LAND BRANDENBURG >33: Ministerium des Inneren Herausgeber: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg, Henning-von-Tresckow-Straße 9-13, 14467 Potsdam Auflage: 5.000 Druck: Druckerei Gebhardt, Eberswalde Redaktion und Layout: Abteilung Verfassungsschutz, Referat V/2, Telefon: (0331) 8662567 April 1995 Verfassungsschutzbericht 1994 Das Ministerium des Innern ist die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. In Erfüllung des gesetzlichen Auftrages wird mit dem vorliegenden Jahresbericht 1994 die Öffentlichkeit über die Arbeitsergebnisse unterrichtet. Verfassungsschutz durch Aufklärung 1 99 A Verfassungsschutzbericht Land Brandenburg Verfassungsschutzbericht 1994 Vorwort Als unser Parlament vorfast zwei Jahren das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz verabschiedete, verpflichteten wir uns damit auch zu einer regelmäßigen Information der Öffentlichkeit. Nicht nur die Regierung und anderestaatliche Stellen werden durch die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet, sondern auch das Parlament und die Bürger. Wir legenjetzt den zweiten Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg vor. Darin können wir erneut unter Beweis stellen, daß sich das Konzept der streitbaren Demokratie bewährt. Wir haben die extremistischen und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen im Lande zunehmend unter Kontrolle. Und nicht nur das: Die Zahl der fremdenfeindlichen Gewalttaten ist in Brandenburg deutlich zurückgegangen. Sie verringerten sich 1994 im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel. Die junge, immer noch im Aufbau befindliche Verfassungsschutzbehörde unseres Landes hat mit wertvollen Erkenntnissen zu dieser erfreulichen Entwicklung beigetragen. Sie ermöglichte rechtzeitige Abwehrmaßnahmen - etwa gegen Nazi-Gedenkfeiern zum Volkstrauertag oder gegen die sogenannte "Rudolf-Heß-Gedenkwoche". Wenn wir uns der Werte des demokratischen Verfassungsstaates sicher sein wollen, wenn dieser Staat ungefährdet von extremistischen Positionen bleiben soll, darf das nicht allein Aufgabe der Sicherheitsbehörden sein. Vielmehr ist dabei jeder von uns gefordert. Denn es sind unsere Rechte und Freiheiten, die auf dem Spiel stehen. Wer die Politik mit Abstand betrachtet und die Demokratie als etwas Selbstverständliches hinnimmt, statt sich einzumischen und mitzugestalten, der kann damit schon dem Extremismus den Boden bereiten. Verfassungsschutz durch Aufklärung Der vorliegende Bericht stellt deshalb nicht nur eine Bilanz dar, sondern gleichzeitig ein Angebot zur öffentlichen Auseinandersetzung. Der Verfassungsschutz sucht die Öffentlichkeit, er braucht sie, In dem Maße, wie die Bürgerinnen und Bürger über die Gefährlichkeit extremistischer Gruppierungen und über Abwehrmaßnahmen aufgeklärt werden, können wir sie auch als Partner gewinnen gegen Bestrebungen, unserefreiheitliche demokratische Grundordnung anzugreifen. Den Schwerpunkt in der Arbeit des brandenburgischen Verfassungsschutzes bildet nach wie vor der Kampf gegen den Rechtsextremismus. Diese Strategie darf jedoch nicht die Beobachtung anderer extremistischer Gruppierungen vernachlässigen. Auch im Bereich des Linksextremismus und des Ausländerextremismus gibt es gefährliche Tendenzen. Weiterhin geboten ist auch die Spionageabwehr. Niemand sollte glauben, es gäbe wegen der politischen Veränderungen in Osteuropa keine Spionage mehr gegen unser Land. Bei der Vielfalt der Aufgaben des Verfassungsschutzes bekennen wir uns auch künftig dazu, den präventiven Aspekt in den Vordergrundzu stellen. Das schließt eine vielfältige Aufklärungsarbeit ein, die gerade auch der Verfassungsschutz zu leisten herausgefordert ist. Diese Behörde kann und muß mit dazu beitragen, daß möglichst viele Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage gegen extremistische Gewalt, gegen Feindseligkeiten, ja schon gegen abfällige Reden auftreten, mithin für den Bestand unserer Grundordnung einstehen. Denn nicht erst die Tat, bereits der Beifall oder auch nur die heimliche Akzeptanz von Haß und Verachtung machen es den Extremisten leicht. Sorgen wir gemeinsam dafür, daß Brandenburg auch künftig jedem Feind der Demokratie unüberwindliche Barrieren entgegensetzt. Han ZA Alwin Ziel Innenminister des Landes Brandenburg Verfassungsschutzbericht 1994 Inhalt Seite Verfassungsschutz und Demokratie 10 Die Rolle des Verfassungsschutzes im demokratischen Rechtsstaat 10 Die Aufgaben der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde 13 Die Befugnisse der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde Die Kontrolle der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde 17 Organisation und Struktur der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde 18 Haushaltsmittel 18 Verfassungsschutz durch Aufklärung 19 Politischer Extremismus 23 Rechtsextremismus 24 Allgemeine Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutschland Rechtsextremismus in Brandenburg 30 Rechtsextremistisch orientierte JugendER szene 32 |I -. VerfassungsschutzdurchAufklärung Ansätze von Strukturbildungen 32 Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten 35 Neonazistische Gruppierungen 40 "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (F) 40 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 43 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 44 "Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V." (IHV) 44 oO "Nationales Pressearchiv" (NPA) 45 Rechtsextremistische Parteien und deren Nebenorganisationen 46 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands"(NPD) 46 "Deutsche Volksunion" (DVU) 47 ooo "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) 49 "Die Republikaner" (REP) 50 Sonstige rechtsextremistische Organisationen 52 "Die Nationalen e.V." 52 oo "Wiking-Jugend" (W)J) 54 Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 56 Ausblick 58 7 Verfassungsschutzbericht 1994 Übersicht in Zahlen 62 oo(r) Mitgliederzahlen Straftaten 62 63 Linksextremismus 64 Allgemeine Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutschland 65 Linksextremismus in Brandenburg 69 Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre in Brandenburg 70 oOoo(r)eo Linksextremistisch orientierte Jugendszene 70 Linksextremistisch motivierte Gewalttaten 71 Anarchisten Linksextremistischer Terror 76 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 76 "Revolutionäre Zellen/Rote Zora" (RZ) TE: "Antiimperialistische Widerstandszelle" (AIZ) | 78 Marxistisch-leninistische Parteien und ihre Nebenorganisationen in Brandenburg 80 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 80 "Kommunistische Partei Deutschland" (KPD) 8 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 8 Trotzkisten 32 Verfassungsschutz durch Aufklärung (r) Ausblick 832 (r) Übersicht in Zahlen 86 oO Mitgliederzahlen 86 [6] Straftaten 87 c Ausländerextremismus 88 (r) Allgemeines 88 (c) Sicherheitslage in Brandenburg 88 oO Palästinensische Organisationen 89 oO Türken und Kurden 90 oO Iraner 9] (r) Ausblick 92 IV Spionageabwehr 93 Q Übersicht 93 (6) Östliche Nachrichtendienste 93 oO Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens 94 oO Ausblick 95 V Geheimschutz % Information und Beratung 97 Anhang Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG) 9 Verfassungsschutzbericht1994 ä | Verfassungsschutz und Demokratie Die Rolle des Verfassungsschutzes im demokratischen Rechtsstaat 1 Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist in $ | des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes (BbgVerfSchG) vom 5. April 1993 beschrieben: "Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder". Diese Beschreibung bezeichnet auch den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Eine gefestigte Demokratie, so könnte man meinen, benötige den Schutz durch Institutionen und Verfahren nicht; das freie Spiel der politischen Kräfte gewährleiste Sicherheit und Bestand der Demokratie. Dieser Gedankeist auch durchaus zutreffend. Er hat jedoch nur so lange Gültigkeit, wie sich alle politisch wirkenden Kräfte an die Regeln der Demokratie halten, rechtzeitig drohende Gefahren erkannt und notwendige Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Erfahrungen aus der Zeit der ersten deutschen Republik (1918 bis 1933) - die eine Verfassungsordnung ohne die Schutzmechanismen des heute geltenden Grundgesetzes besaß - zeigen jedoch, daß dieses System nur dann funktioniert, wennalle gesellschaftlichen Kräfte zur Demokratie stehen und nicht sie selbst aushöhlen wollen. Unter dem Eindruck der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte (1933 bis 1945) wurden 1949 in die neue demokratische Verfassung, das Grundgesetz, solche Schutzmechanismen eingefügt, die zu einem frühzeitigen Erkennen und Bekämpfen "Schutz der demokratieund freiheitsfeindlicher Strömungen beitragen sollen. "Verfassung Der Schutz der Verfassung durch die Behörden für Verfassungsschutz, deren Einrichtung das Grundgesetz von Anfang an vorsah, ist in diesem System nur ein Element. Zur Konzeption dieses Schutzsystems der Demokratie, der sogenannten wehrhaften Demokratie, gehören drei Leitgedanken: Verfassungsschutz durch Aufklärung > die Wertgebundenheit: der demokratische Verfassungsstaat bekennt sich zu Werten, denen er eine besondere Bedeutung beimißt und die er nicht zur Disposition gestellt wissen will; ibwehr: D die Abwehrbereitschaft: bereitschaft der Staat ist gewillt, diese wichtigsten Werte zu verteidigen; (c) die Vorverlegung des Verfassungsschutzes: Vorverlegung des der demokratische Verfassungsstaat behält sich vor, nicht Verfassungserst dann zu reagieren, wenn Extremisten gegen das Strafgeschutzes setz verstoßen; vielmehr sollen sie bereits im Vorfeld der Strafbarkeit beobachtet und bekämpft werden. Zum Schutz der Verfassung wurde im Grundgesetz (GG) durch verschiedene Vorschriften ein komplexes Verfassungsschutzsystem verankert: u So kann z.B. gegen Einzelpersonen die Verwirkung von Grundrechten durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden, wenn sie diese zum Kampfgegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht haben (Art. 18 GG). > Parteien und sonstige Vereinigungen können verboten werden, wenn sie darauf gerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen (Art. 9 Abs. 2, Art. 21 Abs. 2 GG). n Art. 79 Abs. 3 GG erklärt bestimmte Änderungen des Grundgesetzes für unzulässig, z.B. solche, mit denen die Menschenrechte(Art. 1 Abs. 2 GG) abgeschafft werden sollen. Verfassungsschutzbehörden sammeln Unterlagen über die Freiheitliche gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichdemokratische teten und sicherheitsgefährdenden Bestrebungen(Art. 73 Nr. en 10 b und 87 Abs. I Satz 2 GG). Während die Verfassungsschutzbehörden den sogenannten nachrichtendienstlichen Verfassungsschutz ausüben, kennt das Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland auch noch den sogenannten verfassungsgerichtlichen Verfassungsschutz: Das Bundesverfassungsgericht kann das Verbot verfassungswidriger Parteien oder die Verwirkung von Grundrechten aussprechen. Darüber hinaus gibt es den sogenannten strafrechtlichen Verfassungsschutz; er umfaßt die Maßnahmen vonPolizei, Staatsanwalt41 Verfassungsschutzbericht 1994 schaften undStrafgerichten, mit denensie Straftaten gegen den Bestand des Staates oder gegen die Verfassung verfolgen (zum Beispiel Hochverrat, Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei - vgl. $$ 81 ff. Strafgesetzbuch). Aber auch andere Verwaltungsbehörden sind durch Maßnahmen nach dem Vereinsgesetz, dem Versammlungsgesetz oder dem Ausländergesetz im Rahmendieser Spezialgesetze am Schutz der Verfassung beteiligt. Der Verfassungsschutzals Institution hat die freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen. Deren wesentliche Elemente sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den beiden bisher einzigen Fällen von Parteiverboten - "Sozialistische Reichspartei" (SRP) im Jahre 1952 und "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) im Jahre 1956 - herausgearbeitet worden. Das Brandenburgische Verfassungsschutzgesetz vom 5. April 1993 hat diese Grundelementein seinen Text aufgenommen (vgl. hierzu $ 4 Abs. 3 BbgVerfSchG). Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Verfassungsschutzgesetzes zählen demnach: & die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, (c) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretungen in allgemeiner, unmittelbarer,freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, > die Bindung der Gesetzgebungan die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, > das Recht auf die Bildung und Ausübungeiner parlamentarischen Opposition, > die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, > die Unabhängigkeit der Gerichte und & der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft. Die Rolle des Verfassungsschutzes im demokratischen Rechtsstaat wird vielfach mit dem Schlagwort "Frühwarnsystem" beschrieben. Seine Hauptaufgabe liegt in der Tat in der Früherkennung von Gefahren. Dabei bewegter sich aber nicht in einer Grauzone des Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechts; vielmehr hat er einen klaren gesetzlichen Auftrag. Seine Befugnisse sind beschränkt und detailliert gesetzlich festgelegt; er orientiert sich bei seiner Arbeit ausschließlich an den Maßstäben des Rechtsstaates. Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger sind Erül durch vielfache Kontrollen gesichert. MM Die Aufgaben der Brandenburgischen 2 Verfassungsschutzbehörde Verfassungssschutzbehörde des Landes Brandenburgist das Ministerium des Innern. : . Informationen Gemäß $ 3 BbgVerfSchG hat die Verfassungsschutzbehörde die "sammeln Aufgabe, zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zu sammeln über = Bestrebungen, die gegen diefreiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben; (c) sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht; @ Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Solche Informationen wertet die Verfassungsschutzbehördeaus. Sie darf jedoch nur dann tätig werden, wenntatsächliche Anhaltspunkte das Vorhandensein einer der vorbezeichneten Bestrebungen oder Tätigkeiten belegen. Darüber hinaus wirkt die Verfassungsschutzbehörde mit > bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentliSicherheitschen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstänüberprüfung de oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können; > bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder 13 werden sollen; Verfassungsschutzbericht 1994 > bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. Dabei darf die Verfassungsschutzbehörde an einer Sicherheitsüberprüfung nur mitwirken, wenn die zu überprüfende Person zugestimmthat. In die Sicherheitsüberprüfung dürfen Personen, die mit der zu überprüfenden Person verheiratet oder verlobt sind oder mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft leben, mit ihrer Zustimmung einbezogen werden. LAND BRANDENBURG ee ae nnWenigeur er . Brasdenbirgs Vertuspnga 1993 Insiann ue n itremismus. Das sagte Innenminister Ziel sc' | a 5 Ben ne De ee ee \e gesagt hate, mus sc gefährlicher Ministerium des Innern Ein wesentlicher Teil der Arbeit des Verfassungsschutzes liegt in der Unterrichtung der Landesregierung und anderer zuständiger Stellen über die Gefahren für die freiheitliche demokratische Verfassungsschutz durch Aufklärung Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder des Landes ($ 1 Abs. 2 BbgVerfSchG) sowie - nicht zuletzt - in der Unterrichtung der Öffentlichkeit ($ 5 BbgVerfSchG). Dem letztgenannten Zweck dient - neben anderen Veröffentlichungen - auch dieser Bericht. Die Befugnisse der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehörde 3 Ein grundlegendes Prinzip der Tätigkeit der Verfassungsschutzbehördeist die Bindung an Gesetz und Recht ($ 6 Abs. 1 BbgVerfSchG). Aus diesem Grundsatz folgt unter anderem, daß im Rahmen der Verfassungsschutzarbeit keine Straftaten begangen werden dürfen ($ 6 Abs. 7 BbgVerfSchG), und ferner, daß die angewandten Maßnahmen nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Verhältmismäßigabgewogen sein müssen. Das heißt, daß von mehreren geeigneten 'keitsprinzip | Maßnahmen diejenige zu wählenist, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt; eine Maßnahme darf niemals zu einem Nachteil führen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Die Verfassungschutzbehörde des Landes Brandenburg sammelt demnach in den Grenzen dergesetzlichen Vorgaben Informationen und wertet sie aus. Einen wesentlichen Teil (ca. 80 Prozent) der Informationen erhält sie aus jedermann offen zugänglichen Quellen, zum Beispiel aus Zeitungsberichten, Rundfunkund Fernsehmeldungen, Literatur usw., aber auch durch Mitteilungen anderer Behörden. Unter Einsatz sogenannter nachrichtendienstlicher Mittel, also mit Hilfe verdeckter Informationsbeschaffung durch die nachrichtenVerfassungsschutzbehörde, werden nur rund 20 Prozent der dienstliche Erkenntnisse gewonnen. Das Brandenburgische VerfassungsschutzMittel gesetz enthält in $ 6 Abs. 3 eine abschließende Aufzählung der Mittel zur geheimen Informationsbeschaffung, die die Verfassungsschutzbehörde einsetzen darf: > Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermittlern; (c) Observationen; (c) Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen), aber nur außerhalb des Schutzbereichs der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG; Verfassungsschutzbericht 1994 > verdeckte Ermittlungen und Befragungen; g Mithören ohne Inanspruchnahme technischer Mittel; > Mithören und Aufzeichnen des nichtöffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel, aber nur außerhalb der Wohnung im Sinne des Art. 13 GG; (c) Beobachtung des Funkverkehrs aufnicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen (z. B. Agentenfunk) sowie die Sichtbarmachung, Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen; & Verwendung fingierter biografischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (sog. Legenden zur Tarnung von Mitarbeitern); & Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; (r) Überwachungdes Brief-, Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Art. 10 GG. Diese Mittel dürfen jedoch nur in engem Rahmen eingesetzt werden, nämlich gemäß $ 7 BbgVerfSchG nurin denjenigen Fällen, in denen dies für die Aufklärung oder Beobachtung derin $ 3 Abs. | BbgVerfSchG genannten Bestrebungen und Tätigkeiten erforderlich und unumgänglich ist, sowie zum Schutz der Bediensteten und Einrichtungen der Verfassungsschutzbehörde. Im übrigen muß der Einsatz dieser Mittel immer auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen. Eine Grundregel für die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde besagt, daß ihr polizeiliche Eingriffsbefugnisse oder Weisungsrechte nicht zustehen. Es besteht eine klare Trennung vonpolizeilichen Aufgaben und Verfassungsschutzaufgaben. Der Verfassungsschutzbehörde ist es auch untersagt, die Polizei im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen zu ersuchen, zu denen sie selbst nicht * befugtist ($ 6 Abs. 4 BbgVerfSchG). Sie kann somit keine Zwangsmaßnahmen anwenden, um zu den gewünschten Informationen zu gelangen. Diese Trennung der Aufgaben und der Befugnisse bedeutet allerdings nicht, daß kein Informationsaustausch zwischen " den Polizeibehörden und der Verfassungsschutzbehördestattfindet. Dieser ist von der Sache her vielmehr oft notwendig; er vollzieht sich gemäß $ 14 BbgVerfSchG nachgesetzlich genau fixierten Regeln. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die Kontrolle der Brandenburgischen A Verfassungsschutzbehörde Der Verfassungsschutz in Brandenburgunterliegt einer mehrfachen Kontrolle. Daist in erster Linie die parlamentarische Kontrolle durch die gemäß $ 23 BbgVerfSchG eingerichtete Parlamentarische Kontrollkommission des Landtages. Hierbei handelt es sich um eine gewählte Kommission, die gemäß $ 25 BbgVerfSchG von der Landesregierung umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Verfassungsschutzes, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung sowie auf Verlangen auch über Einzelfälle zu unterrichten ist. Die Kommission hat auf diese Unterrichtung einen unmittelbaren Anspruch. Sie kann alle erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akteneinsicht und Dateneinsicht, Stellungnahmen und Zutritt zur Verfassungsschutzbehörde verlangen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Ihr steht ferner das Recht zu, mit Zustimmung des Innenministers Mitarbeiter der Verfassungsschutzbehörde zu befragen. Schließlich hat diese Kommission auch die Möglichkeit, Eingaben einzelner Bürgerinnen und Bürger zu einem sie betreffenden Verhalten der Verfassungsschutzbehörde zu beraten. Auch einzelne Bürgerinnen und Bürger können eine mittelbare Kontrolle des Verfassungsschutzes ausüben, indem sie sich an die Parlamentarische Kontrollkommission wenden. Darüber hinaus hat jeder das Recht, Auskunft und Akteneinsicht von der Verfassungsschutzbehörde zu verlangen ($ 12 BbgVerfSchG). Sie erteilt jedem unentgeltlich über die zu seiner Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung grundsätzlich Auskunft. Auf Antrag wird auch Akteneinsicht gewährt. Auskunftserteilung und Akteneinsicht dürfen nur dann versagt werden, wenn das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der betroffenen Person überwiegt. Von ihrem Auskunftsanspruch haben etliche Bürgerinnen und Bürger im Jahre 1994 Gebrauch gemacht. Eine dritte Säule der Kontrolle des Verfassungsschutzes ist die Überprüfung durch den Landesbeauftragten für den Datenschutz. Er hat zu allen Daten und Unterlagen Zugang, die personenbezogene Informationen enthalten. Seine Kontrolltätigkeit kann ebenfalls von einer Bürgerin oder einem Bürger ausgelöst werden. Der Datenschutzbeauftragte überprüft auf der Grundlage der geltenden 47: Verfassungsschutzbericht 1994 Regeln des Datenschutzgesetzes die Rechtmäßigkeit der Erhebung, der Speicherung, der Übermittlung usw. personenbezogener Informationen. Organisation und Struktur der Brandenburgischen 5 Verfassungsschutzbehörde Gemäß $ 2 Abs. | BbgVerfSchGist das Ministerium des Innern die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg. Es unterhält zu diesem Zweck eine eigene Abteilung, die Abteilung V. Diese gliedert sich in sechs Referate: m Referat V/l, Zentrale Dienste, Rechtsund Grundsatzangelegenheiten; n Referat V/2, Verfassungsschutz durch Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit; m Referat V/3, Auswertung von Informationen auf dem Gebiet des politischen Extremismus; > Referat V/4, Beschaffung von Informationen auf dem Gebiet des politischen Extremismus; (c) Referat V/5, Spionageabwehr; n Referat V/6, Geheimund Sabotageschutz.M Haushaltsmittel 6 Am 31.12.1994 hatte die Abteilung 63 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Verfassungsschutzbehörde hat im Haushaltsjahr 1994 an Sachmitteln 773.939,25 DM verausgabt. Die Personalkosten beliefen sich auf rund 3.616.000 DM*.M S Die Personalkosten wurden nach den Aufstellungsrichtlinien für den Haushalt 1994 ermittelt; dabei wurden für die Errechnung der Gehälter bzw. Bezüge Durchschnittswerte zugrunde gelegt. Verfassungsschutz durch Aufklärung II Verfassungsschutz durch Aufklärung Zum gesetzlichen Auftrag des Verfassungsschutzes gehört die Unterrichtung der Öffentlichkeit über extremistische Ideologien und Bestrebungen. Damit fördert der Verfassungsschutz die breite Auseinandersetzung mit diesen Erscheinungen. Die Bürgerinnen Information und Bürger des Landessollen in die Lage versetzt werden, aufmerkderBürger sam extremistische politische Entwicklungen und Tendenzen wahrzunehmen, die wahren Absichten verfassungsfeindlicher Parteien und Organisationen zu erkennen undkritisch einzuschätzen. Dazu unterrichtet die Verfassungsschutzbehörde die Öffentlichkeit, das Parlament und die Regierung über ihre Erkenntnisse. Diese Arbeit des Verfassungsschutzes, umschrieben mit "Verfassungsschutz durch Aufklärung", umfaßt im einzelnen folgende Aufgaben: Information 1 Der Verfassungsschutz informiert über > extremistische Strategien und Aktivitäten, verfassungsfeindlich und sicherheitsgefährdende Bestrebungen und ihre ideologischen Hintergründe, = Spionage und Geheimschutz, 5 gesetzliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation, Arbeitsweise und Kontrolle des Verfassungsschutzes. Dazu gab es 1994 vielfach Kontakte mit Presse und Rundfunk (telefonische Auskünfte, Interviews, Pressegespräche). Ferner wurde der Verfassungsschutzbericht 1993, der umfassend über die obengeYerfassungsnannten Entwicklungen Auskunft gibt, in einer Auflage von 5000 schutzbericht Exemplaren an Behörden, Institutionen, Schulen und an einzelne Bürgerinnen und Bürger versandt. Schließlich wurde umfangreiches Material, zum Beispiel über Linksextremismus, Rechtsextremismus und Ausländerextremismus, verteilt. 19 Verfassungsschutzbericht1994 " Aufklärung 2 Neben dem Bemühen, sachlich und anschaulich über den politischen Extremismus und seine Gefahren zu informieren, verfolgt der Verfassungsschutz das Ziel, die geistig-politische Auseinandersetzung der Bevölkerung mit den Themen des Extremismus offensiv zu fördern. Dies geschieht durch > Vorträge an Schulen, vor Vereinen, Organisationen usw., > Teilnahme an "Runden Tischen" zur inneren Sicherheit und Veranstaltungen ähnlicher Art, & eigene Veranstaltungen, zum Beispiel Ausstellungen. 