Berlin Senatsverwaltung für Inneres Berlin Abteilung Verfassungsschutz Senatsverwaltung für Inneres - V - Postfach 62 05 60 -10795 Berlin Verfassungsschutz Bericht 2000 II Herausgeber: Senatsverwaltung für Inneres, Abteilung Verfassungsschutz Mai 2001 Redaktion: VG3 Druck: Verwaltungsdruckerei Berlin Abdruck gegen Quellenangabe gestattet, Belegexemplar erbeten. III Vorwort Vor zehn Jahren hat der Berliner Verfassungsschutz erstmals einen eigenen Jahresbericht veröffentlicht. Unser Land hat seitdem große politische und gesellschaftliche Entwicklungen durchlebt, doch unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ist unverrückbar geblieben. Gleichwohl sind Rechtsund Linksextremisten nach wie vor bestrebt, die innere Sicherheit unseres Landes zu gefährden. Der Schutz der Grundprinzipien unserer Verfassung ist daher unverändert Aufgabe nicht nur der Politik und der Sicherheitsbehörden, sondern auch der Bürgerinnen und Bürger. Der aktuelle Verfassungsschutzbericht 2000 will auf die Gefährdungen hinweisen, denen unsere Staatsordnung ausgesetzt ist. Er will über Gruppierungen, Organisationen und Parteien berichten, die unseren demokratischen Rechtsstaat bedrohen. Nur wer über den Umfang und die Facetten der Gefährdung informiert ist, kann die Gefahr von extremistischen Kräften rechtzeitig erkennen. Das vergangene Jahr war gekennzeichnet von einem starken Anstieg der rechtsextremistischen Strafund Gewalttaten. Um so erfreulicher ist es, dass sich die Informations-Zugangslage des Verfassungsschutzes deutlich verbessert hat. Aufgrund der hervorragenden Zusammenarbeit mit den anderen Sicherheitsbehörden - vor allem mit der Berliner Polizei - ist es gelungen, nicht nur effizient, sondern besonders effektiv und damit präventiv zu arbeiten. Gemeinsam mit der Polizei ist es gelungen, mögliche Straftaten zu verhindern. Die Beobachtung des Rechtsextremismus ist und bleibt weiterhin ein Aufgabenschwerpunkt des neuen Berliner Verfassungsschutzes. Die Gewaltbereitschaft in der rechtsextremistischen Szene ist erschreckend hoch, die Nutzung des Internets zu Propagandazwecken nimmt immer größere Ausmaße an. Ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen die beim Bundesverfassungsgericht gestellten NPD-Verbotsanträge nach sich ziehen, muss nun von den Verfassungsschutzbehörden genau beobachtet werden. Erschreckend ist aber auch die Gewalt, die nach wie vor von Linksextremisten ausgeht. So hat sich die Zahl der Körperverletzungen im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Dabei IV besteht die Gefahr eines gegenseitigen "Hochschaukeins" der Gewalt zwischen Rechtsund Linksextremisten. Die Entwicklungen des vergangenen Jahres zeigen, dass der Verfassungsschutz auch im Bereich des Ausländerextremismus und bei der Spionageabwehr wachsam bleiben muss. Berlin ist als Hauptstadt nicht nur Schauplatz ausländerextremistischer Bestrebungen - der Nahost-Konflikt lieferte den Anlass für zum Teil hoch emotionalisierte Demonstrationen - die Verlagerung der Regierungsund Parlamentseinrichtungen sowie der diplomatischen Vertretungen führten auch zu verstärkten Spionageaktivitäten. Die größte Herausforderung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Berliner Verfassungsschutzes lag aber wohl darin, die Auflösung des Amtes zu bewältigen. Die sich daraus ergebende Umstrukturierung war für alle Dienstkräfte mit zusätzlichen Belastungen verbunden. Ich danke daher allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Berliner Verfassungsschutzes in diesem Jahr ganz besonders für ihr Engagement, unsere Demokratie zu bewahren und die Grundwerte unserer Verfassung zu schützen. Berlin, im Mai 2001 Dr. Eckart Werthebach Senator für Inneres V INHALTSVERZEICHNIS VERFASSUNGSSCHUTZ BERLIN 1 Aufbau und Organisation 2 2 Aufgaben und Befugnisse, Kontrolle über den Berliner Verfassungsschutz 3 3 Öffentlichkeitsarbeit, Verfassungsschutz durch Aufklärung 6 4 Erreichbarkeit des Berliner Verfassungsschutzes 7 RECHTSEXTREMISMUS 1 Überblick 10 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 13 2.1 Personenpotenziale rechtsextremistischer Gruppierungen 13 2.2 Strafund Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund 16 3 Kommunikationswege 23 3.1 Internet 23 3.2 Mailboxen 27 3.3 "Nationale Info-Telefone" 27 3.4 Medienprojekt "Radio Germania - Das Radio für nationale Interessen" 28 4 Militante Rechtsextremisten 29 4.1 Rechtsterroristische Ansätze 30 4.2 Skinhead-Szene 31 4.2.1 Skinhead-Musik 32 4.2.2 Skinhead-Gruppierungen 35 4.2.3 Skinhead-Fanzines 38 5 Neonationalsozialistische Organisationen und Einzelaktivisten 39 5.1 "Unabhängige Kameradschaften" 41 5.2 Weitere neonationalsozialistische Organisationen und Kleingruppen 44 5.2.1 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 44 5.2.2 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 47 VI 5.2.3 "Vandalen - Ariogermanische Kampfgemeinschaft" 49 5.3 Unorganisierte Neonazis 50 6 Rechtsextremistische Parteien 54 6.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 56 6.2 "Deutsche Volksunion" (DVU) 65 6.3 "Die Republikaner" (REP) 67 7 Ausblick 68 LINKSEXTREMISMUS 1 Überblick 72 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 73 2.1 Personenpotenziale 73 2.2 Strafund Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund 75 3 Kommunikationswege 77 4 Gewaltbereite Linksextremisten 78 4.1 Autonome 78 4.1.1 Selbstverständnis und Strukturen 78 4.1.2 Aktionsformen und Militanz 82 4.1.3 Aktionsschwerpunkte 86 4.2 Terrorismus 105 4.3 Sonstige militante Linksextremisten 108 5 Parteien und sonstige Gruppierungen 109 6 Linksextremistische Gruppierungen in der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) 110 6.1 "Kommunistische Plattform der PDS" (KPF) 111 6.2 "Marxistisches Forum bei der PDS" (MF) 112 7 Ausblick 113 VII AUSLÄNDEREXTREMISMUS 1 Überblick 116 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 117 2.1 Personenpotenziale 117 2.2 Strafund Gewalttaten mit ausländerextremistischem Hintergrund 120 3 Kommunikationswege 121 4 Islamisch-extremistische (islamistische) Bestrebungen 123 4.1 Türkische Islamisten 123 4.1.1 "Islamische Gemeinschaft - Milli Görüs e.V." (IGMG) 123 4.1.2 "Der Kalifatsstaat" / "Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) 126 4.2 Arabische Islamisten 129 4.2.1 "Bewegung des islamischen Widerstandes" (HAMAS) 132 4.2.2 Schiitischer Extremismus 134 4.2.2.1 "Hizb Allah" (Partei Gottes) 135 5 Linksextremistische türkische und kurdische Gruppierungen 138 5.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 141 5.2 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-C-Devrimci Sol) 153 5.3 "Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten" (TKP/ML) 156 5.4 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) 158 6 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Iranern 159 6.1 Aktivitäten regimetreuer Iraner in Berlin 160 6.2 "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (PMOI) 162 7 Ausblick 166 VIII SPIONAGEABWEHR / GEHEIMSCHUTZ 1 Überblick 170 2 Methodische Aspekte 171 3 Ziele gegnerischer Spionage 173 3.1 Politische Spionage "" 174 3.2 Wirtschaftsspionage 177 4 Spionageabwehr als Gemeinschaftsaufgabe 179 5 Geheimschutz 18(j 6 Bürgerberatung 18i "SCIENTOLOGY-ORGANISATION" (SO) 1 Überblick 134 2 Organisation, Strukturen und Mitglieder !...Z".'."".""!!.'.""."!! 187 3 Aktivitäten " " 183 4 Ausblick \ " igi ANHANG 193 Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz Berlin (LfVG) 194 Gesetz zur Reform des Verfassungsschutzes im Land Berlin 205 Personenund Sachregister 215 * Aufbau und Organisation * Aufgaben und Befugnisse, Kontrolle über den Berliner Verfassungsschutz * Öffentlichkeitsarbeit, Verfassungsschutz durch Aufklärung * Erreichbarkeit des Berliner Verfassungsschutzes Verfassungsschutz Berlin 2 VERFASSUNGSSCHUTZ BERLIN 1 Aufbau und Organisation Der Bund und jedes Bundesland haben entsprechend dem föderalen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland eine eigene Verfassungsschutzbehörde. Diese sind entweder als integrierte Abteilungen der jeweiligen Innenbehörden oder als eigenständige Landesämter (Landesoberbehörden) unter der Fachaufsicht der jeweiligen Innenbehörden organisiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) stellt eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern dar, welche jedoch gegenüber den Landesbehörden keine übergeordnete Stellung hat. Für den Berliner Verfassungsschutz endete das Jahr 2000 mit einer Vielzahl von Veränderungen, die ihren Ursprung in der Ankündigung der Auflösung des bisherigen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Berlin durch Herrn Senator Dr. WERTHEBACH im Frühjahr 2000 hatten. Am 9. Dezember wurde mit Verkündung des "Gesetzes zur Reform des Verfassungsschutzes im Land Berlin" vom 30. November das LfV Berlin aufgelöst. Gleichzeitig trat mit dem "Gesetz über den Verfassungsschutz in Berlin (Verfassungsschutzgesetz - VSG Bin)"1 eine neue Rechtsgrundlage in Kraft, die das bisherige "Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz (LfVG)" in modifizierter Form ablöst. Verfassungsschutzbehörde ist seitdem die Senatsverwaltung für Inneres. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden von der Abteilung Verfassungsschutz wahrgenommen. Diese gliedert sich in vier Referate: - Grundsatz, Recht, Datenschutz, G 10-Angelegenheiten, Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltungsaufgaben GVBI. Nr. 41 vom 8. Dezember 2000, S. 495. 3 - Auswertung Rechtsund Linksextremismus - Spionageabwehr, Auswertung Ausländerextremismus, Geheimund Wirtschaftsschutz - Beschaffung Für die Aufgaben des Verfassungsschutzes stehen im Jahr 2001 Haushaltsmittel in Höhe von ca. 18,2 Mio. DM, rund 3,2 Mio. DM weniger als im Jahr 2000, zur Verfügung. Durch die Neuausrichtung des Verfassungsschutzes konnten Personalstellen eingespart werden. Inhaltliche Neuerungen des VSG Bin sind die konkrete Benennung der nachrichtendienstlichen Mittel zur heimlichen Informationsbeschaffung einschließlich der Bestimmungen über die Erhebung, Speicherung und Löschung der mit diesen Mitteln beschafften personenbezogenen Daten. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten bei Prüffällen wurde eine klare Rechtsgrundlage geschaffen. Erstmals wird auch die Möglichkeit zur Beauftragung einer "Vertrauensperson" durch den Ausschuss für Verfassungsschutz geschaffen. Diese Vertrauensperson ist berechtigt, Untersuchungen durchzuführen und berichtet dem Ausschuss über das Ergebnis in nichtöffentlicher Sitzung. 2 Aufgaben und Befugnisse, Kontrolle über den Berliner Verfassungsschutz Die Aufgaben des Verfassungsschutzes sind im Grundgesetz verankert und werden in den Artikeln 73 und 87 des Grundgesetzes (GG) ausdrücklich genannt. Gemäß Artikel 73 Nr. 10 b GG sind dies der Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes sowie der Schutz gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 4 Die Aufgaben und Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde Berlin sind in SS 5 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Berlin (VSG Bin)2 geregelt. Danach werden Informationen gesammelt und ausgewertet über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben, sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht, Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die darüber hinaus im LfVG genannte Aufgabe, Informationen zu sammeln über frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungsund Abwehrdienste der ehemaligen DDR im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ist entfallen. Der Verfassungsschutz erhält ca. 60 % seines Informationsaufkommens aus allgemein zugänglichen Quellen. Hierunter fallen z. B. frei erhältliche Publikationen, Beiträge elektronischer Medien aber auch Erkenntnisse aus öffentlichen Veranstaltungen von Beobachtungsobjekten. 20 % der Informationen beruhen auf Angaben anderer Behörden oder auf freiwilligen Auskünften einzelner Personen. Nur der geringere Teil des Informationsaufkommens wird durch den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gewonnen. Nachrichtendienstliche Mittel dürfen nach den Bestimmungen des VSG Bin in Fällen eingesetzt werden, in denen verfassungsfeindliche Bestrebungen unter weitgehender konspirativer Abschottung und Geheimhaltung ihre Aktivitäten entfalten und sich 2 Der vollständige Gesetzestext ist im Anhang abgedruckt. 5 anderweitig keine Informationen gewinnen lassen. Gemäß den Vorgaben des VSG Bin soll der Einsatz dieser Mittel nur erfolgen, wenn sie erkennbar im Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhaltes stehen. Zu den nachrichtendienstlichen Mitteln zählen insbesondere der Einsatz von Vertrauensleuten, sog. V-Leuten, die aus Beobachtungsobjekten berichten, die Observation sowie die Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs, deren besonders enge rechtliche Voraussetzungen im Gesetz zu Artikel 10 GG geregelt sind. Die Verfassungsschutzbehörde unterliegt bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben einer weitgehenden Kontrolle auf mehreren Ebenen: - Allgemeine parlamentarische Kontrolle durch das Abgeordnetenhaus von Berlin, besondere parlamentarische Kontrolle durch den Ausschuss für Verfassungsschutz, in dem jede Fraktion des Abgeordnetenhauses mit mindestens einem Mitglied vertreten ist, Kontrolle durch eine "Vertrauensperson" des Ausschusses für Verfassungsschutz, Kontrolle von Maßnahmen zur Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (G 10) durch die G 10-Kommission des Abgeordnetenhauses, Kontrolle durch eine Revision bei der Leitung der Senatsverwaltung für Inneres, Kontrolle durch den Berliner Datenschutzbeauftragten, - öffentliche Kontrolle durch Bürger und Medien, - gerichtliche Kontrolle bei Klagen vor den Verwaltungsgerichten gegen Maßnahmen des Verfassungsschutzes. 6 3 Öffentlichkeitsarbeit, Verfassungsschutz durch Aufklärung Der institutionalisierte Verfassungsschutz ist Bestandteil des verfassungsrechtlichen Konzepts einer wehrhaften Demokratie. Er hat die Funktion eines "Frühwarnsystems" und soll die Regierung und die Bürger rechtzeitig über Art und Umfang der Gefahren, die durch den politischen Extremismus und die Spionage drohen, aufklären und damit zu der notwendigen Auseinandersetzung mit derartigen Bestrebungen beitragen. Die Verfassungsschutzbehörde Berlin unterrichtet die Öffentlichkeit in ihrem Jahresbericht sowie anlassbezogen zu besonderen Themen. Neben diesen an alle interessierten Bürger gerichteten Informationen bietet sie Vorträge und persönliche Beratung an. Zielgruppen sind insbesondere schulische und außerschulische Bildungseinrichtungen bzw. deren Multiplikatoren, Vertreter der Medien, Polizei, Ordnungs-, Justizund andere Verwaltungsbehörden des Landes und Parteien sowie weitere gesellschaftliche Gruppierungen. In der Informationsschriftenreihe "Durchblicke" sind zehn Themen zu verschiedenen Aufgabenfeldern behandelt worden: Nr. 1 "Rechtsextremismus in Berlin" Nr. 2 "Die Intellektualisierung der Neuen Rechten" Nr. 3 "Die internationale Revisionismuskampagne" Nr. 4 "Ausländerextremismus in Berlin" Nr. 5 "Deutscher gewaltorientierter Linksextremismus in Berlin - Die militante autonome Bewegung" Nr. 6 "Deutscher gewaltorientierter Linksextremismus in Berlin - Der deutsche linksextremistische Terrorismus" Nr. 7 "Rechtsextremismus in Berlin" (Aktualisierte Neuauflage von Nr. 1) Nr. 8 "Islamismus als politische Ideologie" Nr. 9 "Skinheads" Nr. 10 "Antifa heißt Angriff' 7 WMÄtnumijsstihiut! Bürtin Im Rahmen des Aufgabenfeldes Geheimschutz in der Wirtschaft wurde eine Informationsbroschüre zum "Wirtschaftsschutz in Berlin" herausgegeben. 4 Erreichbarkeit des Berliner Verfassungsschutzes Senatsverwaltung für Inneres Abteilung Verfassungsschutz Potsdamer Str. 186, 10783 Berlin Postfach 62 05 60, 10795 Berlin 'S? 030/90129 0 Fax: 030/90129 844 Internet: http://www.berlin.de/verfassungsschut E-Mail: verfassungsschutz@berlin.de - Öffentlichkeitsarbeit - Ü? 030/90129 870 Fax: 030/90129 876 - Pressestette - (r) 030/90129 565 Fax: 030/90129 533 8 9 * Oberblick * Personenpotenziale * Strafund Gewalttaten * Kommunikationswege - Internet - Mailboxen - Nationale Info-Telefone - "Radio Germania" * Militante Rechtsextremisten - Rechtsextremistische terroristische Ansätze - Skinhead-Szene * Neonationalsozialistische Organisationen und Einzelaktivisten - "Unabhängige Kameradschaften" - Weitere neonationalsozialistische Organisationen und Kleingruppen - Unorganisierte Neonazis * Rechtsextremistische Parteien - "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Rechtsextremismus - "Deutsche Volksunion" (DVU) - "Die Republikaner" (REP) *Ausblick 10 1 Überblick Der Begriff "Rechtsextremismus" bezeichnet keine geschlosIdeologischer sene politische Theorie. Er umschreibt vielmehr ein vielschichHintergrund tiges politisches und soziales Glaubensund Handlungssystem, das in der Gesamtheit seiner Einstellungen und Verhaltensweisen auf die Beseitigung oder nachhaltige Beeinträchtigung demokratischer Rechte, Strukturen und Prozesse gerichtet ist. Rechtsextremistisches Gedankengut setzt sich aus Fragmenten verschiedener ideologischer Teilbereiche zusammen. Diese wurzeln vorrangig in einem völkischen Nationalismus, dessen Triebfeder ein elitäres Rassedenken ist. Nicht die Gemeinsamkeit der Geschichte, der Kultur und insbesondere der Sprache bestimmt nach diesem Weltbild die Zugehörigkeit zu einem Volk und zu einer Nation, sondern allein die biologische Abstammung ("Rassevolk", "Rassenation"). Die fehlende geschlossene Theorie des Rechtsextremismus wird in aller Regel durch die Dominanz einzelner "starker" Persönlichkeiten und durch das "Führerprinzip" kompensiert. Rechtsextremistische Politik ist weitgehend vom Willen, von den Fähigkeiten und dem Charisma der Leitfiguren abhängig. Folgende Vorstellungen können für den Rechtsextremismus als charakteristisch angesehen werden: die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse und der Nutzen für die Gemeinschaft sollen den Wert des Menschen ausmachen, der Staat und ein ethnisch homogenes Volk verschmelzen im Sinne einer angeblich vorgegebenen natürlichen Ordnung zu einer einheitlichen "Volksgemeinschaft", die staatlichen Führer handeln intuitiv nach dem einheitlichen Willen des Volkes. Diese Vorstellungen sind im Spektrum des Rechtsextremismus in unterschiedlichen Ausprägungen vorzufinden und äußern sich in folgenden Verhaltensmustern: 11 die Ablehnung und Ausgrenzung von allen, die den jeweiligen Vorstellungen nicht entsprechen, ein aggressiver antiparlamentarischer Nationalismus, die Rechtfertigung des Einsatzes von Gewalt als "Recht des Stärkeren". Das Bundesverfassungsgericht hat 1952 bei der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) die wesentlichen Merkmale entwickelt, die für rechtsextremistische Bestrebungen kennzeichnend sind3: - Missachtung wesentlicher Menschenrechte, besonders der Würde des Menschen, seines Rechtes auf freie Entfaltung und des Grundsatzes der Gleichheit vor dem Gesetz. Diese Einstellung äußert sich beispielhaft in Rassismus und Antisemitismus. - Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vornehmlich durch Diffamierung staatlicher Institutionen, demokratischer Parteien (Negierung des Pluralismusprinzips sowie Verneinung der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gewalten). Dies gipfelt in der Forderung nach einer autoritären bzw. diktatorischen Staatsund Sozialordnung, welche die Notwendigkeit eines nach innen und außen starken Staates sowie militärische Werte und hierarchische Prinzipien ("Führer" und "Gefolgschaft") überbetont. - Verharmlosung bzw. Leugnung der Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft (Revisionismus) sowie mangelnde Distanz zum "Dritten Reich" in der gesamten Spannbreite von Verharmlosung bis Verherrlichung. - Die Behauptung einer prinzipiellen biologisch bzw. rassisch begründeten Ungleichheit von Menschen verbunden 3 BVerfGE2,1. 12 mit der Ausgrenzung und Abwertung der nicht zur eigenen Gruppe gehörenden Individuen. - Überbewertung der aufgrund ethnischer Zugehörigkeit definierten "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Rechte und Interessen des Einzelnen (völkischer Kollektivismus) sowie fremder Nationen und Kulturen (Nationalismus). Anhänger einer Wiederbelebung des Nationalsozialismus, sog. Neonazis, streben direkt und offen eine nach dem Führerprinzip ausgerichtete totalitäre Staatsform und eine "Volksgemeinschaft" nach dem Vorbild der ehemaligen "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" (NSDAP) an. In Berlin lassen sich vier Ausprägungen des Rechtsextremismus unterscheiden: Erscheinung*formen - Gewaltbereite Rechtsextremisten, insbesondere rechtsextremistische Skinheads, neonazistische Gruppen und Einzelaktivisten, rechtsextremistische Parteien sowie - sonstige rechtsextremistische Organisationen. Die Akteure dieser Bereiche pflegen untereinander z. T. intensive Kontakte und arbeiten anlassbezogen zusammen. 13 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 2.1 Personenpotenziale in rechtsextremistischen Gruppierungen Berlin 1 Bund 2 1999 2000 1999 2000 Gesamt 2 935 2 915 52 400 52 600 ./. Mehrfachmitgliedschaften 150 240 1000 1700 Tatsächliches Personenpotenzial 2 790 2 680 51 400 50 900 Gewaltbereite Rechtsextremisten 740 830 9 000 3 9 700 3 Gewalttäter ohne Organisationszugehörigkeit 190 210 k.A. k.A. Skinheads 550 550 k.A. k.A. 4 Gewalttäter mit Organisationszugehörigkeit k.A. 70 k.A. k.A. Neonazis davon 420 440 2 200 2 200 "Unabhängige Kameradschaften" 105 75 k.A.5 k.A 5 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) 45 50 500 550 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) EM6 10 k.A.7 k.A.7 6 "Neonazikreis um Frank Schwerdt" EM 10 - - "Vandalen - Ariogermanische Kampfgemeinschaft" 15 15 - - "Wanderjugend Gibor" (WJG) EM6 s k.A.7 k.A.7 Unorganisierte Neonazis 225 280 k.A.7 k.A.7 Rechtsextremistische Parteien 1 630 1 500 37 000 36 500 "Deutsche Volksunion" (DVU) 630 630 17 000 17 000 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 220 240 6 000 6 500 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 30 30 k.A.9 k.A.9 "Die Republikaner (REP) 750 600 14 000 13 000 Sonstige rechtsextremistische Organisationen (insgesamt 8 Vereinigungen in Beriin) 145 145 4 200 4 200 1 Die Zahlen sind z.T. geschätzt und gerundet. 2 Die Zahlen sind z.T. geschätzt und gerundet. 3 Das BtV erfasst unter dieser Rubrik neben Skinheads auch gewaltbereite Rechtsextremisten anderer subkultureller Prägung (Gewalttäter ohne Organisationszugehörigkeit). 4 Hier ist erstmals das Gewaltpotenzial zusätzlich dargestellt, das rechtsextremistischen Organisationen zuzuordnen ist. 5 Bundesweit existieren zahlreiche vergleichbare Gruppierungen unter vielfältigen Bezeichnungen. Angaben zur Gesamtzahl der Mitglieder liegen jedoch nicht vor. 6 EM = Einzelmitglieder (pauschal mit jeweils 10 Personen gerechnet). 7 Zahl wird vom BtV nicht gesondert ausgewiesen. 8 Seit 1. Januar 2000 aufgelöst. 9 Das BfV erfasst die JN-Mitgliederzahlen unter der Rubrik "Sonstige rechtsextremistische Organisationen" (2000: bis zu 500, 1999: 350 Personen). 14 Das rechtsextremistische Personenpotenzial in Berlin umfasste im Jahr 2000 ca. 2 680 Personen und zeigte nach mehrjährigen Zuwachsraten erstmals einen leichten Rückgang (3,9 %). Die Entwicklung war auch bundesweit rückläufig. Das rechtsextremistische Gesamtpotenzial sank von 51 400 Personen auf 50 900 (1 %). Der Rückgang in Berlin ist wesentlich bedingt durch eine Reduzierung der Mitgliederzahl der "Republikaner" um 150 Personen (20 %), die in Berlin aktuell über 600 Mitglieder verfügen. Die Potenziale der übrigen Beobachtungsfelder zeigen in der Gesamtbetrachtung eine im Wesentlichen gleichbleibende Tendenz mit vergleichsweise geringen Schwankungsbreiten. Deutliche Schwerpunktverlagerungen waren im neonationalsozialistischen Spektrum festzustellen. Der Anteil des gewaltbereiten Spektrums der beim Berliner Verfassungsschutz erfassten Rechtsextremisten lag mit 830 Personen (1999: 740) weiter auf einem hohen Niveau. Hier ist erstmals zusätzlich das Gewaltpotenzial dargestellt, das rechtsextremistischen Organisationen zuzurechnen ist. Für das Jahr 2000 sind dies ca. 70 Personen. Der ganz überwiegende Teil des gewaltbereiten Spektrums gehört mit rund 550 Personen der Skinhead-Szene an. Der Anteil der nicht einer rechtsextremistischen Organisation zuzurechnenden sog. unorganisierten Gewalttäter erhöhte sich um 10,5 % auf 210 Personen (1999: 190). Die Neonazi-Szene konnte ihr Mitgliederpotenzial zwar mit weiteren 20 Personen um 4,8 % steigern. Der Anstieg ihrer Zuwachsraten hat sich jedoch gegenüber dem Vorjahr (27,3 %) deutlich abgeschwächt. Strukturelle Veränderungen innerhalb der Neonazi-Szene haben aber zu einer weiteren Verlagerung zu den unorganisierten Neonazis geführt, hier ist gegenüber dem Vorjahr mit 55 Personen (24,4 %) eine deutliche Steigerung zu verzeichnen. Sie stellen mit 280 Personen das größte Potenzial innerhalb der Neonazi-Szene (63,6 %). Die Zahl der in "Unabhängigen Kame- 15 radschaften" organisierten Neonazis reduzierte sich um 30 auf 75 Personen (28,6 %). Damit verfestigte sich der Trend der Vorjahre. Der Mitgliederbestand der rechtsextremistischen Parteien verzeichnet mit 1 500 Personen eine deutlich rückläufige Tendenz um 8% (1999: 1 630), jedoch verlief die Mitgliederentwicklung der einzelnen Parteien unterschiedlich. Wie im Vorjahr verzeichnete ausschließlich die Partei "Die Republikaner" (REP) signifikante Verluste. Die Mitgliederzahl sank um 20% auf 600 Mitglieder. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) konnte mit 630 ihren Mitgliederbestand ebenso wie die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) konstant halten. Allein der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gelang es, trotz der laufenden Verbotsdiskussion ihre Mitgliederzahl um 20 Personen (9,1 %) auf 240 Mitglieder zu steigern. Gesamtpotenzial: ca. 2 915 Personen* 16 2.2 Strafund Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund Berlin1 Bund2 1999 2000 1999 2000 Gewalttaten: 3 Tötungsdelikte 0 0 1 2 Versuchte Tötungsdelikte 0 0 13 15 Körperverletzungen 27 31 630 874 Brandstiftungen 0 1 35 41 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 1 2 7 Landfriedensbruch 2 6 65 59 Gesamt 29 39 746 998 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 2 5 373 704 Nötigung/Bedrohung 14 16 220 320 Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen 103 148 6 719 10 435 verfassungswidriger Organisationen Andere Straftaten, insb. Volksverhetzung 90 125 1 979 3 494 Gesamt 209 294 9 291 14 953 Straftaten insgesamt | 238 ] 333 10 037 15 951 1 Die Zahlen beruhen auf Angaben des Polizeipräsidenten in Berlin - Landeskriminalamt (LKA) - vom 11. Januar 2001. Die Berliner Zahlen enthalten vollendete und versuchte Straftaten. Es wurden vom LKA Berlin die eingeleiteten Strafermittlungsverfahren gezählt. Wurden mehrere Straftaten in Tateinheit verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 2 Die Zahlen des Bundes beruhen auf Angaben des BfV vom 22. März 2001. Sie enthalten ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Sind z. B. während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 3 Ein nachträglich gemeldetes vollendetes Tötungsdelikt vom 13. September 2000 in Schleswig-Holstein zum Nachteil eines Obdachlosen ist in dieser Darstellung nicht enthalten. Die 1999 für Berlin festgestellte rückläufige Entwicklung der rechtsextremistischen Straftaten (53 %) hat sich nicht fortgesetzt. Im Jahr 2000 ist für Berlin wieder ein deutlicher Anstieg um fast 40 % zu verzeichnen (1999: 238, 2000: 333). Bundesweit ist die Zahl der gemeldeten rechtsextremistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten im Vergleich 17 zum Vorjahr um 58,9 % gestiegen (1999: 10 037, 2000: 15 951). Diese Beobachtung gilt auch für die innerhalb dieser Zahl erfassten rechtsextremistischen Gewalttaten, die nach einem Rückgang im Jahr 1999 um 64,6 % im Jahr 2000 um 34,5 % anstiegen (1999: 29, 2000: 39). Bundesweit stieg die Zahl der Gewalttaten um 33,8 % an (1999: 746, 2000: 998). Eine ähnliche Steigerung erfolgte bei den sonstigen Straftaten gegenüber 1999 mit einem Zuwachs von 40,7% (1999: 209, 2000: 294). Hierbei werden überwiegend Delikte wie die Verbreitung von Propagandamitteln und die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung erfasst. Der bundesweite Anstieg liegt hier bei 60,9 % (1999: 9 291, 2000: 14 953). Das Verhältnis der Gewalttaten zu den übrigen Straftaten ist mit 13,3 % im Vergleich zu 1999 (13,9 %) in etwa konstant. 18 Straftaten Berlin Bund aufgeschlüsselt nach Zielrichtung 1999 2000 1999 2000 Straftaten darunter u. a. Zielrichtung 238 333 10 037 15 951 fremdenfeindlich 68 70 2 283 3 594 antisemitisch 59 56 817 1 378 sonstige 111 207 6 937 10 979 Die Anzahl der Straftaten mit fremdenfeindlicher oder antisemitischer Zielrichtung ist in Berlin entgegen dem Bundestrend (Anstieg um 57,4 bzw. 68,7 %) gegenüber 1999 nahezu unverändert. Bei den sonstigen Straftaten mit anderer rechtsextremistischer Motivationslage ist in Berlin eine Zunahme um 86,5% (1999: 111, 2000: 207), im Bund eine Steigerungsrate von 58,3 % (1999: 6 937, 2000: 10 979) zu verzeichnen. Hierzu gehörten insbesondere das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und z.B. Straftaten gegen politische Gegner. Gewalttaten Berlin Bund aufgeschlüsselt nach Zielrichtung 1999 2000 1999 2000 Gewalttaten, darunter u. a. Zielrichtung 29 39 746 998 fremdenfeindlich 27 25 451 641 antisemitisch 0 0 16 29 politischer Gegner 0 5 53 43 sonstige 2 9 226 285 Die Anzahl der fremdenfeindlich motivierten Gewalttaten ist in Berlin im Vergleich zum Bund (Steigerung um 42,1 %) nahezu gleich geblieben, wie auch im Jahr 1999 handelte es sich überwiegend um Körperverletzungen. Antisemitische Gewalttaten waren nicht festzustellen. Signifikant ist der Anstieg der Gewalttaten, die sich gegen politische Gegner richteten. Die Zahl erreichte jedoch nicht den Höchststand des Jahres 1998 19 (8 Gewalttaten). Bundesweit ist hier ein Rückgang um 18,9% erfolgt (1999: 53, 2000:43). Beispiele: Drei unbekannte Täter verfolgten und Tritten. Die dem äußeren Eram 22. Januar einen syrischen scheinungsbild nach der rechtsStaatsangehörigen und griffen ihn extremistischen Skinhead-Szene tätlich an, indem sie Bierflaschen zuzurechnenden Täter verletzten nach ihm warfen. Einer der Täter ihre Opfer teilweise im Gesicht, im soll versucht haben, den GeUnterleib und anderen Körperschädigten mit einem Teleskopteilen. Einer der Angegriffenen schlagstock zu schlagen. Nach wurde unter Androhung weiterer Aussagen des Geschädigten wurSchläge gezwungen, die Springerde er aufgrund seines ausländistiefel seines Peinigers zu lecken. schen Aussehens angegriffen. Die Der Zwischenfall war von den Täter wurden dem äußeren ErVerantwortlichen unvermittelt mit scheinungsbild nach der rechtseiner herausfordernden Frage extremistischen Szene zugeordnet nach Einstellung und Gesinnung (Glatze und Springerstiefel). der Jugendlichen eingeleitet worden. Am 12. März traktierten am Brandenburger Tor zwei Teilnehmer eiAm 24. Mai wurde ein aus Gambia nes von der NPD angemeldeten stammender Staatsangehöriger und unmittelbar vor der Tat beenvon drei unbekannten Tätern bedeten Aufzuges einen Gegendeleidigt und angegriffen. Die Täter monstranten. Sie traten und schlubeschimpften den Geschädigten gen auf ihren Widersacher ein, der mit den Worten "Was macht der u.a. im Gesicht verletzt wurde. Bimbo denn im Bus? .... Nigger, Kanake". Weiterhin schlugen und Am 20. April attackierten in Berlintraten die Täter dem Geschädigten Köpenick Gewalttäter aus einem gegen den Oberkörper, so dass er Pulk von etwa zehn Personen eine Verletzungen an der Schulter erlitt. Gruppe Jugendlicher mit Schlägen Die sonstigen rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten stiegen bundesweit um 26,1 % (1999: 226, 2000: 285), in Berlin von 2 auf 9. Fremdenfeindliche Gewalttaten Berlin Bund aufgeschlüsselt nach Deliktarten 1999 2000 1999 2000 Tötungsdelikte 0 0 1 1 Versuchte Tötungsdelikte 0 0 11 9 Körperverletzungen 25 23 386 569 Brandstiftungen 0 0 29 31 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 0 3 Landfriedensbruch 2 2 24 28 Fremdenfeindliche Gewalttaten insgesamt 27 25 451 641 1 --_.. 