"LAND BRANDENBURG .. MM Ministerium des Innern 1996. Verfassungsschutz durch Aufklärung Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Henning-von-Tresckow-Straße 9-13, 14467 Potsdam 2. Auflage: 2 000 Druck: Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbH Redaktion und Layout: Abteilung Verfassungsschutz, Referat V/2 Telefon: (0331) 866 2567 DenText finden Sie im Internet unter www.brandenburg.de/land/mi November 1997 Verfassungsschutz durch Aufklärung ] 006 Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg 19 gegen Rassismus Verfassungsschutzbericht 1996 Das Ministerium des Innern ist die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. In Erfüllung des gesetzlichen Auftrages wird mit dem vorliegenden Jahresbericht 1996 die Öffentlichkeit über die Arbeitsergebnisse unterrichtet. Verfassungsschutz durch Aufklärung VORWORT Derjährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und damit auch ein Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg legt mit dem Jahresbericht 1996 zum vierten Mal eine Bilanz ihrer Arbeit vor. Sie erfüllt damit einenTeil ihres gesetzlichen Auftrags, nämlich die Öffentlichkeit über politische extremistische Bestrebungen und Organisationen sowie Spionageaktivitäten zu informieren, undlegt zugleich Rechenschaft über ihre Tätigkeit im vergangenenJahr ab. Die Beobachtung des Rechtsextremismus war auch 1996 ein Arbeitsschwerpunkt der Verfassungsschutzbehörde. Seit dem Spätsommer 1996 hat rechtsextremistisch motivierte Gewalt wieder zugenommen. Größte Sorge bereiteten mir dabei die militanten Angehörigen rechtsextremistischer Cliquen. Ihre Zahl stieg um 10 Prozent auf etwa 550 Personen. Im letzten Jahr entlud sich die Brutalität solcher Jugendcliquen in besonders erschreckender Weise. Zwar hatte es in den Jahren 1993 und 1994 noch mehr solcher Gewalttaten gegeben, doch kann dies das Entsetzen überdie Häufigkeit schwerster Gewaltverbrechen keineswegs mindern. Ist der zahlenmäßige Anstieg gegenüber 1995 schon beunruhigend genug, so erfüllt mich noch mit weitaus größerer Sorge die ungeheuere Brutalität, mit der verschiedene dieser Straftaten begangen wurden. Datun sich gesellschaftliche Defizite auf, denen wir ganz entschieden entgegentreten müssen. Vor allem die brutalen Angriffe auf ausländische Staatsbürger, die daran zumTeil lebenslang leiden werden, müssen uns betroffen machen. Die Ereignisse in Mahlow und Trebbin haben gezeigt, in welch menschenverachtender Weise sich rechtsextremistische Gewalt entladen kann. Das schädigt überdies das Ansehen Brandenburgs und Deutschlands in der Welt. Verfassunesschutzbericht 1996 Es bleibt festzustellen, daß wir es nach wie vor mit einem beachtlichen rechtsextremistischen Gefährdungspotential zu tun haben. Der Verfassungsschutz wird deshalb die Beobachtung des Rechtsextremismus weiterhin als seine vorrangige Aufgabe ansehen. Wir müssen den Tätern deutlich machen, daß sie sich nicht etwa auf schweigende Mehrheiten berufen können. Und wir müssen demagogische Parolen rechter Rattenfänger, wie die Losung "Arbeit zuerst für Deutsche", entlarven und demoffensiv entgegentreten. Das schließt eine vielfältige Aufklärungsarbeit ein, die gerade auch der Verfassungsschutz zu leisten herausgefordert ist. Diese Behörde kann und muß mit dazu beitragen, daß sich möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage extremistischen Auswüchsen und demokratiefeindlichen Bestrebungen entgegenstellen. Gegen fremdenfeindliche und überhaupt extremistisch motivierte Taten muß ein allgemeiner Konsens der Ablehnung und Verachtung existieren. Denn nicht erst die Tat, bereits der Beifall oder auch nur die heimliche Akzeptanz bildet einen Nährboden für Extremisten. Die Betonung der rechtsextremistischen Gefahren darfaber nicht dazu führen, die Gefährdung durch Linksextremisten, insbesondere Autonome, zu übersehen. Gewaltanwendung -- egal ob von rechts - oder links muß aufallgemeine Ächtung stoßen. Der brandenburgische Verfassungsschutz hat auch im vergangenen Jahr seinen Beitrag zur Sicherung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung geleistet. Für die engagierte Arbeit aller seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bin ich dankbar. han Alwin ZIEL Minister des Innern des Landes Brandenburg Potsdam, im März 1997 Verfassungsschutz durch Aufklärung Inhaltsverzeichnis Seite Verfassungsschutz und Demokratie 7 Das Grundgesetz - ene wehrhafte Verfassung 7 Die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde - Auftrag, Aufgaben und Befugnisse 8 Die Kontrolle über de brandenburgische Verfassungsschutzbehörde 9 Organisationsstruktur und Haushaltsmittel der brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde 10 Verfassungsschutz durch Aufklärung 11 Offentlichkeitsarbeit 11 Aufklärungsarbeit 12 Kommunale Projekte der Jugendsozialarbeit 14 Broschüren und Vorträge 15 Politischer Extremismus 16 1. Rechtsextremismus 16 Rechtsextremistische Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland 16 Rechtsextremistisch orientierte Jugendcliquen 16 Neonazis 19 Rechtsextremistische Parteien und ihre Nebenorganisationen 24 Weltanschauungsgemeinschaften, Verlage und Vertriebsdienste, "Neue Rechte" 25 Neuere Trends in der rechtsextremistischen Agitation und Propaganda 28 Rechtsextremismus im Land Brandenburg 30 Rechtsextremistisch orientierte Jugendszene 34 Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten 41 Neonazis 46 Personengruppen aus verbotenen neonazistischen Vereinigungen 46 Gefangenenhilfsorgansationen 49 Hlfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 49 Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V (IHV) 50 Die Nationalen e.V. 52 Nationales Pressearchiv (N.P.A.) 58 Verfassungsschutzbericht 1996 Rechtsextremistische Parteien und ihre Nebenorganisationen 61 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 61 Junge Nationaldemokraten (JN) 63 Deutsche Volksunion (DVU) 66 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 68 Die Republikaner (REP) 71 Nutzung moderner Kommunikationstechniken durch Rechtsextremisten im Land Brandenburg 74 Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 74 Ausblick 78 Mitgliederzahlen rechtsextremistischer Gruppierungen 80 Rechtsextremistisch motivierte Straftaten 8 2. Linksextremismus 82 Linksextremistische Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland 82 Linksextremismus im Land Brandenburg 89 Linksextremistisch orientierte Jugendszene 90 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten 93 Linksextremistischer Terrorismus 101 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 101 Rote Armee Fraktion (RAF) 102 Weitere terroristische Vereinigungen 104 Marxistisch-leninistische Parteien und ihre Nebenorganisationen 105 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 105 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 106 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 107 Anarchisten 108 Trotzkisten 109 Ausblick 110 Mitgliederzahlen linksextremistischer Gruppierungen 112 Linksextremistisch motivierte Straftaten 113 3. Ausländerextremismus 114 Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland 114 Sicherheitslage im Land Brandenburg 117 Arbeiterpartei Kurdstans (PKK) 117 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 117 Ausblick 118 Geheimschutz 120 Spionageabwehr 122 Arbeitsweise fremder Geheimdienste 123 Nachrichtendienste aus dem Bereich der GUS 124 Andere östliche Nachrichtendienste 124 Nachrichtendienste des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens 125 Ausblick 125 Anhang Verfassungsschutz durch Aufklärung VERFASSUNGSSCHUTZ UND DEMOKRATIE Das Grundgesetz -- eine wehrhafte Verfassung Die erste demokratische Verfassung in Deutschland, die Weimarer Reichsverfassung von 1919, stand den Angriffen ihrer Gegner von rechts und links ohne verfassungsrechtlichen Schutz gegenüber; sie wurde von den Nationalsozialisten schließlich ausgeschaltet. Unter dem Eindruck dieser Erfahrungen wurde 1949 in die neue Verfaskomplexes sung, das Grundgesetz (GG), ein komplexes Schutzsystem zur Schutzsystem Verteidigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung -- der obersten Wertprinzipien unserer Verfassung -- eingefügt: B die Unabänderbarkeit wesentlicher Grundsätze der Verfassung (zum Beispiel Schutz der Menschenwürde und der anderen Grundrechte) selbst durch den Gesetzgeber (Art. 79 Abs. 3 GG); EB die Verwirkung bestimmter Grundrechte (zum Beispiel Versammlungsund Vereinigungsfreiheit), wenn diese zum Kampfgegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden (Art. 18 GG); B das Recht, Parteien und sonstige Vereinigungen zu verbieten, wennsie darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zubeeinträchtigen oderzu beseitigen (Art. 9 Abs. 2, 21 Abs. 2 GG). Darüber hinaus ermächtigt das Grundgesetz den Bund zur Einrichtung einer Zentralstelle zur Sammlung von Unterlagen über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und die Sicherheit von Bund undLändern (Art. 73 Nr. 10 b, 87 Abs. I S.2 GG). 1950 wurde das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erlassen, das den Bund und jedes Land zur Errichtung von Verfassungsschutzbehördenverpflichtet; dieses Gesetz wurde 1990 et durch ein neues Bundesverfassungsschutzgesetz abgelöst. Am gesetz 5. April 1993 hat der Landtag das Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungs-- schutzgesetz BhgVerfSchG) beschlossen. 7 Verfassungsschutzbericht 1996 Die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde -- Auftrag, Aufgaben und Befugnisse Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg ist das Ministerium des Innern. Ihr Auftrag ist nach $ 1 Abs. 2 BbgVerfSchG die Unterrichtung der Landesregierung und anderer zuständiger Stellen Bestand und über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, Sicherheit den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder. Dades Bundes und durch soll die Möglichkeit geschaffen werden, rechtzeitig Maßnahder Länder men zur Abwehr dieser Gefahren zuergreifen. Gemäß $ 3 BbgVerfSchG sammelt die Verfassungsschutzbehörde zur Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über 3 Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes odereines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben; RB sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht; BE Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden. Solche Informationen wertet die Verfassungsschutzbehörde aus. Sie darf jedoch nur dann tätig werden, wenntatsächliche Anhaltspunkte für eine der genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten vorliegen. Ferner wirkt die Verfassungsschutzbehörde auf Ersuchen der zuständigen Stellen beim personellen und materiellen Geheimschutz mit; es handelt sich dabei um die Sicherheitsüberprüfung von bestimmten Personen und umtechnische Sicherheitsmaßnahmen. Bindung an Grundlegendes Prinzip der Verfassungsschutztätigkeit ist die techt und Gesetz Bindung an Recht und Gesetz gemäß $ 6 Abs. | BbgVerfSchG, womit der bereits nach Art. 20 Abs. 3 GG für alles staatliche Handeln geltende Grundsatz bekräftigt wird. Daraus folgt unter anderem, daß im Rahmen der Verfassungsschutzarbeit keine Straftaten begangen werden dürfen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Den ganz überwiegendenTeil seiner Informationen erhält der Verfassungsschutz aus offenen, oft jedermann zugänglichen Quellen, wie Zeitungen und weiteren Medien, Büchern, Flugblättern und anderen Publikationen sowie aus öffentlichen Veranstaltungen, ferner durch Mitteilungen von Behörden. Da jedoch eine offene Informationserhebung nicht immer möglich oder effektivist, darf die Verfassungsschutzbehörde in bestimmten Fällen die in $ 6 Abs. 3 BbgVerfSchGabschließend aufgezählten = ; ; 5 i . . nachrichtensogenannten nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen. Hierzu dienstliche Mi gehören unter anderem der Einsatz von geheimen Informanten und verdeckten Ermittlern, Observationen, Bildund Tonaufzeichnungen außerhalb des Schutzbereichs der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG sowie die Überwachung des Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Art. 10 GG und des dazu ergangenen Ausführungsgesetzes für das Land Brandenburg (G 10 AG Bbg). Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Deshalb ist er gemäß $ 7 BbgVerfSchG nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und wenn die Erforschung des Sachverhalts aufandere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise unmöglichist. . Der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel muß immer dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügen. Dem Verfassungsschutz stehen keine polizeilichen Befugnisse zu; er darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist (Art. 11 Abs. 3 Verfassung des Landes Brandenburg). Die Kontrolle über die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde Die Brandenburger Verfassungsschutzbehörde unterliegt einer mehrfache mehrfachen Kontrolle. Kontrolle Zum einen besteht die besondere parlamentarische Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages. Sie hat einen Anspruch darauf, von der Landesregierung unter anderem umfassend überdie allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung sowie auf Verlangen auch über Einzelfälle unterrichtet zu werden ($$ 23, 25 BbgVerfSchG). Unbeschadet dieser besonderen Kontrolle besteht noch die allgemeine Kontrolle der Landesregierung durch den Landtag. Verfassungsschutzbericht 1996 Beschränkungendes Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses nach Maßgabe des Gesetzes zu Art. 10 GG werden durch eine vom Landtag gewählte unabhängige Kommission (G 10-Kommission) auf Zulässigkeit und Notwendigkeit überprüft, und zwar grundsätzlich vor dem Vollzug ($$ 2,3 G 10 AG Bbg). Auch einzelne Bürgerinnen und Bürger könneneine mittelbare Parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes ausüben, indemsie sich an die KontrollParlamentarische Kontrollkommission wenden. Darüber hinaus hat kommission jeder das Recht, Auskunft und Akteneinsicht von der Verfassungsschutzbehörde zu verlangen ($ 12 BbgVerfSchG). Sie erteilt grundsätzlich jedem unentgeltlich Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten sowie den Zweck unddie Rechtsgrundlage ihrer Speicherung; auf Antrag kann auch Akteneinsicht gewährt werden. Auskunftserteilung ünd Akteneinsicht dürfen nur dann versagt werden, wenn das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der Person überwiegt. Im Jahre 1996 haben 32 Bürger Auskunft erhalten. Selbstverständlich unterliegen die Maßnahmen der Verfassungsschutzbehörde auch der gerichtlichen Kontrolle. Eine Kontrollfunktion hat auch der Landesbeauftragte für den DaDatenschutz tenschutz. Er hat Zugang zu allen Unterlagen, die personenbezogene Daten enthalten. Seine Kontrolle kann auch von einem Bürger ausgelöst werden. Der Datenschutzbeauftragte überprüft auf der Grundlage der geltenden Vorschriften des Datenschutzgesetzes die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung durch die Verfassungsschutzbehörde. Organisationsstruktur und Haushaltsmittel der brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde Das Ministerium des Innern unterhält für seine Aufgabe als Verfassungsschutzbehörde des Landes eine besondere Abteilung. Diese gliedert sich in sieben Referate (Zentrale Dienste, Rechtsund Grundsatzangelegenheiten; Verfassungsschutz durch Aufklärung; Auswertung politischer Extremismus; Beschaffung politischer Extremismus; Spionageabwehr: Geheimschutz; Observation und nachrichtendienstliche Technik). Im Haushaltsjahr 1996 waren für die Verfassungsschutzabteilung 10 99 Planstellen vorgesehen; am 31.Dezember 1996 waren 90 besetzt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die Personalkosten, errechnet unter Zugrundelegung von Durchschnittswerten, beliefen sich auf rund 4.820.000 DM. An Haushaltssachmitteln standen 1.525.000 DM zur Verfügung; davon wurden 1.502.624,34 DM ausgegeben. V/ERFASSUNGSSCHUTZ DURCH AUFKLÄRUNG Die Bedeutung derpolitischen Auseinandersetzung mit verfassungsfeindlichen Bestrebungenerfordert eine intensive Aufklärung intensiie der Bürgerinnen und Bürger über Art und Umfang der Gefahren, Aufklärung die durch politischen Extremismus drohen. Nur aufgeklärte Bürger sind in der l.age, die wahren Absichten extremistischer Bestrebungen zu erkennen, sie kritisch zu bewerten und ihnenletztlich nicht zu unterliegen. Obwohl die Verfassungsschutzbehörden Nachrichtendienste sind, nimmt die Aufgabe "Verfassungsschutz durch Aufklärung" einen breiten Raumein. Der brandenburgische Verfassungsschutz bekennt sich zum offenengesellschaftlichen Dialog. Im Widerspruch zu ED. manchem Vorurteil sucht er bewußt und braucht er die Offentlichgesellschaftlicher keit. Er benötigt die Hilfe der Bürger, sich demokratiefeindlichen Dialog Bestrebungenengagiert entgegenzustellen. Fremdenfeindlich und überhaupt extremistisch motivierte Straftaten müssen aufallgemeine gesellschaftliche Ächtungstoßen. Die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde fühlt sich in besonderem Maße dem Grundsatz der Bürgernähe und auch der Präventionsarbeit verpflichtet. Bürgernähe und 2 Präventionsarbeit Öffentlichkeitsarbeit Die Kontakte mit der Presse bestimmten erneut die Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes und haben im Jahr 1996 deutlich i zugenommen. Fachleute der Behörde gaben zahlreiche Interviews undstanden für telefonische Auskünfte zur Verfügung. Der Verfassungsschutzbericht 1995 wurde in einer Auflagenhöhe von 11 Verfassungsschutzbericht 1996 5000 Exemplaren gedruckt. Wie in den Jahren zuvor wurde er an Behörden, Schulen, Verbände und Parteien sowie an interessierte Bürger versandt, wobei die Nachfrage von privaten Abnehmern von Jahr zu Jahrsteigt. Neben demJahresbericht verteilte die Behörde umfangreiches Material über Rechts-, Linksund Ausländerextremismus. Unter demTitel "Aufklären -- Vorbeugen -- Schützen" legte sie das erste Faltblatt der Reihe "Verfassungsschutz geht alle an" vor. Mitarbeiter des brandenburgischen Vertassungsschutzes waren 1996 erneut bei der "Woche des ausländischen Mitbürgers" vertreten, deren Auftakt diesmal in Fürstenwalde stattfand. Aufklärungsarbeit Die Aufklärungsarbeit des Verfassungsschutzes wendet sich an die Bürger des Landes, um Wesen und Inhalt der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu verdeutlichen sowie über das komplexe Schutzsystem unserer Verfassung zur Bewahrung dieser Wertordnung und über Aufgaben und Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden zu informieren. In besonderer Weise wird dabei die geistig-politische Auseinandersetzung mit Themen insbesondere des politischen Extremismus gefördert. Hauptzielgruppe der Aufklärungsarbeit ist die Jugend unseres Vorträge Bundeslandes, die durch Vorträge an Schulen, in Vereinen und an Schulen durch andere Veranstaltungen erreicht wird. Darüber hinaus wendet sich der Verfassungsschutz an Multiplikatoren, zum Beispiel Pädagogen, in der Sozialarbeit tätige, engagierte Bürger in Vereinen und anderen demokratischen Organisationen, um die gesellschaftlichen Probleme in der Auseinandersetzung mit Verfassungsfeinden deutlich zu machen und die Bevölkerung zusensibilisieren. Seit Ende 1994 ist dabei die gemeinsame Wanderausstellung der Verfassungsschutzbehörden aller neuen Bundesländer "Demokratie "Demokratie -- -- abersicher!" zentrales Mittel dieser Aufklärungsarbeit. Die 'aber sicher!" ständig von Mitarbeitern begleitete Ausstellung, in der ausgewählte Grundrechte erläutert, die politischen Bedrohungspotentiale der demokratischen Ordnung durch verfassungsfeindliche Aktivitäten benannt und auch die damit verbundenen Aufgaben des Verfassungsschutzes erklärt werden, richtet sich gerade an Jugendliche. Umsie zuerreichen, wird die Ausstellung bei ihrem Umlauf in Brandenburg überwiegend in Schulen der Sekundarstufe I und II gezeigt. Eine Beteiligung der Ausstellungsbetreuer am 12 Unterrichtsfach Politische Bildung ergänzt das Angebot. Verfassungsschutz durch Aufklärung Gewäalt ist aie falsche wahl! _ Du ha ie Wohl, Du mul Dich entscheiden. hinerlfß Wunden und führt wieder zu Denn Probleme kann man auf Dover nicht Gewalt, Vrsöndigung ist Deine Störke. Dann durch Schlöge ken. Gewalt gegen Wort sind sörker os de Gewah Und achte Schwöchers, Minderheiten, Auorder und Freundschaft gi Dir mehros sogenannte Rondgruppen sind kin Zeichen von Sörke. Komerodschoh + Gewalt bringt Dich nich weier Gewalt Verständnis und Faimeß müssen die Wahl sn. ll] TR 3 m \ NHPR u Ex DUNKLE W (r), Po: ers lee # in meratan Verfassungsschutzbericht1996 J Bis Ende 1996 wurde die Ausstellung in zwölf Städten und Gemeinden des Landes Brandenburg gezeigt; etwa 5500 Besucher, überwiegend im Alter zwischen 14 und 20 Jahren, informierten sich. Zur Ausstellung gehören seit ihrer Eröffnung immer wieder aktualisierte Computerspiele, Videos, Faltblätter, Broschüren sowie ein die Jugendlichen direkt ansprechendes Begleitheft. BAIRSTANDNIS Menschenwürde 4 Die Ausstellung machtdie jugendlichen Besucher auch mit der -- achten -- Gegen bundesweiten Aufklärungskampagne "FAIRSTÄNDNIS MenFremdenhaß" schenwürde achten --Gegen Fremdenhaß" bekannt. Kommunale Projekte der Jugendsozialarbeit Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wozu auch die Befassung mit den Ursachen des politischen Extremismus einschließlich der Gewaltbereitschaft insbesondere Jugendlicher gehört. Dafür steht die -- stets öffentlich gemachte -- Mitwirkung angezielten Projekten der kommunalen Jugendsozialarbeit. So wurden aus Mitteln der Lotto-Konzessionsabgabe folgende Präventionsprojekte gefördert: BE dem Verein "Senftenberger Regenbogen e.V." wurden 69.000 DM für den Aufbau einer Fahrradund Kleingerätewerkstatt in einem dichtbesiedelten Wohngebiet zur VerfüProjekte in gung gestellt; auf dieses langfristige Projekt wurde bereits im . Senftenberg Verfassungsschutzbericht 1995 hingewiesen; und Guben WE die Projektarbeit in Guben hat ebenfalls Tradition, zu den im vorjährigen Verfassungsschutzbericht genannten Projekten des Jahres 1995 kamen 1996 vier weitere hinzu: - für die Inneneinrichtung eines multikulturellenCafes wurden 5.000 DM zur Verfügung gestellt; - "Grenzüberschreitende Jugendarbeit" mit demZiel, Kontakte zwischen polnischen und deutschen Jugendlichen zuvertiefen, wurde mit 19.500 DM zur Anschaffung einer Computeranlage, eines Videoprojektors und einer Kamera gefördert; - für integrierende Freizeitveranstaltungn unter dem Stichwort "Selbstbestimmende Freizeitangebote für Cliquen und Gruppen" wurden 7.000 DM bereitgestellt; Verfassungsschutz durch Aufklärung - die technische Ausstattung eines "Studios" als Übungsraumfür Jugendbands wurde mit 15.000 DM unterstützt. Darüber hinaus wurden im Jahr 1996 die im Vorjahr begonnenen deutsch-polnischen Jugendtreffen fortgesetzt. Sie fanden erneut in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte der Stiftung Kreisau statt. Diese Begegnungen sollen bei den Jugendlichen beider Länder Verständnis und Aussöhnung fördern. Broschüren und Vorträge Die von der Verfassungsschutzbehörde herausgegebenen Broschüren, natürlich auch die Jahresberichte, können kostenlos bestellt werden. Außerdem werden Fachleute des Verfassungsschutzes zu Vorträgen und Diskussionen vermittelt. Interessenten wenden sich an: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Referat V/2 Henning-von-Tresckow-Straße 9 - 13 14467 Potsdam Telefon: (0331) 866 2567 Fax: (0331) 866 2585 Verfassungs,.. wis en Au 15 Verfassungsschutzbericht 1996 POLITISCHER EXTREMISMUS 1. Rechtsextremismus Rechtsextremistische Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland Die meisten Rechtsextremisten in der Bundesrepublik Deutschland lassen sich einer der folgenden vier Kategorien zuordnen: BE Angehörige rechtsextremistisch orientierter Jugendeliquen mit oft hoher Gewaltbereitschaft; Anhänger eines "erneuerten" Nationalsozialismus (Neonazis); Mitglieder rechtsextremistischer Parteien und Vereinigungen; Mitglieder rechtsextremistischer Weltanschauungsgemeinschaften, Inhaber und Betreiber einschlägiger Verlage und Vertriebsdienste, einzelne Ideologen der sogenannten "Neuen Rechten" und deren Anhänger. Zwischen diesen einzelnen Trägergruppen des Rechtsextremismus gibt es selbstverständlich vielfache Berührungspunkte und Überschneidungen. Rechtsextremistisch orientierte Jugendeliquen Die meisten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten werden von Angehörigen diffuser Jugendeliquen, insbesondere aus der Skinheadszene, begangen. Die Ausdrucksformen und Wertorientierungen der Skinheadszene haben inzwischen andere Jugendmilieus so sehr beeinflußt, daß die Skinheads für sie typischen Attribute und Attitüden auch bei nicht wenigen anderen Jugendlichen "in" sind. Andererseits legen manche Skinheads, um sich äußerlich an die Konventionen anzupassen, ihr "Outfit" ab, ohne sich von der Szene zulösen. Es ist darauf hinzuweisen, daß es neben den "rechts" bis rechtsextremistisch orientierten Skinheadgruppen auch "linke" Redskins sowie unpolitische Skinheads gibt. Der größere Teil der Skinheads ist allerdings der rechtsextremistisch orientierten Jugendszene zuzurechnen. Freilich wäre es verfehlt, umgekehrt die gesamte rechtsextremistisch orientierte Jugendszene ohne weiteres mit dem Etikett "Skinheads" zu versehen. 16 Verfassungsschutz durch Aufklärung - Charakteristisch für die in andere Milieus ausstrahlende -- Skinheadsubkultur ist eine eigene "Ästhetik der Gewalt". Sie spiegelt sich in der Skinhead-Mode (Glatze, Doc-Martens-Stiefel, Bomber-- jacke), in der Skinheadmusik die Bands heißen zumBeispiel "No -- Remorse" (Keine Gnade), "Landser", "Oithanasie" , in gewaltverherrlichenden Liedstrophen und in eigenen Publikationen, den CDs und sogenannten"Fanzines" (kurz: "Zines"). Letztere bieten Interviews Kassetten von mit Bandmitgliedern, Konzertund Szeneberichte, CD-PräsentatioSkinhead-Bands. nen sowie andere Neuigkeiten. Solche Hefte -- meist gefaltete Kopien Die Titel stehen . , 5 5: m sämtlich -- im DIN-AS5-Format werdenin unregelmäßigen Abständen von auf demIndex. verschiedenen Gruppen und Einzelpersonen überall in Deutschland hergestellt und verbreitet. Die Texte der Songs und Fanzines dokumentieren ein grobes, klischeeverhaftetes rechtsextremistisches Weltbild, das durch übersteigertes aggressives Nationalbewußtsein, Ausländerfeindlichkeit und Rassismus gekennzeichnet ist. Die Skinheadbewegung befindet sich seit 1995 wieder im Auftrieb. Größere Skinheadkonzerte -- die auch erheblichen Zulauf durch sonstige rechtsextremistisch orientierte Jugendliche finden werden in zunehmenderZahl konspirativ im Inund Ausland vorbereitet und durchgeführt. International strukturieren sich Teile der Skinheadszene, vor allem in den miteinLOTUE) ESLaTea UT ander konkurrierenden Zusammen34 BTL S schlüssen "Blood & Honour" ("Blut und Ehre") und "Hammerskins". Sie sind untergliedert in nationale "Divisionen" undregionale "Sektionen" (s. dazu S. 32, 36). Die Organisation von Skinheadkonzerten und die Herausgabe der Fanzines wird zu einem nicht unwesentlichen Teil von ihnen getragen. Mit ihren Angebotentransportieren sie kruden Rassismus und Neonazismus in tray Dolts empfänger die Szene, Beide Bewegungenerheben allerdingseinen elitären Anspruch, der von den übrigen Skinheads weithin abgelehnt wird. 17 Verfassungsschutzbericht 1996 Neonazistische Aktivisten finden nur vereinzelt Anklang in der Skinheadszene, vor allem insoweit, als sie Skinheadkonzerte organisieren, typische Fanzines (wie den "Hamburger Sturm") mit KonzertFanzines berichten, Skinbandinterviews usw. produzieren oder zum Teil indizierte Tonträger vertreiben. Dabei hält sich ihre Absicht, die Szene politisch-ideologisch zu beeinflussen undin ihr neue Kaderzu rekrutieren, mit rein kommerziellen Interessen die Waage. -- Die rechtsextremistisch orientierte Jugendszene die, wie erwähnt, ncht nur Skinheads umfaßt -- setzt sich aus diffus strukturierten Gruppen zusammen. Die Fluktuation in den Cliquenist hoch. Sie zerfallen häufig, wenn dominante Personen aufgrund veränderter persönlicher Lebensum-- stände Familiengründung, Wohnortwechsel oder auch Haft -- die jeweilige lokale Szene verlassen. Ebenso rasch könnensich anfast beliebigen Treffpunkten (Clubs, Discos, Gaststätten, Bahnhöfen, Straßenecken) neue Cliquen bilden. Die innere Konsistenz und Identität der Clique ist demnach meist labil und muß immer wieder aufs neue durch Aktionen bestätigt werden. Konformitätsund Solidaritätsdruck zusammen mit der Enthemmung, die ein exzessiver Alkoholkonsum bewirkt, lösen eine Gruppendynamik aus, die zu spontanen und hemmungslosen Gewaltausbrüchen führen kann. Gewalt dient der Selbstdarstellung und Selbstbehauptung in der Clique. Als Gruppengewalt verschafft sie ein Gefühl der Gemeinschaft, der S rke und sogar Lustgewinn. Solche Cliquen greifen diskriminierende, menschenverachtende und gewaltverherrlichende Parolen und Klischees aus demideologischen Reservoir des Rechtsextremismus auf und machensie sich zu eigen, umihrer Aggressivität vor sich und anderen den Anschein einer Rechtfertigung zu verleihen. Ausländer oder Deutsche, die auf Grund ihrer Hautfarbe oder Kleidung dafür gehalten werden, "Zecken" 18 (linksorientierte Jugendliche), Behinderte, Obdachlose, HomosexuVerfassungsschutz durch Aufklärung elle und Prostituierte, sind in der Vorstellungswelt dieser rechtsextremistisch orientierten Jugendcliquen "minderwertig" und werden deshalb bevorzugt zu Opfern ihrer Gewalttaten. Bisweilen geht den tätlichen Angriffen psychologischer Terror voraus: Er reicht von Schmierereien an Wohnungen und Geschäften beispielsweise von Ausländern über Gewaltandrohungen für den Fall, daß der Betroffene nicht verschwindet, bis zu fingierten Exekutionen. Im Vergleich zum Vorjahr waren bundesweit 1996 etwas weniger Gewalttaten mit erwiesenem oder vermutetem rechtsextremistischem Hintergrundzu verzeichnen. Der seit 1994 insgesamt rechtsrückläufige Trend hielt also an. Dennochlegt dasjetzige statistivr sche Niveau noch weit über dem der 70er und 80er Jahre. Nach wie Gewallin vor hat über die Hälfte aller rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten eine fremdenfeindliche Zielrichtung. Unter den Tatarten stehen in der Häufigkeit Körperverletzungen weiterhin an erster Stelle, obwohl gerade bei ihnen der zahlenmäßige Rückgang besonders deutlich ausfiel. Insgesamt läßt sich eine Tendenz weg von personenbezogener zu mehr sachbezogener Gewaltanwendung feststellen. In Brandenburg -- wie auch in anderen ostdeutschen Bundesländern - sind diese bundesweiten Trends nicht ohne weiteres durchgeschlagen (s. dazu S. 30 ff.). Neonazis Neonazis knüpfen ideologisch und programmatisch mehr oder minder direkt an den Nationalsozialismus an. Einige von ihnen berufen sich weiterhin aufdie Person, die Politik und das Regime Hitlers, andere orientieren sich eher an der sozialrevolutionären SA-Tradition, wieder andere bemühen sich um eine "Modernisierung" nationalsozialistischer Vorstellungen. Kontroverse Diskussionen hierüber hindern die verschiedenen Fraktionen der Neonazis jedoch nicht daran, zu bestimmten Anlässen miteinander zu kooperieren. Die Neonaziszene steht insbesondere seit 1992 bundesweit unter massivemstaatlichem Druck. Die zahlreichen Organsationsverbote Organisationsin den vergangenenJahren haben ihre Wirkung nicht verfehlt: verbote Etliche neonazistische Strukturen sind zerschlagen, die nochnicht verbotenen Gruppierungen sind erheblich verunsichert. Die Fortführung verbotener Vereinigungen in Nachfolgeund ErsatzSe organisationen steht unter Strafe; dieser Fall kann auch gegeben 19 Verfassungsschutzbericht 1996 sein, wenn ehemalige Mitglieder einer verbotenen Gruppierung eine legale Organisation zu unterwandern versuchen. Die Fortführung verbotener Organisationen ist jedoch im Einzelfall oft nur schwer vor Gericht zubelegen. In dem Strafprozeß wegen des Verdachts der Zuwiderhandlung gegen das Verbot der "Deutschen Alternative" (DA) entschied das Landgericht Koblenz am 30. Oktoberbei zehn Angeklagten mangels Beweisen auf Freispruch, einer wurde mit einer Geldbuße belegt; das Verfahren gegen die restlichen drei Angeklagten wurde abgetrennt. Der Strafprozeß vor dem Landgericht Potsdam gegen fünf Angeklagte, gegen die sich der gleiche Vorwurf richtete, wurde am 26. November eingestellt. Die Neonaziszene sah sich durch die erwähnten Verbote genötigt, neuartige Aktionsund Organisationsformen zu entwickeln. Ihre Wortführer orientierten sich in ihren Konzepten am Vorbild der Zellenstruktur, die für linksextremistische Autonome charakteristisch ist. Die von der "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) herausgegebene neonazistische Zeitschrift "Nachrichten der HNG" bringt dieses strategische Ziel auf den Punkt: "Wr müssen aus den alten und verkrusteten Strukturen der Szene eine Art Volksfront (ähnlich neue APO: alle machen mit, keiner ist verantwortlich) bilden. -- Wo Strukturen keine erkennbare Organisation vorhanden ist, kann man diese auch nicht zerschlagen!" (Nr. 159 vom März/April 1994). An die Stelle von Vereinigungen mit formeller Mitgliedschaft sollen autonome, konsprativ agierende Kameradschaftentreten, die durch informelle Kontakte zwischen den regionalen Führungspersonen, aber auch durch gemeinsame Kampagnen und punktu'Kampagnen elle Aktionsbündnisse unter Zuhilfenahme moderner und AktionsInformationstechnik miteinander vernetzt sind. Solche Aktionsbündnisse bündnisse und Kampagnenzielen daraufab, öffentliche Aufmerksamkeit zu erringen, aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl der dezentral agierenden Kameradschaften zustärken. Die "Anti-Antifa"-Kampagne ist dafür ein Beispiel: Ohne zentrale Steuerung gehen einzelne Neonazis an verschiedenen Orten daran, bestimmte als "Feinde" erachtete Personen, das heißt Politiker, Sicherheitsbeamte, Journalisten, Antifa-Aktivisten und andere, auszuspähen, entsprechende Datensammlungen anzulegen und zu verbreiten. Damit will man nicht nur die Betroffenen einschüchtern und bedrohen, sondern auchfür die eigenen Gesinnungskameraden ein faßbares Feindbild liefern. 