor dem Hintergrund dieses offenkundigen und eindeutig belegten Versagens niemand die Abschaffung etwa von Polizei und Staatsanwaltschaften verlangen. Für sie gilt wie selbstverständlich und richtigerweise, dass verlangt wird, aus den gemachten Fehlern für die Zukunft zu lernen. Ganz anders verhält es sich vielfach mit dem Verfassungsschutz: Die Konsequenz aus seinen Fehlern müsse, so viele Kritiker, nicht ein besserer sondern am besten gar kein Verfassungsschutz mehr sein. In diesem Sinne hat sich in der "Süddeutschen Zeitung" auch der bekannte Publizist Heribert Prantl geäußert. Ich denke, dass dies nicht die richtige Lehre aus dem Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall des NSU sein kann. Wir stehen derzeit in der Gefahr, dass Kind mit dem Bade auszuschütten. Denn der Verfassungsschutz dient derzeit auch als willkommener und oftmals auch alleiniger "Blitz- 8 Warum wir den Verfassungsschutz brauchen ableiter" für Kritik aller Art an einem komplexen Versagen von Sicherheitsbehörden, für das er weder ausschließlich verantwortlich ist, noch allein Verantwortung übernehmen kann. Zugespitzt formuliert: Wäre es tatsächlich so, dass allein der Verfassungsschutz "versagt" hätte", dann wäre das Problem um vieles geringer, als es tatsächlich ist. Man sollte, meine ich, auch bei der Aufarbeitung des NSU-Debakels nicht vorschnell zu den einfachen und vermeintlich populären Lösungen greifen. Sie könnten sich, wie so oft, als bloße Scheinlösungen entpuppen. Und wenn das der Fall ist, dann hätten wir die falschen Lehren gezogen. Die Vorstellungen der Öffentlichkeit über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes sind oft unscharf; nicht selten falsch. Ihn umgibt als Nachrichtendienst eine gewisse Aura des Geheimnisvollen. Das ist wohl ein Stück weit unvermeidlich, auch wenn gerade der brandenburgische Verfassungsschutz große und bundesweit vorbildliche Anstrengungen unternimmt, über seine Tätigkeit aufzuklären. Was also kann der Verfassungsschutz leisten? Was können Bürger und Gesellschaft von ihm erwarten? Und umgekehrt natürlich: Was nicht? Was gehört nicht zu seinen Aufgaben; was liegt außerhalb seiner Möglichkeiten? Und welche Konsequenzen sollten wir aus den Fehlern der Sicherheitsbehörden tatsächlich ziehen, um eine Wiederholung einer solchen Terrorserie in der Zukunft auszuschließen? Bevor wir zu Schlussfolgerungen über die Zukunft des Verfassungsschutzes in Deutschland kommen, sollten wir uns zuvor Klarheit über die Antwort auf diese entscheidenden Fragen verschaffen. Der Verfassungsschutz hat insbesondere die Aufgabe, Informationen über Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Er soll damit als eine Art "Frühwarnsystem" in der Demokratie wirken. Er soll informieren, aufklären, sensibilisieren und warnen. In dieser Rolle ist er im Idealfall ein wirksamer Demokratiedienstleister. Er hat keine exekutiven Eingriffsbefugnisse. Er kann niemanden verhaften, auch keine Wohnungen durchsuchen. Er ist keine "Neben-" und schon gar keine "Geheimpolizei". Extremistische Bestrebungen sind auch dann schon Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, wenn sie sich unterhalb der Ebene der Strafbarkeit bewegen. Kritiker halten dies für "Gesinnungsschnüffelei". Es handele sich um ein Relikt des Kalten Krieges. Wer nichts "Verbotenes" tut, warum sollte der überhaupt die Aufmerksamkeit staatlicher Stellen auf sich 9 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ziehen? Um alles andere, so manche Kritiker weiter, könne sich dann der polizeiliche Staatsschutz kümmern. Aber die Idee des Verfassungsschutzes, der den Extremismus schon dann ins Visier nimmt, wenn er sich nicht gewaltförmig äußert und noch nicht gegen Rechtsnormen verstößt, ist kein Relikt aus Zeiten des Kalten Krieges. Der Verfassungsschutz steht für die wehrhafte Demokratie. Sie ist eine Lehre aus den Anfechtungen und der Niederlage der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik. Diese Lehre lautet: Die Gesellschaft und der Staat müssen totalitären und autoritären Gefahren frühzeitig und entschieden entgegentreten - denn sonst kann es zu spät sein. Der Verfassungsschutz wird dabei nie in der Lage sein, alle solche Bestrebungen vollständig und bis ins Detail aufzuklären. Er kann es nicht, denn seine personellen und materiellen Ressourcen sind begrenzt. Vor allem aber: Er soll es auch nicht können, denn dies bedeutet den Weg in genau den Überwachungsstaat, der mit der freiheitlichen Demokratie gänzlich unvereinbar wäre. Wer von den Möglichkeiten des Verfassungsschutzes redet, der darf von seinen (gewollten) Grenzen nicht schweigen. Das entschuldigt keine Fehler, die der Verfassungsschutz begangen hat. Das relativiert keinerlei berechtigte Kritik. Aber es lenkt den Blick auf die Begrenztheit der Möglichkeiten eines Nachrichtendienstes in der Demokratie. Der Nachrichtendienst sieht nicht "alles". Er kann es nicht. Er soll es nicht. Und das ist kein Defekt oder Mangel seiner Existenz, sondern - genau betrachtet - gewollt und richtig so. Christian Rath hat dies in der "taz" so beschrieben: "Es scheint, als hätte das NSU-Trio nur in einem rechten Überwachungsstaat sicher gefasst werden können. In einem Staat, in dem niemand unerkannt untertauchen kann, in dem niemand mit fremden Pässen durch den Alltag kommt, in dem alle Reisen registriert und Bewegungsbilder noch nach Jahren erstellt werden können. Deutschland ist weit davon entfernt ein solcher Überwachungsstaat zu sein. Zum Glück." Wir sind damit in der täglichen Arbeit oft konfrontiert. Journalisten fragen etwa, wie viele Personen denn zu einer bestimmten Gruppierung gehörten. Nicht selten können wir dazu nur begründete Schätzungen abgeben. Manches muss notwendigerweise im Ungefähren bleiben - als Tendenz, als Entwicklung, als Bestrebung. Macht dies die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes wertlos? Ist es wirklich besser gar nichts zu sehen, als nur einen Teil des Bildes? Ich meine: nein. 10 Warum wir den Verfassungsschutz brauchen Ohne den Nachrichtendienst hätten wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten wesentliche Entwicklungen insbesondere innerhalb des Rechtsextremismus nicht so nachvollziehen und analysieren können, wie es der Fall war. Und dies ist - insbesondere in Ostdeutschland - nachweisbar nicht ohne Wirkung auf die Szene geblieben. Dies wird nicht dadurch dementiert, dass es den Behörden nicht gelungen ist, die durchaus vorhandenen Hinweise auf das abgetauchte rechte Terrortrio richtig zu deuten und den Ermittlungen zu der jahrelangen Mordserie eine andere Richtung zu geben. Es war auch nicht allein der Verfassungsschutz beim NSU mit Blindheit geschlagen. Es waren nicht die Ermittler allein, die es sich offenbar schlicht nicht vorstellen konnten, dass ein verschworenes Trio von Rechtsterroristen durch die Bundesrepublik zieht und kaltblütig Menschen ermordet. Die kritische Debatte über die Zukunft des Verfassungsschutzes ist notwendig und berechtigt. Aber es gibt auch Töne in dieser Debatte, die nicht frei sind von Selbstgerechtigkeit, Besserwisserei im Nachhinein und interessengeleiteten Verschwörungstheorien. Keine Frage: Der Verfassungsschutz muss sich ändern. Der Austausch von Informationen zwischen Nachrichtendienst, Polizei und Justiz muss besser werden, ohne dass das Trennungsgebot dabei in Frage gestellt wird. Der Dienst muss transparenter werden, er muss seinen Daseinszweck immer wieder neu begründen. Ein moderner, an den Kommunikationsbedürfnissen der Gesellschaft orientierter Nachrichtendienst gewinnt Vertrauen, indem er seine Funktion mit der Weitergabe seiner Expertise an die Öffentlichkeit unmittelbar verbindet. Als Demokratiedienstleister muss der Verfassungsschutz Gesichter und Namen haben. Die Vermittlung ständig aktualisierter Informationen und Analysen über extremistische Bestrebungen an die Öffentlichkeit zählt zu seinen Kernaufgaben. Zu vermitteln sind ebenso Auftrag und Arbeitsweisen der Verfassungsschutzbehörden sowie deren Kontrolle durch die Parlamente. Die Vorlage des aktuellen Verfassungsschutzberichtes für das Land Brandenburg leistet dazu einen Beitrag. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können sich so selbst ein Bild über die Gefährdungen der Demokratie in unserem Land machen und davon, was der Verfassungsschutz zu ihrer Aufklärung zusammengetragen hat. Wie in jedem Jahr, werden manche dieser Erkenntnisse sicher nicht unwidersprochen bleiben. Auch die Debatte darüber gehört zu einer lebendigen Demokratie dazu. Aber ich hoffe, dass Ihnen die Lektüre nützliche Informationen über ein Themenspektrum bieten wird, dass ohne den Verfassungsschutz nicht ausreichend aufge11 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 hellt werden könnte, und das gleichwohl für unser aller friedliches Zusammenleben in der Demokratie von großer Bedeutung ist. Auch dies gilt es zu bedenken in der aktuellen Diskussion. Der Verfassungsschutz in Deutschland wird sich in vielen Punkten neu aufstellen und in Zukunft sicherlich auch anderes präsentieren - und manch Beispielgebendes hat Brandenburg zu dieser Debatte beizutragen. Aber: Ich bin überzeugt, dass der Verfassungsschutz als lernendes System auch in Zukunft seine sinnvolle Funktion und Existenzberechtigung hat. Denn seine Abschaffung würde die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegen politischen und gewaltorientierten Extremismus in Deutschland schwächen. Und das sollte wirklich die letzte Konsequenz sein, die wir aus dem NSU-Desaster ziehen. Dr. Dietmar Woidke Minister des Innern 12 Zusammenfassung Vom Rechtsextremismus geht weiterhin die größte Herausforderung für Brandenburg aus. In diesem Bereich wird für das Jahr 2012 ein Potenzial von 1.140 (- 10) Personen festgestellt. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) ist auf 320 (- 30) Mitglieder gesunken, darunter unverändert 25 "Junge Nationaldemokraten" (JN). Erneut gestiegen sind Neonationalsozialisten auf nun 430 (+ 20) Personen. Mit 410 (- 10) ist die Anzahl "unorganisierter, insbesondere subkultureller und gewaltbereiter" Rechtsextremisten - wie schon im Vorjahr - leicht rückläufig. Rechtsextremistisches Personenpotenzial in Brandenburg* 1700 1600 1500 1400 1300 1200 1100 1000 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 *unter Abzug von Doppelzählungen Die Bemühungen der NPD Brandenburg, mit Blick auf die Landtagswahl 2014 ihre kommunalen Strukturen auszubauen, blieben insbesondere unter dem Eindruck weiterer Mitgliederverluste ohne greifbare Ergebnisse. Zwar stiegen die schwachen Partei-Aktivitäten 2012 leicht an. Doch vergleichsweise aktivere und mitgliederstärkere Landesverbände in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern bleiben unerreichbar. In Brandenburg unterhält die NPD nach wie vor acht mehr oder weniger aktive Kreisverbände. Von den 24 (+ 6) Ortsverbänden existieren viele nur virtuell im Internet. Hinzu kommen vier JN-"Stützpunkte" (+ 1), wobei nur einer Aktivitäten entfaltet. Gescheitert ist die NPD in Brandenburg mit dem Vorhaben, einen Zuwachs durch die Übernahme der Konkurrentin "Deutsche Volksunion" (DVU) zu erzielen. Von deren ehemals rund 150 Mitgliedern sind nur wenige zur NPD Brandenburg übergetreten. Dasselbe gilt für zahlreiche kom13 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 munale Mandatsträger der ehemaligen DVU. Sie verweigern sich der NPD und sitzen lieber als Parteilose in den kommunalen Vertretungen. Ende 2012 verfügte die NPD in Brandenburg über 28 kommunale Mandate. Bei den Kommunalwahlen 2008 erzielte sie insgesamt 27, die DVU immerhin 25. Ehemalige DVU-Mitglieder sind auch bei der neu gegründeten Partei "Die Rechte" vertreten. Sie will der NPD Wähler abjagen und hat mit einer Handvoll Anhängern bereits einen Landesverband Brandenburg gegründet. Regional unterschiedlich ausgeprägt ist die Zusammenarbeit neonationalsozialistischer "Freier Kräfte" mit der NPD. Es ist das erklärte Ziel der NPD, diese einzubinden. Als Scharnierfunktion dienen die JN. Die NPD hofft, ihre zahlreichen Defizite damit auszugleichen. Die Partei sieht in Neonationalsozialisten Hilfstruppen für niedere Aufgaben. Da Neonationalsozialisten eine eindeutige Wesensverwandtschaft mit der NSDAP aufweisen, tragen sie maßgeblich zur Nazifizierung der NPD bei. Wiederum andere Neonationalsozialisten lehnen eine Zusammenarbeit mit der NPD ab. Sieben (- 2) neonationalsozialistische Gruppierungen waren 2012 in Brandenburg aktiv. Eine davon - die "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" - wurde im Juni 2012 verboten. Seitdem bleibt abzuwarten, inwieweit der davon betroffene Personenkreis seine Aktivitäten einstellt oder in andere Strukturen verlagert. Jedoch sind neonationalsozialistische Aktivitäten im Süden Brandenburgs nach dem Verbot spürbar zurückgeganRechtsextremistisches Personenpotenzial ausgewählter Phänomenbereiche in Brandenburg - NPD, Neonationalsozialisten und Gewaltbereite 600 500 400 300 200 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 NPD Neonationalsozialisten Gewaltbereite 14 Zusammenfassung gen. Hierbei bildet jedoch die Region Spremberg eine negative Ausnahme. Insgesamt nimmt das neonationalsozialistische Personenpotenzial trotz allem zu. Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft wird diese Entwicklung in den nächsten Jahren weiterhin und auf neue Art und Weise herausfordern. Die Zahl rechtsextremistischer Hass-Bands bleibt mit 24 unverändert. Nur in einem Bundesland gibt es mehr. Auf 12 (- 4) gefallen ist die Produktion neuer Tonträger. Neun (- 6) Konzerte wurden 2012 festgestellt. Davon wurden drei (+ 3) aufgelöst. Insbesondere im Süden Brandenburgs bleiben Überlagerungen und gegenseitige Durchdringungen verschiedener, teilweise gewaltaffiner Szenen unter Einbindung des Rechtsextremismus erkennbar: Kampfsport, Fußball-Hooliganismus und Rocker. Hinzu kommen Tätigkeiten von Rechtsextremisten im Sicherheitsgewerbe sowie in der Produktion und im Vertrieb rechtsextremistischer Hass-Musik. Im Linksextremismus ist das Personenpotenzial auf 530 (- 40) gesunken. Das betrifft im Wesentlichen die gewaltbereiten Autonomen, deren Zahl Ende 2012 bei 225 (- 25) lag. Teilweise nur ansatzweise ausgeprägte Gruppierungen sind in nach wie vor elf Kommunen aktiv. Auf nur noch 90 (- 10) Mitglieder bringt es die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP). Innerhalb des Linksextremismus behauptet die "Rote Hilfe e.V." ihre Rolle einer zwischen den verschiedenen Gruppierungen konsensvermittelnden Organisation. Ihre Mitgliederzahl ist leicht auf 175 (+ 5) gestiegen. Einige Linksextremisten in Brandenburg 800 700 600 500 400 300 200 100 0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 linksextremistisches Personenpotenzial (unter Abzug von Doppelzählungen) davon gewaltbreite autonome Linksextremisten 15 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Szene-Aktivitäten im Zusammenhang mit Hass-Musik wurden 2012 ebenfalls festgestellt. Für den Bereich Ausländerextremismus und islamistischer Extremismus gibt der Verfassungsschutzbericht insgesamt 235 Personen (- 45) an, darunter 35 (- 10) islamistische Extremisten sowie 130 (- 20) Anhänger der mit einem Betätigungsverbot belegten Kurden-Organisation "KONGRA-GEL". Informationsangebote des Verfassungsschutzes waren 2012 erneut stark nachgefragt. In 116 Veranstaltungen wurden Vorträge gehalten. Über 4.400 Bürger nahmen insgesamt teil. Zielgruppen waren insbesondere Jugendwarte der Feuerwehr, Schüler, Auszubildende, Soldaten, Unternehmer sowie deren Mitarbeiter, Lehrkräfte, Polizisten, Zivildienstleistende, kommunale Bedienstete und viele mehr. Fortgesetzt wurde die seit 2008 bestehende strategische Kooperation mit folgenden Einrichtungen und Organisationen: "Tolerantes Brandenburg", "Institut für Gemeinwesenberatung - demos", "Brandenburgische Kommunalakademie", Landkreistag, "Städteund Gemeindebund" sowie Landesjugendamt. Gemeinsam wurden drei Veranstaltungen zum Thema "Reichsbürger" angeboten. Daran nahmen 230 Personen teil. Gezählt wurden ebenso zehn Info-Veranstaltungen mit rund 200 Jugendwarten der Freiwilligen Feuerwehren. 14 Mal war der Verfassungsschutz zu Gast an Schulen und informierte etwa 330 Schülerinnen und Schüler über die Gefahren des Extremismus. Und mit seinem Info-Mobil präsentierte sich der Verfassungsschutz 30 Mal auf Dorffesten und weiteren Veranstaltungen, kam mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch und klärte über Extremismus auf. 16 1. Rechtsextremismus unter Druck der wehrhaften Demokratie Mitgliederzahlen rechtsextremistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2011 2012 unorganisierte, insbesondere subkulturelle und gewaltbereite Rechtsextremisten* 420 410 organisierte und unorganisierte Neonationalsozialisten 410 430 NPD** 350 320 sonstige rechtsextremistische Organisationen 50 60 gesamt 1.230 1220 Mehrfachmitgliedschaften 80 80 Personenpotenzial 1.150 1.140 * Die Zahl der subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten, darunter Skinheads, wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungen aus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffällig geworden sind; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäter, die im betrachteten Jahr straffällig geworden sind; c) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenen Jahren straffällig geworden und bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewaltbereitschaft gegeben sind; d) extremistisch orientierte Personen, denen keine einschlägigen Gewalttaten nachzuweisen sind, die aber aufgrund konkreter Einzelerkenntnisse (mutmaßliche Beteiligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen und so weiter) als gewaltbereit gelten müssen. ** Die Mitgliederzahl der NPD wird unter Berücksichtigung der Unterorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN) angegeben. 17 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.1 Wehrhafte Demokratie erhöht Druck auf Neonationalsozialisten Neonationalsozialisten teilen das Selbstverständnis der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP). Sie wollen ebenfalls "Bewegung" sein. Ihr mittlerweile von der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) übernommenes Ziel lautet "nationaler Sozialismus". Trotzdem lehnen viele Neonationalsozialisten eine Mitwirkung in rechtsextremistischen Parteien ab. Denn Parteien repräsentieren für sie die freiheitliche demokratische Grundordnung, welche sie durch eine rassistische, totalitäre Herrschaftsordnung ersetzen wollen. Sie orientieren sich dabei am "Dritten Reich" und an der NSDAP. Bis in die frühen 1990er Jahre waren hierarchisch strukturierte Vereine die typische neonationalsozialistische Organisationsform. Die Mehrzahl dieser Vereine wurde bereits bis Mitte der 1990er Jahre durch die jeweils zuständigen Innenminister verboten - auch in Brandenburg. Bundesweit betraf das zuletzt die "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) im Jahr 2009 sowie die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) im Jahr 2011. Als Reaktion auf die Vereinsverbote versuchte sich die neonationalsozialistische Szene ab Mitte der 1990er Jahre an neuen Organisationsformen. Zunächst kamen "Kameradschaften" auf. Getragen wurden diese von einem starken Band gemeinsamer ideologischer Überzeugungen und einer klaren Fixierung auf lokale Führungspersonen. Neonationalsozialisten glaubten, den Sicherheitsbehörden damit keine Angriffsflächen zu bieten. Doch auch diese Personenzusammenschlüsse wurden verboten. Heute nehmen "Kameradschaften" in der neonationalsozialistischen Szene keine bedeutsame Rolle mehr ein. Darauf haben Neonationalsozialisten unterschiedlich reagiert. Ein Teil hat sich zurückgezogen. Andere wurden in der NPD, insbesondere in deren Jugendorganisation JN aktiv. Ein erheblicher Teil findet sich jedoch in "Freien Kräften" zusammen. Sie nennen sich ebenso "Nationale Sozialisten", "Freie Nationalisten" oder "Nationaler Widerstand". Solche Gruppen versuchen, ihre Aktivitäten in weniger formal organisierten Strukturen zu entfalten. Es handelt sich daher um sehr lose strukturierte, informelle Personenzusammenschlüsse, in denen früher bestimmende Organisationsmerkmale wie Vereinskassen, Mitgliederlisten und Organisationsnamen fehlen. Zu18 Rechtsextremismus Verbotene beziehungsweise selbst aufgelöste nationalistische Strukturen FNUM Märkischer Schutzbund HeimatOberhavel schutz Deutschland Interessengemeinschaft Sturm Oranienburg KMOB JF Hauptvolk Sturm 27 FKTF ANSDAPO GGSOBB SC LFG Widerstandsbewegung in Südbrandenburg * Kameradschaft "Oberhavel" - verboten am 14.08.1997 * "Freie Nationalisten Uckermark" (FNUM) - Selbstauflösung am 02.07.2010 * "Schutzbund Deutschland" - verboten am 26.06.2006 * Kameradschaften "Hauptvolk" und "Sturm 27" - verboten am 06.04.2005 * "ANSDAPO" - verboten am 04.07.2005 * "Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg" (GGSOBB) - Scheinauflösung am 23.08.2006 * "Märkischer Heimatschutz" - eigenständige Auflösung am 04.11.2006 * "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) - Selbstauflösung am 03.07.2010 * "Interessengemeinschaft Sturm Oranienburg" - Beendigung der Aktivitäten nach Durchsuchungen der Polizei am 06.12.2006 * "Lausitzer Front Guben" (LFG) - Scheinauflösung am 24.08.2006 * "Sturm Cottbus" (SC) - Scheinauflösung am 23.08.2006 * "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) - War in ganz Brandenburg aktiv und wurde am 05.05.1995 verboten. * "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (FKTF) - verboten am 11.04.2011 * "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" - verboten am 19.06.2012 19 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 sammengehalten werden sie durch eine gemeinsame neonationalsozialistische Weltanschauung, öffentliche Propagandaaktivitäten, selbstinszenierende Internetauftritte, "Helden"-Gedenken und ideologische Schulungen in Lesezirkeln. Ab 2011 wurden Kampfsportaktivitäten zusätzlich erkennbar. Besonders das Internet dient der Propaganda sowie der personellen Vernetzung. Dennoch werden keine ernsthaften Bemühungen innerhalb der neonationalsozialistischen Szene unternommen, die Vielzahl regional agierender "Freier Kräfte" organisatorisch zu vereinen. In diese Rolle versucht die NPD zu schlüpfen. Unter dem ehemaligen Bundesvorsitzenden Voigt hat sich die NPD gezielt für Neonationalsozialisten auf unterschiedliche Art und Weise geöffnet, wobei einige auf dieses Angebot durchaus eingegangen sind. Im Jahr 2012 betrug in Brandenburg das neonationalsozialistische Personenpotenzial 430 (2011: 410); bundesweit wurden im Jahr 2011 rund 6.000 Neonationalsozialisten gezählt. Rechtsextremistisches Personenpotenzial: Neonationalsozialisten in Brandenburg 500 430 410 380 400 320 300 300 270 260 240 220 190 200 175 125 120 120 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Für gewalttätige Auseinandersetzungen sorgen "Autonome Nationalisten" (AN). AN sind innerhalb der neonationalsozialistischen Szene eher eine praktizierte Aktionsform als eine Organisationsform. Ihr aggressives Demonstrationsverhalten kennzeichnet sie. Erscheinungsbild und Taktik wurden in weiten Teilen von linksextremistischen Autonomen übernommen. 20 Rechtsextremismus Die Aktionsform AN ist eine neonationalsozialistische Reaktion auf szeneinterne Diskussionen über den Umgang mit dem Gewaltmonopol des demokratischen Rechtsstaates. Ideologisch beziehen sich AN wie alle Neonationalsozialisten auf die NSDAP. Meist treten sie mit plakativen Parolen auf. Jedoch stehen für AN kollektive und Bedrohung ausstrahlende Zusammenrottungen in Form schwarzer Blöcke im Vordergrund. Gewalt gegen politische Gegner und Polizisten wird ausdrücklich bejaht. Diese erhöhte Gewaltbereitschaft zum Straßenkampf im Rudel unterscheidet AN von anderen Teilen der neonationalsozialistischen Szene. Die zurzeit eher stagnierende Aktionsform AN findet auch in Brandenburg Zuspruch, sogar bei Anhängern von NPD und JN. Landesweit umfasste das Mobilisierungspotenzial im Jahr 2012 wie im Vorjahr etwa 100 Personen. Licht aus bei den Spreelichtern: "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" verboten Am 11. Juni 2012 verbot Innenminister Dietmar Woidke die rechtsextremistische Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg". Die Verbotsverfügung wurde den Mitgliedern des Vereins im Zuge eines Großeinsatzes der Polizei zugestellt und vollstreckt. Rund 260 Beamte waren im Einsatz. Bei 27 Mitgliedern der Vereinigung wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Regionale Schwerpunkte der Maßnahmen waren Cottbus sowie die Landkreise Spree-Neiße und Dahme-Spreewald. Es handelt sich um das siebte Verbot, das brandenburgische Innenminister gegen rechtsextremistische Vereine verfügt haben. Die rechtsextremistische Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" betrieb in den vergangenen Jahren unter anderem verschiedene Internetauftritte. Insbesondere die Seite www.spreelichter.info verfügte über Berichte, Artikelserien, Videos und Audio-Botschaften. Die Autoren machten kein Hehl aus ihrer weltanschaulichen Zielsetzung: Sie wollten eine "geistige Brücke schlagen zwischen germanischem Lebensbild vor Jahrtausenden und einem modernen, zukunftsorientierten nationalsozialistischen Weltbild in Geist und Tat". 21 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 In zahllosen Artikeln betrieb die "Widerstandsbewegung" eine systematische Agitation gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und hetzte massiv gegen Menschen nichtdeutscher Herkunft. Laut eigener Aussage ging es der "Widerstandsbewegung" um "Propaganda, die unmissverständlich das System als Grund dafür erkennt und benennt, dass unser Volk seinem Tod entgegengeht. Um Propaganda, die den nationalen Sozialismus als einzige Lösung etabliert, die 'Demokratie westlicher Prägung' hingegen als todbringende Gefahr der Völker brandmarkt." Mit phrasenhaften Pathos forderten die Autoren den "Kampf gegen die Demokraten" und priesen die vermeintliche Alternativlosigkeit einer nationalsozialistischen Neuordnung: "Nationaler Sozialismus ist die einzige Alternative zu diesem System. Fasst endlich Mut, leistet Widerstand. Generationen der Feigheit müssen vergehen!" Wiederholt propagierte die Gruppierung ein aktiv-kämpferisches Vorgehen gegen die Demokratie. So forderte sie beispielsweise, dass "unser Denken und Handeln (...) kompromisslos" und "unser Widerstand (...) erbarmungslos sein" soll. "Denn jeder Kompromiss macht uns unserem Feind ein Stück ähnlicher. (...) Unser Bekenntnis zur Radikalität hatte für uns die Konsequenz, auch radikal zu leben, unser offenes Bekenntnis gegen die Demokratie ließ nur einen Schluss zu: Die einzige Lösung der existenziellen Bedrohung unseres Volkes im außerparlamentarischen Widerstand zu erkennen, vollständig außerhalb dieses Systems." Freimütig wurde erklärt, es werde auf eine "wirkliche Revolution" hingearbeitet und man sei keineswegs gewillt, eine passive Rolle einzunehmen: "Doch eines haben die Herrschenden nicht bedacht: Auch in einer Welt aus Glas wird es Menschen geben, die sich nicht scheuen, den ersten Stein zu werfen." Einen Schwerpunkt der Tätigkeit der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" stellte die Planung, Bewerbung und Durchführung von öffentlichkeitswirksamen Aktionen dar, die anschließend zumeist in Form von kurzen Videos im Internet verbreitet wurden. Bekanntheit erlangten insbesondere die nächtlichen Fackelmärsche der "Unsterblichen" am 30. April 2011 22 Rechtsextremismus in Bautzen und am 30. September 2011 in Stolpen (beide Sachsen). Bei beiden Veranstaltungen marschierten jeweils mehrere hundert "Unsterbliche". Ihre Gesichter verbargen sie hinter weißen Masken. Sie trugen Fackeln, warfen Böller, brüllten Parolen und brachten Bürger so um die nächtliche Ruhe. Sowohl die "Volkstod-Kampagne" als auch die Aktionen der "Unsterblichen" wurden durch eine massive mediale Aufarbeitung im Internet verbreitet. Die "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" rückte mit ihrer "Spreelichter"Seite damit in eine Vorreiterrolle für die rechtsextremistische Szene im gesamten deutschsprachigen Raum. In Ermangelung eigener Ideen versuchten Neonationalsozialisten in zahlreichen Bundesländern, in der Schweiz und in Österreich Themen und Aktionsformen der "Spreelichter" zu kopieren. Sogar in Skandinavien fanden sich Plagiate. Die Durchsetzung des Verbots bedeutet einen massiven Schlag gegen die rechtsextremistische Szene in Südbrandenburg und darüber hinaus. Die damit verbundene Warnung lautet: Der demokratische Rechtsstaat ist nicht bereit, verfassungsfeindliche Aktivitäten, nationalsozialistische Propaganda sowie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hinzunehmen. Aktionsund Ereigniskalender der Neonationalsozialisten Neonationalsozialisten bedienen sich je nach Anlass unterschiedlicher Aktionsformen und Themen. Dazu zählen Großveranstaltungen wie der jährliche "Trauermarsch" in Dresden (Sachsen). Ebenso sind regionale Szeneveranstaltungen wie die seit einigen Jahren von den "Freien Kräften Neuruppin / Osthavelland" in Neuruppin (OPR) organisierten Aufmärsche wichtige Bestandteile im Ereigniskalender brandenburgischer Neonationalsozialisten. Hinzu kommen Aktivitäten an Gedenkbeziehungsweise Feierta23 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 gen (beispielsweise 1. und 8. Mai, Volkstrauertag, Sonnenwenden). Die werden für "Heldengedenken" genutzt. In der Regel sind das konspirative Aktionen mit geringem Teilnehmerkreis. Klassisch sind nächtliche Kranzniederlegungen auf Friedhöfen. Öffentliche Wirkung entfalten derartige Aktionen nur selten. Anders war dies noch vor einigen Jahren, als Halbe (LDS) in der rechtsextremistischen Szene als wichtigster Aufmarschort in Deutschland galt. Das im Oktober 2006 verabschiedete Gräberstätten-Versammlungsgesetz und aktives Engagement der Bevölkerung hatten solchen Veranstaltungen im Land Brandenburg jedoch einen Riegel vorgeschoben. Für die Szene ist insbesondere alles relevant, was dem Ziel dient, das "Dritte Reich" krampfhaft in ein besseres Licht rücken zu wollen. Zentrale Termine im Ereigniskalender brandenburgischer Neonationalsozialisten sind daher der Todestag des SA-Manns Horst Wessel, der Geburtstag von Adolf Hitler und der Tag des Selbstmords des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß. Ferner sind Neonationalsozialisten bemüht, neben klassischen rechtsextremistischen Themen auch umwelt-, gesellschaftssowie sozialpolitische Themen in ihrer Propaganda zu berücksichtigen. Je nach Anlass reagieren Neonationalsozialisten mit internen Veranstaltungen wie Feiern, KampfsportEvents und NS-Ideologie-Schulungen. Öffentlich treten sie mit Flugblattverteilungen, Infoständen, Farbschmierereien sowie angemeldeten als auch unangemeldeten Aufmärschen in Erscheinung. Neben diesem 'Standardrepertoire' kennen sie auch unkonventionelle Aktionsformen wie beispielsweise Zumauern des Haupteingangs der Agentur für Arbeit in Potsdam im Jahr 2012. Die Mauer wurde mit dem Schriftzug "FREI, SOZIAL, NATIONAL" beschmiert. Um Aktionen untereinander abzustimmen, führen neonationalsozialistische Gruppierungen "Koordinierungstreffen" durch. Gleichwohl soll damit auch der Zusammenhalt innerhalb der Szene gestärkt werden. In Brandenburg haben derartige Treffen bislang nur eher mäßigen Erfolg. Zum neonationalsozialistischen Ereigniskalender zählen auch Aktivitäten gegen "politische Gegner". 24 Rechtsextremismus Angemeldete Demonstrationen und brandenburgische Neonationalsozialisten Demonstrationen haben für Neonationalsozialisten große Bedeutung, um sich öffentlich darzustellen und mediale Aufmerksamkeit zu erlangen. Die Teilnahmebereitschaft sinkt jedoch, da die Ansichten über Sinn und Zweck auseinandergehen. Für aktionsorientierte Neonationalsozialisten steht der Eventcharakter im Vordergrund. Anhänger der Aktionsform "Autonome Nationalisten" verhalten sich bei Demonstrationen beispielsweise sehr aggressiv. Sie treten in den Diskussionen über den Umgang mit Blockaden angemeldeter Demonstrationen verstärkt dafür ein, ihr Recht auf Versammlungsfreiheit gewaltsam durchzusetzen. Das zieht eine erhöhte Gewaltund Konfrontationsbereitschaft - auch gegenüber Polizisten - nach sich. Zurzeit betrachtet die Mehrzahl der brandenburgischen Neonationalsozialisten jedoch Gewalt als noch nachrangiges Instrument zur Durchsetzung eigener Ziele und Interessen. Ihre 'Generalabrechnung' wird auf die Zeit nach der ersehnten Machtergreifung verschoben. Daher sind sie eher bestrebt, diszipliniert aufzutreten. Auch sehen sie die Chance, bei Demonstrationen Kontakte zu knüpfen, um bereits bestehende Szene-Netzwerke auszubauen. Ihrer Ansicht nach führt eine verstärkte Gewaltbereitschaft lediglich zu weiterem Ansehensverlust in der Bevölkerung und gesteigertem Repressionsdruck der Sicherheitsbehörden. Deshalb wird Gewalt aus taktischen Gründen zurückgestellt. Hinsichtlich bundesweiter Großveranstaltungen sind für brandenburgische Neonationalsozialisten "Trauermärsche" in Dresden (Sachsen) und Magdeburg (Sachsen-Anhalt) auch aufgrund der räumlichen Nähe wichtig. So wollen sie an deutsche Opfer im Zweiten Weltkrieg erinnern. Opfer, die das NS-Regime millionenfach zu verantworten hat, ignorieren sie. Diese einseitige Betrachtung dient dem Ziel, den verbrecherischen Charakter des NS-Systems zu leugnen. Die bundesweit größte neonationalsozialistische Demonstration ist seit Jahren der "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung der Stadt Dresden (Sachsen) am 13. Februar 1945. Die bislang höchste Beteiligung wurde im Jahr 2009 mit etwa 6.500 Teilnehmern erreicht. 2010 gelangte zwar eine ähn25 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 lich große Anzahl zum Veranstaltungsort, konnte jedoch aufgrund zahlreicher Blockaden von Gegendemonstranten keinen "Trauermarsch" durchführen. Die Organisatoren reagierten auf diese Erfahrung und änderten für das Jahr 2011 ihre Strategie. Für unterschiedliche Tage wurden mehrere Märsche angemeldet. Der "Trauermarsch" selbst fand mit einer Teilnehmerzahl von 1.450 Personen am 13. Februar 2011 statt. Zudem wurden für den 19. Februar 2011 drei weitere rechtsextremistische Veranstaltungen angemeldet, von denen aufgrund von Gegenaktivitäten allerdings keine wie geplant stattfinden konnte. In diesem Zusammenhang kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Rechtsextremisten, Linksextremisten und der Polizei. Im Jahr 2012 beteiligten sich etwa 1.600 Rechtsextremisten am "Trauermarsch". Er verlief überwiegend friedlich. Anders als noch 2011 wurde diesmal gar nicht erst versucht, am darauffolgenden Wochenende weitere rechtsextremistische Veranstaltungen durchzuführen. Trotz rückläufiger Teilnehmerzahlen ist der "Trauermarsch" in Dresden (Sachsen) für Brandenburger Neonationalsozialisten nach wie vor ein wichtiges Datum in ihrem jährlichen Ereigniskalender. Dies macht auch die Beteiligung an der "Aktionswoche" deutlich, in der sieben Tage vor der Veranstaltung bundesweit mit regionalen Propagandaaktionen auf das Ereignis aufmerksam gemacht werden soll. Brandenburger Neonationalsozialisten sind dieser Aufforderung in 2012 mittels Farbschmierereien, Transparenten, Flugblättern, Holzkreuzen und Kerzen nachgekommen. Am jährlichen "Trauermarsch" in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) nahmen 2012 etwa 1.200 Szeneangehörige teil (2008: 600; 2009: 720; 2010 und 2011: 1.000;). Darunter auch Brandenburger. Hinzu kommen über das Jahr verteilt weitere Anlässe mit weiteren Anfahrtswegen für Teilnehmer aus Brandenburg. Am 2. Juni 2012 wurde in Hamburg der "Tag der deutschen Zukunft" mit 700 Szeneanhängern durchgeführt. Am 4. August 2012 folgte in Bad Nenndorf (Niedersachsen) ein "Trauermarsch" mit 460 Teilnehmern unter dem Motto: "Gefangen, gefoltert, gemordet - Damals, wie heute: Besatzer raus!" 26 Rechtsextremismus Schließlich veranstalten Neonationalsozialisten in Brandenburg ihre eigenen Demonstrationen ohne besondere Unterstützung durch Aktivisten anderer Bundesländer. Je nach Art ihres regionalen Verhältnisses zur NPD werden sie dabei von der Partei unterstützt. Im Gegenzug beteiligen sich Teile der neonationalsozialistischen Szene an NPD-Aktionen. 2012 war dies beim NPD-Projekt "Kleeblatt" erkennbar, als die Landespartei in den vier kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel, Cottbus, Potsdam und Frankfurt (Oder) demonstrieren wollte. Unterstützt wurde ebenso der NPDKreisverband Lausitz bei seiner Demonstration "Gedenkmarsch - Gegen US-Bombenterror und Kriegsabenteuer! Für die Freiheit der Völker" am 15. Februar 2012 in Cottbus (180 Teilnehmer). Nachdem in Velten (OHV) ein Fußballturnier von Neonationalsozialisten verhindert wurde, kam es mit Unterstützung der regionalen NPD am 1. September 2012 zu der Demonstration "Straftat Fußball? Stasi-Methoden im alltäglichen Leben". Es beteiligten sich etwa 80 Personen. Im Gegensatz zum Vorjahr stieg 2012 in Brandenburg die Zahl angemeldeter Demonstrationen mit regionalem Bezug. Dies ist offenbar eine Reaktion auf die durch Blockaden gescheiterten Großveranstaltungen. Schließlich wuchs szeneintern der Unmut darüber, mehrstündige Reisen und erhebliche Kosten in Kauf genommen zu haben, um schließlich doch nur stundenlang in der Kälte rumzustehen und unverrichteter Dinge wieder abzureisen. Für den 24. März 2012 wurde in Frankfurt (Oder) aus dem neonationalsozialistischen Umfeld eine Demonstration unter dem Motto "Raus aus dem Euro - Grenzen dicht!" organisiert und von der NPD unterstützt. Als Redner traten unter anderem der frühere NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt und der NPD-Landesvorsitzende Klaus Beier auf. An der Veranstaltung beteiligten sich etwa 170 Personen. Als Reaktion auf eine Demonstration gegen den Vermieter einer Thor Steinar-Filiale in Berlin führten am 25. März 2012 etwa 25 Szeneanhän27 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ger aus der Region Potsdam eine Gegenveranstaltung unter dem Motto "Gegen linke Gewalt" in Potsdam-Grube durch. Zusammen mit der örtlichen NPD organisierten die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" für den 14. April 2012 die Veranstaltung "Hoch die nationale Solidarität - gegen staatliche Inkompetenz!" in Neuruppin (OPR). Es wurden etwa 80 Teilnehmer festgestellt. Für den 1. Mai 2012 meldeten die "Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland" und die "Freien Nationalisten Wittstock" die Veranstaltung "1. Mai - Tag der deutschen Arbeit - Gegen Ausbeutung und Abwanderung, für eine familienorientierte Zukunft" in Wittstock (OPR) an. Etwa 200 Personen nahmen teil. Im Anschluss führten rund 80 Szeneanhänger eine Spontanversammlung in Neuruppin (OPR) durch. Für den 8. Mai 2012 organisierten die "Freien Kräfte Königs Wusterhausen" die Veranstaltung "8. Mai - BRD heißt Kapitulation, Ruhm und Ehre der deutschen Nation!" in Königs Wusterhausen (LDS). Es nahmen etwa 65 Personen teil. Unangemeldete neonationalsozialistische Aufmärsche Auch im Kalenderjahr 2012 hat sich der Trend zu unangemeldeten Aufmärschen fortgesetzt. Hierbei gewannen nächtliche "Fackelmärsche" der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" bis zu deren Verbot (Juni 2012) besondere Bedeutung. Insbesondere aktionistisch orientierten Szeneangehörigen bot sich damit eine Alternative oder zumindest Ergänzung zu ihren ernüchternden Erfahrungen mit angemeldeten aber blockierten Demonstrationen. Das Verbot der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" führte jedoch zur Verunsicherung der Szene und einem Rückgang ihrer Aktivitäten. Am 21. Januar 2012 wurde in Lübben (LDS) von etwa 65 Personen eine Veranstaltung im Rahmen der Kampagne "Die Unsterblichen" durchgeführt. Untypischerweise handelte es sich dabei nicht um einen "Fackelmarsch", sondern um eine interne Veranstaltung, die insbesondere der Herstellung eines Propagandavideos diente. Am 3. Februar 2012 führten Neonationalsozialisten in Potsdam einen unangemeldeten "Fackelmarsch" im Rahmen der Kampagne "Die Unsterblichen" durch. Es beteiligten sich etwa 20 Personen. 28 Rechtsextremismus Am 22. Februar 2012 führten mehrere Neonationalsozialisten in Potsdam einen unangemeldeten "Fackelmarsch" im Rahmen der Kampagne "Die Unsterblichen" durch. Die Personengruppe stellte eine Gedenksteinattrappe auf. Zu lesen war unter anderem "Die Fahne Hoch" und "Horst Wessel". Am 11. März 2012 haben Personen der rechtsextremistischen Szene einen Marsch "durch Pommerland" von Güterberg (UM) nach Lübbenow (UM) und wieder zurück durchgeführt. An einem Gedenkstein für gefallene Soldaten des Zweiten Weltkriegs wurden zwei Blumenkränze niedergelegt. Insgesamt haben sich etwa 30 Personen an der nichtangemeldeten Veranstaltung beteiligt. Am 24. März 2012 betraten acht Personen der rechtsextremistischen Szene außerhalb der Öffnungszeiten den Waldfriedhof Halbe (LDS). Zwischen dem 12. und dem 13. April 2012 haben Neonationalsozialisten aus der Region Potsdam anlässlich der Bombardierung der Stadt Potsdam im Zweiten Weltkrieg auf dem Neuen Friedhof in Potsdam eine unangemeldete Versammlung durchgeführt Am 27. Juli 2012 führten Neonationalsozialisten in Hennigsdorf (OHV) einen unangemeldeten, an der Kampagne "Die Unsterblichen" orientierten "Fackelmarsch" durch. Anlass war der 99. Geburtstag des NSKriegsverbrechers Erich Priebke. Es beteiligten sich etwa 50 Personen. Im Nachgang der Aktion wurde auf rechtsextremistischen Internetportalen aus Berlin und Brandenburg über die Aktion berichtet. Am 20. September 2012 führten etwa 15 Neonationalsozialisten in Potsdam eine unangemeldete Versammlung durch, die sich ebenfalls an der Kampagne "Die Unsterblichen" orientierte. 29 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Im November 2012 veröffentlichten Potsdamer Neonationalsozialisten im Internet einen bebilderten "Aktionsbericht" über eine unangemeldete Versammlung. Unter anderem schrieben sie: "Einmal im Jahre gedenken wir in feierlicher Stunde der Männer, die für Deutschland ihr Leben ließen. Aber diese Gedenkstunde sei kein tränenschweres Bejammern, sondern wir senken unsere Fahnen stumm vor ihren Gräbern und nehmen aus ihrem Opfer die Verpflichtung für uns, selbst bereit zu sein, das letzte für das Reich zu geben, wenn das ewige Vaterland es einst fordert. Eine kurze Stunde sollen die Toten unter uns weilen und wir wollen aus ihrer Einsatzbereitschaft die Kraft für unseren Kampf schöpfen." Nach eigenen Angaben veranstaltete die NPD am 18. November 2012 Gedenkveranstaltungen in Prenzlau (UM), in Schwedt/Oder (UM) und in der Region Joachimsthal (BAR). An einer weiteren Veranstaltung in Bernau (BAR) sollen sich zudem "Freie Kräfte" beteiligt haben. Neonationalsozialistische Aktivitäten an "Gedenktagen" Unbekannte Täter schmierten am 28. März 2012 in Potsdam den Schriftzug "Rudolf 4 unvergessen! Mord an Hess!" an eine Umgrenzungsmauer für Grünanlagen. Bei einer Feier in Wittenberge (PR) wurde am 20. April 2012 eine Reichskriegsflagge aufgestellt und einschlägige Musik abgespielt. An der Veranstaltung beteiligten sich etwa 15 Personen der lokalen und überregionalen rechtsextremistischen Szene. Am 20. April 2012 wurde in Schwedt/Oder (UM) von Neonationalsozialisten aus dem Umfeld der Gruppierung "Oderfront" eine Feier durchgeführt und lautstark einschlägige Musik abgespielt. Am 1. Mai 2012 wurden im Stadtgebiet von Königs Wusterhausen (LDS) Plakate mit den Schriftzügen "Die Lüge der Befreiung!" und "Hier ruht, im Stillen, unser Volk. Verstorben am 08. Mai 1945" verklebt. 30 Rechtsextremismus Durch unbekannte Täter wurden an die Gedenkstätte in Dallgow-Döberitz (HVL) am 7. Mai 2012 die Schriftzüge: "Stalin = Mord", "Besatzer", "Massenmörder", "Der 8. Mai war Terror" und "Vergewaltigung" angebracht. Unbekannte schmierten am 8. Mai 2012 in Werder/Havel (PM) auf eine Fahrbahn den Schriftzug "8. Mai 1945 BEFREIUNGSLÜGE". Am 14. Juni 2012 wurde auf einem Grundstück in Großbeeren (TF) lautstark das "Horst-Wessel-Lied" abgespielt. Unbekannte schmierten am 16. August 2012 den Schriftzug "ERMORDET AM 17.08.87 RUDOLF HESS UNVERGESSEN" an eine Grundstücksmauer in Wittenberge (PR). In der näheren Umgebung wurden zudem die Schriftzüge "Rache für Hess!!!" und RUDOLF HESS ES WAR MORD!!!" festgestellt. Am 18. August wurden auf einem Radweg in Wittenberge (PR) die Wortfolgen "Rudolf Hess ES WAR Mord" und "RACHE FÜR HESS" festgestellt. Am 2. September 2012 lief eine kleine Personengruppe durch die Straßen von Mühlenbeck (OHV) und sang unter anderem das "Horst-Wessel-Lied". Neonationalsozialistischer "Kampf" gegen den politischen Gegner Für Neonationalsozialisten ist der "politischen Gegner" zwar in erster Linie die "Antifa". Genauso können aber engagierte Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Politiker, Bürgermeister, Redakteure oder Bürger und nicht zuletzt Sicherheitsbehörden gesehen werden. Die Aktionspalette reicht von anonymen Bedrohungen und Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Angriffen. Es kann sich um eine einmalige Aktion oder um monatelange Einschüchterungsversuche handeln. Teilweise werden diese gründlich vorbereitet. Hierbei fertigen Neonationalsozialisten Filmund Fotoaufnahmen von den betroffenen Personen an. 2012 ereigneten sich erneut Übergriffe von Neonationalsozialisten auf deren "politische Gegner". Welche Vorgehensweisen dabei gewählt werden, kann beispielhaft an Spremberg (SPN) verdeutlicht werden. In Spremberg (SPN) stellt sich der Rechtsextremismus so dar: Die NPD kommt auf etwa 10 Sympathisanten beziehungsweise Mitglieder. Vier weitere Personen gehörten der am 19. Juni 2012 verbotenen Vereinigung "Wi31 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 derstandsbewegung in Südbrandenburg" an. Hinzu kommen die "Nationalisten Spremberg" mit einem harten Kern von etwa 25 Personen. Sie zählen zu den aggressivsten Neonationalsozialisten in Brandenburg. Während die "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" kaum mit gewalttätigen Aktionen auffiel, sind die "Nationalisten Spremberg" sehr gewaltbereit und treten provokant in der Öffentlichkeit auf. Es kommt immer wieder zu körperlichen Auseinandersetzungen mit linksgerichteten Jugendlichen und ausländischen Mitbürgern. Ein weiterer Aktionsschwerpunkt sind Angriffe auf die Presse, hier die "Lausitzer Rundschau". Bereits vor den Übergriffen auf die "Lausitzer Rundschau" tauchte im Internet ein Foto auf. Es stellt eine Gruppe von etwa 30 überwiegend schwarz gekleideten und vermummten Neonationalsozialisten vor dem Bismarckturm, dem Wahrzeichen der Stadt Spremberg (SPN), dar. Zu sehen ist ein Plakat mit der Aufschrift "Deutsche Jugend voran! Nationalisten Spremberg" und dem Verweis auf die Internetseite www.spremblog.info. Zwei Personen halten eine Fackel in der Hand. Das Foto trägt das folgende Goebbels-Zitat als Unterschrift: "Am schwersten aber ist es, als reißender Wolf den Schafspelz umzulegen, die Maske des Biedermanns aufzusetzen, Bürger unter Bürgern zu sein, wenn innen ein Vulkan brennt, wenn einen Tag um Tag und Stunde um Stunde der Teufel verfolgt und man manchmal in einem sinnlosen Wutgeheul aufbrüllen möchte vor Haß und Rachedurst. Aber auch das soll gelernt werden. Ein Revolutionär muß alles können. Beweis für revolutionäre Gesinnung ist nicht allein das Schlagen, sondern das Schlagen zur rechten Zeit. Bereit sein ist alles. In die Gefängnisse wandern, verboten und niedergeknüppelt werden, das kann schließlich jeder. Joseph Goebbels, 29.02.1929". Die "Lausitzer Rundschau" veröffentlichte daraufhin am 28. April 2012 einen Artikel unter dem Titel "Vermummte Neonazis am Bismarckturm" und berichtete über Rechtsextremismus in Spremberg (SPN). In der Nacht vom 29. auf den 30. April 2012 wurde der Eingangsund Schaufensterbereich des Spremberger Regionalbüros der "Lausitzer Rundschau" mit dem 32 Rechtsextremismus Spruch "LÜGENPRESSE HALT DIE FRESSE" besprüht und mit zahlreichen Plakaten beklebt. Sie trugen die Sprüche: "SPREMBLOG.INFO", "Klar, konsequent, deutsch!", "Deutsche Jugend", "Autonome Zelle", "Nationale Sozialisten". Teilweise waren vermummte Personen mit abgebildet, wobei es sich um Auszüge des Fotos vor dem Bismarckturm handelt. Am 1. Mai 2012 wurden Tierinnereien im Eingangsbereich des Büros der "Lausitzer Rundschau" verteilt. Ein weiterer Anschlag erfolgte am 23. Juli 2012. Es wurde ein Böller gezündet und auf das Bürodach des Naturschutzbundes geworfen. Durch die Explosion entstand dort ein Loch. Das Büro des Naturschutzbundes befindet sich schräg gegenüber der Lokalredaktion der "Lausitzer Rundschau". Die Polizei ermittelte drei Tatverdächtige. Zwei davon waren von dem Verbot der Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" betroffen. Am 2. November 2012 wurden im Eingangsbereich der Lokalredaktion der "Lausitzer Rundschau" durch Unbekannte vier Aufkleber angebracht. Erneut war die vermummte Personengruppe vor dem Bismarckturm abgebildet. Zudem ist der Schriftzug "SPREMBLOG.INFO Klar, konsequent, deutsch!" aufgedruckt. Bei spremblog.info handelt es sich um die ehemalige Webpräsenz der "Nationalen Sozialisten Spremberg". Die kritische Gemengelage in Spremberg (SPN) wird zudem durch Verbindungen zwischen der lokalen Rockerszene und Rechtsextremisten belastet. In den 1990er Jahren entstand der MC Berserker und trat 2002 zum 33 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 MC Gremium Cottbus über. Seit 2004 existiert ein eigenes Chapter Spremberg des MC Gremium. Neonationalsozialistische Gruppierungen in Brandenburg "Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland" Die erstmals 2009 in Erscheinung getretenen "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" (FKN) veröffentlichen auf ihrer Internetseite Demonstrationsaufrufe und Berichte von Gedenkveranstaltungen und zunehmend Stellungnahmen zu allgemeinen politischen Themen. Zahlreiche Beiträge werden von anderen rechtsextremistischen Websites kopiert. Wie bereits in den Vorjahren veranstalteten die FKN "Vernetzungstreffen" und gemeinsame Aktionen wie Mahnwachen, um den Zusammenhalt rechter Gruppierungen aus verschiedenen Landkreisen zu fördern und den Kontakt zu örtlichen NPD-Strukturen zu festigen. Nachdem Sicherheitsbehörden am 10. März 2012 eine geplante SzeneGeburtstagsfeier mit Konzert in einem gepachteten Garten in Neuruppin (OPR) unterbunden hatten, veranstalteten die FKN unter der Bezeichnung "Nationale Laubenpieper" am 14. April 2012 einen Aufzug unter dem Motto "Hoch die nationale Solidarität - gegen staatliche Inkompetenz". Etwa 80 Personen nahmen teil. Um die rechtsextremistische Szene in Wittstock (OPR) stärker in Aktionen der FKN einzubinden, fand deren jährlich durchgeführte 1. Mai-Demonstration 2012 in Wittstock statt. Motto: "Gegen Ausbeutung und Abwanderung - für eine familiengerechte Zukunft". Die etwa 200 Teilnehmer wurden je34 Rechtsextremismus "Freie Kräfte" in Brandenburg 3 1 2 5 4 6 Nr. Bezeichnung Region 1 "Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland" (FKN) Neuruppin Bad Freienwalde, Eberswalde, 2 "Freundeskreis Nord-Brandenburg" Prenzlau, Angermünde 3 "Oderfront" Schwedt/Oder 4 "Freie Kräfte Königs Wusterhausen" Königs Wusterhausen "Autonome Nationalisten Oder-Spree" 5 (AN/OS) / "Freundeskreis Nationale SoEisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder) zialisten Oder-Spree" (NS/OS) 6 "Nationalisten Spremberg" Spremberg doch von Blockierern am Marschieren gehindert. Daraufhin wurde in Neuruppin (OPR) eine "Eilversammlung" mit etwa 80 Teilnehmern angemeldet. Es kam zu Auseinandersetzungen mit Angehörigen der linken Szene. 35 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gemeinsam mit der NPD veranstalteten die "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" am 20. April 2012 und am 2. Juni 2012 in Nauen (HVL) Mahnwachen. Während am 20. April der Bombardierung der Stadt Nauen im Zweiten Weltkrieg gedacht werden sollte, lautete das Motto am 2. Juni "Schluss mit dem EU-Wahnsinn". Angehörige der FKN waren darüber hinaus auch bei überregionalen Veranstaltungen vertreten, beispielsweise bei rechtsextremistischen Konzerten in Mecklenburg-Vorpommern, bei einem Trauermarsch von Rechtsextremisten am 14. Januar 2012 in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) und bei einer NPD-Demonstration am 24. März 2012 in Frankfurt (Oder). "Freundeskreis Nord-Brandenburg" Nach der öffentlich erklärten Selbstauflösung der "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" (KMOB) im Jahr 2010 formierte sich in der Region der "Freundeskreis Nord-Brandenburg". Er trat wie im Vorjahr auch 2012 beim jährlichen "Trauermarsch" in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) am 14. Januar 2012 öffentlich auf. Hinter einem Transparent mit der Aufschrift "Freundeskreis Brandenburg - MORD BLEIBT MORD!" liefen mehrere Personen. Auf der eigenen Internetseite stand dazu: "Als Fazit kann man sagen das dies ein guter Auftakt für das Kampfjahr 2012 war und wir hoffen das viele solcher Veranstaltungen folgen und ebenso guten Anklang finden". Der angekündigte "Kampf" blieb auch im Jahr 2012 erfolglos. Der "Freundeskreis Nord-Brandenburg" konnte sich nicht als beständige Gruppenstruktur in der rechtsextremistischen Szene etablieren. Für den 15. September 2012 wurde nach Schorfheide, Ortsteil Finowfurt (BAR) zum Liederabend und einer Jahresfeier unter dem Motto "Niedergang und Wiederauferstehung" eingeladen. Etwa 75 Personen waren anwesend. Einen Monat später, am 10. November 2012, wurde auf einer NPD-Demonstration in Frankfurt (Oder) von mehreren Personen ein Transparent der KMOB getragen mit der Aufschrift "frei - sozial - national". "Oderfront" Aktionen unter dem Namen "Oderfront" sind im Jahr 2012 nicht bekannt geworden. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen zeigen Wirkung. Dennoch beteiligten sich Einzelne dieses kleinen Perso36 Rechtsextremismus nenkreises aus der Region Schwedt/Oder (UM) nach wie vor an Aktionen. Bis zum Eintreffen der Polizei feierten am 20. April 2012 in Schwedt/Oder mehrere Personen, die überwiegend der "Oderfront" angehören, im Garten einer Kleingartenkolonie den "Hitler-Geburtstag". Dabei wurde nationalsozialismusverherrlichende Musik abgespielt und zum Teil lautstark mitgesungen. Am 26. Mai 2012 veranstalteten im Stadtgebiet von Schwedt/ Oder 13 Personen mit fünf PKW einen Autokorso. Sie gehörten zum Teil der NPD und der "Oderfront" an. Die Fahrzeuge des Autokorsos waren mit Aufklebern, Fahnen und Plakaten der NPD versehen. Eine ähnliche Aktion fand am 14. Juli 2012 statt. "Freie Kräfte Königs Wusterhausen" Der lose Zusammenschluss von Einzelpersonen hatte vor allem in den Jahren 2009 und 2010 durch die Teilnahme an zahlreichen Demonstrationen auf sich aufmerksam gemacht. 2012 führte die Gruppe am 8. Mai gemeinsam mit dem NPD-Kreisverband Dahmeland eine Kundgebung in Königs Wusterhausen (LDS) durch. "NS/OS - AN/OS" Seit 2009 war der "Freundeskreis Nationale Sozialisten Oder/Spree" (NS/ OS) bekannt. Es handelte sich um eine lose verknüpfte neonationalsozialistische Kleingruppe. Ihre Aktivitäten, vor allem Propagandadelikte, waren regional begrenzt. Einzelmitglieder nahmen auch überregional an rechtsextremistischen Demonstrationen teil. Die Gruppe "Autonome Nationalisten Oder/Spree" (AN/OS) ist seit 2010 bekannt. Sie bezeichnete sich selbst als antiimperialistisch und antikapitalistisch. Vermutlich waren beide Gruppen weitgehend identisch. Die Mitglieder nahmen an diversen Demonstrationen teil und machten durch eine Vielzahl von Schmierereien auf sich aufmerksam. Zurzeit sind keine Aktivitäten der AN/OS feststellbar. Weitere neonationalsozialistische Aktivitäten Im Nordosten Brandenburgs existieren zudem lose Personenzusammenhänge, die an rechtsextremistischen Aktivitäten teilnehmen. Dabei gibt es keine Berührungsscheu mit der NPD und umgekehrt. Laut Homepage des NPD-Kreisverbandes Barnim-Uckermark vom 3. August 2012 wurden in den Regionen Bernau (BAR) und Eberswalde (BAR) Flugblätter zum Thema "Wiedereinführung der Grenzkontrollen - Für die Sicherheit unserer 37 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Bürger!" verteilt. Die Aktion wurde von "Freien Kräften" unterstützt, denen mit folgenden Worten gedankt wird: "An dieser Stelle meine[n] Dank an alle Aktivisten, wobei auch die Hilfe der Freien Kräfte nicht unerwähnt bleiben soll. Bereits in den letzten Monaten zeigte sich, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert und daher bedanke ich mich im Namen des gesamten Stützpunktes Bernau für die stetige Hilfe der Kameraden, die auch ohne Parteiausweis die Flugblätter in die Hand nehmen, um die Vielzahl der Werbemittel an die Bürger zu bringen. A. G." Auf derselben NPD-Internetseite wurde später eine gemeinsame Aktion in Bernau (BAR) am 18. November 2012 dokumentiert: Anlässlich des Volkstrauertages "trafen sich ... ein Teil der Bernauer Kameraden mit Freien Kräften, um den gefallenen Soldaten zu gedenken. In kleiner Runde wurde ein Grabgesteck niedergelegt und auch noch einige Worte an die gefallenen Helden gerichtet." Die Schleife des Grabgestecks war bedruckt mit: "IHR FÜR UNS - NPD BARNIM UND FREIE KRÄFTE". 38 Rechtsextremismus 1.2 Beispiele rechtsextremistischer Straftaten Auch 2012 kam es zu 58 "rechtsmotivierten" Gewalttaten (2011: 36), 57 davon wurden als "rechtsextremistisch" klassifiziert. Die Tatverdächtigen sind zumeist zwischen 18 und 30 Jahre alt. Betroffen sind "politische Gegner", als "fremd" angesehene Personen und Polizeibeamte. Das Personenpotenzial der zumeist unorganisierten gewaltbereiten Rechtsextremisten betrug 2012 insgesamt 410 (2011: 420; Bund: 9.800). Rechtsextremistisches Personenpotenzial: Gewaltbereite in Brandenburg 580 600 580 600 560 550 550 550 500 500 510 480 500 450 420 410 400 300 200 100 0 1993 1997 1998 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten Rechtsextremistisch motivierte Gewalt richtet sich vielfach gegen "Ausländer" oder Personen, die als solche angesehen werden. Ein typisches Tatmuster sind anfängliche verbale Provokationen, die sich zu körperlicher Gewalt auswachsen. Beispiele Neuruppin (OPR), 20. Januar 2012: Ein 40-jähriger Pakistaner mit einem mobilen Verkaufsstand wird vor dem Einkaufszentrum "REIZ" von einem 30-jährigen alkoholisierten Täter beleidigt, bedroht ("Fick dich selbst, scheiß Ausländer, Kanake, ich bring dich um, deinen Laden brenn ich ab") und mehrmals gegen die Brust geboxt. Schwedt/Oder (UM), 23. März 2012: Eine gebürtige Weißrussin wird aus einer Gruppe von etwa zehn Jugendlichen als "Scheiß Russen" beleidigt. Als sie sich diese Äußerungen verbittet, wird sie von einer jungen Täterin an den Haaren gezogen und zu Boden gedrückt. 39 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Potsdam, 29. Mai 2012: Ein Schüler mit fremdländischem Aussehen trifft am Wartehäuschen Bisamkiez auf zwei männliche Personen. Bei dem Wortwechsel fällt die Beleidigung "Du scheiß Kanake, sollst nicht so dumm gucken" und es kommt zu einer körperlichen Auseinandersetzung, wobei dem Schüler zweibis dreimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen und in den Bauch geboxt wird. Er erleidet eine Platzwunde am Kopf und wird im Krankenhaus behandelt. Falkensee (HVL), 28. September 2012: Ein Deutscher türkischer Herkunft wird von drei männlichen Personen als "Wichser" beschimpft und mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Weiterhin rufen die Täter "Was wollt ihr Türken in unserem Land hier? Haut ab und geht dahin, wo ihr herkommt" sowie "Heil Hitler". Strafund Gewalttaten gegen den politischen Gegner Beim Zusammentreffen von Rechtsextremisten mit Personen, bei denen sie eine "linke Gesinnung" vermuten, kommt es häufig zu Aggressionen und daraus resultierenden Gewaltstraftaten. Beispiele Brandenburg an der Havel, 7. März 2012: Als sich der Kreisvorsitzende der Partei "DIE LINKE" auf dem Weg ins Büro befindet, tippt ihn von hinten ein Rechtsextremist auf die Schulter. Als sich das Opfer umdreht, wird es mit einem Schlag ins Gesicht und Reizgas attackiert. Der Täter droht: "Beim nächsten Mal kriegen wir dich, du Sau". Spremberg (SPN), 17. März 2012: Ein Mitglied der zu diesem Zeitpunkt noch nicht verbotenen Organisation "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" provoziert in einem Jugendclub andere Gäste mit Parolen wie "Heil Hitler" sowie "Sieg Heil". Bei einer tätlichen Auseinandersetzung verpasst er einem Gast einen Faustschlag ins Gesicht und einen Tritt in den Bauch. Guben (SPN), 5. Mai 2012: Vor einem Szenetreff fordern sechs Personen einige Jugendliche auf, ihre Personalausweise herauszugeben. Da diese der Aufforderung nicht nachkommen, werden sie geschlagen. Die Tatverdächtigen sind ausnahmslos der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen, zum großen Teil als politisch motivierte Straftäter bekannt und als gewalttätig eingestuft. Prenzlau (UM), 5. Mai 2012: Sechs Angehörige der rechtsextremistischen Szene locken ihr Opfer aus seiner Wohnung. Es flüchtet, wird 40 Rechtsextremismus von der Gruppe verfolgt, auf den Kopf geschlagen, am Boden liegend getreten und mit einem mit Bierflaschen gefüllten Rucksack mehrmals gezielt auf den Kopf geschlagen. Bei ihrer Festnahme durch die Polizei skandieren die Täter lautstark "Sieg Heil". Sie sind wegen gleichartiger Delikte polizeibekannt. Potsdam, 10. August 2012: Ein Gegendemonstrant einer NPD-Kundgebung wird am Straßenrand aus einem Fahrzeug heraus mit CS-Gas oder Pfefferspray besprüht. Strafund Gewalttaten gegen die Polizei Die Polizei setzt sich seit Jahren konsequent mit der rechtsextremistischen Szene auseinander. So werden in vielen Fällen Platzverweise und Demonstrationsverbote erteilt sowie Konzerte abgebrochen. Das führt in rechtsextremistischen Kreisen zu Frust, der wiederum in Gewalt gegen Polizeibeamte mündet. Auch 2012 kam es zu gewalttätigen Übergriffen auf Polizeibeamte. Beispiel: Schwedt/Oder (UM), 20. April 2012: Während einer Feier aus Anlass des Hitlergeburtstages spielen Angehörige der rechtsextremistischen Szene in einem mit Fahnen hergerichteten Kleingarten öffentlichkeitswirksam Musik ab. Titel wie "Birthday", "NSDAP", "Tret' einfach rein" werden zum Teil lautstark mitgesungen. Beim Polizeieinsatz leisten einige Anwesende Widerstand. Der Ortsgruppenvorsitzende der NPD beleidigt die Polizeibeamten mit: "Ihr Fotzen was wollt ihr, verpisst euch!". Zwei Polizeibeamte werden mit Bier bespritzt. Antisemitisch motivierte Strafund Gewalttaten Eine weitere Erscheinungsform rechtsextremistischer Kriminalität sind immer wieder offen zutage tretende antisemitisch motivierte Straftaten. Hierbei spielt es offenbar keine Rolle, ob die Opfer jüdischen Glaubens sind. Beispiele: Bernau (BAR), 3. März 2012: Ein Ehepaar wurde durch ein benachbartes Ehepaar durch die Hecke mit den Worten "Halt die Schnauze, Du Arschloch, sonst komm ich rüber, Du Ausländerpack mit deinen Ne41 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 gern. Verpisst euch, ihr Judenschweine!" beschimpft. Das geschädigte Ehepaar hatte in der Vergangenheit mehrfach ausländische Austauschschüler bei sich aufgenommen, die ebenfalls in gleicher Art und Weise durch das benachbarte Ehepaar beschimpft worden sein sollen. Guben (SPN), 29. April 2012: Zwei Rechtsextremisten drängen ihr Opfer an einen Zaun und würgen es. Einer der Täter ruft: "Du bist doch der Jude!" Anschließend treten beide auf das Opfer ein. Rüdersdorf (MOL), 6. Mai 2012: Auf der Webseite des Friedrich-Antonvon-Heinitz-Gymnasiums hinterlassen Unbekannte diesen Eintrag: "Ihr werdet alle vergast werden ihr Scheissjuden! Passt nur auf bis ich mit dem Zyklon B ankomme!" Im Betreff des Kommentars steht "Heil Hitler". Zossen (TF), 8. Oktober 2012: Unbekannte Täter besprühen mit schwarzer Farbe im Pflaster des Fußweges eingelassene Stolpersteine zum Gedenken an während der NS-Zeit deportierte Juden. Zusätzlich wird das Wort "Schweine" hinterlassen. Rechtsextremistische Gewaltpotenziale in den Landkreisen und kreisfreien Städten = 1 - 29 Personen = 30 - 59 Personen = 60 und mehr Personen 42 Rechtsextremismus 1.3 Militante Milieus und Rechtsextremismus Gemeinschaft und Zugehörigkeit sind menschliche Grundbedürfnisse. Viele nutzen dafür beispielsweise den Sport. Das Ehrenamt im Sportverein, der Wettkampf, das gesellige Beisammensein - der Sport bietet viele Möglichkeiten einer interessanten und erfüllenden Betätigung für die Gesellschaft. Natürlich haben auch Rechtsextremisten Interesse an der sportlichen Betätigung. Für sie ist Sport allerdings in erster Linie ein großes Rekrutierungsund Propagandafeld. Sie nutzen Sport, um ihre politischen Ziele zu vermitteln und durchzusetzen. Sportplätze dienen hierbei als Bühnen für ihre Ideologie. Bei einigen Rechtsextremisten geht das Interesse noch weiter. Bei ihnen steht die Ertüchtigung für den militanten Kampf im Vordergrund. Sport ist in diesem Fall Bestandteil eines vormilitärischen Trainings. Gemeinsame rechtsextremistische Orientierungen spielen insbesondere bei der Verbindung mit dem gewalttätigen Hooligan-Milieu eine Rolle. Außerdem kennt man sich oft persönlich, denn Rechtsextremisten und Hooligans arbeiten gerne im Sicherheitsgewerbe. Kampfsport Kampfsport ist in der rechtsextremistischen Szene Brandenburgs seit einiger Zeit populär. Obwohl der Verfassungsschutz in den letzten Jahren manches beleuchten konnte, liegt noch einiges im Dunkelfeld. Verlässliche Zahlen sind bisher nicht bekannt. Viele Rechtsextremisten engagieren sich aufgrund privater oder beruflicher Interessen in Kampfsportvereinen, trainieren dort regelmäßig und besuchen konventionelle Kampfsportturniere. Eine andere Situation ergibt sich jedoch, wenn versucht wird, Kampfsport für rechtsextremistische Aktivitäten zu instrumentalisieren. Hierzu zählen die gezielte Nutzung von Vereinen, die Erlangung einer Vorbildfunktion als Trainer, die systematische Verbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts oder die Werbung von Sympathisanten. In Brandenburg hat sich in den letzten Jahren ein rechtsextremistisches Kampfsportmilieu entwickelt, in dem Kickboxen und bevorzugt Freefight als Agitationsplattformen genutzt werden. Im Gegensatz zu Judo, Karate oder vergleichbaren Kampfsportarten handelt es sich beim Freefight um eine besonders archaische Kampfform. Neben körperlicher Fitness verbinden Rechtsextremisten den Kampfsport mit neonationalsozialistischer Ideologie. Besonders ausgeprägt war dies 43 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 bei den Aktivisten der mittlerweile verbotenen Vereinigung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg". Der dort vorherrschende Elitegedanke forderte von den Gruppenmitgliedern, sich sowohl in geistig-ideologischer als auch körperlicher Hinsicht zu beweisen. Der Kampfsport wurde dazu genutzt, das rechtsextremistische Verständnis von "Männlichkeit" im Kontext neonationalsozialistischer Ideologie zu vermitteln. Selbstüberwindung, Härte, Disziplin und Kampfbereitschaft wurden als identitätsstiftende Tugenden des "politischen Soldaten" propagiert. Der "Kampf" wird als S ständige Lebensform der menschlichen Rassen be- N C trachtet. Über ihn soll die Zukunftsfähigkeit der DeutSTRIKEFIRST schen als Volk gesichert werSTRIKEHARD den. Inszeniert als "Widerstand" führen Rechtsextremisten so ihren "Kampf" um "Rassereinheit". In Brandenburg dienten "nationale Kampfsportturniere" diesem Ziel. Darüber hinaus besteht in Lübben (LDS) mit der "Northsidecrew" ein fester "nationaler" Kampfsportzusammenschluss. Im Süden Brandenburgs konnten zunehmende Versuche der Einflussnahme von Rechtsextremisten auf Kampfsportvereine beobachtet werden, indem diese in bereits bestehende Kampfsportvereine "einsickern" oder schon zu ihren Gründungsmitgliedern gehören. In diesem Zusammenhang wurden einige Fälle beobachtet, Kickboxen und Freefight als Plattform rechtsextremistischer Agitation zu instrumentalisieren. In solchen Fällen hat der Landessportbund Brandenburg in der Vergangenheit mehrfach entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen. So konnte beispielsweise die Teilnahme von zwei rechtsextremistischen Kickboxern an einer Israelreise unterbunden werden. Der Ausschluss mehrerer Rechtsextremisten aus ihren Kampfsportvereinen war eine weitere Konsequenz. Manche verschwanden von den Fight-Cards der Vereine. Fußball und Hooliganismus Rechtsextremisten besuchen weiterhin gezielt Fußball-Stadien und versuchen, die auf den Rängen entstehende Stimmung in ihre ideologischen Bahnen zu lenken. Ebenso veranstalten Rechtsextremisten eigene Fuß44 Rechtsextremismus ballturniere. All dies dient vorrangig der Kontaktund Netzwerkpflege sowie der Nachwuchsgewinnung. In Brandenburg gibt es regionale Überschneidungen zwischen Rechtsextremisten und Hooligans. Besonders treten diese Szenen in Cottbus und Frankfurt (Oder) hervor. Es handelt sich wie schon 2011 um ein Personenpotenzial von jeweils bis zu 50 Personen. Im Sommer 2012 fusionierte der "Frankfurter Fußballclub Viktoria '91" (FCV) mit dem "MSV Eintracht Frankfurt" zum "1. FC Frankfurt (Oder)" (FCF). 2012 hielten sich die aus dem Umfeld des ehemaligen FCV stammenden rechtsextremistischen 'Fans' erneut stark zurück. Teile dieser Personengruppe betätigen sich inzwischen anderweitig, nur zögerlich rücken neue Personen nach und sie stehen im Fokus der Polizei. Im Gegensatz dazu entfalten im Umfeld des Vereins "FC Energie Cottbus" rechtsextremistische Anhänger der 'Fan'-Zusammenschlüsse "Inferno Cottbus 99" (IC 99) und "Collectivo Bianco Rosso 02" (CBR 02) weiterhin erhebliche Aktivitäten. Sie treten jedoch nicht mehr so offensichtlich extremistisch auf wie beispielsweise mit dem bundesweit bekannt gewordenen "Juden"-Transparent am 5. Dezember 2005 in Dresden (Sachsen). Ihre Propaganda präsentieren sie inzwischen versteckter und nutzen Parolen wie "Nur ein Sieg heilt unsere Wunden". Zunächst werden hierbei alle 27 Buchstaben der Parole hochgehalten, dann fallen plötzlich das "T" und der Rest runter, so dass nur die Parole "Sieg heil" bleibt. Dies geschah am 25. März 2012 beim Fußballspiel zwischen "St. Pauli" und "FC Energie Cottbus". Immer wieder, so auch am 4. März 2012 beim Fußballspiel zwischen "Eintracht Frankfurt" und "FC Energie Cottbus" wird das Spruchband "Die Halben hol der Teufel" gezeigt. Dabei handelt es sich um ein Zitat aus dem Roman "Die Abenteuer des Werner Holt" von Dieter Noll. Bei dem Zitat handelt es sich um den Beginn einer Ansprache der Roman-Figur "Gilbert Wolzow". Er ist ein fanatischer Hitlerjunge. Der Fortgang des Zitates ist die eigentliche Botschaft und soll beim Zeigen des Spruchbandes mitgedacht werden: "Wir stehen zum Führer." 45 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "Die Halben hol der Teufel" Vollständig lautet der Satz: "Jetzt beginnt für uns ein neuer Abschnitt. Jetzt wird es ernst. Wir werden die Festung Deutschland verteidigen bis zum letzten Blutstropfen. Wer schlapp macht und Deutschland in seiner schwersten Stunde im Stich läßt der ist ein Schweinehund. Alles oder nichts. Die Halben hol der Teufel. Wir stehen zum Führer. Schlägst Dich in Scherben, ich steh für zwei und geht's ans Sterben, ich bin dabei." Im Roman sagt dies die Figur Gilbert Wolzow. Er ist zunächst ein enger Freund der Romanfigur Werner Holt. Doch diese Freundschaft leidet, da sich Wolzow als fanatischer Militarist entpuppt und beim Kampf um das Dritte Reich Opferbereitschaft bis zum Tod verlangt. Der Antikriegsroman "Die Abenteuer des Werner Holt" wurde in der DDR, insbesondere an Schulen, oft genutzt, um über die Schrecken der NS-Herrschaft aufzuklären. Er ist damit gerade ostdeutschen Rechtsextremisten geläufig. Sie schätzen die Figur Wolzow aufgrund der soldatischen Ausrichtung. Wolzow ist für sie eine ideale Identifikationsfläche neonationalsozialistischer Ideologie. Hierbei scheint es einen besonderen Reiz auszumachen, sich ausdrücklich eines Romans zu bedienen, welcher beim politischen Gegner höchste Wertschätzung genießt. Die Vielseitigkeit, mit der das Zitat in der rechtsextremen Szene benutzt wird, lässt es gewissermaßen zu einer Art "Chiffre" oder "Code" werden. Durch die Nutzung der Worte 'Die Halben hol der Teufel' zeigen die Mitglieder von 'Inferno Cottbus', dass sie sich als Teil der rechtsextremistischen Szene verstehen. Bereits die 2005 vom Bundesgerichtshof als kriminelle Vereinigung eingestufte rechtsextremistische Szeneband "Landser" übernahm ein Wolzow-Zitat und nutzte es im dem strafbaren Lied "Wacht an der Spree". Ebenso nutzte die Band "Kommando Skin" (Baden-Württemberg) ein Zitat aus dem Buch. Die bezeichnenderweise in Cottbus ansässige Firma "Rebel Records" fertigt CDs und Devotionalien für die rechtsextremistische Szene. Sie schrieb vor einigen Jahren im Internet: 46 Rechtsextremismus "Wir wünschen allen Freunden, Kameraden, Bands und Kameradschaften einen feucht-fröhlichen Jahreswechsel und einen guten Sprung ins Kampfjahr 2007! Die Halben hol' der Teufel - lasst Euch nicht unterkriegen, bleibt gesund und wehrhaft!". Der Versandhandel "Der Versand" (Bovenden, Niedersachsen) verkauft T-Shirts mit dem Aufschrift: "Ein Mann Mob - Die Halben hol der Teufel". Die beabsichtigte einschüchternde Botschaft wird verdeutlicht durch die Abbildung eines Skinheads beziehungsweise Hooligans samt Baseballschläger. Der Szeneversandhandel "Odinversand" (Gohrisch, Sachsen) verkauft Schals mit dem Aufdruck: "Klagt nicht, kämpft" und "Die Halben hol der Teufel": Innerhalb der rechtsextremistischen Szene wird der Spruch ebenfalls genutzt, um Besucher rechtsextremistischer Großveranstaltungen zu motivieren. Während einer Großveranstaltung in Bad Nenndorf (Niedersachsen) wurden 20 Rechtsextremisten, die an einer Polizeikontrollstelle "kapitulierten" als "Halbe" bezeichnet, die "der Teufel holen" solle. Die NPD-Göttingen (Niedersachsen) nutzt das Zitat in einem Beitrag unter der Überschrift "Frau - Familie - Nation": "Die unbekümmerten 'BRD - Girls' mit ihrer primitiven Lebenseinstellung! Aber natürlich genauso ihre männlichen Kollegen (und alle etablierten Politiker). Es gibt diese leider wie Sand am Meer. Oft lassen sie sich sogar noch mit Angehörigen fremder Völker ein und denken, dadurch im Trend der Zeit zu liegen. Daß sie damit einen Teil zur Vernichtung des eigenen Volkes beitragen, scheint ihnen nicht bewußt oder anscheinend egal zu sein. Gut: 'Wie die Liebe fällt...' sagt man im Volksmund, aber mit einem nationalem Bewußtsein fällt diese Liebe halt nicht all' zu weit! Das klingt radikal, für den einen oder anderen vielleicht auch abgedroschen, doch nur so kann und darf es sein. Die Halben holt der Teufel! Wir müssen radikal denken und handeln, wenn wir das Blatt zum Guten und Besseren wenden wollen. Viel zu lange haben wir uns selbst vergessen." 47 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Nach Medienberichten wurde im Juli 2012 ein "Sommerturnier" im Landkreis Spree-Neiße vom "Inferno Cottbus 99" organisiert. Vor Ort waren unter anderem Anhänger des FCF, des "Chemnitzer FC", "FCV HOOLS" und "NSBoys". "NS" soll - wer es glauben mag - angeblich für "New Society" stehen. Am 26. Oktober 2012 kam es beim Fußballspiel zwischen dem "FC Energie Cottbus" und "1860 München" zu einer Solidaritätsaktion mit dem "Kickbox Team Cottbus" (KBTC). Die regionale Presse hatte kurz zuvor über den KBTC im Zusammenhang mit Rechtsextremismus berichtet. Es wurden folgende Spruchbänder gezeigt: "SOLIDARITAET MIT DEM KBTC ! / LASST EUCH VON IHRER HETZKAMPAGNE / NICHT UNTERKRIEGEN! CBR '02!". Eine im Berliner Umland aktive rechtsextremistische Fußball-Anhängerschaft ist "Crimark". Es handelt sich hierbei um Fans des "1. FC Union Berlin". Die führenden Akteure kommen aus Potsdam und Umgebung. Der Name "Crimark" setzt sich laut eigener Aussage aus "Crime" (englisch "Verbrechen") und "Mark" zusammen. Laut Internetseite "indymedia" sollen diese "Fans" für Schmierereien und Aufkleber mit Sprüchen wie "Juden SVB" und "NS Jetzt" verantwortlich sein. Am 1. September 2012 wurde ein von Neonationalsozialisten geplantes Fußballturnier in Velten (OHV) verhindert. Die Rechtsextremisten hatten überregional geworben und etwa 100 Teilnehmer erwartet. Nach Hinweisen der Sicherheitsbehörden wurde der Nutzungsvertrag aufgehoben. Die NPD und ihre Jugendorganisation reagierten mit einem teilweise wütenden Protestaufruf im Internet. Unter den Teilnehmern der Kundgebung befanden sich regionale neonationalsozialistische Akteure, Mitglieder des "Nationalen Widerstands Berlin" sowie der "Weißen Wölfe Terrorcrew", Sektion Hamburg und Wittstock (OPR). 48 Rechtsextremismus Rocker und Rechtsextremismus Nicht nur Fußball zieht Rechtsextremisten und Gewaltbereite an. Auch das Rocker-Milieu kann für Rechtsextremisten mitunter interessant sein. Und was für Fußballfans gilt, gilt auch für Anhänger des motorisierten Zweirades: Nur eine Minderheit ist politisch extremistisch. Kriminelle Rockergruppen bilden Clanstrukturen aus und weisen sektenhafte, abgeschottete Verhaltensformen auf. Der Aufnahmeprozess ist ritualisiert und der Aufstieg innerhalb der Hierarchie erstreckt sich oft über Jahre. Rauschgiftund Waffenhandel, Schutzgelderpressung sowie Zuhälterei sind Tätigkeiten, mit denen solche Gruppen in Verbindung gebracht werden. Sie versuchen ebenso, in legale Geschäftsbereiche einzudringen, um ihren Einfluss auszudehnen und weitere Gewinne zu erzielen. Große Rockergruppen, wie beispielsweise die "Hells Angels", "Bandidos", "Outlaws" oder der "MC Gremium", sind international aktiv und verfügen über Niederlassungen in den Ländern. Diese heißen "Chapter" beziehungsweise "Charter". Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Machtund Revierkämpfen zwischen verfeindeten Motorradclans. Häufig zieht das Körperverletzungen und manchmal sogar Mord nach sich. In Einzelfällen gibt es Überschneidungen zwischen Rechtsextremisten und der Rockerszene. Hierbei handelt es sich insbesondere um Personen, die aufgrund ihres Alters der rechtsextremistischen Szene entwachsen sind. Eine nachhaltige Politisierung von Rockern durch Rechtsextremisten ist bislang jedoch nicht erkennbar. Gelegentlich stellen Rockergruppen ihre Räumlichkeiten für rechtsextremistische Konzerte zur Verfügung. So zum Beispiel die "Bandidos MC Lauchhammer" am 28. April 2012. 500 Personen verfolgten die Auftritte der Bands "Moshpit" (Sachsen und Thüringen), "Hope for the Weak", "Second Class Citizen" (Berlin), "Fight Tonight" (Sachsen-Anhalt) und "Thrima" (Mecklenburg-Vorpommern). Verbindungen zwischen Rockgruppen und Rechtsextremisten werden gelegentlich auch optisch demonstriert. So existieren Bilder vom "Gremium MC Spremberg" mit dem Zusatz "Ehre & Treue" ("Meine Ehre heißt Treue" 49 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 war der Wahlspruch der SS). Ebenso gibt es Bilder von einem "Gremium MC Spremberg"-Mitglied, das ein T-Shirt der rechtsextremistischen Band "Frontalkraft" und ein SS-Totenkopf Abzeichen auf seiner Kutte trägt. Am 13. Oktober 2012 lösten Polizeikräfte eine Feier mit 54 Personen in Cottbus auf. Darunter waren Rechtsextremisten, Rocker und Gewalttäter. Grauzone zwischen Extremismus, Kampfsport und Sicherheitsgewerbe Dem Verfassungsschutz liegen Hinweise vor, dass sich Personen aus dem extremistischen - insbesondere dem rechtsextremistischen - Spektrum zunehmend um Arbeitsstellen im Bewachungsgewerbe bemühen oder sich in diesem Gewerbe selbstständig machen. Darunter sind auch solche, die sich mit extremistischer Absicht im Kampfsport "stählen". Zudem machen Uniformen die Ausübung von Macht und Dominanz für jeden Außenstehenden sichtbar. Das verschafft insbesondere Neonationalsozialisten Befriedigung. Bewachungsunternehmen arbeiten im öffentlich wahrnehmbaren Raum. Bei Großveranstaltungen wie Sportwettkämpfen, Volksfesten oder Konzerten stellen sie ebenso Personal wie für die Bewachung von Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Bewachungsunternehmen beschäftigte Extremisten diese Zugänge für ihre Zwecke ausnutzen oder gerade nicht schützen, sondern bedrohen. So würde die Beschäftigung von Rechtsextremisten zum Schutz von Asylbewerberheimen nicht nur erhebliches Konfliktpotenzial bergen. Die rechtlichen Vorgaben für das Bewachungsgewerbe sind eindeutig. Nach GewO SS 34 a (1) der Gewerbeordnung (GewO) Gewerbeordnung bedarf jeder, der gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis ist dann zu versagen, wenn "Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt." SS 34a (4) GewO regelt zudem, dass auch die Beschäftigung einer Person, die in einem Bewachungsunternehmen mit Bewachungsaufgaben betraut ist, dem Gewerbetreibenden untersagt werden kann, "wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt." 50 Rechtsextremismus SS 9 (2) der Bewachungsverordnung (BewachV) besagt zudem, dass die Zuverlässigkeit der mit Bewachungsaufgaben BewachV betrauten Personen in der Regel nicht Bewachungsverordnung gegeben ist, wenn eine Person innerhalb der vergangenen zehn Jahre Mitglied in einer verbotenen Organisation war oder in den letzten fünf Jahren Bestrebungen nach SS 3 (1) Bundesverfassungsschutzgesetz verfolgt hat. SS 9 (2) BewachV lautet dazu ergänzend: "Zum Zwecke der Zuverlässigkeitsüberprüfung von Wachpersonen, die mit Schutzaufgaben im befriedeten Besitztum bei Objekten, von denen im Falle eines kriminellen Eingriffs eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit ausgehen kann, beauftragt werden sollen, kann die zuständige Behörde deshalb zusätzlich bei der für den Sitz der Behörde jeweils zuständigen Landesbehörde für Verfassungsschutz die Abfrage des nachrichtendienstlichen Informationssystems veranlassen. 51 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.4 NPD-Jugend ohne Jugend In der NPD-Satzung heißt es: "Die Jugendorganisation der NPD sind die 'Jungen Nationaldemokraten (JN)'. Sie sind integraler Bestandteil der NPD." Zudem entscheidet der NPD-Parteivorstand über "Neufassungen und Änderungen des JN-Statuts". Von den JN wird diese Bevormundung schon seit Jahren umgedeutet. Man sei "in freier Selbstbestimmung in Stützpunkten und Verbänden" in der Partei fest verankert. Die JN haben es insbesondere auf Jugendliche abgesehen. Ihnen sollen "die Grundpfeiler der nationalen Weltanschauung aufgezeigt" werden. Ähnlich wie die NPD haben sich die JN den Aufbau einer "Volksgemeinschaft" zum Ziel gesetzt. Nach der nationalsozialistischen Ideologie ist die Volksgemeinschaft eine auf "blutmäßiger Verbundenheit, auf gemeinsamem Schicksal und auf gemeinsamem politischen Glauben beruhende Lebensgemeinschaft eines Volkes, der Klassenund Standesgegensätze wesensfremd" seien. Die von den JN ersehnte "Volksgemeinschaft" in Verbindung mit der Forderung nach "nationalem Sozialismus" beruht demnach auf rassistisch motivierter Ausgrenzung. Daraus machen die JN auch keinen Hehl. So lässt sich auf der Homepage des Bundesverbandes unter "Ausländerrückführung statt Integration" nachlesen, "dass eine Integration nicht möglich ist und nie möglich sein wird, da sie der Natur des Menschen bzw. der einzelnen Menschenarten widerspricht". Um so eine verfassungsfeindliche "Volksgemeinschaft" zu erreichen, ist eine Arbeitsteilung verabredet: Während sich die Mutterpartei als parlamentarischer Arm der "nationalen Opposition" versteht, sehen die JN ihren Tätigkeitsschwerpunkt im "vorpolitischen Raum" und in der Verbindung zu neonationalsozialistischen "Freien Kräften". Die JN gliedern sich in einen Bundesverband, mehrere Landesverbände sowie regional oder lokal tätige Stützpunkte. Nicht in allen Bundesländern 52 Rechtsextremismus sind die JN präsent. Momentan liegt ihr Schwerpunkt vor allem im Südosten und Südwesten Deutschlands. Der Norden ist von wenigen Ausnahmen abgesehen kaum von Bedeutung. In Brandenburg existierten 2012 vier Stützpunkte: Oranienburg (OHV), Potsdam, Lausitz (OSL) und Schenkenländchen (TF). Besonders hart getroffen hat es den JN-Stützpunkt Oranienburg. Der Mietvertrag für das "JuZ" im "Alten Speicher" wurde Ende 2011 gekündigt. So hat der JNStützpunkt seinen Treffpunkt und seine Einnahmequelle verloren. Dort wurden allein im Jahr 2011 acht Konzerte veranstaltet. Das "JuZ" war auch Treffpunkt für Kampfsportaktivitäten der JN in Brandenburg. Ein Landesverband existiert in Brandenburg nicht. Entsprechende Vorhaben sind immer wieder gescheitert, zuletzt im Jahr 2010. Besonders in Brandenburg leiden die JN unter drastischem Mitgliederschwund. Wie im Vorjahr werden etwa 25 Personen derzeit noch den JN in Brandenburg zugerechnet. Nicht alle sind zugleich Mitglieder der NPD. Wunsch und Wirklichkeit klaffen bei der JN schon seit ihren Gründungsjahren weit auseinander. Jugendliche schrecken die extremistische Ausrichtung und der elitäre Allmachtsanspruch der JN ab. Der verbal oft bemühte "Angriff auf den vorpolitischen Raum" wird zum Leidwesen der Funktionäre meist nur dann punktuell ausgeruMichael Schäfer fen, wenn sich Bundesvorstandsmitglieder vor Ort einmischen. Entsprechend stellt der ehemalige JN-Bundesvorsitzende Schäfer in der Verbandszeitschrift "Der Aktivist" selbstkritisch fest: "Zu oft stecken wir in unserem Trott fest und stehen uns selbst im Weg. Wir Nationalisten haben eben oft die schlechte Angewohnheit, immer zuerst allen anderen die Schuld zuzuschieben, wenn es mit der deutschen Freiheitsbewegung nicht recht voran gehen will. Zu selten und zu halbherzig werden dagegen die Fehler in den eigenen Reihen gesucht. Dabei ist gerade der Platz vor der eigenen Haustür momentan der einzige Ort, den wir tatsächlich so gestalten können, wie wir ihn gerne hätten." 53 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Neuer JN-Bundesvorsitzender ist seit dem 27. Oktober 2012 Andy Knape aus Magdeburg (Sachsen-Anhalt). Er entstammt der neonationalsozialistischen Szene und will die JN mit dieser weiter vernetzen. In den letzten Jahren trat er auf Veranstaltungen und in Mobilisierungsvideos der rechtsextremistischen Szene als Redner für die JN auf. Auf einer Demonstration neonationalsozialistischer "Freien Kräfte" in Bad Nenndorf (Niedersachsen) am Andy Knape 14. August 2010 wurde Knapes Rede von der Polizei wegen Glorifizierung der Waffen-SS abgebrochen. Innerhalb der NPD zählt Knape zum engeren Kreis des NPD-Bundesparteivorsitzenden Holger Apfel und wurde 2011 als Beisitzer in den Parteivorstand gewählt. Apfel selbst will die JN im Zaum halten. Deshalb sind neben Knape mit Patrick Kallweit und Michael Schäfer drei JN-Funktionäre aus dem JN-Bundesvorstand bei der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag beschäftigt. Die JN als Scharnierfunktion zwischen NPD und Neonationalsozialisten sind ganz nach dem Geschmack von Pierre Dornbrach aus Brandenburg. Der Student der Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Lausitz und langjähriger JN-Funktionär im Land Brandenburg ist Anhänger des historischen Nationalsozialismus. Die historischen Tatsachen teils Pierre Dornbrach verdrehend, teils leugnend behauptet er: "Einst stand auf diesem unserem Boden ein großartiges Reich, das an Kraft und Stärke alles überragte. Gemeinschaft war dort gelebte Tat und den Eigennutz stellte man hinter den Gemeinnutz. Man verstand es, im Menschen etwas Einzigartiges zu sehen, und doch waren alle vor dem Gesetz gleich. Niemand wurde benachteiligt. Jeder war Angehöriger einer Gemeinschaft, eines Volkes, das Großes geschaffen hat." Vor allem völkischer Rassenwahn und die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik haben es ihm angetan. Auf dem JN-Bundeskongress am 54 Rechtsextremismus 27. Oktober 2012 in Kirchheim (Thüringen) äußert er sich am radikalsten und gibt vor den wenigen Delegierten einen tiefen Einblick in die ideologische Vorstellungswelt der JN: "Es ist ja letztlich so, dass wir einen Zustand überwinden wollen, der momentan, unmissverständlich dazu führt, dass man unser Volk systematisch ausrottet. Und wir müssen diesen Zustand überwinden und das können wir eben nur, wenn wir Charaktere schaffen (...), wenn wir starke Köpfe und Persönlichkeiten ausbilden." Dornbrach ist der Prototyp eines nazifizierten JN-Kaders, wie ihn die NPDJugendorganisation in ihren Schriften immer wieder fordert. Sie sieht sich als "weltanschaulich geschlossene Jugendbewegung neuen Typs mit revolutionärer Ausrichtung" und knüpft hohe Erwartungen an ihre Aktivisten: "Ein Kader der JN zu werden bedeutet, Elite der deutschen Volksgemeinschaft zu sein!" heißt es beispielsweise in einem Schulungsbericht auf der JN-Homepage. Gefordert wird "Mut zum Bekenntnis", um die nationalistische JN-Ideologie zu verbreiten: "Für ein Engagement in der nationalistischen Bewegung der JN ist der hundertprozentige Aktivismus, eine hohe Einsatzund Opferbereitschaft eine unabdingbare Voraussetzung. Junger Nationaldemokrat ist man in der Schule, an der Uni, am Arbeitsplatz, während der Freizeit." So wollen die JN ihre politischen Vorstellungen eigenständig in weite Kreise der deutschen Jugend tragen: "Nur wenn der Mehrheit der Jugend bewusst wird, dass es eine Alternative zum herrschenden System gibt, können politische Veränderungen in der Zukunft Realität werden." Dem soll mit politischem Aktionismus nachgeholfen werden: "Niemand kann sich darauf verlassen, daß die Zustände, gegen die sich unser Streben richtet, sich von selbst verflüchtigen und das Schicksal uns geradezu von selbst eines Tages an die Schalthebel der Macht hieven wird. Wir selbst müssen Multiplikator unserer Weltanschauung sein. Wir selbst haben dafür Sorge zu tragen, unseren Mitmenschen klarzumachen, daß nur unsere Weltanschauung die Vision für eine bessere, eine freie, sichere und ge55 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 rechte Zukunft in sich trägt. (...) Die jüngste Vergangenheit hat uns gezeigt, daß von langer Hand geplante und im Vorfeld angemeldete Demonstrationen aufgrund zu erwartender Repressionen des Staatsapparats nunmehr bedingten Nutzen bringen. Politisches Operieren unterhalb des gegnerischen Radars und möglichst mit direktem Kontakt zum Volk muß daher in Zukunft vor allem die Devise sein. Auch kleine Nadelstiche können einen großen Hintern bewegen. Sie sind auf die Dauer sogar zermürbender (...) [u]nd sie bringen uns in direkten Kontakt mit dem Volk. Genau das ist es, wovor dieses System Angst hat. Entzünden wir also in unseren Mitmenschen, was in unseren Herzen bereits brennt. Sorgen wir mit unserem aktiven Tun dafür, daß aus der schwelenden Glut einstmals ein Flächenbrand entsteht, der das heute noch vermeintlich fest im Sattel sitzende Regime hinwegfegen wird." Die Entwicklung eines entsprechenden politischen Bewusstseins der Jugend wollen die JN durch die "vorpolitische Raumnahme" forcieren. Auf dem Bundeskongress 2012 formuliert es der Kandidat für den stellvertretenden Vorsitz der JN, Julian Monaco, bei seiner Vorstellung in aller Deutlichkeit: "Ich stehe für Angriff auf den vorpolitischen Raum!". Damit sind besonders die Freizeitwelt und das Freizeitverhalten von Jugendlichen gemeint. Auch in Brandenburg sind solche Versuche erkennbar. Beispielsweise versuchen NPD und JN, eine Immobilie in MärkischBuchholz (LDS) zu einem "nationalen Schulungsund Jugendzentrum" auszubauen (siehe Kapitel 1.7). Im Dezember 2012 verteilte die im Raum Märkisch-Buchholz tätige JN "Schenkenländchen" Schulhof-CDs in der Region. Im CD-Booklet stellen sich die JN als "eingeschworene Gemeinschaft heimatverbundener Deutscher mit festen Wertvorstellungen" dar. Ferner boten die JN Fußballturniere (Velten (OHV), 1. September 2012, gescheitert aufgrund sicherheitsbehördlichen Einschreitens), Wanderungen ("Lausitzmarsch"), Märsche und Ausflüge ("JN Brandenburg auf Spreewaldtour") an. Auch in anderen Bundesländern wurde versucht, Schulhof-CDs an Schüler zu verteilen. Ziel solcher Aktivitäten ist der direkte Kontakt zu Jugendlichen, die sich so an JN-Aktivisten als Teil der alltäglichen Freizeit-Kultur gewöhnen sollen. 56 Rechtsextremismus Neu sind in diesem Zusammenhang die Produktion hochwertiger Videos und deren Bereitstellung im Internet beispielsweise auf Homepages der JN und bei YouTube. Darin werden diverse JN-Freizeitaktivitäten beworben: Segeln, Kickboxen, Kameradschaftsläufe, Fackelmärsche, Sonnenwendfeiern. Der hochgradige Aktionismus der JN ist jedoch nicht das alleinige Merkmal des Angriffs auf den "vorpolitischen Raum". Die zentralen Schlagworte des letzten Bundeskongresses "Bildung, Gemeinschaft und Aktivismus" machen es deutlich: Interessenten sollen durch "Gemeinschaftsbildung" und die "Verfestigung des Weltbildes" an die JN gebunden werden. Aus dem Wunsch, "nationale Sozialisten" sein zu wollen, machen die JN dabei keinen Hehl. Auf der Homepage des JN-Bundesverbandes wird die Errichtung einer Volksgemeinschaft propagiert, die im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht: "Gemeinschaftsgebunden sind wir außerdem durch die Nation. Dieses Verbundenheitsgefühl wird umso stärker sein, wenn die Nation nur ein Volk einer Menschenart umschließt, denn die Gebundenheit zur Art ist stärker als die zur Nation, weil sie naturgesetzlich ist. Dieses blutgebundene Gesetz trägt jeder einzelne Mensch in sich. Es findet seinen Ausdruck in dem, was wir mit Gewissen bezeichnen. Das Gewissen sagt dem Einzelmenschen, daß er Glied einer Gemeinschaft ist." Was die JN nicht hinzufügen: Sie haben hier fast wortwörtlich aus dem Buch "Du und Deine Volksgenossen" abgeschrieben. Es stammt aus der Feder des Nationalsozialisten Heinz Leder und erschien 1936. Er hat es "Der deutschen Jugend des Dritten Reiches" gewidmet. Demnach machen sich die JN die Ideologie des Nationalsozialismus zu Eigen. Unter der Überschrift "Wir und die Juden" heißt es in dem Buch von Heinz Leder weiter: "Wir denken heute rassebewußt und unser Handeln richtet sich danach aus. (...) der deutsche Volksgenosse [hegt] ein berechtigtes Mißtrauen gegen diese Rasse. Es gibt deshalb keine Gemeinschaft mit Juden. Juden sollen unter sich bleiben, wie wir unter uns bleiben und unser Blut und unsere Gesinnung wieder zu arteigener Reinheit führen wollen. (...) Kein deutsches Mädchen darf sich mit Juden einlassen, wenn es nicht gegen die heiligsten Gesetze seines Volkes verstoßen will. (...) Wer rassebewußter Deutscher ist, meidet Einkäufe in jüdischen Geschäften. (...) Kein Mensch wird dem deutschen Volke verwehren können, daß es sich bemüht, auf 57 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 allen Lebensgebieten rassischem Denken zum Durchbruch zu verhelfen. (...) Wer sich diesen Forderungen, die sich aus der Weltanschauung ergeben, nicht unterwirft, kann nicht als Nationalsozialist angesehen werden." Die JN wollen die grundgesetzlich verankerten Freiheitsund Gleichheitsrechte außer Kraft setzen und der Einzelne soll sich der Verwirklichung der Volksgemeinschaft unterordnen. Auf der Homepage des Bundesverbandes steht: "Zeigt ein Volksgenosse durch sein Handeln, daß er kein Gewissen hat, daß ihm das Wohl der Volksgemeinschaft gleichgültig ist, dann muß ihm seine Handlungsfreiheit genommen werden, weil seine Handlungsweise gegen Volk und Art, sowie gegen die Stärke und Kraft seines Volkes gerichtet ist." Geprägt von der Vorstellung, künftige Parteikader und noch vieles mehr zu sein, arbeiten die JN auch an der "Bildung geistiger Grundlagen". Dem dient der "Nationale Bildungskreis" (NBK). Er soll der "Manifestierung einer geistigen Gegenelite" dienen und theorieinteressierte Abiturienten, Studenten sowie Graduierte gewinnen. Ebenso wollen die JN eine netzwerkartige Struktur aus Schulungsleitern und Referenten aufbauen. Ebenso stand 2012 die Ausarbeitung eines einheitlichen Schulungsprogramms auf dem Programm. NBK-Leiter ist der Brandenburger Pierre Dornbrach in seiner Funktion als Bundesschulungsleiter der JN. An der erträumten Intellektualisierung des Rechtsextremismus wird aber auch er scheitern. Dornbrach kopiert vor allem menschenverachtendes Schrifttum des Nationalsozialismus. So zitierte er vor zwei Jahren beispielsweise aus Adolf Hitlers "Mein Kampf" auf der Homepage des NPD-Kreisverbandes Lausitz. Neben Dornbrach schaffte es Sebastian Richter als Beisitzer in den JNBundesvorstand. Richter lebte mit seiner Ehefrau in Hohen Neuendorf (OHV) mehrere Jahre in einer Wohngemeinschaft mit Neonationalsozialisten und war einer der Anführer der am 31. März 2009 verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ). Er vertritt den völkisch geprägten Flügel der NPD-Jugendorganisation und wird darin von Dornbrach unterstützt. Vor einiger Zeit ist er nach Mecklenburg-Vorpommern verzogen, um sich 58 Rechtsextremismus dort als "Neusiedler" beziehungsweise "Neo-Artamane" niederzulassen. "Neusiedler" nehmen in Mecklenburg-Vorpommern teilweise alte Höfe der Artamanen - einer völkischen Siedlungsbewegung der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts - wieder in Betrieb. Zu den Anhängern der Artamanen gehörten damals ranghohe Nationalsozialisten wie der SS-Chef Heinrich Himmler oder der Kommandant von Auschwitz, Rudolf Höß. Die Artamanen gehörten mit ihrem am völkischen Ideologen Eugen Dühring orientierten Weltbild zu den Wegbereitern des Holocausts. Richter war bisher der Anführer der JN-Unterorganisation "Interessengemeinschaft Fahrt & Lager" (IG Fahrt & Lager), die eine Nähe zu der verbotenen HDJ aufweist. Nicht von ungefähr, denn die wichtigste Aufgabe der "IG Fahrt und Lager" besteht in der bundesweiten Ausrichtung von Lagern, Ausflügen und Wanderungen. Hierzu zählen auch "Pfingstund Jahreswechsellager". Deren Ziel ist, die Teilnehmer ideologisch zu schulen und sie als Elite der angestrebten Volksgemeinschaft auszubilden. Auch im Jahr 2012 machten die JN in diversen Verlautbarungen ihre Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung deutlich. Als ideale Staatsform vertreten sie einen "Nationalen Sozialismus" auf Grundlage einer rassisch homogenen Volksund Kampfgemeinschaft: "Das Volk dagegen ist eine Schicksalsgemeinschaft, da wir schicksalhaft in dieses hineingeboren werden. Wir haben jedoch soweit Entscheidungsmacht über unser Schicksal, dass wir wählen können, ob wir Dienst an unserer Schicksalsgemeinschaft tun oder nicht. (...) Das gemeinsame Verlangen nach einer Volksgemeinschaft bindet diese jungen Nationalisten an eine Organisation. Und dieses gemeinschaftliche Gefühl ist das Fundament, auf dem wir unseren Staat aufbauen müssen. Unsere Weltanschauung stellt das Volk in den Mittelpunkt allen Seins. Dieses Volk wird durch den Nationalstaat geschützt und begründet seine Kraft durch das Zusammenleben der darin lebenden Persönlichkeiten. Streben wir also nach einer Volksgemeinschaft, müssen wir zunächst eine eigene Kampfgemeinschaft gründen." Die seit Jahren von Neonationalsozialisten betriebene und von den JN kopierte "Volkstod"-Kampagne wurde 2012 nicht weiter ausgebaut. Den59 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 noch wurde der demographische Wandel immer wieder als eine vorsätzlich "volksfeindliche" Politik dargestellt. So hielt die JN Schenkenländchen am 3. November 2012 zusammen mit dem NPD-Kreisverband Dahmeland drei Mahnwachen in Märkisch-Buchholz (LDS), Zossen (TF) und Königs Wusterhausen (LDS) ab, um "Passanten und Bürger der einzelnen Städte auf die volksfeindliche Politik der BRD-Demokraten aufmerksam" zu machen. Folgende Meldung wurde dazu im Internet verbreitet: "Die Regierenden der bundesrepublikanischen Versagergeneration haben sich über Jahrzehnte aus der Verantwortung geschlichen. Anstatt eine ge-sunde Kinderund Jugendpolitik zu betreiben, fördern die Herrschenden den schleichenden Volkstod, indem sie Abwanderung und die parallel existierende Überfremdung unserer Heimat fördern. Für die Belange junger Menschen haben sie längst kein Gehör mehr. Vielmehr setzen sie auf Verblendung und stigmatisieren jegliche Diskussion über eine echte volksorientierte Politik." Dass sich die JN unter "volksorientierter" Politik rechtsextremistische Rassekriterien vorstellen, hat das Bundesvorstandsmitglied Sebastian Richter als Redner einer Demonstration am 22. Oktober 2012 in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) offenbart. Auch Brandenburger JN-Aktivisten nahmen teil. Richter sprach von einer "volkspolitischen Katastrophe", weil Demokraten glauben würSebastian Richter den, alle Menschen seien gleich. Daher könne man die deutsche "Urbevölkerung durch die geburtenfreudigen fremdvölkischen Elemente" ersetzen. Richter sprach von einer "Totaldurchmischung des deutschen Volkes". Das Wort "Rasse" vermied er wissentlich. Als Anspielung auf die nationalsozialistische "Rassenhygiene" und Eugenik einschließlich Euthanasie sind auch seine weiteren Äußerungen zu verstehen: "Wer nachweislich erbkrankes Leben verhindern will und abtreibt, und damit Qualen für das Kind, für die Familie und darüber hinaus 60 Rechtsextremismus für die Gemeinschaft verhindern will, der wird als unmenschlich hingestellt, das ist eine Schande. Dieses korrupte System mit ihren Maden fördert das Kranke, fördert den Volkstod." Im Beitrag "Gender Mainstreaming - Der Kampf wider die Natur" äußert sich das JN-Bundesvorstandsmitglied Dornbrach in ähnlicher Form und lässt seinen antisemitischen Reflexen freien Lauf: "Die Herrschenden haben sich einer der stärksten psychologischen Waffen überhaupt bemächtigt. Sie versuchen unser Volk systematisch zu vernichten, verseuchen es mit irgendwelchen Gleichheitsparolen und machen es vor aller Welt lächerlich. In solch einer Gesellschaft werden gesunde Familien, mit gesunden und starken Kindern zum Auslaufmodell. Anstatt sportlich und klug zu sein, gehört es heute schon zum guten Ton, jeden Tag seine sexuellen Triebe und Neigungen zu wechseln. Je ausgefallener, desto besser. Unser Volk wird somit in seinem Fundament, seiner Grundlage völlig durchsetzt. Es wird substanziell sowie geistig entartet und wird, bei Zunahme und ausbleibenden Widerstand gegen diese Verhältnisse, seinem Ende zugehen. Beschäftigt man sich mit den Hintermännern, Professoren und Sozialwissenschaftlern, die dahinter stecken, trifft man oft auf eine religiöse Minderheit, die sich im Bereich Soziales eine Vormachtstellung schuf. Menschen wie der jüdisch-stämmige Auswanderer Max Horkheimer ... schufen das Forschungszentrum der "Frankfurter Schule" (...) Hier findet man die Anfänge der entarteten Familienverhältnisse in Deutschland. Regenbogenfamilien, die vor Jahren noch unter Strafe standen, sind dadurch heute zum Vorzeigebeispiel einer eurokratischen Gesellschaft geworden. [...] In dieser Gesellschaft werden sogenannte Rechte aller nur denkbaren Minderheiten geschützt und beachtet. Dabei bleiben die der normalen, gesunden Deutschen auf der Strecke. Alles was stark und gesund erscheint wird gehemmt, während das Schwache und Niederträchtige gefördert wird. [...] Hier geht es um das wichtigste was wir haben: Unsere Eigenart, den Volkscharakter und das gesunde Verhältnis zwischen Mann und Frau." Auch die Aktionen der "Unsterblichen" - eine an der nationalsozialistischen Rassedoktrin orientierte Aktionsform der verbotenen "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" um Marcel Forstmeier (siehe Kapitel 1.1) 61 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 - fanden Anhänger in den Reihen der JN. In der JN-Publikation "Der Aktivist" wurde der Beitrag "Unsterblich werden" über eine nächtliche Ruhestörung der "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" veröffentlicht. Darin heißt es: "Am Himmel explodieren Silvesterraketen. Böller krachen und locken die Menschen an die Fenster und vor die Türen. 'Wer hat uns verraten? Die Demokraten!' schallt es aus hunderten junger Kehlen durch die Nacht. 'Nationaler Sozialismus - Jetzt!' (...) Im Schein der Flammen verschwimmen bekannte und unbekannte Gesichter unter weißen Masken zu einer geschlossenen Front gegen den Zeitgeist und das, was er vom deutschen Volk übrig zu lassen verheißt, wenn es sich nicht wehrt. Und hier wehrt es sich!" 62 Rechtsextremismus 1.5 Die Zwei-Mann-Show der nazifizierten NPD Es mutet wie ein Akt der Verzweiflung an. Inmitten der Diskussion über ein mögliches Verbotsverfahren gegen die NPD prescht die rechtsextremistische Partei am 12. November 2012 vor und will sich mit einem Antrag beim Bundesverfassungsgericht die demokratische Gesinnung bescheinigen lassen. Der Parteivorsitzende Holger Apfel ließ sich dafür extra in Karlsruhe (Baden-Württemberg) vor dem Bundesverfassungsgericht für ein Parteivideo in Szene setzen. Ziemlich genau ein Jahr zuvor setzte er sich am 11. November 2011 auf dem Bundesparteitag in Neuruppin (OPR) gegen Udo Voigt in einer Kampfkandidatur durch und ist seitdem NPD-Vorsitzender. Sein Leitmotiv lautet "seriöser Radikalismus". Dazu passt Apfels Aktion in Karlsruhe. Vorangekommen ist die NPD unter seiner Führung jedoch nicht. Es geht eher bergab. Entsprechend äußerte sich der stellvertretende Hamburger NPD-Vorsitzende Thomas Wulff zum Zustand der NPD: "Apfelmus ist alles, was bleibt von unserer Volksfront." Gleichzeitig wächst der Druck auf Apfel aus einer ganz anderen Richtung. So sollen sich an bereits 15 Orten "Freundeskreise Udo Voigt" gegründet haben. Sie werden mit bekannten Rechtsextremisten wie Thorsten Heise und Uwe Meenen in Verbindung gebracht. Die entsprechende Website "wohin-deutscheRechte.de" wird von Frank Rohleder gestaltet. Die VoigtAnhänger trauern dort dem ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden nach, organisieren Veranstaltungen mit ihm und sägen so am Vorsitz Apfels. Zu den Anhängern aus Brandenburg gehört Kersten Radzimanowski. 63 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Weiter denn je ist die NPD von ihrem Ziel entfernt, zu einer Massenbewegung zu werden. Wähler und Mitglieder laufen ihr in Scharen davon. Desolate Wahlergebnisse spülten in den letzten Jahren nur einen Teil der erhofften und dringend benötigten staatlichen Gelder in die Parteikasse. Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen werden ebenfalls immer weniger, da die Mitgliederbasis der NPD schrumpft und nicht besonders zahlungsfreudig ist. Ferner spürt sie die zahlreichen Finanzskandale ihrer Führungskader in den letzten Jahren immer noch schmerzhaft. Bundesweit musste die NPD im Jahr 2012 einen weiteren deutlichen Einbruch bei den Mitgliederzahlen hinnehmen: Nur noch knapp 6.000 Rechtsextremisten besitzen das Parteibuch. Besonders die sinkende Wählerzustimmung drückt auf die Stimmung. Bei allen drei Landtagswahlen des Jahres 2012 lag ihr Stimmenanteil weit unter der Fünf-Prozent-Hürde. Nur bei der Landtagswahl im Saarland am 25. März 2012 konnte sich die NPD mit 1,2 Prozent gerade noch den Anspruch auf die staatliche Parteienfinanzierung sichern. Acht Jahre zuvor erreichte sie noch 4 Prozent. In Schleswig-Holstein erzielte die NPD nur 0,7 Prozent. In Nordrhein-Westfalen erhielt die NPD 0,5 Prozent und lag weit abgeschlagen hinter der rechtspopulistischen Partei "PRO NRW" (1,5 Prozent). Zuletzt blieb die NPD bei der Landtagswahl in Niedersachen unter einem Prozent und kommt damit nicht in den Genuss der staatlichen Wahlkampfkostenfinanzierung. Wenn die Partei aber eines dringend benötigt, dann ist es Geld. Landtagswahlen 2012 - Stimmenanteil der NPD Saarland - 1,2 Prozent Schleswig-Holstein - 0,7 Prozent Nordrhein-Westfalen - 0,5 Prozent Niedersachsen - 0,8 Prozent* 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 Mit Strategiewechseln und Verschleierung der wahren politischen Ziele seiner Partei kennt sich der NPD-Chef und glühende Verehrer des NPD"Gründungsvaters" (Adolf von Thadden) bestens aus. Es war Apfel, der 64 Rechtsextremismus 1999 zum 35jährigen Bestehen der Partei einen Jubiläumsband mit dem großspurigen Titel "Alles Große steht im Sturm - Tradition und Zukunft einer nationalen Partei" herausgab. Apfel selbst mimte damals den Parteihistoriker, der jede politische Sackgasse, in welche die Partei im Laufe der Jahre hineintappte, als Beispiel für nationale Tugendhaftigkeit verklärte. Aktuell drängt sich jedoch eher der Verdacht auf, dass der NPD-Chef nach einem erfolglosen Jahr als Chef im Ring mit seinem Latein am Ende ist und mit dem Antrag beim Bundesverfassungsgericht nur noch vom schlechten Zustand seiner Partei ablenken will. Die NPD nimmt zwar gerne die Parteienfinanzierung des verhassten "Systems" an. Jedoch scheint sie es mit ihren Parteibilanzen nicht immer so genau zu nehmen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig (Sachsen) verurteilte die NPD deshalb am 12. Dezember 2012 zu einer Strafe in Höhe von rund 1,27 Millionen Euro. Angefangen hatte das finanzielle NPD-Desaster 2006 in Thüringen. Die Tricksereien der dortigen NPD mit fingierten Spendenquittungen führten zu Rückforderungen der Bundestagsverwaltung in Höhe von 890.000 Euro. Hinzu kam ein fehlerhafter Rechenschaftsbericht im Jahr 2007. Die interne Organisationsfähigkeit der Partei ist deutlich zurückgegangen. Ohne Erfolg ahmte Apfel mit einer "Deutschlandtour" sein Vorbild von Thadden nach, der 1969 den Bundestagswahlkampf der NPD als "Deutschlandfahrt" bestritt. Apfel wollte die Öffentlichkeit auf die "Anti-EUKampagne" seiner Partei lenken. In den meisten Städten blieb die Partei jedoch unter sich. Seit Jahren befindet sich die NPD im selbsterklärten "Rechtskampf". Auch im Jahr 2012 mussten sich wieder führende NPD-Funktionäre vor Gericht verantworten. Wegen Verunglimpfung und Verleumdung ist Apfels Parteivize, Udo Pastörs (Vorsitzender der NPD-Landtagsfraktion in MecklenburgVorpommern) vom Amtsgericht Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) am 15. August 2012 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der durch Immobiliengeschäfte in den letzten Jahren wohlhabend gewordene Pastörs hatte in einer Landtagsrede den Holocaust indirekt geleugnet und so die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnt. In einer Rede im Januar 2010 hatte Pastörs von einer "Auschwitzprojektion" der Demokraten und in einem direkten Bezug zum Holocaust von einem "Sieg der Lüge über die Wahrheit" gesprochen. 65 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Kommunale NPD-Mandate Dezember 2012 1 1 A 2 1 B K C D 2 E 3 F G 3 H I 1 2 J 2 NPD-Mandate in Kreistagen und kreisfreien Städten NPD-Mandate in Kreistagen und kreisfreien Städten (17) Mandatsträger ist aus der NPD ausgetreten - agiert aber weiterhin im Sinne der NPD (1) NPD-Mandate in Gemeindevertretungen (11) A 1 x Fürstenberg (Havel) F 1 x Ludwigsfelde B 2 x Oranienburg G 1 x Königs Wusterhausen C 1 x Nauen H 1 x Luckenwalde D 1 x Mühlenbecker Land I 1 x Jüterbog E 1 x Woltersdorf J 1 x Guben K 1 x Biesenthal: Mandatsträger ist aus der NPD ausgetreten - ist inaktiv 66 Rechtsextremismus Auch gegen den ehemaligen NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt verhängte das Landgericht Berlin eine zehnmonatige Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung. Nach Ansicht des Gerichts hatte Voigt am 25. März 2010 in einer Rede in der Bezirksverordnetenversammlung von TreptowKöpenick die Waffen-SS verherrlicht. Außerdem sprachen die Richter den ehemaligen NPD-Chef gemeinsam mit dem früheren Berliner NPDLandeschef Uwe Meenen schuldig, zur Berliner Abgeordnetenhauswahl 2011 einen ausländerfeindlichen Werbespot verbreitet zu haben. Gegen Meenen verhängte das Gericht eine achtmonatige Bewährungsstrafe. Zu guter Letzt verließ mit Andreas Molau ein ehemaliger Funktionär und intimer Kenner der NPD die rechtsextremistische Szene und lieferte tiefe Einblicke in das Finanzgebaren der Partei. In Interviews legte er zudem die Orientierung der Partei am völkischen Nationalismus und den ungezügelten Hass ihrer Funktionäre und Mitglieder auf Ausländer offen. Besonders für die aggressive Feindfixierung der NPD fand Molau wenig schmeichelhafte aber bezeichnende Worte. So charakterisierte er die Schweriner Landtagsfraktion der NPD als "völkische Talibantruppe". Ebenso dürfte die mutmaßliche Verwicklung des langjährigen thüringischen NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben in die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) mögliche Sympathisanten der NPD bis auf weiteres abgeschreckt haben. Genauso abschreckend dürften die Schusswaffenfunde bei NPD-Mitgliedern in Bremen wirken. Hinzu kommt das drohende Parteiverbotsverfahren. Im eigenen Lager wird die NPD vom Hamburger Neonationalsozialisten Christian Worch herausgefordert. Der gründete im Mai 2012 die Partei "Die Rechte" (siehe Kapitel 1.6). Dadurch könnte die NPD Unterstützung bei Neonationalsozialisten verlieren. NPD in Brandenburg Ein eigenständiger Landesverband der NPD existiert in Brandenburg seit 2003. Bis dahin gab es einen gemeinsamen Landesverband mit Berlin. Durch die Neupositionierung der Gesamtpartei vor rund zehn Jahren durch den damaligen Bundesvorsitzenden Voigt öffnete sich auch der Landesverband Brandenburg für Neonationalsozialisten. Der NPD Brandenburg traten neonationalsozialistische Kader aus der verbotenen "Freiheitlichen Arbeiterpartei" (FAP), der "Nationalistischen Front" (NF), den "Nationalen" sowie der "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) bei. Ins67 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 besondere der Eintritt der von einem Verbot bedrohten "Nationalen" um den Neonationalsozialisten Frank Schwerdt brachte der schon damals mitgliederschwachen NPD Zuwachs. Der Wechsel der NPD hin zu der nationalsozialistischen "Dreisäulenstrategie" band die neonationalsozialistischen Kader viele Jahre an die Partei. Diese Ausrichtung der NPD gilt noch heute: Unter dem Motto "Kampf um die Köpfe - Kampf um die Parlamente - Kampf um die Straße" greift die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik an und propagiert "nationalen Sozialismus". Infolgedessen wurde die "Dreisäulenstrategie" um die vierte Säule "Kampf um den organisierten Willen" ergänzt. Damit ist das gemeinsame Antreten von NPD und Neonationalsozialisten bei Wahlen gemeint. Nach dem Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens 2003 war eine Stärkung des gesamten rechtsextremistischen Lagers zu verzeichnen. Viele Rechtsextremisten wähnten sich dem jahrelang vergeblich angestrebten Ziel einer Einheit der Rechtsextremisten wesentlich näher und setzten verstärkt auf die NPD. Das Scheitern bei der Landtagswahl 2009 war der Beginn des erneuten Niedergangs der NPD in Brandenburg. Zwar gibt es nach wie vor viele personelle wie organisatorische Schnittmengen zwischen NPD und Neonationalsozialisten, wie etwa in den NPD-Kreisverbänden Lausitz, Havel-Nuthe und Dahmeland. Hier sehen Neonationalsozialisten in einer NPD-Mitgliedschaft die Chance, ihre neonationalsozialistischen Aktivitäten unter dem Schutzschirm des Parteienprivilegs zu entfalten. Doch nicht alle neonationalsozialistischen "Freien Kräfte" sind zur Kooperation bereit. Manche lehnen Parteien schon deswegen ab, weil sie am politischen Betrieb teilnehmen und damit schon Bestandteil des verhassten "Systems" sind. Folgerichtig verweigert ein Teil der "Freien Kräfte" die Zusammenarbeit mit der NPD und hält ihr vor, "Systempartei" zu sein. Dieser Auffassung innerhalb der "Freien Kräfte" folgte etwa die mittlerweile vereinsrechtlich verbotene Gruppierung "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg". Eine dritte Haltung ist insbesondere bei den "Jungen Nationaldemokraten" zu beobachten. Sie nutzen die NPD als Vehikel eigener Ziele. Das größte Problem der NPD in Brandenburg ist die Schwäche des Landesverbandes und der damit verbundenen Vorstandsebene. Seit 2009 fanden nur noch wenige Veranstaltungen statt, für die sich tatsächlich der Landesvorstand verantwortlich zeigte. Der "Preußentag" ist eine solche Ausnahme. Die wesentlichen Aktivitäten findet in den Kreisverbänden 68 Rechtsextremismus statt. Sie treten zum Teil selbstbewusst und tonangebend auf und rufen eigenverantwortlich Aktionen wie Mahnwachen ins Leben. Zumeist erfolglos bleiben die Bemühungen der NPD in Brandenburg, ihre Strukturen mit Blick auf die Landtagswahl 2014 auf kommunaler Ebene weiter auszubauen. Ihre kommunalen Mandatsträger sind bis auf wenige Ausnahmen nicht in der Lage, ihre Aufgabe in der gebotenen Ernsthaftigkeit wahrzunehmen. Ebenso hakt es in der Parteiorganisation. In Brandenburg unterhält die NPD nur sieben Kreisverbände: Barnim-Uckermark, Dahmeland, Havel-Nuthe, Lausitz, Märkisch-Oderland, Oberhavel und Oderland. Der Kreisverband Prignitz-Ruppin ist 2012 abermals durch den Kreisverband Oberhavel verwaltet worden. Deren Aktivitäten und die damit verbundene öffentliche Wahrnehmung hängt jedoch an wenigen Protagonisten. Hinzu kommen die vier "Stützpunkte" der "Jungen Nationaldemokraten" (siehe Kapitel 1.4). Landesvorsitzender ist seit 2004 Klaus Beier. Er war bis 2011 Bundespressesprecher und damit viele Jahre hauptamtlicher Funktionär der Bundespartei. Mit dem Wechsel von Voigt auf Apfel verlor Beier deutlich an Einfluss in der Partei. Sein Vertreter im Landesvorstand ist der Vorsitzende des Kreisverbandes Lausitz, Ronny Zasowk. Er ist ein politisches Ziehkind Apfels. Zum Landesvorstand gehören laut Eigenangaben ferner Schatzmeisterin Manuela Kokott, Pressesprecher Dieter Brose, Landesgeschäftsführer Thomas Salomon und Organisationsleiter Michel Müller. Die Mitgliederentwicklung des NPD-Landesverbandes Brandenburg ist seit 2011 rückläufig. 2012 setzte sich dieser Trend mit 320 Mitgliedern (2011: 350) fort. Als eine wesentliche organisatorische Schwäche der Partei offenbart sich die mangelhafte Vorfeldrekrutierung. Außer den JN existiert in Brandenburg keine Möglichkeit des "Hineinwachsens" oder "Seiteneinstiegs" in die Partei, denn die NPD-Frauenorganisation "Ring Nationaler Frauen" (RNF) sowie die "Kommunalpolitische Vereinigung" (KPV) spielen hier bis auf wenige Einzelpersonen schlicht keine Rolle. 69 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Mitgliederzahlen der NPD/J N in Brandenburg 400 370 350 350 320 320 300 300 250 250 225 230 200 200 180 150 130 100 60 50 20 0 1993 1997 1999 2000 2003 2004 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Während der NPD-Landesverband Brandenburg von der Mitgliederzahl her gesehen noch im Mittelfeld der ostdeutschen Landesverbände angesiedelt ist, gehört er in finanzieller Hinsicht eindeutig zu den schwächeren Landesverbänden. Genauer gesagt steht die NPD Brandenburg finanziell am Rande des Abgrunds. Nur ein geringer Anteil der Mitglieder in Brandenburg entrichtet - wenn überhaupt - Mitgliedsbeiträge regelmäßig und in voller Höhe. Für das Land Brandenburg weist der am 14. Februar 2012 von der Bundestagsverwaltung veröffentlichte Rechenschaftsbericht Gesamteinnahmen von 94.182,52 Euro für das Jahr 2010 aus. Einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung müssen deshalb Parteiveranstaltungen mit Musik wie der jährliche "Preußentag" leisten, für den zuletzt immerhin 15 Euro Eintritt fällig waren. Damit versucht die NPD natürlich auch neue Mitglieder zu gewinnen. Gerade von der Verbindung rechtsextremistischer Politik mit rechtsextremistischer Hass-Musik verspricht man sich Zulauf von national gesinnten jungen Interessenten. Der Vorsitzende Beier dokumentierte auf der Veranstaltung noch einmal, dass er zum Lager des ehemaligen Bundesvorsitzenden Voigt gehört. So wurde der "Preußentag" durch ein Plakat mit der Aufschrift "Unser Weg ist die NPD - unser Ziel ist das Reich" dominiert. Dieser Spruch geht auf Voigt zurück. Der wiederum hatte den Spruch von der 1994 verbotenen "Wiking-Jugend" übernommen. Gewöhnlich setzt die NPD in Brandenburg auf Demonstrationen, um die Einsatzbereitschaft der Mitglieder und Sympathisanten zu steigern sowie neue Anhänger zu gewinnen. Allerdings ist die NPD zur Organisation von 70 Rechtsextremismus Aktive Strukturen der NPD Brandenburg 2012 4 NPD NPD KV Barnim-Uckermark NPD KV KV Prignitz-Ruppin Oberhavel 6 2 5 1 3 NPD NPD 7 8 KV Havel-Nuthe KV Märkisch-Oderland 9 NPD 10 11 15 KV Oderland 12 17 18 16 13 NPD 20 19 KV Dahmeland 14 21 22 23 Ortsbereiche, Ortsgruppen, 24 NPD Stadtverbände oder Stützpunkte KV Lausitz (Bezeichnungen werden von der NPD synonym gebraucht) 1 Neuruppin 13 Teltow-Fläming 2 Gransee 14 Schenkenländchen 3 Oranienburg 15 Schöneiche 4 Prenzlau 16 Storkow 5 Joachimsthal 17 Fürstenwalde 6 Schwedt/Oder 18 Frankfurt (Oder) 7 Bernau 19 Beeskow 8 Rathenow 20 Eisenhüttenstadt 9 Nauen 21 Guben 10 Brandenburg an der Havel 22 Cottbus 11 Potsdam 23 Calau 12 Königs Wusterhausen 24 Herzberg mehr Großveranstaltungen als dem "Preußentag" derzeit nicht in der Lage. Eine landesweite "Kleeblattaktion" im Rahmen der Anti-EU-Kampagne, bei der im Laufe des Jahres 2012 in den vier kreisfreien Städten Brandenburgs Demonstrationen abgehalten wurden, war im Wesentlichen von den betroffenen Kreisverbänden organisiert worden. Die Veranstaltungen lit71 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ten unter schlechter Vorbereitung und mangelndem Interesse. Die vom Landesvorstand als "krönender" Abschluss angekündigte Anti-EU-Demonstration "Wir arbeiten - Brüssel kassiert! Raus aus dem Euro!" am 15. September 2012 in Potsdam war mit 80 Teilnehmern ein Reinfall. Hier waren keine "Freien Kräfte" zur Unterstützung angereist. Wohl aufgrund des geringen Zuspruches versuchte die NPD mittels ungewöhnlicher Maßnahmen auf sich aufmerksam zu machen: So wurden in der Anti-Euro-Kampagne mehrfach fingierte 20 Euro-Scheine auf die Straße geworfen. Es steht zu erwarten, dass sich die politischen Aktivitäten der NPD in Brandenburg auf die Bundestagswahl 2013 sowie die Kommunal-, Landtagsund Europawahl im Jahr 2014 konzentrieren werden. Mit Informationsständen, Mahnwachen und Demonstrationen wird sie versuchen, öffentlich aufzutreten und Mobilisierungsfähigkeit vorzutäuschen. Mit verstärktem Engagement und zielgerichteten Aktionen ist zur Landtagswahl 2014 zu rechnen. Hier werden insbesondere 16-jährige Erstwähler ins Blickfeld der NPD geraten. Rechtsextremistische Programmatik In den letzten Jahren hat die NPD ihre rechtsextremistische Dogmatik in bemerkenswerter Offenheit immer wieder unter Beweis gestellt. So zuletzt in einer Handreichung des NPD-Bundesvorstands für Mandatsund Funktionsträger. Die Broschüre macht deutlich: Zentrale ideologische Richtschnur und parteiübergreifende thematische Klammer der Partei ist der völkische Nationalismus. Die NPD sieht sich als die "Stimme des Volkes". Darauf abgestimmt ist auch ihr Motto: "Unser Volk zuerst!" Alles andere sei Völkermord an den Einheimischen und laufe auf den Völkerkrieg hinaus. Für die NPD kommt ausschließlich ein ethnisch-homogenes Gesellschaftsmodell in Betracht: 72 Rechtsextremismus "Nur ethnisch geschlossene Gesellschaftskörper mit geringem Ausländeranteil sind solidarund belastungsfähig, nur sie können positive Gemeinschaftskräfte zur Krisenbewältigung entwickeln. (...) Gerne spielen sich die Multikulti-Propagandisten als Menschenfreunde auf. Dabei gibt es kaum etwas Völkerund damit Menschenverachtenderes als die multikulturelle Gesellschaft. Sie raubt nämlich allen Menschen ihre Heimat und Identität." Die Rigorosität der Volksgemeinschafts-Doktrin bildet den entsprechenden Nährboden für eine antisemitische und vor allem fremdenfeindliche Agitation der Partei. In den Verfassungsschutzberichten des Landes Brandenburg konnte das in der Vergangenheit immer wieder an Hand der Wahlpropaganda, politischer Aktionen sowie von Broschüren, Flugblättern und den einschlägigen Internetseiten der NPD in Brandenburg belegt werden. 2012 reiht sich da ein. Ausländer wurden von der NPD als "Sozialschmarotzer", "Sozialschnorrer", "Sozialstaatsprofiteure" oder "Arbeitsplatzokkupanten" dargestellt, die keinen Anspruch auf einen legitimen Aufenthalt in Deutschland hätten, wobei die Beiträge ausländischer Mitbürger zum Steueraufkommen und zu den Sozialversicherungen verschwiegen werden. Zudem wurde jüdischen Verbänden in beleidigender Form "Opfertümelei", "penetrante Schuldanklage" und "moralische Erpressung" vorgeworfen. Hinzu kommen immer wieder Versuche, die Verbrechen des Nationalsozialismus in ein relativierendes, verharmlosendes Licht zu rücken. Der neonationalsozialistische JN-Funktionär Dornbrach ist ein herausragender Verfechter dieser Linie und kann sich im NPD-Kreisverband Dahmeland entsprechend betätigen. Mitunter ist die NPD bemüht, eindeutig rassistische Aussagen und aggressive Töne zu vermeiden. In diesem Sinne versucht sie sich gerne als Sachwalter der Interessen der "kleinen Leute" auszugeben und will - wenn auch erfolglos - insbesondere im ländlichen Raum soziale Themen besetzen. In Brandenburg gilt das insbesondere für Ronny Zasowk im Raum Cottbus und für den Landesvorsitzenden Klaus Beier im Kreisverband Oderland. Der Nachwuchskader: Ronny Zasowk Die Karriere des Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Lausitz, Ronny Zasowk, ist typisch für einen NPD-Kader in den letzten Jahren. 2006 tritt er in die NPD ein und ist seit 2007 NPD-Kreisvorsitzender. Seit 2008 sitzt er für die NPD in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung. Parallel dazu 73 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 hat er Politikwissenschaft an der Universität Potsdam studiert. Sein studienbegleitendes Pflichtpraktikum absolvierte er in der NPD-Bundesgeschäftsstelle. Zasowk veröffentlichte Artikel in der monatlichen Parteizeitung "Deutsche Stimme" und ist zum stellvertretenden Landesvorsitzenden in Brandenburg aufgestiegen. Schließlich holte ihn der Vorsitzende der sächsischen NPD-Landtagsfraktion, Holger Apfel, 2010 als Mitarbeiter nach Dresden. Zasowk wird im November 2011 in den NPD-Bundesvorstand gewählt und leitet seitdem das "Amt Bildung". In einem Radio-Feature des SWR erklärte Zasowk, er bereite in dieser Funktion Nachwuchs für die politische Arbeit in der NPD vor. Systematische Nachwuchsschulungen würden bundesweit durchgeführt und Hochschulgruppen darauf vorbereitet, "eine intellektuelle Gegenelite zum linken Mainstream zu bilden". Sichtbar geworden ist davon allerdings nichts. Durch seine Tätigkeiten im Bundesvorstand und als Mitarbeiter der sächsischen NPD-Landtagsfraktion verfügt Zasowk über ein taktisches Verständnis für Themen und weiß dies mit Aktionen zu verbinden. Dieses Knowhow lässt er auch in seine Arbeit im Kreisverband Lausitz einfließen. Mit zahlreichen Mahnwachen in der Region, will er mit der Partei Präsenz in der Fläche zeigen. Regionale Themen, wie etwa der Braunkohleabbau in der Lausitz, will er besetzen und bei Bürgerinitiativen vor Ort mitmischen. Schon die Begrüßung auf der Internetseite seines NPD-Kreisverbandes zeigt, ein geschulter Funktionär den harmlosen Biedermann geben. Politische Mimikry wird hier betrieben. Es geht etwa um den Euro, die Verockerung der Spree oder Wohnungsmangel und Bildung. Sprachliche Mäßigung bedeutet jedoch nicht, die Ziele der NPD hätten sich geändert. So wird unter der Rubrik "Weltanschauung" mit flammenden Worten für die ethnisch homogene Volksgemeinschaft "geworben": "Der dazu notwendige Kampf gegen Multi - Kulti und Überfremdung hat nichts mit Übermenschenwahn oder Rassismus zu tun, sondern einzig und allein mit dem Existenzrecht unserer Nation. Jedes Volk und jede Menschenart hat seinen berechtigten und natürlichen Lebensund Wirkungsraum, in dem es seit Jahrhunderten, teils sogar Jahrtausenden mit Boden und Blut verwachsen und angestammt ist. Somit ist die von uns geforderte schrittweise 74 Rechtsextremismus Heimreise hier lebender Ausländer ein Beitrag zur Wiederherstellung der weltweiten natürlichen Ordnung." Zasowk weiß, dass die personell wie organisatorisch schwach aufgestellte NPD auf die Unterstützung neonationalsozialistischer "Freier Kräfte" angewiesen ist. Sie dienen der NPD als Hilfstruppen beim "Kampf um die Straße". Zasowk hat sich insbesondere hier hervorgetan. Er hat NPD-Mitglieder in die Arbeit seines Kreisverbandes eingebunden, die auch von "Freien Kräften" akzeptiert werden und diesen zum Teil selbst angehören. Immer wieder probiert er Aktionsformen aus, die sowohl dem "normalen" NPD-Mitglied als auch den "Freien Kräften" zusagen. Die "Wandermahnwachen" in Brandenburg sind so eine Aktionsform der NPD. Eine ähnliche Aktion führte die NPD in den 1960er Jahren in Nordrhein-Westfalen durch. Im Jahr 2012 riefen sie allerdings nicht die von Zasowk erhoffte Resonanz hervor. Pierre Dornbrach Dornbrach ist einer von den Neonationalsozialisten in der NPD, welche die Partei vor allem als Vehikel für eigene Ziele nutzen. Während Zasowk versucht, mit bestimmten Themen in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen, verkehrt Dornbrach gerne in Kreisen neonationalsozialistischer "NPD-Verächter". Der JN-Bundesschulungsleiter weiß, dass gerade die schwächeren NPD-Kreisverbände auf die Unterstützung neonationalsozialistischer "Freier Kräfte" angewiesen sind. Während er in den Jahren zuvor im NPDKreisverband Lausitz vom dortigen Vorsitzenden Zasowk als ideologischer Schwadroneur ohne Sachverstand abgetan wurde, fand Dornbrach in seiner neuen politischen Heimat, dem NPD-Kreisverband Dahmeland, mit Sven Haverlandt einen schwachen Vorsitzenden vor. Den Freiraum weiß er weidlich zu nutzen. So dominierten Dornbrach und die JN-Schenkenländchen seit Herbst 2012 fast die gesamte öffentliche Darstellung des Kreisverbandes im Internet. Einer der Beiträge von Dornbrach ist ein provokativer Bericht über eine Veranstaltung der JN-Schenkenländchen am 9. November 2012. Am Gedenktag zur Reichspogromnacht gedachte die JN-Schenkenländchen öffentlich des Hitler-Putsches gegen die Weimarer Demokratie am 9. November 1923 (Marsch auf die Münchener Feldherrnhalle): "Zuletzt ging der Referent auf den 9. November 1923 ein, wo sich ebenfalls junges Blut aufopferte, um einer neuen Zeit entgegen 75 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 zu streben. Der Aufstand, der als 'Marsch auf die Feldherrnhalle' in die Geschichte einging, wurde von der damaligen bayerischen Landesregierung blutig niedergeschlagen. Es wurden Salven über Salven auf Soldaten, Zivilisten und Kinder geschossen. Sechzehn junge Menschen mussten ihr Leben dafür geben, damit sich ein 'demokratisches' System erhalten konnte." In einem Beitrag "Vom Wesen unseres Volkes" versucht Dornbrach das Geschichtsbild über den Nationalsozialismus zugunsten einer verharmlosenden Betrachtung zu korrigieren: "Seit über sechzig Jahren wird das schöne und einst so glorreiche Deutschland von Männern und Frauen 'regiert', die alles andere als die Volksgemeinschaft im Sinne haben. Die Rede ist hier von Kreaturen, die keinen Augenblick auslassen, um zu betonen, das sie sich alleinig dem Wohle der 'Menschheit' verschrieben haben. Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung. (...) Denken wir zurück an eine Zeit, die man heute so gern versucht zu verzerren, so wird man auf ein Volk stoßen, welches sich wie kein anderes, den Gemeinschaftssinn und den Tatendrang zum Mittelpunkt seiner Lebensanschauung gemacht hat." Auch verbale Angriffe auf den politischen Gegner gehen auf das Konto von Dornbrach. In einem Beitrag auf den Internetseiten des Kreisverbandes Dahmeland greift er die SPD an. Folgendermaßen machen sich er und neonationalsozialistische Kräfte in der NPD Luft: "Die Basis der SPD ist mittlerweile ... zerrüttet ... Nun gut, wir waren also da und wurden wie erwartet abgewiesen, dabei hätten die SPD-Leute von uns die ungeschminkte Wahrheit hören können (...) Wenn die SPD von mehr Demokratie redet, meint sie im orwellschen Neusprech natürlich das genaue Gegenteil." In einem bereits 2011 erstellten Flugblatt, auf dem Bundeskanzlerin Merkel in einer Fotomontage als Schwein dargestellt wurde, ruft Dornbrach zum Widerstand und Abschaffung der Demokratie auf: "Nachdem die Demokraten unser Land Jahrzehnte über in den wirtschaftlichen Ruin getrieben haben, geben sie nun die Verantwortung an die EU ab (...). Wollen wir so etwas weiter hinnehmen? Oder erheben wir uns endlich, so wie in den Tagen von 1989. (...) Wehrt Euch gegen den Unrat des kapitalistischen Demokra76 Rechtsextremismus ten-Systems BRD! Werdet aktiv gegen das Ausbeutersystem (...)! Denn in diesem System gibt es keine Zukunft!" Die Zitate zeigen, in welch hohem Maß eine zutiefst verfassungsfeindliche Ideologie das Denken und Handeln der Partei bestimmt. Zugleich wird deutlich, wie es um die "seriöse Radikalität" der NPD unter ihrem Bundesvorsitzenden Apfel steht. Die Kreisverbände Kreisverband Lausitz Hinsichtlich seiner Aktivitäten und Mitgliederzahl kann der von Ronny Zasowk geführte Kreisverband als aktivster in Brandenburg betrachtet werden. Er zählt etwa 70 Mitglieder und umfasst Cottbus sowie die Landkreise Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster. Vier NPD-Ortsbereiche bestehen in Cottbus, Guben (SPN), Herzberg (EE) und Calau (OSL). Bisher gelang es nicht, weitere Ortsbereiche zu gründen. Der Kreisverband führt häufig öffentliche Veranstaltungen wie Mahnwachen und Infostände durch. Allein 2012 fanden mehr als 20 solcher Aktionen statt, bei denen sich die NPD unter anderem als "Anti-Euro-Partei" positionieren wollte. Selten nahmen mehr als fünf Personen daran teil, das Interesse der Öffentlichkeit war gering. Jährlich kommt ein "Trauermarsch" anlässlich der Bombardierung von Cottbus im Zweiten Weltkrieg hinzu. Am 15. Februar 2012 nahmen unter dem Motto "Gegen US-Bombenterror und Kriegsabenteuer! Für die Freiheit der Völker!" etwa 180 Personen daran teil. In Cottbus fand am 12. Mai 2012 eine weitere Demonstration im Rahmen der NPD-"Kleeblattaktion" statt. Unter dem Motto "Wir arbeiten - Brüssel kassiert! Raus aus dem Euro!" nahmen etwa 100 Personen daran teil. Kreisverband Oderland Dieser Kreisverband zählt ebenfalls zu den aktiveren in Brandenburg. Er produzierte am 14. Januar 2012 Schlagzeilen, weil er für den Bundesvorsitzenden Apfel und seinen Stellvertreter Pastörs den Neujahrsempfang der NPD-Landtagsfraktionen Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern in einem Hotel in Grünheide (LOS) ausrichtete. Dagegen richtete sich zivil77 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 gesellschaftlicher Protest und Touristen reagierten mit Absagen. Der Kreisverband erstellte in der ersten Jahreshälfte 2012 die Schrift "WIR in Grünheide - Informationsblatt der Nationaldemokraten". Auf seiner Homepage stellt der Kreisverband neben den üblichen bundesweiten NPD-Themen auch eigene Beiträge ein. Bereits seit 2003 ist die NPD im Kreistag OderSpree vertreten, derzeit mit drei Mitgliedern. Auf der Jahreshauptversammlung im Mai 2012 wurde der NPD-Landesvorsitzende Klaus Beier zum Kreisverbandsvorsitzenden gewählt. Ähnlich wie Zasowk versucht auch Beier die NPD mit vordergründig weichen Themen neu zu positionieren. So zum Beispiel in der Parteizeitung "Oderland Stimme" mit dem Artikel "Skandal um Schulessen: Kauft regionale Produkte". Als Lösung wurde das NPD-Konzept einer "raumorientierten Volkswirtschaft" beworben. Es wird von der NPD stets mit ihren rechtsextremistischen Zielen verknüpft. Unter der Überschrift "Einmal Deutschland und zurück. Asylmissbrauch & Islamisierung stoppen!" heißt es in einem anderen Beitrag unter Missachtung dessen, was ausländische Mitbürger an Steuern und Sozialabgaben entrichten: "Mit dieser Rundum-Alimentation von Fremden muß Schluß sein! Ausländer müssen aus dem Sozialsystem ausgegliedert werden, damit die Einwanderung in den Sozialstaat künftig unterbleibt. Das einklagbare Recht auf Asyl muß abgeschafft werden. Andere Staaten lassen auch keine Einwanderung in die Sozialsysteme zu. Deutschland darf nicht länger das Sozialamt der ganzen Welt sein." Innerhalb des Kreisverbandes zeigt der Ortsverband Schöneiche (LOS) Aktivitäten. Es bestehen enge Kontakte zu neonationalsozialistischen Gruppen in Berlin. Der Ortsverband nominierte eine Kandidatin für die Bürgermeisterwahl im April 2012, die jedoch lediglich 1,6 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt. Danach ließen die Aktivitäten des Ortsverbandes spürbar nach. Immer wieder versucht der Ortsverband mit einer selbsternannten "Bürgerwehr" gegen mutmaßliche ausländische Einbrecherbanden bei den Einwohnern zu punkten. Angeblich wurde am 7. Januar 2012 eine "Sicherheitsstreife" der NPD "mit Unterstützung des NPD-Kreisver78 Rechtsextremismus bandes Märkisch-Oderland, des Ortsbereichs Schöneiche und freier Kräfte" durchgeführt. Der Ortsverband wurde in den letzten Jahren immer wieder mit Störungen rund um das in der Region begangene Laubhüttenfest in Zusammenhang gebracht. Kreisverband Dahmeland Der Kreisverband Dahmeland hat seinen Sitz in Märkisch Buchholz (LDS). 2012 ist er vor allem durch die Versuche der NPD in die Schlagzeilen geraten, die Immobilie des Kreisvorsitzenden Haverlandt zur Parteiimmobilie oder zu einem "nationalen Schulungsund Jugendzentrum" auszubauen. Die NPD spricht im typischen Parteijargon von einem "nationalen Vereinshaus", an dem man "Hand in Hand fürs Vaterland baue". Der enorme zivilgesellschaftliche Widerstand verhindert die von der Partei angestrebte Verankerung. Der Kreisverband wirkt orientierungsund führungslos. Derzeit dominieren Neonationalsozialisten fast die gesamte öffentliche Darstellung des Kreisverbandes. Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Haverlandt hielt über Jahre gute Verbindungen zu neonationalsozialistischen Gruppierungen. Lokal zu den "Freien Kräften Königs Wusterhausen" und regional zu den JN. Die Dominanz der neonationalsozialistischen Kräfte hängt ebenso mit der engen Bindung des Kreisverbandes an den JN-Funktionär Dornbrach zusammen. Der lebt seit 2012 in Baruth/Mark (TF). Dornbrach engagierte sich besonders bei den Arbeiten am Haus in Märkisch-Buchholz (LDS). Schon vor dem teilweisen Rückzug Haverlandts aus der Öffentlichkeit übten Dornbrach und die JN-Schenkenländchen einen großen Einfluss auf die Darstellung der Partei im Internet aus. Am 8. Mai 2012 demonstrierte der Kreisverband gemeinsam mit den "Freien Kräften Königs Wusterhausen" gegen die Bezeichnung dieses Tages als "Tag der Befreiung". Die NPD-Dahmeland ist seit 2008 mit drei Mandaten im Kreistag vertreten. Allerdings spielen sie in der öffentlichen Selbstdarstellung der Partei keine Rolle. Kreisverband Havel-Nuthe Eine rege Zusammenarbeit mit "Freien Kräften" betreibt der Kreisverband Havel-Nuthe. Dessen langjähriger Vorsitzender, Michel Müller, wurde im 79 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Januar 2012 zum wiederholten Mal zum Vorsitzenden gewählt. Er entstammt der neonationalsozialistischen Kameradschaft "Hauptvolk", die bereits im Jahr 2005 vom Innenminister des Landes Brandenburg verboten wurde. Er ist ein verurteilter Gewaltstraftäter. Der Kreisverband verfügt über zwei relativ aktive Ortsbereiche in Rathenow und Nauen (beide HVL). Die ehemaligen Ortsbereiche Brandenburg und Potsdam sind seit etwa zwei Jahren weitestgehend inaktiv. In Rathenow finden regelmäßige Zusammenkünfte (Stammtische) statt. Verbindendes Element zwischen den Ortsbereichen war ein Sommerfest des Kreisverbandes am 23. Juni 2012 mit etwa 100 Teilnehmern. Am 31. März 2012 startete der NPD-Landesverband seine "Kleeblattaktion" mit der ersten von vier Kundgebungen in der Stadt Brandenburg an der Havel mit 180 Teilnehmern. Die Kundgebung stand unter dem Motto "Wir arbeiten - Brüssel kassiert! Raus aus dem Euro!". Am 20. April 2012 führte die NPD in Nauen (HVL) eine Mahnwache mit 30 Personen zur Erinnerung an die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg durch. Im Juni folgte eine weitere Mahnwache gegen die Europäische Union in Nauen. Mit Unterstützung des stellvertretenden Landesvorsitzenden Ronny Zasowk gab es im Juni 2012 eine "Wandermahnwache" in den Städten Teltow, Werder (beide PM) und Brandenburg an der Havel mit nur 17 Teilnehmern. Dabei wurden Plakate mit den Aufschriften "Aufstand der Anständigen - raus aus der EU" sowie "17. Juni 1953 - 2012 einen neuen Aufstand wagen!" hochgehalten. Zuvor trat der Kreisverband am 9. Juni 2012 im Rathenow (HVL) mit einer nicht angemeldeten Kundgebung unter dem Motto "Ich Esel glaube, dass der Euro uns Deutschen nutzt" in Erscheinung. Teilnehmer trugen Eselsmasken und Plakate mit gleichlautenden Aufschriften. Wie in vielen anderen NPD-Kreisverbänden wurde damit eine Aktionsform des verstorbenen Neonationalsozialisten Michael Kühnen kopiert. Kühnen leugnete so in den achtziger Jahren den Holocaust. Auf der Internetseite des Kreisverbandes werden regelmäßige Stellungnahmen und Kommentare des NPD-Landespressesprechers Dieter Brose zu aktuellen Themen veröffentlicht. Vereinzelt schreibt dort auch Maik Schneider, NPD-Stadtverordneter in Nauen (HVL). 80 Rechtsextremismus Der im August 2011 gegründete NPD-Stadtverband Neuruppin (OPR) verfügt derzeit über etwa zehn Mitglieder und wird seit dem 1. März 2012 von Dave Trick geleitet, der den führenden Aktivisten der "Freien Kräfte Neuruppin" zuzurechnen ist. Unter dem Motto "Schluß mit der Abzocke - runter mit den Benzinpreisen" führte der Stadtverband am 20. Oktober 2012 mit elf Teilnehmern eine "Wandermahnwache" in den Städten Pritzwalk (PR), Wittstock und Rheinsberg (beide OPR) durch. Die Teilnehmer gehörten der NPD und den "Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland" an. Kreisverband Oberhavel Kreisvorsitzender ist der stellvertretende Landesvorsitzende Thomas Salomon. Salomon ist ferner im Sinne des Presserechts verantwortlich für die Zeitschrift "Zündstoff Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg". Er veröffentlicht ebenso Beiträge in der Zeitung des NPD-Bundesverbandes "Deutsche Stimme". Der Kreisverband verfügt über eine eigene Homepage und stellt eigene Artikel auf die Internetseite des Landesverbandes. Der Kreisverband nahm an NPD-Demonstrationen in Berlin und Brandenburg teil. Weiterhin wurde im Mai 2012 eine Schulung mit Rechtsanwalt Dr. Günther Herzogenrath-Amelung durchgeführt. An einer Medienschulung des Landesverbandes am 27. Oktober 2012 nahm als Referent auch Salomon teil. Kreisverband Märkisch-Oderland Dieser Kreisverband zählt nach wie vor zu den schwächeren innerhalb des Landesverbandes. Verantwortung tragen dort Enrico Gesche und Andre Herbon. Der Kreisverband ist von der Unterstützung neonationalsozialistischer "Freier Kräfte" abhängig. Der Kreisverband ist ebenfalls bemüht, sich "weichen" lokalpolitischen Themen zuzuwenden. Demnach beteiligten sich nach Eigendarstellung am 11. März 2012 "Mitglieder des NPD KV Märkisch Oderland, des Ortsbereiches Schöneiche sowie parteiungebundene Nationale Aktivisten" an einer Demonstration zum "Erhalt der Kulturlandschaft Oderbruch". Dazu hatten Lokalpolitiker und Vertreter anderer Parteien aufgerufen. In der Internetmeldung des Kreisverbandes steht: "Was zeigt uns das? Das Thema Binnenhochwasser, das wir seit Beginn vor etwa 2 Jahren in der Region behandeln, trifft auf große Zustimmung bei der Bevölkerung des Oderbruchs. Somit entsteht eine Verankerung der Partei, die man seitens der herrschenden 81 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Politik mit allen Mitteln bekämpft, um einen eventuellen Einzug in den Parlamenten verhindern zu können!" Der Kreisverband griff ebenso die Anti-Europa-Kampagne der Bundespartei auf. In Müncheberg und Rüdersdorf (beide MOL) wurden am 21. Juli 2012 Mahnwachen unter dem Motto "Raus aus dem Euro!" veranstaltet. Daran beteiligten sich jeweils etwa fünf Personen. Kreisverband Barnim-Uckermark Für die Uckermark und den Barnim besteht nach wie vor ein gemeinsamer Kreisverband. Mit regionalen neonationalsozialistischen "Freien Kräften" wird kooperiert. Öffentliche Aktionsformen sind der "mobile Infotisch", "Infotouren", Gedenkveranstaltungen anlässlich des 8. Mai 1945 und des Volkstrauertages. Nach eigenem Bekunden untergliedert sich der Kreisverband in vier Bereiche, die mehr oder minder aktiv sind: der Stützpunkt Bernau (BAR) sowie die Ortsbereiche Joachimsthal (BAR), Prenzlau (UM) und Schwedt/Oder (UM). Hartmut Kneider übernahm im November 2010 den Vorsitz. Mit ihm stabilisierte sich der NPD-Kreisverband und die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten nahmen zu. Im Herbst 2012 trat er jedoch zurück. Nun unterzeichnet Aileen Rokohl Internet-Beiträge. Es bleibt abzuwarten, welche Entwicklung der Kreisverband nehmen wird. 2012 wurden die Publikationen "UCKERMARKStimme", "BARNIMStimme" und "SCHWEDTERStimme" in Umlauf gebracht. Mit Nachrichten aus der Region werden Themen aufgegriffen, mit denen sich die NPD nach außen neu positionieren will. Bereits 2011 verteilte die Partei laut Eigendarstellung Spenden, um "ehrenamtlich arbeitende Vereine" zu unterstützen". Die Namen der angeblichen Empfänger werden nicht genannt, "um sie vor Denunziation zu schützen". 250 Euro will die NPD dafür angeblich verwendet haben. 82 Rechtsextremismus Im Oktober 2011 wurde der Ortsbereich Schwedt/Oder (UM) wiederbelebt und trat 2012 mit einigen Aktivitäten in Erscheinung. Dazu gehörten ein Autokorso am 26. Mai 2012, eine Mahnwache am 15. September 2012 und eine Gedenkveranstaltung anlässlich des Volkstrauertages am 18. November 2012. Im April 2012 wurden etliche Aufkleber der JN im Stadtgebiet von Schwedt/ Oder festgestellt. Ein JN-Stützpunkt existiert im Landkreis Uckermark allerdings nicht. 83 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.6 Rechtsextremisten gründen neue Partei "Die Rechte" Seit dem 27. Mai 2012 existiert mit "Die Rechte" eine weitere rechtsextremistische Partei neben der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD, siehe Kapitel 1.5). "Die Rechte" wurde auf Betreiben des bekannten wie unsteten Neonationalsozialisten Christian Worch in Hamburg gegründet. Er ist zugleich Bundesvorsitzender. Im Bundesvorstand sitzen unter anderem ehemalige Aktivisten der "Deutschen Volksunion" (DVU) aus Schleswig-Holstein. Gegen die Fusion ihrer Partei mit der NPD wehrten sich DVU-Mitglieder. Einige von ihnen suchten mit anderen eine politische Heimat abseits der NPD. Wohl auch deswegen finden sich Versatzstücke der DVU-Programmatik bei "Die Rechte" wieder. Zeitweilig war Worch sogar selbst in der DVU aktiv. Der letzte DVU-Vorsitzende Faust hatte ihn beispielsweise für - erfolglose - Wahlkämpfe in Brandenburg geworben. Dafür schien Worch umso erfolgreicher darin gewesen zu sein, die zum damaligen Zeitpunkt sowieso schon völlig desorientierte DVU noch weiter zu verunsichern. Nichtsdestotrotz erklärte Worch, er sehe seine neugegründete Partei "Die Rechte" in der Tradition der DVU. Ende 2012 wird "Die Rechte" bundesweit über etwa 200 Mitglieder verfügt haben. Ende 2012 konnte die Partei zwei Landesverbände aufweisen: NordrheinWestfalen (NRW) und Hessen. Für Niedersachsen und Schleswig-Holstein bestanden damals schon Pläne zur Gründung. Der Landesverband NRW soll darüber hinaus über fünf Kreisverbände verfügen: Dortmund, Hamm, Mülheim (Ruhr), Münsterland und Rhein-Erft-Kreis. Auffällig ist, dass ein erheblicher Teil der etwa 90 Mitglieder in NRW aus ehemaligen Angehörigen der am 23. August 2012 verbotenen neonationalsozialistischen Organisationen "Nationaler Widerstand Dortmund", "Kameradschaft Hamm" und "Kameradschaft Aachener Land" bestehen. Führende Aktivisten wie Dennis Giemsch und Sascha Krolzig sind schnell der kleinen Worch-Truppe beigetreten. Beide fanden sich kurze Zeit später als Beisitzer im "Die Rechte"-Bundesvorstand wieder. Giemsch ist darüber hinaus Vorsitzender des Landesverbandes NRW. An seiner Seite sitzen neben Krolzig im Landesvorstand noch weitere Personen aus verbotenen Organisationen. Worchs Sogwirkung auf Neonationalsozialisten zeigt sich ebenso an der Wahl des als "SS-Sigi" bekannten Siegfried Borchardt zum Kreisvorsit84 Rechtsextremismus zenden in Dortmund (Nordrhein-Westfalen). Borchardt ist seit den achtziger Jahren durch die vom ihm gegründete Hooligan-Gruppierung "Borussenfront" bekannt. Später war er stellvertretender Vorsitzender der 1995 verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP). Ferner konnte Borchhardt vielfach im Umkreis von Michael Kühnen (+ 25. April 1991) festgestellt werden. Kühnen war bis zu seinem Tod der führende Neonationalsozialist in Deutschland. Auch Worch entstammt dessen Umfeld. In Brandenburg hat "Die Rechte" am 26.01.2013 in Biesenthal (BAR) ihren dritten Landesverband gegründet. Vorsitzender ist der letzte Landesvorsitzende der DVU, Klaus Mann und Stellvertreterin seine Ehefrau Sybille. Drei weitere Personen sollen dem Landesvorstand angehören. In den letzten Jahren hat Mann, der damit immer auch finanzielle Interessen verbindet, sein Grundstück wiederholt der NPD, Neonationalsozialisten und Besuchern rechtsextremistischer Konzerte zur Verfügung gestellt. Personelle oder inhaltliche Verbindungen zur "Wählergruppe Die Rechte - Mut zur Wahrheit" konnten bisher nicht festgestellt werden. Diese Wählergruppe wurde 2005 als Partei gegründet und beteiligte sich 2008 an den Kommunalwahlen in Brandenburg (Kreistagswahl Märkisch-Oderland sowie Gemeinderatswahlen in Leegebruch und Seelow). Deren Internetadresse (www.die-rechte.de) steht Worchs Truppe nicht zur Verfügung. Er ist daher gezwungen auf www.die-rechte.com zurückzugreifen. "Die Rechte" befindet sich in der Aufbauphase. Christian Worch gilt trotz vieler Mißerfolge als einer der profiliertesten Neonationalsozialisten der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihm verfügt die Partei über einen gut vernetzten Vorsitzenden, der trotz des vergleichsweise moderaten Partei-Programms bis hin zu Autonomen Nationalisten anschlussfähig ist. Das gilt auch für Brandenburg, wo Worch sowohl DVU-Wahlkämpfe organisiert als auch rechtsextremistische Aufmärsche in Halbe (LDS) organisiert hat. "Die Rechte" ist ein Sammelbecken für heimatlose ehemalige DVU-Mitglieder, für Unzufriedene in der NPD und für ehemalige Mitglieder verbotener neonationalsozialistischer Organisationen. Für die NPD entsteht damit sowohl eine Konkurrenz als auch eine Alternative. 85 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.7 Immobilien und Rechtsextremismus Ohne eigene Immobilie ist politische Arbeit nur schwer zu leisten. Das gilt besonders für rechtsextremistische Parteien, die auf Abgeschiedenheit besonderen Wert legen. Deshalb sucht die NPD seit längerer Zeit nach entsprechenden Räumlichkeiten. Nur so können Schulungen, Treffen oder Konzerte durchgeführt werden, ohne dass eine Störung von außen befürchtet werden muss. Immobilienübersicht 1 2 3 5 4 1 Finowfurth (BAR) 2 Biesenthal (BAR) 3 Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser 4 Mühlenfließ (PM) 5 Märkisch Buchholz (LDS) Finowfurt (BAR) Das Gelände in Finowfurt ist schon seit mehreren Jahren für rechtsextremistische Veranstaltungen bekannt. Auch 2012 wurde es entsprechend genutzt. Es gehört dem dort wohnenden Rechtsextremisten Klaus Mann. Mann war der letzte brandenburgische DVU-Landesvorsitzende und ist seit Januar 2013 Vorsitzender der Partei "Die Rechte" im Land Brandenburg (siehe Kapitel 1.6). Zwei besonders hervorzuhebende Veranstaltungen waren ein Sommer86 Rechtsextremismus fest am 23. Juni 2012 mit rund 250 Teilnehmern. Hierbei traten unter anderem die Bands "Kinderzimmerterroristen", "Preussenstolz" und "12 Golden Years" auf. Das Abspielen strafrechtlich relevanter Musiktitel wurde nicht festgestellt. Am 6. Oktober 2012 fand der von der NPD ins Leben gerufene "3. Preußentag" mit rund 600 Besuchern statt. Hauptgrund für diese überraschend hohe Zahl waren die rechtsextremistischen Bands. Deshalb kamen die meisten Teilnehmer auch abends, die Reden am Nachmittag zogen weit weniger Publikum an. Daneben gab es kleinere interne Veranstaltungen, darunter ein Sportfest. Biesenthal (BAR) In Biesenthal sind derzeit lediglich kleinere und konspirativ organisierte Aktivitäten zu verzeichnen. Die Liegenschaft ist aufgrund baurechtlicher Vorgaben nur eingeschränkt nutzbar. Auch die NPD hatte dieses Gelände bereits für Sitzungen genutzt, ist jedoch nicht im Besitz der Immobilie. Die eigentlichen Eigentümer sind nach wie vor nicht bereit oder in der Lage, fehlende Geldmittel für die notwendige Instandsetzung zur Verfügung zu stellen. Inwieweit die Immobilie in Zukunft für die Szene von Bedeutung sein wird, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Dass sich die Zahl der Veranstaltungen sehr stark in Grenzen hielt, ist dem Zusammenwirken von Zivilgesellschaft, engagierten Kommunalbehörden und Sicherheitsbehörden zu verdanken. Brandenburg an der Havel (Ortsteil Kirchmöser) In Brandenburg an der Havel (Ortsteil Kirchmöser) besitzt der "Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V." (BfG) eine Immobilie (siehe Kapitel 1.9). Der BfG mit Hauptsitz in Tutzing (Bayern) ist bundesweit aktiv und fällt mit einer Mischung aus Rechtsextremismus sowie sektenhaftem Verhalten auf. 87 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Mühlenfließ (PM) Im Mühlenfließer Ortsteil Grabow befindet sich eine aus mehreren kleinen Gebäuden bestehende Immobilie. Obwohl nahezu baufällig, dient sie Rechtsextremisten aus Brandenburg und benachbarten Bundesländern als Treffpunkt. Das Grundstück ist für die Blicke von außen gänzlich abgeschottet. Besitzer ist der aus den "Jungen Nationaldemokraten" (siehe 1.4) ausgetretene ehemalige Leiter des Potsdamer Stützpunktes, Maik Eminger. Am 24. November 2011 wurde sein Zwillingsbruder Andre Eminger an diesem Ort von der Spezialeinheit GSG 9 festgenommen. Er wird verdächtigt, den "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) unterstützt zu haben. Märkisch Buchholz (LDS) In Märkisch Buchholz steht ein zweigeschossiges Wohnhaus, dessen Erdgeschoss als Gaststätte genutzt wurde. Auf dem Hof befindet sich ein Seitenflügel mit drei kleinen Wohneinheiten. Alle Gebäude haben einen hohen Sanierungsbedarf. Die Liegenschaft wird von dem NPD-Funktionär Sven Haverlandt bewohnt und ist gleichzeitig Sitz des NPD-Kreisverbandes Dahmeland. Zu der Immobilie wird eine eigene Internetseite unterhalten. Die NPD ist im Begriff, hier ein nationales Jugendund Freizeitzentrum einzurichten. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, wurde im April 2012 der vierte brandenburgische Stützpunkt der "Jungen Nationaldemokraten" (JN) ins Leben gerufen. In den darauf folgenden Monaten war die JN sehr aktiv (siehe Kapitel 1.4). Das Vorhaben der NPD, eine Szene-Immobilie zu etablieren, ist bislang gescheitert. Das ist vor allem dem geschlossenen Widerstand der Bürger vor Ort zu verdanken. Gescheiterter Kauf-Versuch in Forst (SPN) Im Herbst 2012 meldete sich ein Dr. Ernst Lehmann aus Halle (SachsenAnhalt) beim Tourismusverband Niederlausitz. Er suche eine Immobilie mit 88 Rechtsextremismus mehreren Wohnund Nebengebäuden. Das Grundstück solle sehr groß sein und über Anschluss an Wald sowie Wasser verfügen. Man plane dort eine Wohnund Lebensmöglichkeit für zehn Familien. Diese sollten mittelfristig autark leben und biologischen Landbau für den Lebensunterhalt betreiben. Ferner plane man ein Ferienzentrum auf einfachem Niveau. Recherchen hierzu ergaben, dass sich hinter dieser Anfrage Steffen Hupka verbarg. Hupka ist ein seit Jahrzehnten aktiver Neonationalsozialist, der in verschiedenen Organisationen aktiv und auch einige Jahre Mitglied der NPD war. Er stammt ursprünglich aus Niedersachsen und hat mittlerweile seinen Lebensmittelpunkt nach Sachsen-Anhalt verlegt. Das Anliegen Hupkas unter Vorspiegelung einer Alias-Identität wurde von der Stadt Forst (Lausitz) erkannt und im Entstehen vereitelt. Denn Hupkas Anfrage entspricht der Vorstellung von Rechtsextremisten, Siedlungen exklusiv für "deutsche Familien" betreiben zu wollen. Dieses Beispiel zeigt, eine frühzeitige konstruktive Kooperation verschiedener staatlicher Stellen kann rechtsextremistische Absichten und Initiativen sehr schnell in der Entstehung vereiteln. 