20 Örtliche Zuordnung der Straftaten und Tatverdächtigen Den insgesamt 333 Straftaten (329 Tatorte, 4 sind unbekannt) im Jahr 2000 konnten durch das LKA Berlin 283 Tatverdächtige zugeordnet werden. Straftat / Tatort Bezirk Wohnort der Tatverdächtigen Charlottenburq 9 Charlottenburq 2 Kreuzberg 9 Kreuzberg 2 Neukölln 13 Neukölln 18 Reinickendorf 5 Reinickendorf 8 Schöneberg 2 Schöneberg 1 Spandau 5 Spandau 9 Steglitz 4 Steqlitz 5 Tempelhof 11 Tempelhof 4 Tierqarten 14 Tiergarten 5 Weddinq 4 Wedding 3 Wilmersdorf 3 Wilmersdorf 1 Zehlendorf 4 Zehlendorf 0 Friedrichshain 17 Friedrichshain 19 Hellersdorf 30 Hellersdorf 24 Hohenschönhausen 5 Hohenschönhausen 10 Köpenick 15 Köpenick 25 Lichtenberg 22 Lichtenberg 22 Marzahn 21 Marzahn 45 Mitte 71 Mitte 13 Pankow 14 Pankow 9 Prenzlauer Berq 14 Prenzlauer Berq 18 Treptow 21 Treptow 36 Weißensee 16 Weißensee 4 Summe 329 Summe 283 Hier ist ein deutlicher Schwerpunkt in den östlichen Berliner Bezirken mit 246 Straftaten (ca. 74,8 %) und 225 Tatverdächtigen (ca. 79,5 %) zu erkennen. Viele Straftaten wurden im Zusammenhang mit demonstrativen Aktionen der rechtsextremistischen Szene begangen und sind somit vom Veranstaltungsort abhängig. So sind beispielsweise im Berliner Bezirk Mitte von den registrierten 71 Straftaten 22 im Zusammenhang mit NPD-Demon- 21 strationen verübt worden. Weiterhin sind für die Tatorte die Ziele der rechtsextremistischen Straftäter entscheidend. So richteten sich im Bezirk Mitte 21 Straftaten gegen dort befindliche jüdische Einrichtungen. Wie das Beispiel der NPD-Demonstrationen im Bezirk Mitte zeigt, sind es meist derartige äußere Anlässe, die zu einer erhöhten Feststellung von Straftaten durch die Polizei führt. Zu nennen ist auch der Bezirk Hellersdorf, hier wurden anlässlich der Demonstration der NPD am 1. Mai 2000 allein 11 von 30 im gesamten Jahr 2000 verübten Straftaten registriert. 22 Verteilung der Gewalttaten auf die Berliner Bezirke Bezirk Gewalttaten Bezirk Wohnort der Tatverdächtigen Charlotten bürg 0 Charlottenburg 1 Kreuzberg 0 Kreuzberg 0 Neukölln 2 Neukölln 9 Reinickendorf 0 Reinickendorf 0 Schöneberg 1 Schöneberg 0 Spandau 1 Spandau 2 Steglitz 0 Steglitz 2 Tempelhof 0 Tempelhof 0 Tiergarten 0 Tiergarten 0 Wedding 1 Wedding 0 Wilmersdorf 1 Wilmersdorf 0 Zehlendorf 1 Zehlendorf 0 Friedrichshain 5 Friedrichshain 14 Hellersdorf 2 Heltersdorf 0 Hohenschönhausen 0 Hohenschönhausen 4 Köpenick 3 Köpenick 4 Lichtenberg 3 Lichtenberg 4 Marzahn 1 Marzahn 6 Mitte 7 Mitte 2 Pankow 1 Pankow 3 Prenzlauer Berg 5 Prenzlauer Berg 4 Treptow 3 Treptow 10 Weißensee 1 Weißensee 1 unbekannt in Berlin 1 unbekannt in Berlin 1 auswärtige Täter 0 auswärtige Täter 8 Summe Summe 75 Auch bei den Gewalttaten lag der Schwerpunkt, wie 1999, im Jahr 2000 mit 32 Straftaten (82,1 %) in den östlichen Bezirken. Von den 67 Berliner Tatverdächtigen wohnen 52 (77,6 %) in den östlichen Bezirken. 23 Altersstruktur der Tatverdächtigen von Gewalttaten unter16Jahre 16-17 Jahre 18-20Jahre 21-30Jahre 31 - 40 Jahre über40Jahre 3 Kommunikationswege Seit Jahren nutzen Rechtsextremisten neue Kommunikationsmöglichkeiten, um sich untereinander besser zu vernetzen. 3.1 Internet Das Internet bietet Rechtsextremisten die Chance, strukturelle Schwächen zu überwinden und eine informationelle Vernetzung der meist regional und organisatorisch zersplitterten Szene herzustellen. Auf der Homepage des "Nationalen Widerstandes", die mehrere Neonazi-Gruppen als gemeinsame Plattform für bundesweite Mitteilungen nutzen, wird hierzu erklärt: 4 Hinweis: Adressen der hier genannten Internet-Einstellungen von Extremisten werden aus grundsätzlichen Erwägungen nicht aufgeführt. 24 "Di(c) eigene Darstellung wird Nationalisten auf allen Gebieten verweigert. Nationale Publikationen/Meinungen werden nicht an Kiosken verkauft, sie werden nicht im Radio gesendet und erst recht nicht im Fernsehen berücksichtigt. Die Darstellung in den gleichgeschalteten Medien über Nationalisten reduziert sich auf Verschweigen, Klischees, Lügen und Verteufelung. Das einzige Medium, wo Nationalisten ihre Sicht der politischen Lage einer großen Menschenmenge präsentieren können, ist das Internet. Sozialistische Nationalisten standen schon immer neuen Techniken aufgeschlossen gegenüber. Unser Weg war es schon immer Erhaltenswertes aus der Vergangenheit mit Innovationen der Gegenwart für eine bessere Zukunft zu verbinden." Der bereits in den letzten Jahren feststellbare Anstieg deutscher Homepages mit rechtsextremistischem Inhalt setzte sich auch im Jahr 2000 unvermindert fort. Während sich die Anzahl einschlägiger Seiten zwischen 1996 und 1999 nahezu verzehnfacht hatte und Ende des vergangenen Jahres bei rund 320 lag, sind gegenwärtig etwa 800 Internet-Seiten von deutschen Rechtsextremisten bei den Sicherheitsbehörden bekannt. Die gegenwärtige Situation ist allerdings von erheblichen Veränderungen geprägt. Der zurzeit herrschende politische Druck und eigene Initiativen verschiedener Provider führen dazu, dass immer wieder einschlägige Seiten aus dem Netz genommen werden, gleichzeitig aber auch neue entstehen. Bei der Nutzung des Internets profitieren die Rechtsextremisten besonders von ausländischen Providern, welche die entsprechenden Seiten ins Netz stellen und dabei vor Strafverfolgung sicher sind, weil in ihren Ländern weniger strenge Regelungen bestehen als in Deutschland. Das rechtsextremistische Spektrum kann so das Internet sowohl für die Veröffentlichungen sog. Schwarzer Listen zur gezielten Agitation gegen politische Gegner nutzen, als auch für die Präsentation von Skinhead-Musik, die über sog. MP3-Tondateien kostenlos und zur Vervielfältigung geeignet verfügbar ist. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung ist die Homepage der Berliner "Kameradschaft Germania", auf der seit dem 31. März 25 auf aktuelle Termine innerhalb der rechtsextremistischen Szene hingewiesen wird, Berichte über den Ablauf vergangener Aktivitäten nachzulesen sind oder aktuelle Flugblätter aufgerufen werden können. Homepage "Kameradschaft Germania" Diese Art der Internetnutzung deutet darauf hin, dass auch innerhalb der Berliner neonazistischen Szene die Bestrebungen zunehmen werden, durch den Aufbau neuer Homepages einerseits weitere Vernetzungen innerhalb des Spektrums zu schaffen und andererseits nach außen für sich zu werben. Auch die rechtsextremistischen Parteien haben die Bedeutung dieses Mediums erkannt und eigene Homepages eingerichtet. Vorreiter war die NPD , die seit 1996 im Internet vertreten ist. Die DVU weist im Netz seit 1997 auf ihr Programm, aktuelle Veranstaltungen und auf ihre "Deutsche National-Zeitung/ Deutsche Wochen-Zeitung" hin. Das seit 1996 bestehende Internetangebot der REP umfasst auch eigene Seiten von Landesverbänden und deren Untergliederungen. 26 MPO Willkommen auf den InformationsseitentierMPO! santrag b&reits im Vorverfahren? +*+ Ürescfen g&äenkt der Opfer der aftlk Homepage der NPD W i l l k o m m e n auf der Internet-Seite der D e u t s c h e n V o l k s u n i o n (DVU) DVÜ: Mehr Demokratie! DVU; Ja zum Gmmjqesetz! DVU: Knallhart g e g e n G e w a l t ! m zu Auslanrierhassj Homepage der DVU DIE REPUBLIKANER seziai - patriotisch - ökologisch Homepage der REP 27 3.2 Mailboxen Eine weitere Möglichkeit des Nachrichtenaustausches bietet sich der rechtsextremistischen Szene durch das Betreiben von Mailboxen. Bisher einschlägige Mailbox-Verbundsysteme wie das "Thule"und das "Nordland"-Netz haben jedoch aufgrund der rasant fortschreitenden Entwicklung des Internets als problemlos zu handhabendes Informationsmedium erheblich an Bedeutung für die Kommunikation eingebüßt. Mitte 1999 stellten beide Netze ihre Aktivitäten ein, weil die Erreichung der angestrebten Ziele (Vergrößerung des Kommunikationsnetzes) als gescheitert angesehen wurde. Diejenigen, die an der Nutzung der Mailbox-Kommunikation festhalten, haben sich zwischenzeitlich in kleinen Mailbox-Zirkeln, wie dem "Thing-Netz" und dem "NMV-Netz" (Nationaler Medienverband) zusammengeschlossen. Diese entfalten jedoch nicht mehr die beabsichtigte Breitenwirkung. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Internets auch diese Netze keine allzu lange Bestandskraft mehr haben werden. 3.3 "Nationale Info-Telefone" Eine wichtige Funktion bei der Vernetzung von Rechtsextremisten erfüllen auch die "Nationalen Info-Telefone" (NIT), die Informationen mittels Anrufbeantwortern verbreiten und die Möglichkeit bieten, Nachrichten zu hinterlassen. Sie werden insbesondere zur anlassbezogenen Mobilisierung genutzt. Seit dem Jahr 2000 existiert auch eine Homepage unter dem Namen "NITNachrichten, Informationen, Theorie", die von einem norddeutschen Rechtsextremisten betrieben wird, der auch gleichzeitig mehrere "Nationale Info-Telefone" betreibt. Relevant für Berlin ist seit dem 30. Oktober 1997 das "NIT Preußen - Stimme des nationalen Widerstandes für Berlin und 28 Brandenburg", welches von dem Berliner Neonazi Mike PENKERT von dessen jetzigen Wohnsitz im Land Brandenburg aus betrieben wird. Allerdings bietet dieses Info-Telefon bei schlechter Tonqualität lediglich überholte Meldungen und Veranstaltungshinweise an. Grundsätzlich erweist sich dieses Medium als kostengünstige und effektive Form der Informationsverbreitung und bewährt sich aus Sicht des rechtsextremistischen Spektrums besonders bei der kurzfristigen Organisation von Veranstaltungen wie z. B. Demonstrationen oder Kundgebungen. 3.4 Medienprojekt "Radio Germania - Das Radio für nationale Interessen" Berliner Neonazis produzierten seit dem Frühjahr 1996 das Hörfunkprogramm "Radio Germania". Sie nutzten den "Offenen Kanal Berlin" (OKB), der jedem Interessenten die technischen Möglichkeiten bietet, ein eigenverantwortlich gestaltetes Programm über Rundfunk oder Fernsehen in Berlin ausstrahlen zu lassen. Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) entschied nach langem Rechtsstreit am 3. Juli 2000, den Sendeverantwortlichen Mike PENKERT von der Nutzung des OKB dauerhaft auszuschließen. In der Begründung wurde u. a. auf die letzte Sendung vom 29. Oktober 1999 verwiesen, in der mit Äußerungen über den verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, und über die "Reichskristallnacht" gegen die SSSS189 StGB (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) und 185 StGB (Beleidigung) sowie gegen die entsprechenden Passagen im Medienstaatsvertrag (MStV) bzw. im Rundfunkstaatsvertrag (RStV) verstoßen wurde. Insgesamt attestierte der Medienrat "Radio Germania" ein Sendekonzept, das durchgängig durch tendenziell antisemitische, 29 fremdenfeindliche, kriegsverherrlichende und die nationalsozialistische Herrschaft verharmlosende und beschönigende Elemente gekennzeichnet gewesen sei. Das Projekt "Radio Germania" wird seit 1998 über einen Server in Großbritannien im Internet verbreitet. Dabei wird regelmäßig über aktuelle Termine und einschlägige Musikangebote informiert. Im sog. Gästebuch riefen einige "Besucher" u. a. offen zum "Heiligen Rassen-Krieg" auf. Homepage "Radio Germania" Die Anzahl der Nutzerzugriffe auf die Internetseite des Projekts ist nach dem dauerhaften Ausschluss vom Programm des OKB gestiegen. Sie bewegt sich bei über 100 000 seit Einrichtung der Homepage im Jahr 1998. Im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wegen strafrechtlich relevanter Äußerungen in dem "Gästebuch" wurde am 13. Juli 2000 bei einer Wohnungsdurchsuchung der Computer eines Beschuldigten beschlagnahmt. 4 Militante Rechtsextremisten Der Anteil des gewaltbereiten Spektrums der beim Berliner Verfassungsschutz erfassten Rechtsextremisten lag mit 830 Personen (1999: 740) weiter auf einem hohen Niveau. Hier ist erstmals das Gewaltpotenzial zusätzlich erfasst, das rechtsex- 30 tremistischen Organisationen zuzurechnen ist. Für das Jahr 2000 sind dies ca. 70 Personen. Der ganz überwiegende Teil des gewaltbereiten Spektrums gehört mit rund 550 Personen der Skinhead-Szene an. Der Anteil der nicht einer rechtsextremistischen Organisation zuzurechnenden sog. unorganisierten Gewalttäter erhöhte sich um 10,5 % auf 210 Personen (1999: 190). Von dem hier genannten Potenzial geht grundsätzlich eine ständige Gefahr rechtsextremistisch motivierter Gewaltanwendung aus. Typisch für den Personenkreis ist ein weitverbreiteter "Waffenfetischismus". Ein Teil von ihnen findet sich im Rahmen von Wehrsportgruppen zu Übungen "an der Waffe" zusammen. Derartige Aktivitäten wurden in Berlin im Jahr 2000 allerdings nicht festgestellt. 4.1 Rechtsterroristische Ansätze In Deutschland existiert keine rechtsextremistische Terrorgruppe im Sinne einer "Braunen Armee Fraktion". Zum Aufbau einer derartigen klassischen Terrorgruppe im Sinne von SS 129a StGB verfügt die rechtsextremistische Szene weder über die erforderliche Logistik und die finanziellen Mittel, noch über qualifizierte Führungspersonen und eine genügend stark entwickelte Unterstützerszene. Es fehlt an der Entschlossenheit und Bereitschaft einzelner Rechtsextremisten, bewusst, planvoll und zielgerichtet den Schritt in die Illegalität zu wagen und aus dieser heraus regelmäßig schwerste Straftaten, insbesondere gegen Leib und Leben politischer Gegner zu begehen. Aber mehrere bedeutsame Waffenund Sprengstofffunde, so im Jahr 2000 auch im Raum Berlin/Brandenburg (halbautomatisches Kleinkalibergewehr mit Zielfernrohr und Schalldämpfer, Rohrbombe), sowie Diskussionen innerhalb der rechtsextremistischen Szene über den gezielten Einsatz von Gewalt gegen 31 politische Gegner zeigen, dass es Ansätze zu Rechtsterrorismus gibt. Beispielhaft hierfür ist auch die am 24. Juni 2000 erfolgte Beschlagnahme von größeren Mengen Sprengstoff und von Waffen sowie Waffenteilen mit Munition bei Mitgliedern und Anhängern der inzwischen verbotenen rechtsextremistischen Gruppierung "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS) im Raum Pirna (Sachsen). Im Internet ist neben einer quantitativen Zunahme rechtsextremistischer Aktivitäten auch eine zunehmende Verschärfung der Inhalte zu verzeichnen. Anleitungen zur Herstellung von Sprengund Brandsätzen (z.B. "Der kleine Sprengmeister") werden ebenso eingestellt wie "Schwarze Listen" oder "HassSeiten" über politische Gegner. Selbst konkrete Mordaufrufe werden verbreitet. Diese Entwicklung wird sorgfältig beobachtet, um rechtzeitig ein Umschlagen in einen Rechtsterrorismus zu verhindern. 4.2 Skinhead-Szene Die Ende der 60er Jahre in Großbritannien entstandene Skinhead-Bewegung war ursprünglich eine jugendliche Subkultur. Sie verstand sich als Gegenpol sowohl zur "Punk-Bewegung" als auch zu dem aus ihrer Sicht "dekadenten" Bürgertum. Die äußerlichen Attribute - kahl geschorener Kopf, Jeans mit Hosenträgern, T-Shirt und/oder kariertes Baumwollhemd sowie schwere Arbeitsschuhe (sog. Doc Martens) - sollten ihre Träger bewusst als Angehörige der Arbeiterklasse identifizieren. Diese ursprünglich unpolitische Jugendszene, die sich Ende der 70er Jahre auch in Deutschland etablierte, entwickelte mehrheitlich jedoch relativ schnell ein diffuses rechtsextremistisches Weltbild, das insbesondere von einem übersteigerten National- 32 bewusstsein und rassistischer Ausländerfeindlichkeit geprägt ist. Von da an wurden die sog. Bomberjacken und Kampfstiefel zum Markenzeichen rechtsorientierter Skinheads. Mittlerweile ist dieses Erscheinungsbild kein eindeutiges Zuweisungsmerkmal mehr. Es ist zunehmend zu einer Modeerscheinung unter Jugendlichen geworden. Für die Zuordnung von Personen zum rechtsextremistischen Skinhead-Bereich gelten alternativ folgende Kriterien: Mitgliedschaft in Organisationszusammenhängen von den Skinhead-Organisationen "Blood & Honour" und "Hammerskins"5 - Verbindungen/Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Organisationen (NPD/JN) von Personen, die sich als Skinheads bekennen oder ihrem Äußeren nach als Skinheads zu bezeichnen sind. Rechtsextremistisch/neonazistisch motivierte, insb. fremdenfeindliche Strafund Gewalttaten von Personen, die sich als Skinheads bekennen oder ihrem Äußeren nach als Skinheads zu bezeichnen sind. Besuch und Organisation von Konzerten mit rechtsextremistischen Skinhead-Bands. 4.2.1 Skinhead-Musik Rassistisches und neonazistisches Gedankengut wird in der Skinhead-Szene vor allem über Musik verbreitet. Diese Musik wirkt als "Einstiegsdroge". Ihr kommt aber auch als verbindendes Element eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Verfestigung von Gruppen rechtsextremistischer gewaltbereiter Jugendlicher zu. Sie prägt die typischen Feindbilder der Skinhead-Szene, thematisiert in ihren Texten aber auch die "Unter- 5 Siehe Ziffer 4.2.2 "Skinhead-Gruppierungen". 33 drückung" durch den Staat und den Widerstand gegen das "System". Skinhead-Konzerte fördern das Gemeinschaftsgefühl in der ansonsten strukturarmen Skinhead-Szene. Darüber hinaus dienen sie der Kommunikation und als Forum zum Knüpfen von Kontakten und zum Austausch von Informationen. Durch Besuche von nationalen und internationalen Skinhead-Musikveranstaltungen entsteht ein Netz persönlicher Verbindungen. Im Rahmen dieser Konzerte kommt es immer wieder zur Begehung von rechtsextremistisch motivierten Straftaten. = .*~j t * **'** * Wm. Im Berichtszeitraum fanden bundesweit 82 Skinhead-Konzerte statt. 1999 waren es 109 Konzerte, so dass ein Rückgang um 24,8 % festzustellen ist. Ursache dürfte das konsequente bundesweite Vorgehen der Sicherheitsbehörden gegen derartige Veranstaltungen sein. Die im Vorjahr erkennbare Tendenz zu Konzerten mit größerer Teilnehmerzahl setzte sich in diesem Jahr nicht weiter fort. Die durchschnittliche Besucherzahl lag mit 210 Personen unter der des Vorjahres (300). In Berlin wurden lediglich zwei Skinhead-Konzerte registriert: Am 30. April fand im Bezirk festgenommen und die PersoLichtenberg ein Skinhead-Konzert nalien von acht weiteren Personen mit ca. 150 Personen statt. Die festgestellt wurden. Polizei löste die Veranstaltung auf, Ein am Abend des 14. Oktober im wobei zwei Besucher wegen Verehemaligen Klubhaus der verbostoßes gegen SS 86 a StGB (Vertenen rechtsextremistischen Skinwenden von Kennzeichen verhead-Gruppierung "Blood & Hofassungswidriger Organisationen) nour" geplantes Live-Konzert wur- 34 de im Vorfeld von der Polizei stellten die Personalien von 176 unterbunden. Die Einsatzkräfte Teilnehmern fest. Die verhältnismäßig geringe Zahl von Skinhead-Konzerten in Berlin liegt u. a. darin begründet, dass es in Berlin nur wenige Örtlichkeiten gibt, in denen Skinheads ungestört ihre Konzerte durchführen können. Bundesweit existieren derzeit 100 aktive Skinhead-Bands mit einem zum Teil überregionalen Bekanntheitsgrad. Zu diesem Kreis gehören die Berliner Gruppen "Landser", "Legion of Thor" und "Spreegeschwader". Darüber hinaus gibt es in Berlin die Skinhead-Bands "IDEE Z", "Doktor Sommer Team" (DST) und "Frontstadt". CD Cover der Gruppe Landser Einen besonderen Stellenwert für die Szene hat die Produktion und Vermarktung von Tonträgern mit "Skinmusik". Die Aufnahme und Produktion erfolgt in der Regel im Ausland (vornehmlich in den USA), da dort die Herstellung von Tonträgern mit fremdenfeindlichen/rassistischen Texten nicht generell unter Strafe gestellt ist. Bei Produktionskosten von 4 bis 5 DM pro CD, einem Verkaufspreis von 25 bis 30 DM pro Stück und einer Auflage von mehreren tausend Tonträgern ist der Gewinn für die Bands und Produzenten sehr hoch, so dass inzwischen einige Skinhead-Bands nur noch Tonträger produzieren und nicht mehr bei Konzerten auftreten. 35 4.2.2 Skinhead-Gruppierungen Ein Teil der Skinhead-Szene versucht weiterhin seine Strukturen zu festigen. Zu bundesweiten Strömungen hatten sich die "Blood & Honour"Skinheads und die "Hammerskins" entwickelt. * "Blood & Honour" (B & H) Homepage "Blood & Honour" Am 12. September hat der Bundesminister des Innern die deutsche "Division" der international agierenden Gruppierung "Blood & Honour" und ihre Jugendorganisation "White Youth" nach dem Vereinsgesetz verboten. Die 1994 in Berlin gegründete "Division Deutschland" mit zuletzt 18 Sektionen war die deutsche Gliederung der Ende der 80er Jahre in England von dem Musiker lan Stuart DONALDSON gegründeten neonazistischen und international ausgerichteten "Blood & Honour" - Bewegung. Diese verfolgt vorrangig den Zweck, ihre politischen Ziele über das Medium Musik zu transportieren und für die Musik und die Fanzines (Fan-Magazine) der Skinhead-Szene eigene Produktionsund Vertriebsstrukturen zu schaffen. 36 Seit 1997 verfügte die "Division Deutschland" über eine eigene Jugendorganisation namens "White Youth", deren Ziel die Heranführung Jugendlicher an die Bewegung war. Dieser Organisation gehörten bis zu ihrem Verbot nach eigenen Angaben bis zu 100 Personen an. Das Verbot wurde bundesweit vollzogen. Insgesamt erfolgten in 14 Bundesländern 45 Durchsuchungen. Dabei wurden Tonund Bildträger, Propagandamaterial, schriftliche Unterlagen der Organisationen, Kontounterlagen, Bekleidungsgegenstände, Aufkleber, Aufnäher, PC-Anlagen, Fanzines und sonstige Gegenstände sichergestellt. Bei einem Großteil der Gegenstände ergaben sich Anhaltspunkte für die Erfüllung der Straftatbestände der SSSS 86 StGB (Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen), 86 a StGB (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen), 130 StGB (Volksverhetzung) und 131 StGB (Gewaltdarstellung, Aufstachelung zum Rassenhass). In Berlin waren von den Durchsuchungen der ehemalige "Divisionsleiter Deutschland" und "Sektionsleiter Berlin", seine Lebensgefährtin sowie ein weiteres ehemaliges Mitglied der aufgelösten "Sektion Berlin" betroffen. Das Postfach sowie das ehemalige Klubhaus von "Blood & Honour" wurden ebenfalls durchsucht. Hier wurde nur wenig Material gefunden, weil in Berlin bereits im März 2000 gegen "Blood & Honour" erfolgreich exekutive Maßnahmen durchgeführt worden waren: Am 25. März wurde der damalige Leiter der "Division Deutschland" und der "Sektion Berlin" wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen SS 86a StGB vorläufig festgenommen. Der Betroffene plante, ein neues Fanzine mit dazugehöriger CD bundesweit zu vertreiben. Bei ihm konnten 1 500 Exemplare des Fanzines, 1875 CD's und 3 612 CD-Hüllen beschlagnahmt werden. 37 1 Trotz des Verbotes von "Blood & Honour" in Deutschland sind Aktivitäten ehemaliger Angehöriger der Gruppierung festzustellen, die auf eine Aufrechterhaltung der Organisation hindeuten. So fand am 23. September in Kaarsen-Laave/Kreis Lüneburg (Niedersachsen) ein Skinhead-Konzert statt, dessen Veranstalter "Blood & Honour" angehörten. Bei der Auflösung griffen etwa 500 Skinheads die eingesetzten Polizeibeamten mit Flaschen an, wobei 46 Beamte verletzt wurden. Am 14. Oktober verhinderte die Polizei ein Skinhead-Konzert, das im ehemaligen Berliner Klubhaus von "Blood & Honour" stattfinden sollte. Es wurden etwa 180 Skinheads und Neonazis festgestellt. Die teilweise Ausübung von Gewalt bei der Auflösung derartiger Veranstaltungen durch die Polizei offenbart eine neue ernstzunehmende Entwicklung. Dies wurde bereits im Juli deutlich, als die "Sektion Weser-Ems" von "Blood & Honour" eine Presseerklärung veröffentlichte, in der indirekt zu gewalttätigen Aktionen bei der Auflösung von Skinhead-Konzerten aufgerufen wurde. * Hammerskins j^ifa ammers km A Nation Die aus den USA stammende Bewegung der "Hammerskins" besitzt ein elitäres, rassistisches und zum Teil neonazistisches Weltbild. Ihr Ziel ist die Vereinigung aller weißen Skinheads in einer "Hammerskin-Nation". Die "Hammerskins" sind in Deutschland seit etwa 1995 aktiv. Offizielle deutsche "Sektionen" bzw. "Chapter" existieren in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, "Nordmark" 38 (Niedersachen und Schleswig-Holstein) und Sachsen. Bundesweit werden etwa 100 Mitglieder gezählt. Bei dem immer noch bedeutendsten "Chapter Berlin" ist derzeit ein Rückgang der Mitgliederzahl auf deutlich unter 20 Skinheads zu verzeichnen. Die Berliner Mitglieder reisen regelmäßig zu Skinhead-Konzerten mit rechtsextremistischen Bands in mehreren Bundesländern. Teilweise sind sie in die Organisation derartiger Veranstaltungen eingebunden. 4.2.3 Skinhead-Fanzines Neben der Skinhead-Musik sind auch die Skinhead-Fanzines ein wichtiges Kommunikationsmittel der Szene. Es gibt derzeit rund 45 deutsche Fanzines. Sie erreichen Auflagen von mehreren hundert bis zu über 2 000 Exemplaren. In Berlin wurde bisher das Fanzine "Blood & Honour" der "Division Deutschland" erstellt. Die letzte Ausgabe des "Blood & Honour"Fanzines (Nr. 9) vor deren Verbot gehört ebenso wie die Ausgabe Nr. 8 zu den am aufwendigsten gestalteten Heften in der deutschen Skinhead-Szene. "Blood & Honour"-Fanzine Nr. 9 CD-Cover 39 Darüber hinaus gibt die Berliner Sektion der "Hammerskins" in unregelmäßigen Abständen das Fanzine "Wehrt euch!" (zuletzt Mitte 1999) heraus. 5 Neonationalsozialistische Organisationen und Einzelaktivisten Neonationalsozialisten (Neonazis) kennzeichnet eine ausgeprägte Fixierung auf den Nationalsozialismus der NSDAP, teilweise auch in Ausprägung des sozialbzw. nationalrevolutionären Flügels der Gebrüder STRASSER und Ernst RÖHMs. Ausdruck dieser Haltung ist zumeist die Glorifizierung der führenden NS-Persönlichkeiten, die Verharmlosung der NSVerbrechen, das Aufnehmen damaliger Erscheinungsformen (z. B. Aufmärsche, Trommeln, Fackeln, Fahnen, Uniformierung) und das Verwenden von Kennzeichen aus dieser Zeit (z. B. sog. Hitler-Gruß, Hakenkreuz, "Sieg-Heil" - und "Heil Hitler" - Rufe). Kennzeichnend sind ein übersteigerter Nationalismus, Rassismus und Führerkult. Aufgrund der seit der Wiedervereinigung zunehmenden Aktivitäten neonazistischer Gruppen in Deutschland wurden die folgenden Organisationen vom Bundesminister des Innern bundesweit oder von lnnenministem/-senatoren der Länder regional verboten: 40 Verbot Verbotsbehörde Organisation "Nationalistische Front" (NF) 27.11.1992 Bundesminister des Innern "Deutsche Alternative" (DA) 10.12.1992 Bundesminister des Innern "Deutscher Kameradschaftsbund Wilhelmshaven" (DKB) 21.12.1992 Innenminister von Niedersachsen "Nationale Offensive" (NO) 22.12.1992 Bundesminister des Innern "Nationaler Block" (NB) 11.06.1993 Innenminister von Bayern "Heimattreue Vereinigung Deutschlands" (HVD) 14.07.1993 Innenminister von BadenWürttembi "Freundeskreis Freiheit für Deutschland" (FFD) 02.09.1993 Innenminister von Nordrhein-Westfal "Wiking Jugend e.V." (WJ) 10.11.1994 Bundesminister des Innern "Nationale Liste" (NL) 24.02.1995 Innensenator von Hamburg "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 24.02.1995 Bundesminister des Innern "Direkte Aktion/Mitteldeutschland" (JF) 05.05.1995 Innenminister von Brandenburg "Skinheads Allgäu" 30.07.1996 Innenminister von Bayern "Kameradschaft Oberhavel" 15.08.1997 Innenminister von Brandenburg "Heideheim e. V." 11.02.1998 Innenminister von Niedersachsen "Hamburger Sturm" 10.08.2000 Innensenator von Hamburg "Blood & Honour - Division Deutschland" 12.09.2000 Bundesminister des Innern Neonazistische Die seit 1992 ausgesprochenen Verbote neonazistischer OrSzene ganisationen sowie zahlreiche Gerichtsverfahren gegen führende Neonazis mit Verurteilungen zu empfindlichen Haftstrafen führten zu einer Zersplitterung der neonazistischen Szene. Sie war gezwungen, ihre politischen Aktivitäten anders zu organisieren und vor allem auf Vereinsstrukturen zu verzichten. So haben sich eine Reihe von Neonazis aus organisierten Personenzusammenhängen zurückgezogen, andere sind rechtsextremistischen Parteien beigetreten, um dort ihre politischen Ziele ungestört weiterverfolgen zu können. Beide Entwicklungen haben in den letzten Jahren auf Bundesebene und in Berlin zu einer Verringerung der Zahl der Organisationen in der NeonaziSzene geführt. An deren Stelle treten verstärkt organisationsunabhängige Personenzusammenschlüsse, die regional bzw. bundesweit durch Mailboxen, Internet, "Nationale Info-Telefone" und Mobiltelefone miteinander vernetzt sind. Die Neonazi-Szene konnte ihr Mitgliederpotenzial zwar mit weiteren 20 Personen um 4 % auf 440 Personen steigern. Der Anstieg ihrer Zuwachsraten hat sich gegenüber dem Vorjahr 41 (27,3 %) jedoch deutlich abgeschwächt. Der überwiegende Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bereich der unorganisierten Neonazis, die mit rund 280 Personen 63,6 % stellen. Die übrigen Personen gehören neonazistischen Kameradschaften und anderen neonazistischen Kleingruppen an. Innerhalb der Neonazi-Szene werden zunehmend die persönliche Bekanntschaft und das gegenseitige Vertrauen wichtiger. Dabei bestimmen gefestigte Kontakte, Verbindungen und übereinstimmende ideologische Leitvorstellungen innerhalb der Berliner und überregionalen Neonazi-Szene die Handlungsfähigkeit. Die Kooperation, Agitation und die Mobilisierung werden durch die Nutzung neuer Medien wesentlich erleichtert. 5.1 "Unabhängige Kameradschaften" Sitz: Bertin (fest ausschfieftfich in den östlichen Bezirtcei Anhängerzahl: k.A. bundesweit, etwa 75 in Bertin (1999:105) Organisaiionsstruktur: Lose Zusammenschlüsse Entstehung/Gründung: Seit 1995 als Reaktion auf das FAP-Verbot Ideologie: Neonazistisch Publikationen: Flugblätter Die Kameradschaftsbewegung ist neben wenigen über Jahre Ständiger Wandel hinaus bestehenden aktiven Kameradschaften von einer Vielzahl von Gruppierungen geprägt, die nur wenige Monate existieren und sich dann auflösen. Einige finden in Szeneveröffentlichungen Erwähnung, ohne dass Erkenntnisse über eine tatsächliche Existenz anfallen. Die Kameradschaften weisen weder eine vereinsmäßige Struktur noch formale Mitgliedschaften auf und bestehen im Durchschnitt aus 10-15 Personen. Im Jahr 2000 haben "Unabhängige Kameradschaften" an Bedeutung und Zugkraft verloren. Ihre Anzahl reduzierte sich im Jahresverlauf von acht auf sechs Gruppierungen. Das Personenpotenzial nahm von 105 auf 75 ab. 42 Ihre Aktionsschwerpunkte waren im Jahr 2000 im Wesentlichen auf die Teilnahme an Demonstrationen, Kundgebungen oder Teilnahme an NPDVeranstaltungen Parteitagen der NPD beschränkt. Eigene Aktivitäten mit einer nennenswerten Öffentlichkeitswirkung waren bis auf wenige Ausnahmen nicht zu verzeichnen. Eine Ausnahme hierzu bildete die "Kameradschaft Germania", die in der Vergangenheit wiederholt durch Flugblattaktionen und die regelmäßige Teilnahme an bundesweiten Demonstrationen des rechtsextremistischen Spektrums öffentlichkeitswirksam in Erscheinung trat und seit Anfang 2000 über eine Homepage im Internet verfügt, die regelmäßig überarbeitet wird. Das gegenwärtig noch bestehende Berliner Kameradschaftsspektrum ist in drei Lager zu unterteilen: Der wesentliche Teil gruppiert sich um den bekannten Neonazi Frank SCHWERDT, Mitglied des Bundesvorstandes der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD). Seit seiner Haftentlassung am 30. Mai 20006 sind seine Bestrebungen, mit unterschiedlichen Aktionen innerhalb des neonazistischen Spektrums dieser Szene neue Impulse zu verleihen und ihr auch in der Öffentlichkeit mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung zu verschaffen, klar erkennbar. Im Wesentlichen blieb er jedoch erfolglos. Inwieweit es ihm noch gelingen wird, die um ihn gruppierten Kameradschaften weiter für die Ziele und Aktivitäten der NPD einzuspannen, bleibt angesichts des laufenden Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht abzuwarten. Nachdem sich offizielle Parteikreise unter dem Eindruck eines drohenden Parteiverbots von den Neonazis taktisch distanziert haben, ist die in der Vergangenheit durchaus willfährige "Verfügungsmasse Kameradschaften" für die NPD nicht mehr ohne weiteres mobilisierbar. Neben dem Kameradschaftskreis um Frank SCHWERDT existieren in Berlin weitere Gruppierungen, die sich in ihrer poli- 6 6 Monate wegen Produktion und Verbreitung gewaltverherrlichender CD's. 43 tischen Ausrichtung und Struktur kaum von den dort eingebundenen Kameradschaften unterscheiden. Hier ist vorrangig der Kreis um den Neonazi Lars BURMEISTER zu nennen. Von diesem gehen allerdings seit längerem keine öffentlichen Aktivitäten aus. BURMEISTER wirkt mit seiner Gefolgschaft isoliert, die Szene kritisiert und belächelt teilweise seinen unbedingten Führungsanspruch, der sich weder intellektuell noch charismatisch begründen lasse. BURMEISTERs Aktionsfeld beschränkt sich gegenwärtig auf eine Kameradschaft. Seit Mitte des Jahres 2000 existieren unabhängig von den genannten Zirkeln um SCHWERDT und BURMEISTER zwei weitere Kameradschaften, deren Mitglieder bisher überwiegend nicht einschlägig bekannt waren: Im Juni 2000 wurde eine "Kameradschaft Adlershof" bekannt, bei der es sich allerdings um ein Personenbündnis handelt, das bisher keine nach außen gerichteten Aktivitäten entwickelte. Im Oktober wurde der Verfassungsschutz auf die "Kameradschaft Tor Berlin" aufmerksam, die sich im Juli 2000 gegründet hatte. Dieser Personenzusammenschluss verfügt über eine eigene Homepage im Internet. Hier mobilisierte er im Oktober auch für eine als Geburtstagsfeier deklarierte Veranstaltung in Berlin-Pankow, die von der Polizei aufgelöst wurde. Eigenen Darstellungen zufolge verfügt die Kameradschaft über enge Kontakte zur Jugendorganisation der NPD und zur "Kameradschaft Germania". 