20 Im Jahr 1996 entsandten verschiedene Neonazi-Gruppen unddie "Jungen Nationaldemokraten" (JN), der Jugendverband der Verfassungsschutz durch Aufklärung "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD), ihre Vertreter in das sog. ktionskomitee Rudolf Heß'. Den gesamten Monat We ma August über sollte dieses Komitee, zumindest nach den Vorstelluneranstattungsverbots finden . gen der JN,, spektakuläre Aktionen = zum Gedenken an RudolfA Heß immer Eye veranstalten oder lenken. Es vermochte jedoch nicht genügend Aufmärsche Anhänger zu mobilisieren, umtatsächlich einen Monat mit Aktiostatt, nen zufüllen. Wieviele Neonazis dennoch an einemTag aufdie Beine gebracht werden können, zeigte sich am 17. August: Zahlreiche Veranstaltungsverbote in anderen Städten der Bundesrepublik umgehend, trafen sich etwa 200 Personen zu einem konspirativ vorbereiteten Aufmarsch in Worms. Zugleich versammelten sich in Merseburg etwa 120 Neonazis, um unangemeldet zu demonstrieren. Im schwedischen Trollhättan kamen 300 Neonazis, darunter etwa 50 deutsche, zusammen. Ein zentraler Aufmarsch aller deutschen Neonazis kam aber weder am Todestag von Heß noch überhaupt im Jahr 1996 zustande. Denn auch amVolkstrauertag, den Rechtsextremisten als "Heldengedenktag" begehen, scheiterte ihr Bemühen, legal oder illegal eine Großveranstaltung abzuhalten. Für den hierfür bevorzugten Aufmarschplatz, den Soldatenfriedhof im brandenburgischen Halbe, 21 hatten "Die Nationalen e.V." zwar eine zentrale Veranstaltung Verfassungsschutzbericht 1996 angemeldet, sie war aber, wie in den Vorjahren, polizeilich verboten worden, und die von den Organisatoren angerufenen Gerichtsinstanzen bestätigten dieses Verbot. Lediglich unauffällige Kleingruppen versuchten, an verschiedenen Soldatenfriedhöfen und Kriegerdenkmälern Kränze abzulegen; hiergegen schritt die Polizei ein. Die Hoffnung der Neonazis, daß unabhängige, lose miteinander verbundene Kleingruppen zum einen sich staatlichem Druck leicht entziehen könnten, zum andern aber zu gemeinsamen, erfolgreichen Großaktionen fähig wären, hat sich also nicht erfüllt. Auch ihr Zusammenwirken mit den JN -- damit soll eine Brücke zumparteiförmig organisierten Rechtsextremismus geschlagen werden blieb nicht frei von Spannungen. Zwar schließt die NPD, innerhalb $ derer der Einfluß der JN wächst, eine partielle Zusammenarbeit mit Neonazis nicht mehr aus. Aber andererseits befürchten die Neonazis Rivalitäten nun doch selber, von der NPD beziehungsweise den JN vereinnahmt zu werden. Schließlich machen Rivalitäten und Animositäten zwischen den Möchtegern-Führern der Neonazis wie eh und je Ansätze organisationsübergreifender Kooperation zunichte. Dennoch ist es den autonomen Kameradschaften und ähnlich strukturierten Neonazi-Gruppen gelungen, mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel Ansätze für ein Netzwerk zu schaffen. Die "Nationalen Info-Telefone" (NIT) sind halböffentliche Nach"Nationale richtenbörsen der Neonazis, in einzelnen Fällen auch anderer Info-Telefone" Rechtsextremisten. NIT berichten über politische Ereignisse und Entwicklungen aus rechtsextremistischer Sicht und kommentieren sie, aber sie rufen auch zur Teilnahme an rechtsextremistischen Veranstaltungen auf. Aufder technischen Basis eines Anrufbeantworters werden in der Regel wöchentlich einbis zweimal aktuelle Ansagetexte zusammengestellt; zu besonderen Anlässen, wie zum "Rudolf-Heß-" und zum "Heldengedenktag", erfolgen meist Sonderansagen. Ende 1996 waren das neu eingerichtete "NIT Berlin-Brandenburg" sowie die "Nationalen Info-Telefone" "Hamburg", "SchleswigHolstein", "Rheinland", "Franken" und "Mitteldeutschland" in Betrieb. Auch "Die Republikaner" (REP) machen sich z. B. in Berlin den Anrufbeantworter als Informationsmedium zunutze. Zu den technischen Kommunikationsmitteln, derer sich die Neonazis bedienen, gehören Mailboxen (über das Telefonnetz miteinander verbundene Computer, die ein eigenes Netzwerk innerhalb 22 großer kommerzieller Netze bilden). Verfassungsschutz durch Aufklärung Das "THULE-Netz" ging im März 1993 in Betrieb; Ende 1996 umfaßte es 15 Mailboxen, darunter vier im Ausland (Kanada, Niederlande, Norwegen und Österreich). Die Zahl der per Computer "THULE-Netz" an diese Mailboxen angeschlossenen Userist um ein Vielfaches höher. Dieser Mailboxverbund fungiert als Multiplikator rechtsextremistischer Publikationen und als elektronisches Diskussionsforum für Neonazs. Der Streit um Meinungenartet dabei nicht selten in wüste Beschimpfungen gegeneinander aus. Wohl auch wegensolcher Zerwürfnisse hat sich die "SoRevo"-Mailbox -- bei der Bezüge zu Neonazis in Brandenburg erkennbar sind (s. dazu S. 48) --1996 aus dem "THULE-Netz" ausgeklinkt. Immer zahlreicher nutzen auch in Deutschland rechtsextremistisch gesonnene Einzelpersonen und Organisationen (z. B. NPD, JN, REP "THULE-Mailboxen") die Vorteile, die das "World Wide Web" (WWW) im Internet bietet: Verbindungen zum Telefon-Ortstarif, "World Wide Web' Übertragungsmöglichkeiten für Graphiken, Töne und bewegte Bilder, die Einrichtung von homepages, also eigenen InternetAdressen. Unter der kaum noch überschaubaren Zahl der newsgroups, d. h. der Diskussionsgruppen imInternet, sind etliche extremistischen Charakters. Das Internet ermöglicht den unkontrollierten Zugriff auf nach deutschem Recht verfassungswidriges Propagandamaterial, das im Ausland, weil es dort bislang keinenstaatlichen Restriktionen unterliegt, ungehindert eingespeist werden kann. Im größeren Umfang tun dies der deutsch-kanadische Neonazi Ernst ZÜNDEL und die in den USA ansässige "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei/Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP/AO). In Deutschland wird derzeit geprüft, inwieweit Netzanbieter dafür verantwortlich gemacht werden können, daß keine rechtswidrigen Texte ins Netz eingespeist werden. Mobiltelefone werden von Neonazis und sonstigen Rechtsextremisten unter anderem verwendet, um größere Aktionen konspirativ vorzubereiten: Einzelne Gruppen aufmarschbereiter Rechtsextremisten werden per Handy zu einembis zuletzt geheimgehalten Ort dirigiert, damit staatliche Ordnungskräfte nicht mehr rechtzeitig reagieren können. Auf diese Weise wurden beispielsweise die Teilnehmerdes "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches" am 17. August "Radio 1996 nach Worms gelenkt. Germania" Mit dem "Radio Germania", vormals "Radio Deutschland", nutzte die Berliner "Kameradschaft Beusselkiez" den "Offenen Kanal" in . Berlin, um völkische Lieder und Skinheadmusik sowie "Nachrich23 Verfassungsschutzbericht 1996 ten" aus dem rechtsextremistischen Spektrum auszustrahlen. Die Sendungen konnten bislang nur ein schmales Publikumerreichen. Deshalb werden Mitschnitte von Vertriebsdiensten feilgeboten. Neben den NIT und "Radio Germania" dienen aber auch Zeitungen undZeitschriften, vor allem der bundesweite Zeitungsverbund um die etwa zweimonatlich erscheinende "Berlin-Brandenburger "BerlinZeitung" (BBZ), dem Zweck, eine "nationale Gegenöffentlichkeit" Brandenburger zuschaffen. Zeitung" Attentate und terroristische Anschläge im engeren Sinne haben Rechtsextremisten 1996 in Deutschland nicht verübt. Die Schreckensvision einer rechtsterroristischen "Braunen Armee Fraktion", die im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen den Chef der NSDAP/AO, Gary Rex LAUCK, beschworen wurde, ist auch 1996 nicht eingetroffen. In Österreich explodierte allerdings erneut eine Briefbombe der österreichischen "Bajuwarischen Befreiungsarmee" (BBA); anders als im Vorjahr wurde jedoch keine nach Deutschland verschickt. Rechtsextremistische Parteien und ihre Nebenorganisationen Nach wie vor ist der zahlenmäßig überwiegende Anteil der Rechtsextremisten in Parteien organisiert, und zwar entweder bei den sich als "sozial-patriotisch" verstehenden "Republikanern" (REP), in der "national-freiheitlichen" Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) oder in der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). Am24. März 1996 fanden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz Landtagswahlen und Schleswig-Holstein Landtagswahlenstatt. Die REP konnten bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg mit 9,1 Prozent der abgegebenen Stimmen einen auch für viele Wahlexperten überraschenden Erfolg verbuchen. Sie schafften es, als erste rechtsextremistische Partei zweimal hintereinander in einen Landtag einzuziehen. Bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz gelang ihnen mit 3,5 Prozent Stimmenanteil ein Achtungserfolg. Dagegenscheiterte die DVU, die angetreten war, in SchleswigHolstein ihren Wahlerfolg von 1991 zu wiederholen, mit 4,3 Prozent klar an der Fünfprozenthürde und verlor somit ihre ursprünglich sechs Landtagsmandate. Die NPDhatte sich in Rheinland-Pfalz zur Wahl gestellt, konnte aber nur 0,4 Prozent der Stimmenauf sich vereinen, die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) in Schleswig-Holstein gar nur 0,2 Prozent. 24 Verfassungsschutz durch Aufklärung Bei den Kommunalwahlen am 10. März in Bayern und am 15. September in Niedersachsen konnten rechtsextremistische Parteien und Listenverbindungen vereinzelt Sitze in den Kommunalparlamenten erringen. Die REP büßten in ihrem bayerischen Stammland rund zwei Drittel ihres bei der Kommunalwahl von 1990 erzielten Stimmenanteils ein und kamen nur noch auf 1,8 Prozent der Wählerstimmen. Die Strategiedebatte um etwaige Wahlbündnisse mit anderen rechtsextremistischen Parteien, die die REP nach der verlorenen Bundestagswahl vom 16. Oktober 1994 noch zu zerreißen drohte, wurde im für die REPrelativ erfolgreichen Wahljahr 1996 eindeutig im Sinne der fortdauernden Abgrenzung gegenüber anderen rechtsextremistischen Parteien entschieden. Die Partei hat denn auch den Abgrenzungskurs ihres Parteivorsitzenden Rolf SCHLIEAbgrenzungskurs RER mit dessen Wiederwahl auf dem letzten Bundesparteitag vom 4. bis 6. Oktober 1996 in Hannoverbestätigt. Die DLVH, die an ihrem selbstgesteckten Ziel, die "Sammlung der nationalen Rechten" zu bewerkstelligen, gescheitert war, hat sich auf ihrem letzten Bundesparteitag am 19. Oktober 1996 im württembergischen Pfofeld in einen Verein umgewandelt. Sie versucht damit, Berührungsängste insbesondere bei den REP abzubauen, ihren Mitgliedern den Eintritt in andere rechtsextremistische Parteien zu erleichtern und ihrer Initiative der parteiübergreifenden De "Runden Tische", die bislang keine konkreten Ergebnisse gezeitigt übergreifende hatte, neuen Auftrieb zu geben. "Runde Tische" Der Mitgliederbestand der rechtsextremistischen Parteien hat sich nach einer Periode starken Rückganges von 1993 bis 1996 inzwischen aufvergleichsweise niedrigem Niveau konsolidiert. Weltanschauungsgemeinschaften, Verlage und Vertriebsdienste, "Neue Rechte" Bei den Weltanschauungsund Kulturgemeinschaften handelt es sich um rechtsextremistische Kleinstgruppen. Einige schenihr Ziel darin, eine bornierte deutschtümelnde Tradition zu bewahren. Anderen, wie dem Verein "Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V", geht es darum, heidnische Kulte oder die "nordischen" Traditionen und Bräuche der Germanen zurevitalisieren. Manche Ideologen in wieder anderen dieser Gruppen verstehen sich als Vordenker in der Theorieund Strategiediskussion von Rechtsextremisten. 25 Verfassungsschutzbericht 1996 Der Begriff "Neue Rechte" entstand als Selbstbezeichnung von Rechtsintellektuellen in Anlehnung an die antimodernistische Bewegung der "Nouvelle Droite", die sich Ende der 60er Jahre in Frankreich als Gegenbewegung zur "Neuen Linken" herausgebildet hatte. Viele ihrer Anhänger in Deutschland sehensich in der "Konservative Tradition der "Konservativen Revolution". Diese geistige Strömung Revolution" in der Weimarer Republik hatte dazu beigetragen, daß die erste deutsche Demokratie dem Nationalsozialismus erlag. Intellektuelle der "Neuen Rechten" haben von dem italienischen Kommunisten Gramsci die Theorie übernommen, daß vor einem politischen Umbruch zunächst die kulturelle Hegemonie errungen werden müsse. Entsprechendverstehen sich die Anhänger der "Neue Rechte" "Neuen Rechten" nicht als Politiker oder gar aktionsorientierte Widerstandskämpfer, sondern als Vordenker. Sofern sie Solidarität mit rechtsextremistischen Parteien oder gar neonazistischen Vereinen üben, beschränkt sich diese zumeist auf Spendengelder. Neurechte Diskussionszirkel sind häufig im Umkreis von studentischen Korporationen, weltanschaulichen Vereinen undStiftungen sowie landsmannschaftlichen Verbänden zu finden. Theorieund Bei weitemnicht alle Anhänger der "Neuen Rechten" sind zweifelsStrategieorgan frei als Rechtsextremisten zu bezeichnen. Vielmehr siedelt das Nation & Europa" Phänomen "Neue Rechte" in der Grauzone zwischen deutschnationalem Konservativismus, Rechtsradikalismus und Rechtsextremismus. Manche hier situierte Intellektuelle meinen, fraglos auf dem Bodender Verfassung zu stehen. Andere verwischen absichtsvoll und mit Bedacht die Grenze, die den demokratischen Grundkonsensus der Bundesrepublik Deutschland von antidemokratischen Ordnungsvorstellungen scheidet. Schließlich gibt es Organisationsgebilde und Medien in diesem Bereich, die ganz unverhohlen verfassungsfeindliche Ideen propagieren. Zuletzteren verkraften zählen beispielsweise Verlage wie R "Nation Europa Verlag" mit dem wir TH Theorieund Strategieorgan "Nation & Europa" und "Verlag der Freunde" mit der Zeitschrift Verfassungsschutz durch Aufklärung "Sleipnir" oder unabhängige Publikationen wie "Staatsbriefe" und "Europa vorn". Obwohl die "Berliner Kulturgemeinschaft Preußen e.V.' (BKP) und das "Hoffmann vonFallersleben Bildungswerk e.V." (HvFBW) jeweils nicht mehr als zwei Dutzend Mitglieder zählen, kommt ihnen als rechtsextremistische Sammlungsbecken regional eine größere Bedeutung zu. Während die BKP Vortragsveranstaltungen mit szenebekannten Rednern organisert undbis einschließlich 1996 "Heldengedenkfeiern" in Halbe angemeldet hat (für 1996 zog sie ihre Anmelakt Kulti? dung aberzurück), favorisiert das HvFBWdie von der a DLVH getragenen "Runden Tische". Von den zahlreichen weniger bedeutenden Zusammenschlüssen der "Neuen Rechten" hebensich die "GesellNein GETLCH schaft für freie Publizistik" (GFP) und das "Deutsche Kolleg" (DK) ab. Die GFP ist mit 400 Mitgliedern der größte rechtsextremistische Kulturverein. Sie propagiert den RevisionisNATION & EUROPA mus und polemisiert gegen die fortwirkende "UmerD-96414 Coburg - Postfach 2554 ziehung" der Deutschen durch die Siegermächte. Jährlich hält sie einen "Gesamtdeutschen Kongreß" ab, Wi aufdemein "verdienter" Rechtsextremist mit dem ir "Ulrich-von-Hutten-Preis" ausgezeichnet wird. schämen uns Das DK will durch eine anspruchsvolle weltanschaulich-theoretische Schulung eine "Elite" heranbilden, die zunächst in der Öffentlichkeit das Wort und später auch 4 die Macht ergreifen soll, um ein "Viertes Reich" zu errichten. Schulungsthemensind zum Beispiel der deutsch "Reichsverfassungsentwurf" und der "Entwurfeines in! Hundert-Tage-Programms der nationalen Notstandszu Sei = regierung in Deutschland" für das Interim zwischen NATION & EUROPA dem Untergangdes bestehenden Systems und dem "Vierten Reich". PF. 2554 : 96414 COBURG Unter den unabhängigen rechtsextremistischen Verlagen und Vertriebsdiensten wollen nur einige wenige einem intellekPoster aus dem tuellen Anspruch genügen. Viele verfolgen hauptsächlich kommer"Nation Europa zielle Interessen. Manche habensich auf Schriften, ErinnerungsVerlag stücke und "Devotionalien" aus der Zeit des nationalsozialistischen Regimes spezialisiert. Andere bieten ihre bevorzugten Produkte -- äger mit Skinmusik, Fahnen, Poster, szenetypische Kleidung, -- Aufnäher und andere einschlägige Accessoirs gerade auch im 27 unorganisierten rechtsextremistisch orientierten Jugendmilieu an. Verfassungsschutzbericht 1996 Neuere Trends in der rechtsextremistischen Agitation und Propaganda Rechtsextremistische Agitation und Propaganda, ob in Parteiprogrammen, Strategiepapieren, Zeitungen oder auf Werbeund Vortragsveranstaltungen verbreitet, greift in jüngerer Zeit verstärkt wirtschaftsund sozialpolitische Themen auf. Das "NIT Rheinland" umreißt diese neue Strategie in seiner Ansage vom 5. April 1996 folgendermaßen: "Jetzt gilt es, die sozialen Probleme, mit denen die Arbeitnehmer in immer stärkerem Maße tagtäglich zu kämpfen wirtschaftsund haben, in den Mittelpunkt nationalistischer Politik zustellen. sozialpolitische Themen Gerade unter dem Gesichtspunkt, daß diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch zunehmen wird, ist die soziale Frage der Drehund Angelpunkt zukünftiger politischer Entwicklungen und Veränderungen in der BRD." Ganz im Sinne dieser Zielsetzung kündigten die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) zum Jahreswechsel 1996/97 über das erst seit Dezember 1996 betriebene "Nationale Info-Telefon für Berlin und Brandenburg" an, daß das Jahr 1997 unter dem Kampagnen-Motto "Arbeit zuerst für Deutsche" stehen werde. Bereits am 1. Mai 1996 hatten "Junge Nationaldemokraten" gemeinsam mit Neonazis in Berlin unter dem Motto demonstriert: -- "Gegen System und Kapital unser Kampf ist national. Sozialab"Arbeit zuerst bau stoppen -- Massenarbeitslosigkeit bekämpfen". Die Demonfür Deutsche" stranten skandierten die Parole "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche". Damit wird eine thematische Tendenzwende ersichtlich: weg von vergangenheitsbezogenen Argumentationsmustern wie etwa der Verharmlosung oder Rechtfertigung des Nationalsozialismus hin zu aktuellen politischen Problemen. Dadurch, daß sie wirtschaftliche und soziale Themen besetzen, meinen Rechtsextremisten, aus der gesellschaftlichen Isolation ausbrechen und diskursfähig werden zu können. -- Dieser Strategie folgen -- auch ohne Absprache untereinander fast alle Rechtsextremisten, von der neonazistischen Szene über die populistischen Parteien im rechtsextremistischen Spektrum bis zu den Diskussionszirkeln der sog. "Neuen Rechten". Rechtsextremisten machen die Globalisierung des kapitalistischen Wirtschaftsystems für die wirtschaftlichen Probleme vor Ort in Deutschland verantwortlich; als Heilmittel propagieren sie eine protektionistisch abgeschottete nationale Volkswirtschaft. Auf diese 28 Weise könne auch die soziale Frage -- die im Mittelpunkt nationaliVerfassungsschutz durch Aufklärung -- stischer Politik stehen müsse gelöst werden. Knappe Güter wie Arbeit und Wohnraum sollen künftig den Deutschen vorbehalten bleiben bzw. anderen erst dann zugänglich gemacht werden, wenn die Bedürfnisse der deutschen Bevölkerung befriedigt sind. Wirtschaftliche Themen werden häufig mit Stereotypen des traditionellen Antisemitismus verknüpft, soziale mit Ausländerfeindlichkeit. Besonders Neonazis bemühen Klischees wie die Unterschei*\ TFÜRT,, EDEUTSCHE ARBEITNEHM dung von "raffendem" und "schaffendem" Kapital, die "jüdische Zinsknechtschaft" und so weiter. Rechtsextremisten behaupten, Ausländer nähmen den Deutschen Wohnraum, Arbeitsund Ausbildungsplätze weg, belasteten die leeren sozialen Kassen undlebten auf Kosten der Deutschen. Es wird vorgegaukelt, daß sich alle sozialen Probleme, auch Kriminalität und Drogensucht, mit der Lösung der "Ausländerfrage" von selbst erledigten. Daran wird Lösung der offenbar: Das eigentliche Interesse der Rechtsextremisten gilt nur "Ausländerfrage" vordergründig der sozialen Frage. Tatsächlich suchen sie nach Argumenten, mit denensie ihrer antisemitischen und ausländerfeindlichen Propaganda Widerhall verschaffen können. Die Maßnahmen des Staates gegen Neonazis -- Vereinigungsund Versammlungsverbote, Wohnungsdurchsuchungen, Verurteilungen wegen Staatsschutzdelikten wie auch die Verschärfung des sog. "Auschwitzparagraphen" ($ 130 Abs. 3 StGB) -- haben den Trend in der rechtsextremistischen Propagandaverstärkt, den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat als Unrechtsstaat zu diffamieren. Rechtsextremisten gerieren sich als die eigentlichen Hüter der grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte und stellen den von ihnen aufgebauten Popanz von Zensur, Polizeistaat und Gesinnungsjustiz an den Pranger. Diese Agitation gipfelt in der Androhung eines gewaltsamen Kampfes gegen das verhaßte "Unrechtssystem", wobei mansich mißbräuchlich auf das grundgesetzlich verankerte Widerstandsrecht beruft. 29 Verfassungsschutzbericht 1996 Rechtsextremismus im Land Brandenburg Die bemerkenswertesten Erscheinungsbilder des Rechtsextremismus traten 1996 auch in Brandenburg zutage: unorganisierte rechtsextremistische Jugendeliquen, Neonazis, rechtsextremistische Parteien, Verlage und Vertriebsdienste. Zusammenschlüsse oder Wortführer der "Neuen Rechten" gibt es in Brandenburg derzeit nicht; jedoch werden ihre Publikationen auch in Brandenburg gelesen. Rechtsextremistisch motivierte Gewalt hat seit dem Spätsommer Zunahme 1996 in Brandenburg zugenommen. Mehr noch als der zahlenmäßi'echtsextremistisch ge Anstieg muß aber die ungeheure Brutalität beunruhigen, mit der notivierter Gewalt verschiedene dieser Delikte begangen wurden. Einige dieser Verbrechen haben deshalb über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus traurige Beachtung gefunden Darunter befandensich drei Fälle mit besonders schwerwiegenden Folgen: Der 23jährige Sven Beuter wurde am 15. Februarin Brandenburg a. d. Havel von einem Rechtsextremisten so brutal geschlagen undgetreten, daß er wenige Tage darauf an den Folgen verstarb (s. dazu S. 43); der Steinwurf eines Ausländerfeindes verursachte am 16. Juni in Mahlow einen Autounfall, durch den der verwüstete Engländer Noel Martin für den Rest seines Lebens querschnittsgeitalienische lähmt bleiben wird (s. dazu S. 41); seit dem fremdenfeindlich Gaststätte motivierten Überfall aufdrei Italiener am 30. Septemberin Trebbin in Trebbin lag Orazio Giamblanco monatelang im Koma(s. dazu S. 42). 30 Verfassungsschutz durch Aufklärung Das Entsetzen über diese Häufung schwerster Gewaltverbrechen gerade in der zweiten Jahreshälfte (vor allem in den Zeiträumen Juli und September/Oktober) kannnicht durch die Feststellung gemindert werden, daß die 1996 im Verhältnis zum Vorjahr angestiegene Gesamtzahl einschlägiger Gewalttaten gegen Personen jedenfalls bei weitem nicht an die Zahlen von 1993 und 1994 heranreicht. Auffällig ist, daß die Zahl der gewaltsam ausgetragenenen Konflikte zwischen rechtsund linksextremistisch orientierten Personen zurückging. Die Summe aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten ist 1996 etwas größer als 1995. Am weitaus häufigsten kamen wiederum die sog. Bu Propagandadelikte IOpaE vor (Verbreiten von Propagandadelikte Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen [$$ 86, 86a StGB], Volksverhetzung [$ 130 StGB]). Der Anstieg 1996ist durch einen Zuwachs von zwei Dritteln im zweiten Halbjahr gegenüber dem ersten verursacht worden. Die zahlreichen Propagandadelikte im August im Zusammenhang mit dem "Rudolf-Heß-Gedenken" markierten den quantitativen Höhepunkt. In Brandenburg hat sich also. wie auch in anderen ostdeutschen Bundesländern, eine gegenläufige Tendenz zur Abnahme rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten im Bundesgebiet insgesamt entwickelt. Warum hat Gewaltbereitschaft rechtsextremistisch ausgerichteter Jugendcliquen in Ostdeutschland und gerade auch in Brandenburg zugenommen?Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage vermag niemand zu geben. Von den zahlreichen Ursachen und Faktoren, die hier ins Gewicht fallen, seien nur einige erwähnt: Jugendliche, die sich den Anforderungen in einer von Konkurrenz bestimmten Leistungsgesellschaft nicht gewachsen fühlen und für die eigene Zukunft keine Perspektiven sehen oderdie sich in hrem Lebenskreis nicht hinreichend beachtet und geschätzt fühlen, kompensieren Angst und Frustration nicht selten durch Aggressivität. Gewalt vertreibt den Leidensdruck, die Langeweile und kann sogar eine Art Lustgewinnbereiten. Die Folgen der Gewalt werden ausgeblendet. Jugendliche, die sich selbst als gleichgültig und wertlos erfahren, sind um so gleichgültiger gegenüber ihren Mitmenschen und deren Gefühlen und behandeln sie als "unwert" -- das Empfinden für die eigene Roheit und mehr noch für deren Auswirkungen auf andere ist abgestumpft. Die entsetzliche Brutalität einiger der 1996 verübten Gewalttatenist ein äußerst bedenkliches Anzeichen für eine tiefgreifende Störung des menschlichen Miteinanders. Diese hat eine ihrer Ursachen 31 hutzbericht 1996 selbstverständlich auch in Defiziten der familiären Erziehung und der unmittelbaren sozialen Kontakte. Das sind Signale für einen Werteverlust und einen Mangel an zivilen Umgangsformen und Werteverluste menschlichem Mitgefühl, die erschrecken machen. Zu kurz griffe dagegen eine simple Herleitung nach dem Muster, das Fehlen von Ausbildungsund Arbeitsplätzen erzeuge Gewaltbereitschaft. Die sozial-psychologische Komplexität des Problems erlaubt weder einfache Erklärungen, noch wird manihr mit einfachen Rezepten gerecht. Skinheadkonzerte haben in Brandenburg 1996 nur vereinzelt stattgefunden. Stets wurden sie konspirativ organisiert und blieben unauffällig, auch weil die Beteiligten daraufverzichteten, ihre rechtsextremistische Gesinnung provokativ zur Schauzu stellen. Im übrigen wichen Brandenburger Fans von Skinkonzerten häufig in andere Bundesländer aus, vor allem nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Der europaweite Trend zu Organisationsansätzen in der rechtsextremistischen Skinheadszene war 1996 auch in Brandenburg zu beobachten. Sowohl "Blood & Honour"-Gruppen als auch regionale "Hammerskins" verfügen in Brandenburg über regionale "Sektio"Sektionen" nen". Sie entfalteten bisher jedoch kaum Außenwirkung. Das Verbot der "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) im Mai 1995 zeigt fortdauernde Wirkung. Die Aktivisten aus dieser Gruppierung, die sich weiterhin betätigen wollen, sind an öffentlichkeitswirksamen Propagandaaktionen offenbar weniger interessiert als am Vertrieb indizierter Tonträger. "Knastund Die sogenannten "Knastund Kerkerkameradschaften" waren vor Kerkerallem publizistisch aktiv. In ihrem Rundbrief "Der weiße Wolf", der kameradschaften" 1996 erstmalig erschien, kamen sowohl inhaftierte wie nicht einsitzende Rechtsextremisten zu Wort. "Die Nationalen e.V." sind nach wie vor die aktivste rechtsextremistische Organisation im Land Brandenburg. Der Vereinsvorstand setzt sich aus Neonazis zusammen. Staatliche Maßnahmen haben den Wirkungsradius der "Nationalen" 1996 erheblich eingeschränkt. So gelang es dem Vereinsvorsitzenden nicht, das von ihm herausgegebene Zeitungsprojekt um die "Berlin-Brandenburger Zeitung" (BBZ), das seit dem Frühjahr 1996 bundesweit sechs Ableger umfaßt, weiter expandieren zulassen. Auch konnte der etwa zweimonatliche Erscheinungsrhythmus nicht verkürzt werden. 32 Verfassungsschutz durch Aufklärung "Die Nationalen e.V" waren aber mit ihrer Strategie der Dezentralisierung und Vernetzung von Untergliederungen und sogenannten unabhängigen Kameradschaften im Land Brandenburgerfolgreich. Auf ihrer Jahreshauptversammlung am 13. Dezember 1996 in Gubensahensie sich veranlaßt, ihre Jugendorganisation umzubenennen. Das vormalige "Junge Nationale Spektrum" (JNS) heißt "Die nunmehr "Jungnationale" (JNA). Nationalen Anläßlich der neunten Wiederkehr des Todestages von Rudolf Heß am 17. August 1996, der von Neonazis als Märtyrer verehrt wird, haben sich in Brandenburg sowohl "Die Nationalen e. V." und weitere Neonazis als auch die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) propagandistisch betätigt. "Die Nationalen e. V.", deren Vereinsspitze im "Aktionskomitee Rudolf Heß" mitarbeitete, produzierten und verteilten große Mengen von Propagandamaterial. Insgesamt wurden in Brandenburg aus diesem Anlaß 16 Demonstrationen angemeldet, die allesamt verboten wurden. Am 10. August veranstalteten die JN in Fürstenwalde einen nicht genehmigten Autokorso. Das Vorgehen der "Nationalen" am 17. August war unkoordiniert. Während ein Teil auf der zentralen Veranstaltung in Worms aufmarschierte, nahm der Vereinsvorsitzende mit einigen Anhängern an der alternativen Veranstaltung in Merseburgteil. "Die Nationalen e.V." meldeten auch zum sog. Heldengedenktag am 17. November eine zentrale Gedenkveranstaltung im brandenburgischen Halbe an. Das vomzuständigen Polizeipräsidenten ausgesprochene Veranstaltungsverbot wurde vom Verwaltungsgericht Potsdam und vom Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) bestätigt. Die Rechtsextremisten mußten sich mit einer Reihe unspektakulärer, von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachteter Kranzniederlegungen in Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Elsterwerda, Guben, Blossin und Schwedt zufrieden geben. GedenkveranstaltunGedenkgen wurden von Teilstrukturen der "Nationalen", von den JN und veranstaltungen der DLVH unter konspirativen Umständen organisiert, jedoch von polizeilichen Einsatzkräften rasch unterbunden. Die Zahl der Brandenburger, die sich in rechtsextremistischen Parteien organisiert haben, ist leicht gesunken. Diese Parteien mußten sich 1996 in Brandenburg keiner Wahl stellen. Dem Landesverband der "Republikaner" (REP) gelingt es kaum, seine Anhänger zu motivieren und zu mobilisieren; nicht wenige von ihnen haben der Partei den Rücken gekehrt. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) in Brandenburg stagniert. Das 8 Verfassungsschutzbericht 1996 trifft auch für die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) zu. Die wenigen brandenburgischen Aktivisten ihrer Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" entfalteten, zumeist gemeinsam mit der wesentlich stärkeren Berliner JN-Gruppe, einige Aktivitäten. Die "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) konnte 1996 ihre Strukturen im Nordosten Brandenburgs etwas ausbauen, in Fürstenwalde dagegen hat sie an Terrain verloren. Der DLVH-Landesverband Berlin-Brandenburg hat seit der Zurückverwandlung der DLVH in einen Verein seinen Parteienstatus eingebüßt. Bis auf Ausflugsveranstaltungen zusammen mit anderen Rechtsextremisten "Sammlung der gelang der DLVH jedoch auch in Brandenburgbislang nicht die rechten Kräfte" angepeilte "Sammlung der rechten Kräfte". Die jüngste Einigungsbestrebung war die vom DLVH-Landesverband Berlin-Brandenburg gestartete "Initiative Pro Deutschland". Die informationstechnische Vernetzung von Rechtsextremisten in Brandenburg steckt noch in den Anfängen. Nachdem das NIT Berlin im April 1996 eingestellt worden war, gibt es seit Mitte Dezember 1996 ein von einem JN-Aktivisten aus Berlin betriebenes neues "Nationales Info-Telefon für Berlin und Brandenburg". Schon der Name weist daraufhin, daß Berliner Rechtsextremisten versuchen, Gesinnungskameraden im brandenburgischen Umland anzusprechen und verstärkt in die politisch-ideologische Arbeit zu integrieren. Rechtsextremistisch orientierte Jugendszene In den meisten Städten Brandenburgs existieren Jugendcliquen, deren Mitglieder sich zu einer rechtsextremistischen Gesinnung bekennen und, wenn sich ihnen eine Gelegenheit bietet, in provozierender Absicht neonazistische Symbole verwenden. Die Zahl der tatsächlichen Gewalttäter oder manifest Gewaltbereiten unter ihnen (letztere werden seit 1995 bundesweit in die Statistik einbezogen) gewaltbereite Cliquen ist 1996 um ein Zehntel auf etwa 550 Personen angewachsen. Allerdings ist dieser Personenkreis einer hohen Fluktuation ausgesetzt. Zu den Orten, in denen gewaltbereite Cliquen mit rechtsextremistischer Orientierung agieren und einschlägige Straftaten begangen haben, zählen beispielsweise Angermünde, Belzig, Brandenburg a. d. Havel, Cottbus, Eberswalde, Eisenhüttenstadt, Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Guben, Neuruppin, Potsdam, Prenzlau und 8 Schwedt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Seltener noch als vor einigen Jahren treten Angehörige rechtsextremistisch orientierter Jugendszenen äußerlich als Skinheads in Erscheinung. Die meisten von ihnen wollen nicht sofort auffallen. Manche bewegt die Angst, von militanten "Antifa"-Anhängern schon äußerlich als Rechtsextremisten erkannt und angegriffen zu werden. Die Grenze zwischen den "eigentlichen" Skinheads und sonstigen rechtsextremistisch orientierten Jugendlichen ist durchaus fließend. ar ! a e Prenziau ' (r)DE L Schwedt Ne . . Angermünde no Neuruppin Eberswalde A ? . . Brandenburg an der Havel Potsdam N eeuf } Frankfurt (Oder) . N Fürstenwalde Eisenhüttenstadt . Beizig t Guben er EL ei (r) Cottbus Schwerpunkte rechtsextremistischer er . Jugendcliquen ENTE im Land Brandenburg Rechtsextremistisch orientierte Jugendcliquen haben in der Vergangenheit nur selten versucht, sich selbst eine verbindlichere Organisationsform zu geben. Während es noch 1995 Bemühungen gab, militante Jugendcliquen n Prenzlau, Schwedt und Templin zu einer überregionalen Gruppierung "Oderwacht" zusammenzuführen, wurden solche Versuche 1996 nicht mehr festgestellt. Bisweilen belegen selbstgebastelte Flugoder Programmzettel, daß Aktivisten in einzelnen Orten ihrer eigenen Clique einen -- möglichst martialisch klingenden -- Namen 35 Verfassungsschutzbericht 1996 und eine härtere Kontur aufprägen wollen. In der Regel geraten solche Initiativen rasch in Vergessenheit. Ein Teil dieser Szeneist aber für Versuche empfänglich, im Ausland entstandene Organisationsansätze der Skinheadbewegung auch hier zu erproben. Seit etwa Ende 1993/Anfang 1994 existiert in Brandenburg a. d. Havel eine "Hammerskin-Division". Die "Hammerskins" "Hammerskins" betreiben, von den USA ausgehend, die "Vereinigung aller weißen NS-Skins". Ihre "Divisionen" findet man mittlerweile in zahlreichen Ländern. Die Brandenburger Division ist über das Postfach der "Nationalen" in Berlin zu erreichen. Kontakte laufen zu den "Hammerskins" in Berlin und Sachsen. Seit etwa 1994 gibt es im Land Brandenburg außerdem eine Sektion der "Blood & Honour"-Bewegung. Diese ist erstmals Ende der 80er 3lood & Honour"Bewegung Jahre in Großbritannien in Erscheinung getreten. Sie versucht, mit neonazistischen Musiktiteln die Skinhead-Szene zu indoktrinieren. Daher sind "Blood & Honour"-Aktivisten hauptsächlich damit befaßt, Konzerte rechtsextremistischer Bands unter dem Motto "Rock against Communism" zu organisieren. Die Brandenburger Sektion hat solche Aktivitäten im Landeallerdings noch nicht entwickelt. Auch sie pflegt Kontakte zu den entsprechenden Sektionen in Sachsen und Berlin. "Hammerskins" und "Blood & Honour"-Anhänger haben auch in Brandenburg gelegentlich Rivalitäten untereinander ausgetragen. Zwar versuchen neonazistische Kleingruppen, in der rechtsextremistisch orientierten Jugendszene Anhänger zu werben, doch haben sie dabei nur geringen Erfolg, da überregionale Vereinsstrukturen, Leitungshierarchien und Schulungsabende in dieser Szene kaum Anklang finden. Die meisten Mitglieder lokaler Jugendcliquen wehren sich gegen jede Disziplinierung; ihre "Interessen" reduzieren sich mehr oder minder auf ausschweifenden Alkoholgenuß und Randale. Dagegen lassen sich auch diese Jugendlichen sehr wohl für die Teilnahme an Skinhead-Konzerten oder anderen spektakulären SkinheadKonzerte Aktionen begeistern. Skinhead-Konzerte bieten unter anderem die Gelegenheit, daß Cliquen aus verschiedenen Regionen sich treffen und Neonazis nach ansprechbaren Interessenten Ausschauhalten. Man tauscht Informationsund Propagandamaterialien aus und verabredet künftige Aktionen. Im Zusammenhang mit Skinhead-Konzerten kam es in der Vergangenheit nicht selten zu Propagandadelikten und anderen strafbaren 8 Handlungen. Die Sicherheitsund Ordnungsbehörden des Landes Verfassungsschutz durch Aufklärung Brandenburg sind darum bemüht, Skinheadkonzerte, auf denen rechtsextremistische, insbesondere neonazistisch orientierte Bands auftreten sollen, im Vorfeld zu unterbinden. Daher werden derartige Vorhaben von den Organisatoren häufig als Geburtstagsfeier oder ähnlich getarnt und meist konspirativ vorbereitet. Eine musikalische Veranstaltung am 24. August in Lütte (Kreis Potsdam-Mittelmark) wurde als Konzert einer Band mit dem irreführenden Namen "Soul and Steel" angemeldet. Tatsächlich traten allerdings die einschlägig bekannten Skinbands "Idee Z." (Berlin) sowie "Sturmtrupp" und "Aufmarsch" (beide Bayern, Besetzung teilweise identisch) auf. Bei Kontrollen im Vorfeld des Konzertes wurden gegen zwei Personen Anzeigen wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aufgenommen. In verschiedenen PKWs fand die Polizei Baseballschläger, Schlagketten, Äxte und einen Schlagstock. Das Konzert selbst verlief ohne Zwischenfälle. Bereits 1993 war eine Langspielplatte der Band "Sturmtrupp" indiziert worden Gegen Mitglieder der Band "Aufmarsch" waren seit Beginn der 90er Jahre zum Teil mehrfach Ermittlungsverfahren sen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger nisationen oder Volksverhetzung anhängig. Gelegentlich gelingt es den Organisatoren von Skinhead-Konzerten, ihre konspirativen Vorbereitungen vor den Sicherheitsbehörden ganz oderteilweise zu verheimlichen. In Brandenburg haben sich mehrere Bands gebildet, die bei ihren h Auftritten rechtsextremistische Texte verbreiten. Dazu zählen etwa SkinheadBands aus " Thorshammer"= FE u aus Brandenburg a. d. Havel, "Proißenheads" aus Brandenburg Potsdam, "Volkstroi" (früher "Querschläger") aus Fürstenwalde und "Senfheads" aus Senftenberg. Sie spielten 1996 mehrfach in verschiedenen Bundesländern, hauptsächlich in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Bei diesen Bands haben sich rechtsextremistische Haltungen in jeweils unterschiedlicher Weise ausgeprägt. So unterstützt "Thorshammer" die Bewegung "Blood & Honour", die "Proißenheads" spielen unter anderem Titel wie "White Power, white Pride" (eine Glorifizierung der weißen Rasse), "Volkstroi" grüßt beispielsweise in einem Fanzine "alle deutschen Kameraden und alle, die in dieser heutigen schweren Zeit noch natonal denken und handeln". Die Produktion von Fanzines ist in Brandenburg, verglichen mit anderen Bundesländern, zurückgegangen. 