89 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.8 "Reichsbürger"-Wahn Immer häufiger gehen bei Kommunalverwaltungen, Bürgermeistern, Schulleitern, Polizeidienststellen, Landtagsabgeordneten und vielen anderen Schreiben von Reichsregierungen", "Reichsbürgern" oder "Selbstverwaltern" ein. Auch in Brandenburg: Ein Steuerberater teilte einer Gemeinde mit, sie solle zunächst die Rechtmäßigkeit des Grundgesetzes darlegen, bevor sein Mandant zu Zahlungen bereit wäre. "Reisepaß der kommissarischen Reichsregierung in Berlin" Ein "Reichsbürger" wollte kein Bußgeld wegen Falschparkens zahlen. Stattdessen schickte er eine "Abmahnung". Die darin erhobenen Vorwürfe lauteten Willkür, Nötigung, Rechtsbeugung, Betrug, Amtsanmaßung und die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Die Stadtverwaltung erstattete Anzeige. In einer weiteren Gemeinde wehrte sich ein "Reichsbürger" gegen ein Bußgeld wegen zu schnellen Fahrens. Weil sein Brief Bedrohungen enthielt, wurde er der Polizei übergeben. Woanders legte ein "Reichsbürger" Widerspruch gegen Gebührenbescheide ein, weil er nur dem "Reich" verpflichtet sein wolle. Die Gemeindeverwaltung setzte die Gebührenzahlung schließlich gerichtlich durch. Eine andere Verwaltung hatte Probleme mit Personen, die sich weigerten, ihre Personalausweise vorzulegen. Stattdessen beharrten diese darauf, nur "Reichsbürgerpässe" zu besitzen. Eine angebliche "Richterin am Reichsgericht" sprach gegenüber einem brandenburgischen Landratsamt ein "Grundstücksbetretungsverbot, Hausverbot und ein Zustellverbot" aus. Manipulationen an einem Kfz-Kennzeichen fielen der Polizei auf. Ein "Reichsbürger" hatte das Landkreiswappen durch einen Reichsadleraufkleber ersetzt. Bei rund 300 brandenburgischen Schulen gingen Schreiben "auf besondere Anordnung der Reichsregierung und des Reichsgerichts" ein. Unter 90 Rechtsextremismus anderem wurde zur "Vorsorge im Ernstfall" wegen angeblich anstehender Veränderungen in Deutschland aufgefordert. In Südbrandenburg suchte ein "Reichsbürger" das Gespräch mit Mitarbeitern des Verfassungsschutzes an einem Info-Stand. Anschließend warf er einen Tisch um und versuchte das Zelt des Info-Standes zu zerstören. Sicherheitsbedienstete mussten eingreifen. Hinter solchen "Reichsbürger"-Aktivitäten verbergen sich häufig Rechtsextremisten, aber auch Querulanten, anderweitig Verhaltensauffällige oder Personen in prekären sozialen Lagen, die auf diesem Weg Halt suchen. Sie alle eint die Vorstellung, die Bundesrepublik Deutschland existiere als Staat nicht. Stattdessen geben sie sich der Fiktion eines völkerrechtlich fortbestehenden "Deutschen Reiches" beispielsweise in den Grenzen von 1937 (oder vorheriger Jahre) hin. Es sei lediglich "eingeschränkt handlungsfähig" und die Bundesrepublik Deutschland nur eine "GmbH" oder ein wie auch immer geartetes illegales Gebilde. Diese in erster Linie rechtsextremistisch motivierte Auffassung wird gemeinhin dem Revisionismus zugeordnet. Revisionismus ist gemeinsames Anliegen und Klammer aller rechtsextremistischen Organisationen seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949. Es geht darum, die nach 1945 in Europa gestaltete Friedensordnung nicht anzuerkennen und zu bekämpfen. Daher Laut "Kommissarischer Reichsregierung" (KRR): "Das gehört es zum gesetzliDeutsche Reich in seinen völkerechtlich definierten chen Auftrag des VerfasAußengrenzen" vom 31.12.1937 bis heute" sungsschutzes, Gruppen mit revisionistischen Anliegen aufmerksam zu beobachten. Die meisten Revisionisten eint das Bestreben, den Nationalsozialismus und seine Auswirkungen, vor allem den Holocaust, nachträglich zu rechtfertigen oder zu relativieren. Geschichtsrevisionistische Argumentation ist daher häufig eng verbunden mit antisemitischen Positionen. Vorrangiges Ziel von "Reichsbürgern" ist, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland in Zweifel zu ziehen oder ihre Geltung 91 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 zu bestreiten. Häufig zweifeln sie amtliche Bescheide sowie Verwaltungsakte an und hoffen, gezielt Verwirrung zu stiften. Bußgeldzahlungen werden verweigert und Strafbefehle sollen ins Leere laufen. Um ihr Verhalten zu rechtfertigen, präsentieren "Reichsbürger" Fantasiepapiere wie "Reichsausweise" oder angebliche "Rechtsgutachten". Verwaltungsmitarbeitern werfen sie rechtswidriges Handeln vor. Zu Beschimpfungen und Bedrohungen kommt es ebenso. Manchem wurde sogar schon ein "Urteil" eines selbsternannten "Reichsgerichts" zugestellt. Vom "Reichsmythos" zur Irrelevanz der nationalen Frage 1949-1989 Die politische Vorstellungswelt vieler "Reichsbürger"-Gruppierungen knüpft an die Programmatik rechtsextremistischer Parteien der unmittelbaren Nachkriegszeit an. Nach Kriegsende versuchten sich damals "ehemalige" Nationalsozialisten in diversen Vereinigungen und Parteien an der Sammlung einer "nationalen Opposition". Historiker und Politikwissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von der "Reorganisation des alten Nationalismus". Die nationalsozialistische Vergangenheit und das gemeinsame politische Schicksal in der Nachkriegszeit spielten bei diesen Personen eine entscheidende Rolle bei ihrer Ablehnung der jungen und demokratischen Bundesrepublik. "Reichsideologie" und nationale Frage im rechtsextremistischen Parteienspektrum Für die stärkste rechtsextremistische Partei in der unmittelbaren Nachkriegszeit, die "Sozialistische Reichspartei" (SRP), war der Fortbestand des Deutschen Reichs die zentrale Grundlage ihrer politischen Vorstellungswelt. Die SRP war der Überzeugung, das "Dritte Reich" sei nicht durch die Bundesrepublik abgelöst worden, sondern es existiere trotz zweier "Satellitenstaaten" (Bundesrepublik und DDR) weiter. Aufgabe der "Reichstreuen" oder "Reichssozialisten" müsse es sein, so verlautbarte man damals, die "Illegitimität" der Bundesrepublik zu entlarven und das deutsche Volk in eine "führungsdemokratisch" organisierte "völkische Gemeinschaft" umzuformen. Oberstes Gesetz sei die "Treue zum Reich", hieß es im ersten Parteiprogramm der SRP 1949. Die SRP wurde vom Bundesverfassungsgericht 1952 verboten. Dennoch war es der SRP mit ihrer Propaganda gelungen, den "Reichsmythos" weiterleben zu lassen. Schließlich war und ist die Forderung nach einem Deut92 Rechtsextremismus schen Reich zumindest in den Grenzen von 1937 seit Gründung der Bundesrepublik eines der zentralen Hauptthemen des Rechtsextremismus. Exemplarisch hierfür stehen die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) sowie der Verleger und frühere DVU-Vorsitzende Dr. Gerhard Frey, der in seinen Wochenzeitungen und Verlagen offen großdeutsche Forderungen publizierte. In den Jahren 1983, 1987 und 1991 entstanden mit den "Republikanern" (REP), der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU) und der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) rechtsextremistische Parteien, die ebenso offen die Forderungen nach einem Deutschen Reich in den Grenzen von 1937 vertraten. Bis zur Wiedervereinigung Deutschlands konnten Rechtsextremisten über die "offene deutsche Frage" gewisse Resonanzen erzielen. Mit der Wiedervereinigung und der Erweiterung der Europäischen Union verlor dieses Thema jedoch vollständig an Bedeutung. Trotz allem pochen Rechtsextremisten weiterhin auf die Rückgabe ehemaliger Ostgebiete des Deutschen Reiches. "Reichsideologie" im Neonationalsozialismus Großdeutsche Forderungen spielen seither nur noch eine nachgeordnete Rolle in der Programmatik des Rechtsextremismus. Es sind vor allem kleinere Gruppierungen, die Aktivitäten zur Wiederherstellung des "Deutschen Reiches" entfalten. Ihre Anhänger stellen die Bundesrepublik Deutschland in Frage und fordern die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches sowie des Deutschen Volkes. Und: Einige Personen der nachfolgend beispielhaft genannten Gruppen sind Holocaustleugner und entsprechend verurteilt worden. Zum einen ist das die 1995 gegründete Vereinigung "Freistaat Preußen" von Dr. Rigolf Hennig. Hennig arbeitet eng mit Ursula Haverbeck-Wetzel zusammen. Sie war die letzte Vorsitzende des im Mai 2008 verbotenen "Collegium Humanum - Akademie für Umwelt und Lebensschutz e.V.". In Brandenburg trat sie zuletzt am 26. März 2011 bei einer Demonstration für die Freilassung des Holocaustleugners Horst Mahler auf. Hinzu kommt die "Vereinigung Deutsche National Versammlung e.V." (VDNV), eine 1984 ursprünglich unter der Bezeichnung "Vereinigung Gesamtdeutsche Politik" (VGP) gegründete Organisation. Sie wird von dem 93 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 mehrfach verurteilen Ernst Günter Kögel geleitet. Bei VDNV-Tagungen tritt auch die eben genannte Ursula Haverbeck-Wetzel als Rednerin auf. Zu den bekanntesten "Reichsbürger"-Vertretern zählen das "Deutschen Kolleg" (DK) des Hamburger Rechtsextremisten Dr. Reinhold Oberlercher und die "Völkische Reichsbewegung" (VRB), die vom ehemaligen RAF-Mitglied Horst Deutsches Kolleg Mahler als "Reichsbürgerbewegung" (RBB) gegründet worden war. Gemeinsames Ziel des DK und der VRB ist die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches und die Beseitigung der parlamentarischen Demokratie. An deren Stelle soll eine "Neue Ordnung ohne Parteienherrschaft" in Form eines "Vierten Reiches" treten. Die Veröffentlichungen dieser Gruppierungen sind seit Jahren durch revisionistische, NS-verherrlichende, antisemitische, rassistische, ausländerfeindliche, antiamerikanische und antidemokratische Tendenzen geprägt. Diese Zusammenschlüsse haben in der rechtsextremistischen Szene allerdings stark an Bedeutung verloren. Mahler sitzt derzeit in Brandenburg eine mehrjährige Haftstrafe ab. Oberlercher proklamiert zwar für sein DK, es sei der legitime Vertreter des noch "handlungsunfähigen Deutschen Reiches". Er sieht aber derzeit keine politischen Wirkungsmöglichkeiten. Daher sei nun die "materielle Gewalt geschichtlich am Zuge" und müsse ihren Beitrag zu einem "Vierten Reich" leisten. Das System sei "geistig bereits enthauptet, jetzt ist es nur noch physisch zu enthaupten". Sollte es zum "Staatsuntergang der BRD und der übrigen Reichszerteilungsregime" kommen, reklamiert das DK für sich die materielle Staatsgewalt. Diese schließe auch das grundsätzliche Recht ein, "Urteile körperlich zu vollstrecken und die Reichsfeinde militärisch unter Beschluß und Beschuß zu nehmen". Bekennende Anhänger des Nationalsozialismus aus dem Spektrum des 1991 verstorbenen Neonationalsozialisten Michael Kühnen wissen um die Aufmerksamkeit, die revisionistischen Kampagnen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit entgegengebracht wird. Ebenso setzen sie damit auf die szeneinterne Mobilisierung. Die Teilnahme der "Nationalen Liste" (NL) an den internationalen Revisionismuskampagnen Ende der achtziger Jahre spielt dabei szeneintern noch immer eine gewisse Rolle. Unter den ehemaligen Kühnen-Gefolgsleuten befinden sich daher Personen, die weiterhin gebietsrevisionistische Ziele formulieren. Hierzu zählt beispielsweise der militante Neonationalsozialist aus Nordrhein-Westfalen und Anführer 94 Rechtsextremismus der "Nationalen Ordnung" (NO), Meinolf Schönborn. Er hat auch Anhänger in Brandenburg und formuliert auf seiner Internetseite: "Die BRD ist ein Besatzungskonstrukt. Nur das Deutsche Reich kann als Nationalstaat aller Deutschen, als einzige Instanz auch deren Interessen vertreten. Die Handlungsfähigkeit des Reichs wieder herzustellen ist unser Wille." Bekennende "Reichsbürger" waren bereits der verstorbene Neonationalsozialist Thomas Brehl und andere Aktivisten aus dem Umfeld von Michael Kühnen. Auch Frank Schwerdt, Mitglied des NPD-Bundesvorstandes und NPD-Vorsitzender in Thüringen, in den 1990er Jahren Förderer der neonationalsozialistischen Szene in Brandenburg, hatte Berührungspunkte mit "Reichsbürgern". Für Aufsehen sorgte zuletzt die neonationalsozialistische Gruppierung "Die Reichsbewegung - Neue Gemeinschaft von Philosophen". Sie verschickte im Jahr 2012 Drohbriefe mit rassistischen und antisemitischen Schmähungen an jüdische und islamische Gemeinden in Deutschland. Auch brandenburgische Kommunen waren betroffen. In ihrem Schreiben bekennt sich die Gruppe zur "Wiedererstehung des Deutschen Reiches": "Die Reichsbewegung strebt die Wiedererstehung des DEUTSCHEN REICHES an - im Sinne der idealen und zeitgemäßen Reichsidee als Teilreich des Heiligen Atlantischen Reichs Europäischer Völker - und arbeitet auf eine entsprechende verfassungsgebende Reichsversammlung hin. Zur Zeit arbeitet sie noch aus dem Untergrund heraus (...). Die Ihnen bekannte BRD ist nach dem Völkerrecht nicht identisch mit dem DEUTSCHEN REICH. (...) Die BRD ist daher nicht der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches, das staatsund völkerrechtlich weiterbesteht." "Die Reichsbewegung - Neue Gemeinschaft von Philosophen" beruft sich auf die "Kosmoterik". Dahinter steht ein Konstrukt für die Wiedererstehung der deutschen Kultur und die Wiederbegründung des Deutschen Reichs unter Rückgriff auf "atlantisch-germanische Vorfahren". Ziel ist die "Überwindung der Spaltung im patriotischen Lager" und die "Schaffung einer gemeinsamen, verbindenden Weltanschauung des Deutschen Volkes": 95 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "Wir wollen, und dies so schnell wie möglich, die durch die korrupten, kriminellen und dem deutschen Volk gegenüber verräterischen, jüdisch-freimaurerischen Politmarionetten der 'BRD' (=völkerrechtswidriges Besatzungskonstrukt BRD-FinanzagenturGmbH) gestartete Völkervernichtung durch Rassenvermischung stoppen und wieder rückgängig machen. Wir werden daher, mit wenigen Ausnahmen, alle nichteuropäischen Ausländer, insbesondere alle Muslime / Mohammedaner / Moslems und alle Neger (Schwarze und Halbschwarze) in ihre Heimatländer zurückschicken(...). " Vor diesem Hintergrund bezieht man sich sogar auf die verbotene neonationalsozialistische Organisation "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" und ihre Kampagne "Die Unsterblichen": "Es ist einfach herrlich, wie diese Kameraden hier die scheinheilige Kuh 'DEMOKRATIE' entzaubern. Wie auch wir schon des öfteren betont haben, ist die 'Demokratie' eine geschickt getarnte diktatorische Herrschaftsform, in welcher(...) nur die die charakterlosesten, opportunistischsten und unfähigsten Personen in die führenden Ämter gelangen (...). Nicht ohne Grund heißt 'Demokratie' Herrschaft des Abschaums [...]." Sonstige "Reichsregierungen" und Splittergruppierungen Auf das Fortbestehen des "Deutschen Reiches" berufen sich neben eindeutig neonationalsozialistisch orientierten "Reichsbürgern" auch verschiedene, untereinander rivalisierende "kommissarische Reichsregierungen", die ebenfalls Rechtsextremisten in ihren Reihen haben. Solche "Reichsregierungen bilden ihrem Selbstverständnis nach provisorische Regierungen des "Deutschen Reiches". Sie fielen in den letzten Jahren besonders durch skurrile Verhaltensweisen auf. Dazu zählen die Vergabe von fantasievollen "Reichsämtern", die Veröffentlichungen wirrer "Proklamationen" oder das Ausstellen diverser "Reichsdokumente", die zu einem beträchtlichen Preis verkauft werden und die eine wesentliche Finanzierungsgrundlage dieser Gruppierungen sind. Außerdem versuchen sie Konflikte mit brandenburgischen Behörden durch amtlich aufgemachte Bescheide, Strafbefehle und "Urteile" irgendwelcher selbsternannter "Reichsgerichte" im Namen des "Deutschen Reiches" zu provozieren. Leidtragende sind oft Bürger in finanziellen oder sozialen Schwierigkeiten, die Straf96 Rechtsextremismus befehlen, Zahlungsforderungen oder Zwangsräumungen entgehen wollen und auf die Propaganda von "Reichsideologen" hereinfallen. "Reichsregierungen" werden vom Verfassungsschutz als Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung eingeschätzt. Ihnen ist gemein, dass sie die Bundesrepublik Deutschland als demokratisch verfassten Rechtsstaat ablehnen und einen neuen Staat errichten wollen, wahlweise in den Grenzen von 1937, 1939 oder 1914. In einigen "Reichsregierungen" wird all das noch mit antisemitischer Hetze unterlegt und teilweise unter Hakenkreuz-Symbolik propagiert. "Kommissarische Reichsregierungen" bestehen zum Teil seit über 25 Jahren. Ihre Anhänger treten als "Reichsbürger" in Erscheinung und sind den brandenburgischen Kommunalverwaltungen sowie der Polizei oft wohlbekannt. Im Land Brandenburg häuften sich in den letzten Monaten entsprechende Vorfälle, bei denen "Reichsbürger" Verwaltungsakte anzweifeln, Bußgelder nicht bezahlen und auch Schulen mit Pamphleten überhäufen. Gerne berufen sich "Reichsbürger" samt "Reichsregierungen" auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1973. Darin stellte das Bundesverfassungsgericht unter anderem dar, welche völkerrechtlichen Probleme sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges durch die Teilung Deutschlands hinsichtlich des deutschen Staates ("als Ganzes") aufgetan hatten. Daraus zitieren "Reichsregierungen" oft diese Passage: "Das Grundgesetz [...] geht davon aus, dass das Deutsche Reich den Zusammenbruch 1945 überdauert hat und weder mit der Kapitulation noch durch Ausübung fremder Staatsgewalt in Deutschland durch die alliierten Okkupationsmächte noch später untergegangen ist; das ergibt sich aus der Präambel, aus Art. 16, Art. 23, Art. 116 und Art. 146 GG. Das entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, an der der Senat festhält. Das Deutsche Reich existiert fort (...), besitzt nach wie vor Rechtsfähigkeit, ist allerdings als Gesamtstaat mangels Organisation, insbesondere mangels institutionalisierter Organe selbst nicht handlungsfähig. [...] Mit der Errichtung der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht ein neuer westdeutscher Staat gegründet, sondern ein Teil Deutschlands neu organisiert (...) Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht 'Rechtsnachfolger' des Deutschen Reiches [...]." 97 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Bemerkenswert ist, dass die "Reichsregierungen" einen Teil des entscheidenden Satzes dieses Urteils bewusst unterschlagen und damit ignorieren. Denn vollständig lautet der Satz so: "Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht 'Rechtsnachfolger' des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat 'Deutsches Reich', - in Bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings 'teilidentisch', so dass insoweit die Identität keine Ausschließlichkeit beansprucht." Die Tatsache, dass "Reichsregierungen" und "Reichsbürger" diesen Schlüsselsatz ausblenden, ist nur mit politischer Motivation erklärbar. "Kommissarische Reichsregierung des Staates 2tes Deutsches Reich" (KRR) Initiator der KRR-Bewegung ist der frühere Reichsbahnbedienstete Wolfgang Ebel, der in etwa 20 Strafverfahren (unter anderem wegen Amtsanmaßung) für schuldunfähig erklärt worden ist. Die 1985 von Ebel gegründete "Ursprungsregierung" nennt sich heute "Kommissarische Reichsregierung des Staates 2tes Deutsches Reich" (KRR) oder "Staat 2tes Deutsches Reich". Die umfangreichen Schriftstücke der "Reichsregierung", wie die "21 Punkte zur tatsächlichen Situation in Deutschland" werden vielfach verbreitet. Ebel fungiert nach wie vor als "Reichskanzler" mit Angaben des "Amtssitzes" in Berlin-Zehlendorf. Er galt in der Vergangenheit als äußerst erfinderisch, wenn es darum ging, "Reichsbürgern" Geld aus der Tasche zu ziehen. Man verkaufte nicht nur diverse "Ausweise" und "Kfz-Kennzeichen", sondern bot auch Kurse an, auf denen die Bürger zu "reichsrechtlichen Rechtsbeiständen" ausgebildet wurden. Auch "Strafbefehle" werden anscheinend verkauft. Obwohl derzeit keine weiteren Personen mit "Reichsämtern" auf den Internetseiten von Ebels KRR genannt werden, tauchte am 7. März 2012 im Landkreis Oberhavel 98 Rechtsextremismus eine Ankündigung einer "Richterin am Reichsgericht" (mit "Sitz" am "provisorischer Amtssitz der Reichsregierung" in Zehlendorf) namens Dagmar Sybille Tietsch auf. Anscheinend wollte ein Bürger die Führerscheinstelle des Landratsamtes mit einem "Strafbefehl" der "Reichsrichterin" (eine ellenlange Abhandlung in altdeutscher Schrift, gespickt mit Urteilen und Zitaten) beeindrucken. Wie viel Euro dieser "Strafbefehl" gekostet hat, ist unbekannt. Ähnliche "Strafbefehle" sind in den letzten zwei Jahren bundesweit häufiger aufgetaucht. In einem anderen Fall versuchte im Landkreis Oder-Spree ein "Reichsbürger" einem Bußgeldbescheid zu entgehen. Er legte eine von Ebel unterzeichnete "Bestallungsurkunde" vor, die ihn als "Reichssachverständigen für die Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Deutschen Reiches" auswies und ihm eine Art Diplomatenstatus gegenüber der Bundesrepublik bescheinigen sollte. Etwas anders liegt folgender Fall: Im Februar 2012 erhielten über 300 Schulen in Brandenburg einen "Erlass". Absender waren "Reichskanzler" Ebel und eine angebliche "Präsidentin des Strafsenats am Reichsgericht", Tietsch. Die Empfänger wurden mit einer "ausdrücklichen und dringlichen Vorsorgewarnung" aufgefordert, Nahrungsmittel, Trinkwasser, Decken, Kerzen, Heizmaterial und weiteres vorrätig zu halten. Beigefügt war eine "Presse-Mitteilung" mit dem üblichen Legitimitätsgefasel. Beeinflusst von Ebel war anscheinend auch ein Bürger aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, der Widerspruch gegen einen Kfz-Steuer-Gebührenbescheid einlegte. Hier liefen beträchtliche Gerichtskosten auf. Im mehrseitigen Schriftwechsel finden sich auch Unterlagen eines "Rechtssachverständigen der Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Staates 2tes Deutsches Reich". "Exilregierung Deutsches Reich" Auch die "Exilregierung Deutsches Reich" will die freiheitliche demokratische Grundordnung überwinden. "Reichskanzler" der "Exilregierung" ist Norbert Schittke. Er stammt aus dem Spektrum der Partei "Die Republikaner" (REP). Seine "Exilregierung" führt monatlich "Bürgertreffen" und Kabinettsitzungen mit jeweils 20 bis 30 Unterstützern durch, so auch im Jahr 2012 unter anderem in Leipsch (LDS). Schittke verkauft ebenso Ausweise und Führerscheine, hat also wirtschaftliche Interessen. In diesem Zusammenhang wurde er wegen Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis zu ei99 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ner Geldstrafe verurteilt. Mit als rechtsextremistisch einzuordnenden Aktivitäten fällt Schittke ebenfalls auf. Beispielsweise verlieh die "Exilregierung Deutsches Reich" im Jahr 2010 einer Bürgerin das "Eiserne Kreuz". Im Jahr 2012 äußerte sich Schittke in einem Fernsehbericht in rechtsextremistischer Art und Weise zum Holocaust. Im Kontext solcher Äußerungen lassen Formulierungen auf der Internetseite der "Exilregierung" durchaus auf Antisemitismus schließen, wenn auch in verklausulierter Form: "Die Exilregierung wird keiner Organisation, keiner Vertretung, die auf das Verfolgen und Bekämpfen anderer Völker, Volksgruppen oder Staaten, ihr Augenmerk lenkt oder die Weltherrschaft anstrebt, gestatten, sich im Deutschen Reich niederzulassen." Gerne versucht die "Exilregierung", mit ihren Schreiben Verwaltungen einzuschüchtern. Diese Vorgehensweise hat Methode: Bundesweit droht die "Exilregierung Deutsches Reich" Verwaltungsmitarbeitern "strafrechtliche Verfolgungen" an, sobald das "Deutsche Reich" wieder existiere. In Beelitz (PM) wurde ein Fall bekannt, bei dem sich Eltern gegen die Einschulung ihres Kindes wehrten. Die sich als "Staatsangehörige des Staates Deutsches Reich" bezeichnende Mutter forderte vom zuständigen Staatlichen Schulamt "eine Darlegung der Legitimation, sich als Staatliches Schulamt ausgeben zu dürfen". Dann wurde behauptet: "Ihre angekündigten Ordnungsmaßnahmen nach falschem und erloschenem Recht stellen eine Straftat dar, mit der Sie sich vollumfänglich und persönlich, unter anderem mit Ihrem gesamten Privatvermögen in der Haftung befinden!" 2012 hat sich ein Teil der Anhänger der "Exilregierung" von Schittke losgesagt und eine eigene "Reichsregierung" gegründet. Einige ihrer Anhänger versuchten im Jahr 2012 in Cottbus Fuß zu fassen. Splittergruppierungen Eine weitere extremistische Bestrebung ist "Die Regierung des Deutschen Reiches". Hier wirken seit 2008 ehemalige Mitglieder der "Exilregierung Deutsches Reich" mit. "Kommissarischer Reichskanzler" war bisher Markus Noack. Noack trat mindestens einmal beim mittlerweile verbotenen rechtsextremistischen "Collegium Humanum" als Redner auf. Nach dem Verbot zog er sich zurück. Infolgedessen wurde die Homepage lange Zeit nicht mehr gepflegt. Mittlerweile sind dort aber wieder Aktivitäten festzustellen. 100 Rechtsextremismus Während sich viele "Reichsregierungen" trotz rechtsextremistischer Bezüge zumindest vordergründig vom Nationalsozialismus distanzieren, wirbt Noacks "Regierung des Deutschen Reichs" seit mindestens Januar 2007 unter der Adresse www.unser-reich.info (aktiv) und unter www.stateof-germany.com" (abgeschaltet) ganz offen mit Hakenkreuz-Symbolik sowie Reden Adolf Hitlers und anderer Funktionsträger des nationalsozialistischen Regimes. Zahlreiche Textpassagen auf ihrer Homepage belegen ihr Bestreben, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen, indem sie den Staat reorganisieren will und sich dabei auf Strukturen des Dritten Reiches bezieht. Außerdem verwendet "Die Regierung des Deutschen Reiches" als "Hoheitszeichen" den Reichsadler mit Hakenkreuz im Eichenlaub in Schreiben an Botschaften oder auf eigens hergestellten "Kennkarten" (Personalausweisen). Gegen Personen, die mit diesen "Kennkarten" auftraten, wurden in der Vergangenheit bereits Verfahren wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. Von der Gruppierung "Das Deutsche Reich" um Dr. Matthias Haug gehen seit Jahren keine Aktivitäten mehr aus. Auf der Homepage sind weder Veranstaltungen noch Termine angekündigt. 2006 wurde noch ein Interview von Haug mit dem Betrüger und Antisemiten Ryke Geerd Hamer veröffentlicht. Letzterer ist selbsterklärter "Entdecker" der "Germanischen Neuen Medizin". Unbeständige Kleinstgruppierungen Neben den "Kommissarischen Reichsregierungen" existiert noch eine Vielzahl von Splittergruppierungen und rasch anwachsenden Kleinstgruppen von "Reichsbürgern" in Brandenburg, die ähnliche ideologische Grundsätze wie "Kommissarische Reichsregierungen" vertreten. Einige hängen Autarkievorstellungen an und sind der Meinung, sie könnten aus der Bundesrepublik "austreten" und sich selbst verwalten. Oder sie behaupten, in der 101 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Bundesrepublik verfüge keine einzige Behörde über hoheitliche Rechte. Die Bundesrepublik sei lediglich ein Handelsunternehmen. Oft handelt es sich nur um Einzelaktivisten, die auf etlichen Homepages vielfältig "Reichsideologie" verbreiten und den Eindruck erwecken, als ob eine Organisation dahinterstehe. Hier sind ebenfalls Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus festzustellen. Eine Reihe der Aktivitäten gehen von Personen aus, die als schuldunfähig erkannt sind oder zu denen psychiatrische Gutachten angefordert wurden. "Volks-Bundesrath" Zu diesen Einzelaktivisten gehört Erhard Lorenz, ein ehemaliges Mitglied der "Exilregierung Deutsches Reich". Lorenz erweckt auf etlichen Internetseiten den Eindruck, es gebe eine Organisation namens "Volks-Bundesrath" und einen "Volks-Reichstag". Das virtuelle Angebot eines "Deutschen Reichsanzeigers" und einer "Deutschen Reichszeitung" scheint eher geschäftlich motiviert zu sein. Auch Internetseiten wie "Interessengemeinschaft für Menschen mit gemeinsamen Zielen", welche die "Selbstverwaltung" und "Selbstregierung" propagieren, werden von Lorenz betrieben. Gegen Lorenz wurde 2007 ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil er einen "Reichsbrief" mit volksverhetzendem Inhalt auf einer seiner Webseiten zugänglich machte. Birger Weck war "Vize-Kanzler" des "Volks-Bundesraths", hierbei wurde erwähnt, er sei Brandenburger. Weck nennt sich mittlerweile "Deutscher Rechts-Konsulent". "Volksbewegung Dem Deutschen Volke - Für eine Zukunft mit Recht und Gesetz" Die Splittergruppe "Volksbewegung Dem Deutschen Volke - Für eine Zukunft mit Recht und Gesetz" schreibt über sich: "In den letzten Monaten haben wir sehr viele Städte, Polizeibehörden, Polizeigewerkschaften, Gerichte, Finanzämter, Schulen, Lohnsteuerhilfevereine und Zollbedienstete angeschrieben. In diesen Schreiben wurde auf die katastrophale rechtliche Situation in unserem Land und den damit verbundenen Auswirkungen für die Bediensteten der jeweiligen Adressaten hingewiesen." Tatsächlich haben viele Gemeinden, Städte und Ämter Brandenburgs E-Mails der "Volksbewegung Dem Deutschen Volke - Für eine Zukunft 102 Rechtsextremismus mit Recht und Gesetz" bekommen. Darin wurden sie darüber "in Kenntnis gesetzt", "dass Sie trotz mehrfacher Information zur bestehenden Rechtslage weiterhin rechtswidrige Verwaltungsakte in Gang setzen und zur Vollstreckung mit Androhung zur Zwangsinhaftierung bringen. [...] Hiermit sprechen wir allen Bediensteten der Städte und Gemeinden das Verbot zu rechtsunwirksamen Verwaltungsakten und den damit einhergehenden widerrechtlichen Vollstreckungen aus. Jeder Bedienstete haftet bei Zuwiderhandlung uneingeschränkt mit seinem gesamten Vermögen (...)." Mit einem Flyer an alle "Schutzmänner mit Zukunft" wird die Polizei aufgefordert, für "Staatlichkeit in unserem Land" zu sorgen. Auf der einen Seite stehe eine Polizei "im BRD-Auftrag", auf der anderen eine Polizei "im Staatsdienst nach Recht und Gesetz". Ebenso ruft die Gruppierung zum Steuerboykott auf. Da die Internetseite der "Volksbewegung" mit der Website "Der runde Tisch" verlinkt ist, sind Verbindungen zu ehemaligen Aktivisten des "Fürstentums Germania" nicht auszuschließen. "Volksgruppe - Ringvorsorge" - Germaniten Bei der "Volksgruppe - Ringvorsorge" handelt es sich um selbsternannte "Justizopfer", die sehr gerne die bereits bekannten "Reichsargumente" benutzen. Die "Ringvorsorge" versteht sich als "Weltanschauungsgemeinschaft". Weltanschauung heißt in diesem Zusammenhang, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland zu verneinen. Diese Gruppe vertritt die Auffassung, die Bundesrepublik Deutschland sei kein Staat, weil sie keine Verfassung habe, sondern das Grundgesetz. Infolgedessen bezeichnet die "Ringvorsorge" Deutschland als "menschenrechtsfreies Land" und rät zum "Austritt" aus der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise "BRD-Finanzagentur GmbH". Dafür wird eine Austrittserklärung angeboten. In der Eigenwerbung heißt es unter anderem: "Die Ringvorsorge entstand, nachdem eine kleine Bevölkerungsgruppe (7 Menschen), sich in den Fängen der Justiz der BRD befand. Diese Gruppe wurde nach allen Regeln der Kunst, in der be103 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 reits bekannten Manie, durch Willkür und Rechtsbeugung, systematisch niedergerungen, entrechtet und enteignet." Die Anhänger der "Volksgruppe - Ringvorsorge" bombardieren seit einigen Jahren Behörden und Gerichte mit seitenlangen, überwiegend handgeschriebenen Pamphleten. Dabei geht es immer darum, sich Verpflichtungen zu entziehen. Einige der Protagonisten sind eng mit dem Fantasiestaat "Germanitien" verbunden. Unter diesem Namen versuchen "Germaniten" innerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik Deutschland einen eigenen Möchtegernstaat in der Ortschaft Westerheim (Baden-Württemberg) zu betreiben. Allerdings wollen auch einige Personen außerhalb von Westerheim zu Germanitien gehören. Werbung für die "Ringvorsorge" betreibt unter anderem Thomas Patzlaff, ein ehemaliger Mitstreiter des Fantasiebeziehungsweise Möchtegernstaats "Fürstentum Germania". "Germaniten" sind vor allem im Landkreis Dahme-Spreewald aktiv. "Selbstverwaltungen" nach UN-Res. 56/83 Wenn "Reichsbürger" zum Austritt aus der Bundesrepublik raten, dann sind "Selbstverwaltungen" wie "Germanitien" nicht weit. Seit fast zwei Jahren versucht sich die "Reichsbürgerszene" an solchen Irrsinnsgebilden. So soll deren Ablehnung der Bundesrepublik Deutschland dokumentiert werden - auch in Brandenburg. Betroffen waren beispielsweise die Gemeinden Wiesenburg/Mark (PM), Wilkendorf, Joachimsthal (BAR), Hönow (TF), Schenkendöbern (PM), Jacobsdorf (LOS), Michendorf (PM), Beelitz (PM), Bernau (BAR) und der Kreis Potsdam-Mittelmark. Solche Möchtegern-"Selbstverwalter" sehen die "Selbstverwaltung" als "kleinste Staatsform, welche überhaupt denkbar ist und welche ihre rechtliche Ausgestaltung und Legitimationsquelle in sich selbst trägt". Nachzulesen zum Beispiel auf einer Internetseite des eben schon erwähnten Thomas Patzlaff, einem der umtriebigsten "Selbstverwalter" in der Szene. Hat man erst mal seine eigene "Selbstverwaltung" proklamiert, komme man angeblich in den Genuss einiger Vorzüge. So bräuchte man keine Steuern und keine Bußgelder mehr zahlen. Ebenso könne ein Konto nicht mehr gepfändet werden. Hinzu kämen eigene Ausweise. Die "Ermächtigungsgrundlage" für ihre "Selbstverwaltung" glauben zahlreiche "Selbstverwalter" in Artikel 9 der UN-Resolution 56/83 zu erkennen: "Das Verhalten einer Person oder Personengruppe ist als Handlung eines Staates im Sinne des Völkerrechts zu werten, wenn 104 Rechtsextremismus die Person oder Personengruppe im Falle der Abwesenheit oder des Ausfalls der staatlichen Stellen faktisch hoheitliche Befugnisse ausübt und die Umstände die Ausübung dieser Befugnisse erfordern." Während also insbesondere rechtsextremistisch orientierte "Reichsbürger" gleich selbst "Reichsregierung" spielen wollen, liegt bei "Selbstverwaltern" ein anderer Ansatz vor. Sie behaupten, die Bundesrepublik Deutschland sei eine GmbH und das "Deutsche Reich" zurzeit nicht handlungsfähig. Daher gebe es keinen legitimen Staat, also müsse man auf Grundlage der erwähnten UN-Resolution die Verwaltung eben selbst regeln. Der bereits oben zitierte Satz des Bundesverfassungsgerichts "Die Bundesrepublik Deutschland ist also nicht 'Rechtsnachfolger' des Deutschen Reiches, sondern als Staat identisch mit dem Staat 'Deutsches Reich', - in Bezug auf seine räumliche Ausdehnung allerdings 'teilidentisch', so dass insoweit die Identität keine Ausschließlichkeit beansprucht." wird somit auch von Möchtegern-"Selbstverwaltern" komplett ausgeblendet. Sogar ehemalige Polizeibeamte geraten "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" in die Fänge. So zum Beispiel eine ehemalige Polizistin, die zeitweilig im brandenburgischen Wiesenburg/Mark (PM) lebte. Im April 2010 gab sie dem rechtsextremistischen Verschwörungstheoretiker und ehemaligen "Pressesprecher" des "Fürstentums Germania", Jo Conrad, ein Interview. Darin bezeichnet sie die Bundesrepublik als "Nicht-Regierungsorganisation" und die Bürger der Bundesrepublik als "Personal der BRD". Die Gesetze deutet sie als "Allgemeine Geschäftsbedingungen", Bundeskanzlerin Angela Merkel sei die "Geschäftsführerin". Wenn man als Bürger freiwillig sage, man gehört dazu, dann würden die Gesetze gelten. Wenn der Staat für einen allerdings nicht vorhanden wäre, müsse man eben die hoheitlichen Aufgaben selbst wahrnehmen. Im Januar 2011 äußerte ein "Selbstverwalter" in einem "Interview" mit Jo Conrad: "Es ist so, daß - geheimnisvoll - man uns als 'Kriegsbeute Mensch' mittlerweile (...) genommen hat, (...) um uns in einer Firma zu führen... drum haben wir ja einen 'Personalausweis' und keinen 'Personenausweis'. Personenstandserklärung heißt, ich löse mich (...) 105 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 von dieser Firmenkonstruktion (...) und erkläre mich zur natürlichen Person nach BGB Paragraph 1, aber in der Fassung die staatlich ist, nicht in der überblendeten Fassung (...) Man nimmt seine eigene Geschäftsführung wieder in die Hand und erklärt die Fremdgeschäftsführung für beendet (...). Diese wiederum muß man dem Oberbürgermeister, dem Finanzamt und dem Einwohnermeldeamt zustellen. (...) Dann ist man an dieser Stelle wieder souverän." Eine Gruppierung von "Selbstverwaltern" mit Anhängern im Süden Brandenburgs hat die "Republik Freies Deutschland" ausgerufen. Als sich ein Kläger (ein "Germanit") ausdrücklich auf die oben erwähnte UN-Resolution berief, entschied das Finanzgericht Hamburg am 19.04.2011 folgendermaßen: "Ebenso wie es nur die vorgenannte eine deutsche Staatsangehörigkeit gibt, besteht neben dem Staat Bundesrepublik Deutschland weder das Deutsche Reich noch ein anderer deutscher Staat; sondern die Bundesrepublik Deutschland ist der gegenwärtige deutsche Staat und so mit dem im Jahre 1871 als Deutsches Reich gegründeten Staat Deutschland identisch bzw. im Hinblick auf die räumliche Ausdehnung teilidentisch (...)." Damit ist noch einmal klargestellt, dass in Deutschland "Selbstverwaltungen" auf Basis der erwähnten UN-Resolution ohne jede Relevanz sind. Es sind Fantasiegebilde. Wie unter "Reichsideologen" üblich, wollen diese durch gezielte Verdrehung völkerrechtlicher Lehren, pseudo-juristische Sprache und Ignoranz des geltenden Rechts zunächst Verwirrung stiften. Dies dient dem Ziel, die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland zu 106 Rechtsextremismus untergraben. Darauf bauen dann wiederum Extremisten ihre verfassungsfeindliche Ideologie auf. Esoterik und "Reichsideologie" am Beispiel "Neudeutschland" Auf Grund klarer Rechtsprechung versuchen einige "Reichsideologen" inzwischen, ihre Ideologie auf andere Weise zu verbreiten. Beispielsweise gründen sie "Bürgerrechtsbewegungen" ("Runde Tische") oder verbinden ihren Mummenschanz mit Esoterik. Besonders gefährlich treten beide Formen bei der Gruppierung "Neudeutschland" auf. Sie wurde 2009 in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) von dem Esoteriker und Kampfsportler Peter Fitzek als "Weltanschauungsgemeinschaft" und "Scheinstaat" gegründet. Ebenso wird ein "Lichtzentrum" betrieben. Nach eigenen Angaben hat "Neudeutschland" deutschlandweit etwa 2.000 Mitglieder. Fitzek will eine neue, esoterisch und ökologisch ausgerichtete, utopische Staatsform in Deutschland schaffen. Unter dem Titel "Wir gründen Deutschland neu" hat Fitzek im Jahr 2012 einen Kongress in Wittenberg abgehalten. Die Begründung für den Scheinstaat "Neudeutschland" ähnelt der vieler "Reichsideologen": die Nichtanerkennung der Bundesrepublik Deutschland als Staat. Ebenso soll ein Deutschland in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 geschaffen und eine neue Verfassung verabschiedet werden. Auf der Internetseite steht, man lehne das Grundgesetz als besatzungsrechtliches Instrument ab. Beworben werden unter anderem "EngelGeld", eine "Neudeutsche Rentenkasse" und eine "Neudeutsche Gesundheitskasse". Gerade bei "Neudeutschland" sind die Verbindungen zwischen "Reichsideologen" und Esoterikern auffällig, was jedoch nicht ungewöhnlich ist. Für bestimmte "Reichsideologen" ist die Esoterik der Mantel, mit dem rechtsextremistische Ziele verhüllt werden sollen. Daher werden im "Lichtzentrum" auch die Thesen der "Germanischen Neuen Medizin" des Antisemiten Ryke Geerd Hamer vermittelt. Fitzek benutzt die "Reichsbürger"-Ideologie ebenso für knallharte finanzielle Eigeninteressen. Er verkaufte beispielsweise gefälschte Kfz-Kennzeichen. Im Juli 2011 verurteilte ihn das Landgericht Dessau (Sachsen-An107 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 halt) wegen Kennzeichenmissbrauchs zu 150 Tagessätzen a zwölf Euro. Fitzek ist auch Vorstandsvorsitzender der "Neudeutsche Gesundheitskasse", der "Neudeutsche Rentenkasse", der "Kooperationskasse" sowie des "Lichtzentrums Wittenberg". Ferner ist Fitzek Erfinder des "Engelgeldes", einer Art Regionalwährung. Diese versucht er über die von Mitgliedern gesteuerten Initiativen "Regional-Vision" zu verbreiten. Ein Büro von "Regional-Vision" wurde sogar in Falkensee (HVL) in Betrieb genommen. In Neuruppin (OPR) fiel "Neudeutschland" ebenfalls auf. Umgang mit "Reichsbürgern" Verlautbarungen und Aktivitäten von "Reichsregierungen", "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" muten oftmals komisch und realitätsfern an. Bei Spinnereien bar jeder Vernunft ist man schnell geneigt, zu schmunzeln, zumal auf den ersten Blick nicht immer ein rechtsextremistischer Hintergrund offen erkennbar sein muss. Trotz allem versuchen viele dieser Akteure, einen gesellschaftlichen Resonanzboden für rechtsextremistisches Gedankengut zu schaffen und zu bedienen. "Reichsregierungen" sind teilweise tief in der rechtsextremistischen Szene verankert. Volksverhetzende Äußerungen, Holocaust-Leugnung, Werbung für rechtsextremistische Parteien sowie Aufrufe für rechtsextremistische Demonstrationen sind keine Seltenheit. Sicherlich ist nicht jeder "Reichsbürger" oder "Selbstverwalter" ohne weiteres als Rechtsextremist zu betrachten. Doch die ideologische Nähe und die ideologischen Gemeinsamkeiten zwischen "Reichsregierungen" und Rechtsextremisten liegen offen. Das erstreckt sich bis in die Szene der "Selbstverwalter". Sie alle eint das Ziel, die Bundesrepublik Deutschland als nicht legitim erscheinen zu lassen. Und nicht selten zocken sie mit gebührenpflichtigen "Ausweisen" sowie "Gutachten" naive Bürger ab. Solchen Bestrebungen müssen sowohl die Zivilgesellschaft als auch der Rechtsstaat entschlossen entgegentreten. Folgende Hinweise können als Orientierung dienen: Es ist sinnlos, mit "Reichsbürgern" zu diskutieren. Denn "Reichsbürger" verfolgen damit das Ziel, Verwirrung zu stiften, um staatliche Stellen vom rechtlich gebotenen Handeln abzulenken. Bei Vergehen von "Reichsbürgern" sollten staatliche Stellen schnell und konsequent handeln. Wenn ein "Reichsbürger" beispielsweise Manipulationen am Kfz-Kenn108 Rechtsextremismus zeichen vornimmt, sollte unverzüglich der Betrieb des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen untersagt und zusätzlich der Verdacht der Urkundenfälschung geprüft werden. Beleidigungen, Bedrohungen und weitere strafrechtlich relevante Verhaltensweisen von "Reichsbürgern" sollten unverzüglich den Strafverfolgungsbehörden angezeigt werden. Dienstlicher Schriftwechsel mit "Reichsbürgern" sollte auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränkt bleiben. Materialien von "Reichsbürgern" mit rechtsextremistischen Inhalten sollten dem Verfassungsschutz übermittelt werden. 109 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.9 "Bund für Gotterkenntnis" Der "Bund für Gotterkenntnis Ludendorff e.V." (BfG) ist eine rechtsextremistische Sekte. Die Gruppierung besitzt eine Immobilie in Kirchmöser (Brandenburg an der Havel), die als Tagungshaus genutzt wird. Bisher ging man bundesweit von etwa 240 Mitgliedern aus. Neuere, verlässliche Zahlen sind allerdings nicht bekannt. Nur wenige Anhänger sind in Brandenburg ansässig. Der regionale Schwerpunkt der Gruppierung liegt in Pähl bei Weilheim (Bayern). Dort sitzt der unternehmerische Zweig der Gruppierung. Ein zweiter Schwerpunkt ist Bad Fallingbostel, Ortsteil Dorfmark (Niedersachsen), wo der Verein seine jährlichen Ostertagungen durchführt, zuletzt vom 2. bis zum 5. April 2012 mit rund 100 Personen. Der Verein richtet sich - auch auf Grund seiner teilweise erzieherischen Ansprüche - an rechtsextremistisch eingestellte Familien, die Kontakt zu ihresgleichen suchen. Der BfG wurzelt ideologisch in der völkischen Bewegung des 19. Jahrhunderts. Die Organisation bestand schon zur Zeit des Nationalsozialismus und wurde 1951 von Mathilde Ludendorff (18771966), Ehefrau von Erich Ludendorff, wieder gegründet. Der BfG bezeichnet sich als Weltanschauungsgemeinschaft und sieht es als seine Aufgabe an, "die Erkenntnisse der Philosophin Mathilde Ludendorff zu pflegen und weltanschaulich suchenden Menschen zu übermitteln". Ähnlich wie die "Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." des verstorbenen Neonationalsozialisten Jürgen Rieger verbindet die BfG germanisch-heidnische Glaubensansätze mit ethnopluralistischen Vorstellungen. Rassismus und Antisemitismus durchziehen daher die Weltanschauung der Gruppierung und werden regelmäßig auf Seminaren und Tagungen vermittelt. Auch in Brandenburg führt der Verein Tagungen und Ferienlager in seiner Immobilie durch. Der Verein wirbt nicht öffentlich, sondern richtet sich direkt an ihm bekannte rechtsextremistisch eingestellte Familien in Bran110 Rechtsextremismus denburg. Auch die Internetseite der Gruppierung passt zu dieser Ausrichtung; sie wirkt unzeitgemäß und erweckt den Eindruck, sie sei nur für Insider gemacht. Der BfG betätigt sich auch wirtschaftlich. Der Verlag "Hohe Warte" ist der unternehmerische Zweig der Gruppierung, der die Weltanschauung über Bücher, Spruchkarten, Poster und ähnliches verbreitet. Dazu zählt die Zeitschrift "Mensch und Maß", in der Rechtsextremisten wie Claus Nordbruch publizieren. Der BfG wirkt vor allem über die Zeitschrift "Mensch und Maß" in rechtsextremistische Zirkel. Kontakte ins Ausland sind bisher - außer im publizistischen Bereich - nicht bekannt geworden. 111 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1.10 Ausblick Für die NPD war 2012 ein weiteres schweres Krisenjahr. Innerhalb der Partei hat sich ein Kreis um den ehemaligen Bundesvorsitzenden Udo Voigt formiert. Dem werden Planungen zum Sturz des jetzigen Bundesvorsitzenden Holger Apfel nachgesagt. Apfel machen viele für zahlreiche Misserfolge verantwortlich: dramatische Wahlniederlagen, Scheitern des Konzepts der "seriösen Radikalität", wachsender Geldmangel und stetig schwindende Mitgliederzahlen. Außerhalb der NPD will ihr zudem "Die Rechte" Konkurrenz machen. 2012 hat sich die Nazifizierung der NPD auch unter Apfel fortgesetzt. Das gilt insbesondere für ihre Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten". Die personell, strukturell und finanziell erheblich trudelnde NPD bemüht sich weiterhin um die Einbindung von Neonationalsozialisten. Auf deren Unterstützung ist sie vielfach angewiesen, um als Partei überhaupt handlungsfähig sein zu können. Zahlreiche gemeinsame Aktivitäten wurden 2012 in Brandenburg festgestellt. 2012 war die NPD Brandenburg bemüht, ihre bis dahin rückläufigen Aktivitäten etwas zu steigern. Für 2013 und besonders für 2014 muss mit noch höheren Aktivitäten gerechnet werden, da die Partei in den Landtag Brandenburg einziehen möchte. Hierbei wird sie mit Blick auf das Wahlalter 16 versuchen, Neuund Jungwähler gezielt anzusprechen. Mit der Strategie, ihre ehemalige Konkurrentin DVU zu übernehmen, ist die NPD gescheitert. Denn die wenigen Eintritte ehemaliger DVU-Mitglieder können die Austritte nicht ausgleichen. Sogar die kommunalen Mandatsträger der ehemaligen DVU verweigern sich in Brandenburg mehrheitlich der NPD. Vielmehr hat sich die NPD mit dem Ausschalten der DVU eine neue Konkurrenz geschaffen: An der vom Hamburger Neonationalsozialisten Christian Worch gegründeten Partei "Die Rechte" sind ehemalige DVU-Aktivisten beteiligt. Worch wird sicherlich versuchen, die Verbindungen zwischen NPD und Neonationalsozialisten aufzubrechen, da er mit Neonationalsozialisten selbst gemeinsame Sache machen will. Einen Landesverband Brandenburg hat "Die Rechte" bereits gegründet. Im Gegensatz zur NPD ist das neonationalsozialistische Personenpotenzial erneut angestiegen. Neonationalsozialistische Personenzusammenschlüsse werden Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft in den nächsten Jahren weiterhin und auf neue Art und Weise herausfordern. Sie sind aktionsorientiert und verfügen - anders als unorganisierte gewaltbereite Rechtsextremisten und Teile der NPD - über ein vollständig ausgeformtes 112 Rechtsextremismus nationalsozialistisches Weltbild, welches sich am "Dritten Reich" orientiert. Nach dem Verbot des Netzwerkes "Widerstandsbewegung in Südbrandenburg" durch den Innenminister des Landes Brandenburg im Juni 2012 bleibt abzuwarten, inwieweit der davon betroffene Personenkreis seine Aktivitäten einstellt oder in andere Strukturen verlagert. Jedenfalls sind neonationalsozialistische Aktivitäten im Süden Brandenburgs nach dem Verbot spürbar zurückgegangen. Hierbei bildet jedoch die Region Spremberg eine negative Ausnahme. Insbesondere im Süden Brandenburgs bleiben Überlagerungen und gegenseitige Durchdringungen verschiedener, teilweise gewaltaffiner Szenen unter Einbindung des Rechtsextremismus erkennbar: Kampfsport, Fußball-Hooliganismus und Rocker. Hinzu kommen Tätigkeiten von Rechtsextremisten im Sicherheitsgewerbe sowie in der Produktion und im Vertrieb rechtsextremistischer Hass-Musik. Für die rechtsextremistische Szene sind Demonstrationen ein Ventil für Frustration. Jedoch verlieren gerade Großdemonstrationen an Attraktivität. Denn zu groß ist der Druck von Zivilgesellschaft und Sicherheitsbehörden. Als Reaktion ist ein weiterer Anstieg kleinerer Aktionen wie beispielsweise "Wandermahnwachen" zu erwarten. Ferner wird zunehmend auf konspirative Vorgehensweisen zurückgegriffen. Das ist stellenweise mit Untergrundhandlungen vergleichbar und deshalb für Sicherheitsbehörden eine weitere Herausforderung. Die Zahl unorganisierter, insbesondere gewaltbereiter Rechtsextremisten war 2012 erneut leicht rückläufig. Ebenso hält der polizeiliche Verfolgungsdruck insbesondere auf diese Gruppe auf hohem Niveau an. 2012 kam es in Brandenburg trotzdem zu einem deutlichen Anstieg entsprechender Gewaltstraftaten. Die Ursachen dafür sind noch offen und müssen tiefergehend beleuchtet werden. Zukünftig ist mit einer Zunahme unkonventionell agierender Gruppierungen zu rechnen, die sich um Internetseiten herum netzwerkartig herausbilden. Dabei bleibt abzuwarten, ob Formate wie beispielsweise die "Identitären" eine Sogwirkung auf Rechtsextremisten entfalten. 113 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 114 2. Hass-Musik im Extremismus 2.1 Rechtsextremistische Hass-Musik Die Musik von Rechtsextremisten mit ihren Gewalt und Nationalsozialismus verherrlichenden Texten prägt Orientierung und Erlebniswelt ihrer meist jungen Hörer. Für die rechtsextremistische Szene hat Musik eine ideologiestiftende Funktion. Von wenigen Liedermachern und ersten Rap-Versuchen abgesehen, wird überwiegend Rock der härteren musikalischen Gangart gespielt. Im Jahr 2012 hat die rechtsextremistische Musikszene in Brandenburg ihr hohes Aktivitätslevel der Vorjahre gehalten. Die Zahl der Bands blieb mit 24 unverändert (2011: 24; 2010: 22; 2009: 23). Neun rechtsextremistische Konzerte (2011: 15; 2010: 4; 2009: 7) fanden statt. Mit insgesamt etwa 1.700 hat sich die Zahl der Konzertteilnehmer gegenüber 2011 nur unwesentlich verringert (2011: 1800; 2010: 900; 2009: 1500 - Angaben teilweise geschätzt). Zwölf Tonträgerproduktionen wurden registriert (2011: 16; 2010: 13; 2009: 15). Die Nähe zu Sachsen begünstigt die in Brandenburg vergleichsweise hohen Bandaktivitäten, denn dort finden bundesweit die meisten rechtsextremistischen Konzerte statt. Hierbei fällt insbesondere Staupitz (Sachsen) auf. Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 30 26 25 23 24 24 25 22 20 15 15 9 10 4 5 0 1993 2002 2005 2007 2008 2009 2010 2011 2012 115 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 2012 wurden von folgenden brandenburgischen Bands Aktivitäten festgestellt: 1. Aryan Brotherhood (A.B.); Potsdam 2. Autan; Oranienburg (OHV) 3. Barbaren; Eisenhüttenstadt (LOS) 4. Bloodshed (B.S.); Potsdam 5. Burn Down (B.D.); Potsdam 6. Confident of Victory (C.O.V.); Senftenberg (OSL); hinzukommen das Black Metal-Projekt Obskur sowie das Bandprojekt Against Music Industry (bestehend aus Confident of Victory und der sächsischen Band Magog) 7. Handstreich (ehemals Glaskammer und Cynic); Potsdam; hinzu kommt das Projekt Natürlich 8. Die weißen Jäger (D.W.J.); (LOS) 9. Exzess; Strausberg (MOL) 10. Frontalkraft (FK); Cottbus 11. Frontfeuer; Beeskow (LOS) 12. Himmelfahrtskommando (ohne regionale Zuordnung) 13. Hallgard; (OHV) 14. Hausmannskost; Cottbus 15. Hassgesang (H.G.); Teltow (PM); hinzu kommen die Projekte: Agnar, No Escape, Anger Within 16. Helle und die RACker (H&R); auch mit der Schreibweise Helle und die RACer sowie Helle und Freunde zu finden (Bereich Oranienburg, OHV) 17. Hope for the Weak; Senftenberg, Lauchhammer (OSL) und Dresden (Sachsen); Black Metal Projekt: Mysanity (hieß bis September 2008 Non Divine), Musiker kommen von Hope for the Weak, Confident of Victory und den sächsischen Bands Moshpit sowie Magog 18. Jungvolk; (UM) 19. Mogon; Beeskow (LOS) 116 Hass-Musik im Extremismus 20. Preussenstolz; Potsdam 21. Redrum; Potsdam; seit 2012 wieder aktiv 22. Uwocaust; Potsdam; auch bekannt unter Uwocaust & alte Freunde sowie Uwe und alte Freunde 23. Volkstroi / USK; Fürstenwalde und Beeskow (LOS) 24. Wolfskraft (WK); Beeskow (LOS) Von der im Raum Spreewald ansässigen Band "Deathfeud" wurden 2012 keine Aktivitäten festgestellt. Alle genannten Bands verbreiten - teils offen, teils versteckt - rechtsextremistische, antisemitische sowie fremdenfeindliche Propaganda, Zerrbilder des politischen Feindes und rufen zu Gewalt sowie anderen Delikten auf. Ebenso wird gegen Polizeibeamte gehetzt. Auf Konzerten gehen vom Publikum häufig strafbare Handlungen wie "Sieg Heil"und "Heil Hitler"-Rufe aus. Auch der verbotene Hitler-Gruß wird gezeigt. Konzertbesucher sind gewaltbereite Rechtsextremisten, Neonationalsozialisten, Anhänger der NPD und ihrer Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN), Personen aus der Rockerszene sowie Hooligans. Viele Bandprojekte sind lediglich kurzlebiger Natur. Nachwuchsbands können sich zeitweilig dann etablieren und ihre Popularität vergrößern, wenn sie über ungestörten Zugang zu Probeund Produktionsmöglichkeiten verfügen. Personalfluktuation und Kurzlebigkeit von Bandprojekten samt Wechsel von Bandnamen sorgen dafür, dass vermeintlich neue Kapellen die Musikbühne betreten. 2012 hat sich beispielsweise die Potsdamer Band "Cynic" in "Handstreich" umbenannt. Zwischendurch war kurzfristig der Name "Glaskammer" geführt worden. Das Wort Handstreich entstammt dem militärischen Vokabular und bezeichnet einen plötzlichen, schlagkräftigen Überfall. 117 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Rechtsextremistische Bands in Brandenburg 12 2 15 1 4 5 7 19 20 21 14 118 Hass-Musik im Extremismus mit regionaler Zuordnung 1. Aryan Brotherhood (A.B.) 2. Autan 3. Barbaren 4. Bloodshed (B.S.) 17 5. Burn Down (B.D.) 6. Confident of Victory (C.O.V.) 7. Handstreich 8. Die weißen Jäger (D.W.J.) 9. Exzess 10. Frontalkraft (FK) 11. Frontfeuer 12. Hallgard 9 13. Hausmannskost 14. Hassgesang (H.G.) 8 15. Helle und die RACker (H&R) 16. Hope for the week 17. Jungvolk 11 18 3 18. Mogon 22 23 19. Preussenstolz 20. Redrum 21. Uwocaust 10 22. Volkstroi / USK 13 23. Wolfskraft (WK) ohne regionale Zuordnung 6 16 Himmelfahrtskommando 119 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Die rechtsextremistische Szene will mit der Wahl eines Bandnamens gezielt Assoziationen hervorrufen. Sinn und Zweck der oft zynischen Anspielungen ist, Staat und Gesellschaft durch einen Tabubruch unterhalb der strafrechtlichen Grenze zu provozieren. So ist "Uwocaust" eine Wortschöpfung aus "Uwe" und "Holocaust". Uwe spielt auf den Sänger Uwe Menzel an. Der Bandname "Uwocaust" soll den Holocaust ins Lächerliche ziehen. Häufig werden von den Bands eindeutige Botschaften ausgesandt. Jedoch wird die Schwelle zur Strafbarkeit wegen Leugnung des Holocausts meist nicht überschritten. Dieser Umgang mit rechtsextremistischen Ideologiefragmenten macht diese Musik umso gefährlicher, wenn ein junges und unbedarftes Publikum damit in Kontakt kommt. Daher bezeichnen Sicherheitsbehörden solche Musik als "Einstiegsdroge" in die Szene. Konzerte in Brandenburg Die neun Konzerte des Jahres 2012 fanden mit insgesamt rund 1.700 Teilnehmern an fünf Orten statt: Lauchhammer (OSL), Frankfurt (Oder), Finowfurt (BAR), Fürstenwalde (LOS) und Zühlsdorf (OHV). Davon wurden drei Konzerte aufgelöst (2011: 0, 2010: 0; 2009: 4). In Jüterbog (TF), Bad Belzig (PM), Lauchhammer (OSL) und Leuthen (SPN) konnte die Polizei durch konsequentes Eingreifen im Vorfeld jeweils ein Konzert unterbinden (2011: 3, 2010: 2; 2009: 7). Der spürbare Rückgang der Konzertaktivitäten hat seinen Grund darin, dass die JN seit Ende 2011 keinen Zugriff mehr auf das "JuZ" in Oranienburg (OHV) haben. Alleine dort konnten 2011 noch nahezu ungehindert acht Veranstaltungen stattfinden. Bislang ist es den Organisatoren nicht gelungen, ein Ersatzobjekt zu finden. In Frankfurt (Oder) ist es Rechtsextremisten in diesem Jahr wiederholt gelungen, rechtsextremistische Veranstaltungen und Treffen durchzuführen. Die Besucherzahlen und Einnahmen reichen offenbar aus, um dieses Objekt längerfristig nutzen zu können. An diesem Beispiel zeigt sich deutlich, dass Rechtsextremisten Immobilien für entsprechende Veranstaltungen nutzen, um Einnahmen zu erzielen. Darüber hinaus geht die rechtsextremistische Szene vermehrt dazu über, größere eintrittspflichtige Feiern mit Hass-Musik vom Band zu organisieren. Das dient vielfach als Ersatz für Live-Konzerte. Die Szene hofft, so Maßnahmen der Polizei zu entgehen. Solche Feiern haben 2012 in Cottbus und Frankfurt (Oder) stattgefunden. 120 Hass-Musik im Extremismus Jahr Konzert TeilnehOrt LK Band/ Bands 2012 wurde mer verhin- 1 25.02. Jüterbog TF dert Frankfurt durch- 2 31.03. LOS 200 (Oder) geführt "Moshpit" (Sachsen/ Thüringen), "Hope for the Weak", "Second LauchdurchClass Citizen" 3 28.04. OSL 500 hammer geführt (Bayern), "Fight Tonight" (Sachsen-Anhalt), "Thrima" (MecklenburgVorpommern) durch"Helle und die 4 09.06. Zühlsdorf OHV geführt RACer" Bad verhin- 5 16.06. PM Belzig dert "Kinderzimmerterroristen" durch(Thüringen), 6 23.06. Finowfurt BAR 250 geführt "Preussenstolz", "12 Golden Years" (Thüringen) Lauchverhin- 7 23.06. OSL hammer dert u. a. "Frontfeuaufge- 8 04.08. Finowfurt BAR er" und "Hauslöst mannskost" Frankfurt durch- 9 Sept. LOS ca. 100 (Oder) geführt 121 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Jahr Konzert TeilnehOrt LK Band/ Bands 2012 wurde mer u. a. geplanter aufge10 06.10. Finowfurt BAR Auftritt von 600 löst "Frontfeuer" Frankfurt durch11 27.10. LOS (Oder) geführt Fürstenaufge12 03.11. LOS 50 walde löst verhin13 03.11. Leuthen SPN dert Regionale Verteilung rechtsextremistischer Konzerte 6 8 9 10 4 2 9 12 11 5 1 13 3 7 122 Hass-Musik im Extremismus Rechtsextremistische CD-Produktionen und Label CD-Produktion und Vertrieb erfolgen meist über rechtsextremistische Musiklabel. Sie stellen Aufnahmetechnik zur Verfügung und vertreiben fertige Tonträger über das Internet und Ladengeschäfte. Wie in den letzten Jahren sind auch 2012 die Labels "PC Records" in Chemnitz (Sachsen) und "Rebel Records" in Cottbus für die brandenburgische Szene am aktivsten gewesen. Ein weiterer bekannter Vertrieb ist "One People One Struggle Records" (OPOS Records) in Dresden (Sachsen), geleitet von einem Brandenburger. Insgesamt veröffentlichten brandenburgische Hass-Musiker 2012 zwölf neue Tonträger. Das sind vier weniger als im Vorjahr: TonträBand/Bands Titel Hersteller gerart "Cynic", "Preussenstolz", CD-SampPC Records 1 "Uwocaust & ler "Die Söhne CD (Chemnitz, alte FreunPotsdams 4" Sachsen) de", "Redrum" Rebel Records 2 "Frontfeuer" "Unser Land" CD (Cottbus) Wewelsburg Re"Die wei"Wir wollen die cords (Biele- 3 CD ßen Jäger" Welt verändern" feld, NordrheinWestfalen) "Dem Alten OPOS-Records 4 "Hallgard" CD verbunden" (Dresden, Sachsen) PC Records "Wettlauf ge- 5 "Handstreich" CD (Chemnitz, gen die Zeit" Sachsen) 6 "Handstreich" Promo 2012 CD u. a. mit "Frontalkraft", ExCD-SampPC Records zess, "Uwocaust 7 ler "SolidariCD (Chemnitz, & alte Freunde", tät Vol. 4" Sachsen) "Preussenstolz", "Handstreich" 123 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 TonträBand/Bands Titel Hersteller gerart PC Records "Uwocaust & 8 "Blutgruppe" CD (Chemnitz, alte Freunde" Sachsen) Gjallarhorn Klagunter andeCD-Sampler schmiede (Lud- 9 rem "Helle und "Jamel scheißt CD wigshafen, RheinFreunde" auf den Förster" land-Pfalz) unter anderem "Agnar", "H.G." Junge National"Hope for the JN Schulhof-CD demokraten / 10 Weak", "Con2013 "Die ZuCD Frontdienst Riefident of Victokunft im Blick" sa (Sachsen) ry", "Uwe und alte Freunde" OPOS-Re"Confident "A Neveren11 CD cords (Dresof Victory" ding Fight" den, Sachsen) "Eines Tages EP Rebel Re12 "Preussenstolz" werdet ihr an(Vinyl) cords Cottbus geklagt" Hinweis: Parallele Veröffentlichungen von Alben als mp3-Download oder auf Vinyl werden nicht gesondert gezählt. Beispiele rechtsextremistischer Liedertexte und Vertrieb Bei der JN Schulhof-CD wurden im Booklet sowie auf dem Cover die Interpretennamen teilweise verändert. Statt "Hassgesang" steht dort lediglich "H.G.". Und statt "Uwocaust & alte Freunde" findet sich "Uwe und alte Freunde". Offenbar verfolgen die JN die Strategie, potenzielle Hörer nicht zu verschrecken. Die Band "Hope for the Weak" steuerte das Lied "Aufruf zur Revolte" bei: 124 Hass-Musik im Extremismus "(...) Spürst Du das Verlangen was in Dir erwacht / Mit Tränen stehst Du an Deiner Ahnen Grab / Verletzte Gedanken an vergangene Zeit / Schmerz macht sich in deiner Seele breit / In den Trümmern steh ich hier / Der Mut nie abgerissen (...) Durch unsere Fackeln soll die Zukunft im hellen Glanz erscheinen / Dies ist der Aufruf zur Revolte / Und der Ruf wird zum Fanal / Nun rauben wir Euch Eure Beute / Zum Sturz des Kapitals / Steh auf!" Verklausulierten Antisemitismus demonstriert die brandenburgische HassBand "Hallgard" auf ihrer CD "Dem Alten verbunden". Im Song "Die Wahrheit muss ans Licht" heißt es: "In unserem Land gibt's was zu sehen, ein Buch, in dem tausende Namen stehen. / Die Botschaft klar und leuchtet ein, die Deutschen sollen wie immer die Bösen sein. / Doch wie kann das sein. Ich frag es einmal mehr, / die wohnen doch heute alle da am Mittelmeer. / Die Wahrheit muss ans Licht. Jetzt / Macht euch frei, von der Gutmenschentyrannei. / Macht euch frei, von der Zahlerei, / auf dass das deutsche Volks wieder gedeih. / Armeen aufbauen, die Welt besetzen, gegen alle anderen Völker hetzen, / unterstützt von unseren Schuldmoneten dürfen sie bald im Land an unseren Schulen beten. / Doch die Geduld, sie hat ein Ende. / Wir können es nicht verstehen, warum wir die Massen nicht auf den Straßen sehen. (...)" Ohne das Wort "Jude" zu erwähnen, bündeln "Hallgard" hier ihre rechtsextremistischen Reflexe auf die Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Band suggeriert, die "Wahrheit" werde unterdrückt und "muss ans Licht". Da "die" - gemeint sind Juden - "heute alle da am Mittelmeer" wohnten, hätte es den Holocaust nicht gegeben. Er sei eine jüdische Erfindung, um den Deutschen einen Schuldkomplex einzureden ("die Deutschen sollen wie immer die Bösen sein"), von dem sie sich mit Wiedergutmachungszahlungen ("Schuldmoneten") freikaufen müssten. Mit "Gutmenschentyrannei" ist "Judentyrannei" und damit auch die freiheitliche demokratische Grundordnung gemeint. Mit "Armeen aufbauen, die Welt besetzen und gegen andere Völker hetzen" zielen Rechtsextremisten auf den Staat Israel ab. Die Szene übersetzt den "Hallgard"-Text also folgendermaßen: 125 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "In unserem Land gibt's was zu sehen, das 'Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933 -1945)', in dem tausende Namen stehen. / Die Botschaft klar und leuchtet ein, die Deutschen sollen wie immer die Bösen sein. / Doch wie kann das sein. Ich frag es einmal mehr, / die Juden wohnen doch heute alle da am Mittelmeer. / Die Wahrheit muss ans Licht. Jetzt / Macht euch frei, von der Judentyrannei. / Macht euch frei, von der Zahlerei an Israel, / auf dass das deutsche Volks wieder gedeih. / Jüdische Armeen aufbauen, die Welt besetzen, gegen alle anderen Völker hetzen, / unterstützt von unseren Schuldmoneten dürfen Juden bald im Land an unseren Schulen beten. / Doch die Geduld, sie hat ein Ende. (...)" Das Lied ist ein Beispiel dafür, mit welchen Rechtfertigungsmechanismen Rechtsextremisten versuchen, sich von den Verbrechen ihrer politischen Vorbilder reinzuwaschen: Leugnung und Schuldumkehr. Im "Hallgard"Song "Revolution" heißt es dazu passend: "Es geht wieder los - alle raus auf die Straßen für ein besseres Land. / Bewegt eure müden Ärsche. / Gegen dieses System, es wird jetzt untergehen. (...) / Revolution für ein besseres Land, weißer Bruder, reich mir deine Hand. / Wir pfeifen auf eure Wahrheit, (...) / Revolution für ein freies deutsches Land, reich mir deine Hand. / Revolution - wir stehen wieder im Glanze, im Kampfe gegen das System. / Es ist unser deutsches Land, was durch große Werte entstand. / Und nicht die BRD GmbH, das ist sonnenklar. / Den Hass im Gesicht, die Lügen in den Ohren, / die Musik zur Revolution ist hiermit neu geboren." Neben eigenen Tonträgerproduktionen fanden Bands wie "Handstreich" (vormals "Cynic") und "Hassgesang" offenbar Zeit, die Band "Disszensiert" (vormals "Die Dissidenten") aus Baden-Württemberg bei deren Debütalbum "Protestnoten" mit Gastauftritten zu unterstützen. Insgesamt wächst die Bedeutung des Internets zur Vermarktung von Musik immer rasanter. Das gilt auch für die rechtsextremistische Hass-Musikszene. Im Internet finden sich zahlreiche Möglichkeiten auch außerhalb einschlägiger Seiten, über Konzerte zu berichten, Bands und ihre Aktivitäten vorzustellen, kostenlose Downloads zu verlinken sowie CDs, LPs, EPs und Merchandising-Produkte zu bewerben. Verkauft wird schließlich über das Internet, Ladengeschäfte und bei Konzerten. 126 Hass-Musik im Extremismus Ermittlungsverfahren Die Auftritte der Bands "Hausmannskost" und "Frontfeuer" am 4. August 2012 in Finowfurt (BAR) brachten den Mitgliedern der Band nicht nur Applaus vom Publikum, sondern jeweils Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung ein. Darüber hinaus beendete die Polizei die Veranstaltung vorzeitig. Im August 2012 wurden die Geschäftsräume des "Nationalen Medienvertriebs" (NMV) in Eberswalde (BAR) durchsucht. Ebenfalls im August 2012 und im November 2012 erfolgten Durchsuchungen der Wohnund Geschäftsräume des Betreibers des Vertriebes "OPOSRecords" in den Ländern Brandenburg und Sachsen. Anlass für die polizeilichen Durchsuchungen waren rechtsextremistische und volksverhetzende Tonträger, die im Sortiment geführt wurden. Auftritte brandenburgischer Bands außerhalb Brandenburgs Rechtsextremistische Bands aus Brandenburg traten sowohl bundesweit als auch im Ausland wie in Italien, Frankreich und Ungarn auf. Ebenso waren brandenburgische Rechtsextremisten in die Organisation auswärtiger Konzerte, vorrangig in Sachsen, eingebunden. In einigen Fällen wie in Staupitz (Sachsen) betätigten sich Brandenburger sogar als Veranstalter. Ort (BundesBands aus TeilnehDatum land oder Staat) Brandenburg mer Jan. 2012 Geheege (Sachsen) "Frontfeuer" ca. 50 28.01.2012 Staupitz (Sachsen) "Hausmannskost" vermutlich Frankreich "Confident of Victory" 200 11.02.2012 10.03.2012 Crawinkel (Thüringen) "Frontfeuer" 100 "Burn Down", 21.04.2012 Sachsen "Frontfeuer", "Hel150 le und die RACker" 127 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Ort (BundesBands aus TeilnehDatum land oder Staat) Brandenburg mer Leinefelde (Thü05.05.2012 "Preussenstolz" ringen) 26.05.2012 Györ (Ungarn) "Frontfeuer" 07.07.2012 Torgau (Sachsen) "Exzess" 150 07.07.2012 Gera (Thüringen) "Exzess" 700 14.07.2012 Verona (Italien) "Confident of Victory" Viereck (MecklenLiedermacher 1000 - 11.07.2012 burg-Vorpommern) Jörg Hähnel 1500 29.09.2012 Riesa (Sachsen) "Exzess" 650 Ausblick Rechtsextremistische Musik wird weiterhin als starkes Bindemittel für die gesamte Szene wirken. Sie dient der Szene als Transmissionsriemen für rechtsextremistische Inhalte, um auf junge Menschen Einfluss zu gewinnen und diese an die Szene heranzuführen. Der Trend zur Produktion rechtsextremistischer Musik samt Tonträger wird anhalten. Etablierte Bands lassen ihre Tonträger nach wie vor bei bekannten und ihnen vertrauten Labels produzieren sowie vermarkten. Neulinge und Bands mit geändertem Namen nutzen zur Veröffentlichung weiterhin das Internet und verbreiten selbstproduzierte Tonträger in kleinen Stückzahlen eigenverantwortlich. Numerisch verfügt Brandenburg über die zweitmeisten HassBands in Deutschland. Im Verhältnis zur Bevölkerung sind es die meisten. Konzerte sind wichtige Bestandteile der rechtsextremistischen Erlebniswelt und haben daher einen zentralen Eventcharakter. Daher wird der hohe und erfolgreiche Druck der brandenburgischen Sicherheitsbehörden konsequent aufrecht gehalten. Rechtsextremistische Bands wissen das. Sie weichen daher auf andere (Bundes-)Länder, insbesondere auf Sachsen aus. Alternativ treten Partys an die Stelle der Konzerte. Parallel werden weiterhin abgeschiedene Privatobjekte für kleinere Konzerte gesucht. Zurzeit beschränken sich Möglichkeiten vornehmlich auf das Grundstück des Rechtsextremisten Klaus Mann in Finowfurt (BAR) und ein Objekt in Frankfurt (Oder). 128 Hass-Musik im Extremismus 2.2 Musik mit linksextremistischen Bezügen Vielfach hat sich eine Musikszene etabliert, die in ihren Texten Gewalt gegen den politischen Gegner oder den Staat und seine Vertreter glorifiziert. Solche Gewaltverherrlichung lässt sich nicht unter den Schutzschirm der Kunstund Meinungsfreiheit stellen. Denn ganz offen wird damit eine bewusste sowie gewaltorientierte Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ausdruck gebracht. Mit Konzerten tragen entsprechende Bands zur Szene-Finanzierung bei und locken neue Anhänger an. Hassmusik mit Bezügen zum Linksextremismus teilt inhaltliche Gemeinsamkeiten mit den Themenfeldern des autonomen Linksextremismus (siehe Kapitel 3.1). Stilistisch dominieren Punk und Hardcore. Jedoch gewinnen Hip Hop und Elektro zunehmend an Bedeutung. Ska, Oi, Reggae und Kampflieder im klassischen Stil der Arbeiterbewegung gehören ebenfalls zum Repertoire. Informationsdefizite und Abgrenzungsschwierigkeiten führten in den letzten Jahren dazu, dass Hassmusiker mit Bezügen zum Linksextremismus bei einigen Konzerten in Jugendclubs und auf Festivals Auftrittsmöglichkeiten hatten. Die breite öffentliche Diskussion über Musik, die zu Gewalt gegen Polizisten aufstachelt, schärfte das Bewusstsein vieler Veranstalter. 2012 konnten in Brandenburg bei öffentlich geförderten Festivals keine entsprechenden Musiker mehr auftreten. Das ist als Erfolg zu werten. Insgesamt ist die Zahl von Auftritten entsprechender Bands in Brandenburg ebenfalls rückläufig. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx "Wasserwerfer, Tränengas tagtäglich hier in diesem Land / Mein Freund und Helfer wird zum Feind, das hab ich längst erkannt. / Es geht um meine Sicherheit, die tun nur ihre Pflicht. / Doch ich bin mir sicher, sicher bin ich nicht. / (Refrain) Hass, Hass, Hass wie noch nie. / All cops are bastards, ACAB / Hass, Hass, Hass wie noch nie. / All cops are bastards, ACAB / ACAB, ACAB." 129 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Derzeit sind in Brandenburg etwa fünf Bands bekannt, die als linksextremistisch beeinflusst bewertet werden. Davon waren 2012 aber nur wenige wirklich aktiv. Die Band "Klartext" aus Eberwalde (BAR) hat Ende 2012 den neuen Tonträger "Klartext Punkrock - Der Staat ist tot" veröffentlicht. Der darauf befindliche Titel "Grüne Schatten" dreht sich um die Polizei: "Sie rennen durch die Straßen, sie tragen alle grün. / Sie schlagen mit dem Knüppel gern, ich habe schon Leid gesehen. / Brutale Polizisten beschützen diesen Staat. / Steine fliegen durch die Luft, Schwerkraft hat versagt. / Brennende Straßen eine leuchtendes Rot, / der Kampf gegen den Abschaum / Bullenaufgebot" In dem Lied "Zeichen der Gewalt" heißt es laut Booklet der Original-CD: "Ich bin der Typ der Nazis haut, ich hau sie einfach weg. Ich habe keine Angst vor ihnen, ich hab auch kein Respekt. Ich schlage sie einfach nieder, wenn ich denke es muss sein, setzt auch ihr ein Zeichen der Gewalt (Refrain) Schlagt sie einfach nieder macht sie einfach kalt, lasst sie einfach liegen, nur ein Zeichen der Gewalt." Bereits auf ihrem ersten Album "Kalte Stadt" (2006) heißt es im Song "Mann in grün" unter anderem: "Der böse Mann in grün ist schrecklich böse und gemein / Wie alle hier in diesem Land im Dienst der Polizei." "Klartext" vertreiben ihre Tonträger über das Label "Elb-Power-Records" in Torgau (Sachsen). Es hat sich vor allem auf Punkmusik spezialisiert. Neben einem weitgehend unbedenklichen Angebot finden sich bei "ElbPower-Records" auch indizierte Tonträger. So beispielsweise eine CD der Band "DieVisitor" aus Brandenburg an der Havel. Im Oktober 2010 hatte die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" deren CD "Anti" indiziert. Ein Grund war der Song "Copkiller". Mit ihm demonstrierte die Band eine deutlich extremistische Gewaltneigung. Bei der jetzt angebotenen Version handelt es sich um eine veränderte Version von "Anti", die 130 Hass-Musik im Extremismus mit der Indizierungseinschränkung laut "Elb-Power-Records" auch nur an Personen über 18 Jahren abgegeben werden soll. Des Weiteren im Angebot ist die einzige CD der inzwischen aufgelösten Band "BTM" aus Strausberg (MOL). Hier ist es dem Label anscheinend entgangen, dass der Song "A.C.A.B." ("All Cops are bastards") ebenfalls auf Betreiben des Landeskriminalamtes Brandenburg von der "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien" indiziert wurde. Auch die CD "Bad Nasty" der hessischen Band "Pestpocken" kann über "Elb-Power-Records" bezogen werden. "Pestpocken" wurden im Verfassungsschutzbericht 2010 erwähnt, da sie auf dem "Ultrash-Festival" in Potsdam aufgetreten sind. Auf der CD "Bad Nasty" verherrlichen "Pestpocken" in dem Lied "Selbstjustiz" brutale Gewalt: "Wer keinen Mut zu kämpfen hat ist in der falschen Szene, / denn wir haben Blut geleckt und zeigen dem Staat die Zähne. / Selbstjustiz, Selbstjustiz - Streift die Opferrolle ab, / damit aus Tätern Opfer werden wie einst in Stalingrad. / Rottet euch zusammen und tretet ihnen die Fressen breit, / verjagt die braunen Schatten der Vergangenheit. / Selbstjustiz, Selbstjustiz - Schlagt zu und genießt, / wie das Blut der Faschoschweine in den Rindstein fließt. / Selbstjustiz" Ebenfalls im Handel ist die CD "Punx verstehen keinen Spaß" von "Gleichlaufschwankung" aus Sachsen-Anhalt. Die CD enthält den Titel: "Knüppel raus" mit folgendem Text: "Egal wo du bist, du bist nicht allein / Hinter dir und vor dir steht so ein Schwein / Knüppel raus, Knüppel raus / Schlag doch zu / Egal wo du bist, du bist nicht allein / Hinter dir und vor dir steht so ein Schwein, Bullenschwein" "Gleichlaufschwankung" spielten wie schon im vergangenen Jahr auf dem "Spirit from the Street" Festival vom 30. August bis 2. September 2012 in Niedergörsdorf (TF). 131 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 132 3. Linksextremismus - nicht nur die Ideologie altert Mitgliederzahlen linksextremistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2011 2012 Autonome* 250 225 Anarchisten Einzelpersonen (EP) DKP 100 90 MLPD 15 EP Rote Hilfe 170 175 sonstige linksextremistische Organisationen 95 85 gesamt** 630 575 Mehrfachmitgliedschaften 60 45 tatsächliches Personenpotenzial 570 530 * Die Zahl der Angehörigen autonomer Gruppen wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungen aus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffällig geworden sind; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäter, die im betrachteten Jahr straffällig geworden sind; c) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenen Jahren straffällig geworden und bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewaltbereitschaft gegeben sind; d) extremistisch orientierte Personen, denen keine einschlägigen Gewalttaten nachzuweisen sind, die aber aufgrund konkreter Einzelerkenntnisse (mutmaßliche Beteiligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen usw.) als gewaltbereit gelten müssen. ** Mitglieder linksextremistisch beeinflusster Organisationen sind nicht mitgezählt. 