44 KS Mahlsdorf KS Germania KS um Lars BURMEISTER KS Prenzlauer Berg KS Adlershof KS Tor Berlin Den derzeit bekannten Kameradschaften gehören in der Regel Jugendliche bzw. junge Erwachsene an, die zumeist von älteren "gestandenen" Neonazis geführt und indoktriniert werden. In der Öffentlichkeit werden sie vorwiegend durch provokatives fremdenfeindliches Auftreten sowie durch Schmieraktionen wahrgenommen. Die Feststellung einer rechtsextremistischen Zielsetzung dieser Personenzusammenschlüsse ergibt sich in der Regel nur aus der ihnen zurechenbaren Sammlung oder Verbreitung rechtsextremistischen Propagandamaterials und dem Verwenden von Kennzeichen aus der NS-Zeit. Hier sind insbesondere das Rufen von "Sieg Heil" und "Heil Hitler" sowie das Zeigen des "Hitler-Grußes" zu nennen. 5.2 Weitere neonationalsozialistische Organisationen und Kleingruppen 5.2.1 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) Site: Frankfurt/Main Mitgliederzahl: 550 bundesweit (1999: 500), 50 in Berlin (1999:45) Organisattonsstruktur: Eingetragener Verein Entstehung/Gründung: 1979 Ideologie: Neonazistisch Publikationen: "Nachrichten der HNG" (monatlich, Auflage: ca. 600) Sammelbecken, SoiidargemeinDie 1979 gegründete HNG ist ein "Sammelbecken und eine Batreuun* sverein Solidargemeinschaft" für Neonazis aus Deutschland und dem 45 nahen Ausland. Ihre Aktivitäten bestehen weitgehend in der "Betreuung inhaftierter Gesinnungsgenossen". Ziel der HNG ist es, inhaftierten Gesinnungsgenossen Briefkontakte zu vermitteln, sie während der Haft und auch nach der Haftentlassung zu betreuen und damit weiterhin an die rechtsextremistische Szene zu binden bzw. wieder einzugliedern. Dafür nutzt die HNG u.a. ihre Publikation "Nachrichten der HNG", in der regelmäßig eine "Gefangenenliste" sowie eine Liste mit inhaftierten Personen, die einen Briefkontakt wünschen, abgedruckt ist. Darüber hinaus ruft die HNG zu Spenden für die in der "Gefangenenliste" genannten Personen auf. Die Betreuung wird damit begründet, dass die Verurteilung und Inhaftierung "nationaldenkender Menschen" der "Verletzung von Menschenrechten" gleich käme, die "nie verjähren" würde. Der eingetragene Verein, der die größte noch verbliebene Organisation der gesamtdeutschen Neonazi-Szene repräsentiert, wird seit 1991 von der bekannten Neonazi-Aktivistin Ursula MÜLLER geleitet. Er verfügt in Berlin mit etwa 50 Mitgliedern über ein Personenpotenzial, das im Jahr 2000 weiterhin Zulauf erhielt. Seit Januar 1999 fungiert der Berliner Neonazi HansChristian WENDT als Schriftleiter der "Nachrichten der HNG". Im Jahr 2000 unterstützte die HNG auch Berliner Neonazis ideell und materiell. So betreute sie z.B. ein Mitglied im Bundesvorstand der NPD, das von Dezember 1999 bis zum 30. Mai 2000 eine sechsmonatige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee wegen der Produktion und Verbreitung gewaltverherrlichender CD's verbüßte. Darüber hinaus kümmerte man sich um einen in Lübeck inhaftierten Neonazi, der vom Landgericht Lübeck am 8. Dezember 1999 wegen Mordes und Mordversuches zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Dieser hatte am 19. Februar 1997 politisch motiviert einen im Gebäude der PDS-Geschäftsstelle Berlin-Marzahn tätigen Buchhändler mit 46 einer Schusswaffe schwer verletzt. Während der anschließenden Flucht am 23. Februar 1997 in Schleswig-Holstein tötete er einen Polizeibeamten und verletzte einen weiteren schwer. Die HNG ist mit einer eigenen Homepage im Internet vertreten. Dort werden neben aktuellen Meldungen auch Gerichtsurteile und Termine veröffentlicht. Außerdem sind - allerdings mit mehrmonatiger Verspätung - die "Nachrichten der HNG" auf der Website abrufbar. Elektronische VoIItextsuehe Ausgabe yarbsfige Ausgabe j Nächste Ausgs HafsgemeiusAaft fiir nationale politische Gefangene uni deren ÄttgeHörigt? e.V. Homepage "HNG-Nachrichten" 47 5.2.2 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) Sitz: Lincoln, Nebraska (USA) Mitgliederzahl: k.A. bundesweit, Einzelmitglieder in Berlin Organisationsstruktur: Unabhängige Stützpunkte Entstehung/Gründung1 1978 Ideologie: Neonazistisch Publikationen: "NS-Kampfruf (alle zwei Monate) Die NSDAP-AO gilt seit Anfang der 90er Jahre als größter internationaler Hersteller und Vertreiber von NS-Propagandamaterial. Ihre Europaaktivitäten werden seit 1995 von dem niederländischen Neonazikreis um Eite HOMANN koordiniert. Seit der Festnahme des Leiters der NSDAP-AO Gary Rex Weiterhin LAUCK im März 1995 in Deutschland und seiner Verurteilung Rückgang der Aktivitäten durch das Landgericht Hamburg im August 1996 zu vier Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung ist ein deutlicher Rückgang der Aktivitäten dieser Organisation feststellbar. LAUCKs Entlassung am 23. März 1999 und seine umgehende Abschiebung in die USA haben bisher nicht zu einer nennenswerten Erhöhung der Aktivitäten geführt. Auf ihrer Homepage im Internet bezeichnet sich die NSDAP-AO selbst als Auslandsund Aufbauorganisation der NSDAP und als "panarische Kampfgemeinschaft", die das Ziel verfolgt, als wahlberechtigte Partei anerkannt zu werden und einen "nationalsozialistischen Staat in einem ... neuvereinigten Großdeutschen Reich ... auf einer rassischen Grundlage in der ganzen arischen Welt" zu schaffen. Der Schwerpunkt der Organisation scheint derzeit auf der regelmäßigen Überarbeitung ihrer Homepage zu liegen. Die Website wird von LAUCK in den USA betrieben, wo die in Deutschland strafbewehrten Inhalte keiner Strafverfolgung unterliegen. 48 Nazi Lauck NSDAP/AO NSDAP/AO of Gerhard Lauck aka Gary Lauck publishes Nasd newspapers in twelve languages. Otfers books on Naßonai Sociaiism or Naasm, NSDAP and Third Reich like Mein Kampf by Adolf Hitler, swasßka flags/regalia & more Order your j m 5 _ S A M B , B _ C 0 P Y= and extensive cricefctl Die NSDAP/AO gibt NS-Zeitschriften in zwölf Sprachen heraus sowie diverses Propagandamaterial wie zB Hakenkreuzaufkleber und Bücher über den Nationalsozialismus KOSTENLOSES PROBE-EXEMPLAR und ausrührliche Freisliste anfordern! Ulis Website is multi-linguat. Choose a language now! - Diese Wehsite ist mehrsprachig. Wählen Sie jetzt eine Sprache! - Bulgarisch, Dansk, Deutsch, Engüsh, Esnaikiht, Francais, XtaSana, Magvar, Nederlands, Nihonaa, Nnrsk, Portugals, Pycckhh, Srgski, Sgomeksi, Svenska. Homepage "NSDAP-AO" Im Jahr 2000 fiel die Homepage durch die dort gegebene Möglichkeit zur Bestellung von "Zyklon B Kanistern in Museumsqualität - Marke Konzentrationslager Auschwitz" auf. Die Nachbildungen enthalten allerdings keine gefährlichen Chemikalien. Darüber hinaus bot LAUCK auf der Homepage eine modifizierte Version des Computerspiels "Moorhuhnjagd" an, bei der die abzuschießenden Hühner durch einen Davidstern gekennzeichnet waren. Das Spiel wurde mittlerweile wieder von der Website entfernt, da die Firma, welche die Rechte an der Originalversion der "Moorhuhnjagd" hält, in den USA urheberrechtliche Schritte gegen LAUCK unternahm. Ende des Jahres verbreitete er ein neues antisemitisches Spiel mit dem Namen "KZ-Rattenjagd" in Anlehnung an das Spiel "Moorhuhnjagd", wobei die Ratten mit einem Davidstern gekennzeichnet sind. Neben der Internet-Präsenz der NSDAP-AO gibt sie die Publi"NS-Kampfruf" kation "NS-Kampfruf" heraus. Sie erschien im Jahr 2000 fünf Mal. In ihr wurde über überregionale rechtsextremistische Veranstaltungen berichtet, für Propagandamaterial der NSDAP-AO geworben und Nazigrößen wie Adolf HITLER und Reinhard HEYDRICH, 1942 bei einem Attentat in Prag getöteter erster Chef des Reichssicherheitshauptamtes und seit 1941 mit der Durchführung der "Endlösung der Judenfrage" beauftragt, por- 49 trätiert. Der "NS-Kampfruf" erscheint mittlerweile in zehn Sprachen. NS KÄMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN AfifittTERPARTEI AUSLANDS - UND AUFBAUOROAtt tSATtON -TU*"-" ~"'iTi -i"i [ I 5.2.3 "Vandalen - Ariogermanische Kampfgemeinschaft" Sitz: Berlin Mitgliederzaht: 15 (1999; 15} Organisationsstruktur: Keine Entstehung/Gründung: 1982 Ideologie: Neonazistisch Publikationen: Keine Die 1982 in der ehemaligen DDR gegründete Gruppierung "Vandalen - Ariogermanische Kampfgemeinschaft" besteht gegenwärtig aus einer Neonazi-Funktionärsgruppe von etwa 15 Personen, die der "Heavy-Metal-Szene" zuzurechnen sind. Sie unterhalten seit etwa 1990 rege Kontakte zu anderen rechtsextremistischen Organisationen und Parteien Berlins und der Umgebung, u. a. zum Landesverband Berlin-Brandenburg der NPD, und nehmen vereinzelt auch an deren Veranstaltungen teil. So beteiligten sich "Vandalen" im Jahr 2000 an den NPD-Demonstrationen am 27. Januar und 12. März am Brandenburger Tor sowie am 17. Juni in Königs Wusterhausen (Brandenburg). 50 Einzelne Personen der Gruppierung gehören der im Jahre 1993 gegründeten neonazistischen Skinhead-Band "Landser" an, die insgesamt fünf CD's veröffentlicht hat. Mehrere dieser Tonträger sind wegen des Verstoßes gegen die SSSS 86 a StGB (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und 130 StGB (Volksverhetzung) mit Einziehungsund Beschlagnahmebeschlüssen belegt oder von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjS) indiziert worden. Jeweils im September veranstalten die "Vandalen" anlässlich ihrer Gründung eine sog. Jahresfeier, die der Aufrechterhaltung bzw. Intensivierung von Beziehungen und Kontakten dienen soll. An der Veranstaltung am 16. September im Klubhaus der Vereinigung im Bezirk Weißensee nahmen über 230 Personen teil. Eine polizeiliche Überprüfung der Besucher ergab eine Vielzahl dem Verfassungsschutz bereits einschlägig bekannter Rechtsextremisten, unter anderem Mitglieder der NPD, ehemalige Angehörige der verbotenen Skinhead-Organisation "Blood & Honour" und bekannte Neonazis. Das Ereignis belegt erneut die hohe Anziehungskraft derartiger "Vandalen"-Feste und weist darüber hinaus auf die enge Verzahnung der Szene hin. Die "Vandalen" verfügen seit dem 30. September 2000 nicht mehr über das als regelmäßiger Treffpunkt genutzte Klubhaus. Ihnen wurde bereits 1999 der Mietvertrag vom Grundstückseigentümer gekündigt. 5.3 Unorganisierte Neonazis In Berlin stieg die Zahl der unorganisierten Neonazis auch im Jahr 2000 an. Während 1998 lediglich 120, 1999 bereits 225 unorganisierte Neonazis bekannt waren, stieg die Zahl im Jahr 2000 nochmals auf 280 Personen an. 51 Dieser Anstieg ist auf eine verbesserte Erkenntnislage von Polizei und Verfassungsschutz und auf den Strukturwandel im Bereich der neonazistischen Berliner Szene in Richtung unorganisierte Personenzusammenhänge zurückzuführen. Angehörige dieses Spektrums beteiligten sich im Jahr 2000 an Aktionen und Demonstrationen der NPD, an Aktivitäten neonazistischer Organisationen/Kameradschaften und an Aktivitäten im Zusammenhang mit der "Anti-Antifa" - Kampagne. * "Anti-Antifa"-Kampagne Als Reaktion auf den sog. Antifaschistischen Kampf linksextremistischer Aktionsgruppen (sprachlich verkürzt auf "Antifa"), der sich zunehmend gewalttätig gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten richtet7, propagierten 1992 Vordenker des rechtsextremistischen Lagers, darunter der bekannte Hamburger Neonazi Christian WORCH, die sog. Anti-Antifa. Diese "Anti-Antifa" sollte, wie es hieß, als "Widerpart der linken Antifa-Bewegung" die bis dahin oft eher sporadisch, ungeordnet agierenden eigenen Kräfte bei den Auseinandersetzungen mit Linksextremisten bündeln und in ihrer Schlagkraft durch die Entwicklung geeigneter Strukturen stärken. Es galt, künftig die Abwehr von Attacken des politischen Gegners organisiert vorzubereiten und darüber hinaus selber aktiv gegen einzelne Widersacher vorzugehen. Zudem wollte man die über die "politischen Gegner" gesammelten Daten veröffentlichen, verbunden mit einer zumindest indirekten Aufforderung, die betreffenden Personen tätlich anzugreifen. Entscheidende Impulse für die "Anti-Antifa" - Arbeit gibt seit Ende 1995 der führende niederländische Neonazi Eite HOMANN. HOMANN leitet und koordiniert seither in Amsterdam (Niederlande) den Aufbau einer "Zentralstelle" für die Sammlung und Auswertung von "Anti-Antifa" - Material. Dabei wird er von deutschen Neonazis, u. a. aus Berlin, unterstützt. 7 Siehe Teil Linksextremismus Ziff. 4.1.3 "Antifaschistischer Kampf. 52 In der zweiten Jahreshälfte 1999 erschienen zwei "Schwarze Listen" in der Öffentlichkeit, die zahlreiche Namen und sonstige Angaben zu Personen und Einrichtungen des "linken" politischen Spektrums in Berlin enthielten. Seit Oktober 2000 zirkuliert in der Berliner rechtsextremistischen Szene eine weitere Publikation namens "Der Frontkämpfer", Ausgabe Nr. 1, die von der "NS-Bewegung RheinlandPfalz" erstellt wurde. Teil des Heftes ist eine Liste, in der insgesamt 19 "Antifa"-Aktivisten, Journalisten, Mitarbeiter demokratischer Initiativen gegen Rechtsextremismus sowie Mitglieder des Berliner Landesverbandes der PDS mit Namen und Anschriften angegeben sind. 14 dieser 19 Personen sind in Berlin amtlich gemeldet. Bei der Liste handelt es sich um die Wiederverwendung von Angaben, die in einer der bereits 1999 erschienenen "Schwarzen Listen" aufgeführt waren. Einige Beiträge der Publikation müssen als Anregung zur Bekämpfung politischer Gegner verstanden werden, so ist u. a. eine Anleitung zur Herstellung von Buttersäure abgedruckt. Die Verfasser des "Frontkämpfers" beziehen in einer der "Schwarzen Liste" vorangestellten Stellungnahme Position zu "linken Terroraktionen", die quasi zur Anwendung empfohlen werden: .Einige werden mit recht sagen, die linken "Terroraktionen" seien ziemlich primitiv und dumm, dem ist aber nur zum Teil zuzustimmen. Primitiv mögen sie sein, aber mindestens genauso effektiv. ... Die Anarchos müssen erkennen, dass in uns noch ein anderes Potential steckt, nämlich eines, das bereit ist, Terror mit noch viel härterem Terror zu bekämpfen. ... Es kann nicht immer gewartet werden, bis sich alles auf irgend eine natürliche sog. "legale Art und Weise" regelt, denn dafür bleibt uns nicht die Zeit. ... Um dem antifaschistischen Terror mit gleicher Härte entgegenzutreten, ist es dringend notwendig die sog. ,Anti-Antifa"-Arbeit auf ein wesentliches zu verstärken." 53 Cover "Der Frontkämpfer" Im Berichtszeitraum wurde eine zweite Publikation mit Ursprung in Rheinland-Pfalz, der "Nahkampf", bekannt. Sie enthält Daten aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter auch aus Berlin. Genannt werden Anschriften und Telefonnummern von Politikern, örtlichen Geschäftstellen der Partei "Bündnis '90/Die Grünen" und jüdischen Einrichtungen. Für Berlin werden die Anschrift und Telefonnummer des Bundestagspräsidenten Wolfgang THIERSE, eines "Vereins der Freunde eines Schwulen Museums e.V." sowie fünf jüdischer Einrichtungen bezeichnet. Darüber hinaus geben die Verfasser Anleitungen zum Herstellen von Rauchbomben sowie juristische Ratschläge für die Teilnahme an Demonstrationen und Plakataktionen. Die Broschüre "Nahkampf" ähnelt in Aufmachung und Diktion der Publikation "Der Frontkämpfer". Trotz der auffälligen Betonung einer angeblichen Gewaltlosigkeit, dürfte der Verunsicherungseffekt und die latente Drohung gegen die genannten Personen und Institutionen Cover "Nahkampf eigentliches Ziel der Broschüre sein. 54 Das belegen eine in der Publikation enthaltene Anleitung zur Herstellung von Rauchbomben sowie abgedruckte Fotos von Soldaten, die mit einer Waffe auf den Betrachter zielen. Der übrige Inhalt des "Nahkampfs" besteht weitgehend aus veralteten Artikeln sowie Berichten über längst überholte Ereignisse wie z. B. den 70. Todestag von Horst WESSEL. Derartige Veröffentlichungen sollen zu Angriffen gegen die in ihnen genannten potenziellen Zielpersonen oder -Objekte animieren. Die Urheber kalkulieren Gewalttaten gegen ihre Feinde nicht nur ein und nehmen sie billigend in Kauf, sondern wollen vielmehr ihre Publikationen gewaltbereiten Szene-Angehörigen als Handlungsbeispiele für militante Aktionen an die Hand geben. Bisher wurden keine militanten Aktionen von Rechtsextremisten gegen Personen und Einrichtungen bekannt, die auf die Nennung in einer "Schwarzen Liste" zurückzuführen sind. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass politisch motivierte Einzeltäter oder Personenzusammenschlüsse aus dem gewaltbereiten rechtsextremistischen Spektrum sich ihre Ziele aus derartigen Veröffentlichungen heraussuchen. 6 Rechtsextremistische Parteien Die Gefahr, die auch im Vergleich gegenüber den vorgenannten Gruppierungen von den mitgliederstärkeren und besser organisierten nicht-militanten rechtsextremistischen Parteien ausgeht, besteht vor allem in ihrer Agitation und Propaganda. Auch wenn sie selber zumeist vor direkten Aufrufen zur Gewalt zurückschrecken und Lippenbekenntnisse zur Verfassung abgeben, so helfen sie doch, den Nährboden für Militanz zu bereiten. Parolen wie "Ausländer raus", die Diskriminierung von Asylsuchenden, kaum verschleierter Antisemitismus und Rassismus, Verharmlosung des Dritten Reiches, Verachtung der Demokratie und Hetze gegen ihre Repräsentanten gehören 55 zum typischen Auftreten dieser Organisationen. Zu nennen sind vor allem die beiden Parteien "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) und die "Deutsche Volksunion" (DVU) des Verlegers Dr. Gerhard Frey. * Entwicklung der Mitgliederpotenziale Die rechtsextremistischen NPD, DVU und "Die Republikaner" (REP) haben im Berichtszeitraum bundesweit unterschiedliche Mitgliederentwicklungen aufzuweisen. Während das Personenpotenzial der REP sich von 14 000 auf 13 000 Mitglieder verringert hat, blieb es bei der DVU mit 17 000 Mitgliedern konstant. Dagegen konnte im Jahr 2000 die NPD 500 Mitglieder hinzugewinnen, so dass die Partei nunmehr über 6 500 Personen verfügt. Diese Tendenzen lassen sich auch für die Berliner Untergliederungen dieser Parteien feststellen. Der Mitgliederbestand der DVU blieb mit 630 Personen unverändert, während die REP einen Verlust von 150 auf nunmehr 600 Mitglieder hinnehmen mussten. Nur die NPD konnte in Berlin einen Mitgliedergewinn von 20 auf derzeit 240 erzielen. 56 6.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Sitz: Berlin Mitgliederzahl: 6 500 bundesweit (1999: 6 000), 240 in Berlin, 225 in Brandenburg (1999: 220 in Berlin und 200 in Brandenburg) Orpanisationsstruktur: Partei Entstehung/Gründung: 1964 Ideologie; Rechtsextremistisch Publikationen: "Deutsche Stimme" (überregional, monatlich, Auflage: 10 000) "ZÜNDSTOFF - Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg'' (vierteljährlich, Auflage: 200) Ende Januar 2000 hat die NPD ihre Bundesgeschäftsstelle von Stuttgart nach Berlin-Köpenick verlegt. Der NPD-Landesverband Berlin-Brandenburg konnte sein Mitgliederpotenzial seit 1996 von 80 auf nunmehr 465 Personen erheblich steigern. Hierbei sind dem Berliner Bezirksverband der Partei 240 Mitglieder, dem Bezirksverband Brandenburg 225 Personen zuzurechnen. Die Steigerung der Mitgliederzahlen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es der NPD gelang, insbesondere in der neonationalsozialistischen Kameradschaftsszene auf Akzeptanz zu stoßen. Auch Teile des ungebundenen neonazistischen Potenzials fanden in der NPD als organisatorischem Rückhalt ein "legales Dach". Unter diesem meint man, relativ sicher vor einem Verbot agieren zu können, da an ein Parteiverbot erheblich schärfere rechtliche Voraussetzungen geknüpft sind, als dies bei Vereinsverboten der Fall ist. Zumindest etliche von ihnen verfolgen auch das Ziel, die Partei zu unterwandern. Dieser Zulauf führte auch zu einer erheblichen Verjüngung des Mitgliederpotenzials. Satzungsgemäß führte der NPD-Landesverband Berlin-Brandenburg am 23. Januar in Borgsdorf (Brandenburg) seinen 9. ordentlichen Landesparteitag durch, in dessen Mittelpunkt die Neuwahl des neunköpfigen Landesvorstandes stand. Mit der Wahl der NPD-Funktionärin Karola NACHTIGALL zur neuen Landesvorsitzenden fand ein Wechsel in der Spitze des hiesigen Landesverbandes statt. Die weitere Zusammensetzung des Landesvorstandes lässt eine Verjüngung dieses Gremiums 57 erkennen. Eine gleichartige Entwicklung manifestierte sich auch in der Altersschichtung des auf dem 3. ordentlichen Parteitag am 15. April 2000 neu gewählten Vorstandes des Bezirksverbandes Berlin. Der zum neuen Berliner Bezirksvorsitzenden gewählte langjährige NPD-Funktionär Georg MAGNUS kündigte in seiner Antrittsrede die Absicht der Partei an, in Berlin mehr Transparenz und Bürgernähe zu zeigen, auf lokaler Ebene die Kreisverbände zu stärken und durch Öffentlichkeitsarbeit an der Basis, etwa unter vermehrter Nutzung von Informationsständen, neue Akzente zu setzen. In der Folgezeit stellte der Berliner NPD-Bezirksverband in verschiedenen Berliner Bezirken einige Informationsstände auf. Diese Aktionen, an denen sich jeweils zwischen fünf und fünfzehn Parteianhänger beteiligten, fanden bei der Bevölkerung nur wenig Interesse. Da die NPD-Führung im Jahr 2000 auf eine zentrale Demonstration zum 1. Mai verzichtet hat, fanden bundesweit sechs regionale Veranstaltungen statt, an denen insgesamt rund 3 000 Personen teilnahmen. Nachdem das Oberverwaltungsgericht Berlin am 29. April die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und eine Kundgebung, nicht jedoch einen geplanten Umzug, des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der NPD in Berlin-Hellersdorf genehmigt hatte, versammelten sich am 1. Mai unter dem Motto "Arbeit für Millionen - statt Millionen für das Ausland" bis zu 1 200 Rechtsextremisten. Neben Anhängern der NPD nahmen auch zahlreiche Neonazis und Skinheads, darunter Angehörige von "Blood & Honour" und der "Hammerskins Berlin" teil. Der führende Hamburger Neonazi Christian WORCH erklärte, die Herrschenden hätten Angst vor den Rechten. Bundeskanzler SCHRÖDER bezeichnete er als Erfüllungsgehilfen derer, "die sich am deutschen Volk dumm und dämlich verdienen". Der ehemalige Vorsitzende der verbotenen "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) Friedhelm BUSSE rief zum Zusammenschluss der "Rechten" auf. Der "Nationale Widerstand" sei Träger eines "volkstreuen Sozialismus". Das NPD-Bun- 58 desvorstandsmitglied Andreas STORR erklärte, die Gewerkschaften seien "Arbeiterverräter", die NPD sei der einzig legitime Vertreter der deutschen Arbeiterinteressen. Während der Kundgebung versuchten ca. 450 Gegendemonstranten, darunter etwa 150 gewaltbereite Autonome, Absperrungen der Polizei zu durchbrechen. Starke Polizeikräfte konnten dies jedoch verhindern. Insgesamt wurden 190 freiheitsentziehende Maßnahmen durchgeführt, davon 180 aus dem Kreis der Gegendemonstranten und 10 gegen Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum. * Innerparteiliche Opposition: "Revolutionäre PlattformAufbruch 2000" (RPF) Im Frühjahr 2000 haben sich neonazistisch orientierte, parteiinterne Gegner des Bundesvorstandes zu einer "Revolutionären Plattform - Aufbruch 2000" (RPF) formiert. In einem Flugblatt der RPF heißt es zu ihrem Selbstverständnis: Revolutionäre Plattform - Aufbruch 2000 (RPF) ist der Zusammenschluß von revolutionären Nationalisten in der NPD/JN... Sie bildet eine Gesinnungsgemeinschaft in der NPD, die sich unter anderem mit Ausarbeitungen zum nationalistischen Weltund Menschenbild und zum strategisch-taktischen Weg der Partei zu Wort melden wird. Die Kameradinnen und Kameraden, die sich der RPF zugehörig fühlen, werden durch einen Sprecherrat vertreten. Die RPF will konstruktiv in die Partei hineinwirken und dazu beitragen, daß sich die Organisation zu einer wirklich geschlossenen, erfolgreichen, revolutionären Bewegung entwickelt. ... Auch Nichtmitglieder, die zur dargelegten Entwicklung der NPD beitragen wollen, sind aufgefordert, an den Diskussionsprozessen und der Arbeit der RPF mitzuwirken. ... Die Revolutionäre Plattform - Aufbruch 2000 versteht sich als Speerspitze des revolutionär kämpfenden Nationalismus und arbeitet für dessen ständige Vertiefung und Verbreitung in der Partei für die Partei. Die Differenzen zwischen der Parteiführung und den Angehörigen der RPF eskalierten im August, nachdem ein führender Vertreter der Gruppierung - entgegen der Direktive des Parteivorsitzenden, wegen der öffentlichen Diskussion um ein even- 59 tuelles Parteiverbot Demonstrationen nicht zu organisieren - im Namen einer "Initiative gegen Parteienverbot" für den 26. August eine Demonstration in Halle (Saale) angemeldet hatte. In einer offiziellen Stellungnahme distanzierte sich der NPD-Bundesvorstand von der angemeldeten Versammlung und erklärte, dass es sich nicht um eine Veranstaltung der Partei handele. Ihren vorläufigen Höhepunkt fanden die Auseinandersetzungen zwischen der Parteispitze und der RPF mit einer Demonstration am 4. November in Berlin, die von einer "Initiative für Versammlungsfreiheit" - vertreten durch den NPD-Aktivisten Steffen HUPKA und den führenden Neonazi Thomas WULFF - unter dem Motto "Meinungsund Versammlungsfreiheit" unter Beteiligung von ca. 1 200 Rechtsextremisten durchgeführt wurde. Als Redner der Abschlusskundgebung vor dem Berliner Rathaus traten HUPKA und WULFF auf. Anfang Dezember beschloss der Bundesvorstand, dass eine Mitgliedschaft in der NPD mit gleichzeitiger Zugehörigkeit zur RPF nicht vereinbar sei. 60 Der Konflikt wurde nach einem Beitrag in der "Deutschen Stimme", Ausgabe Februar 2001, Anfang des Jahres beigelegt. Die RPF habe ihre Auflösung erklärt. Im Gegenzug habe der Parteivorstand die Installierung einer offiziellen Arbeitsgemeinschaft (AG) angeboten, in deren Rahmen die bisherigen RPF-Mitglieder tätig werden könnten. Im Mittelpunkt der AG sollen weltanschauliche, strukturelle und organisatorische Fragen stehen. * Reaktionen der NPD auf die Verbotsdiskussion Die im Sommer 2000 begonnene Verbotsdiskussion und das in diesem Zusammenhang eingeleitete Prüfungsverfahren bestimmten in der Folgezeit die Aktivitäten der NPD. In einer ersten Reaktion bezeichnete das Präsidium in einer Presseerklärung vom 3. August die Verbotsdebatte als eine breit angelegte "Hetzund Diffamierungskampagne". In einer weiteren Presseerklärung vom 5. August bezweifelte der NPD-Parteivorsitzende Udo VOIGT die Ernsthaftigkeit der Verbotsdiskussion. So sehe die Partei einem solchen Antrag gelassen entgegen. Zugleich sprach sich VOIGT erneut gegen Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Forderungen aus. Trotz der demonstrativen Gelassenheit verzichtete die Parteiführung zunächst auf die Durchführung öffentlicher Veranstaltungen. So verzichtete der Landesverband Sachsen auf eine für den 13. August geplante Demonstration in Zwickau. Eine Anmeldung des Landesvorstandes Berlin-Brandenburg für eine Demonstration am Brandenburger Tor am 27. Januar 2001 gegen den Bau des Holocaustdenkmals wurde ebenfalls zurückgezogen. Mit Blick auf die anhaltende Verbotsdiskussion traf VOIGT grundsätzliche Feststellungen zum politischen Standort seiner Partei und legte am 9. August in einem Rundschreiben an alle Mitglieder dar, dass die Partei seit ihrer Gründung im Jahr 1964 auf dem Boden des Grundgesetzes stehe und Gewalt zur Durchsetzung ihrer Programmatik strikt ablehne. Angesichts der 61 Forderung des Bayerischen Innenministers nach einem NPDVerbot erarbeite die Rechtsabteilung der Partei daher eine Klage gegen den Politiker wegen Verleumdung, falscher Verdächtigung und Verfolgung Unschuldiger. Weiterhin kündigte er eine Mitgliederkampagne des Parteivorstandes unter dem Motto "Argumente statt Verbote" an. NPD-Transparent an der Bundesgeschäftsstelle Zur detaillierten Unterrichtung der teilweise verunsicherten Parteibasis über die aktuelle Entwicklung im Hinblick auf die Verbotsdiskussion wurden Anfang September kurzfristig vier Regionalkonferenzen für die Bereiche Nord (Landesverbände Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen), Mitte (Landesverbände Berlin-Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern), - West (Landesverbände Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Hessen und Saarland) und Süd (Landesverbände Bayern und Baden-Württemberg) einberufen. Die Versammlungen, an denen jeweils auch die Führungsspitze der Partei teilnahm, fanden unter Beteiligung von bis zu 100 Personen in den Bundesländern Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz statt. Die Diskussionsteilnehmer zeigten sich hinsichtlich eines NPD-Verbots überwiegend sehr gelassen. Ein Verbot sei unrealistisch, da hierzu zu viele Behörden und Länder auf eine gemeinsame Linie eingestimmt werden müssten. Die Befürworter eines Verbots würden nicht umhin kommen festzustellen, dass die Politik der NPD nicht im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen 62 Grundordnung stehe. VOIGT erklärte, dass die öffentliche Verbotsdiskussion der Partei zu einem ungeahnten Bekanntheitsgrad verholten habe. So sei die Mitgliederzahl mittlerweile auf etwa 7 000 angestiegen. Zur weiteren Vorgehensweise wurde die Parteibasis aufgerufen, sich an zahlreichen Aktionen wie Informationsständen und Mahnwachen zu beteiligen. Die von VOIGT in seinem Rundschreiben vom 9. August unter dem Motto "Argumente statt Verbote" angekündigte MitgliederKampagne startete am 9. September mit der Errichtung von Informationsständen u. a. in Berlin, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Thüringen. Obwohl der Parteivorstand dazu aufgerufen hatte, an diesem Tag bundesweit mindestens 100 Informationsstände aufzustellen, stießen diese Aktionen bei der Parteibasis nur auf geringe Resonanz. Nachdem die NPD das im Zusammenhang mit der aktuellen Verbotsdiskussion im Sommer verhängte Demonstrationsmoratorium im Oktober wieder aufgehoben hatte, führte sie am 25. November im Bezirk Mitte eine Demonstration unter dem Motto "Argumente statt Verbote - Nein zum NPD-Verbot!" durch. An dem Aufzug beteiligten sich etwa 1 400 NPD-Anhänger, unter ihnen der Bundesvorsitzende VOIGT und der Berliner Rechtsanwalt und NPD-Aktivist Horst MAHLER. Auf der Wegstrecke blockierten mehrere hundert Gegendemonstranten den Aufzug. Als Steine und Flaschen gegen die NPD-Anhänger flogen, wurde die NPD-Veranstaltung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von der Polizei beendet. 