1994 ist die Nachfrage nach Vorträgen, vor allem an Schulen, gegenüber 1993 deutlich gestiegen. Schwerpunktdieser Aufklärungsarbeit der Brandenburgischen Verfassungsschutzbehördeist zur Zeit die Präsentation der gemeinsamen Wanderausstellung der fünf neuen Bundesländer "Demokratie - aber sicher!". Die Ausstellung, die im November 1994 in Potsdam von Innenminister Alwin Ziel eröffnet wurde, richtet sich vor allem an Jugendliche im Alter von 14 bis 22 Jahren. Sie Demokratie - aber sicher ! stellt im ersten Teil Grundrechte dar, geht im zweiten Teil auf die Gefahren despolitischen Extremismus für die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ein und beschreibt im dritten Teil die Aufgaben des Verfassungsschutzes. Damit soll einerseits das Demokratieverständnis der jungen Bürgerinnen und Bürger gefördert, andererseits die Arbeit der Verfassungsschutzbehörde transparent und verständlich gemacht werden. Die Ausstellung, die bisher in verschiedenen Regionen des Landes BrandenEIERN) burg gezeigt wurde, stößt auf Verfassungsschutz durch Aufklärung rege Nachfrage, vor allem bei Schulen und Behörden. Über den jeweiligen Ausstellungsort informiert die örtliche Presse rechtzeitig. Die Ausstellung setzt zugleich die bundesweite Aufklärungs- : CT} kampagne der Innenminister des Bundes undder Länder FA | RSTA N D N | S Fairständnis - Menschenwürde rer TITITT] achten - Gegen Fremdenhaß" im Land Brandenburg verstärkt fort. Neben der finanziellen Unterstützung wurden vielfach Poster mit dem Slogan "Gewalt ist die falsche Wahl" an Schulenverteilt. Ferner werben das Schülerheft "basta - Nein zur Gewalt!" und das Computerspiel "Dunkle Schatten" an Schulen für ein gewaltfreies Miteinander. bAnz; zum. achten Gegen a == - Eremdenhaß" Gewaltistäie falsche wahl! Verfassungsschutzbericht 1994 BeteiligunganjugendpolitischerArbeit 3 Die Brandenburgische Verfassungsschutzbehörde nutzt das Aufgabenfeld "Verfassungsschutz durch Aufklärung", sich auch mit den Ursachen des politischen Extremismus zu befassen. So wurde jetzt damit begonnen, sich an kommunalen Präventionsprojekten zu beteiligen, die extremistische Einflüsse und Orientierungen sowie die Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen bekämpfen sollen. In Zusammenarbeit mit Behörden, Trägern sozialer Einrichtungen, Vereinen mit sozialpolitischer Zweckbindung, Wissenschaftlern und engagierten Einzelpersonen wird jugendspezifische Projektarbeit durch Beratung und Anregungen zu konkreten Maßnahmen unterstützt. I AnfragenzuVorträgen 4 Die von der Verfassungsschutzbehörde herausgegebenen Broschüren (z.B. Verfassungsschutzbericht) können kostenlos bestellt werden. Außerdem werden Referentinnen und Referenten zu Vorträgen und Diskussionen vermittelt. Interessenten wenden sich an: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Referat V/2 Telefon: (0331) 866 2567 Telefax: (0331) 866 2599 Verfassungsschutz durch Aufklärung III POLITISCHER EXTREMISMUS Der politische Extremismus hat viele Gesichter. Die Gefahren, die von ihm ausgehen, können nur dann wirksam abgewehrt werden, wenn manihn in allen seinen Spielarten klar erkennt und bekämpft. Als extremistisch bezeichnen die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern solche Bestrebungen, die sich in der Ablehnung des demokratischen Verfassungsstaates und seiner fundamentalen Werte, seiner Normen und Spielregeln artikulieren und die darauf abzielen, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen und durch eine nach den jeweiligen Vorstellungen der extremistischen Minderheit formierte Ordnung zu ersetzen. Gewalt wird dabei häufig als ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Ziele gutgeheißen, propagiert oder sogar praktiziert. Die Verfassungsschutzbehörden unterscheiden terminologisch zwischen dem Begriff' "Extremismus" und dem Begriff "Radikalismus", obwohl beide anderweitig oft synonym gebraucht werden. Radikal ist eine Haltung, die gesellschaftliche Probleme und Konflikte bereits von der Wurzel her anpacken will, nicht jedoch den demokratischen Verfassungsstaat ganz oderteilweise zu beseitigen beabsichtigt. Politischer Extremismus verschärft sich zum politischen Terrorismus, wenn Gruppen oder Einzelpersonen planmäßig und nachhaltig darauf ausgehen, politische Ziele mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchzusetzen. M Verfassungsschutzbericht 1994 Rechtsextremismus A Mit dem Begriff "Rechtsextremismus" werden Bestrebungen von Parteien, Gruppierungen, Cliquen und Einzelpersonen bezeichnet, deren Anschauungenbei zahlreichen Unterschieden im einzelnen - mindestens durch folgende Einstellungen bestimmt sind: DO Ablehnung der für die freiheitliche demokratische Grundordnung fundamentalen Gleichheit aller Menschen; DO Verachtung des auf dem Prinzip gleicher Rechte beruhenden demokratischen Verfassungsstaates; übersteigerter, oft aggressiver Nationalismus, verbunden mit einer Feindschaft gegen Fremde oder fremd Aussehende, gegen Minderheiten, fremde Völker und Staaten; Verschweigen, Verharmlosung oder Leugnung der Verbrechen, die von Deutschen unter nationalsozialistischer Herrschaft verübt worden sind (als Kampagne namentlich zur Bestreitung des Holocausts unter dem Stichwort "Revisionismus" bekannt), 'Revisionismus Betonung angeblich positiver Leistungen des"Dritten Reiches". In unterschiedlicher Gewichtung und Ausprägung lassen sich in den einzelnen rechtsextremistischen Strömungen noch folgende ideologische Bestandteile ausmachen: DO Rassismus, ausgedrückt etwa in der Warnungvor einer "Rassenmischung" als Gefährdung des "Deutschtums", und in der biologistisch begründeten Forderung nach mehr "Lebensraum" für die Deutschen; Antisemitismus, einschließlich der Behauptung, daß Juden dem deutschen Staatsvolk weder national noch kulturell zugehören könnten; völkischer Kollektivismus, also pauschale Überbewertungeiner meist rassistisch definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Individuums; Militarismus samt dem Bestreben, auch zivile Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nach hierarchischen Prinzipien ("Führer" und "Gefolgschaft") zu ordnen, verbunden mit der Propagierung einer autoritären oder diktatorischen staatlichen Ordnung; Etatismus, also Überbetonung eines nach innen und außen starken Staates; Verfassungsschutz durch Aufklärung Öl übersteigertes Sendungsbewußtsein, aus dem heraus das Recht der eigenen Gruppe absolut gesetzt wird und Andersdenkende und vor allem auch die Repräsentanten der Demokratie verleumdet und verächtlich gemacht werden. M a Allgemeine Entwicklungstendenzenin der Bundesrepublik Deutschland In den Jahren seit 1991 mehrten sich die Anzeichen, daß sich eine nicht organisatorisch verfestigte rechtsextremistische Szene von erheblichem Umfang entwickeln würde. Aktivitäten von Skinheadgruppen und zumTeil massenhafte Ausschreitungen gegen Fremde, die mitunter pogromartige Züge annahmen, konnten als Signale für eine derartige Entwicklung gewertet ak werden. So wurde befürchtet, daß eine breite, schwer faßbare gefährliche Bewegung vornehmlich jugendlicher Rechtsextremisten, die aus Signale labilen Stimmungen heraus brutale Gewalttaten zu verüben fähig sind, der überschaubaren Zahl rechtsextremistischer Parteien und Vereine ungeahnten Auftrieb geben und ihnen neue Mitgliederin größerer Zahl zuführen könnte. Damalige Befürchtungen sind von der Entwicklung nach 1992/93 nicht bestätigt worden. Viele derjenigen, die Wohnheime von Ausländern, vor allem von Asylbewerbern, überfallen haben, sind durch die Gerichte zur Verantwortung gezogen worden, nicht wenige Führungsfiguren gewalttätiger Cliquen sitzen in Haft. Es zeigt sich immer deutlicher, daß sich nur ein geringer Teil der an den Aktionen von 1991, 1992 und 1993 Beteiligten dauerhaft rechtsextremistisch orientiert. Es existieren jedoch weiterhin viele gewaltbereite Jugendgruppen, die rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Zwar verlieren sie viele ihrer Anhänger,die sich eines ande-ren besinnen oder sich im Zuge von Strafverfahren von den Gruppen lösen. Dennoch habensie immer wieder neuen Zulauf. Deshalb darf' die relative Instabilität solcher Cliquen nicht zu dem Fehlschluß führen, daß sie ungefährlich seien. Auch ist zu beobachten, daß mindestens einzelne Jugendliche aus > rechtsextremistisch orientierten Cliquensich als Mitglieder rechtsextremistischer Organisationen werben lassen. Verfassungsschutzbericht 1994 Die entschlossensten Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung finden sich bei den Rechtsextremisten unter den Anhängern des "Neuen Nationalsozialismus" oder Neonazismus. Neonazis bekennen sich offen zur Ideologie und Weltanschauung des deutschen Nationalsozialismus. Sie erstreben einen nach dem "Führerprinzip" formierten totalitären Staat und eine "rassenreine Volksgemeinschaft". Die Verbrechen, die vom NS-Regime begangen worden sind, werden entweder geleugnet, verharmlost oder gar verherrlicht. Die Identifikationsfigur der meisten Neonazis ist Adolf Hitler. Bestimmte neonazistische Gruppen orientieren sich jedoch eher am nationalrevolutionären Sozialismus der "linken" Nationalsozialisten, also an den Anschauungen etwa der Gebrüder Otto und Gregor Strasser oder des SA-Stabschefs Ernst Röhm. Mit einem besonderen Nimbus umgeben die Neonazis den "Stellvertreter des Führers", Rudolf Heß. Da der glühende Hitler-Verehrer Heß bereits Rudolf Hess - Märtyrer des Friedens 1941 in britische Kriegsgefangenschaft geraten ist, wird er als ein Nationalsozialist mit "weißer Weste" betrachtet, der für seine angeblichen "Friedensbemühungen" ein Leben lang in Gefangenschaft habe verbringen müssen. Die lange Haftzeit und die von Teilen der rechtsextremistisch ausgerichteten Presse als mysteriös beschriebenen Umstände seines Todes verhelfen Heß zu einer überragenden Märtyrerrolle im Neonazismus. 26 Verfassungsschutz durch Aufklärung Der bekannteste deutsche Neonazi war bis zu seinem Tod im Jahre 1991 Michael KÜHNEN. Er hatte die Neugründung der NSDAP und die Errichtung eines "Vierten Reiches" unverhohlen zu seinem Ziel erklärt. Der Kern der von ihm geführten Bewegung verstand sich als "Gesinnungsgemeinschaft der neuen Front" (GdNF). Dieser Personenzusammenschluß ohne erkennbare Konturen und GesinnungsStrukturen wurde durch formelle Organisationen ergänzt, die gemeinschaft Front zunächst jeweils nur in einem Bundesland agierten. Nach den neuen KÜHNENs Tod wurde an dem Konzept der GdNFnicht mehr (GdNF) festgehalten. Heute besteht die GdNF im wesentlichen nur noch als Redaktionskollektiv für die Publikation "Die Neue Front", die anonym in den Niederlanden herausgegeben wird. Inzwischen hat sich der Hamburger Neonazi Christian WORCH als tonangebender Drahtzieher in der bundesweiten Neonaziszene etabliert. Seine Bedeutung geht weit überseine Rolle in der Hamburger Kleingruppe "Nationale Liste" (NL) - die im übrigen am 24. Februar 1995 verboten worden ist - hinaus. WORCH hatte ein Konzept entwickelt, dem zufolge die "Nationale Opposition" in Deutschland aufeinen übergreifenden Organisationszusammenhang verzichten solle; stattdessen sollten viele kleine - formelle und informelle - Gruppen mittels modernster Technik (Mobiltelefone, Mailboxen, Info-Telefone) sich miteinander vernetzen und zu bestimmten Anlässen ihre Anhänger bundesweit mobilisieren. In der Tat erlaubt die moderne Informationstechnik an sich den Neonazis, konspirativ, flexibel und flächendeckend zu kommunizieren. Ob allerdings mit Hilfe dieser informellen "Vernetzung" eine bundesweite oder gar internationale, von staatlichen Gegenmaßnahmen nicht zu unterbindende Kooperation erreicht werden kann, ist fraglich. Ebenfalls zu WORCHs Konzept gehören die Aktivitäten, die unter den Begriff "Anti-Antifa" gefaßt werden. Analog zu der von a erde linksextremistischen "Antifa"-Gruppen seit Jahren befolgten = Praxis, Namen, Adressen und Fotos "prominenter Faschos" zu veröffentlichen und sie damit direkt oder indirekt zur Zielscheibe von Angriffen zu erklären, sammeln auch Neonazis seit einiger Zeit - gelegentlich oder systematisch - Informationen über politische Gegner und veröffentlichen sie. In das Blickfeld der Öffentlichkeit geriet die "Anti-Antifa" Ende 1993 durch die Broschüre "Der Einblick". Darin wurden eine große Anzahl Adressen, Telefonnummern, Fahrzeugkennzeichen usw. von Personen veröffentlicht, die in dieser Publikation der "Antifa" zugeordnet bzw.als "destruktive, antideutsche undantinationalistische Kräfte" 27 Verfassungsschutzbericht 1994 betrachtet wurden (darunter auch Journalisten, Politiker und Wissenschaftler). Die "Anti-Antifa"-Aktivitäten sollen sowohl dazu dienen, den ebenso gewaltbereiten politischen Gegner zu bekämpfen, als auch dazu, durch ein gemeinsames Feindbild den Zusammenhalt im neonazistischen Spektrum zu festigen. Im vergangenen Jahr sind der Veröffentlichung verschiedener und meist lokaler - von neonazistischer Seite so bezeichneter - "Zeckenlisten" kaum Taten gefolgt. Ein weiterer Kernpunkt des von führenden Neonazis vertretenen Konzepts besteht darin, die verschiedenen rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Gruppierungen unter Einschluß geistesverwandter Organisationen an ausgewählten Gedenktagen zu Großveranstaltungen zusammenzuführen. Damit soll - auch gegenstaatliche Verbote, Demonstrationen politischer Gegner und gewalttätige Übergriffe durch Linksextremisten - die Stärke, Einigkeit und Unerschrockenheit des "nationalen Lagers" vor der Weltöffentlichkeit provokativ herausgestellt werden. In der Vergangenheit waren der 15. August (Todestag von Rudolf Heß) und der Volkstrauertag ("Heldengedenktag") die Schlüsseldaten für neonazistische Großveranstaltungen. Die Rudolf-Heß-Kundgebungen in Wunsiedel (1991), Rudolstadt (1992) und Fulda (1993) waren in den Augen der Neonazis ebenso große Erfolge wie die Aufmärsche am Soldatenfriedhofim brandenburgischen Halbe 1990 und 1991. Im Jahre 1994 ließen konsequente staatliche Maßnahmen derartige Veranstaltungen in Deutschland nicht zu. Die von den Neonazis vollmundig angekündigte "Rudolf-Heß-Gedenkwoche" endete in Luxemburg mit der Festnahme einer achtzigköpfigen Gruppe, die wegen der Aussichtslosigkeit einer Demonstration in Deutschland ins benachbarte Ausland ausgewichen war. Eine zentrale "Heldengedenkfeier" zum Volkstrauertag fand ebenfalls nicht statt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Immerhin wurden durch eine Vielzahl von bundesweiten Demonstrationsanmeldungen und die konspirative Vorbereitung der Aktion die Sicherheitsbehörden beschäftigt. Wegen des anhaltenden Verfolgungsdrucks auf neonazistische Vereinigungen haben führende Neonazis versucht, eine an die neue ; Lage angepaßte Version der WORCH-Strategie zu entwickeln. Strategien Deren Ziel ist es, erkennbare Organisationsstrukturen gänzlich zu vermeiden und die Kooperation noch konspirativer zu gestalten. Strukturell schwer zu erkennende "Kameradschaften", "Freundeskreise" und "Stützpunkte" sollen an die Stelle von traditionellen Organisationen treten. Viele neonazistische Gruppierungen verfahren bereits - auch auf Grund eigener Überlegungen - nach dieser Strategie, etwa die im Land Brandenburg aktive "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF). Ein wichtiges Bindeglied zwischen den verschiedenen neonazistischen Organisationen bilden einschlägige Publikationen, Verlage Publikationen, und Vertriebsdienste. Mit deren Hilfe können sich neonazistische Verlage, Gruppierungen und Einzelpersonenaktuelles und historisches Betriebsdienste nazistisches Schriftgut beschaffen und sich außerdem mit szeneüblichen Fahnen, Aufnähern und T-Shirts ausstatten. Für die Propagierung neonazistischer Auffassungen sorgen auch die, oft vom Ausland aus gesteuerten, Kampagnen, die darauf vomAusland abzielen, den Holocaust zu leugnen und das NS-Regime reinzuwagesteuerte schen. Gerade durch solche Kampagnen wird übelste antisemiKampagnen tische Hetze verbreitet. Im Unterschied zu den neonazistischen Organisationen betrachten die rechtsextremistischen Parteien, die sich als "nationaldemokratisch" oder "nationalfreiheitlich" oder ähnlich bezeichnen, das nationalsozialistische Regime nicht als ihr Leitbild. Häufig grenzen sie sich in offiziellen Verlautbarungen vom Nationalsozialismusab undliefern Lippenbekenntnisse zur im Grundgesetz verankerten freiheitlichen demokratischen Ordnung. Ideologisch orientieren sich diese Parteien vornehmlich an völkisch-kollektivistischen und übertrieben etatistischen Vorstellungen undstellen somit - entgegen ihrem Vorgebenwesentliche Grundprinzipien der Demokratie in Frage. Wahlniederlagen Das "Superwahljahr" 1994 brachte diesen Parteien, sofern sie überhaupt kandidierten, nur enttäuschende Ergebnisse. Besonders "Die Republikaner" konnten nicht an die Erfolge der Vorjahre anknüpfen und ergingen sich in parteiinternen Querelen. Weniger auf Grund ideologischer Differenzen, sondern vornehmlich wegen persönlicher Rivalitäten von Führungspersonen und aus 29 Verfassungsschutzbericht 1994 Selbstüberschätzung konkurrieren diese Parteien miteinander. Entgegenlaufende Bemühungen, das Potential dieser Parteien in Form von Wahlbündnissen oder Wahlempfehlungen zusammenzufassen, warenselten erfolgreich. Die Animositäten zwischen diesen keineswegs homogenen Parteien wurden einmal mehr in den unterschiedlichen Reaktionen auf das Treffen des damaligen "Republikaner"-Vorsitzenden, Franz SCHÖNHUBER, mit dem Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion" (DVU), Dr. Gerhard FREY, deutlich. Rechtsextremistisches Gedankengutlebt nicht nur in eindeutig als rechtsextremistisch identifizierbaren Organisationen, Publikationen oder unorganisierten Szenen. Vielmehr tragen es bestimmte Personen oder Personengruppen auch in Organisationen und Publikationen hinein, die sich in der Regel noch innerhalb des demokratischen Rahmens bewegen. Dadurch bildet sich eine Art Grauzone zwischen Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus und Nationalkonservatismus. Zu solchen Organisationen gehören u.a. auch einzelne studentische, weltanschauliche und landsmannschaftliche Verbände. Manche Publikationen wie die Wochenzeitung "Junge Freiheit" verfolgen erkennbardas Ziel, den in dieser Grauzone angesiedelten weltanschaulichen Diskurs zu kultivieren. Ihn pflegen vor allem einschlägige Leserkreise, die in anderen Bundesländern, jedoch nicht im Land Brandenburg, existieren. M (c) Rechtsextremismus in Brandenburg Die nicht organisatorisch verfestigte rechtsextremistische Szene hat im Jahre 1994 im Land Brandenburg an Militanz und Selbstbewußtsein verloren. Ein Indiz für diese Entwicklung stellt die Zahl der festgestellten Straftaten mit möglicher rechtsextremistischer Motivation dar. Sie ist im Vergleich zu den Vorjahren - ebenso wie in der gesamten Bundesrepublik - zurückgegangen. Offenkundig haben zu dieser Bilanz verschiedene Faktoren beigetragen: Der Druckder Strafverfolgung zwingt zur Vorsicht. Der Irrglaube, mit fremdenfeindlichen Verbrechen den wenigstens insgeheimen Beifall der Mehrheit der deutschen Bevölkerung zu gewinnen, ist - gerade auch nach den "Wahlpleiten" - verflogen. Schließlich verbessert sich das soziale Klima in Brandenburg zusehends, so daß Frustration und Wut, die in Aggressivität umzuschlagen vermögen, an Dynamik verlieren. Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechtsextremistische Organisationen konnten 1994 im Land Brandenburg keinen nennenswerten Zuspruch erzielen. Die Wahlergebnisse der rechtsextremistischen Parteien bei den Europa, Landtagsund Bundestagswahlenlagen innerhalb des bundesweiWahlergebnisse ten Abwärtstrends dieser Parteien. DVU und DLVHtraten zu rechtskeiner der Wahlen in Brandenburg an. Bisherist es keiner rechtsextremistischer extremistischen Partei gelungen, flächendeckende OrganiParteien sationsstrukturen aufzubauen. Die besonders von den "Republikanern" gehegte Hoffnung, man könne in sozialer Demagogie eine Vielzahl von Protestwählern für sich gewinnen, erfüllte sich nicht. Selbsternannten rechtsextremistischen Sammlungsbewegungen wie den "Nationalen e.V." ist es bisher ebenfalls nicht gelungen, das rechtsextremistische Wählerpotential zu bündeln. Auch die neonazistische Szene entfaltete 1994 keine größeren Aktionen mit Außenwirkung. Die Sicherheitsbehördenließen es neonazistische nicht zu, daß Neonazis in Brandenburg öffentlich für sich werben Szene konnten. Wie bereits 1992 und 1993 wurden jegliche rechtsextremistische Großveranstaltungen anläßlich des Volkstrauertages in Brandenburg verhindert. Eine wie in den Jahren zuvor von der "Berliner Kulturgemeinschaft Preußen" (BKG Preußen) für den 13. November 1994 angemeldete Veranstaltung in Halbe wurde am 8. November 1994 vom Potsdamer Polizeipräsidenten verboten. Die Polizei kontrollierte großräumig und konnte Ersatzveranstaltungen landesweit verhindern. Einschreiten mußte die Polizei lediglich in Fürstenwalde, als sich dort 22 überwiegend jugendliche Personen mit Fackeln auf'den Weg zu einer eigenen "Gedenkfeier" auf einem Soldatenfriedhof machen wollten. Die geringe Resonanz,auf die die diesjährigen Planungen für eine "Heldengedenkaktion" bei den sonst mobilisierbaren Gruppierungen stieß, kann auch mit dem Fehlschlag der "Rudolf-HeßAktionswoche" erklärt werden. Vor allem aber die Erfahrungen der Neonazis während der geplanten "Heldengedenkaktion" im vergangenenJahr, die von der Polizei bereits im Ansatz unterbunden wurde, wirkten derart demotivierend, daß überhaupt keine großangelegte Feier mehr vorbereitet wurde. So haben die Wortführer der Neonazis, in Ermangelung wirklicher Erfolge, den Aufwand, den der Staat zur Verhinderung solcher Aktionen betreiben muß, als "Erfolg" ihrer Strategie ausgegeben. Verfassungsschutzbericht 1994 Die bundesweit im neonazistischen Bereich erkennbaren Tendenzen (informationelle Vernetzung, Auflösung von festen Vereinsund Parteistrukturen) sind auch in Brandenburg zu beobachten. Nochgibt es kein eigenes Info-Telefon; diese Funktion erfüllt bisher das "Nationale Info-Telefon Berlin", das aber relativ selten auf spezifisch brandenburgische Ereignisse eingeht. Vereinzelte Neonazis haben Zugang zu rechtsextremistischen Mailboxen. Diese Strategie der unstrukturierten Vereinsarbeit wird von der "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) angewandt. Rechtsextremistisch orientierteJugendszene o _% Ansätze von Strukturbildungen In den meisten Städten Brandenburgs existieren Jugendcliquen, die rechtsextremistische Verhaltensmuster aufgreifen und, wenn sich ihnen eine Gelegenheit dafür bietet, in provozierender Absicht nazistische Symbole verwenden. Die meisten dieser Jugendlichen bekennen sich zu einer "rechten" Gesinnung, die sie selbst aber, über ein paar Schlagworte hinaus, nicht zu artikulieren vermögen; die rechtsextremistischen Klischees werden in der Gruppe weitergegeben oder aus rechtsextremistischen Flugschriften übernommen, die in dieser Szene kursieren. Die wenigsten dieser Jugendlichen sind bereit und fähig, ihre Haltung zu reflektieren; in der Regel bleibt sie diffus und ungefestigt. Gewalttaten werden von solchen Gruppen meist dann begangen, wennsie sich selbst durch übermäßigen Alkoholgenuß enthemmt haben. Die Lust an zerstörerischen Akten oder pure kriminelle Energie treiben manche dieser Jugendlichen auch zu Delikten völlig unpolitischer Art (Sachbeschädigung, Raub, im Einzelfall bis zum Mord). Bei ihnen sind die Grenzen zwischen politisch motivierter und unpolitischer Gewaltkriminalität durchaus flieBend. In Einzelfällen agieren rechtsextremistisch gesonnene Gewalttäter auch im Rotlicht-Milieu. Gruppen der vorbeschriebenen Art sind oft locker gefügt, können auch wieder leicht zerfallen, wenn die tonangebenden Personen auf Grund persönlicher Reifung sich aus der Szene zurückziehen oder wegen eines Wohnortwechsels, einer Haft o.ä. die Gruppeverlassen. Orte, in denen häufig Straftaten mit möglicher rechtsextremistischer Motivation bekannt geworden sind: Angermünde, BrandenVerfassungsschutz durch Aufklärung burg an der Havel, Cottbus, Eberswalde, Forst, Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Guben, Hennigsdorf, Luckenwalde, Nauen, Neuruppin, Oranienburg, Potsdam, Prenzlau, Rathenow, Schwedt, Senftenberg, Spremberg, Wittenberge und andere. lokale Die Versuche neonazistischer Kleingruppen, innerhalb der rechtsextremistisch orientierten Jugendszene Anhänger zu werben, waren auch 1994 in Brandenburg von nur geringem Erfolg. Denn die meisten Mitglieder lokaler Jugendcliquen interessieren sich mehr oder minder ausschließlich für Alkohol und "action"; überregionale Vereinsstrukturen oder Schulungsabende sind für sie nicht attraktiv. Bemühungen, derartige Cliquen aus sich selbst heraus in eine verbindlichere Organisationsform zu überführen, sind 1994 nicht mehr bekannt geworden. Für spektakuläre Veranstaltungen, zum Beispiel Skinheadkonzerte oder Aktionen, die von neonazistischen Gruppierungen organisiert werden, lassen sich diese Jugendlichen aber sehr wohl gewinnen. Deshalb finden Skinheadkonzerte, gerade auch solche, bei denen eindeutig neonazistische Bands auftreten, Zulaufaus der unorganisierten Szene. Durch Skinheadmagazine Skinheadkonzerte (Fanzines) und durch Mundpropaganda wird zu solchen Veranstaltungen bundesweit eingeladen. Im Jahre 1994 sind im Land Brandenburg keine Skinhead-Konzerte zugelassen worden. Durch die vielfach ergangenen Verbote gegen derartige Veranstaltungen in den letzten zwei Jahren sind potentielle Veranstalter von weiteren Konzertvorbereitungen in Brandenburg abgeschreckt worden. Außerdem sitzt einer der wichtigsten Organisatoren solcher Konzerte in Brandenburg, der Herausgeber des Fanzines "United Skins", in Haft. Überdies hat die Indizierung verfassungsfeindlicher Texte, aber auch das Einschreiten gegen einzelne Bands, Musikvertriebsdienste und Skinheadmagazine ein übriges getan, um die Propagandisten einer neonazistisch gefärbten Szenekultur zur Vorsicht zu zwingen. Ein Konzert, das Rechtsextremisten, allerdings weniger Liebhaber von Skinheadmusik, angezogen hat, ist von dem "nationalen Liedermacher" Frank RENNICKE gegeben worden. Verfassungsschutzbericht 1994 Am 9. Juli 1994 fand im Kulturhaus der Gemeinde Rüdersdorfein von der "Deutschen Jugendinitiative" (DJI) aus Berlin organisiertes Konzert des Frank RENNICKE statt, obwohl der Innenminister des Landes Brandenburg angewiesen hatte, daß es zu verbieten sei, wenn es in Brandenburg veranstaltet werden sollte. Das Konzert war von Berliner Neonazis konspirativ vorbereitet worden, bis kurz vor Beginn warder Veranstaltungsort den Sicherheitsbehörden des Landes Brandenburgnicht bekannt. Dieses Konzert besuchten rund 700 Personen, darunter auch einige bekannte Rechtsextremisten. Die Veranstaltung wurde von Wolfgang NAHRATH, dem Vorsitzenden der nunmehrverbotenen "Wiking-Jugend" (W\J), eröffnet. NAHRATH und RENNICKE forderten die Versammelten auf, sich diszipliniert zu verhalten, damit kein Anlaß für eine Auflösung der Veranstaltung gegeben werde. Das Konzert verlief ohne Zwischenfälle. Am Rande der Veranstaltung wurde u.a. Propagandamaterial der FAP verteilt. Das im Zusammenhang mit Gedenktagen wichtigste Vorhaben der Rechtsextremisten, die "Rudolf-Heß-Gedenkwoche", ist 1994 allerdings gescheitert. Während dieser Woche, aber auch in zeitlicher Nähe zum 20. April, an dem Rechtsextremisten den "Geburtstag des Führers" begehen, häuften sich jedoch einschlägige Schmierereien. Insgesamt blieb es an den Gedenktagen, die für Rechtsextremisten eine hohe symbolische Bedeutung besitzen, bei vereinzelten Aktionen. Am Kriegerdenkmal in Britz posierten am 20. April 1994 zehn 16-bis 18jährige, die bislang nicht als Rechtsextremisten in Erscheinung getreten waren, für Gruppenfotos mit einer Reichskriegsflagge. Anschließend versammelten sich diese Jugendlichen bei einem der Beteiligten. Eine polizeiliche Durchsuchung dieser Wohnung brachte rechtsextremistisches Propagandamaterial unterschiedlicher Herkunft zutage. Größere Verteilaktionen von Propagandamaterialien rechtsextremistischer Organisationen, an denen sich auch Mitläufer aus der unorganisierten Szenebeteiligten, sind 1994 nur gelegentlich versucht worden. Im Sommer 1994 tauchten während des Bundestagswahlkampfes vermehrt Flugblätter und Aufkleber rechtsextremistischer Organisationen wie der NPD, der FAP, der NL. und der NSDAP/AO auf. Die Verteiler konnten teilweise ermittelt werden. Auch 1994 sind die Sicherheitsbehörden intensiv allen Verdachtsmomenten nachgegangen, die auf Aktivitäten von Wehrsportgruppen hinzudeuten schienen. In keinem Fall jedoch ließ sich ein entsprechender Verdacht erhärten. Die Polizei machte lediglich Gruppen von Wilddieben, Waffennarren und Abenteurern dingfest, die mit Übungsmunition, nur selten auch mit scharfer Munition, übten. Andere Gruppen widmen sich dem Gotcha-Spiel, bei dem mit Farbkugeln geschossen und damit die Ausschaltung von Gegnern simuliert wird. Die Gotcha-Spiele dürfen nur in Verfassungsschutz durch Aufklärung abgegrenzten Gebietenveranstaltet werden, andernfalls sind sie unzulässig. Überdies verstoßen einige der verwendeten "Markierungsgeräte" gegen das Waffengesetz. In einem Fall haben sich im nachhinein Ansätze für eine Wehrsportgruppe aufklären lassen: Bereits im Frühjahr 1992 hat ein Unteroffizier der Bundeswehr in der Nähe von Prenzlau einige rechtsextremistisch gesinnte Jugendliche um sich gesammelt, um mit ihnen militärische Übungen abzuhalten. Diese Gruppe gab sich nach dem Szenenamen ihres Anführers die Bezeichnung "Dragon". Mit der militärischen Schulung im Gelände wollte man sich für Angriffe auf Asylbewerberheime bzw. einen "Tag X" vorbereiten. Die Beschaffung von Maschinenpistolen mißlang. Bald verloren die meisten der Beteiligten auch die Lust an weiteren Übungen. Nachdem gegen Mitglieder der Gruppe wegendes Verdachts ermittelt wurde, an Überfällen auf Asylbewerberheimebeteiligt gewesen bzw.für einen Brandanschlag auf' die Baracke mit der jüdischen Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen verantwortlich zu sein, zerfiel die Gruppe vollends und wurde 1993 aufgelöst. Anfang Juni 1994 wurden ehemalige Mitglieder der Gruppe "Dragon" festgenommen, bei Durchsuchungen wurde unterschiedliches militärisches Material beschlagnahmt. Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts, die sich gegeneine terroristische oder kriminelle Vereinigung richteten, sind wegen mangelnden Tatverdachts inzwischen eingestellt worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft des Landes Brandenburg führt nunmehr gegen einen Tatverdächtigen ein Verfahren wegen Diebstahls von Bundeswehreigentum durch. % Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten Rechtsextremistisch motivierte, insbesondere fremdenfeindliche Gewalttaten werden vor allem aus der neonazistisch beeinflußten unorganisierten Jugendszene heraus begangen. Ihre Zahl war bereits 1993 gegenüber den vorausgegangenen Jahren zurückgegangen, 1994 nahm sie nochmals ab. Es sind in Brandenburg nur noch wenige Anschläge oder versuchte Angriffe auf Unterkünfte von Flüchtlingen oder Asylbewerbern bekannt geworden. In Vetschau wurde am 16. Juni 1994 von etwa zehn Jugendlichen ein Asylbewerberheim, in dem etwa 20 Rumänen wohnen, mit Steinen beworfen. Eine Glasscheibe ging zu Bruch, die Jugendlichen konnten in der Nacht unerkannt entkommen. In einer Ansage des "Nationalen Info-Telefons Rheinland" wurde der Anschlag als Erfolg "volkstreuer Bürger" gewertet. Verfassungsschutzbericht 1994 Ebenfalls zurückgegangen sind schwere Angriffe auf Leben und Gesundheit von Ausländern, die sich außerhalb von Asylbewerberheimenauf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Gaststätten und so weiter - abgespielt haben. Solche Gewalttaten ergabensich vielfach aus spontanen Anlässen. In Potsdam überfielen am 5. April 1994 etwa zehn Jugendliche und Heranwachsendean einer Straßenkreuzung drei Touristen, die ihnen wegen "fremdländischen Aussehens"aufgefallen waren. Sie schlugen undtraten auf diese Gäste aus Frankreich ein, fuhren einen von ihnen mit einem Auto an und bedrohten sie mit einem funktionsfähig anmutenden Gewehr. Nach Abschluß der Ermittlungen wurde gegen acht Tatverdächtige Anklage erhoben. Sie wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt, die mehrheitlich rechtskräftig sind. Insbesondere in grenznahen Orten wie Schwedt oder Frankfurt (Oder) sind mehrfach Polen Opfer ausländerfeindlicher Übergriffe geworden. Zwei polnische Staatsbürger, die Sperrmüll nach verwertbaren Gegenständen durchsuchten, wurden am 30. März 1994 von zwei jungen Männern überfallen und beraubt, das Auto der Opfer wurde entwendet. Die Tatverdächtigen wurden kurz darauf gefaßt. Sie waren bislang nicht als Rechtsextremisten aufgefallen. Mittlerweile ist gegen sie Anklage erhoben worden Fremdenfeindlich motivierte Angriffe auf Angehörige der "Westgruppeder Streitkräfte" (WGS) der russischen Armee wurden 1994 in Brandenburg nicht bekannt. Dieses Problem hat sich mit dem Abzug der WGS im Verlauf des Jahres 1994 von selbst erledigt. Die Zahl der Schändungen von Friedhöfen, Denkmälern und Einrichtungen, die dem Andenken der im zweiten Weltkrieg gefallenen Sowjetsoldaten gewidmet sind, ist zurückgegangen. Nur vereinzelte Sachbeschädigungen und andere Straftaten waren zu verzeichnen. Am Rande von Beisetzungsfeierlichkeiten auf dem Friedhofder GUS-Streitkräfte in Lebus riefen am 19. Januar 1994 unbekannt gebliebene Jugendliche "Sieg Heil" und andere rechtsextremistische Parolen. Übergriffe gegen Behinderte sind 1994 in Brandenburg nicht gemeldet geworden. Mitunter wurden Homosexuelle und andere Personen, die nicht in das Weltbild von Rechtsextremisten passen, angegriffen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Am2. April 1994 setzten mehrere Personen in Zechlinerhütte ein Transparent eines Schwulenund Lesbentreffs in Brand. Die Täter äußerten sich verächtlich gegenüber den Teilnehmern und skandierten rechtsextremistische Parolen. Von der Polizei konnten mehrere Verdächtige ermittelt werden; sie bestreiten jedoch den Tatvorwurf. Nicht selten richten sich die Gewaltakte rechtsextremistisch orientierter Jugendlicher wahllos gegen zufällige Opfer. An einem See in der Nähe von Sewekow entfachten am 26. Juni 1994 sieben Jugendliche ein Lagerfeuer und sangenu.a. das "Horst-Wessel-Lied", Als sie sich am Eigentum benachbarter Bungalow-Besitzer vergingen, kam es zu Auseinandersetzungen, bei denen drei Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Zwei der insgesamt acht Tatverdächtigen waren schon vorher durch militante Aktionen bekannt geworden, andere sollen an einem gewalttätigen Raubüberfall auf Schausteller in Wittstock beteiligt gewesensein. Die Ermittlungen der Polizei sind abgeschlossen; die Staatsanwaltschaft hat bislang gegendrei Tatverdächtige Anklage erhoben. Im Land Brandenburg sind 1994 mehrere Ereignisse registriert worden, die von der Öffentlichkeit als Auseinandersetzungen .. 2 kös, U nö zwischen "Rechten" und 2 duseinander"Linken" wahrgenommen . BERN = worden sind. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle handelte es ne zwischen sich dabei um Konflikte zwischen lokalen gewaltbereiten Jugend"Rechten" "Ti " ' gruppen, die zum Teil nur einen lockeren Zusammenhalt besitzen. Manche dieser Gruppen nutzen Symbole und Parolendes politischen Extremismus, um sich gegen rivalisierende Cliquen abzugrenzen und sie als Gegner zu definieren. In anderen Fällen sind derartige Feindseligkeiten durch eine schonverfestigte neonazistische Einstellung motiviert gewesen. '37 Verfassungsschutzbericht 1994 In Potsdam wurde am 30. April 1994 das "Kommunikationszentrum" der "Alternativen Jugend" von zehn Jugendlichen überfallen, von denen vier der "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) zuzurechnen sind. Während eines DiskoBesuches hatten sie nach reichlichem Alkoholgenuß beschlossen, das von "linken" Jugendlichen besetzte Haus zu überfallen. Sie mißhandelten eine junge Frau vor dem Haus mit CS-Gas, drangen in das Haus und schlugen auf die dort Anwesenden mit Dachlatten und Eisenstangenein, Sie verletzten sechs der im Haus anwesenden Jugendlichen, einem von ihnen schossen sie mit einer Luftdruckpistole ein Projektil in die Stirnhöhle. Fernerzerstörten sie einen Großteil der Inneneinrichtung. Die Täter wurden ermittelt, mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. In Schwedt kam es am 3. September 1994 am Randeeines Straßenfestes, das vom "Antifaschistischen Aktionsbündnis Schwedt" und von der Gruppe "Am Rande des Wahnsinns" aus Berlin veranstaltet wurde, zu Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen der "rechten" und der "linken" Szene. 17 Personen der rechtsextremistisch orientierten Szene, von denen einige schon länger als gewaltbereit bekannt waren, bewarfen aus einem leerstehenden Haus die "linken" Jugendlichen mit Steinen. Zwei der Opfer erlitten schwere Verletzungen. Die 17 Tatverdächtigen wurden vorläufig festgenommen. Da der Tatvorwurf gegensie nicht bewiesen werden konnte, ist das Verfahren inzwischen eingestellt worden. Gedenkstätten für die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen waren des öfteren Ziel von rechtsextremistisch motivierten Anschlägen und Aktionen. Vor allem die Gedenkstätten auf dem Gelände der ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück waren Ziel solcher Provokationen. Am 2. September 1994 beleidigten vier junge Männer auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen im Beisein von Besuchern die Opfer des nationalsozialistischen Regimes, indem sie neonazistische Parolen skandierten und den Hitlergruß entboten. Die Tatverdächtigen, zwei aus Berlin und zwei aus demLand Brandenburg, konnten noch in unmittelbarer Nähe der Gedenkstätte festgenommen werden. Durchsuchungenbei den Festgenommenen brachten rechtsextremistisches Propagandamaterial zutage. Inzwischenist Anklage erhoben worden. Die meisten Straftaten, bei denen eine antisemitische Motivation wahrscheinlich oder offensichtlich eine Rolle spielt, waren auch im Jahre 1994 Schmierereien. In Angermünde wurden nach einem versuchten Brandanschlag auf das "Alternative Literaturcafe" (ALC) am 13. März 1994 rechtextremistische Schmierereienfestgestellt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Überhaupt machen Schmierereien mit überwiegend neonazistischem Inhalt das Gros rechtsextremistisch motivierter Straftaten aus. Den Tatumständen entsprechend können die Urheber nur selten festgestellt werden. Sofern sie ermittelt werden, zeigt es sich, daß es oft sehr junge Leute oder Kinder sind, die sich aufdiese abstoßende Weise produzieren. Am 13. Januar 1994 wurde an der Fassade und an Nebengebäuden der Gesamtschule Friedland eine Vielzahl von Hakenkreuzen und SSRunenfestgestellt. Die Polizei ermittelte einen 19jährigen, der die Tatbeteiligung leugnet, jedoch durch vergleichbare Farbarbeiten und Farbreste auf seinem GrundWIR SIND: stück hinlänglich überführt sein zu dürfte, 3 WIEDERDA! In den leerstehenden Räumen einer ehemaligen Verkaufsstelle in a Dergenthin wurden am 15. August 1994 Schmierereien entdeckt, bei denenin offensichtlich willkürlicher Folge mit einem Fettstift "Rache für Hes(s)", ein Hakenkreuz, ein Eisernes Kreuz, das Anarchozeichen u.a. angebracht worden waren. Die Polizei ermittelte drei Tatverdächtige imAlter von 14 bis 15 Jahren, die die Räume zum Feiern aufgesucht hatten. Sie waren sich wahrscheinlich über die Bedeutung der von ihnen benutzten Zeichen nicht hinreichend im Klaren. In der Nacht vom 6. zum 7. April 1994 wurden an zahlreiche Häuser zweier Eberswalder Straßen Hakenkreuze und die Losung "Linke raus" gesprüht. Es konnten sechs Tatverdächtige ermittelt werden; gegenvier ist bislang Anklage NS erhoben, bei zweien das Verfahren 2 a eingestellt worden. | v ERBOT | AUFHEBEN Daß die Zahl der Schmierereien, anders als die der Gewalttaten, anstieg, hat verschiedene Ursachen. Zum einen schrecken rechtsextremistisch orientierte Jugendcliquen, die früher unbedenklich brutale Gewalttaten begingen, angesichts des Verfolgungsdrucks der staatlichen Behörden vor militanten Aktionen zurück und weichen auf Schmierereien im Schutze des nächtlichen Dunkels aus. Zum anderen suchen auch sehr junge Menschen nur einfach das Abenteuer verbotenen Tuns, als dessen Urheber sie mit gewisser Wahrscheinlichkeit unentdeckt bleiben. Auch im Land Brandenburg sind im Jahre 1994 einige vorgetäuschte Straftaten bekannt geworden: Bei verschiedenen Vorfällen hatten Verletzte behauptet, Opfer einer rechtsextremistisch motivierten Gewalttat geworden zu sein; diese Darstellung wurde aber im Laufe der Ermittlungen widerlegt. Verfassungsschutzbericht 1994 In Potsdam behauptete am 10. Oktober 1994 eine Frau, von Skinheads aus der Straßenbahn geworfen worden zusein, weil sie sich schützend voreine ältere Mitfahrerin gestellt habe, als diese von den Skins bedroht worden sei. Diese Darstellung entsprach nicht den Tatsachen. Die Ermittlungen ergaben, daß sich die Frau die Verletzungen beim Sturz in eine Baugrube zuzog. Sie hatte den Tathergang erfunden, weil sie, da nicht krankenversichert, als vermeintliches Opfer einer Gewalttat auf Erlassung der Krankenhauskosten gehofft hatte. NeonazistischeGruppierungen (c) "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) Die inzwischen verbotene "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) war die mitgliederstärkste neonazistische Organisation in Brandenburg. Durch mehrfache Namenswechsel in der Vergangenheit suchte diese Gruppierungihre politische Herkunft zu verwischen, obwohl der Kern ihrer Aktivisten über die Jahre relativ konstant } gebliebenist. Die "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) ist aus der "Nationalistischen Front" (NF) hervorgegangen: Von dieser Organisation hatte sich bereits im Sommer 1992 ein Flügel unter Leitung des stellvertretenden Bundesvorsitzenden Andreas POHL losgelöst. Die Kameradschaften der NF in Brandenburg habensich diesem . abgespaltenen Flügel angeschlossen, der als selbständige Organisation unter den Namen "Sozialrevolutionäre Arbeiterfront" (SrA) und "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ) nicht vom Verbot der NF im November 1992 betroffen war. Während sich die "Sozialrevolutionäre Arbeiterfront" (SrA) als elitäre Kaderorganisation verstand, war das "Förderwerk Mitteldeutsche Jugend" (FMJ) als "Massenorganisation" konzipiert. Alle erkennbaren Aktivitäten fanden unter dem Namen des FM] statt. Die SrA war, wie sich später herausgestellt hat, eher ein fiktives Gebilde denneine tatsächlich agierende Kadergruppe. Nachdem der Innenminister des Landes Brandenburg im Mai 1993 das Verbot von SrA und FM]Jangeregt hatte und sodann eine Sommersonnenwendfeier des FMJ am 19. Juni 1993 von der brandenburgischen Polizei aufgelöst worden war, erklärte das FMJ kurze Zeit später seine Selbstauflösung. Mit diesem Tarnmanöver Verfassungsschutz durch Aufklärung sollte der tatsächliche Fortbestand der Organisation vertuscht werden, denn derselbe Personenkreis setzte unter rasch wechselnden Organisationsnamenund schließlich unter der Bezeichnung Tarnmanöver "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) seine Aktivitäten nahezu Selbstauflö unvermindert fort. Ihren Schwerpunkt hatte und hat die JF seit jeher in Brandenburg und auch in Berlin; zugleich aber hatsie Anhänger und Sympathisanten in anderen Bundesländern gewonnen. AufAnregung des Innenministers des Landes Brandenburg veranlaßte der Bundesinnenminister am 20. Januar 1994 eine bundesweite Durchsuchungsaktion, um Beweismaterial für ein mögliches Verbot der "Direkten Aktion/Mitteldeutschland" (JF) zu finden. Schwerpunkt dieser Aktion war das Land Brandenburg; hier sind allein 38 Wohnungen durchsucht worden. Neben umfangreichem Propagandamaterial wurden Unterlagen sichergestellt, die Aufschlüsse über die Organisationsstruktur und die Mitgliederschaft der JF erlauben. Als Reaktion auf diese Durchsuchung erklärte die "Direkte Aktion/ Mitteldeutschland" (JF) mit Wirkung vom 20. Januar 1994 alle übergreifenden Organisationsstrukturen für aufgelöst und setzte den Vereinsnamen und die Organisationssymbolik außer Kraft. Als Fazit und zugleich als künftige Aufgabe verkündete sie: "Wir betrachten die Arbeit der Vorfeldorganisationen für abgeschlossen bundesweite und halten die Kampfform der unzähligen Kameradschaften, DurchsuchungsZellen und Strukturen (in Eigenregie!) vor Ort .... als, für das aktion System, unangreifbar und für die Erringung des politischen Erfolges für absolut." Auch diese Selbstauflösung, der nunmehr keine weitere Neugründung gefolgtist, hatte das Ziel, die Öffentlichkeit und die staatlichen Behörden zu täuschen. Immerhin sahen sich die Aktivisten der JF durch den Verfolgungsdruck des Staates genötigt, vorsichtiger als bisher zu agieren, ihre Unternehmungen noch stärker konspirativ ins Werk zu setzen und auf spektakuläre Aktionen zu verzichten. So nahmen die Aktivisten der JF im Laufe des Jahres 1994 von öffentlichkeitswirksamen und provokanten Handlungen mehr und mehr Abstand. Allerdings wurden noch am 26. April 1994 an Autobahnbrücken im Umland von Berlin insgesamt 30 Transparente angebracht, die auf den Geburtstag von Rudolf Heß hinwiesen. Danach hat man ähnliche Aktionen nicht mehr gewagt. Um Mitgliedern und Sympathisanten das Gefühl der Zusammengehörigkeit zu vermitteln, planten Aktivisten der JF auch 1994 41 Verfassungsschutzbericht1994 H Veranstaltungen zur Pflege "deutschen Brauchtums". So wollte man am 2. April bei Jänickendorf ein Osterfeuer, am 18. Juni bei Rießen und Frankenförde zwei lokale Sommersonnenwendfeiern "deutschen und am 21. Dezember, wiederum bei Jänickendorf, eine WinterBrauchtums" sonnenwendfeier abhalten. Diese Veranstaltungen sind sämtlich von der Polizei aufgelöst worden. Vergleichbare Feiern in anderen Bundesländern blieben, da unauffällig veranstaltet, unentdeckt. Vor allem im ersten Halbjahr 1994 sind in Potsdam und zwei weiteren Orten Brandenburgs Plakate geklebt worden, die durch ihre Herkunftsbezeichnung P.O.H.L. (Name des oben genannten SrA-Führers Andreas POHL) eindeutig der "Direkten Aktion/ Mitteldeutschland" (JF) zuzuordnen waren. Texte wie ""/3 aller Deutschen sind für Ausländer raus!" und "Todesstrafe für Drogenhändler, Kinderschänder und Volksverräter" zeigen die fremdenfeindliche und aggressive Grundhaltung dieser Organisation. Handzettel gleichen Inhalts kursieren bis heute in der rechtsextremistisch orientierten Szene. Plakate und Handzettel mit derartigen Texten sind auch in anderen Bundesländern aufgetaucht. % 1, Die Publikation des FMJ beziehungsweise der JF, "Angriff", wird inzwischen als angeblich organisationsunabhängige Zeitschrift in alter Form, aber mit neuer Redaktionsadresse weitergeführt. Ihr Charakter ist eindeutig neonazistisch. Sie richtet sich, wie auch die lokal verbreiteten Schülerzeitschriften "Fräch" und "SchülerRevolte", an Jugendliche und knüpft an deren Interessen an. So werden regelmäßig Bands und Fanzines - vor allem solche mit neonazistischer Ausrichtung - vorgestellt und besprochen. Mitglieder der JF waren unter dem Namen "kommando F." bis vor kurzem an der Redaktion der "Berlin-Brandenburger-Zeitung" beteiligt, die zweimonatlich von der politischen Vereinigung "Die Nationalen e.V." herausgegeben wird. Verfassungsschutz durch Aufklärung "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) Freiheitlich Die inzwischen verbotene "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" Deutsche (FAP) strebte eine revolutionäre Neuordnung Deutschlands im Arbeiterpartei Sinne eines "völkischen Sozialismus" an. Ihre ideologische Nähe zur ehemaligen NSDAP war sowohl an ihren programmatischen Vorstellungen als auch an den Äußerungenihrer Funktionäre bis in den Wortlaut hinein ablesbar. Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 bis zu ihrem Verbot am 24. Februar 1995 durchlief die FAP verschiedene Phasen des Aufschwungs und Niedergangs. Anknüpfungspunktfür die - früher oft gestörte - Kooperation mit Kooperation "mit anderen neonazistischen Gruppen wardie konspirativ betriebene anderen "Anti-Antifa"-Arbeit. Auch bei der Nutzung von "nationalen Infoneonazistischen Telefonen" und der Vorbereitung von Großaktionen (vgl. "RudolfGruppen Heß-Gedenkwoche") arbeiteten FAP-Mitglieder mit sonstigen Neonazis zusammen. Bemühungen zur Umstrukturierung der Organisation und ihrer Untergliederungen waren bereits bemerkbar geworden, nachdemdie Bundesregierung und der Bundesrat im September 1993 beim Bundesverfassungsgericht ein Verbot der FAP beantragt hatten. Bis zum Herbst 1993 waren die wenigen FAP-Mitglieder aus dem Land Brandenburg im Landesverband Berlin organisiert. Danach ist formal ein eigener Landesverband für Brandenburg gegründet worden, der wegenseiner sehr geringen Mitgliederzahl aber kaum lebensund funktionsfähig schien. Stabile Organisationsstrukturen hatte die FAP in Brandenburg nicht aufzubauen vermocht. Arbeit statt Auch nach der Gründung des Landesverbandes Brandenburg sind FAP-Mitglieder im Lande vornehmlich aus Berlin aktiv geworden. Dem Landesverband Berlin kam an durch den Beschluß des Bundesparteitages vom Februar 1992, die politische Arbeit aufBerlin zu konzentrieren, ein besonderes Gewicht innerhalb der FAP zu. Er wirkte vor allem durch die Verteilung von Propagandamaterial nach außen. Insbesondere die Zeitschrift "Aufbruch", das "Informationsblatt der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei für Mitteldeutschland", wurde in den ersten Ausländer Monaten des Jahres 1994 mehrmals in Cottbus, in Gebieten nördlich von Berlin und in Frankfurt (Oder) FREIHEITLICHE verteilt. Die überwiegende Mehrheit der bei diesen EZ Verteilaktionen festgestellten Personen stammte aus Berlin. Diese Aktivitäten ließen zur Jahresmitte nach und hörten in der zweiten Jahreshälfte 1994 gänzlich auf. 43 Verfassungsschutzbericht 1994 Die Verbreitung von Handzetteln und Plakaten der FAP, die immer noch vereinzelt auftauchen, ist nicht immer Mitgliedern dieser Organisation zuzuschreiben; dieses Propagandamaterial stammt oft aus den Beständen, die Sympathisanten der FAP aus der unorganisierten rechtsextremistisch orientierten Jugendszene für ihren eigenen Gebrauch angelegt haben. MM "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) Die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) hat im Lande Brandenburgeinige Mitglieder gewinnen können. Einzelne von ihnen sind während ihrer Haft durch die HNG unterstützt worden. Die HNG sieht es als ihre Aufgabean, Strafgefangene, die wegen rechtsextremistisch motivierter Straftaten verurteilt sind, zu betreuen. Die monatlich erscheinenden "Nachrichten der HNG" enthalten regelmäßig eine "Gefangenenliste", mit der zur Aufnahmebrieflicher Kontakte zu inhaftierten Gesinnungskameraden ermuntert wird. Unter den dort genannten Häftlingen befinden sich auch Brandenburger. Darüber hinaus drucken die "Nachrichten der HNG" Briefe von inhaftierten Rechtsextremisten, darunter solchen aus Brandenburg, ab. Die 1979 gegründete HNGist eine der relativ stärksten neonazistischen Kleingruppen, da ihre Mitglieder oft zugleich anderen, auch miteinander konkurrierenden Parteien und Organisationen des rechtsextremistischen Spektrums angehören. Die HNG-Vorsitzende Ursula MÜLLER und ihr Ehemann Curt MÜLLER (Mainz) unterhalten vielfältige Kontakte zu Neonazis in Deutschland und im Ausland. "Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V." (IHV) Das "Internationale Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige e.V." (IHV) umfaßt bundesweit nur einen kleinen Kreis von Mitgliedern, im Lande Brandenburg gehören ihm nur wenige Einzelpersonen an. Das IHV, 1987 von Ernst TAG aus Ludwigshafen gegründet, versteht sich als Konkurrenzorganisation zur HNG, gegen die es sich vor allem durch die Ablehnung der Person des verstorbenen Michael KÜHNENund seiner heutigen Anhänger abgrenzt. Die R Verfassungsschutz durch Aufklärung Zielsetzung des IHVhingegen entspricht derjenigen der HNG. Die regelmäßig erscheinende Vereinsschrift "IHV e.V. für Recht und Freiheit" veröffentlicht ebenfalls Listen "gefangener Kameraden", deren Publikation dazu beitragen soll, daß Rechtsextremisten Listen währendihrer Haft nicht aus dem Beziehungsgeflecht von Gleich"gefangener gesinnten herausfallen. Kameraden" Nach wie vor besteht das im Dezember 1993 von TAGeingerichtete, jedoch nicht regelmäßig arbeitende "Info-Telefon". "Nationales Pressearchiv" (NPA) Das "Nationale Pressearchiv" (NPA) ist am 20. Januar 1994 von Nationales der Polizei ausgehoben worden. Nachseiner Schließung hat, Pressearchiv nunmehr mit größerer Vorsicht, ein Neuaufbau begonnen. u Das "Nationale Pressearchiv" wurde 1993 in Frankfurt (Oder) eingerichtet. In seinen Werbeblättern bezeichnet es sich mit Blick aufdie Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen "nationalen" Gruppen in Deutschland als überparteilich und neutral. Das "Nationale Pressearchiv" sammelt Veröffentlichungen und andere Materialien aus dem gesamten Spektrum der rechtsextremider stischen Organisationen und Gruppen sowie Berichte der "SystemBerichte presse" und der Antifa über die "Nationale Rechte". Das Angebot, "Spstempresse" und dieses gesammelte Schriftgut Interessenten bereitzustellen, dient der Antifa nach eigener Darstellung dazu, eine Gegenöffentlichkeit im "nationalen" Sinne aufzubauen. Darüber hinaus engagiert sich das "Nationale Pressearchiv" in der "Anti-Antifa"-Arbeit der Neonazis. Verfassungsschutzbericht 1994 Rechtsextremistische Parteien und deren Nebenorganisationen ed) "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Die NPD ist 1994 wieder stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit National: demokratische geraten, allerdings weniger durch eigene Aktivitäten, sondern vielmehr durch das gegen den Bundesparteivorsitzenden Günther DECKERTergangene, wegen seiner Begründung höchst umstritteDeutschlands ne Urteil des Mannheimer Landgerichts vom 22. Juni 1994. Deckert versuchte, die Publizität, die ihm durch seinen "Fall" zugewachsen ist, auch für parteipolitsche Zwecke zu nutzen. Die NPD befindet sich in einer kritischen Situation. Sie zählt bundesweit etwa 5000 Mitglieder. Die Mitgliederentwicklung ist rückläufig. Auch der bereits 1990 gegründete Landesverband Berlin-Brandenburg hat 1994 einen Teil seiner Mitglieder verloren. In Brandenburg verbleiben ihm etwa noch 20 Mitglieder. Die Kreisverbände sind zu klein, als daß sie funktionieren könnten; sie existieren praktisch nur auf dem Papier. Die finanzielle Lage der NPD ist angespannt. Zur Europawahl am 12. Juni 1994 war die NPD auch in Brandenburg angetreten. Sie kam auf 2.277 Stimmen (0,29 %), während sie bundesweit 0,2 % erzielte. Seither hat sie sich den Wählerinnen und Wählern in Brandenburg nicht mehr gestellt. Anderswotritt sie nur noch in Einzelfällen bei Landtagsoder Kommunalwahlen an. Die NPD besteht seit 1964. Günther DECKERT ist seit Juli 1991 Bundesparteivorsitzender. Publikationsorgan des NPD-Bundesverbandes ist die "Deutsche Stimme"; der NPD-Landesverband Berlin-Brandenburg gibt die Parteizeitung "Zündstoff" heraus. Die Partei gibt ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung u.a. dadurch zu erkennen, daß sie mit rassistischen Parolen gegen Ausländerhetzt, sich dabei aufeine vorgeblich biologische Ungleichheit der verschiedenen Rassen beruft und für die "deutsche Volksgemeinschaft" ein Deutschland in den Grenzen von 1914 fordert. Die NPD baut auf die Erkenntnis ihrer rechtsextremen Konkurrenten, daß Alleingänge bei Wahlen schaden. Deshalb erwartet sie die Verfassungsschutz durch Aufklärung Bereitschaft zu Wahlbündnissen. Bei solchen strategischen Überlegungen wird die Grenze zu neonazistischen Gruppierungen oftmals verwischt. Junge Die "Jungen Nationaldemokraten" (JN),1969 als JugendorganisatiNationalon der NPD gegründet, haben in Brandenburg bislang nur vereindemokraten zelt Mitglieder gewinnen können. Ihre Aktivitäten konzentrieren sich im wesentlichen aufihren "Stützpunkt Frankfurt (Oder)". Dort erreichten sie mit propagandistischen Wahlkampfaktivitäten, daß die NPD bei den Europawahlen ARD hebt aan System; 1994 über dem Landesdurchschnitt lag. Einzelne Brandenburger Aktivisten sind auch zum BundesJugendkongreß, der anläßlich des 25jährigen Bestehens der JN am 4. Juni 1994 in Dortmund stattfinden sollte, angereist. Diese Veranstaltung ist von der Polizei aufgelöst worden. Ersatzweise fand am 3. September 1994 ein Bundeskongreß morgen wirdes in Aßlar (Hessen)statt. Auf ihm wurde Holger APFEL zum __Untergehen! neuen Bundesvorsitzenden gewählt. r, [Junge Nationaldemokraten Die Zwistigkeiten mit der Mutterpartei, die die Tätigkeit der i JN langeZeit beeinträchtigt hatten, sind beigelegt. Die JN verstehensich als nationalrevolutionäre Kaderorganisation und zeigen keine Berührungsscheu gegenüber Neonazis. Sie verbünden sich mit ihnen zu gemeinsamen Aktionen, auch engagierensie sich in der von Neonazis initiierten "Anti-Antifa"-Arbeit. Der JN-Bundesvorstand gibt das nationalistische Infoblatt "Der Aktivist" heraus. Das in unregelmäßigen Abständen erscheinende Szene-Blatt "Einheit und Kampf" ist im Vorfeld der JN angesiedelt. Dem JN-Landesverband Berlin-Brandenburgsteht in der NPD-Zeitung "Zündstoff" eine Seite, genannt "Denkzettel", als Sprachrohr zur Verfügung. "Deutsche Volksunion" (DVU) Die Partei "Deutsche Volksunion" (DVU) ist 1987 in München aus * Volksunion dem seit 1971 existierenden Verein "DVU e.V." hervorgegangen. Dieser Verein war als "nationalfreiheitliches" Sammelund Auffangbeckenfür Rechtsextremisten deutschnationaler Provenienz konzipiert. Um ihn gruppieren sich etliche "Aktionsgemeinschaften", die vor allem der Rekrutierung neuer Parteimitglieder dienen. Alle Vereinsmitglieder wurden 1991 in die Partei DVU überführt. Der DVU-Landesverband Berlin hatte sich am 23. März 1991 l I förmlich auf Brandenburg ausgedehnt. Am 28. August 1993 wurde in Röbel (Mecklenburg-Vorpommern) für das Land Brandenburg 47 j # i Verfassungsschutzbericht1994 E I !5 ein eigener DVU-Landesverband gegründet. Der Vorsitzende des brandenburgischen DVU-Landesverbandes ist auf Betreiben des Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard FREY mehrmals ausgetauscht worden. In Brandenburg verfügt der DVUCHEINLandesverband nur über wenige Dutzend Mitglieder, die insbesondere zum ANTEN Kreisverband Schwedt (Oder) gehören. . Im Sommer 1994 hatte die DVU usweisen ! vorübergehend einen gewissen Zulauf aus der rechtsextremistischen SkinheadSzene Schwedts und Angermündes. UU DochverließendieseSkinheadsdie für sie unattraktive DVU rasch wieder in Deursaue VELNSUNIEN, -UsteD Richtung "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH). Die DVU nahm im Jahr 1994 nicht an Wahlen teil. In früheren Jahren bestritt sie ihre Wahlkämpfe stets mit hohem finanziellen Aufwand. Die Partei ist von der Finanzkraft und der Person ihres Bundesvorsitzenden abhängig. 