37 Verfassungsschutzbericht 1996 In Potsdam erschien 1996 die vierte und vorläufig letzte Ausgabe des Fanzines "Donnerbalken". Darin wird zum Beispiel mit dem Abdruck eines Textes der schwedischen Band "Storm" die Vorherrschaft der weißen Rasse propagiert ! "Einheit ist Sieg" Brüder und Schwestern, Verteidiger unserer Rasse, vereint euch gegen die Feinde unserer großen Rasse, vereint sind wir stark, nur die Stärksten überleben. Sovereint euch im Kampf, bevor unsere weiße Rasse stirbt! Der Feind ist stark, aber vereint sind wir stärker. Ihr Gold schützt ihr Leben nicht länger. Wahrer Rassenstolz, den kann man mit Geld nicht kaufen. Schließt euch unserer Sache an, laßt flattern unsere Fahnen hoch in den Himmel! Einheit ist Sieg -- Einheit ist Sieg, Einheit ist Sieg -- weiße Einheit gibt weißen Sieg. Einheit ist Sieg -- Einheit ist Sieg, Einheit ist Sieg -- weiße Einheit ist weißer Sieg. Weiße Einheit gibt weißen Sieg, Heil! (imOriginal englisch) Außerdem kam 1996 die neunte Ausgabe des Fanzines "United Skins" heraus. Damit wurde eine Serie fortgesetzt, die ein Skinhead aus Königs Wusterhausen begründet hatte. Unterstützt durch einen inhaftierten Rechtsextremisten aus Brandenburg, erschien in Mecklenburg-Vorpommern das Fanzine "Wehrpass". Jugendliche aus der unorganisierten Szene sind aber auch für das Propagandamaterial Propagandamaterial rechtsextremistischer Organisationen aufgeschlossen. Sie lassen sich sogar in Verteilaktionen einbeziehen oder verbreiten solches Material, wenn es ihnen in die Hände gefallen ist, aus eigenem Antrieb. Deshalb tauchten beispielsweise viele Flugblätter und Aufkleber der JN, der "Nationalen" und anderer Organisationen Mitte August anläßlich der "Rudolf-Heß-Aktionswoche" in zahlreichen Gemeinden Brandenburgs auf. Am 15. August wurdein Ziesar eine größere Anzahl von "Rudolf Heß"-Flugblättern festgestellt. Die Polizei ermittelte zwei Tatverdächtige im Alter von 16 und 2] Jahren. Bei der Durchsuchung der Wohnungen der Tatverdächtigen wurde weiteres Propagandamaterial aufgefunden. Verfassungsschutz durch Aufklärung Manchmal gelangt solches Propagandamaterial erst mit einem zeitlichen Verzug von Jahren an die Öffentlichkeit. Drei Aufkleber des ehemaligen "Förderwerks Mitteldeutsche Jugend" (FMJ) hafteten am 25. April an einem Ärztehaus n Leegebruch. Das FMJ hatte 1993 sene angebliche Selbstauflösung erklärt undtrat hnfort nicht mehr unter diesem Namen auf! als "Direkte Aktion Mitteldeutschland" (JF) setztees allerdings seine Aktivitäten fort und wurde 1995 vom Innenminister des Landes Brandenburg verboten Von den Mitgliedern solcher Jugendeliquen werden die meisten der rechtsextremistisch motivierten Straftaten begangen. Die Masse rechtsdieser Straftaten machen Schmierereien mit überwiegend neonaziextremistische Schmierereien stischemInhalt, "Sieg-Heil"-Rufe sowie Provokationen mit dem "Hitlergruß" aus. Da Urheber von Schmierereien und Plakatierungen fast ausschließlich im Schutz der Dunkelheit und an verborgenen Stellen, bisweilen unter Einsatz von Warnposten, agieren, können sie nur selten ermittelt werden. Sofern Tatverdächtige festgestellt werden, sind es nicht selten Kinder oder Jugendliche, die sich der rechtsextremistischen Zielrichtung ihres Tuns nicht bewußt snd oder die Tat unter dem enthemmenden Einfluß von Alkohol begangen haben. Im Jahre 1996 wurden in Fürstenwalde und Umgebung auffällig viele Schmierereien festgestellt. Auf Grund -- individueller Merkmale Ähnlichkeit der Symbole und der -- Farbe konnten sie einer bestimmten Tätergruppe zugeordnet werden; de Polizei ermittelte drei Tatverdächtige m Alter von 15 und 17 Jahren Am 20. Juni sprühten n Gräfendorf Jugendliche nach einer Schulfeier zwei Hakenkreuze und die Worte "Juden und Bosnien verrecke" an eine Trafostation 39: Verfassungsschutzbericht 1996 Schmierereien in den Gästebüchern und auf den Geländen der Brandenburgischen Gedenkstätten sowie auf Friedhöfen wurden 1996 in geringerem Umfang als 1995 registriert. Eine Sonderform der Propagandadelikte stellen antisemitische Schmierereien und Pamphlete dar. Mehrere Bürger der Stadt Potsdam fanden am 14. Januar eine antisemitische Hetzschrift in ihren Briefkästen. Sie wurden darin aufgefordert, das Blatt zu kopieren und weiter antisemitische zu verteilen. Der Text umfaßt eine Seite voller DiffamierunHetzschrifien gen wie: "Die Juden beuten die Deutschen aus. Die Gesetze ... spiegeln den Willen der herrschenden Juden wi(e)der. Die Juden möchten ... das deutsche Volk durch Mischehen und Rassenschandeverpesten." Der Anteil antisemitischer Straftaten an der Gesamtzahl der Propagandadelikte hat sich 1996 verringert. Rechtsextremistische Parolen oder Grußformen werden in der Öffentlichkeit oft als Provokation oder aus Angeberei dargeboten. Nicht selten geschieht dies nach ausgiebigem Alkoholkonsum. Ein Tatverdächtiger skandierte am 21. September in Oranienburg in Richtung eines vorbeifahrenden Polizeifahr zeugs den "Hitlergruß". Er wollte "seinen Kumpels" imponieren und stand währenddes Vorfalls unter Alkoholeinfluß Mitglieder rechtsextremistisch orientierter Jugendcliquen schrecken auch vor schweren Gewalttaten nicht zurück. Zerstörungslust und kriminelle Energie entladen sich dabei keineswegs immer in eindeutig als extremistisch erkennbaren Delikten. Je nach Motivlage und Situation des Einzelfalls kann eine Gewalttat einmal rechtsextremistisch motiviert sein, ein andermal -- vom selben Täter begangen -- ein unpolitisches allgemeinkriminelles Delikt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten Zahlenmäßig in etwa auf Vorjahresniveau bewegten sich 1996 die schweren Angriffe auf Leben und Gesundheit von Ausländern, de außerhalb ihrer Unterkünfte -- auf der Straße, in öffentlichen Angriffe auf Verkehrsmitteln, in Gaststätten und anderswo -- angegriffen wurAusländer den. Ein 19jährger fuhr am 15 Januar in Flecken Zechlin mit seinem PKW n fremdenfeindlicher Abscht auf eine Türkin zu, die ihm an der Seite entgegenkommender Jugendlicher aufgefallen war. Dabei nahm er den möglichen Tod des Opfers billigend in Kauf. Nur der Reaktion einer Begleiterin ist es zu verdanken, daß die junge Frau nicht zu Schaden kam. Der Täter ist nzwischen rechtskräftig wegen Mordes zu drei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt worden Nach vorangegangenen Pöbeleien wurden drei britische Bauarbeiter mt dunkler Hautfarbe am 16. Juni n Mahlow in ihrem PKW von zwei jungen Männern (zur Tatzeit 17 und 24 Jahrealt) mit deren PKW verfolgt. Dabei warf der 17jährige Deutsche einen Feldstein gegen das Fahrzeug der Briten, das sich daraufhin überschlug. Der Fahrer ist seitdem vom Hals abwärts querschnittsgelähmt. Die beiden Täter snd zu HaftstraKaum noch zu fen von acht bzw. fünf Jahren verurteilt erkennen: worden. Pkw-Teile in einem Bereits seit Monaten hatten sich rechtsextreStraßenbaum, gegen den mistisch orientierte -- Jugendliche das Auto deg aus der in Mahlow deren Kreis die Täter -- kamen am Mahlower überfallenen Briten, Bahnhof getroffen und mit voller Wucht auch schon mehrfach geprallt war. Ausländer angepöbelt, so den afrikanischen Angestellten eines Mahlower China41 Restaurants Verfassungsschutzbericht 19deg6 Bürger aus Polen wurden in der Vergangenheit in grenznahen Orten häufiger Opfer ausländerfeindlicher Übergriffe. 1996 dagegen sind polnische Bürger in Brandenburg nur in wenigen Fällen angegriffen worden. ! Am30. Oktober fuhr ein PKW mit polnischem Kennzeichenaufder Landstraße in der Nähe von Bresinchen. Währendeines Überholvorgangs wurde aus einem anderen Wagen heraus mit einem Baseballschläger die hintere Seitenscheibe des polnischen Fahrzeugs eingeschlagen. Das Tatfahrzeug entfernte sich unbeleuchtet. Die Ermittlungensind noch nicht abgeschlossen. Gelegentlich sind auch Bürger aus Staaten der Europäischen Union mit weißer Hautfarbe, die dem bislang typischen rechtsextremistischen "Feindbild" nicht entsprechen und auch nicht immer von vornherein als Ausländer erkennbar sind, Opfer von Übergriffen geworden. Am30. September kames in Trebbin zu Überfällen auf italienische Bauarbeiter. Die drei Italiener waren auf dem Heimweg, als sie von einem PKW überholt wurden, dem wenigspäter zwei junge Männerentstiegen. Die zwei schlugen undtraten derart aufdie Italiener ein, daß eines der Opfer einen Schädelbruch erlitt und monatelang im Koma lag. Nachdemdie beiden anderenItaliener ihren schwerverletzten Kollegen ins Krankenhaus gebracht hatten, wurden sie von der Clique der jungen Männer auf dem Rückweg noch einmal überfallen. Inzwischen sind die beiden Täter im Alter von 20 und 22 Jahren wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes zu acht bzw. 15 Jahren Haft verurteilt worden. Zwei im Rahmen eines Austauschprogramms in Deuts land weilende Briten wurden am 24. Oktober in Oranienburg in der Nähe eines Taxistandes von zwei jugendlichen Tätern angesprochen und anschließend brutal zusammengeschlagen. In hren Vernehmungen erklärten die beiden rigen Tatverdächtigen, nicht gewußt zu haben, daß es sich um Briten handele. Daß bereits Kinder fremdenfeindliche Gewalttaten kopieren, belegt der folgende Fall: Verfassungsschutz durch Aufklärung Drei italienische Austauschschülerinnen wurden am 28. Oktober in Schöneiche mit den Worten "Itakerschweine" beleidigt, angespuckt, gestoßen und mit Fahrrädern traktiert. Die , die sich als "Hitler" und "Kriegsgewinner über Italien" präsentiert hatten, waren dreizehnjährige Kinder. In Brandenburg sind 1996 keine Anschläge oder versuchte Angriffe auf Unterkünfte von Asylbewerbern oder Flüchtlingen bekannt geworden. 1996 sind mehrere Vorfälle registriert worden, die in der Öffentlichkeit als Auseinandersetzungen zwischen "Rechten" und "Linken" wahrgenommen wordensind. Nicht immer liegen diesen Vorfällen extremistische Motive zugrunde, bisweilen handelt es sich um Rivalitäten zwischen lokalen gewaltbereiten Jugendgruppen. Manche dieser Jugendeliquen verwenden Symbole und Parolen des Rechtsextremismus lediglich dazu, um sich gegen rivalisierende Cliquen, die sie als "politische Gegner" bezeichnen, abzugrenzen. Meist entstehen solche Konflikte spontan und ungeplant; manchmal werdensie allerdings so erbittert ausgefochten, daß das Mitschwingen einer extremistischen Motivation unterstellt werden muß. In anderen Fällen sind derartige Feindseligkeiten durch eine verfestigte neonazistische Einstellung motiviert gewesen. Rivalitäten zwischen In einem besonders schwerenFall führte eine solche Auseinandergewaltbereiten setzung zum Tod des Opfers. Jugendgruppen Am 15. Februar schlug undtrat ein 20jähriger in Brandenburg a. d. Havel grundlos auf einen 23jährigenein, den er nach dessen Kleidung der "linken" Szene zuordnete. Er zielte dabei vor allem gegen den Kopf des Opfers, sogar noch, als es schon bewußtlos am Boden lag. Der Täter war amVortag von anderen Angehörigen der "linken" Szene angegriffen worden und reagierte nun brutal seine Aggressionen ab. Wenige Tage später erlag der 23jährige seinen Verletzungen. Inzwischenist der Täter rechtskräftig wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das "Alternative Literaturund Infocafe" in Angermünde wurde am 4. Mai von Jugendlichen aus der rechtsextremistisch orientierten Szene überfallen. Etwa 30 Jugendliche, unter anderem aus Eberswalde, Schwedt und Casekow, versuchten, in das Cafe einzudringen und begingen dabei & Verfassungsschutzbericht 1996 Jugendgruppen, die sich nicht politisch, wohl aber sozial oder ökologisch engagieren, wurden in Einzelfällen von rechtsextremistisch motivierten Gewalttätern überfallen. Propagandamaterial, Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Waffen R Verfassungsschutz durch Aufklärung Opfer rechtsextremistischer Gewalt wurde in einem Fall auch ein Behinderter. Am 13. Februar besuchte eine Gruppe Behinderter in Begleitung von Betreuungspersonen eine Schwimmhalle in Potsdam. Beim Hinausgehen wurde einer von ihnen von einem |5jährigen mit Bier besprüht und geschlagen. Später rief der 15jährge "Ihr Judenschweine" und schlug den Geschädigten wiederum. Bisweilen werden Vorfälle auf Grund der äußeren Tatumstände zunächst als rechtsextremistisch, inbesondere fremdenfeindlich, eingestuft; bei genauer Prüfung ergibt sich aber später, daß eine extremistische Motivation nicht vorgelegen hat. Am 7. Dezemberlegten zunächst noch unbekannte Täter n Fürstenwalde vor einer Wohnunterkunft, in der sich portugiesische Arbeiter aufhielten, Feuer. Wenig später wurde eine Brandflasche gegen ein Fenster der Unterkunft geworfen. Der Fensterrahmengeriet in Brand, das Feuer konnte von den Bewohnern gelöscht werden. Anfänglich wurde eine ausländerfeindliche Motivation vermutet. Später konnte die Polizei zwei Frauen ermitteln, die die Brandstiftung gestanden; se hatten nach eigenen Angaben aus Eifersucht gehandelt. In seltenen Fällen ist eine rechtsextremistische Tat nur vorgetäuscht. Meist soll dadurch von einem anderen Vergehen oder von persönlichen Schwierigkeiten abgelenkt werden. Am16. Juli zeigte ein britischer Bürger an, in Lübben überfallen undseines Rese s beraubt worden zu sein. Die Täter beschrieb er als Skinheads; bei einem von ihnen sei ein Hakenkreuz auf die Stirn tätowiert gewesen. Im Zuge der Ermittlungen stellte sch heraus, daß der Betroffene als Wanderarbeiter in Brandenburg tätg war, seinen Reisepaß bis zur Begleichung seiner Zeche bei einem Wirt hinterlegt hatte und deswegen von seinem Chef bewußtlos geschlagen worden war. Verfassungsschutzbericht 1996 Im Jahr 1996 sind in Brandenburg keine,direkt gegen Gedenkstätten und Grabmale gerichteten rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten festgestellt worden. Jedoch wurde ene Plastik mit dem Titel "Wider das Beschädigungen Vergessen", die in Oranienburg zur Erinnerung an den von Todesmarsch der Häftlinge des Konzentrationslagers Gedenkstätten Sachsenhausen aufgestellt worden war, am 12. und am 14. Oktober mutwillig beschädigt. Der Täter wollte seinem Unwillen über die angebliche Verschwendung öffentlicher Gelder für derartige Mahnmale Ausdruck verleihen. Wehrsportgruppen sind auch 1996 in Brandenburg nicht angetroffen worden. Entsprechende Verdachtsmomente in Einzelfällen konnten ausgeräumt werden: Es handelte sich nicht um WehrsportWehrsportgruppen übungen, sondern umillegale Gotcha-Spiele (Mannschaftskämpfe, bei denen mit Farbmunition auf den Gegner geschossen wird). Neonazis Personengruppen aus verbotenen neonazistischen Vereinigungen Bis zu ihrem Verbot durch den Innenminister des Landes Brandenburg am 5. Mai 1995 war die "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) die mitgliederstärkste und militanteste neonazistische Vereinigung in Brandenburg. Allerdings hatte sie schon vorher, spätestens seit der bundesweiten Durchsuchungsaktion bei Mitgliedern dieser Gruppierung am 20. Januar 1994, ein unauffälliges, konspiratives Verhalten eingeübt. Die einzelnen Untergruppentraten immer seltener an die Öffentlichkeit. Überdies agierten sie scheinbar autonom, wurdenaber tatsächlich von einem engen Führungskreis gelenkt. Nach dem Verbot gingen die Aktivitäten dieser Gruppierung weiter zurück. Aktionen in der Öffentlichkeit unterbleiben nun völlig. Zwar pflegen etliche Personen aus dieser verbotenen Vereinigung weiterhin den Zusammenhalt untereinander, auch um sich in ihrer neonazistischen Gesinnung zu bestärken, aber vor gemeinsamem politischem Handeln schrecken sie nunmehr zurück. Einzelne ehemalige Führungspersonenunterhalten Kontakte nicht nur zu den ehemaligen Mitgliedern der verbotenen JF in Brandenburg, sondern 5 Verfassungsschutz durch Aufklärung auch zu entsprechenden Gruppierungen in anderen Bundesländern und zu Gesinnungskameraden im Ausland. Einige Aktivisten aus dem Kreis der verbotenen JF haben sich darauf verlegt, CDs überwiegend mit Musiktiteln, die im rechtsextremistischen Skinhead-Spektrum geschätzt werden, herzustellen und zu vertreiben. Im Februar 1996 wurde eine neue, illegal in Deutschland vertriebene, CD "Republik der Strolche" bekannt. Sie enthält Aufnahmen von Songsder Berliner Skinhead-Band "Landser". Deren Texte propagieren einen menschenverachtenden, militanten Rassismus und rufen zum Umsturz auf. Beispiele dafür: "Die BRD ist ein Irrenhaus, und Bonn ist die Zentrale Wann bricht der Volksaufstand aus? Deutsche, hört ihr ncht die Signale?" "Ich hasse Kommunisten, ich hasse Kommunisten, fahrt zur Hölle ihr verdammten Bolschewisten Die Parole heißt: Ein Herz für Rassisten." "Afrka für Alfen, Europa für Weiße Steckt die Affen in ein Boot und schickt sie auf die Reise. Steckt die Affen in ein Klo und spült sie weg wie Scheiße." Die Sicherheitsbehörden gewannen Informationen, die aufdie volksverhetzende Beteiligung von Personen aus der verbotenen JF beim Vertrieb Musiktitel dieser CD hindeuteten. Außerdem stellten sie fest, daß diese CD in Schweden produziert wurde. Ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung wurde eingeleitet. Am 16. März nahm die Polizei sieben Kuriere -- darunter ein BandMitglied -- fest, die aus Schwedeneine Lieferung von 2 000 CDs abgeholt hatten. Es schlossen sich 22 Wohnungsdurchsuchungen bei den Kurieren sowie Verteilern der CD und Bandmitgliedern in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen und Berlin an. Neben Propagandamaterial, Waffen, weiteren Exemplaren der "Landser"-CD und anderen CDs mit Skinhead-Musiktiteln volksverhetzenden Charakters konnten Unterlagen sichergestellt werden, die Rückschlüsse auf das Verteilernetz erlaubten. 47 Verfassungsschutzbericht 1996 Der Prozeß gegen die Beschuldigten, die zum Teil in Untersuchungshaft saßen, ist demnächst zu erwarten. Mit dieser Aktion gelang den Sicherheitsbehörden ein Schlag sowohl gegen die konspirativen Reststrukturen der JF als auch gegen die Verbreitung rechtsextremistischer Musiktitel. Personen aus dem Kreise der verbotenen "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) waren von Ende 1994/Anfang 1995 bis zum Herbst 1996 mit der nur einem geschlossenen Benutzerkreis zugänglichen Mailbox "SoRevo BBS" ("SoRevo" steht für "SozialRevolutionär", "BBS" für "Bulletin Board System") demrechtsextremistischen "THULE-Netz" angeschlossen. Einzelne bei der Mailbox "SoRevo BBS" eingetragene User (Points) traten im " THULE-Netz" häufig mit eigenen Beiträgen hervor. So verbreitete ein führender Aktivist der verbotenen JF aus Brandenburg 1996 ein halbes Jahr lang seine nationalbolschewistischen Thesen. Er nationalpropagierte vor allem die Einheit von "Rechts" und "Links" im 'bolschewistische Kampf gegen den gemeinsamen Hauptfeind, die als "System" Thesen bezeichnete verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Die Auffassung, daß man im revolutionären Kampf mit Linksextremisten zusammengehen müsse, wird nur von einem sehr kleinen Teil der Neonazis akzeptiert; auch die meisten Nutzer des "THULE-Netzes", die auf diese Vorstellungen eingingen, lehnten sie ab. Nur Spott hatten sie dafür übrig, daß der erwähnte User auch noch offizielle Texte der nationalkommunistischen Propaganda Nordkoreas ins Netz einspeiste. Seit Mitte 1995 betreiben Aktivisten der verbotenen JF den Versand Versand "G.A.G." "G.A.G." in Frankfurt (Oder), der in neonazistischen Publikationen für sich wirbt. In seinen Verzeichnissenbietet er Spielfilme aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, Konzertvideos von Skinhead-Bands und Kopien verschiedener Schriften an, die klar die nationalbolschewistische Gesinnung dieses Personenkreises widerspiegeln. In Brandenburg gehörten der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) bis zu deren Verbot durch den Bundesinnenminister am 24. Februar 1995 nur wenige Mitglieder an, die relativ selten Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen verstanden. Bei öffentlichkeitswrksamen Aktionen, wie dem Verteilen von Propagandamaterial, waren sie aufdie Hilfe der Berliner FAP-Mitglieder angewiesen. Das Verbot der FAP ließ in Brandenburg ihre hier nur schwach entwickelten Strukturen zusammenfallen. Einzelne ehemalige Mitglieder und Anhänger der FAP fanden Anschluß an andere & rechtsextremistische Organisationen oder Gruppen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die neonazistischen Gefangenenhilfsorganisationen sehenihre Bestimmung darin, einerseits "nationale Gefangene" in der Haft materiell und ideell zu unterstützen und ihnen weiterhin den Kontakt zu ihren Gesinnungskameraden zu ermöglichen, andererseits sie nach der Haftentlassung wieder in die neonazistischen Strukturen einzugliedern. Dieser Vereinszweck verbindet Mitglieder aus verschiedenen, auch miteinander konkurrierenden oder rivalisierenden, neonazistischen Vereinigungen. Deshalb besitzen die Gefangenenhilfsorganisationen innerhalb des neonazistischen Spektrums eine gewisse integrative Funktion, obwohl sie keine Aktivitäten entfalten, die über die genannten selbstgestellten Ziele hinausgehen. "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) Gründungsjahr: 1979 Sitz: Frankfurt/Main in Brandenburg aktiv seit: 1990 Mitglieder bundesweit: 300 Brandenburg: Einzelpersonen Publikation: "Nachrichten der HNG" (monatlich) Die "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) ist nach den Verboten neonazistischer Vereinigungenin den letzten Jahren derzeit der mitgliederPS ste neonazistische Personenzusammenschluß. Allerdin gelang es der HNG bisher nicht, in den ostdeutschen Bundesländern stabile Strukturen aufzubauen. In Brandenburg läßt ihre Anziehungskraft seit 1994 kontinuierlich nach. Organisert wird die Gefangenenbetreuung mit Hilfe sogenannter "Gebietsbeauftragter". Ein solcher ist auch für Brandenburg tätig. 49 Verfassungsschutzbericht 1996 Die Monatsschrift der HNGveröffentlicht regelmäßig eine Liste mit den Namen inhaftierter Rechtsextremisten aus dem Inund Ausland, die Briefkontakt zu Gesinnungskameraden "draußen" wünschen. Diese "Gefangenenliste" verzeichnet auch inhaftierte Personen aus Brandenburg. Weiterhin enthält das Blatt neben den Mitteilungen des Vorstands Leserbriefe, Informationen über Prozesse und Rechtsfragen sowie Berichte zu aktuellen oderhistorischen Anlässen aus neonazistischer Sicht. Gegründet wurde die HNG durch den Frankfurter Neonazi Henry BEIER. Seit März 1991 ist Ursula MÜLLER aus Mainz Vorsitzende der HNG. "Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und der örige e.V. (IHV Gründungsjahr: 1987 Sitz: Ludwigshafen in Brandenburg aktiv seit: 1992 Mitglieder bundesweit : Einzelpersonen Brandenburg: Einzelpersonen Publikation: "THV e.V. für Recht und Freiheit" Das "Internationale Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V." (IHV) ist 1987 von Ernst TAG nach dessen Ausschluß aus der HNG als Konkurrenzorganisation gegründet worden. Sein Zweck ist der gleiche, den auch die HNG verfolgt -- Allerdings konnte das IHV im Gegensatz zur HNGnie eine größere Zahl von Anhängernvereinigen; seine Bedeutung in der neonazistischen Szene blieb marginal. Verfassungsschutz durch Aufklärung Im Land Brandenburg gehören ihmseit jeher nur wenige Einzelpersonen an. Nachdem Ernst TAG im Mai 1995 seinen Verzicht auf weitere rechtsextremistische Betätigung erklärt hatte, ist die Tätigkeit des IHV fast gänzlich zum Erliegen gekommen. Unabhängig von den beiden genannten Gefangenenorganisationen habeninhaftierte Rechtsextremisten seit 1995 eigene Zusammenschlüsse aufzubauen begonnen. Diese "Selbsthilfegruppen", die sich "Knast-" bzw. "Kerker"Selbsthilfegruppen" kameradschaften" nennen, kümmern sich darum, daß ihre Anhänger sich gegenseitig über den Stand des jeweiligen Strafverfahrens und die Haftbedingungen informieren und Verbindung zu den Kameraden nach "draußen" halten können. Vor allemaber erstreben sie, daß der "politische Kampf" auch im Gefängnis weitergeht. Indem sie die gegenseitige Hilfe der "nationalen Gefangenen" zum Ausgangspunkt ihrer Aktivitäten machen, wollen sie die Konkurrenz zwischen HNG und IHV überwinden. Auchin brandenburgischen Haftanstalten engagieren sich rechtsextremistische Gefangene in solchen "Knast-" oder "Kerkerkameradschaften". Einige von ihnen sind verantwortlich für die 5 Schrift "Der weiße Wolf". Dieser "Rundbriefinhaftierter Kameraer den der 'Justizvollzugsanstalt' Brandenburg" (so der Untertitel) enthält Texte, wie sie in der Neonaziund der Skinhead-Szene } geschätzt werden, so zum Beispiel Erinnerungen an Rudolf Heß oder Konzertberichte. Die abgedruckten Briefe aus Haftanstalten anderer Bundesländer belegen ebenso wie die Adressenlisten für Postkontakte, daß auch während der Verbüßung einer Haftstrafe Verbindungen zu Gleichgesinnten gesucht werden. Im Rahmender sogenannten "Nationalen Initiative 'Freiheit für Gottfried KÜSSEL'" hat der für sie mitverantwortliche Frank HÜBNER, ehemals Vorsitzender der verbotenen "Deutschen Alternative" (DA), zum 5. Todestag des bekannten Neonaziführers Michael KÜHNEN für eine Sondermarke geworben. Der Österreicher KÜSSEL, der sich selbst als "Nachfolger" KÜHNENs sah, war 1993 vom Landgericht Wien wegen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne zu zehn, im Revisionsverfahren zu elf Jahren Haft verurteilt worden. 51 Verfassungsschutzbericht 1996 "Die Nationalen e.V." Gründungsjahr: 1991 (1992) Sitz: Berlin in Brandenburg aktiv seit: 1993 Teilund Nebenorganisation "Jungnationale" (JNA), (Jugendorganisation): früher "Junges Nationales Spektrum" (JNS) Mitglieder bundesweit: 150 Brandenburg: 110 für das Land Brandenburg relevante regionale Publikation: "Berlin-Brandenburger Zeitung" (BBZ) "Die Nationalen e.V." :Die Nationalen z 3.September1991gegrün- j an a gingen aus der am deten freien WählerLandesverband Berlin-Brandenburg gemeinschaft "Wir sind das Volk" (WSDV) hervor. In ihr hatten sich Rechtsextremisten aus verschiedenen Organisationen zusammengeschlossen, um gemeinsamfür die Wahlen zu den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen 1992 zu kandidieren. Nachihrem Scheitern wurde die Wählergemeinschaft in einen Verein mit Sitz in Berlin umgewandelt. Der Schwerpunkt seiner Aktivitäten verlagerte sich aber bald von Berlin nach Brandenburg; inzwischen verfügt er außerdemin allen weiteren ostdeutschen Bundesländern über Teilstrukturen oder sog. unabhängige Kameradschaften. Seit Anfang 1993 hat der Berliner Neonazi Frank SCHWERDT den Vereinsvorsitz inne. Er wurde aufder Jahreshauptversammlung der "Nationalen" am 13. Dezember 1996 in Guben in seinem Amt bestätigt. 52 Verfassungsschutz durch Aufklärung Seitdem "Die Nationalen e.V." ab 1994 über eine eigene Jugendorganisation verfügen, hat sich der Vereinfast ausschließlich auf Jugendarbeit konzentriert. Die Nationalen > Landesverband Berlin-Brandenburg Ein führendes Mitglied der "Nationalen" bringt die weltanschauliche Motivation der verschiedenen jugendpolitischen Aktivitäten des Vereins in der "Berlin-Brandenburger Zeitung" (BBZ) klar zum Ausdruck: "Inzwischen macht das Projekt nationale Jugendarbeit Schule. In vielen Städten gibt es mittlerweile ähnliche Bemühungen, rechte Jugendelubs und Anlaufpunkte einzurichten. Gerade im Bereich der Jugendarbeit gibt es für die 'Nationalen' ein breites Feld von Möglichkeiten, ihre Anschauungen in die Tat umzusetzen. Sei es das Organisieren vonalternativen Freizeitangeboten wie Sportveranstaltungen, Turnieren, Liederabenden, Konzerten, Zeltlagern, Schiffsfahrten, der Aufbau von Jugendelubs oder die Unterstützung nationaler Musikgruppen." (Ausgabe Neujahr 1995/96). Das Statut der Jugendorganisation "Junges Nationales Spektrum jugendpolitische (INS) legte das Mitgliedsalter auf zwölf bis 21 Jahre fest; mit dem Aktivitäten Erreichen der Volljährigkeit wurde man automatisch in die Mutterorganisation aufgenommen undfolglich als Doppelmitglied geführt. Eine Reihe von JNS-Mitgliedern trug uniformähnliche Kleidung: hellbraune Hemden, schwarze Binder, rote Armbinde mit weißem Kreis, darin in Schwarz die Aufschrift JNS. Das Emblem des JNS -- war bis auf das Hakenkreuz, hier ersetzt durch den JNS-Schrift-- zug identisch mit dem der "Hitlerjugend" (HJ). Aber auch die Ziele des INS verstärkten den Verdacht, daß es sich insgeheim am Vorbild der HJ ausrichtete: Die "weltanschauliche Schulung" sollte vom "Volkstumsgedanken" bestimmt sein, "Wehrertüchtigung" gehörte zum Programm; die Organisation beanspruchte, neben Elternhaus und Schule der dritte Erziehungsträger zusein. Eine Teilgliederung nannte sich "INS-Mädelbund". 53 Verfassungsschutzbericht 1996 Umeinem JNS-Verbot zuvorzukommen, wurde auf der genannten Jahreshauptversammlung der "Nationalen" Ende 1996 der Nameder Jugendorganisation in der Vereinssatzung geändert. Das frühere JNS "Jungnationale" heißt seither offiziell "Jungnationale" (JNA). Es wurde ein neuer Leiter für diese Organisation bestimmt. Ebenso wurden das Emblem ausgetauscht und die Uniformierung abgeschafft. Als Schutzmaßnahme gegen ein mögliches Verbot der "Nationalen" selbst war die bereits Mitte 1995 beim Bundeswahlleiter erfolgte Registrierung als Partei gedacht. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes zur später verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) vom 17. Februar 1995 hat aberklargestellt, daß nur solche Organisationen das Parteienprivileg genießen können, die bestimmten Anforderungen -- wie etwa kontinuierliche Teilnahme an Wahlen -- genügen. Die Absicht der "Nationalen", zu der Berliner Abgeordnetenhauswahl 1995 mit einer offenen Liste teilzunehmen, scheiterte bereits daran, daß es ihnen nicht gelang, die erforderliche Zahl von Unterstützerunterschriften beizubringen. Auch ansonsten beugt manfür den Fall eines Vereinsverbots vor. Nebenfesten Mitgliedern hat der Verein viele Anhänger,die sich zwar in seinem Sinne engagieren, jedoch keinen Mitgliedsausweis besitzen und auch nicht zum Eintritt ermuntert werden. Ein Verbot könnte sie also nicht unmittelbar betreffen. Außerdem werden dem Verein nahestehende Strukturen aufgebaut, die jedoch nicht unter dem Vereinsnamen firmieren, sondern zumeist als unabhängige Kameradschaften auftreten. Im "THULE-Netz" wurde am 24. September 1996 diese Strategie wie folgt dargestellt: "Da der unabhängige Verein 'Die Nationalen' keine Partei und auch keine 'Sammlungs'Kameradschaften organisation' ist, sondern en informelles Netzwerk verschiedener Kameradschaften, dominiert nicht der Verein irgendwelche Einzelkameradschaften, sondern umgekehrt." Die sog. unabhängigen Kameradschaften sind dadurch an den Mutterverein zuverlässig angebunden, daß die jeweiligen Kameradschaftsführer dem Vereinsvorstand angehören. Der Vereinsvorsitzende besucht im übrigen häufig lokale oder regionale Kameradschaftsabende. Sie verlaufen oft nach folgendem Schema: Der Vereinsvorsitzende SCHWERDT oder ein eingeladener RefeSeminare zum rent spricht zu einem historischen odersozialpolitischen Thema, Nationalanschließend tritt ein "nationaler Liedermacher" mit seinen Darbiesozialismus tungen auf. Daneben hält SCHWERDT Seminare zum Nationalsozialismus ab und bietet Rhetorikund Rechtsschulungenan. Bei letzteren werden Mitglieder und Anhänger darauf präpariert, wie 54 sie sich gegenüber staatlichen Behörden verhalten sollen. Verfassungsschutz durch Aufklärung SCHWERDT wurde am 16. September von der Staatsschutzkammer des Landgerichts Berlin zu einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung wegen Volksverhetzung und anderer Straftaten verurteilt. Zur Last gelegt wurden ihm mehrere Ausgaben des vom "Völkischen Freundeskreis Berlin" herausgegebenen "Schulungsbriefes", in denen die "reine Lehre" des Nationalsozialismus gegen sozialrevolutionäre Abweichler verteidigt wird. Das entsprechende Verfahren gegendas Vorstandsmitglied der "Nationalen" Christian WENDT PS wurde abgetrennt, nachdemer während des laufenden Verfahrens "Schulungsbriefe" untergetaucht war. Er konnte am 29. September 1996 von der Polizei in Potsdam festgenommen werden und wurde inzwischen vom Landgericht Berlin wegen Volksverhetzung und anderer Straftaten ebenfalls zu einemJahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Beide Urteile sind nicht rechtskräftig. Auch der Vorsitzende des früheren JNS Udo HEMPEL, zugleich Vorstandsmitglied der "Nationalen", befand sich wegen Körperverletzung von August bis Dezember 1996 in Untersuchungshaft. Obwohl wesentliche Führungspersonen der "Nationalen" somit mindestens zeitweise durch Strafverfahren oder Haft beansprucht g waren, ist es dem Verein 1996 dennoch gelungen, insbesondere im nordwestlichen Brandenburg seine Strukturen und seinen Mitgliederbestand weiter ausbauen. Einige der Untergliederungen des Vereins und auch die sog. unabhängigen Kameradschaften machten durch zahlreiche Aktivitäten auf sich aufmerksam. Mit der im April 1996 gegründeten "KameKameradschaften radschaft Oberhavel" ist ein besonders aktiver Ableger des Vereins und Ortsverbände entstanden. Erwähnenswert sind daneben der Ortsverband Fürstenwalde, der KreisverbandElbe-Elster und der Ortsverband Guben (dieser weitgehend identisch mit dem zeitweise existierenden "Bund Gubener Jugend"). In Elsterwerda waren Mitglieder des Kreisverbandes 1996 an wiederholten Konflikten mit "Antifa"-Aktivisten beteiligt. Auch Mitglieder des Ortsverbandes Cottbus haben Gewalttaten gegen sog. "Zecken" und außerdem gegen Ausländer verübt. Diese und andere Vorfälle belegen, daß "Die Nationalen e.V ." in die militante Jugendszene hineingewirkt haben. Andererseits gibt es Teilgliederungen der "Nationalen", die 1996 in Inaktivität verfielen. "Die Nationalen e.V." versuchen auch weiterhin, Initiativen wie den Aufbau einer Umweltgruppe, eine "nationale Projektund Ideenwerkstatt" und eine "Gefangenenhilfe der Nationalen e.V!" am Leben zuerhalten. Wie sie mit scheinbar unverfänglichen Themen für sich werben, zeigt zum Beispiel die "Aktion Ampelbau" am 55 9, Februar in Cottbus: Vor einem Obdachlosenheim wurde eine Verfassungsschutzbericht 1996 "spontane", den Verkehr behindernde Demonstration veranstaltet und der Stadtverwaltung eine Unterschriftenliste "Sozial schwach -- Jetzt auch noch Verkehrsopfer!" mit der Forderung, eine Ampel zu errichten, überreicht. Zum51. Jahrestag des Kriegsendes hat die Redaktion der "BerlinBrandenburger Zeitung" (BBZ) im "THULE-Netz" ein Flugblatt "Befreier foltern und morden nicht!" veröffentlicht. Unterzeichnet ist es von den "Nationalen" sowie einer Reihe ihnen nahestehender "Schluß mit der Kameradschaften, Initiativen und Vereine. Es polemisiert gegen das 'Befreiungslüge!" Nürnberger Kriegsverbrechertribunal und gipfelt in der Forderung "Schluß mit der Befreiungslüge!". Höhepunkt der Aktivitäten der "Nationalen" im Jahr 1996 war der "Rudolf-Heß-Gedenkmonat" August. In Brandenburg wurden im "Rudolf-HeßJuli und August Aufkleber und Plakate mit dem Impressum "Die Gedenkmonat" Nationalen e.V." schwerpunktmäßig in Cottbus, Joachimsthal, Kyritz sowie in und um Brandenburga. d. Havel festgestellt. Für den 17. August meldete ein Vorstandmitglied der "Nationalen", der zugleich Anführer der dem Verein nahestehenden "Kameradschaft Oberhavel" ist, eine Demonstration in Potsdam an, die angeblich an den Todestag des Preußenkönigs Friedrich der Große erinnern sollte. Der Vereinsvorsitzende wurde als Redner angekündigt. Tatsächlich war eine verkappte Gedenkveranstaltung für den als Märtyrer verehrten Rudolf Heß beabsichtigt. Die Demonstration wurde verboten und fand nicht statt. Nachdem einige Vorstandsmitglieder der "Nationalen" bereits am 3. August in Bad Harzburg an dem Versuch, einen Aufmarsch zu formieren, beteiligt waren, sind am 17. August Mitglieder des Ortsverbandes Fürstenwalde und der "Kameradschaft Oberhavel" anläßlich des zentralen "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches" in Worms von der Polizei festgestellt worden. SCHWERDT hingegen lief mit einigen Anhängern auf dem Konkurrenzmarsch in Merseburg mit. Tags zuvor ging drei Brandenburger Zeitungen eine sarkastisch formulierte "Presseerklärung" der "Kameradschaft Oberhavel" zu, in der dem Innenminister des Landes Brandenburg gedroht wurde, man wolle ihn bei seinem geplanten Besuch am 19. August in Hennigsdorf mit einem "Dankschreiben und einem Präsentkorb für seinen demokratischen Einsatz" begrüßen. Es sei nicht auszuschließen, daß dabei "dem Minister auch diverse Lebensmittel wie Eier und Tomaten aus einem eigens mitgebrachten Präsentkorb übergeben werden bzw. einige nationale Aktivisten sich per freundlichem Händedruck persönlich bei Alwin Ziel bedanken möchten" (Zitat Verfassungsschutz durch Aufklärung aus "THULE-Netz", BBZ-Redaktion vom 16. August). Störungen an diesem Tage unterblieben dann allerdings. Zum Volkstrauertag am 17. November meldete der Vereinsvorsitzende eine bundesweite Gedenkveranstaltung mit erwarteten 1 000 Teilnehmern vor dem Soldatenfriedhof in Halbe an. Der zuständige Polizeipräsident verbot die Veranstaltung; der Antrag, Aktivitäten zum die sofortige Vollziehung des Verbotes aufzuheben, wurde vom "Volkstrauertag" Verwaltungsgericht Potsdam und vom Oberverwaltungsgericht ' Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. SCHWERDT hielt sich an das Versammlungsverbot und nahman einer kleineren Veranstaltung in Sachsen-Anhalt teil. In Brandenburg beabsichtigten mehrere Teilgliederungen der "Nationalen" lokale Aufmärsche und "Heldenehrungen", so in Elsterwerda, Fürstenwalde und Guben. Die Polizei löste diese kleinen Ansammlungen aber rasch auf und nahm einige Personen fest. In Elsterwerda wurden in PKWs mehrerer Tatverdächtiger unter anderem Schreckschußwaffen, Messer, Holzknüppel und ein "Morgenstern" gefunden. Am 13. Dezember trafen sich in Liebenwalde zu einem konspirativ , vorbereiteten Konzert mit einem "nationalen Liedermacher" über 90 Personen, darunter SCHWERDT und eine Reihe von Mitgliedern und Anhängern der "Nationalen". Dempolizeilichen Platzverweis wurde überwiegend passiver Widerstand entgegengesetzt. Es wurden Handzettel gefunden, die zur Teilnahme an einer wenig später geplanten Wintersonnenwendfeier einluden, die jedoch nicht stattfand. Seit 1992 erscheint in etwa zweimonatigem Abstand die von SCHWERDTherausgegebene Publikation "Berlin-Brandenburger. Zeitung der nationalen Erneuerung" (BBZ) als Mitteilungsblatt für das gesamte rechtsextremische Spektrum. Ihr leitender Redakteur ist der bereits erwähnte WENDT. Mit dieser Zeitung und ihren Ablegern soll das gesamte rechtsextremistische Spektrum erreicht und eine "nationale Gegenöffentlichkeit" zu den "Systemmedien" geschaffen werden. Seit 1995 expandierte das Zeitungsprojekt. Im Oktober 1995 kamen nel "Junges Franken", die "Neue Thüringer Zeitung" und die "SüddeutZeitungsprojekte sche Allgemeine" als Sonderausgaben hinzu, im Frühjahr 1996 die "Mitteldeutsche Rundschau" mit den Ausgaben Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt und die "Westdeutsche Volkszeitung". Alle diese Zeitungen sind im überregionalen Innenteil identisch. Die Außenteile sollen den konkreten Bezug zur jeweiligen Region herstellen. 57 Verfassungsschutzbericht 1996 Das sich selbst als "nationaler Medienverband" bezeichnende Zeitungsprojekt, das auf eine Gesamtauflagenstärke von etwa "nationaler 30 000 Exemplaren (eigene Angabe: 80 000) kommt, wird von der Medienverband" Berliner Zentrale aus koordiniert. Der Redaktionsstab setzt sich aus Mitarbeitern zusammen, die den "Nationalen", aber auch anderen rechtsextremistischen Organisationen angehören. Heue Wr + ThüringerZeitung STIMME DER NATIONALEN ERNEUERUNG Sozialabbau stoppen-Wohnraum undArbeitzuerstfürDeutsche! "= Jun 7 u 126 tan len Konapen VellerasEnna reiddeutscheNS ges Jranten BEHÄTELDEUTSCHE En RuINDSCHAU Der50 alstaat''wird auf lange Sicht abgeschafft! Die Texte in diesen Zeitungen sind, im Vergleich zu früheren Jahren, etwas zurückhaltender formuliert, lassen aber mindestens im Innenteil ihre rechtsextremistische Herkunft weiterhin deutlich erkennen. In der BBZ, Ausgabe März/April 1996, definiert ein Neonazi: "Völker sind die größten organisch gewachsenen Gemeinschaften, deren Sprache, Gefühl, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik rassisch, genetisch bedingt ist". In der gleichen Ausgabe heißt es unter der Schagzeile "Juden planten Massenmord an Deutschen": "Nach Angabenunterschiedlicher Presseorgane haben jüdische Gruppen nach Kriegsende in kaum bekannten Ausmaß die Ermordung von Millionen Deutschen geplant und ihre niedrigen Rachegedanken zumindest in Ansätzen 58 auch durchgeführt". Verfassungsschutz durch Aufklärung In der Ausgabe Mai/Juni 1996 veröffentlichte die BBZ einen Artikel des ehemaligen Funktionärs der verbotenen "Nationalen Liste" (NL) Christian WORCH, der auch aus dem Gefängnis heraus als Wortführer der deutschen Neonazis agiert. An Schlagzeilen der 1996 erschienenen Ausgaben der BBZ läßt sich der neue Kurs der Rechtsextremisten, verstärkt wirtschaftsund sozialpolitische Themen anzusprechen, gut ablesen: "Ausländische Billiglohnfirmen verdrängen deutsche Bauarbeiter", "Beschluß in Bonn: Der'Sozialstaat' wird auflange Sicht abgeschafft!", "Sozialabbau stoppen -- Wohnraum und Arbeit zuerst für Deutsche!". Da die BBZ undihre Ableger immer noch nur einenrelativ kleinen Abonnentenstammbesitzen und die meisten Zeitungsexemplare auf Straßen oder durch Einwurf in Briefkästen kostenlos verteilt werden, kann das Projekt nur durch Zuschüsse überleben. Führende Aktivjsten der "Nationalen" möchten den Zeitungsverbund noch ausweiten und den Erscheinungsrhythmus der Blätter verkürzen. Daransind sie allerdings unter anderem durch die erwähnten Strafverfahren bislang gehindert. "Nationales Pressearchiv" N.PA. Seit 1993 betreibt ein junger Neonazi in Frankfurt (Oder) das "Nationale Pressearchiv" (N.P.A.). Seine Kontakte ermöglichen es ihm, Propagandamaterial und anderes Schriftgut von Organisationen und Gruppierungen aus dem gesamten rechtsextremistischen Spektrum zu sammeln; darüber hinaus erfaßt er Berichte aus der "Systempresse" über die "nationale Rechte" und Materialien der "Antifa". Das N.P.A. stellt sich als "überparteiliche Einrichtung für ALLE nationalen Menschen" ("Nationaler Beobachter", Nr. 3 S. 4) dar; ihnen will es das gesammelte Schriftgut bereitstellen, damit eine Gegenöffentlichkeit im "nationalen" Sinne entstehen könne. 59 Verfassungsschutzbericht 1996 Außerdem will es auf diese Weise die neonazistischen "AntiAntifa"-Aktivitäten unterstützen. Seit 1995 gibt das N.P.A. den "Nationalen Beobachter" als "Rund"Nationaler brief des Nationalen Pressearchivs (N.P.A.)" heraus. Von ihm sind Beobachter" bisher einige Nummernerschienen. Seine Aufgabe soll es sein, als "Rundbrief "Informationen und Berichte aus aller Welt zuliefern und damit zur des Nationalen Vernetzung der nationalen Szene beizutragen" (Nr. 1 S. 2). Neben Pressearchivs" Darstellungen in eigener Sache enthalten die Rundbriefe Presseartikel, Texte von neonazistischen Vereinigungen und Personen, Informationen über neonazistische Publikationen, Vertriebe und Skin-Bands und Texte der "Anti-Antifa"-Kampagne. Im Februar 1996 erklärte der Betreiber das "Nationale Pressearchiv" für aufgelöst. Er begründete diesen Schritt mit der finanziellen Situation des N.P.A. und demständigen Verfolgungsdruck des Staates. Mit dieser vorgeblichen Selbstauflösung wollte er aber nur die Öffentlichkeit und die Sicherheitsbehörden täuschen. Vom Frühjahr 1996 an warb das "Nationale Pressearchiv" wiederum in neonazistischen Medien für sich, m Sommer 1996 veröffentlichte es die 3. Nummer des "Nationalen Beobachters". Ohne darin auf die angebliche Selbstauflösung einzugehen, spricht der Autor lediglich von einem "Umstrukturieren" des N.P.A. Seine Devise: "Wir rücken angebliche näher zusammen und finden neue und andere Wege des Wider- . Selbstauflösung stands. ... Der Kampf geht weiter!" (Nr. 3 S. 4). 60 Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechtsextremistische Parteien und ihre Nebenorganisationen "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Gründungsjahr: 1964 Sitz: Stuttgart in Brandenburg aktiv seit: 1990 Nebenorganisation (Jugendorganisation): "Junge Nationaldemokraten" (JN) Mitglieder bundesweit : 3500 Brandenburg: 20 für das Land Brandenburg relevante "Deutsche Stimme" überregionale und regionale "Zündstoff -- Deutsche Publikationen: Stimme für BerlinBrandenburg" Der gemeinsame Landesverband Berlin-Brandenburg der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) besteht seit 1991. Seine brandenburgischen Mitglieder werden in nur sehr geringem Maße aktiv. Für 1996 ist lediglich erwähnenswert, daß einige von ihnen an den regelmäßig stattfindenden Treffen des Landesverbandes in Berlin und an Veranstaltungen der NPD auf Bundesebene teilnahmen. Die Mitgliederzahl der NPD war auch 1996 bundesweit rückläufig. rückläufige Ihre Führungskrise konnte die Partei auf ihrem außerordentlichen Mitgliederzahlen Bundesparteitag vom 23. bis 24. März 1996 in Bad Dürkheim mit der Wahl des bayerischen NPD-Landesvorsitzenden, Udo VOIGT, zum neuen Parteivorsitzenden zumindest vorerst beenden. Derbisherige Vorsitzende Günter DECKERTverlor seinen Posten knapp an VOIGT undwurde zu dess n er: em Stellvertreter gewählt. DECKERTs Führungsstil war einer der Auslöserfür die parteiinternen Konflikte gewesen. Seit November 1995 verbüßt DECKERT eine mehrjährige Haftstrafe wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß. 61 Verfassungsschutzbericht 1996 Nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden gab VOIGT auf einer Pressekonferenz am 27. März 1996 in München die künftige politische Strategie der NPD bekannt: EB Zurückstellung der "Revisionismuskampagne" des bisherigen Bundesvorsitzenden DECKERT, Unterstützung der Bemühungen umdie Einigung des "nationalen Lagers" in Deutschland ("Runde Tische"), Erarbeitung einer "nationaldemokratischen" Lösung der sozialen Probleme, Intensivierung der elektronischen Vernetzung und verstärkte Nutzung des Internets, verstärkte Aufmerksamkeit für die Arbeit der NPDJugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" (JN). Die NPD agiert offen gegen die demokratischen Strukturen -- der Bundesrepublik, beschwört eine völkisch-kollektivistisch verstandene -- "deutsche Volksgemeinschaft" und fordert ein Deutschland in den Grenzen von 1914. Dabei nimmt sie für sich in Anspruch, als einz Partei eine rundsätzliche Alternative zum gegenv tigen Parteienspektrum" zu sein. Derpropagandistische Schwerpunkt der Nationaldemokraten hat sich 1996 tatsächlich weg vonrevisionistischen hin zu sozialen Inhalten verlagert. Vor allem in Nationaldemokraten diesem Punkt ist die thematische Nähe zu den JN gewachsen. Mit dem Motto "Arbeitsplätze zuerst für Deutsche!" werden zugleich Ressentiments gegen Ausländer schürt. Die in der Bundesrepublik lebenden Ausländer haben nach Meinung der NPD "weniger ihre Kultur als vielmehr ihre Konflikte und Sicherheit ihre Kriminalität mit eingeschleppt" ("Zündstoff", Heft 2/96 durch Recht Seite 8). und Ordnung Nationalistisch gefärbte soziale Forderungen prägten auch das Bild des "Deutschlandtreffens" der Nationaldemokraten am 3. Oktober 1996 in Bonn. Es war mit 130 Teilnehmern die größte Demonstration der Partei im vergangenenJahr. Die NPDtrat 1996 nurbei den Landtagswahlen in RheinlandPfalz und den Kommunalwahlen in Niedersachsen an. In Rheinland-Pfalz konnte sie lediglich 0,4 Prozent der Stimmen erreichen. In Niedersachsen (hier galt die 5-Prozent-Hürde nicht) verbuchte sie nur vereinzelt kleine Erfolge in Gemeinden, in denen 62 sie im Bündnis mit anderen rechtsextremistischen Parteien antrat. Verfassungsschutz durch Aufklärung "Junge Nationaldemokraten" (JN) Gründungsjahr: 1969 Sitz: Bochum ' in Brandenburg aktiv seit: 1990 Mitglieder bundesweit : über 150 Brandenburg: Einzelpersonen für das Land Brandenburg relevante ' überregionale und regionale Publikationen: "Der Aktivist" | "Einheit und Kampf" "JN-Intern" Dem Landesverband Berlin-Brandenburg steht in der NPD-Zeitschrift "Zündstoff -- Deutsche Stimme für Berlin-Brandenburg" eine Seite, der "Denkzettel", zur Verfügung. Die "Jungen Nationaldemokraten" (JN), die Jugendorganisation der NPD, hat 1996, gemessen anihrer Mitgliederzahl, bundesweit einen gewissen Aufwärtstrend erlebt. Nachdemverschiedene neonazistische Vereinigungen verboten worden sind, ist die Attraktivität der JN für Personen aus diesem Spektrum gestiegen. Mittlerweile sind etliche Neonazis, zumeist frühere Mitglieder jetzt verbotener Organisationen, in die "Jungen Nationaldemokraten" aufgenommen worden; darüber hinaus haben die JN weitere Sympathisanten in diesem Personenkreis gewonnen. Dies erklärt auch, daß Veranstaltungen der JN 1996 stärker besucht waren. Die JN betrachten sichals "nationale Gesinnungsund Kampfgemeinschaft", die nicht Bestandteil des Systems sein will, sondern "nationalgegen das System kämpft. Als "nationalrevolutionäre Kaderrevolutionäre organisation" stehen sie damit in fundamentaler Opposition zum KaderFT " organisation demokratischen Verfassungsstaat Bundesrepublik Deutschland. In der den JN zuzurechnenden Publikation "Einheit und Kampf * äußerte sich der Bundesvorsitzende der JN Holger APFELin einem & Interview über Struktur, Ziele und Zukunft seiner Organisation. Die Verfassungsschutzbericht 1996 Chancen für eine baldige Überwindung des Systems seien wegen der steigenden Massenarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik und der damit verbundenensozialen Probleme durchaus günstig: "Die Geschichte lehrt, daß in revolutionären Phasen jeweils die Kräfte den Neubeginn bestimmen, die den alten Vorstellungen am radikalsten entgegengetreten sind. In unserem Fall heißt dies antikapitalistisch, nationalrevolutionär. Unsere Grundsätze werden aber erst dann Anwendung finden, wenn wir es geschafft haben, zum Zeitpunkt des Untergangs des BRD-Systems eine | umfassend geschulte und gut organisierte | jetzt! Gemeinschaft herausgebildet zu haben, die am el Tag X in der Lageist, die Bevölkerung in unserem Sinne zu führen" (Nr. 15, Februar Kampf1996, S.11f). AktionInzwischen arbeiten die JN auch wieder enger Widerstand mit ihrer Mutterpartei NPD zusammen(der JN-Vorsitzende APFEL ist zugleich Mitglied im Bundesvorstand der NPD). Die verstärkte Kooperation der JN mit Personen aus dem neonazistischen Spektrum wird vom Bundesvorstand der NPD zumindest stillschweigend akzeptiert. Den JN in Brandenburg gehören nur wenige Einzelmitglieder an, die sich auf die Region Frankfurt (Oder) konzentrieren. Diese entfalteten 1996 jedoch bemerkenswerte Aktivitäten, nicht nur in Brandenburg selbst. Auch hat sich der in Berlin lebende Andreas STORR, zuletzt stellvertretender Bundesvorsitzender der JN, mit seiner Anhängerschaft stärker in Brandenburg engagiert. Die JN haben 1996 durch verschiedene Kundgebungen bundesweit auf sich aufmerksam gemacht. Eine davon war der von JN und NPD gemeinsamorganisierte "Hans-Münstermann-Marsch" am 24. Februar in Aschaffenburg. Unter den etwa 100 Teilnehmern ? Verfassungsschutz durch Aufklärung befanden sich nicht nur JNund NPD-Mitglieder, sondern auch Neonazis und Skinheads. Seit 1994 versuchen die JN den Tod des Hans Münstermann, der 1993 währendeiner Schlägerei von einem albanischen Staatsangehörigen in Notwehr erstochen wurde, propagandistisch auszuschlachten. Zum 1. Mai organisierte STORR eine Demonstration in Berlin. Hier kamen etwa 300 Rechtsextremisten, auch Neonazis, zusammen, um gegen "System und Kapital" zu protestieren. Sie forderten unter anderem "Deutsche Arbeitsplätze nur für deutsche Arbeitnehmer". Arbeit zuerst für Die JN veranstalteten ferner den "3. Europäischen Kongreß DEUTSCHE der Jugend" am 14. September in Groß Rosenburg bei Dessau. Er stand unter dem Motto "Europas Wiedergeburt durch den Befreiungsnationalismus der Völker". Unter den etwa 300 Teilnehmern befanden sich wiederum zahlreiche Neonazis, auch aus anderen europäischen Ländern. Der JN-Landesverband Berlin-Brandenburg trat insbesondere anläßlich des "Rudolf -Heß-Gedenkmonats" im August hervor. Andreas STORR meldete zwölf Demonstrationen und einen Autokorso in Brandenburg an. Sämtliche Veranstaltungen wurden verboten. Ungeachtet dessen veranstalteten JN-Mitglieder und -Sympathisanten, hauptsächlich aus Berlin, am 10. August in Fürstenwalde unangemeldet einen Autokorso. Am 25. August warfen JN-Aktivisten aus Berlin 200 Flugblätter, die den Todestag von Rudolf Heß thematisierten, vom Oderturm in Frankfurt. Mitglieder der JN auch aus Brandenburg wurden am 3. August in Bad Harzburg als Teilnehmereiner nicht angemeldeten JN-Kundgebung zum Gedenkenan Rudolf Heßfestgestellt. Am 23. November fand unter den Losungen "Gegenlinke Gewalt" und "Für die Meinungs[Ausgaben Herta: 1998) freiheit nationaler Bürger" eine Demonstration des JN-Landesverbandes Berlin-Brandenburg in Berlin-Köpenick mit etwa 100 Teilnehmern statt. Im Herbst 1996 brachte der Landesverband Berlin-Brandenburg der JN zumersten Mal ein eigenes Mitteilungsblatt, genannt "JN-Intern", heraus. Dieses Blatt enthielt unter anderem eine Anzeige des G.A.G.-Versands (s. dazu S. 48). Außerdem wurde über Kontakte zur neonazistischen "Kameradschaft Marzahn" aus Berlin berichtet. Seit Dezember 1996 betreibt Andreas SIORR in Berlin ein "Nationales Info-Telefon für Berlin und Brandenburg". 65 Verfassungsschutzbericht 1996 "Deutsche Volksunion" (DVU) Gründungsjahr: 1987 Sitz: München in Brandenburg aktiv seit: 1990 Sarnen Mitglieder bundesweit: Brandenburg: 15.000 40 E T ER TE überregionale Publikationen: "Deutsche Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger" "Deutsche Zeitung" Die "Deutsche Volksunion" (DVU) verpaßte bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 23. März 1996 den Wiedereinzug in den Landtag. Sie erhielt trotz des üppigen, vom Bundesvorsitzenden der Partei Dr. Gerhard FREY zur Verfügung gestellten WahlkampfTE budgets nur 4,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. 1992 hatte sie noch 6,3 Prozent erreicht. Damit ist sie in keinem Landesparlament in Deutschland mehr vertreten. Diese Entwicklung bestätigt den bundesweiten Abwärtstrend der DVU. bundesweiter Im März 1987 hatte FREY, unter Einbeziehung des seit 1971 Abwärtstrend bestehenden "überparteilichen" Vereins "Deutsche Volksunion e.V", die DVUals Wahlpartei gegründet. Damit wollte er die Spaltung der "nationalen Kräfte" überwinden. Zeitv ise war die DVUdie mitgliederstärkste rechtsextremistische Partei in der Bundesrepublik. Allerdings hat se seit 1993 fast die Hälfte ihrer Mitglieder verloren. Auf Grund seiner einträglichen Tätigkeit als Verleger verfügt der Bundesvorsitzende über genügend Geldmittel, um die Politikinhalte, die Personalfragen und das Finanzleben der DVU nach Belieben bestimmen zu können. Diese Dominanz FREYs stößt bei | j Mitgliedern der DVU immer wieder auf Kritik, dasie ihre "politische" Funktion auf die Abnahme der von ihm herausgegebenen Publikationen beschränkt schen. Die von FREYpublizierten Wochenzeitungen "Deutsche National66 Zeitung" (DNZ) und "Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher AnzeiVerfassungsschutz durch Aufklärung ger" (DWZ/DA) sowie die von ihm verbreiteten Rundbriefe geben über die Ziele, Planungen und Aktivitäten der DVU undihres Bundesvorsitzenden Auskunft. Den Lesern dieser Publikationen wird regelmäßig versprochen, daß "Deutsche Nationalsie die wahren Hintergründe der Geschehnisse erführen, "von denen Zeitung" der Durchschnittsbürger nicht einmal ahnt". Tatsächlich schürt die DVU in diesen Zeitungen Ressentiments gegen Ausländer. Tendenzöse Artikel sollen den Eindruck erwecken, daß in Deutschland lebende Ausländer generell eine Bedrohung für die Sicherheit der "Deutsche WochenBundesrepublik darstellten. or i 5 ; = Zeitung/Deutscher FREYsPublikationenzielen des weiteren darauf ab, das deutsche Anzeiger" Geschichtsbild zu revidieren und nationalsozialistische Verbrechen zu relativieren. Diese werden permanent gegen von anderen Völkern begangenes Unrecht aufgerechnet. Litaneiartig wird wiederholt, die Deutschen seien seit der Niederlage im 2.Weltkrieg fremdbestimmt. In dieser Behauptung schwingen unverkennbar antiamerikanische und antisemitische Ressentiments mit. Sie verbindet sich mit dem Lamento über den angeblichen Verlust der deutschen Identität durch "Umerziehung" a wie "Starben Starben r 7 Milli l ionen Juden? 7 Millionen Wie Holocaust-Zahlen erfunden werden Juden? -- Wie Holocaust-Zahlen erfunden werden" (DNZ, Nr. 50/96 S. 1) wird der Völkermord an den europäischen Juden während des "Dritten Reiches" in Frage gestellt; sie belegen zugleich den unterschwelligen Antisemitismus, der diese Publikationen durchzieht. Von ihrem völkisch-nationalistischen Grundverständnis her agitiert die DVU auch gegen die europäische Einigung, insbesondere gegen den Vertrag von Maastricht. Mit populistischen Parolen soll ein Ausverkauf deutscher Interessen suggeriert werden. Auch 1996 hat sich die DVU in Brandenburg kaum bemerkbar gemacht. Der 1995 erfolgte Zusammenschluß der beiden Landesverbände Berlin und Brandenburg zu einem gemeinsamen Landesverbandhat der Partei also nicht de gewünschten Impulse vermittelt. Die wenigen DVU-Mitglieder in Brandenburg konnten offenbar 5 3 . a : . 67 auch durch die Fusion nicht stärker an die Partei gebunden werden. ungsschutzbericht 1996 d DEuTscHE Lica "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) run Vox uno Hein ur Gründungsjahr: 1991 Sitz: Berlin in Brandenburg aktiv seit: 1992 Mitglieder bundesweit : unter 900 Brandenburg: 60 für das Land Brandenburg relevante "Nation & Europa -- überregionale Publikation: Deutsche Rundschau" (der DLVH nahestehend) Die nationalistische und ausländerfeindliche Haltung der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) wird in ihrem jüngsten Manifest mit dem Schlagwort der "nationalen Präferenz" markiert. Gemeint ist der gesetzlich garantierte Vorzug von Deutschenbei der Vergabe von Arbeitsund Ausbildungsplätzen, von Wohnraum und bei der Altersund Krankenversorgung. Die DLVH begibt sich damit in den aktuellen Trend rechtsextremistischer Propag: verstärkt wirtschaftliche und soziale Probleme aufzugreifen. Sie it ab sofort lieferbar: Die DLUF-Wanduhr ausländer'feindliche Hetze Verfassungsschutz durch Aufklärung Auch die der DLVH nahestehende Monatszeitschrift "Nation & Europa", eines der wichtigsten Theorieorgane der "Neuen Rechten" (s. dazu S. 26 f), hat sich 1996 dieser Thematik angenommen. Exemplarisch sei Harald NEUBAUER, einer der drei Bundesvorstandssprecher der DLVH, zitiert. Er schreibt: "Schon jetzt leben in Deutschland mehr Ausländer, als wir Arbeitslose haben. Ihr Anteil an der Erwerbslosigkeit ist weit überproportional. Für jeden Arbeitsplatz, der neu entsteht, warten diesseits und jenseits der Grenzen ber so viele Ausländer, daß es für die Bonner Politik in der gegenwärtigen Lage nur ein Ziel geben dürfte: Vorrang zu gewährleisten für Deutsche in Deutschland" (Nr. 3/96 S. 17). Die DLVH war am 3. Oktober 1991 als "Sammlungsbewegung" mit dem Ziel gegründet worden, die "Zersplitterung der rechten Kräfte" gegründet als zu überwinden. Entgegenihrer Intention aber bestätigte sie nur die fortdauernden Spaltungstendenzen im rechtsextremistischen Parteienspektrum. Die DLVH war seit Anbeginn die kleinste der vier nennenswerten rechtsextremistischen Parteien in Deutschland mit zuletzt unter 900 Mitgliedern. Die DLVH schottete sich nicht gegenüber Mitgliedern anderer rechtsextremistischer Organisationen ab. Vorübergehend fanden dort sogar ehemalige Funktionäre und Mitglieder verbotener neonazistischer Vereinigungen eine neue politische Basis. Immer wieder startete die DLVH Bündnisinitiativen und lud Vertreter und Mitglieder anderer rechtsextremistischer Organisationen zu "Runden Tischen" ein. Dochder erhoffte Erfolg blieb aus. Zumal "Die Republikaner" verfolgten weiter ihren Abgrenzungskurs gegenüber anderen rechtsextremistischen Parteien, den sie durch ihren Wiedereinzug in den baden-württembergischen Landtag bestätigt sehen. Die DLVH konnte ihre Landtagsmandate in Schleswig-Holstein, die ihr allerdings nur durch den mehrfachen Parteibuchwechsel einiger Landtagsabgeordneter der "Deutschen Volksunion" (DVU) zugefallen waren, bei der Landtagswahl am 24. März 1996 nicht halten Wahldebakel und erlebte mit nur 0,2 Prozent ein Wahldebakel. Das Scheitern ihrer Bündnisbestrebungen, die Erfolglosigkeit bei Wahlen und der Ausfall der Wahlkampfkostenerstattungen überzeugte auf demletzten Bundesparteitag am 18. Oktober 1996 in Pfofeld (Baden-Württemberg) eine Zweidrittelmehrheit davon, daß die DLVHals Partei obsolet gewordenist. Unter tumultartigen Selbstliquidierung j Umständenlöste sich die DLVH als Partei auf. Sie besteht nunmehr als Partei nur noch als Verein fort. Ihre vermeintlich uneigennützige Selbstliquidierung als Partei stellt die DLVH als leuchtendes Vorbild für die Überwindung von 5 Verfassungsschutzbericht 1996 Gruppenegoismen im rechtsextremistischen Spektrumdar. Sie verspricht sich von ihrer Metamorphose höhere Glaubwürdigkeit, größere Kooperationsbereitschaft seitens der rechtsextremistischen Wahlparteien und neuen Schwung bei ihren Sammlungsbemühungen, nicht zuletzt, weil sie nun keine Wahlkonkurrenz mehr darstellt, wohl aber Wahlkampfhilfe anzubieten hat. Der gemeinsame DLVH-Landesverband Berlin-Brandenburg hat sich der Selbstaufgabe der Partei nicht entgegengestellt. Er setzte seine Aktivitäten wie gewohnt fort. Neben denbereits seit längerem Teilstrukturen bestehenden Teilstrukturen in Schwedt und Fürstenwalde gibt es im Land seit Ende 1996 auch in Eberswalde einen Ortsverband. Die MitglieBrandenburg derzahlen in Brandenburg sind leicht gestiegen. Von den etwa 60 DLVH-Mitgliedern ist jedoch nur gut ein Dutzend politisch aktiv. Einige brandenburgische DLVH-Mitglieder leisteten dem Landesverband Schleswig-Holstein Wahlkampfhilfe. Die Kooperationsbereitschaft der DLVH in Brandenburg kennt gegenüber anderen rechtsextremistischen Organisationen kaum irgendwelche Grenzen. Mit den "Republikanern" und der NPD sucht sie eine Zusammenarbeit im Rahmen ihrer "Initiative Pro Deutschland", die sich bisher jedoch in der Herausgabe eines Flugblattes erschöpfte. Zusammen mit dem neonazistischen Verein "Die Nationalen e.V." unternahm der Landesverband, wie bereits im Jahr zuvor, am 15. Juni auf dem Unterückersee einen Dampferausflug, an dem sich auch unorganisierte Randalierer in größerer Zahl beteiligten. 70 Verfassungsschutz durch Aufklärung "Die Republikaner" (REP) Gründungsjahr: 1983 Sitz: Berlin in Brandenburg aktiv seit: 1990 Mitglieder bundesweit : 15.000 Brandenburg : 350 Teilund Nebenorganisationen: "Arbeitskreise Republikanischer Jugend" "Republikanischer Bund der Frauen" "Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten" für das Land Brandenburg relevante überregionale Publikation: "Der Republikaner" Vor allem der Wahlerfolg der "Republikaner" (REP) am 23. März --1996 in Baden-Württemberg dort zogen sie mit 9,1 Prozent -- wieder in das Landesparlament ein trug zur Konsolidierung der Wahlergebnisse Gesamtpartei und zur Stärkung der Position des Bundesvorsitzenden Dr. Rolf SCHLIERERbei. Gegenüber 1992 verloren die REP zwar 1,8 Prozent der Stimmen. Allgemein hatte man aber weit höhere Verluste erwartet, zumal sie nur zwei Wochen zuvor bei der Kommunalwahl in Bayern eine schwere Wahlniederlage hatten hinnehmen müssen: Dort verloren sie rund zwei Drittel ihres bei der letzten Kommunalwahl 1990 erzielten Stimmenanteils. Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, die ebenfalls am 23. März stattfand, sowie die Kommunalwahl in Niedersachsen am 15. September verliefen für die REP allenfalls zufriedenstellend. Der Einzug ins Landesparlament von Rheinland-Pfalz gelang mit 3,5 Prozent zwar wieder nicht, gegenüber der Landtagswahl von 1991 wuchs der Stimmenanteil der Partei aber um 1,5 Prozent. In Niedersachsen konnten die "Republikaner" m Durchschnitt zwar 71 Verfassungsschutzbericht 1996 nur 1,0 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen, sie errangen aber, da keine Sperrklausel galt, in mehreren Kommunen Mandate. SCHLIERER - er wurde auf dem Bundesparteitag der REP vom 4. bis 6. Oktober 1996 in Hannover in seinem Amt bestätigt -- war 1994 als Bundesvorsitzender mit der erklärten Absicht angetreten, die "Republikaner" als Wahlpartei rechts von der "politischen Mitte" zu etablieren. Deshalb wird von den REP offen rechtsextremistische Agitation zunehmend vermieden. Gleichwohl haben Mitglieder der REP auf Bundeswie auf Landesebene auch 1996 eindeutig rechtsextremistische Äußerungen fallen rechtsextremistische lassen. Die Kontinuität der parteispezifischen Themen und Äußerungen Argumentationsschemata blieb ebenfalls ungebrochen: Polemik gegen das angebliche Versagen der parlamentarischen Demokratie, Beschwörung der völkischen Kollektivgemeinschaft, Stigmatisierung von Asylbewerbern und Einwanderern als Urheberaller sozialen Probleme in der Bundesrepublik, Ablehnung der europäischen Einigung aus nationalistischen Motiven. Der sich moderat gebende Kurs des Bundesvorsitzendenist innerhalb der REP nicht unumstritten. Viele Parteimitglieder, vor allem in den ostdeutschen Bundesländern, befürworten eine stramm rechtsextremistische Ausrichtung der Partei. Sie orientieren sich dabei an dem inzwischen aus der Partei ausgetretenen ehemaligen Bundesvorsitzenden und Parteimitbegründer Franz SCHÖNHUBER, der diese Linie seinerzeit mindestens unterschwellig vorgab, sie jetzt aber, als unabhängiger Publizist, offen propagiert. Zentraler Streitpunkt ist die Kooperation mit anderen rechtsextremistischen Parteien. SCHLIERER lehnt sie mit Verweis auf den "Unvereinbarkeitsbeschluß" des Ruhstorfer Bundesparteitages von 1990 ab. Aber es kommt immer wieder vor, daß selbst Personen aus "Unvereinbarkeitsder Parteiführung gegen den "Unvereinbarkeitsbeschluß" verstobeschluß" Ben. Der schwache Landesverband Brandenburg der "Republikaner" arrangierte sich mit SCHLIERER. Er steht allerdings nicht eindeutig hinter dessen Abgrenzungskurs, sondern sieht in dem Richtungsstreit innerhalb der Partei ein schädliches Intrigenspiel westdeutscher Parteifunktionäre, das insbesondere der politischen Arbeit in den ostdeutschen Landesverbändenabträglich sei. Auch 1996 entfaltete der Landesverband Brandenburg der "Republikaner" nur geringe Aktivitäten. Die Zahl der Mitglieder des in Kreisund Ortsverbände gegliederten Landesverbandes liegt 72 Verfassungsschutz durch Aufklärung inzwischen nochbei etwa 350. Nur wenige von hnen beteiligten sich aktiv an der Parteiarbeit; weiterhin gehören die meisten Mitglieder dem Landesverband nur nominell an. Eine Ausnahme bildet der neu aufgebaute Kreisverband Cottbus. Er gab erstmals ein eigenes Mitteilungsblatt, den "Cottbuser Anzeiger", heraus. In dieser Publikation werden Staat und Naton als völkisch-kollektivistische Gemeinschaft beschrieben. Die Zugehörigkeit zu dieser Gemeinschaft sei durch Abstammung vorgegeben. Cottbuser Anzeiger Offizielles Organ des Krelsverbandes Cottbus der REPUBLIKANER 'August 1996 Hingegen kamdie Parteiarbeit in Königs Wusterhausen zum Erliegen. "Die Republikaner" scheinen in Brandenburg auch weiterhin Kontakte zu anderenrechtsextremistischen Parteien zu pflegen. So enthielt ein Flugblatt "Initiative Pro Deutschland", das von dem Landesverband Brandenburg der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (DLVH) herausgegeben wurde, auch eine Kontaktadresse der REP. Die Aktivitäten der "Republikaner" im Land Brandenburg sind auch 1996 als rechtsextremistisch zu bewerten, wenn auch nicht jedem einzelnen Mitglied eine rechtsextremistische Haltung unterstellt werden kann. 'Arbeitskreise | Republikanischer | Laut Satzung der REP sind aufjeder Parteiebene weisungsgebundeJugend" ne "Arbeitskreise Republikanischer Jugend" (RJ) für Mitglieder im Alter zwischen 18 und 30Jahren zu bilden. Im Jahre 1996 wurden die Bemühungen umihren Aufbau zwar verstärkt, im gesamten "Republikanischer | Bundesgebiet gehensie aber nur langsam voran. Seit 1996 besteht Bund der Frauen" der auf Bundesebene agierende "Republikanische Bund der Frauen" (RBF), der sich vor allem mit familienpolitischen Themen befassen soll. Der "Republikanische Bund der öffentlichen Bediensteten" "Republikanischer | Bund der (RepBB) wurde 1993 gegründet. Seine politischen Ziele unterscheiöffentlichen den sich nicht von denen der "Republikaner". In Brandenburg sind Bediensteten" alle diese Nebenorganisationen der REP bisher nicht hervorgetreten. 73 | Verfassungsschutzbericht 1996 | Nutzung moderner Kommunikationstechniken durch ETTE E Rechtsextremisten im Land Brandenburg Die Anwendung der neuen Kommunikationstechniken -- Mobiltelefone, Mailboxen, Computer-Netze usw. -- wurde in denletzten Jahren auch für die brandenburgischen Rechtsextremisten eine Selbstverständlichkeit; sie werden von den einzelnen Gruppierungen allerdings mit unterschiedlicher Intensität genutzt. Personen aus dem Kreise der verbotenen "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) diskutierten im "THULE-Netz" mit anderen Neonazis (s. dazu S. 48). Ebenfalls ins "THULE-Netz" werden einzelne Beiträge der "Berlin-Brandenburger Zeitung" (BBZ) eingestellt. Hingegen konnte das im Sommer 1996 verkündete Vorhaben, Internet-Ausgaben der im "nationalen Medienverbund" um die BBZ erscheinenden Zeitungen anzubieten, nicht verwirklicht werden. Im Land Brandenburg wurde bisher kein "Nationales Info-Telefon" eingerichtet, obwohl das vom Juni 1994 bis März 1996 von Ulli BOLDT betriebene "Nationale Info-Telefon Berlin" im Juli 1994 entsprechende Vorbereitungen vermeldet hatte. Mitte Dezember "Nationales 1996 nahm aber in Berlin der JN-Aktivist Andreas STORR den Info-Telefon Betrieb eines "Nationalen Info-Telefons für Berlin und Brandenfür Berlin und burg" auf, das sich selbst als "Stimme der nationalen Opposition" Brandenburg" bezeichnet. STORR betrachtet demnach die Region Berlin-Brandenburg als eine Einheit und will offenbar gezielter, als es mit den Ansagetexten von Info-Telefonen aus anderen Regionen Deutschlands möglich ist, die Rechtsextremisten in Brandenburg ansprechen. Die bisherigen Ansagen bestätigen das. Denn inzwischen werden nicht mehr nur Ansagen vom "NIT Schleswig-Holstein" bzw. "NIT Hamburg" übernommen, sondern auch Themen aus Berlin und Brandenburg behandelt. Auch bei brandenburgischen Rechtsextremisten sind Mobiltelefone in Gebrauch. Zum Beispiel rüstete die Vereinigung "Die Nationalen e.V." einige Anführer ihrer Kreisund Ortsverbände sowie die von unabhängigen Kameradschaften mit Mobiltelefonen aus. Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten internationale Deutsche Rechtsextremisten pflegen Kontakte zu ausländischen Treffen Kameraden und reisen zu entsprechenden internationalen Treffen, weil sie die Kooperation mit Gleichgesinnten suchen, das gesammelte Gewicht mindestens des europäischen Rechtsextremismus 74 demonstrieren wollen, aber auch sich davon eine Aufwertung ihres Verfassungsschutz durch Aufklärung persönlichen Renommees versprechen. Wie auf nationaler, so kommt es aber auch aufinternationaler Ebene häufig zu Meinungsverschiedenheiten und Zerwürfnissen zwischen verschiedenen rechtsextremistischen Gruppierungen. Auch die starke nationalistische Orientierung vieler Neonazis steht dauerhaften internationalen Bündnissen oft im Wege. Am25. August 1996 reisten etwa 150 deutsche Rechtsextremisten zur jährlichen "ljzerbedevaart" ins belgische Diksmuide. Seit 1927 treffen sich dort flämische Natonalisten, um der im 1. Weltkrieg internationale gefallenen Flamen zu gedenken. Traditionell nehmen RechtsextreGroßmisten aus Belgien und aus dem Ausland an diesem Aufmarsch veranstaltungen teil. Aus Deutschland kamen 1996 ehemalige Angehörige der verbotenen FAP sowie Mitglieder der JN und Skinheads. Die Anzahl der deutschen Rechtsextremisten war im Vergleich zum Vorjahr allerdings um die Hälfte gesunken. 43 der deutschen Teilnehmer wurden vorläufig festgenommen, unter anderem wegen unerlaubten Waffenbesitzes und Verwendung verbotener Kennzeichen. Vom 22. bis 24. November richteten spanische Rechtsextremisten in Madrid die diesjährigen Feierlichkeiten zu den Todestagen von General Francisco Franco und Jose Antonio Primo de Rivera aus. Anwesend waren auch 50 Personen aus Deutschland. 1995 hatten noch 200 deutsche Rechtsextremisten an den Gedenkfeiern teilgenommen. Drei Skinheads aus der Bundesrepublik wurden von der spanischen Polizei festgenommen, nachdem sie gemeinsam mit britischen Gesinnungskameraden einen Mann aus Guinea zusammengeschlagen hatten. In Deutschland versuchen die "Jungen Nationaldemokraten" mit dem von ihnen ausgerichteten "Europäischen Jugendkongreß, der am 14. Septemberin Groß Rosenburg bei Dessau zum dritten Mal stattfand, ein Forum für den Meinungsaustausch europäischer Rechtsextremisten zuetablieren. Eine ähnliche Funktion wie die internationalen GroßveranstaltunSolidatitätsgen erfüllen auch die Solidatitätsadressen für inhaftierte Kameraden adressen im Ausland undInitiativen für ihre Freilassung. So veröffentlicht für inhaftierte Kameraden die "Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) in ihren Gefangenenlisten schon seit Jahren die Adressen auch ausländischer Rechtsextremisten, verbunden mit Solidaritätsappellen. Vom9. Mai bis zur Urteilsverkündung am 22. August 1996 stand Gary Rex LAUCK, der sich selbst als "Propagandaleiter" der 75 Verfassungsschutzbericht 1996 -- "Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Auslandsund Aufbau"Nationalsozialistische organisation" (NSDAP/AO) bezeichnet, in Hamburg vor Gericht. Er Arbeiterpartei -- wurde wegenzahlreicher Propagandadelikte zu vier Jahren FreiAuslandsheitsstrafe verurteilt; das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. und Aufbauorganisation" Sowohl beim Prozeßauftakt als auch später kam es kaumzu Solidaritätskundgebungen für ihn. Auch Aufrufe der NSDAP/AO über das Internet sowie eine Sonderausgabe ihrer Publikation "NSKampfruf" blieben wirkungslos. Die Sonderausgabe war übertitelt mit der Schlagzeile "Am 9. Mai in Hamburg Gerhard LAUCK vor -- Sondergericht! Das Maß ist voll Wir schlagen zurück." Der AufNS KAMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI AUSLANDS -- UND AUFBAUORGANISATION Nummer 116 März/April 1996 (107) ruf erfolgte durch einen "Koordinierungausschuß EuroFREIHEIT der NSDAP/AO" (Nr. 116 - SonderausgabeS. 1 f). für Gerhard Offenkundig besaß LAUCK nie die Schlüsselrolle für LAUCK den deutschen Neonazismus, die ihm bisweilen zugeNSDAPI/AO: Bi 4 ; ; "u e -- UincomNeessaeuen Schrieben wurde. Seine politischen Ideen er propagiert unverhohlen eine Restauration des NS-Regimes, wenn -- nötig auch mit Waffengewalt stießen in der neonazistischen Szene der Bundesrepublik auf wenig Resonanz. Der von ihmfrüher herausgegebene "NS-Kampfruf", die deutsche Version der NSDAP/AO-Publikation "The NewOrder", fand allerdings nicht wenige Abnehmer auch in Deutschland. Über seine "Auslandszentrale" in Lincoln/Nebraska schmuggelte LAUCK seit Jahren größere Mengendieser Hetzschrift und weiteren neonazistischen Propagandamaterials auch in die Bundesrepublik. Die Bezieher erhielten das in den USAlegal hergestellte NSDAP/AO-Propagandamaterial konspirativ, mit Hilfe von Tarnab76 sendern, und verteilten es an Interessenten im Bundesgebiet weiter. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die NSDAP/AO in Deutschland war im wesentlichen mit diesem konspirativen Verteilernetz identisch. Eine eigene Organisationsstruktur bildeten die Verteiler und Leser dieser Hetzschrift nicht. Seit der Verhaftung LAUCKSs und einer von der Staatsanwaltschaft Hamburg veranlaßten bundesweiten Durchsuchungaktion bei Beziehern des oben genannten Propagandamaterials im März 1995 haben die verbliebenen NSDAP/AO-Aktivisten in den USA und anderswo erkennbar Schwierigkeiten, ihr Verteilernetz zu reorganisieren. Seither tauchte sowohl im Bundesgebiet insgesamt als auch im Land Brandenburg nur noch vereinzelt dieses Material auf. Um die logistischen Probleme bei der Verbreitung ihrer Propaganda zu überwinden, bedient sich die NSDAP/AO zunehmend des Internets. Hier verbotenes Propagandamaterial oder einschlägige CDs lassen Propagandadeutsche Rechtsextremisten häufiger im benachbarten Ausland material herstellen und vertreiben es dann auf konspirativem Wege in aus dem 1 Deutschland. In Brandenburg waren im vergangenen Jahr Personen Ausland aus der verbotenen "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) an einer solchen Transaktion beteiligt (s. dazu S. 47). Innerhalb der neonazistischen Szene ist es umstritten, ob man größere Veranstaltungen aus der Bundesrepublik ins Ausland verlegen solle, um sie dem Zugriff der deutschen Sicherheitsbehörden zu entziehen - manche sehen darin eine Kapitulation vor dem "Feind". An der Rudolf-Heß-Gedenkveranstaltung am 17. August im schwedischen Trollhättan waren unter den 300 Teilnehmern auch 50 aus Deutschland. Diese Veranstaltung wurde jedoch von vielen deutschen Neonazis als für sie nicht akzeptable Alternative zu einem "Rudolf Heß-Gedenkmarsch" in Deutschland betrachtet. Auch Rechtsextremisten, die im Rahmen der Revisionismus-Kampagne die Verbrechen des Nationalsozialismus verharmlosen oder leugnen, haben sich 1996 im Internet zu Wort gemeldet und dort Rechtsextremisten. im Internet ihre Pamphlete vorgestellt. Die meisten revisionistischen Schriften werden von ausländischen oder im Ausland lebenden Rechtsextremisten verfaßt und publiziert. In der Bundesrepublik ist ihre Verbreitung verboten. Einer der international bekanntesten Revisionisten ist der in Kanada lebende deutschstämmige Rechtsextremist Ernst ZÜNDEL. Er verfügt inzwischen über eine eigene Seite im Internet, die er vor allem zur Leugnung des Holocaust nutzt. Die Skinheadbewegung in Deutschland stand von Anfang an unter eneennnie dem Einfluß ausländischer Vorbilder. Da ihre Wurzeln in Großbritannien liegen, ist es nicht verwunderlich, daß Kultbands von dort 77 Verfassungsschutzbericht 1996 bis heute besonders verehrt werden. Rechtsextremistische Skinheads sind zudem, im Gegensatz zu vielen Neona. aber nicht nationalistisch eingestellt, so daß einer internationalen Kooperation kaum ideologische Barrieren entgegenstehen. Deutsche Skinhead-Aktivisten (Bandmitglieder, Konzertorganisatoren, Herausgeber von Fanzines) pflegen intensiven Kontakt zu Gesinnungsgenossen in Westund Osteuropa. Viele Skinheads nutzen die Möglichkeit, einschlägige Konzerte im benachbarten Ausland zu besuchen. Ausblick Trotz aller Bemühungen und Appelle können gerade in einer offenen Gesellschaft auch schwere Gewaltverbrechen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Um die in der rechtsextremistisch orientierten Jugendszene vorhandene Militanz jedoch einzu- v v dämmen, wird das Land Brandenburg das Bündel seiner präventi- | | ven und repressiven Maßnahmen 1997 noch einmal erweitern. So Landes'Ppräventionsrat wird die Einrichtung eines "Landespräventionsrates" vorbereitet, der auch neue Initiativen gegen die Gewalt von Rechtsextremisten anstoßen soll. Die Ursachen der Gewalt, gerade auchder rechtsextremistisch motivierten, kann der Staat allein nicht an der Wurzel packen. Vielmehr bleiben gesellschaftliche Institutionen, Erziehungsträger, die Medien, aber vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger des -- Landes aufgerufen, jeglicher Gewalt die mit der "nur" verbalen Ausgrenzung und Diskriminierung anderer ihren Anfang nimmt -- couragiert und besonnen entgegenzuwirken. Hysterie wie Defätismus sind gleichermaßen schlechte Ratgeber. Wer Katastrophenszenarien malt, verschafft womöglich den Gewalttätern die Aufmerksamkeit, nach der sie lechzen, und ermuntert ungewollt Nachahmer und Trittbrettfahrer. Ignoranz und Gleichgültigkeit hingegen wird von manchem Ausländerfeind gar als heimliche Zustimmung interpretiert. Die Skinheadszene erlebt momentan eine Phase, in der sie von Phase der KommerKommerzialisierung erfaßt wird. Das gilt sowohl für die Veranstalzialisierung tung von Konzerten als auch für die Produktion von Fanzines -- die -- zumTeil bereits als Hochglanzprodukte zu kaufen sind und szenetypischen "Modeartikeln". Die Beliebtheit von Skinkonzerten auch unter rechtsextremistisch eingestellten Jugendlichen in Brandenburg hat sich bislang jedoch nicht in der Anzahl der in Branden78 burg ausgerichteten Veranstaltungen widergespiegelt. Auf Grund Verfassungsschutz durch Aufklärung des entschiedenen Vorgehens der brandenburgischen Sicherheitsbehörden gegen solche Veranstaltungen ziehen es viele brandenburgische Skinheads vor, in andere Bundesländer oder europäische Nachbarstaaten auszuweichen. Das wird sich 1997 kaum ändern. Neonazis hatten bisher mit Versuchen, aus dem Reservoir unorganisierter rechtsextremistischer Gewalttäter für ihre Zwecke einsetzbare Straßenkämpfer zurekrutieren, kaum Erfolg. Sie geben aber ihre Bemühungen nicht auf, auch die dumpfen Schläger -- auf die sie oft geringschätzig herabblicken -- in ihr politisches Kalkül einzubeziehen und sie, soweit möglich, ideologisch zu prägen. Diesem Zweck dienen auch Kontakte, die sich zwischen inhaftierten Straftätern der einen wie der anderen Kategorie in Gefängnissen anspinnen. -- Viele Neonazis setzen gegenwärtig nach den zahlreichen -- Vereinigungsverboten derletzten Jahre auf die Zusammenarbeit mit den "Jungen Nationaldemokraten". Auch dadurchsind die JN Zusammenarbeit starken neonazistischen Einflüssen ausgesetzt, was bei ihnen, vor mit den allem aber in ihrer Mutterpartei NPD, zur Fortsetzung der "Jungen NationalRichtungsstreitigkeiten führen dürfte. Eine einheitliche Linie ist demokraten" aber auch bei den Neonazis selber nicht in Sicht. "Die Nationalen e.V." müssen verkraften, daß Personen aus ihrer Führungsriege inhaftiert sind oder mit Haftstrafen zu rechnen haben. Ob sie ohne die Unterstützung des Vereinsvorsitzenden ihre Strukturen aufrecht erhalten können, ist fraglich. Sofern sie handlungsfähig bleiben, werden sie gewiß bemüht sein, ihren Einfluß in die unorganisierte rechtsextremistisch orientierte Jugendszene hinein auszuweiten und aus diesem Personenkreis weitere unabhängige Kameradschaften zu formieren. Die martialische Demonstration von Einigkeit und Stärke durch Aufmärsche Aufmärsche hat in der Neonaziszene wieder an Wertschätzung gegewinnen an wonnen. Die neuen Kommunikationsmittel ermöglichen es, Wertschätzung Veranstaltungsverbote durch komplexe logistische Leistungen unter Umständen konspirativ zu umgehen. Mit dem "Rudolf-HeßAufmarsch" 1996 in Worms hatten sie nach ihrem eigenen Eindruck einen Achtungserfolg verbuchen können. Esist damit zu rechnen, daß Neonazis große Anstrengungen entwickeln werden, zum zehnjährigen Todestag ihres Idols am 17. August 1997 den Aufmarsch von Worms noch n den Schatten zustellen. Auch für 1997 zeichnen sich im Bereich des Rechtsextremismus keine Terrorakte im engeren Sinne ab. Daß die österreichischen Briefbombenattentate erneut auf Deutschland übergreifen oder hier imitiert werden, ist allerdings nicht gänzlich auszuschließen. 79 Anhaltspunkte dafür gibt es derzeit jedoch nicht. Verfassungsschutzbericht 1996 Mitgliederzahlen rechtsextremistischer Gruppierungen (z. T. geschätzt) Bundesrepublik Deutschland Brandenburg 1995 1996 1995 19% militante Angehörige rechtsextremistischer . 1 Cliquen 6 200 6 400 500 55 unorganisierte Neonazis 1060 leicht zunehmend| 100 8 | HNG 300 gleichbleibend Einzelpersonen Einzelpei | IHV Einzelpersonen gleichbleibend Einzelpersonen Einzelpe Die Nationalen e.V. einschließlich JNA 150 gleichbleibend 110 11 (früher JNS) NPD 4000 3 500 20 21 IN 150 200 Einzelpersonen Einzelpei DVU 15000 15 000 40 4 DLVH 900 800 50 6 REP 16 000 15 000 500 351 Die Zahl der Angehörigen dieser Cliquen wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungenaus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffäll wurden; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäte die im betrachteten Jahr straffällig gewordensind; c) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenenJahren straffällig wurden undbei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewal bereitschaft gegebensind; d) extremistisch orientierte Personen, denenkeine einschlägigen Gewalttaten nachzuweist 80 ind, diedie aber sind, ab auf "GrundGrund konk: konkreter I Einzelerkenntnisse lerk i lich Beteiligung (mutmaßliche ligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen usw.) als gewaltbereit gelten müssen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechtsextremistisch motivierte Straftaten im Land Brandenburg ' 1994 1995 1996 versuchte Tötung 0 0 2 Körperverletzung 68 47 sg? Brandstiftung 3. 1 2 Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Störung des öffentlichen Friedens 28 14 10 Sachbeschädigung 35 15 18 Volksverhetzung 27 38 87: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen 436 239 334 sonstige 97 90 56 gesamt 694 444 517 davon: fremdenfeindlich 156 86 sl antisemitisch 34 24 20 Die vorgelegte Statistik beruht auf Zahlenangabendes Landeskriminalamtes Brandenburg; die Verfassungsschutzabteilung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg führt keine eigene Straftatenstatistik. Da das Landeskriminalamt den Totschlag z. N. des 23jährigen Sven Beuter in Brandenbu . Havel (vgl. dazu S. 43) statistisch als Körperverletzung mit 81 Todesfolge aßt hatte, ist diese Tat auchhier in dieser Rubrik ausgewiesen. Verfassungsschutzbericht 1996 2. Linksextremismus Linksextremistische Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland Gewalttaten und Gesetzesverletzungen, die linksextremistisch motiviert waren, wurden auch im Jahre 1996 überwiegend von militanten Autonomen begangen. Autonome verfügen nicht über militante ein klar umrissenes ideologisches Konzept, sondern folgen verAutonome schwommenen anarchistischen und anarcho-kommunistischen Vorstellungen. Sie setzen aufAktionen, nicht auf politische Programme und langfristige Strategien. Autonome erstreben ein freies, selbstbestimmtes Leben innerhalb "herrschaftsfreier Räume" und lehnen deshalb jegliche staatlichen und die meisten gesellschaftlichen Normen und Zwänge ab. Sie sind sich darin einig, daß die von ihnenals "Schweinesystem" bezeichnete staatliche Ordnung bekämpft werden müsse. Dabei bejahen und propagieren Autonome ausdrücklich den Einsatz von Gewalt. Gerade dieses Merkmal unterscheidet das breitgefächerte, ansonsten schwer eingrenzbare Protestpotential der Autonomen von anderen, insbesondere nchtextremistischen Protestgruppen und -bewegungen mit hinreichender Eindeutigkeit. "Autonome" im Sinne der Verfassungsschutzbehördensind nur solche Gruppen und Personen, die auf Grund ihrer deologischen Orientierung gewalttätig agieren, gewaltbereit sind oder Gewalt befürworten. Die von ihnen geübte Gewalt zielt in erster Linie gegen Sachen; Gewalt gegen Personen wird von ihnen jedoch nicht ausgeschlossen. Damit fassen die Verfassungschutzbehörden den Begriff "Autonome" enger als viele der heterogenen "alternativen" und "selbstbestimmten" Gruppen und Zirkel, die sich selbst als "autonom" bezeichnen, obwohl nur einige von ihnen sich zur Anwendung von Gewalt bekennen, Von ihrem Selbstverständnis her lehnen Autonome feste Organisationsstrukturen an sich ab: dennoch gbt es seit Anfang Verfassungsschutz durch Aufklärung der 90er Jahre in Teilen des autonomen Spektrums Bemühungen, verbindliche Kooperationsformen zu finden. 1992 wurde die "Antifaschistische Aktion/ Bundesweite Organisation" (AA/BO) ins Leben gerufen. Die in ihr zusammengeschlossenen militanten Gruppen wollen durch gemeinsame Aktionen und Projekte insbesondere zum Themenfeld "Antifaschismus" Strukturen aufbauen, die ein schlagkräftigeres Handeln erlauben. Andere Gruppen sind zwarnicht bereit, sich in eine verbindliche Organisationstruktur wie die der AA/BO einzufügen, sie beteiligen sich aber an "Bundesweiten Antifa Treffen" (BAT), die einen überregionalen Informationsund Erfahrungsaustausch sowie eine bessere Koordinierung der einzelnen Gruppenaktivitäten ermöglichen sollen. || | Die Autonomen orientieren sich bei ihren Protestaktionen, gerade auch den militanten, im wesentlichen an aktuellen politischen i Themen; außerdem achten sie darauf, daß ihre Anschläge im | i Sympathisantenumfeld "vermittelbar" sind, also akzeptiert und als sinnvoll betrachtet werden. Die Aktionsschwerpunkte waren -- wie "triple oppression" -- in den Vorjahren auch bestimmt von den "kla schen" Themen Kapitalismus, Rassismus und Sexismus (die gemäß der These von der "triple oppri ssion" als die drei grundlegenden Unterdrückungsverhältnisse anzusehen seien) sowie von den weiteren Hauptthemen Faschismus, Internationalismus und drohende Umstrukturierung der "eigenen" Wohngebiete. Häufig greifen Autonome daneben Anliegen von Protestbewegungen auf, um dadurch eine breitere Akzeptanz zuerreichen Anlaßbezogene Themen waren für die autonome Szene im Jahre 1996 unter anderem: die Castor-Transporte sowie die Kernkraftproblematik insgesamt, die Auswirkungen des Betätigungsverbotes für die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die Kurdenproblematik im allgemeinen, die bundesweiten Ermittlungsverfahren gegen die Herausgeber und Verbreiter der Zeitschrift "radikal", die Asylund Abschiebeproblematik, Gentechnologie, Tierversuche undTierrechte, friedenssichernde Einsätze der Bundeswehr und die angebliche "Remilitarisierung" Deutschlands. 8 Verfassungsschutzbericht 1996 Zu einem zentralen Thema der autonomen Szene Deutschlands hat sich der militante Widerstand gegen sogenannte Castor-Transporte entwickelt. Annähernd die Hälfte aller 1996 registrierten Gewalttaten mit erwiesenem oder zu vermutendem linksextremistischem Widerstand gegen | Castor-Transporte Hintergrund wurden in diesem Zusammenhang begangen. Im Vorfeld und während des Transportes von der Wiederaufbereitungsanlage La Hague zum Atommüllzwischenlager Gorleben am 7./8. Mai kam es nicht nur zu demonstrativen Akten unterschiedlicher, darunter vieler demokratischer, Gruppen, sondern auch zu Sachbeschädigungenbis hin zu Sprengstoffanschlägen, Bombendrohungen und gefährlichen Eingriffen in den Schienenverkehr. Militante Castor-Gegner, die sich als "Heidegruppe" bezeichnen, bekundeten in der Berliner autonomen linksradikales anti-akw-info nr.o Szenepublikation "es gibt viel zu august 1996 NIX*wir sind dabei tun!" "INTERIM" (Titel des linken Nr. 383 vom 12. Juli Szeneblatts A 1996 ihre Genug"Der Wurfanker") A 'Obin Gorleben, Morsleben, Garching, Ahaus, Gronau, tuung darüber, daß 'Greifswald,... es gibt vielzutunt _ das von ihnen x ee mitgetragene "Tag X-2"-Konzept -- "den Transport politisch und finanziell noch teurer zu gestalten" -- "voll aufgeganei. Insbesondie Vermischung der unterschiedlichsten Widerstandsformen [habe] gut "Rat funktioniert". 'für Auswärtige Angelegenheiten In einer "Erklärung zur Einlagerung der Glaskokillen", abgedruckt der Freien in "INTERIM" Nr. 378 vom 20. Mai 1996, resümiert ein "Rat für Republik Auswärtige Angelegenheiten der Freien Republik Wendland", einer Wendland" offensichtlich linksextremistisch gesteuerten Struktur innerhalb der Anti-Castor-Kampagne, "Protest und Widerstand [dürfe sich] nicht im Kampf gegen Atomanlagen erschöpfen": "Wir sehen die Ausein- 8 Verfassungsschutz durch Aufklärung andersetzung gegen den Castor und REPUBLIK damit für die Stilllegung aller AtomFREIES anlagenals Teil jener Kämpfe, in . WENDLAND denen sich die Menschen gegendie herrschenden Verhältnisse auflehnen. Gegen Sozialabbau, Einschränkung von Freiheitsrechten genauso wie x N gegen Rassismus und patriarchale Strukturen." Technische und taktische Anleitungen zur Herstellung von Wurfankern und zum Umgang mit ihnen, zum Fällen von Strommasten sowie verschiedene EN: .o andere Sabotageanleitungen finden DEN KAMPF UM DIE KÖPFE DER MEN SHEN AUFNEHMEN sich in zahlreichen SzeneZeichnung aus publikationen und, zusammengefaßt, in Broschüren wie "Der 5 ur . . = Ss ee . demlinken Wurfanker. linksradikales anti-akw-info" oder "55 plusX -- Mit Berliner Phantasie und Entschlossenheit gegen Atomtransporte" als "Lesetip Szeneblatt für den militanten Alltag". "INTERIM" Wie in den vorherigen Jahren unterstützen auch deutsche Linksextremisten bis in das terroristische Umfeld hinein im Rahmen der sogenannten "Kurdistan-Solidarität" die politischen Aktivitäten der einem vereinsrechtlichen Betätigungsverbot unterworfenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Praktische Unterstützungsarbeit leisten vor allem die linksextremistisch beeinflußten oder gesteuer"Kurdistanten sogenannten "Kurd n-Solidaritätskomitees", in denen, in Solidarität" jeweils unterschiedlicher Zusammensetzung, deutsche und ausländische Extremisten mitwirken. Die Ermittlungsverfahren gegen die Herausgeber und Verbreiter der linksextremistischen Untergrundzeitschrift "radikal" sowie die Tatsache, daß einige der in den Untergrund abgetauchten Verdächtigen sich selbst gestellt haben, löste in der "Szene" vielfältige Solidaritätsbekundungen und Protestaktionen aus. Als die Bundesanwaltschaft versuchte, die zum "Jahrestag" der bundesweiten Exekutivmaßnahmen vom 13. Juni 1995 erschienene Ausgabe Nr. 154 der "radikal" im Internet zu sperren, kam es zu Protesten gegen die vorgebliche "Zensur" auch im Ausland. Aus der Sicht von Linksextremisten sind Asylbewerber und Immigranten in Deutschland in jedem Falle Opfer der durch imperialistische Ausbeutung verursachten Verelendung in ihren Heimatländern. Das Wohlstandsgefälle zwischen den hochentwik85 Verfassungsschutzbericht 1996 kelten Industrieländern und den Armutsregionen in der Welt wird allein auf jahrhundertealte "kapitalistisch-kolonialistische -- Ausbeutungsverhältnisse" zurückgeführt, die heute nur in modifizierter Form -- weiterbestünden. Das soziale Engagement für Flüchtlinge wird dahernicht nur rein humanitär, sondern ebensoals Teil des politischen Kampfes gegen die herrschende staatliche Macht verstanden. Ein weiteres wichtiges Aktionsfeld militanter Linksextremisten "Kampf gegen Umstrukturierung" bleibt weiterhin der "Kampf gegen Umstrukturierung". Damit sind Protestaktionen gegen Maßnahmen zur Stadtsanierung und innerstädtischen Strukturverbesserung gemeint. Die als legitim angesehenenen Formen des Kampfes gegen angebliche "Milieuerstörung" und "Yuppisierung" der Kieze sowie gegen die behauptete Verdrängung sozialer Randgruppenreichen bis hin zuterroristischen Aktionen. Die Grenzen zwischen terroristischen Vereinigungen im strafrechtlichen Sinne und Gruppierungen aus der autonomen Szene, die sich von Berliner terroristischer Mittel bedienen, sind fließend. Aus der autonomen Autonomen am 1. Mai 1996 Szene, aber auch aus anderen Milieus stoßen immer wieder Persoin Brand nen zu Gruppierungen, die durch langfristig vorbereitete terroristigesetztes Auto sche Anschläge das politische System zudestabilisieren oder 86 Verfassungsschutz durch Aufklärung grundlegende gesellschaftliche Veränderungen in Gang zu bringen suchen. Der Widerstand gegen die neue Funktion Berlins als Bundeshauptstadt wird in der "Szene" nicht nur verbal, sondern auch durch entsprechende Anschläge thematisiert. Bereits seit einigen Jahren betätigt sich in Berlin die terroristische Gruppe "Klasse gegen a Klasse", die durch Anschläge aufvonihrals solche bezeichnete KlausSO "Nobelkarossen" und "Yuppierestaurants" eine Umgestaltung Berlins zu verhindern trachtet. Trotz intensiver Ermittlungen konnten bis heute die Täter nicht festgestellt werden. Manche terroristische Vereinigungenarbeiten nach dem Zellenprinzip und agieren als sogenannte "Feierabendterroristen". Die Angehörigen dieser Gruppen, wie der "Revolutionären Zellen" oder "Feierabendderen Frauengruppe "Rote Zora", gehen einer unauffälligen berufliterroristen" chen Tätigkeit nach und verüben in ihrer Freizeit Anschläge. Deshalb benötigen sie keine umfangreiche Logistik für ein Leben im Untergrund. Der deutsche Linksterrorismus hat sich in seinen Erscheinungsformen währendder letzten Jahre erheblich gewandelt. Während in den 70er Jahren die "Rote Armee Fraktion" (RAF) eine andere Republik "herbeibomben" wollte, habenterroristische Vereinigungen wie "Das K.O.M.LT.E.E.", die "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) und die "Revolutionären Zellen" (RZ) in jüngerer Zeit versucht, das "System" durch Nadelstiche herauszufordern. Zunehmende Bedeutung im linksextremistischen Spektrum gewinnt der "Antiimperialistische Widerstand" (AIW). Bei ihm handelt es : Arne a ee rschiede: -- keineswegs in um verschiedene . Nadelstiche gegen -- sich einheitliche Personendas "System zusammenhänge, die zumindest verbal den gewalttätigen Wider- = stand gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bejahen und über seine konkreten Formendiskutieren. Derartige Überlegungen über den Sinn und Zweck weiterer terroristischer Anschläge kamen zu Beginn der 90er Jahre in den Gruppen auf, die bislang die RAF ideologisch oder auch praktisch unterstützt hatten. Die RAFhatte durch die von ihr selbst im Jahr 1992 gesetzte Zäsur (vorläufiger Verzicht auf gezielte tödliche Aktionen, verbunden mit einer strategischen Neuorientierung) zumindest eine grundsätzliche Diskussion über den bewaffneten Kampf und den "Aufbau einer sozialen Gegenmacht von unten" erreichen wollen. Nicht alle mit der RAF sympathisierenden Linksextremisten akzeptierten diesen Richtungswechsel. So gibt es Personen, die weiterhin die "alte" RAF-Ideologie befürworten, ohne 87 der RAF anzugehören oderihr unmittelbar nahezustehen. Verfassungsschutzbericht 1996 E E] Die kommunistischen Parteien und Vereinigungen haben, wenn kommunistische auch deutlich geschwächt, ihre Sinn-, Glaubwürdigkeitsund Parteien und Vereinigungen Bestandskrise nach dem Ende des "realen Sozialismus" in Europa überlebt. Ohne ihren einstigen Einfluß wiedererlangt zu haben, sind se nunmehr in die Phase einer gewissen Konsolidierung eingetreten, allerdings auf einem entsprechend niedrigen personellen und organisatorischen Niveau. Noch sind die marxistisch-leninistischen Parteien allerdings überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Da ihre Aktionsfähigkeit begrenzt ist, wächst bei ihnen die Bereitschaft zur Kooperation miteinander; diese scheitert aber immer wieder an mangelnder Bündnisfähigkeit oder kommt nur temporär bzw. zu aktuellen Anlässen zustande. Daneben streben insbesondere orthodox-kommunistisch ausgerichtete Gruppen danach, sich einflußreicheren Organisationen anzuschließen, um nicht völlig unterzugehen. ETneE, Trotzkistische Organisationen spielen im linksextremistischen Spektrum der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor eine Außenseiterrolle. Bundesweit beläuft sich ihre Mitgliederzahl insgesamt auf nur einige hundert. Ihre öffentliche Ausstrahlung ist äußerst gering, eher erfolgreich sind dagegen Versuche, mit der Methode des Entrismus andere -- auch demokratische -- Organisationen oder Bewegungen zu unterwandern oder Tarnorganisationen ins Leben zu rufen. So hat die "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) eine Vorfeldorganisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" | "Jugendoffensive/ (JRE), mittlerweile umbenannt in "Jugendoffensive/JRE" (JO/JRE), JRE" gegründet. Diese hatte zunächst einen beachtlichen Zulauf von jugendlichen "Antifaschisten" aus dem linken