63 Die Bundesregierung hat am 8. November beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Verbot der NPD zu stellen. Mit eigenen Beschlüssen für einen Verbotsantrag sind am 10. November der Bundesrat und am 8. Dezember der Bundestag gefolgt. Die verfassungsfeindlichen Ziele der NPD sieht die Bundesregierung vor allem in drei Punkten als gegeben: Die NPD vertritt einen "völkischen Kollektivismus", der dem Vorrang der individuellen Grundrechte im Grundgesetz eindeutig widerspricht. Die Programmatik und Agitation der NPD ist von Antisemitismus und Rassismus geprägt. Die NPD zeigt eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Die Jugendorganisation "Junge Nationaldemokraten" übernimmt z. T. wörtlich die Terminologie des "25-PunkteProgramms" der NSDAP von 1920. Die NPD verfolgt nach dem Antrag der Bundesregierung diese Ziele in aktiv-kämpferischer Weise und setzt dabei auf das sogenannte Konzept des "Kampfes um die Straße", mit dem sie die Meinungsführerschaft im öffentlichen Raum anstrebt. Dabei versucht sie gezielt Skinheads und Neonazis zu mobilisieren. Auch die bundesweit 350 anhängigen Ermittlungsverfahren, die im NPD-Umfeld festzustellen sind, verdeutlichen den aggressiven Charakter der NPD. 64 * "Junge Nationaldemokraten" (JN) Sitz: Rtesa (Sachsen) I gliederzaht: bis zu 500 bundesweit (1999: 350), 30 in Berlin, 35 in Brandenburg (1999: 30 in Bertin und EM in Brandenburg) Organisationsstruktur: Jugendorganisation der NPD Entstehung/Gründung: 1969 Ideologie: Rechtsextremistisch Publikationen: "Der Aktivist" (1999 letztmalig erschienen) Als einzige rechtsextremistische Partei verfügt die NPD mit den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) über eine zahlenmäßig relevante Jugendorganisation mit bis zu 500 Mitgliedern. Diese hat jedoch im Zuge des Öffnungsprozesses zur Neonazi-Szene und der damit verbundenen Verjüngung der Mutterpartei an eigenständiger Bedeutung als Jugendorganisation verloren. Infolge dessen sind eigenständige JN-Aktivitäten stark rückläufig. Diese Entwicklung ist insbesondere auch in Berlin und in Brandenburg festzustellen. So führte der gemeinsame JN-Landesverband Berlin/Brandenburg im Jahr 2000 keine öffentlichen Veranstaltungen durch. Publikationen Der JN-Landesverband Berlin/Brandenburg erstellt in der Zeitung "ZÜNDSTOFF - Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg" des hiesigen NPD-Landesverbandes eine Seite unter der Rubrik "Denkzettel - Die Seite der Jungen Nationaldemokraten". Erstmals Mitte des Jahres 2000 erschien eine eigene Publikation des JN-Regionalverbandes Berlin mit dem Titel "Jugend wacht - Die Zeitschrift für die nationalistische Jugendbewegung". In dem Blatt werden neben Beiträgen verschiedener "JN-Stützpunkte" - z. B. Ratschläge zum Verhalten auf 65 Demonstrationen und "TIPS und TRICKS für nationalistische Aktivisten" - unter den Rubriken "Nachrichten aus der Reichshauptstadt" und "Kampf-Aktion-Widerstand" Aktivitäten der JN in Berlin und Brandenburg beschrieben. In der Ausgabe Nr. 2/2000 wird in einem zweiseitigen Bildbeitrag der ehemalige Hitler-Stellvertreter Rudolf HESS heroisiert. Seit Mitte des Jahres 2000 sind die "Jungen Nationaldemokraten" mit einer Homepage im Internet vertreten. Junge Nationaldemokraten 6.2 "Deutsche Volksunion" (DVU) Sitz: Mönchen Mitgliederzartl: ca. 17 000 bundesweit (1999: ca. 17 000), 630 in Berlin (1999: 630) Organisationsstruktur: Partei Entstehung/Srilndung: 1987 Ideologie: Rechtsextremistisch Publikationen: "NatiQnal-Zeiung/Deutsohe Wochenzeitung* (HZ) (überregional, wöchentlich, Auflage: 45 SQ0) Herausgeber: Dr. Gerhard FREY Der DVU-Bundesvorsitzende Dr. Gerhard FREY erhielt auf dem Bundesparteitag am 12. Februar in München bei der Vorstandswahl rund 99 % der Stimmen und wurde damit in seiner Funktion als Bundesvorsitzender erneut bestätigt. 66 Unterdessen dauerten die Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern Dr. FREYs in mehreren Bundesländern an. Daraus zog der Bundesparteitag eine Konsequenz, indem er die frühere DVU-Fraktionsvorsitzende im Landtag von Sachsen-Anhalt und ihren Stellvertreter aus der Partei ausschloss. Damit wurde wiederum der bedingungslose Machtanspruch des Bundesvorsitzenden verdeutlicht, der eine innerparteiliche demokratische Willensbildung nicht duldet und seine Gegner als "Verräter" und "Agenten" diffamiert. Durch seinen autoritären und autokratischen Führungsstil lähmt er weitgehend die politische Arbeit der DVU. Die prekäre Situation der Partei spiegelt sich auch in Berlin wider. So konnte die bereits im Februar 1999 angekündigte Absicht des zum damaligen Zeitpunkt neu gewählten Berliner DVU-Landesvorstandes, die hiesigen Parteimitglieder verstärkt zu mobilisieren und eine damit einhergehende Steigerung der politischen Aktivitäten innerhalb des Berliner Landesverbandes zu erreichen, im Wesentlichen nicht umgesetzt werden. So fanden im Berichtszeitraum lediglich vier Mitgliederversammlungen statt, die von jeweils nur 40 bis 50 Personen - der DVULandesverband Berlin umfasst nominell etwa 630 Mitglieder - besucht wurden. Der Berliner Landesverband bemühte sich dennoch im Jahr 2000 mit der Errichtung von Informationsständen das Interesse der Bevölkerung zu wecken. Diese Aktionen, bei denen Flugblätter und Informationsmaterial der Partei verteilt wurden, fanden bei der Bevölkerung jedoch kaum Resonanz. 67 6.3 "Die Republikaner" (REP)8 Site: Berlin Mitgliederzahl: 13 000 bundesweit (1999:14 000), 600 in Berlin (1999: 750) Organisationsstruktur: Partei Entstehung/Gründung: 1983, Landesverband Berlin 1987 Ideologie: Rechtsextremistisch Publikationen: "Der neue Republikaner" (überregional, monatlich, Auflage: 20 000) Die 1983 gegründete Partei "Die Republikaner" (REP) verfügt gegenwärtig - bei abnehmender Tendenz - über 13 000 Mitglieder in 16 Landesverbänden. Bundesvorsitzender ist seit 1994 der Rechtsanwalt Dr. Rolf SCHLIERER, der auf dem Bundesparteitag am 18./19. November in Winnenden bei Stuttgart in seinem Amt bestätigt wurde. Permanente Wahlniederlagen sowie daraus resultierende innerparteiliche Querelen über den richtigen Kurs der Partei prägen seit spätestens Mitte der 90er Jahre die Situation der REP. Damit einher geht ein steter Bedeutungsverlust, der trotz aller Bemühungen durch die gegenwärtige Parteiführung bislang nicht zu stoppen ist. Während der Vorstand der Partei sich öffentlichkeitswirksam um ein seriöses rechtskonservatives Erscheinungsbild bemüht, lassen einzelne Funktionäre, Mitglieder und Gliederungen der 8 Vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin ist eine auf Unterlassung der nachrichtendienstlichen Beobachtung und Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erwähnung im Jahresbericht 1997 gerichtete Klage der REP gegen das Land Berlin anhängig. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben. Im Jahresbericht 1998 hatte das LfV Berlin daher auf eine Berichterstattung über die REP verzichtet. Nachdem die Berufung des Landes Berlin zugelassen worden ist und ein Vollstreckungsschutzverfahren aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärungen eingestellt wurde, entfaltet das Urteil des Verwaltungsgerichts keine rechtliche Wirkung. Eine entsprechende Klage der REP im Land Rheinland-Pfalz ist inzwischen rechtskräftig abgewiesen worden (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. September 1999, 2 A 11774/98). Auch das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Revisionsentscheidung in einem vergleichbaren niedersächsischen Verfahren festgestellt (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 1999, 1C 30.97), dass das OVG Lüneburg (Niedersachsen) in der ständigen Verwendung des Begriffs der "Umerziehung" und in den pauschalen, teilweise diffamierenden und verunglimpfenden Angriffen der REP auf Institutionen und Repräsentanten der freiheitlichen Demokratie zu Recht ausreichende Anhaltpunkte für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gesehen hat. Die Verwendung für rechtsextreme, antidemokratische Vereinigungen typischer Argumentationsmuster begründen nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts den Verdacht, dass die REP die parlamentarische Demokratie durch eine Herrschaftsform ersetzen wollen, die in Richtung auf einen Führerstaat nationalsozialistischer Prägung tendiert. Diesen Verdacht aufzuklären, sei legitimes Anliegen des Verfassungsschutzes. Das niedersächsische OVG, an das der Rechtsstreit zurückverwiesen worden war, hat die dortige Klage mit Urteil vom 19. Oktober 2000 (11 L 87/00) abgewiesen. Die Entscheidung ist rechtskräftig. 68 Partei immer wieder deutliche Affinitäten zum Rechtsextremismus erkennen. Die REP erscheinen als die gemäßigte der drei rechtsextremistischen Parteien. Sie treten kaum als Veranstalter von Demonstrationen und anderen öffentlichen Aktionen auf, sondern agieren nahezu ausschließlich im Rahmen von Wahlen. Außer in ihren Hochburgen verfügt die Partei nur über ein geringes politisches Einflusspotenzial. Die politische Arbeit des Landesverbandes Berlin vollzog sich im Berichtszeitraum von der Öffentlichkeit überwiegend unbemerkt. Abgesehen von wenigen Informationsständen und vereinzelten kleinen Kundgebungen im Stadtgebiet, an denen sich nur eine geringe Zahl von Parteiangehörigen beteiligten, waren keine öffentlichen Aktivitäten festzustellen. 7 Ausblick Im Bereich Rechtsextremismus war das Jahr 2000 wesentlich geprägt von der NPD-Verbotsdiskussion, dem deutlichen Anstieg rechtsextremistischer Strafund Gewalttaten und der Entschlossenheit des Staates, verstärkt insbesondere gegen militante Strömungen des Rechtsextremismus und die Kommunikationsstruktur der Szene im Internet vorzugehen. Die weitere Entwicklung der NPD angesichts eines möglichen Verbots bleibt abzuwarten. Die Partei bereitet sich derzeit intensiv auf das Verbotsverfahren vor. Trotz einer gewissen Verunsicherung sind Anzeichen für eine Abkehr größerer Teile der NPD-Anhängerschaft nicht zu erkennen. Die Verbotsdiskussion hat im Gegenteil bundesweit zu einem Mitgliederzuwachs geführt. Die Bereitschaft der Mitglieder zur Teilnahme an Parteiaktivitäten scheint nicht beeinträchtigt. Dies bewies u.a. die Demonstration der NPD am 25. November in Berlin, zu der die Partei bundesweit etwa 1 400 Mitglieder und Sympathisanten mobilisieren konnte. 69 Allerdings sind der weitere Verlauf und die Auswirkungen des Richtungsstreits innerhalb der NPD auf das Parteigefüge äußerst schwer einschätzbar. Es lässt sich noch nicht absehen, ob die zwischenzeitlich im Januar 2001 erreichte Übereinkunft zwischen dem NPD-Bundesvorstand und der Oppositionsgruppe RPF ausreichend tragfähig ist oder der Konflikt beider rivalisierender Lager die Einheit der Partei gefährden könnte. Das Verbot der deutschen Teilorganisation von "Blood & Honour" am 12. September sowie weitere Exekutivmaßnahmen gegen die Vertriebsstrukturen zur Verbreitung von Skinhead-Musik haben die organisierte Skinhead-Szene geschwächt. Die konsequente Verhinderung und Auflösung von SkinheadKonzerten durch die Polizei führte zu einer verstärkten Bereitschaft, sich den Maßnahmen mit Gewalt zu widersetzen. Mit ähnlichen Gewaltexzessen wie im September in Kaarsen/Laave in Niedersachsen muss also auch künftig gerechnet werden. In Teilen der Neonazi-Szene sind deutliche Anzeichen für eine gesteigerte Gewaltbereitschaft bis hin zu terroristischen Ansätzen zu erkennen. Insbesondere gewaltbereite Einzeltäter stellen ein unkalkulierbares Risiko für die innere Sicherheit dar. Besonderes Augenmerk verdient dabei das Aktionsfeld der neonazistischen "Anti-Antifa"-Szene, die mit forcierter Hetze und "Schwarzen Listen" gegen bestimmte Zielgruppen und - Personen aus dem Spektrum ihrer "politischen" Gegner vorgeht. Wie die jüngsten Waffenfunde in diesem Bereich belegen, stellt dieser harte rechtsextremistische Kern ein äußerst ernst zu nehmendes Gefährdungspotenzial dar. Es besteht die Gefahr, dass gesteigerte Militanz von Rechtsextremisten vergleichbare Reaktionen bei der gewaltbereiten linksextremistischen Szene auslöst und ein Prozess des gegenseitigen "Hochschaukeins" extremistischer Gewalt entsteht. 70 Die Einstellung rechtsextremistischer Inhalte in das Internet wird sich weiter fortsetzen. Dabei ist mit einem verstärktem Ausweichen auf ausländische Provider zu rechnen. 71 * Überblick * Personenpotenziale * Strafund Gewalttaten * Kommunikationswege * Autonome * Selbstverständnis und Strukturen * Aktionsformen und Mllltanz * Aktionsschwerpunkte - "Antifaschistischer Kampf' - "Revolutionäre 1. MalDemonstration" - "Antlrasslsmus" - "Umstrukturierung" - Tagespolitische Ereignisse * Terrorismus * Sonstige militante Linksextremisten * Partelen und sonstige Gruppierungen * Ausblick Linksextremismus 72 LINKSEXTREMISMUS 1 Überblick Ideologie Linksextremistische Leitbilder reichen von sozialistisch-kommunistischen Vorstellungen mit dem Endziel einer klassenlosen Gesellschaft bis zu der Vision eines herrschaftsfreien Zusammenlebens der Menschen (Anarchie). Gemeinsam ist allen Linksextremisten das feste Ziel, die parlamentarische Demokratie, die sie als kapitalistisch, imperialistisch, faschistisch und rassistisch diffamieren, zu zerschlagen und durch eine totalitäre bzw. herrschaftsfreie Ordnung zu ersetzen. Innerhalb der linksextremistischen Bewegung gibt es unterschiedliche Strömungen. Deren Träger - Parteien, Gruppen und lose Zusammenhänge - streiten untereinander bis hin zur offenen Feindschaft wegen differierender ideologischer Standpunkte. Dabei erheben sie oftmals entsprechend ihrem politischen Selbstverständnis für sich Anspruch auf die historisch-politische "Wahrheit". Viele von ihnen befürworten Gewalt als Mittel der aktuellen politischen Auseinandersetzung. Gemeinsam ist allen Linksextremisten die Bereitschaft, "Faschisten" (tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten) mit allen Mitteln zu bekämpfen. Im Jahr 2000 hat sich das Gefüge des organisierten Linksextremismus in Berlin gegenüber dem Vorjahr nicht wesentlich verändert. Das Gesamtpotenzial ist auf hohem Niveau konstant geblieben. Die größte Gefahr für die innere Sicherheit Berlins im Bereich Linksextremismus ging auch weiterhin von den gewaltbereiten Autonomen aus. 73 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 2.1 Personenpotenziale Berlin 1 Bumf 1999 2000 1999 2000 Gesamt 2 520 2 520 34 700 34 000 .1. Mehrfaertmitgiiedsehaften 0 0 SOO 500 Tatsächliches Personenpotenzial 2 520 2 520 34 200 33SO0| Gewaltbereite Linksextremisten einschließlich Anarchisten 1 450 1 450 7 000 7 000 Autonome 1 200 1 200 6 000 6 000 Sonstige 250 250 1 000 1 000 Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten einschlieSlich 1 070 1 070 27 700 27 000 Trotzkisten. Die Zahlen sind z. T. geschätzt und gerundet. Die Zahlen sind z. T. geschätzt und gerundet. Berlin verfügt über ein sehr breit gefächertes Spektrum linksextremistischer Gruppierungen, deren Mobilisierungsfähigkeit höchst unterschiedlich ist. In Berlin werden dem Linksextremismus derzeit ca. 2 520 Personen zugerechnet. Für die Sicherheitslage der Hauptstadt ist von Bedeutung, dass hiervon ca. 1 450 Personen als gewaltbereit eingestuft werden. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten einschl. Trotzkisten Sonstige gewaltbereite Linksextremisten 74 Damit verfügt Berlin über den bundesweit höchsten Anteil an militanten Linksextremisten. Sind bundesweit nur etwa 20 % aller Linksextremisten als militant zu bezeichnen, so gelten in Berlin fast 60 % aller Linksextremisten als gewaltbereit. Obwohl Berlin nur über 7 % des Gesamtpotenzials des deutschen Linksextremismus verfügt, halten sich 21 % der gewaltbereiten Linksextremisten in Berlin auf. Linksextremistisches Gesamtpotenzial Berlin 7% Andere Bundesländer 93% Gewaltbereites linksextremistisches Potenzial 79% Das Mobilisierungspotenzial für Aktivitäten, die ganz oder teilweise von Linksextremisten organisiert wurden, stellte sich im Jahr 2000 sehr differenziert dar. Das Spektrum reichte von der Demonstration anlässlich des Todestages von Rosa LUXEMBURG und Karl LIEBKNECHT am 15. Januar mit etwa 1 000 Teilnehmern, über die sog. Revolutionären 1. Mai-Demonstrationen, an denen bis zu 15 000 Personen teilnahmen, bis zu Protestaktionen sog. Antifa-Gruppen gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten mit bis zu 1 000 Teilnehmern. Am Rande dieser Veranstaltungen wurden teilweise schwere Straftaten begangen. 75 2.2 Strafund Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund Berlin1 Bund2 1999 2000 1999 2000 Gewalttaten: Tötungsdelikte 0 0 0 0 Versuchte Tötungsdelikte 0 0 0 4 Körperverletzungen 31 65 215 260 Brandstiftungen 36 23 68 58 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 0 1 Landfriedensbruch 115 223 269 321 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schiffsund Straßenverkehr 1 2 19 44 Widerstandsdelikte 76 85 140 139 Gesamt 259 398 711 827 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 182 161 1 246 1 292 Nötigung/Bedrohung 11 7 73 75 Andere Straftaten 297 283 1 025 979 Gesamt 490 451 2 344 2 346 Straftaten insgesamt 749 849 3 055 3173 1 Die Zahlen beruhen auf Angaben des Polizeipräsidenten in Berlin - Landeskriminalamt (LKA) - vom 11. Januar 2001. Die Berliner Zahlen enthalten vollendete und versuchte Straftaten. Es wurden vom LKA Berlin die eingeleiteten Strafermittlungsverfahren gezählt. Wurden mehrere Straftaten in Tateinheit verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 2 Die Zahlen des Bundes beruhen auf Angaben des BfV vom 20. März 2001. Sie enthalten ausgeführte und versuchte Straftaten. Jede Tat wurde nur einmal gezählt. Sind z. B. während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. Im Jahr 2000 ist bei den Strafund Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund ein Anstieg von 13,4 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen (1999: 749, 2000: 849). Bundesweit lag der Anstieg bei 3,9 % (1999: 3 055, 2000: 3 173). Besonders auffällig ist der außergewöhnliche Anstieg (53,7 %) bei den Gewalttaten (1999: 259, 2000: 398). Zu beachten ist auch die erhebliche Zunahme des Delikts Landfriedensbruch in Berlin um 94 % (1999: 115, 2000: 223); im Bund um 19,3 % (1999: 269, 2000: 321). Die Gründe liegen in Berlin im Wesentlichen in den erheblichen Auseinandersetzungen am 1. Mai und bei den ge- 76 waltsamen Störaktionen gegen die Demonstrationen von Anhängern der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) im November. Auch hat sich die Zahl der Körperverletzungen mehr als verdoppelt (1999: 31; 2000: 65). Nach den Erkenntnissen des Verfassungsschutzes handelt es sich hierbei überwiegend um Angriffe auf tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten. Teilweise wurden auch schwerste körperliche Verletzungen bewusst in Kauf genommen. Bundesweit war ein Anstieg um 20,9 % zu verzeichnen (1999: 215; 2000: 260). 77 3 Kommunikationswege9 Die Nutzung neuer Medien, insbesondere des Internets, durch Linksextremisten hat sich weiter verstärkt. Über Homepages verschiedenster Gruppen im "World Wide Web" werden SelbstPräsenz im darstellungen, Informationen zu aktuellen Geschehnissen und Internet Kampagnen sowie Aufrufe zu Demonstrationen und Veranstaltungen veröffentlicht. Für Kampagnen mit überregionaler Bedeutung werden zusätzliche Homepages eingerichtet. Daneben existieren im Internet auch Kommunikationsforen wie z. B. "NADIR", "INFOPOOL" und "PUK", in denen neueste Nachrichten verbreitet und diskutiert werden. Über ihre Homepages und E-Mail-Adressen sind selbst konspirativ arbeitende Gruppen ansprechbar. Zum Austausch von Nachrichten benutzen jedoch die meisten Gruppen Verschlüsselungsprogramme. In Berlin verfügt beispielsweise die militante "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB) über eine eigene, professionell gestaltete Homepage, die in der Regel einmal wöchentlich aktualisiert wird. 9 Hinweis: Adressen der hier genannten Internet-Einstellungen von Extremisten werden aus grundsätzlichen Erwägungen nicht aufgeführt. 78 _ Nach wie vor überwiegen jedoch die "traditionellen" KommuniSzene- I kationsmittel, wie Szenepublikationen, Handzettel und Klebepublikationen * zettel ("Spuckis"). So finden die Berliner Szenepublikationen "INTERIM", "Antifa Infoblatt" und "Streßfaktor" nach wie vor eine weite Verbreitung. Ein weiteres wichtiges Informationsmittel ist das sog. Antifa Info-Telefon, über das insbesondere aktuelle Termine verbreitet werden. 4 Gewaltbereite Linksextremisten 4.1 Autonome Potenzial: ca. 6 000 bundesweit (1999: ca. 6 000), ca. 1 200 in Berlin (1999: ca. 1 200) Organisationsstruktur: Einzelpersonen, die anlassbezogen gemeinsam agieren und lose strukturierte Zusammenschlüsse, die in letzter Zeit auch fester gefügte Formationen bilden Entstehung/Gründung: Mitte 1931 Ideologie: Diffuse anarchistische Ziele, bisweilen auch Bruchstücke revolutionär-marxistischer Anschauungen Publikationen: Diverse Schriften, u. a. INTERIM (14tägig; Auflage: ca. 1 000) 4.1.1 Selbstverständnis und Strukturen Im Bereich des Linksextremismus ging die größte Gefahr für die innere Sicherheit Berlins auch im Jahr 2000 von den gewaltbereiten Autonomen aus. Ihre Aktionsfelder sind insbesondere "Antifaschismus", "Umstrukturierung", "Antirassismus", "Antimilitarismus" sowie der Kampf gegen die Nutzung von Kernenergie. Dabei bringen sie ihren unversöhnlichen Hass auf den Staat und die Gesellschaft durch gezielte militante, bisweilen terroristische Aktionen zum Ausdruck. 79 Die Anfänge der autonomen Szene reichen zurück bis zum Die Entwicklung Beginn der 80er Jahre. Aus Kreisen weder organisationsgeder autonomen Szene bundener noch im traditionellen Sinne ideologisch festgelegter, sog. undogmatischer Linksextremisten, erschienen damals Thesen und Diskussionspapiere, deren Verfasser sich als "Autonome" bezeichneten. Die autonome Szene ist nach den sie prägenden Idealen und ideologischen Versatzstücken nicht homogen. Eine geschlossene Theorie ist vielen Anhängern verdächtig und widerspricht ihrem Anspruch, "nach eigenen Gesetzen" - eben autonom - zu leben. Dabei herrscht ein Grundgefühl militanter "Antistaatlichkeit" vor. Vielfach verfolgen Autonome anarchistische, oftmals auch kommunistisch beeinflusste Vorstellungen. Als für die meisten Autonomen gültiger ideologischer MinimalIdeologischer konsens wird eine - unklare - "antifaschistische", "antiimperialiMinimalkonsens stische" und "antipatriarchale" Grundhaltung vorausgesetzt, die sich gegen die bestehende politische und gesellschaftliche Ordnung richtet. Das perspektivische Ziel besteht darin, eine "unterdrückungsfreie" Gesellschaftsordnung zu erkämpfen. Eckpunkte des politischen Selbstverständnisses der Autonomen sind "Null Bock"-Mentalität, permanente Revolte aber auch anlassbezogener "Widerstand". Unstrittig ist die Bereitschaft, zur Durchsetzung politischer Ziele Gewalt anzuwenden. Sie wird als "Gegengewalt" gegen die "strukturelle Gewalt" der Gesellschaft und des Staates gerechtfertigt. 80 Eine genaue Zuordnung des linksextremistischen Gewaltpotenzials zu einzelnen Gruppen ist kaum möglich. Eben noch auffällige aktive Zusammenhänge haben sich wenige Monate später wieder aufgelöst. Zudem führt ein häufiger Wechsel von Aktionsund Politikfeldern zu ständigen Umgruppierungen. Nachwuchs finden die Autonomen unter von ihnen anpolitisierten Jugendlichen. Organisierung Seit Beginn der 90er Jahre verstärkte sich aufgrund einer wachsenden Kritik an der Unverbindlichkeit autonomer Strukturen die Tendenz, auch innerhalb des autonomen Lagers Organisierungsmodelle zu erproben. Die Kurzatmigkeit autonomer "Politik", das reflexartige Hetzen von Kampagne zu Kampagne, so die Kritiker, verhindere die Herausbildung einer kontinuierlichen Theorie und Praxis und führe auf Dauer in die Bedeutungslosigkeit. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, bildeten sich mehrere straff organisierte - eigentlich im ursprünglichen Sinne nicht mehr "autonome" - Gruppierungen. Einen überregionalen Ansatz zur Organisierung stellt die 1992 gegründete "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) dar. Ihr gehörten Ende 2000 sieben Gruppen an, darunter die "Antifaschistische Aktion Berlin" (AAB). Im April 2001 hat sich die AA/BO aufgelöst. In Abgrenzung zu den von der Szene als hierarchisch empfundenen Strukturen der AA/BO versuchten hauptsächlich "AltAutonome" durch von ihnen seit 1995 organisierte Veranstaltungen einen Grundkonsens zu erreichen, um gemeinsam "revolutionäre Gegenmacht" zu entwickeln. Auch im Jahr 2000 fanden zwei Vernetzungsversuche statt. Der Erfolg blieb jedoch auch hier - wie in den Vorjahren - hinter den Erwartungen zurück. 81 Berlin bildet seit Jahren mit etwa 1 200 Szene-Angehörigen einen regionalen Schwerpunkt der autonomen "Bewegung" in Deutschland. Die dem Fall der Mauer folgenden strukturellen Veränderungen in Berlin raubten den Autonomen einen Großteil ihrer Rückzugsräume im Bezirk Kreuzberg und führte durch Wegzug insbesondere in die Altbaukieze von Friedrichshain und Prenzlauer Berg zu einer weiteren Aufsplitterung. In diese Zeit fiel eine zunehmende Zerstrittenheit. Gründe waren der Generationswechsel in der autonomen Szene, von "Alt-Autonomen" der ersten (Hausbesetzer-) Generation zu z. T. zugezogenen "Jung-Autonomen", Konflikte zwischen Frauen und Männern innerhalb der Szene (Sexismus-Debatten) und die zunehmende Distanzierung der "Ost"-Autonomen von den als autoritär empfundenen "West"-Autonomen. Individuelle und gruppenegoistische Interessen beeinträchtigten das autonome Gesamtpotenzial in seiner Handlungsfähigkeit. Eine sich hieraus ergebende Folge war die nachhaltige Abschottung einzelner autonomer Personenzusammenhänge voneinander, verbunden mit der Unfähigkeit zu koordiniertem zielgerichteten Vorgehen. Damit ging auch die früher feststellbare "Kiezbezogenheit" sowie die hohe Mobilisierungskraft der 80er Jahre weitgehend verloren. Dass jedoch traditionelle autonome Veranstaltungen und Einzelereignisse zu Aktionsfeldern Autonomer wie dem "Antifaschistischen Kampf die scheinbare Lethargie des linksextremistischen Potenzials immer wieder durchbrechen und eine erfolgreiche Mobilisierung möglich machen können, haben im Berichtszeitraum die "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration" und die am 25. November durchgeführten Aktionen gegen einen Aufmarsch der rechtsextremistischen "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) gezeigt. Die Mehrzahl der Autonomen sind deutsche, zum geringen Teil ausländische Jugendliche bzw. jüngere Erwachsene. Sie beSozialer Hintergrund streiten ihren Lebensunterhalt überwiegend durch Gelegen- 82 heitsjobs und aus öffentlichen Sozialleistungen ("Staatsknete"). Viele wenden sich schon nach wenigen Jahren ernüchtert von der Szene ab, enttäuscht über das Auseinanderklaffen von Anspruch und Wirklichkeit autonomer Lebensweisen. Als besonders frustrierend werden die selbstgewählte gesellschaftliche Isolation, die Auseinandersetzungen zwischen "Alt-Autonomen" und ihrem "Nachwuchs", zwischen Frauen und Männern, zwischen "Ost" und "West" sowie ständige ergebnislose Diskussionen empfunden. Der Zulauf zu autonomen Strukturen hält jedoch unvermindert an. Verluste durch "Rückzug ins Private" gleichen sich so stetig aus. 4.1.2 Aktionsformen und Militanz Der Einsatz von Gewalt stellt für die autonome Szene nach wie vor ein unverzichtbares Element ihrer "revolutionären Politik" dar. In ihrem Streben, das ihnen verhasste System durch "WiderNeue stand von unten" zu brechen, werden aber auch andere AkAktionsformen und Strukturen tionsformen gewählt. Die Bandbreite reicht von Demonstrationen, Informationsbzw. Diskussionsveranstaltungen, Vorträgen, Ausstellungen, der Herausgabe von Steckbriefen, Flugblättern und Broschüren über Störaktionen, Blockaden und Sachbeschädigungen bis hin zu Überfällen auf politische Gegner und terroristischen Anschlägen, wobei im Extremfall auch der Tod eines Opfers billigend in Kauf genommen wird. Seit Beginn der 90er Jahre ist zu beobachten, dass die autonome Szene sich zunehmend terroristischen Aktionsformen zugewandt hat. Übten Autonome früher Gewalt überwiegend offen, "auf der Straße", meist im Rahmen von Demonstrationen aus, so werden heute zunehmend die Modelle des "Guerillakampfes" der terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ) propagiert und praktiziert. Danach gilt es, nicht in die Illegalität abzutauchen, sondern eine Art von "Feierabendterrorismus" zu praktizieren, d. h. im Rahmen von streng abgeschotteten, hoch- 83 konspirativ arbeitenden Kleingruppen Anschläge zu begehen und "tagsüber" ein weitgehend "normales" Leben zu führen. Bei derartigen Anschlägen werden in der Regel keine auswertbaren Spuren hinterlassen. Diese Gruppen geben sich in ihren Selbstbezichtigungen oft wechselnde Gruppenbezeichnungen, um sich damit besser gegen "staatliche Repression" zu schützen. Aus diesen Gründen können nur selten Täter ermittelt werden. Durch Gewalttaten autonomer Gruppen, die nach terroristischem Muster operieren, sind in den letzten Jahren Sachund Folgeschäden in vielfacher Millionenhöhe entstanden. Der "autonome Kampf in traditioneller Form, d. h. im Rahmen von Demonstrationen, wird zumeist lokal organisiert. Größeren militanten Demonstrationen, an denen sich Autonome beteiligen, gehen oftmals Vorbereitungstreffen voraus. Am Ende stehen in der Regel keine förmlichen Beschlüsse, sondern die Bekräftigung, "alle Aktionsformen zu akzeptieren" sowie informelle Absprachen (Zuständigkeiten für Funkund Handykontakte, Abhören des Polizeifunks, Kleben von Plakaten usw.). Der Ablauf der Demonstrationen wird nicht in Einzelheiten vorgeplant, er hängt vielmehr von spontanen Entschlüssen der Teilnehmer und von der Einschätzung des Kräfteverhältnisses gegenüber der Polizei ab. Unabhängig von Art und Ausmaß der Gewaltanwendung legen Autonome ganz überwiegend Wert darauf, ihr Handeln für die Öffentlichkeit moralisch zu begründen. "Vermittelbarkeit" ist ein Grundprinzip ihrer Strategie. Das heißt, Autonome greifen auch berechtigte Anliegen gesellschaftlicher Protestbewegungen auf und missbrauchen diese durch militante Aktionen während der jeweils laufenden Kampagnen. In Berlin bildeten auch im Jahr 2000 die Aktivitäten autonomer Kleingruppen einen Schwerpunkt, vornehmlich bei BrandanKleingruppentaktik schlägen. Zu mehreren Anschlägen liegen Selbstbezichtigungen vor. Für verantwortlich erklärten sich autonome Gruppen unter wechselnden Bezeichnungen, die bis auf zwei ("autonome 84 miliz" und "A.U.T.O.N.O.M.E. G.R.U.P.P.E.N.") bisher nicht verwendet worden sind. Bei den Anschlagszielen handelte es sich überwiegend um Fahrzeuge der oberen Preisklasse. Als Tatmittel wurden nach den Erkenntnissen der Polizei u. a. Brandbeschleuniger verwendet. Diese Methode wird in der Szene als "Nobelkarossentod" bezeichnet. Die Bauanleitung für derartige Brandsätze wurde in Szenepublikationen verbreitet. Bezeichnend für die Flexibilität militanter autonomer Kleingruppen in Bezug auf das Aufgreifen aktueller politischer Diskussionen ist die Berliner Gruppe "autonome miliz", die seit Januar 1998 mehrfach mit Straftaten wie Sachbeschädigungen und Brandstiftungen in Erscheinung getreten ist. Die Szenepublikation "INTERIM" veröffentlichte Anfang Mai 2000 einen Beitrag dieser Gruppe. Darin begründet die Gruppe, warum sie - entgegen der unter Autonomen üblichen Praxis der "no-nameMilitanz" - bei Anschlägen nicht unter ständig wechselnden Gruppenbezeichnungen operiert, sondern unter einem festen Namen ("Markennamen"). Darüber hinaus propagiert die "autonome miliz" die weitere Anwendung von Gewalt. Durch militanten Widerstand könne erkämpft werden, was Medien und Politiker als "rechtsfreie Räume" bezeichneten. Zur Schaffung eines investitionsfeindlichen Klimas habe es schon viele gute Ansätze gegeben: "einschmeiflen der Scheiben von banken, klauen und enteignen in kaufläden, zerstechen von reifen an bonzenautos und deren abfackeln". Für die "autonome miliz", so heißt es weiter, sei klar "dieser Staat ist faschistisch, deshalb auch unsere meinung, in bestimmten falten Körperverletzung oder das töten von einem faschistischen funktionsträger des Staates als legitim anzusehen." 