1994 aber war FREY nicht mehr Wahlergebnisse gewillt, auch bei geringen Erfolgsaussichten das Wahlkampfkostenrisiko allein zu tragen und eventuelle Verluste mit hohen Geldspenden auszugleichen. Sein Treffen mit dem damaligen Bundesvorsitzenden der "Republikaner", Franz SCHÖNHUBER, am 21./22. August 1994 sollte dazu dienen, die gegenseitige Blockade der beiden Parteien bei Wahlen aufzuheben. Dewsche National=7 BAR itung Shen anne ger aüds(r) FREY kann unterstellt werden, daß er mit der DVU auch rein wirtschaftliche Interessen verfolgt. Er publiziert in seinem Verlag die "Deutsche Nationalzeitung" (DNZ) und die "Deutsche Wochenzeitung/Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA). Diese beiden auflagenstärksten rechtsextremistischen Blätter ähneln sich in ihrer Ausrichtung sehr stark. Durch ihr Bemühen, das deutsche Geschichtsbild zu revidieren und Widerstand gegen die vermeintliche Fremdbestimmung der Deutschen durch "Umerziehung" zu wecken, fördert die "national-freiheitliche" Presse nationalistische, rassistische und antisemitische Ressentiments. Verfassungsschutz durch Aufklärung Von den etwa 23.000 Parteimitgliedern der DVU wird kaum mehr erwartet, als daß sie die FREY-Publikationen abonnieren und darüber hinaus regelmäßig ihre Mitgliedsbeiträge entrichten. Somit ist die DVU weniger eine Partei im herkömmlichen Sinne als vielmehr ein Abonnentenund Wahlverein im Dienste ihres Vorsitzenden. FREY unterstützt die "Liberaldemokratische Partei Rußlands" (LDPR) unter Führung Wladimir SCHIRINOWSKIs. Er verspricht sich für den Fall, daß SCHIRINOWSKI nach einer Machtübernahme in Rußland Wort hält und den russischen Teil Ostpreußens Deutschland anbietet, wachsenden Zuspruch für die DVU. Inzwischen scheint man in der DVU zu erkennen, daß SCHIRINOWSKI seine Großmachtambitionen nachdrücklicher verfolgt als die Verbrüderung mit ausländischen Gesinnungsfreunden; so wird eine zunehmende Distanzierung erkennbar. MM "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) Enttäuschte oder durch innerparteiliche Streitigkeiten verärgerte Funktionäre und Mitglieder der NPD, der DVU undder Partei "Die Republikaner" (REP) fanden sich am 18. Januar 1991 zum Verein "Deutsche Allianz - Vereinigte Rechte" zusammen. Unter ihrem jetzigen Namen "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (DLVH) konstituierte sich die Gruppierung am 3. Oktober 1991 in Villingen/Schwenningen als Partei, die mit dem Anspruch antrat, als "Sammlungsbewegung" die "Zersplitterung der rechten Kräfte" zu überwinden. Daher schließt sie Mitglieder anderer rechtsextremistischer Parteien Immer wieder nicht aus. Einer Zusammenarbeit mit 5 ' Neonazis wurde allerdings eine Absage gegeneinander! erteilt. Jedoch hat sich der DLVH-Landesverband Berlin-Brandenburg nicht immer deg%;, Wahlen u, Kr an diese Richtlinie gehalten. Da der etwa 900 Mitglieder starken DLVH ein größerer Zulauf versagt blieb und sie von den mit ihr konkurrierenden Parteien NPD, DVU und REP abgelehnt wird, trägt sie, entgegenihrer Absicht, zur weiteren Wie lange soll das Zersplitterung des rechtsextremistischen so weitergehen ? Lagersbei. Das bewußt zurückhaltend formulierte Deshalb DLVH !! Programm dieser Partei läßt immerhin Anhaltspunkte für eine nationalistische, 49 Verfassungsschutzbericht1994 a völkisch-kollektivistische, antipluralistische Grundhaltung und für Antisemitismus erkennen. Die verfassungsfeindliche Einstellung der DLVH, namentlich ihr Haß auf Ausländer, kommt in Flugschriften, in der ihr nahestehenden Zeitschrift "Nation und Europa" sowie in Erklärungen aufParteiveranstaltungen unverhüllt zum Ausdruck. Am 8. Februar 1992 hat sich der Landesverband Berlin-Brandenburg der DLVH gegründet. Angesichts der geringen Anzahl von etwa drei Dutzend DLVH-Mitgliedern im Land Brandenburg konntensich hier keine flächendeckenden Organisationsstrukturen ausbilden. Ein relativ stabiler Aktivistenkern formierte sich lediglich in Guben. Der DLVH-Landesverband Berlin-Brandenburg geriet 1994 in einen desolaten Zustand, da der Vorsitzende des Landesverbandes, Frank SCHWERDT,und etliche seiner Gesinnungskameraden wegen ihres Zusammengehens mit Neonazis vom Bundesvorstand aus der Partei herausgedrängt wordensind. Mit dem Landesparteitag am 28. August 1994 in Fürstenwalde leitete die DLVH im Land Brandenburg ihren Wiederaufbau ein. Neuerdings gibt es wieder Kontakte zu der Organisation "Die Nationalen c.V.", an deren Spitze Frank SCHWERDT nun steht. Teilweise haben Funktionäre der DLVH auch Posten bei den "Nationalen" inne. Im Sommer 1994 konnte die DLVH einen gewissen Zuwachs an Mitgliedern in Brandenburgverzeichnen. Es gelang ihr, einige rechtsextremistische Skinheads aus Schwedt und Angermünde, die zuvor ein kurzes Gastspiel in der DVU gegeben hatten, anzuwerben. In Peitz ist die DLVH seit den Kommunalwahlen am 5. Dezember 1993 mit einem Sitz in der Stadtverordnetenversammlung vertreten. Auf eine Teilnahme an Wahlen des Jahres 1994 hat der hiesige Landesverband verzichtet. M "Die Republikaner" (REP) Im Wahlkampfdes "Superwahljahres" 1994 hat der langjährige Bundesparteivorsitzende Franz SCHÖNHUBER mit kalkulierten antisemitischen Ausfällen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich und seine Partei gelenkt. Eindeutig extremistische Äußerungen haben die Texte der - zumeist von der Bundeszentrale in Bonn entworfenen - Wahlmaterialien, Flugblätter und Plakate allerdings zu vermeiden gesucht. Die Ursachen dafür gehen auf den Verfassungsschutz durch Aufklärung Ruhstorfer Bundesparteitag 1990 der "Republikaner" zurück, auf demsie einen "Unvereinbarkeitsbeschluß" gegen Rechtsextremisten gefaßt hatten. Sie wollten damit der befürchteten bundesweiten Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden vorbeugen. Außerdemstrebte die Partei an, sich damit einer nationalkonservativen Wählerschaft als akzeptabel zu präsentieren und von den demokratischen Parteien als koalitionsfähig akzeptiert zu werden. Dennochlassen sich in den Äußerungen der "RepublikaElemente ner" nach wie vor Elemente völkischen und fremdenfeindlichen völkischenund Denkens entdecken. Fremdenfeindlichen Denkens Die REP bekennen sich zwar formal zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung, doch dieses Bekenntnis ist nicht glaubhaft, da die REP in ihren Wahlkämpfen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus in einer die Menschenwürde und das Gleichheitsgebot mißachtenden Weise funktionalisieren. Nach dem schlechten Abschneiden der REP bei der Europawahl trafen sich - für die Parteibasis überraschend - Franz SCHÖNHUBERund Dr. Gerhard FREY, der Bundesvorsitzende der rechtsextremi- - stischen DVU, am | Zwei Wege Kir Ziei 21./22. August OER | Megane Sn REPUBLIKANER 1994, um auf einer Pressekonferenz Y TE "gemeinsame KT SEE TE SER RRRTIETTESTER TR TEHTETTTEBRSETTFITER ATEHT ; Abwehrfront" gegen | die linke "Volks- 1 front" zu verkünden. In weiten Teilen der Partei "Die Republikaner" stieß dieses Treffen auf Unverständnis, so daß SCHÖNHUBERSStellung fortan höchst umstritten war. Auf dem außerordentlichen Bundesparteitag der REP am 17. Dezember 1994 in Sindelfingen stellte er sich nicht mehr zur Wiederwahl. Zum neuen Bundesvorsitzenden der REP wurde Dr. Rolf | SCHLIERER gewählt. Daß er die auseinanderstrebenden Flügel der Partei zu einen fähig ist, wird von vielen bezweifelt. Die Mitgliederzahl der 1983 in München als Bundespartei gegründeten "Republikaner" liegt derzeit unter 20.000 mit stark abfallender Tendenz. Der Landesverband Brandenburg hatte sich bereits 1990, noch zu Zeiten der DDR, konstituiert. Er gliedert sich in Kreisund Ortsverbände und umfaßt derzeit ca. 600 Mitglieder, von denen sich allerdings nur ein Bruchteil im Sinne der Partei engagiert; ein Großteil der Mitglieder gehört der Partei lediglich nominell an. J Nach der "Wende" in der DDR hatten die REP zunächst, da sie 51 i Verfassungsschutzbericht1994 a i sich als erste weit rechts stehende Partei darbot, Zulauf von rechtsextremistisch gesinnten Personen. Nicht wenige von ihnen, zumal Skinheads und Neonazis, haben die Partei jedoch wieder verlassen, da sie ihnen zu lasch erschien. Gleichwohl muß die Partei "Die Republikaner" als rechtsextremistisch beurteilt werden, wenn auch nicht jedem einzelnen Mitglied in Brandenburg von vornherein eine rechtsextremistische Haltung zu unterstellenist. Zu den Landtagswahlen in Brandenburg am 11. September 1994 in Brandenburg entwickelten die REP kaum Wahlkampfaktivitäten, um die von ihnen nominierten 18 Listenund sechs Direktkandidaten zu unterstützen. Mit 12.104 Zweitstimmen (1,13 %) erzielte die Partei ein für sie sehr enttäuschendes Ergebnis. Entgegen ihren Erwartungen hat sie ihr Landtagswahlergebnis von 1990 nicht zu steigern vermocht. Etwas höher, gleichwohl schwach, fiel das Wahlergebnis zu den Europawahlen am 12. Juni 1994 in Brandenburg aus: mit 18.327 Stimmen wurden 2,33 % erzielt. Einen weiteren Rückschlag erlebten die REP bei der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994. In Brandenburg, wo sie mit sechs Listenund einem Direktkandidaten angetreten waren, erreichten sie lediglich 15.281 Stimmen (1,11 %). Der brandenburgische Landesverband hielt seinen Landesparteitag am 12. November 1994 in Neuenhagen ab. Deralte Landesparteivorsitzende Prof. Dr. Wolfgang KURZWEG wurde in seiner Funktion bestätigt. In der Auseinandersetzung um SCHÖNHUBERSKurs schlug sich der brandenburgische Landesverband zunächst auf die Seite SCHÖNHUBERS, scheint sich jedoch nun mit dem neuen Bundesvorstand arrangieren zu wollen. Aus der Sicht des brandenburgischen REP-Landesverbandes war der Richtungskampf in der Bundespartei ein Intrigenspiel westdeutscher Parteifunktionäre zum Nachteil der Interessen der ostdeutschen Landesverbände. M Sonstige rechtsextremistische Organisationen ed) "Die Nationalen e.V." Mit Blick auf die Berliner Kommunalwahl am 24. Mai 1992 gründeten Angehörige der NPD, der DLVH, der FAP und andere Rechtsextremisten eine Wählergemeinschaft, die sich im Januar 1992 den Namen "Die Nationalen e.V." gab. Trotz ihres enttäuschenden Abschneidens bei der erwähnten Wahl setzten "Die Nationalen" ihre politische Arbeit über den Wahltag hinausfort und dehnten sie, mit Informationsveranstaltungen und Verfassungsschutz durch Aufklärung propagandistischen Aktivitäten, auch auf Brandenburgaus. Vorsitzender des Landesverbandes Berlin-Brandenburgist der Berliner Frank SCIHWERDT. Nachdem sich die NPD 1993 aus dieser Wählergemeinschaft weitgehend zurückgezogen hatte, dominierte in ihr der Einfluß der DLVH. Namentlich in Brandenburg waren Aktivitäten der DLVH und der "Nationalen e.V." oftmals kaum unterscheidbar. Inzwischen hat sich der frühere Vorsitzende des DLVH-Landesverbandes, Frank SCHWERDT,mit der Parteiführung überworfen. Der Grund: Vor den brandenburgischen Kommunalwahlen im Dezember 1993 hatte er den Exvorsitzenden der verbotenen "Deutschen Alternative" (DA), Frank HÜBNER,als DLVH-Kandidaten für das Amt des Cottbuser Oberbürgermeisters favorisiert. Seither engagiert sich SCHWERDT,der inzwischen aus der DLVH ausgetreten ist, um so mehr bei den "Nationalen e.V.". Seit jüngster Zeit ist in Brandenburg wieder eine engere Kooperation und Verflechtung zwischen den "Nationalen" und der DLVH zu Verflech beobachten. Beispielsweise treten die beiden Organisationen eher den zuweilen als "Die Vereinigten Rechten - Die Nationalen e.V./Die "Nationalen" Deutsche Liga" bei Veranstaltungsanmeldungen auf. Zum Teil und'der DEVH bekleiden Mitglieder Führungsfunktionen in beiden Organisationen. SCHWERDTsucht seit langem die Zusammenarbeit mit neonazistischen Gruppierungen und ist bemüht, die seit den Verboten der DA, der NO und der NFnicht mehr organisatorisch gebundenen Neonazis bzw. neonazistisch orientierten Jugendlichen in die "Nationalen" zu integrieren. Darüber hinaus will er diese Vereinigung zu einem Sammelbecken des gesamten rechtsextremistischen Lagers werdenlassen. Engere Kontakte unterhält er zu den "Deutschen Nationalisten" (DN) und verschiedenen neonazistischen Kleinstgruppen vorallem in Berlin. Junges Seit Oktober 1994 bezeichnet sich das "Junge Nationale Spektrum" Nationales (JNS) als "Jugendverband der Nationalen e.V.". Das nur wenige Spektrum Mitglieder umfassende JNS war schon zuvor vereinzelt im südöstlichen Brandenburg und im nordöstlichen Sachsenaktiv. Es ist dem neonazistischen Spektrum zuzurechnen. Seit 1992 geben die "Nationalen" in \ , || zweimonatigem BERLIN BRANDENBURGER Abstand die PublikaZEITUNG DER NATIONALEN tion "Berlin-Brandenburger-Zeitung" 53 Verfassungsschutzbericht1994 ' a (BBZ) heraus. In diesem Blatt finden auch neonazistische Gruppierungen ein Forum (vgl. Bemerkungen zum "kommando F."). Der regionale Schwerpunkt der "Nationalen" in Brandenburg befindet sich im Osten und Süden des Landes. Inzwischen fassen "Die Nationalen" auch in anderen Regionen Brandenburgs sowie in den angrenzenden Bundesländern Fuß. Innerhalb Brandenburgs existieren Kreisverbände in Guben, Elsterwerda und Rathenow. In Guben, Spremberg und Döbern wurden im Jahre 1994 fünf größere geplante Veranstaltungen der "Nationalen" bzw. des INS verboten (am 26.August, am 4. und am 24. September, am 5. und am 6. November). Daß die "Nationalen" nunmehr über diese Region hinaus in Brandenburg aktiv werden, dokumentieren Werbeaktionen größere Verteilaktionen der BBZ in Potsdam und Brandenburg im September 1994. Für den 9. November 1994 meldeten die "Nationalen", das JNS und andere Organisationen eine Demonstration vor der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen an. Sie wurde, wie alle anderen öffentlichen Veranstaltungen der "Nationalen" 1994 in Brandenburg, mit einem Verbot belegt. Zwei der Themen für geplante Veranstaltungen lassen eine neue extremistische Qualität bei den "Nationalen" erkennen. Die Forderung "Für Recht und Wahrheit in der deutschen Geschichtsschreibung - Gegen die Geschichtsklitterung der herrschenden Klasse", die vor der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen thematisiert werden sollte, zeugt von einem bis dahin nicht so deutlich erklärten Antisemitismus. Das Thema "Staatlicher Terror und linke Hetze in Guben", verbunden mit einem Drohbrief an die Gubener PDS-Fraktion, ist ein Indiz dafür, daß sich die "Nationalen" im Aktionsfeld der "Anti-Antifa" engagieren wollen, auch wenn es bisher bei verbalen Attacken geblieben ist. "Die Nationalen e.V." haben sich zueiner der aktivsten rechtsextremistischen Organisationen in Brandenburg entwickelt, auch wenn sich die Mitgliederzahlen auf niedrigem Niveau bewegen. Andieser Vereinigung sind, wie erwähnt, mehr und mehr neonazistische Merkmale deutlich geworden. "Wiking-Jugend" (WJ) Die in der Tradition der ehemaligen "Hitler-Jugend" (HJ) stehende "Wiking-Jugend, volkstreue nordländische Jugendbewegung Deutschland e.V." (WJ) wurde mit Verfügung des Bundesinnenministers vom 10. November 1994 verboten und aufgelöst. Der Bundesminister des Innern sah es als erwiesen an, daß die WJ sich 2 gegen die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Verfassungsschutz durch Aufklärung Grundgesetz richtete, da eine programmatische Übereinstimmung der WJ mit der "Hitlerjugend" und der NSDAP festgestellt werden konnte. Die 1952 gegründete WJ zählte zu denältesten rechtsextremisti"Nordlandschen Jugendorganisationen in Deutschland. Sie wurde nach dem Ideologie" Führerprinzip geleitet und hing einer "Nordland-Ideologie" an. Sie sah ihre Aufgabe darin, Kindern und Jugendlichen rechtsextremistisches Gedankengut zu vermitteln und sie in eine Brauchtumspflege nationalistisch-volkstümelnden Gepräges einzuführen. Eine Reihe von Jugendlichen, die ihr Weltbild im Rahmen der WJ entwickelten, zog es später zu verschiedenen rechtsextremistivolkstümelndes schen, und dabei besonders zu neonazistischen, Organisationen. Gepräge In Brandenburg beschränkte sich die Anhängerschaft der WJ auf vereinzelte Mitglieder, die zwar formell einen eigenen "Gau" bildeten, tatsächlich aber von Berlin aus geleitet wurden. Im Jahre 1994 trat die WJ in Brandenburg nur einmal in Erscheinung, als sie beim Konzert des rechtsextremistischen Barden und WJ-Mitglieds Frank RENNICKE am 9. Juli 1994 in Rüdersdorf einen Infound Verkaufsstand betrieb. Wegender geringen Aktivitäten der WJ waren in Brandenburg anläßlich des bundesweiten Verbots keine Maßnahmen notwendig. Die W] hatte keine Vereinsstrukturen entwickelt und - ausgenomVerfassungsschutzbericht 1994 men die von der WJ-Bundesleitung organisierten Aufmärsche auf dem Soldatenfriedhof in Halbe - nur sporadisch Aktivitäten entfaltet. M Verbindungen zu ausländischen ed Rechtsextremisten Rechtsextremisten und vor allem Neonazis pflegen Kontakte zu ausländischen Gesinnungsgenossen. Die Motivation für die Pflege dieser Beziehungenliegt einerseits im ausgeprägten Prestigebewußtsein dieser Gruppen und ihrer Anführer begründet, da Kontakte zu namhaften Rechtsextremisten das eigene Renommee und das der Gruppe aufwerten. Die Kontakte des Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion" (DVU), Dr. Gerhard FREY, zum Vorsitzenden der "Liberaldemokratischen Partei Rußlands" (1.DPR), Wladimir SCHIRINOWSKI, sind eher Ausdruck für das Bestreben der beiden, sich der Bekanntschaft des anderen zu rühmen, als daß sich daraus eine echte Kooperation von DVU und LDPR ergäbe. Ähnlichesgilt für thematisch bestimmteInitiativen aus dem neonazistischen Spektrum, in denen für "Solidarität" mit inhaftierten ausländischen Extremisten aufgerufen wird. 1994 stand dabei der Einsatz für den österreichischen Neonazi Gottfried KÜSSEL und den russischen Extremisten Alexander BARKASCHOW im Vordergrund. Beide Initiativen werden maßgeblich vom Münchner Neonazi Michael SWIERCZEK betrieben. Sie sind über das Stadium der Verbreitung pathetischer Flugblätter allerdings nie hinausgekommen Andererseits geht es bei internationalen Kontakten aber auch um handfeste strategische Interessen, etwa wennes sich um die Verlegung von Veranstaltungen ins Ausland oder die Herstellung bzw. die Versendung von Publikationen und Propagandamaterial handelt. Daes für Neonazis mittlerweile fast unmöglich ist, in Deutschland öffentlich in großer Zahl aufzutreten, werden Aktionenins benachbarte Ausland verlegt. Am 16. Juli 1994 versammelten sich 30 FAP-Anhänger mit etwa derselben Anzahl von niederländischen Gesinnungskameraden im holländischen Venlo, um gegen Parteiverbote zu demonstrieren. Am 28, August 1994 fandensich rund 1.000 europäische Rechtsextremisten am Randeder jährlichen "Yjzerbedevaart" der flämischen Nationalisten in Diksmuide/Belgien ein. Die ca. 250 deutschen Teilnehmersetzten sich aus Anhängern verschiedener rechtsextremistischer Organisationen (FAP, JN, WJ, NPD u.a.) und Skinheads zusammen. Die Stärke des deutschen Kontingents fiel im Vergleich zu den Vorjahren geringer aus. Verfassungsschutz durch Aufklärung Von sehr viel höherer Bedeutungals die unregelmäßigen internationalen Treffen ist die logistische Unterstützung, die Neonazis aus dem Auslanderhalten - vor allem durch die Belieferung mit Propagandamaterial. Hauptproduzent des nach Deutschland eingeschmuggelten NSMaterialsist seit Jahren der Amerikaner Gary Rex LAUCK,der Belieferung sich als Propagandaleiter einer "Nationalsozialistischen Propagandamit Deutschen Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" 5 (NSDAP-AO) bezeichnet und seine Sendungenin Lincoln im USmaterial Bundesstaat Nebraska aufgibt. Lauck verbreitet die Publikation "The New Order", die er in zehn Sprachen herausgibt. Die deutsche Version trägt den Titel "NS-Kampfruf", Außerdem beliefert er vor allem deutsche Neonazis mit NS-Aufklebern, Plakaten und Flugblättern. Der Versand und die Verteilung in Deutschland werden konspirativ organisiert, wobei LAUCK auf ein Netz von Verteilern zurückgreifen kann. In Brandenburg sind auch 1994 eine Vielzahl von NSDAP-AO-Aufklebern aufgetaucht. NSKAMPFRUF ARBEITERPARTEI AUSLANDSUND AUFBAUORGANISATION Von Dänemark aus ließ der deutsche Altnazi Thies CHRISTOPHERSEN die rechtsextremistische Zeitschrift "Die Bauernschaft" in Deutschland verbreiten. Sie findet auch in Brandenburgvereinzelt Abnehmer. CHRISTOPHERSEN ist in Dänemark mehr und mehr dem Druck der Öffentlichkeit ausgesetzt, so daß er nunmehr seinen Wohnort verlassen mußte und an einen anderen Ort in Dänemark zu einem Gesinnungsgenossen gezogenist. Mittlerweile hat CHRISTOPHERSENdie Herausgabe der "Bauernschaft" in die Hände des deutsch-kanadischen Revisionisten Ernst ZÜNDEL gelegt. Gedruckt wird "Die Bauernschaft" seit kurzem in Belgien. und Info-Telefone . Der holländische Ableger der von Michael KÜHNENgegründeDruckerzeugnisse ten "Aktionsfront Nationale Sozialisten", die "Actionsfront Deutschland für Nationel Socialisten" (ANS), stellt der deutschen Neonaziszene nicht nur Info-Telefone für den Fall der Abschaltung der deutschen Info-Telefone zur Verfügung, sie ist auch verantwortlich für die Herstellung der Publikation "Die Neue Front" in deutscher Sprache und sorgt für deren Vertrieb nach Deutschland. Seit einigen Jahren versuchen Rechtsextremisten aus aller Welt, im Rahmen einer Revisionismus-Kampagne die deutschen Verbrechen unter nationalsozialistischer Herrschaft zu relativieren oder zu 57 Verfassungsschutzbericht 1994 leugnen. Dahinter steht der Versuch, ein nationalsozialistisches Geschichtsbild zu zeichnen, in dem Deutschland eine makellose Heldenrolle spielen kann. Revisionistische Propagandisten sprechen derfreiheitlichen demokratischen Ordnung in Deutschland nach 1945 ihre Legimität ab. 1994 hat der in Kanada lebende deutsche Extremist Ernst ZÜNDEL, dersich seit langem als Revisionist hervortut, mit zahlreichen Sendschreiben, aber auch durch eine von ihm geleitete - freilich erfolglose - Briefkampagne Sendschreiben darauf hinzuwirken versucht, daß auf eine präzisierte Strafandrohung gegen die Verbreitung revisionistischer Thesen in Deutschland verzichtet würde. Auchstaatliche Stellen in Brandenburg sind mit solchen Briefen, die zumeist identische Texte bei unterschiedlichen Absendern aufwiesen, behelligt worden. Vom US-amerikanischen "Ku-Klux-Klan" sind 1994 in Brandenburg nur gelegentlich Propagandamaterialien aufgetaucht. Entgegen anderslautenden Presseberichten besitzt der "Ku-Klux-Klan" in Deutschland offenkundig keine Anhänger, die ihm dauerhaft verbunden sind. Söldner Im weiteren Sinne als Auslandskontakte kann man den Umstand aus dem bezeichnen, daß einige wenige deutsche Rechtsextremisten, ehemaligen darunter auch Personen aus Brandenburg,aktiv im Bürgerkrieg im Jugoslawien ehemaligen Jugoslawien mitkämpfen. Diese Rechtsextremisten mit Kriegserfahrungen - häufig auch mit Beteiligung an Morden und anderen schweren Verbrechen - sind nach ihrer Rückkehr eine Gefahr. Deutsche Neonazis tauchen vereinzelt auch in Südafrika auf, wo Afrikaner sie offenbar Kontakte zur "Afrikaner Weerstandsbeweging" (AWB) Weerstandssuchen. I beweging 9 Ausblick Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Gewalttaten ist im Jahre 1994 im Vergleich zu den Vorjahren noch einmal zurückgegangen. Das Phänomeneiner rechtsextremistisch orientierten Jugendszene, aus der heraus in der Regel solche Gewalttaten begangen werden, existiert gleichwohl fort. So erscheint einerseits die Hoffnung begründet, daß die von Rechtsextremisten ausgehende Gewalt weiter zurückgedrängt werden kann. Andererseits wird man weiter mit lokalen Jugendcliquen rechnen müssen, die mindestens latent gewaltbereit bleiben. Ihre Aktionen gehorchen keiner politischen Strategie. Denn die Gewalttaten sind oft zuerst Ausdruck einer Verfassungsschutz durch Aufklärung destruktiven Grundhaltung, deren psychologische und soziale Jugendliche Ursachen überaus komplexer Natur sind. bleibenanfällig, Jugendliche in solchen Cliquen bleiben anfällig für rechtsextremibereitsKinder stische und insbesondere neonazistische Vorstellungen. Mitunter lassensich lassen sich, wie empirische Forschungen bestätigen, bereits Kinder verblenden von neonazistischen Losungen verblenden. Die politische Biographie solcher zumeist sehr jungen Menschen ist damit keineswegs eindeutig vorherbestimmt. Deshalb kann auch eine zielgerichtete Bildungsund Erziehungsarbeit in den Schulen bei vielen zunächst irregeleiteten Jugendlichen Einsicht in die zielgerichtete Grundnormen der Demokratie und des menschenwürdigen UmBildungsund gangs miteinander wecken. Mindestens ebenso erfolgversprechend Erziehungsarbeit | sind jugendpolitische Projekte und Programme, die Alternativen zu in.denSchulen | einer Freizeit im Dunst von Alkohol, aufpeitschender Musik mit nazistischen Texten und brutal ausgelebter Gewalt anbieten. In vielen Städten Brandenburgs arbeiten bereits verschiedene Institutionen und Projektträger zusammen, um dem Abgleiten von i Jugendlichen in gewalttätige Cliquen vorzubeugen. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburg wirkt an ausgewählten Projekten dieser Art beratend mit, etwa in Rathenow und Senftenberg. Sie wird dieses Tätigkeitsfeld in Zukunft noch d weiter ausbauen. & Die neonazistischen Kleingruppen rekrutieren ihren Nachwuchs i zumeist aus der vorbeschriebenen Jugendszene. Dennoch werden i sie auch in Zukunft ihren Wirkungsradius kaum ausweiten können. ; Im Gegenteil, die - gerade auch in Brandenburg verfolgte - strikte } Verbotspresie gegenüber geofazistischen Veranstaltungen und, strikte Verbate ! soweit rechtlich möglich, gegen neonazistische Vereinigungen = i verunsichert und lähmt die Neonazis nicht unerheblich. Diesem gegenüber i Repressionsdruck vonstaatlicher Seite werden sie künftig noch ABEIRREKBES j Veranstaltungen mehr dadurch auszuweichen suchen, daß sie informelle, konspirative Organisationsformen nutzen. Dabei werden sie noch stärker auf moderne technische Hilfsmittel zurückgreifen. Aber auch eine professionelle technische Ausstattung kann mangelnde Mitgliederstärke und Motivationsverluste nicht ausgleichen. Um so mehr müssen die Ansätze einer Entwicklung hin zum Rechtsterrorismus ernst genommen werden. Inzwischen stellen militante Rechtsextremisten, vor allem Neonazis, nicht nur theoretische Überlegungenin dieser Richtung an, sondern tauschen i untereinander Handbücher zum Bau von Sprengvorrichtungen und zur Anwendung von Waffen aus. Auch kannnicht ausgeschlossen a werden, daß die staatlichen Verfolgungsmaßnahmeneinzelne g Neonazis fanatisieren. Bislang ist jedoch noch nicht erkennbar, daß 59 Verfassungsschutzbericht1994 Ä 3 sich im rechtsextremistischen Spektrum eine terroristische Formation vom Kaliber der linksterroristischen RAF oder anderer vergleichbarer Zellen von Linksextremisten herausbildete. Die rechtsextremistischen Parteien und gerade auch die bekannteste unter ihnen, "Die Republikaner", haben im Jahre 1994 immer Wahlergebnisse wieder niederschmetternde Wahlergebnisse einstecken müssen. Spektakuläre Wahlerfolge dieser Parteien sind auch in absehbarer Zeit kaum zu erwarten. Angesichtsihrer Erfolglosigkeit schwindet bei diesen Parteien der Wille, sich gegeneinander und gegenüber dem neonazistischen Spektrum klar abzugrenzen. Auf der Suche nach Wählerstimmen könnten sich bisher rivalisierende Parteien miteinander verbünden. Ebenso sehr sind aber weitere Spaltungen und Zerfallserscheinungen in den bestehenden Parteien nicht unwahrscheinlich. Die Struktur der rechtsextremistischen Parteienlandschaft ist also höchst instabil, Umbrüche in ihr sind zu erwarten. Strategiezur Im Land Brandenburghat sich eine Strategie zur Eindämmung des Eindä l Rechtsextremismus bewährt, die aus mindestens zwei Elementen besteht: Zum einen werdenalle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um rechtsextremistische, besonders neonazistische Aktionen, von vornherein zu unterbinden. Zum anderen zielt die Präventionsarbeit vor allem aufdie jugendlichen Mitläufer und Sympathisanten rechtsextremistischer Gruppen; unter ihnen wird für Alternativen zu brutaler Gewalt und zu rechtsextremistischen Einstellungen geworben. Darüber hinaus kann die offensive politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit die Wahldemagogie rechtextremistischer Parteien bloßstellen und entschärfen. Die Verfassungsschutzbehörde Brandenburgsieht in der Bekämpfung des Rechtsextremismus den Schwerpunkt ihrer Arbeit. Verfassungsschutz durch Aufklärung DerVerfassungsschutz d S ie ch ut n zt dem der fröiheilich demokratischen Grundordnung 61 Verfassungsschutzbericht1994 (r) Übersichten in Zahlen Mitgliederzahlen" (z.T. geschätzt) Bundesrepublik Deutschland Brandenburg 1993 1994 1993 1994 militante Angehörige rechtsextr. Cliquen 5.600 gleichbleibend 500 500 JF 130 leicht aobnehmend bis zu 100 70 FAP 430 gleichbleibend 15 Einzelpers. HNG 220 stark steigend Einzelpers. 10 IHV 20 gleichbleibend Einzelpers. Einzelpers NPD 5.000 gleichbleibend 25 20 JN 190 leicht abnehmend Einzelpers. Einzelpers DVU 26.000 abnehmend unter 50 40 DLVH 900 gleichbleibend Einzelpers. 35 REP 23.000 stark abnehmend 500 600 Nationale e. 80 steigend Einzelpers. 40 T *Da das Bundesministerium des Innern für 1994 noch keine Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen und Personenzusammenschlüsse veröffentlicht hat, werden als Vergleich zu den in Brandenburg für 1994 ermittelten Zahlen, im Blick auf die gesamte Bundesrepublik Deutschland die Zahlen für 1993 und deren absehbare Modifikation für 1994 in Form von Trendangaben aufgeführt. 62 Verfassungsschutz durch Aufklärung Rechtsextremistische Straftaten* Delikte 1993 1994 ersuchte Tötung 1 0 Körperverletzung 93 68 Brandstiftung 7 3 Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, 56 28 Störung des öffentlichen Friedens Sachbeschädigung 68 35 olksverhetzung 50 27 Propagandadelikte 582 436 sonstige 129 97 gesamt 986 694 davon: fremdenfeindliche Straftaten 235 156 antisemitische Straftaten 43 34 *Die vorgelegte Statistik beruht auf Zahlenangaben des Landeskriminalamtes Brandenburg Die Verfassungsschutzabteilung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg führt keine eigene Straftatenstatistik. Verfassungsschutzbericht 1994 Linksextremismus B Die in der Bundesrepublik Deutschland aktiven linksextremistischen Organisationen und Gruppierungen lassen sich grob in zwei Hauptrichtungen einteilen: % Autonome, Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre Autonome Die Anhänger anarchistischer und sozialrevolutionärer Theorien bzw. Lebensweisen wollen eine "herrschaftsfreie" Gesellschaft errichten. Theoretiker des Anarchismus spielen imlinksextremistischen Spektrum derzeit kaumeine Rolle. Weit bedeutsamer ist das Anarchisten breite Feld der Autonomen, von denen nicht wenige jedwede Theorie verwerfen. Einig sind sie sich jedoch darin, gesellschaftliche Normen abzulehnen und ein "herrschaftsfreies, selbstbestimmtes Leben" in "erkämpften Freiräumen" zu praktizieren. Dabei kollidieren sie zwangsläufig mit der demokratischen Verfassungsund Rechtsordnung. % Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten MarxistenLeninisten In Gruppierungen und Parteien zusammengeschlossene Anhänger der von Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten Gesellschaftstheorie, die sich in der Regel als Marxisten-Leninisten, Stalinisten, Trotzkisten oder Maoisten zu einer bestimmten Ausprägung dieser Lehre bekennen, verfolgen die erklärte Absicht, eine sozialistische oder kommunistische Ordnung zu errichten. Insoweit sie eine gewaltsame sozialistische Revolution und die "Diktatur des Proletariats" propagieren und aufsie hinarbeiten, negieren sie die Grundprinzipien der demokratischen Verfassungsordnung. Zwischen beiden vorgenannten Richtungen gibt es auch ideologische Überschneidungen. So greifen zum Beispiel einige Autonome auf kommunistische Theorien zurück. Einzelne linksextremistische Gruppierungen wollen ihre Ziele mit Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen, also mit den Mitteln des Terrorismus, durchsetzen. M Verfassungsschutz durch Aufklärung Allgemeine Entwicklungstendenzen ih in der Bundesrepublik Deutschland Den größten Anteil im linksextremistischen Spektrum der Bundesrepublik Deutschland bilden die Autonomen. Junge Menschen bringen ihre Ablehnung gesellschaftlicher Konventionen, aber auch die Ablösung von Elternhaus und vorgeprägten Lebensentwürfen oft dadurch zum Ausdruck, daß sie sich aus dem "bürgerlichen" Milieu entfernen und nach "alternativen" Lebensformen suchen. Häufig finden sie sich in Wohngemeinschaften, darunter auch in besetzten Häusern, zusammen. Solche Gruppen bezeichnen sich selbst oft als "autonom". Die Verfassungsschutzbehörden fassen den Begriff "Autonome" jedoch enger und wenden ihn nur auf Gruppen und Personenan, die auf Grundihrer ideologischen Orientierung gewalttätig agieren, gewaltbereit sind oder Gewalt befürworten. Nur diese Gruppierungen und gegebenenfalls Personenzusammenschlüsse, die % unmittelbaren Kontakt zu solchen gewalttätigen oder gewaltgewaltbereite bereiten Personen haben, werden von den VerfassungsschutzGruppen behörden beobachtet. An dieses Prinzip hält sich strikt gerade auch die brandenburgische Verfassungsschutzbehörde, auch wenn die Grenzen zwischen "autonomen" Gruppen und friedfertigen "alternativen" Personenzusammenhängen mitunter fließend sind. Für alle Autonomen im eben dargestellten Sinneist charakteristisch, daß sie das staatliche Gewaltmonopol ablehnen. Darüber hinaus habensie kein einheitliches ideologisches Konzept. Gleichwohl gibt es bei ihnen übereinstimmende Anschauungen. Kennzeichnend ist ihre heftige Kapitalismusbeziehungsweise Imperialismuskritik. Sie wenden sich gegen angebliche Unterdrückungsmechanismen, vor allen gegen die behauptete > weltweite Unterdrückung und Ausbeutung der Menschen durch die kapitalistische Produktionsweise und den Imperialismus; m Unterdrückungeiner selbstbestimmten Lebensweise durch die Staatsorgane, die den Kapitalisten/Imperialisten triple willfährig seien; oppression m Unterdrückung der Frau durch den Mann in allen gesellschaftlichen Bereichen (Patriarchat). Dieser "dreifachen Unterdrückung!"(triple oppression) sagen die 65 Autonomen den Kampf an. Verfassungsschutzbericht 1994 Die Autonomen behaupten, daß der kapitalistische Staat um seiner Selbsterhaltung willen Rassismus und Faschismus begünstige, mindestens aber toleriere. Deshalb ist es aus der Sicht der Autonomen geboten und gefordert, den Kampf gegen Faschisten und Rassisten in die eigenen Hände zu nehmen. So werden Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten oder vermeintlichen Rechtsextremisten unter dem Motto "Schlagt die Faschisten, woihr sie trefft!" gesucht und mit manchmal großer Brutalität ausgetragen. Zum Aktionsfeld "Antifaschismus/Antirassismus" zählen die Autonomen auch den Widerstand gegen die Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Der breite Themenbereich "Antiimperialismus/Antikolonialismus"" bietet den Autonomen ebenfalls ein Aktionsfeld. Vor allem die 2 ss fortschreitendepolitische und wirtschaftliche Integration Europas imperialismus/ (insbesondere in der Europäischen Union) und darüber hinaus die internationale Kooperation von Staaten und Wirtschaftsunternehmen wird von ihnen abgelehnt und bekämpft. Außerdem wenden sich Autonome mit militanten Aktionen gegen bestimmte wirtschaftliche Großvorhaben (zum Beispiel Großflughäfen) und wissenschaftliche Praktiken (zum Beispiel Gentechnik, Tierversuche), die sie als schädlich oder moralisch verwerflich betrachten. Insbesondere die Berliner autonome Szene widmet sich seit einigen Jahren schwerpunktmäßig GEGEN SPEKULANTEN 'IHRE =," STADTPLANER UND POLITIKER. einst wc' "proletarischer" Stadtteile Berlins im Zuge der Ausgestaltung Berlins als Hauptstadt. Die gewaltsame Konfrontation mit dem Staat suchen Autonome hauptsächlich bei Demonstrationen, die sie entweder selbst veranKonfrontation stalten oder an denensie sich beteiligen. Autonome gehen aber mit Staat dem auch mit Anschlägen gezielt gegen Personen und Sachenvor. Autonome Gruppendefinieren sich selbst häufig über ihre selbstgeschaffenen "Freiräume", meist besetzte Häuser. Als Kommunikationszentren der Szene dienen alternative Kulturzentren und sogenannte "Info-Läden", die manchmal in besetzten Häusern eingerichtet werden. Hier nutzt man teilweise auch moderne Kommunikationstechniken wie Computer mit Mailboxen, um Konzepte und Informationen - auch solche, die direkt oder Verfassungsschutz durch Aufklärung indirekt der Vorbereitung von Anschlägen dienen - zu sammeln und auszutauschen. Seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen, die autonome Szene stärker zu vernetzen und zu strukturieren, zum Beispiel in der "Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO). Der Erfolg solcher Bemühungen bleibt abzuwarten; im Grunde widerspricht es dem autonomen Selbstverständnis, sich auf programmatische Konzepte festzulegen und sich in organisationsähnliche Strukturen einbinden zu lassen. N Ü aa Die braune Pest geht vom Staat aus! Traditionelle anarchistische Gruppen und deren Ideologie sind nach wie vor im linksextremistischen Spektrum ohne Bedeutung. Sie treten weder durch öffentliche Äußerungen noch durch Aktivitäten irgendwelcher Art nennenswert hervor. Die deutschen Terroristen aus dem linksextremistischen Spektrum bedienen sich zumTeil ähnlicher ideologischer Kategorien wie die gewaltbereiten Autonomen. Allerdings geht ihre Militanz wesentlich über die von den Autonomen im allgemeinen demonstrierte hinaus, wenn auch direkte Anschläge auf Personenin letzter Zeit nicht verübt worden sind. Für manche Extremisten war beziehungsweise ist die autonome Szene eine wesentliche Station auf ihrem Wegin eine terroristische Gruppe. Bestimmte Gruppen gehören dem sogenanntenterroristischen Umfeld an; unter ihnen finden sich beispielsweise auch Personen, die Kontakte zu den im Untergrund lebenden Terroristen unterhalten. Über diese Verbindungensind nicht selten Extremisten aus dem "Umfeld" zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Untergrund abgetaucht. Verfassungsschutzbericht 1994 : Teilweise agieren terroristische Gruppen aus unauffälligen Lebenszusammenhängen heraus und ziehensich nur zur Vorbereitung und Durchführung eines Anschlages für kurze Zeit aus ihrem "bürgerlichen" Leben zurück. Das Scheitern des "sozialistischen Experiments" in den Staaten des "sozialistischen Weltsystems" hat auch die Ideologen des linksextremistischen Terrorismus in eine Sinnkrise gestürzt. Sie ist noch nicht behoben, wird aber inzwischen dadurch überdeckt, daß terroristische Gruppen Themenaufgreifen, die früher nicht ihn ihrem Blickfeld lagen (z.B. Asylrechtsproblematik). Das Ende des "realen Sozialismus" hat zumal die revolutionären marxistischen Parteien und Organisationen ideologisch so stark verunsichert, daß sie, auch vorsich selbst, in ihren Überzeugungen und ihrer Glaubwürdigkeit erschüttert sind. Viele mußten deshalb einen Verfall ihrer Organisationsstruktur und einen teilweise drastischen Mitgliederschwund hinnehmen. Obwohl die ideologischen und organisatorischen Probleme in diesen Parteien noch längst nicht bewältigt sind, läßt sich gegenwärtig nach einer Phase des dramatischen Abschwungs eine gewisse Konsolidierung auf entsprechend niedrigem Niveau feststellen. Noch bleiben sie aber überwiegend mit sich selbst beschäftigt. Angesichts ihrer Schwäche wächst aber in ihnen die Bereitschaft zur Kooperation miteinander wie auch das Bestreben (insbesondere orthodox-kommunistischer Gruppen), sich Organisationen mit größerer Breitenwirkung anzuschließen. Trotzkistische Organisationen spielen nach wie vor eine Außenseiterrolle im linksextremistischen Spektrum der Bundesrepublik Deutschland. Sie zählen bundesweit nur einige hundert Mitglieder. Allerdings sind sie nicht ganz erfolglos bei der Unterwanderung anderer - auch demokratischer - Vereinigungen (Entrismus) oder der Gründung von Tarnorganisationen, mit deren Hilfe sie ihre Ideologie zu verbreiten suchen. gegen "Jugend So konnte die "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) für ihre Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE) zeitweise in Europa" einigen Zulauf von jugendlichen "Antifaschisten" aus dem linksextremistischen oder auch dem linken Spektrum erzielen. Jedoch ist die JRE unter den "Antifa"-Gruppen wegen ihres trotzkistischen Hintergrundes inzwischen umstritten. Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremismus in Brandenburg n Im Jahre 1994 hat das Bild, das der Linksextremismus in Brandenburgbietet, sich noch ein Stück weiter dem in den westdeutschen Bundesländern angeglichen. Bei den organisierten wie bei den unorganisierten Personenzusammenschlüssen zeigen sich ähnliche Strukuren; die Themenfelder und die Aktionsformen der Linksextremisten entsprechen denen in anderen Bundesländern. Die jugendliche Gruppengewalt aus dem autonomen Bereich hat 1994 in Brandenburg deutlich zugenommen. Die linksextremi"Kampfstisch motivierten Delikte liegen zahlenmäßig zwar noch erheblich bereitschaft" unter den von Rechtsextremisten verübten Straftaten. Dennoch autonomer muß festgestellt werden, daß die "Kampfbereitschaft" autonomer Kerngruppen Kerngruppen wächst. Gleichwohl haben die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen linksund rechtsextremistisch orientierten Gruppen im Land Brandenburg 1994 zahlenmäßig nicht mehr das hohe Niveau der Vorjahre erreicht, die schon in der zweiten Jahreshälfte 1993 feststellbare rückläufige Tendenz bei diesen Straftaten hat sich 1994 fortgesetzt. Einige autonome "Antifa"-Gruppen haben ihre Militanz etwas zurückgenommen - offenbar auch deshalb, weil dank dem erfolgreichen Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen rechtsextremistische Gruppierungen und Aktionen sich für die Linksextremisten weniger "Reizobjekte" darbieten. Im Jahre 1994 war das Land Brandenburg erneut von einem Terroranschlag mit linksextremistischer Motivation (Sprengstoffattentat auf eine Bundeswehreinrichtung in Bad Freienwalde am 27.Oktober 1994) betroffen. Allerdings gibt es noch keine gesicherten Anhaltspunkte dafür, daß sich im Land Brandenburg eine eigenständigeterroristische Vereinigung gebildet hätte. Die Vernetzung autonomer Gruppen - auch solcher, die den Einsatz terroristischer Mittel akzeptieren - in Brandenburg und über Brandenburg hinaus schreitet jedoch fort. Die im Land Brandenburg existierenden marxistisch-leninistischen Kleinparteien sind auch im Jahre 1994 kaum in Erscheinung getreten. Anarchisten und Trotzkisten spielen in Brandenburg nach wie vor nur eine geringe Rolle. Verfassungsschutzbericht 1994 Autonomeund sonstige o Sozialrevolutionäre in Brandenburg %* Linksextremistisch orientierte Jugendszene Linksextremistisch orientierte oder beeinflußte Gruppierungen bestehen vornehmlich in folgenden Städten Brandenburgs: Angermünde, Bad Freienwalde, Brandenburg an der Havel, Cottbus, Eberswalde, Forst, Frankfurt (Oder), Guben, Potsdam, Rathenow, Schwedt, Senftenberg, Spremberg. Autonome Gruppierungen werden überwiegend durch militante _ nAntifa"-Zirkel Hausbesetzer bzw. gewaltbereite "Antifa"-Zirkel gebildet. Vor allem in Potsdam, Frankfurt (Oder), Rathenow und Brandenburg an der Havel hat sich eine autonome Hausbesetzerszene etabliert. In anderen Städten sammeln sich die autonomen Gruppen um - bestimmte "alternative" Freizeiteinrichtungen (z. B. den "Ostbahnhof" in Eberswalde). Auch "Info-Läden" (z.B. in Potsdam und Guben) dienen als Kommunikationszentren und Anlaufstellen. " " Verschiedene dieser Gruppen bestehen nicht nur aus ortsansässigen Jugendlichen. Sie werden durch zugereiste Autonome, vor allem aus Berlin, aber auch aus anderen Bundesländern, ja selbst aus dem Ausland, ergänzt. Diese meist schon "kampferprobten" Autonomen, zumal aus Berlin und dem Westen Deutschlands, treten oft als tonangebend hervor, vermitteln Kontakte zur bundesweiten autonomen Szene - so etwa zu der besonders militanten "Autonomen Antifa (M)" in Göttingen - und engagieren sich bei der Vorbereitung demonstrativer oder militanter Aktionen. Dominanzansprüche westdeutscher Autonomer sowohl in der jeweiligen lokalen Szeneals auch bei überregionalen bzw. bundesweiten Treffen bleiben jedoch nicht unwidersprochen, führen zum Teil sogar zu Spannungen zwischen einzelnen Gruppierungen. Koordination An bundesweiten oder überregionalen "InfoNord-Brandenburg Läden"und "Vernetzungstreffen" nahmen auch brandenburgische Gruppen teil. Allerdings habensie sich bisher nicht in verbindliche Organisationsstrukturen der Autonomen (etwa in die AA/BO) eingefügt. Auch die von dertrotzkistischen Organisation "Sozialistische Alternative Voran" (SAV) gegründete Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE) konnte in Brandenburg, insbesondere in der Potsdamer Szene, einige Anhänger gewinnen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Berichte, Statements und Tatbekennungen werden hauptsächlich in sporadische der in Berlin herausgegebenen Szenezeitschrift "Interim" veröffentPuhlikauumen licht. Die Verbreitung eigener Publikationen in der brandenburgischen autonomen Szene hat im Laufe des Jahres 1994 nachgelassen. Es erschienen sporadisch die Hefte "Geierwally" in Schwedt und "Büxenöffna" in Potsdam. Weiterhin wurde, in zum Teil lokal abweichenden Versionen, die ZeitWöchentliches Berlin-Info schrift "Atze" als Blatt der brandenburgischen "Edelweiß-Piraten" herausgegeben. Bei den "Edelweiß-Piraten" handelt es sich um nnc y militante"Antifa"-GruppenzunächstinBerlin, Bijfe:öi fra jetzt auch in verschiedenen brandenburgischen x 1 > " Städten, die vor allem den Vertrieb von angeblichen Mn Aller Hokraun, "Nazi-Zeitungen", zum Beispiel der Wochenschrift : "Junge Freiheit", durch Bedrohungen und Sachbeschädigungen zu verhindern suchen. Brandenburgische Gruppen beabsichtigen auch, sich an die bundesweit bestehenden Mailbox-Netze anzuschließen. M %* Linksextremistisch motivierte Gewalttaten Während viele jugendliche Hausbesetzer zu gütlichen Übereinkünf- . - um ten bereit sind, suchen Autonome beim "Kampf um bezahlbaren "Kampf Wohnraum" bewußt die Konfrontation mit Eigentümern & und kombezahlbaren Woh " munalen Behörden. Sie meinen, daß sie dem Staat und der bürgerlichen Gesellschaft gewaltsam "Freiräume" abtrotzen müßten. Am 22. Februar 1994 räumten Polizeikräfte eine seit September 1993 besetzte Villa in der Potsdamer Hegelallee undein seit Mitte Januar besetztes Haus in der Karl-Marx-Straße. Am Folgetag kam es imStadtgebiet von Potsdam daraufhin zu einer Demonstration, die in gewalttätige Ausschreitungen mündete. Demonstrationsteilnehmer griffen massiv Polizeieinsatzkräfte und Polizeitechnik an. An einem Marsch durch die Innenstadt beteiligten sich ca. 200 Personen. Esflogen Steine und Molotowcocktails, zahlreiche Schaufensterscheiben gingen zu Bruch. 77 Personen wurden vorläufig festgenommen. Verfassungsschutzbericht 1994 Am 13. März 1994 entfachten Hausbesetzer in der Potsdamer Gutenbergstraße ein Feuer. Auf die Aufforderung der Polizei, das Feuer zu löschen, reagierten sie mit dem Errichten von Barrikaden und Angriffen aufPolizeibeamte und Einsatzfahrzeuge. 57 Personen wurden vorläufig festgenommen. Polizeikräfte stellten Schlagwerkzeuge und Gasdruckwaffen sicher. Etwa 250 größtenteils zur Hausbesetzerszene gehörende Personen versammelten sich am 26. November 1994 auf dem Platz der Einheit in Potsdam zu einer nichtgenehmigten Demonstration unter den Motti "Gegen Mietwucher" und "Wir wollen unser Grundrecht auf freie Meinungsäußerung nicht verlieren". Wieder flogen Steine auf Polizeikräfte, Dienstund Privat-PKW wurden beschädigt. Vier Personen wurden vorläufig festgenommen. Ein erheblicher Teil linksextremistisch motivierter Gewalttaten ist dem so bezeichneten Aktionsfeld "Antifaschismus" zuzuordnen. So wurden wiederholt Anschläge aufEinrichtungen verübt, die aus Sicht der Autonomen an der Verbreitung "faschistischen" Gedankenguts beteiligt sind. Anläßlich des Jahrestages des Attentats auf Adolf HITLER am 20. Juli 1944 sollte am 30. Juni 1994 in der Buchhandlung "Potsdamer Antiquariat" eine Buchlesung zum Thema"Patrioten gegenHitler - der Weg zum 20. Juli" mit dem Autor Wolfgang VENOHR stattfinden. Zu dieser Lesung kam es jedoch nicht, da am Vorabend zwei Ziegelsteine und eine Ladung Buttersäure das Schaufenster des Ladens durchschlagenhatten und die Veranstaltung daraufhin abgesagt werden mußte. Zu dem Anschlag bekannte sich eine "Autonome Gruppe", die VENOHR vorwarf, in seinen Werken den Nationalsozialismus zu verherrlichen. In der Nacht vom 21. Juli zum 22. Juli 1994 wurde aufeinen Zeitungskiosk in der Innenstadt von Frankfurt (Oder) ein Brandanschlag verübt. In einem Selbstbezichtigungsschreiben bekannte sich eine "Aktionsgruppe Roter Hahn" zu dem Anschlag. Mit der Aktionsgruppe wolle manerreichen, daß "neofaschistische" und "rassistische" Zeitungen, wie die "Junge Freiheit" und die "National-Zeitung", nicht mehr verkauft werden. An Demonstrationen mit dem Themenschwerpunkt "Antifaschismus", auch an solchen, die von demokratischen Organisationen veranstaltet oder mitgetragen worden sind, beteiligten sich Autonome in der erkennbaren Absicht, Ausschreitungen zu beginnen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Für den 29. November 1994 rief die Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE) zu einer Demonstration unter dem Motto "Für den Stopp der Nazizeitung JungeFreiheit" auf dem Platz der Einheit in Potsdam auf. Diese Aktion wurde von verschiedenen linken Gruppierungen und Parteien aus Brandenburg und Berlin unterstützt. Es versammelten sich ungefähr 500 Teilnehmer, unter ihnen befanden sich viele Jugendliche aus Berlin. Einige Demonstranten waren vermummt. Die Veranstaltung nahm einen friedlichen Verlauf, doch kam es im Anschluß an die Demonstration zu Ausschreitungen. Barrikaden wurdenerrichtet; Polizeikräfte, die ein Vordringen der Demonstranten zu den Redaktionsräumen der Wochenzeitung "Junge Freiheit" verhindern wollten, wurden mit Steinen beworfen, wobei sechs Polizisten Verletzungen erlitten. 