wie auch dem linksextremistischen Spektrum verzeichnen können. Nachdem jedochihr trotzkistischer Hintergrund bekanntgeworden war, haben sich viele ihrer Anhänger wieder von ihr abgewandt. Das wichtigste neue Kommunikationsmittel, mit dessen Hilfe sich linksextremistische Gruppen und Einzelpersonen -- auch unabhängig von jedweden Organisationsansätzen -- bundesweit und im internationalen Rahmen vernetzen, sind weiterhin die Mailboxen. "Mailboxverbund So betreiben Autonome und andere Linksextremisten den "SpinnenNetz" Mailboxverbund "SpinnenNetz" (SN), der hauptsächlich der internen, konspirativen Kommunikation dient. Daneben gewinnt vor allem der Mailboxverbund "ComLink" (CL), der überwiegend von demokratischen Gruppen, aber auch von Extremisten genutzt wird, an Bedeutung. . Seit Anfang 1996 bedienen sich Extremisten verstärkt des Internets zur Selbstdarstellung, zur Verbreitung von Schriften sowie zur Verfassungsschutz durch Aufklärung Propaganda aller Art. Das Internet wird von ihnen in Zukunft voraussichtlich noch stärker genutzt werden, da es gegenüber den Linksextremisten Mailbox-Systemen deutliche Vorteile bietet: Auftechnisch einfache, im Internet schnelle und preiswerte Art können Informationen an ein potentiell millionenfaches Publikum weitergeleitet werden. Die Nutzung von Infotelefonen dagegen verliert bei Linksextremisten zunehmend an Bedeutung. Linksextremismus im Land Brandenburg Die gefährlichste Erscheinungsformlinksextremistischer Bestrebungen im Land Brandenburg war auch 1996 die Gewalt, die von meist jugendlichen Gruppen Autonomer ausging. Im Vergleich zum Gewalt junger Vorjahr ist die Anzahl der Gewalttaten ungefähr gleichgeblieben. Autonomer Ein "Kampffeld", die Auseinandersetzung um besetzte Häuser, konnte allerdings durch zielgerichtete Bemühungen kommunaler Behörden weiter beruhigt werden. Die örtlichen Schwerpunkte der Szene haben sich nur wenig verschoben, obschon sich hier und dort neue Gruppierungen gebildet haben, während andere zerfallen sind. Dagegen haben sich einige autonome Kerngruppen auch ideoloDan DU DICH WEHREN ) NICHT UNTERGEHEN WILLST, MUBT, Verfassungsschutzbericht 1996 gisch dadurch weiter verfestigt, daß sie ihre Aktionen durch die Beschäftigung mit einschlägigen Informationssammlungen planmäBig vorbereiten. EEEETSTEET BETnnET ER Dabei hat insbesondere die Thematisierung des Widerstandes gegen Castor-Transporte eine Rolle gespielt. Gesicherte Anhaltspunkte für das Vorhandensein eigenständiger terroristischer Strukturen im Land Brandenburgliegen bishernicht vor, es besteht jedoch Grund zu der Annahme, daß es durchaus Verbindungen von Einzelpersonen oder Kleingruppen aus Brandenburg zum Umfeld terroristischer Vereinigungen gibt. Auch werden in Teilen der autonomen Szene terroristische Mittel ohne weiteres akzeptiert. Die marxistisch-leninistischen Kleinparteien in Brandenburg haben auch 1996 kaum Aufmerksamkeit erregen können. Trotzkisten spielen nach wie vor auch in Brandenburg nur eine unerhebliche Rolle. Die bundesweit agierende, zum anarchistischen Spektrum "Föderation Gewaltfreier zählende "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA) 'Aktionsgruppen" deren Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit allerdings nunmehr durchihr Handeln widerlegt wird -- hat in Brandenburg Sympathisanten sammeln können. Linksextremistisch orientierte Jugendszene Zurlinksextremistisch orientierten Jugendszene im Land Brandenburg zählen etwa 350 Personen. Sie sind im allgemeinen gewaltgeneigt, auch wennsich nur.einiße von ihnen im Jahr 1996 unmittelbar an Gewalttaten beteiligt haben. Schwerpunkte autonomer Personenzusammenschlüsse sind unter anderem die Städte Cottbus, Eberswalde, Frankfurt (Oder), Potsdam und Rathenow. Aber auch in anderen Kommunen gibt es vergleichbare Gruppen. Sie bestehen in ihrem Kern meist aus zehn bis 20 Personen, die ihre Aversion gegen gesellschaftliche Normen und Konventionen mehr oder minder demonstrativ zur Schau stellen. Seit Jahren agieren autonome Gruppierungen im Land Brandenburg Szeneblätter auf den Aktionsfeldern "Antifaschismus" und "Antimilitarismus". Anlaßbezogenrücken aber durchaus auch andere Themenfelder in -- den Mittelpunkt ihres Handelns so im Jahr 1996 die Anti-CastorAktionen. Nach wie vor tauschen Autonome in Szeneblättern Informationen, Meinungen und Appelle aus. Die Antifa-Zeitschrift "...hinter den 8 Kulissen" berichtet über Themenaus der Region Berlin-BrandenVerfassungsschutz durch Aufklärung burg. In einigen Artikeln des Blattes kommt unverhohlen die Sympathie der Herausgeber für militante Aktionen zum Ausdruck. So wird eine gewaltsame Hausbesetzung in Potsdamin der Ausgabe 2/96 wie folgt beschrieben: "Kein Grundfür andere, sich damit nicht zu beschäftigen, das Straßenparkett abzutragen und die 'Kostbarkeiten' wiederum ins Haus hineinzutragen. Beim Abzug derPolizeikräfte flogen die ersten Steine, so daß der Bullentroß zumStillstand gebracht wurde. Erteilte sich auf und umzingelte nun das besetzte Gebäude. Hinter dem Haus wurden darauf eiligst Barrikadenerrichtet, bestehend aus quergestellten Lieferwagen, Parkbänken und Mülltonnen. Mit Pflastersteinen bewaffnet wartete mensch darauf, ob die Staatsschergen geneigt waren, näherzutreten. Prophylaktisch flogen nochmal ein paar Steine auf die feindlichen 'Stellungen' ..." Das in Potsdam herausgegebene Heft "buratino" greift aktuelle Themen aus der lokalen Szene auf. Jedoch gibt diese Publikation auch der Erörterung überregional bedeutsamer Fragen breiteren Raum. Die Zeitschrift "Red Stachel" erscheint in Bernau für den Barnimer Raum. In ihr wird neben der Berichterstattung zu sozialen und ökologischen Problemen der Region -- für linksextremistische oder linksextremistisch beeinflußte Veranstaltungen geworben, selbst Aufrufe zu militanten Aktionen werden nicht ausgespart. Beispielsweise heißt es in dem Artikel "Gentechnikexperimente bei Bernau", der in der JuniZeichnung , Ausgabe 1996 abgedruckt war: "Nochradikaler gingen ein paar aus dem Potsdamer 2aa andere Gentechnikgegner vor. Sie pflügten die Felder zusammen Szeneblatt mit den Pflanzen einfach um. Vielleicht findet sich ja auch in "buratino" Schönfeld und Umgebung ein mutiger Bauer." Diese Zeitschriften und ähnliche Publikationen aus anderen Bundesländern werden überwiegend durch "Infoläden" vertrieben. Solche befinden sich zum Beispiel in Potsdam und Cottbus. Info91 Verfassungsschutzbericht 1996 ee:Sara K" Aufrufe zur läden dienen darüber hinaus als Anlaufpunkte für Kontakte zwischen j' Demonstration"... "Antifaschistischen regionalen o Gruppenals auch zu Autonomenin anderenTeilen i Deutschlands. ANTIFASCHISTISCHE Besonders intensivpflegen die brandenburgischen Autonomenden Kontakt zu DEMONSTRATION Gesinnungsfreunden in Berlin. Von ihnen bekommensie unter anderemlogistische 11. Mai 1996, 16.00 Uhr Unterstützung bei der Organisation von Demonstrationen und der Herstellung von Brandenburg a.d.H.' Flugblättern. Die Kontaktadresse der "Antifaschistischen Gruppen Land Hauptbahnhof (Vorplatz . : pP ( p ) Brandenburg"ist der Berliner "Nach- | 8. Mai - der Tas der laden", ein Infoladen, der auch als Treff- | | Befreiun @ fungiert.SobleibendieBrandenburger punkt für Mitgliedsgruppen der AA/BO Autonomen in bestimmtem Umfang von den Autonomen in Berlin abhängig, denen wiederum eine gewisse Dominanz in der Region nicht unwillkommen ist. a an ae er Bean I Havedl Frankfurt(Oder) Pürsotakte Guben (c) militante Antieo Cottbus Forst Castor-Aktionen im Land Finsterwalde " Brandenburg (c) Spremberg Senftenberg x im Jahre 1996 e n 5 ne er ER ) 4 us 'Anschläge/Sachbeschädigungen an Strommasten 8 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehrmittels Hakenkrallen " "gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr 8 Verfassungsschutz durch Aufklärung "Antifaschistischer Kampf" -- das bedeutet für die Autonomen Anschläge auftatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und auf Einrichtungen, die an der Verbreitung "nazistischen" Schriftund Gedankenguts beteiligt sind. Die "antifaschistische Selbsthilfe" geht teilweise so weit, daß in autonomen Szenezeitschriften einem Steckbrief ähnliche Darstellungen von vermeintlichen oder tatsächlichen "Nazis" erscheinen, die direkt oder indirekt zu Gewalttaten gegen die Dargestellten auffordern. Am 3. Februar wurde der Betreiber des "Nationalen Pre chivs" (N.P.A.) in Frankfurt (Oder) tätlich angegriffen. Diese Aktion stand offenbar in Verbindung mit einer öffentlich geführten Kampagne gegen das N.PA. durch linke Gruppierungen. Diese fand ihren Höhepunkt in einer Demonstration "Das Natonale Pressearchiv auflösen" am 2. März n Frankfurt (Oder), zu der Brandenburger Autonome auch in der Berliner Szenezeitschrift "INTERIM" Nr. 364 vom 22. Februar und Nr. 365 vom 29. Februar 1996 aufgerufen hatten. Anihr beteiligten sich etwa 150 Personen. Einige vonihnen versuchten, von der genehmigten Route abzuweichen und zur Wohnung des Betreibers des N.P.A. vorzudringen. Sie attackiertendie Polizei; dabei wurden zwei Polizeibeamte verletzt. Der Betreiber des N.P.A. war unter anderem in den oben genannten "INTERIM"-Beiträgen mit Namen und Wohnanschrift genannt worden. "Antifa"-Demonstrationen haben keineswegs immer einen extremistischen Charakter; vielmehr beteiligen sich an ihnen auch Nichtextremisten, um auf legitime Weise ihrer Solidarität mit Opfern rechtsextremistischer Anschläge oder ihrem Protest gegen staatliche Entscheidungen Ausdruck zu geben. Bestimmte "Antifa"-Kundgebungen werden allerdings von Autonomeninitiiert oder maßgeblich unterstützt. Auch dann könnensie friedlich verlaufen; nicht selten aber benutzen Autonome sie dazu, ihren Forderungen mit gewalttätigen Aktionen Nachdruck zu verleihen. Am19. Oktober fand eine von Autonomen organisierte antifaschistische Demonstration in Eberswalde statt. In einemin der Berliner Szenezeitschrift "INTERIM" Nr. 392 vom11. Oktober 1996 abgedruckten Aufruf wurde die Demonstration unter das Motto "Kampfden braunen Zonen Berliner Umlandnicht in Nazihand" gestellt. Gleichzeitig sollte "die Forderung nach einemlinken Jugendtreff" n Eberswalde bekräftigt werden. Im Verlauf der DemonstraVerfassungsschutzbericht 1996 tion kam es zu mehreren strafbaren Handlungen der Veranstaltungsteilnehmer, so unter anderem zu Sachbeschädigungen, Verstößen gegen das Waffengesetz und Körperverletzungen Im Land Brandenburg sind 1996 mehrfach tätliche Auseinandersetzungen zwischen linksund rechtsextremistisch orientierten r--- Jugendlichen bekannt geworden. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle handelte es sich dabei um Konflikte zwischen lokalen gewaltbereiten Jugendcliquen. Sie definieren sich im Verhältnis "Faschos "und zueinander als "politische Gegner", also als "Nazis" bzw. "Faschos" "Zecken" einerseits und als "Zecken" andererseits -- mitunter nur wegen des äußeren Erscheinungsbildes. Oft beginnen diese Auseinandersetzungen spontan und ungeplant; zum Teil wird die ideologische Konfrontation jedoch so weit verinnerlicht, daß extremistisch motivierte, zum Teil planmäßig vorbereitete Aktionen unterstellt werden müssen. So klären Autonome im Rahmen ihrer "Antifa"Arbeit Treffpunkte und Angehörige der rechtsextremistisch orientierten Jugendszene ab, um sie dannzielgerichtet anzugreifen. Am 31. August wurden während eines Konzertes auf der Festwiese von Lugau "rechte" Jugendliche von einer Gruppe "linker" Jugendlicher als "Faschoschweine" beschimpft. Unter den Rufen "Laßt die Glatzen platzen" folgten Steinund Flaschenwürfe, dann wurden die Opfer mit Baseballschlägern angegriffen. Neun Personen mußten ärztlich behandelt werden Am 18. August überfiel in Lauchhammer ene Gruppe von 15 bis 20 vermummten Jugendlichen fünf von einer Geburtstagsfeier kommende Personen. Diese wurden als "Nazischweine" beschimpft, mit Baseballschlägern geschlagen undteilweise beraubt. Be den Geschädigten handelt es sich um vermeintliche Angehörige der örtlichen "rechten" Szene: zwei mußten mit schweren Verletzungen im Krankenhaus bleiben. Im Verständnis der Autonomen richtet sich der "antifaschistische Kampf" allerdings nicht nur gegen Rechtsextremisten, sondern j auch gegen die bürgerliche Ordnung, da sie mit ihrer Herrschafts- h struktur den Kapitalinteressen diene und deshalb zwangsläufig den Keim des Faschismusin sich trage. Daß der Widerstand gegensie auch Gewalt einschließe, wird in Aufrufen wie diesem mehr oder minder unzweideutig ausgesprochen: "... Widerstand heißt auch Angriff !!! Unser Kampf richtet sich... gegen all die, von denen Verfassungsschutz durch Aufklärung RASSISMUS, FASC HISMUS und Kein Vergeben KRIEG ausgeht, gegenall die, die die Kein Vergessen !H! Moral für zulässig halten, daß es ein i Oben u. ein Unten gibt. Wer nicht Das politische Klimaist für nicht kampf icht lacht. hat sch wenige in diesem Land lebens - ämpft u. nicht lacht, hat schon gefährlich geworden. verloren!" (aus einem Flugblatt der Dagegen werden wir immer ver"A n Antifaschistische suchen, etwas zu unternehmen. Autonomen Antifaschistischen Widerstandheißt auch Angriff !ll Gruppen", das am 18. August im UnserKarelee nenn Stadtgebiet von Forst geklebt wurde). Sn gen Enlavn ara il an . 5 RASSISMUS, FASCHISMUS und Ein Teil der autonomen Szene engaKRIEG ausgeht, gegenall die,die giert sich in der "antimilitaristischen" die Moralfür zuläßig halten, daß = nz as me es ein Oben u. ein Unten gibt. Bewegung. Diese Autonomen wollen Wernicht kämpft u. nicht lacht damit gegen einen der Eckpfeiler des hat schon verloren ! "staatlichen Machtund UnterSpaß haben ! drückungsapparates" ankämpfen, der aus ihrer Sicht lediglich die gegen das eigene Volk oder die Weltbevölkerung 'Autonome Antifaschistische Gruppen ! gerichtete Politik der Herrschenden absichert. Daß sie keineswegs aus pazifistischer Gesinnung handeln, beweisen sie durch Anschläge und Sabotageakte. Am 2. Januar sabotierten militante Wehrdienstgegner den Betriebsablauf zwischen den Bahnhöfen PotsdamGriebnitzsee und Berlin-Wannsee. Dabei durchtrennten se ein Sensorkabel einer Schrankenanlage. Ferner befestigten sie an zwei Schaltkästen für Achszähler Bräandsätze, die jedoch aufgrund der zu jener Zeit herrschenden Kälte nicht zündeten. An einem Fahrleitungsmast befestigten sie eine lebensgroße Puppe. Unter dem aus einer Schweinsmaskebestehenden Kopfbefand sieh| einWecker, undaufeinemder PuppeumgeJedes9 lie | hängten Bild klebte ein Piktogramm mit der Warnung"Vorsicht Explosionsgefahr". Am I Aschiebe ehezne at } Schild war ferner die Parole "Jedes Herz eine -- Zeitbombe! Rekrutenzüge Apschiebezüge stoppen!" angebracht. In einer fünfseitigen Taterklärung, die unter anderem in der Unter grundzeitschrift "radikal", Ausgabe 6/96, abgedruckt wurde, bekanntesich die Gruppe "Flammende Herzen und Freunde" zu diesem Anschlag Durch die Sanierung undarchitektonische Fortentwicklung innerstädtischer Baugebiete schen Autonome eigene soziale Nischen bedroht, in denen sie ein Leben außerhalb gesellschaftlicher Zwänge zu führen hoffen. Zugleich begreifen sie den Kampf umbesetzte Verfassungsschutzbericht 1996 Häuser auch als eine Form des Widerstandes gegen das "System": "hausbesetzung heißt für uns auch kampfgegen ein system, dessen alltäglicher faschismus jetzt mit den morden von lübeck wieder eskalierte" (in: "INTERIM" Nr. 360 vom 25. Januar 1996). Anläßlich der von Berliner Autonomen initiierten "Haus-- besetzeraktionstage radikal und mietfrei ins nächste Jahrtausend" vom 5. - 13. April unternahm die "PotsdamAbteilung der BesetzerInnenwoche 1996" am 7. April unter dem Motto "Potsdam in Stuß und Asche" eigene Aktionen "Potsdam Sodiente ein "Osterspaziergang" dazu, die ehemalige in Stuß russische Musikschule in der Hegelallee 5, die zu dieser und Asche" Zeit gerade saniert wurde, zu besetzen. Aus dem Haus heraus bewarfen die Besetzer sodann zahlreiche vorbeifahrende Fahrzeuge mit.Steinen. Auch umliegende Gebäude wurden mit Flaschen und Steinen beworfen, so daß Fens heiben zu Bruch gingen. Bagger und Nutzfahrzeuge, die auf dem angrenzenden Gi de abgestellt waren, wurden aufgebrochen undbesc ädigt. Berliner Dieses Beispiel zeigt, daß sich aktuelle Entwicklungen in der HausbesetzerBerliner Hausbesetzerszene auch auf das Land Brandenburg auswir- $ szene ken. Die vermehrten Häuserräumungen in Berlin habenallerdings bisher nicht dazu geführt, daß die betroffenen Besetzer in größerer Zahl ins Umland ausgewichensind. Nachdem im Jahr 1995 autonome Tierrechtler durch militante Aktionen in Brandenburg aufsich aufmerksam gemacht hatten, standen 1996 militante Proteste gegen den Einsatz von Gentechnik im Mittelpunkt: Es ereigneten sich mehrere Anschläge auf Versuchsfelder mit gentechnisch erzeugten Pflanzen in Golm und Schönfeld. In den Monaten August und September zerstörten Unbekannte ein Maisfeld in Schönfeld (Barnim). Während beim ersten Anschlag nurein Teil der Fläche zertreten wurde, zerstörten die Täter beim zweiten Anschlag die Versuchsfläche vollständig. Dadurch entstand ein finanzieller Schaden in der Höhe von ca. 150.000 Mark In einschlägigen Szenepublikationen und insbesondere in der Berliner Szenepublikation "INTERIM" wurde unverhohlen zur Sabotage und Zerstörung von Versuchsfeldern aufgerufen sowie über "erfolgreiche" Aktionen in Golm und Schönfeld berichtet. Verfassungsschutz durch Aufklärung Bundesweit sind im Jahr 1996 annähernd die Hälfte aller Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen ganz oder teilweise verhindert worden. In dem Selbstbezichtigungsschreiben der militanten linksextremistischen Gruppe "K.A.B.E.L.S.C.H.N.LT.T.", die am9. Juli vier Glasfaserkabel in einem Kabelschacht der Deutschen Telekom im Bereich des Frankfurter Rhein-MainFlughafens durchtrennt hatte, werden als "mutmachende Beispiele" für Sabotageaktionen "die äußerst wirkungsvollen Widerstandsaktionen gegen die Genversuchsfelder und die Castortransporte" genannt (in: "INTERIM" Nr. 384 vom 20. Juli 1996). Linksextremistischer Terrorismus Antiimperialistische Zelle" (AIZ : Am 25. Februar 1996 wurden in Witzhave bei Hamburg zwei Personen festgenommen, die im Verdacht stehen, als Mitglieder der AIZ Anschläge geplant und verübt zu haben. Seither hat die AIZ sich weder durch weitere Terrorakte noch durch schriftliche Bekundungen mehr gemeldet. Offenbar ist mit der Festnahme der beiden Verdächtigen die AIZ in ihrer Handlungsfähigkeit ganz erheblich keine Terioralla getroffen worden. Die AIZ hatte in den vergangenen Jahren an das in Brandenburg Konzept des bewaffneten Kampfes der RAF anknüpfen wollen und etliche Anschläge vor allem gegen Politiker verübt; dabei hatte sie bewußt in Kauf genommen, auch Unbeteiligte zu gefährden. Die AIZ selbst sprach von "potentiell tödlichen Aktionen". Von besonderer Beachtung für das Land Brandenburg ist die Tatsache, daß die beiden Verdachtspersonen hier -- wie auch in anderen Bundesländern -- mehrere Erddepots angelegt hatten. Einen Anschlag in Brandenburg verübtensie jedoch nicht. Die Anschläge der AIZ mindestens seit dem Jahr 1995 sind innerhalb des linksextremistischen Lagers zumeist auf scharfe Ablehnung gestoßen. Auch die offene Sympathie für den Islam fundamentalistischer Prägung, der sowohl in Bekennerschreiben der AIZ als auch in den Bekundungen der beiden mutmaßlichen Tatverdächtigen zum Ausdruck kommt, trifft bei Linksextremisten überwiegend auf Unverständnis. So veröffentlichte die Szeneschrift "radikal" Nr. 154 vom Juni 1996 den Beitrag "Von der 'Schönheit' -- des Islams Einige Anmerkungen zu den willentlichen Irrungen der aiz". Dort wird unter anderem zur AIZ festgestellt: "Ihre selbstgewählten Bündnispartner mögen zwar ausgesprochen mutige Kämpfer abgeben, bewegen sich aber mit ihren Zielen und ihrer Praxis in einem Feld, in dem es aus linksradikaler Sicht keine 101 Verfassungsschutzbericht 1996 Gemeinsamkeiten geben kann. Im Gegenteil: Die Politik der Islamisten ist reaktionär, rassistisch und sexistisch. ... Da die aiz an dieser Politik Gefallen findet, dürfte es wohl kaum möglich sein, sie weiter im Bereich der Linken zu orten. ... Zu einer Gruppe, die den Einsatz von selbstgebauten Splitterbombenauf belebtenPlätzen gutheißt, darf es kein solidarisches Verhalten geben." Deshalb lösten auch befristete Hungerstreikaktionen der beiden inhaftierten Tatverdächtigen keine nennenswerte Solidaritätskampagne in der Szene aus. Es ist bislang nicht erkennbar, daß sich Linksextremisten in Brandenburg in erwähnenswerter Weise mit der AIZ-Thematik beschäftigen. . "Rote Armee Fraktion" (RAF) Auch 1996 ist die RAF nicht zu Terrorakten zurückgekehrt. Ihr Fortbestand als terroristische Vereinigung wird immer zweifelhafter. Die RAF-Angehörige Birgit HOGEFELD sprach sich in ihrer Schlußerklärung am 29. Oktober vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main für eine Auflösung der RAF aus. Sie sagte: "Wir waren denen, die wir bekämpfen wollten, ... sehr ähnlich und sind ihnen wohl immer ähnlicher geworden. ... Der Kampf, wie ihn die RAF geführt hat, gehört einer vergangenen Epoche an. Heute denke ich, daß eine Selbstreflexion allerspätestens 77 hätte einsetzen - müssen, anstatt in eine Auseinandersetzung RAF Staat zutreiben, bei der die Gesellschaft, aber auch der Großteil der Linken außen Konzept des vor stand. Deshalb finde ich die Aufforderung von Helmut Pohl " bewaffneten ' Kampfes [inhaftiertes RAF-Mitglied] an die Illegalen, ihre Auflösung als gescheitert RAF zu erklären, richtig -- dieser Schritt ist lange überfällig. ..." Damit gestand sie ein, daß das RAF-Konzept des bewaffneten Kampfes gescheitert ist Die RAF folgte dieser Empfehlung nicht. Vielmehr meldete sie sich mit einem Schreiben vom 29. November an eine Nachrichtenagentur wieder zu Wort -- dies ihre erste öffentliche Stellungnahme seit dem6. März 1994. In diesem Papier wie auch n daran anknüpfen-- Ratund den weiteren Schreiben offenbart die RAF aufgegenüber früheren 'KonzeptionsVerlautbarungen abgesunkenemintellektuellen Niveau -- ihre Ratlosigkeit und Konzeptionslosigkeit. Sie pocht zwar darauf, daß "gewalttätige Verhältnisse mit revolutionärer Gegengewalt" zu beantworten seien, bietet dafür aber keine Strategie an, die auch nurfür Sympathisanten nachvollziehbar wäre. Überhauptist es fraglich, inwieweit die RAF derzeit noch handlungsfähig oder gar in der Lage ist, An102 schläge zu verüben. Verfassungsschutz durch Aufklärung Öffentliches Interesse fanden 1996 -- neben dem erwähnten Prozeß - gegen Birgit HOGEFELD die Verurteilung von Souhaila ANProzesse DRAWES wegenihrer Beteiligung an der Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" 1977 nach Mogadischu und der Prozeß gegen Monika HAAS wegen des Verdachts der Unterstützung dieser Entführung durch Waffenlieferungen. Besondere Aufmerksamkeit zog auchdas in der Presse so bezeichnete "Aussteigerprogramm" des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf sich. Im Rahmen dieses Programms ist der ehemals der RAF-Kommandoebene zugeordnete Christoph SEIDLER in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt; der Haftbefehl gegen ihn ist mittlerweile aufgehoben. Im Jahr 1997 wird die Aufarbeitung der RAF-Geschichte besonderes Interesse finden. Dennes jähren sich zum 20. Mal die Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seiner beiden + Begleiter Wolfgang Göbel und Georg Wurster, des Vorstandssprechers der Dresdner Bank Jürgen Ponto und des Präsidenten der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände Hanns-Martin Schleyer, die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" und der Selbstmord der in Stammheim inhaftierten Wortführer der sog. ersten RAF-Generation Andreas BAADER, Gudrun ENSSLIN und Jan-Carl RASPE. In der linksextremistischen Szene wurde und wird -- der Selbstmord der genannten RAF-Angehörigen selbst nach den eindeutigen Aussagen damaliger RAF-Mitglieder -- immer nochals staatliche Hinrichtung deklariert, ähnlich wie dies Rechtsextremisten von ihrem Idol Rudolf Heß behaupten. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die Beschäftigung mit diesen Ereignissen in der linksextremistischen Szene genauso viel Interesse wie in den Medien finden wird. Auch Brandenburger Linksextremisten befassen sich mit der RAF. In der Nacht zum 27. Juni 1996 wurden an einer Autobahnbrücke bei Neuruppin Transparente mit der Aufschrift: "Grams -- es war Mord" und "GSG 9 tötete Wolfgang Grams" angebracht. Diese AkGedenktion stand offenbar im Zusammenhang mit der linksextremistischen veranstaltung Gedenkveranstaltung am 27. Juni in Bad Kleinen, die an die Ereignisse auf dem dortigen Bahnhof vor drei Jahren erinnern sollte. Im Zusammenhang mit der damals beabsichtigten Festnahme des RAFMitglieds Wolfgang GRAMS stellen Linksextremisten bis heute die Behauptung auf, er sei von der Bundesgrenzschutzeinheit GSG9 hingerichtet worden. Bei der Gedenkveranstaltung, an der auch Brandenburger Linksextremisten teilnahmen, wurde dazu aufgerufen, der "staatlichen Selbstmordversion" die "Wahrheit" entgegen103 zustellen. Verfassungsschutzbericht 1996 Weitere terroristische Vereinigungen Seit dem Anschlag am 24. Juli 1995 auf die Lürssen-Werft in Lemwerder bei Bremen haben die "Revolutionären Zellen" (RZ) keinen Terrorakt mehr begangen. Das läßt aber nochnicht die Schlußfolgerung zu, daß sie dazu nicht mehr in der Lage wären. Die "Revolutionären Zellen" und die entsprechende Frauengruppe "Rote Zora" zeichnen sich dadurch aus, daß ihre Angehörigen unauffälligen beruflichen Tätigkeiten nachgehen und in ihrer Freizeit Anschläge verüben. Das hat für sie den Vorteil, daß ihre Aktionen weniger Logistik erfordern, als wenn sie aus der Illegalität heraus vorbereitet würden. In Brandenburg haben die "Revolutionären Zellen" 1993 einen Sprengstoffanschlag zumNachteil des Grenzschutzamtes Frankfurt (Oder) verübt. Seither sind sie hier nicht mehr in Erscheinung getreten. Die Gruppe "Das K.O.M.I.T.E.E.", die am 27. Oktober 1994 einen Anschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt hatte und am 11. April 1995 durch eine Polizeistreife an der Sprengung der Abschiebehaftanstalt Berlin-Grünau gehindert worden war, hat sich nach ihrer Auflösungserklärung vom 6. September 1995 nicht mehr zu Wort gemeldet. Gleichwohl haben Publikationen der linksextremistischen Szene auch 1996 das Konzept, das hinter dem mißlungenen Anschlag auf die Abschiebehaftanstalt Berlin-Grünau stand, thematisiert. So schrieb beispielsweise die Untergrundzeitschrift "radikal" Nr. 154 vom Juni unter der Überschrift "Militanz -- da reden wir lieber ErTE nicht drüber?": "... bei der versuchten Sprengung eines (im Bau befindlichen) Abschiebeknastes handelt es sich ja um eine Aktion, die sozusagen aus der Mitte der derzeit wohl stärksten Bewegung innerhalb der Linken kommt; also nicht losgelöst von derzeit geführten Diskussionen ist... Woran sich also die Frage anschließt: Wennselbst diese Aktion, in deren Zusammenhang auch noch drei Unsicherheit Menschen abtauchen mußten, nicht dazu genutzt wird, sich über poi Sinnund politischen Erfolg politische Interventionsformen auszutauschen und darüber zu terroristischer diskutieren, wann dann?" Aktionen Diese Frage läßt erkennen, daß sich in Teilen der linksextremistischen Szene Unsicherheit über den Sinn und denpolitischen Erfolg terroristischer Aktionen breitmacht. Verfassungsschutz durch Aufklärung Marxistisch-leninistische Parteien und ihre Nebenorganisationen "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Gründungsjahr: 1968 Sitz: im Land Brandenburg aktiv seit: Nebenorganisation Essen 1990 rAENReEGSER (Jugendorganisation): "Sozialistische Deutsche SeSuwEIR SeNE Arbeiterjugend" (SDAJ) Mitglieder bundesweit: über 6.000 Brandenburg: 60 für das Land Brandenburg relevante überregionale Publikation: "Unsere Zeit" (UZ) Brandenburger Publikation: "Roter Brandenburger" In den ostdeutschen Bundesländern hat sich die DKP bisher nur ansatzweise etablieren können. Ihre Attraktivität ist selbst für Personen, die weiterhin kommunistischen Ideen anhängen, relativ gering. Die Bezirksorganisation Berlin-Brandenburg war durch ideologische Differenzen und innerparteiliche Richtungskämpfe m Jahr 1993 in drei Organisationseinheiten zerfallen; nunmehr hat sich 1996 eine eigene, zunächst von einer Koordinierungsgruppe Landesgeleitete, Landesorganisation Brandenburg konstituiert. Sie gibt organisation jetzt ein eigenes Mitteilungsblatt heraus. Die darin behandelten Brandenburg Themen reichen von "Sozialabbau" und "Siegerjustiz" über DDRReminiszenzen bis zu Kommentaren und Berichten von Veranstaltungen der DKP odergleichgesinnter Organisationen. Nach dem Tenor der meisten Beiträge zu urteilen, verharrt die brandenburgische DKP in der konventionellen marxistisch-leninistischen Ideologie. Entsprechendhält sie unverändert an ihrer revolutionären Zielset105 zung fest. Verfassungsschutzbericht 1996 Die DKP hält Ausschaunach gleichgesinnten Bündnispartnern unter verschiedenen kommunistischen Gruppierungen. Sie unterhält auch weiterhin Verbindungen zu ausländischen "Bruderparteien" -- zumeist kommunistischen Überbleibseln der ehemals staatstragen"Sozialistische den Parteien im "sozialistischen Lager". E Deutsche (c) Arbeiterjugend" Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) hat sich auch 1996 in Brandenburg nicht bemerkbar gemacht. "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) Gründungsjahr: 1990 Sitz: Berlin im Land Brandenburg aktiv seit: 1990 Mitglieder bundesweit: 200 Brandenburg: 40 Die KPD,die sich traditionsbewußt auf das Erbe Luxemburgs und Liebknechts, aber auch Thälmanns beruft und einer orthodox-kommunistischen Weltanschauung die Treue hält, erkennt immerhin an, daß sie ihre revolutionären Ziele nicht so bald wird erreichen können. Deshalb bleibt die KPD zunächst darum bemüht, die Einheit aller kommunistischen Kräfte in Deutschland zu erreichen. Dieser Absicht ist wegen offenbar schwer überbrückbarer ideologischer Differenzen der Beteiligten bisher ein Erfolg versagt geblieben. Zwar unterhält die KPD Kontakte zu anderen revolutionär-marxistischen Parteien und Vereinigungen, u.a. zur "Deutschen Kommuniinterne stischen Partei" (DKP) und zum "Arbeiterbund für den WiederaufAuseinandersetzungen bau der KPD" (AB), A jedoch haben die Annäherungsversuche n ; aufAL grund mangelnder Bündnisfähigkeit vorerst nicht zu einer Vereinigung geführt. Überdies ist die KPDselbst von internen Auseinandersetzungen geschwächt. Bi Die KPD ist Mitglied der "Neuen Kommunistischen Internationale" B (NK), die Ende 1995 in Sofia gegründet wurde. In ihr habensich 5 ultraorthodoxe kommunistische, zumTeil stalinistisch ausgerichtete Parteien zusammengeschlossen, die allesamt kaum mehr sind als Splittergruppen. In Brandenburgist die KPD aus ihrem Schattenda-' 106 sein nicht herausgetreten. Verfassungsschutz durch Aufklärung "Marxistisch-LeninistischePartei Deutschlands"(MLPD) Gründungsjahr: 1982 MLPD 1 Te Sitz: Essen E im Land Brandenburg aktiv seit: 1990 Nebenorganisation (Jugendorganisation): "Rebell" Mitglieder bundesweit: 2700 Brandenburg: 50 für das Land Brandenburg relevante überregionale Publikation: "Rote Fahne" Nach wie vor ist die MLPD bemüht, n den ostdeutschen Bundesländern stabile Organisationsstrukturen aufzubauen: MLPDGruppen in Westdeutschland betreuen im Rahmen von "Patenschaften" Initiativgruppen in ostdeutschen Städten, erfahrene MLPDKader sind auf Weisung ihrer Parteiführung hierher übergesiedelt. In Brandenburg haben sich hauptsächlich an Standorten der metallverarbeitenden Industrie einige wenige Ortsgruppen gebildet. Die MLPD konzentriert sich in Brandenburg darauf, die ForderunOrtsgruppen gen von Belegschaften nach Erhaltungihrer durch Betriebstillegungen bedrohten Arbeitsplätze ideologisch zu unterstützen. Dasich die MLPDnicht nur auf die Lehren von Marx, Engels und Lenin, sondern auch aufdie von Stalin und Mao Zedongberuft, nimmt sie im Kreis der kommunistischen Parteien eine Außenseiterrolle ein. Trotzdem schaltet sie sich in breit angelegte Aktionen des demokratischen linken wie auch des linksextremistischen : Spektrums ein. Zahlreiche ihrer Mitglieder -- auch aus Brandenburg | beteiligten sich beispielsweise an der unfriedlich endendensog. JugendLiebknecht-Luxemburg-Demonstration im Januar 1996 in Berlinorganisation Friedrichsfelde. Jedoch waren MLPD-Anhänger offenbarselbst "Rebell" nicht in Gewalttätigkeiten verwickelt. | Die Jugendorganisation "Rebell", die in Brandenburg über verein- | -- zelte Mitglieder verfügt, trat auch 1996 außerals Mitunterzeich- | ner vereinzelter MLPD-Plakate -- nicht spürbar in Erscheinung. 