85 Am Ende des Textes bekennt die "autonome miliz", am 28. April einen Brandanschlag auf ein Firmenfahrzeug verübt zu haben - aus Protest dagegen, dass sich diese Firma an der Belieferung von Flüchtlingsheimen mit Nahrungsmittelpaketen ("als .fertigessen' deklarierte abfalle") beteilige. Der Text endet mit den Parolen: "FÜR FREIES FLUTEN!! 1.6.2000 - EXPO .ZUSAMMEN' SCHLAGEN!!!" Bereits am 27. Februar wurde ein Brandanschlag auf den Pkw des EXPO-Beauftragten des Landes Berlin verübt.10 In der Selbstbezichtigung der "autonomen miliz" wurde der Anschlag damit begründet, dass die EXPO "die Akzeptanz für Rassismus, menscht. Selektion und Verwertbarkeit, Umweltzerstörung und Krieg erhöhen" soll. Mit einem der Deutschen Presseagentur zugegangenen Schreiben bekannte sich die "autonome miliz" zu einem weiteren Brandanschlag auf einen Pkw am 21. August in Berlin. Die in der Bezichtigung fälschlich als Fahrzeughalter bezeichnete Person hatte bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 10. Oktober 1999 im Bezirk Prenzlauer Berg für die rechtsextremistische NPD kandidiert. In den frühen Morgenstunden des 9. Dezember verübten Unbekannte im Bezirk Mitte einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug der indischen Botschaft. Das Fahrzeug brannte vollständig aus. In einer kurzen Erklärung, veröffentlicht in der "INTERIM" vom 14. Dezember, bezichtigt sich wiederum die Gruppe "autonome miliz" der Tat. Das Anzünden des "DIPLOMATEN-MERCEDES" richte sich gegen die "Bonzenklasse" und den "Standort Deutschland". Die Erklärung endet mit den Worten: "Gegen Kapitalismus + heuchlerische Politik weltweit". 10 Siehe Ziff. 4.1.3 "Tagespolitische Ereignisse". 86 Die Formulierungen "Standort Deutschland" und "heuchlerische Politik" in der Selbstbezichtigung legen einen Zusammenhang mit der seinerzeitigen "Green Card"-Debatte nahe. Dass auch weiterhin mit Anschlägen der Gruppe gerechnet werden muss, wird durch die Veröffentlichung ihres "Verbesserungsvorschlags" für die Bauanleitung "Nobelkarossentod" in der "INTERIM" vom 21. September deutlich. 4.1.3 Aktionsschwerpunkte Wie andere Linksextremisten sind auch Autonome bemüht, sich in gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen einzuschalten. Ihr Ziel ist aber nicht die Beseitigung konkreter Missstände. Ihre Aktivitäten zielen vielmehr darauf ab, durch maßgebliche Steuerung von Protestaktionen eine Verschärfung der gesellschaftlichen Stimmung und damit eine einer Kompromisslösung nicht mehr zugängliche Polarisierung zu bewirken. Dazu soll der gezielte Einsatz von Gewalt beitragen. Derartige Bestrebungen, demokratische Protestbewegungen für eigene, auf die Aushebelung von Verfassungsgrundsätzen gerichtete Zwecke zu missbrauchen, konnten in Berlin im letzten Jahr vor allem in den Themenbereichen "Antifaschismus", "Antimilitarismus" und "Umstrukturierung" beobachtet werden. Darüber hinaus standen im zweiten Halbjahr die Tagungen und Konferenzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank vom 26. bis zum 28. September in Prag im Zentrum linksextremistischer Kampagnenbemühungen. * "Antifaschistischer Kampf" Der Kampf gegen tatsächliche oder vermeintliche rechtsextremistische Personen, Institutionen und Entwicklungen gehört für militante Autonome wie für alle Linksextremisten seit jeher zu den wesentlichen Aktionsfeldern. 87 "Antifaschismus" in der von Linksextremisten instrumentalisierten Form beschränkt sich jedoch nicht auf die Bekämpfung von Rechtsextremisten, sondern hat letztendlich die Bekämpfung des demokratischen Verfassungsstaates zum Ziel. "Faschismus" wird nämlich nach linksextremistischer Lesart als ein den westeuropäischen Demokratien allgemein innewohnendes Merkmal betrachtet. Demzufolge besteht auf Seiten der "Machthaber" ein starkes Eigeninteresse an der Existenz (neo)faschistischer Organisationen. Der "Antifaschistische Kampf" ist somit zugleich ein Kampf zur Überwindung des demokratischen Staates mit dem Ziel der Ablösung durch eine "antikapitalistische" Staatsund Gesellschaftsordnung. Im Zeichen von Vernetzungsbemühungen innerhalb der linksextremistischen Szene bot und bietet sich daher eine "Antifaschistische Grundhaltung" als gemeinsame, über allen ideologischen Differenzen stehende Klammer an. "Antifaschismus" ist sozusagen der "kleinste gemeinsame Nenner" des Linksextremismus. Wie bedeutend der "Antifaschistische Kampf für die autonome Szene ist, belegen die vielfältigen Szenepublikationen. In ihnen wird "aktuelle Militanz" gerechtfertigt und über ein hochstilisiertes, idealisiertes Gewaltverständnis zu gesteigerter Gewaltbereitschaft gegen Vertreter "faschistischen" Gedankenguts animiert. Aktives Vorgehen gegen "Faschismus", d. h. die Betätigung tatsächlicher oder vermeintlicher Rechtsextremisten - gegebenenfalls mit Gewalt - zu verhindern, ist das Ziel verschiedener regionaler Gruppierungen und Bündnisse. Diese werden in der Regel anlassbezogen gebildet und sind von unterschiedlicher Zusammensetzung. Eine herausragende Rolle innerhalb der autonomen "Antifa"-Szene nimmt die von der gewaltbereiten Göttinger Gruppe "Autonome Antifa (M)" dominierte AA/BO mit ihren Mitgliedsgruppen ein. Diese zeichnen sich innerhalb der autonomen Szene durch Kontinuität in der politischen Arbeit 88 und eine beachtliche Verbindlichkeit von Gremienentscheidungen und -Vereinbarungen aus. Wiederholt wurden Verlautbarungen autonomer Gruppen festgestellt, die sich mit der öffentlichen Diskussion über Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit befassten. Den Politikern und Parteien wird darin übereinstimmend "Scheinheiligkeit" und "Medieninszenierung" vorgeworfen. Sie forderten zwar ein Verbot der NPD, ignorierten aber gleichzeitig die Zusammenhänge zwischen "staatlicher rassistischer Politik", dem "neuen deutschen Nationalbewusstsein" und der neonazistischen Bewegung. Ihnen gehe es weder um den Schutz von Flüchtlingen und Migranten, noch um konsequente Maßnahmen gegen Rechtsextremisten, sondern einzig und allein um das Ansehen des Wirtschaftsstandortes Deutschland im Ausland. Darüber hinaus unterstellen die Autoren dem Staat ein taktisches Verhältnis zu Rechtsextremisten. Staatliche Stellen äußerten zwar Empörung über fremdenfeindliche Ausschreitungen von Rechtsextremisten, nutzten aber die in breiten Teilen der Bevölkerung vorhandenen Vorbehalte gegen Fremde und deren Zuzug nach Deutschland zu Gesetzesverschärfungen. Der "Naziterror" sei überdies willkommener Vorwand für den Ausbau weiterer Überwachungskonzepte. Einige Gruppen warnten davor, sich aus der öffentlichen Diskussion herauszuhalten. So erklärten Angehörige der autonomen "Antifa"-Szene in der "INTERIM" vom 7. September, auch wenn die Debatte aufgesetzt und unehrlich sei, rechtfertige dies keinen Rückzug in beleidigte Untätigkeit. Die kulturelle Hegemonie der Rechtsextremisten stehe jetzt im Mittelpunkt des Interesses und zur Disposition. Es gelte daher, den Versuch zu wagen, das gesellschaftliche Kräfteverhältnis zu beeinflussen und zumindest Teile der längst verlorenen Hegemonie wiederzuerlangen: "Wir wollen hier keine Mythen stricken oder in Zweckoptimismus verfallen. Aber für die radikale Linke ist die gegenwärtige Entwicklung eigentlich das beste, was passieren kann. Ohne die Debatte der letzten Wochen eingeleitet zu haben - was aufgrund eigener Schwäche gar nicht möglich 89 gewesen wäre -rkann sie davon profitieren und versuchen, Einfluß zu gewinnen." Mit Demonstrationen und Informationsveranstaltungen versuchen insbesondere autonome "Antifa"-Gruppen, sowohl eine breite Öffentlichkeit zu erreichen als auch Bündnispartner, z. B. in Parteien und Gewerkschaften, zu finden. Einen solchen Bündnispartner finden sie laut Darstellung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV)11 z. B. auch bei Funktionären der PDS. So äußerte sich beispielsweise die PDS-Bundestagsabgeordnete Angela MARQUARDT positiv zur "Antifaschistischen Aktion Berlin" (AAB) und beklagte deren "Kriminalisierung".12 Die autonome "Antifa"-Szene bemüht sich durch diese Bündnisse um Etablierung in der politischen Landschaft und Gewinnung weiterer Unterstützer für ihre extremistischen Ziele. Nicht wenige Angehörige der autonomen "Antifa" stehen jedoch der aktuellen Bündnispolitik skeptisch gegenüber. In einer im Sommer im Internet verbreiteten Stellungnahme heißt es u. a.: "Wir möchten hiermit nicht generell gegen Bündnisarbeit plädieren ... Jedoch warnen wir vor einer Bündnisarbeit um der Masse willen, einem blinden Aktionismus, der jegliche eigene inhaltliche Positionierung und Problematisierung aufgibt..." Bündnisarbeit bedeute intensive Auseinandersetzung und Beharren auf eigenen inhaltlichen Positionen. Wenn diese Prämissen aufgegeben würden, begebe man sich in eine Beliebigkeit. Berliner Autonome nahmen regelmäßig an bundesweiten "Antifa"-Demonstrationen teil, wobei es teilweise zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Demonstrationsteilnehmern und der Polizei kam. Das eigentliche Ziel, Aufmärsche von Rechts11 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2000, S. 152. 12 a.a.O., S. 152: "Das [die "Antifaschistische Aktion Berlin"] ist nur eine von vielen kriminalisierten antifaschistischen Gruppierungen ... Dieser [antifaschistische] Kampf erfordert vielmehr eine langwierige Kleinarbeit vor Ort, so wie sie Antifa-Gruppen über Jahrzehnte hinweg betrieben haben. ... Sie kämpfen bis heute für eine Gesellschaft, die Rassismus und Diskriminierung von Minderheiten ausschließt. Nicht selten werden sie dafür als Chaoten beschimpft."("PDS-Pressedienst" Nr. 41 vom 13. Oktober 2000. S. 11.). 90 extremisten zu verhindern, wurde wegen der Polizeieinsätze nur selten erreicht. Die Autonomen zogen daraus den Schluss, dass der erfolgversprechendere Zeitpunkt für Aktionen eher vor und nach den Aufmärschen liege. Zahlreiche Angriffe auf das Eigentum tatsächlicher und vermeintlicher Rechtsextremisten belegen, dass sich die autonome "Antifa" an diese "Handlungsanweisung" hält. Für das Jahr 2000 sind beispielhaft folgende Straftaten der autonomen "Antifa" hervorzuheben: In der Nacht zum 25. Januar verschlag auf einen Pkw verübt. Bei übten unbekannte Täter einen dem Halter handelt es sich um den Brandanschlag auf den Pkw des Inhaber eines in der Nähe befindstellvertretenden Vorsitzenden des lichen Militaria-Ladens. Ihm wird Landesverbandes Berlin-Brandenvorgeworfen, mit neonazistischen burg der NPD. Durch die eingeDevotionalien zu handeln. schlagene Seitenscheibe wurde ein Brandsatz geworfen. Am 30. September warfen Unbekannte im Bezirk Prenzlauer Berg Am 26. Februar warfen acht masSteine durch das Fenster der kierte Personen Steine und einen Wohnung eines Funktionärs der Rauchkörper durch die Fensterrechtsextremistischen Partei "Die scheiben eines Lokals im Bezirk Republikaner". Friedrichshain, in dem Rechtsextremisten verkehren sollten. Das Am 28. Oktober warfen unbekannselbe Lokal wurde am 21. April erte Täter einen Brandsatz gegen die neut überfallen. Rückwand der NPD-Bundesgeschäftsstelle im Bezirk Köpenick. Am 19. September wurde im Bezirk Prenzlauer Berg ein BrandanDarüber hinaus waren erneut Angriffe auf Personen zu registrieren, die von den Tätern wegen ihres Erscheinungsbildes der rechtsextremistischen Szene zugeordnet wurden: Am späten Abend des 12. August Am 9. September wurden im Fußwurden in Lichtenberg zwei vergängertunnel am S-Bahnhof meintliche Rechtsextremisten von Kaulsdorf (Hellersdorf) zwei Juetwa acht mutmaßlichen Autonogendliche von sechs Maskierten men überfallen. Die vermummten verfolgt und mit Baseballschlägern Angreifer schlugen ihre Opfer mit attackiert. Hierbei riefen die Täter Baseballschlägern und anderen u. a. "Nazischweine, verpisst Schlagwerkzeugen nieder. Dabei euch!". Die Opfer erlitten erhebriefen die Täter "Nazis raus" und liche Verletzungen. "Nazis verpisst euch". Eines der Opfer wurde lebensgefährlich verletzt. 91 Die Taten belegen, dass Autonome bei ihren Angriffen auf vermeintliche "Faschos" zum Teil auch schwerwiegende und bleibende Schäden für ihre Opfer in Kauf nehmen. Anschaulich beschreibt dies ein Teilnehmer des "Runden Tisches der Militanten" ("INTERIM"-Sonderausgabe Nr. 498 vom 30. März): "Nazis zu töten ist (derzeit) nicht unser politisches Ziel, auch wenn wir nicht 100%ig ausschließen können, dass es bei Auseinandersetzungen mit Nazis eventuell auch dazu kommen kann." Tatsächlich ist der Terminus "Auseinandersetzungen" nicht mehr als ein Etikett, um die Gewalt als Ausdruck von Brutalität und Menschenverachtung scheinbar zu legitimieren. Bei den im Berichtszeitraum festgestellten Überfällen befanden sich die Täter in deutlicher Überzahl, so dass die Opfer in der Regel keine Chance zur Gegenwehr hatten. * "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration" Der "Revolutionäre 1. Mai" in Berlin war und ist für Linksextremisten seit Jahren das herausragende Ereignis. Das belegen auch die Teilnehmerzahlen: 92 Das anhaltende Interesse an den "Revolutionären I.Mai-Demonstrationen" erklärt sich aus dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren: Die latente Sympathiehaltung vieler Kiezbewohner für den Protest der Autonomen gegen "den Staat" und die ihn repräsentierende Polizei und das Gefühl, zeitweilig "Herr in Kreuzberg" zu sein. Die schon seit einiger Zeit zu beobachtende Entwicklung der Teilnahme immer jüngerer, alkoholisierter, aber offensichtlich unpolitischer Personen setzte sich auch in diesem Jahr fort. Im Vorfeld zu den diesjährigen Demonstrationen zum "Revolutionären 1. Mai" protestierten am Vormittag etwa 450 Demonstranten, darunter ca. 150 gewaltbereite Autonome, gegen eine Kundgebung von bis zu 1 200 Anhängern der NPD im Bezirk Hellersdorf. Die Polizei konnte Auseinandersetzungen zwischen den gegnerischen Gruppen verhindern. Die verhältnismäßig geringe Zahl von autonomen Gegendemonstranten erklärt sich im 93 Wesentlichen durch die starke Polizeipräsenz, die ein gerichtlich bestätigtes Verbot einer von der "Antifaschistischen Aktion Berlin" (AAB) angemeldeten Gegendemonstration durchsetzte. Dennoch kam es zu zahlreichen vorläufigen Festnahmen von Angehörigen des autonomen Spektrums. Wie in den Vorjahren wurden auch dieses Mal wieder zwei Demonstrationen für einen "Revolutionären 1. Mai" im Bezirk Kreuzberg durchgeführt. Die Demonstration um 13.00 Uhr, an der sich etwa 2 000 Personen - etwa die Hälfte von ihnen ausländischer Herkunft - beteiligten, wurde im Wesentlichen getragen von marxistisch-leninistisch orientierten Gruppen. Der Aufzug verlief wie in den Vorjahren ohne größere Zwischenfälle. Der um 18.00 Uhr maßgeblich von autonomen Gruppen durchgeführte Aufzug rund um den Oranienplatz bewegte sich mit zunächst rund 5 000 Teilnehmern ohne größere Zwischenfälle auf der vorgegebenen Route und wuchs zwischenzeitlich auf über 15 000 Personen an. Nach Abschluss des Aufzuges kam es zu massiven Angriffen (Steinund Flaschenwürfe, Abschießen von Feuerwerksraketen) auf die eingesetzten Polizeibeamten. Darüber hinaus wurden Plünderungen, Sachbeschädigungen und schwere Körperverletzungen begangen. Etwa 400 Personen wurden vorläufig festgenommen. 94 Bereits im Vorfeld der 18.00 Uhr-Demonstration war insbesondere im Internet von Autonomen massiv zu Gewalt aufgerufen worden. Erneut hat sich bestätigt, dass trotz interner Auseinandersetzungen bei den Vorbereitungen der Berliner autonomen Szene diese nach wie vor in der Lage ist, mehrere Tausend Mitläufer für ihre "Revolutionäre 1. Mai-Demonstration" zu mobilisieren. Die linksextremistische Szene bewertete die Demonstration "insgesamt positiv". Die Szenepublikation "INTERIM" veröffentlichte in der Ausgabe vom 4. Mai ein Resümee des "Revolutionären 1. Mai" in Berlin. Darin heißt es u. a.: Mit 15 000 bis 20 000 Teilnehmern sei die Demonstration am Abend wesentlich besser besucht gewesen als die offizielle DGB-Veranstaltung. Trotz der Hetze des Innensenators im Vorfeld hätten sich die Demonstranten nicht davon abhalten lassen, ihre grundsätzliche Ablehnung des Kapitalismus und dieses Staates deutlich zu zeigen. Sie hätten ein buntes Bild der linksradikalen Bewohner der Stadt repräsentiert: "Ein schwarzer Block war nicht nötig, da sich alte Beteiligten in ihrer Ablehnung dieses Systems einig wussten." Mit Blick auf die Ausschreitungen am Abend behaupten die Autoren, die Provokationen seien massiv vom Senat ausgegangen. Beispielsweise sei verboten worden, in den Bezirk Mitte zu den "Zentren der Macht" zu ziehen. Auch sei durch die fast vollständige Abriegelung des Bezirks Hellersdorf erreicht worden, dass nur einige hundert Autonome und Gewerkschafter am Vormittag gegen den Aufzug der NPD protestieren konnten. Am Abend hätten zahlreiche bewaffnete Beamte Kreuzberg belagert und sinnlos auf die Menge eingeprügelt. 95 "Nach der dritten Prügetorgie und zahlreichen Verletzten am Oranienplatz haben die meisten Demonstranten genug und halten dagegen. ... Viele Demonstrantinnen scharfen es, mal hier und mal da eine Horde Bullen in die Flucht zu schlagen...." * "Antirassismus" Ein weiteres herausragendes Aktionsfeld Berliner Autonomer war auch im Jahr 2000 das Thema "Antirassismus" und hier insbesondere die "Asylgesetzgebung". In diesem Zusammenhang kam es mehrfach zu Sachbeschädigungen. In der Nacht zum 27. Januar verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf den Pkw der Ehefrau des Sozialstadtrats und stellvertretenden Bürgermeisters des Bezirks Reinickendorf. Das Fahrzeug wurde schwer beschädigt. Am 28. Januar gingen bei der Redaktion der Frankfurter Rundschau in Frankfurt/M. sowie bei den Bezirksämtern Reinickendorf und Spandau gleichlautende Selbstbezichtigungsschreiben ein. Darin werfen die Täter dem Sozialstadtrat "rassistische Politik" gegen Kriegsund andere Flüchtlinge vor. Bestimmte Bezirksämter - wie Reinickendorf - seien für ihre rigide Praxis bekannt, andere - wie Kreuzberg - unterstützten diese in letzter Konsequenz mörderische Politik nicht. Vermutlich im Zusammenhang mit der auch von Linksextremisten initiierten Kampagne gegen Abschiebung unter dem Motto "Deportation Class - gegen das Geschäft mit Abschiebung" (7. bis 14. April) kam es in der Nacht vom 6. zum 7. April zu Farbschmierereien am Dienstgebäude der Senatsverwaltung für Inneres in der Klosterstraße (Mitte). Die unbekannten Täter besprühten in einer Länge von ca. 30 m u. a. folgende Parolen an die Fassade und auf den Gehweg: "Weg mit den Abschiebeknästen", "WERTHEBACH - Mörder" und "Hungerstreik". Bereits in der Nacht zuvor war es in Teilen des Bezirks Kreuzberg zu Schmierereien mit Bezug zur Abschiebeproblematik gekommen. 96 Unter der Bezeichnung "Deportation Class - gegen das Geschäft mit Abschiebung" führte das Netzwerk "kein mensch ist illegal" eine Kampagne gegen die Deutsche Lufthansa durch, weil diese ihre Flugverbindungen für Abschiebungen zur Verfügung stelle. Die Initiatoren der Kampagne, verschiedene Gruppen aus autonomen antirassistischen, aber auch aus nicht extremistischen Spektren, verstanden dies als Versuch, sich über die grundlegenden Forderungen nach uneingeschränkten Menschenrechten für "Migrantinnen" und Flüchtlinge hinaus einen gemeinsamen politischen Rahmen zu geben. Insgesamt etwa 400 Angehörige autonomer Personenzusammenhänge und antirassistisch motivierter Gruppen beteiligten sich am I.Juli an verschiedenen Aktionen, die eine "vollständige Blockade des Flughafens Schönefeld" zum Ziel hatten. Die vom Veranstalter erwartete Teilnehmerzahl von ca. 1 000 Personen wurde nicht erreicht. Die Szenepublikation "INTERIM" veröffentlichte in der Ausgabe vom 15. Juni einen Aufruf eines - überwiegend aus autonomen antirassistischen Gruppen und Zusammenschlüssen der Region bestehenden - Bündnisses "SHUDODA" ("shut down deportation airport") sowie Beiträge einzelner, dem Bündnis angehörender Gruppen zum geplanten Aktionstag gegen Abschiebung. Die Aktion - ursprünglich bereits für den 30. April vorgesehen - wurde offensichtlich wegen bestehender Meinungsun- 97 terschiede innerhalb des Bündnisses auf den I.Juli verschoben. Unbekannte Täter hängten bereits am 29. Juni an der Bahnstrecke Berlin-Cottbus, Bahnhof Wuhlheide (Köpenick), eine aus Metallwinkeln zusammengeschraubte und gebogene "Hakenkralle" in die Oberleitung der Fahrstrecke ein. Der Fahrdraht und der Stromabnehmer eines durchfahrenden Zuges wurden beschädigt. In der Selbstbezichtigung, unterzeichnet mit der bisher unbekannten Bezeichnung "Autonome Gruppe Miroslava Kolodzieska", wird der Anschlag in Verbindung mit der geplanten FlughafenBlockade Berlin-Schönefeld gebracht. Darin heißt es u. a.: "Wir haben beschlossen ... Euren beschissenen AirportZubringer anzuhalten. Dass deshalb einige ihr Flugzeug verpassen werden, lässt sich leider nicht vermeiden, aber wenn wir damit auch nur eine einzige Abschiebung in Folter und Mord verhindert haben, haben wir Recht." Ein funktionsbereiter Brandsatz, der jedoch nicht zur Zündung kam, wurde am 6. Juli im Wohnbereich eines Rechtsanwalts im Bezirk Wilmersdorf aufgefunden. Ein üblicherweise dort geparkter Pkw, dem der Anschlag offensichtlich galt, gehört einem Rechtsanwalt, der einen der Beschuldigten im Gubener Prozess (Körperverletzung mit Todesfolge zum Nachteil eines algerischen Asylbewerbers am 13. Februar 1999) vertrat. Am 7. Juli gingen in der Kanzlei des Rechtsanwalts und bei mehreren Zeitungsredaktionen Selbstbezichtigungen ein. Die unbekannten Verfasser beklagen darin u. a., dass Politiker nicht konsequent gegen rassistische Umtriebe vorgingen und zum Teil selbst rassistische Stimmungsmache betrieben. Der Text endet mit der Aufforderung: "Bildet Banden und natürlich jede Menge revolutionäre, antifaschistische, antirassistische, feministische Zellen" und ist unterzeichnet mit der Gruppenbe- 98 Zeichnung "Antifaschistische Aktionen, Farid Gouendon/ Omar ben Noui". Bei dem aufgefundenen Brandsatz handelt es sich um den Typ "Nobelkarossentod". Die Tatumstände lassen auf eine systematische Recherchearbeit schließen. An einem u. a. maßgeblich von Angehörigen Berliner autonomer Gruppen organisierten und durchgeführten "Antirassistischen Grenzcamp" (27. Juli bis 6. August in Forst/ Brandenburg) nahmen bei starker Fluktuation 300 bis 500 Personen teil. Die Veranstaltung nahm einen überwiegend friedlichen Verlauf. Am letzten Tag wurde das Camp von der Polizei nach einem illegalen Radiosender durchsucht. Die erwartete Zahl von bis zu 1 000 Teilnehmern konnte nicht erreicht werden. Der von den Veranstaltern erhoffte Zulauf aus Gruppen von in Deutschland lebenden Migranten blieb weitgehend aus. * "Umstrukturierung" Der Umzug der Bundesregierung und die damit verbundene Umgestaltung Berlins, mit der angeblich eine "Vertreibung aus der Innenstadt" einher geht, hat das Aktionsfeld "Umstrukturierung" wieder neu belebt. Die Form des Protestes hat sich allerdings gewandelt. Seit geraumer Zeit ist festzustellen, dass das Interesse der Autonomen an den ritualisierten Demonstrationen (Blockbildung, Abschirmung durch die Polizei) erheblich abgenommen hat. Hintergrund ist der Wunsch nach mehr "action" und Spontaneität, die angeblich bei herkömmlichen Demonstrationen unterdrückt werde. Nunmehr versucht man, mit spontanen, unangemeldeten Aktionen, angelehnt an die aus Großbritannien stammende, ursprünglich nicht von Extremisten getragene Aktionsform "Reclaim the Streets" (RTS), in bewusst illegaler Aktion die 99 Straße "zurückzuerobern". Man glaubt so, sein politisches Anliegen der Bevölkerung leichter und direkter vermitteln und einem möglichen Zugriff der Polizei entgehen zu können. Die Initiatoren treten hierbei nie öffentlich in Erscheinung. Bei solchen Aktionen muss immer damit gerechnet werden, dass Linksextremisten versuchen, diese für ihre Ziele zu instrumentalisieren: Etwa 250 Personen, darunter auch Angehörige des linksextremistischen Spektrums, demonstrierten am 29. Juli mit der Protestform "Reclaim the Streets" gegen die Fahrpreiserhöhungen der Berliner Verkehrsbetriebe. Die Teilnehmer blockierten für mehrere Stunden die Straßenkreuzung Spittelmarkt/ Leipziger Straße (Mitte), um dort eine Technoparty zu veranstalten. Die unter dem Motto "nulltarif - für mehr bewegung im alltag!" stehende Veranstaltung nahm einen überwiegend friedlichen Verlauf. In einem hierzu verbreiteten Flugblatt hieß es u. a.: "Der täglichen Diskriminierung von Menschen, die sich den Fahrpreis-Terror nicht leisten können oder wollen, würde durch Nulltarif der Boden entzogen. Damit wäre auch endlich Schluss mit der rassistischen Ausgrenzung illegalisierter Flüchtlinge, für die es wegen der ständigen Gefahr ohne Ticket in eine Kontrolle zu geraten kaum möglich ist, die Öffentlichen zu benutzen, und sich ,frei' durch die Stadt zu bewegen." * Etwa 25 Personen, darunter Angehörige der militanten autonomen Szene, protestierten in den Mittagsstunden des 8. Ok- 100 tober vor dem Wohnhaus der sicherheitspolitischen Sprecherin der Fraktion der "Sozialdemokratischen Partei Deutschlands" (SPD) im Berliner Abgeordnetenhaus "gegen Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen". Hierzu wurden Kameranachbildungen aus Pappe in Richtung der Wohnung der Politikerin aufgestellt und Flugblätter "Gegen die totale Kontrolle! Die Stadt gehört uns!" an geparkten Pkw angebracht sowie themenbezogene Transparente gezeigt. Dem Aktionsfeld "Umstrukturierung" und "Hauptstadtwahn" waren im Jahr 2000 zahlreiche Sachbeschädigungen und Brandstiftungen an Pkw zuzurechnen. So verübten zum Beispiel "autonome Gruppen im dritten Jahrtausend gewinnen wir" am 1. Januar mehrere Brandanschläge auf hochwertige Kraftfahrzeuge. In der Selbstbezichtigung, veröffentlicht in der INTERIM Nr. 491 vom 13. Januar, heißt es u. a.: Wir leben in einer entfesselten Marktwirtschaft in der Demokratie zu einer sehr unbeliebten Ware geworden ist ... Ihr sagt wir sollen uns an die Gesetze halten, um die ihr euch einen scheiß kümmert.... Ihr sagt wir sollen sparen und werdet selbst so reich und fett, dass ihr kaum noch Luft kriegt. Ihr seit unendlich widerlich. Und weit wir eure Lügen nicht mehr ertragen, haben wir 15 von euren Edelkarossen in mehreren Berliner Stadtbezirken dem Erdboden gleich gemacht." Auch in Zukunft ist mit derartigen Aktivitäten zu rechnen. * Tagespolitische Ereignisse Kurz entschlossen reagiert die autonome Szene auch auf tagespolitische Ereignisse, solange sich diese in ihre Kampagnen einfügen lassen. So versuchte sie im Frühjahr, mit Informationsveranstaltungen gegen die Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover zu mobilisieren. Entgegen ihrer Vorstellungen ist es jedoch zu keiner Zeit 101 gelungen, die EXPO zu einem Reizthema mit hohem Mobilisierungspotenzial zu entwickeln. Die Anti-EXPO-Kampagne konnte nicht auf einer bürgerlichen Protestbewegung oder zumindest einer in weiten Bevölkerungskreisen vorhandenen kritischen Einstellung zur EXPO aufbauen, durch die eine breite Mobilisierung ermöglicht worden wäre. So musste das Ziel, die EXPO zu verhindern, frühzeitig aufgegeben werden. Auch die dann unternommenen Anstrengungen, die EXPO massiv zu behindern, sind weitgehend ins Leere gelaufen. Dennoch kam es auch in Berlin zu mehreren, zum Teil erheblichen Straftaten durch einzelne EXPO-Gegner. Am 27. Februar wurde ein Brandanschlag auf den Pkw des EXPO-Beauftragten des Landes Berlin verübt. In der Selbstbezichtigung wurde der Anschlag von der Gruppe "autonome miliz" damit begründet, dass die EXPO "die Akzeptanz für Rassismus, menschliche Selektion und Verwertbarkeit, Umweltzerstörung und Krieg erhöhen" solle.13 In der Nacht zum 27. Mai betraten unbekannte Täter ein umfriedetes Gelände im Bezirk Friedrichshain, auf dem sich u. a. das EXPO-Projekt "Agenda-Werkstatt" der lokalen Agenda 21 befand. Hierbei handelte es sich um eine freistehende, ca. 20 x 30 x 10 m große Metallrohrkonstruktion, die auf die EXPO hinwies und als Informationsstand diente. An statisch wichtigen Punkten der Konstruktion wurden mehrere Schrauben gelöst. Eine Beschädigung der Konstruktion erfolgte hierdurch jedoch nicht. 13 Siehe Pkt. 4.1.2 "Aktionsformen und Militanz". 102 Die "INTERIM" veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom 25. Mai einen Aufruf zu dezentralen Sabotageaktionen gegen die Deutsche Bahn AG. Wer nicht zu Protestaktionen nach Hannover fahre, müsse dennoch nicht untätig bleiben: "Immerhin wollen ne Menge potentielle EXPO-Besucherinnen nach Hannover, und es wäre schade, wenn sie dort ankommen. ... Eine oder auch mehrere solidarische AntiEXPO, anti-Atom und anti-kapitalistische Aktion(en) gegen die DB wären klasse! Kampf der EXPO! ... Kampf der Atommafia!" Vermutlich aus Protest gegen eine erneute Durchsuchung des "Antirepression" Berliner Szene-Objektes "Mehringhof (Kreuzberg) am Vormittag des 30. Mai kam es gegen 23.00 Uhr zu einer Spontandemonstration im Bezirk Friedrichshain. Auf einem mitgeführten Transparent wurde u. a. gefordert: "Schluss mit Staatsschutzmaßnahmen gegen linke Projekte". In Sprechchören skandierten die etwa 50 Demonstrationsteilnehmer "Freiheit für alle politischen Gefangenen" und "Fuck the police". Der "Mehringhof war bereits am 19. Dezember 1999 durchsucht worden. Die Durchsuchungsmaßnahmen standen im Zusammenhang mit der Festnahme eines deutschen Staatsangehörigen am 23. November 1999 in Berlin wegen des dringenden Verdachts der Rädelsführerschaft in der terroristischen Vereinigung "Revolutionäre Zellen" (RZ). Unter dem Motto "Soldaten sind Kampfhunde" beteiligten sich "Antimilitarismus" am 20. Juli etwa 400 Angehörige antimilitaristischer Gruppen, darunter auch Mitglieder revolutionär-marxistischer Personenzusammenhänge, an einem gewaltfrei verlaufenen Aufzug von der 103 SPD-Bundeszentrale ("Willy-Brandt-Haus"), Wilhelmstraße/ Ecke Stresemannstraße (Kreuzberg) zum Matthäikirchplatz (Tiergarten) gegen ein öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr. Während der Abschlusskundgebung ertönten "Mörder, MörderRufe und vereinzelt wurde mittels Trillerpfeifen versucht, das Gelöbnis zu stören. Zuvor war es gegen 17.00 Uhr an der Scharnweberstraße/ Kapweg (Reinickendorf) zu einem Zwischenfall gekommen. Angehörige antimilitaristischer Gruppen hatten versucht, den Rekruten-Konvoi aufzuhalten, indem sie die Straße mit einem Sofa blockierten. In diesem Zusammenhang wurde ein Kleintransporter beschlagnahmt, der mit Behältern, die mit roter Farbe gefüllt waren, und Lärminstrumenten beladen war. 47 Personen wurden vorläufig festgenommen. Bereits in der Nacht zum 18. Juli wurden aus Protest gegen das Gelöbnis Denkmäler für die Opfer beider Weltkriege im Bezirk Kreuzberg mit Farbe beschmiert. Die unbekannten Täter kritisierten in einer Selbstbezichtigung die Funktion von Gelöbnissen, mit denen in der Öffentlichkeit die "akzeptanz des militärs in der gesellschaft" gesteigert werden solle. Das Schreiben endet mit Aufrufen wie: "Keine öffentlichen Gelöbnisse mehr!" und "Kampf den Kriegstreibern!" * Proteste gegen den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank (WB) führten vom 26. bis 28. September in Prag mehrere Tagungen und Konferenzen durch. Aus diesem Anlass wurde auch von Linksextremisten mit Flugblättern, mit Aufrufen in Szenepublikationen und im Internet zu Protestaktionen gegen das Treffen aufgerufen. Ziel war es, nach den Vorbildern der Proteste gegen die Tagung der Wor d- Trade-Organisation (WTO) Ende November 1999 in Seattle (USA) oder gegen den EU-Gipfel im Juni 1999 in Köln Protestveranstaltungen durchzuführen und wenn möglich, die Treffen 104 massiv zu stören. Bereits seit Anfang Juli fanden in Berlin Informationsveranstaltungen und Vorbereitungstreffen für Aktionen gegen das Treffen von IWF und Weltbank in Prag statt, die von bis zu 90 Personen besucht wurden. Am 23724. September wurden bei mehreren Banken und Sparkassen in den Bezirken Zehlendorf und Charlottenburg die elektronischen Türschlösser beschädigt bzw. die Kartenleser mittels Klebstoff benutzungsunfähig gemacht. Die unbekannten Täter klebten sog. Spuckis mit den Texten "Geschlossen wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung IWF/WB" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" an die Eingangstür bzw. an die Fensterscheiben der Geldinstitute. Bei einer Berliner Tageszeitung ging zu diesen Straftaten eine Selbstbezichtigung ohne Gruppenbezeichnung ein, in der u. a. "Solidarität mit dem Widerstand in Prag und anderswo" und "Entschädigung aller ehemaligen Zwangsarbeiterinnen" gefordert wird. Mit einem "global action day" am 26. September sollte die Durchführung des Gipfels verhindert werden. In der Szenepublikation "INTERIM" vom 13. Juli wurden u.a. folgende Beispiele für mögliche Aktionen genannt: "Streiks, Demonstrationen, Rückeroberung von Straßen, Besetzungen von Büros, Blockaden und spontane Schließungen, Aneignung und Verteilung von Luxuskonsumgütern, Sabotage, Beschädigung oder Störung kapitalistischer Infrastruktur". Am 25. September fuhren u. a. Angehörige Berliner autonomer Gruppen in vier Reisebussen vom Rosa-Luxemburg-Platz (Mitte) nach Prag. Der geringe Mobilisierungsgrad ist auf die im Vorfeld geäußerten Befürchtungen hinsichtlich des angeblich harten Vorgehens der Prager Sicherheitskräfte, möglichen hohen Geldstrafen und einer drohenden Inhaftierung zurückzuführen. Die Eröffnung der Jahresversammlung des IWF und der Welt- 105 bank am 26. September in Prag war von massiven Protesten begleitet. Sie begannen vormittags mit einem Demonstrationszug in Richtung Kongresszentrum, an dem nach Presseberichten rund 7 000 Personen teilgenommen haben. Der Aufzug verlief - wie von den Veranstaltern offensichtlich einkalkuliert - unfriedlich. Die Auseinandersetzungen in der Prager Innenstadt setzten sich bis in die Abendstunden fort. Nach Informationen tschechischer Behörden wurden 859 Demonstranten vorläufig festgenommen, darunter 330 Ausländer. Von diesen kamen 47 aus der Bundesrepublik Deutschland, darunter sechs aus Berlin. Im autonomen Block sollen Deutsche eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Wegen der Proteste wurden die Tagungen von IWF und Weltbank früher als geplant beendet. Die Aktionen in Prag wurden im autonomen Spektrum teils euphorisch gefeiert, obschon die erwarteten Teilnehmerzahlen bei weitem nicht erreicht und auch die erwünschte Breitenwirkung in der Szene nicht erzielt wurde. 