133 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3.1 Autonome im Wandel der Zeit Das Personenpotenzial der gewaltbereiten linksextremistischen autonomen Szene ist 2012 in Brandenburg weiter zurückgegangen. Es liegt derzeit bei 225, 2011 waren es noch 250 Personen (Deutschland 2011: 6.400). Autonome Szenen existieren in Brandenburg vor allem in Potsdam und Cottbus, aber auch in Finsterwalde (EE) und Neuruppin (OPR). Schwächer ausgeprägte Szenen gibt es in Frankfurt (Oder), Königs Wusterhausen (LDS), Oranienburg (OHV), Strausberg (MOL), Eberswalde/Bernau (BAR), Spremberg (SPN) und in Forst (SPN). Sowohl die Zahl der Szenen als auch die ihrer Mitglieder ist im Schwinden begriffen. Parallel zum schwindenden Personenpotenzial sind Aktionen und Straftaten rückläufig. Autonome Gruppen Neuruppin Oranienburg Eberswalde/Bernau Strausberg Potsdam Frankfurt (Oder) Königs Wusterhausen Forst Cottbus Finsterwalde Spremberg Grundlagen autonomen Denkens Autonome lehnen den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat ab und bezeichnen ihn abfällig als "System". Die gleichberechtigte gesellschaft134 Linksextremismus Gewaltbereite Linksextremisten in Brandenburg 500 450 400 400 350 350 350 340 340 350 360 350 330 300 310 300 300 320 300 300 300 250 225 200 100 0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 liche Teilhabe des mündigen Bürgers und der Kompromiss als Ausgleich zwischen verschiedenen Interessengruppen einer Gesellschaft, wie vom Grundgesetz vorgesehen, kommen in der autonomen Weltanschauung nicht vor. Sie empfinden diesen Prozess sogar als Zwang. Autonome lehnen im Gegensatz zu orthodoxen linksextremistischen Strömungen jede staatliche Gewalt ab. Ihr Ziel ist eine gesetzlose (Un-)Ordnung. Sie betrachten die Demokratie lediglich als Gegensatz zwischen Herrschenden (Kapital, Staat) und Beherrschten (unterdrückte Arbeiterklasse, Revolutionäre, Autonome). Zur Aufrechterhaltung der Herrschaft müsse das "System" progressive, herrschaftsfreie, anarchistische und autonome Strukturen permanent unterdrücken. Das wird von Autonomen dann als "staatliche Repression" bezeichnet. "Faschismus" gilt schließlich als Werkzeug dieser staatlichen Repression. Und ein "System", welches mit faschistischen Methoden seine Herrschaft sichert, ist selbst faschistisch. Der Kampf gegen dieses "System" ist zentraler Bestandteil autonomen Selbstverständnisses und dient als Legitimierung für Gewalt. So werden beispielsweise Polizisten von Autonomen zur bösen Fratze des Staates stilisiert. Wenn Polizisten aufgrund linksextremistischer Ausschreitungen Schutzkleidung anlegen, sehen Autonome nur noch entpersonalisierte "Robocops", Vertreter des verhassten "Systems". Der Mensch verschwindet völlig hinter diesem Feindbild, was Gewaltenthemmung fördert. Autonome empfinden schon die Anwesenheit von Polizisten als Provokation und Form der "Repression". Sie kennen nur eine einzige 135 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Deeskalationsstrategie: die Abwesenheit der Polizei, um den Autonomen das Feld zu überlassen. Ob eine Demonstration oder Aktion friedlich verläuft oder nicht, ergibt sich meist aus taktischen Erwägungen der autonomen Szene. Die linksextremistische Publikation "Interim" formulierte das in der "ACAB" ist ein Synonym für "All cops are bastards" und wird in der autonoAusgabe Nr. 737 vom März 2012 unter men Szene verwendet, um Polizisten der Überschrift "Flüchten oder Widerstand zu verunglimpfen. leisten" so: "Legt als Kleingruppe oder Mob klare Entscheidungsstrukturen für mögliche Situationen fest. Wenn ihr auf eine Bullenkette trefft, dürfen nicht einige rufen: 'schnell weg!', während andere schon die Steine ausgraben. Greift nicht an, wenn ihr kein Material dafür habt. Stehen 20 Leute vor einem Lokal und eine Flasche fliegt auf ein passierendes Bullenauto müsst ihr Steine zur Hand haben falls die Schweine aussteigen. Provoziert nicht, wo ihr die Reaktion nicht aushaltet!". Um sich angeblicher System-Repression zu entziehen, streben Autonome nach einer Art Szene-Privatsphäre in "Freiräumen". Dabei handelt es sich um (besetzte) Häuser, Grundstücke, Wagenburgen, Jugendeinrichtungen und ähnliches, in denen man nach eigenen Regeln zu leben versucht. Die Immobilien für solche "Freiräume" werden in der Regel nicht legal erworben. Dazu fehlen meistens sowohl die finanziellen Voraussetzungen als auch der Wille. In der autonomen Szene ist die Ansicht verbreitet, dass niemand ein Recht auf den Erwerb von Land hat. "Interim" schreibt dazu in der Ausgabe 743 vom Oktober 2012: "Land ist keine Ware, da es nicht durch Arbeit erzeugt wird. Land ist da und es steht denen zu, die es (gegebenenfalls gemeinschaftlich) nutzen wollen." Konflikte mit Eigentümern von Grundstücken und Häusern sowie Städten und Gemeinden sind bei dieser Haltung vorprogrammiert. Da die Polizei Rechtstitel gegen Besetzer solcher "Freiräume" vollstrecken muss, bestätigt sich bei Autonomen dann wieder das Bild der "staatlichen Repression". Dass ihre Positionen kaum anschlussund schon gar nicht mehrheitsfähig sind, ist den meisten Autonomen durchaus bewusst. Daher versuchen sie, 136 Linksextremismus Themen wie den Kampf gegen Rechtsextremismus oder gegen steigende Mieten zu besetzen. Sie hoffen, so taktische Bündnisse mit demokratischen Gruppierungen eingehen zu können, um diese zu beeinflussen und im autonomen Sinne zu dominieren. Insbesondere das Aktionsfeld "Antifaschismus" bietet für autonome Gruppierungen reichlich Gelegenheit, durch demokratische Mimikry (Nachahmung, Tarnung) in zivilgesellschaftliches Engagement einzudringen. Häufig treten autonome Gruppen in von bürgerlichen Kräften getragenen Bündnissen nicht offen als Linksextremisten auf. Stattdessen kommen sie als antifaschistische Jugendgruppe daher. Deshalb ist Augenmaß erforderlich, um abgetarnte Autonome von engagierten Demokraten zu unterscheiden. Bei Bündnisdemonstrationen bietet die Masse häufig genug Schutz, um bei Bedarf in deren Fahrwasser gewalttätige Aktionen begehen zu können. Friedliche Demonstranten werden dabei tatsächlich oder indirekt als Schutzschilde missbraucht. Das geschah bei den friedlichen Demonstrationen gegen Rechtsextremisten am 15. Februar 2012 in Cottbus und am 23. April 2012 in Frankfurt (Oder), wo versucht wurde, gewaltsam gegen die Polizei vorzugehen. Mit Aktivitäten gegen gemeinsame Feindbilder lassen sich viele Mitglieder und Sympathisanten autonomer Gruppen mobilisieren. Solche Aktivitäten gab es in Potsdam beispielsweise anlässlich der "Sommertour der NPD" am 10. August 2012. Hierbei ereigneten sich Straftaten, als Autonome aus dem Schutz der Menge Gegenstände warfen. Am 15. September 2012 demonstrierte die NPD erneut in Potsdam. Bereits acht Tage zuvor riefen unbekannte Täter mit einem Video im Internet unter www.theyshallnotpass.net zu Gewalt gegen NPD-Demonstranten auf. Im Video errichten sieben vermummte Personen eine Barrikade aus Mülltonnen und entzünden Pyrotechnik. Die Mülltonnen tragen die Aufschriften: "15.09. / Potsdam / Nazis Boxen" und "15.09./Potsdam/ They Shall not pass". Rechtlich wurde es durch die Staatsanwaltschaft als öffentliche Aufforderung zu Straftaten eingestuft. Als Hardliner unter den Flyer zur Vorabenddemonstration in Potsdam 137 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Potsdamer Autonomen trat der "Arbeitskreis Antifa Potsdam" mit seinem Aufruf "They Shall Not Pass - Sie werden nicht durchkommen!" über die Internetplattform "inforiot" am 7. September 2012 in Erscheinung. Hier wurde der zivilgesellschaftliche Protest im Vorhinein diffamiert: "Aus diesen Gründen bleibt bürgerlich-demokratischer Protest gegen Neonazis hoffnungslos, solange nicht die tatsächliche kapitalistische Ideologie, sondern nur ihre zugespitzte Form kritisiert wird. Antifaschistische Kritik bedeutet, dass der deutsche Staat als das erkannt wird was er ist: Gewaltherrschaft. Und die Faschist_innen sind seine Kinder." Im Vorfeld der für den 15. September 2012 angemeldeten NPD-Demonstration brachten Unbekannte im Bereich der Zeppelinstraße gefälschte Schreiben in Umlauf. Unter Verwendung des Stadtwappens und der Postanschrift der Stadtverwaltung wurde der Anschein erweckt, am 15. September sei in Potsdam Sperrmülltag. Daher sei vorhandener Sperrmüll am Tag zuvor herauszustellen. Ankündigungen Autonomer, Ehrungen und Veranstaltungen im Jahr des 300. Geburtstages von Friedrich II. zu stören, wurden nur zaghaft und ansatzweise umgesetzt. Das lässt auf einen weiteren Schwund der Szene schließen. Dieser Prozess ist auch außerhalb Potsdams feststellbar. Um wahrgenommen zu werden, bleiben teilweise nur noch Aktivitäten im Rahmen von Bündnissen sowie nächtlich verübte Schmierereien und Plakatierungen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die autonome Szene von einer Sinnkrise erfasst ist. Ihre Vorstellungen und Leitideen sind in Brandenburg kaum anschlussfähig, was daran ablesbar ist, dass sie kaum noch Anhänger findet, die ihre ideologische Grundausrichtung fraglos teilen. Denn die weit überwiegende Mehrheit junger Menschen steht vielen Dingen zwar kritisch gegenüber. Aber sie befürworten die freiheitliche demokratische Grundordnung, lehnen eine anarchistische Fantasie-Gesellschaft ebenso ab wie politisch motivierte Straftaten und sehen im Polizisten nicht das entmenschlichte "Schwein". Wenn Autonome also noch Anhänger rekrutieren wollen, müssen sie ihre extremistische Ablehnung der Demokratie aus taktischen Gründen zunehmend verschleiern und nach außen Offenheit vortäuschen. Doch diese Offenheit gibt es nicht, denn die Szene schottet gleichzeitig ihre "Freiräume" und weitere Binnenaktivitäten 138 Linksextremismus vollständig ab. Autonome erzeugen damit ein auf Täuschung errichtetes Spannungsfeld, welches kritische und engagierte junge Menschen ganz schnell durchschauen. 139 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3.2 "Rote Hilfe" taucht ab Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist ein bundesweit organisierter Personenzusammenschluss. Der heutige Verein besteht seit 1986. Der Vereinsname wurde bewusst gewählt und knüpft an die Tradition einer 1921 begründeten KPD-nahen internationalen Hilfsorganisation an, wobei die damalige "Rote Hilfe Deutschland" 1924 gegründet wurde. Heute rekrutiert die RH ihre Mitglieder überwiegend aus der autonomen Szene. Bundesweit kam der Verein 2011 auf etwa 5.600 Mitglieder, die in 47 Ortsgruppen organisiert waren. Der alljährlich von der RH begangene "Tag des politischen Gefangenen" am 18. März 2012 hat seinen Ursprung in den 1920er Jahren. "Rote Hilfe e.V." (RH) Gründungsjahr: 1975 Sitz: Göttingen in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: 175 für Brandenburg relevante überregionale Publikationen: "Die Rote Hilfe" Internetadressen: www.rote-hilfe.de Bei der RH handelt es sich um eine der wenigen Konsensorganisationen des linksextremistischen Spektrums. Selbst Autonome, die normalerweise organisierten Strukturen skeptisch gegenüberstehen, sind hier bereit, einen monatlichen Solidaritätsbeitrag zu leisten. Verfahren gegen die terroristische "Rote Armee Fraktion" (RAF) bezeichnet die RH nach wie vor als "Repression". Immerhin ist die RAF für 34 Morde, zahlreiche Entführungen, Sprengstoffanschläge und Banküberfälle verantwortlich. Ein wichtiger Eckpfeiler der Antirepressions-Aktivitäten ist die Unterstützung vermeintlich "politischer Gefangener". Unter bestimmten Voraussetzungen bietet die RH auch Angeklagten in laufenden Verfahren und nichtinhaftierten Verurteilten vor allem rechtlichen Beistand und stellt damit eine wichtige Infrastruktur innerhalb der Szene. Daneben unterstützt die RH Demonstrationen, organisiert Informationsund Diskussionsveranstaltun140 Linksextremismus Ortsgruppen (OG) der Roten Hilfe OG Neuruppin OG Strausberg OG Potsdam OG Königs Wusterhausen OG Cottbus gen zu den Themen "Rechtshilfe" sowie "staatliche Repression" und gibt Schriften heraus. Darin werden Adressen von Inhaftierten veröffentlicht, die es materiell und politisch zu unterstützen gilt. Mit Mitgliedsbeiträgen, Spenden und dem Verkauf der Publikation "Die Rote Hilfe" werden die Aktivitäten finanziert. Örtlich sind aber meist nur wenige RH-Mitglieder für die Organisation aktiv. Die lokale Arbeit wird von wenigen Personen erledigt, die sich im kleinen Kreis meist monatlich treffen. In Brandenburg verfügte die RH 2012 über rund 175 Mitglieder (2011: 170) und fünf "Ortsgruppen": Cottbus, Königs Wusterhausen (LDS), Neuruppin (OPR), Potsdam und Strausberg (MOL). Die Ortsgruppe Cottbus war seit dem Frühjahr 2011 inaktiv, hat sich aber im Frühjahr 2012 neu gegründet. Ihr erklärtes Ziel ist das Engagement gegen angeblich "massive Polizeigewalt und die steigende Repression". So behauptet die RH Cottbus in einem Beitrag, den sie am 28. Oktober 2012 auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat, "Polizei und Neonazis" arbeiteten 141 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "Hand in Hand". Diese Verschwörungstheorie beruht auf der im Linksextremismus weit verbreiteten Auffassung, der demokratische Rechtsstaat sei faschistisch und würde daher mit Rechtsextremisten sympathisieren (siehe Kapitel 3.1). So schreibt die RH weiter: "Der Staatsschutz ... kann auch als polizeiliche Hand des Verfassungsschutzes verstanden werden. Das gemeinschaftliche Ziel der einzelnen Sonderkommissionen ist - mittlerweile - die Kriminalisierung linkspolitischen und gesellschaftskritischen Engagements und kann als steter Angriff und Überwachung auf emanzipatorische Strukturen verstanden werden. (...) Es wird kein Unterschied zwischen der menschenverachtenden Ideologie von Neonazis und anderen gesellschaftsverändernden politischen Ansätzen gemacht. (...) Feind_innen der Demokratie stehen vorrangig am linken und nicht am rechten Rand, so lautet die zentrale Maxime. (...) So werden Ermittlungen gegen Nazis zurück geschraubt und linke Aktivst_innen rücken vermehrt in den Fokus der Exekutivorgane. (...) Dieser Prozess der Kriminalisierung emanzipatorischen Engagements ist politisch gewollt und eine seit mehreren Jahren zusehends etablierende Strategie. (...) So konnte eine neue Kommunikationsstruktur zwischen Polizei und Neonazis entwickelt werden, um ihrem gemeinsamen Ziel - der Schwächung emanzipatorischer Strukturen - näher zu kommen. Dieses gemeinschaftliche Handeln von staatlichen Organen und Neonazis muss offen gelegt und skandalisiert werden". Diesem Tunnelblick der Roten Hilfe folgend, sind polizeiliche Ermittlungen gegen Linksextremisten, denen Übergriffe auf Rechtsextremisten zur Last gelegt werden, "eindeutig politisch motivierte Ermittlungsverfahren": "Schwammige Hinweise von Neonazis wurden durch Mithilfe der Bullen konkretisiert". Der Artikel der RH Cottbus erinnert an ein Ereignis, welches im Verfassungsschutzbericht 2011 erwähnt wurde: "Zwei 21und 24-jährige Mitglieder der rechtsextremistischen Szene wurden am 07.02.2011 in Cottbus von fünf vermummten Angehörigen der linksextremistischen Szene angegriffen und durch Faustschläge, Tritte sowie mit einem Knüppel attackiert." Auffällig ist die Systematik, mit der die RH Szeneangehörige als Opfer vermeintlicher Polizei-Willkür inszeniert. Tatsächlich geht es der RH nicht in erster Linie darum, tatsächliche oder vermeintliche Opfer zu unterstützen. 142 Linksextremismus Es geht ihr darum, die freiheitliche demokratische Grundordnung als "repressiv" darzustellen. Nur so ist ein Eintrag auf der Cottbuser RH-Homepage vom 14. Juni 2012 zu verstehen, wonach versucht wird, "schon weit im Vorfeld von Demonstrationen über die verschiedenen Formen politischer Repressionen und die damit beauftragten Institutionen (Polizei, Staatsschutz, Geheimdienste, Militär, Justiz) aufzuklären." Nach Lesart der RH muss der demokratische Rechtsstaat den vermeintlich legitimen revolutionären Widerstand linksextremistischer Gruppierungen entpolitisieren und kriminalisieren, um das "repressive System" zu erhalten. Konsequenter Weise unterstützt beispielsweise die RH Berlin einen Aufruf, der mit dem Satz endet: "Für uns und jede/n emanzipatorischen Linke/n verbietet sich eine Kooperation mit den Repressionsorganen. Nach wie vor gilt: Anna und Arthur halten's Maul!" Die Verfolgung politisch motivierter Straftaten wird von der RH als "staatliche Repression" aufgefasst. Sie betrachtet politisch motivierte Straftäter daher als "politische Gefangene". Folgerichtig werden Gewalttaten von der RH nicht grundsätzlich abgelehnt. Sie unterstützt auch Gewalttäter, wenn deren Taten angeblich politisch legitim waren. In der Zeitung "Die Rote Hilfe" (Ausgabe 1/2012) wird unter der Überschrift: "Das flasht nicht" ein Beispiel für solch einen Unterstützungsfall präsentiert: Einem "Genossen" wurde 2011 vorgeworfen, bei Protesten gegen einen rechtsextremistischen Flashmob einem "Nazi" ins Gesicht geschlagen zu haben. Angesichts einer eindeutigen Beweislage redete er "nicht lange um den hei143 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ßen Brei herum. Er machte keine weiteren Angaben, stand aber zu der Aktion und wurde zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen verurteilt." Die RH übernahm nach eigenen Aussagen die Hälfte der Kosten. Dass das Verhältnis zur Gewalt auch bei der brandenburgischen RH problematisch ist, verdeutlicht das Video "Rote Hilfe - Modemagazin für Demos - Demotipps". Es befindet sich unter der Rubrik Medien auf der Internetseite der RH Cottbus. Darin geht es um die richtige Kleidung für "Schwarze Blöcke". Deren uniformähnliche schwarze Bekleidung dient der Tarnung und wirkt abweisend sowie bedrohlich. Das Video erklärt ebenso, wie man als Mitglied des "Schwarzen Blocks" während und nach der Demonstration möglichst unerkannt bleibt. Der Hinweis, zur Umgehung des Vermummungsverbots auf Sturmhauben zu verzichten und stattdessen auf Tücher und Sonnenbrillen zurückzugreifen, dürfte in der Szene inzwischen bekannt und höchstens noch für den autonomen Nachwuchs interessant sein. Der Abschlusstipp regt das Tragen einer billigen schwarzen Regenjacke an. Diese lasse sich nach der Demonstration in einem dunklen Hauseingang oder hinter einer Böschung entledigen. In einem weiteren dort verlinkten Video unter dem Titel "Rote Hilfe - Demotipps von Troll TV" wird noch angeraten, "Medikamente für drei Tage" zu einer Demonstration mitzunehmen. Das macht jedoch nur Sinn, wenn strafbare Handlungen geplant und entsprechende Inhaftierungen von vornherein als Bestandteil einer autonomen Demonstration gelten. Beide optisch ziemlich rückständig daherkommenden Videos sind keine Eigenproduktionen der RH Cottbus. Sie wurden vom Videoportal YouTube übernommen und mit Überschriften der RH versehen. Finanziell hat sich die RH mit dem Erwerb eines eigenen Hauses für die Bundesgeschäftsstelle in Göttingen (Niedersachsen) etwas übernommen. Das führte nach Angaben der Publikation "Die Rote Hilfe" (1/2012) zu strengen Sparmaßnahmen. Auf den Nachdruck von Infomaterial und neue Broschürenprojekte musste verzichtet werden. Ende 2011 kam es auch zu einer breit angelegten Spendenaktion unter den Mitgliedern. Unter dem Motto "100PlusX für die Rote Hilfe" sollte jede Ortsgruppe mindestens 100 Euro und mehr sammeln. Ebenso sollten die Mitglieder ihre Beiträge freiwillig erhöhen, um die Organisation aus der finanziellen Schieflage zu befreien. Auch in Brandenburg fanden entsprechende Spendenveranstaltungen statt, beispielsweise am 2. September 2012 mit einem "Solibrunch" in Cottbus. 144 Linksextremismus Die RH konnte 2012 ihre Strukturen in Brandenburg stabilisieren. Ebenso war sie 2012 bemüht, weniger Inhalte nach Außen zu kommunizieren, was stellenweise einem 'Abtauchen' gegenüber den Jahren zuvor gleichkam. Mit dem Selbstbild, als Hilfsorganisation Linke vor angeblich polizeilichem Fehlverhalten und Justizirrtümern zu schützen, kann sie Sympathien über die linksextremistische Szene hinaus gewinnen. Ihr eigentliches Ziel liegt in der Überwindung des demokratischen Rechtsstaates. 145 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3.3 "Deutsche Kommunistische Partei" zu alt für die Revolution Linksextremistische Parteien sind in Brandenburg kaum noch wahrnehmbar. Nur die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) trat 2012 noch in Erscheinung. Allerdings selten mit eigenen Aktionen. Meist unterstützt sie Initiativen anderer und verspricht sich davon eine gewisse Anerkennung für ihre ideologische Position. Erfolg hat sie damit kaum. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Gründungsjahr: 1968 Sitz: Essen in Brandenburg aktiv seit: 1990 Jugendorganisation: "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Studentenorganisation: "Assoziation Marxistischer StudentInnen" (AMS) Mitglieder in Brandenburg: 90 für Brandenburg relevante regionale und überregionale Publikationen: "Unsere Zeit" (UZ), "Roter Brandenburger" (DKP Landesverband Brandenburg), "Trotz alledem!" (Zeitung der DKP Potsdam & Umland), "Rote Kalenderblätter" (DKP Landesverband Brandenburg) Internetadressen: www.dkpbrandenburg.de www.dkp.de 146 Linksextremismus Am 26. September 1968 wurde die DKP als eine von mehreren Nachfolgeorganisation der verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) in Essen (Nordrhein-Westfalen) gegründet. Erklärtes Ziel der DKP ist bis heute der "Sozialismus als erste Stufe auf dem Weg zur klassenlosen Gesellschaft". Hierbei beruft sie sich auf die "wissenschaftliche Theorie von Marx, Engels und Lenin". Parteiorgan ist die Wochenzeitung "Unsere Zeit" (UZ). Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) mit Sitz in Essen wurde ebenfalls 1968 gegründet. Sie ist eine unabhängige aber der DKP nahestehende Jugendorganisation. Mit bis zu 30.000 Mitgliedern war die DKP vor der deutschen Wiedervereinigung die mitgliederstärkste linksextremistische Organisation in der Bundesrepublik. Nachdem die Unterstützung durch die DDR weggefallen war, schrumpfte ihre Mitgliederzahl in den 1990er Jahren und lag 2011 bei nur noch knapp 4.000. Nur wenige Mitglieder sind jünger als 30 Jahre. Der Zusammenbruch des Sozialismus in Osteuropa belastete die DKP nicht nur finanziell. Zusätzlich verlor sie Glaubwürdigkeit auf Grund ihrer engen Anbindung an die SED. Als Auffangbecken für entmachtete ostdeutsche Kommunisten konnte sie sich nie etablieren. Versuchte man vor der Wende den politischen Diskurs in der Bundesrepublik zu manipulieren, hängte man sich nun an neue soziale Bewegungen, um nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Diesen Kurs befürworten die "reformerischen" Parteikräfte. Dagegen setzen die alten Kräfte wie eh und je auf die Revolution. Die DKP Brandenburg ist Teil des alten Parteiflügels. In einem Positionspapier der 2. Regionalkonferenz der DKP Berlin und Brandenburg vom 1. Oktober 2011 bezieht man deutlich Stellung: "Opportunisten, Reformisten, Revisionisten wollten ihre Abkehr vom Marxismus-Leninismus schon immer mit dem Argument tarnen, dass sie deshalb wirksam werden, weil es notwendig sei, die 147 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 neuesten Entwicklungstendenzen der Gesellschaft zu berücksichtigen. (...) Auch der heutige Reformismus bleibt die wichtigste ideologische und politische Stütze der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung. Er leugnet nicht nur den Klassenkampf, sondern überhaupt die Existenz antagonistischer Klassen in der kapitalistischen Gesellschaft." Um ihre Bedeutungslosigkeit in Brandenburg zu überwinden, versucht die DKP-Gruppe Prenzlau/Templin (UM), die unter anderem mit der "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) gegründete "Aktionseinheit links" am Leben zu halten. Gemeinsam bot man am 21. April 2012 in Templin (UM) unter der Überschrift "... und der Zukunft zugewandt" eine Veranstaltung an. Nominell ist die DKP in Brandenburg fast flächendeckend vertreten. Sie gliedert sich in elf Gruppen: Strausberg (MOL), Frankfurt (Oder), Schwedt/ Oder (UM), Prenzlau/Templin (UM), Barnim, Luckenwalde (TF), Elbe-Elster, Königs Wusterhausen (LDS), Cottbus, Potsdam und Havel-Oberhavel. Wirklich handlungsfähig sind nur noch die DKP-Gruppen in Potsdam und in der Uckermark. Mehr oder weniger aktive Mitglieder hat die Partei noch in Strausberg, in Cottbus, im Havelland, im Barnim und in den Landkreisen Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming. Landesweit verfügte die DKP im Jahr 2012 über knapp 90 Mitglieder (2011: 100). Diese geringe Zahl und die Überalterung macht die Partei de facto jedoch vollständig revolutionsunfähig. Da die Partei weiterhin kaum zu eigenen Aktionen fähig ist, ist sie bemüht, sich bei anderen auch demokratischen Organisationen einzuklinken. Ihr Beitrag fällt dabei jedoch kaum ins Gewicht. 2012 unterstütze die DKP vor allem Aktivitäten gegen rechtsextremistische Demonstrationen wie im Februar in Dresden (Sachsen), Mai in Cottbus, September in Potsdam und November in Frankfurt (Oder). Traditionell ist ihre Präsenz bei Aktionen zum 1. Mai. Aber auch hier wird sie von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Ein Höhepunkt dürfte nach eigener Aussage die Beteiligung der DKP in Eberswalde (BAR) am Klinikstreik bei den Tarifauseinandersetzungen gewesen sein. Ansonsten richtet die DKP wie beispielsweise am 6. Oktober 2012 den Blick immer wieder zurück. An diesem Tag lud sie zusammen mit KPD-Mitgliedern zu einer Politmatinee der "Aktionseinheit links" in "Würdigung des 148 Linksextremismus 63. Jahrestages der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik" nach Eberswalde (BAR) ein. Laut Einladung sei "die DDR nicht untergegangen, wie heute von ihren ehemaligen Feinden täglich über die Medien Glauben gemacht werden soll. Das politische System wurde, wie in einem üblen Gaunertrick niedergerungen." Für die anscheinend inzwischen nicht mehr textsicheren Genossen wurden auf der Einladung extra die DDR-Nationalhymne und die "Internationale" abgedruckt. Deren Absingen war Teil des Programms, obwohl das Absingen der DDR-Hymne im SED-Staat seit 1972 unerwünscht war. Die Jungendorganisation SDAJ verfügt lediglich in Potsdam über schwache Strukturen und einen eigenen Internetauftritt. Die seit 2006 nicht mehr aktualisierte Internetseite der SDAJ-Lausitz wurde 2012 endgültig abgeschaltet. Eigene Aktivitäten der SDAJ blieben, soweit vorhanden, von der Öffentlichkeit in Brandenburg 2012 praktisch unbemerkt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, der überalterten DKP fällt es in Brandenburg zunehmend schwer, Aktivitäten zu entfalten. Der Verzicht auf die Pflege von Internetpräsenzen und die Einstellung zweier Publikationen in 2012 unterstreichen den Personalnotstand. Auch die von der Gruppe Prenzlau/Templin ausgerufene "Aktionseinheit links" kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Verbündete wie beispielsweise die KPD parteipolitisch ähnlich scheintot sind. Bisher bestand die Aktionseinheit auch eher darin, angestaubte Revolutionsrhetorik und DDR-Traditionspflege zu betreiben. Für die DKP drängt sich immer mehr die ernüchternde Selbsterkenntnis auf, dass "linke" Politik in Brandenburg komplett ohne sie auskommt. 149 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3.4 Beispiele linksextremistischer Straftaten Die schwerwiegendsten unter den linksextremistischen Straftaten sind Gewaltdelikte. 2012 wurden insgesamt 27 linksextremistische Gewalttaten erfasst. Bei der Betrachtung fällt auf, dass sich viele Delikte im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen Rechtsextremisten ereigneten. Viele Linksextremisten sprechen tatsächlichen und vermeintlichen Rechtsextremisten das verfassungsrechtlich verbriefte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ab. Gewalttaten bei Gegendemonstrationen zielen auch auf die Polizei, die aus Sicht der Täter mit dem politischen Gegner bei Demonstrationen angeblich paktiert. Nachfolgend werden einige Straftaten beispielhaft dokumentiert: Cottbus, 9. Februar 2012: Zwei vermummte Personen reißen im Cottbuser Ortsteil Sachsendorf einen 18-Jährigen zu Boden, schlagen und treten ihn. Mit den Worten: "Wenn Du das in der Schule wegmachst, machen wir Dich kalt!" wird das Opfer verbal attackiert. Der Geschädigte hatte zuvor in der Schule auf Geheiß des Direktors Flyer zur Seite geräumt, in denen zur Blockade eines NPD-Aufzugs am 15. Februar 2012 aufgerufen wird. Wittstock (OPR), 1. Mai 2012: Ein 22-Jähriger wirft eine Flasche auf Polizisten, die einen Aufzug der "Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland" absichern. Dann entnimmt der Täter seinem Rucksack zwei Steine und schleudert sie ebenfalls auf die Polizisten. Als Rechtfertigung gibt er an, er hätte auf die Rechtsextremisten gezielt. Cottbus, 12. Mai 2012: Ein 20-jähriger Teilnehmer einer Demonstration gegen die NPD rennt mit weiteren Personen auf eine Polizeikette zu und versucht, die Beamten mit gezielten Tritten und Schlägen zu verletzen. Im Zusammenhang mit der Demonstration an diesem Tag greifen drei teilweise vermummte und mit Sturmhauben bedeckte Tatverdächtige in drei Fällen Personen von hinten an, reißen sie zu Boden und treten auf sie ein. In einem Fall rufen sie: "Nazischwein - verpiss dich!" Potsdam (Ortsteil Groß Glienicke), 14. Mai 2012: Unbekannte Täter setzen ein Auto in Brand. Ein weiteres wird dadurch beschädigt. Außer150 Linksextremismus dem werfen sie drei Farbgläser gegen ein Haus. Die Geschädigte ist Mitglied im Europäischen Parlament und war dessen Vizepräsidentin. Ihr Ehemann ist leitendes Mitglied der EUTask Force Griechenland. In einem Bekennerschreiben der Gruppierung "FreundInnen von Loukanikos" wird der Anschlag mit der Tätigkeit des Geschädigten in der EU-Task Force Griechenland gerechtfertigt. Senftenberg (OSL), 18. Mai 2012: Fünf Mitglieder der "linken" beziehungsweise Punkszene dringen gewaltsam in die Wohnung eines mutmaßlichen 35-jährigen Rechtsextremisten ein. Mit einem Werkzeugschlüssel schlagen sie mehrmals auf den Kopf des schlafenden Opfers. Möglicher Grund könnte eine vorausgegangene Auseinandersetzung sein. Der Geschädigte soll hierbei einen der Tatverdächtigen als "Zecke" beschimpft haben. Potsdam, im September 2012: Unbekannte Täter rufen unter www.theyshallnotpass.net mit einem Internetvideo ab dem 7. September 2012 zu Gewalt gegen Teilnehmer der NPD-Demonstration am 15. September 2012 in Potsdam auf. In dem Video errichten sieben vermummte Personen eine Barrikade aus Mülltonnen und entzünden Pyrotechnik. Die Mülltonnen tragen die Aufschriften: "15.09./Potsdam/Nazis Boxen" und "15.09./Potsdam/ They Shall not pass". Rechtlich wurde das Video durch die Staatsanwaltschaft als Öffentliche Aufforderung zu Straftaten bewertet. 151 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3.5 Ausblick Mit Ausnahme der Roten Hilfe gerät der Linksextremismus in Brandenburg zusehends in die Defensive. Die DKP überaltert dramatisch und verfügt nur noch über wenige Mitglieder. Ideologisch ist die Partei im Kalten Krieg steckengeblieben. Ihre Internetseiten spiegeln teilweise einen technischen Stand wieder, wie er vor bald 20 Jahren zum Zeitpunkt der Einführung erster Internetbrowser vorzufinden war. Homepages ihrer praktisch nicht mehr existenten Jugendorganisation SDAJ gehen vom Netz. Die Partei ist nicht mehr kampagneoder anschlussfähig. Selten gewordene öffentliche Auftritte erzeugen museales Flair. Autonome verlieren in Brandenburg erneut Rückhalt. Ihre Unfähigkeit, ausreichend Nachwuchs zu rekrutieren, tritt damit immer stärker zutage. Ideologie und äußeres Erscheinungsbild wurzeln tief in den 1980er Jahren. Durch diese Rückständigkeit koppeln sich Autonome zusehends von der Gegenwart ab und verlieren Zugang zu den Lebenswelten der jüngeren Generationen. Ewiges Wiedergeben überkommener Anarcho-Floskeln, militante Optik, pubertäres Revoluzzer-Gehabe, versuchte Abschottung in selbsterklärten "Freiräumen" sowie gewaltbereites Auftreten bleiben damit einer in Brandenburg zusehends schrumpfenden und in gewisser Weise komisch wirkenden Splittergruppe vorbehalten. Der Szene gehen die intellektuellen Grundlagen verloren. Umso mehr stehen Autonome unter Druck, anlassbezogen die Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Bündnissen zu suchen, um diese in Ihrem Sinne zu beeinflussen. Jedoch wachsen dadurch die Gegensätze innerhalb der autonomen Szene selbst. Denn der taktische Spagat zwischen völliger Abschottung eigener Binnenstrukturen und gleichzeitiger, vorgetäuschter Öffnung nach außen ist nur bedingt belastbar. Schließlich dringen im Gegenzug die Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stückchenweise in autonome Lebenswelten ein und zerren an deren Fundamenten. Ausschauhalten nach Finanztöpfen des "verhassten Systems" führt dem einen und anderen Autonomen den ideologischen Selbstbetrug ebenso vor Augen. Mit der Beteiligung an Demonstrationen versuchen Autonome trotz allem, ihre Mobilisierungsfähigkeit zu unterstreichen. Dabei ist für Autonome der "Konsens" mit zivilgesellschaftlichen Protestbewegungen oft nur ein Vehikel, um bei Demonstrationen im Schutz der Masse Straftaten zu bege152 Linksextremismus hen. Zum einen sind das rechtswidrige Verhinderungsblockaden rechtsextremistischer Demonstrationen. Zum anderen ist es die Anwendung von Gewalt. 2012 zeigte sich in Brandenburg, dass der überwiegende Teil der linksextremistisch motivierten Gewalt im Zusammenhang mit Demonstrationen registriert wurde. Hierbei handelte es sich vor allem um Angriffe auf den politischen Gegner und auf Polizisten. Kommt es zu Ermittlungsverfahren, deuten Autonome das als "Repression" des "faschistischen Systems". Hier tritt dann die Rote Hilfe auf den Plan. Als linksextremistische Konsensorganisation steht sie Straftätern zur Seite - auch finanziell. Ideologisch ist die Rote Hilfe tief im Linksextremismus verankert. In Brandenburg kann die Rote Hilfe einen leichten Aufwuchs ihrer Mitglieder verzeichnen. 153 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 154 4. Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus Mitgliederzahlen ausländerextremistischer und islamistischer Gruppierungen (zum Teil geschätzt) Brandenburg 2011 2012 Islamisten 45 35 Linksextremisten 200 180 davon KONGRA-GEL* 150 130 Nationalistische Extremisten 35 20 gesamt* 280 235 * Hier werden auch mit Verbot belegte Gruppen mitgezählt. 4.1 Aktuelle Entwicklungen im islamistischen Extremismus Am 2. Mai 2012 jährte sich die Tötung von Osama bin Laden durch eine US-Spezialeinheit. Damit verlor die islamistisch-terroristische Szene ihre zentrale Symbolfigur. Al-Qaida wurde durch den Tod des Terrorchefs geschwächt, aber nicht besiegt. Unter der Führung des Ägypters Aiman al-Zawahiri, Nachfolger bin Ladens, stagniert die Schlagkraft der Terrorgruppierung. Es gelang ihr nicht, ihre Ideologie des globalen Jihad massenwirksam zu verbreiten. Sie büßte Glaubwürdigkeit in muslimisch geprägten Ländern ein. Bei der Planung und Durchführung von Anschlägen war sie nur wenig operationsfähig. Außerdem haben Fehler von al-Qaida ihr Ansehen in der muslimischen Welt gemildert. Vor allem durch die exzessive terroristische Gewaltanwendung mit vielen zivilen Opfern unter der muslimischen Bevölkerung hat sie zahlreiche Unterstützer verloren. Sie werfen al-Qaida vor, strategisch sinnlos zu agieren, wenn sie Muslime anstatt "Ungläubige" töte. Ein weiterer Vorwurf bezieht sich auf die fehlende Umsetzung propagierter Ziele. Schließlich sollte die westliche Präsenz aus der arabischen Welt ver155 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 schwinden. Doch die terroristischen Anschläge al-Qaidas, besonders die am 11. September 2001, haben einen gegenteiligen Effekt nach sich gezogen. Die Umbrüche in der arabischen Welt haben nicht nur die westliche Staatengemeinschaft, sondern auch al-Qaida überrascht. Wer braucht noch Jihadisten, wenn das arabische Volk eine Veränderung des politischen Status quo mit Massenprotesten selbst herbeiführen kann? Der unter Druck geratene al-Zawahiri schlug sich auf die Seite der Aufständischen. Die Revolten in den arabischen Ländern setzte er mit dem selbst propagierten globalen Jihad gleich. Er rief seine Glaubensbrüder auf, die Aufstände bis zur Errichtung eines "wahren" islamischen Staates fortzusetzen. Obgleich der "arabische Frühling" die Legitimität al-Qaidas grundlegend in Frage stellte, könnten sich aus den Umbrüchen auch positive Effekte für die Terrororganisation entwickeln. Insbesondere ein Scheitern der erhofften politischen und wirtschaftlichen Veränderungen in Tunesien und Ägypten könnte den Jihadisten Auftrieb geben. Al-Qaida hat sich als anpassungsund widerstandsfähig erwiesen. Seit dem Jahre 2010 veränderte die Organisation ihre Operationsform. Sie schult radikalisierte Muslime und Konvertiten in Trainingscamps, um sie dann wieder nach Westeuropa beziehungsweise Deutschland zu senden. Diese Strategie dient dem Aufbau von Unterstützerzellen im westlichen Ausland, die später für Anschläge genutzt werden könnten. Darüber hinaus verfolgte al-Qaida bereits vor dem Tod Osama bin Ladens eine dezentrale Expansionsstrategie. Diese führte zu einer Art "Franchisesystem des Terrorismus" mit zahlreichen regionalen Ablegern, für die al-Qaida nur noch das "Label" als "Terrormarke" stellt: Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAH), al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM) sowie al-Qaida im Irak (AQI). Diese Ableger folgen zwar der ideologischen Linie der Kern-al-Qaida, agieren jedoch strategisch und operativ autonom. Bisher gelang es der Kernorganisation, die Regionalorganisationen an ihr Netzwerk zu binden. Ungebrochen ist die ideologische Führungsrolle der al-Qaida-Kernorganisation gegenüber militanten islamistischen Gruppierungen. Die Bedeutung des Internets für jihadistische Netzwerke und Radikalisierungen von Einzeltätern ist weiterhin steigend. Jihadistische Foren dienen als Wissensspeicher für Islamisten, da dort in konzentrierter Form Ideologieinhalte, Ergebnisse von Strategiediskussionen sowie Anleitungen für Anschläge zu finden sind. Vor allem die sozialen Netzwerke bieten vielfälti156 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus ge Möglichkeiten, Informationen und Propaganda schnell und kostengünstig zu verbreiten. Dabei werden Qualität und Aufbereitung der Propaganda stetig professioneller. Auch wenn hinter islamistischen Online-Drohungen gegen Deutschland zumeist keine konkreten Anschlagsplanungen stehen, so sind diese dennoch geeignet, dafür empfängliche Muslime zu radikalisieren und zu terroristischen Aktionen zu motivieren. Hierbei wächst insbesondere die Gefahr "emotionalisierter Einzeltäter", wie es der Fall des Attentäters Arid Uka zeigte. Am 2. März 2011 tötete er auf dem Frankfurter Flughafen zwei USSoldaten durch Kopfschüsse. Zwei weitere Soldaten wurden durch Schüsse in Kopf und Oberkörper schwer verletzt. Als er einem fünften Soldaten die Waffe an den Kopf hielt, kam es zu einer Ladehemmung und er versuchte zu flüchten. Mit der Anspielung auf die Mordanschläge von Toulouse (Frankreich) im März 2012 hält die jihadistische Propaganda darüber hinaus ein Szenario präsent, das Nachahmungstäter als Handlungsanleitung verstehen könnten. Dies entspricht auch der Strategie des "individuellen Jihad", die al-Qaida wiederholt propagiert hat. Die abstrakte Bedrohung, die vom islamistisch-extremistischen Terrorismus gegen und in Deutschland ausgeht, bleibt weiterhin bestehen. Zudem veröffentlichte die terroristische "Globale Islamische Medien Front" im Dezember 2012 ein deutschsprachiges Drohvideo. Darin wird angekündigt, man wolle "Deutsche gefangen nehmen", bis Murat K. frei sei. Der sitzt unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung im Gefängnis (siehe Kapitel 4.2). Murat K. wird als "Löwe Allahs" bezeichnet, der "das Blut der Beleidiger des Propheten vergoss". Auch wolle man "jeden Beleidiger" des Propheten "schlachten, ob fern oder nah". Der Sprecher im Video ist offensichtlich der aus Berlin stammende Denis Cuspert, auch als "Gangsta-Rapper" "Deso Dogg" bekannt. Er hat sich 2012 ins Ausland abgesetzt (siehe Kapitel 4.2). 157 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 4.2 Islamistischer Extremismus und Salafismus ohne Bedeutung in Brandenburg Salafismus ist eine besonders rigide und dogmatische Strömung innerhalb des islamistischen Extremismus. Salafisten behaupten, ein Leben nach dem Vorbild der islamischen Gemeinde des 7. Jahrhunderts anzustreben - oder zumindest das, was sie dafür halten. Alle Traditionen, die in der islamischen Welt wie auch in anderen Gesellschaften in den danach folgenden 14 Jahrhunderten entstanden sind, lehnen sie ab: von der Zahnbürste über die Wissenschaft bis zu den Menschenrechten. Selbst die Erkenntnisse aus Jahrhunderten islamischer Theologie halten sie für "unstatthafte Neuerungen", die zu verteufeln seien. Die Scharia war Jahrhunderte lang ein flexibles, den menschlichen Gegebenheiten anpassbares und der Interpretation durch Rechtsgelehrte unterworfenes Recht. Doch Salafisten wollen die Scharia auf ein paar eingängige Strafgebote wie Steinigung von (meist weiblichen) Ehebrechern und Handamputation bei Dieben reduzieren. Hier zeigt sich deutlich, wie Salafisten durch Schüren von Angst und Terror versuchen, Menschen zu manipulieren sowie gefügig zu machen. Insbesondere richten Salafisten die Scharia ihres Verständnisses gegen Frauen. Letztlich missbrauchen Salafisten und andere islamistische Extremisten die Religion Islam für eine totalitäre Ideologie. Sie streben die Errichtung eines - bis zur Iranischen Revolution von 1979 beispiellosen - Terrorregimes an, welches sie "islamischen Gottesstaat" nennen. Salafisten verleugnen, dass es zur Zeit ihres Propheten noch gar keine Scharia gab. Sie wollen nicht wahrhaben, dass die Scharia in der gesamten islamischen Geschichte stets nebenstaatliches Recht war, niemals staatstragendes. Sie sehen auch nicht, dass es die eine Scharia als inhaltlich verbindlichen Kodex nicht gab und nicht gibt, sondern lediglich ein Nebeneinander unterschiedlicher Auffassungen in der islamischen Rechtslehre. Und sie wollen keinesfalls erkennen, dass dieses Nebeneinander und das Ringen um gottgefällige Lösungen rechtlicher Probleme in der islamischen Geschichte immer für positiv und wünschenswert gehalten wurde. Der salafistische Irrglaube an die einzige wahre Koraninterpretation ist neu in der Geschichte der islamischen Gesellschaften. Insofern ist dieser Glaube ein Phänomen der Moderne. Es trifft daher nicht den Kern, Salafisten als rückwärtsgewandt zu bezeichnen. Sie orientieren sich eben nicht an ei158 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus nem historisch verbürgten Vorbild, da ein eindeutiges und geschlossenes Bild gerade in der Frühzeit des Islams nicht herausgebildet wurde. Besonders auf junge und zum Islam konvertierte Muslime kann der Salafismus eine starke Anziehungskraft ausüben. Dabei sind innerhalb des salafistischen Spektrums unterschiedliche Strömungen zu unterscheiden: Politische Salafisten streben danach, ihr religiös-politisches Programm auf friedlichem Wege umzusetzen. Sie wirken zumeist verborgen in Moscheen und salafistisch geprägten Vereinen. Gewaltorientierte Salafisten dagegen legitimieren Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung. Aus ihrer Sicht handelt es sich dabei um notwendige Verteidigung gegen "Angriffe auf den Islam". Schließlich gibt es noch die relativ kleine jihadistischsalafistische Szene, die den "Jihad" propagiert, einen aus ihrer Sicht von der Religion geforderten Krieg gegen die "Kuffar", die Ungläubigen. Unter Ungläubige fallen auch all die Muslime, die den Salafismus als totalitäre Ideologie ablehnen. Die Übergänge zwischen diesen Teilspektren des Salafismus sind fließend. Das Gesamtpotenzial von Salafisten lag 2011 in Deutschland bei rund 3.800 Personen. Die Zahl ist 2012 weiter angestiegen. In Brandenburg konnten Salafisten bisher keinen Fuß fassen. In Berlin jedoch gibt es einige stark von Salafisten beeinflusste Einrichtungen, die als Anlaufpunkte für in Brandenburg lebende Muslime leicht erreichbar wären. Kampagne "Lies!": Missbrauch des Korans als Vehikel zur Verbreitung des Salafismus Während der in Palästina geborene deutsche Staatsbürger Ibrahim Abou-Nagie aus Köln (Nordrhein-Westfalen) bis zum Oktober 2011 ausschließlich als salafistischer Prediger in Erscheinung trat, widmet er sich seither einem zusätzlichen Aufgabengebiet: der Rettung deutscher Nichtmuslime vor der Hölle. Denn Christen, Juden und viele andere kämen in die Hölle, wenn sie den Islam nicht annähmen, behauptet der salafistische Hass-Prediger. Mit der Kampagne "Lies!" initiierte er über das Netzwerk "Die wahre Religion" (DWR) eine bundesweite Koranverteilungsaktion, sowohl in Fußgängerzonen vieler deutscher 159 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Großstädte als auch über das Internetportal "Haus des Qurans". Insgesamt 25 Millionen Exemplare wollen die Missionierungseifrigen mit ihrer Aktion unters Volk bringen. Über 300.000 Korane sollen bereits verteilt worden sein. Das eigentliche Ziel der Kampagne ist, Anhänger zu rekrutieren und extremistische Propaganda zu betreiben. Insbesondere junge Muslime und Konvertiten sind die Zielgruppen, bei denen Akzeptanz für den Salafismus und Kontakt zur Szene hergestellt werden sollen. Aufgrund der szeneweiten Solidarisierung gewann Abou-Nagie an Einfluss und konnte seinen Anspruch auf Meinungsführerschaft unterstreichen. Die anderen bekannten salafistischen Prediger in Deutschland wie Pierre Vogel und Hassan Dabbagh unterstützen das Projekt zwar verbal, konkurrieren jedoch weiterhin mit Abou-Nagie. Ein weiteres Ergebnis des "Lies!"-Projekts ist die Entstehung von Konfliktlinien, die insbesondere zwischen den Salafisten und den etablierten Islamverbänden verlaufen. Laut "Lies!"-Unterstützer, wie beispielsweise Abu Dujana, sei der Zentralrat der Muslime aufgrund seiner distanzierenden Positionierung zum Projekt eine "Schande für den Islam" und verliere seine Legitimation, im Namen aller Muslime zu sprechen. Das friedliche und bürgernahe Bild, welches die Salafisten bei ihrer "Lies!"Tour zu vermitteln versuchten, verlor schlagartig an Glaubhaftigkeit, als gewaltorientierte Salafisten in Solingen und Bonn (beide Nordrhein-Westfalen) gewalttätig auftraten. Daher ist den Salafisten weder ein Imagewechsel gelungen, noch konnten sie mit ihrer Koranverteilungsaktion Akzeptanz in der bundesdeutschen Bevölkerung gewinnen. Salafisten gegen Pro-Bewegung: Straßengewalt als neue militante Aktionsform Im Rahmen des Landtagswahlkampfes der rechtsextremistischen Partei PRO NRW unter dem Motto "Freiheit statt Islam" kam es am 1. Mai 2012 in Solingen und am 5. Mai 2012 in Bonn (beide Nordrhein-Westfalen) zu teilweise schweren Ausschreitungen gewaltorientierter Salafisten. Auslöser waren von PRO NRW zur Schau gestellte Mohammed-Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard. Sich davon provoziert fühlende, gewaltbereite Salafisten griffen Anhänger von PRO NRW und vor allem eingesetzte Polizeibeamte an. Sie warfen Flaschen sowie Steine und schlugen zum Teil mit Fahnenstangen auf Polizisten ein. Während 160 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus in Solingen drei Polizeibeamte sowie ein Passant Platzund Schlagwunden erlitten, wurden in Bonn 29 Polizisten verletzt, zwei durch Messerstiche schwer. Bei dem salafistischen Messerstecher handelt es sich um den türkischen Staatsangehörigen Murat K. Für seine Tat wurde er am 19. Oktober 2012 vom Landgericht Bonn wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Landfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Vergleichsweise ruhig blieb die islamkritische Kundgebung von PRODeutschland am 12. Mai 2012 auf dem Potsdamer Platz in Berlin. Nach der Beendigung der Kundgebung kam es lediglich zu leichten Rangeleien zwischen Salafisten und Polizei. Der friedliche Ausgang lässt sich insbesondere auf die massive Polizeipräsenz sowie auf die klare räumliche Trennung der Lager zurückführen. Kurz nach den Ereignissen in Nordrhein-Westfalen und in Berlin reagierten islamistische Extremisten mit Audiound Videobotschaften im Internet. Entsprechend veröffentlichte der aus Bonn (Nordrhein-Westfalen) stammende Islamist Yassin Chouka, Mitglied der Terrorgruppe "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU), am 20. Mai 2012 einen Audio-Clip mit dem Titel "Tod der Pro-NRW". Darin ruft er zur Ermordung von PRO NRW-Mitgliedern auf: "Ihr sollt die Mitglieder der Pro-NRW alle töten. So möchte ich euch (...) speziell einige Tipps geben. So raten wir euch, lauert und sucht einzelne Personen der Pro-NRW im Geheimdienstverfahren auf. Sammelt genug Informationen über ihre Wohnorte, über ihre täglichen Routen, ihre Arbeitsplätze und sonstige Informationen. Und dann, nach guten und ausreichenden Recherchen und einem strategischen Plan, schlagt zu. (...) Schlagt so lange auf sie ein, bis sie es aufs Äußerste bereuen, jemals das Siegel aller Propheten beleidigt zu haben." Ebenso ruft Chouka zur Ermordung von Medienvertretern auf: "Auch die deutschen Medien haben an dem Verbrechen wieder mitgewirkt. Unter dem Deckmantel der neutralen Berichterstattung haben sie wieder einmal die Karikaturen veröffentlicht. Sie haben sie veröffentlicht, indem sie die Bilder der Pro-NRW zeigten, während Schilder mit den Karikaturen hochgehalten wurden. Auch dies dulden die Anhänger Mohammeds nicht. Der 'Spiegel', der von den Juden gelenkt wird, und andere bekannte deutsche Medienabtei161 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 lungen haben unseren Propheten dadurch auch beleidigt. Und auch in diesem Fall sage ich zu euch, lasst eure Eifersucht in einem systematischen Kampf fließen. Und lauert ihren Mitarbeitern auf, tötet sie und verpasst ihnen eine Lehre, die sie niemals vergessen werden." In einem Interview mit dem ARD-Magazin "Report Mainz" vom 29. Mai 2012 beurteilt der in Berlin lebende Salafist Reda Seyam die Aufrufe zur Tötung von PRO NRW-Mitgliedern und Journalisten wie folgt: "Das ist ein Urteil im Islam. Diejenigen, die den Propheten beleidigen, da ist es das Urteil des Islams, ihn zu töten. Da können wir nichts dagegen [machen], wenn Allah und sein Gesandter uns das als Vorschrift gegeben hat. Aber wer das machen soll, das kann ich Ihnen nicht sagen. Das liegt an jedem selbst." Die abstrakte Gefahr, die von gewaltorientierten Salafisten in Deutschland ausgeht, ist bereits seit mehreren Jahren anhaltend hoch. Neu sind hingegen das anlassbezogene gewalttätige Auftreten auf der Straße und die konkrete Nennung der Angriffsbeziehungsweise Mordziele. Insbesondere von islamistischen Extremisten als Provokation verstandene Aktionen bergen das Potenzial zur Initialzündung von Gewaltanwendung. Die weltweiten Reaktionen auf das Zeigen der Mohammed-Karikaturen und des Video-Trailers zum Film "Innocence of Muslims" belegen dies. Die neue militante Aktionsform ist von den bislang dominierenden Aktionen des Salafismus deutlich zu unterscheiden. Denn die Straßengewalt setzt sich klar sowohl von Propagandaund Missionierungsaktivitäten des politischen Salafismus ab als auch von den terroristischen Bestrebungen des jihadistischen Salafismus, der beispielsweise von der "Sauerland-Gruppe" vertreten wurde. "Millatu Ibrahim": Salafisten-Speerspitze in Deutschland verboten Zu bundesweiter Bekanntheit gelang die salafistische Vereinigung "Millatu Ibrahim" ("Gemeinschaft Abrahams"), als der Bundesinnenminister sie im Juni 2012 verbot. In einer HinterhofMoschee in Solingen (NordrheinWestfalen) sowie auf der Internetpräsenz millatu-ibrahim.com verbreitete 162 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus die Gruppierung ihre radikale Propaganda, einschließlich offener Werbung für al-Qaida. Der österreichische Staatsangehörige Mohamed Mahmoud hat den salafistischen Verein kurz nach seiner Haftentlassung im September 2011 gegründet. Er hetzt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zudem gibt er nicht nur in konzentrierter Form salafistische Ideologieinhalte von sich, sondern benennt auch konkrete Ziele: "Wir werden Rom erobern (...) und dann wird auf dem Petersplatz (...) das wird der Platz der Konvertierung sein und der Platz, um Allahs Gesetze umzusetzen, um Allahs Strafen umzusetzen." Kurz vor dem Vereinsverbot setzte sich Mahmoud im April 2012 nach Ägypten ab und betreibt seine Aktivitäten von dort aus weiter. Der zweite wichtige Kopf der "Millatu Ibrahim"-Szene war der aus Berlin stammende Denis Cuspert. Im Juni 2012 folgte er seinem Gefährten Mahmoud nach Ägypten. Vor seinem Wirken als islamistisch-salafistischer Extremist trat Cuspert als "Gangsta-Rapper" "Deso Dogg" überregional in Erscheinung. Als Salafist veröffentlicht er deutschsprachige Nasheed-Musik und gibt Islam-Seminare. Darin verherrlicht er offen den bewaffneten Kampf im Namen des Islams und verherrlicht Osama bin Laden. Seine militanten Äußerungen zielen eindeutig auf eine - auch gewalttätige - Eskalation des von ihm propagierten Jihads gegen die "Ungläubigen": "Ich bin ein Staatsfeind. Ich bin ein Muslim, ich bin gegen die Gesetze dieser Regierung, ich bin gegen Demokratie, ich bin gegen Integration, ich bin für die Sharia." In einem Fernsehbeitrag von 2012 gibt sich Cuspert erneut aggressivkämpferisch und erklärt Deutschland zum jihadistischen Kriegsgebiet: "An Merkel, Innenminister und Außenminister, ihr führt Jihad in unseren Ländern und wir werden den Jihad in eure Länder bringen. (...) Ihr werdet nicht mehr in Sicherheit leben. (...) Ihr setzt Millionen und Milliarden ein für den Krieg gegen den Islam. Und deshalb ist dieses Land hier, die Bundesrepublik Deutschland, ein Kriegsgebiet." Inzwischen verbreiten Mahmoud und Cuspert ihre Agitation von Ägypten aus. Mehrere Personen aus ihrem salafistischen Umfeld sind ihnen gefolgt. Es besteht die Möglichkeit, dass sie in terroristische Ausbildungsla163 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 ger weiterreisen und auswärtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Ausschnitt aus einem Video von Dennis Cuspert alias Deso Dogg Neben dem Verbot der "Millatu Ibrahim"-Organisation leitete das Bundesinnenministerium zeitgleich vereinsrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Salafisten-Netzwerke "DawaFFM" und DWR ("Die wahre Religion") ein. Hinter der Gruppe "DawaFFM" stehen mehrere Hass-Prediger, die im Rahmen von "Islamunterricht" ihre salafistische Ideologie im Internet verbreiteten. Anhängerschaft fanden diese Aktivitäten unter anderem bei dem Attentäter Arid Uka, der im März 2011 einen Anschlag auf dem Frankfurter Flughafen verübte und sich fast ausschließlich über das Internet radikalisierte. Doch nicht nur junge Muslime und Konvertiten sind Zielgruppe der Propagandaaktivitäten von "DawaFFM", sondern auch Nicht-Muslime. Gemäß ihrem Selbstverständnis "Da'wa" (Mission) zu betreiben, können sich laut dawaffm.net Nicht-Muslime an das Netzwerk wenden, wenn sie sich "vor der Hölle retten und den Islam annehmen" möchten. Neben "DawaFFM" setzt ebenso das Netzwerk DWR auf Propagandaund Missionierungsarbeit, welche "Islamseminare", Infostände und Videos im Internet umfasst. Die Prediger des Netzwerkes vermitteln über diese Agitationsformen konzentrierte salafistische Ideologieinhalte. Entsprechend spricht sich der Hauptaktivist Abou Nagie in einem Video für die Steinigung von "Unzüchtigen" aus: "Wenn jemand verheiratet ist und Unzucht begeht, der muss gesteinigt werden. Das sind Allahs Gesetze." Solche die Menschenrechte verachtende Propaganda kann - insbesondere auf junge Muslime 164 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus und Konvertiten - radikalisierend wirken oder bereits radikalisierte Islamisten zu terroristischen Aktionen motivieren. Islamistischer Extremismus im Land Brandenburg In Brandenburg leben nur wenig Muslime. Sie wohnen überwiegend in den Universitätsstädten. Ein großer Teil ist unter den Studierenden zu finden, die aufgrund der begrenzten Studienzeit stark fluktuieren. Diese Umstände erschweren die Bildung fester Netzwerke, welche die Entwicklung extremistischer Strukturen befördern könnten. In den Moscheen und Gebetsräumen im Land Brandenburg, wie in Potsdam und Cottbus, scheinen radikale Prediger momentan keine Akzeptanz zu finden. Muslime mit Migrationshintergrund im Land Brandenburg zeigen sich kaum aufgeschlossen gegenüber islamistisch-extremistischem Gedankengut. 2012 wurden 35 (2011: 45) Personen dem islamistischen Extremismus in Brandenburg zugerechnet. Bundesweit waren es 2011 insgesamt 38.080. Im August 2012 wurde der Fall eines 21-jährigen Mannes aus Berlin bekannt, der im Umfeld der Flughafenbaustelle BER in Schönefeld (LDS) als Wachschützer für eine private Sicherheitsfirma arbeitete und von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestuft wurde. 165 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 4.3 Ausländerextremismus "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) Die von Abdullah Öcalan in der Türkei gegründete "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) versteht sich selbst als einzige legitime Interessenvertretung der Kurden. Die PKK, die auch unter den Bezeichnungen KADEK, KONGRA GEL, KKK beziehungsweise KCK bekannt ist, trat ursprünglich für die Errichtung eines unabhängigen Staates "Kurdistan" ein. Die PKK strebt einen länderübergreifenden föderalen Verbund aller Kurden im Nahen Osten an. Öffentlich hingegen hat sich die PKK von den früheren separatistischen Zielen losgesagt und tritt nunmehr in ihren öffentlichen Verlautbarungen ausschließlich für die Anerkennung der kurdischen Identität sowie für mehr Rechte und kulturelle Autonomie der Kurden ein. In Deutschland ist die PKK seit dem 22. November 1993 mit einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot belegt. Seit 2002 ist die PKK von der Europäischen Union als terroristische Organisation gelistet. Nach einer "Volkskongress Kurdistans" (KONGRA-GEL) Gründungsjahr (als PKK): 1978 in der Türkei Sitz: Nord-Irak in Brandenburg aktiv seit: 1993 Mitglieder in Brandenburg: 130 Publikationen: "Serxwebun" (Unabhängigkeit), "Yeni Özgür Politika" (Neue Freie Politik) Internetadressen: www.kongra-gel.org internationale Teilorganisation: "Koordination der kurdischdemokratischen Gesellschaft in Europa" (CDK) Betätigungsverbot für die PKK in Deutschland durch den Bundesminister des Innern am 26.11.1993 166 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird sie in Deutschland als terroristische Vereinigung im Ausland eingestuft. Im Land Brandenburg konnten 2012 vereinzelte Aktivitäten der PKK im Zusammenhang mit der jährlichen Spendenkampagne festgestellt werden. Darüber hinausgehende Aktivitäten wurden nicht bekannt. Der PKK ist es auch im Jahr 2012 nicht gelungen, neue Mitglieder beziehungsweise Anhänger in Brandenburg zu gewinnen. Das Personenpotenzial lag 2012 bei 130 (2011: 150; Deutschland 2011: 13.000). Auch für das Jahr 2013 ist davon auszugehen, dass die weitere Entwicklung des Kurdenkonfliktes in der Türkei unmittelbar auf das Verhalten und die Aktivitäten der PKK in Deutschland ausstrahlt. Dabei wird die PKK zukünftig versuchen, durch die Mobilisierung ihrer Anhänger und diverse Propagandaaktivitäten die öffentliche Wahrnehmung und Meinungsbildung in ihrem Sinne zu beeinflussen. 167 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 4.4 Ausblick Durch den Tod von Osama bin Laden wurde der islamistische Terrorismus seiner zentralen Symbolfigur beraubt. Schon zuvor war al-Qaida außerhalb Afghanistans und Pakistans immer mehr in die Rolle des Ideengebers gerückt. Daher geht die Gefahr vermehrt von Kleinoder Kleinstgruppen aus, welche an die Ideologie al-Qaidas andocken, aber organisatorisch weitgehend autonom sind. Auch Einzeltäter rücken so in den Fokus. Deren frühzeitige Identifizierung stellt für die Sicherheitsbehörden neue Herausforderungen dar, denen mit konventionellen Mitteln der Sicherheitsbehörden nicht ausreichend zu begegnen ist. Vielmehr muss auf Prävention gesetzt werden. Der brandenburgische Verfassungsschutz wird deshalb seine Präventionsprogramme weiter ausbauen. Auch für das Jahr 2012 gilt: Islamistisch-extremistische Strukturen sind für das Land Brandenburg nicht feststellbar. Es lassen sich lediglich Einzelpersonen ausmachen. Da Brandenburg über keine Anlaufstellen für islamistische Extremisten verfügt, halten sich die Einzelpersonen mit Aktivitäten im Land zurück oder laufen Einrichtungen in Berlin oder anderen Großstädten an. Der PKK ist es nicht gelungen, ihr Netzwerk nach Brandenburg auszudehnen. Es werden aber nach wie vor Spenden gesammelt. Die Organisation dieser Aktivitäten erfolgt jedoch nicht im Land selbst. Im Bereich des islamistisch-extremistischen Salafismus ist ein Anstieg der Aktivitäten und der Gewaltbereitschaft erkennbar. Salafistische Prediger werden in Deutschland immer populärer. Während diese Strömung zuvor eher abgeschottet auf Islamseminaren oder in einschlägigen Moscheen anzutreffen war, ist sie beispielsweise über großangelegte Verteilaktionen kostenloser Koranexemplare öffentlich deutlich präsenter. Dass bei Salafisten erhebliches Gewaltpotenzial vorhanden ist, zeigen die teils dramatischen Ausschreitungen in Bonn (Nordrhein-Westfahlen), wo es zu zahlreichen Verletzten und schwerverletzten Polizisten kam. Ebenso dient der Salafismus als strukturelles wie ideologisches Schmiermittel für Personen, die sich dem Jihadismus in und um Afghanistan angeschlossen haben. Darunter sind auch deutschstämmige Konvertiten. 168 Islamistischer Extremismus und Ausländerextremismus 169 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 170 5. Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz 5.1 Spionageabwehr Die Spionageabwehr hat den gesetzlichen Auftrag, alle Informationen über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Aktivitäten zu sammeln und auszuwerten, um dadurch Spionageaktivitäten gegnerischer Nachrichtendienste aufzuklären und zu bekämpfen. Dabei geht es um die Enttarnung von Agenten und um die systematische Aufklärung von Strukturen, Arbeitsmethoden und Zielrichtungen fremder Dienste. Deutschland ist aufgrund seiner geopolitischen Lage und seiner Rolle in EU und NATO ein wichtiges Aufklärungsziel ausländischer Nachrichtendienste. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Bereiche Politik, Militär und Wirtschaft. Einen Schwerpunkt bildet die Beobachtung und Unterwanderung regimekritischer Bestrebungen und Oppositionellenbewegungen, die in Deutschland aktiv sind. Wie auch in den vergangenen Jahren besteht weiterhin wachsendes Aufklärungsinteresse russischer und chinesischer Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland. Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten umfassen dabei alle Methoden - von offener Informationsbeschaffung bis hin zur klassischen Agentenführung. Der größte Teil der Informationen wird offen - durch Auswertung öffentlich zugänglicher Quellen wie Zeitungen, Internet, Datenbanken, durch Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen oder wissenschaftlichen Projekten - beschafft. Besonders hochwertige und deshalb auch entsprechend geschützte Informationen werden in der Regel mit geheimen Beschaffungsmethoden - das Eindringen in Informationssysteme, die Überwachung der Telekommunikation oder den Einsatz von Agenten im Zielobjekt - erlangt. Dabei dienen Botschaften aber auch Handels-, Reiseund Presseagenturen als Stützpunkt, um von hier aus die Aktivitäten zu entfalten. Im Bereich der politischen Spionage besteht besonderes Interesse an Themenbereichen, die Auswirkungen auf die nationale Sicherheitsund Verteidigungslage haben können. Gefragt sind Informationen zu Entwicklungen und Entscheidungsprozessen in der EU und in der NATO. 171 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Von besonders hohem Wert im militärischen Bereich sind taktische und strategische Planungen sowie aktuelle Rüstungsprojekte und Neuentwicklungen von Waffenund Wehrtechnik. Das Thema Spionageabwehr ist und bleibt hochaktuell. Im Oktober 2011 erregte die Festnahme eines russischen Ehepaares mediale Aufmerksamkeit. Heidrun und Andreas A. reisten noch vor der Wiedervereinigung im Auftrag des KGB illegal nach Deutschland ein, lebten unter falscher Identität als Österreicher in verschiedenen deutschen Städten und gingen offensichtlich über zwanzig Jahre ihrer Agententätigkeit nach. Ähnliche Brisanz hatte die Festnahme von Manfred K. im August 2012. Der 60-Jährige arbeitete als Zivilangestellter auf dem US-Militärflughafen Ramstein in Rheinland-Pfalz. Über mehrere Jahre soll er geheime Krisenpläne und Codeschlüssel der NATO gestohlen haben. Der Fund von mehreren Millionen Euro auf verschiedenen Tarnkonten im Ausland legt die Vermutung nahe, dass K. die geheimen Informationen anschließend weiterverkaufte. 172 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz 5.2 Wirtschaftsschutz: Know-how-Abfluss verhindern Für viele deutsche Unternehmen stellt Wirtschaftsspionage durch fremde Nachrichtendienste ein allgegenwärtiges Problem dar. Eine Studie der Sicherheitsberatung Corporate Trust aus dem Jahr 2012 bestätigt diese Wahrnehmung. Rund 33 Prozent der befragten Unternehmen berichteten von einem Spionageverdachtsfall in den vergangenen Jahren. Die am häufigsten ausspionierten Bereiche waren der Vertrieb sowie die Forschungund Entwicklungsbereiche. Schutz vor Wirtschaftsspionage Die verursachten Schäden können beträchtlich sein. Laut Corporate Trust entsteht der deutEine Information des Verfassungsschutzes schen Wirtschaft durch Spionage jährlich ein Gesamtschaden von etwa 4,2 Milliarden Euro. 82,8 Prozent der geschädigten Unternehmen gaben an, einen finanziellen Schaden erlitten zu haben. Auch brandenburgische Unternehmen sollten die Gefahr der Wirtschaftsspionage ernst nehmen. Kennzeichen unserer Wirtschaftsregion ist die hohe Zahl an modernen, innovativen und dynamischen Unternehmen. Insbesondere im Bereich der Hochund Spitzentechnologie hat sich Brandenburg zu einem bevorzugten Produktionsund Forschungsstandort entwickelt. Das Land lebt und profitiert vom Ideenreichtum seiner Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Welche Entwicklungen sehen Sie als zunehmendes Risiko für Ihr Know-How? (Mehrfachnennungen möglich) Zunehmende Verwendung mobilier Geräte wie Tablets und Smartphones 63,7 % Sinkende Sensibilität von Mitarbeitern beim Umgang mit vertraulichem Know-How 54,3 % Zunehmendes Outsourcing von Dienstleistungen 52,4 % Zunehmender Einsatz von Cloud Services 47,7 % Zunehmende Aktivitäten staatlich gelenkter Hackergruppen (Stichwort: Cyberwar) 44,1 % Zunehmende IT-technische Verpflechtung mit Kunden und Lieferanten 35,2 % Sinkende Loyalität von Mitarbeitern 26,1 % Zunehmende Verlagerung von Geschäft in Auslandsniederlassungen 19,9 % Sonstiges 5% Keine Antwort 7% Quelle: Corporate Trust 2012 173 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Deshalb zählt die Bekämpfung der Wirtschaftsspionage zu den gesetzlichen Kernaufgaben des Verfassungsschutzes. In Brandenburg wurde die entsprechende Präventionsund Aufklärungsarbeit in den letzten Jahren verstärkt. Neben Informationsveranstaltungen ("Wirtschaftsschutztage") referierten Verfassungsschutzmitarbeiter über Akteure und Methoden der Wirtschaftsspionage. Die Behörde war ebenso bei Unternehmerund Sicherheitsmessen vertreten und führte zahlreiche Sensibilisierungsgespräche mit Unternehmern und Sicherheitsverantwortlichen. Wie in den vergangenen Jahren auch, sind im Bereich der Wirtschaftsspionage insbesondere die Russische Föderation und die Volksrepublik China aktiv. Beide Staaten verfügen über sehr leistungsfähige Inund Auslandsnachrichtendienste. Ihre Spionageaktivitäten haben das Ziel, noch vorhandene Entwicklungsrückstände gegenüber hochentwickelten westlichen Industriestaaten zu verringern. Dafür nutzen diese Dienste sowohl Methoden der offenen Informationsbeschaffung (für jedermann zugängliche "öffentliche" Informationen) als auch nachrichtendienstliche Mittel (illegaler Einsatz von Technik und Agenten). Häufig wird angenommen, dass sich die Spionageaktivitäten dieser Staaten hauptsächlich gegen große Unternehmen und multinationale Konzerne richten. Die überwiegende Zahl der Spionageangriffe richtet sich aber gegen kleine und mittelständische Unternehmen. Häufig sind diese Unternehmen nur unzureichend mit den Mitteln, Methoden und Arbeitsweisen von Nachrichtendiensten vertraut und verfügen deshalb nur selten über ausreichende Schutzund Abwehrstrategien. Um aber einen schwerwiegenden Know-how-Verlust im Unternehmen wirkungsvoll zu verhindern, gilt es, bereits erste Verdachtsmomente ernst zu nehmen. Anzeichen für ungewollten Wissensabfluss können zum Beispiel sein: * wiederholte elektronische Angriffe auf Informationssysteme * auffälliges Verhalten und ungewöhnliche Arbeitszeiten von Mitarbeitern * ausgeprägte Neugier * Verstöße gegen Zugriffsbeschränkungen * zwielichtige Ansprachen und Aushorchversuche durch Unbekannte * zweifelhafte Initiativbewerbungen 174 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz * untypische Einbruchsdelikte * unerklärliche Auftragsrückgänge * Verbreitung rufschädigender Firmeninterna Zunehmend zeichnet sich die Tendenz ab, dass sich die Spionageaktivitäten auf das Feld elektronischer Angriffe verlagern. Auch in Zukunft werden Cyber-Angriffe an Intensität und Qualität weiter zunehmen, da sie sehr effektive Sabotageund Spionagemittel sind. Die Ziele elektronischer Attacken sind sehr unterschiedlich. So kann ein Cyberangriff beispielsweise der Informationsbeschaffung in politischen und militärischen Bereichen dienen. Oder es soll geheimes Firmenwissen (Know-how) ausgespäht werden. Wirkungsvoller Schutz fängt bei jedem selbst an. Unter anderem sind der Einsatz aktueller Sicherheitsprodukte und beispielsweise das Einhalten folgender Regeln wichtig: * Virenschutz regelmäßig (am besten täglich) aktualisieren; * regelmäßig Updates für das Betriebssystem laden; * Anti-Spyware-Software immer nutzen; * USB-Datenträger immer auf Viren untersuchen; * Anhänge unerwartet empfangener E-Mails nicht öffnen; * sichere Passwörter nutzen; * drahtlose Schnittstellen bei Nichtverwendung deaktivieren. Es ist schwierig, sich effektiv vor Spionageangriffen zu schützen. Ein hundertprozentiger Schutz ist realistischerweise nicht zu erreichen, in der Regel nicht zu finanzieren und auch nicht unbedingt notwendig. Von besonderer Bedeutung ist es, mögliche Angriffsziele - also das tatsächlich schützenswerte Firmenwissen - zu identifizieren. Dabei handelt es sich um die etwa fünf bis zehn Prozent der Firmendaten, die das "essenzielle Wissen" des Unternehmens darstellen. Dieses Goldene Regeln der Informationstechnik sollte mit entsprechendem Aufwand vor illegalem Eine Information des Zugriff geschützt werden. Je höher der Aufwand, Verfassungsschutzes desto besser ist der Schutz. 175 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gerne unterstützt der Verfassungsschutz Unternehmen bei der Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen. Auch Unternehmen, die bereits von Wirtschaftsspionage betroffen waren, beziehungsweise einen entsprechenden Verdacht hegen, sollten nicht zögern, sich direkt an den Verfassungsschutz zu wenden. Ein vertraulicher Informationsaustausch wird vom Verfassungsschutz garantiert. Alle Informationen werden mit besonderer Verschwiegenheit behandelt. Der Verfassungsschutz ist kompetenter Ansprechpartner bei allen Fragen des Know-how-Schutzes. Er informiert diskret, kostenfrei und leistet praxisgerechte und fachkundige Unterstützung bei der Klärung von Spionageverdachtsfällen. 176 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz 5.3 Proliferation Als proliferationsrelevante Beschaffungsaktivitäten bezeichnet man die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen. Um die illegale Beschaffung von Gütern, Technologien und dem Wissen über Massenvernichtungswaffen aufzuklären und zu verhindern, arbeitet der Verfassungsschutz eng mit dem Zollkriminalamt, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, dem Bundesnachrichtendienst sowie mit der Polizei zusammen. Länder wie Syrien, Nordkorea, Pakistan und der Iran versuchen seit Jahren, ihre Produktion von Massenvernichtungswaffen weiter voranzutreiben. Die Forschungsund Entwicklungsprogramme für Massenvernichtungswaffen sind in diesen Ländern unterschiedlich hoch entwickelt. Die zuständigen Militäreinheiten versuchen ihre Waffenarsenale zu ergänzen, die Lagerungssicherheit dieser Waffen zu verbessern sowie Einsatzmöglichkeiten, Präzision, Reichweite und Effizienz der Waffensysteme zu erhöhen. Dazu brauchen sie das Wissen und die Technologien der führenden Industrienationen, welches sie auf illegalem Wege und unter Umgehung der Exportkontrollen im Ausland beschaffen Ungeachtet anderer Anbieterländer sind bestimmte hochwertige Technologien und Know-how nur bei brandenburgischen Unternehmen zu beziehen. Um die restriktiven Exportkontrollbestimmungen zu umgehen, benutzen die Risikostaaten verschiedene konspirative Methoden. Sie täuschen mit neutralen Handelsfirmen den tatsächlichen Kauf von proliferationsrelevanten Gütern durch ein staatlich gesteuertes Unternehmen vor. Häufig setzen die betroffenen Staaten dafür Nachrichtendienste ein. Durch diese Vorgehensweisen wird es für Lieferfirmen schwierig, den effektiven Verwendungszweck ihres Produktes zu erkennen. Die Bundesregierung hat deswegen eine Frühwarnliste erarbeitet, auf welcher Kundennamen beziehungs177 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 weise Kundenanschriften möglicher potenzieller Proliferationsbeschaffer verzeichnet sind. Mit diesen Hinweisen soll vermieden werden, dass deutsche Unternehmen unabsichtlich zur Beschaffung von Gütern im Rahmen des illegalen Transfers eingebunden werden könnten. Anhaltspunkte für Proliferationsbeschaffungen sind beispielsweise: * Endverbraucher tarnen sich hinter einem unverdächtigen Firmennamen oder einer Universität oder legen gefälschte Exportdokumente vor; * Kundenname beziehungsweise Kundenanschrift sind bereits von der Frühwarnliste erfasst oder es bestehen auffällige Ähnlichkeiten; * nicht zum Herkunftsland des anfragenden Unternehmens passende, ausländische Namen von Firma, Geschäftsführer und/oder Personal (beispielsweise Koreanisch bei einer angeblichen Firmenzentrale in Russland); * der Kunde hat geringe Erfahrungen in geschäftlichen Dingen; * der tatsächliche Endverbleib der Waren ist nicht eindeutig und kann durch den Auftraggeber auch nicht nachweislich erklärt werden; * die Abwicklung von Anfragen und Lieferungen findet über Umweglieferungen zu einer oder mehreren Firmen in Drittländern statt; * Widersprüche hinsichtlich der angefragten Parameter des Produktes und den tatsächlichen Gegebenheiten im Land des Endverbrauchers; * keine Wartungsverträge beziehungsweise routinemäßige Installationsarbeiten, Schulungen oder fehlendes Interesse an Service und Gewährleistungen nach dem Kauf; * vage Liefertermine oder Lieferungen an nicht bekannte Orte erwünscht. In den Fokus ausländischer Nachrichtendienste können auch Hochschulen und wissenschaftliche Institute gelangen. Der Missbrauch von Wissen ist nur sehr schwer zu erkennen und sicher nicht vollständig über Gesetze und Verordnungen einzudämmen. Zum Schutz geheimhaltungswürdiger oder sonstiger proliferationswichtiger Informationen ist Problembewusstsein erforderlich. Deswegen ist bei der Entscheidung über die personelle Besetzung an Forschungsprojekten erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Internationale Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung ist erwünscht, ein illegaler Missbrauch muss aber verhindert werden. 178 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz In erster Linie sind die Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen selbst für die Einhaltung der Exportkontrollbestimmungen verantwortlich. Jedoch sind sie oft nicht in der Lage, vorgetäuschte Absichten ihrer Partner aus Risikoländern zu erkennen. Der brandenburgische Verfassungsschutz tritt nicht als Exportkontrollbehörde auf, sondern klärt in seiner Funktion als "Frühwarnsystem" im Vorfeld über entsprechende Beschaffungsbemühungen und -methoden auf. Im Informationsaustausch mit den anderen Sicherheitsbehörden können zielgruppengerechte Sensibilisierungskonzepte für die Wissensstandorte und Unternehmen erarbeitet und Forschungseinrichtungen sowie Wirtschaftsunternehmen über Gefahren der Proliferation sensibilisiert werden. Der Verfassungsschutz bietet der Wirtschaft und Wissenschaft seine vertrauensvolle Hilfe an. Interessierte können sich mit Fragen jederzeit an die Mitarbeiter der Behörde wenden: Telefon: 0331 866-2500 oder E-Mail: info-wirtschaftsschutz@verfassungsschutz-brandenburg.de 179 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 5.4 Geheimschutz und Sicherheitsüberprüfungen Zum Kernbestand des demokratischen Rechtsstaats gehört der Geheimschutz. Er schützt Tatsachen und Vorgänge - deren Bekanntwerden den Bestand, lebenswichtige Interessen oder die Sicherheit des Bundes oder der Länder gefährden kann - vor unbefugter Kenntnisnahme. Diese geheim zuhaltenden Informationen werden als Verschlusssachen ("VS") bezeichnet. Die Einstufung der bundesweit einheitlich definierten Verschlusssachengrade erfolgt in "VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH", "VSVERTRAULICH", "GEHEIM" und "STRENG GEHEIM". Auch ein demokratischer Staat hat ein Recht auf Geheimnisse. Er hat sogar die Pflicht, bestimmte Sachverhalte geheim zu halten, wenn deren Preisgabe anderenfalls eine Beeinträchtigung der Sicherheit oder Wehrfähigkeit des Landes bedeuten würde. Geheimschutz erfolgt in materieller sowie personeller Hinsicht: Der personelle Geheimschutz umfasst die Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse amtliche Verschlusssachen anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können. Dies ist in Brandenburg in etwa 20 Behörden der Fall: beispielsweise bei der Polizei, den Justizbehörden, der Staatskanzlei, dem Wirtschaftsministerium oder der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg aufgrund der Sicherheitsbestimmungen im Luftverkehr. Rechtliche Grundlage dieser personellen Überprüfungen bildet das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG). Das BbgSÜG gibt Maßnahmen und Maßstäbe vor, anhand derer festgestellt werden soll, ob ein vorgesehener Geheimnisträger nach seinem bisherigen Verhalten prognostisch die nötige Zuverlässigkeit aufweist, mit übertragenen Verschlusssachen vertraulich umzugehen. Die Stufe der Sicherheitsüberprüfung richtet sich nach der Art und der Anzahl der Verschlusssachen, zu denen eine Person künftig Zugang haben darf. Anfragen im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen gemäß: Luftsicherheitsgesetz 5.660 Sprengstoffgesetz 230 Atomgesetz 80 0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 180 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz Das Sicherheitsüberprüfungsverfahren wird von dem zuständigen Geheimschutzbeauftragten eingeleitet, der grundsätzlich in der Behörde angesiedelt ist, in der die zu überprüfende Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit beauftragt werden soll. Eine Überprüfung wird jedoch erst nach schriftlicher Zustimmung des Betroffenen eingeleitet. Unter Mitwirkung der Verfassungsschutzbehörde werden im Laufe des Verfahrens gemäß SS 16 Abs. 2 BbgSÜG verschiedene Datenbanken abgefragt (unter anderem von Polizei, Staatsanwaltschaft, Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder). Ist jemand vor dem 1. Dezember 1971 geboren, erfolgt zusätzlich eine Anfrage bei dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU). Anhaltspunkte, die dem erfolgreichen Abschluss einer Sicherheitsüberprüfung entgegenstehen, sind: * Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit; * eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste oder * Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Solche Anhaltspunkte können selbstverschuldet sein (beispielsweise Straftaten, finanziell bedenklicher Lebensstil), aber auch beim Lebenspartner bestehen (beispielsweise Ehepartner mit erheblicher Anzahl von Straftaten). In solchen Fällen kann es unter Umständen wegen vorliegender Sicherheitsrisiken zur Ablehnung kommen. Im Jahr 2012 wirkte die Verfassungsschutzbehörde Brandenburg an insgesamt 410 Sicherheitsüberprüfungen mit. Die Verfassungsschutzbehörde ist ebenso an Personenüberprüfungen beteiligt, bei denen die Zuverlässigkeit nach dem Atom-, dem Sprengstoffoder dem Luftsicherheitsgesetz zu ermitteln ist. Auch sieht die Bewachungsverordnung für Mitarbeiter des Bewachungsgewerbes eine Möglichkeit vor, die Datenbank des Verfassungsschutzes innerhalb der Zuverlässigkeitsprüfung abzufragen. Es gingen etwas mehr als 6.100 Anfragen im Rahmen von Zuverlässigkeitsüberprüfungen ein: davon rund 5.660 gemäß Luftsicherheitsgesetz, 80 gemäß Atomgesetz, 230 gemäß Sprengstoffgesetz und 135 auf der Grundlage der Bewachungsverordnung. 