107 Verfassungsschutzbericht 1996 Anarchisten Anarchistische Vereinigungen, die sich auf klassische Theoretiker wie Bakunin oder Gesell beziehen, sind in Brandenburg bisher ohne erkennbaren Einfluß geblieben. Die "Freie Arbeiterinnenund "Freie Arbeiter-Union" (FAU-IAA), eine anarchistische Kleinpartei, hat i 'Arbeiterinnenim Land nur eine geringe Anzahl von Mitgliedern und Sympathiund Arbeitersanten gewinnen können, die öffentlich kaum wahrgenommen Union" werden. Ihre Mitgliederzahl beträgt bundesweit wenig mehr als 120 Personen. Deutlicher in Erscheinung getreten ist in letzter Zeit eine ebenfalls anarchistische, jedoch weniger theorieund ideologieorientierte Organisation, die "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA). Bei ihr handelt es sich um einen Zusammenschlußanar"Graswurzelchistischer Gruppen und Einzelpersonen aus der sogenannten bewegung" "Graswurzelbewegung", deren Zentrum die "Graswurzelwerkstatt" in Kölnist. Ihr Publikationsorganist das monatlich erscheinende Blatt "graswurzelrevolution". Die Anarchisten, die sich zur "Graswurzelbewegung" bekennen, wollen in einer "gewaltfreien Revolution" die staatliche Ordnung Widerstand gegen Gentechnik: Ein Überblick über Freisetzungen gentechnisch verändorter Organismen in Deutschland Die Zeitschrift "graswurzelrevolution" veröffentlichte im April 1996 einen "Überblick über Freisetzungen gentechnisch veränderter Organismen in Deutschland" und kennzeichnete besetzte und zerstörte Versuchsflächen als Orte des "Widerstandes" Verfassungsschutz durch Aufklärung nach und nach zurückdrängen undschließlich beseitigen: an ihre Stelle solle eine freiheitliche, selbstverwaltete Gesellschaft mit einer sozialistischen Wirtschaftsordnung treten. aE Die Hauptkampfform der zur FÖGA zählenden Aktionsgruppen ist die des zivilen Ungehorsams. Hierzu gehören Besetzungen, Blockaden, Sabotageakte und die bewußte Mißachtung staatlicher Gesetze. Die deklarierte Gewaltfreiheit meint im übrigen nur den Verzicht auf unmittelbare Gewalt gegen Menschen; Gewalt gegen Sachen gilt hingegen als legitim. Aktuell tritt die FÖGA in der Anti-AtomBewegung mit Aktionen gegen die CASTOR-Transporte hervor. ziviler Ungehorsam Dabei vermischen sich die angeblich "gewaltfreien" Aktionen der FöGA mit Gewalttaten autonomer Gruppen, unter denen die FOGA offenbar zunehmend Anhänger gewonnenhat. Trotzkisten Auch im Jahr 1996 spielten Trotzkisten und sonstige marxistische Revolutionäre in Brandenburg keine Rolle. nTaemne Die von der entristisch agierenden "Sozialistischen Alternative VORAN" (SAV) gesteuerte Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" hat ihrem Namen nunmehr die Bezeichnung "Jugendoffensive"(JO/JRE) vorangestellt. Denn sie wendet sich jetzt "Sozialistische: Alternative nicht nur dem Thema "Rassismus", sondern auch anderen szeneVORAN" typischen Themen wie "Atompolitik" zu. Sie will sich zu einer kämpferischen linken Jugendbewegung mit dem erklärten Ziel entwickeln, einen breiten Widerstand zu organisieren und die Gesell"Jugendoffensive" schaft grundlegend zu verändern. Der JO/JRE ist es zeitweilig gelungen, eine größere Zahl von Anhängern vor allem aus den Reihen der autonomen "Antifa" an sich zu binden. Versuche, die jugendlichen Autonomen in die organisatorischen und ideologischen Strukturen der SAV einzubinden, schlugen jedoch regelmäßig fehl, zumal wenn der trotzkistische Charakter der Organisation offenbar wurde. Die "Vereinigung für sozialistische Politik" (VSP), die durch Umbenennung aus der "Vereinigten Sozialistischen Partei" entstand, hatte bereits 1995 aufgrund ihrer geringen Mitgliederzahl "Vereinigung ihren Parteienstatus aufgegeben. Sie gibt die Zweiwochenschrift für sozialistische ' "Sozialistische Zeitung" (SoZ) heraus. Der Anklang, den die VSP Politik" in Brandenburg findet, ist gering. Vereinigungen wie die "Revolutionären Kommunisten" (RK) oder die "Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD), die in anderen ostdeutschen Bundesländern aktiv geworden sind, haben sich in Brandenburg noch nicht bemerkbar gemacht. Verfassungsschutzbericht 1996 Ausblick Obschon sie in ihrer Gesamtheit nicht als extremistisch anzusehen ist, bildet die Hausbesetzerszene nach wie vor immer wieder NährHausbesetzerszene boden und Rückzugsraumfür autonome Gruppen. Deshalb bleibt es wünschenswert, daß es staatlichen und kommunalen Behörden sowie freien Trägern von Jugendund Sozialarbeit gelingt, die lokalen Ansatzpunkte gewaltgeneigter linksextremistisch beeinflußter Jugendcliquen zu befrieden. Ansonsten kannsich eine mit Abenteurertum gepaarte jugendtypische Protesthaltung zu einer antidemokratischen Grundeinstellung verhärten, so daß die betroffenen Jugendlichen dann auchlinksextremistische Vorstellungsund Handlungsmuster übernehmen und entsprechend agieren. Zwar ist die Zahl gewalttätiger Auseinandersetzungen zwischen rechtsund linksextremistischen Gruppen in Brandenburg 1996 zurückgegangen, nicht aber die Militanz von brandenburgischen Linksextremisten insgesamt, soweit die Straftatenstatistik sie ausweist. Denn in dieser spiegelt sich unter anderem auch die Häufung von Häufung von Anschlägen auf Bahnanlagen im Rahmen der Anti'Anschlägen auf Bahnanlagen Castor-Kampagne. Der Widerstand gegen die Castor-Transporte wird auch 1997 ein wesentlicher Aktionsschwerpunkt für die Autonomen bleiben. Ob es ihnen gelingt, die Anti-AKWbzw. Anti-Nukleartransport-Kampagne, wie in vielen Diskussionspapieren gefordert, thematisch zu verbreitern, steht dahin. Sie werden aber auch sonst versuchen, die Anliegen gesellschaftlicher Protestbewegungen und soziale Konflikte aufzugreifen und für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. In Brandenburg haben sich autonome Kerngruppen gebildet, die "Vernetzungsansätze sich teilweise auch bisher schon in bundesweite Vernetzungsansätze der linksder linksextremistischen Szene einbrachten. Dieser Trend wird extremistischen anhalten, zumal die auf unterschiedlichen Sozialisationen, ErfahSzene rungshorizonten und Verhaltensformen beruhenden Differenzen zwischen ostund westdeutschen Autonomenzusehends abgenommen haben. Eigenständige terroristische Vereinigungen sind im Land Brandenburg bis jetzt nicht entstanden. Die Ereignisse der letzten Jahre haben jedoch erwiesen, daß Aktionen terroristischen Charakters in Brandenburg auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden können. Ein Potential von Sympathisanten und Unterstützern für Personenzusammenhänge wie etwa "Das K.O.M.L.T.E. st bereits vorhanden. Daß einzelne Brandenburger sich an terroristischen 110 Aktionen überregional agierender Gruppen beteiligen könnten, ist durchaus vorstellbar. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die in Brandenburg vertretenen linksextremistischen Parteien lassen in ihren programmatischen Absichtserkl ärungen zweifelsfrei erkennen, daß ihre Ziele der bestehenden Verfassungsund Rechtsordnung entgegenstehen. Jedoch gehen sie über solche rein verbalen Bekundungen bisher nicht hinaus. Anhaltspunkte für ein agggressiv-kämpferisches oder gar militantes Vorgehen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung finden sich derzeit bei keiner der beschriebenen Parteien. Hinzu kommt ihre geringe Resonanz in der Öffentlichkeit. Deshalb ist die von ihnen ausgehende Gefahr als gering zu bewerten Nacheiner Randäle von vermummten Hausbesetzern in Berlin blieb diese ausgebrannte Straßenbahn zuück. Kriminalbeamte untersuchen den Schaden. 111 Verfassungsschutzbericht 1996 Mitgliederzahlen linksextremistischer Gruppierungen (z. T. geschätzt) Bundesrepublik Deutschland Brandenburg 1995 1996 1995 1996 Autonome 6.000 über 6.000 350 350 Anarchisten wenige Hundert wenige Hundert 30 30 DKP 6.000 über 6 000 50 60 KPD 200 200 40 40 MLPD 2 700 2 700 50 50 VSP 150 150 Einzelpersonen Einzelpersonen 1 Die Zahl der Angehörigen autonomer Gruppen wird unter Berücksichtigung von Dunkelziffern und möglichen Doppelzählungen aus folgenden Teilgrößen errechnet: a) namentlich bekannte & extremistisch motivierte Gewalttäter, die im Berichtsjahr straffällig wurden; b) bezifferbare Gruppen extremistisch motivierter, namentlich nicht bekannter Gewalttäter, die im betrachteten Jahr straffällig geworden sind; ce) namentlich bekannte extremistisch motivierte Gewalttäter, die in vergangenen Jahren straffällig wurden und bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine fortdauernde Gewaltbereitschaft gegeben sind; d) extremistisch orientierte Personen, denen keine einschlägigen Gewalttaten nachzuweisen sind, die aber auf Grund konkreter Einzelerkenntnisse (mutmaßliche Beteiligung an Gewalttaten, Verhalten, Äußerungen usw.) als gewaltbereit gelten müssen. 112 Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistisch motivierte Straftaten im Land Brandenburg ' 1994 1995 1996 Körperverletzung 16 6 8 Brandstiftung 3 1 0 Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, Störung des öffentlichen Friedens 23 12 8 Sachbeschädigung 137 9 11 sonstige 35 - 27 22 gesamt 216 55 49 Die vorgelegte Statistik beruht auf Zahlenangaben des Landeskriminalamtes Brandenburg; die Verfassungsschutzabteilung desMinisteriums des Innern des Landes Brandenburg führt keine eigene Straftatenstatistik. 113 Verfassungsschutzbericht 1996 3. Ausländerextremismus Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland Bestimmte Gruppierungen von Ausländern propagieren Ideologien und Programme, die Intoleranz und Aggressivität gegenüber politischen Gegnern einschließen. Überdies versuchen sie auch in Deutschland, politische Veränderungenin ihren jeweiligen Herkunftsländern mit Gewaltaktionen oder sogar dem Einsatz terroristischer Mittel zu befördern. Damit stellen sie eine Bedrohung für die freiheitliche demokratische Grundordnung und auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland dar. Die Gefahren für die innere Sicherheit, die von solchen Organisationen ausgehen, können latent bestehen und auf Dauer wirken, aber sich auch kurzzeitig zu akuten Bedrohungen verdichten. Doch auch innerhalb dieser Gruppierungenherrschen oft genug Gewalt und Terror: Für solche Organisationen mit starrer Ideologie und undemokratischem Organisationsgefüge ist es charakteristisch, daß sie unbotmäßige Mitglieder drangsalieren und verfolgen oder abgespaltene Gruppen erbittert bekämpfen. Das Spektrum der in der Bundesrepublik Deutschland aktiven Extremisten ausländischer Herkunft ist breit, es umfaßt linksextremistische, islamistische wie auch extrem-nationalistische Organsationen. Deren Orientierung kannsich im Laufe der Zeit durchaus verändern. "Arbeiterpartei So ist die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) grundsätzlich marxiKurdistans " stisch-leninistisch ausgerichtet, hat aber seit einiger Zeit auch starke nationalistische Vorstellungen aufgenommen. Dasie die Schwelle zum Terrorismus unverkennbar überschritten hatte, wurde ihr im November 1993 jede Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland vereinsrechtlich verboten. Dennoch hat sie hier ihre Propagandaund Gewaltaktionen in gewissem Umfang fortgesetzt. IhremZiel, auf diese Weise durch Druck auf Deutschland die Haltung der Türkei zum ungelösten Kurdenkonflikt zu beeinflussen, waren diese Aktionen allerdings äußerst abträglich. Diese Einsicht hat den PKK-Generalsekretär Abdullah ÖCALAN offenbar veranlaßt, nunmehr seine Anhänger zur Friedfertigkeit aufzurufen. Ob der erhebliche Rückgang der PKK-Straftaten in Deutschland seit 1996 von Dauer ist, muß sich angesichts der von der Türkei weiterhin verfolgten militärischen Lösung des Konflikts in Kurdistan erst noch erweisen. 114 Verfassungsschutz durch Aufklärung Hingegen sind zwei Wellen von bundesweiten Brandanschlägen und anderen Gewalttaten türkischen Linksextremisten zuzuschreiben. Die erste, am Anfang des Jahres 1996, wurde durch Häftlingsrevolten in tü schen Gefängnissen ausgelöst. Die zweite Kampaein von türkischen Linksextremisten zerstörtes türkisches Reisebüro in Hessen gne in der Jahresmitte stand im Zusammenhang mit Protestaktionen verschiedener Organisationen, die den Hungerstreik von Gesin--nungsgenossen in türkischen Gefängnissen zwölf Häftlinge --starben dabei unterstützten. Bei knapp 60 Anschlägen allein im Juli wurde an türkischen Geschäften und anderen Einrichtungen zum Teil schwerer Sachschaden verursacht. Hinter diesen Aktionen stand offensichtlich ein "Solidaritätskomitee für die politischen Gefangenenin der Türkei", das überwiegend von den revolutionär"Solidaritätsmarxistischen Gruppen "Türkische Kommunistische Partei/Marxinr die sten-Leninisten" (TKP/M-L), "Marxistisch-LeninistischeKommuEefangen nistische Partei" (MLKP) und "Revolutionäre Volksbefreiungsin der Türkei" partei-Front" (DHKP-C) getragen wird. Die DHKP-C ist der aktivere der beiden verfeindeten Flügel, in die sich die "Devrimci Sol" -- sie unterliegt seit 1983 in Deutschland einem Betätigungsverbot -- aufgespalten hatte. Diese Spaltung war im Gefolge einer heftigen Auseinandersetzung umdie Person des damaligen "Devrimei Sol"und jetzigen DHKP-C-Führers Dursun KARATAS eingetreten. Wenn Anhänger beider Flügel aufeinander"Devrimei Sol" treffen, gehen sie selbst mit Waffengewalt gegeneinander vor. Auch die TKP/M-L ist in zwei Flügel gespalten, die sich bislang jedoch nurpublizistisch bekämpfen, möglicherweise sogarsich wieder einander annähern. Anhänger dieser Partei unternehmen seit Jahren gewaltsame Aktionen in Deutschland. 115 Verfassungsschutzbericht 1996 Die MLKP ist erst 1994 in Erscheinung getreten, entfaltet aber zunehmend extremistische Aktivitäten. In Deutschland sind weiterhin Organisationen tätig, deren Konzept von der politischen Rolle des Islam den Grundnormen eines demokratischen Staatsund Gesellschaftsaufbaus entgegengesetzt ist. Islamistische Organisationen habensich hier bislang mit der Propaganda für ihre Ideologien, der Werbung von Mitgliedern, dem Ausbau von Strukturen und der Verbesserung ihrer materiellen Grundlagen begnügt. Terrorgruppen wie die algerische "Islamische "Islamische Bewaffnete Gruppe" ("Groupe Islamique Arme" -- GIA) haben \ Bewaffnete andere Länder Europas, besonders Frankreich, jedoch schon mit Gruppe" einer Reihe von Bombenanschlägen heimgesucht. Des weiteren sind auch Gruppen erwähnenswert, die in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute im Ausland, insbesondere Regimegegner, vorgehen. Ein Beispiel hierfür war die Ermordung von drei führenden Mitgliedern der iranisch-kurdischen "Demokratischen Partei Kurdistan-Iran" (DPK-I) und ihres Dolmetschers im September 1992 in Berlin. Im Prozeß wurde den Ange"Mykonos "-Prozeß klagten auch vorgehalten, im Auftrag von Behördendes Iran gehandelt zu haben; das Gerichtsurteil bestätigte diesen Vorwurf. Schließlich bedrohen palästinensische und sonstige arabische Terrororganisationen, von denen sch auch Anhänger und Sympapalästinensische thisanten in Deutschland aufhalten, zumindest latent die Sicherheit und arabische in unserem Land. Diese Gruppen bekämpfen den Staat Israel und Terrorden Friedensprozeß im Nahen Osten nicht nur durch Propaganda, organisationen sondern auch durch Terroranschläge. Zu nennensind hier besonders die "Abu-Nidal-Organisation" (ANO), die sich 1973 von der FATAH Yasser ARAFATSsabgespaltenhatte, die "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS), die mit dem Beginn der palästinensischen Intifada Ende 1987 in Erscheinung getreten war, und die 1982 im Libanon entstandene schiitisch-extremistische Terrororganisation "Hizb Allah" (Partei Gottes). Zu den Gruppierungen, von denen akute Risiken für die innere Sicherheit ausgehen können, zählt seit Sommer 1996 wieder die "Provisional Irish "Provisional Irish Republican Army" (PIRA). Am 28. Juni verübten Republican Army" PIRA-Mitglieder einen Anschlag mit drei Mörsergranaten aufdie "Quebec-Kaserne" der britischen Rheinarmee in Osnabrück. Dieser seit 1990 erste PIRA-Anschlag in Deutschland zeigt, daß die Organisation auch hier versucht, mit terroristischen Mitteln Druck auf die britische Regierung auszuüben, um den Fortgang des stagnierenden Friedensprozesses in Nordirland zu beeinflussen. =" 116 Verfassungsschutz durch Aufklärung Sicherheitslage im Land Brandenburg "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK Gründungsjahr: 1978 Sitz: Damaskus (Exil) im Land Brandenburg aktiv seit: 1993 internationale Teilorganisation: "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) Anhänger bundesweit: über 9400 Publikationen: "Serxwebun" (Unabhängigkeit) "Kurdistan-Report" Betätigungsverbot für die PKK und die ERNK in Deutschland durch den Bundesinnenminister am 26. November 1993 "Devrimei Sol" (Revolutionäre Linke) Gründungsjahr: 1978 Sitz: Türkei DEVRIMCI SOLYr im Land Brandenburg aktiv seit: 1993 Anhänger bundesweit: über 960 Publikationen: "Devrimei Sol" - Nachrichtenbulletin "Devrimei Sol" Betätigungsverbot in Deutschland durch den Bundesinnenminister am 9. Februar 1983 Spaltung Mitte 1994 in "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C ) 5 und B "Türkische Volksbefreiungspartei-Front-Revolutionäre Linke" (THKP-C -- Devrimei Sol) 117 Verfassungsschutzbericht 1996 Im Vergleich zu anderen Bundesländernist Brandenburg immer noch relativ gering von Aktivitäten extremistischer Ausländerorganisationen betroffen. Diese sehen in ihren Landsleuten, die hierher zugewandert sind oder hier ein Gewerbe betreiben, offenbar noch keine tragfähige Basis für feste und dauerhafte Strukturen. Die beiden oben erwähnten Gewaltwellen, für die türkische Linksextremisten verantwortlich waren, haben nicht auf Brandenburg übergegriffen. Immerhin haben aber auch in Brandenburg türkische und kurdische SpendenExtremisten versucht, von Landsleuten Spendenund Schutzgelder und Schutzgelderpressung zu erpressen. Eine solche kriminelle Beschaffung von Finanzmitteln ist vor allem für die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) und die "Devrimei Sol" bzw. deren beide Flügel eine bundesweit gängige Praxis. Entsprechende Fälle werden von den Opfern -- auch aus Angst vor Repressalien -- sehr selten bei der Polizei angezeigt. Die "Devrimei Sol" und die PKK sind in Deutschland weiterhin konspiratv tätig. Die PKK findet zudem mit Hilfe von Nebenorganisationen, die vom Betätigungsbzw. Vereinsverbot nicht erfaßt sind, auch Wege, um an die Öffentlichkeit zutreten. En von ihr angeregtes und beeinflußtes kurdisches "Exilparlament" soll ihr helfen, die nunmehr angestrebte Form "kurdikurdisches scher Autonomie" innerhalb des türkischen Staatsverbandes zu ""Exilparlament" erreichen. In diesem Zusammenhang haben PKK-Organisationen, aber auch für sie handelnde deutsche Unterstützergruppen vorallem in der ersten Jahreshälfte 1996 bundesweit bei Landesbehörden, auch brandenburgischen, um Gesprächskontakte nachgesucht. Ausblick Solange etablierte und kontinuierlich arbeitende Struktureinheiten extremistischer Ausländerorganisationen im Land Brandenburg noch nicht vorhanden sind, wird sich deren Tätigkeit in Einzelaktionen äußern, die vor allem außerhalb des Landesgebietes initiiert werden. Diese Aktionen haben häufig ihren Ursprung in den politischen Verhältnissen, den Entwicklungen und Ereignissen im Herkunftsgebiet der Extremisten. In größere, bundesweite Kampagnen eingebunden, stellen solche Aktionen gegebenenfalls eine massive Bedrohung der öffentlichen Sicherheit dar. Grundsätzlich ist nicht ausgeschlossen, daß auch einmal Brandenburg von einer Anschlagswelle, wie sie 1996 von 118 Verfassungsschutz durch Aufklärung türkischen Linksextremisten ausgelöst wurde, erfaßt wird. Türkische Geschäfte und andere Einrichtungen, die Angriffsziele bieten könnten, gibt es auch hier mittlerweile in beträchtlicher Anzahl. Die labile politische Lage im Nahen und Mittleren Osten, insbesondere der schwierige israelisch-palästinensische Friedensprozeß, könnte für Terrorganisationen aus diesem Raum Anlaßsein, auch in Deutschland aktiv zu werden. Die aktuelle Gefahrenlage kann im voraus kaum zuver g fixiert werden. Gerechnet werden muß auch mit dem energischeren Auftreten islamistischer Gruppierungen, die ihre Ideen weltweit im Vordringen sehen und daraus wie auch aus der Regierungsbeteiligung einer islamistischen Partei in der ei mit Sicherheit neue Impulse für ihr Handeln ableiten werden. ZAFER YOLUNDA HAKLIYIZurtulus A GIZHarTauKSivasiGAZETE mn amezurua | BURJUVA PARTILERININ IT DALASI BITTI SiMDI HALKA BASKI VE ZULÜM ICin YENIDEN. "kurtulus" -- Organ der "Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" 119 Verfassungsschutzbericht 1996 GEHEIMSCHUTZ Auch im Jahr 1996 hat die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde an Sicherheitsüberprüfungen mitgewirkt. Derartige Überprüfungen sind dann erforderlich, wenn zumBeispiel einem Behördenangehörigen ein Aufgabengebiet übertragen werden soll, in dem im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Informationen -- sog. Verschlußsachen -- zu bearbeiten sind. Welche Aufgabengebiete in den einzelnen Behörden in Betracht kommen, Sicherheitsstellt der vom Behördenleiter bestellte Geheimschutzbeauftragte fest, überprüfungen derfür die Sicherheitsüberprüfung originär zuständig ist. In seiner Verantwortung liegt, wer zu überprüfen ist und welche Überprüfungsart erforderlich ist. Es gibt drei Überprüfungsarten: WE die "einfache Sicherheitsüberprüfung" gilt für Verschlußsachen bis zum Geheimhaltungsgrad VS-VERTRAULICH:; WE die "erweiterte Sicherheitsüberprüfung" für Verschlußsachen bis GEHEIM; BE die "erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen" für Verschlußsachen bis STRENG GEHEIM. Die Sicherheitsüberprüfung findet nicht etwa hinter dem Rücken des Bedienstetenstatt. Sie darf vielmehr nur mit Zustimmung des Betroffenen und gegebenenfalls in die Überprüfung einzubeziehender Personen erfolgen. Wird nicht zugestimmt, ist das Verfahren beendet. Dem Bediensteten darf dann aber die vorgesehene sicherheitsempfindliche Tätigkeit nicht zugewiesen werden. 'SicherheitsDie von dem Bediensteten ausgefüllte Sicherheitserklärung leitet _ erklärung der Geheimschutzbeauftragte an die Verfassungsschutzbehörde weiter, die erst dann tätig wird. Die Maßnahmender Verfassungsschutzbehörde bei der Sicherheitsüberprüfung sind in den am 16. April 1991 von der Landesregierung beschlossenen "Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im -- Rahmen des Geheimschutzes Sicherheitsrichtlinien/SiR -- Brandenburg" geregelt und dem zu Überprüfenden bekannt. Geprüft wird, ob -- z. B. wegen Zweifeln an der persönlichen Zuverlässigkeit oder der Gefahr der Anwerbung für fremde Nachrichtendienste -- ein Sicherheitsrisiko vorliegt, das eine Beschäfti120 Verfassungsschutz durch Aufklärung Forschungsergebnisse, die geschützt sind, sichern den j hd & Ei TER ETEIRLEORNATERTTER d N N "Geheimschutz ist notwendig" -- Plakat des Bundesamtes für Verfassungsschutz gung imsicherheitsempfindlichen Bereichausschließt. Ergeben sich solche Zweifel, werdendiese mit dem Überprüften besprochen. Könnensie nicht ausgeräumt werden, kann der Bedienstete letztlich nicht auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz eingesetzt werden. Die Entscheidung unterliegt der gerichtlichen Nachprüfung. 121 Verfassungsschutzbericht 1996 SPIONAGEABWEHR Spionage ist darauf gerichtet, Erkenntnisse, Tatsachen oder auch Gegenstände inbesondere aus den Bereichen von Wirtschaft und Wissenschaft sowie Politik und Militär zu erlangen. Die stärksten Aufklärungsaktivitäten seitens der osteuropäischen AufklärungsNachrichtendienste sind 1996 erneut von der Russischen Föderation aktivitäten ausgegangen. Nach dem Untergang des kommunistischen Machtbereichs war zunächst ein Rückgang der Spionageaktivitäten zu beobachten. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung, d. h. der Öffnung der Märkte und der damit einhergehenden stärkeren wirtschaftlichen Konkurrenz, und der politischen Neubestimmung der nun unabhängigen Nationalstaaten in Ostund Mitteleuropa ist inzwischen wieder eine Zunahme der Aktivitäten zu verzeichnen. Es kann festgestellt werden, daß de Auseinandersetzung der Ideologien durch den wirtschaftlichen Wettbewerb abgelöst wurde. Damit verband sich eine Korrektur der Zielrichtung der Nachrichtendienste. Waren es vor dem Zusammenbruch des kommunistischen Machtbereichs vorwiegend der politische und militärische Bereich, die das Interesse erregten, so ist es heute verstärkt der wirtschaftlich/wissenschaftliche Sektor. Zunahme der Dabei spielen die ökonomische Stärke und der Standard der BunAktivitäten desrepublik in Wissenschaft und Forschung eine tragende Rolle. Hinzu kommt, daß die Zahl der gegen Deutschland tätigen Nachrichtendienste zugenommen hat. Aufgabe der Spionageabwehr ist es, die oben beschriebenen Bemühungen von der Bundesrepublik Deutschland und ihren Ländern fernzuhalten. Bei der Wirtschaftsspionage muß aber strikt zwischen der sog. Konkurrenzspionage (strafbar gem. $$ 17 ff. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) und der Spionage durch bzw. für den Geheimdienst einer "fremden Macht", also einer ausländischen WirtschaftsRegierung (strafbar gem. $$ 94 ff. StGB), unterschieden werden. Spionage Nur der letztere Bereich ist Aufgabe der Spionageabwehr des Verfassungsschutzes, wobei die Grenzziehung im Einzelfall durchaus schwierig sein kann. 122 Verfassungsschutz durch Aufklärung Umihren gesetzlichen Auftrag zuerfüllen, bedient sich die Spionageabwehr vor allem der Einzelverdachtsfallbearbeitung und der sog. Gegenoperation. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden methodisch ausgewertet. Sie führen in Zusammenarbeit mit der Polizei zur Enttarnung von Agenten, fließen in die Beratung von gefährdeten Unternehmen und Behörden ein und werden benutzt, um die Vorgehensweise der Spionageabwehr ständig der aktuellen Lage anzupassen. Arbeitsweise fremder Nachrichtendienste Die Arbeitsweise fremder Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Brandenburg unterliegt dem Wandel. Gerade der technische Fortschritt führt zu Veränderungen. In den Kernbereichen kann das Verhalten der Nachrichtendienstoffiziere jedoch als durchaus konservativ bezeichnet werden. So bedienen sich die Nachrichtendienste nach wie vor der offiziellen Vertretungen ihrer Staaten, wie Botschaften und Konsulate (sog. Legalresidenturen), um Mitarbeiter verdeckt einzusetzen. Sie agieren auch vonprivatwirtschaftlichen Unternehmenaus, an denen Personen oder Firmen aus den Heimatländernbeteiligt sind. Dabei legen sie ein besonderes Interesse aufdie Verschleierung dieser Beteiligung. Solche Firmen haben noch andere wichtige Funktionen. Mit ihrer Hilfe werden offizielle Aufenthaltsgenehmigungen für das Personal der fremden Nachrichtendienste in der Bundesrepublik erlangt. Auch kann der erwirtschaftete Gewinn zur Finanzierung nachrichtendienstlicher Operationen dienen. In diesem Zusammenhang werden durchaus auch Wirtschaftsstraftaten begangen. Umpolitischen Verwicklungen durch das Bekanntwerden nachrich"offene tendienstlicher Operationen vorzubeugen, nutzen fremde NachrichGesprächstendienste in großem Umfang das Mittel der "offenen Gesprächsababschöpfung" schöpfung", bei der der jeweilige Gesprächspartner über die tatsächlichen Absichten und Ziele im unklaren gelassen wird. Die Methoden der Agentenführung sind die klassischen: Funk, "tote Briefkästen", Geheimschreibverfahren, Treffs (häufig im Ausland). 123 Verfassungsschutzbericht 1996 Nachrichtendienste aus dem Bereich der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) Nach dem Untergang der Sowjetunion war das damalige KGB wegen seiner Rolle als Teil des Unterdrückungsapparates stark in die Kritik geraten. Doch nicht nur die Öffentlichkeit übte Druck aus, auch die Mitarbeiter selbst befandensich unter Rechtfertigungszwang. Der militärische Geheimdienst GRU blieb von solchen Diskussionen weitgehend verschont. Nachetlichen organisatorischen Umstrukturierungen, dem Abbau von Personal und der Neudefinition von Aufgaben und Zielen wurden in der Russischen Föderation zwischenzeitlich mehrere eigenständige und voneinander unabhängige Nachrichtenund Sicherheitsdienste gebildet. Die Aufgabendieser Institutionen überschneidensich teilweise, wobei dies offenbar gewollt ist. Für SWR die Arbeit der Spionageabwehr sind besondersder zivile Auslandsnachrichtendienst SWR, der militärische AuslandsnachrichtenGRU dienst GRU unddie für die elektronische Aufklärung zuständige FAPSI Agentur FAPSI von Bedeutung. Zu den vorrangigsten Aufgaben der russischen Nachrichtendienste gehört es, den wirtschaftlichen Gesundungsprozeß Rußlands durch das Beschaffen von ökonomisch wertvollen Informationen zu unterstützen. Danebengilt es weiter, die politischen Veränderungen in Europa -- als Stichwort sei hier die Erweiterung der NATO nach Osteuropa genannt -- im Sinne Rußlands zu beeinflussen. 'Pflege und Aktivierung von Zu den Besonderheiten der Arbeitsweise russischer NachrichtenVerbindungen dienste auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gehört die 'aus der DDR Pflege und Aktivierung von Verbindungen, die noch zur Zeit der DDR geknüpft wurden. Die beschriebenen Ziele treffen quantitativ aber in beschränktem Maße -- auch für die Nachrichtendienste der anderen Mitgliedsstaaten der GUS zu. Andere östliche Nachrichtendienste Die Demokratisierungsprozesse in den ehemaligen Satellitenstaaten haben auch die dortigen Nachrichtendienste stark beeinflußt und in ihrer Aufgabenrichtung verändert. Dies hat zu einem weiteren Rückgang der hier bekannt gewordenen 124 Verfassungsschutz durch Aufklärung Aufklärungsaktivitäten geführt. Die Mehrzahl der östlichen Staaten hat zudemöffentlich erklärt, von einer nachrichtendienstlichen Aufklärung Deutschlands abzusehen, zumal mansich politisch, wirtschaftlich und militärisch mehr und mehr dem Westen zuwende. Für das Land Brandenburg sind im Berichtszeitraum keine bemerkenswerten Spionageaktivitäten dieser Staaten festgestellt worden; dies gilt auch für Polen. Obdies auf Dauer so bleibt, muß allerdings abgewartet werden. Nachrichtendienste des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens Schwerpunkt dieser Nachrichtendienste ist die Beobachtung von in Beobachtung Deutschland lebenden Regimegegnern. Daneben steht insbesondere von in Deutschland die Wirtschaftsspionage; mit der fortschreitenden Ansiedlung von lebenden innovativen Unternehmen im Großraum Berlin-Brandenburgist mit Regimegegnern einer Zunahme der Spionageaktivitäten zu rechnen. Ausblick Spionage ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Sie ist in hohem Maße sozialschädlich. Wirtschaftsspionage hat nicht nur Auftragsverluste zur Folge; wenn andere Staaten durch Spionage Entwicklungskosten sparen und so zu billigeren Angeboten in der Lage sind, bedeutet das immer auch einen Verlust an Arbeitsplätzen. Nicht zuletzt durch den bevorstehenden Umzug der Bundesregierung, aber auch der Botschaften, Verbände und Interessenvertretungen nach Berlin werden die Spionagetätigkeiten fremder Nachrichtendienste auch in Brandenburg zunehmen. Zunahme der Spionage läßt sich wirksam nur im engen Zusammenwirken von Br pionag Ss - Aktivitäten Verfassungsschutz und Polizei sowie unter Mithilfe der Betroffenen, insbesondere im Bereich der Wirtschaft, bekämpfen. Auch für denjenigen, der sich in Spionage verstrickt hat, lohnt der Kontakt mit dem Verfassungsschutz: Freiwillige Offenbarung ist immer der beste Weg. Dann kommt sogar ein gänzliches Absehen von Bestrafung in Betracht. Die Spionageabwehr versteht sich sowohl für den Schutz gegen Spionage als auch im Falle der Verstrickung als Ansprechpartner undbietet dazu das (vertrauliche) Gespräch unter der Telefonnummer (0331) 866 2582 an. 125 Verfassungsschutzbericht 1996 Verfassungsschutz durch Aufklärung Abkürzungsverzeichnis/ Sachwortregister Seite "Anti-Antifa" 20, 60 AA/BO Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation 83,92 AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD 106 AIZ Antimperialistische Zelle 87, 101 AIW Antiimpernalistischer Widerstand 87 ANO Abu-Nidal-Organisation 116 BAT Bundesweite Antifa Treffen 83,92 BBA Bajuwarische Befreiungsarmee 24 BBS Bulletin Board System 48 BBZ Berlin-Brandenburger Zeitung 24, 32, 57,59, 74 BKP Berliner Kulturgemeinschaft Preußene.V. 27 "Blood & Honour"-Bewegung 17, 36f. EL ComLink 88 Cottbuser Anzeiger 73 DA Deutsche Alternative 20,51 Der weiße Wolf 32,5] DHKP-C Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front 115, 117 Die Nationalen e. V. 21,32 f., 52 ff., 74, 79, 80 DK Deutsches Kolleg 27 DKP Deutsche Kommunistische Partei 105, 106, 112 DLVH Deutsche Liga für Volk und Heimat 24 f.,33 f., 68, 80 DNZ Deutsche National-Zeitung 66, 67 DPK-I Demokratische Partei Kurdistan-Iran 116 DVU Deutsche Volksunion 24, 33, 66 ff., 69, 80 DWZ/DA Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger 66, 67 ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans 117 127 Verfassungsschutzbericht 1996 FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei 48,54, 75 FAPSI Bundesagentur für staatliches Nachrichtenund Informationswesen Rußlands 124 FAIRSTÄNDNIS-Kampagne 14 "Fanzines" 17, 18,37 f., 78 FAU-IAA Freie Arbeiterinnenund Arbeiter-Union 108 FMJ Förderwerk Mitteldeutsche Jugend 39 FöGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen 90, 108 GFP Gesellschaft für freie Publizistik 27 GIA Groupe Islamique Arme 116 GRU Militärischer Auslandsnachrichtendienst Rußlands 124 HAMAS Islamische Widerstandsbewegung 116 "Hammerskins" 17,32, 36 HI Hitlerjugend 53 HNG Hilfsgemeinschaft für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. 