4.2 Terrorismus Mit der im April 1998 erfolgten Selbst-Auflösung der terroristischen "Roten Armee Fraktion" (RAF) gibt es im Bereich des gewaltbereiten Linksextremismus keine Gruppierung mehr, deren Zwecke oder Ziele darauf gerichtet sind, Katalogstraftaten nach SS 129 a StGB (Bildung einer terroristischen Vereinigung) zu begehen. Hierzu zählen insbesondere Mord, Totschlag, Geiselnahme, Brandstiftung und Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion. Es existieren jedoch weiterhin Gruppen aus dem ehemaligen Sympathisantenumfeld der RAF, die den "bewaffneten Kampf" grundsätzlich akzeptieren. Derartige Gewalttaten gegen Personen sind derzeit jedoch nicht zu erwarten. 106 * Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der "Revolutionären Zellen" (RZ) Festnahmen Mit den seit Ende 1999 erfolgten Festnahmen mutmaßlicher mutmaßlicher Angehöriger der terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ) Angehöriger und den mehrmaligen Durchsuchungen des Szeneobjekts "Mehringhof" in Berlin rückten die Anschläge der RZ wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Im Jahre 1973 hatte sich in der Bundesrepublik Deutschland neben der RAF und der "Bewegung 2. Juni" eine dritte terroristische Vereinigung gebildet, die sich zunächst als "Revolutionäre Zelle" und ab 1976 als "Revolutionäre Zellen" (RZ) bezeichnete. Deren Mitglieder standen ebenso wie die der anderen terroristischen Gruppen für die Radikalisierung eines Teiles der "68er-Protestbewegung". Die RZ verfolgten das Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung in Deutschland zu überwinden. Anders als die RAF agierten die Kleingruppen der RZ nicht aus dem Untergrund, sondern verließen ihren normalen Lebensrhythmus 107 nur zur Durchführung von Anschlägen ("Feierabendterrorismus"). In Berlin war es in den 80er Jahren u. a. zu zwei aufsehenerregenden Schusswaffenanschlägen ("Knieschussaktionen") gekommen: Am 28. Oktober 1986 wurde der Am 1. September 1987 wurde der damalige Leiter der Abteilung Ausfür Asylrechtsverfahren zuständiländerangelegenheiten im Landesge Vorsitzende Richter beim einwohneramt Berlin bei einem als Bundesverwaltungsgericht in Ber"Bestrafungsaktion" bezeichneten lin Opfer eines SchusswaffenanSchusswaffenanschlag schwer schlages, wobei er schwer verletzt verletzt. wurde. Die Tat wurde bereits damals mit Der Richter wurde in einer Taterder Asylpolitik erklärt: Der Geklärung der RZ als "oberster Asylschädigte wurde als "Menschenrichter", der als Schreibtischtäter jäger und Schreibtischtäter" bepar excellence NS-Methoden prakzeichnet, der an "vorderster Front" tiziere, bezeichnet. stünde. In Berlin war seit 1992 kein den "Revolutionären Zellen" zuzurechnender Anschlag mehr zu verzeichnen. Am 18. Dezember 2000 wurde vom Berliner Kammergericht Tarek MOUSLI dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung wegen Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung - den RZ - rechtskräftig verurteilt. Aufgrund der Aussagen des Kronzeugen Tarek MOUSLI waren bundesweit Exekutivmaßnahmen des Bundeskriminalamts (BKA) u. a. in Berlin, Frankfurt am Main und Hannover durchgeführt worden, in deren Verlauf mutmaßliche Mitglieder der RZ festgenommen werden konnten. Die gegen sie eingeleiteten Ermittlungsverfahren dauern an. Der Schwerpunkt der Maßnahmen erstreckte sich auf das Berliner Szeneobjekt "Mehringhof, Gneisenaustr. 2 a (Kreuzberg). Hier waren die Durchsuchungen durch das BKA am 19. Dezember 1999 und am 30. Mai 2000 erfolgt. 108 4.3 Sonstige militante Linksextremisten = 1 ; ; ; _ Mitgliederzahl: kA bundesweit, ca.150 in Bertin Organisationsstruktur: inhomogenes Personenpotenzial mit nur ansatzweise erkennbaren Strukturen Entstehung/Gründung; Mitte der 80er Jahre Ideologie: Antiimperialistisch; Orientierung an der "Roten Armee Fraktion" (RAF) Publikationen: Diverse Schriften, u. a. "Angehörigen Info" Zu diesem Spektrum zählen in Berlin etwa 150 Personen. Diese Gruppen des antiimperialistischen/autonomen Spektrums entstanden Mitte der 80er Jahre aus RAF-nahen Strukturen. Dazu stießen im Laufe der Jahre Personen aus anderen linksextremistischen Bereichen (hauptsächlich "Autonome", "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora"). Sie fordern eine "Neuorientierung antiimperialistischer revolutionärer Politik" bei grundsätzlicher Akzeptanz des "bewaffneten Kampfes". Dieser "Kampf" soll so lange wie möglich aus der "Legalität" ("Feierabendterrorismus") heraus geführt werden. Thematisch fällt die starke internationalistische Ausrichtung auf, welche den "Widerstand" in Europa als Teil eines weltweiten Befreiungskampfes begreift. Hierzu sind Bemühungen zu verzeichnen, ein Netzwerk internationaler Verbindungen aufzubauen. Erfolge sind jedoch derzeit nicht erkennbar. Als besonders konsensfähig stellte sich dabei die "Kurdenproblematik" dar, wobei die Solidarität mit der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) sowie ihrem in der Türkei zum Tode verurteilten Führer Abdullah ÖCALAN im Vordergrund stand. Die Intensität der diesbezüglichen Aktivitäten hat im Jahr 2000 jedoch deutlich abgenommen. Ursächlich hierfür dürfte die Aufgabe des bewaffneten Kampfes sowie die neue politische Ausrichtung der PKK sein. Die noch immer drohende Vollstreckung des Todesurteils gegen das ehemalige "Black Panther"-Mitglied Mumia ABU JAMAL, der 1982 in den USA wegen Polizistenmordes verurteilt 109 worden war, veranlasste auch das antiimperialistische/autonome Spektrum zu verstärkten Protesten. Darüber hinaus war im Jahr 2000 eine Beteiligung dieses Kreises an den Aktionen der Kampagne "kein mensch ist illegal" am 1. Juli am Flughafen Schönefeld14 sowie an Solidaritätsveranstaltungen für die verhafteten mutmaßlichen RZ-Angehörigen festzustellen. 5 Parteien und sonstige Gruppierungen Neben den gewaltorientierten Linksextremisten streben auch mehrere marxistisch-leninistische Parteien und Zusammenschlüsse die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Zu diesen Kräften zählen Kommunisten, die sich in der Tradition der früheren kommunistischen Weltbewegung sehen, wie z. B. die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP). Hiervon zu unterscheiden sind Parteien und Gruppen mit einem abgewandelten marxistisch-leninistischen Weltbild, wie z. B. die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD). Solche Zusammenschlüsse orientieren sich in ihrem ideologischen Selbstverständnis häufig an stalinistischen, maoistischen oder trotzkistischen Interpretationen kommunistischer Vorbilder. Die sich zur Theorie des Marxismus-Leninismus in seiner Interpretation durch Mao ZEDONG bekennende MLPD und ihr bedeutungsloser Jugendverband ("REBELL") blieb auch im Jahr 2000 selbst innerhalb des linksextremistischen Spektrums isoliert. Die Berliner trotzkistischen Vereinigungen, wie z. B. die "Sozialistische Alternative Voran" (SAV), traten auch 2000 nur sporadisch öffentlichkeitswirksam, z. B. bei Demonstrationen der linksextremistischen Szene in Erscheinung, blieben aber weitgehend unbeachtet. 14 Siehe Pkt. 4.1.3 "Antirassismus". 110 Erscheinungsbild und Zustand dieser Parteien und Gruppierungen haben sich in Berlin im Jahr 2000 kaum verändert. Sie blieben ohne jeden Einfluss auf die politische Entwicklung Berlins. Die Aktivitäten der vorgenannten Organisationen werden auch durch die zunehmende Überalterung ihrer Mitglieder beeinträchtigt. Sie halten jedoch weiterhin an ihren klassischen Konzepten - Klassenkampf und revolutionärer Bruch mit den bestehenden Verhältnissen - fest. 6 Linksextremistische Gruppierungen in der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) Die PDS bietet, so das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in seinem Jahresbericht 200015, auch zehn Jahre nach ihrer durch die deutsche Einigung erforderlich gewordenen Anpassung und Umbennung ein zwiespältiges Bild. Auch wenn die Partei sich nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht als marxistisch-leninistische Partei darstellt, sind doch sowohl im Programm wie auch im Statut der PDS auch die Existenz extremistischer Strömungen in der Partei verankert. Dabei handelt es sich um die "Kommunistische Plattform der PDS" (KPF) und das "Marxistische Forum bei der PDS" (MF). Die Akzeptanz von KPF und MF wurde auch im Jahr 2000 deutlich. So betonte auch die neue Parteiführung im Rahmen des 7. Bundesparteitages in Cottbus im Oktober 2000, dass beide im "Bemühen um eine bessere Gesellschaft" zur PDS gehörten. Die Stärke der PDS bestehe in ihrer pluralen Vielfalt, die kommunistische wie sozialdemokratische, radikaldemokratische wie reformatorische Positionen impliziere. 15 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2000, S. 145. 111 6.1 "Kommunistische Plattform der PDS" (KPF) Sitz: Berlin Mitgliederzahl: ca. 2 000 Angehörige bundesweit (1999: 2 000), ca. 300 in Berlin (1999: ca. 500) Organisationsstruktur: Zusammenschluss Entstehung/Gründung: 1989 Ideologie: Marxistisch-leninistisch Publikationen: "Mitteilungen der Kommunistischen Rattform der PDS" (monatlich, Auflage: 1 000) Die mitgliederstärkste PDS-Gruppierung KPF versteht sich als Nachfolgerin der verfassungswidrigen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD). Dieses Selbstverständnis impliziert eine prinzipielle Identität mit deren Zielen. Dies zeigt, dass die KPF an dem durch die marxistisch-leninistische Lehre vorgegebenen Weg zum Kommunismus über eine mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbarende "proletarische Revolution" und die "Diktatur des Proletariats" festhält. Die KPF ist auch nach dem o. g. Parteitag im Parteivorstand vertreten. So wurde Sahra WAGENKNECHT, Mitglied des Bundeskoordinierungsrates der KPF, mit großer Zustimmung (mehr als 60 % der Stimmen) in den neuen Parteivorstand gewählt. Die KPF gerät jedoch durch ihre aggressiv vertretene dogmatische Positionierung immer wieder in Konflikt mit der Parteiführung. Dennoch distanziert sich die PDS nicht von dieser Strömung. Die KPF ist bereit, zur Durchsetzung ihrer Ziele auch mit militanten Linksextremisten zusammenzuarbeiten. Die KPF kooperiert im Rahmen der alljährlich im Januar stattfindenden "LUXEMBURG-LIEBKNECHT-Demonstration" mit marxistischleninistischen Parteien und mit militanten Autonomen. In den vom Bundeskoordinierungsrat der KPF herausgegebenen "Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS" wird diese Zusammenarbeit als "ein - im Großen so schmerzlich vermisstes - beispielgebendes Bündnis von Genossen der PDS, der DKP, der KPD, Kollegen der Gewerkschaften und Mitgliedern 112 der Sozialistischen Jugend und der automomen Antifa" bezeichnet.16 6.2 "Marxistisches Forum bei der PDS" (MF) . Sitz: Berlin MitgüedereahJ: Rund 60 bundesweit (1999: rund 50), ca. 30 in Berlin (1999: k.A.) Organisationsstruktur: Zusammenschluss Entstebung/Gründung: Juni 1995 Ideologie: Marxistisch Publikationen: "Marxistisches Forum"; Äuftage nicht bekannt "ICARUS - Zeitschrift für soziale Theorie und Menschenrechte" (vierteljährlich; Auflage: 500) Das "Marxistische Forum", ein Zusammenschluss orthodox kommunistisch orientierter Mitglieder und Sympathisanten der PDS, versteht sich als "innerparteiliche Opposition". Seine rund 60 Angehörigen waren als SED-Parteimitglieder und Exponenten des Staatsapparats und des Kulturund Wissenschaftsbereichs zumeist Teil der intellektuellen Elite der ehemaligen DDR. Sie nutzen die Publikationen des "Marxistischen Forums", um eine "marxistische Aneignung der Gegenwart" zu propagieren. Hauptaktionsfeld war auch im Jahr 2000 die sog. Programmdebatte, in der das "Marxistische Forum" Erneuerungsbestrebungen des PDS-Parteivorstands vehement attackierte. Im September veranstaltete das "Marxistische Forum" hierzu eine wissenschaftliche Konferenz, in deren Rahmen einer der Protagonisten darauf hinwies, dass Programme für Parteien, die auf Gesellschaftsveränderung abzielten, von großer Relevanz seien. Im Gegensatz dazu stünde die PDS vor der Gefahr, im "bürgerlichen Politikbetrieb" und "Pragmatismus" gänzlich aufzugehen. 16 "Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS", Heft 5 /2000, Seite 23. 113 Die PDS wird als eine "grundsätzlich systemoppositionelle Kraft" bezeichnet, die "in Opposition zur kapitalistischen Gesellschaft und den diese tragenden maßgeblichen Parteien" steht.17 Es wird als ein "Irrtum" angesehen, "den Sozialismus auf demokratische Weise erreichen zu wollen."18 7 Ausblick Im Jahr 2000 hat sich die Struktur und das Mitgliederpotenzial des organisierten deutschen Linksextremismus gegenüber den Vorjahren insgesamt kaum verändert. Dies gilt auch für den nicht organisierten Teil der linksextremistischen Szene, die äußerst gewaltbereiten Autonomen. Im militanten Linksextremismus waren auch in diesem Jahr Bemühungen erkennbar, die in sich zerstrittene Szene wieder zu einen. Diskussionen über Aktionsformen und Strategien blieben zwar bisher weitgehend ohne Erfolg, werden aber auch im Jahr 2001 fortgeführt werden. Mit Hilfe von Reizthemen, wie "Rechtsextremismus", "Umstrukturierung", "Asyl" und "Anti-Atom", werden militante Linksextremisten weiterhin versuchen, Sympathien für ihre Ziele zu erreichen. Einen kontinuierlich hohen Stellenwert für alle Spektren des Linksextremismus wird auch 2001 das Aktionsfeld "Antifaschismus" (mit Aktionen gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten) einnehmen. Es besteht die Gefahr, dass gesteigerte Militanz von Linksextremisten vergleichbare Reaktionen bei der gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene auslöst und ein Prozess des gegenseitigen "Hochschaukeins" extremistischer Gewalt entsteht. 17 "Marxistisches Forum", Heft 32/33, Seite 21. 18 "Marxistisches Forum", Heft 25, Seite 16. 114 Die Bedrohung durch gewalttätige Linksextremisten wird bestehen bleiben. Die meisten militanten bis hin zu terroristischen Aktionen werden auch weiterhin von Autonomen verübt werden. Dabei werden sie voraussichtlich an der von ihnen als "bewährt" angesehenen Praxis festhalten, Anschläge nicht nur unter einem über Jahre hinaus festen Gruppennamen, sondern unter stets wechselnden Aktionsbezeichnungen zu verüben. Im Hinblick auf die Hauptstadtentwicklung Berlins ist es nicht auszuschließen, dass die Konzentration staatlicher inund ausländischer Institutionen sowie das verstärkte öffentliche Auftreten von Rechtsextremisten in der Stadt zu einer qualitativen und quantitativen Zunahme linksextremistischer Aktivitäten führen wird. So könnte möglicherweise eine Sogwirkung auf Linksextremisten in anderen Bundesländern entstehen. Anzeichen hierfür sind seit geraumer Zeit vorhanden. 115 * Überblick * Personenpotenziale * Strafund Gewalttaten * Kommunikationswege * Islamisch-extremistische Bestrebungen - Türkische Islamisten -Arabische Islamisten * Linksextremistische türkische und kurdische Gruppierungen * Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Iranern * Ausblick Ausländerextremismus 116 1 Überblick Der Schwerpunkt dieses Aufgabenbereichs liegt in der Beobachtung von gewaltorientierten Bestrebungen ausländischer Organisationen, Gruppen oder Einzelpersonen in Deutschland, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder ihre innere Sicherheit gefährden. Hierzu zählen insbesondere ausländische Organisationen, die eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse in ihren Heimatländern anstreben. Ebenso werden auch geheimdienstliche Tätigkeiten fremder Staaten beobachtet, die zum Ziel haben, Terroranschläge vorzubereiten bzw. durchzuführen, Oppositionelle und Regimegegner auszuforschen oder zu bedrohen bzw. einzuschüchtern, in Einzelfällen sogar zu liquidieren (Staatsterrorismus). GefährdungsGefährdungspotenziale lagen 2000 insbesondere bei folgenden potenziale Gruppierungen: * Islamisch-extremistische (islamistische) Gruppierungen, die sich gliedern lassen in: Arabische Islamisten, türkische Islamisten; * linksextremistische türkische und kurdische Gruppierungen; * extremistische iranische Gruppierungen, wobei zu unterscheiden ist zwischen: Anhängern proiranischer Gruppierungen und oppositionellen Iranern. 117 2 Zahlenübersichten für Berlin und Deutschland 2.1 Personenpotenziale I 1999 Berte1 2000 1999 Bund2 2000 Gesamt, darunter 6505 6475 59 700 58 800 Islamisch-extremistische Türken 3 050 3 050 28 150 28 150 Linksextremistische Türken 300 300 4 850 4 250 Extrem-nationalistische Türken 600 600 7 800 7 800 Islamisch-extremistische Araber / Palästinenser 1 145 1 145 2 950 3 100 Linksextremistische Araber / Palästinenser 170 170 150 150 Organisierte regimetreue Iraner 20 30 150 100 Organisierte oppositionelle Iraner 20 20 900 900 Kurden PKK 1 100 1 100 12 000 12 000 Kurden Sonstige 50 10 400 400 Sonstige 50 50 2 350 1 950 Verteilung in Berlin nach ideologischer Ausrichtung: 1999 1999 2000 2000 absolut % absolut % Islamisch-extremistische Organisationen 4 235 65,1 4 245 65,6 Linksextremistische Organisationen 1 620 24,9 1 580 24,4 Extrem-nationalistische Organisationen 600 9,2 600 9,3 Sonstige 50 0,8 50 0,8 Verteilung in Berlin nach Nationalitäten: 1999 1999 2000 2000 absolut % absolut % Kurden (PKK, sonstige) 1 150 17,7 1 110 17,1 Türken 3 950 60,7 3 950 61,0 Araber / Palästinenser 1 315 20,2 1 315 20,3 Iraner 40 0,6 50 0,8 Sonstige 50 0,8 50 0,8 1 Die Zahlen sind z. T. geschätzt und gerundet. 2 Die Zahlen sind z. T. geschätzt und gerundet. 118 Quoten Der Anteil der in Berlin Ende 2000 melderechtlich erfassten 435 117 Ausländer (1999: 437 777), der extremistischen oder extremistisch beeinflussten Ausländerorganisationen zuzurechnen ist, betrug mit etwa 6 475 Personen (1999: etwa 6 505) etwa 1,5 % und ist damit gegenüber 1999 prozentual konstant geblieben. Von den 127 335 türkischen Staatsangehörigen (29,3 % der ausländischen Wohnbevölkerung) werden etwa 3 950 Personen (3,1 %) den in Berlin aktiven verschiedenen türkischen linksextremistischen, extrem-nationalistischen und islamistischen Organisationen zugerechnet. Unter den rund 50 000 Personen kurdischer Volkszugehörigkeit in Berlin verfügt die Berliner Gliederung der PKK über etwa 1 100 Anhänger. Das sind 9,2 % des bundesweiten Gesamtpotenzials der PKK (etwa 12 000 Anhänger). Islamischextremistische Araber/Palästinenser Rechtsextremistische Sonstige* Türken Linksextremistische Türken Islamischextremistische Türken Linksextremistische Araber/Palästinenser (170 Pers.), regimetreue und oppositionelle Iraner (50 Pers.), Sonstige (50 Pers.) Aufgrund ihrer gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Aktivitäten wurden die folgenden ausländerextremistischen Organisationen vom Bundesminister des Innern verboten: 119 ÄuslindsruxtremliOTaus Organisation Verbot "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) 27.01.1983 mitbetroffen: * "Volksvereine" (HALK DER) "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 26.11.1993 mitbetroffen: * "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) * "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan) "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" 13.08.1998 (DHKP-C) "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Devrimci Sol" 13.08.1998 (THKP/-C - Devrimci Sol) 118 Quoten Der Anteil der in Berlin Ende 2000 melderechtlich erfassten 435 117 Ausländer (1999: 437 777), der extremistischen oder extremistisch beeinflussten Ausländerorganisationen zuzurechnen ist, betrug mit etwa 6 475 Personen (1999: etwa 6 505) etwa 1,5 % und ist damit gegenüber 1999 prozentual konstant geblieben. Von den 127 335 türkischen Staatsangehörigen (29,3 % der ausländischen Wohnbevölkerung) werden etwa 3 950 Personen (3,1 %) den in Berlin aktiven verschiedenen türkischen linksextremistischen, extrem-nationalistischen und islamistischen Organisationen zugerechnet. Unter den rund 50 000 Personen kurdischer Volkszugehörigkeit in Berlin verfügt die Berliner Gliederung der PKK über etwa 1 100 Anhänger. Das sind 9,2 % des bundesweiten Gesamtpotenzials der PKK (etwa 12 000 Anhänger). Islamischextremistische Araber/Palästinenser Rechtsextremistische Sonstige* Türken Linksextremistische Türken Islamischextremistische Türken Linksextremistische Araber/Palästinenser (170 Pers.), regimetreue und oppositionelle Iraner (50 Pers.), Sonstige (50 Pers.) Aufgrund ihrer gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Aktivitäten wurden die folgenden ausländerextremistischen Organisationen vom Bundesminister des Innern verboten: 119 Organisation Verbot "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke) 27.01.1983 mitbetroffen: * "Volksvereine" (HALK DER) "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) 26.11.1993 mitbetroffen: * "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) * "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FEYKA-Kurdistan) "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" 13.08.1998 (DHKP-C) "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Devrimci Sol" 13.08.1998 (THKP/-C - Devrimci Sol) 120 2.2 Strafund Gewalttaten mit ausländerextremistischem Hintergrund1 1999 2000 1999 2000 Gewalttaten: Tötungsdelikte 0 0 1 1 Versuchte Tötungsdelikte 0 0 7 0 Körperverletzungen 4 5 83 40 Brandstiftungen 2 0 101 8 Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion 0 0 3 0 Landfriedensbruch 39 17 103 28 Freiheitsberaubungen 0 0 20 4 Raub/Erpressungen 5 6 73 35 gesamt 50 28 391 116 Sonstige Straftaten: Sachbeschädigungen 18 317 89 18 Nötigung/Bedrohung 13 5 303 61 Andere Straftaten 209 137 1 525 525 gesamt 240 160 2 145 675 Straftaten insgesamt 290 188 2 53" 791 1 Die Zahlen zu den Berliner Straftaten 2000 und 2001 beruhen auf Angaben des Polizeipräsidenten in Berlin - Landeskriminalamt (LKA) - vom 9. Januar 2001. 2 Die Berliner Zahlen enthalten vollendete und versuchte Straftaten. Es wurden vom LKA Berlin die eingeleiteten Strafermittlungsverfahren gezählt. Wurden mehrere Straftaten in Tateinheit verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. 3 Die Zahlen des Bundes basieren auf Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) vom 20. März 2001. Die Zahlen des Bundes enthalten vollendete und versuchte Straftaten. Jede gewaltsame Aktion wurde nur einmal gezählt. Sind z. B. während eines Landfriedensbruchs zugleich Körperverletzungen begangen worden, so erscheint nur der Landfriedensbruch als eine Straftat in der Statistik. Wurden mehrere Straftaten verübt, wurde ausschließlich der schwerer wiegende Straftatbestand gezählt. In Berlin gingen die von Ausländern verübten und politisch motivierten Straftaten 2000 insgesamt um 35,2 % zurück. Die Zahl der Gewalttaten verringerte sich um 44 %. Bundesweit war ein Rückgang der Straftaten insgesamt um 68,8 % und der Gewalttaten um 70,3 % zu verzeichnen. 121 3 Kommunikationswege Die Nutzung modernster Kommunikationsmedien durch extremistische Ausländerorganisationen hat sich zu einem wichtigen Mittel der organisationsinternen Kommunikation und der jeweiligen Selbstdarstellung entwickelt. Insbesondere das Internet wird für einen raschen und teilweise verschlüsselten Informationsaustausch genutzt. Stellungnahmen, Terminankündigungen und Berichte über die eigene Tätigkeit sind so für interessierte Kreise jederzeit abrufbar. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die jeweilige Anhängerschaft kurzfristig für Aktivitäten zu mobilisieren. Ausländische Extremisten stellen über Provider im europäischen Ausland, so z. B. in Großbritannien, umfangreiche politische Informationen in mehreren Sprachen, teilweise auch in Hinweis: Adressen der hier genannten Internet-Einstellungen von Extremisten werden aus grundsätzlichen Erwägungen nicht aufgeführt. 122 Deutsch, und eine Vielzahl von Publikationen in das Internet ein. Die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) stellt über mehrere ihrer Nebenund Teilorganisationen Propagandamaterial ins Internet ein. Auch islamistische GruppieIslamjc Community of Milli Görüs rungen und Einrichtungen, z. B. die "Islamische Gemeinschaft - Milli Görüs e.V." Choose your language (IGMG) und mehrere "Isla- C English mische Zentren", sind im C Türkce weltweiten Datenverbund mit C Deutsch umfangreicher Propaganda vertreten. Die linksextremistische "Revolutionäre VolksbefreiungsparteiFront" (DHKP-C) stellt sich in fünf Sprachen (auch in Deutsch) dar. Auch die in den arabischen Ländern ansässigen terroristischen Organisationen wie HAMAS und "Hizb Allah" nutzen intensiv das Internet: 123 4 Islamisch-extremistische (islamistische) Bestrebungen 4.1 Türkische Islamisten 4.1.1 "Islamische Gemeinschaft - MMN Görüs e.V." (IGMG) Sitz; Kötn Organtsationsstruktur: Vereine Mitgliederzahl: ca. 27 000 bundesweit (1999: ca. 27 000), ca. 3 000 in Berlin (1999: ca. 3 000) Entstehung/Gründung: 1985 Ideologie: Islamisch-extremistisch Publikationen: "Mitii Görüs & Perspektive", unregelmäßig Die "Islamische Gemeinschaft - Milli Görüs e.V." (IGMG) ging 1995 aus der 1985 gegründeten "Vereinigung der Neuen Weltsicht in Europa e. V." (AMGT) hervor. Vorbild: Türkische Wie ihre Vorläuferin AMGT orientiert sich die IGMG am GeWohlfahrtspartei ERBAKANS dankengut der in der Türkei Anfang 1998 verbotenen und aufgelösten "Wohlfahrtspartei" (RP), einer nationalistisch ausgerichteten islamisch-extremistischen Partei, deren Hauptziel die Errichtung einer islamischen Staatsordnung in der Türkei war. Diese als "gerechte Ordnung" umschriebene Staatsordnung sollte auf dem Koran und der Scharia, dem aus dem Koran abgeleiteten islamischen Rechtssystem, basieren. Der ehemalige RP-Vorsitzende Necmettin ERBAKAN, der vom 8. Juli 1996 bis 18. Juni 1997 als türkischer Ministerpräsident amtierte, hatte den größten Teil der von ihm propagierten islamistischen Forderungen wegen des Widerstands des Militärs und der unerwartet starken Proteste breiter Teile der türkischen Gesellschaft nicht durchsetzen können. Noch vor dem Ende der Amtszeit ERBAKANs hatte die Oberstaatsanwaltschaft in Ankara einen Antrag auf Verbot der RP Verbot der RP in 20 der Türkei wegen "reaktionärer bzw. islamistischer Umtriebe" gestellt. Die im Februar 1998 verkündete Entscheidung umfasste neben dem Verbot und der Auflösung der RP auch ein Verbot der politischen Betätigung für einige RP-Politiker, darunter Necmettin ERBAKAN. ^u Abschaffung der von ATATÜRK 1924 durchgeführten Trennung von staatlicher und religiöser Sphäre (Laizismus). 124 Zwischenzeitlich hat die neugegründete "Partei der Tugend" (FP) unter der Leitung von Recai KUTAN die Nachfolge der RP angetreten. Die nicht mit einem Verbot der politischen Betätigung belegten Abgeordneten der RP traten nahezu geschlossen der FP bei. Auch die IGMG hat inzwischen eine feste Bindung zur FP aufgebaut. Auf Veranstaltungen der IGMG traten wiederholt Abgeordnete der FP als Redner auf. Türkischen Presseberichten zufolge gibt es in der Türkei Bestrebungen, nunmehr ein Verbot der FP zu erwirken. Innerhalb der FP werde wiederum überlegt, mit der Gründung einer neuen Partei einem möglichen Verbot der FP entgegenzuwirken. Die weitere Verbundenheit der IGMG mit der verbotenen "Wohlfahrtspartei" (RP) wurde u. a. daran deutlich, dass auf ihrer Generalversammlung am 3. Juni im Müngersdorfer Stadion in Köln mit etwa 30 000 Teilnehmern Necmettin ERBAKAN als Ehrengast gefeiert wurde. In seiner Ansprache stellte er die Behauptung auf, die NATO hätte ihre alten Feindbilder verloren und richte sich nunmehr gegen den Islam. Der IGMG attestierte er eine wichtige Rolle in Europa. Die auf der Veranstaltung gezeigten Transparente enthielten u. a. die Aufschriften "Demokratie ja, aber bitte auch für uns" und "Wo bleibt die Gleichstellung mit den Christen?". Die IGMG ist weitgehend bestrebt, ihre islamisch-extremistischen Ziele nach außen nicht erkennbar werden zu lassen. In eigenen Veröffentlichungen nehmen die Autoren zu vorwiegend tagespolitischen Themen Stellung, insbesondere zu der vermeintlichen Diskriminierung der Muslime in der christlichen Welt. Wie bereits im Vorjahr war die IGMG im Jahr 2000 an Demonstrationen beteiligt, die aus Anlass des Konfliktes zwischen der Russischen Föderation und dem islamisch geprägten Tschetschenien durchgeführt wurden. 