24 Personen wurden vorläufig festgenommen. Mehrfach kam es 1994 zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen linksund rechtsorientierten Jugendlichen, die Körperverletzungen zur Folge hatten. Diesen Auseinandersetzungen kann nicht in jedem Fall ein ausdrücklich politischer Hintergrund zugesproJugendcliquen chen werden. Denn rivalisierende Jugendcliquen definieren sich selbst mitunter anhand äußerlicher Merkmale als "links" oder "rechts", um Revierkämpfe ideologisch zu überhöhen. Nicht selten wird die ideologische Konfrontation jedoch so weit verinnerlicht, daß extremistisch motivierte, zum Teil planmäßig vorbereitete Aktionen unterstellt werden müssen. Am 20. April 1994 entspann sich auf demParkplatz vor dem Bahnhof in Cottbus eine tätliche Auseinandersetzung. 15 bis 20teilweise vermummte Jugendliche aus der Cottbuser "Antifa"-Szene hatten dort FAP-Mitglieder abgefangen, die aus Berlin anreisten. Sie beschädigten zunächst den PKW einer Person. Später wurden Schlaginstrumente gegen das Fahrzeug undseinen Inhaber eingesetzt, so daß dieser Hämatome und eine Schürfwunde am Kopf davontrug. Weitere Personen wurden mit Reizgas besprüht. Beim Anrücken derPolizei flohen die Jugendlichen. Acht Tatverdächtige der "linken" Szene wurden vorläufig festgenommen. Es wurden ein Messer, zwei Reizgas-Spraydosen und ein Schlagring beschlagnahmt. Gegen eine Person wurde Haftbefehl erlassen. Bei Hausdurchsuchungen, die im Zusammenhang mit dieser Schlägerei erfolgten, wurden unter anderem eine Pistole, ein Funkgerät und Anleitungen zum Herstellen von Benzinbomben und Sprengkörpern gefunden. 73 Verfassungsschutzbericht 1994 Seitdem 1993 das Asylverfahrensrecht geändert wurde, richten sich linksextremistisch motivierte Gewalttaten häufig gegen Parteien - und Politiker, die für die deutsche Asylpolitik verantwortlich gemacht werden, sowie gegen Einrichtungen, die gewinnorientiert an der Betreuung von Asylbewerbern beteiligt sind. Am 13. Dezember 1994 wurde in Brandenburg an der Havel die Fassade des Hotels SORAT mit Farbbeuteln beschädigt. Zuvor gab es in der Szenezeitschrift "Interim" wiederholt Veröffentlichungen, in denen zu Aktionen gegen die SORAT-Hotels aufgerufen worden war. Diese Hotelkette ist Angriffsziel der Autonomen geworden, weil sie für die Unterbringung von Asylbewerbern Mietgeschäfte tätigt. In einer entsprechenden Adressenliste war auch das SORAT-Hotel aufgeführt worden. Der "antikapitalistische Kampf" der Autonomen sucht seine Anschlagsziele bevorzugt bei Großbanken und sonstigen prestigeträchtigen Einrichtungen. Damit will man offenbar auch die wirtschaftliche Umstrukturierung des Landes Brandenburg stören. und Kapital!" ALTGLAS SINNVOLL " VERWENDEN II* Verfassungsschutz durch Aufklärung In der Zeit vom 29. September bis 3. Oktober 1994 fand auf dem Golfplatz Motzen das Internationale Golfturnier "Mercedes German Masters" statt. Um ihren Protest gegen dieses Turnier auszudrücken, zerwühlten unbekannte Täter bereits am 14. September 1994 rund 150 Quadratmeter Rasenfläche und verunreinigten die Anlage mit Öl. Bei dpa Berlin ging ein Bekennerschreiben mit der Unterschrift "Volxsport Bernhard Langer, Autonome" ein. Die Unterzeichner forderten: -"Golfplätze zu Abenteuerspielplätzen", - "Kein Mercedes German Masters", -"Bonzen raus". Bereits am 28. April 1994 hatten unbekannte Täter die Golfanlage in Motzen beschädigt. Mehrere Lochfelder wurden umgegraben, mittels Nitrofarbe wurden Losungen gesprüht, Am14. Juli 1994 versuchten unbekannte Täter, eine Filiale der Deutschen Bank in Eberswalde/ + Finow in Brand zu setzen. Dabei zerbarst eine Fensterscheibe, die Außenfassade des Gebäudes wurde durch Rauchentwicklung beschädigt. In der autonomen Szene begegnet der RAFTerrorismus unverhohlener Sympathie, sei es aus Bes ed einerunreflektiertenProtesthaltungheraus,seies TER $2 } aufGrund intensiverer Beschäftigung mit der ß if Geschichte,denZielenundMethodenderRAF. rstand hei t Angri | Diese Sympathie bekundet sich provokant unter : anderem in Schmierereien. Unbekannte Täter besprühten Anfang Mai 1994 im Stadtgebiet von Eberswalde verschiedene Gebäude(ein Firmengebäude, einen Jugendclub, ein ehemaliges Kino) "Widerstand heißt mit RAF-Parolen wie: Angriffl" - "RAF Dich auf", darunter ein fünfzackiger Stern mit einer Maschinenpistole, -"RAF", darunter ebenfalls ein fünfzackiger Stern mit Maschinenpistole und die Aufschrift "Der Staat... zeigt seine Zähne, doch wir sorgen für Zahnausfall. Schlagt den Staat, woihr ihn trefft!", - "RAF ist nicht Chaos, sondern Herrschaft". Zunehmende Bedeutung gewannen im Jahr 1994 linksextremistische Aktionen, bei denen die Kurdenproblematik aus der Sicht der PKK thematisiert wurde. Insbesondere in Brandenburg an der Havel und Rathenowfanden entsprechende Plakataktionen statt. Das spektakulärste Ereignis dieser Art war 1994 ein Sprengstoffan- 5 schlag auf eine Bundeswehreinrichtung in Bad Freienwalde. 75 Verfassungsschutzbericht 1994 %" Anarchisten Traditionelle anarchistische Gruppen haben sich auch 1994 in Brandenburg kaum etablieren können. Lediglich die anarchosyndikalistische "Freie Arbeiterinnenund ArbeiterUnion" (FAU-IAA) konnte im Lande vereinzelt Anhänger gewinnen. Sie ist die deutsche Sektion der "Internationalen Arbeiter Assoziation". Ihr Ziel: mit dem Instrument einer revolutionären Gewerkschaft den Kapitalismus in ökonomischen Auseinandersetzungen zu bekämpfen und die Staatsorganisation zu zerschlagen. Tatsächlich ist sie ohne Einfluß. Sie besteht bundesweit aus verschiedenen Kleingruppen, die insgesamt weniger als 200 Mitglieder zählen. Linksextremistischer Terrorismus d "Rote Armee Fraktion" (RAF) Die "Rote Armee Fraktion" (RAF) konnte in der autonomen Szene Brandenburgsbislang kein überragendes Interesse an ihrer eher "westspezifischen" Problematik wecken. Es gibt jedoch auch in Brandenburg Anhaltspunkte dafür, daß Kontakte zum Umfeld der RAF in Westdeutschland bestehen. Sympathisanten hat die RAFin Brandenburg vor allem im autonomen Spektrum. Die RAF verstand sich ursprünglich im Kern als "Guerilla"Organisation, die ihren bewaffneten Kampfaus dem Untergrund führt. Nach ihrer Selbsteinschätzung warsie Teil der revolutionären Weltbewegung undhatte in Deutschland die Rolle einer revolutionären Avantgarde übernommen. Ihre Mordanschläge galten Repräsentanten des "militärisch-industriellen Komplexes", aber auch Vertretern des "Repressionsapparates", das heißt der Justizund Sicherheitsbehörden; damit sollte unter anderem den Forderungen nach Freilassung inhaftierter RAF-Angehöriger Nachdruck verliehen werden. Ebenso wie andere linksextremistische Vereinigungen befindet sich die RAFbereits seit Jahren in einem Prozeß der Neubestimmung. In ihren Erklärungen aus dem Jahre 1992 stellten die Kommandoebene und ein Teil der Gefangenen der RAF eine Zurücknahme der Eskalation in Aussicht, wenn im Gegenzug die Inhaftierten der RAF freigelassen würden; diese Erklärungen korrespondierten mit der sogenannten "Kinkel-Initiative" staatlicher Stellen, der ihrerseits die Überlegung zugrundelag, daß Inhaftierte aus der RAF - Verfassungsschutz durch Aufklärung im Rahmen der strafprozessualen Möglichkeiten - Hafterleichterungen erhalten oder vorzeitig entlassen werden könnten. Außerdem wurden aus dem Bereich der RAF der gesamten "Linken", von der sich die RAF durch ihren Avantgardeanspruch ein Stück weit isoliert hatte, unter dem Stichwort "Aufbau einer Gegenmacht von unten" Diskussionsangebote unterbreitet. Nach dem Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt (Hessen) und noch einmal nach der Festnahmeaktion in Bad Kleinen (Mecklenburg-Vorpommern) im Jahre 1993 wurde die Frage nach einer Neuorientierung innerhalb der RAF und ihres Umfeldes immer drängender gestellt. Der seit langem schwelende Konflikt zwischen dem Teil der Inhaftierten, die als "Aufbaueiner "Hardliner" bezeichnet werden können, einerseits und den übrigen Gegenmacht Inhaftierten sowie den Mitgliedern der Kommandoebene anderervon unten" seits wird inzwischen offen ausgetragen. Vor allem seit die letztgenannte Fraktion die bisherige Strategie des bewaffneten Kampfes für gescheitert erklärt hat, scheint der Bruch innerhalb des "RAFKollektivs" unheilbar. Der Verlauf und der Ausgang des weiteren Diskussionsund Differenzierungsprozesses innerhalb der RAFund ihres Umfeldes sind noch nicht endgültig abzusehen. Derzeit erweisen sich die Handlungsmöglichkeiten der RAF cherals eingeschränkt. Mit den seit 1994 erfolgten Entlassungen weiterer RAF-Inhaflierter, insbesondere sogenannter Langzeitgefangener, und auch wegen der Aussicht auf weitere Entlassungen wird eine Entspannung der Gefährdungssituation greifbar, die von der RAF geschaffen wurde. Ausihr und ihrem Umfeld können sich jedoch neue Terrorgruppen mit modifizierten Konzepten formieren. MM "Revolutionäre Zellen/Rote Zora""(RZ) Die "Revolutionären Zellen" sind konspirative, jedoch nicht im Untergrundagierende terroristische Kleingruppen, die in gesellRevolutionäre schaftspolitische Auseinandersetzungen mit Anschlägen eingreifen Zellen/Rote Zora wollen. Sie bezeichnen sich als sozialrevolutionär und antiimperialistisch. Seit Anfang der 70er Jahre sind sie insbesondere mit schweren Sprengstoffund Brandanschlägen immer wieder in Erscheinung getreten, die jedoch - im Gegensatz zur Strategie der RAF - in erster Linie auf Sachschäden abzielten, im Einzelfall aber auch Personen verletzten, wenn auch ohne Mordabsicht. Zu den "RevoVerfassungsschutzbericht 1994 lutionären Zellen" gehören auch Frauengruppen, die unter der Bezeichnung "Rote Zora" selbständig Anschläge, meist mit feministischer Ausrichtung, verüben. Nach dem Zusammenbruch des "realen Sozialismus" ist zwischen den verschiedenen "Revolutionären Zellen" ein Meinungsstreit über die künftige Zielsetzung und die Methoden revolutionärer Politik aufgebrochen. Mindestens eine "Revolutionäre Zelle" hat sich seitdem aufgelöst. Unterdessen sind jedoch auch "Nachahmer"oder "Resonanz-RZ" entstanden, die nicht in das ursprüngliche Gefüge der RZ eingebunden sind. Im Land Brandenburg war 1994 keine Aktivität aus dem Bereich der "Revolutionären Zellen" belegbar. Allerdings besteht seit dem Sprengstoffanschlag vom Oktober 1993 auf das Grenzschutzamt in Frankfurt (Oder) nach wie vor der Verdacht, daß Personen aus dem RZ-Bereich Verbindungen zu Linksextremisten in Brandenburg aufgenommen haben. Aktiv wurde die "Rote Zora" im Juni 1994 in Thüringen und Bayern. Dort verübte eine ihrer Gruppen Sprengstoffund Brandanschläge auf eine Lebensmittelfirma, die Asylbewerberunterkünfte mit Lebensmitteln beliefert und damit nach Ansicht der Täterinnen vom Elend der Flüchtlinge profitiert. "Antiimperialistische Widerstandszelle' (AIZ) Die "Antiimperialistische Widerstandszelle" ist seit dem Jahre 1992 als neue Gruppierung an die Öffentlichkeit getreten. Nach zunächst anonymen Aktivitäten meldete sie sich im August 1993 mit einem mehrseitigen Positionspapier zu Wort. Darin bezeichnete sie sich als "Antiimperialistische Widerstandszelle Nadia Shehadah" (palästinensische Terroristin, die an der Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" von Mallorca nach Mogadischu/ Somalia am 13. Oktober 1977 beteiligt war). Die AIZ bekennt sich in diesem Schreiben und nachfolgenden Erklärungen (nunmehr ohne Namenszusatz) zu den früheren Konzepten der RAF. Sie befürwortet den bewaffneten Kampf gegen die "herrschenden Eliten" und hält es für einen Fehler, daß die RAF Anschläge gegen Personen ausgesetzt hat. Mit ihren Aktivitäten will sie nach eigenem Bekunden dazu beitragen, daß sich der militante Widerstand in der Bundesrepublik Deutschland intensiviert. Direkte Bezüge der AIZ nach Brandenburg waren bisher nicht feststellbar. Allerdings muß an dieser Stelle folgender Vorfall erwähnt werden: Verfassungsschutz durch Aufklärung Am 27. Oktober 1994 gegen 3.30 Uhr detonierte auf dem Gelände einer ehemaligen Bundeswehreinrichtung in Bad Freienwalde ein Sprengsatz. Durch den Druck zerbarsten in den umliegenden Häusern Fensterscheiben. Es brach ein Feuer aus. Der Sachschaden beläuft sich auf etwa 200.000 DM. In der Nähe des Tatorts wurde ein mit einem fünfzackigen Stern und der Bezeichnung "DAS K.O.M. .E." unterzeichnetes Bekennerschreiben gefunden. Zwei textidentische Schreiben gingen auf dem Postwege bei dpa und der "Märkischen Oderzeitung" ein. Unter der Unterschrift "Deutschland ist Kriegspartei im Völkermord gegen Kurdistan - militärisch, ökonomisch, politisch" werden in detaillierten, mit Statistiken untersetzten Ausführungen die Bundesregierung und die Bundeswehr bezichtigt, die türkische Regierung im Kampf'gegen die kurdische Bevölkerung zu unterstützen. Tatverdächtige konnten bisher nicht ermittelt werden. Möglicherweise stammen sie nicht aus dem Land Brandenburg. In der Argumentation des Bekennerschreibens sind Übereinstimmungen zu Texten der AIZ auffällig. Das läßt die Vermutung zu, daß sich die Tätergruppe zumindest mit den Äußerungen der AIZ befaßt hat und ihr ideologisch nahesteht. Am 5. Juni 1994 verübte die AIZ einen Brandanschlag auf die Brandanschlag CDU-Kreisgeschäftsstelle in Düsseldorf, am 26. September 1994 einen - glücklicherweise mißlungenen - Bombenanschlag auf das Büro des Bremer FDP-Landesvorstandes. Die ersten Gewalttaten der AIZ richteten ausschließlich Sachschäden an. Einige könnte man sogar eher als demonstrative Aktion denn als Anschlag bezeichnen (so das Abbrennen von Sägemehl vor dem ehemaligen Wohnhaus eines GSG-9-Beamten in Solingen im August 1993). Der versuchte Bombenanschlag auf das FDPBüro in Bremen,durch denallerdings - im Gegensatz zur von der Bombenanschlag RAF geübten Praxis - Unbeteiligte in höchstem Maße gefährdet wurden, bildete hier zunächst eine Ausnahme. Es bleibt abzuwarten, ob sich die AIZ zu einer terroristischen Vereinigung vom Schlage der RAF oder der RZ entwickeln will beziehungsweise tatsächlich entwickeln wird. Die Gefährlichkeit der Gruppeist keineswegs zu unterschätzen; das beweisen die Anschläge, bei denen Personenschäden zumindest billigend in Kauf genommen worden sind. In Anbetracht des symbolischen Charakters eines Teils ihrer Anschlägescheint die Absicht der Gruppe möglicherweise darin zu liegen, die Meinungsbildung in der linksextremistischen Szene zu beeinflussen und zumindest auf der politisch-ideologischen Ebene den von der RAF aufgegebenen Führungsanspruch zu übernehmen. Die Resonanz in der Szeneist bis jetzt jedoch eher verhalten. MM 79 Verfassungsschutzbericht 1994 ed) Marxistisch-leninistische Parteien und ihre Nebenorganisationen im Land Brandenburg "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) Die DKPist bislang im Land Brandenburg nur durch vereinzelte Mitglieder vertreten. Von ihnen gehen keine spürbaren Aktivitäten aus. An der Bundestagswahl 1994 beteiligte sich die DKP nicht mit einem eigenen Wahlvorschlag. Allen politischen Veränderungen zum Trotz hält die DKP weiter an ihrer marxistisch-leninistischen, revolutionären Zielsetzung fest. Innerparteiliche Richtungskämpfe haben die zunächst gemeinsame Bezirksorganisation Berlin-Brandenburg empfindlich getroffen. Auf Grundideologischer Differenzen ist sie 1993 in drei Organisationseinheiten zerfallen: Bezirksorganisation Berlin-West; Bezirksorganisation Berlin-Ost; brandenburgische Mitglieder, die sich direkt der Parteizentrale in Essen unterstellt haben. Durch diese internen Auseinandersetzungen und zugleich durch Versuche, die Organisation zu stabilisieren und ihre Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen, sind = ] die Kräfte der DKP weitgehend ot 13 gebunden. Die schwere Krise,in die die DKP durch den Zusamlag [ menbruchdesSED-Regimes gestürzt worden war, ist also als eine beileibe nicht bewältigt. Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) ist die Jugendorganisation der DKP. Der größte Teil ihrer Mitglieder (bundesweit über 300) ist in Nordrhein-Westfalen organisiert, in einigen anderen Bundesländern existieren Kleingruppen. Zwar hat sich Anfang 1991 eine SDAJ-Gruppe Berlin-Brandenburg gebildet, nennenswerte Aktivitäten waren jedoch bis heute nicht zu bemerken. Verfassungsschutz durch Aufklärung "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) Die KPD vereint rund 200 Mitglieder in den ostdeutschen BundesKi istisch ländern, davon in Brandenburg etwa 40. Sie beteiligte sich an den Pariei Bundestagswahlen 1994 (außerhalb Brandenburgs) mit zwei D Aland Direktkandidaten. Ihr in Frankfurt (Oder) ansässiger Vorsitzender erreichte dabei in Erfurt 160 Stimmen. Zur brandenburgischen Landtagswahl am 11. September 1994 trat die KPD mit einem Direktkandidaten im Wahlkreis Frankfurt (Oder) an und erzielte 174 Stimmen (0,59 % im Wahlkreis). Die am 31. Januar 1990 noch in der DDR gegründete KPD versteht sich als Nachfolgerin der 1919 an eben diesem Datum entstandenen Partei Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts. Zudem betont Thälmannsche sie die Thälmannsche Traditionslinie innerhalb der einstigen KPD. Traditionslinie Die KPD erstrebt als Etappenziel den Zusammenschluß aller kommunistisch orientierten Kräfte in Deutschland in einer einheitlichen Partei. Zu diesem Zweck unterhält sie Kontakte zu anderen marxistischen Gruppen, insbesondere zur DKP und zum "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB). Auf Grund ideologischer Differenzen und wegen mangelnder Bündnisfähigkeit ist dieses Vorhaben bisher gescheitert. ZurZeit ist die KPDselbst von inneren Auseinandersetzungen um Personen und Konzepte zerrissen, die gegnerischen Fraktionen beanspruchen je für sich, die wahre KPD zurepräsentieren. Als Partei ist die KPD gegenwärtig nahezu handlungsunfähig. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die MLPD hatihre Anstrengungen,in den ostdeutschen Ländern Marristiech(r) Organisationseinheiten aufzubauen, auch 1994 fortgesetzt. Leninistisch MLPD-Gruppen in Westdeutschland haben "Patenschaften" für Pe ostdeutsche Städte übernommen und betreuen dort entstandene Deutschl N Initiativgruppen. Außerdem haben erfahrene MLPD-Kader auf Weisung der Parteiführung ihren Wohnsitz in ostdeutsche Bundesländer, so auch nach Brandenburg,verlegt, um dort werbend für die MLPD tätig zu werden. Dennoch habensich in Brandenburg nur wenige Ortsgruppen, vornehmlich an den wichtigsten Standorten der Stahlindustrie, stabilisiert. Zur Bundestagswahl 1994 trat die MLPD auch in Brandenburg mit einer Landesliste an, für die 399 Stimmen abgegeben wurden (0,03 %). An der brandenburgischen Landtagswahl nahm die MLPDnicht teil. 31 Verfassungsschutzbericht 1994 " Die 1982 aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands hervorgegangene MLPD beruft sich nicht nur auf die Lehren von Marx, Engels und Lenin, sondern auch auf die von Stalin und Mao Zedong. Deshalb ist sie im Spektrum der kommunistischen Parteien relativ isoliert. Bundesweit vereint sie in ihren Reihen rund Jugend2.000 Mitglieder. organisation "Rebell" Die MLPD-Jugendorganisation "Rebell" trat in Brandenburg erstmals 1994 in Erscheinung und konnte einzelne Mitglieder gewinnen. Trotzkisten Trotzkisten und sonstige marxistische Revolutionäre spielen in Trotzkisten Brandenburgbisher keine Rolle. So gibt es keine Anzeichen dafür, daß etwa die "Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands" (SpAD) oder die "Revolutionären Kommunisten" (RK), die sich zumTeil in anderen ostdeutschen Bundesländern bemerkbar machten, hier aktiv geworden sind. "Vereinigte Lediglich die "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) ist mit Sozialistische Einzelmitgliedern in Brandenburg vertreten. Partei" Die "Sozialistische Alternative VORAN" (SAV) konnte einige Jugendliche aus den Kreisen der autonomen Antifa für ihre Organisation "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE) gewinnen. 5 Ausblick Wenngleich die Hausbesetzerszene keineswegs insgesamt als extremistisch zu bewerten ist, so bildet sie doch den Nährboden | ie Verfassungsschutz durch Aufklärung und Rückzugsraum autonomer Gruppen. Eine große Verantwortung kommt in diesem Zusammenhang den zuständigen kommunalen Behörden zu, die durch abgewogenes Handeln und eine gebührende Berücksichtigung jugendund sozialpolitischer Gesichtspunkte die Hausbesetzerproblematik entschärfen können. Damit steuern sie einem Hineingleiten von Jugendlichen, die sich selbst als "links" verstehen, in autonome Strukturen entgegen. Hausbesetzerszene in Potsdam Dennoch muß damit gerechnet werden, daß autonome Kerngruppen sich verfestigen, ideologisch schärfere Konturen gewinnen und mit gezielterem Einsatz militant vorgehen. Die Steigerung der linksextremistisch motivierten Straftaten im Jahr 1994 läßt eine solche Entwicklung befürchten. 83 Verfassungsschutzbericht 1994 Zwar haben 1994 die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen linksund rechtsextremistischen Aktionsgruppen abgenommen. Beachtenswert aber bleibt, daß Anschläge auf Personen und Einrichtungen, vor allem gegen vermeintliche oder tatsächliche Führungsfiguren des neonazistischen Spektrums, immer planmäßiger vorbereitet werden. Ob die bundesweite Vernetzung von "Antifa"-Gruppen diesen Prozeß erheblich vorantreibt, kann noch nicht vorausgesagt werden. Die hochkomplexe, widersprüchliche Realität der modernen Gesellschaft wird den Autonomen auch künftig hinreichend Anlaß geben, Themen der Auseinandersetzung und Kampffelder abzustecken. Speziell für Brandenburg wird zusätzlich die Funktion Berlins als Hauptstadt und europäische Metropole eine Rolle spielen. Denn Berliner wie Brandenburger autonome Gruppen sehen darin einen aktionsträchtigen Konfliktstoff. Beachtenswertist, daß sich autonome Gruppen - obwohl die autonome Bewegung Theoriebildungen ursprünglich ablehnte - in theoretischen Diskussionen engagieren und über entsprechende Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesprächsebenen Organisationsansätze suchen. Die Gefahren, die der linksextremistische Terrorismus heraufbeschwört, sind gegenwärtig schwer abzuschätzen. Ob die RAF sich noch einmal regeneGefahrendes riert, ist eher zweifelhaft. Derzeit stellt die AIZ eine Bedrohung linksisch dar, die ernst genommen werden muß. Angesichts der offenen Diskussionsprozesse und Umschichtungen im linksextremistiTerrorismus schen, vor allem terrorismusnahen Spektrum ist noch nicht erkennbar, wie sich dieses Feld strukturieren wird. Die linksextremistischen Parteien marxistischer Prägung verfolgen programmatische Ziele, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, daß sie in aggressiv-kämpferischer Weise oder gar mit Gewalt gegen die bestehende Verfassungsund Rechtsordnung vorgehen wollen. Verfassungsschutzbericht 1994 Übersicht in Zahlen Mitgliederzahlen (z.T. geschätzt)* Bundesrepublik Deutschland Brandenburg 1993 1994 1993 1994 Autonome über 5.000 gleichbleibend 300 350 Anarchiste) wenige gleichbleibend Einzel30 Hundert personen DKP 6.000 abnehmend 30 40 SDAJ 400 gleichbleibend EinzelEinzelpersonen personen 200 gleichbleibend 40 40 MLPD 2.000 steigend 40 40 vsp 270 abnehmend EinzelEinzelpersonen personen *Da das Bundesministerium des Innern für 1994 noch keine Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen und Personenzusammenschlüsse veröffentlicht hat, werden, als Vergleich zu den in Brandenburg für 1994 ermittelten Zahlen, im Blick aufdie gesamte Bundesrepublik Deutschland die Zahlen für 1993 und deren absehbare Modifikation für 1994 in Form von Trendangaben aufgeführt. Verfassungsschutz durch Aufklärung Linksextremistische Straftaten* Delikte 1993 1994 Körperverletzung 8 16 Brandstiftung 3 5 Landfriedensbruch, Hausfriedensbruch, 16 23 Störung desöffentlichen Friedens Sachbeschädigung 43 137 sonstige 36 35 gesamt 106 216 *Die vorgelegte Statistik beruht auf Zahlenangaben des Landeskriminalamtes Brandenburg. Die Verfassungsschutzabteilung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg führt keine eigene Straftatenstatistik. Verfassungsschutzbericht 1994 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen C von Ausländern (c) Allgemeines Unter den Organisationen, die Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland aus ihren jeweiligen Heimatländern mitgebracht oder hier neu gegründet haben, sind bald auch solche in Erscheinung getreten, die die Verwirklichung ihrer Programme mit undemokratischen Mitteln betreiben. Sie streben danach, die politischen Konflikte in ihren Herkunftsgebieten auch dadurch zu lösen, daß sie in Deutschland mit aggressiv-kämpferischer Propaganda ihre Vorstellungen verfechten und Gewalt gegen ihre Gegner Propaganda anwenden. Ihre Ziele und Aktionen bringen sie in Konflikt mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und mit auswärtigen Belangen der Bundesrepublik Deutschland. In Deutschland sind tätig 02 linksextremistische Organisationen, die den Status quo in ihren Heimatländern durch gewaltsamen Umsturz beseitigen wollen, um einen sozialistischen Staat marxistischer Prägung zu errichten; > extrem-nationalistische Vereinigungen, die einem aggressiven, übersteigerten Nationalismus das Wort reden; > islamistische Gruppierungen, die ein autoritäres theokratisches Staatswesen erzwingen wollen. Einige dieser extremistischen Gruppierungen gehen in Verbindung mit Regierungsstellen ihrer Länder gegen Landsleute im Ausland, vor allem Regimegegner, repressiv oder gar terroristisch vor. (c) Sicherheitslage im Land Brandenburg Im Land Brandenburg, wie in den anderen ostdeutschen Bundesländern, entfalteten ausländische Extremisten auch im Jahre 1994 keine Aktivitäten von Bedeutung. Dennfeste, kontinuierliche Organisationsstrukturen haben sich bisher nicht herausgebildet. Verfassungsschutz durch Aufklärung Der Anteil von Ausländern an der brandenburgischen Bevölkerung ist nach wie vor gering, und in dieser Bevölkerungsgruppe bildet die verschwindende Minderheit von Angehörigen und Sympathi- - santen extremistischer Gruppierungen keine ausreichende Grundlage für eine kontinuierliche Betätigung solcher Organisationen. Gleichwohl haben diese damit begonnen, ihre Aktivitäten auf das Landesgebiet auszudehnen. Allerdings wird das Land Brandenburg als Umfeld Berlins, als Transitgebiet und - durch den auf seinem Territorium gelegenen Flughafen Berlin-Schönefeld - als Schaltstelle des internationalen Verkehrs auch von Sicherheitsproblemen berührt, die nicht in Brandenburg selbst enstehen.M o Palästinensische Organisationen Mancheder Personen, die auf Grund der engen Kontakte der DDRRegierung zu militanten palästinensischen Organisationen und