20,49, 50 f., 75, 80 HvFBW Hoffmann vonFallersleben Bildungswerk e.V. 27 IHV Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V. 50,51, 80 JF Kürzel für Direkte Aktion/Mitteldeutschland, bedeutet wahrscheinlich: Jugendfront 32, 39, 46ff., 74, 77 IN Junge Nationaldemokraten 20ff., 28, 33 f., 38, 61 f., 63 ff., 74, 75, 79, 80 JNA Jungnationale (Nachfolger des INS) 33, 52, 54, 80 INS Junges Nationales Spektrum 33,52 ff, 80 Junges Franken 57 JRE Jugend gegen Ra ismus in Europa, jetzt umbenannt in: JO/JRE 88 JO/JRE Jugendoffensive/JRE 88, 109 Kameradschaft Oberhavel 55,56 KPD Kommunistische Partei Deutschlands 106, 112 128 Verfassungsschutz durch Aufklärung Mitteldeutsche Rundschau 57 MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands 107, 112 MLKP Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei 115, 116 Nation Europa Verlag 26 Neue Thüringer Zeitung 57 NIT Nationales Info-Telefon 22,24, 28,34, 74 Nationales Info-Telefon für Berlin und Brandenburg 34,65, 74 NKI Neue Kommunistische Internationale 106 NL Nationale Liste 59 N.PA. Nationales Pressearchiv 59 PS.,97 NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 21 ff., 34, 61 ff, 79, 80 NSDAP/AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei -- Auslandsund Aufbauorganisation 23, 76 PIRA Provisional Irish Republican Army 116 PKK Arbeiterpartei Kurdistans 83,85, 114, 117, 118 RAF Rote Armee Fraktion 87,88, 101, 102 REP Die Republikaner 22 ff., 33, 71 ff., 80 RepBB Republikanischer Bund der öffentlichen Bediensteten 73 RBF Republikanischer Bund der Frauen 73 RJ Arbeitskreise Republikanischer Jugend 73 RK Revolutionäre Kommunisten 109 "Runde Tische" 25, 27, 62, 65 Revolutionäre Zellen bzw. Rote Zora 82, 104 SAV Sozialistische Alternative VORAN 88, 109 SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend 105, 106 SN SpinnenNetz 88 SoZ Sozualistische Zeitung 109 Verfassungsschutzbericht 1996 SpAD Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands 109 Süddeutsche Allgemeine Zeitung 57 SWR Zviler Auslandsnachrichtendienst Rußlands 124 THKP-CDevrimei Sol Türkische Befreiungspartei-Front -- Revolutionäre Linke 117 Thule.Netz 23, 48, 54, 56, 57, 74 TKP/M-L Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten 115 UZ Unsere Zeit 105 VSP Vereinigung für sozialistische Politik 109, 112 Wehrsportgruppen 46 Westdeutsche Volkszeitung 57 WSDV Wir sind das Volk 52 WWW World Wide Web 23 Verfassungsschutz durch Aufklärung Begriffserläuterungen Anarchisten Die Anhänger anarchistischer Theorien erhoffen eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft (anarcha [griech.]: herrschaftsloser Zustand) ohne den Zwang gesellschaftlicher Normen. In Deutschland gibt es eine Anzahl anarchistischer Kleinparteien und -gruppen, die sich zumTeil auf klassische Theoretiker wie Bakunin berufen, oft aber auch je eigene Vorstellungen entwickeln. Sie haben jedoch im Gesamtspektrum des Linksextremismus nur eine periphere Bedeutung. Die > Autonomen sind als Anarchisten im weiteren Sinne anzusehen, da auch sie ein "herrschaftsfreies" Leben anstreben. Sie lehnen jedochdie festen Organisationsformender "klassischen" Anarchisten ab. "Anti-Antifa" Die "Anti-Antifa" ist eine überwiegend von Neonazis (2 Neonazismus) betriebene "Kampagne", deren Intention esist, dem sog. "nationalen Lager" unter Zurückstellung interner Differenzen eine neue organisationsübergreifende Plattform zu verschaffen. Als geistiger Urheber dieses Konzepts kann der Neonazi Christian Worch angesehen werden. Unmittelbarer Zweck der "Anti-Antifa"-Arbeit ist die "Feindaufklärung", also die Ermittlung und Verbreitung von Daten zu politischen Gegnern, als welche sowohl "Linke" als auch Angehörige der Sicherheitsbehörden gelten. Rechtsextremisten kopieren damit gewissermaßenspiegelbildlich die "Antifa"-Arbeit militanter Linksextremisten (2 "Antifa", autonome). Den bisherigen Höhepunkt der "Anti-Antifa"-Kampagne bildete 1993 die Veröffentlichung des "Einblick", einer Sammlung von Personenadressen aus der gesamten Bundesrepublik. Danach waren die Aktivitäten der "Anti-Antifa" -- die nur in wenigen Fällen als Vorbereitung von Gewalttaten dienten -- merklich zurückgegangen: erst in jüngster Zeit sind sie wieder aufgelebt. Sie beschränken sich weiterhin auf lokale oder regionale Aktionen von Personen, die in der Regel zugleich in weiteren neonazistischen Gruppierungen zusammengeschlossen sind. 131 "Antifa", autonome Ein Hauptagitationsfeld der 2 Autonomenist der "antifaschistische Kampf". Denn die Autonomen behaupten, daß der kapitalistische Staat um seiner Selbsterhaltung willen den Faschismus begünstige, zumindest abertoleriere: "Gerade die Grundpfeiler der bürgerlichen Herrschaft -- ökonomische Ausbeutung, Rassismus und Patriarchat -- müssen als Ursachen des Faschismus bekämpft werden" (aus: "Kampf der FAP", Broschüre der AA/BO, Oktober 1994). Deshalb ist es aus Sicht der Autonomen geboten, den Kampfgegen Faschisten und Rassisten in die eigenen Hände zu nehmen. Im Rahmender sogenannten"antifaschistischen Selbsthilfe" richten sich militante Aktionen in erster Linie gegen den politischen Gegner, alsotatsächliche oder vermeintliche "Nazis". Diese Auseinandersetzungen werden unter dem Motto "Schlagt die Faschisten, woihr sie trefft!" gesucht und oft mit großer Brutalität ausgetragen. In autonomen Publikationen werden häufig Adressen und "Steckbriefe" des politischen Gegeners veröffentlicht, nicht selten mit der Aufforderung verbunden, die bezeichneten Personen anzugreifen. "Antifa"-Gruppen, die sich extremistischer Betätigungen enthalten und mit den legitimen Mitteln politischer Auseinandersetzung den Rechtsextremismus bekämpfen, gehören nicht zum Beobachtungsfeld des Verfassungsschutzes. Antisemitismus Der Antisemitismus tritt als eine spezielle Form des 2 Rassismus aufund ist als solcher ideologischer Bestandteil zahlreicher Ausprägungen des > Rechtsextremismus. Als ressentimentgeladenes Vorurteil gegen die Juden schreibt er ihnen stereotyp verschiedenerlei negative Wesensmerkmale und Charaktereigenschaften zu und behauptet von ihnen, daß sie weltweit Politik und Wirtschaft zu dominieren suchten undschließlich eine zionistische Weltherrschaft anstrebten. Das NS-Regime hat sich beim Genozid an den europäischen Juden (Holocaust) auf solche antisemitischen Klischees berufen. Heute liefert der Antisemitismus auch, in Form revisionistischer Geschichtsverfälschung (> Revisionismus), Rechtfertigungsstrategien für diesen Völkermord (Leugnung, Verharmlosung, Aufrechnung, Schuldverschiebung). Außerdemzeigt er sich vor allemin Beleidigungen und verbalen Attacken gegen jüdische oder 132 vermeintlich jüdische Bürger Deutschlands und anderer Länder, insbesondere auch gegen Repräsentanten desStaates Israel, in Schmieraktionen vornehmlich an Gedenkstätten und Synagogen, in Schändungenjüdischer Grabstätten u. ä.. Ausländerextremismus Extremisten ausländischer Herkunft verfechten in Deutschland Anliegen, die ihren Ursprung in den politischen und religiösen Konflikten der jeweiligen Herkunftsländer haben, und gehen mit aggressiv-kämpferischer Propaganda und auch unter Anwendung von Gewalt gegen ihre Gegnervor. Nicht alle Organisationen ausländischer Extremisten in Deutschland sind hier neu gegründet worden. Vielfach agieren sie als Vertreter von extremistischen Vereinigungen und Parteien ihrer Heimatländer, die dort zum Teil verboten sind. (> Ausländerorganisationen, extremistische) Ausländerorganisationen, extremistische Organisationen ausländischer Extremisten in Deutschland lassen sch grob wie folgt klassifizieren: - linksextremistische Organisationen, die die bestehende soziale und politische Ordnung in ihren Heimatländern gewaltsam beseitigen und durch einensozialistischen Staat marxistischer Prägung ersetzen wollen - extrem-nationalistische Vereinigungen, die Machtbzw. Gebietszuwachs für die eigene Nation und die Abschaffung oder Nichtgewährung von Minderheitenrechten aggressiv propagieren = islamistische Gruppierungen, die die Trennung von Religion und Staat zugunsten eines autoritären theokratischen Systems aufheben wollen = Gruppierungen, die in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute m Ausland, insbesondere Regimegegner, repressiv oder sogar terroristisch vorgehen. Autonome Die Ursprünge der Autonomenreichen bis in die Anfänge der studentischen Protestbewegung der 60er Jahre zurück. Die Bezeich13: ae . nung ""Autonome"> (autonomos[griech.]: nach eigenen Gesetzen 3 lebend) ist zugleich Programm, denn kennzeichnend für Autonome sind folgende Einstellungsmuster: - Ablehnung gesellschaftlicher Normen und Zwänge - Suche nach einemfreien, selbstbestimmten Leben in herrschaftsfreien Räumen - gewalttätiger Widerstand gegen den demokratischen Staat und seine Institutionen. Autonomebesitzen in der Regel kein einheitliches, verbindliches Weltbild, sondern folgen oft verschwommenenanarchistischen und anarcho-kommunistischen Vorstellungen und spontanen aktionistischen Antrieben. Sie gehen daraufaus, das demokratisch verfaßte Gemeinwesen zu bekämpfen und, wenn möglich, zu zerschlagen, da der Staat und sein "Repressionsapparat" sie an der Verwirklichung ihrer (oben genannten) Absichten hindere. Autonome werdenals Extremisten vom Verfassungsschutz beobachtet, weil und insoweit sie gewalttätig agieren, gewaltbereit sind oder Gewalt befürworten. (> auch: Jugendszene, linksextremistisch orientierte) Entrismus Entrismus ist eine von Anhängern des 2 Trotzkismus praktizierte Methode, andere Parteien und Vereinigungen gezielt zu unterwandern, um in ihnen zu Einfluß zu gelangen, die eigene Ideologie zu verbreiten und schließlich die betroffene Organisation für eigene Zwecke zu instrumentalisieren. Entristischen Bestrebungen ausgesetzt sind sowohl ncht-trotzkistisch geprägte linksextremistische als auch demokratische, dem linken Spektrum zugehörige Parteien und Vereinigungen. Etatismus Die Anhänger des Etatismus überhöhen denStaat (frz.: etat) in seiner Funktion als Ordnungsmacht und Zwangsinstitut und befürworten deshalb eine Ausweitung zentralstaatlicher Gewalt gegenüber Wirtschaft und Gesellschaft und gegebenfalls einem föderativ verfaßten Gemeinwesen. Sie stellen die Staatsraison über die individuellen Freiheitsrechte. Der Etatismus ist Bestandteil bestimmter ideologischer Spielarten des > Rechtsextremismus. Propagiert wird er insbesondere von einzelnen Vertretern der > "Neuen Rechten". Extremismus Als extremistisch bezeichnen die Verfassungsschutzbehörden solche Bestrebungen, die sich in der Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates und seiner fundamentalen Werte, seiner Normen und Regelnartikulieren und die darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen und durch eine nach den jeweiligen Vorstellungen der extremistischen Minderheit formierte Ordnung zuersetzen. Gewalt wird dabei häufig als ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Ziele gutgeheißen, propagiert oder sogar praktiziert. Extremisten wendensich damit unmittelbar oder mittelbar gegen: die im Grundgesetz konkretisierten Grundbzw. Menschenrechte wie insbesondere die - freie Entfaltung der Persönlichkeit - Glaubens-, Gewissensund Bekenntnisfreiheit Meinungsund Pressefreiheit " Versammlungsund Vereinigungsfreiheit; das Rechtsstaatsprinzip, beruhend auf der Gewaltenteilung - Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz u Unabhängigkeit der Gerichte; weitere grundlegende Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wie - die Volkssouveränität, ausgeübt durch die parlamentarische Demokratie - die Verantwortlichkeit der Regierung das Mehrparteienprinzip -- das Recht aufdie Bildung und Ausübung einer Opposition. Die Verfassungsschutzbehörden unterscheiden terminologisch zwischen dem Begriff "Extremismus" und dem Begriff "Radikalismus", obwohl beide anderweitig oft synonym gebraucht werden. Radikal ist eine Bestrebung, die gesellschaftliche Probleme und Konflikte bereits "von der Wurzel (lat. radix) her" anpackenwill, nicht jedoch den demokratischen Verfassungsstaat ganz oder teilweise zu beseitigen beabsichtigt. (> auch: Ausländerextremismus; Linksextremismus; Rechtsextremismus; Terrorismus) 135 Fremdenfeindlichkeit Dieser Begriff bezeichnet ein Ressentiment, das sich -- oft unter-- schiedslos gegen alle Menschenrichtet, die in Deutschland "fremd" sind oder, wegenihrer Nationalität, Rasse, Hautfarbe, Religion, Herkunft usw., "fremd" wirken: also gegen Ausländer, die sich als Touristen, geschäftlich, mit Arbeitserlaubnis oder auchillegal in Deutschland aufhalten, gegen Asylbewerber, gegen deutsche Staatsbürger ausländischer Herkunft, gegen Aussiedler u. a.. Den "Fremden" wird nämlich unterstellt, daß überwiegend gerade sie an zahlreichen gesellschaftlichen und sozialen Problemen in Deutschland (Arbeitslosigkeit, Kriminalitätsrate, Belastung der Sozialsysteme, kulturelle Desintegration usw.) schuld seien. Solange Fremdenfeindlichkeit "nur" als dumpfe Stimmung oderals verbal bekundete Einstellung in Erscheinung tritt, bietet sie zwar einen Ansatzpunkt und einen Nährboden für den 2 Rechtsextremismus, ist aber noch nicht unbedingt als Kundgabe einer eigentlichen rechtsextremistischen Bestrebung zu betrachten. Sobald Fremdenfeindlichkeit sich jedoch in Straftaten, erst recht Gewaltdelikten, manifestiert, wird erkennbar, daß die Täter ihren Optern allein wegen ihres "Fremdseins" die Menschenwürde und die Menschenrechte streitig machen und sie hierin verletzen wollen. Damit verhalten sie sich rechtsextremistisch. (>2 auch: Rassismus) Jugendszene, linksextremistisch orientierte Die Ablösung Jugendlicher vom Elternhaus geht bisweilen einher mit der Ablehnung des "bürgerlichen" Milieus und gesellschaftlicher Konventionen überhaupt. Auf der Suche nach "alternativen" Lebensformen lassen sich manche Jugendliche vonlinksextremistischen Ideologien und den aus ihnen abgeleiteten Verhaltensmustern beeinflussen. Das Wohnen in besetzten Häusern in der Gemeinschaft Gleichgesinnter, das Ausleben eigener Vorstellungen von Kunst und Kultur, die Teilnahme an "Demos" oder sonstige Bekundungen -- nicht in jedem Falle von vornherein unberechtigten -- öffentlichen Protestes gegen vorgegebene Verhältnisse werden oftmals untersetzt von unreflektierten linksextremistischen Parolen. Mit tatsächlichen oder vermeintlichen "politischen" Gegnern, in der Regel rechtsextremistisch orientierten Jugendcliquen, wird die Konfrontation gesucht. Aus der Szene heraus kommt es durch erwerbslose Mitglieder auch zu Eigentumsdelikten. Sie werden zuweilen ideologisch gerechtfer- tigt. Auch der Gebrauch von Drogenist in der Szene keine Seltenheit. Einige Angehörige dieser Szene treten auchals Punker oder > Skinheads unübersehbar in Erscheinung. Eine verfestigte linksextremistische Einstellung, die sich auch und vor allem in entsprechender Gewaltbereitschaft niederschlägt, findet sich bei jenen Angehörigen der linksextremistisch orientierten Jugendszene, die wegenihrer Militanz als 2 Autonome einzustufen sind. Viele Szeneangehörige fassen den Begriff "Autonome" allerdings weiter und wenden ihn auf sich selbst an, auch wennsie nicht militant auftreten, während die Verfassungsschutzbehörden nur gewaltgeneigte Personen aus dieser Szene als Autonome bezeichnen. Jugendszene, rechtsextremistisch orientierte Unter Jugendlichen ist das Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gruppeverbreitet. Die meisten Gruppen oder Cliquen suchenihre Identität in einer bestimmten Musik-, "Lifestyle"oder Moderichtung, die sie untereinander verbindet und gegen andere Gruppen abgrenzt. Ein kleiner Teil der Jugendlichen verwendet aber bereits politische Schlagworte, um sich von anderen Jugendlichen oder von ihrem Elternhaus abzusetzen. Rechtsextremistische, vor allem neonazistische (2 Neonazismus), Symbole haben für Jugendliche den Nimbus des Tabubruchs. Außerdem liefert ihnen der Rechtsextremismus mit seinen klaren Feindbildern eine "einfache" Orientierungshilfe. In vielen Städten Deutschlands existieren Jugendcliquen, die in dieser Weise rechtsextremistische Verhaltensmuster aufgreifen. Die meisten dieser Jugendlichen bekennen sich zu einer von ihnen oft unreflektierten "rechten" Gesinnung, die sie selbst, über ein paar Schlagworte hinaus, nicht zu artikulieren vermögen. Auffällig werden die Mitglieder dieser Cliquen vor allem durch die von ihnen in provozierender Absicht verwendeten naz; Kennzeichen und durch Gewalttaten, denen nicht selten übermäßiger Alkoholgenuß ("Kampftrinken") vorangeht. Opfer dieser Gewaltausbrüche sind häufig Ausländer oder von Ausländern besuchte Einrichtungen, aber auch andere Gruppen undPersonen, die in das rechtsextremistisch geprägte Feindbild dieses Personenkreises passen (z. B. "Linke", Homosexuelle, Behinderte, Obdachlose). Bisweilen sind die Grenzen dieser Subkultur zu rein kriminellen Banden und zum Rotlicht-Milieu fließend. Viele Mitglieder rechts137 extremistisch orientierter Jugendcliquen sind 2 Skinheads. Kommunikationstechnik, von Extremisten genutzte moderne Die neuesten Errungenschaften der Kommunikationstechnik werden auch von Extremisten genutzt. Mailboxen, Mobiltelefone, Faxgeräte und "Infotelefone" gehören mittlerweile zum Handwerkszeug. Während "Infotelefone" lediglich über öffentlich erreichbare Anrufbeantworter Informationen für die Szene jederzeit abrufbar bereithalten, bieten per Modem vernetzte Mailboxen mit Verschlüsselungssoftware Extremisten die Möglichkeit, schnell, preiswert und teilweise von den Sicherheitsbehörden unbehelligt zu kommunizieren und Aktionen zu planen. Auch das weltumspannende "Internet", der derzeit größte Datenverbund, wird mehr und mehr von Extremisten zur internationalen Vernetzung verwendet. Mobiltelefone kommen als flexibles Kommunikationsmittel vor allem während der Durchführung von konspirativ geplanten Aktionen zum Einsatz. Linksextremisten, vor allem > Autonome, haben in der Nutzung dieser Techniken schon einen bemerkenswerten Standarderreicht. Rechtsextremisten, vor allem Neonazis (> Neonazismus), eifern ihnen darin immer stärker nach. Linksextremismus Mit diesem Begriff werden Bestrebungen vonParteien, Vereinigungen und Einzelpersonen bezeichnet, für die alle oder einige der folgenden Merkmale charakteristisch sind: - Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus als * wissenschaftlicher" Anleitung zum Handeln; daneben, je nach Ausprägung der Partei oder Gruppierung, Rückgriff auch auf Theorien weiterer Ideologen wie Stalin, Trotzki, Mao Zedong, Bakunin und andere _ Bekenntnis zur sozialistischen oder kommunistischen Transformation der Gesellschaft mittels eines revolutionären Umsturzes oder langfristiger revolutionärer Veränderungen - Bekenntnis zur Diktatur des Proletariats oder zu einer herrschaftsfreien (anarchistischen) Gesellschaft _ Bekenntnis zur revolutionären Gewalt als bevorzugteroder, je nach den konkreten Bedingungen, taktisch einzusetzender Kampfform. Linksextremistische Parteien und Gruppierungen lassen sich grob 138 in zwei Hauptströmungen einteilen: Dogmatische Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten; in Parteien oder anderen festgefügten Vereinigungenorganisiert, verfolgen sie die erklärte Absicht, eine sozialistische bzw. kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten. Autonome, Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre; in losen Zusammenhängen, seltener in Parteien oder formalen Vereinigungen agierend, streben sie ein herrschaftsfreies, selbstbestimmtes Leben unter Ablehnung jeglicher gesellschaftlicher Normen an. (> auch: Anarchisten; Autonome; "Antifa", autonome; Parteien, linksextremistische) Neonazismus Neonazis bekennen sich offen zur Ideologie und Weltanschauung des deutschen Nationalsozialismus. Sie erstreben einen nach dem "Führerprinzip" formierten totalitären Staat und eine "rassereine Volksgemeinschaft". Die Verbrechen, die vom NS-Regime begangen worden sind, werden -- je nach Charakter der Gruppierung -- verharmlost, geleugnet oder gar verherrlicht. Innerhalb des neonazistischen Spektrums bestehen Kontroversen über den "richtigen" Nationalsozialismus. Während die Mehrheit Adolf Hitler als die prägende Identifikationsfigur anerkennt, orientieren sich bestimmte neonazistische Gruppen amnationalrevolutionären Sozialismus der "linken" Nationalsozialisten, also an den Anschauungen etwa der Gebrüder Otto und Gregor Strasser oder des SA-Stabschefs Ernst Röhm. Kleine Teile des neonazistischen Spektrums knüpfen an die Ideologie des "Nationalbolschewismus" an und suchen deshalb zum Teil den Schulterschluß mit linksextremistischen Gruppierungen. Unabhängig vondiesen Richtungsstreitigkeiten wird Rudolf Heß, dem"Stellvertreter des Führers", eine überragende Rolle im Neonazismus zuerkannt. Heß wird wegenseiner langen Haftzeit und der von Teilen der rechtsextremistischen Presse als mysteriös beschriebenen Umstände seines Todes als Märtyrer verehrt. Bei "RudolfHeß-Gedenkwochen" (die aber in denletzten Jahren beinahe vollständig von den Sicherheitsbehörden unterbunden werden konnten) findet das neonazistische Spektrum alljährlich zu gemeinsamen Aktionen zusammen. Einige Neonazis versuchen jetzt, sich von der starren Fixierung auf das NS-Regime zu lösen, undstellen gegenwartsbezogene Themen 139 in den Mittelpunkt ihrer völkischen und rassistischen Agitation. "Neue Rechte" --Der Begriff "Neue Rechte" über dessen Umfang kein allgemeiner Konsens besteht und der deshalb mit unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird -- bezieht sich, wenn manihn weit faßt, auf verschiedenartige Varianten rechter Theoriebildung. Den meisten von ihnen gemeinsamist ein unmittelbarer oder auch nur vermittelter Bezug auf die Tradition der "Konservativen Revolution" (Sammelbegriff für eine antiliberale Richtung in den geistigen Auseinandersetzungen vornehmlich der 20er Jahre) und/oder die seit den 60er Jahren in Frankreich publizistisch hervortretende "Nouvelle Droite" ("Neue Rechte") mit ihrem Wortführer de Benoist. Zu den intellektuellen Zirkeln und Publikationen, auf die heute der Begriff "Neue Rechte" angewandt wird, zählen sowohl solche, die demnationalkonservativen oder demrechtsradikalen (also dem nichtextremistischen) Spektrum zuzurechnensind, als auch eindeutig rechtsextremistisch (2 Rechtsextremismus) geprägte, als auch schließlich manche, die sich dazwischen in einer "Grauzone" bewegen. Einige Ideologen der "Neuen Rechten" sindetatistisch (2 Etatismus) auf den "starken Nationalstaat" fixiert. Andere betonen die "Volksgemeinschaft", die sie für biologisch determiniert halten und zu einem Wert an sich verklären. Die "nationalrevolutionären" Theoretiker propagieren einen antiimperialistischen und antikapitalistischen "Befreiungsnationalismus" und suchen für den revolutionären Kampf Verbündete auch unter den Linksextremisten. Maßgebliche Vordenker der "Neuen Rechten" verfolgen die Strategie, vor der politischen die kulturelle Hegemonie zuerringen. Deshalb streben sie danach, im weltanschaulichen und politischen Diskurs der Gegenwart nach und nach die Meinungsführerschaft zu gewinnen. Dertatsächliche Einfluß der "Neuen Rechten" ist aber bis heute nicht sehr erheblich, zumal sie über keinen organisatorischen Bezugsrahmen verfügt. Parteien, linksextremistische Linksextremistische Parteien bezeichnen sich in der Regel selbst als marxistisch nach ihrem Theorieansatz und als kommunistisch oder sozialistisch von ihrer Zielstellung her. Je nach Ausrichtung der jeweiligen Partei werden auch Lenin, Stalin, Trotzki oder Mao Zedong als ideologische Leitfiguren anerkannt. Alle treten mehr oder weniger offen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung auf. Eine innerparteiliche Demokratie ist bei ihnen bestenfalls formal gewährleistet, vielmehr herrschen festgefügte zentralistische, auf Disziplinierung durch die Führungskader beruhende Strukturen vor. Eine Ausnahme hiervon bilden allenfalls die anarchistisch geprägten Parteien. Dajede der linksextremistischen Parteien von sich behauptet, die einzig wahre Lehre zu vertreten, kommen Bündnisse zwischen ihnen nur schwerzustande und beruhenoft nur auf pragmatischen, z. B. wahltaktischen, Erwägungen. Häufig hingegen bilden sich in diesen Parteien miteinander verfeindete Fraktionen, oder es spalten sich von ihnen Splittergruppen ab, die sich dann häufig zusammen mit anderen Kleingruppen wiederum neu formieren. Parteien, rechtsextremistische Rechtsextremistische Parteien, die sich als "nationaldemokratisch" oder "nationalfreiheitlich" oder ähnlich bezeichnen, betrachten das nationalsozialistische Regime nicht als ihr Leitbild und grenzen sich so inhaltlich von neonazistischen Gruppierungen ab. Ideologisch orientieren sich diese Parteien vornehmlich an völkischkollektivistischen Vorstellungen und fordern im Sinne ihres übertriebenen > Etatismus einen "starken Staat". Obwohl sie nicht selten Lippenbekenntnisse zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung abliefern, stellen sie durch ihre Forderungen wesentliche Grundprinzipien der Demokratie in Frage. Ideologische Differenzen zwischen den verschiedenen rechtsextremistischen Parteien und persönliche Animositäten ihrer Führungspersonen standen bisher einer auf Dauer angelegten Kooperation entgegen. Radikalismus > Extremismus Rassismus Zahlreiche Ausprägungen des 2 Rechtsextremismus enthalten als ein ideologisches Element den Rassismus. Nachrassistischer "Lehre" bestehen biologisch begründete, also unabänderliche, Wesensund Qualitätsunterschiede zwischen den Menschenrassen. Die Zugehörigkeit zu einer vonihnen entscheide also von vornherein über den höheren oder minderen Wert sowohl des Individuums als auch eines Volkes. Gewöhnlich wird vonRassisten der "weißen" oder "nordischen" oder "germanischen" Rasse eine naturgegebene Über141 legenheit gegenüber allen anderen Rassen zugeschrieben und aus ihr ein "natürlicher" Herrschaftsanspruch dieser Rasse hergeleitet. Der Rassismus wird als eine scheinrationale Begründung für > Fremdenfeindlichkeit benutzt. Eine spezielle Form des Rassismus ist der 2 Antisemitismus. Rechtsextremismus Mit diesem Begriff werden Bestrebungen von Parteien, Gruppierungen, Cliquen und Einzelpersonen bezeichnet, deren Anschauungen -- bei zahlreichen Unterschieden im einzelnen -- durch folgende Einstellungen bestimmt sind: Ablehnung der für die freiheitliche demokratische Grundordnung fundamentalen Gleichheit aller Menschen Verachtung des auf demPrinzip gleicher Rechte beruhenden demokratischen Verfassungsstaates übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit einer Feindschaft gegen Fremde oder fremd Aussehende, gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten Verschweigen, Verharmlosung oder Leugnung der Verbrechen, die von Deutschen unter nationalsozialistischer Herrschaft verübt wordensind (als Kampagne namentlich zur Bestreitung des Holocausts unter dem Stichwort > "Revisionismus" bekannt), Betonung angeblich positiver Leistungen des "Dritten Reiches". In unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung lassen sich in den einzelnen rechtsextremistischen Strömungen noch folgende ideologische Bestandteile ausmachen: > Rassismus, ausgedrückt etwa in der Warnung vor einer "Rassenmischung" als Gefährdung des "Deutschtums" und in der biologistisch begründeten Forderung nach mehr "Lebensraum" für die Deutschen > Antisemitismus, einschließlich der Behauptung, daß Juden dem deutschen Staatsvolk weder national noch kulturell zugehören könnten völkischer Kollektivismus, also pauschale Überbewertung einer meist rassistisch definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Individuums Militarismus samt dem Bestreben, auch zivile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nach hierarchischen Prinzipien ("Führer" und "Gefolgschaft") zu ordnen, verbunden mit der 142 Propagierung einer autoritären oder diktatorischen staatlichen Ordnung > Etatismus übersteigertes Sendungsbewußtsein, aus dem heraus das Recht der eigenen Gruppe absolut gesetzt wird und Andersdenkende und vor allem auch die Repräsentanten der Demokratie verleumdet und verächtlich gemacht werden. (> auch: "Anti-Antifa"; Fremdenfeindlichkeit; Neonazismus; Parteien, rechtsextremistische; Revisionismus; Skinheads; Wehrsport) Revisionismus Als Revisionismus bezeichnet man den politisch motivierten Versuch, die deutschen Verbrechen unter nationalsozialistischer Herrschaft zu relativieren oder zu leugnen. Insbesondere im Rahmeneiner gezielten "Revisionismus-Kampagne" versuchen Rechtsextremisten aus aller Welt seit Jahren, den millionenfachen Mord an den europäischen Juden zu bestreiten oder zumindest die Zahl der Opfer zu verkleinern. Zu diesem Zweck berufen sich Revisioni-- sten in ihren Publikationen auf häufig von ihnen selbst in Auftrag -- gegebene "Gutachten" ("Leuchter-Report", "Rudolf-Gutachten"), in denen mit pseudowissenschaftlichen Methodenversucht wird, die Massenvernichtung in den Konzentrationslagern als technisch unmöglich darzustellen. Als Revisionisten sind in denletzten Jahren besonders der in Kanada lebende Deutsche Ernst Zündel ("Germania-Rundbrief"), die aus dem europäischen Ausland heraus agierenden Altnazis Otto-Ernst Remer("Deutschland-Report", früher auch "Remer-Depesche") und der 1997 verstorbene Thies Christophersen ("Die Bauernschaft") sowie der britische Schriftsteller David Irving hervorgetreten. Skinheads Die Wurzeln der Skinheadbewegung liegen im Großbritannien der 60er Jahre. Sie war ursprünglich eher unpolitischer Natur. Auch heute interessiert sich ein großer Teil der Skinheadszene nicht für politische Themen, sondern fühlt sich lediglich einer von einschlägger Musik und Mode geprägten Subkultur zugehörig. Die Öffentlichkeit nimmt allerdings von der vielschichtigen Skinheadszene hauptsächlich den rechtsextremistischen Flügel ("Boneheads", "White-Power-Skins", "Fascho-Skins" und Teile der überwiegend unpolitischen "Oi-Skins") wahr, der sich nicht nur über eine bestimmte Mode und Musik definiert, sondern auch über 143 eine von neonazistischen Ideologieelementen durchsetzte Weltan- schauung. Diese wird aber nicht in argumentativer Auseinandersetzung angeeignet und verbreitet; sie bekundet sich vielmehr in gewalttätigen Aktionen gegenals feindlich eingestufte Personengruppen, darunter vor allem Ausländer und "Linke". Wichtige Bindeglieder der international verbreiteten rechtsextremistischen Skinheadszene sind die Skinhead-Musik, die auf Tonträgern und bei Konzerten mit oft aggressiven, z.T. neonazistischen Texten verbreitet wird, das Outfit, für das Modeartikel von zahlreichen Vertriebsdiensten im Versandhandel angeboten werden, und die Vielzahl internationaler und lokaler Skin-Magazine (Fanzines), die regelmäßig über Neuigkeiten in der Szene informieren, dabei aber auch rechtsextremistisches Gedankengut verbreiten. Eine Minderheit in der Skinheadszene ist dem "linken" Spektrum zuzuordnen. "Red Skins", "SHARPs" ("Skinheads Against Racial Prejudice") oder "R.A.S.H.s" ("Red and Anarchist Skinheads") definieren sich über ihre Gegnerschaft zu "Faschos" und grenzen sich energisch gegen "Nazis und Ra: " ab. Ein kleiner Teil dieses Personenkreises vertritt linksextremistische Vorstellungen. Linksextremistische Skinheads finden sich auch in der autonomen Szene (? Autonome) und engagieren sich zumTeil in der autonomen > "Antifa". Staatsterrorismus Dieser Begriff bezeichnet terroristische Aktionen (> Terrorismus), die im Auftrag von Regierungsorganeneines Staates im Inoder Ausland unternommen werden. Solche Aktionen dienen dazu, ein bestimmtes Regime nach innen oder außen mit illegitimen Gewaltmitteln -- z. B. Einschüchterung und Bedrohung bis hin zu Bomben-- anschlägen, Flugzeugentführungen, Morden abzusichern. Sie richten sich vor allem gegen Oppositionelle, aber auch gegen andere Staaten und deren Einrichtungen. Dabei bedient sich der terroristisch agierende Staat eigener Geheimdienste oder von ihm abhängiger Terrorgruppen. Gegenüber der Öffentlichkeit pflegt er aber die Anwendung terroristischer Mittel zu leugnen. Terrorismus Terrorismus (terror [lat.]: Schrecken) ist das ideologisch-strategisch begründete, planmäßige Bestreben, mit zielgerichteter Gewalt die freiheitliche demokratische Grundordnung zu destabilisieren und 144 schließlich zugunsten einer anderen Gesellschaftsordnung oder eines anarchischen Zustandes zu beseitigen. Zu diesem Zweck nn verüben Terroristen Anschläge auf Leib und Leben anderer Menschen sowie gemeingefährliche Straftaten. Terroristischer Methoden bedienensich einzelne Gruppen sowohl von Linksund Rechtsextremisten als auch von ausländischen Extremisten. Trotzkismus Der Trotzkismus ist eine politisch-ideologische Richtung, die auf Leo Trotzki , einen der Hauptakteure der russischen Oktoberrevolution 1917, zurückgeht. Der Trotzkismus unterscheidet sich von anderen marxistisch-leninistischen Richtungen, insbesondere auch vom Stalinismus, dadurch, daß er einen konsequenten Internationalismus, das Prinzip der "permanenten Revolution" -- also den unablässigen Kampf für eine alle Länder ergreifende Weltrevolution und eine "Arbeiterdemokratie" verficht. Die trotzkistischen Parteien stehen wegendieser grundlegenden Differenzen abseits von den übrigen kommunistischen Parteien. Um dennoch überihre engen Zirkel hinaus Einfluß zu gewinnen, bedienen sie sich der Methode des > Entrismus. Verbote extremistischer Organisationen Das Vereinsrecht eröffnet den Innenministern des Bundes und der Länder das Mittel des Verbots, wennsich eine Vereinigung, die keine politische Partei oder Religionsbzw. Weltanschauungsgemeinschaft ist, nachweislich "gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedankender Völkerverständigung richtet" ($ 3 Vereinsgesetz). Von dieser Möglichkeit der rechtsstaatlichen Abwehr extremistischer Bestrebungen ist in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland mehrfach Gebrauch gemacht worden. Zum Beispiel sind seit 1992 zwölf rechtsextremistische Vereinigungen verboten worden. Zu den bekanntesten unter ihnen gehören die v "Deutsche Alternative" (DA, verboten 1992) und die "WikingJugend" (WJ, verboten 1994). Vereinsverbote könnenbei den Verwaltungsgerichten angefochten werden. Das Verbot einer Partei kann allein das Bundesverfassungsgericht auf Antrag dazu befugter Verfassungsorgane aussprechen (Artikel 21 Abs. 2 Grundgesetz; $$ 13 Nr. 2,43 Bundesverfassungsgerichtsgesetz). Ein solches Verbot ist unanfechtbar. Voraussetzung dafür ist, daß eine Partei daraufausgeht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zubeeinträchtigen oder zu beseitigen oder den 145 Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden und diese Ziele auf aktiv kämpferische, aggressive Weise verfolgt. In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sind bislang lediglich zwei Parteien verboten worden("Sozialistische Reichspartei" [SRP], 1952; "Kommunistische Partei Deutschland" [KPD], 1956). Mit einemrechtskräftigen Verbotist festgestellt, daß die betreffende extremistische Organisation "verfassungswidrig" ist und deshalb ihre Tätigkeit einstellen muß. Als "verfassungsfeindlich" stufen die Verfassungsschutzbehörden solche Organisationen ein, die erkennbar extremistische Bestrebungen verfolgen (2 Extremismus). Solange "verfassungsfeindliche" Organisationen (noch) nicht verboten sind, könnensie sich im Rahmen der geltenden Gesetzefrei betätigen. Wehrsport Unter "Wehrsport" versteht man Aktivitäten, die der paramilitärischen Ausbildung in "Wehrsportgruppen" dienen sollen. Bei solchen "Wehrsportübungen" befassen sich mehrere Personen im -- Gelände Übungsorte sind meist Waldgebiete, Steinbrüche oder ehemalige Truppenübungsplätze -- mit militärischen Übungsinhalten wie Formalausbildung, Marschformationen, Häuserund Nahkampf oder Schießausbildung; dazugehören können auch ein "Überlebenstraining" (Orientierung, Ernährung und längerer Aufenthalt in der Natur) und Tarnübungen oder das Erlernen von Kampfsportarten sowie die Ausbildung im Umgang mit Sprengstoff. In vielen Fällen befriedigen jüngere Männer mit solchen Aktivitäten vornehmlich militaristische Neigungen, vor allem dann, wenn von solchen Gruppen keine politischen Bestrebungen ausgehen. Wehrsportübungen können jedoch auch als Vorbereitung zu rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten dienen. Diese Gefahr besteht ' insbesondere dann, wenn die Wehrsportaktivitäten im Rahmen einer rechtsextremistischen Organisation unternommen werden. 146 Fotonachweis: Hirsch (S. 3), ZB/Hiekel (S. 18), ZB/Kasper (S. 21), Sengpiehl (S. 30), ZB/Kluge (S. 39), ADN/ZB (S. 40), Ross (S. 41), ZB/Weisflog (S. 44), ZB (S. 60), ZB/Heiland (S. 64), Innenministerium Brandenburg (S. 82), ZB/Mittenzwei (S. 86), Innenministerium Brandenburg(S. 94), dpa/Hesse(S. 95), ZB/Grimm (S. 111), dpa/ Mahnke(S. 115)