125 In Berlin rief die IGMG zur Teilnahme an einer von der "Gesellschaft für bedrohte Völker" am 15. Juni anlässlich des Besuches des russischen Präsidenten PUTIN durchgeführten Demonstration auf. An dem Aufzug beteiligten sich etwa 140 Personen, darunter auch Anhänger der IGMG. Zur Verbreitung und Verfestigung ihres Gedankengutes betreibt die IGMG diverse "soziale" Aktivitäten u.a. eine intensive und Jugendarbeit zielgerichtete Jugendarbeit, z. B. mit Zeltlagern oder KoranRezitationswettbewerben. Die Organisation ist nach wie vor bemüht, sich als Vertreterin der Muslime im Bundesgebiet darzustellen. Eines ihrer Ziele ist es, Bemühungen um Anerkennung als als islamische Glaubensgemeinschaft Körperschaftsrechte zu Religionserlangen. In der öffentlichen Diskussion achtet die IGMG begemeinschaft wusst darauf, die materiellen Vorteile einer Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts - z. B. Vergünstigungen im Steuerund Gebührenrechtnicht anzusprechen. Ein weiteres Feld propagandistischer Aktivitäten der IGMG ist die Diskussion um die Erteilung islamischen Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Entsprechend dieser Vorgabe leistete die Organisation ihren zumindest propagandistischen Beitrag zu den Bemühungen der von ihr beeinflussten "Islamischen Föderation in Berlin e.V.", in Berliner Schulen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. In Verlautbarungen zu diesem Thema achtete die IGMG auch' in diesem Fall darauf, ihre Beziehung zur "Islamischen Föderation in Berlin e.V." nicht deutlich werden zu lassen und auf moderate bzw. neutrale Wortwahl. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hatte der "Islamischen Föderation in Berlin e. V." im November 1998 den Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen. Der sechste Senat des Bundesverwaltungsgerichts wies Ende Februar 2000 die Revisionsklage des Landes Berlin zurück und ebnete somit der Föderation den Weg in die Berliner Schulen. Das Urteil gab u. a. in liberalen Kreisen innerhalb der türkischen Gemeinde in Berlin Anlass zu vielfältigen Unmutsäußerungen. Grund hierfür war die in der Öffentlichkeit seit jeher ausgetragene Diskussion über die 126 Beziehung der Föderation zur IGMG. Die letztendliche Bescheidung über die Zulassung des islamischen Religionsunterrichts durch die Föderation steht bislang aus. 4.1.2 "Der Kalifatsstaat" / "Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) Sitz: Köln Organisattonsstrukiur: Vereine Mitgliederzahl: 1 100 bundesweit (1998:1 100), ca. 50 in Bertin (1999: ca. 50) Entstehung/Gründung: 1984 in Köln Ideologie: Islamisch-extremistisch Publikationen: "ÜMMET-I MUHAMMED", wöchentlich Die vereinsrechtlich unter dem Namen "Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" (ICCB) - türkische Bezeichnung: "Islami Cemiyet ve Cemaatler Birgligi" - erfasste Organisation steht seit 1995 unter der Leitung des selbsternannten "Kalifen" Metin KAPLAN und tritt seitdem ausschließlich unter der Bezeichnung "Der Kalifatsstaat" auf. Seine Weltanschauung verbreitet der "Kalifatsstaat" in seiner internen Publikation "ÜMMET-I MUHAMMED" (Die Gemeinde Mohammeds), in der per Satellit bis in die Türkei ausgestrahlten Fernsehsendung "Hakk TV" und über das Internet: Der band zielt auf die Beseitigung des gegenwärtigen 21 laizistisch ausgerichteten Staatssystems in der Türkei. Der Führer des Verbandes hat den Anspruch, als Kalif - Statthalter des Propheten - die Führung der islamischen Welt zu übernehmen. Die Glaubensgrundsätze sollen das zu schaffende Staatssystem bestimmen. Das Amt des Kalifen, das seit der Erobe^' Strikte Trennung von Staat und Religion. 127 rung Ägyptens durch das Osmanische Reich im Jahre 1517 die osmanischen Sultane innehatten, wurde im Jahr 1924 vom türkischen Parlament unter dem Staatspräsidenten Kemal ATATÜRK abgeschafft. Am 25. März 1999 war der Verbandsvorsitzende KAPLAN in Verhaftung Köln verhaftet worden. Er wurde u. a. wegen Rädelsführerschaft KAPLANS in einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Ferner wurde KAPLAN die öffentliche Aufforderung zu einer Straftat, die Ermordung seines Rivalen um die Position des "Kalifen" Dr. Halil Ibrahim SOFU vorgeworfen. SOFU war im Mai 1997 in seiner Wohnung in Berlin-Wedding erschossen worden. Die Anhängerschaft KAPLANS reagierte auf die Festnahme ihres "Kalifen" mit einer Reihe von Protestaktionen, die z. T. einen gewaltsamen Verlauf hatten. Der Prozess gegen Metin KAPLAN begann am 8. Februar 2000 Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Neben KAPLAN KAPLANS mussten sich auch zwei weitere in Köln wohnhafte Führungsmitglieder der Organisation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verantworten. In den verbandseigenen Medien polemisierte der "Kalifatsstaat" fortlaufend gegen das Gericht und die gegen den Verband aussagenden Zeugen. So warf Metin KAPLAN z. B. in der "ÜMMET-I MUHAMMED" vom 9. März der Bundesanwaltschaft vor, keine juristische, sondern eine politische Anklage erhoben zu haben. Nicht er, sondern der Islam solle verurteilt werden. In diesem Zusammenhang skandierte KAPLAN die Parole des "Kalifatsstaates": "Der Islam ist sowohl Religion als auch Staat, sowohl Gottesverehrung als auch Politik! Er wird sowohl durch den Koran als auch durch das Schwert Geltung erlangen!" Am ersten Verhandlungstag störten etwa 50 Anhänger des selbsternannten Kalifen im Gerichtssaal den Verfahrensablauf u. a. durch "Allahu akbar" ("Allah ist groß")Rufe und die Weigerung, sich beim Eintritt des Gerichts zu erheben. Vor dem 128 Gebäude demonstrierten weitere rund 200 Anhänger des "Kalifatsstaates". Auf Flugschriften forderten sie die Freilassung KAPLANS und riefen u. a. "Wir sind Islamisten, keine Terroristen". Am 12. April kam es im Gerichtssaal zu tumultartigen Szenen. Im Verlauf der angeordneten Räumung des Saales beschimpfte ein KAPLAN-Anhänger den Richter als "Drecksau". Bei der Verfolgung des Täters wurden außerhalb des Gebäudes drei Polizeibeamte von KAPLAN-Anhängern angegriffen und verletzt. Am 15. November verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf f erurteiUmg KAPLANS KAPLAN wegen zweimaliger öffentlicher Aufforderung zum Mord an seinem Rivalen Dr. Halil Ibrahim SOFU zu einer Haftstrafe von vier Jahren. Der flüchtige Hasan Basri GÖKBULUT, ein führendes Mitglied des "Kalifatsstaates", wurde in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Ein weiterer Angeklagter wurde freigesprochen. Als Reaktion auf die Verurteilung KAPLANS stellte der ICCB folgenden Vergleich in das Internet ein: Ein Hakenkreuz mit dem Hinweis "1933 - Religion verboten..." und eine Deutschlandfahne mit dem Hinweis "2000 - Religion verboten..." In Berlin ist die Anhängerschaft des KAPLAN in der "MuhacirinICCB in Berlin Moschee" im Bezirk Kreuzberg ansässig. Sie ist im Jahr 2000 nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Ferner existiert in Berlin eine Gruppe von Anhängern des ermordeten "Gegenkalifen" Dr. Halil Ibrahim SOFU, die zwar den Führungsanspruch des Metin KAPLAN ablehnt, sich jedoch mit der Ideologie des in Köln ansässigen Verbandes identifiziert. Diese Gruppe ist ebenfalls öffentlich nicht präsent gewesen. 129 4.2 Arabische Islamisten Berlin entwickelt sich zu einem Schwerpunkt arabisch-islamistischer Bestrebungen in Deutschland. Sunnitische wie schiitische Organisationen haben in den letzten Jahren erkannt, dass in Westund Osteuropa ein Potenzial von Gläubigen vorhanden ist, das für die eigenen Ziele genutzt werden kann. Hauptsächliche Zielgruppe sind dabei Jugendliche, die in Deutschland geboren sind und muslimisch erzogen wurden. Dementsprechend wurde im vergangenen Jahr sehr viel Wert auf den Aufbau von Jugendeinrichtungen gelegt. Die in Berlin aktiven islamistischen Organisationen zielen auf einen langfristigen Erfolg. Die sich abzeichnende Abkehr von den westlichen Werten führt unter den in Berlin lebenden Muslimen mehr und mehr zu der Bereitschaft, ihre Kinder zusätzlich zur Ausbildung in deutschen Schulen zum Islamunterricht in den Moscheen anzumelden. Mit dem Aufbau von Koran-Schulen, Kindergärten, Jugendeinrichtungen, Geschäften, eigenen Fernsehproduktionen etc. zielen die Verantwortlichen auf eine langfristige Steigerung ihrer Mitgliederzahlen ab, wodurch ein kontinuierlicher Ausbau ihrer Strukturen garantiert wird. Einzelne islamistische Zentren konnten beachtliche Erfolge erzielen. Ansätze einer sich daraus ergebenden Parallelgesellschaft auf islamistischer Grundlage sind in Berlin bereits deutlich erkennbar. Als Multiplikatoren fungieren hierbei die in Berlin agierenden Imame (Vorbeter in den Moscheen) oder Funktionäre, die mit großer rhetorischer Fähigkeit in der Lage sind, Moschee-Besucher an sich zu binden und im Sinne ihrer politischen ZielsetDie Anhänger des Propheten MOHAMMEDs spalteten sich in Sunniten und Schiiten. Während die Sunniten die Nachfolgereihe beginnend mit dem Schwiegervater von MOHAMMED für rechtmäßig halten, betrachten die Schiiten den Schwiegersohn und Vetter MOHAMMEDs und die ihm nachfolgenden blutsverwandten Imame als rechtmäßige Herrscher. 130 zungen zu indoktrinieren. Gerade die Imame sind aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten in der Lage, ihre politischen Zielsetzungen mit den entsprechenden Koranzitaten zu belegen. Bei bedeutenden aktuellen Ereignissen wird von den Gläubigen die politische Bewertung durch die Imame gesucht. So waren die Besucherzahlen in den einzelnen Zentren zu den Höhepunkten der gewalttätigen Auseinandersetzungen in den palästinensischen Autonomiegebieten besonders hoch. Die Gewinne, die mit den einzelnen Projekten erzielt werden, sind beachtlich. Verbunden mit dem Spendenaufkommen garantieren diese Einnahmen inzwischen eine große Unabhängigkeit. * Auswirkungen des Nahost-Konfliktes in Berlin Die erneuten gewaltsamen Auseinandersetzungen in den palästinensischen Autonomiegebieten und das Wiederaufleben der "Intifada" im Herbst 2000 wirkten sich auch auf Berlin aus. Gerade die Situation in den palästinensischen Autonomiegebieten und in den angrenzenden arabischen Ländern wird von den in Berlin lebenden Anhängern arabischer Ausländerorganisationen aufmerksam beobachtet. Im Gegensatz zu früher hat sich der Informationsfluss dabei erheblich verbessert. Moderne Satellitenempfänger erlauben es den hier lebenden Ausländern, sich sehr schnell über die aktuellen politischen Ereignisse in ihren Heimatländern zu informieren. Das Internet ermöglicht weitere Informationszugänge. Es bietet den in den arabischen Ländern ansässigen terroristischen Organisationen die Möglichkeit, ihre Zielsetzungen weltweit und äußerst schnell zu verbreiten und so ihre Anhängerschaft anlassbezogen zu emotionalisieren. Die emotionale Anteilnahme an den Ereignissen in der Heimat und die steigende Zahl getöteter Palästinenser im Zuge der "Al- 131 Aqsa-Intifada" führte im Oktober zu mehreren demonstrativen Aktionen in Berlin. Am I.Oktober demonstrierten laizistische Palästinenser gemeinsam mit islamistischen Arabern anlässlich einer kurzfristig organisierten Kundgebung vor der Israelischen Botschaft, an der sich etwa 500 Personen beteiligten. Die Kundgebung machte erstmals deutlich, dass unter den laizistischen Palästinensern eine junge Generation herangewachsen ist, die sich von den Dogmen der in der PLO integrierten Palästinenserorganisationen nicht mehr beeinflussen lässt. Einige dieser militanten jungen Palästinenser konnten nur durch massive Polizeipräsenz und das Eingreifen besonnener Demonstrationsteilnehmer davon abgehalten werden, das Botschaftsgebäude zu stürmen. Die hohe emotionale Anteilnahme führte zu einem bis dahin undenkbaren Schulterschluss der laizistischen Palästinensergruppen mit den einzelnen in Berlin aktiven islamistischen Organisationen. An der Organisierung weiterer Demonstrationen am 6. und am 21. Oktober waren nahezu alle palästinensischen und arabischen Organisationen beteiligt. Es nahmen etwa 3 800 bzw. 2 800 Personen teil, darunter auch iranische, türkische, sudanesische und pakistanische Muslime. Bei beiden Demonstrationen wurden israelische Fahnen verbrannt. 132 Der Ablauf dieser Veranstaltungen lässt einen fundamentalen Wandel innerhalb des palästinensischen und islamistischen Spektrums erkennen: Die islamistischen Organisationen sind aufgrund ihrer straffen Strukturen in der Lage, über die Freitagspredigten in ihren Zentren und Moscheen sehr schnell große Anhängerzahlen zu mobilisieren. Der Einfluss der in der PLO zusammengeschlossenen laizistischen Palästinensergruppen nimmt in Berlin ab. Bei der Organisierung von Massenveranstaltungen sind sie mittlerweile von der Mitwirkung islamistischer Organisationen abhängig. Laizistische Palästinensergruppen und islamistische Araber arbeiten zunehmend zusammen. Es treten zunehmend unorganisierte militante palästinensische Jugendliche in Erscheinung, die weder den laizistischen Palästinensergruppen noch den islamistischen Organisationen zuzurechnen sind. 4.2.1. "Bewegung des islamischen Widerstandes" (HAMAS) Sitz: Autonomiegebiete / weltweite Diaspora Organisationsstruktur: Konspirative Gliederungen Mttgliederzähi: ca. 250 bundesweit (1999: ca. 250), ca. 50 in Berlin (1999: ca. 50) Entstehung/Gründung: 1987 Ideologie: Sunnitisch-islamistisch Mit dem Beginn der zweiten Intifada im Herbst 2000 hat die terroristische HAMAS deutlich politisches Terrain in den Autonomiegebieten zurückerobert. In kürzester Zeit stellte sie sich an die Spitze des Protestes und forderte in zahlreichen programmatischen Erklärungen die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes gegen Israel bis zu dessen endgültiger Eliminierung. Mit der Erziehung zum Hass auf "die Juden" und Israel sind ihre Anhänger in besonderem Maße der Indoktrination durch das islamistische Gedankengut der 133 Organisation ausgesetzt. Sie zeigen sich im Gegensatz zu den übrigen Palästinensergruppen weitaus geschlossener - eine in der einenden Klammer des Islamismus und der geübten Konspiration begründete Erscheinung. Die HAMAS setzt ihre programmatischen Erklärungen regelmäßig um. Ihre Anhänger sind bereit, mit Selbstmordanschlägen ihr Leben für die Ziele der HAMAS zu opfern. Die HAMAS hat in Berlin und im übrigen Bundesgebiet ihre Strukturen weiter ausgebaut. Sie hat sich inzwischen so fest etabliert, dass sie von den anderen Palästinenserorganisationen als wesentlicher Machtfaktor betrachtet wird. Aufgrund ihrer konspirativen Arbeitsweise und ihrer Fähigkeit, zumindest logistische Unterstützung für Terroroperationen leisten zu können, stellen die in Berlin vornehmlich von fanatisierten Studenten getragenen Strukturen der HAMAS eine ernstzunehmende latente Gefährdung der Sicherheit der Stadt dar. Das Berliner HAMAS-Zentrum hat sich zu einem bundesweit anerkannten islamischen Zentrum entwickelt, das über gut ausgebaute Verbindungen zu anderen islamischen Zentren im Bundesgebiet verfügt. Unter dem Deckmantel, vorrangig soziale Betreuungsprojekte für die arabische Bevölkerung zu entwickeln, ist es gelungen, das Zentrum zu einer gut besuchten Anlaufstelle gläubiger Muslime zu entwickeln. Vorrangig ist jedoch nach wie vor das Ziel, die im Ausland lebenden Palästinenser zu betreuen, zu schulen und für die Organisation zu rekrutieren und Gelder für den bewaffneten Kampf in den Autonomiegebieten einzutreiben. Da die Funktionäre sehr viel Wert darauf legen, im Ausland nicht aufzufallen, tritt die HAMAS in Deutschland kaum öffentlich und dann nur unter Tarnbezeichnungen in Erscheinung. Die jährlich unter der Bezeichnung "Islamischer Bund Palästina" 134 (IBP) durchgeführte Jahreshauptversammlung, die diesmal am 3. und 4. April in der Technischen Fachhochschule Berlin im Bezirk Wedding stattfand, verlief für die Organisatoren allerdings enttäuschend. Nicht einmal 200 Personen zeigten am ersten Tag Interesse an der Versammlung. Nachdem am zweiten Tag nur noch 70 Teilnehmer zu verzeichnen waren, wurde die Jahreshauptversammlung frühzeitig beendet. Der Schwerpunkt der HAMAS-Aktivitäten liegt jedoch weiterhin in ihrem Zentrum, wo die HAMAS genügend Möglichkeiten besitzt, ihre Propaganda zielgerichtet zu betreiben. 4.2.2 Schiitischer Extremismus Ähnlich wie die in Berlin agierenden sunnitischen Organisationen stehen die schiitischen Extremistengruppen unter dem Einfluss ihrer Heimatorganisationen. Nach wie vor erkennen sie in religiöser Hinsicht überwiegend das vom verstorbenen Ayatollah KHOMEINI begründete Konzept der "Regierung der Rechtsgelehrten" und damit die Staatsdoktrin der Islamischen Republik Iran an, so dass für sie die Auslegung der schiitischen Glaubenslehre durch das geistliche Oberhaupt im Iran, den derzeitigen Revolutionsführer Ayatollah KHAMENEI, maßgeblich ist. Die Anerkennung der iranischen Führungsrolle wirkt sich auf die Aktivitäten in Deutschland aus. So finden regelmäßig gemeinsame Veranstaltungen türkischer, libanesischer, irakischer und afghanischer Schiiten aus Anlass religiöser Feiertage statt. An der seit Jahren in Berlin stattfindenden, von Ayatollah KHOMEINI initiierten "Jerusalem-Demonstration", die zum Ende des Ramadan durchgeführt wird und mit der an das Ziel der "Befreiung" der für Muslime heiligen Stadt Al Quds (arabische Bezeichnung für Jerusalem) erinnert werden soll, nehmen seit Jahren Organisationen und Moscheezentren all dieser Natio- 135 dieser Nationalitäten teil. Darüber hinaus besteht eine enge Kommunikation zwischen den hier lebenden Schiiten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass in Berlin heute eine Reihe von schiitischen Zentren existiert, die allein von ihrer Nationalität nicht zu unterscheiden sind. Die Betonung der jeweiligen nationalen Eigenständigkeit hat allerdings in den letzten Jahren unter den Schiiten zu einigen Spaltungserscheinungen geführt, die sich quer durch alle Zentren zogen. 4.2.2.1 "Hizb Allah" (Partei Gottes) Sitz: Beirut (Libanon) Organisationsstruktur: Partei NtftgHederzahl: ca. 800 bundesweit (1999: ca. 800) ca. 150 in Berlin (1999: ca. 150) Entstehung/Gründung: 1982 Ideologie: Scfriitisch-islamtsttsch Die "Hizb Allah" wurde 1982 nach dem Einmarsch israelischer Truppen im Libanon auf Initiative und mit maßgeblicher Unterstützung des Iran gegründet. Sie tritt für die Errichtung einer "Islamischen Republik Libanon" ein. Die "Hizb Allah" praktiziert einerseits den militärischen und terroristischen Kampf gegen Israel mit dem Ziel der "Herrschaft des Islam" über Jerusalem und der vollständigen Eliminierung des jüdischen Staates. Andererseits ist sie weiterhin bemüht, ihr soziales und politisches Engagement im Libanon weiterzuentwickeln. Der Rückzug der israelischen Truppen aus dem Südlibanon im Mai 2000 und die Auflösung der pro-israelischen "Südlibanesischen Armee" (SLA) wurde von der "Hizb Allah" als "Sieg über den übermächtigen Feind" propagandistisch genutzt. Dazu gehörte auch eine Kampagne gegen die ehemaligen Angehörigen der SLA und deren Familien, die den Südlibanon in einer Massenflucht verließen, um sich vor Vergeltungsaktionen der "Hizb Allah" zu schützen. Darüber hinaus kündigte die "Hizb Allah" an, 136 ihren Kampf um die "Befreiung" weiterer Gebiete in Israel fortzusetzen. Hierbei handelt es sich um die "Chebaa-Farmen", die vom Libanon beansprucht, von der UNO jedoch zur vorläufigen internationalen Grenze erklärt worden sind. Die "Befreiung des Südlibanon" bescherte der "Hizb Allah" auch einen erheblichen Prestigegewinn insbesondere unter den Palästinensern, deren eigene Bemühungen, ihre Zielvorstellungen im Rahmen von Friedensverhandlungen mit Israel durchzusetzen, an der Frage des Status von Jerusalem zu scheitern drohten. Der Generalsekretär der "Hizb Allah", Scheich Hassan NASRALLAH, hatte das palästinensische Volk bereits im Mai aufgefordert, Israel durch bewaffneten Kampf nunmehr auch aus den besetzten palästinensischen Gebieten in Israel zu vertreiben: "Wenn sich die Palästinenser am Erfolg der Hizb Allah im Libanon orientieren, wird es ihnen auch gelingen, Israel zum Einlenken zu bewegen." Vor diesem Hintergrund stellte sich die "Hizb Allah" dann auch anlässlich der seit dem 28. September anhaltenden palästinensisch-israelischen Auseinandersetzungen in Jerusalem und den Autonomiegebieten erwartungsgemäß auf die Seite der aufständischen Palästinenser. Sie forderte diese seit Beginn der Konfrontationen wiederholt auf, ihre "Steine-werfende Intifada" zu einem "heiligen Krieg" auszuweiten. NASRALLLAH rief beispielsweise am 4. Oktober anlässlich einer Veranstaltung in ei- 137 nem Beiruter Vorort, die unter dem Motto "Solidarität mit dem Palästinensischen Volk" stand, die Palästinenser u. a. auf, "Israelis" mit "Selbstmordbombenattentaten, Kugeln und Messern" zu töten. Nach einer Reihe kleinerer Provokationen entlang der israelisch-libanesischen Grenze nahm die "Hizb Allah" am 7. Oktober erneut den Kampf mit Israel bei den israelischbesetzten "Chebaa-Farmen" auf. "Hizb Allah"-Kämpfer nahmen dortige israelische Stellungen massiv unter Beschuss und verschleppten drei israelische Soldaten, die sich auf Patrouille befanden, sowie kurz darauf unter bislang ungeklärten Umständen einen israelischen Reserveoffizier, von dem die "Hizb Allah" behauptete, dass es sich um einen Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes gehandelt habe. Die "Befreiung des Südlibanon" wirkte sich offenbar auch auf das Selbstbewusstein der Berliner "Hizb Allah"-Anhänger aus. Diese traten im Jahr 2000 im Gegensatz zu den Vorjahren stärker durch öffentliche Aktivitäten in Erscheinung. So nahm die mittlerweile wieder gut strukturierte Berliner "Hizb Allah"Anhängerschaft nicht nur an den von Iranern bundesweit organisierten "Jerusalem-Demonstrationen" am 2. Januar und 23. Dezember in Berlin teil, sondern auch an den Protestde23 monstrationen am 6. und 21. Oktober. Darüber hinaus organisierte die Berliner "Hizb Allah" - neben einigen Veranstaltungen im Rahmen schiitischer Feiertage - am 29. Mai eine sog. Siegesfeier aus Anlass des Abzuges der israelischen Truppen aus dem Südlibanon. Zuvor hatten "Hizb Allah"-Anhänger diesen "Sieg" bereits mit einem spontan am 22. Mai durchgeführten Autokorso gefeiert. 23 Siehe Pkt. 4.2 "Auswirkungen des Nahost-Konflikts in Berlin". 138 Radikalisierung der laizistischen Palästinensergruppen Die hoch emotionalisierenden Ereignisse in Israel und in den Palästinensergebieten führten auch in Berlin zu einer Radikalisierung der laizistischen Palästinensergruppen. Bei vielen steht nicht mehr die Gefolgschaft gegenüber der Politik ARAFATS im Vordergrund, sondern allein die Frage, wann das Osloer Friedensabkommen einschließlich der Gründung des Staates Palästina und der Lösung der Jerusalem-Frage endgültig realisiert wird. Zunehmend erhalten dabei abseits von der bisherigen ARAFAT-Linie agierende FATAH-Führer wie BARGHOUTI und DAHLAN Zulauf. Weiterhin haben dem Friedensprozess ablehnend gegenüberstehende Palästinenserorganisationen Ansätze gefunden, verlorengegangenes Terrain zurückzuerobern. Die Reaktionen auf die Ereignisse in der Heimat machten ebenso deutlich, dass in den laizistischen Palästinensergruppen die Zahl der radikalen Jugendlichen zunimmt. 5 Linksextremistische türkische und kurdische Gruppierungen Für die Sicherheitslage Berlins sind die gewaltbereiten linksextremistischen türkischen und kurdischen Gruppierungen nach wie vor von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen insbesondere die "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C), die "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML), die "Marxistisch-leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) sowie die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Ziel dieser Organisationen ist die Beseitigung des gegenwärtigen Regierungssystems in der Türkei und die Errichtung einer marxistischen Gesellschaftsordnung. Die linksextremistischen türkischen Organisationen versuchen dabei, ihre Ziele im Heimatland auch mit terroristischen Mitteln durchzusetzen. Die PKK führte vom August 1984 bis August 1999 in der Türkei in den überwiegend kurdisch besiedelten Gebieten einen Guerillakrieg. 139 Seit Frühjahr 1999 befindet sie sich in einem Umwandlungsprozess von einer auf den bewaffneten Kampf ausgerichteten Organisation zu einer ausschließlich politisch agierenden Partei. Die Situation der politischen Gefangenen in der Türkei war im Zentrales Jahr 2000 das beherrschende Thema der linksextremistischen Thema: politische türkischen Organisationen in Deutschland, die in einer Vielzahl Gefangene von Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen ihre Soliin der Türkei darität mit den inhaftierten Genossen bekundeten. Aus Protest gegen die geplante Einführung von Gefängnissen des "Typ F" (Zellen für maximal 4 Häftlinge) in der Türkei begannen am 19. Oktober in mehreren türkischen Gefängnissen Hungerstreiks von Angehörigen verschiedener linksextremistischer Organisationen, darunter der "Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C), der "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) und der "Marxistisch Leninistischen Kommunistischen Partei" (MLKP). Im Verlauf dieser Protestaktion hatten über zweihundert Häftlinge ihren Hungerstreik in ein "Todesfasten" umgewandelt. Auch inhaftierte Anhänger der "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) schlossen sich dem Hungerstreik an. Nachfolgende Solidaritätsaktionen wurden durchgeführt: Am 11. November marschierten etAm 1. Dezember fand auf dem wa 100 Anhänger der DHKP-C vom Platz des 18. März (Tiergarten) verRathaus Neukölln zur Adalbertmutlich auf Initiative der DHKP-C straße (Kreuzberg). Das Thema eine Kundgebung zum Thema des Aufzuges lautete "Politische "Gegen Isolationshaft in der Gefangene in der Türkei". Die DeTürkei" mit etwa 50 Teilnehmern monstration verlief störungsfrei. statt. Auf dem Alexanderplatz (Mitte) Am 14. Dezember kam es aus begannen am 25. November An"Solidarität mit den Gefangenen in hänger der DHKP-C in einem Zelt der Türkei" zu einer mehrstüneinen symbolischen Hungerstreik, digen Besetzung der Hamburger an dem abwechselnd je etwa 10 - Justizbehörde. Die während der 15 Personen teilnahmen. Nach eiAktion verteilten Flugblätter deuner Pressekonferenz am 7. Dezemten auf eine Aktion der türkischen ber, während der u. a. Vertreter der "Marxistisch-Leninistischen KomPDS und der "Deutschen Kommumunistischen Partei" (MLKP) hin. nistischen Partei" (DKP) RedebeiUnter den 48 namentlich festgeträge geleistet haben, wurde diestellten Personen befanden sich ser ursprünglich bis 31. Dezember fünf mit Wohnsitz in Berlin. terminierte Hungerstreik beendet. 140 Um den in insgesamt 20 Gefängnissen in der Türkei andauernden Hungerstreik zu beenden, begannen in den frühen Morgenstunden des 19. Dezember gleichzeitig in allen Gefängnissen Einsätze der türkischen Sicherheitskräfte. Im Verlauf der militärischen Operationen wurde ein Großteil der Häftlinge in die neuen Gefängnisse des "Typ F" verlegt. Bei diesen Aktionen sind 30 Häftlinge und zwei Angehörige der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen. Die Häftlinge kamen überwiegend durch Selbstverbrennungen zu Tode. In den Veröffentlichungen der betroffenen Organisationen wurden zwar Selbstverbrennungen eingeräumt, jedoch wurden auch die Sicherheitskräfte bezichtigt, mit ihrer Vorgehensweise den Tod mehrerer Gesinnungsgenossen verursacht bzw. aus Rachegelüsten zahlreiche Häftlinge "bei lebendigem Leibe" verbrannt zu haben. Auch in der Folgezeit kursierten die Meldungen über misshandelte oder gefolterte Häftlinge in der einschlägigen Presse. Bemerkenswert war, dass angesichts der in der Türkei kursierenden Gerüchte über die geplanten Maßnahmen der Sicherheitskräfte bereits in der PKK-orientierten türkischsprachigen Tageszeitung "Özgür Politika" vom 19. Dezember Selbstverbrennungen für diesen Fall angekündigt worden waren. Die Ankündigung erfolgte unter Berufung auf Angaben von Häftlingen. In Berlin wurden bereits am ersten Tag des Eingreifens der türkischen Sicherheitskräfte von Gruppen des türkischen linksextremistischen Spektrums spontane Demonstrationen bzw. Protestkundgebungen durchgeführt. Die Beendigung des Hungerstreiks wurde von den in den Hungerstreik involvierten Organisationen als "staatlich gesteuerter Terror" verurteilt. Nachfolgende Protestaktionen fanden statt: Am 19. Dezember führten etwa 30 Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmer am Kottbusser Tor Demonstranten und türkischen (Kreuzberg) eine SpontandemonPassanten verhindert werden. stration durch. Nur aufgrund der Polizeipräsenz Am 19. und 20. Dezember fanden konnte eine Eskalation verbaler in den Bezirken Kreuzberg, Neu- 141 kölln und Schöneberg insgesamt 3 Personen in Polizeigewahrsam gefriedlich verlaufene Demonstrationommen wurden. Es handelte sich nen mit jeweils 100 bis 400 Teildabei offensichtlich um Streitignehmern statt, darunter auch 20 keiten zwischen den Anhängern bis 30 Deutsche. der MLKP und der mit ihr rivalisierenden türkischen "KommuniAn einem störungsfreien Aufzug stischen Partei - Aufbauorganisader Berliner Gliederung des Partition" (KP-IÖ). zan-Flügels der TKP/ML am 23. DeUnter den Festgenommenen, die zember unter dem Motto "Protestz.T. aus dem europäischen Ausaktion gegen die Angriffe auf die land angereist waren, befanden türkischen Gefängnisse" vom Hersich acht Personen mit Wohnsitz mannplatz (Neukölln) zum Kottin Berlin. busser Tor (Kreuzberg) beteiligten sich etwa 100 Personen. Es wurAm 30. Dezember fand eine Deden themenbezogene Transparenmonstration von 200 Personen te und Fackeln mitgeführt. unter dem Motto "Freiheit für Am 23. Dezember kam es in Düspolitische Gefangene und Schluss seldorf aus Anlass einer Demonmit den Massakern in türkischen stration unter dem Motto "SoliGefängnissen" statt, die vom darität mit den Gefangenen in der Hermannplatz zum Kottbusser Tor Türkei" zu tätlichen Auseinanderführte. Der Aufzug verlief friedlich. setzungen, in deren Verlauf 39 5.1 "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) S"tz: Derzeit unbekannt Organisationsstruktur: ZentmHsfisch geführte Kaderpartei MitgtiederzaM: ca. 12 000 bundesweit (1999: ca. 12 000), ca. 1 100 in Bertin (1999: ca. 1 100) Entstehung/Gründung: 1978 in der Türkei Verbote: Am 22. November 1993 erließ der Bundesminister des tnnern in Deutschland gegen die PKK und die "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) Beiätigungs-, gegen einige ihrer Teilund Nebenorgarosattonen Vereinsverbote. Ideologie: Einst marxistisch-leninistisch / heute sozialistisch-nationalistisch Publikationen: "Serxwebun" ("Unabhängigkeit"), monatlich Die PKK setzte im Jahr 2000 den 1999 von ihrem Parteivorsitzenden Abdullah ÖCALAN in seiner Verteidigung vor dem 2. Staatssicherheitsgericht in Ankara skizzierten Umwandlungsprozess von einer auf den bewaffneten Kampf ausgerichteten Organisation zu einer ausschließlich politisch agierenden Partei fort. 142 Änderung der Während des vom 2. bis 23. Januar in "Südkurdistan" (Nordirak) Parteistrategie durchgeführten 7. außerordentlichen Parteikongresses wurden folgende Beschlüsse gefasst: Die im Sommer 1999 von Abdullah ÖCALAN und der Parteiführung getroffene Entscheidung zur Beendigung des seit dem 15. August 1984 geführten bewaffneten Kampfes wurde bestätigt. Die "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK) wurde in "Legitime Volksverteidigungskräfte" bzw. "Volksverteidigungsarmee" umbenannt. Die Partei soll nunmehr einen "demokratisch-politischen Kampf verfolgen. Die für die politische Agitation insbesondere in Europa zuständige "Nationale Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) soll als "Frontorganisation" aufgelöst und an ihrer Stelle "überall demokratische Volkseinheiten" organisiert werden. Das Zentralkomitee (ZK) wurde in "Parteiversammlung" umbenannt, ihr sollen 41 Personen angehören. Der Präsidialrat wurde neu gewählt. Ihm gehören insgesamt neun Personen - sieben Männer und zwei Frauen - an. Abdullah ÖCALAN wurde einstimmig erneut zum Vorsitzenden der PKK gewählt. Die Fahne der PKK erhält ein anderes Aussehen. Alte und neue Fahne der PKK In einer erweiterten Sitzung des Zentralkomitees der ERNK vom 4. bis 7. Februar wurde die bisherige Arbeit, die von der Ausrichtung der PKK auf den bewaffneten Kampf bestimmt war, 143 als für "offiziell erfüllt" erklärt. Die weitere Arbeit werde zukünftig in "Demokratischen Volkseinheiten" organisiert. Während eines vom 2. bis 10. Mai in den Niederlanden durchgeführten Kongresses unter der Beteiligung von etwa 150 Delegierten kurdischer Institutionen und Einrichtungen wurde die ERNK in "Kurdische Demokratische Volksunion" (YDK) umbeUmbenennung der nannt. In Veröffentlichungen wurde die ERNK für "aufgelöst" ERNK in YDK erklärt. Im Anschluss an die "Auflösung" sei die YDK "gegründet" worden. Leitfaden für die Arbeit der YDK sei das Friedensprojekt der PKK. Es sei beabsichtigt, die "kurdischen Massen" nach demokratischen Prinzipien zu organisieren. Hierbei wolle man sich besonders auf die "Kurden im Exil" konzentrieren sowie schwerpunktmäßig das Engagement von Frauen und Jugendlichen stärken. Darüber hinaus liege der Arbeitsschwerpunkt der YDK in der "Legalisierung kurdischer Institutionen" in Deutschland. Vom 29. Juli bis 21. August fand "in den Bergen Südkurdistans" Umbenennung der (Nordirak) unter der. Beteiligung von etwa 200 Frauen der PJKK in PJA 3. Kongress der PKK-Nebenorganisation "Partei Kurdischer Arbeiterfrauen" (PJKK) statt. Es wurde die Umbenennung in "Freie Frauenpartei" (PJA), die Umwandlung des Zentralkomitees in ein "Parlament", die Neufassung des Parteistatuts sowie die Erstellung eines Manifestes und eines "Frauenbefreiungsprogramms" beschlossen. Die von der PKK in ihren Statuten vorgenommenen Änderungen sowie die Umbenennungen ihrer Teilund Nebenorganisationen haben bislang noch nicht zu einem grundlegenden Wandel der bisherigen Hierarchieund Befehlsstrukturen geführt. Insbesondere das Festhalten am Führerkult, am Prinzip des "demokratischen Zentralismus" und an konspirativ agierenden Kadern konterkarieren die nach außen propagierte Umwandlung der Organisation und die Forderung nach einer Demokratisierung der Türkei bezüglich der Kurdenfrage. 