181 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Sicherheitsüberprüfungen kommen auch für Personen in Wirtschaftsunternehmen oder Forschungseinrichtungen in Betracht. Und zwar dann, wenn sie mit staatlichen Verschlusssachen umgehen und deshalb einer staatlichen Geheimschutzbetreuung unterliegen. Neben dem BbgSÜG ist hier das Handbuch für den Geheimschutz in der Wirtschaft ("Geheimschutzhandbuch") Grundlage von Prüfmaßnahmen, zu dessen Anwendung sich die Beteiligten (Firmenvertreter und Behörde) vertraglich verpflichten. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie GEHEIMSCHUTZHANDBUCH HANDBUCH FÜR DEN GEHEIMSCHUTZ IN DER WIRTSCHAFT 2004 182 Spionageabwehr, Wirtschaftsschutz, Proliferation und Geheimschutz 183 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 184 6. Verfassungsschutz durch Aufklärung Zu den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören nach der Definition des Bundesverfassungsgerichtes die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, Volkssouveränität, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Unabhängigkeit der Gerichte, Mehrparteienprinzip, Chancengleichheit aller politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Ohne die Achtung dieser Prinzipien ist eine Demokratie nicht möglich. Um diese zu schützen, sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Er wertet sie aus und unterrichtet zuständige Stellen. So lautet der Gesetzesauftrag. In einer Demokratie ist die zuständigste aller Stellen der Souverän selbst. Ihn über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu informieren, ist daher eine zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes. Denn der beste Schutz der Verfassung ist der informierte Bürger. Am 31. Dezember 2012 hatte der brandenburgische Verfassungsschutz im Ministerium des Innern 105 Mitarbeiter. An Sachmitteln standen der Verfassungsschutzbehörde im Haushaltsjahr 2012 insgesamt 1.188.100,00 Euro zu Verfügung. Davon wurden 1.188.096,06 Euro verausgabt. Freiheitliche Demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland Menschenrechte Volkssouveränität Gewaltenteilung Verantwortlichkeit der Regierung Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Unabhängigkeit der Gerichte Mehrparteienprinzip Chancengleichheit für Parteien Recht auf parlamentarische Opposition 185 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Der Verfassungsschutz ist der Inlandsnachrichtendienst Deutschlands. Er ist sowohl Bundesals auch Ländersache. Anders als die Polizei hat der Verfassungsschutz keine exekutiven Befugnisse. Kein Verfassungsschützer darf Wohnungen durchsuchen, Personen festnehmen oder vernehmen. Verfassungsschützer sind unbewaffnet und tragen keine Uniform. Im Gegensatz dazu hatte die DDRStaatssicherheit weitreichende exekutive Befugnisse. Sie verstand sich als "Schild und Informationen des Schwert" der "Sozialistischen Einheitspartei Verfassungsschutzes Deutschlands", war militärisch gegliedert und Was wir schützen Wie wir schützen bewaffnet. Sie unterlag keinerlei demokratischer Kontrolle und beschäftigte fast 100.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Im Jahr 1989 kamen etwa 170 DDR-Bürger auf einen Mitarbeiter der Staatssicherheit. In der Bundesrepublik kommen dagegen auf einen Verfassungsschützer etwa 14.000 Einwohner. Im demokratischen Rechtsstaat wachen parlamentarische Gremien über alle Aktivitäten des Verfassungsschutzes. Im Landtag Brandenburg sind das die "Parlamentarische Kontrollkommission" und die "G 10-Kommission". Die "Parlamentarische Kontrollkommission" ist von der Landesregierung unter anderem umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten (SS 25 Abs. 1 Brandenburgisches VerfassungsschutzFeinde der Demokratie Feinde der Demokratie Feinde der Demokratie Rechtsextremisten Linksextremisten Islamistische Extremisten Eine Information des Eine Information des Eine Information des Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes 186 Verfassungsschutz durch Aufklärung gesetz). Die "Parlamentarische Kontrollkommission" (PKK) kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen. Bei besonderem Aufklärungsbedarf können Bedienstete mit Zustimmung des Innenministers zum Sachverhalt befragt werden. Darüber hinaus wird die PKK regelmäßig ohne Aufforderung nach SS 7, Absatz 3 in Verbindung mit (4) Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz über Vertrauensleute und Observationen sowie Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen informiert. Der Landtag beschließt über Größe und Zusammensetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission. Sie soll nicht mehr als sieben Mitglieder haben. Hierbei muss die parlamentarische Opposition angemessen vertreten sein (SS 24 Abs. 1 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz). 2012 hatte die Parlamentarische Kontrollkommission folgende Zusammensetzung: SPD (2), DIE LINKE (2), CDU (1), FDP (1) und Bündnis 90/Die Grünen (1). Das Gremium tritt in der Regel alle zwei Monate zusammen. Beratungen erfolgen in nichtöffentlicher Sitzung. Beschränkungen des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses werden durch die vom Landtag gewählte "G 10-Kommission" vor deren Vollzug auf ihre Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft. Anordnungen, welche die "G 10-Kommission" für unzulässig oder nicht notwendig erachtet, hat das Innenministerium unverzüglich aufzuheben. Die Kontrollbefugnis erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem "Artikel 10-Gesetz" erlangten personenbezogenen Daten. Die "G 10-Kommission" besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muss, und zwei Beisitzern. Mitglieder Kritische Feinde der Demokratie Feinde der Demokratie Kombinationen auf Antisemiten Hassmusiker Kfz-Kennzeichen Eine Information des Eine Information des Eine Information des Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes Verfassungsschutzes 187 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 der "G 10-Kommission" sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen (SS 2 Abs. 3 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes). Bürger haben das Recht, ein Auskunftsersuchen beim Verfassungsschutz zu stellen. Davon machten im Jahr 2012 rund 68 Bürger Gebrauch. Der Verfassungsschutz hält den Einsatz von menschlichen Quellen zur Erfüllung seines Auftrages für unabdingbar. Denn Quellen sind durch andere nachrichtendienstliche Mittel nicht zu ersetzen. Im Bereich des Rechtsextremismus haben Quellen maßgeblich dazu beigetragen, dass die jeweiligen brandenburgischen Innenminister acht Vereinsverbote erlassen konnten (siehe Kapitel 1.1). Ihre Informationen und die von ihnen beschafften Materialien sind teilweise direkt in die Verbotsverfügungen eingeflossen. Ebenso führten Quellenhinweise dazu, entsprechende Materialien und Informationen zu beschaffen. Mit diesen Verboten wurde die Ausbreitung neonationalsozialistischer Ideologie maßgeblich unterbunden. Der erfolgreiche Einsatz von Quellen spielt sich nicht in der Öffentlichkeit ab. Erwähnt sei an dieser Stelle trotzdem ein Beispiel aus dem Jahr 2000. Damals wurden aufgrund eines entsprechenden Hinweises Maßnahmen eingeleitet. Diese führten unter anderem zur Sicherstellung von Waffen, Schlagwerkzeugen, einschlägigen Musik-CDs und Videos. Ebenso konnte und kann die Eindämmung rechtsextremistischer Hasskonzerte durch den Einsatz von Quellen ermöglicht werden. Auch beschaffen Quellen rechtsextremistische Tonträger als Grundlage für Indizierungen (siehe Kapitel 2.1). Strafrechtliche Maßnahmen gegen die Hersteller und Verbreiter solcher Tonträger sind eine weitere Konsequenz dieses Quelleneinsatzes. Der Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen ist im Verfassungsschutzgesetz des Landes Brandenburg und insbesondere detailliert in der "Dienstvorschrift Beschaffung" geregelt. Diese legen sowohl Mindeststandards als auch den Ausschluss von Straftaten beim Quelleneinsatz Symbole und Kennzeichen fest. des Rechtsextremismus Eine Information des Dieses Jahr feiert das Handlungskonzept "ToVerfassungsschutzes lerantes Brandenburg" sein 15-jähriges Bestehen. Der brandenburgische Verfassungsschutz 188 Verfassungsschutz durch Aufklärung sah sich immer als Teil dieses Konzeptes und erfüllte bereits in den Jahren zuvor seinen gesetzlichen Auftrag "Verfassungsschutz durch Aufklärung" mit Leben. Damit verbunden ist größtmögliche Transparenz und der ausführliche Informationsfluss Richtung Zivilgesellschaft. Schließlich können Erkenntnisse des Verfassungsschutzes nur dann der wehrhaften Demokratie dienen, wenn sie breit kommuniziert werden. Bereits seit 1994 erscheint jährlich der Verfassungsschutzbericht. Obwohl die Behörde damals lediglich 40 Mitarbeiter zählte und sich noch in der Aufbauphase befand, wurde auf 145 Seiten detailliert geschildert, wie Extremisten versuchen, die freiheitliche demokratische Grundordnung im Land Brandenburg zu beeinträchtigen oder sogar zu beseitigen. Bis heute beträgt die Gesamtauflage aller 20 bisher erschienenen Verfassungsschutzberichte inklusive des 2012er Berichts etwa 113.000 Exemplare. Schon in den frühen 1990er Jahren war die Bekämpfung des Rechtsextremismus zentrale Aufgabe. Und die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Extremismus fand auf breiter Ebene statt. Um die Zivilgesellschaft möglichst umfangreich aufzuklären, wurde 1993 eine bundesweite Kampagne gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit unter dem Leitmotiv "Fairständnis Menschenwürde fördern - Gegen Fremdenhass" ins Leben gerufen. Unter Beibehaltung des Leitmotivs "Fairständnis" wurden auch in Brandenburg mit Beteiligung des Verfassungsschutzes regionale Veranstaltungen wie Ausstellungen, Projekttage und Vorträge organisiert. Von 1994 bis 1998 war die Wanderausstellung "Demokratie - aber sicher!" als gemeinsame Maßnahme der Verfassungsschutzbehörden aller neuen Bundesländer auch in Brandenburg unterwegs. Hierzulande wurde die Ausstellung an 27 verschiedenen Orten in Rathäusern, Bibliotheken und vor allem in Schulen gezeigt. Mehr als 12.800 Besucher unterstreichen das hohe Interesse. Im Rahmen der Präsentationen fanden Sonderveranstaltungen und Filmvorführungen mit anschließenden Diskussionen statt. Das Begleitheft erfreute sich großer Nachfrage. Erste Anti-Gewalt-Poster wurden zur Verfügung gestellt. Ebenso fand das Computerspiel "DunkKommunen für Freiheit und Demokratie le Schatten" viel Anklang. Insgesamt wirkte der Ein Handlungsfaden für wehrhaften Umgang mit Extremisten brandenburgische Verfassungsschutz ab Mitte der 1990er Jahre beispielsweise in Rathenow Verfassungsschutz Brandenburg 189 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (HVL), Senftenberg (OSL) und Guben (SPN) an Projekten der kommunalen Jugendarbeit mit. Und seit 1995 wurden deutsch-polnische Jugendtreffen unterstützt. Seit 1999 ist der Verfassungsschutz auf den Brandenburg-Tagen mit einem eigenen Informationsstand vertreten. Damit Informationen breiter gestreut werden können, nutzt der Verfassungsschutz seit 2005 ein Info-Mobil. Zunächst war die Aufschrift "Verfassungsschutz Brandenburg" noch recht klein. Doch seit 2010 ist das Fahrzeug großflächig mit "Unterwegs für Freiheit und Demokratie" bedruckt. Verfassungsschutzmitarbeiter besuchen damit Messen, Feste, Konzerte oder sonstige Veranstaltungen. So steht die Behörde in direktem Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern. In den Jahren 2010 bis 2012 wurden 57 solcher Info-Stände gestaltet; 30 davon im Jahr 2012 beispielsweise beim "Tag der offenen Tür" der Polizeidirektion Süd, beim 15. Kreisjugendlager der Jugendfeuerwehr Spree-Neiße oder beim Stadtfest in Vetschau (OSL). "Verfassungsschutz durch Aufklärung" wird von den Mitarbeitern besonders intensiv mit Vorträgen, Lagebildern und Hintergrundberichten vor großem, offenem Publikum oder in kleineren Gesprächskreisen betrieben. So informieren sie über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Diese der Prävention und der Gefahrenabwehr dienende Informationsarbeit ist für einen modernen Nachrichtendienst unverzichtbar, um die gesammelten Erkenntnisse zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wirksam werden zu lassen. Extremisten werden so aus der Anonymität geholt. Die Öffentlichkeit, auf die das Informationsangebot des Verfassungsschutzes zielt, ist so vielfältig wie die brandenburgische Gesellschaft. Seit 1995 sind die Mitarbeiter des brandenburgischen Verfassungsschutzes im Land unterwegs und halten Vorträge vor Lehrern und Schülern, Auszubildenden, Krankenpflegern, Kirchenvertretern, Richtern, Staatsanwälten, Sportlern, Sozialarbeitern, Unternehmern, Polizisten, Kommunalbediensteten, Parteiund Gewerkschaftsmitgliedern, Feuerwehrangehörigen, Mitgliedern des Technischen Hilfswerks, Soldaten, Mitgliedern sozialer Verbände und vor vielen mehr. Im Zentrum steht das Thema Verteidigung der Demokratie gegen Rechtsextremismus. Ebenso werden die Themen Linksextremismus, islamistischer Extremismus und Wirtschaftsschutz abgedeckt. Seit dem Jahr 2008 werden alle Vorträge statistisch erfasst. In den fünf Jahren von 2008 bis 2012 haben Mitarbeiter des Verfassungsschutzes 632 Mal referiert. Etwa 23.700 Per190 Verfassungsschutz durch Aufklärung sonen nahmen daran teil. 2012 waren es 116 Vorträge mit rund 4.400 Zuhörerinnen und Zuhörern. Seit dem 1. September 2001 hat der Verfassungsschutz Brandenburg eine eigene Internetseite. Zu Beginn verzeichnete sie rund 60.000 Zugriffe pro Jahr. 2012 waren es bereits über 980.000. Mittlerweile kann der Verfassungsschutzbericht als PDF-Datei und - optimiert für entsprechende Reader - in den Formaten EPUB sowie MOBI als elektronisches Buch gelesen werden. Insgesamt sind zurzeit 54 ständig aktualisierte Dokumente von der Homepage abrufbar. Die meisten sind ebenfalls in Druckform vorrätig. Eigene Publikationen verlegt die Behörde bereits seit den ersten Jahren ihres Bestehens. Von diesen Materialien wurden 2012 weit über 26.000 Exemplare verteilt und verschickt. 2006 wurde das Planspiel "Demokratie und Extremismus" vom brandenburgischen Verfassungsschutz entwickelt und Jugendlichen ab dem 17. Lebensjahr angeboten. Zwischen 2006 und 2009 erlebten fast 500 Lehrer und Schüler bei fast 30 Planspielen hautnah die Konflikte zwischen der Demokratie und ihren Feinden. Sie lernten, was die freiheitliche demokratische Grundordnung für jeden einzelnen bedeutet und das sie ein schützenswertes Gut ist. Dafür braucht es Engagement und Zivilcourage. In den Jahren 2008 bis 2012 besuchten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes 83 Mal Schulen im Land und hielten - auch im Rahmen von Workshops - Vorträge. 2.230 Schüler und Lehrer nahmen teil. Im Jahr 2012 gab es 14 solcher Termine mit 330 Teilnehmern. Brandenburg setzt auch virtuell auf Vernetzung. Mit dem Projekt "KommunalWiki gegen ExtremisMinisterium für Inneres mus" werden Verwaltungen und Kommunen Inforund Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen mationen zum Umgang mit Extremisten zur Verfügung gestellt. Die ursprünglich in Nordrhein-Westfalen entwickelte Plattform "KommunalWiki" ist nur über das Landesverwaltungsnetz zu erreichen und ermöglicht ebenso einen interaktiven Informationsaustausch. KommunalWiki Um anschaulich zu machen, was die freiheitliche gegen Extremismus demokratische Grundordnung für jeden bedeutet, Kommunen für Freiheit und Demokratie hat das Referat "Verfassungsschutz durch Aufklärung" verschiedene Konzepte entwickelt und Netz191 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 werke mit unterschiedlichen Kooperationspartnern geschaffen. Mit dem Landesfeuerwehrverband besteht seit 2007 eine strategische Kooperation. Hierbei handelt es sich um die Schulung von Jugendwarten sowie Führungskräften der Feuerwehr an der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt (LOS). Diese Kooperation ist inzwischen fester Bestandteil im dortigen Weiterbildungsprogramm. Zwischen 2008 und 2012 nahmen rund 1.132 Feuerwehrleute in 49 Veranstaltungen daran teil. 2012 waren es zehn Veranstaltungen mit 203 Teilnehmern. Darüber hinaus ist der Verfassungsschutz mit dem Info-Mobil bei vielen Feuerwehrveranstaltungen im ganzen Land zu Gast. Verstetigt hat sich die erfolgreiche Kooperation mit der Koordinierungsstelle "Tolerantes Brandenburg", "demos - Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung", dem Städteund Gemeindebund, dem Landkreistag, der Polizeifachhochschule, der "Brandenburgischen Kommunalakademie" und dem Landesjugendamt. Hierbei wird das Spezialwissen der Kooperationspartner gebündelt und gezielt an die Bedarfsträger gesteuert. Gemeinsam wurden seit Sommer 2008 unter anderem an der Polizeifachhochschule in Oranienburg (OHV) an insgesamt 26 Tagen Info-Veranstaltungen angeboten. Daran haben rund 1.060 Personen von Polizei, Kommunalbehörden und aus der Sozialarbeit teilgenommen. Zielsetzungen waren jeweils der Umgang mit extremistischen Aktivitäten aus polizeilicher wie ordnungsrechtlicher Sicht im Zusammenhang mit Wahlkämpfen; der Umgang mit "Reichsbürgern", das Verhalten gegenüber extremistischen Mandatsträgern in kommunalen Vertretungen, der arbeitsrechtliche Um192 Verfassungsschutz durch Aufklärung gang mit Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst sowie Informationsveranstaltungen für Jugendund Sozialarbeiter zum Thema Extremismus. Dass dieses Konzept sehr gut angenommen wird, zeigt die hohe Nachfrage. Nahezu alle Veranstaltungen waren vollständig ausgebucht. Im Jahr 2012 fanden im Rahmen dieser Kooperation drei Veranstaltungen zum Thema "Reichsbürger" mit 230 Personen statt. Für Vorträge und Info-Mobil-Einsätze legten die Verfassungsschützer im Jahr 2012 fast 24.000 Kilometer zurück. Dabei verbrachten sie knapp 350 Stunden auf den Straßen. Fast 600 Stunden beanspruchten die Einsätze vor Ort. Die Vorund Nachbereitung aller Einsätze umfasste mehr als 400 Stunden. Wirksame Präventionsund Öffentlichkeitsarbeit muss sich kontinuierlich an den Bedürfnissen der Zivilgesellschaft und den Erfordernissen der wehrhaften Demokratie orientieren. Daher hat der brandenburgische Verfassungsschutz im Sommer 2009 mit der landesweiten Informationsreihe "Regionale Sicherheitsdialoge - Integration, Radikalisierung und islamistischer Extremismus" (IRIS) auf Veränderungen im Bereich des islamistischen Extremismus/Terrorismus reagiert. In Kooperation mit der Landesintegrationsbeauftragten wurden Vertreter lokaler Behörden und weiterer Einrichtungen informiert und zugleich zur Integration ausländischer Mitbürger ermutigt. IRIS fand jeweils eintägig in allen 18 Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten statt. Die neunzehnte Veranstaltung war ausschließlich für Mitarbeiter von Ausländerbehörden. Insgesamt haben 915 Personen teilgenommen. IRIS endete im Sommer 2011. Die Evaluierung ergab eine äußerst positive Resonanz. Eine Fortsetzung ist geplant. Fachtagungen zu aktuellen Themen sind eine weitere Säule der Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes. Im August 2012 nahmen an der Fachtagung "Verfassungsfeinde und das KapiWIRTSCHAFTSSCHUTZTAG BERLIN-BRANDENBURG 2011 tal - Finanzströme im RechtsextremisFachtagung des Verfassungsschutzes und mus" 190 Personen teil. Die vorangeder Beuth Hochschule für Technik Berlin am 7. April 2011 in Berlin gangenen Themen lauteten: "Hass-Musik" (2005), "Antisemitismus - GleichTagungsband 193 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 klang zwischen den Extremen" (2007), "Freiheit, Islam und Extremismus" (2007), "Fußball, Gewalt und Rechtsextremismus" (2008), "Extremismus 2.0 - die dunkle Seite des Internets" (2009), "Islamistischer Extremismus, Konvertiten und Terrorismus - Bedrohungen im Wandel" (2009), "Schwarze Blöcke rechts und links - Autonome Extremisten auf Gewaltkurs (2010) und "Kultur des Hasses - Extremisten und Musik" (2011). Zwei Wirtschaftsschutztagungen gab es im Jahr 2010: "1. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz, Wirtschaftsspionage - Risiko für Unternehmen" und "2. Brandenburger Forum Wirtschaftsschutz - Innovationsschutz in Universitäten und Unternehmen". Hinzu kommt der "Wirtschaftsschutztag Berlin-Brandenburg 2011". Er wurde von den Verfassungsschutzbehörden Berlin und Brandenburg sowie der "Beuth Hochschule für Technik Berlin" organisiert. An diesen insgesamt zwölf Veranstaltungen haben zwischen 2005 und 2012 mehr als 1.800 Personen teilgenommen. Zu jeder Fachtagung sind Dokumentationen auf der Homepage des Verfassungsschutzes abrufbar. Bei "Verfassungsschutz durch Aufklärung" wird insbesondere mit Sachsen zusammengearbeitet. Die 2012er Fachtagung "Verfassungsfeinde und das Kapital - Finanzströme im Rechtsextremismus" fand bereits in Kooperation statt. Zudem veranstalteten beide Behörden im Oktober 2012 das "Forum starke Demokratie" in Schleife Verfassungsfeinde und das Kapital Finanzströme im Rechtsextremismus (Sachsen). Hierbei ging es um das ZurückdränEine Veranstaltung des Verfassungsschutzes Länder Brandenburg gen rechtsextremistischer Konzerte in Szene-Objekten. 60 Interessierte nahmen teil. Schließlich und Sachsen am 23. August 2012 in Potsdam Tagungsband hat im Januar 2013 die Fachtagung "Rechtsextremismus zwischen 'Mitte der Gesellschaft' und Gegenkultur" in Dresden mit 170 Teilnehmern stattgefunden. Gemeinsam wurden ebenso Tagungen dokumentiert und die Broschüren "Kommunen für Freiheit und Demokratie - Ein Handlungsleitfaden für wehrhaften Umgang mit Extremisten" sowie das "Lagebild 2008 - Brandenburg/Sachsen" herausgegeben. Im März 2012 boten die Landeszentrale für politische Bildung und der Verfassungsschutz die erste gemeinsame Veranstaltung zum Thema "Verfassungsschutz durch Aufklärung" mit großem Erfolg an. Mit 60 Teilnehmern war der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt. 194 Verfassungsschutz durch Aufklärung 195 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 196 ANHANG 197 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 198 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus 7.1 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Rechtsextremisten denken in rassistischen Kategorien von Überund Unterordnung und drücken dies durch Symbole und Kennzeichen aus. In der Gruppe definieren Rechtsextremisten sich über ihre "Gemeinschaft" und grenzen sich von anderen ab, die sie zu ihren "Feinden" erklären. Durch Symbole werden Feindbilder sowie Gemeinschaftsgefühl gestärkt und in die Öffentlichkeit getragen. Vorbild ist die Symbolik des Nationalsozialismus. Es ist in Deutschland strafbar, Kennzeichen verbotener und ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen öffentlich zu zeigen. Deswegen suchen Rechtsextremisten nach Alternativen, um die Verbundenheit untereinander und ihre Ablehnung der Demokratie zum Ausdruck zu bringen. Dabei greifen sie auf Symbole, Codes und Modemarken zurück. Zeichen, die dem "Germanischen" oder allgemein "Nordischen" zugeordnet werden, sind zentral für die rechtsextremistische Symbolik. Die Runenschrift soll die angebliche Überlegenheit der "nordischen Rasse" demonstrieren. Die Frakturschrift wird als besonders "deutsche" Schrift verstanden, obwohl gerade sie 1941 im "Dritten Reich" als "Judenlettern" verboten wurde. Auch Zeichen aus internationalen rassistischen Zusammenhängen werden gebraucht, so etwa die "White Power"-Symbolik, welche bei US-amerikanischen Rassisten Anwendung findet. Mittlerweile ist das ursprünglich in der "linken" Protestkultur der 1980er Jahre verbreitete Palästinensertuch sogar bei Rechtsextremisten, besonders unter den "Autonomen Nationalisten", ein sehr beliebtes Accessoire. Schließlich lassen sich darüber antisemitische Einstellungen zum Ausdruck bringen. Mittels der Symbolik erkennen Rechtsextremisten Gleichgesinnte und grenzen sich gleichzeitig von ihrer Umwelt ab. Dabei setzen sie auch auf Zahlencodes. Die als Gruß verwendete Zahl "14" zum Beispiel steht für die von US-amerikanischen Rassisten verwendete, aus vierzehn Worten bestehende Formel "We must secure the existence of our people and a future for white children" (Wir müssen den Bestand unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern). Die "18" steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet (Adolf Hitler). "88" wiederum signalisiert den verbotenen Gruß "Heil Hitler". Symbolträchtig sind für Rechtsextremisten auch Daten: Der Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß oder der 199 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "Heldengedenktag" geben Rechtsextremisten immer wieder Anlass zu demonstrativen Aktionen. In geschlossenen Szeneveranstaltungen scheuen sich Rechtsextremisten wenig, verbotene oder strafbare Kennzeichen zu verwenden oder entsprechende Handlungen zu begehen. Das Zeigen des "Hitlergrußes" und das Brüllen von "Sieg Heil" sind ritualisierte Bestandteile bei Skinheadkonzerten. In der Öffentlichkeit siegt hingegen regelmäßig die Angst vor Bestrafung über die politische Gesinnung. Rechtsextremisten versuchen öffentlich oft nur solche Symbole zu verwenden, die die Strafbarkeitsschwelle noch nicht überschreiten. Manche Kleiderlabel wie "LONSDALE" haben eindeutig demonstriert, dass sie sich nicht mit ihrer rechtsextremistischen Kundschaft gemein machen. "LONSDALE" war bei Rechtsextremisten beliebt, weil dieser Firmenname die Buchstaben NSDA und damit in ihren Augen eine Reminiszenz an die NSDAP enthält. Es gibt allerdings immer noch Markenbekleidung, die wenig Zweifel an der Gesinnung ihrer Hersteller und Träger aufkommen lässt: "CONSDAPLE" etwa ist solch ein Kleiderlabel, das sich bei Rechtsextremisten richtiggehend anbiedert. Im Wort selbst befindet sich die Buchstabenfolge "NSDAP". Die Marke "Thor Steinar" ist bei Rechtsextremisten ebenfalls beliebt. Das Tragen von "Thor Steinar" dient als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten. Die in Königs Wusterhausen ansässige Marke "Eric and Sons" ist bemüht, daran anzuknüpfen. Nicht umsonst bezeichnete der einschlägig rechtsextremistisch bekannte Internet-Versandhandel "Rock-Nord" die Käufer von "Thor Steinar"Artikeln als "patriotische" Kunden. Die Mittel des Rechtsstaates können zwar rechtsextremistische Symbolik nicht völlig aus dem Licht der Öffentlichkeit verbannen. Allerdings sind Staat und Gesellschaft aufmerksam gegenüber einschlägigen Kennzeichen. Das zeigt sich auch am Verhalten der Brandenburgerinnen und Brandenburger, die in ihrer ganz großen Mehrheit keine rechtsextremistischen Zeichen und Symbole dulden und zur Anzeige bringen. Die Strafverfolgung tut ihr Übriges. Dies nimmt Rechtsextremisten öffentlichen Raum und Aufmerksamkeit und dient damit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Unter den Straftaten, die aus einer rechtsextremistischen Motivation heraus begangen werden, ragen in der Statistik regelmäßig Propagandade200 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus likte heraus. Bundesweit, wie auch in Brandenburg, machen sie über die Hälfte aller rechtsextremistischen Straftaten aus. Das nun folgende Kapitel soll Hinweise für die öffentliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und seinen Kennzeichen und Symbolen geben. Gesetzliche Grundlagen SS 86 Strafgesetzbuch Unter den strafrechtlich erfassten so genannten Propagandadelikten versteht man die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (SS 86 Strafgesetzbuch - StGB) und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (SS 86 a StGB). Bundesweit machen sie den größten Anteil der rechtsextremistischen Delikte aus. SS 86 Strafgesetzbuch - Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (1) Wer Propagandamittel 1. einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist, 2. einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, dass sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist, 3. einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder 4. Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, im Inland verbreitet oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt oder in Datenspeichern 201 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 öffentlich zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche Schriften (SS 11 Abs. 3 StGB), deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. (3) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient. (4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Das Gesetz nennt zwar nur den Begriff "Schriften", hierzu zählen nach SS 11 Abs. 3 StGB jedoch auch: Tonträger: zum Beispiel CDs, Magnetbänder, -kassetten und -platten, Schallplatten und Walzen, Bildträger: zum Beispiel Videos, DVDs, CD-ROMs, Abbildungen: unmittelbar durch Gesichtsoder Tastsinn wahrnehmbare Wiedergaben der Außenwelt, vor allem Fotos, Dias und in der Regel auch Filme, Darstellungen: jedes Gebilde von gewisser Dauer, das sinnlich wahrnehmbar Vorstellungen oder Gedanken ausdrückt, zum Beispiel abstrakte Bilder, Plastiken, Datenträger, Bildschirmtexte aber auch Kennzeichen. Verwenden bedeutet jeden Gebrauch, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht, also insbesondere das Tragen, Zeigen, Ausstellen, Vorführen, Vorspielen, Ausrufen, Veröffentlichen auf Webseiten. Vorrätig halten ist der Besitz zu einem bestimmten Verwendungszweck. Es genügen einzelne Stücke, die zur freien Verfügung stehen. Der Täter muss über den Absatz zumindest bestimmen können. Zu beachten ist: Die reine Lagerung ist für die Erfüllung eines Straftatbestands nicht ausreichend. Verbreiten umfasst das öffentliche Zugänglichmachen beziehungsweise die Weitergabe an eine größere, nicht mehr kontrollierbare Zahl von Per202 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus sonen. Auch die Weitergabe an eine einzelne Person kann bereits Verbreiten im Sinne des Gesetzes sein, wenn es von der Vorstellung getragen ist, dass die Sache von dieser Person weiteren Personen zugänglich gemacht wird. Vorkonstitutionelle Schriften Vorkonstitutionelle, das heißt vor Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 entstandene Schriften SS (und andere Propagandamittel), zum Beispiel das 1923 von Adolf Hitler diktierte Buch "Mein Kampf", SS stellen in erhalten gebliebenen historischen Exemplaren einen Sonderfall dar: Sie fallen nicht unSS ter SS 86 StGB. Dennoch ist etwa die unveränderte Neuauflage von "Mein Kampf" in Deutschland SS nicht erlaubt. Der Freistaat Bayern besitzt zum Teil die Urheberrechte und gestattet keinen Nachdruck. Die Herstellung und Verbreitung der Schrift ist eine Straftat nach dem Urheberrecht. SS 86 a Strafgesetzbuch SS 86 a Strafgesetzbuch - Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. im Inland Kennzeichen einer der in SS 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften (SS 11 Abs. 3 Strafgesetzbuch) verwendet oder 2. Gegenstände, die derartige Kennzeichen darstellen oder enthalten, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) SS 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend. 203 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sind oftmals ohne besondere Fachkenntnisse erkennbar. Vor allem aus der Zeit des Nationalsozialismus sind eine Vielzahl von Beispielen bekannt. Für diese Epoche und das uneingeschränkte Bekenntnis zum damaligen Unrechtsregime sind insbesondere die Verwendung von Hakenkreuz oder "Sig"-Rune charakteristisch. SS SS SS SS SS Parteiabzeichen der NSDAP SS Doppelte "Sig"-Rune der SS Allerdings bezieht sich SS 86 a StGB nicht nur auf Kennzeichen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Auch Kennzeichen von neonazistischen Organisationen, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind und sich oft der Symbolik des Nationalsozialismus in abgewandelter Form bedienen, sind nach SS 86 a StGB strafrechtlich relevant. Nach dem Verbot einer Organisation dürfen auch deren Kennzeichen nicht mehr verwendet werden. Durch ihr nur begrenztes Erscheinen in der Öffentlichkeit sind diese im Gegensatz zum Hakenkreuz und der "Sig"-Rune jedoch weit weniger im öffentlichen Bewusstsein präsent und werden oft nicht sofort mit einem extremistischen Hintergrund verbunden. Hinzu kommen nicht durch das Strafrecht erfasste, vergleichsweise neue und in vielen Fällen verschlüsselte Symbole und Parolen der rechtsextremistischen und neonationalsozialistischen Szene, die nur deren Angehörigen selbst oder dem geschulten Beobachter die Verbindung zum Rechtsextremismus zeigen. Gleichwohl verrät der Benutzer damit einen bestimmten ideologischen Standort. Sozialadäquanzklausel SS 86 Abs. 3 und SS 86 a Abs. 3 StGB enthalten eine Sozialadäquanzklausel, das heißt die Verbote gelten nicht für bestimmte Verwendungen von Kennzeichen in den Bereichen der Wissenschaft und Lehre, der Kunst oder der staatsbürgerlichen Aufklärung, wie auch im Fall dieser Veröffentlichung. 204 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Gleichermaßen ist auch das Verwenden von Kennzeichen nicht strafbar, aus denen der unbefangene Beobachter eine Ablehnung der NS-Ideologie erkennen kann. Beispielhaft dafür sind folgende Darstellungen, auf denen das Hakenkreuz abgebildet ist, um zum Beispiel gegen die Veröffentlichung rechtsextremistischer Zeitungen zu protestieren. Beispiele für die Verwendung des Hakenkreuzes gemäß der Sozialadäquanzklausel Ebenfalls erlaubt ist die Verwendung des Hakenkreuzes in durchgestrichener Form. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass der Gebrauch des Kennzeichens einer verfassungswidrigen Organisation nicht von SS 86 a StGB erfasst wird, wenn der Inhalt der Darstellung in offenkundiger und eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringt.1 1 Vgl. Urteil des BHG vom 15. März 2007, Az.: 3 StR 486/06 205 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Symbole und Kennzeichen Hakenkreuz Das Hakenkreuz ist das bekannteste, untrennbar SS mit dem Nationalsozialismus verbundene Zeichen. Doch es ist keine Erfindung Hitlers. Bereits in frühSS geschichtlicher Zeit war es in verschiedenen Kulturen verbreitet. Es findet sich auf Abbildungen in SS Tempeln und auf Götterdarstellungen in Asien und Vorderasien. Ebenso kommt es auf antiken Vasenmalereien und als Verzierung auf Alltagsgegenständen bei Germanen und Kelten vor. In Deuschland wurde das Hakenkreuz Ende des 19. Jahrhunderts vor allem durch völkisch-nationalistische und esoterische Gruppen wiederentdeckt. Dem Hakenkreuz wurde eine arisch-germanische sowie antisemitische Bedeutung gegeben. Einige Organisationen und Jugendbewegungen machten es zu ihrem Erkennungszeichen. Später wählte Adolf Hitler das Hakenkreuz als Symbol für die nationalsozialistische Bewegung. Ab 1920 war es Kennzeichen der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP). Nach der nationalsozialistischen Machtübergreifung im Jahr 1933 wurde das ursprüngliche Parteikennzeichen am 5. November 1935 zum Hoheitszeichen des Deutschen Reiches. Mit dem Reichsadler symbolisierte es die Einheit von Partei und Staat. Flaggen SS Die von 1935 bis 1945 verwendete SS Reichskriegsflagge des "Dritten Reiches" ist heute verboten. Auf der Suche nach SS einem Ersatz nutzen Rechtsextremisten SS bei ihren Aufmärschen oft Flaggen andeSS rer Epochen, die nicht mit dem nationalsozialistischen Regime und seiner Ideologie verbunden sind. Insbesondere die Flagge des Norddeutschen Bundes und des deutschen Kaiserreiches sowie die Fahne der Reichswehr ab 1933 - vor der Bildung der Deutschen Wehrmacht 1935 und noch ohne Hakenkreuz - dienen häufig als Ersatzsymbole. 206 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus 1867 - 1921 Diese Fahne wurde 1867 vom Norddeutschen Bund zur Flagge der Kriegsund Handelsmarine bestimmt und 1892 zur Kriegsflagge des Deutschen Reiches erhoben. 1922 - 1933 Reichskriegsflagge der Weimarer Republik 1933 - 1935 Fahne der Reichswehr Eine Straftat ist die Verwendung dieser historischen Flaggen nicht. Da aber Rechtsextremisten diese Flaggen immer wieder bei Aufmärschen mitführen, werden sie kaum noch als Teil der Traditionspflege, sondern eher als Ausdruck einer politischen Gesinnung verstanden. Deshalb weisen in manchen Bundesländern, so auch in Brandenburg, Erlasse der Innenministerien die Polizei an, "das Zeigen oder Verwenden der Reichskriegsflagge aus der Zeit vor 1933 in der Öffentlichkeit zu unterbinden und die Flagge [...] sicherzustellen". Die öffentliche Verwendung der Flagge kann in diesem Kontext als "Verstoß gegen die öffentliche Ordnung" gewertet werden. In dem Erlass des brandenburgischen Innenministeriums vom 18. April 2008 heißt es: "Die Reichskriegsflagge ist weiterhin Symbol nationalsozialistischer Anschauungen und/oder von Ausländerfeindlichkeiten. Ihre 207 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Verwendung in der Öffentlichkeit stellt eine nachhaltige Beeinträchtigung der Voraussetzungen für ein geordnetes staatsbürgerliches Zusammenleben und damit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar. Reichskriegsflaggen im Sinne dieses Erlasses sind nachfolgend genannte Flaggen: - Kriegsflagge des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1867 bis 1921 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1922 bis 1933 - Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1933 bis 1935 Die Kriegsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945 enthält neben dem Eisernen Kreuz zusätzlich das Hakenkreuz. Das Zeigen dieser Flagge ist nach SS86a StGB strafbar. Nach SS86a Abs.2 Satz 2 StGB ist auch das Verbreiten und Verwenden solcher Kennzeichen strafbar, die den Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Verwechseln ähnlich sind." Schriftzeichen Runen sind die ältesten germanischen Schriftzeichen. Sie stellten jedoch keine Schrift im eigentlichen Sinne dar, sondern dienten vor allem Priestern zu magischen und kultischen Zwecken. Mit der völkischen Verklärung des Germanentums entdeckten die Nationalsozialisten die von der lateinischen Schrift verdrängten Runen neu und sahen in diesen Zeichen einen wichtigen Bestandteil der "arischen Kultur". Das "Runenalphabet" (nach der ersten Buchstabenreihe "Futhark" genannt) unterlag im Laufe der Zeit Veränderungen, was sowohl die Anzahl der Zeichen als auch ihre Form und Benennung betraf. SS Unter der Vielzahl überlieferter Runen aus germanischer Zeit wurden jedoch nur wenige tatsächlich SS im Nationalsozialismus verwendet und instrumentalisiert. Am bekanntesten ist die "Sig"-Rune als SS Kennzeichen des "Deutschen Jungvolks" (DJ) und - als doppelte "Sig"-Rune - auch Kennzeichen der "Schutzstaffel" (SS) der NSDAP. Der Ursprung der 208 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Fehu (f) Hagalaz (h) Teiwaz (t) Uruz (u) Nauthiz (n) Berkana (b) Thurisaz (th) Isa (i) Ehwaz (e) Ansuz (a) Jera (j, y) Mannaz (m) Raido (r) Eihwaz (e) Laguz (l) Kenaz (k) Perthro (p) Inguz (ng) Gebo (g) Algiz (z) Othila (o) Wunjo (w,v) Sowulo (s) Dagaz (d) "Runenalphabet" "Sig"-Rune ist umstritten, wahrscheinlich entspricht sie der "Sowulo"-Rune (auch "Sol"-Rune genannt) als Symbol für die Sonne. Die SS verwendete die doppelte "Sig"-Rune in ihrem Abzeichen und machte sich damit die aggressive dynamische Form (Blitz) und die Assoziation mit dem Wort "Sieg" zu Eigen. In der heutigen Zeit verwenden Rechtsextremisten neben der "Sig"-Rune vor allem noch die "Odal"("Othila") sowie die "Lebens"bzw. "Todes"-Rune ("Algiz"). "Lebens"und "Todes"-Rune dienen ihnen oft zur Kennzeichnung entsprechender Geburtsund Todesdaten. "Lebens"-Rune "Odal"-Rune "Todes"-Rune Hinzu kommen Symbole, die aus ursprünglichen Runen abgeleitet worden sind, zum Beispiel die so genannten Wolfsangeln. Der seit September 2000 verbotene Personenzusammenschluss "Blood & Honour" verwendete insbesondere eine an ein abgewandeltes, dreiarmiges Hakenkreuz erinnernde Triskele. 209 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Eine Strafbarkeit der Verwendung dieser Zeichen ist allerdings nur dann gegeben, wenn sie bei einem unbefangenen Dritten den Eindruck erwecken, es handele sich um Erkennungszeichen einer verbotenen Organisation. SS DIVISION DEUTSCHLAND SS SS SS SS Triskele Logo B&H Rechtsextremisten gebrauchen darüber hinaus häufig eine den Runen ähnelnde Schriftform, um so den heidnisch-germanischen Ursprung des deutschen Volkes zu betonen und eine Traditionslinie zu ihrem eigenen vermeintlichen Germanentum zu ziehen. Eine weitere, heute mitunter in rechtsextremistischen Kreisen gebräuchliche Schriftform ist die Frakturschrift. Diese Schriftart war vom 16. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum üblich. Runenähnliche Schrift und Odalrune - hier in Verbindung mit der verbotenen Wiking-Jugend Grußformen, Parolen und Losungen Während Symbole und Kennzeichen als optische Erkennungszeichen der nationalsozialistischen Ideologie unter das Strafrecht fallen, sind bestimmte Grußformen, Parolen und Lieder vor allem wegen ihrer Inhalte und ihrer Verwendung in der Zeit des "Dritten Reiches" als Ausdruck besonderer Systemnähe heute verboten. Zu derartigen Grußformen gehören: * "Heil Hitler", 210 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus * "Sieg Heil", * "Sieg und Heil für Deutschland", * "Mit Deutschem Gruß" (unter anderem als Schlussformel für Briefe). Zu den Grußformen des Nationalsozialismus ist als charakteristische Geste auch der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" zu rechnen. Der "Deutsche Gruß" beziehungsweise "Hitlergruß" ist ein Verstoß gegen SS 86 a StGB. Deutsche Neonationalsozialisten verwendeten seit den 1970er Jahren eine durch Michael Kühnen2 initiierte Abwandlung des "Deutschen Grußes", den "Widerstandsgruß" beziehungsweise "Kühnengruß". Hierbei sind bei erhobenem und ausgestrecktem rechten Arm Daumen, Zeigeund Mittelfinger der Hand von einer Faust abgespreizt, wobei sie praktisch ein "W" bilden. Diese Grußform ist ebenfalls strafbar. "Deutscher Gruß" oder "Hitlergruß" "Widerstands-" oder "Kühnengruß" Rechtsextremistische Bands zeigen bei ihren Auftritten häufig den "Hitlergruß" und animieren auch das Publikum dazu. Zusammen mit einschlägigen Texten ist das ein offenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus. Verbotene Losungen des "Dritten Reiches" sind: * "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" (allgemeine Losung des "Dritten Reiches"), * "Deutschland erwache" (Losung der SA), * "Meine / Unsere Ehre heißt Treue" (Losung der SS), * "Blut und Ehre" (Losung der Hitlerjugend). 2 Michael Kühnen (1955 - 1991) war ein führender Kopf der Neonazi-Szene und Organisationsleiter der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationaler Aktivisten" (ANS / NA) 211 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Die im Rahmen rechtsextremistischer Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung im Jahr 1999 aufgekommene Parole "Ruhm und Ehre der WaffenSS" war in ihrer strafrechtlichen Relevanz umstritten. Sie wurde zunächst als Verstoß gegen SS 86 a Abs. 2 Satz 2 StGB angesehen. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung nicht bestätigt. Jedoch kommt eine Strafbarkeit nach SS 130 Abs. 4 StGB in Betracht, wenn öffentlich oder in einer Versammlung der öffentliche Friede in einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch gestört wird, dass die nationalsozialistische Gewaltund Willkürherrschaft gebilligt, gerechtfertigt oder verherrlicht wird. Codes Häufig verwendet die rechtsextremistische Szene Codes aus Ziffernoder Buchstabenkombinationen. 14 Words ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") "We must secure the existence of our people and a future for white children" - von deutschen Rechtsextremisten übernommen: "Wir müssen den Erhalt unserer Rasse sichern und eine Zukunft für weiße Kinder". 168 : 1 bezieht sich auf das Bombenattentat des amerikanischen Rechtsextremisten Timothy Mc Veigh auf ein Regierungsgebäude in Oklahoma City im Jahr 1995, bei dem 168 Menschen getötet wurden. Mc Veigh wurde zum Tode verurteilt und 2001 hingerichtet. ZOG/JOG bedeutet "Zionist/Jewish Occupied Government" ("zionistisch jüdisch okkupierte Regierung"). WAR bedeutet "White Arian Resistance" ("weißer arischer Widerstand"). 18 steht für den ersten ("A") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Adolf Hitler". 28 steht für den zweiten ("B") und achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für die in Deutschland verbotene Organisation "Blood & Honour" (B & H). 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für "Heil Hitler". Auch die Ziffernkombination "14 / 88" ist eine häufig gebrauchte, rechtsextremistische Grußformel mit der oben genannten Bedeutung. Auf diese Weise lässt sich jede Aussage verschlüsseln. 212 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Kritische Kombinationen auf Kfz-Kennzeichen Häufig wollen Menschen auf ihren Kfz-Kennzeichen ihre Initialen und das Geburtsjahr verwenden. Manchmal kommt es dann zu Kombinationen, die besonders gern von Rechtsextremisten genutzt werden. Daher empfiehlt die Bundesregierung den Kraftfahrzeug-Zulassungsstellen, keine Buchstabenund Ziffernkombinationen bei Kfz-Kennzeichen zu vergeben, die auf nationalistische Vereinigungen und Einrichtungen sowie andere umstrittene Organisationen und Parteien hinweisen. In Brandenburg gesperrte Buchstabenkombinationen sind daher: D TF HJ 032 HJ = Hitler Jugend Jugendund Nachwuchsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeitspartei (NSDAP) D P NS 065 NS = Nationalsozialismus Völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland unter Führung der Partei NSDAP (1920-1945) D CB KZ 029 KZ = Konzentrationslager Auf Veranlassung der nationalsozialistischen Führung erfolgte im Dritten Reich (1933-1945) in den Konzentrationslagern bürokratisch und industriell durchorganisierter Mord an unzähligen Menschen. D LDS SA 31 SA = Sturmabteilung Sie war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP (1920-1945). D PR SS 071 SS = Schutzstaffel der NSDAP Urspünglich Truppe der NSDAP zum Schutz von Adolf Hitler, übernahm die SS zunehmend weitere Kompetenzen. Die SS-Totenkopfverbände organisierten den Völkermord während des Zweiten Weltkrieges und führten ihn maßgeblich durch. 213 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Rechtsextremisten nutzen daher andere Ziffernkombinationen, damit Gleichgesinne sie erkennen. Ebenso dokumentieren sie damit nach außen ihre antidemokratische Einstellung. Zu diesen rechtextremistischen Kombinationen zählen: D FF ABB 14 14 (words) ist die Abkürzung der Parole des amerikanischen Neonazi-Führers David Lane ("American Nazi Party") - "We must secure the existence of our people and a future for white children" D OSL AKH 18 18 steht für den ersten ("A") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Adolf Hitler. D BAR AOP 28 28 steht für den zweiten ("B") und den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Blood & Honour (eine im Jahr 2000 verbotene Skinheadorganisation). D PR AZY 88 88 steht für den achten ("H") Buchstaben des Alphabets - als Abkürzung für Heil Hitler. D OHV JN 18 JN 18 Manchmal verbinden Rechtsextremisten eine Buchstabenkombinationen mit einer kritischen Ziffernkombination: "JN" steht für "Junge Nationaldemokraten", die Jugendorganisation der rechtsextremistischen NPD; "18" für Adolf Hitler. Seit Dezember 2009 werden von brandenburgischen Kfz-Zulassungsstellen keine Kennzeichen mehr neu vergeben, die wie folgt enden: "88" "188" "888" "1888" "8888" "8818" 214 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Auch die Kombinationen "HH 18" sowie "AH 18" sind seitdem für Neuvergaben gesperrt. Bekleidung Aktionsorientierte Rechtsextremisten haben in der Vergangenheit ihre Gesinnung häufig durch ein nahezu uniformiertes Erscheinungsbild zum Ausdruck gebracht. Dieses Aussehen orientierte sich vor allem an der an sich ursprünglich nicht rechtsextremistischen Subkultur der Skinheads: So genannte Bomberjacken, Kampfstiefel und kurzrasierte Haare prägen auch heute noch das mediale Bild vom Rechtsextremismus. Allerdings hat sich der Bekleidungsstil des Rechtsextremismus stark verändert und bietet kein eindeutiges Zuweisungsmerkmal mehr. Zum einen ist der Skinhead-Stil auch bei nicht rechtsextremistischen Jugendlichen anzutreffen. Zum anderen vermeiden Rechtsextremisten zunehmend ein martialisches, uniformiertes Auftreten und orientieren sich in der Öffentlichkeit eher an der Mainstream-Jugendkultur oder kopieren sogar Formen des Auftretens der linksextremistischen Autonomen-Szene. Nachfolgend werden einige bei Rechtsextremisten beliebten Labels dokumentiert. Daneben gibt es beispielsweise noch "Masterrace" ("Herrenrasse") oder "Rizist" (für Widerstand): "LONSDALE" Beim Tragen unter der geöffneten Jacke sind die Buchstaben "NSDA" zu erkennen. Es handelt sich aber um einen weitverbreiteten Sportartikelhersteller, der sich von dem Missbrauch seiner Produkte ausdrücklich distanziert und in Kampagnen gegen Rassismus engagiert. "CONSDAPLE" Auch bei "CONSDAPLE" ist die Sichtbarkeit der Buchstaben "NSDAP" das ausschlaggebende Element. Das Label dürfte im Gegensatz zu "LONSDALE" gezielt für einen Absatz unter Rechtsextremisten kreiert worden sein, da es ausschließlich in entsprechenden Szeneläden oder im einschlägigen Versandhandel erhältlich ist. 215 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 "ERIC AND SONS" Die in Königs Wusterhausen ansässige Modemarke ER D "Erik and Sons" unterstützte neben bekannten Vertrie- B ING RAN IK ben aus der Musikszene wie zum Beispiel PC Records AND SO K und Opos Records den "Nationalen Widerstand Berlin". V I N S So geschehen am 10. Juli 2009 bei der Solidaritätsfeier des "Nationalen Widerstands Berlin". "Thor Steinar" Die Marke "Thor Steinar" betont einen nordischen Hintergrund. "Thor Steinar" verwendete zunächst ein aus zwei Runen zusammengesetztes, bei Rechtsextremisten beliebtes Logo. Dieses Logo wird von der Rechtsprechung in neu Berlin und Brandenburg sowie in anderen Bunalt desländern nicht als strafbar angesehen. Seit Anfang 2005 gebraucht die Firma ein strafrechtlich neutrales Logo. Immer seltener tragen Rechtsextremisten Aufnäher mit Losungen wie "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" oder die so genannten "Gaudreiecke", die sich an Kennzeichen der Hitlerjugend orientieren und der regionalen Zuordnung des Trägers dienen. Die öffentliche Verwendung von "GaudreiSS ecken" ist nach einem Urteil des BundesgeSS Brandenburg SS richtshofs gemäß SS 86 a StGB strafbar, da sie unabhängig davon, ob sie mit den von der Hitlerjugend verwendeten Abzeichen im Detail übereinstimmen, mit diesen zumindest verwechselbar sind. Zudem vermitteln sie ihren Trägern die gleichen Symbolwerte und erfüllen eine wichtige gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen. Rechtsextremistische Musik Einen besonderen Fall rechtsextremistischer Symbolik stellt die SzeneMusik als gemeinschaftsbildendes Erkennungszeichen dar. Unter rechtsextremistischer Musik versteht man die Kombination rechtsextremistischer Texte mit verschiedenen Musikstilen (unter anderem Rock / Hardrock, "Hatecore", Heavy Metal, Gothic, Dark Wave, Schlager, Rockabilly, Volkslie216 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus der). Die Aufzählung zeigt, dass rechtsextremistische Musik nicht mit einem Musikstil verbunden ist, sondern ganz unterschiedlich klingen kann. Entscheidend für die Bewertung sind die Textinhalte. Musik des "Dritten Reichs" Die Zeit des Nationalsozialismus brachte eine SS Vielzahl von Kampfund Propagandaliedern hervor, die insbesondere zur Verherrlichung des SS Systems und seiner Organisationen dienten. An erster Stelle ist das so genannte "Horst-WesselLied" ("Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlosSS sen ...") zu nennen, das während der NS-Diktatur zu einer zweiten Nationalhymne bestimmt worden war. Das Absingen oder -spielen dieses Liedes verwirklicht wegen seiner deutlichen Übereinstimmung mit der Ideologie des Nationalsozialismus einen Straftatbestand. Weitere mit der nationalsozialistischen Ideologie eng verknüpfte und daher unter den SS 86 a StGB fallende Lieder sind beispielsweise: * "Vorwärts! Vorwärts!" ("Unsre Fahne flattert uns voran"), * "Ein junges Volk steht auf" (Lieder der Hitlerjugend), * "Sturm, Sturm, Sturm" (Liedgut der NSDAP), * "Brüder in Zechen und Gruben" (Kampflied der NSDAP), * "Siehst Du im Osten das Morgenrot" (NSDAP-Liedgut), * "Es stehet in Deutschland" (Kampflied der SA) und * "Wir sind die Sturmkolonnen ... es lebe Adolf Hitler" (SA-Liedgut). Das Oberlandesgericht Oldenburg hat 1987 entschieden, dass ein Straftatbestand auch dann gegeben ist, wenn ein Lied ohne oder mit anderem Text gespielt wird: "Gerade die Melodie macht Symbolkraft aus"3. Allerdings haben Nationalsozialisten vor allem in den 1920er Jahren einige Melodien von Arbeitervolksliedern übernommen und deren Texte geringfügig, aber an entscheidenden Stellen verändert. Deshalb sind bei der Beurteilung von Liedern, erst recht von einzelnen Melodien, immer die konkreten Umstände sowie die erkennbare Zielrichtung zu berücksichtigen. 3 Urteil des OLG Oldenburg vom 5.10.1987, Az.: 1 Ss 481/87 217 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Verbotene Personenzusammenschlüsse Bundesweit wurden seit 1951 mehr als 100 rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse verboten, deren Ziele sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richteten oder nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderliefen. Zum Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung hat der Gesetzgeber unter anderem folgende Instrumente vorgesehen: * Art. 9 Abs. 2 Grundgesetz (verbotene Vereinigungen), * Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz (Verfassungswidrigkeit und Verbot von Parteien), * SS 32 Parteiengesetz (Vollstreckung eines Parteiverbotes), * SS 3 Vereinsgesetz (Vereinsverbot). Weil ein Parteioder Vereinsverbot in einer von Meinungsvielfalt und der Achtung der Persönlichkeitsrechte jedes Einzelnen geprägten Gesellschaft nur letztes Abwehrinstrument sein kann, muss vor einem Verbot die Verfassungsfeindlichkeit des Personenzusammenschlusses ausdrücklich nachgewiesen werden. Ein Verbot einer Partei kann nur das Bundesverfassungsgericht aussprechen. Vereine können dagegen durch Verfügung des Bundesinnenministers und bei ausschließlich regionalen Aktivitäten durch den Innenminister oder -senator des jeweiligen Bundeslandes verboten werden. Voraussetzung für ein Verbot ist eine aggressiv-kämpferische Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Dabei kommt es nicht auf die Erfolgsaussichten an. Diese Zielrichtung ist insbesondere dann zu unterstellen, wenn eine Vereinigung in programmatischer Ausrichtung, Vorstellungswelt und Gesamtstil eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus aufweist. In Brandenburg wurden bisher sieben rechtsextremistische Organisationen verboten: "Widerstand in Südbrandenburg" (2012), "Freie Kräfte Teltow-Fläming" (2011), "Kameradschaft Schutzbund Deutschland" (2006), "Alternative Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive" (ANSDAPO), "Kameradschaft Hauptvolk" und deren Untergliederung "Sturm 27" (beide 2005), "Kameradschaft Oberhavel" (1997), "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (1995). 218 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Verbotene rechtsextremistische Organisationen Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland wurden folgende rechtsextremistische Organisationen verboten: Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Senat von Berlin, Senator Bund junger Deutscher 06.08.1951 für Inneres Deutsche Sozialistische Senat von Berlin, Senator 09.08.1951 Partei (DSP) für Inneres Bund für Wahrheit und Freie und Hansestadt 21.03.1952 Recht Hamburg Polizeibehörde Deutsche Arbeiterpartei Bayerisches Staatsmini17.09.1952 (DAP) sterium des Innern Unpolitische InteressenBayerisches Staatsmini17.09.1952 gemeinschaft (UIG) sterium des Innern Vereinigung ehemaliger Bayerisches Staatsmini17.09.1952 Internierter in Moosburg sterium des Innern Sozialistische ReichsparBundesverfassungsgericht 23.10.1952 tei (SRP) Deutscher Arbeiter-VerHessischer Minister des band (DAV), später: Bund 11.11.1952 Innern der Schaffenden Bund Deutscher Jugend Innenminister des Landes 07.01.1953 Hessen Hessen Stadtund Polizeiamt Bund Deutscher Jugend 13.01.1953 Bremen Technischer Dienst (NieNiedersächsischer Mini13.01.1953 dersachsen) ster des Innern Deutscher Heimatschutz Bayerisches Staatsmini13.01.1953 (DHS) sterium des Innern Freie und Hansestadt Bund Deutscher Jugend 14.01.1953 Hamburg Polizeibehörde 219 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Regierungspräsident Bund Deutscher Jugend 15.01.1953 Hannover Diskussionskreis der Bayerisches Staatsmini24.01.1953 ehemaligen SS sterium des Innern Technischer Dienst Bayerisches Staatsmini24.01.1953 (Bayern) sterium des Innern Nationale SammlungsbeInnenministerium Baden27.01.1953 wegung (NSB) Württemberg Arbeitsgemeinschaft Senator für Inneres Berlin 29.01.1953 Nation Europa Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 09.02.1953 (DG) Koblenz Freie und Hansestadt Freikorps Deutschland 11.02.1953 Hamburg, Polizeibehörde Innenministerium BadenBund Deutscher Jugend 18.02.1953 Württemberg Deutsche Gemeinschaft Regierungspräsident 24.02.1953 (DG) Montabaur Sozialistische Jugend Senator für Inneres von 11.03.1953 Europas Berlin Vereinigung freier unabSenator für Inneres von 11.03.1953 hängiger Deutscher Berlin Deutsche Gemeinschaft Niedersächsischer Mini(DG) Landesgemeinschaft 19.03.1953 ster des Innern Niedersachsen Sozialistische Reichspartei (SRP), einschließlich: Reichsfront Deutsche Bundesverfassungsgericht 23.10.1953 Reichsjugend, SRPFrauenbund Europäische VerbindungsInnenminister des Landes stelle (EVS) Nationale 15.06.1954 Schleswig-Holstein Sektion 220 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Vereinigung ehemaliger Angehöriger des SSHessischer Minister des 12.04.1956 Kavallerie-Korps in Bad Innern Wildungen Bund Deutscher NationalBundesminister des 25.09.1956 sozialisten (BDNS) Innern Bund für Deutschlands Senator für Inneres, Berlin 25.09.1956 Erneuerung Arbeitsgemeinschaft nie Senator für Inneres Berlin 25.09.1956 vergessene Heimat Gründungsausschuss der Senat von Berlin, Senator 10.11.1956 "Deutschen Gemeinschaft" für Inneres Regierungspräsident "Reichsjugend" (Höller) 08.06.1957 Düsseldorf Bundesverband der ehemaligen Internierten Regierungspräsident Köln 17.04.1959 und Entnazifizierungsgeschädigten e. V. (BIE) Soziales Hilfswerk für Regierungspräsident 17.04.1959 Zivilinternierte e. V. (SHW) Düsseldorf Bund Nationaler StuSenator für Inneres, Berlin 14.01.1960 denten (BNS) Nationaljugend DeutschSenator für Inneres, Berlin 20.01.1960 lands (NJD) Bund Nationaler StuOberbürgermeister der denten (BNS) Hochschul01.04.1960 Stadt Marburg/Lahn gruppe Marburg/Lahn Bezirksregierung für Bund Nationaler StuRheinhessen auf Weisung 01.04.1960 denten (BNS) des Ministeriums des Innern 221 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Nationaler StuFreie und Hansestadt denten (BNS) Hochschul12.04.1960 Hamburg, Polizeibehörde gruppe Hamburg Bund Nationaler StuRegierungspräsident 19.08.1960 denten (BNS) Hildesheim Präsident des NiederBund Nationaler Stusächsischen Verwaltungs25.08.1960 denten (BNS) bezirks Braunschweig Bund Nationaler StuRegierungspräsident 25.08.1960 denten (BNS) Aurich Bund Nationaler StuRegierungspräsident 05.01.1961 denten (BNS) Aachen Bund Nationaler StuRegierungspräsident Köln 06.01.1961 denten (BNS) Bund Nationaler StuRegierungspräsident 09.01.1961 denten (BNS) Münster Bund Nationaler StuInnenminister des Landes 14.02.1961 denten (BNS) Schleswig-Holstein Bund Nationaler StuBayerisches Staatsmini24.02.1961 denten (BNS) sterium des Innern Bund Nationaler StuInnenminister des Landes 06.03.1961 denten (BNS) Baden-Württemberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Hildesheim Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Lüneburg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 12.07.1962 Jugend (BVJ) Osnabrück Bund Vaterländischer Innenministerium Baden13.07.1962 Jugend (BVJ) Württemberg 222 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Präsident des NiedersächBund Vaterländischer sischen Verwaltungsbezirks 13.07.1962 Jugend (BVJ) Braunschweig Präsident des NiederBund Vaterländischer sächsischen Verwaltungs13.07.1962 Jugend (BVJ) bezirks Oldenburg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Stade Ministerium des Innern Bund Vaterländischer des Landes Rheinland13.07.1962 Jugend (BVJ) Pfalz Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Aachen Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Arnsberg Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Detmold Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Düsseldorf Bund Vaterländischer Regierungspräsident Köln 13.07.1962 Jugend (BVJ) Bund Vaterländischer Regierungspräsident 13.07.1962 Jugend (BVJ) Münster Bund Vaterländischer Innenminister des Landes 13.07.1962 Jugend (BVJ) Schleswig-Holstein Bund Vaterländischer Bayerisches Staatsmini14.07.1962 Jugend (BVJ) sterium des Innern Bund Vaterländischer Freie und Hansestadt Jugend (BVJ) und FreunHamburg, Behörde für 16.07.1962 deskreis Vaterländischer Inneres Jugend 223 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Aurich Bund Vaterländischer Regierungspräsident 17.07.1962 Jugend (BVJ) Hannover Stahlheim e.V. - Bund der Ministerpräsident des Frontsoldaten, Ortsgruppe 03.03.1966 Landes Rheinland-Pfalz Bad Bergzabern Vereinigung der eheNiedersächsischer Minimaligen SS-Division 03.05.1966 ster des Innern "Nordland" Wehrsportgruppe HoffBundesminister des 16.01.1980 mann (WSG) Innern Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei Bundesminister des 14.01.1982 der Arbeit (VSBD/PdA), Innern einschl. Junge Front (JF) Wehrsportgruppe WolfsMinisterium des Innern und 14.04.1983 pack/Sturm 12 für Sport Rheinland-Pfalz Freundeskreis Deutsche Bundesminister des 24.11.1983 Politik (FK) Innern Aktionsfront Nationaler Bundesminister des Sozialisten/Nationale 24.11.1983 Innern Aktivisten (ANS/NA) Unabhängiger Wählerkreis Würzburg - Arbeitskreis Bayerisches Staatsmini17.02.1984 für Wiedervereinigung und sterium des Innern Volksgesundheit (UWK) Nationale Sammlung (NS) Bundesminister des Innern 27.01.1989 Nationalistische Front (NF) Bundesminister des Innern 26.11.1992 Bundesminister des Deutsche Alternative (DA) 08.12.1992 Innern 224 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Deutscher KameradNiedersächsischer Minischaftsbund Wilhelms18.12.1992 ster des Innern haven (DKB) Bundesminister des Nationale Offensive (NO) 21.12.1992 Innern Bayerisches StaatsminisNationaler Block (NB) 07.06.1993 terium des Innern Heimattreue Vereinigung Innenministerium Baden08.07.1993 Deutschlands (HVD) Württemberg Freundeskreis Freiheit für Innenministerium Nord25.08.1993 Deutschland (FFD) rhein-Westfalen Bundesminister des Wiking-Jugend e.V. (WJ) 10.11.1994 Innern Freiheitliche Deutsche Bundesminister des 22.02.1995 Arbeiterpartei (FAP) Innern Freie und Hansestadt Nationale Liste (NL) Hamburg, Behörde für 23.02.1995 Inneres Direkte Aktion / MittelInnenminister des Landes 05.05.1995 deutschland (JF) Brandenburg Bayerisches StaatsminiSkinheads Allgäu 23.07.1996 sterium des Innern Innenminister des Landes Kameradschaft Oberhavel 14.08.1997 Brandenburg Heide-Heim e.V. (HamInnenministerium Nieburg) mit Heideheim e.V. 09.02.1998 dersachsen (Buchholz) Behörde für Inneres Hamburger Sturm 11.08.2000 Hamburg 225 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Blood & Honour (B&H), DiBundesminister des vision Deutschland, einschl. 14.09.2000 Innern White Youth (WY) Skinheads Sächsische Schweiz (SSS), einschließlich deren AufbauSächsisches Staatsminiorganisation" (SSS-AO) 05.04.2001 sterium des Innern und der Nachfolgeorganisation Nationaler Widerstand Pirna * Bündnis nationaler SoziaInnenministerium des Lan07.03.2003 listen für Lübeck (BNS) des Schleswig-Holstein Bayerisches StaatsminiFränkische Aktionsfront 19.12.2003 sterium des Innern Kameradschaft Tor "MäInnensenator des Landes delgruppe" der Kamerad07.03.2005 Berlin schaft Tor Berliner Alternative SüdInnensenator des Landes 07.03.2005 Ost (BASO) Berlin Kameradschaft Hauptvolk Ministerium des Innern mit Untergliederung Sturm 06.04.2005 des Landes Brandenburg 27 Ministerium des Innern ANSDAPO 04.07.2005 des Landes Brandenburg Ministerium des Innern Schutzbund Deutschland 26.06.2006 des Landes Brandenburg Sächsisches StaatsminiKameradschaft Sturm 34 23.04.2007 sterium des Innern Innenministerium des Blue White Street Elite 01.04.2008 Landes Sachsen-Anhalt 226 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Organisation Verbotsbehörde Verbotsdatum Bundesministerium des Collegium Humanum (CH) 07.05.2008 Innern Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens Bundesministerium des 07.05.2008 des Holocaust Verfolgten Innern (VRBHV) Heimattreue Deutsche Bundesministerium des 31.03.2009 Jugend e.V. (HDJ Innern Kameradschaft MecklenInnenministerium des burgische Aktionsfront Landes Mecklenburg28.05.2009 (M.A.F.) Vorpommern Innensenator des Landes Frontbann 24 05.11.2009 Berlin Freie Kräfte TeltowMinisterium des Innern 11.04.2011 Fläming des Landes Brandenburg Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene Bundesministerium des 21.09.2011 und deren Angehörige Innern e.V. (HNG) Kameradschaft Walter Innenministerium Nord09.05.2012 Spangenberg rhein-Westfalen Widerstand in SüdbranMinisterium des Innern 19.06.2012 denburg des Landes Brandenburg Nationaler Widerstand Innenministerium Nord23.08.2012 Dortmund rhein-Westfalen Innenministerium NordKameradschaft Hamm 23.08.2012 rhein-Westfalen Kameradschaft Aachener Innenministerium Nord23.08.2012 Land rhein-Westfalen Niedersächsischer MiniBesseres Hannover 25.09.2012 ster des Innern 227 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Kennzeichen verbotener Personenzusammenschlüsse SS SS SS SS SS SS SS V S B DSS "Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit" (VSBD / PDA) Das Keltenkreuz war Symbol der VSBD. Deren Verbot im Jahre 1982 beinhaltete auch das Verbot des Keltenkreuzes in der von dieser Organisation verwendeten Form. Eine "isolierte" Verwendung des Keltenkreuzes ist nur dann strafbar, wenn weitere konkrete Umstände auf die VSBD hinweisen. SS SS SS SS SS AKTIONSFRONT NATIONALER SOZIALISTEN SS ANS SS SS negatives Hakenkreuz "Sig"-Rune mit angesetzten Spitzen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS) Rat und Hilfe SS SS Mitgliedsausweis DEUTSCHE SS D SSA SS ALTERNATIVE N S SS SS Die nationale Protestpartei "Nationale Sammlung" "Deutsche Alternative" (ANSErsatzorganisation) (DA) 228 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus SS SS SS SS "Blood & Honour" (B & H) "White Youth" mit Triskele SS SS SS SS SS SS Die "Wiking-Jugend" verwendete als eines ihrer Symbole auch die "Odalrune". Ohne Bezug zur WJ ist dieses Zeichen nicht strafbar. SS SS SS "Nationale Offensive" (NO) Nationaler Block (NB) SS SS SS "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ), später "Direkte Aktion / Mitteldeutschland" (JF) 229 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 SS SS SS SS SS SS "Nationale Liste" (NL) "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) SS Kameradschaft Oberhavel SS SS "Kameradschaft Oberhavel" "Kameradschaft Hauptvolk" SS SS SS SS SS SS ANSDAPO mit Sonnenrad "Nationalistische Front" (NF) Die Darstellung des Sonnenrades ist ohne Bezug zur ANSDAPO nicht strafbar. 230 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Rat und Hilfe Mit rechtsextremistischen Phänomenen beschäftigt sich eine Vielzahl von Behörden und - teils staatliche, teils private - Institutionen, Gremien und Initiativen. Verfassungsschutz Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder haben die gesetzlich bestimmte Aufgabe, Strukturen und Aktivitäten von extremistischen Organisationen auch mit verdeckten Methoden, so genannten nachrichtendienstlichen Mitteln, zu beobachten, aktuelle Entwicklungen festzustellen und hierüber die politisch Verantwortlichen sowie die Öffentlichkeit zu unterrichten. Sie haben keine polizeilichen Zwangsbefugnisse. Neben den jährlich erscheinenden Verfassungsschutzberichten veröffentlichen die Verfassungsschutzbehörden regelmäßig Informationsmaterial zu Themen des politischen Extremismus und bieten für interessierte Gruppen nach Vereinbarung auch fachbezogene Informationsvorträge an. Verfassungsschutz Brandenburg Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Abteilung Verfassungsschutz Henning-von-Tresckow-Str. 9 - 13 14467 Potsdam Tel.: 0331 866-2500 Fax: 0331 866-2609 E-Mail: info@verfassungsschutz-brandenburg.de Internet: www.verfassungsschutz.brandenburg.de Polizeilicher Staatsschutz Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes ist die Ermittlung und Aufklärung politisch motivierter Straftaten nach der Strafprozessordnung (StPO). Zur Gefahrenabwehr hat der Staatsschutz die in den Polizeigesetzen der Länder vorgesehenen Befugnisse. Im Land Brandenburg gibt es ein Polizeipräsidium mit vier Direktionen und 15 Polizeiinspektionen. Dort bieten Beamte Unterstützung an, wenn es darum geht, Straftaten vorzubeugen und anzuzeigen. 231 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Polizeipräsidium des Landes Brandenburg Kaiser-Friedrich-Straße 143 14469 Potsdam Bürgertelefon: 0700 3333 0331 Weitere Informationen finden sie unter: www.internetwache.brandenburg.de Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg Die Koordinierungsstelle unterstützt die Umsetzung des Handlungskonzeptes Tolerantes Brandenburg der Landesregierung gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Fremdenfeindlichkeit. Sie initiiert und begleitet den Aufund Ausbau von Trägerstrukturen und Netzwerken zur Festigung der Bürgergesellschaft. Sie fungiert dabei als Ansprechpartner für regionale und landesweite Akteure, Initiativen und lokale Bündnisse und nimmt eine Brückenfunktion zwischen Zivilgesellschaft und Landesregierung wahr. Wichtige Partner sind - neben den Ressorts der Landesregierung - vor allem das landesweit wirkende Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die Mobilen Beratungsteams (MBT), die Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule Brandenburg (RAA) und der Verein Opferperspektive. Gefördert und begleitet werden außerdem Träger und Projekte mit örtlicher beziehungsweise regionaler Ausrichtung. Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg der Landesregierung im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Heinrich-Mann-Allee 107 Haus 1 a 14473 Potsdam Tel.: 0331 866-3560 Fax.: 0331 866-3566 E-Mail: angelika.thiel-vigh@mbjs.brandenburg.de Internet: www.tolerantes.brandenburg.de 232 Symbole und Kennzeichen des Rechtsextremismus Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Die im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelte Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) überprüft Veröffentlichungen aller Art - zum Beispiel Bücher, Filme, CDs, Computerprogramme, Homepages im Internet auf jugendgefährdende Inhalte. Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Die BPjM wird auf Antrag einer Stelle, die vom Gesetz dazu besonders ermächtigt ist, oder durch die Anregung einer Behörde beziehungsweise eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe aktiv. Im Falle eines jugendgefährdenden Inhalts wird das jeweilige Produkt "indiziert", das heißt seine Verbreitung unterliegt Beschränkungen. Es darf zum Beispiel Kindern und Jugendlichen nicht mehr frei zugänglich gemacht werden. Die BPjM veröffentlicht regelmäßig fortgeschriebene Übersichten zu den indizierten Medien. Von einer Indizierung zu unterscheiden sind die in Zusammenhang mit einem Strafverfahren ergehenden Entscheidungen wie die polizeiliche Beschlagnahmung oder die spätere gerichtliche Einziehung solcher Produkte. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien Rochusstr. 