zu arabischen Staaten, darunter Libyen und Algerien, schon vor Jahren in Brandenburg ansässig geworden sind, neigen dazu, auch heute noch alte Verbindungen sicherheitsgefährdender Art aufrechtzuerhalten oder neue einzugehen. Einreisende arabische Extremisten könnten bei Aktionsplanungen aufdiese Verbindungen zurückgreifen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Kontakte zu Gruppierungen der sogenannten Ablehnungsfront, die den derzeitigen Verhandlungsprozeß zwischen der "Palästinensischen BefreiungsorganisatiPLO on" (PLO) und Israel mit terroristischen Mitteln zu untergraben suchen. Dasbetrifft insbesondere die Abu-Nidal-Organisation (ANO), die sich 1973 von der durch Yassir Arafat geführten FATAH abgespalten hatte, die "Islamische Widerstandsbewegung" (HAMAS), die HAMAS mit dem Beginnder palästinensischen Intifada Ende 1987 auf den Plan getreten war, und die 1982 im Libanon entstandene [727 " schiitisch-extremistische Terrororganisation "Hizb Allah" (Partei Gottes). Verfassungsschutzbericht 1994 eo Türken und Kurden Seitdem sich türkische und kurdische Geschäftsleute in Brandenburg niedergelassen haben, besteht die Gefahr, daß sie von Spendengelderpressern heimgesucht werden. Diese Form der kriminellen Beschaffung von Finanzmitteln wird seit langem von der türkischen "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) und der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) praktiziert. Beide sind in Deutschland verboten (Devrimci Sol seit 1983, PKK mitsamt ihren wichtigsten Teilorganisationen seit 1993), aber dennoch nicht verschwunden. In der revolutionär-marxistischen "Devrimci Sol" findet zwischen zwei verfeindeten Flügeln nach wie vorein erbitterter, gewalttätig ausgetragener Machtkampf statt, der sich 1992 an der Person des langjährigen Führers Dursun KARATAS entzündet hat. Beide Flügel beschaffen sich ihr Geld mit kriminellen MitAls er diese Fahne plakatierte, teln. yiultde er von der deutschen Polizei ermordet! Die PKK, eine marxistischleninistische Kaderpartei, Ala qu pel dide danakeve! Berg Eielasalnnrg stimmung für die Kurden erkämpfen. Trotz ihres Verbots hat sie zum kurdischen Neujahrsfest im März 1994 eine Welle militanter Aktionen ausgelöst. Dazu gehörte eine Autobahnblockade auf Brandenburger Territorium: Am 22. März sperrten etwa 150 Kurden beide Richtungsfahrbahnen der BAB 115 in Höhe Dreilinden, nahe Potsdam, mit brennenden Autoreifen und mit ihren Fahrzeugen. Die Polizei räumte die Blockade, als die Demonstranten den ausgesprochenen Platzverweisen nicht nachkamen, und nahm rund 100 Personen in Gewahrsam. Weitaus die meisten waren aus Berlin gekommen. Gegen50 Personen, darunter zwei Asylbewerber aus Waßmannsdorf bei Königs Wusterhausen, wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Nötigung eingeleitet. Drei waren von Berlin zur Fahndung ausgeschrieben und wurdendort in Haft genommen. Verfassungsschutz durch Aufklärung Im Land Brandenburg verfügt die PKK, soweit erkennbar, bislang über keine eigenen Organisationsstrukturen. Daher ist sie vorerst bemüht, vorhandene Anlaufpunkte und Personenzusammenhänge für organisierte politische Arbeit und Geldbeschaffung zu nutzen. Aufsolchem Wege haben auch Propagandamaterialien der PKK mittlerweile Brandenburgerreicht. Nach einer Polizeiaktion gegen Plakatierer am 30. Juni 1994 in Hannover,bei der ein 15jähriger Kurde ums Leben kam, tauchte in Brandenburg an der Havel ein aufdiesen Anlaß bezogenes Plakat der "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK), einerinternationalen Teilorganisation der PKK, erst vereinzelt, dann in größerer Mengeauf. Hier hat sich vermutlich ein örtlicher linksextremistischer (autonomer) Unterstützerkreis für sie betätigt. Die Trauerveranstaltungen für Halim DENER in Hannover hatten bundesweite Resonanz in der linksextremistischen Szene gefunden. Im Blick auf die Unterstützung für die PKK sei auch an den Sprengstoff Sprengstoffanschlag am 27. Oktober 1994 in Bad Freienwalde anschlag erinnert; er belegt hinreichend, daß Linksextremisten die politi- . a schen Anliegen der PKK aufgreifen. de) Iraner Von den in Deutschland tätigen iranischen Extremisten, den regimetreuen Islamisten und den Gegnern der im Iran bestehenden Theokratie sind bisher nur letztere in Brandenburg aktiv geworden. In verschiedenen Städten traten Spendensammler der "Flüchtlingshilfe Iran e.V." (FHI) in Erscheinung.Dieser öffentlich-caritative Verein ist eine Zweigorganisation der gewaltbereiten "Iranischen "Eli Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland lraneV." e.V." (IMSV); diese wiederum vertritt in Deutschland die Interessen einer militanten iranischen Oppositionsbewegung,der islamisch, zugleich aber auch marxistisch-leninistisch orientierten "Volksmodjahedin Iran" (PMOI). Deutsche Ordnungsämter haben vielfach unkorrekte Sammelpraktiken beklagt; auch ist der Verdacht der zweckwidrigen Verwendung der gesammelten Gelder zugunsten der PMOI und ihres bewaffneten Arms nicht ausgeräumt. Verfassungsschutzbericht 1994 & Ausblick Die Tätigkeit extremistischer Ausländerorganisationen in Brandenburg beschränkt sich derzeit noch auf Einzelaktionen, die ihren Ausgangspunkt in der Regel außerhalb des Landesgebietes haben. Oft sind diese eine Reaktion aufdie politische Entwicklung im Situation Herkunftsgebiet der Extremisten. So birgt die labile Situation im und imNahen Nahen und Mittleren Osten für die Sicherheitslage in Deutschland MittlerenOsten auch weiterhin Gefahren, die sich kurzfristig zuspitzen können. So gefährlich kann Schutzgelderpressung "enden. aus Ein Foto Berlin. In Brandenburg s e gab solcheBilder nochnicht. Wenndie ausländische Wohnbevölkerung in Brandenburg allmählich wächst, wird auch die Zahl der Mitglieder und Sympathisanten extremistischer Organisationen zunehmen. Auch ist es möglicherweise nur eine Frage der Zeit, bis finanzkräftige und expansionsfreudige Organisationen, die den in ihren Heimatländern wachsenden politischen Machtanspruch des Islam auch in Deutschland militant zu fördern suchen, auf brandenburgischem Territorium Fuß fassen. 92 Verfassungsschutz durch Aufklärung IV Spionageabwehr Übersicht 1 Im Jahre 1994 konzentrierte sich die Arbeit der Spionageabwehr auf die Klärung von Sachverhalten über mutmaßliche Aktivitäten der Nachrichtendienste der GUS. Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld bestand in der Aufarbeitung von Informationen zu den Nachrichtendiensten des Nahen und Mittleren Ostens. Ziel der festgestellten Ausspähungsbemühungen war vor allem die Beschaffung von Informationen in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. In Zusammenarbeit mit den anderen Verfassungsschutzbehörden wurde die Aufarbeitung von Erkenntnissen über die Spionagetätigkeit des früheren Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) und vornehmlich dessen Hauptabteilung Aufklärung (HVA) fortgesetzt. Aufarbeitung Dadurch wurden mehrere frühere Agenten enttarnt und die Einleitung von Ermittlungsverfahren ermöglicht. Die personelle und materielle Ausstattung des Referates Spionageabwehr wurde im Berichtszeitraum fortgesetzt und soll bis Ende 1995 im wesentlichen abgeschlossen sein. Östliche Nachrichtendienste 2 Wegen des fortbestehenden Veränderungsprozesses in Osteuropa sind derzeit die Nachrichtendienste der entsprechenden Staaten in erster Linie in die Bewältigung der dortigen vielschichtigen innerstaatlichen Aufgaben eingebunden. Das bedeutet allerdings nicht Veränderungsden völligen Verzicht auf Auslandsaufklärung. Hier hat sich der Trend fortgesetzt, offenbar auspolitischer Rücksichtnahme zurückhaltender zu operieren. Augenscheinlich werden Maßnahmen der Informationsbeschaffung differenzierter abgewogen. Außenpolitische Konflikte oder Verwicklungen sollen möglichst vermieden werden. So gewinnt die sogenannte offene Gesprächsabschöpfung Gesprächsvon Personen zu interessierenden Sachthemen zunehmend an abschöpfung Bedeutung. Verfassungsschutzbericht 1994 Die stärksten Aufklärungsintentionen unter den osteuropäischen Nachrichtendiensten dürften von denen der Russischen Föderation ausgehen. Sie beziehen sich insbesondere auf den Wirtschafts- , Wissenschaftsund Forschungsbereich, um auf diese Weise die eigenen bestehenden Defizite auszufüllen und auch auf diesen Gebieten ihre Leistungsfähigkeit zu steigern. Bedeutsam ist auch weiterhin die Erlangung politischer Informationen aus westlichen Ländern, vor allem über deren politische Haltung gegenüber der Entwicklung in den GUSund anderen osteuropäischen Staaten. So konnte in Erfahrung gebracht werden, daß frühere - eher privat angelegte - Kontakte von ehemaligen KGB-Offizieren in Ostdeutschland erneuert werden, um diese als nachrichtendienstliche Basis zu nutzen. Durch die endgültige Rückverlegung der GUSStreitkräfte aus Ostdeutschland ist zweifelsohne auch das nachrichtendienstliche Personal abgezogen worden. Soist zu erwarten, daß für diese "verlorenen" Zugänge ein Ausgleich geschaffen werden soll. Schließlich hat die Verfassungsschutzbehörde Brandenburg Informationen erhalten, die auf strukturelle und personelle Verbindungslinien zwischen der früheren nachrichtendienstlichen Tätigkeit und dem Feld der Organisierten Kriminalität hindeuten. MM Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens 3 Die Ausforschungstätigkeit der Nachrichtendienste dieser Länder zielt auf die Gewinnung von Informationen aus dem politischen und wirtschaftlichen Gebiet. Starkes Interesse besteht an Erkenntnissen aus dem militärischen Bereich. Ein hoher Stellenwert wird dabei der illegalen Beschaffung von Wissen und Material zum Ausund Aufbau des Rüstungssektors beigemessen. Mit Blick auf die zunehmende wirtschaftliche und technologische Bedeutung der Region Berlin-Brandenburg werden die nachrichtendienstlichen Aktivitäten zunehmen. So wird die Verfassungsschutzbehörde Brandenburg in ihrem Zuständigkeitsbereich ihre Anstrengungen verstärken, dem entgegenzuwirken. Des öfteren gründen solche Nachrichtendienste Unternehmen oderbeteiligen sich an diesen, um sie als Plattform für ihre Beschaffungsbemühungen zu nutzen. 94 Verfassungsschutz durch Aufklärung Ausblick < Insgesamt ist die Bedrohungslage durch die Nachrichtendienste osteuropäischer Staaten weiter rückläufig. Allerdings ist nicht zu = lich R erwarten, daß alle Nachrichtendienste Osteuropas ihre Auslandstätigkeit einstellen werden. Demgegenüber dürften die Aktivitäten der = Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens als eher zunehmend eingeschätzt werden. Wesentliche Aktivitäten anderer, insbesondere fernöstlicher Nachrichtendienste, sind in Brandenburg nicht deutlich geworden. M Verfassungsschutzbericht 1994 V Geheimschutz Personen, die eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit - insbesondere im öffentlichen Bereich - ausüben sollen, sind vorher einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Die Sicherheitsüberprüfung darf nur mit Zustimmung der betroffenen Person und desin bestimmten Überprüfungsarten einzubeziehenden Ehegatten, Verlobten oder Lebenspartners eingeleitet und durchgeführt werden. Für die Sicherheitsüberprüfung ist der vom Behördenleiter zu bestellende Geheimschutzbeauftragte zuständig. Dieserstellt fest, ob eine Sicherheitsüberprüfung und welche Überprüfungsart erforderlich ist. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Ander Sicherheitsüberprüfung wirkt der Verfassungsschutz gemäß $ 3 Abs. 2 des Brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes mit. * Die Landesregierung hat am 16. April 1991 eine Verschlußsachenanweisungerlassen, in der im besonderen die Aufbewahrung und Verwaltung von Verschlußsachen geregelt ist. Sie soll sicherstellen, daß Unbefugte keine Kenntnis von dienstlichen Angelegenheiten erhalten, die im staatlichen Interesse geheimzuhalten sind (materieller Geheimschutz). Gleichzeitig hat die Landesregierung in Sicherheitsrichtlinien die Voraussetzungen und das Verfahren zur Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung, die Umstände, die ein Sicherheitsrisiko begründen und die Folgen für Bewerber und Beschäftigte beim Vorliegen eines Sicherheitsrisikos festgelegt (personeller Geheimschutz). Im Hinblick auf die Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, die mit einer Sicherheitsüberprüfung notwendigerweise verbunden sind, wird derzeit der Entwurf eines Sicherheitsüberprüfungsgesetzes erarbeitet, um hierfür eine bereichsspezifische und normenklare gesetzliche Regelung zu schaffen. Im Rahmen ihrer Mitwirkung sieht die Verfassungsschutzbehörde auch ihre Pflicht, die Geheimschutzbeauftragten zu beraten. Hierzu bietet sie Einzelgespräche an und eröffnet die Möglichkeit, an Fachseminaren an der Schule für Verfassungsschutz teilzunehmen. Der Schwerpunkt der Sicherheitsüberprüfungen lag im Berichtszeitraum weiterhin bei den obersten Landesbehörden und im Bereich der Polizei. Verfassungsschutz durch Aufklärung Information und Beratung Die Verfassungsschutzbehörde beantwortet Fragen zum Bereich der Spionageabwehr, des personellen und materiellen Geheimschutzes = sowie des vorbeugenden Sabotageschutzes. Alle Anfragen und Informationen werden vertraulich behandelt. Interessenten wenden sich an: Ministerium des Innern des Landes Brandenburg Abteilung V Henning-von-Tresckow-Straße 9-13 14467 Potsdam Telefon: (0331) 866 2500 Telefax: (0331) 866 2598 Verfassungsschutzbericht 1994 Fotonachweis: dpa (S.28), Innenministerium des Landes Brandenburg (8.82,83), ZB/Grimm ($.92), ZB/Hammer (S.61), ZB/Hiekel (S.61), ZB/Hirschberger (Titel, S.37), ZB/Kluge ($.23) Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung Brandenburg unentgeltlich herausgegeben. Sie ist nicht zum gewerblichen Vertrieb bestimmt. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden.Dies gilt für Landes-, Bundestagsund Kommunalwahlen. Mißbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagtist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Unabhängig davon, auf welchem Weg undin welcher Anzahl diese Schrift dem Empfänger zugegangenist, darf sie auch ohnezeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl nichtin einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelnerpolitischer Gruppen verstanden werden könnte. Verfassungsschutz durch Aufklärung Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgisches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG) Vom5. April 1993 Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften sl Zweck des Verfassungsschutzes; Auftrag der Verfassungsschutzbehörde $2 Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörde $3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde 4 Begriffsbestimmungen $5 Unterrichtung der Öffentlichkeit Zweiter Abschnitt Befugnisse $6 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde $7 Besondere Formen der Datenerhebung $8 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten $9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen $10 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in automatisierten Dateien su Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in nichtautomatisierten Dateien und Akten Dritter Abschnitt Auskunft, Akteneinsicht und Benachrichtigung $12 Auskunft, Akteneinsicht und Benachrichtigung 99 Vierter Abschnitt Informationsübermittlung Zulässigkeit von Ersuchen Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Straf\erfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes Übermittlung personenbezogener Informationen an die Öffentlichkeit $19 Übermittlungsverbote Minderjährigenschutz Dnww Pflichten der empfangenden Stelle unrerwo>(c)" Nachberichtigungspflicht Fünfter Abschnitt Parlamentarische Kontrolle Parlamentarische Kontrollkommission = Zusammensetzung und Amtsdauer der Parlamentarschen Kontrollkommission mnAa Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission Verfahrensweise der Parlamentarischen Kontrollkommission Sechster Abschnitt Schlußvorschriften Geltung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes Erlaß von Verwaltungsvorschriften Inkrafttreten, Außerkrafttreten 100 Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften $ Zweck des Verfassungsschutzes; Auftrag der Verfassungsschutzbehörde (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz derfreiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder. (2) Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet die Landesregierung und andere zuständige Stellen über Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand unddie Sicherheit des Bundes und der Länder. Dadurch soll es ihnen insbesondere ermöglicht werden, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu ergreifen. $2 Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörde (1) Verfassungsschutzbehördeist das Ministerium des Innern. Es unterhält für diese Aufgaben eine besondere Abteilung. (2) Die Verfassungsschutzbehördedarf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehördenanderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Rahmen der Bestimmungendieses Gesetzes im Einvernehmen, die des Bundes nach Maßgabe bundesrechtlicher Vorschriften nur im Benehmen mit der Verfassungsschutzbehörde des Landes Brandenburgtätig werden $3 Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde (1) Zur Erfüllung ihres Auftrages sammelt die Verfassungsschutzbehörde Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen, über 1. Bestrebungen, die gegendie freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landesgerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zumZiel haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten in der Bundesrepublik Deutschland für eine fremde Macht, w Bestrebungenin der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, und wertet sie aus. Voraussetzung für ihr Tätigwerdenist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. (2) Die Verfassungsschutzbehörde wirkt mit l. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhal101 tungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oderihn sich verschaffen können, 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen.die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. beitechnischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. An einer Überprüfung darf die Verfassungsschutzbehörde nur mitwirken, wenn die zu überprüfende Person zugestimmthat. In die Sicherheitsüberprüfung dürfen Personen, die mit der zu überprüfenden Person verheiratet oder verlobt sind oder mit ihr in cheähnlicher Gemeinschaft leben, mit ihrer Zustimmung einbezogen werden. $4 Begriffsbestimmungen (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes solche politisch bestimmten,zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen, 2. Bestrebungen gegendie Sicherheit des Bundes oder eines Landessolche poltisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der darauf gerichtet ist, den Bund, die Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen, w Bestrebungen gegendie freiheitliche demokratische Grundordnungsolchepolitisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluß, der daraufgerichtetist, die in Absatz 3 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. (2) Eine Bestrebung im Sinne dieses Gesetzes ist insbesondere dann gegeben, wenn sie auf Gewaltanwendung gerichtet ist oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in Absatz 3 genannten Grundsätzen erkennen läßt. (3) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: 1. die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte, 2. das Rechtdes Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung,der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretung in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen, 3. die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, 4. das Recht auf die Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, v die Ablösbarkeit der Regierung und ihrer Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung, 6. die Unabhängigkeit der Gerichte und 102 7. der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürherrschaft. (4) Für einen Personenzusammenschluß handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluß handeln. sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet oder aufgrund ihrer Wirkungsweise sonst geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. (5) Straftaten von erheblicher Bedeutungim Sinne der $$ 16 Abs. | und 20 Abs. 1 sind Verbrechen oder Vergehen, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedrohtsind, sowie Rauschgifthandel, Falschgeld-. Sprengstoflund Waffendelikte und Straftaten nach $ 129 des Strafgesetzbuches s5 Unterrichtung der Öffentlichkeit Die Verfassungsschutzbehörde informiert die Öffentlichkeit in zusammenfassenden Berichten über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne von $ 3 Abs. 1. Sie unterrichtet jährlich die Öffentlichkeit über die Summe ihrer Haushaltsmittel und über die Gesamtzahl ihrer Bediensteten Zweiter Abschnitt Befugnisse 86 Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehördeist an Gesetz und Recht gebunden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationeneinschließlich personenbezogener Datenverarbeiten, soweit nicht die Bestimmungen des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes oder besondere Regelungen in diesem Gesetz entgegenstehen. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Informationsbeschaffung als nachrichtendienstliche Mittel die folgenden Maßnahmen anwenden: 1. Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen geheimen Informanten, zum Zwecke der Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermittlern; 2. Observationen; 3. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videografieren und Filmen) außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes; 4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen: 5. Mithören ohne Inanspruchnahmetechnischer Mittel: 6. Mithören und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel außerhalb des Schutzbereiches des Artikels 13 des Grundgesetzes: 7. Beobachtung des Funkverkehrs auf nicht für den allgemeinen Empfang bestimmten Kanälen sowie die Sichtbarmachung. Beobachtung, Aufzeichnung und Entschlüsselung von Signalen in Kommunikationssystemen: 103 8. Verwendungfingierter biographischer, beruflicher oder gewerblicher Angaben (Legenden): 9. Beschaffung, Erstellung und Verwendung von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen; 10. Überwachung des Brief-. Postund Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz. Minderjährige dürfen nichtals Vertrauensleute, sonstige geheime Informanten, Gewährspersonen 'oder verdeckte Ermittler eingesetzt werden. Soweit sich Personenaus beruflichen Gründen auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen können, darf die Verfassungsschutzbehördediese nicht von sich aus für ihre Zwecke in Anspruch nehmen; Informationen, die diese Personen unter Verletzung des $ 203 des Strafgesetzbuchesrechtswidrig an die Verfassungsschutzbehörde weiterzugeben beabsichtigen, dürfen von dieser nicht entgegengenommen werden. Tarnpapiere und Tarnkennzeichen dürfen auch zu dem n $ 7 Abs. I Nr. 5 genannten Zweck verwendet werden; die zuständigen Behörden des Landes sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände sind verpflichtet. der Verfassungsschutzbehörde für diese TarnmaßnahmenHilfe zu leisten. (4) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen der Verfassungsschutzbehörde nicht zu. Sie darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmenersuchen. zu denen sie selbst nicht befugtist. (5) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist sie über den Verwendungszweckaufzuklären. Die Aufklärungspflicht umfaßt beieiner beabsichtigten Übermittlung auch den Empfänger der Daten. Die Aufklärung kann unterbleiben, wenndie Tatsache, daß die Erhebung für Zwecke der Verfassungsschutzbehörde erfolgt, aus besonderen Gründennicht bekannt werden soll. Die betroffene Personist auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach $ 3 Abs. 2 auf' eine dienstoder arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen (6) Von mehreren geeigneten Maßnahmenhat die Verfassungsschutzbehörde diejenige zu wählen, die die betroffene Person voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen. der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. (7) BeimEinsatz nachrichtendienstlicher Mittel dürfen keine Straftaten begangen werden. Die abschließende Aufzählung der Straftatbestände. die verwirklicht werden dürfen, erfolgt in einer Dienstvorschrift nach Vorlage in der Parlamentarischen Kontrollkommission. $7 Besondere Formen der Datenerhebung (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer AufgabenInformationen. insbesondere personenbezogene Daten. mit den Mitteln gemäß $ 6 Abs. 3 nur erheben, wenn 1. sich ihr Einsatz gegen Personenzusammenschlüsse, in ihnen oder einzeln tätige Personen richtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs. 1 bestehen, 2. sch ihr Einsatz gegen andere als die in Nummer | genannten Personenrichtet. von denen aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmenist, daß sie für diese bestimmte oder von diesen herrührende Mitteilungen entgegennehmenoder weitergeben, w ihr Einsatz gegen andere als in den Nummern | und 2 genannten Personen unumgänglich ist. um Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen zu gewinnen. die sich durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in $ 3 Abs. I Nr. I und 3 genannten Schutzgüter wenden, 104 4. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs. I erforderlichen Quellen in Personenzusammenschlüssen nach Nummer 1 gewonnen werden können oder un dies zum Schutz der Bediensteten, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen der Verlassungsschutzbehörde gegen sicherheitsge fährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist. Die Erhebung nachSatz | ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere. die betroffene Person weniger becinträchtigende Weise möglichist; eine geringere Beeinträchtigungist in der Regel anzunchmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch eine Auskunft nach $ 15 gewonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß $ 6 Abs. 3 darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. insbesondere nicht zu der Gefahr. die von der jeweiligen Bestrebung oder Tätigkeit im Sinne von $ 3 Abs. | ausgeht. Die Maßnahmeist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben. daß er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. (2) Die mit den Mitteln nach $ 6 Abs. 3 gewonnenen Informationendürfen nurfür den jeweiligen Erhebungszweck genutzt werden. Eine anderweitige Nutzungist nur zulässig, wenn das zur Informationsgewinnung verwendete Mittel auch für den jeweils anderen Nutzungszweck hätte eingesetzt werden dürfen. Se ist ferner zulässig im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen nach $ 3 Abs. 2 und in Verwaltungsverfahren, in denen die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörde gesetzlich vorgeschriebenist. (3) Das Mithören oder Aufzeichnendes nicht öffentlich gesprochenen Wortes unter Einsatz technischer Mittel oder sonstige Maßnahmen nach $ 6 Abs 3. die in ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des Brief-. Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommen, sind zulässig, wenn dadurch Erkenntnisse über sicherheitsgefährdende oder gcheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen, die auf Gewaltanwendung gerichtet sind oder sonst ein kämpferisches und aggressives Verhalten gegenüber den in $4 Abs. 3 genannten Grundsätzen erkennenlassen, gewonnen werden können. Ein solcher Eingriff bedarf im Einzelfall der vorherigen Zustimmung des Ministers des Innern, im Falle seiner Verhinderung der seines Vertreters Die Parlamentarische Kontrollkommission ist in der jeweils nächsten Sitzung,bei Fortdauer der Maßnahmenjeweils in Abständen von drei Monaten, zu unterrichten. Die durch den Eingriff erhobenen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des $ 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz. zur Erforschung oder Verfolgungeiner Straflat nach $ 129 des Strafgesetzbuches sowie für die in Absatz 2 Satz 3 genannten Zwecke genutzt werden. (4) Beim Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern sowie bei Observationen finden die Bestimmungen in Absatz 3 Satz 3 entsprechende Anwendung, ohne daß die Identität der Vertrauensleute oder verdeckten Ermittler, auch nicht in mittelbarer Form, offenbart wird. $8 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach $ 3 Abs. 1 personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen. wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, daß die betroflene Person an Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs. ] teilnimmt und dies für die Beobachtung der Bestrebung oder Tätigkeit erforderlichist, oder 2. dies für die Erforschung und Bewertungsicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten oder gewalttätiger Bestrebungen nach $ 3 Abs. I erforderlich ist, oder 105 3. auf diese Weise die zur Erforschung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs. | erforderlichen Nachrichtenzugänge geschaffen werden können. In Akten dürfen über Satz I Nr. 2 hinaus personenbezogene Daten auch gespeichert, verändert und genutzt werden. wenn dies sonst zur Erforschung und Bewertung von Bestrebungen nach $ 3 Abs. 1 zwingend erforderlich ist (2) Zur Aufgabenerfüllung nach $ 3 Abs. 2 dürfen n Dateien nur personenbezogene Daten über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oderin sie einbezogen werden. In Akten dürfen darüber hinaus alle sonstigen für die Ermittlung und Bewertung von Sicherheitsrisiken erforderlichen personenbezogenen Daten gespeichert werden Die zur Aufgabenerfüllung nach $ 3 Abs. 2 erhobenen Informationen dürfen nur zu Zwecken der Sicherheitsüberprüfung verwendet werden. Eine sonstige Nutzung ist nur nach Maßgabe des $ 7 Abs, 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz sowie zur Erforschung oder Verfolgung einer Straftat nach $ 129 des Strafgesetzbuches zulässig (3) In Dateien gespeicherte personenbezogene Daten müssen durch Aktenrückhalt belegbar sein. Die Anordnungihrer Speicherungist aktenkundig zu machen. (4) In Datcienist die Speicherung von Informationen aus der engeren Persönlichkeitssphäre von Betroffenen unzulässig. (5) Die Speicherungsdauerist auf das für die Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. $9 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten von Minderjährigen (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf unter den Voraussetzungen des $ 8 Daten über Minderjährige vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten nur speichern, verändern und nutzen. wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Minderjährige eine der in $ 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat (2) In Dateienist eine Speicherung von Daten über das Verhalten Minderjähriger nur zulässg, wenn diese zu dem Zeitpunkt. aufden sich de Information bezieht, das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben und tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer geheimdienstlichen Tätigkeit nach $ 3 Abs. I Nr. 2 oder einer Bestrebung nach $ 3 Abs. | Nr. I oder 3 bestehen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen verfolgt wird. (3) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Akten gespeicherte Daten über Minderjährige sind nach zweiJahren aufdie Erforderlichkeit der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, cs sei denn, daß nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von $ 3 Abs. | angefallen sind. $10 Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in automatisierten Dateien (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in automatisierten Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Sie sind zu ergänzen, wenn sie unvollständig sind und dadurch schutzwürdige Interessen von Betroffenen beeinträchtigt sein 106 können (2) Die Verfassungsschutzbehördehat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wennihre Speicherung unzulässig war oderihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahmebesteht, daß dadurch schutzwürdige Interessen der betroffenenPerson beeinträchtigt würden. In diesem Falle sind die Daten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden. Ein schutzwürdiges Interesse liegt auch vor, wenn die betroffene Person einen Antrag nach $ 12 Abs. 1 gestellt hat. (3) Die Verfassungsschutzbehörde prüft bei der Einzelfallbearbeitung und außerdem nachfestgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu löschen oder zu berichtigen sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach $ 3 Abs. I Nr. | oder 3 sind spätestens zehn Jahre nach demZeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministeriumdes Innern, im Falle seiner Verhinderungsein Vertreter,trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (4) PersonenbezogeneDaten, die ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzkontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, dürfen nur für diese Zwecke sowie zum Nachweis strafbarer Handlungen nach $ 38 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes verwendet werden. su Berichtigung, Löschung und Sperrung von personenbezogenen Daten in nichtautomatisierten Dateien und Akten (1) Die Verfassungsschutzbehörde hat die in nichtautomatisierten Dateien und Akten gespeicherten personenbezogenen Daten zuberichtigen, wenn sie unrichtig sind. Wird die Richtigkeit von der betroffenen Person bestritten, so ist dies in den Unterlagen zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten. (2) Die Verfassungsschutzbehördehat die in nichtautomatisierten Dateien und Akten gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlichist und die jeweilige Unterlage insgesamt zur Aufgabenerfüllung nicht mehr benötigt wird. Die Löschungunterbleibt, wenn Grund zu der Annahmebesteht, daß dadurch schutzwürdige Interessender betroffenen Person beeinträchtigt würden: $ 10 Abs. 2 Satz 4 gilt entsprechend. Soweit eine Löschung unterbleibt. sind die personenbezogenen Daten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person verwendet werden. Eine Aufhebung der Sperrungist möglich, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen. Dritter Abschnitt Auskunft und Akteneinsicht $12 Auskunft, Akteneinsicht und Benachrichtigung (1) Die Verfassungsschutzbehördeerteilt auf Antrag unentgeltlich Auskunfl über die zur antragstellenden Person gespeicherten Daten sowie den Zweck und die Rechtsgrundlage ihrer Speicherung. Soweit sich die personenbezogenen Daten in Akten befinden, ist auf Antrag der 107 antragstellenden Person Einsicht zu gewähren. Die Akteneinsichtist auf die Teile der Akten beschränkt. die personenbezogeneDaten der antragstellenden Person enthalten. Auskunft oder Akteneinsicht könnensich auf Antrag auch auf die Herkunft der Daten, den Zweck ihrer Übermittlung und die Empfänger von Übermittlungen innerhalb der letzten zwei Jahre erstrecken Auskunft aus Akten oder Einsicht in Akten, die nicht zur Person des Betroffenen geführt werden, sind zu gewähren, soweit die antragstellende Person Angaben macht, die das Auffinden der Daten mit angemessenem Aufwand ermöglichen (2) Auskunftserteilung oder Einsichtsgewährung können nur unterbleiben, wenn 1. das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Erkenntnisse sowie der nachrichtendienstlichen Arbeitsmethoden und Mittel der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunfiserteilung oder Akteneinsicht überwiegt oder 2. die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder wegen der überwiegendenberechtigten Interessen von Dritten geheimgehalten werden müssen. Die Entscheidung triffi der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern oder ein von ihm besonders beaufiragter Mitarbeiter unter Abwägung der in den Nummern| und 2 genannten Interessen mit dem Interesse der antragstellenden Person an der Auskunftserteilung oder Akteneinsicht. (3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung oder der Einsichtsgewährung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Verweigerung gefährdet würde; die Gründe sind aber aktenkundig zu machen. Die antragstellende Person ist auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen einer Begründung und darauf hinzuweisen, daß sie sich an den Landesbeauftragten für den Datenschutz wenden kann. Dem Landesbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Stellt der Minister des Innern,im Falle seiner Verhinderung der Staatssekretär, im Einzelfall fest, daß durch die Auskunft.oder die Akteneinsicht die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde, erhält nur der Landesbeauftragte persönlich Auskunft oder Akteneinsicht. Mitteilungen des Landesbeauftragten an die antragstellende Person dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Verfassungsschutzbehördezulassen, sofern sie nicht einer weitergehenden Auskunft zugestimmt hat. (4) Bezieht sich die Auskunftserteilung oder die Akteneinsicht auf die Herkunft personenbezogener Daten von anderen Verfassungsschutzbehörden, der Staatsanwaltschaft und der Polizei, von Landesfinanzbehörden, soweit diese personenbezogene Daten in Erfüllungihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, vom Bundesnachrichtendienst, vom Militärischen Abschirmdienst und, soweit die Sicherheit des Bundes berührt wird, von anderen Behörden des Bundesministers der Verteidigung, ist sie nur mit Zustimmung dieser Stellen zulässig. Dasgleiche gilt, wenn diese Behörden Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten sind. Soweit es sich um Behörden des Landes handelt, gelten für die Versagung der Zustimmung de Absätze 2 und 3 entsprechend. (5) Von der ohneihre Kenntnis erfolgten Erhebung personenbezogener Datenist die betroffene Person zu benachrichtigen, sobald der Zweck der Erhebunges zuläßt. Bei Eingriffen nach $ 7 Abs. 3 und 4 ist die Parlamentarische Kontrollkommission spätestens drei Jahre nach der Beendigung des Eingriffes zu unterrichten, sofern eine Mitteilung an die betroffene Personnicht erfolgt ist. (6) Wird der Landesbeauftragte für den Datenschutz nach $ 12 Abs. 3 tätig, so kann er die Parlamentarische Kontrollkommission von sich aus unterrichten, wenn sich im Einzelfall Beanstandungen ergeben, eine Auskunftan die betroffene Person aber aus Geheimhaltungsgründen unterbleiben muß. 108 Vierter Abschnitt Informationsübermittlung $13 Zulässigkeit von Ersuchen Wird nach den Bestimmungendieses Abschnittes um die Übermittlung von personenbezogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten übernittelt werden, die bei der ersuchten Behörde bekannt sind oder aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können. $14 Übermittlung von Informationen an die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Behörden des Landes unterrichten vonsich aus de Verfassungsschutzbehördeüber die ihnen bekanntgewordenen Tatsacheneinschließlich personenbezogener Daten, die sicherheitsgefährdende oder gcheimdienstliche Tätigkeiten für cine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennenlassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in $ 3 Abs. | Nr. 1 und 3 genannten Schutz'güter gerichtet sind (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis. de Polizei übermitteln darüber hinaus von sich aus der Verfassungsschutzbehörde auch alle anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach $ 3 Abs. I. wenntatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Erfüllung hrer Aufgaben die Staatsanwaltschaften und,vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei sowie andere Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung ihrer Aufgabenerforderlichen Informationen cnschließlich personenbezogener Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgemein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine die betroffene Person stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Die Ersuchensind aktenkundig zu machen. (4) Die Übermittlung personenbezogener Daten. die aufgrund einer Maßnahme nach $ 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgewordensind. ist nach den Vorschriften der Absätze | bis 3 nur zulässig. wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine der in $ 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz genanntenStraftaten plant, begeht oder begangenhat. Auf die dabei übermittelten Kenninissc und Unterlagen findet $ 7 Abs. 3 und 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetzentsprechende Anwendung. Die Übermittlung personenbezogener Daten, die aufgrund anderer strafprozessualer Maßnahmen bekanntgeworden sind.ist zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs | bestehen. Sie dürfen nur zur Erforschung dieser Bestrebungen oder Tätigkeiten genutzt werden. $15 Registereinsicht durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbchörde darf zur Aufklärung l. vonsicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten in der Bundesrepublik 109 Deutschland für eine fremde Macht oder 2. von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder daraufgerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, oder w von Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, von öffentlichen Stellen geführte Register einsehen. (2) Eine solche Einsichtnahmeist nur zulässig, wenn 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht möglich erscheint, insbesondere durch eine Übermittlung der Daten durch die registerführende Stelle der Zweck der Maßnahme gefährdet würde oder 2. die betroffene Person durch eine anderweitige Aufklärung unverhältnismäßig beeinträchtigt würde und 3. eine besondere gesetzliche Geheimhaltungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis der Einsichtnahme nicht entgegensteht. (3) Die Anordnungfür die Maßnahme nach Absatz 1 trifft der Leiter der Verfassungsschutzabteilung im Ministerium des Innern, im Falle seiner Verhinderungsein Vertreter. (4) Die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz | genannten Zwecken verwendet werden. Gespeicherte Informationen sind zu löschen und Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese Zwecke nicht mehr benötigt werden. (5) Überdie Einsichtnahmeist ein gesonderter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck,die in Anspruch genommene Stelle sowie die Namen der betroffenen Person, deren Daten für eine weitere Verwendungerforderlich sind, hervorgehen. Der Nachweisist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. $16 Übermittlung personenbezogener Daten durch die Verfassungsschutzbehörde (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogeneDaten an inländische Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllungihrer Aufgaben erforderlich ist oder die empfangende Behörde die Daten zum Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten nach $ 3 Abs. 1, zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgungeiner Straftat von erheblicher Bedeutung ($ 4 Abs. 5) benötigt oder wenn eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Die empfangende Behörde darf die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmtist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf personenbezogene Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an überund zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn dies zum Schutz von Leib oder Leben oderzur Erfüllung eigener Aufgaben,insbesondere bei grenzüberschreitenden Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne von $ 3 Abs. 1, erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Person, insbesondere die Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung, entgegenstehen. Die Übermittlungist aktenkundig zu machen. Die emp110 fangendeStelle ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihr übermittelt wurden, und daß die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. (3) Personenbezogene Daten dürfen an andere Stellen nicht übermittelt werden, es sei denn, daß 1. die betroffene Person zugestimmt hat, 2. dies zum Schutz derfreiheitlichen demokratischen Grundordnung,des Bestandesoder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder 3. zum Schutz der in $ 3 Abs. 2 Nr. 2 genannten Einrichtungen erforderlichist und der Minister des Innern oder von ihm besondersbestellte Beauftragte ihre Zustimmung im Einzelfall erteilthaben Die Verfassungsschutzbehördeführt hierüber einen Nachweis, aus dem der Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, die Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen. Der Nachweisist gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des zweiten Kalenderjahres, das dem Jahr der Erstellung folgt, zu vernichten. Die empfangendeStelle darf die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihr übermittelt wurden. Sie ist auf die Verwendungsbeschränkungund darauf hinzuweisen, daß die Verfassungsschutzbehörde sich vorbehält, um Auskunft über die Verwendung der Daten zu bitten. $17 Übermittlung von Informationen durch die Verfassungsschutzbehörde an Strafverfolgungsund Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staatsund Verfassungsschutzes (1) Die Verfassungsschutzbehörde übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, der Polizei von sich aus die ihr bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. Delikte nach Satz 1 sind die in den $$ 74 a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen aufgrund ihrer Zielsetzung, des Motivs des Täters oder dessen Verbindung zu einer Organisation tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind. (2) Die Polizei darf zur Verhinderung von Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 die Verfassungsschutzbehörde um Übermittlung der erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. (3) Übermittlungen nach den Absätzen 1 und 2 sind aktenkundig zu machen. $18 Übermittlung personenbezogener Informationen an die Öffentlichkeit Beider Unterrichtung der Öffentlichkeit über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde dürfen personenbezogene Daten nur bekanntgegeben werden, wenn dies für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen zwingenderforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse 111 der betroffenen Person überwiegen. Personenbezogene Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger in Ausübungihres Amtes dürfen veröffentlicht werden, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen dieser Personennicht beeinträchtigt werden. 519 Übermittlungsverbote Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses Abschnittes unterbleibt, wenn l. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle ergibt, daß die Information zu löschen oder für die empfangendeStelle nicht mehr erforderlich ist, 2. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art der Information und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das öffentliche Interesse an der Übermittlung überwiegen, wovon in der Regel auszugehenist, wenn die Information die engere Persönlichkeitssphäre der betroffenen Person berührt, 3. überwiegendeSicherheitsinteressen dies erfordern oder 4. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufsoder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. $20 Minderjährigenschutz (1) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelt werden, solange die Voraussetzungen der Speicherung nach $ 9 erfüllt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor,ist eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgungeiner Straftat von erheblicher Bedeutung ($ 4 Abs. 5) erforderlich ist. (2) Informationen einschließlich personenbezogener Daten über das Verhalten Minderjähriger vor Vollendung des sechzehnten Lebensjahres dürfen nicht an ausländische oder überoder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 821 Pflichten der empfangenden Stelle Die empfangende Stelle prüft, ob die nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß die Daten nicht erforderlich sind, hat sie die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich wäre; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. 112 $22 Nachberichtspflicht Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer Übermittlung gemäß den Vorschriften dieses Gesetzesals unvollständig oder unrichtig, so sind sie unverzüglich gegenüber der empfangendenStelle zu berichtigen. Fünfter Abschnitt Parlamentarische Kontrolle 823 Parlamentarische Kontrollkommission n Angelegenheiten des Verfassungsschutzes unterliegt die Landesregierung unbeschadet de techte des Landtages der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission. 824 Zusammensetzung und Amtsdauer der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission wird vom Landtag gebildet. Der Landtag beschließt über ihre Größe, die fünf Mitglieder nicht überschreiten soll, und Zusammensetzung und wählt die Mitglieder. Die parlamentarische Opposition muß angemessen vertreten sein. (2) Scheidet ein Mitglied der Parlamentarischen Kontrollkommission aus dem Landtag oder aus seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Landesregierung, so verliert es seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Ein neues Mitglied ist unverzüglich zu bestimmen. Das gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus anderen Gründenaus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Landtages hinaus solange aus, bis der nachfolgende Landtag nach Absatz 1 eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gebildet hat. $25 Kontrollrechte der Parlamentarischen Kontrollkommission (t) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontroilkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörde, das Lagebild und Vorgänge von besonderer Bedeutung und auf Verlangen der Kommission über Einzelfälle. Die Kommission hat Anspruchauf diese Unterrichtung. Sie kann von der Landesregierungalle für ihre Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Aktenund Dateneinsicht, Stellungnahmen und den Zutritt zur Verfassungsschutzbehördeverlangen sowie bei besonderem Aufklärungsbedarf mit Zustimmung des Innenministers Bedienstete zum Sachverhalt befragen, sofern dem nicht überwiegende öffentliche oder private Belange entgegenstehen; die Landesregierung hat dies vor der Parlamentarischen Kontrollkommission zu begründen. (2) Die Landesregierung unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission auch über die Herstellung des Einvernehmensfür das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer 113 Länder im Land Brandenburg gemäß $ 2 Abs. 2 sowie in allgemeiner Form über die Herstellung des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz gemäß $ 5 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes. (3) Eingaben einzelner Bürger (Petenten) überein sie betreffendes Verhalten der Verfassungsschutzbehörde sind nach Zustimmung des Petenten der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis zu geben, wenn sie nicht an sie selbstgerichtet sind. Sie hat auf Antrag eines Mitgliedes Petenten zu hören. (4) Die Kontrolle der Durchführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz bleibt den aufgrund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz von der Volksvertretung bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. (5) Für die Parlamentarische Kontrollkommission gilt $ 23 Abs. 3 Satz 1 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes entsprechend. $ 26 Verfahrensweise der Parlamentarischen Kontrollkommission (1) Die Parlamentarische Kontrollkommission gibt sich eine Geschäftsordnung; im übrigen gelten die Bestimmungen der Geschäftsordnung des Landtages. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommissiontagt nicht öffentlich. Auf Antrag eines Mitgliedes beschließt die Kommission über die Herstellung der Öffentlichkeit, soweit das öffentliche Interesse oder berechtigte Interessen eines einzelnen dem nicht entgegenstehen. Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, sind die Mitglieder der Kommission zur Verschwicgenheit über Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen dabei bekannt geworden sind. Dasgilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus der Kommission. Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von der Kommission aufgehoben werden, wenn die Gründe für die Verschwiegenheit nachträglich weggefallen sind. Die Aufhebung der Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen, die in die Verantwortlichkeit des Bundes oder eines anderen Landesfallen, ist nur mit deren Zustimmung möglich. (3) Die Parlamentarische Kontrollkommission unterrichtet den Landtag jährlich über ihre Tätigkeit. Sechster Abschnitt Schlußvorschriften $27 Geltung des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes Beider Erfüllung der Aufgaben nach $ 3 durch die Verfassungsschutzbehördefinden die $$ 9 und 12 bis 19 des Brandenburgischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung. 828 Erlaß von Verwaltungsvorschriften DerMinister des Innern wird ermächtigt, die zur Durchführungdieses Gesetzes erforderlichen 114 Verwaltungsvorschriften zu erlassen. Über solche, die nachrichtendienstliche Mittel nach $ 6 Abs. 3 betreffen, ist die Parlamentarische Kontrollkommission vorab zu unterrichten. 829 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Dieses Gesetztritt am Tage nach der Verkündungin Kraft; gleichzeitig tritt das Vorschaltgesetz zum Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg vom 3. Dezember 1991 (GVBl. S. 540) außer Kraft. Potsdam, den 5. April 1993 Der Präsident des Landtages Brandenburg Dr. Herbert Knoblich 115