10 53123 Bonn Tel.: 0228 962103-0 Fax: 0228 379014 E-Mail: info@bpjm.bund.de Internet: www.bundespruefstelle.de 233 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 7.2 Glossar Anarchismus Die Anhänger des Anarchismus streben eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft ohne gesellschaftliche Normen an. In Deutschland gibt es anarchistische Kleinparteien und Kleingruppen, die sich zum Teil auf klassische Theoretiker des Anarchismus wie Michael Bakunin, Errico Malatesta oder Pierre-Joseph Proudhon berufen. Sie haben im Gesamtspektrum des Linksextremismus nur eine randständige Bedeutung. Symbole und einige Forderungen der Anarchisten werden zum Teil auch von Autonomen (siehe "Autonome / Autonome Antifa") genutzt. Diese lehnen jedoch die festen Organisationsformen der "klassischen" Anarchisten ab. Anti-Antifa Die "Anti-Antifa" ist eine überwiegend von Neonationalsozialisten (siehe "Neonazismus / Neonationalsozialismus") betriebene Kampagne. Dies geschieht durch die Einrichtung eines gemeinsamen Feindbildes: die "Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa"). So wie "Antifa"-Angehörige Daten über Rechtsextremisten sammeln, kopieren die Rechtsextremisten dieses Vorgehen und tragen Daten über "Antifa"-Aktivisten zusammen. Hierbei können auch Vertreter demokratischer Verbände oder staatlicher Instanzen ins Visier der Extremisten geraten. Ihre Daten über "Antifa"-Angehörige tauschen Neonationalsozialisten untereinander aus. Diese Datensammlungen sollen die dort erfassten Personen bedrohen und einschüchtern. Anti-Deutsche "Anti-Deutsche" sind eine Bewegung, die aus der "autonomen Antifa" (siehe "Autonome / Autonome Antifa") hervorgegangen ist. Ihr Verständnis von "Antifaschismus" benennt den von den Nationalsozialisten propagierten Antisemitismus als den Kern des Faschismus (zum Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus"). Wer Antifaschist sein wolle, so argumentieren sie, müsse deswegen in erster Linie ein Anti-Antisemit sein. "Anti-Deutsche" sehen ihre unbedingte Solidarität mit Israel in dieser Haltung begründet. "Anti-Deutsche" tragen oft auf Demonstrationen Israel-Fahnen mit sich. Der Name "Anti-Deutsche" geht auf die Überzeugung zurück, dass jeder deutsche Staat antisemitisch und somit faschis234 Glossar tisch sei und deswegen schon von vorn herein jegliche Daseinsberechtigung verwirkt habe. Slogans wie "Wer Deutschland liebt, muss scheiße sein, wir hau'n alles kurz und klein" dokumentieren diese Ideologie. Antisemitismus Antisemiten behaupten, es gebe eine geheime weltweite Verschwörung des Judentums gegen den Rest der Welt. Der Kapitalismus wird genauso als Auswuchs der jüdischen Weltverschwörung angesehen wie der Kommunismus, Rassismus, Islamismus und Imperialismus. Der Erfinder des Begriffes "Antisemitismus", Wilhelm Marr (1819-1904), betrachtete sogar die gesamte moderne Welt als Ergebnis eines angeblichen jüdischen Komplotts. Oft wird von Antisemiten ein Buch mit dem Titel "Protokolle der Weisen von Zion" als Beleg für ihre Verschwörungsfantasien herangezogen. Jedoch ist das Buch eine plumpe Fälschung, welche Anfang des 20. Jahrhunderts entstand. Rechtsextremistische Antisemiten meinen, Demokratie sei den Deutschen "wesensfremd" und nach 1945 von "Angloamerikanern sowie Juden" mittels "Umerziehung" aufgezwungen worden. Sie bezeichnen die freiheitliche demokratische Grundordnung als "ZOG" (siehe auch "Zionist Occupied Government"), als "zionistisch besetzte Regierung". Kritische Auseinandersetzung mit dem "Dritten Reich" betrachten sie als jüdischen Angriff auf die "deutsche Art". Einerseits leugnen sie den organisierten Massenmord an Juden im "Dritten Reich", andererseits beschuldigen sie die Überlebenden, vom Holocaust-Gedenken profitieren zu wollen. Linksextremistische Antisemiten verstehen Israel als "Brückenkopf des US-Imperialismus im Nahen Osten" und streiten dem Land jede Daseinsberechtigung ab. Islamistische Extremisten sind zum Teil - wie Rechtsextremisten auch - Rassisten, die Juden als Angehörige einer "verfluchten Rasse" verunglimpfen. Ähnlich wie linksextremistische Antisemiten betrachten Islamisten Israel als Teil einer "westlichen Verschwörung" gegen den Islam. Deswegen glauben sie auch nicht an einen Frieden im Nahen Osten, sondern fordern eine "Beendigung der jüdischen Existenz in Palästina", die sie durch Terroranschläge und Krieg erreichen wollen. Ausländerextremismus Extremisten ausländischer Herkunft verfechten in Deutschland Anliegen, die ihren Ursprung in den politischen und religiösen Konflikten der jeweiligen Herkunftsländer haben. Sie gehen mit aggressiv-kämpferischer Pro235 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 paganda und Gewalt gegen ihre Gegner vor. Damit schaden sie den auswärtigen Belangen der Bundesrepublik und dem inneren Frieden. Sie fordern mitunter extremen Gehorsam ihrer Mitglieder und treiben mit Gewalt "Spenden"-Gelder ein. Hinzu kommen Bestrafungsaktionen gegen ehemalige Mitglieder, die als "Verräter" bezeichnet werden. Solch aggressives Vorgehen hat bereits zu Betätigungsverboten ausländerextremistischer Organisationen geführt (siehe "Ausländerorganisationen, extremistische"). Ausländerorganisationen, extremistische Zu Organisationen ausländischer Extremisten in Deutschland zählen: a) linksextremistische Organisationen, die die bestehende soziale und politische Ordnung in ihren Heimatländern gewaltsam beseitigen und durch ein sozialistisches beziehungsweise kommunistisches Regime ersetzen wollen; b) extrem-nationalistische Vereinigungen, die Machtbeziehungsweise Gebietszuwachs für die eigene Nation und die Abschaffung oder Nichtgewährung von Minderheitenrechten aggressiv propagieren; c) separatistische Organisationen, die für die Loslösung ihrer Heimatregion aus bestehenden Staaten eintreten; d) islamistische Gruppierungen, die die Trennung von Religion und Staat zugunsten eines autoritären theokratischen Systems aufheben wollen und e) Gruppierungen, die in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute im Ausland, insbesondere Regimegegner, repressiv oder sogar terroristisch vorgehen. Autonome / Autonome Antifa Autonome lehnen gesellschaftliche Normen als Zwang ab und suchen nach einem freien, selbst bestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen. Bei ihnen kommen kommunistische und anarchistische Überzeugungen zusammen. Ideologisch reicht ihr Ursprung bis in die Anfänge der studentischen Protestbewegung der 1960er Jahre zurück. Sie werden dann als Extremisten vom Verfassungsschutz beobachtet, wenn sie gewalttätig oder gewaltbereit sind, oder Gewalt befürworten. Autonome besitzen meist kein einheitliches, verbindliches Weltbild. Oft folgen sie verschwommenen anarchistischen und anarcho-kommunistischen 236 Glossar Vorstellungen oder spontanen aktionistischen Antrieben. Sie wollen das demokratisch verfasste Gemeinwesen bekämpfen und möglichst zerschlagen, da der Staat und sein "Repressionsapparat" sie an der Verwirklichung ihrer Absichten hindere. Gewalt - zum Beispiel gegen die Polizei - ist für Autonome oft die einzige Möglichkeit, einen Zusammenhalt innerhalb der Gruppe herzustellen, da alle Versuche sich zu organisieren, als "Machtgier" abgelehnt werden. Gewaltbereite Autonome bilden bei Demonstrationen "Schwarze Blöcke", von denen ein erhebliches Gewaltpotenzial ausgeht. Die "Autonome Antifa" hat sich dem Kampf gegen den "Faschismus" verschrieben. Der Faschismus-Begriff der "Autonomen Antifa" ist dabei sehr weit gespannt. Polizisten werden genauso als "Faschisten" bezeichnet, wie beispielsweise Lehrer, Selbständige oder sonstige Bürger, die sich den reißerischen Parolen nicht anschließen wollen. Wenn die "Autonome Antifa" gegen tatsächliche Rechtsextremisten vorgeht, sucht sie oft Anschluss an demokratische Gruppen. Innerhalb der "Autonomen Antifa" gibt es verschiedene, einander mitunter deutlich widersprechende Strömungen. Zusammenschlüsse halten oft nicht lange und zerbrechen aufgrund interner Streitigkeiten. Eine Strömung innerhalb der "Autonomen Antifa" sind die "Anti-Deutschen" (siehe "Anti-Deutsche"). Autonome Nationalisten "Autonome Nationalisten" werden dem rechtsextremistischen Spektrum der "Freien Kräfte" (siehe "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") zugeordnet. Sie orientieren sich ideologisch unter anderem an nationalrevolutionären Ideen. Besonderes Merkmal ist die Übernahme von Verhaltensformen, die militanten Linksextremisten (siehe "Autonome / Autonome Antifa") zugerechnet werden. "Autonome Nationalisten" treten oft mit einem hohen Maß an Militanz gegen Polizeibeamte und politische Gegner auf. Wie gewaltbereite Linksextremisten bilden auch sie "Schwarze Blöcke". Innerhalb der neonationalsozialistischen Szene sind "Autonome Nationalisten" vor allem wegen ihres öffentlichen Erscheindungsbildes umstritten. Dschihad Dschihad bedeutet im Arabischen Anstrengung, innerer Kampf aber auch Heiliger Krieg. In der islamischen Kultur hat der Begriff verschiedene Bedeutungen. Ein "Heiliger Krieg" kann beispielsweise eine innere spirituelle Auseinandersetzung sein. Andere wiederum verstehen darunter den 237 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 bewaffneten Kampf gegen "Ungläubige" und "Feinde des Islam". Für militante Islamisten ist der bewaffnete Dschihad eine religiöse Pflicht. In ihrer angestrebten Ordnung eines idealisierten Islam hält sich angeblich jeder aus Einsicht und Gottesfurcht ganz von selbst an angestrebte moralische wie soziale Maßstäbe. Nur der Islam kenne die alleinige Herrschaft Gottes über alle Menschen, alle anderen politischen und sozialen Systeme sähen menschliche Einrichtungen vor (zum Beispiel das Parlament in der Demokratie), die die Menschen führen wollten. Dschihad sei deswegen ein Krieg zur Befreiung der Menschen von der Knechtschaft der Menschen. Durch den Dschihad werde der Mensch zum "Stellvertreter Gottes", dem es gelingen könne, ein "Reich Gottes auf Erden" zu errichten. In dieser Zielsetzung einer totalen Gesellschaft ähnelt der Dschihadismus kommunistischen Bewegungen (siehe "Kommunismus"). Es kann angesichts ihres totalitären Religionsverständnisses nicht verwundern, dass sich dschihadistische Gewalt zumeist gegen Muslime selbst richtet. Extremismus In der Alltagssprache werden die Begriffe "Extremismus" und "Radikalismus" häufig gleichbedeutend verwendet. Für den Verfassungsschutz bestehen hier aber entscheidende Unterschiede. Denn "radikale" Bestrebungen werden nicht vom Verfassungsschutz beobachtet, "extremistische" hingegen schon. Als "radikal" wird eine Bestrebung dann verstanden, wenn sie eine politische Problemstellung von der Wurzel (lateinisch "radix") her anpacken will, ohne dabei die freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen zu wollen. Im Gegensatz dazu stehen "extremistische" Bestrebungen. Sie richten sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. So streben Teile des linksextremistischen Spektrums beispielsweise eine "Diktatur des Proletariats" an. Rechtsextremisten wollen statt dessen einen rassistischen "totalen Führerstaat" errichten. Und Islamisten sind auf einen "Gottesstaat" ausgerichtet. Gewalt wird dabei häufig als Mittel zur Durchsetzung der jeweiligen Ziele befürwortet, propagiert oder sogar praktiziert. Gemeinsam ist diesen extremistischen Gegenentwürfen die Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO). Das Bundesverfassungsgericht hat die Prinzipien der fdGO 1952 folgendermaßen definiert: a) die Achtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte; b) die Volkssouveränität; 238 Glossar c) die Gewaltenteilung; d) die Verantwortlichkeit der Regierung; e) die Gesetzmäßigkeit der Regierung; f) die Unabhängigkeit der Gerichte; g) das Mehrparteienprinzip; h) die Chancengleichheit aller politischen Parteien und i) das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Extremistische Bestrebungen, die einen oder mehrere dieser Grundwerte abschaffen wollen, werden vom Verfassungsschutz beobachtet (siehe auch "Ausländerextremismus"; "Islamistischer Extremismus", "Linksextremismus"; "Rechtsextremismus"; "Terrorismus"). Extremistische Gefangenenhilfsorganisationen Sowohl Rechtsals auch Linksextremisten und islamistische Extremisten betreuen inhaftierte Sympathisanten und Mitglieder. Dazu stellen sie beispielsweise Rechtsanwälte zur Verfügung und Kontakte zur Außenwelt her. Für Extremisten ist die Arbeit mit Gefängnisinsassen deswegen bedeutsam, weil sie den Häftlingen einreden, "Kämpfer für die richtige Sache" zu sein. Das deutsche Strafrecht wird als "Gesinnungsstrafrecht" diffamiert. Solche Gefangenenhilfsorganisationen stellen ein Netzwerk zwischen Gefängnisinsassen und Extremisten her, das meist noch lange über die Haftdauer hinaus Bestand hat. Auf diese Weise "vermitteln" sie oft Häftlinge nach deren Entlassung in extremistische Kreise. Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) war die aktivste rechtsextremistische Gefangenenhilfsorganisationen in Deutschland. Sie wurde 1979 gegründet und vermittelte vornehmlich Kontakte zwischen Szeneangehörigen und Häftlingen und sorgte auf diesem Weg dafür, dass Rechtsextremisten auch während ihrer Haftzeit nicht ihre Haltung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung änderten. Sie wurde 2011 verboten. Die "Rote Hilfe e.V." (RH) ist eine bundesweite Organisation, die politisch Aktive aus dem gesamten linksextremistischen Spektrum auf vielfältige Weise unterstützt. Die RH hat bundesweit mehrere Tausend Mitglieder. Sie rekrutieren sich überwiegend aus dem autonomen Spektrum. Mit Beratungsangeboten, Prozessbegleitung und Gefangenenbesuchen steht 239 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 die RH tatsächlichen oder vermeintlichen linksextremistischen Tatverdächtigen und Straftätern bei. Sie beteiligt sich an den Rechtsanwaltsund Prozesskosten. Bei hohen Geldstrafen, Verlust des Arbeitsplatzes oder Haftstrafen gewährt sie auch finanzielle Hilfen zum Lebensunterhalt. Obwohl eigenständige Gefangenenhilfsorganisationen von islamistischen Extremisten bislang nicht bekannt sind, bemühen sich einzelne islamistische Gruppierungen intensiv um Gefangene in deutschen Gefängnissen, um sie auf Dauer für ihre jeweiligen Ideologien zu gewinnen. Faschismus siehe "Rechtsextremismus" und "Nationalsozialismus" Freie Kräfte / Freie Nationalisten Mitte der 1990er Jahre entwickelten Neonationalsozialisten das Konzept der "Freien Kräfte" beziehungsweise "Freien Nationalisten" als Reaktion auf zahlreiche Vereinsverbote. Ihre wesentlichsten Ausprägungen sind Kameradschaften (siehe "Kameradschaften") und "Autonome Nationalisten" (siehe "Autonome Nationalisten"). Einerseits bezeichnen sich Kameradschaftsmitglieder zum Teil selber als "Freie Kräfte" beziehungsweise "Freie Nationalisten", um sich von rechtsextremistischen Parteistrukturen abzugrenzen. Andererseits verwenden auch rechtsextremistische Personenzusammenschlüsse, die sich nicht als Kameradschaft definieren, diese Begrifflichkeit. Insbesondere seit den Verboten von Kameradschaften in mehreren Bundesländern nutzen viele Neonationalsozialisten auf ihren Transparenten oder Internet-Seiten nur noch den Begriff "Freie Kräfte" und versehen ihn mit einem lokalen Namenszusatz. Der Begriff kommt bei Neonationalsozialisten zunehmend nur noch unverbindlich zur Anwendung, um das eigene parteiungebundene Konzept zu verdeutlichen. Sie hoffen, damit den Sicherheitsbehörden weniger Angriffsflächen zu bieten. Fremdenfeindlichkeit Berührungsängste zwischen Personen unterschiedlicher Herkunft, die einander nicht kennen, sind menschlich und überwindbar. Jedoch sehen Rechtsextremisten in "Fremden" generell einen zu bekämpfenden Feind. Ihre Fremdenfeindlichkeit richten Rechtsextremisten gegen alle Menschen, die sie als "fremd" betrachten. Als vordergründige Unterscheidungsmerkmale ziehen sie Hautfarbe, Religion, vermutete Herkunft und Ähnliches heran. Opfer von Fremdenfeindlichkeit sind demnach Ausländer 240 Glossar und Deutsche. Hierbei kommt es zu fremdenfeindlich motivierten Straftaten und nicht selten zu Gewaltstraftaten. Ihren Opfern sprechen Rechtsextremisten allein wegen des vermuteten "Fremdseins" die Menschenwürde und die Menschenrechte ab (siehe auch "Rassismus"). Geheimschutz Als Geheimschutz wird der Schutz staatlicher Interessen vor Ausspähungen und unbefugtem Zugriff bezeichnet. Insbesondere Informationen über verteidigungswichtige militärische Einrichtungen und kritische Infrastruktur (zum Beispiel Flughäfen) zählen dazu. Man unterscheidet den materiellen Geheimschutz (beispielsweise Nutzung von Panzerschränken, IT-Sicherheit) und den personellen Geheimschutz (Sicherheitsüberprüfungen). Rechtsgrundlage im Bereich personeller Geheimschutz ist das Brandenburgische Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Die Kennzeichnung, Aufbewahrung, Verwaltung und den Transport von Verschlusssachen (materieller Geheimschutz) regelt verbindlich für alle Landesbehörden die Verschlusssachenanweisung. Globalisierung Unter Globalisierung wird der Prozess zunehmender internationaler Verflechtung in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur und Kommunikation verstanden. Dieses gegenseitige globale Durchdringen und Zusammenrücken, welches beispielsweise Geldtransfer in Echtzeit rund um den Globus ermöglicht, vollzieht sich nicht überall gleich. Ebenso wirken sich vorhandene Chancen und Risiken in vielfältiger Weise unterschiedlich aus. Jedoch: All dies ist nichts Neues. Im Gegenteil. Seit der Mensch Räume erschlossen, besiedelt und angefangen hat, Handel zu treiben, globalisiert er sich und damit die Welt. In diesem prozesshaften Lauf der Dinge werden Dynamik, Strukturen und Mitteleinsatz angepasst, verbessert und so einer unermüdlichen Modernisierung unterworfen. Individuen, Gesellschaften, Institutionen, Unternehmen, Kommunikationssysteme und Staaten sind daran beteiligt. Die Liberalisierung des Welthandels bildet den Rahmen und bindet in diesen Prozess immer mehr Akteure ein. Kritiker, Gegner und Skeptiker der Globalisierung finden sich im extremistischen wie im demokratischen Spektrum der Bevölkerung. Besonders Linksund Rechtsextremisten haben die Globalisierungskritik als eigenes Themenfeld entdeckt. Teilweise kann von extremistischen Kritikern erhebliche Gewalt ausgehen. 241 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Islamistischer Extremismus Islamistischer Extremismus ist eine Sammelbezeichnung für eine politische, sozialrevolutionäre und in sich teilweise sehr zerstrittene Bewegung, die von einer Minderheit der Muslime getragen wird. Ihre Anhänger fordern unter Berufung auf einen von ihnen politisch idealisierten Islam die "Wiederherstellung" einer "islamischen Ordnung". Sie verstehen den Islam als Gegenmodell zu westlichen, demokratischen Staatsund Gesellschaftsformen. Die von ihnen propagierte "islamische Ordnung" göttlichen Ursprungs (Scharia), die im Koran, in der Praxis der muslimischen Urgemeinde (Sunna) und in den biographischen Berichten über den Propheten (Hadithe) verbindlich vorgegeben sei, müsse alle Lebensbereiche regeln. Islamistische Extremisten glauben sich legitimiert, die "islamische Ordnung" mit Gewalt durchzusetzen. Sie beziehen sich dabei auf im Koran enthaltene Aufforderungen zum "Dschihad" (siehe "Dschihad"), den sie, abweichend von der Mehrheit der Muslime, als heilige Pflicht zum unablässigen Krieg gegen alle "Feinde" des Islams sowohl in muslimischen als auch in nichtmuslimischen Ländern verstehen. Manche greifen zu Mitteln des Terrorismus (siehe "Terrorismus"). Gewalt gegen "Verräter des wahren Islam" richtet sich sehr häufig auch gegen Muslime, die nicht in das enge Weltbild der islamistischen Extremisten passen. Kameradschaften Kameradschaften (siehe auch "Freie Kräfte / Freie Nationalisten") entstanden als Reaktion auf Verbote rechtsextremistischer Organisationen in den 1990er Jahren. Rechtsextremisten glaubten, dass sie durch diese Art der Zusammenschlüsse einem vereinsrechtlichen Verbotsverfahren ausweichen könnten. Ihr Wirkungskreis ist lokal oder regional begrenzt, oft spiegelt sich dies in der Namensgebung wieder. Innerhalb der Kameradschaften besteht eine Übereinstimmung zu gemeinsamer politischer Arbeit auf Basis rechtsextremistischer Grundorientierung. Ihre Binnenstruktur ist in der Regel streng hierarchisch aufgebaut. Letztlich ist das Selbstverständnis der NSDAP (siehe "Nationalsozialismus"), die sich nie als Partei, sondern immer als Hitler-Bewegung verstanden hat, das historisches Vorbild, dem Kameradschaften nacheifern. Die Verbote mehrerer neonationalsozialistischer Kameradschaften in Brandenburg haben zur Folge gehabt, dass sich Mitläufer von einem kleinen harten Kern überzeugter Rechtsextremisten losgelöst haben und in der rechtsextremistischen Szene nicht mehr in Erscheinung traten. Andere Neonati242 Glossar onalsozialisten nutzen mittlerweile die Strukturen von NPD, JN oder "Die Rechte" für ihre Aktivitäten. Das Kameradschaftsmodell scheint für Rechtsextremisten an Bedeutung zu verlieren. Kommunismus Kommunisten glauben an die Lehre von Karl Marx (1818-1883), der zufolge sich die gesamte Menschheitsgeschichte als Wechselspiel von Ausbeutung und Revolte dagegen verstehen ließe. Daran beteiligten Gruppen werden materielle Interessen unterstellt, die in der kommunistischen Lehre als "objektiv" verstanden werden. Sollen es in der Geschichtsauffassung der Kommunisten erst Sklavenhalter und Sklaven, dann Feudalherren und Bauern gewesen sein, die einen "Klassenkampf" führten, so stünden sich heute "Bourgeoisie" und das "Proletariat" gegenüber. Dieses "Proletariat" solle eine Diktatur errichten, die den Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft einleiten werde. Besonders die von Wladimir I. Lenin (18701924) eingeführte Lehre, wonach das "Proletariat" dabei von einer Avantgarde geführt werden müsse, hat die Erscheinungsform kommunistischer Gruppen in den letzten Jahrzehnten geprägt. Von der marxistisch-leninistischen Orthodoxie abweichende kommunistische Strömungen berufen sich oft auf Leo Trotzki, Josef Stalin oder Mao Zedong. Linksextremismus Kommunisten, Anarchisten, Trotzkisten und Autonome (siehe auch jeweils "Kommunismus", "Anarchismus" und "Autonome / Autonome Antifa") stellen die Hauptströmungen des Linksextremismus dar. Sie unterscheiden sich in einigen Punkten stark voneinander, sind sich aber in der Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einig. Für Linksextremisten ist die Demokratie in Deutschland nur ein Deckmantel für die von ihnen unterstellte eigentliche Macht des Kapitals. Sie gehen davon aus, dass sowohl Gewaltenteilung als auch die Unabhängigkeit der Gerichte in Wirklichkeit gar nicht gegeben, sondern nur vorgespielt seien. Ihr Ziel ist ein System, dass nichts mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu tun hat, sondern eine Diktatur über die Mehrheit und damit eine Bevormundung Andersdenkender bedeutet. Die von ihnen häufig genannten Werte "Gleichheit", "Freiheit" und "Gerechtigkeit" stellen sich bei näherem Hinsehen als Synonyme für die Zerstörung demokratischer Errungenschaften (zum Beispiel die Gewaltenteilung), für die Einschränkung 243 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 persönlicher Freiheitsrechte (zum Beispiel die freie Berufswahl) und die Beseitigung des Rechts auf Eigentum dar. So unterschiedlich sie auch ausgerichtet sein mögen, verstehen sich doch alle linksextremistischen Organisationen als "antifaschistisch". Damit ist allerdings nur teilweise der Kampf gegen Rechtsextremismus gemeint. Gemeinsam ist linksextremistischen Gruppen die Ausdehnung des Faschismus-Begriffes auf demokratische Einrichtungen. Linksextremistische Parteien Linksextremistische Parteien verstehen sich als Kaderorganisationen, die eine revolutionäre Umwälzung vorbereiten wollen. Die in Brandenburg aktiven linksextremistischen Parteien "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) sind marxistisch-leninistisch ausgerichtet. Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) orientiert sich daneben noch an den Lehren Josef Stalins und Mao Zedongs. Sporadisch treten auch trotzkistische Parteien, zum Beispiel die "Partei für Soziale Gleichheit" (PSG), bei Wahlen in Erscheinung. Nachrichtendienstliche Mittel Der Verfassungsschutz unterrichtet die Landesregierung und die Öffentlichkeit über Bestrebungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGO) richten, damit Maßnahmen für deren Verteidigung eingeleitet werden können. Für diesen Gesetzesauftrag sammelt der Verfassungsschutz Informationen über Extremisten. Der Verfassungsschutz gewinnt seine Informationen aus offen zugänglichen Quellen (beispielsweise Internet-Seiten, Zeitschriften, Flugblätter) und durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Die sachund personenbezogenen Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen werden ausgewertet und die daraus gewonnen Erkenntnisse an zuständige Stellen weitergegeben, um so die fdGO zu schützen. Das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz gestattet in SS 6, Absatz 3 unter anderem folgende nachrichtendienstliche Mittel: Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen, Observation, Anwendung technischer Hilfsmittel wie Bildund Tonaufzeichnungen außerhalb des Schutzbereichs der Wohnung sowie Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs. Die Intensität solcher Maßnahmen ist unterschiedlich. Nach streng geregelten 244 Glossar Verfahren genehmigen und kontrollieren parlamentarische Kontrollgremien den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Nachrichtendienstliche Quellen Das brandenburgische Verfassungsschutzgesetz erlaubt im SS 6, Absatz 3 den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (siehe "Nachrichtendienstliche Mittel"), darunter unter anderem den Einsatz nachrichtendienstlicher Quellen. Das sind Personen, die aus unterschiedlichen Interessen Informationen aus dem Bereich des politischen Extremismus weitergeben, dem sie angehören oder in dem sie sich bewegen können. Sie sind keine Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde. Ein Vertrauensverhältnis besteht zu solchen Personen ausdrücklich nicht. Der Geheimhaltung bedarf es, weil Identität und Verbindung zum Verfassungsschutz im Interesse der weiteren Informationsgewinnung geschützt werden müssen. Nationalsozialismus Nationalsozialismus war eine völkisch-antisemitisch-national-sozial-revolutionäre Bewegung in Deutschland (1919-1945), die sich 1920 als "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei" (NSDAP) organisierte und unter Führung Adolf Hitlers 1933 eine totalitäre Diktatur in Deutschland errichtete. Neonazismus / Neonationalsozialismus Die Begriffe "Neonazismus", "Neonationalsozialismus" und "Rechtsextremismus" werden umgangssprachlich häufig synonym verwandt. Der Verfassungsschutz dagegen versteht unter Neonationalsozialisten diejenigen Rechtsextremisten, die ein politisches System nach dem Vorbild des nationalsozialistischen "Dritten Reichs" (siehe "Nationalsozialismus") mit "rassenreiner Volksgemeinschaft" (siehe "Rassismus") und totalitärem Führerstaat anstreben. Die Verbrechen, die vom nationalsozialistischen Regime 1933-1945 begangen wurden, verharmlosen, verherrlichen und leugnen sie gleichzeitig. Adolf Hitler und Rudolf Heß sind für Neonationalsozialisten Identifikationsfiguren. Je nach Strömung werden zusätzlich andere Verbrecher des Regimes verehrt, zum Beispiel Otto und Gregor Strasser oder Ernst Röhm. Kleine Teile des neonationalsozialistischen Spektrums knüpfen an die Ideologie des Nationalbolschewismus an. Einige Neonationalsozialisten stellen gegenwartsbezogene Themen in den Mittelpunkt ihrer völkischen und rassistischen Agitation. 245 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Observation Observation ist die verdeckte Beobachtung durch besonders ausgebildete Mitarbeiter mit Unterstützung technischer Mittel. Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus dem brandenburgischen Verfassungsschutzgesetz (SS 6, Absatz 3 Nr. 2 und 3). Ziel ist, unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit Informationen über extremistische oder sicherheitsgefährdende Bestrebungen sowie über staatlich gelenkte Spionage zu gewinnen. Proliferation Unter Proliferation versteht man die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Waffenträgersystemen beziehungsweise von Produkten und Kenntnissen, die zur Herstellung solcher Waffen dienen können. Oftmals ist bei Lieferungen solcher Produkte die beabsichtigte Rüstungsproduktion nicht erkennbar oder wird verschleiert, zumal sie häufig sowohl im militärischen als auch im zivilen Bereich verwendet werden können - so genannte Dual-Use-Güter. Radikalismus siehe "Extremismus" Rassismus Alle Ausprägungen des Rechtsextremismus sind rassistisch. Rassisten teilen Menschen anhand bestimmter Merkmale in höherund minderwertige Gruppen ein. Merkmale sind beispielsweise die Hautfarbe, die Nationalität oder Herkunft, Kultur und Religion. Um diese Gruppen voneinander abbeziehungsweise auszugrenzen, verlangen Rassisten "ethnisch homogene" Nationen. Gewöhnlich gehen Rassisten davon aus, dass Angehörige "weißer Rassen" anderen überlegen seien. Daraus ziehen Rechtsextremisten ihre Rechtfertigung für Diskriminierung und Ausgrenzung aller ihnen unliebsamen Gruppen. Solch eine Diskriminierung verstößt gegen Verfassungsgrundsätze. Rassismus wird auch als Begründung für Fremdenfeindlichkeit (siehe "Fremdenfeindlichkeit") benutzt. Eine spezielle Form des Rassismus ist der Antisemitismus (siehe "Antisemitismus"). Rechtsextremismus Folgende Einstellungen charakterisieren Rechtsextremisten: Ablehnung der Menschenrechte; Ablehnung der Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz; übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit ei246 Glossar ner Feindschaft gegen Fremde oder fremd Aussehende, gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten (siehe "Rassismus"); Verschweigen, Verharmlosen oder Leugnen der nationalsozialistischen Verbrechen von 1933-1945 (siehe "Revisionismus, rechtsextremistischer"). In unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung lassen sich in den einzelnen rechtsextremistischen Strömungen folgende Kernelemente ausmachen: Rassismus, ein biologistisch geprägtes Menschenbild und Antisemitismus; völkischer Kollektivismus, also pauschale Überbewertung einer meist rassistisch definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Individuums; Militarismus samt dem Bestreben, auch zivile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nach hierarchischen Prinzipien ("Führer und Gefolgschaft") zu ordnen; Etatismus, also die Forderung nach einer autoritären oder diktatorischen staatlichen Ordnung. Angesichts der vielfältigen Ausprägungen des Rechtsextremismus ist es nicht sachgerecht, Rechtsextremisten unterschiedslos als "Nazis", "Neonazis", "Neonationalsozialisten" oder "Faschisten" zu bezeichnen. Den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 betrachten nur die Anhänger des Neonationalsozialismus (siehe auch "Neonazismus" / "Neonationalsozialismus") als fortgeltendes Leitbild. Auf den Faschismus, das in Italien 1922 bis 1944 bestehende Herrschaftssystem und dessen von Benito Mussolini geprägte faschistische Ideologie, berufen sich in Deutschland allenfalls rechtsextremistische Splittergruppen. Dennoch wird in der Alltagssprache "Faschismus" oft mit "Rechtsextremismus" gleichgesetzt. Rechtsextremistische Parteien Rechtsextremistische Parteien wollen den demokratischen Staat des Grundgesetzes "abwickeln" und durch einen totalitären Führerstaat ersetzen. Sie propagieren beispielsweise ein "lebensrichtiges Menschenbild", das rassistisch ist. Rechtsextremistische Parteien arbeiten teilweise mit Neonationalsozialisten zusammen. In Brandenburg nimmt die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) an Wahlen teil. Revisionismus, rechtsextremistischer Als (Geschichts-)Revisionismus bezeichnet man den politisch motivierten Versuch, Verbrechen unter nationalsozialistischer Herrschaft im Wege einer "nochmaligen Betrachtung" zu relativieren oder zu leugnen. Durch vermeintlich entlastende und verzerrende Darstellung der Geschichte soll 247 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 die rechtsextremistische Ideologie wieder politikfähig werden. Insbesondere im Rahmen einer gezielten "Revisionismus-Kampagne" versuchen Rechtsextremisten aus aller Welt seit Jahren, den millionenfachen Mord an den Juden zu bestreiten oder zumindest die Zahl der Opfer in Frage zu stellen. Dazu berufen sich Revisionisten auf häufig von ihnen selbst in Auftrag gegebene pseudowissenschaftliche "Gutachten" ("Leuchter-Report", "Rudolf-Gutachten"), in denen versucht wird, die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern als technisch unmöglich darzustellen. In der Bundesrepublik wird dieses Verhalten strafrechtlich geahndet. Sicherheitsüberprüfung siehe "Geheimschutz" Skinheads Die Wurzeln der Skinheadbewegung liegen im Großbritannien der späten 1960er Jahre. Sie war ursprünglich eine unpolitische, der Arbeiterschicht entstammende Jugendbewegung. Auch heute interessiert sich ein großer Teil der Skinheadszene nicht für politische Themen, sondern fühlt sich lediglich einer von einschlägiger Musik und Mode geprägten Subkultur zugehörig. Die Öffentlichkeit nimmt allerdings von der vielschichtigen Skinheadszene hauptsächlich den rechtsextremistischen Flügel ("Boneheads", "White-Power-Skins" und "Fascho-Skins") wahr, der sich über eine bestimmte Mode sowie Musik und über eine von neonationalsozialistischen Ideologieelementen durchsetzte Einstellung definiert. Wichtige Bindeglieder der internationalen rechtsextremistischen Skinheadszene sind Skinhead-Musik, die auf Tonträgern und bei Konzerten mit oft aggressiven, zum Teil neonationalsozialistischen Texten verbreitet wird, und Skinhead-Modeartikel. Die Produkte werden von zahlreichen Vertriebsdiensten im Versandhandel angeboten sowie über einschlägige Internetseiten, in Foren und Skin-Magazinen (Fanzines) beworben. Eine Minderheit in der Skinheadszene ist dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen. "Red Skins", SHARPs ("Skinheads Against Racial Prejudice") oder R.A.S.H.s ("Red and Anarchist Skinheads") grenzen sich energisch gegen "Nazis und Rassismus" ab. Ein kleiner Teil dieses Personenkreises vertritt linksextremistische Vorstellungen. Linksextremistische Skinheads finden sich auch in der autonomen Szene und engagieren sich zum Teil in der autonomen Antifa (siehe "Autonome / autonome Antifa"). 248 Glossar Spionage Wenn ein Staat mit verdeckten Mitteln und Methoden politische Entscheidungsprozesse sowie wirtschaftliche, wissenschaftliche und militärische Potenziale eines anderen Staates ausforscht, um auf unerlaubte Weise Vorteile und Informationen zu gewinnen, betreibt er Spionage. Spionageabwehr ist Auftrag des Verfassungsschutzes. Die politische und militärische Spionage erreichte während des "Kalten Krieges" ihren Höhepunkt, bleibt aber auch heute angesichts zahlreicher Interessengegensätze in der Staatenwelt aktuell. Insbesondere die staatlich gelenkte Wirtschaftsspionage ist eine Bedrohung und Belastung, die sich gegen Firmen, Unternehmen und Verbände richtet. Sie ist zu unterscheiden von der wirtschaftlichen Konkurrenzspionage, mit der ein privates Unternehmen gegen ein anderes vorgeht. Diese Form der Spionage ist nicht Gegenstand des Verfassungsschutzauftrages. Terrorismus Terrorismus ist Gewalt gegen eine bestehende Ordnung, um einen politischen Wandel über schwere Straftaten zu erzwingen. Terror dient dabei als Druckmittel, indem Angst und Schrecken verbreitet werden. Terrorismus benötigt mediale Öffentlichkeit, die er gerade über zivile Opfer erzeugt. Trotzkismus Der Trotzkismus ist eine politisch-ideologische Richtung im Kommunismus (siehe "Kommunismus"), die auf Leo Trotzki (1879-1940), einen der Hauptakteure der russischen Oktoberrevolution 1917, zurückgeht. Ziel der Trotzkisten ist eine "permanente Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" unter ihrer Führung. Trotzkistische Parteien stehen abseits von den übrigen kommunistischen Parteien. Um dennoch über ihre engen Zirkel hinaus Einfluss zu gewinnen, bedienen Trotzkisten sich der Methode des gezielten Unterwanderns (Entrismus). Verbotene Kennzeichen Nach SS 86 a Strafgesetzbuch ist das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar. Kennzeichen sind Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Das Verbot umfasst Kennzeichen verbotener Parteien, verbotener Vereinigungen, Kennzeichen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen. Bekannteste Beispiele solcher Straftaten sind das Schmieren von Hakenkreuzen oder das Zeigen des "Hitler-Grußes". 249 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Verschlusssachen siehe Geheimschutz Wirtschaftsschutz Der Wirtschaftsschutz beinhaltet alle relevanten Maßnahmen des Verfassungsschutzes, die geeignet sind, einen illegalen Know-how-Transfer durch fremde Nachrichtendienste aus deutschen Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren (siehe "Spionage"). Zionist Occupied Government (ZOG) "Zionist Occupied Government" (ZOG) kommt aus dem Englischen und heißt wörtlich übersetzt "zionistisch besetzte Regierung". Die Abkürzung ist eine in rechtsextremistischen Bewegungen übliche antisemitische Schmiererei. Mit dem Ausdruck ist gemeint, dass eine Regierung von Juden angeblich "besetzt" beziehungsweise "erobert", also fremdbestimmt sei und demnach das Staatsvolk nicht repräsentiere, sondern unterdrücke. Darin glauben Rechtsextremisten wiederum, eine angebliche jüdische Weltverschwörung zu erkennen. 250 Glossar 251 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 7.3 Gesetzestexte Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches VerfassungsschutzgesetzBbgVerfSchG) Vom 05. April 1993 (GVBl.I/93, [Nr. 04], S.78), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Januar 2010 (GVBl.I/10, [Nr. 01]) Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Zweck des Verfassungsschutzes; Auftrag der Verfassungsschutzbehörde (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Dadurch soll es ihnen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen. SS2 Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörde (1) Verfassungsschutzbehörde ist das Ministerium des Innern. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Gesetzes im Einvernehmen, die des Bundes nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden. 252 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Zur Erfüllung ihres Auftrages sammelt die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. und wertet sie aus. Voraussetzung für ihr Tätigwerden ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. 253 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Die Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1 und 2 sind in dem Brandenburgischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz geregelt. SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, 3. Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die in Absatz 3 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. (2) Eine Bestrebung im Sinne dieses Gesetzes ist insbesondere dann gegeben, wenn sie auf Gewaltanwendung gerichtet ist oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in Absatz 3 genannten Grundsätzen erkennen lässt. (3) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: 1. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, 2. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 254 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 3. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 4. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, 5. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 6. die Unabhängigkeit der Gerichte und 7. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft. (4) Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise sonst geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (5) Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne der SSSS 16 Abs. 1 und 20 Abs. 1 sind Verbrechen oder Vergehen, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedroht sind, sowie Rauschgifthandel, Falschgeld-, Sprengstoffund Waffendelikte und Straftaten nach SS 129 des Strafgesetzbuches. SS5 Unterrichtung der Öffentlichkeit Die Verfassungsschutzbehörde informiert die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1. Sie unterrichtet jährlich die Öffentlichkeit über die Summe ihrer Haushaltsmittel und über die Gesamtzahl ihrer Bediensteten. Zweiter Abschnitt Befugnisse SS6 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde ist an Gesetz und Recht gebunden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten, soweit nicht die Bestimmungen des Brandenburgi255 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 schen Datenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Informationsbeschaffung als nachrichtendienstliche Mittel die folgenden Maßnahmen anwenden: 1. Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermittlern; 2. Observationen; 3. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen; 5. Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel; 6. Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 7. Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen; 8. Verwendung fingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden); 9. Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; 10.Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Artikel 10-Gesetzes. Minderjährige dürfen nicht als Vertrauensleute, sonstige geheime Informanten, Gewährspersonen oder verdeckte Ermittler eingesetzt werden. Soweit sich Personen aus beruflichen Gründen auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, darf die Verfassungsschutzbehörde diese nicht von sich aus für ihre Zwecke in Anspruch nehmen; Informationen, die diese Personen unter Verletzung des SS 203 des Strafgesetzbuches rechtswidrig an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben beabsichtigen, dürfen von dieser nicht entgegengenommen werden. Tarnpapiere und Tarnkennzeichen dürfen auch zu dem in SS 7 Abs. 1 Nr. 5 genannten Zweck verwendet werden; die zuständigen Behörden des Landes sowie 256 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet, der Verfassungsschutzbehörde für diese Tarnmaßnahmen Hilfe zu leisten. (4) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu. Sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst nicht befugt ist. (5) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über den Verwendungszweck aufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfasst bei einer beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenn die Tatsache, dass die Erhebung für Zwecke der Verfassungsschutzbehörde erfolgt, aus besonderen Gründen nicht bekannt werden soll. Die betroffene Person ist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. (6) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat die Verfassungsschutzbehörde diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. (7) Beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine Straftaten begangen werden. Die abschließende Aufzählung der Straftatbestände, die verwirklicht werden dürfen, erfolgt in einer Dienstvorschrift nach Vorlage in der Parlamentarischen Kontrollkommission. SS7 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 6 Abs. 3 nur erheben, wenn 1. sich ihr Einsatz gegen Personenzusammenschlüsse, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen, 2. sich ihr Einsatz gegen andere als die in Nummer 1 genannten Personen richtet, von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für diese bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben, 257 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 3. ihr Einsatz gegen andere als in den Nummern 1 und 2 genannten Personen unumgänglich ist, um Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen zu gewinnen, die sich durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter wenden, 4. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlichen Quellen in Personenzusammenschlüssen nach Nummer 1 gewonnen werden können oder 5. dies zum Schutz der Bediensteten, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verfassungsschutzbehörde gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, die betroffene Person weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtigung ist in der Regel anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach SS 15 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 6 Abs. 3 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen, insbesondere nicht zu der Gefahr, die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne von SS 3 Abs. 1 ausgeht. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. (2) Die mit den Mitteln nach SS 6 Abs. 3 gewonnenen Informationen dürfen nur für den jeweiligen Erhebungszweck genutzt werden. Eine anderweitige Nutzung ist nur zulässig, wenn das zur Informationsgewinnung verwendete Mittel auch für den jeweils anderen Nutzungszweck hätte eingesetzt werden dürfen. Sie ist ferner zulässig im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach SS 3 Abs. 2 und in Verwaltungsverfahren, in denen die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörde gesetzlich vorgeschrieben ist. (3) Das Mithören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel oder sonstige Maßnahmen nach SS 6 Abs. 3, die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-, Post und Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, sind zulässig, wenn dadurch Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen, die auf Gewaltanwendung gerichtet sind oder sonst 258 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in SS 4 Abs. 3 genannten Grundsätzen erkennen lassen, gewonnen werden können. Ein solcher Eingriff bedarf im Einzelfall der vorherigen Zustimmung des Ministers des Innern, im Falle seiner Verhinderung der seines Vertreters. Die Parlamentarische Kontrollkommission ist in der jeweils nächsten Sitzung, bei Fortdauer der Maßnahmen jeweils in Abständen von drei Monaten, zu unterrichten. Die durch den Eingriff erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 4 Abs. 2 des Artikel 10-Gesetzes, zur Erforschung oder Verfolgung einer Straftat nach SS 129 des Strafgesetzbuches sowie für die in Absatz 2 Satz 3 genannten Zwecke genutzt werden. (4) Beim Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern sowie bei Observationen finden die Bestimmungen in Absatz 3 Satz 3 entsprechende Anwendung, ohne dass die Identität der Vertrauensleute oder verdeckten Ermittler, auch nicht in mittelbarer Form, offenbart wird. SS8 Speicherung, Veränderung, Nutzung, Berichtigung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 Informationen, insbesondere personenbezogene Daten, speichern, verändern und nutzen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 vorliegen oder 2. dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 erforderlich ist. Die Speicherung von Informationen über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des 14. Lebensjahres zu ihrer Person ist unzulässig. Mittels automatisierter Datenverarbeitung zu ihrer Person gespeicherte Daten Minderjähriger dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. Die Speicherdauer ist auf das für die Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. (2) Gespeicherte Daten sind zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies im Zusammenhang mit dem Datum, dessen Richtigkeit bestritten wird, zu vermerken. Sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollstän259 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 dig sind und dadurch schutzwürdige Interessen Betroffener beeinträchtigt sein können. (3) Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nach SS 3 Abs. 1 nicht mehr erforderlich ist. Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, sofern Minderjährige betroffen sind, nach zwei Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu löschen oder zu berichtigen sind. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden. Ein schutzwürdiges Interesse liegt auch vor, wenn die betroffene Person einen Antrag nach SS 12 Abs. 1 gestellt hat. (4) Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter, trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (5) Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre des Betroffenen, die mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, dürfen nur einem besonders beschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden. (6) Personenbezogene Daten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebs einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke sowie zum Nachweis strafbarer Handlungen nach SS 38 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes verwendet werden. SS9 (aufgehoben) SS 10 (aufgehoben) 260 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG SS 11 (aufgehoben) Dritter Abschnitt Auskunft und Einsicht SS 12 Auskunft, Einsicht und Benachrichtigung (1) Die Verfassungsschutzbehörde erteilt auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zur antragstellenden Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung. Soweit sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, ist auf Antrag der antragstellenden Person Einsicht zu gewähren. Die Akteneinsicht ist auf die Teile der Akten beschränkt, die personenbezogene Daten der antragstellenden Person enthalten. Auskunft oder Akteneinsicht können sich auf Antrag auch auf die Herkunft der Daten, den Zweck ihrer Übermittlung und die Empfänger von Übermittlungen innerhalb der letzten zwei Jahre erstrecken. Auskunft aus Akten oder Einsicht in Akten, die nicht zur Person des Betroffenen geführt werden, sind zu gewähren, soweit die antragstellende Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen. (1a) Soweit Daten zur Person mittels automatisierter Datenverarbeitung gespeichert sind, erhält die antragstellende Person Einsicht in Ausdrucke der gespeicherten Datensätze. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. (2) Auskunftserteilung oder Einsichtsgewährung können nur unterbleiben, wenn 1. das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht überwiegt oder 2. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegenden berechtigten Interessen von Dritten geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter unter Abwägung der in den Nummern 1 und 2 genannten Interessen mit 261 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Einsicht. (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung oder der Einsichtsgewährung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Verweigerung gefährdet würde; die Gründe sind aber festzuhalten. Die antragstellende Person ist auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen einer Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen und Einsicht zu gewähren. Stellt der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär, im Einzelfall fest, dass durch die Auskunft oder die Einsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde, erhält nur der Landesbeauftragte persönlich Auskunft oder Einsicht. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die antragstellende Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehörde zulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zugestimmt hat. (4) Bezieht sich die Auskunftserteilung oder die Einsicht auf die Herkunft personenbezogener Daten von anderen Verfassungsschutzbehörden, der Staatsanwaltschaft und der Polizei, von Landesfinanzbehörden, soweit diese personenbezogene Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, vom Bundesnachrichtendienst, vom Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, von anderen Behörden des Bundesministers der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig. Das gleiche gilt, wenn diese Behörden Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten sind. Soweit es sich um Behörden des Landes handelt, gelten für die Versagung der Zustimmung die Absätze 2 und 3 entsprechend. (5) Von der ohne ihre Kenntnis erfolgten Erhebung personenbezogener Daten ist die betroffene Person zu benachrichtigen, sobald der Zweck der Erhebung es zulässt. Bei Eingriffen nach SS 7 Abs. 3 und 4 ist die Parlamentarische Kontrollkommission spätestens drei Jahre nach der Beendigung des Eingriffes zu unterrichten, sofern eine Mitteilung an die betroffene Person nicht erfolgt ist. (6) Wird der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach SS 12 Abs. 3 tätig, so kann er die Parlamentarische Kontrollkommission von sich aus 262 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG unterrichten, wenn sich im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunft an die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muss. Vierter Abschnitt Informationsübermittlung SS 13 Zulässigkeit von Ersuchen Wird nach den Bestimmungen dieses Abschnittes um die Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übermittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. SS 14 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Behörden, Betriebe und Einrichtungen des Landes sowie die der Aufsicht des Landes Brandenburg unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterrichten von sich aus die Verfassungsschutzbehörde über die ihnen bekannt gewordenen Tatsachen einschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Auf263 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 wand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchen sind festzuhalten. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund einer Maßnahme nach SS 100 a der Strafprozessordnung bekanntgeworden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in SS 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dabei übermittelten Kenntnisse und Unterlagen finden SS 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 und SS 4 Abs. 2 Satz 2 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind, ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten genutzt werden. SS 14a Übermittlung von Informationen durch nicht-öffentliche Stellen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Auskünfte nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes dürfen nur auf schriftlichen Antrag des Leiters der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung seines Vertreters, eingeholt werden. Über den Antrag entscheidet der Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet die G 10-Kommission über die beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug kann das Ministerium des Innern den Vollzug der Entscheidung auch vor Unterrichtung der Kommission anordnen. Die G 10-Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung von Auskünften. Entscheidungen über Auskünfte, die die G 10-Kommission für nicht notwendig oder unzulässig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. (3) Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach Absatz 1 erlangten Daten. 264 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG (4) Für die Verarbeitung der nach SS 8 Abs. 5 bis 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erhobenen Daten ist SS 4 des Artikel 10-Gesetzes entsprechend anzuwenden. (5) Für die Mitteilung an den Betroffenen findet SS 12 Abs. 1 und 3 des Artikel 10-Gesetzes entsprechende Anwendung. (6) Das Ministerium des Innern unterrichtet im Abstand von höchstens sechs Monaten die Parlamentarische Kontrollkommission über die Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1. (7) Das Ministerium des Innern unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes jährlich über die nach Absatz 1 durchgeführten Maßnahmen nach Maßgabe des SS 8 Abs. 10 Satz 1 zweiter Halbsatz des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (8) Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 Grundgesetz, Artikel 16 Verfassung des Landes Brandenburg) wird nach Maßgabe des Absatzes 1 in Verbindung mit SS 8 Abs. 6 und 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes eingeschränkt. SS 15 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Aufklärung 1. von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht oder 2. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder 3. von Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. von öffentlichen Stellen geführte Register einsehen. 265 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde oder 2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würde und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht. (3) Die Anordnung für die Maßnahme nach Absatz 1 trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der betroffenen Person, deren Daten für eine weitere Verwendung erforderlich sind, hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. SS 16 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist oder die empfangende Behörde die Daten zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) benötigt oder wenn eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Behörde darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatli266 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG che Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz von Leib oder Leben oder zur Erfüllung eigener Aufgaben, insbesondere bei grenzüberschreitenden Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von SS 3 Abs. 1, erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere die Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlung ist festzuhalten. Die empfangende Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt wurden, und dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. (3) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, dass 1. die betroffene Person zugestimmt hat, 2. dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder 3. zum Schutz der in SS 3 Abs. 2 Nr. 2 genannten Einrichtungen erforderlich ist und der Minister des Innern oder von ihm besonders bestellte Beauftragte ihre Zustimmung im Einzelfall erteilt haben. Die Verfassungsschutzbehörde führt hierüber einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, die Fundstelle und der Empfänger hervorgehen. Der Nachweis ist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. Die empfangende Stelle darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. Sie ist auf die Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, dass die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. SS 17 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, 267 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 der Polizei von sich aus die ihr bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in den SSSS 74 a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (3) Übermittlungen nach den Absätzen 1 und 2 sind festzuhalten. SS 18 Übermittlung personenbezogener Informationen an die Öffentlichkeit Bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde dürfen personenbezogene Daten nur bekanntgegeben werden, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen zwingend erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse der betroffenen Person überwiegen. Personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübung ihres Amtes dürfen veröffentlicht werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen dieser Personen nicht beeinträchtigt werden. SS 19 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschnittes unterbleibt, wenn 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, dass die Information zu löschen oder für die empfangende Stelle nicht mehr erforderlich ist, 268 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 2. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Information und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen, wovon in der Regel auszugehen ist, wenn die Information die engere Persönlichkeitssphäre der betroffenen Person berührt, 3. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern oder 4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. SS 20 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach SS 8 Abs.1 Satz 2 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, ist eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung (SS 4 Abs. 5) erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres dürfen nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. SS 21 Pflichten der empfangenden Stelle Die empfangende Stelle prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass die Daten nicht erforderlich sind, hat sie die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. 269 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 SS 22 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber der empfangenden Stelle zu berichtigen. Fünfter Abschnitt Parlamentarische Kontrolle SS 23 Parlamentarische Kontrollkommission In Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt die Landesregierung unbeschadet der Rechte des Landtages der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. SS 24 Zusammensetzung und Amtsdauer der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission wird vom Landtag gebildet. Der Landtag beschließt über ihre Größe, die sieben Mitglieder nicht überschreiten soll, und Zusammensetzung und wählt die Mitglieder. Die parlamentarische Opposition muss angemessen vertreten sein. (2) Scheidet ein Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission aus dem Landtag oder aus seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ein neues Mitglied ist unverzüglich zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründen aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Landtages hinaus solange aus, bis der nachfolgende Landtag nach Absatz 1 eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gebildet hat. SS 25 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung und auf Verlangen der Kommission über Einzelfälle. Die 270 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG Kommission hat Anspruch auf diese Unterrichtung. Sie kann von der Landesregierung alle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen sowie bei besonderem Aufklärungsbedarf mit Zustimmung des Innenministers Bedienstete zum Sachverhalt befragen, sofern dem nicht überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen; die Landesregierung hat dies vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen. (2) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission auch über die Herstellung des Einvernehmens für das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Länder im Land Brandenburg gemäß SS 2 Abs. 2 sowie in allgemeiner Form über die Herstellung des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz gemäß SS 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (3) Eingaben einzelner Bürger (Petenten) über ein sie betreffendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde sind nach Zustimmung des Petenten der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis zu geben, wenn sie nicht an sie selbst gerichtet sind. Sie hat auf Antrag eines Mitgliedes Petenten zu hören. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Artikel 10-Gesetzes bleibt den aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz von der Volksvertretung bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. (5) Für die Parlamentarische Kontrollkommission gilt SS 23 Abs. 3 Satz 1 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes entsprechend. SS 26 Verfahrensweise der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission gibt sich eine Geschäftsordnung; im übrigen gelten die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission tagt nicht öffentlich. Auf Antrag eines Mitgliedes beschließt die Kommission über die Herstellung der Öffentlichkeit, soweit das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dem nicht entgegenstehen. Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder der Kommission zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen 271 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 dabei bekannt geworden sind. Das gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von der Kommission aufgehoben werden, wenn die Gründe für die Verschwiegenheit nachträglich weggefallen sind. Die Aufhebung der Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen, die in die Verantwortlichkeit des Bundes oder eines anderen Landes fallen, ist nur mit deren Zustimmung möglich. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet den Landtag jährlich über ihre Tätigkeit. Sechster Abschnitt Schlussvorschriften SS 27 Geltung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch die Verfassungsschutzbehörde finden die SSSS 4a, 9, 12 bis 19, 33c und 33d des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung. SS 28 Erlass von Verwaltungsvorschriften Der Minister des Innern wird ermächtigt, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Über solche, die nachrichtendienstliche Mittel nach SS 6 Abs. 3 betreffen, ist die Parlamentarische Kontrollkommission vorab zu unterrichten. SS 29 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) 272 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG 273 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970) zuletzt geändert durch Art. 2 des G. v. 20.08.2012 BGBl. I S. 1798 - Auszug - Erster Abschnitt Zusammenarbeit, Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden SS1 Zusammenarbeitspflicht (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (3) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. SS2 Verfassungsschutzbehörden (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesministerium des Innern. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund und der Länder untereinander unterhält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. SS3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden (1) Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere 274 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG von sachund personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, 4. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. (2) Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder wirken mit 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, 4. bei der Überprüfung von Personen in sonstigen gesetzlich bestimmten Fällen. Die Befugnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 sind im Sicherheitsüberprüfungsgesetz vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867) geregelt. 275 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). SS4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen; b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweck gerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Sinne des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 276 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, d) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, e) die Unabhängigkeit der Gerichte, f) der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürherrschaft und g) die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. SS5 Abgrenzung der Zuständigkeiten der Verfassungsschutzbehörden (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen im Sinne des SS 3 sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ist Voraussetzung, dass 1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund richten, 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinaus erstrecken, 3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren oder 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz das Bundesamt für Verfassungsschutz um ein Tätigwerden ersucht. Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgelagerter Fälle hergestellt werden. (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. 277 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 SS6 Gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichtet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 gemeinsame Dateien zu führen, die sie im automatisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von Akten und der dazu notwendigen Identifizierung von Personen erforderlich sind. Die Speicherung personenbezogener Daten ist nur unter den Voraussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch andere Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung einer speichernden Stelle im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Datenschutzrechts trägt jede Verfassungsschutzbehörde nur für die von ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese Daten verändern, sperren oder löschen. Die eingebende Stelle muss feststellbar sein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz trifft für die gemeinsamen Dateien die technischen und organisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des Bundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von Textdateien oder Dateien, die weitere als die in Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nur zulässig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht, von rechtsextremistischen Bestrebungen oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten. Die Zugriffsberechtigung ist auf Personen zu beschränken, die unmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwendungsgebiet betraut sind; in der Dateianordnung (SS 14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme von Textzusätzen in der Datei zu begründen. SS7 Weisungsrechte des Bundes Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. 278 Bundesverfassungsschutzgesetz - BVerfSchG 279 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz - G 10) Vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), zuletzt geändert durch Art. 5 G v. 07.12.2011 I 2576 Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen SS1 Gegenstand des Gesetzes (1) Es sind 1. die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst und der Bundesnachrichtendienst zur Abwehr von drohenden Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes einschließlich der Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaatendes Nordatlantikvertrages, 2. der Bundesnachrichtendienst im Rahmen seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 2 des BND-Gesetzes auch zu den inSS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 bis 7 und SS 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmten Zwecken berechtigt, die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen, in den Fällen der Nummer 1 auch die dem Briefoder Postgeheimnis unterliegenden Sendungen zu öffnen und einzusehen. (2) Soweit Maßnahmen nach Absatz 1 von Behörden des Bundes durchgeführt werden, unterliegen sie der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium und durch eine besondere Kommission (G 10-Kommission). SS2 Pflichten der Anbieter von Postund Telekommunikationsdiensten (1) Wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände des Postverkehrs zu erteilen und Sendungen, die ihm zum Einsammeln, Weiterleiten oder Ausliefern anvertraut sind, auszuhändigen. Der nach Satz 1 Verpflichtete hat der 280 Artikel 10-Gesetz - G 10 berechtigten Stelle auf Verlangen die zur Vorbereitung einer Anordnung erforderlichen Auskünfte zu Postfächern zu erteilen, ohne dass es hierzu einer gesonderten Anordnung bedarf. Wer geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt, hat der berechtigten Stelle auf Anordnung Auskunft über die näheren Umstände der nach Wirksamwerden der Anordnung durchgeführten Telekommunikation zu erteilen, Sendungen, die ihm zur Übermittlung auf dem Telekommunikationsweg anvertraut sind, auszuhändigen sowie die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation zu ermöglichen. SS 8a Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, SS 4a des MAD-Gesetzes und SS 2a des BND-Gesetzes bleiben unberührt. Ob und in welchem Umfang der nach Satz 3 Verpflichtete Vorkehrungen für die technische und organisatorische Umsetzung der Überwachungsmaßnahme zu treffen hat, bestimmt sich nach SS 110 des Telekommunikationsgesetzes und der dazu erlassenen Rechtsverordnung. (2) Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat vor Durchführung einer beabsichtigten Beschränkungsmaßnahme unverzüglich die Personen, die mit der Durchführung der Maßnahme betraut werden sollen, 1. auszuwählen, 2. einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen zu lassen und 3. über Mitteilungsverbote nach SS 17 sowie die Strafbarkeit eines Verstoßes nach SS 18 zu belehren; die Belehrung ist aktenkundig zu machen. Mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme dürfen nur Personen betraut werden, die nach Maßgabe des Satzes 1 überprüft und belehrt worden sind. Nach Zustimmung des Bundesministeriums des Innern kann der Behördenleiter der berechtigten Stelle oder dessen Stellvertreter die nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten schriftlich auffordern, die Beschränkungsmaßnahme bereits vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Der nach Absatz 1 Satz 1 oder 3 Verpflichtete hat sicherzustellen, dass die Geheimschutzmaßnahmen nach den Abschnitten 1.1 bis 1.4, 1.6, 2.1 und 2.3 bis 2.5 der Anlage 7 zur Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen vom 29. April 1994 (GMBl S. 674) getroffen werden. 281 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (3) Die Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 ist entsprechend dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz durchzuführen. Für Beschränkungsmaßnahmen einer Landesbehörde gilt dies nicht, soweit Rechtsvorschriftendes Landes vergleichbare Bestimmungen enthalten; in diesem Fall sind die Rechtsvorschriften des Landes entsprechend anzuwenden. Zuständig ist bei Beschränkungsmaßnahmen von Bundesbehörden das Bundesministerium des Innern; im Übrigen sind die nach Landesrecht bestimmten Behörden zuständig. Soll mit der Durchführung einer Beschränkungsmaßnahme eine Person betraut werden, für die innerhalb der letzten fünf Jahre bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung nach Bundesoder Landesrecht durchgeführt worden ist, soll von einer erneuten Sicherheitsüberprüfung abgesehen werden. Abschnitt 2 Beschränkungen in Einzelfällen SS3 Voraussetzungen (1) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand 1. Straftaten des Friedensverrats oder des Hochverrats (SSSS 80 bis 83 des Strafgesetzbuches), 2. Straftaten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates (SSSS 84 bis 86, 87 bis 89a des Strafgesetzbuches, SS 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 des Vereinsgesetzes), 3. Straftaten des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit (SSSS 94 bis 96, 97a bis 100a des Strafgesetzbuches), 4. Straftaten gegen die Landesverteidigung (SSSS 109e bis 109g des Strafgesetzbuches), 5. Straftaten gegen die Sicherheit der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikvertrages (SSSS 87, 89, 94 bis 96, 98 bis 100, 109e bis 109g des Strafgesetzbuches in Verbindung mit SS 1 des NATO-Truppen-Schutzgesetzes), 6. Straftaten nach a) den SSSS 129a bis 130 des Strafgesetzbuches sowie 282 Artikel 10-Gesetz - G 10 b) den SSSS 211, 212, 239a, 239b, 306 bis 306c, 308 Abs. 1 bis 3, SS 315 Abs. 3, SS 316b Abs. 3 und SS 316c Abs.1 und 3 des Strafgesetzbuches, soweit diese sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten, oder 7. Straftaten nach SS 95 Abs. 1 Nr. 8 des Aufenthaltsgesetzes plant, begeht oder begangen hat. Gleiches gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand Mitglied einer Vereinigung ist, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, Straftaten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. (1a) Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 dürfen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen für den Bundesnachrichtendienst auch für Telekommunikationsanschlüsse, die sich an Bord deutscher Schiffe außerhalbdeutscher Hoheitsgewässer befinden, angeordnet werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass jemand eine der in SS 23a Abs. 1 und 3 des Zollfahndungsdienstgesetzes genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. (2) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Sie darf sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Verdächtigen bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass der Verdächtige ihren Anschluss benutzt. Maßnahmen, die sich auf Sendungen beziehen, sind nur hinsichtlich solcher Sendungen zulässig, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie von dem, gegen den sich die Anordnung richtet, herrühren oder für ihn bestimmt sind. Abgeordnetenpost von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder darf nicht in eine Maßnahme einbezogen werden, die sich gegen einen Dritten richtet. SS 3a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 sind unzulässig, soweit tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch sie allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst würden. Soweit im Rahmen von Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 neben einer 283 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 automatischen Aufzeichnung eineunmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen insoweit Zweifel, darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich einembestimmten Mitglied der G10-Kommission oder seinem Stellvertreter zur Entscheidung über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten vorzulegen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung. Die Entscheidung des Mitglieds der Kommission, dass eine Verwertung erfolgen darf, ist unverzüglich durch die Kommission zu bestätigen. Ist die Maßnahme nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass sie nicht nach Satz 1 unzulässig ist, fortgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht mehr erforderlich ist, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Dokumentation folgt. SS 3b Schutz zeugnisverweigerungsberechtigter Personen (1) Maßnahmen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 1, die sich gegen eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richten und voraussichtlich Erkenntnisse erbringen würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, sind unzulässig. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist zu dokumentieren. Die Sätze 2 bis 3 gelten entsprechend, wenn durch eine Maßnahme, die sich nicht gegen eine inSS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder Nr. 4 der Strafprozessordnung genannte Person richtet, von einer dort genannten Person Erkenntnisse erlangt werden, über die sie das Zeugnis verweigern dürfte. (2) Soweit durch eine Beschränkung eine in SS 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bis 3b oder Nr. 5 der Strafprozessordnung genannte Person betroffen wäre und dadurch voraussichtlich Erkenntnisse erlangt würden, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte, ist dies im Rahmen der 284 Artikel 10-Gesetz - G 10 Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Würdigung des öffentlichen Interesses an den von dieser Person wahrgenommenen Aufgaben und des Interesses an der Geheimhaltung der dieser Person anvertrauten oder bekannt gewordenen Tatsachen besonders zu berücksichtigen. Soweit hiernach geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, soweit die in SS 53a der Strafprozessordnung Genannten das Zeugnis verweigern dürften. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht, sofern die zeugnisverweigerungsberechtigte Person Verdächtiger im Sinne des SS 3 Abs. 2 Satz 2 ist oder tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass sie dessen in SS 3 Abs. 1 bezeichnete Bestrebungen durch Entgegennahme oder Weitergabe von Mitteilungen bewusst unterstützt. SS4 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Übermittlungen, Zweckbindung (1) Die erhebende Stelle prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen ihrer Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nichterforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. Die Löschung der Daten unterbleibt, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 1 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 und den in Absatz 4 genannten Zwecken verwendet werden. 285 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (3) Der Behördenleiter oder sein Stellvertreter kann anordnen, dass bei der Übermittlung auf die Kennzeichnung verzichtet wird, wenn dies unerlässlich ist, um die Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme nicht zu gefährden, und die G 10-Kommission oder, soweit es sich um die Übermittlung durch eine Landesbehörde handelt, die nach Landesrecht zuständige Stelle zugestimmt hat. Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung bereits vor der Zustimmung getroffen werden. Wird die Zustimmung versagt, ist die Kennzeichnung durch den Übermittlungsempfänger unverzüglich nachzuholen; die übermittelnde Behörde hat ihn hiervon zu unterrichten. (4) Die Daten dürfen nur übermittelt werden 1. zur Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten, wenn a) tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand eine der in SS 3 Abs. 1 und 1a genannten Straftaten plant oder begeht, b) bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine sonstige in SS 7 Abs. 4 Satz 1 genannte Straftat plant oder begeht, 2. zur Verfolgung von Straftaten, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Nummer 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat, oder 3. zur Vorbereitung und Durchführung eines Verfahrens nach Artikel 21 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes odereiner Maßnahme nach SS 3 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich sind. (5) Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen odereines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter der übermittelnden Stelle, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. 286 Artikel 10-Gesetz - G 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Stelle unverzüglich über die erfolgte Löschung. Abschnitt 3 Strategische Beschränkungen SS5 Voraussetzungen (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen, soweit eine gebündelte Übertragung erfolgt, angeordnet werden. Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Beschränkungen nach Satz 1 sind nur zulässig zur Sammlung von Informationen über Sachverhalte, deren Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr 1. eines bewaffneten Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland, 2. der Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur BundesrepublikDeutschland, 3. der internationalen Verbreitung von Kriegswaffen im Sinne des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen sowie des unerlaubten Außenwirtschaftsverkehrs mit Waren, Datenverarbeitungsprogrammen und Technologien in Fällen von erheblicher Bedeutung, 4. der unbefugten gewerbsoder bandenmäßig organisierten Verbringung von Betäubungsmitteln in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland, 5. der Beeinträchtigung der Geldwertstabilität im Euro-Währungsraum durch im Ausland begangeneGeldfälschungen, 6. der international organisierten Geldwäsche in Fällen von erheblicher Bedeutung oder 7. des gewerbsoder bandenmäßig organisierten Einschleusens von ausländischen Personen in das Gebiet der Europäischen Union in Fällen von erheblicher Bedeutung mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland a) bei unmittelbarem Bezug zu den Gefahrenbereichen nach Nr. 1 bis 3 oder 287 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 b) in Fällen, in denen eine erhebliche Anzahl geschleuster Personen betroffen ist, insbesondere wenn durch die Art der Schleusung von einer Gefahr für ihr Leib oder Leben auszugehen ist, oder c) in Fällen von unmittelbarer oder mittelbarer Unterstützung oder Duldung durch ausländische öffentliche Stellen rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr zu begegnen. In den Fällen von Satz 3 Nr. 1 dürfen Beschränkungen auch für Postverkehrsbeziehungen angeordnet werden; Satz 2 gilt entsprechend. (2) Bei Beschränkungen von Telekommunikationsbeziehungen darf der Bundesnachrichtendienst nur Suchbegriffe verwenden, die zur Aufklärung von Sachverhalten über den in der Anordnung bezeichneten Gefahrenbereich bestimmt und geeignet sind. Es dürfen keine Suchbegriffe verwendet werden, die 1. Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung bestimmter Telekommunikationsanschlüsse führen, oder 2. den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betreffen. Dies gilt nicht für Telekommunikationsanschlüsse im Ausland, sofern ausgeschlossen werden kann, dass Anschlüsse, deren Inhaber oder regelmäßige Nutzer deutsche Staatsangehörige sind, gezielt erfasst werden. Die Durchführung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu löschen. SS 5a Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Durch Beschränkungen nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 dürfen keine Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst werden. Sind durch eine Beschränkung nach SS 1 Abs. 1 Nr. 2 Kommunikationsinhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst worden, dürfen diese nicht verwertet werden. Sie sind unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. SS 3a Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. Die Tatsache der Erfassung der Daten und ihrer Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zum Zwecke der Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind zu löschen, wenn sie für diese Zwecke nicht 288 Artikel 10-Gesetz - G 10 mehr erforderlich sind, spätestens jedoch am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt. SS6 Prüf-, Kennzeichnungsund Löschungspflichten, Zweckbindung (1) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten für die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 bestimmten Zwecke erforderlich sind. Soweit die Daten für diese Zwecke nicht erforderlich sind und nicht für eine Übermittlung an andere Stellen benötigt werden, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zur Durchführung der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Die Protokolldaten sind am Ende des Kalenderjahres zu löschen, das dem Jahr der Protokollierung folgt. Außer in den Fällen der erstmaligen Prüfung nach Satz 1 unterbleibt die Löschung, soweit die Daten für eine Mitteilung nach SS 12 Abs. 2 oder für eine gerichtliche Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Beschränkungsmaßnahme von Bedeutung sein können. In diesem Fall sind die Daten zusperren; sie dürfen nur zu diesen Zwecken verwendet werden. (2) Die verbleibenden Daten sind zu kennzeichnen. Nach einer Übermittlung ist die Kennzeichnung durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Die Daten dürfen nur zu den in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Zwecken und für Übermittlungen nach SS 7 Abs. 1 bis 4 und SS 7a verwendet werden. (3) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen zur Prüfung der Relevanz erfasster Telekommunikationsverkehre auf Anordnung des nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministeriums die erhobenen Daten in einem automatisierten Verfahren mit bereits vorliegenden Rufnummern oder anderen Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse abgeglichen werden, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie in einem Zusammenhang mit dem Gefahrenbereich stehen, für den die Überwachungsmaßnahme angeordnet wurde. Zu diesem Abgleich darf der Bundesnachrichtendienst auch Rufnummern oder andere Kennungen bestimmter Telekommunikationsanschlüsse im Inland verwenden. Die zu diesem 289 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Abgleich genutzten Daten dürfen nicht als Suchbegriffe im Sinne des SS 5 Abs. 2 Satz 1 verwendet werden. Der Abgleich und die Gründe für die Verwendung der für den Abgleich genutzten Daten sind zu protokollieren. Die Protokolldaten dürfen ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der Protokollierung folgt, zu vernichten. SS7 Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst (1) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen nach SS 12 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in SS 5 Abs. 1 Satz 3 genannten Gefahren übermittelt werden. (2) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen an die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie an den Militärischen Abschirmdienst übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Daten erforderlich sind zur Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind, oder 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde Macht begründen. (3) Durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Satz 3 Nr. 3 erhobene personenbezogene Daten dürfen an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Kenntnis dieser Daten erforderlich ist 1. zur Aufklärung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr über Umstände, die für die Einhaltung von Beschränkungen des Außenwirtschaftsverkehrs von Bedeutung sind, oder 2. im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung einer ausfuhrrechtlichen Genehmigung oder zur Unterrichtung von Teilnehmern am Außenwirtschaftsverkehr, soweit hierdurch eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr vonGütern begründet wird. 290 Artikel 10-Gesetz - G 10 (4) Durch Beschränkungen nach SS 5 erhobene personenbezogene Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die mit polizeilichen Aufgaben betrauten Behörden übermittelt werden, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass jemand a) Straftaten nach SS 89a oder SS 129a, auch in Verbindung mit SS 129b Abs. 1, sowie den SSSS 146, 151 bis 152a oder SS 261 des Strafgesetzbuches, b) Straftaten nach SS 34 Abs. 1 bis 6 und 8, SS 35 des Außenwirtschaftsgesetzes, SSSS 19 bis 21 oder SS 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen oder c) Straftaten nach SS 29a Abs. 1 Nr. 2, SS 30 Abs. 1 Nr. 1, 4 oder SS 30a des Betäubungsmittelgesetzes plant oder begeht oder 2. bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand a) Straftaten, die in SS 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 7, Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 1a dieses Gesetzes oder in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuches bezeichnet sind, b) Straftaten nach den SSSS 130, 232 Abs. 3, 4 oder Abs. 5 zweiter Halbsatz, SSSS 249 bis 251, 255, 305a, 306 bis 306c, 307 Abs. 1 bis 3, SS 308 Abs. 1 bis 4, SS 309 Abs. 1 bis 5, SSSS 313, 314, 315 Abs. 1, 3 oder Abs. 4, SS 315b Abs. 3, SSSS 316a, 316b Abs. 1 oder Abs. 3 oder SS 316c Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches oder c) Straftaten nach SS 96 Abs. 2, auch in Verbindung mit Absatz 4, und SS 97 Abs. 1 bis 3 des Aufenthaltsgesetzes plant oder begeht. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. (5) Die Übermittlung ist nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist. Sind mit personenbezogenen Daten, die übermittelt werden dürfen, weitere Daten des Betroffenen oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine Trennung nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist, ist die Übermittlung auch dieser Daten zulässig; eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig. Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bun291 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 desnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. (6) Der Empfänger darf die Daten nur für die Zwecke verwenden, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind. Er prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die übermittelten Daten für diese Zwecke erforderlich sind. SS 4 Abs. 6 Satz 4 und SS 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 gelten entsprechend. SS 7a Übermittlungen durch den Bundesnachrichtendienst an ausländische öffentliche Stellen (1) Der Bundesnachrichtendienst darf durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 7 erhobene personenbezogene Daten an die mit nachrichtendienstlichen Aufgaben betrauten ausländischen öffentlichen Stellen übermitteln, soweit 1. die Übermittlung zur Wahrung außenoder sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland oder erheblicher Sicherheitsinteressen des ausländischen Staates erforderlich ist, 2. überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht entgegenstehen, insbesondere in dem ausländischen Staat ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist sowie davon auszugehen ist, dass die Verwendung der Daten durch den Empfänger in Einklang mit grundlegenden rechtsstaatlichen Prinzipien erfolgt, und 3. das Prinzip der Gegenseitigkeit gewahrt ist. Die Übermittlung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzleramtes. (2) Der Bundesnachrichtendienst darf unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 durch Beschränkungen nach SS 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2, 3 und 7 erhobene personenbezogene Daten ferner im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1183, 1218) an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der in deren Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. 292 Artikel 10-Gesetz - G 10 (3) Über die Übermittlung entscheidet ein Bediensteter des Bundesnachrichtendienstes, der die Befähigung zum Richteramt hat. Die Übermittlung ist zu protokollieren. Der Bundesnachrichtendienst führt einen Nachweis über den Zweck, die Veranlassung, die Aktenfundstelle und die Empfänger der Übermittlungen nach Absatz 1 und 2. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. (4) Der Empfänger ist zu verpflichten, 1. die übermittelten Daten nur zu dem Zweck zu verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden, 2. eine angebrachte Kennzeichnung beizubehalten und 3. dem Bundesnachrichtendienst auf Ersuchen Auskunft über die Verwendung zu erteilen. (5) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G10Kommission über Übermittlungen nachAbsatz 1 und 2. (6) Das Parlamentarische Kontrollgremium ist in Abständen von höchstens sechs Monaten über dievorgenommenen Übermittlungen nach Absatz 1 und 2 zu unterrichten. SS8 Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland (1) Auf Antrag des Bundesnachrichtendienstes dürfen Beschränkungen nach SS 1 für internationale Telekommunikationsbeziehungen im Sinne des SS 5 Abs. 1 Satz 1 angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib oder Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu erkennen oder ihr zu begegnen und dadurch Belange der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer Weiseberührt sind. (2) Die jeweiligen Telekommunikationsbeziehungen werden von dem nach SS 10 Abs. 1 zuständigen Bundesministerium mit Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestimmt. Die Zustimmung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder. Die Bestimmung tritt spätestens nach zwei Monaten außer Kraft. Eine erneute Bestimmung ist zulässig, soweit ihre Voraussetzungen fortbestehen. (3) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 293 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Der Bundesnachrichtendienst darf nur Suchbegriffe verwenden, die zur Erlangung von Informationen über die in der Anordnung bezeichnete Gefahr bestimmt und geeignet sind. SS 5 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Ist die Überwachungsmaßnahme erforderlich, um einer im Einzelfall bestehenden Gefahr für Leib oder Leben einer Person zu begegnen, dürfen die Suchbegriffe auch Identifizierungsmerkmale enthalten, die zu einer gezielten Erfassung der Rufnummer oder einer anderen Kennung des Telekommunikationsanschlusses dieser Person im Ausland führen. (4) Der Bundesnachrichtendienst prüft unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die erhobenen personenbezogenen Daten im Rahmen seiner Aufgaben allein oder zusammen mit bereits vorliegenden Daten zu dem in Absatz 1 bestimmten Zweck erforderlich sind. Soweit die Daten für diesen Zweck nicht erforderlich sind, sind sie unverzüglich unter Aufsicht eines Bediensteten, der die Befähigung zum Richteramt hat, zu löschen. Die Löschung ist zu protokollieren. SS 6 Abs. 1 Satz 4 und 5, Abs. 2 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Daten dürfen nur zu den in den Absätzen 1, 5 und 6 genannten Zwecken verwendet werden. (5) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen nach SS 12 des BND-Gesetzes zur Unterrichtung über die in Absatz 1 genannte Gefahr übermittelt werden. (6) Die erhobenen personenbezogenen Daten dürfen zur Verhinderung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass jemand eine Straftat plant oder begeht, die geeignet ist, zu der Entstehung oder Aufrechterhaltung der in Absatz 1 bezeichneten Gefahr beizutragen. Die Daten dürfen zur Verfolgung von Straftaten an die zuständigen Behörden übermittelt werden, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand eine in Satz 1 bezeichnete Straftat begeht oder begangen hat. SS 7 Abs. 5 und 6 sowie SS 7a Abs. 1 und 3 bis 6 gelten entsprechend. Abschnitt 4 Verfahren SS9 Antrag (1) Beschränkungsmaßnahmen nach diesem Gesetz dürfen nur auf Antrag angeordnet werden. 294 Artikel 10-Gesetz - G 10 (2) Antragsberechtigt sind im Rahmen ihres Geschäftsbereichs 1. das Bundesamt für Verfassungsschutz, 2. die Verfassungsschutzbehörden der Länder, 3. das Amt für den Militärischen Abschirmdienst und 4. der Bundesnachrichtendienst durch den Behördenleiter oder seinen Stellvertreter. (3) Der Antrag ist schriftlich zu stellen und zu begründen. Er muss alle für die Anordnung erforderlichen Angaben enthalten. In den Fällen der SSSS 3 und 8 hat der Antragsteller darzulegen, dass die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. SS 10 Anordnung (1) Zuständig für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen ist bei Anträgen der Verfassungsschutzbehörden der Länder die zuständige oberste Landesbehörde, im Übrigen das Bundesministerium des Innern. (2) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind der Grund der Anordnung und die zur Überwachung berechtigte Stelle anzugeben sowie Art, Umfang und Dauer der Beschränkungsmaßnahme zu bestimmen. (3) In den Fällen des SS 3 muss die Anordnung denjenigen bezeichnen, gegen den sich die Beschränkungsmaßnahme richtet. Bei einer Überwachung der Telekommunikation ist auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses oder die Kennung des Endgerätes, wenn diese alleindiesem Endgerät zuzuordnen ist, anzugeben. (4) In den Fällen der SSSS 5 und 8 sind die Suchbegriffe in der Anordnung zu benennen. Ferner sind das Gebiet, über das Informationen gesammelt werden sollen, und die Übertragungswege, die der Beschränkung unterliegen, zu bezeichnen. Weiterhin ist festzulegen, welcher Anteil der auf diesen Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Übertragungskapazität überwacht werden darf. In den Fällen des SS 5 darf dieser Anteil höchstens 20 von Hundert betragen. (5) In den Fällen der SSSS 3 und 5 ist die Anordnung auf höchstens drei Monate zu befristen. Verlängerungen um jeweils nicht mehr als drei 295 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 weitere Monate sind auf Antrag zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung fortbestehen. (6) Die Anordnung ist dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten insoweit mitzuteilen, als dies erforderlich ist, um ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen zu ermöglichen. Die Mitteilung entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt werden kann. (7) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die jeweilige Landesbehörde für Verfassungsschutz über die in deren Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen. Die Landesbehörden für Verfassungsschutz teilendem Bundesamt für Verfassungsschutz die in ihrem Bereich getroffenen Beschränkungsanordnungen mit. SS 11 Durchführung (1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Beschränkungsmaßnahmen sind unter Verantwortung der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist, und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. (2) Die Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden, wenn sie nicht mehr erforderlich sind oder die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vorliegen. Die Beendigung ist der Stelle, die die Anordnung getroffen hat, und dem nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 Verpflichteten, dem die Anordnung mitgeteilt worden ist, anzuzeigen. Die Anzeige an den Verpflichteten entfällt, wenn die Anordnung ohne seine Mitwirkung ausgeführt wurde. (3) Postsendungen, die zur Öffnung und Einsichtnahme ausgehändigt worden sind, sind dem Postverkehr unverzüglich wieder zuzuführen. Telegramme dürfen dem Postverkehr nicht entzogen werden. Der zur Einsichtnahme berechtigten Stelle ist eine Abschrift des Telegramms zu übergeben. SS 12 Mitteilungen an Betroffene (1) Beschränkungsmaßnahmen nach SS 3 sind dem Betroffenen nach ihrer Einstellung mitzuteilen. Die Mitteilung unterbleibt, solange eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkung nicht ausgeschlossen werden kann oder solange der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes absehbar ist. Erfolgt die 296 Artikel 10-Gesetz - G 10 nach Satz 2 zurückgestellte Mitteilung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der Zustimmung der G10-Kommission. Die G10-Kommission bestimmt die Dauer der weiteren Zurückstellung. Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn die G10-Kommission einstimmig festgestellt hat, dass 1. eine der Voraussetzungen in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beendigung der Maßnahme noch vorliegt, 2. sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft vorliegt und 3. die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 5 und 8, sofern die personenbezogenen Daten nicht unverzüglich gelöscht wurden. Die Frist von fünf Jahren beginnt mit der Erhebung der personenbezogenen Daten. (3) Die Mitteilung obliegt der Behörde, auf deren Antrag die Anordnung ergangen ist. Wurden personenbezogene Daten übermittelt, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger. SS 13 Rechtsweg Gegen die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen nach den SSSS 3 und 5 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 und ihren Vollzug ist der Rechtsweg vor der Mitteilung an den Betroffenen nicht zulässig. Abschnitt 5 Kontrolle SS 14 Parlamentarisches Kontrollgremium (1) Das nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständige Bundesministerium unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten das Parlamentarische Kontrollgremium über die Durchführung dieses Gesetzes. Das Gremium erstattet dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über Durchführung sowie Art und Umfang der Maßnahmen nach den SSSS 3, 5, 7a und 8; dabei sind die Grundsätze des SS10 Absatz 1 des Kontrollgremiumgesetzes zu beachten. 297 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (2) Bei Gefahr im Verzuge kann die Zustimmung zu Bestimmungen nach den SSSS 5 und 8 durch den Vorsitzendendes Parlamentarischen Kontrollgremiums und seinen Stellvertreter vorläufig erteilt werden. Die Zustimmung desParlamentarischen Kontrollgremiums ist unverzüglich einzuholen. Die vorläufige Zustimmung tritt spätestens nach zwei Wochen außer Kraft. SS 15 G 10-Kommission (1) Die G 10-Kommission besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, und drei Beisitzern sowie vier stellvertretenden Mitgliedern, die an den Sitzungen mit Redeund Fragerecht teilnehmen können. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Mitglieder der G10-Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie nehmen ein öffentliches Ehrenamt wahr und werden von dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach Anhörung der Bundesregierung für die Dauer einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages mit der Maßgabe bestellt, dass ihre Amtszeit erst mit der Neubestimmung der Mitglieder der Kommission, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode endet. (2) Die Beratungen der G 10-Kommission sind geheim. Die Mitglieder der Kommission sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Kommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (3) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen; sie ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages gesondert auszuweisen. Der Kommissionsind Mitarbeiter mit technischem Sachverstand zur Verfügung zu stellen. (4) Die G 10-Kommission tritt mindestens einmal im Monat zusammen. Sie gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums bedarf. Vor der Zustimmung ist die Bundesregierung zu hören. (5) Die G 10-Kommission entscheidet von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Die Kontrollbefugnis der Kommission er298 Artikel 10-Gesetz - G 10 streckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Datendurch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Der Kommission und ihren Mitarbeitern ist dabei insbesondere 1. Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen, 2. Einsicht in alle Unterlagen, insbesondere in die gespeicherten Daten und in die Datenverarbeitungsprogramme, zu gewähren, die im Zusammenhang mit der Beschränkungsmaßnahme stehen, und 3. jederzeit Zutritt in alle Diensträume zu gewähren. Die Kommission kann dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragendes Datenschutzes geben. (6) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahmen auch bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das zuständige Bundesministerium unverzüglich aufzuheben. In den Fällen des SS 8 tritt die Anordnung außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen vom Vorsitzenden oder seinem Stellvertreter bestätigt wird. Die Bestätigung der Kommission ist unverzüglich nachzuholen. (7) Das zuständige Bundesministerium unterrichtet monatlich die G 10-Kommission über Mitteilungen von Bundesbehörden nach SS 12 Abs. 1 und 2 oder über die Gründe, die einer Mitteilung entgegenstehen. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, ist diese unverzüglich vorzunehmen. SS 12 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt, soweit das Benehmen einer Landesbehörde erforderlich ist. SS 16 Parlamentarische Kontrolle in den Ländern Durch den Landesgesetzgeber wird die parlamentarische Kontrolle der nach SS 10 Abs. 1 für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen zuständigen obersten Landesbehörden und die Überprüfung der von ihnen angeordneten Beschränkungsmaßnahmen geregelt. Personenbezogene Daten dürfen nur dann an Landesbehörden übermittelt werden, wenn die 299 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Kontrolle ihrer Verarbeitung und Nutzung durch den Landesgesetzgeber geregelt ist. Abschnitt 6 Strafund Bußgeldvorschriften SS 17 Mitteilungsverbote (1) Wird die Telekommunikation nach diesem Gesetz oder nach den SSSS 100a, 100b der Strafprozessordnung überwacht, darf diese Tatsache von Personen, die Telekommunikationsdienste erbringen oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (2) Wird die Aushändigung von Sendungen nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 angeordnet, darf diese Tatsache von Personen, die zur Aushändigung verpflichtet oder mit der Sendungsübermittlung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. (3) Erfolgt ein Auskunftsersuchen oder eine Auskunftserteilung nach SS 2 Abs. 1, darf diese Tatsache oder der Inhalt des Ersuchens oder der erteilten Auskunft von Personen, die zur Beantwortung verpflichtet oder mit der Beantwortung betraut sind oder hieran mitwirken, anderen nicht mitgeteilt werden. SS 18 Straftaten Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen SS 17 eine Mitteilung macht. SS 19 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. einer vollziehbaren Anordnung nach SS 2 Abs. 1 Satz 1 oder 3 zuwiderhandelt, 2. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 2 eine Person betraut oder 3. entgegen SS 2 Abs. 2 Satz 3 nicht sicherstellt, dass eine Geheimschutzmaßnahme getroffen wird. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro geahndet werden. 300 Artikel 10-Gesetz - G 10 (3) Bußgeldbehörde im Sinne des SS 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die nach SS 10 Abs.1 zuständige Stelle. Abschnitt 7 Schlussvorschriften SS 20 Entschädigung Die nach SS 1 Abs. 1 berechtigten Stellen haben für die Leistungen nach SS 2 Abs. 1 eine Entschädigung zugewähren, deren Umfang sich nach SS 23 des Justizvergütungsund -entschädigungsgesetzes bemisst. In den Fällen der SSSS 5 und 8 ist eine Entschädigung zu vereinbaren, deren Höhe sich an den nach gewiesenen tatsächlichen Kosten orientiert. SS 21 Einschränkung von Grundrechten Das Grundrecht des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird durch dieses Gesetz eingeschränkt. 301 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes (G10AGBbg) Vom 14. Dezember 1995 (GVBl.I/95, [Nr. 23], S.286), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 24. Oktober 2002 (GVBl.I/02, [Nr. 10], S.154, 155) SS1 Anordnung von Beschränkungen (1) Oberste Landesbehörde im Sinne des SS 10 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes ist das Ministerium des Innern. (2) Antragsberechtigt nach SS 9 Abs. 2 Nr. 2 des Artikel 10-Gesetzes ist der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. (3) Die Anordnung von Beschränkungen ist durch den Minister des Innern, im Falle seiner Verhinderung durch seinen Vertreter zu unterzeichnen. SS2 G 10-Kommission (1) Der Landtag wählt eine Kommission, die die vom Ministerium des Innern angeordneten Beschränkungsmaßnahmen überprüft. Sie ist auch zuständige Stelle im Sinne von SS 4 Abs. 3 Satz 1 des Artikel 10-Gesetzes. Sie besteht aus dem Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein muss, und zwei Beisitzern. Für jedes Mitglied der Kommission wird ein Vertreter gewählt; der Vertreter des Vorsitzenden muss die Befähigung zum Richteramt besitzen oder Diplomjurist sein. Jede Fraktion hat das Recht, ein Kommissionsmitglied sowie dessen Vertreter vorzuschlagen. (2) Die Bestellung der Mitglieder der Kommission erfolgt für die Dauer einer Wahlperiode. Die Amtszeit endet mit der Neuwahl der Mitglieder, spätestens jedoch drei Monate nach Ablauf der Wahlperiode. (3) Die Mitglieder der Kommission sind in ihrer Amtsführung unabhängig und Weisungen nicht unterworfen. Sie treffen ihre Entscheidungen mehrheitlich. (4) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die nach Anhörung der Landesregierung der Bestätigung durch die Parlamentarische 302 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes - G10AGBbg Kontrollkommission nach SS 23 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes vom 5. April 1993 (GVBl. I S. 78) bedarf. (5) Die Beratungen der Kommission sind geheim. Ihre Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Kommission bekanntgeworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. (6) Die Mitglieder der Kommission und ihre Vertreter erhalten eine Entschädigung für Aufwand, die vom Präsidium des Landtages festgesetzt wird. Daneben werden als Kosten für Reisen die notwendigen Fahrkosten nach den für Landesbeamte der Besoldungsgruppe A 15 geltenden Bestimmungen erstattet. (7) Der G 10-Kommission ist die für die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personalund Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. SS3 Überprüfung angeordneter Beschränkungsmaßnahmen (1) Das Ministerium des Innern unterrichtet unverzüglich die G 10-Kommission über die von ihm angeordneten Beschränkungsmaßnahmen vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzuge kann es den Vollzug der Beschränkungsmaßnahme bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen; die Unterrichtung hat dann unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nach der Anordnung zu erfolgen. Die Kommission entscheidet von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Beschränkungsmaßnahmen. Anordnungen, die die Kommission für unzulässig oder nicht notwendig erklärt, hat das Ministerium des Innern unverzüglich aufzuheben. Die Kontrollbefugnis der Kommission erstreckt sich auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach dem Artikel 10-Gesetz erlangten personenbezogenen Daten. Die Kommission kann dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Gelegenheit zur Stellungnahme in Fragen des Datenschutzes geben. (2) Das Ministerium des Innern unterrichtet nach Einstellung einer Beschränkungsmaßnahme in der nächsten Sitzung, spätestens innerhalb von drei Monaten, die Kommission über das Ergebnis der Maßnahme und die von ihm nach SS 12 Abs. 1 des Artikel 10-Gesetzes vorgenommene Mitteilung an betroffene Personen oder über die Gründe, die einer Mitteilung an die betroffene Person entgegenste303 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 hen. Kann zum Zeitpunkt der Einstellung noch nicht abschließend über die Mitteilung entschieden werden, unterrichtet es die Kommission auf ihr Verlangen weiterhin, spätestens alle drei Jahre. Hält die Kommission eine Mitteilung für geboten, hat das Ministerium des Innern diese unverzüglich zu veranlassen. Betroffenen Personen steht nachträglich der Rechtsweg offen. SS4 Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission Das Ministerium des Innern unterrichtet auf Anforderung, mindestens jedoch im Abstand von drei Monaten, die Parlamentarische Kontrollkommission in allgemeiner und anonymisierter Form über die Durchführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie über die Ergebnisse der angeordneten Beschränkungsmaßnahmen. Der Bericht wird in geheimer Sitzung behandelt. SS5 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 304 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes - G10AGBbg 305 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz) - VereinsG Vom 05.08.1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3198) -AuszugErster Abschnitt Allgemeine Vorschriften SS1 Vereinsfreiheit (1) Die Bildung von Vereinen ist frei (Vereinsfreiheit). (2) Gegen Vereine, die die Vereinsfreiheit missbrauchen, kann zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschritten werden. SS2 Begriff des Vereins (1) Verein im Sinne dieses Gesetzes ist ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. (2) Vereine im Sinne dieses Gesetzes sind nicht 1. politische Parteien im Sinne des Artikels 21 des Grundgesetzes, 2. Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder. Zweiter Abschnitt Verbot von Vereinen SS3 Verbot (1) Ein Verein darf erst dann als verboten (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafge306 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG setzen zuwiderlaufen oder dass er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen (Verbot). Mit dem Verbot ist in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung 1. des Vereinsvermögens, 2. von Forderungen Dritter, soweit die Einziehung in SS 12 Abs. 1 vorgesehen ist, und 3. von Sachen Dritter, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessenverfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat oder die Sachen zur Förderung dieser Bestrebungen bestimmt sind, zu verbinden. (2) Verbotsbehörde ist 1. die obersten Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde für Vereine und Teilvereine, deren erkennbare Organisation und Tätigkeit sich auf das Gebiet eines Landes beschränken; 2. der Bundesminister des Innern für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Die oberste Landesbehörde oder die nach Landesrecht zuständige Behörde entscheidet im Benehmen mit dem Bundesminister des Innern, wenn sich das Verbot gegen den Teilverein eines Vereins richtet, für dessen Verbot nach Satz 1 Nr. 2 der Bundesminister des Innern zuständig ist. Der Bundesminister des Innern entscheidet im Benehmen mit Behörden, die nach Satz 1 Nr. 1 für das Verbot von Teilvereinen zuständig gewesen wären. (3) Das Verbot erstreckt sich, wenn es nicht ausdrücklich beschränkt wird, auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind. (4) Das Verbot ist schriftlich oder elektronisch mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach SS 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abzufassen, zu begründen und dem Verein, im Falle des Absatzes 3 Satz 2 auch den Teilorganisationen, zuzustellen. Der 307 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 verfügende Teil des Verbots ist im Bundesanzeiger und danach im amtlichen Mitteilungsblatt des Landes bekannt zumachen, in dem der Verein oder, sofern sich das Verbot hierauf beschränkt, der Teilverein seinen Sitz hat; Verbote nach SS 15 werden nur im Bundesanzeiger bekanntgemacht. Das Verbot wird mit der Zustellung, spätestens mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger, wirksam und vollziehbar; SS 80 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. (5) Die Verbotsbehörde kann das Verbot auch auf Handlungen von Mitgliedern des Vereins stützen, wenn 1. ein Zusammenhang zur Tätigkeit im Verein oder zu seiner Zielsetzung besteht, 2. die Handlungen auf einer organisierten Willensbildung beruhen und 3. nach den Umständen anzunehmen ist, dass sie vom Verein geduldet werden. SS5 Vollzug des Verbots (1) Soweit das Verbot nach diesem Gesetz nicht von der Verbotsbehörde selbst oder den von ihr gemäß SS 10 Abs. 3 und SS 11 Abs. 3 beauftragten Stellen zu vollziehen ist, wird es von den von der Landesregierung bestimmten Behörden vollzogen. (2) Folgt dem Verbot eines Teilvereins, bevor es unanfechtbar geworden ist, ein den Teilverein einschließendes Verbot des Gesamtvereins, so ist von diesem Zeitpunkt an nur noch das Verbot des Gesamtvereins zu vollziehen. SS6 Anfechtung des Verbotsvollzugs (1) Wird eine Maßnahme zum Vollzug des Verbots angefochten und kommt es für die Entscheidung darauf an, ob das Verbot rechtmäßig ist, so hat das Verwaltungsgericht, wenn es die Rechtmäßigkeit des Verbots bezweifelt, das Verfahren auszusetzen, bis über das Verbot unanfechtbar entschieden ist, und dieses Ergebnis seiner Entscheidung zugrunde zu legen. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Maßnahmen zum Vollzug des Verbots haben keine aufschiebende Wirkung. 308 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG SS8 Verbot der Bildung von Ersatzorganisationen (1) Es ist verboten, Organisationen zu bilden, die verfassungswidrige Bestrebungen (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes) eines nach SS 3 dieses Gesetzes verbotenen Vereins an dessen Stelle weiterverfolgen (Ersatzorganisationen) oder bestehende Organisationen als Ersatzorganisationen fortzuführen. (2) Gegen eine Ersatzorganisation, die Verein im Sinne dieses Gesetzes ist, kann zur verwaltungsmäßigen Durchführung des in Absatz 1 enthaltenen Verbots nur auf Grund einer besonderen Verfügung vorgegangen werden, in der festgestellt wird, dass sie Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist. Die SSSS 3 bis 7 und 10 bis 13 gelten entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Verfügung haben keine aufschiebende Wirkung. Die für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zuständigen Behörden und Dienststellen sind bei Gefahr im Verzug zu vorläufigen Maßnahmen berechtigt, die außer Kraft treten, wenn die Verbotsbehörde nicht binnen zweier Wochen die in Satz 1 bestimmte Verfügung trifft. SS9 Kennzeichenverbot (1) Kennzeichen des verbotenen Vereins dürfen für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr 1. öffentlich, in einer Versammlung oder 2. in Schriften, Tonoder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen, die Zielrichtung des verbotenen Vereins teilenden Vereinen verwendet werden. 309 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (4) Diese Vorschriften gelten auch für die Verwendung von Kennzeichen einer Ersatzorganisation für die Dauer der Vollziehbarkeit einer Verfügung nach SS 8 Abs. 2 Satz 1. Vierter Abschnitt Sondervorschriften SS 14 Ausländervereine (1) Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend Ausländer sind (Ausländervereine), können über die in Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes genannten Gründe hinaus unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 verboten werden. Vereine, deren Mitglieder oder Leiter sämtlich oder überwiegend ausländische Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sind, gelten nicht als Ausländervereine. SS 3 Abs. 1 Satz 2 und SS 12 Abs. 1 und 2 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Beschlagnahme und die Einziehung von Forderungen und Sachen Dritter auch im Falle des Absatzes 2 zulässig sind. (2) Ausländervereine können verboten werden, soweit ihr Zweck oder ihre Tätigkeit 1. die politische Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland oder das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern oder von verschiedenen Ausländergruppen im Bundesgebiet, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet, 2. den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderläuft, 3. Bestrebungen außerhalb des Bundesgebiets fördert, deren Ziele oder Mittel mit den Grundwerten einer die Würde des Menschen achtenden staatlichen Ordnung unvereinbar sind, 4. Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer, religiöser oder sonstiger Belange unterstützt, befürwortet oder hervorrufen soll oder 310 Gesetz zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts - VereinsG 5. Vereinigungen innerhalb oder außerhalb des Bundesgebiets unterstützt, die Anschläge gegen Personen oder Sachen veranlassen, befürworten oder androhen. (3) Anstelle des Vereinsverbots kann die Verbotsbehörde gegenüber Ausländervereinen Betätigungsverbote erlassen, die sie auch auf bestimmte Handlungen oder bestimmte Personen beschränken kann. Im Übrigen bleiben Ausländervereinen gegenüber die gesetzlichen Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung unberührt. 311 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Land Brandenburg (Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG) Vom 30. Juli 2001 (GVBl.I/01, [Nr. 11], S.126), geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2003 (GVBl.I/03, [Nr. 16], S.298, 302) Abschnitt 1 Allgemeines SS1 Anwendungsbereich und Zweck des Gesetzes (1) Dieses Gesetz regelt die Voraussetzungen und das Verfahren zur Überprüfung einer Person, die von der zuständigen Stelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (Sicherheitsüberprüfung) oder bereits betraut worden ist (Wiederholungsüberprüfung). (2) Die in diesem Gesetz verwendeten Funktions-, Statusund anderen Bezeichnungen gelten für Frauen und Männer. (3) Zweck dieses Gesetzes ist es, 1. im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftngelegenheiten vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen und den Zugang von Personen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Geheimschutz), und 2. die Beschäftigung von Personen an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann (personeller Sabotageschutz). Abschnitt 2 Geheimund Sabotageschutz bei öffentlichen Stellen SS2 Sicherheitsempfindliche Tätigkeiten (1) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt aus, wer 1. Zugang zu Verschlusssachen hat oder ihn sich verschaffen kann, die STRENG GEHEIM, GEHEIM oder VS-VERTRAULICH eingestuft sind, 312 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 2. Zugang zu entsprechenden Verschlusssachen ausländischer Stellen sowie zwischenund überstaatlicher Einrichtungen und Stellen hat oder ihn sich verschaffen kann, wenn eine Verpflichtung für die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder besteht, nur sicherheitsüberprüfte Personen hierzu zuzulassen, 3. in Behörden, Teilen von ihnen oder sonstigen öffentlichen Stellen des Landes tätig ist, die aufgrund des Umfanges und der Bedeutung dort anfallender Verschlusssachen von der jeweils zuständigen Aufsichtsoder obersten Landesbehörde im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern zum Sicherheitsbereich mit dem Erfordernis einer Sicherheitsüberprüfung nach den SSSS 10 (Ü 1), 11 (Ü 2) oder 12 (Ü 3) erklärt worden sind. (2) Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übt auch aus, wer an einer sicherheitsempfindlichen Stelle einer lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtung beschäftigt ist. Lebenswichtig sind solche Einrichtungen, 1. deren Ausfall aufgrund ihrer kurzfristig nicht ersetzbaren Produktion oder Dienstleistung oder 2. deren Zerstörung aufgrund der ihnen anhaftenden betrieblichen Eigengefahr in besonderem Maße die Gesundheit oder das Leben großer Teile der Bevölkerung gefährden kann oder 3. die für das Funktionieren des Gemeinwesens unverzichtbar sind und deren Ausfall erhebliche Unruhe in großen Teilen der Bevölkerung und somit in Krisenzeiten eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung entstehen lassen würde. Verteidigungswichtig sind Einrichtungen, die der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft und Verteidigungsfähigkeit dienen und deren Ausfall oder schwere Beschädigung aufgrund ihrer fehlenden kurzfristigen Ersetzbarkeit gefährliche oder ernsthafte Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit, insbesondere der Ausrüstung, Führung und Unterstützung der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte sowie für die Zivile Verteidigung verursacht. Sicherheitsempfindliche Stellen sind solche Teile von Anlagen oder Funktionen, die für Betriebsabläufe oder die Weiterführung des Gesamtbetriebes von erheblicher Bedeutung sind, so dass im Sabotagefall Teiloder Totalausfälle mit Folgen für die nach dem Gesetz geschützten Güter drohen. 313 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 SS3 Betroffener Personenkreis (1) Eine Person, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut werden soll (zu überprüfende Person), ist vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit darf erst nach Vollendung des 16. Lebensjahres übertragen werden. Auf eine Sicherheitsüberprüfung nach diesem Gesetz kann verzichtet werden, wenn für die zu überprüfende Person bereits eine gleichoder höherwertige Sicherheitsüberprüfung durchgeführt worden ist und die Sicherheitsakte sowie die Sicherheitsüberprüfungsakte nach SS 21 verfügbar ist. (2) Der volljährige Ehegatte oder die Person, mit der die zu überprüfende Person in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Lebenspartner), soll in die Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) und SS 12 (Ü 3) einbezogen werden (einzubeziehende Person). Über Ausnahmen entscheidet die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Dieses Gesetz gilt nicht für 1. die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Stellung, 2. Richter, soweit sie Aufgaben der Rechtsprechung wahrnehmen, 3. ausländische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse zwischenstaatlicher Einrichtungen und Stellen eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit nach SS 2 Abs. 1 Nr. 2 ausüben sollen. SS4 Zuständigkeit (1) Zuständige Stelle für die Sicherheitsüberprüfung ist 1. die Behörde oder sonstige öffentliche Stelle, die eine Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauen will, es sei denn, die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde übernimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle oder überträgt sie einer anderen Behörde ihres Geschäftsbereichs, 2. bei Leitern von Landesbehörden, Gerichten und Staatsanwaltschaften sowie von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, 314 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 3. bei Mitarbeitern politischer Parteien nach Artikel 21 des Grundgesetzes und deren Stiftungen, die Partei selbst, 4. bei Personen, die vom Landtag in ein öffentlich-rechtliches Amtsoder Dienstverhältnis gewählt werden, bei Fraktionsmitarbeitern sowie bei Mitarbeitern von Mitgliedern des Landtages, der Präsident des Landtages, 5. bei Landräten, Oberbürgermeistern, hauptamtlichen Bürgermeistern und Amtsdirektoren die Kommunalaufsichtsbehörde, 6. bei sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen die zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (2) Mitwirkende Behörde bei der Sicherheitsüberprüfung ist gemäß SS 3 Abs. 2 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. Sie führt die Sicherheitsüberprüfungen bei Bewerbern und Mitarbeitern des eigenen Dienstes nach den Vorschriften dieses Gesetzes selbst durch. SS5 Bestellung von Geheimschutzbeauftragten Bei Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen, bei denen mindestens fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, ist ein Geheimschutzbeauftragter und dessen Stellvertreter zu bestellen. Er nimmt die Aufgaben der zuständigen Stelle gemäß SS 4 Abs. 1 und deren im Folgenden geregelten Befugnisse wahr und ist bei der Ausübung dieser Tätigkeit der jeweiligen Leitung unmittelbar unterstellt. Er darf nicht zugleich Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen. Soweit weniger als fünf Personen mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, nimmt die Aufgaben des Geheimschutzbeauftragten der Leiter der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle oder sein Vertreter wahr. SS6 Verschlusssachen (1) Verschlusssachen sind im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse, unabhängig von ihrer Darstellungsform. Sie werden entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit von einer amtlichen Stelle oder auf deren Veranlassung eingestuft. (2) Eine Verschlusssache ist 315 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1. STRENG GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden kann, 2. GEHEIM, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann, 3. VS-VERTRAULICH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder schädlich sein kann, 4. VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. SS7 Sicherheitsrisiken, sicherheitserhebliche Erkenntnisse (1) Ein Sicherheitsrisiko schließt die Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit aus. Es liegt vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte 1. Zweifel an der Zuverlässigkeit der zu überprüfenden Person bei der Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit begründen oder 2. eine besondere Gefährdung durch Anbahnungsoder Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen oder 3. Zweifel am Bekenntnis der zu überprüfenden Person zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes oder am jederzeitigen Eintreten für deren Erhaltung begründen. Ein Sicherheitsrisiko kann auch aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte bei der einzubeziehenden Person vorliegen. (2) Eine Erkenntnis ist sicherheitserheblich, wenn sich aus ihr ein Anhaltspunkt für ein Sicherheitsrisiko ergibt. SS8 Rechte und Pflichten der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person (1) Die zu überprüfende Person ist von der zuständigen Stelle über den Zweck und die Art der beabsichtigten Sicherheitsüberprüfung, damit verbundene Maßnahmen sowie über den Umfang der Datenverarbei316 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG tung zu unterrichten. Wird eine weitergehende Sicherheitsüberprüfung als ursprünglich vorgesehen erforderlich (SS 9 Abs. 2), so hat auch für diese die entsprechende Unterrichtung zu erfolgen. (2) Die Einwilligung der zu überprüfenden Person ist Voraussetzung für die Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung. Die Einwilligung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Sie muss sich auf alle Maßnahmen beziehen, die Gegenstand der Unterrichtung waren. Die Sicherheitsüberprüfung ist undurchführbar, wenn die zu überprüfende Person nicht einwilligt. Ihr darf dann keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen werden. Auf die sich aus der Weigerung ergebenden dienst-, arbeitsrechtlichen oder sonstigen vertraglichen Konsequenzen ist sie von der zuständigen Stelle hinzuweisen. (3) Hat die zu überprüfende Person in die Durchführung der Sicherheitsüberprüfung eingewilligt, ist sie verpflichtet, die zur Sicherheitsüberprüfung erforderlichen Angaben vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Sie kann Angaben verweigern, die für sie, einen nahen Angehörigen im Sinne von SS 52 Abs. 1 der Strafprozessordnung, den Ehegatten oder Lebenspartner die Gefahr einer strafoder disziplinarrechtlichen Verfolgung, der Entlassung oder Kündigung begründen könnten. Über das Verweigerungsrecht ist die zu überprüfende Person zu belehren. (4) Sollen Angaben zum Ehegatten oder Lebenspartner erhoben werden oder soll er in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. SS 3 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt. Geht die zu überprüfende oder bereits überprüfte Person die Ehe oder die eheähnliche Lebensgemeinschaft während oder erst nach erfolgter Sicherheitsüberprüfung ein, so hat sie die zuständige Stelle zu unterrichten, damit diese die Erhebung von Angaben zum Ehegatten oder Lebenspartner und die Einbeziehung in die Sicherheitsüberprüfung nachholen kann. (5) Bevor die zuständige Stelle die Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ablehnt, hat sie ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die zu überprüfende Person kann zur Anhörung einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Bei der Anhörung ist der Quellenschutz zu gewährleisten und den schutzwürdigen Belangen von Personen, die während der Sicherheitsüberprüfung befragt wurden, Rechnung zu tragen. Die Anhörung unterbleibt, wenn sie einen erheb317 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 lichen Nachteil für die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes zur Folge hätte, insbesondere bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen. Unterbleibt die Anhörung, ist die zu überprüfende Person unter Hinweis auf die Rechtsgrundlage darüber zu unterrichten. (6) Liegen bei der einzubeziehenden Person Anhaltspunkte vor, die ein Sicherheitsrisiko begründen, ist ihr Gelegenheit zu geben, sich vor der Ablehnung der Betrauung der zu überprüfenden Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit persönlich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Absatz 5 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. (7) Die Absätze 1 bis 6 gelten auch für die Wiederholungsüberprüfungen. (8) Die Absätze 5 und 6 sind auch im Falle der Ablehnung einer Weiterbeschäftigung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit anzuwenden. SS9 Arten der Sicherheitsüberprüfung (1) Entsprechend der vorgesehenen sicherheitsempfindlichen Tätigkeit wird entweder eine 1. einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) oder 2. erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) oder 3. erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) durchgeführt. (2) Ergeben sich bei der Sicherheitsüberprüfung sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die eine weitergehende Überprüfung erfordern, kann die zuständige Stelle die nächsthöhere Art der Sicherheitsüberprüfung mit Zustimmung der zu überprüfenden und der einzubeziehenden Person anordnen. Diese ist jedoch nur soweit durchzuführen, wie der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 16 Abs. 5 bleibt unberührt. SS 10 Einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) (1) Die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 318 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 2. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen. (2) In den Fällen von Absatz 1 Nr. 2 kann die zuständige Stelle von der Sicherheitsüberprüfung absehen, wenn Art oder Dauer der Tätigkeit dies zulassen. SS 11 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von VS-VERTRAULICH eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 4. an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) für ausreichend hält. SS 12 Erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) Eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen (Ü 3) ist für Personen durchzuführen, die 1. Zugang zu STRENG GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 2. Zugang zu einer hohen Anzahl von GEHEIM eingestuften Verschlusssachen erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, oder 3. eine Tätigkeit in entsprechend eingestuften Bereichen nach SS 2 Abs. 1 Nr. 3 wahrnehmen sollen, oder 4. bei der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg tätig werden sollen, 319 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 soweit nicht die zuständige Stelle im Einzelfall nach Art und Dauer der Tätigkeit eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) oder SS 11 (Ü 2) für ausreichend hält. SS 13 Datenerhebung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde dürfen die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlichen Daten erheben. Die zu überprüfende und die einzubeziehende Person sowie die sonstigen zu befragenden Personen und die nichtöffentlichen Stellen sind auf den Zweck der Erhebung, die Auskunftspflichten nach diesem Gesetz und auf eine dienstoder arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht, ansonsten auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben hinzuweisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 4 Abs. 2 Satz 2 kann die Angabe der erhebenden Stelle gegenüber den sonstigen zu befragenden Personen oder nichtöffentlichen Stellen unterbleiben, wenn dies zum Schutz der zu überprüfenden Person oder der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (2) Die zuständige Stelle erhebt die personenbezogenen Daten bei der zu überprüfenden Person und, falls erforderlich, bei der einzubeziehenden Person. Reicht diese Erhebung nicht aus oder stehen ihr schutzwürdige Interessen der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person entgegen, können andere geeignete Personen oder Stellen befragt werden. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. Ist zum Zwecke der Sammlung von Informationen die Weitergabe personenbezogener Daten unerlässlich, so dürfen schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden. SS 14 Einleitung der Sicherheitsüberprüfung und Angaben zur Sicherheitserklärung (1) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle mit, dass eine Person in einer bestimmten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eingesetzt werden soll. 320 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (2) Die zuständige Stelle fordert die zu überprüfende Person zur Abgabe der Sicherheitserklärung auf und unterrichtet sie über ihre sowie die Rechte und Pflichten der einzubeziehenden Person gemäß SS 8. (3) In der Sicherheitserklärung sind anzugeben 1. Namen, auch frühere, Vornamen, auch frühere, 2. Geburtsdatum, -ort, Kreis, Bundesland, Staat, 3. Staatsangehörigkeit, auch frühere und doppelte Staatsangehörigkeiten, 4. Familienstand, 5. Wohnsitze und Aufenthalte von längerer Dauer als zwei Monate, und zwar im Inland in den vergangenen fünf Jahren, im Ausland ab dem 18. Lebensjahr, 6. ausgeübter Beruf, 7. derzeitiger oder letzter Arbeitgeber und dessen Anschrift, Anzahl der Kinder, 8. im Haushalt lebende Personen über 18 Jahre (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und ort; Verhältnis zu dieser Person), 9. Eltern, Stiefoder Pflegeeltern (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum und -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitz), 10. Ausbildungsund Beschäftigungszeiten, Wehroder Zivildienstzeiten mit Angabe der Ausbildungsstätten, Beschäftigungsstellen sowie deren Anschriften, 11. Nummer des Personalausweises oder Reisepasses, 12. Angaben über in den vergangenen fünf Jahren durchgeführte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und darüber, ob die derzeitigen finanziellen Verpflichtungen erfüllt werden können, 13. Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, die auf einen Anbahnungsund Werbungsversuch hindeuten können, 14. Beziehungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen, 15. Beziehungen zu Organisationen, die von ihren Anhängern unbedingten Gehorsam verlangen oder die unbedingte Ausrichtung auf 321 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 bestimmte Lehren oder Grundsätze erwarten und deshalb die zu überprüfende Person in Konflikt mit ihrer Verschwiegenheitspflicht oder den Anforderungen der von ihr ausgeübten sicherheitsempfindlichen Tätigkeit führen können, 16. anhängige Strafund Disziplinarverfahren, 17. Angaben zu Wohnsitzen, Aufenthalten, nahen Angehörigen und sonstigen Beziehungen in und zu Staaten, von denen das Ministerium des Innern festgestellt hat, dass besondere Sicherheitsrisiken für die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betrauten Personen zu besorgen sind, 18. Reisen, deren Durchführung Schlüsse auf Sicherheitsrisiken ermöglichen, 19. drei Referenzpersonen (Namen und Vornamen, Berufe, berufliche und private Anschriften und Rufnummern sowie zeitlicher Beginn der Bekanntschaften), 20. Angaben zu früheren Sicherheitsüberprüfungen. Der Sicherheitserklärung ist ein aktuelles Lichtbild mit der Angabe des Jahres der Aufnahme beizufügen. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) entfallen die Angaben zu Absatz 3 Nr. 8, 11 und 12 sowie die Pflicht, ein Lichtbild beizubringen; Absatz 3 Nr. 10 entfällt, soweit die dort genannten Personen nicht in einem Haushalt mit der zu überprüfenden Person leben. Die Angaben zu Absatz 3 Nr. 20 werden nur bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) erhoben. (5) Bei jeder Sicherheitsüberprüfung werden zur Person des Ehegatten oder Lebenspartners mit dessen Zustimmung die Angaben nach Absatz 3 Nr. 1 bis 4 und 14 bis 16 erhoben. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. Wird der Ehegatte oder Lebenspartner in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen, sind zusätzlich die in Absatz 3 Nr. 5 bis 7, Nr. 12 und 13 sowie Nr. 17 bis 19 genannten Daten anzugeben. (6) Ergeben sich bei einer Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 10 (Ü 1) aus der Sicherheitserklärung oder aufgrund der Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 sicherheitserhebliche Erkenntnisse über den Ehegatten oder Lebenspartner der zu überprüfenden Person, ist eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung gemäß SS 11 (Ü 2) durchzuführen. 322 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (7) Bei Sicherheitsüberprüfungen der in SS 12 Nr. 4 genannten Personen sind zusätzlich die Wohnsitze seit der Geburt, die Geschwister (Namen, auch frühere, und Vornamen, auch frühere; Geburtsdatum, -ort; Staatsangehörigkeit und Wohnsitze) und abgeschlossene Strafund Disziplinarverfahren sowie alle Kontakte zu ausländischen Nachrichtendiensten oder zu Nachrichtendiensten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik anzugeben. SS 15 Maßnahmen der zuständigen Stelle (1) Die Sicherheitserklärung ist von der zu überprüfenden Person der zuständigen Stelle zuzuleiten, die die Angaben auf Vollständigkeit, Richtigkeit und sicherheitserhebliche Erkenntnisse prüft. Zu diesem Zweck können die Personalakten der zu überprüfenden Person von der zuständigen Stelle eingesehen werden. (2) Die zuständige Stelle richtet eine Anfrage an den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, wenn die zu überprüfende oder die einzubeziehende Person vor dem 1. Dezember 1971 geboren wurde, es sei denn, dessen Auskunft an die personalverwaltende Stelle liegt nicht länger als sechs Monate zurück. Ergibt die Anfrage sicherheitserhebliche Erkenntnisse, übermittelt die zuständige Stelle diese zur Bewertung an die mitwirkende Behörde. (3) Die zuständige Stelle leitet die Sicherheitserklärung unter Darlegung etwaiger sicherheitserheblicher Erkenntnisse an die mitwirkende Behörde weiter, teilt dieser mit, in welcher sicherheitsempfindlichen Tätigkeit die zu überprüfende Person eingesetzt werden soll und beauftragt diese, die entsprechende Sicherheitsüberprüfung durchzuführen. Die Weiterleitung an die mitwirkende Behörde entfällt, wenn die zuständige Stelle bereits bei der Prüfung der Sicherheitserklärung ein Sicherheitsrisiko festgestellt hat, das der Aufnahme oder Fortführung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit entgegensteht. SS 16 Maßnahmen der mitwirkenden Behörde bei den einzelnen Überprüfungsarten (1) Die mitwirkende Behörde (SS 4 Abs. 2 Satz 1) wird nur auf Antrag der zuständigen Stelle tätig. 323 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) trifft die mitwirkende Behörde zur Feststellung und Aufklärung eines Sicherheitsrisikos folgende Maßnahmen: 1. Sicherheitsmäßige Bewertung der Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Bundesländer, 2. Anfragen unter Beteiligung der Landeskriminalämter an die Polizeidienststellen der Wohnsitze der zu überprüfenden Person, in der Regel beschränkt auf die letzten fünf Jahre, 3. Einholung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister und einer Auskunft aus dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, 4. Anfragen an das Bundeskriminalamt, die Grenzschutzdirektion und die Nachrichtendienste des Bundes und 5. Anfragen an andere geeignete Stellen, insbesondere Staatsanwaltschaften und Gerichte, wenn trotz der vorherigen Maßnahmen ein Aufklärungsbedarf bleibt. (3) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) trifft die mitwirkende Behörde zusätzlich zu Absatz 2 folgende Maßnahmen: 1. Prüfung der Identität der zu überprüfenden Person, 2. Überprüfung der einzubeziehenden Person in dem in Absatz 2 genannten Umfang und hinsichtlich ihrer Identität. (4) Bei der Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) befragt die mitwirkende Behörde zusätzlich zu den Maßnahmen nach den Absätzen 2 und 3 die von der zu überprüfenden Person in ihrer Sicherheitserklärung benannten Referenzpersonen, um zu prüfen, ob die Angaben der zu überprüfenden Person zutreffen und ob tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die auf ein Sicherheitsrisiko schließen lassen. (5) Soweit es eine sicherheitserhebliche Erkenntnis erfordert und die Befragung der zu überprüfenden oder der einzubeziehenden Person nicht ausreicht oder ihr schutzwürdige Interessen entgegenstehen, kann die mitwirkende Behörde neben den Maßnahmen nach den Absätzen 2 bis 4 weitere geeignete Auskunftspersonen befragen oder Einzelmaßnahmen der nächsthöheren Art der Sicherheitsüberprüfung durchführen. Die zusätzliche Erhebung von Daten ist der Person zur Kenntnis zu geben, sobald der Zweck der Erhebung dies zulässt. 324 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG (6) Die mitwirkende Behörde kann mit Zustimmung der zuständigen Stelle und der zu überprüfenden Person Einsicht in deren Personalakte nehmen, wenn dies zur Klärung oder Beurteilung sicherheitserheblicher Erkenntnisse unerlässlich ist. Die Zustimmung ist schriftlich zu erteilen, aber nicht in elektronischer Form. SS 17 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass kein Sicherheitsrisiko nach SS 7 Abs. 1 vorliegt, teilt sie dies der zuständigen Stelle mit. Hat die mitwirkende Behörde Erkenntnisse, die kein Sicherheitsrisiko begründen, aber weiterhin sicherheitserheblich sind, so werden diese übermittelt. (2) Kommt die mitwirkende Behörde zu dem Ergebnis, dass ein Sicherheitsrisiko vorliegt, unterrichtet sie schriftlich unter Darlegung der Gründe und ihrer Bewertung die zuständige Stelle, bei nachgeordneten Behörden oder sonstigen öffentlichen Stellen über deren zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde. (3) Die zuständige Stelle entscheidet, gegebenenfalls nach Anhörung gemäß SS 8 Abs. 5 oder 6, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der überprüften Person entgegensteht. Kann die Sicherheitsüberprüfung nicht mit der Feststellung abgeschlossen werden, dass kein Sicherheitsrisiko vorliegt, hat das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen. (4) Liegt nach Entscheidung der zuständigen Stelle kein Sicherheitsrisiko vor, teilt sie dies der personalverwaltenden Stelle mit. 5) Lehnt die zuständige Stelle die Betrauung der überprüften Person mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ab, hat sie diese zu unterrichten. Eine Begründungspflicht besteht nicht. (6) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung gemäß Absatz 5 ohne Angabe von Gründen mit. Diese führt die erforderlichen Maßnahmen durch. (7) Die zuständige Stelle teilt der mitwirkenden Behörde das Ergebnis des Abschlusses der Sicherheitsüberprüfung mit. (8) Die Absätze 1 bis 7 gelten in den Fällen des SS 20 Abs. 2 entsprechend. 325 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 SS 18 Vorläufige Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (1) Die zuständige Stelle kann in Ausnahmefällen abweichend von SS 3 Abs. 1 die sicherheitsempfindliche Tätigkeit der zu überprüfenden Person vor Abschluss der Sicherheitsüberprüfung erlauben, wenn die mitwirkende Behörde 1. bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 10 (Ü 1) die Angaben in der Sicherheitserklärung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bewertet hat oder 2. bei Sicherheitsüberprüfungen nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) die Maßnahmen der nächstniederen Art der Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen hat und sich daraus keine Erkenntnisse ergeben haben, die auf ein Sicherheitsrisiko hindeuten. Dies gilt auch, wenn zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle die Auskunft nach SS 15 Abs. 2 noch nicht vorliegt. (2) SS 17 Abs. 4 gilt entsprechend. SS 19 Sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach Abschluss der Sicherheitsüberprüfung (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben sich unverzüglich gegenseitig zu unterrichten, wenn nachträglich sicherheitserhebliche Erkenntnisse zu der überprüften oder der einbezogenen Person bekannt werden oder sich mitgeteilte Erkenntnisse als unrichtig erweisen. (2) Für das weitere Verfahren gilt SS 17 entsprechend. SS 20 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung (1) Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, in der Regel alle fünf Jahre von der zuständigen Stelle zuzuleiten und von ihr zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Unabhängig hiervon hat die überprüfte Person der zuständigen Stelle von sich aus Veränderungen gemäß SS 8 Abs. 4 Satz 3 sowie Änderungen des Fa326 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG milienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit mitzuteilen. (2) Bei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 12 (Ü 3) ist darüber hinaus in der Regel im Abstand von zehn Jahren eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten. Im Übrigen kann die zuständige Stelle eine Wiederholungsüberprüfung einleiten, wenn sicherheitserhebliche Erkenntnisse dies nahelegen. Auf die Wiederholungsüberprüfung finden die Vorschriften für die Erstüberprüfung Anwendung. Sie ist jedoch nur insoweit durchzuführen, als der Überprüfungszweck dies erfordert. SS 21 Sicherheitsakte und Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die zuständige Stelle führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsakte, in die alle die Sicherheitsüberprüfung betreffenden Informationen aufzunehmen sind. Informationen über die persönlichen, dienstlichen, dienstund arbeitsrechtlichen Verhältnisse der überprüften Person sind zur Sicherheitsakte zu nehmen, soweit sie für die sicherheitsmäßige Beurteilung erforderlich sind. Dazu zählen insbesondere: 1. Betrauung mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, die dazu erteilte Ermächtigung oder Beauftragung sowie deren Einschränkung oder Aufhebung, 2. Umsetzung, Abordnung, Zuweisung, Versetzung und Ausscheiden, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. Anhaltspunkte für Überschuldung, insbesondere Pfändungsund Überweisungsbeschlüsse, 5. Strafund Disziplinarsachen sowie dienstund arbeitsrechtliche Maßnahmen. (2) Die zuständige Stelle teilt der personalverwaltenden Stelle die Sachverhalte gemäß Absatz 1 Nr. 1 mit. (3) Die personalverwaltende Stelle teilt der zuständigen Stelle Änderungen in den Sachverhalten nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 4 und 5 mit. (4) Die mitwirkende Behörde führt über die überprüfte Person eine Sicherheitsüberprüfungsakte, in die aufzunehmen sind: 327 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1. Informationen, die die Sicherheitsüberprüfung, die durchgeführten Maßnahmen und das Ergebnis betreffen, 2. die Betrauung mit, das Ausscheiden aus oder die Nichtaufnahme der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, 3. Änderungen des Familienstandes, des Namens, des Vornamens, eines Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit, 4. die in Absatz 1 Nr. 4 und 5 genannten Sachverhalte, wenn sie sicherheitserheblich sind. (5) Die zuständige Stelle ist verpflichtet, die in Absatz 4 Nr. 2 bis 4 sowie die in SS 17 Abs. 6 genannten Daten unverzüglich der mitwirkenden Behörde zu übermitteln. (6) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte sind nicht Teil der Personalakte. Sie sind gesondert zu führen und dürfen der personalverwaltenden Stelle nicht zugänglich gemacht werden. Der überprüften Person stehen die Auskunftsund Akteneinsichtsrechte nach SS 26 zu. Bei einem Wechsel der überprüften Person zu einer anderen Dienststelle ist die Sicherheitsakte auf Anforderung an die nunmehr zuständige Stelle abzugeben, wenn dort eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausgeübt werden soll. Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist auf Anforderung an die nunmehr zuständige mitwirkende Behörde abzugeben. SS 22 Aufbewahrung und Vernichtung der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte (1) Die Sicherheitsakte und die Sicherheitsüberprüfungsakte ist gesondert aufzubewahren und gegen unbefugten Zugriff zu schützen. (2) Die Sicherheitsakte ist innerhalb eines Jahres zu vernichten, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in schriftlicher, aber nicht in elektronischer Form in die weitere Aufbewahrung ein. Im Übrigen ist die Sicherheitsakte fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu vernichten, es sei denn die überprüfte Person und die einbezogene Person willigt in die weitere Aufbewahrung ein oder es ist beabsichtigt, sie in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. Willigt eine der genannten Personen nicht in die weite328 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG re Aufbewahrung ein, so ist die Sicherheitsakte zu vernichten. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (3) Die Sicherheitsüberprüfungsakte ist nach den in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 a und b genannten Fristen zu vernichten. Gleiches gilt bezüglich der Sicherheitsakte und der Sicherheitsüberprüfungsakte zu den in SS 4 Abs. 2 Satz 2 genannten Personen. SS 25 Abs. 4 bleibt unberührt. (4) Das Brandenburgische Archivgesetz vom 7. April 1994 (GVBl. I S. 94) findet auf Sicherheitsakten und Sicherheitsüberprüfungsakten keine Anwendung. SS 23 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die nach diesem Gesetz in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten, ihre Aktenfundstelle und die der mitwirkenden Behörde, 2. die Beschäftigungsstelle und 3. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 1 genannten Zeitpunkts und beteiligte Behörden auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. (2) Die mitwirkende Behörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben 1. die in SS 14 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 genannten personenbezogenen Daten der überprüften Person und der in die Sicherheitsüberprüfung einbezogenen Person und die Aktenfundstelle, 2. Verfügungen zur Bearbeitung des Vorgangs einschließlich des in SS 25 Abs. 3 Nr. 2 genannten Zeitpunkts und 3. sicherheitserhebliche Erkenntnisse und Erkenntnisse, die ein Sicherheitsrisiko begründen auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die Daten nach Nr. 1 dürfen auch in den nach SS 6 des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässigen Verbunddateien gespeichert und genutzt werden. SS 24 Übermittlung und Zweckbindung (1) Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung erhobenen personenbezogenen Daten dürfen sowohl von der zuständigen Stelle als auch von der mitwirkenden Behörde nur für Zwecke 329 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 1. der Sicherheitsüberprüfung, 2. der Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung (SS 10 Abs. 3 des Brandenburgischen Polizeigesetzes), 3. parlamentarischer Untersuchungsausschüsse genutzt und übermittelt werden. Die Strafverfolgungsbehörden dürfen die ihnen nach Satz 1 Nr. 2 übermittelten Daten für Zwecke eines Strafverfahrens nur verwenden, wenn die Strafverfolgung auf andere Weise erheblich weniger erfolgversprechend oder wesentlich erschwert wäre. Die zuständige Stelle darf die gespeicherten personenbezogenen Daten außerdem für Zwecke der disziplinarrechtlichen Verfolgung sowie dienstoder arbeitsrechtlicher Maßnahmen nutzen und übermitteln, wenn dies zur Gewährleistung des Verschlusssachenschutzes erforderlich ist. Die mitwirkende Behörde darf die gespeicherten personenbezogenen Daten darüber hinaus im Rahmen des erforderlichen Umfangs zur Aufklärung von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder von Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewaltanwendung vorzubereiten oder zur Aufklärung sonstiger Bestrebungen von erheblicher Bedeutung nutzen und übermitteln. (2) Die mitwirkende Behörde darf die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 1 gespeicherten Daten zur Erfüllung aller Zwecke des Verfassungsschutzes übermitteln. (3) Die mitwirkende Behörde darf personenbezogene Daten nach Absatz 1 nur an öffentliche Stellen übermitteln. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten ist aktenkundig zu machen. Die Nutzung oder Übermittlung personenbezogener Daten unterbleibt, soweit gesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verarbeiten, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Eine nichtöffentliche Stelle ist darauf hinzuweisen. SS 25 Berichtigen, Löschen und Sperren personenbezogener Daten (1) Die zuständige Stelle und die mitwirkende Behörde haben personenbezogene Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit personenbezogener Daten von der betroffenen Person 330 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG bestritten, ist dies, wenn sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, dort zu vermerken, in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren auf sonstige Weise festzuhalten. Zuständige Stelle und mitwirkende Behörde haben sich gegenseitig zu unterrichten. (2) Die in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren und Akten gespeicherten personenbezogenen Daten sind zu löschen soweit ihre Speicherung unzulässig ist. (3) Personenbezogene Daten in automatisierten und nicht-automatisierten Verfahren sind ferner zu löschen, wenn sie nicht mehr benötigt werden, 1. von der zuständigen Stelle a. innerhalb eines Jahres nach Beendigung der Sicherheitsüberprüfung, wenn die überprüfte Person keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit aufnimmt, es sei denn, die überprüfte und die einbezogene Person willigen in die weitere Speicherung ein, b. nach Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden der überprüften Person aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit, es sei denn, die überprüfte und die einzubeziehende Person willigen in die weitere Speicherung ein, oder es ist beabsichtigt, die überprüfte Person in absehbarer Zeit erneut mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit zu betrauen. Willigt eine der Personen nicht in die weitere Speicherung ein, so sind die Daten zu löschen. 2. von der mitwirkenden Behörde a. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 10 (Ü 1) nach Ablauf von fünf Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, b. bei Sicherheitsüberprüfungen gemäß SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) nach Ablauf von zehn Jahren nach den in Nr. 1 genannten Fristen, c. die nach SS 23 Abs. 2 Nr. 3 gespeicherten Daten, wenn feststeht, dass die überprüfte Person die sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder aus ihr ausgeschieden ist. (4) Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dadurch schutzwürdige Interessen der überprüften Person beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der überprüften Person verarbeitet oder ge331 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 nutzt werden. Die Sperrung ist aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen entfallen. SS 26 Auskunft, Akteneinsicht (1) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde erteilt auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag unentgeltlich Auskunft über die bei ihr im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung zur anfragenden Person (Antragsteller) gespeicherten Daten. (2) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. Bezieht sich die Auskunft auf personenbezogene Daten, die von der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde der jeweils anderen übermittelt wurden, so ist die Auskunft nur mit deren Einwilligung zulässig. (3) Die Auskunft unterbleibt, wenn 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, oder 2. dies zu einer Gefährdung von Nachrichtenzugängen führen kann oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise der mitwirkenden Behörde zu befürchten ist, oder 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes Nachteile bereiten würde oder 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten werden müssen und deswegen das Interesse des Antragstellers an der Auskunftserteilung zurücktreten muss. (4) Die Ablehnung der Auskunft bedarf keiner Begründung, wenn dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe für die Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunft ganz oder teilweise abgelehnt, ist der Antragsteller auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass er sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht wenden kann. Diesem ist auf 332 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG Verlangen des Antragstellers persönlich Auskunft zu erteilen, soweit nicht die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Bundeslandes gefährdet würde. Personenbezogene Daten einer Person, der Vertraulichkeit zugesichert worden ist, dürfen auch dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht gegenüber nicht offenbart werden. Mitteilungen des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht an den Antragsteller dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der zuständigen Stelle oder der mitwirkenden Behörde zulassen. (5) Die zuständige Stelle oder die mitwirkende Behörde gewährt dem Antragsteller auf schriftlichen, aber nicht elektronischen Antrag Einsicht in die Teile der Sicherheitsakte oder der Sicherheitsüberprüfungsakte, die Daten zu seiner Person enthalten, soweit eine Auskunft für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen nicht ausreicht und er hierfür auf die Einsichtnahme angewiesen ist. Die Regelungen der Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend. Abschnitt 3 Geheimund Sabotageschutz bei nichtöffentlichen Stellen SS 27 Anwendungsbereich Bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen, die von der zuständigen Stelle zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit bei einer nichtöffentlichen Stelle ermächtigt werden sollen, gelten die für Sicherheitsüberprüfungen bei öffentlichen Stellen anzuwendenden Vorschriften dieses Gesetzes, soweit sich aus den folgenden Regelungen nichts Anderes ergibt. SS 28 Zuständigkeit Die Aufgaben der zuständigen Stelle werden wahrgenommen für 1. den Geheimschutz a. von der Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle, die eine Verschlusssache an eine nichtöffentliche Stelle weitergeben will, es sei denn, die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde übernimmt im Einvernehmen mit der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde die Aufgaben der zuständigen Stelle, 333 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 b. von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit eine Verschlusssache von einer Behörde oder sonstigen öffentlichen Stelle eines anderen Bundeslandes an eine nichtöffentliche Stelle im Land Brandenburg weitergegeben werden soll. 2. den Sabotageschutz von der für Wirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde, soweit nicht im Einvernehmen mit dieser eine andere oberste Landesbehörde die Aufgabe als zuständige Stelle wahrnimmt. SS 29 Bestellung eines Sicherheitsbevollmächtigten (1) Die nichtöffentliche Stelle benennt der zuständigen Stelle einen geeigneten leitenden Mitarbeiter als Sicherheitsbevollmächtigten, der nach Maßgabe dieses Gesetzes an den Sicherheitsüberprüfungen zu beteiligen ist. Der Sicherheitsbevollmächtigte ist der Leitung der nichtöffentlichen Stelle unmittelbar zu unterstellen, ohne dass deren Verantwortung hiervon berührt wird. (2) Der Sicherheitsbevollmächtigte muss nach der höchsten bei der nichtöffentlichen Stelle vorkommenden Verschlusssacheneinstufung sicherheitsüberprüft sein. SS 30 Sicherheitserklärung, Sicherheitsakte (1) Abweichend von SS 15 Abs. 1 nimmt der Sicherheitsbevollmächtigte der nichtöffentlichen Stelle die Sicherheitserklärung entgegen. Er prüft die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegebenenfalls unter Beiziehung der Personalunterlagen, gibt sie an die zuständige Stelle weiter und teilt ihr alle sicherheitserheblichen Erkenntnisse mit. (2) Für die Sicherheitsakte über die überprüfte Person, die die nichtöffentliche Stelle führt, gilt SS 21 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Sicherheitsakte der nichtöffentlichen Stelle bei einem Wechsel des Arbeitgebers nicht abzugeben ist. SS 31 Abschluss der Sicherheitsüberprüfung, Weitergabe von sicherheitserheblichen Erkenntnissen Die zuständige Stelle unterrichtet den Sicherheitsbevollmächtigten darüber, ob die überprüfte Person zu einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit ermächtigt oder nicht ermächtigt werden kann. Erkenntnisse, auf denen diese Entscheidung beruht, dürfen nicht mitgeteilt werden. Um den Ge334 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG heimund Sabotageschutz zu gewährleisten, können sicherheitserhebliche Erkenntnisse nach SS 7 Abs. 2 an die nichtöffentliche Stelle übermittelt werden; sie dürfen von dieser ausschließlich zu diesem Zweck genutzt werden. Die nichtöffentliche Stelle hat die zuständige Stelle unverzüglich zu unterrichten, wenn ihr sicherheitserhebliche Erkenntnisse über die überprüfte oder die einbezogene Person bekannt werden. SS 32 Ergänzung der Sicherheitserklärung und Wiederholungsüberprüfung Die Sicherheitserklärung ist der überprüften Person, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ausübt, auf Anforderung der zuständigen Stelle in der Regel alle fünf Jahre von der nichtöffentlichen Stelle erneut zuzuleiten. Die überprüfte Person hat die Sicherheitserklärung zu ergänzen, soweit sich die Daten verändert haben oder ergänzungsbedürftig sind. Die zuständige Stelle beauftragt die mitwirkende Behörde, die Maßnahmen gemäß SS 16 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 erneut durchzuführen. SS 33 Speichern, Verändern und Nutzen personenbezogener Daten Die nichtöffentliche Stelle darf die nach diesem Gesetz zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten der überprüften Person in einer Sicherheitsakte und auch automatisiert speichern, verändern und nutzen. Die personenbezogenen Daten der einbezogenen Person dürfen nur in der Sicherheitsakte gespeichert, verändert und genutzt werden. Die Regelungen der SSSS 22 und 25 gelten entsprechend. Abschnitt 4 Reisebeschränkungen und Schlussvorschriften SS 34 Reisebeschränkungen (1) Personen, die mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sind, die eine Sicherheitsüberprüfung nach SS 11 (Ü 2) oder SS 12 (Ü 3) erfordert, können verpflichtet werden, Dienstoder Privatreisen in und durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, der zuständigen Stelle oder der nichtöffentlichen Stelle rechtzeitig vorher anzuzeigen. Die Verpflichtung kann auch für die Zeit nach dem 335 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Ausscheiden aus der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit angeordnet werden. (2) Die zuständige Stelle kann die Reise untersagen, wenn Anhaltspunkte zur Person oder eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit vorliegen, die eine erhebliche Gefährdung der überprüften Person durch fremde Nachrichtendienste erwarten lassen. Eine besonders sicherheitsempfindliche Tätigkeit ist in der Regel bei den in SS 12 Nr. 4 genannten Personen anzunehmen. (3) Ergeben sich bei einer Reise in oder durch Staaten, für die besondere Sicherheitsregelungen gelten, Anhaltspunkte, die auf einen Anbahnungsoder Werbungsversuch fremder Nachrichtendienste hindeuten können, so hat die überprüfte Person die zuständige Stelle unverzüglich nach Rückkehr zu unterrichten. SS 35 Ermächtigung zur Rechtsverordnung Die jeweils zuständige oberste Landesbehörde wird ermächtigt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern durch Rechtsverordnung die lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen im Sinne des SS 2 Abs. 2 zu bestimmen. SS 36 Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften (1) Das Ministerium des Innern wird ermächtigt, die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften zu erlassen. (2) Das für Wirtschaft zuständige Ministerium erlässt im Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung dieses Gesetzes im Bereich der nichtöffentlichen Stellen. (3) Die jeweils zuständige Aufsichtsoder oberste Landesbehörde bestimmt im Einvernehmen mit der mitwirkenden Behörde (SS 4 Abs. 2) die sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen. 336 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz - BbgSÜG 337 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 7.4 Register Ortsregister Landkreis Barnim.......................................................................... BAR Landkreis Dahme-Spreewald ........................................................LDS Landkreis Elbe-Elster ......................................................................EE Landkreis Havelland ......................................................................HVL Landkreis Märkisch-Oderland....................................................... MOL Landkreis Oberhavel ....................................................................OHV Landkreis Oberspreewald-Lausitz .................................................OSL Landkreis Oder-Spree .................................................................. LOS Landkreis Ostprignitz-Ruppin .......................................................OPR Landkreis Potsdam-Mittelmark ....................................................... PM Landkreis Prignitz ............................................................................PR Landkreis Spree-Neiße................................................................. SPN Landkreis Teltow-Fläming ................................................................ TF Landkreis Uckermark...................................................................... UM Brandenburg an der Havel ........................................................... BRB Cottbus ............................................................................................CB Frankfurt (Oder) ............................................................................... FF Potsdam ............................................................................................ P A Afghanistan........................................................................................... 168 Ägypten ........................................................................................ 156, 163 B Bad Belzig (PM).................................................................................. 120f. Baden-Württemberg ......................................................... 46, 63, 104, 126 338 Ortsregister Bad Fallingbostel, Ortsteil Dorfmark (Niedersachsen) ......................... 110 Bad Freienwalde (MOL) ......................................................................... 35 Bad Nenndorf (Niedersachsen) .................................................. 26, 47, 54 Baruth/Mark (TF) .................................................................................... 79 Bautzen (Sachsen) ................................................................................. 23 Beelitz (PM) .................................................................................. 100, 104 Beeskow (LOS) ............................................................................ 71, 116f. Berlin ........................................................... 27, 29, 49, 67, 78, 81, 90, 98, 147, 157, 159, 161-163, 168, 194 Bernau (BAR) ............................................... 30, 37f., 41, 71, 82, 104, 134 Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) ........................................................... 123 Biesenthal (BAR) ............................................................................... 85-87 Bonn (Nordrhein-Westfalen) ....................................................... 160f., 168 Bovenden (Niedersachsen) .................................................................... 47 Brandenburg .......................... 17f., 20f., 24, 26f., 29, 32, 34, 43, 44f., 53f., 56, 63, 67-70, 72-75, 77, 80f., 84-86, 88, 90, 93-95, 97, 99, 101, 104, 110, 112f., 115, 120, 127-131, 133f., 138, 140f., 144-149, 152f., 155, 158f., 165-168, 173f., 180f., 189, 191, 194 Brandenburg an der Havel ........................... 27, 40, 71, 80, 86f., 110, 130 Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser ................................. 86f., 110 Bremen ................................................................................................... 67 Brüssel (Belgien) ........................................................................ 72, 77, 80 C Calau (OSL)...................................................................................... 71, 77 Chemnitz (Sachsen) ........................................................................... 123f. Cottbus ................................ 21, 27, 34, 45f., 48, 50, 73, 71, 77, 100, 116, 120, 123f., 129, 134, 137, 141f., 144, 148, 150, 165 Cottbus, OT Sachsendorf ..................................................................... 150 Crawinkel (Thüringen) .......................................................................... 127 D Dallgow-Döberitz (HVL) .......................................................................... 31 339 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Deutschland......................... 24, 30, 46, 61, 73, 76, 78, 85, 91, 93, 95, 97, 98, 103-108, 126, 128, 134, 140, 156f., 159-164, 166-168, 171f., 185 Dorfmark, siehe Bad Fallingbostel, OT Dorfmark (Niedersachsen) Dortmund (Nordrhein-Westfalen) ......................................................... 84f. Dresden (Sachsen)........................... 23, 25f., 45, 74, 116, 123f., 148, 194 E Eberswalde (BAR) .......................................... 35, 37, 127, 130, 134, 148f. Eisenhüttenstadt (LOS) .................................................... 35, 71, 116, 192 Essen (Nordrhein-Westfalen) ............................................................. 146f. Europa ...................................................................................... 82, 91, 166 F Falkensee (HVL)............................................................................. 40, 108 Finowfurt, siehe Schorfheide, OT Finowfurt (BAR) Finsterwalde (EE) ................................................................................. 134 Forst (SPN)................................................................................... 88f., 134 Frankfurt (Oder) ................... 27, 35f., 45, 71, 120-122, 128, 134, 137, 148 Frankreich..................................................................................... 127, 157 Fürstenberg (Havel)................................................................................. 66 Fürstenwalde (LOS) ....................................................... 71, 117, 120, 122 G Geheege (Sachsen) ............................................................................. 127 Gera (Thüringen) .................................................................................. 128 Gohrisch (Sachsen) ................................................................................ 47 Göttingen (Niedersachsen)..................................................... 47, 140, 144 Grabow, siehe Mühlenfließ, OT Grabow (PM) Gransee (OHV)........................................................................................ 71 Griechenland ........................................................................................ 151 Großbeeren (TF) .................................................................................... 31 Groß Glienicke, siehe Potsdam, OT Groß Glienicke 340 Ortsregister Grube, siehe Potsdam, OT Grube Grünheide (LOS) .................................................................................. 77f. Guben (SPN) .......................................................... 40, 42, 66, 71, 77, 190 Güterberg (UM) ...................................................................................... 29 Györ (Ungarn)....................................................................................... 128 H Halbe (LDS) ................................................................................ 24, 29, 85 Halle (Sachsen-Anhalt)........................................................................... 88 Hamburg ............................................................................. 26, 48, 84, 106 Hamm (Nordrhein-Westfalen)................................................................. 84 Hennigsdorf (OHV) ................................................................................. 29 Herzberg (EE)................................................................................... 71, 77 Hessen ................................................................................................... 84 Hohen Neuendorf (OHV) ........................................................................ 58 Hönow (TF)........................................................................................... 104 I Irak................................................................................................ 156, 166 Iran ....................................................................................................... 177 Italien .................................................................................................. 127f. J Jacobsdorf (LOS) ................................................................................. 104 Joachimsthal (BAR) ............................................................ 30, 71, 82, 104 Jüterbog (TF) ...................................................................................... 120f. K Karlsruhe (Baden-Württemberg) ............................................................ 63 Kirchheim (Thüringen) ............................................................................ 55 Kirchmöser, siehe Brandenburg an der Havel, OT Kirchmöser Köln (Nordrhein-Westfalen) .................................................................. 159 Königs Wusterhausen (LDS) ................................... 28, 30, 35, 37, 60, 66, 71, 79, 134, 141, 148 341 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 L Landkreis Barnim (BAR) ............................30, 36f., 38, 41, 82, 85-87, 104, 120-122, 127f., 130, 134, 148f. Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) ............. 21, 24, 28-30, 37, 44, 56, 60, 79, 85, 88, 99, 104, 134, 141, 148, 165 Landkreis Elbe-Elster (EE) ..................................................... 77, 134, 148 Landkreis Havelland (HVL)................................... 31, 36, 40, 80, 108, 190 Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) ....... 42, 82, 116, 131, 134, 141, 148 Landkreis Oberhavel (OHV) .............................. 27, 29, 31, 48, 53, 56, 58, 98, 116, 120f., 134, 148, 192 Landkreis Oberspreewald-Lausitz (OSL) ............... 53, 77, 116, 120f., 190 Landkreis Oder-Spree (LOS)....................... 77f., 104, 116f., 120-122, 192 Landkreis Ostprignitz-Ruppin (OPR) ..................... 23, 28, 34f., 39, 48, 63, 81, 108, 129, 134, 141, 150 Landkreis Potsdam-Mittelmark (PM) ...... 31, 80, 88, 100, 104f., 116, 120f. Landkreis Prignitz (PR)................................................................... 30f., 81 Landkreis Spree-Neiße (SPN) ............................ 21, 31-33, 40, 42, 48, 77, 88, 120, 122, 134, 151, 190 Landkreis Teltow-Fläming (TF) ............................... 31, 42, 53, 60, 79, 104, 120f., 129, 131, 148 Landkreis Uckermark (UM)....................... 29f., 37, 39, 40f., 82f., 116, 148 Lauchhammer (OSL) ............................................................ 49, 116, 120f. Leegebruch (MOL) ................................................................................. 85 Leinefelde (Thüringen) ......................................................................... 128 Leipsch (LDS) ......................................................................................... 99 Leipzig (Sachsen) ................................................................................... 65 Leuthen (SPN) .............................................................................. 120, 122 Lübben (LDS) ................................................................................... 28, 44 Lübbenow (UM) ...................................................................................... 29 Luckenwalde (TF) ................................................................... 66, 129, 148 Ludwigsfelde (TF) .................................................................................... 66 Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz)........................................................... 124 342 Ortsregister M Magdeburg (Sachsen-Anhalt)................................................... 25f., 36, 54 Maghreb (Nordafrika) ........................................................................... 156 Märkisch-Buchholz (LDS) ............................................... 56, 60, 79, 86, 88 Mecklenburg-Vorpommern ...................... 36, 49, 58-60, 65, 77, 121, 128f. Michendorf (PM) ................................................................................... 104 Mühlenbeck (OHV) ................................................................................. 31 Mühlenbecker Land (OHV) ...................................................................... 66 Mühlenfließ, OT Grabow (PM).......................................................... 86, 88 Mülheim (Ruhr) ....................................................................................... 84 Müncheberg (MOL) ................................................................................ 82 Münsterland (Nordrhein-Westfalen) ....................................................... 84 N Nauen (HVL)......................................................................... 36, 66, 71, 80 Neuruppin (OPR) .......................................... 23, 28, 34-36, 39, 63, 71, 81, 108, 129, 134, 141, 150 Niedergörsdorf (TF) .............................................................................. 131 Niedersachsen................................................ 26, 47, 54, 84, 89, 110, 144 Nordkorea ............................................................................................. 177 Nordrhein-Westfalen.................... 64, 75, 84f., 94, 123, 147, 159-162, 191 O Oranienburg (OHV) .................................... 53, 66, 71, 116, 120, 134, 192 Österreich ............................................................................................... 23 P Pähl bei Weilheim (Bayern) .................................................................. 110 Pakistan ........................................................................................ 168, 177 Palästina ............................................................................................... 159 Potsdam ....................................... 24, 27-30, 40f., 48, 53, 71f., 74, 80, 99, 104, 116f., 129, 131, 134, 137f., 141, 146, 148-151, 165 343 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Potsdam, OT Groß Glienicke ................................................................ 150 Potsdam, OT Grube ................................................................................ 28 Prenzlau (UM) ...................................................... 30, 35, 40, 71, 82, 148f. Pritzwalk (PR) ......................................................................................... 81 R Ramstein (Rheinland-Pfalz).................................................................. 172 Rathenow (HVL) ....................................................................... 71, 80, 189 Rhein-Erft-Kreis (Nordrhein-Westfalen).................................................. 84 Rheinsberg (OPR) .................................................................................. 81 Riesa (Sachsen) ........................................................................... 124, 128 Rom (Italien) ......................................................................................... 163 Rüdersdorf (MOL)............................................................................. 42, 82 Russische Föderation ........................................................................... 174 S Saarland ................................................................................................. 64 Sachsen....................................... 23, 25f., 36, 45, 47, 49, 54, 65, 77, 88f., 107, 115f., 121, 123f., 127f., 130f., 148, 194 Sachsen-Anhalt .................................. 25f., 36, 49, 54, 88f., 107, 121, 131 Sachsendorf, siehe Cottbus, OT Sachsendorf Schenkendöbern (PM).......................................................................... 104 Schenkenländchen (TF) ........................................... 53, 56, 60, 71, 75, 79 Schleife (Sachsen) ......................................................................... 38, 194 Schleswig-Holstein ........................................................................... 64, 84 Schönefeld (LDS) ................................................................................. 165 Schöneiche (LOS) .................................................................... 71, 78f., 81 Schorfheide, OT Finowfurt (BAR) ............................ 36, 86, 120-122, 127f. Schwedt/Oder (UM) .................................. 30, 35, 37, 39, 41, 71, 82f., 148 Schweiz .................................................................................................. 23 Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) ................................................... 65 Seelow (MOL)......................................................................................... 85 Senftenberg (SPN) ............................................................... 116, 151, 190 344 Ortsregister Skandinavien .......................................................................................... 23 Solingen (Nordrhein-Westfalen) .................................................... 160-162 Spremberg (SPN) ................................................ 31-35, 40, 49f., 113, 134 Staupitz (Sachsen) ....................................................................... 115, 127 Stolpen (Sachsen) .................................................................................. 23 Storkow (LOS) ......................................................................................... 71 Strausberg (MOL) ................................................. 116, 131, 134, 141, 148 Syrien ................................................................................................... 177 T Teltow (PM)..................................................................................... 80, 116 Templin (UM) ...................................................................................... 148f. Thüringen ........................................................... 49, 55, 65, 95, 121, 127f. Torgau (Sachsen) ......................................................................... 128, 130 Toulouse (Frankreich) ........................................................................... 157 Tunesien ............................................................................................... 156 Türkei.................................................................................................. 166f. Tutzing (Bayern) ..................................................................................... 87 U Ungarn ................................................................................................ 127f. V Velten (OHV) .............................................................................. 27, 48, 56 Verona (Italien) ..................................................................................... 128 Vetschau (OSL) .................................................................................... 190 Viereck (Mecklenburg-Vorpommern) .................................................... 128 Volksrepublik China .............................................................................. 174 W Werder/Havel (PM) ................................................................................. 31 Werder (PM) ..................................................................................... 31, 80 Westerheim (Baden-Württemberg)....................................................... 104 345 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Wiesenburg/Mark (TF).......................................................................... 104 Wilkendorf (BAR) .................................................................................. 104 Wismar (Mecklenburg-Vorpommern)...................................................... 60 Wittenberge (PR) .................................................................................. 30f. Wittenberg (Sachsen-Anhalt) ............................................................... 107 Wittstock (OPR) ............................................................ 28, 34, 48, 81, 150 Woltersdorf (MOL) ................................................................................... 66 Z Zossen (TF) ...................................................................................... 42, 60 Zühlsdorf (OHV) ................................................................................. 120f. 346 Ortsregister 347 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Personenregister A Abou-Nagie, Ibrahim........................................................................... 159f. Abu Dujana ........................................................................................... 160 al-Zawahiri, Aiman .............................................................................. 155f. Apfel, Holger ...................................................... 54, 63-65, 69, 74, 77, 112 B Beier, Klaus .................................................................... 27, 69, 70, 73, 78 bin Laden, Osama .............................................................. 155f., 163, 168 Borchardt, Siegfried .............................................................................. 84f. Brehl, Thomas ........................................................................................ 95 Brose, Dieter..................................................................................... 69, 80 C Chouka, Yassin ..................................................................................... 161 Conrad, Jo ............................................................................................ 105 Cuspert, Denis (alias Deso Dogg) .............................................. 157, 163f. D Dabbagh, Hassan ................................................................................. 160 Deso Dogg, siehe Cuspert, Denis Dornbrach, Pierre ................................................. 54f., 58, 61, 73, 75f., 79 Dühring, Eugen....................................................................................... 59 E Ebel, Wolfgang ..................................................................................... 98f. Eminger, Maik ......................................................................................... 88 Engels, Friedrich................................................................................... 147 F Faust, Matthias ....................................................................................... 84 348 Personenregister Fitzek, Peter ....................................................................................... 107f. Forstmeier, Marcel .................................................................................. 61 Frey Dr., Gerhard.................................................................................... 93 Friedrich II............................................................................................. 138 G Gesche, Enrico ....................................................................................... 81 Giemsch, Dennis .................................................................................... 84 Goebbels, Josef...................................................................................... 32 H Hähnel, Jörg ......................................................................................... 128 Hamer, Ryke Geerd ...................................................................... 101, 107 Haug Dr., Matthias ................................................................................ 101 Haverbeck-Wetzel, Ursula .................................................................... 93f. Haverlandt, Sven ........................................................................ 75, 79, 88 Heise, Thorsten ...................................................................................... 63 Herbon, Andre ........................................................................................ 81 Herzogenrath-Amelung Dr., Günther ...................................................... 81 Heß, Rudolf (auch Hess, Rudolf).................................................... 24, 30f. Himmler, Heinrich ................................................................................... 59 Hitler, Adolf ............................................... 24, 37, 40, 42, 58, 75, 101, 117 Holt, Werner ......................................................................................... 45f. Horkheimer, Max .................................................................................... 61 Höß, Rudolf ............................................................................................ 59 Hupka, Steffen........................................................................................ 89 K Kallweit, Patrick ...................................................................................... 54 K., Murat (alias Löwe Allahs) ........................................................ 157, 161 Knape, Andy ........................................................................................... 54 Kneider, Hartmut..................................................................................... 82 349 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Kögel, Ernst Günter ................................................................................ 94 Kokott, Manuela...................................................................................... 69 Krolzig, Sascha....................................................................................... 84 Kühnen, Michael ....................................................................... 80, 85, 94f. L Leder, Heinz ........................................................................................... 57 Lehmann Dr., Ernst, siehe Hupka, Steffen Lenin, Wladimir Iljitsch .......................................................................... 147 Lorenz, Erhard ...................................................................................... 102 Löwe Allahs, siehe K., Murat Ludendorff, Erich .................................................................................. 110 Ludendorff, Mathilde ............................................................................. 110 M Mahler, Horst ........................................................................................ 93f. Mahmoud, Mohamed............................................................................ 163 Mann, Klaus.................................................................................. 85f., 128 Mann, Sybille .......................................................................................... 85 Marx, Karl ............................................................................................. 147 Meenen, Uwe ................................................................................... 63, 67 Menzel, Uwe ......................................................................................... 120 Merkel, Angela ........................................................................ 76, 105, 163 Mohammed........................................................................................... 161 Molau, Andreas....................................................................................... 67 Monaco, Julian ....................................................................................... 56 Müller, Michel.................................................................................... 69, 79 N Noack, Markus.................................................................................... 100f. Noll, Dieter .............................................................................................. 45 Nordbruch, Claus................................................................................... 111 350 Personenregister O Oberlercher Dr., Reinhold ....................................................................... 94 Öcalan, Abdullah .................................................................................. 166 P Pastörs, Udo ..................................................................................... 65, 77 Patzlaff, Thomas ................................................................................... 104 Priebke, Erich ......................................................................................... 29 R Radzimanowski, Kersten ........................................................................ 63 Richter, Sebastian ............................................................................ 58, 60 Rieger, Jürgen ...................................................................................... 110 Rigolf Dr., Henning ................................................................................. 93 Rohleder, Frank ...................................................................................... 63 Rokohl, Aileen......................................................................................... 82 S Salomon, Thomas ............................................................................ 69, 81 Schäfer, Michael ................................................................................... 53f. Schittke, Norbert ................................................................................... 99f. Schneider, Maik ...................................................................................... 80 Schönborn, Meinolf................................................................................. 95 Schwerdt, Frank ............................................................................... 68, 95 Seyam, Reda ........................................................................................ 162 T Tietsch, Sybille ....................................................................................... 99 U Uka, Arid ........................................................................................ 157, 164 V Vogel, Pierre ......................................................................................... 160 351 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Voigt, Udo ............................................................. 20, 27, 63, 67, 69f., 112 von Thadden, Adolf............................................................................... 64f. W Weck, Birger ......................................................................................... 102 Wessel, Horst ............................................................................. 24, 29, 31 Westergaard, Kurt ................................................................................ 160 Wohlleben, Ralf ...................................................................................... 67 Woidke Dr., Dietmar ............................................................................... 21 Wolzow, Gilbert................................................................................. 45, 46 Worch, Christian ..................................................................... 67, 84f., 112 Wulff, Thomas......................................................................................... 63 Z Zasowk, Ronny ............................................................ 75f., 80, 84f., 87, 91 Zöberlein, Hans ..............................................................69, 73-75, 77f., 80 352 Personenregister 353 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Sachregister 1. FC Frankfurt (Oder) (FCF).................................................................. 45 1. FC Union Berlin .................................................................................. 48 12 Golden Years ............................................................................. 87, 121 1860 München ........................................................................................ 48 A Against Music Industry ......................................................................... 116 Agnar ............................................................................................ 116, 124 Aktionseinheit links ....................................................................... 148, 149 al-Qaida ...................................................................... 155f., 157, 163, 168 al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAH).................................... 156 al-Qaida im Irak (AQI)........................................................................... 156 al-Qaida im islamischen Maghreb (AQIM)............................................ 156 Anger Within ......................................................................................... 116 ANSDAPO ............................................................................................... 19 Antifa .............................................................................................. 31, 138 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), .................................. 155, 166, 167, 168 Arbeitskreis Antifa Potsdam.................................................................. 138 Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V. .............................................. 110 Artikel 10-Gesetz .................................................................................. 187 Aryan Brotherhood (A.B.) .............................................................. 116, 119 Assoziation Marxistischer StudentInnen (AMS) ................................... 146 xxxxxxxxxxxxxxx................................................................................ xxxxx Autan ............................................................................................. 116, 119 Autonome Nationalisten ..................................................... 20f., 25, 35, 37 Autonome Nationalisten Oder-Spree (AN/OS) ................................. 35, 37 B Bandidos MC Lauchhammer .................................................................. 49 Barbaren ........................................................................................ 116, 119 354 Sachregister Beuth Hochschule für Technik Berlin .................................................... 194 Bewachungsverordnung (BewachV) ...................................................... 51 Bloodshed (B.S.) ........................................................................... 116, 119 Borussenfront ......................................................................................... 85 Brandenburgische Kommunalakademie............................................... 192 Brandenburgisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz (BbgSÜG) .............................................................................. 180, 181, 182 Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz (BbgVerfSchG) ........................................................................... 180, 186f. BTM ...................................................................................................... 131 Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle ................................... 177 Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)....................................... 181 Bundesgerichtshof .................................................................................. 46 Bundesnachrichtendienst ..................................................................... 177 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien ............................... 130f. Bundesregierung .................................................................................. 177 Bundesrepublik Deutschland ..................................... 68, 85, 91-93, 97-99, 101-108, 147, 163, 164, 171, 185f. Bundesverfassungsgericht ................................... 63, 65, 92, 97, 105, 185 Bundesverwaltungsgericht ..................................................................... 65 Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff) e.V. (BfG) .......................... 87, 110f. Bündnis 90/Die Grünen ........................................................................ 187 Burn Down (B.D.) .................................................................. 116, 119 ,127 C CDU ...................................................................................................... 187 Chapter Spremberg des MC Gremium ................................................... 34 Chemnitzer FC ....................................................................................... 48 Collectivo Bianco Rosso 02 (CBR 02) .................................................... 45 Collegium Humanum - Akademie für Umwelt und Lebensschutz e. V. ..................................................... 93, 100 355 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Confident of Victory (C.O.V.) ....................................... 116, 119, 124, 127f. Corporate Trust..................................................................................... 173 Crimark ................................................................................................... 48 Cynic................................................................................... 116f., 123, 126 D Das Deutsche Reich ................................................................. 91, 97, 101 DawaFFM ............................................................................................. 164 Deutsche Demokratischen Republik (DDR) ..... 46, 92, 147, 149, 181, 186 DDR-Staatssicherheit ........................................................................... 186 Deathfeud ............................................................................................. 117 demos - Brandenburgisches Institut für Gemeinwesenberatung.......... 192 Der Aktivist........................................................................................ 53, 62 Der runde Tisch .................................................................................... 103 Der Versand............................................................................................ 47 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ....................... 133, 146-149, 152 Deutsches Kolleg (DK) ........................................................................... 94 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) ........................................... 93 Deutsche Volksunion (DVU) ............................................................. 84, 93 Deutsche Volksunion - Liste D (DVU)..................................................... 93 Deutsche Reichszeitung ....................................................................... 102 Deutscher Reichsanzeiger ................................................................... 102 Deutsches Reich ............................................................... 91, 93-101, 105 Deutsche Stimme ............................................................................. 74, 81 Die Dissidenten .................................................................................... 126 Die Halben hol der Teufel .................................................................. 45-47 DIE LINKE ...................................................................................... 40, 187 Die Rechte ........................................................................... 67, 84-86, 112 die-rechte.com ........................................................................................ 85 die-rechte.de........................................................................................... 85 Die Regierung des Deutschen Reiches.............................................. 100f. Die Reichsbewegung - Neue Gemeinschaft von Philosophen ............... 95 356 Sachregister Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JF) ...................................................... 19 Die Republikaner (REP) ......................................................................... 99 Die Rote Hilfe ........................................................................... 140f., 143f. Die Unsterblichen ........................................................... 22f., 28f., 61f., 96 DieVisitor .............................................................................................. 130 Die wahre Religion (DWR) ........................................................... 159, 164 Die weißen Jäger (D.W.J.)..................................................... 116, 119, 123 Disszensiert .......................................................................................... 126 Dunkle Schatten ................................................................................... 189 E Elb-Power-Records ............................................................................ 130f. Europäisches Parlament ...................................................................... 151 Europäische Union ............................... 65, 71f., 76, 80, 93, 151, 166, 171 EU-Task Force Griechenland ............................................................... 151 Exilregierung Deutsches Reich .................................................... 99f., 102 Exzess ........................................................................... 116, 119, 123, 128 F Fairständnis Menschenwürde fördern - Gegen Fremdenhass ............. 189 FC Energie Cottbus .......................................................................... 45, 48 FCV HOOLS ........................................................................................... 48 FDP ...................................................................................................... 187 Fight Tonight ................................................................................... 49, 121 Flughafen BER ..................................................................................... 165 Frankfurter Fußballclub Viktoria '91 (FCV)............................................. 45 Freie Kräfte .............18, 20, 23, 28, 34-38, 52, 54, 68, 72, 75, 79, 81f., 150 Freie Kräfte Königs Wusterhausen............................................. 35, 37, 79 Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland (FKN).............................. 34-36, 150 Freie Kräfte Teltow-Fläming (FKTF) ........................................................ 19 Freie Nationalisten.................................................................................. 18 Freie Nationalisten Uckermark (FNUM) .................................................. 19 357 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Freie Nationalisten Wittstock .................................................................. 28 freiheitliche demokratische Grundordnung (fdGo)......... 18, 22, 68, 97, 99, 101, 125, 138, 143, 163, 185, 189-191 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) ..................................... 67, 85 Freiräume ..................................................................................... 136, 138 Freistaat Preußen ................................................................................... 93 Freundeskreis Brandenburg ................................................................... 36 Freundeskreis Nationale Sozialisten Oder-Spree (NS/OS) .............. 35, 37 Freundeskreis Nord-Brandenburg .................................................... 35, 36 Freundeskreis Udo Voigt ........................................................................ 63 Frontalkraft (FK) .............................................................. 50, 116, 119, 123 Frontdienst Riesa ................................................................................. 124 Frontfeuer ............................................................ 116, 119, 121-123, 127f. Fürstentum Germania.................................................................... 103-105 G G 10-Kommission .......................................................................... 186-188 Geheimschutz....................................................................... 171, 180, 182 Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg.................. 180 Germanische Neue Medizin ......................................................... 101, 107 Germaniten ......................................................................................... 103f. Germanitien .......................................................................................... 104 Gesetz zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes .................................. 188 Gesinnungsgemeinschaft Süd-Ost Brandenburg (GGSOBB) ................. 19 Gewerbeordnung (GewO) ...................................................................... 50 Gjallarhorn Klagschmiede .................................................................... 124 Glaskammer ....................................................................................... 116f. Gleichlaufschwankung.......................................................................... 131 Globale Islamische Medien Front (GIMF)............................................. 157 Gremium MC Spremberg ..................................................................... 49f. 358 Sachregister H Hallgard ....................................................................... 116, 119, 123, 125f. Handstreich ................................................................. 116f., 119, 123, 126 Hassgesang (H.G.) ........................................................ 116, 119, 124, 126 Haus des Qurans.................................................................................. 160 Hausmannskost ............................................................. 116, 119, 121, 127 Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ)....................................... 18, 58f., 67 Helle und die RACer (auch Helle und die RACker sowie Helle und Freunde)...................................... 116, 119, 121, 124, 127 Hells Angels ............................................................................................ 49 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) .......................................................... 18 Himmelfahrtskommando................................................................ 116, 119 Hohe Warte ........................................................................................... 111 Hope for the Weak................................................... 49, 116, 119, 121, 124 I indymedia ............................................................................................... 48 Inferno Cottbus 99 (IC 99) .............................................................. 45f., 48 Interessengemeinschaft Fahrt & Lager (IG Fahrt & Lager) .................... 59 Interessengemeinschaft für Menschen mit gemeinsamen Zielen ........ 102 Interessengemeinschaft Sturm Oranienburg ........................................... 19 Interim................................................................................................... 136 Islamische Bewegung Usbekistans (IBU)............................................. 161 J Jihadismus............................................................................................ 168 Junge Nationaldemokraten (JN) ....................... 17f., 21, 52-62, 69, 73, 75, 79, 83, 88, 112, 117, 120, 124 Jungvolk ........................................................................................ 116, 119 JuZ.................................................................................................. 53, 120 359 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 K KADEK, siehe Arbeiterpartei Kurdistans Kameradschaft Aachener Land .............................................................. 84 Kameradschaft Hamm ............................................................................ 84 Kameradschaft Hauptvolk ................................................................ 19, 80 Kameradschaft Märkisch Oder Barnim (KMOB)............................... 19, 36 Kameradschaft Oberhavel ....................................................................... 19 KCK, siehe Arbeiterpartei Kurdistans KGB ...................................................................................................... 172 Kickbox Team Cottbus (KBTC) ............................................................... 48 Kinderzimmerterroristen ................................................................. 87, 121 KKK, siehe Arbeiterpartei Kurdistans Klartext ................................................................................................. 130 Kommando Skin ..................................................................................... 46 Kommissarische Reichsregierung des Staates 2tes Deutsches Reich (KRR)...................................... 91, 98f. Kommunalpolitische Vereinigung ........................................................... 69 KommunalWiki gegen Extremismus ..................................................... 191 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ........................ 140, 147-149 KONGRA GEL, siehe Arbeiterpartei Kurdistans Kooperationskasse ............................................................................... 108 Koordination der kurdisch-demokratischen Gesellschaft in Europa (CDK) .............................................................. 166 L Landesfeuerwehrschule ....................................................................... 192 Landesfeuerwehrverband ..................................................................... 192 Landesjugendamt ................................................................................. 192 Landeskriminalamt Brandenburg.......................................................... 131 Landessportbund Brandenburg .............................................................. 44 Landeszentrale für politische Bildung ................................................... 194 Landkreistag ......................................................................................... 192 360 Sachregister Landser................................................................................................... 46 Landtag Brandenburg ................................................................. 112, 186f. Lausitzer Front Guben (LFG) .................................................................. 19 Lausitzer Rundschau ............................................................................ 32f. Lichtzentrum Wittenberg....................................................................... 108 Lies!-Kampagne ................................................................................. 159f. M Magog................................................................................................... 116 Märkischer Heimatschutz ........................................................................ 19 MC Berserker ......................................................................................... 33 MC Gremium .................................................................................... 34, 49 MC Gremium Cottbus ............................................................................. 34 Mensch und Maß ................................................................................... 111 millatu-ibrahim.com .............................................................................. 162 Millatu Ibrahim (Gemeinschaft Abrahams) .................................... 162-164 MLPD.................................................................................................... 133 Mogon............................................................................................ 116, 119 Moshpit ................................................................................... 49, 116, 121 MSV Eintracht Frankfurt ......................................................................... 45 Mysanity ............................................................................................... 116 N Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) ............. 17f., 20f., 27f., 30f., 34, 36f., 38, 41, 47f., 52-56, 58, 60, 63-65, 67-70, 72,-82, 84-89, 93, 95, 112, 117, 137f., 150f. Nationaler Bildungskreis (NBK) .............................................................. 58 Nationale Laubenpieper ......................................................................... 34 Nationale Liste (NL) ................................................................................ 94 Nationaler Medienvertrieb (NMV) ......................................................... 127 Nationale Ordnung (NO)......................................................................... 95 361 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Nationale Sozialisten Spremberg ........................................................... 33 Nationaler Widerstand ...................................................................... 18, 84 Nationaler Widerstand Berlin .................................................................. 48 Nationaler Widerstand Dortmund ........................................................... 84 Nationale Sozialisten ............................................................ 18, 33, 35, 37 Nationalisten Spremberg .................................................................. 32, 35 Nationalistische Front (NF) ..................................................................... 67 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ........... 18, 21, 41 Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ........................................ 67, 88 NATO .................................................................................................. 171f. Natürlich ............................................................................................... 116 Naturschutzbund .................................................................................... 33 Neudeutsche Gesundheitskasse ........................................................ 107f. Neudeutsche Rentenkasse ................................................................ 107f. Neudeutschland.................................................................................. 107f. No Escape ............................................................................................ 116 Non Divine ............................................................................................ 116 Northsidecrew......................................................................................... 44 NS-Boys ................................................................................................. 48 O Obskur .................................................................................................. 116 Oderfront ..................................................................................... 30, 35-37 Oderland Stimme.................................................................................... 78 Odinversand ........................................................................................... 47 One People One Struggle Records (OPOS Records) ........................ 123f. Outlaws................................................................................................... 49 P Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) ..................................... 186f. PC Records ........................................................................................ 123f. 362 Sachregister Pestpocken ........................................................................................... 131 PKK, siehe Arbeiterpartei Kurdistans Polizei............................................ 21, 26, 33, 37, 41, 45, 54, 90, 97, 103, 120, 127, 130, 136f., 141-143, 150, 161, 177, 180f., 186, 192 Polizeifachhochschule .......................................................................... 192 Preussenstolz ................................................ 87, 117, 119, 121, 123f., 128 PRO-Deutschland................................................................................. 161 Proliferation .......................................................................... 171, 177, 179 PRO NRW ............................................................................... 64, 160-162 R Rebel Records .............................................................................. 46, 123f. Redrum.................................................................................. 117, 119, 123 Regional-Vision .................................................................................... 108 Reichsbürger ...................................... 90-92, 94-99, 104f., 107-109, 192f. Reichsbürgerbewegung (RBB) ............................................................... 94 Reichsgericht .............................................................................. 90, 92, 99 Reichsregierung ...................................................... 90f., 96-101, 108, 105 Reichssozialisten .................................................................................... 92 Reichstreue ............................................................................................ 92 Report Mainz ........................................................................................ 162 Republik Freies Deutschland................................................................ 106 Ring Nationaler Frauen (RNF)................................................................ 69 Rote Armee Fraktion (RAF) ............................................................ 94, 140 Rote Hilfe Deutschland ......................................................................... 140 Rote Hilfe e.V. (RH) ....................................................... 133, 140-145, 153 Rote Kalenderblätter............................................................................. 146 Roter Brandenburger ............................................................................ 146 S Salafismus ..................................................................... 158-160, 162, 168 Salafisten ....................................................................... 158-162, 164, 168 363 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Satellitenstaaten ..................................................................................... 92 Sauerland-Gruppe ................................................................................ 162 Schutzbund Deutschland......................................................................... 19 Schwarze Blöcke .......................................................................... 144, 194 SCHWEDTERStimme ............................................................................ 82 Second Class Citizen ..................................................................... 49, 121 Selbstregierung .................................................................................... 102 Selbstverwaltung ..................................................... 90, 102, 104-106, 108 Serxwebun............................................................................................ 166 Sicherheitsüberprüfungen ............................................................. 180-182 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) ................. 146f., 149, 152 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ....................... 147, 149 Sozialistische Reichspartei (SRP) .......................................................... 92 SPD ................................................................................................ 76, 187 Spiegel.................................................................................................. 161 Spreelichter ...................................................................................... 21, 23 spremblog.info ...................................................................................... 32f. Staatliches Schulamt ............................................................................ 100 Staatsschutz ................................................................................. 142, 143 Staatssicherheit .................................................................................... 186 Städteund Gemeindebund ................................................................. 192 state-of-germany.com ........................................................................... 101 St. Pauli .................................................................................................. 45 Sturm 27 .................................................................................................. 19 Sturm Cottbus.......................................................................................... 19 SWR ....................................................................................................... 74 T They Shall Not Pass ................................................................... 137f., 151 Thrima ............................................................................................ 49, 121 Tolerantes Brandenburg ............................................................... 188, 192 364 Sachregister Trauermarsch ..................................................................... 23, 25f., 36, 77 Trotz alledem! ....................................................................................... 146 U UCKERMARKStimme ............................................................................ 82 Unsere Zeit (UZ) ................................................................................. 146f. unser-reich.info ..................................................................................... 101 Uwocaust (auch Uwocaust & alte Freunde) .......................... 117, 119, 124 V Vereinigung Deutsche National Versammlung e. V. (VDNV) ................ 93f. Vereinigung Gesamtdeutsche Politik (VGP) ........................................... 93 Verfassungsschutz .................................... 43, 50f., 91, 97, 109, 142, 168, 174, 176f., 179, 181, 185f., 188-194 Viertes Reich .......................................................................................... 94 Völkische Reichsbewegung (VRB) ......................................................... 94 Volksbewegung Dem Deutschen Volke - Für eine Zukunft mit Recht und Gesetz .............................................................. 102 Volks-Bundesrath ................................................................................. 102 Volksgruppe - Ringvorsorge ............................................................... 103f. Volks-Reichstag .................................................................................... 102 Volkstroi/USK................................................................................. 117, 119 W Wählergruppe Die Rechte - Mut zur Wahrheit ....................................... 85 Weiße Wölfe Terrorcrew ......................................................................... 48 Wewelsburg Records ........................................................................... 123 Widerstandsbewegung in Südbrandenburg .............. 19, 21-23, 28, 31-33, 40, 44, 61f., 68, 96, 113 Wiking-Jugend ........................................................................................ 70 Wirtschaftsschutz ......................................................... 171, 173, 190, 194 wohin-deutscheRechte.de ...................................................................... 63 Wolfskraft (WK) ............................................................................. 117, 119 365 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 Y Yeni Özgür Politika ............................................................................... 166 YouTube ......................................................................................... 57, 144 Z Zollkriminalamt .................................................................................... 177 366 Sachregister 367 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 2012 7.5 Bildnachweis Titel (c) mauritius images / Catharina Lux Seite 3 (c) www.hoffotografen.de Seite 19ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 24 aus http://www.infoportal-potsdam.net (30.01.2013) Seite 25 aus http://www.gedenkmarsch.de/ (21.02.2013) Seite 26 oben: aus http://logr.org/fkbrandenburg/ (30.01.2013) unten: aus http://www.gedenkmarsch.de/ (21.02.2013) Seite 29 aus http://www.infoportal-potsdam.net (30.01.2013) Seite 30 aus http://www.infoportal-potsdam.net (30.01.2013) Seite 32 aus http://www.spremblog.info (14.04.2012) Seite 33 (c) dpa Seite 34 oben: aus http://nsfkn.info/ (15.12.2011) unten: aus http://inforiot.de (30.01.2013) Seite 35 Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 36 aus http://fk-brandenburg.de/ (15.12.2011) Seite 38 aus http://npd-barnimuckermark.de (30.01.2013) Seite 39ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 45 (c) dpa Seite 47ff. Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Seite 53f. aus http://www.jn-buvo.de/ (06.02.2013) Seite 58f. 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Unabhängig davon, wann, auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangen ist, darf sie auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nicht in einer Weise verwendet werden, die auf Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. I. Grundrechte Artikel 1 (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht. Artikel 2 (1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.