144 Oppositions Die Diskrepanz zwischen der an die Türkei gerichteten Forgruppen derung nach Demokratisierung und der mangelnden Umsetzung nach innen haben zur Bildung mehrerer oppositioneller Gruppen ehemaliger Funktionäre der PKK geführt. Diese bezichtigen Abdullah ÖCALAN u.a., zur Rettung seines Lebens die Forderungen der Kurden nach weitestgehender Eigenständigkeit verraten zu haben. Die Oppositionsgruppen verfügen bisher jedoch weder über eine größere Akzeptanz innerhalb der PKK-Anhängerschaft noch über eine Person, die in ihrem Charisma mit Abdullah ÖCALAN verglichen werden könnte. In die Öffentlichkeit gelangten Auseinandersetzungen zwischen der PKK und oppositionellen Gruppen, als ein offener Brief an den Präsidialrat der PKK bekannt wurde, der u.a. von einer Abgeordneten der PDS im deutschen Bundestag unterschrieben worden war. Darin wurde von der PKK gefordert, angeblich festgesetzte und von ÖCALAN mit dem Tod bedrohte Abtrünnige freizulassen. Die PKK reagierte hierauf mit einer Reihe von Veröffentlichungen, in denen den Unterzeichnern des offenen Briefes vorgeworfen wurde, sich nicht vorher bei der PKK über die Richtigkeit der zugrundeliegenden, im Internet von oppositionellen Kreisen verbreiteten Informationen informiert zu haben. Kurdischer Am 10. April eröffnete der "Kurdische Nationalkongress" (KNK) Nationalkongress ein Büro in Berlin. Der KNK war am 24. Mai 1999 als "Interessenvertretung aller Kurden" in Amsterdam gegründet worden. Eigenen Angaben zufolge ist es das Ziel des KNK, als politische Institution aner- 145 kannt zu werden und die internationale Politik und Öffentlichkeit für das Anliegen der Kurden zu sensibilisieren. Im KNK dominiert die PKK. Wichtige Kurdenparteien aus dem Iran und dem Irak, darunter insbesondere die "Demokratische Partei Kurdistans/Irak" (DPK/Irak) und die "Patriotische Union Kurdistans" (PUK), sind im KNK nicht vertreten. Ein Berliner Mitglied des KNK berichtete auf der Veranstaltung am 10. April über die Gründung und die Ziele des "Nationalkongresses". In den weiteren Ausführungen wurde das "Friedensprojekt" der PKK als große Chance zur Demokratisierung der Türkei sowie zur Lösung des Kurdenproblems dargestellt. Diese Bemühungen müssten durch die europäischen Staaten unterstützt werden. Aus dem Teilnehmerkreis sei u. a. die Aufhebung des Todesurteils gegen Abdullah ÖCALAN sowie des Betätigungsverbotes für die PKK gefordert worden. Die PKK forderte insbesondere die europäischen Staaten auf, ihre Forderungen nach Anerkennung des kurdischen Volkes durch die Türkei aufzugreifen und die Türkei im Rahmen der Verhandlungen zum EU-Beitritt zu bewegen, die kurdischen Minderheitenrechte in der türkischen Verfassung zu verankern. Die PKK verwendet dabei ständig wiederkehrend Behauptungen, dass neben den Vereinigten Staaten von Amerika und Israel die europäischen Staaten, insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, an einem "Komplott" gegen Abdullah ÖCALAN und die PKK beteiligt seien. Beispielhaft für eine Reihe von Veröffentlichungen des Präsidialrates der PKK und der YDK, die insbesondere von der "Özgür Politika" verbreitet und auch von der PKK-Nebenorganisation "Kurdistan Informations-Zentrum" (KIZ) regelmäßig in das Internet eingestellt werden, heißt es in einer Erklärung der YDK "zum Jahrestag des Komplotts gegen (den) PKK-Vorsitzenden Abdullah ÖCALAN": 146 ... Die Phase, die im September 1998 damit begann, dass der türkische Staat seine Angriffe auf Syrien verstärkte, war Teil eines internationalen Angriffs ... Als Maßnahme gegen dieses Komplott, bei dem die Komplottmächte auch bereit waren, einen Krieg in Kauf zu nehmen, begab sich Abdullah Öcaten nach Europa und versuchte friedliche und politische Lösungsmethoden für die kurdische Frage in die Wege zu leiten. Aber wie klar zu erkennen ist, war schon von Beginn des Komplotts an der Plan der internationalen Kräfte, allen voran der europäischen Staaten, das kurdische Selbstbewusstsein durch die Liquidierung der PKK zu zerschlagen ... Die europäischen Staaten lehnten entgegen allen Werten wie Menschenrechte und Demokratie den PKK-Vorsitzenden mitsamt seiner demokratischen und friedlichen Lösung ab. Zusätzlich beteiligten sie sich an den Maßnahmen, die zur Verhaftung des PKK-Vorsitzenden führten ... In den vergangenen anderthalb Jahren hat Abdullah Öcalan seine Friedenshaltung zur Hauptstrategie für das kurdische Volk entwickelt und somit eine epochale Lösungsmöglichkeit geschaffen. Das kurdische Volk beweist mit seiner täglich zunehmenden Entschlossenheit und aktiven Beteiligung, gemeinsam mit seinen nationalen Institutionen und Organisationen, dass es sich mit der neuen Strategie identifiziert ... Bedauerlicherweise zeigt die internationale Öffentlichkeit lediglich geringes Interesse gegenüber der Friedenshaltung des kurdischen Volkes ... Der Wunsch und die Forderung des kurdischen Volkes, innerhalb der bestehenden Grenzen die aus der universellen Demokratie resultierenden Grundrechte in Bezug auf seine Identität einzufordern, wurden bis jetzt nicht in angemessener Weise beantwortet, und die Angriffe gegen das kurdische Volk und seine Vertretungen und Institutionen halten weiterhin auf allen Ebenen an ... Dringend rufen wir außerdem alle europäischen Staaten, allen voran Deutschland, dazu auf, ihre Haltung gegenüber der PKK, den kurdischen nationalen Institutionen sowie gegenüber dem kurdische Volk zu überdenken und deren zahlreiche Friedensschritte positiv zu beantworten. Die vergangenen anderthalb Jahre haben deutlich gemacht, dass das internationale Komplott keinen Erfolg haben wird ... (Quelle: Internet-Einstellung des KIZ) Als Druckmittel verwendete die PKK die fortwährende Existenz der in den Nordirak zurückgezogenen bewaffneten Einheiten. Die "Volksverteidigungsarmee" sei der Garant für den Frieden. An eine Auflösung könne erst dann gedacht werden, wenn die Minderheitenrechte des kurdischen Volkes in die türkische Verfassung aufgenommen worden seien. 147 Offensichtlich ist der neu eingeschlagene Friedensund Demokratisierungskurs der PKK nach einer kurzen "Gewöhnungsphase" weitgehend angenommen worden. Dies zeigte sich insbesondere bei zahlreichen friedlich verlaufenen Veranstaltungen: Aus Anlass des ersten Jahrestages der Verbringung ÖCALANs in die Türkei demonstrierten am 12. Februar über 16 000 Personen in Straßburg (Frankreich) friedlich für dessen Freilassung. Alle Redner forderten die Europäische Union auf, mehr Druck auf die Türkei auszuüben, um zu einer friedlichen Lösung des Kurdenproblems zu gelangen. Während des Umzuges wurden vereinzelt u. a. Fahnen der PKK, der ARGK und der ERNK gezeigt. Aus Berlin beteiligten sich etwa 750 Personen. Nach Meldungen kurdischer, PKK-orientierter Medien wie des Fernsehsenders "MEDYA-TV" und der "Özgür Politika" über eine angebliche erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes von ÖCALAN wurde zum Jahrestag des Prozessbeginns (31. Mai 1999) bis zum Jahrestag der Verkündung des Todesurteils (29. Juni 1999) eine Solidaritätskampagne unter dem Motto "Freiheit für Abdullah ÖCALAN, Demokratie für die Türkei" ausgerufen. 148 Im Rahmen dieser Kampagne wurden bundesweit Kundgebungen sowie kleinere öffentliche Hungerstreikaktionen durchgeführt. Höhepunkt war eine Großdemonstration am 24. Juni in Düsseldorf, an der etwa 25 000 Kurden aus dem gesamten Bundesgebiet und den europäischen Nachbarländern teilnahmen. Die Veranstaltung unter dem Motto "Weg mit der Todesstrafe - Frieden jetzt - Freiheit für Abdullah ÖCALAN" verlief friedlich und störungsfrei. Vereinzelt wurden Fahnen der PKK gezeigt. Die Berliner Beteiligung lag bei etwa 1 000 Personen. Den Parteien SPD, CDU, Bündnis '90/Die Grünen und PDS sowie der IG-Metall und dem DGB wurde durch Delegationen ein vom Dachverband der PKK-orientierten kurdischen Vereine, der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V." (YEK-KOM), verfasster "Bericht zur Bedeutung Öcalans für das kurdische Volk und den Frieden" übergeben. Etwa 60 000 Personen, die u.a. aus Frankreich, den Niederlanden, Belgien, Dänemark und der Schweiz angereist waren, nahmen am 2. September am alljährlichen "Kulturfestival" der PKK in Köln teil. Die Berliner Gliederung der PKK war mit etwa 1 500 Personen vertreten. Neben Erklärungen u.a. des Präsidialrates und der "Freien Frauenpartei" (PJA) wurde eine Grußbotschaft des Parteivorsitzenden ÖCALAN verlesen, in der er seine Anhänger aufforderte, Verantwortung für den Friedensprozess zu übernehmen. Die Veranstaltung, bei der Redner u.a. aus Italien, Frankreich, Großbritannien und Israel auftraten, verlief ohne Störungen und war hauptsächlich geprägt von Musikund Folkloredarbietungen. Vereinzelt wurden Fahnen der ERNK gezeigt. Im September kam es zu Angriffen bewaffneter Einheiten der PUK auf Lager der PKK-Kämpfer im Nordirak, die von der PKK-Führung als Teil des "Komplotts" gegen die PKK dargestellt wurden. In der Folgezeit protestierten PKK-An- 149 hänger in mehreren europäischen Städten, so auch in Berlin. Die Protestaktionen verliefen friedlich. In den bundesweit verteilten gleichlautenden Flugblättern wurde der PUK vorgeworfen, die Angriffe nach Besuchen ihres Führers Jamal TALABANI in der Türkei und in den Vereinigten Staaten von Amerika durchgeführt zu haben. Dies wurde als Beleg für die Beteiligung der Genannten an dem "Komplott" gegen ÖCALAN und die PKK gewertet. Zum 2. Jahrestag der erzwungenen Ausreise von ÖCALAN aus Syrien am 9. Oktober 1998 - dieser Tag wurde von der PKK-Führung zum kurdischen "Volkstrauertag" erklärt - wurden bundesweit Protestkundgebungen durchgeführt. An der Berliner Kundgebung beteiligten sich etwa 150 Personen. Vor den diplomatischen Vertretungen Griechenlands, Großbritanniens, Israels, der Türkei und der USA legten je etwa zehn Mitglieder und Sympathisanten der Berliner Gliederung der PKK schwarze Kränze nieder. Zum Beginn der Verhandlungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte versammelten sich am 21. November in Straßburg (Frankreich) über 15 000 PKKAnhänger. Die Anwälte von Abdullah ÖCALAN wollen mit der Anrufung des Gerichtshofes die "unrechtmäßige Verschleppung" ÖCALANs aus Kenia in die Türkei sowie "die internationale Verantwortung für die Verschleppung", insbesondere die Rolle Griechenlands, Italiens, Deutschlands, der Niederlande und Rußlands, denen im Zusammenhang mit dem Irrflug ÖCALANs durch Europa nach seiner erzwungenen Ausreise aus Syrien am 9. Oktober 1998 rechtswidriges Verhalten vorgeworfen wird, festgestellt wissen. Der Rechtsweg in der Türkei ist für ÖCALAN abgeschlossen. Mit Rücksicht auf das laufende Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hat die türkische Regierung am 12. Januar 2000 beschlossen, das 150 Todesurteil vom 29. Juni 1999 vorerst nicht dem türkischen Parlament zur endgültigen Entscheidung vorzulegen. Einer Verlautbarung des Gerichtshofes vom 15. Dezember zufolge ist die Klage ÖCALANs für zulässig erklärt und aufgrund ihrer politischen Implikationen an die mit 17 Richtern besetzte Große Kammer verwiesen worden. Wann mit einer Entscheidung in der Sache zu rechnen ist, wurde nicht mitgeteilt. Mitgliederstärke Der Berliner Gliederung der PKK werden etwa 1 100 Personen in Berlin - 9,2 % des bundesweiten Potenzials - zugerechnet. Das darüber hinausgehende Mobilisierungspotenzial, das in den vergangenen Jahren insbesondere zu Großveranstaltungen z. B. zur Unterstützung ÖCALANs, zum kurdischen "Newroz"(Neujahrs-) Fest oder zur alljährlichen, auch von Deutschen unterstützten "Kurdistansolidarität" ein Mehrfaches der Mitgliederzahl betrug, hat sich im Jahr 2000 abgeschwächt. Es bestand überwiegend nur noch aus Familienangehörigen. Auch im Bereich der Unterstützerszene linksextremistischer deutscher Gruppierungen ist ein deutliches Abbröckeln zu verzeichnen. Kritisiert werden dort die Abkehr der PKK vom "Freiheitskampf" und der unverändert diktatorische Führungsstil ÖCALANs. * Aktionen der Berliner Gliederung der PKK Die Berliner Gliederung der PKK befolgte strikt den von ÖCALAN und der Parteiführung vorgegebenen politischen Kurs und beteiligte sich an den von der PKK-Führung ausgerufenen Kampagnen. In Berlin wurden über 30 Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen ("Hungerstreiks", Kranzniederlegungen) durchgeführt. Sie verliefen durchweg friedlich. Die Teilnehmerzahl lag zwischen 10 und 1 000 (1999: zwischen 30 und 8 000), durchschnittlich etwa bei 100 (1999: etwa 1 000) Per- 151 sonen. Die Anzahl der im Rahmen derartiger öffentlicher Aktivitäten begangenen Straftaten wie das Zeigen von Emblemen der in der Bundesrepublik Deutschland seit 1993 mit einem Betätigungsverbot belegten ERNK ging weiter zurück. Fahne der ERNK Auf den Stufen des Berliner Reichstages übergoss sich am 8. März ein aus Augsburg stammender Kurde mit Benzin und zündete sich an. Er verstarb kurze Zeit später. Presseberichten zufolge, die sich auf Aussagen von Familienangehörigen beziehen, habe er dem Druck nicht mehr standhalten können, den angeblich türkische und deutsche Geheimdienste auf ihn ausgeübt hätten. Diese sollen seit einer 1994 erfolgten Beteiligung an einer von der PKK initiierten Autobahnblockade aus Protest gegen das Verbot einer Veranstaltung zum "Newroz"-Fest versucht haben, ihn anzuwerben. Am 15. März legten etwa 10 Personen auf den Stufen des Reichstages Blumen nieder. Sie zeigten Bilder des Verstorbenen und verteilten Flugblätter der "Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e. V." (YEKKOM), in denen die Vorwürfe an die Nachrichtendienste wiederholt wurden. 152 Im Jahr 2000 erfolgten u. a. nachfolgende Exekutivmaßnahmen: Im Zuge eines Ermittlungsverfestgenommen. Mit Urteil vom fahrens der Staatsanwaltschaft 5. Dezember wurde vom BayeFrankfurt/M wegen des Verdachts rischen Obersten Landesgericht - des Verstoßes gegen SS 20 Vereinsdort war sie zuvor Regionsleiterin gesetz wurden am 12. Januar - eine Haftstrafe von zwei Jahren zeitgleich in fünf deutschen und zwei Monaten ausgesprochen. Städten, u.a. in Berlin, Büros der Zeitung "Özgür Politika" durchDas Berliner Kammergericht versucht. Der Zeitung wird vorgeworurteilte am I.August einen hochfen, u.a. durch Veröffentlichungen rangigen Funktionär der PKK aus von Verlautbarungen des VorsitBerlin im Zusammenhang mit zenden der PKK und ihrer Fühseiner Tätigkeit für das sog. ÜLKErungsgremien sowie PKK-Veran("Heimat"-) Büro für Europa, das staltungshinweisen die verbotene hauptsächlich die Einschleusung PKK unterstützt zu haben. von PKK-Kadern betreibt, wegen Bildung einer kriminellen VereinigAufgrund eines Haftbefehls der ung und illegalen Waffenbesitzes Bundesanwaltschaft wegen Mitzu einer Freiheitsstrafe von zweigliedschaft in einer kriminellen einhalb Jahren. Vereinigung und Beteiligung an Bei der Verhaftung waren in seiner bandenmäßigem Einschleusen Wohnung neben diversen Untervon Ausländern in die Bundeslagen über PKK-Strukturen eine republik Deutschland wurde am ungeladene Pistole und insgesamt 10. Februar in Berlin die damalige 18 Patronen sichergestellt worden. Leiterin der Region Berlin der PKK * Finanzierung Maßgebliche Die finanziellen Mittel der PKK stammen überwiegend aus Finanzierung Spendensammlungen, Mitgliedsbeiträgen, Einnahmen aus dem durch Spenden Verkauf von Publikationen und Gewinnen "parteieigener" Unternehmen. Die hier erzielte Gesamtsumme beträgt bundesweit jährlich mehrere Millionen DM, in Berlin mehr als eine Million DM. Hinweise auf eine weiterhin erfolgte Anwendung von Gewalt bei der Eintreibung von Spendengeldern oder Anzeichen für Schutzgelderpressungen wurden in diesem Jahr nur noch vereinzelt bekannt. Die Spendenwilligkeit innerhalb der Berliner Gliederung der PKK ist weiter zurückgegangen. Die Aufgabe des bewaffneten Kampfes, der Rückzug der PKK-Kämpfer aus der Türkei und der permanent vorgetragene politische Kurswechsel machen es den Spendeneintreibern schwerer, die hier lebenden PKK-Anhänger von der Zahlung z. T. erheblicher Geldsummen zur Unterhaltung der "Volksverteidigungsarmee" zu überzeugen. 153 5.2 "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-CDevrimci Sol) Site: Türkei Organisationsstruktur: Konspirativ arbeitende Kaderorganisationen Mitgliederzahl; DHKP-C ca. 900 bundesweit (1999: ca. 1 000), ca. 70 in Berlin (1999: ca. 55); THKP/-C-Devrimci Sol ca. 100 bundesweit (1999: ca. 100), ca. 10 in Berlin (1999: ca. 10) Entstehung/Gründung: 1994 Verbot (in Deutschland): 13. August 1998 Ideologie: Marxistisch-leninistisch/ revoiutionär-marxisfisch Publikationen: "VATAN", wöchentlich Die beiden aus der 1994 vollzogenen Spaltung der in Deutschland 1983 verbotenen "Devrimci Sol" hervorgegangenen und miteinander rivalisierenden Organisationen "Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front" (DHKP-C) und "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front - Revolutionäre Linke" (THKP/-C - Devrimci Sol) streben den gewaltsamen Umsturz des türkischen Staatssystems an. Die DHKP-C ist dabei in der Türkei mit terroristischen Aktionen in Erscheinung getreten. In der Bundesrepublik Deutschland wurden die beiden OrgaVerbot nisationen am 13. August 1998 vom Bundesminister des Innern 1998 in Deutschland verboten. Die Verbote stützten sich u. a. darauf, dass die Tätigkeiten beider Organisationen gegen deutsche Strafgesetze verstoßen und die innere Sicherheit und Ordnung gefährden. Beide Organisationen hatten ihre Streitigkeiten seit 1993 auch mit Waffengewalt ausgetragen. Am 1. Mai 1993 starb in Berlin ein Anhänger der späteren THKP/-C - Devrimci Sol nach einem Schusswechsel zwischen den rivalisierenden Gruppen. Im Jahr 1997 bis Anfang 1998 kam es zu einer erneuten Eskalation, als sich die Anhänger beider Organisationen in mehreren deutschen Städten Schusswechsel lieferten, die teilweise schwerverletzte Opfer forderten. 154 Eine Klage der DHKP-C gegen ihr Verbot wurde am 1. Februar 2000 vom Bundesverwaltungsgericht endgültig abgewiesen. Gegen eine Vielzahl führender Aktivisten der DHKP-C wurden im Berichtszeitraum Verfahren eingeleitet bzw. wegen schwerster Straftaten, u.a. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, z. T. langjährige Freiheitsstrafen verhängt. Diese staatlichen Maßnahmen haben die DHKP-C in Deutschland erheblich geschwächt. Im Vordergrund ihrer Aktivitäten stand für die Anhänger der DHKP-C in Deutschland Anfang des Jahres die Unterstützung des vom 30. November 1999 bis zum 31. Januar 2000 durchgeführten Hungerstreiks des in Hamburg inhaftierten Gesinnungsgenossen llhan YELKUVAN. Dieser war am 30. November 1999 vom Hanseatischen Oberlandesgericht wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden und protestierte mit dem Hungerstreik gegen die vom Gericht verhängte "Isolationshaft". Im Rahmen der bundesweiten Kampagne wurden in Berlin folgende Solidaritätsaktionen durchgeführt: Am 17. Januar besetzten 14 Anlinksextremistischen deutschen hänger der DHKP-C Räume der Spektrum an. Bundesgeschäftsstelle der PDS in Mit Hinweis auf den "SolidariBerlin. Der Personengruppe, die tätshungerstreik" eines in der JVA sich als "Solidaritätskomitee für Tegel einsitzenden DHKP-Cllhan Yelkuvan" bezeichnete, Angehörigen wurde, wie in den im wurde von der PDS das Gastrecht Vorfeld der Veranstaltung vereingeräumt und die Einberufung teilten Flugblättern bereits angeeiner Pressekonferenz zugesagt. kündigt, "Freiheit für alle DHKP-C - Die Aktion wurde am 18. Januar Gefangenen in Europa und alle beendet. linken politischen Gefangenen weltweit" gefordert. Am 22. Januar fand vor der Am 26. Januar drangen 12 PerJustizvollzugsanstalt (JVA) Tegel sonen in die Bundesparteizentrale (Reinickendorf) eine friedliche der SPD im Bezirk Kreuzberg ein. Kundgebung mit etwa 50 PerEs wurden Flugblätter eines sonen statt. Dem Teilnehmerkreis "Solidaritätskomitees für llhan gehörten neben Anhängern der YELKUVAN" zum Thema HungerDHKP-C auch Personen aus dem streik verteilt. 155 Nachdem das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 28. Januar probeweise Kontakte YELKUVANs zu solchen türkischsprechenden Inhaftierten erlaubt hatte, von denen nicht zu befürchten war, dass sie für eine Betätigung innerhalb der DHKP-C gewonnen werden könnten, beendete YELKUVAN am 31. Januar seinen Hungerstreik. Mit Anzeigen in türkischsprachigen Zeitungen warb ein "Internationales Komitee für Menschenrechte" - dahinter verbirgt sich die DHKP-C - für einen Sternmarsch aus Protest gegen die Errichtung von türkischen Gefängnissen des "Typ F" (Zellen für maximal 4 Häftlinge). Beginnend mit einer Auftaktveranstaltung am 26. Juli auf dem Alexanderplatz (Mitte) sollte eine Fahrt nach Brüssel stattfinden, auf deren Stationen, u. a. in Hamburg, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf und Köln, gegen die "Isolationshaft" protestiert werden sollte. Weitere sog. Karawanen sollten aus der Schweiz, Österreich und Italien anreisen. Die Vereinigung der einzelnen Blöcke sollte in Köln stattfinden. An der Auftaktkundgebung in Berlin beteiligten sich etwa 25 - 30 Personen. Die Aktivisten verteilten themenbezogene Handzettel. Etwa 15 Personen fuhren anschließend in mehreren PKW nach Hamburg und beteiligten sich dort an einem Fackelzug mit etwa 120 Demonstranten. Im weiteren Verlauf fanden Kundgebungen ab dem 27. Juli in Bielefeld, in Dortmund, in Duisburg und in Ulm statt, an denen sich jeweils zwischen 50 und 100 Personen beteiligten. Die Abschlusskundgebung in Deutschland wurde am 30. Juli in Köln mit ca. 150 Personen durchgeführt. Alle Kundgebungen verliefen störungsfrei. Die bereits beschriebenen Protestaktionen gegen den in den türkischen Gefängnissen laufenden Hungerstreik und die Beendigung durch die Sicherheitskräfte waren das hauptsächliche 24 Siehe Ziff. 5 "Linksextremistische türkische und kurdische Gruppierungen". 156 Aktionsfeld der Berliner Gliederung der DHKP-C in den Monaten November und Dezember 2000. 5.3 "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) Sitz: Türkei; Austendsbüros in Duisburg und Köln Organisationsstruktur: Konspirativ arbeitende Kaderpartet Mitgliederzahl: ca. 1 800 bundesweit (1999: ca. 1 900), ca. 180 in Berlin (1999: ca. 180) Entstehung/Gründung: 1972, in Deutschtand seit 1973/74 Ideologie: Marxistisch-leninistisch/maotstiseh Publikationen: "Partizan", monatlich; "Devrimci Demokrasi", 2 x im Monat Die in der Türkei terroristisch operierende und konspirativ arbeitende "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) propagiert den Sturz des Regierungssystems in der Türkei durch "revolutionären Kampf. Die Organisation ist jedoch nach wie vor von Spaltungen und Fraktionsbildungen geprägt. Die TKP/ML ist seit 1994 in zwei organisatorisch voneinander unabhängige Flügel gespalten. "Partizan'*Beide - der "Partizan"-Flügel und das "Ostanatolische GebietsFlügel, komitee" (DABK) - nahmen für sich in der Vergangenheit die DABK Bezeichnung TKP/ML in Anspruch und trugen ihre Auseinandersetzungen um den ideologischen Alleinvertretungsanspruch auch in der Bundesrepublik Deutschland z. T. gewaltsam aus. In Berlin war jedoch wie im Jahr 1999 eher eine anlassbezogene Kooperation zu beobachten. Homepage "TKP/ML" 157 Die Berliner Anhänger der beiden TKP/ML-Flügel entfalteten Weiterhin auch im Jahr 2000 kaum eigenständige Aktivitäten. Sie nahmen andauernde Stagnation vielmehr an gemeinschaftlichen Veranstaltungen des linksextreder Aktivitäten mistischen türkischen Spektrums teil, die zumeist Reaktionen auf politische Ereignisse in der Türkei waren. So beteiligten sich Anhänger der TKP/ML zusammen mit den linksextremistischen türkischen Organisationen "MarxistischLeninistische Kommunistische Partei" (MLKP) und "Revolutionäre Volksbefreiungspartei - Front" (DHKP-C) an Aktivitäten gegen die Einführung von Gefängnissen mit Zellen des "Typ F" (Zellen für maximal 4 Häftlinge). In Berlin wurden anfangs Flugblätter bekannt, in denen die Berliner Kontaktadressen der genannten Organisationen angegeben waren. Der Türkei wird darin der Versuch vorgeworfen, "die politischen Gefangenen von der Außenwelt zu isolieren" und sich auf diesem Weg die Möglichkeit zu verschaffen, "die Gefangenen problemlos zu foltern und somit in die Knie zu zwingen". Die Adressaten werden aufgefordert, "sich mit dem Kampf der politischen Gefangenen zu solidarisieren und sie .... tatkräftig zu unterstützen". Zu diesem Zweck sei ein "Solidaritätskomitee mit den politischen Gefangenen" gegründet worden. Mit dem Flugblatt habe es "einen langen Kampf mit einer Reihe von Aktionen gestartet, die solange andauern werden, bis die Einzelhaft abgeschafft wird". Der europäische Dachverband des DABK-Flügels "Konföderation für demokratische Rechte in Europa" (ADHK) führte bundesweit, in Berlin vom 17. bis 25. Juli auf dem Alexanderplatz (Mitte), Hungerstreikaktionen zum Thema "Gegen Isolationshaft in türkischen Gefängnissen" durch. In Berlin hatten die Veranstalter zwei Kleinzelte aufgebaut. An der Aktion, die ohne Zwischenfälle verlief, beteiligten sich abwechselnd etwa 20 Personen. Zum Abschluss der Aktion legten etwa 15 Personen am 28. Juli vor dem Generalkonsulat der Republik Türkei einen Kranz nieder. 158 TKP/ML-Anhänger beteiligten sich an einer Kundgebung der Berliner Gliederung der PKK am 11. Dezember vor dem Generalkonsulat der Republik Türkei im Bezirk Wilmersdorf gegen die angebliche militärische türkische Unterstützung bewaffneter Einheiten der "Patriotischen Union Kurdistans" (PUK) bei Angriffen auf PKK-Kämpfer im Nordirak. Sie fielen durch Parolen wie "Iso-Haft ist Mord" und "Wir werden Widerstand leisten" auf. 5.4 "Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) Sitz: Türkei Orgarüsationsstruktur: Nicht bekannt Mitgtiederzahl: ca. 600 bundesweit (1999: ca. 700), ca. 25 in Berlin (1999: ca. 25) Entstehung/Gründung: Fusion der ehemaligen "Türkischen Kommunistischen Partei (Marxisten-Leninisten)-Bewegung" (TKP(ML)) mit der "Türkischen Kommunistischen Arbeiterpartei" (TKIH). Ideologie: Marxistisch-leninistisch Publikationen: "Partirfn Sesi", zweimonatlich Die "Marxistisch-leninistische Kommunistische Partei" (MLKP) versteht sich neuerdings als oberste politische Führung des "Proletariats" der türkischen und der kurdischen Nation sowie der nationalen Minderheiten. In einem im Januar 2000 bundesweit verbreiteten Flugblatt ruft sie zum gewaltsamen Sturz der türkischen Regierung und zur Errichtung eines kommunistischen Gesellschaftssystems auf. Zur Verwirklichung ihrer politischen Ziele propagiert die MLKP die "Niederschlagung des Kapitals und des Faschismus durch organisierte Gewalt der Werktätigen". Nur eine "Kriegsorganisation" wie die MLKP könne zum "Albtraum der kapitalistischen Ordnung und der kolonialistischen Diktatur" werden. In der Bundesrepublik Deutschland wirkt die MLKP vorwiegend propagandistisch. Auch die MLKP trat im Jahr 2000 überwiegend bei gemeinschaftlichen Veranstaltungen des linksextremistischen türki- 159 sehen Spektrums in Erscheinung, die zumeist Reaktionen auf politische Ereignisse in der Türkei waren. So beteiligte sie sich zusammen mit der TKP/ML und der DHKP-C an Aktivitäten gegen die Einführung von Gefängnissen des "Typ F" (Zellen für maximal 4 Häftlinge). Im Mai 2000 wurden in Berlin, Köln, Hamburg und Stuttgart Demonstrationen mit mehreren hundert Teilnehmern durchgeführt. Die Demonstranten waren überwiegend der MLKP und der DHKP-C zuzurechnen. 6 Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Iranern Der Iran ist seit der "Islamischen Revolution" (1979) und der damaligen Machtübernahme von Ayatollah KHOMEINI und seinen Anhängern bestrebt, mit seiner Interpretation der schiitischen Glaubenslehre eine Vormachtstellung unter den islamischen Staaten einzunehmen. Durch systematische Agitation und Propaganda für den "Export der Islamischen Revolution" versucht der Iran weltweit, seine machtpolitischen Interessen zu verbreiten. Er gewährt hierzu einer Vielzahl islamischextremistischer Oppositionsgruppen in anderen - auch nichtarabischen - Ländern materielle Unterstützung. Beispielhaft hierfür ist die aktive Rolle des Iran bei der Gründung der terroristischen "Hizb Allah" im Libanon. In Deutschland sind Bemühungen des iranischen Regimes festzustellen, auf religiöse Einrichtungen anderer Nationalitäten im Sinne der "Islamischen Revolution" Einfluss zu nehmen und diesen kontinuierlich zu erweitern. So versucht der Iran bundesweit schiitische Moscheen zu unterwandern, um letztlich eine maßgebende Funktion zu erlangen. In diesem Zusammenhang sind auch nachrichtendienstliche Aktivitäten erkennbar geworden. Die islamistische Beeinflussung der nicht-iranischen Muslime erfolgt von staatlichen iranischen Stellen z. B. durch gezielte finanzielle Beteiligung an kulturellen Programmen. 160 Eine Variante der kulturpolitischen Maßnahmen des Iran ist die Errichtung iranischer Privatschulen in mehreren deutschen Städten, die Ergänzungsunterricht zu deutschen Schulen anbieten. Derartige Aktivitäten konnten auch in Berlin festgestellt werden. Die gegen die Herrschaft der Mullahs im Iran aktive Opposition ist zersplittert und weitgehend ins Exil vertrieben. In Deutschland bzw. Berlin haben sich die Aktivitäten der iranischen Oppositionsgruppen im Jahr 2000 deutlich intensiviert. Die Verfolgung von Oppositionellen im Iran wurde regelmäßig in Form von Protestkundgebungen thematisiert. Der DeutschlandBesuch des iranischen Präsidenten KHATAMI vom 10. - 12. Juli wurde von einem breiten Oppositionsspektrum mit massiven Demonstrationen und versuchten Störaktionen begleitet. Nach wie vor stellt die Opposition ein wesentliches Aufklärungsziel für die iranischen Nachrichtendienste dar. Als bedeutendste iranische Oppositionsgruppe ist die "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (PMOI) anzusehen. 6.1 Aktivitäten regimetreuer Iraner in Berlin In Berlin konzentrierten sich die öffentlichen Aktivitäten der regimetreuen Iraner auf die jährliche Demonstration anlässlich des ,,GHODS"-(Jerusalem-) Tages, an deren Durchführung sie 25 maßgeblich beteiligt waren. Der "GHODS"-Tag wurde 1979 von Ayatollah KHOMEINI initiiert, um die Muslime an ihre Verpflichtung zur "Befreiung Jerusalems von den Zionisten" zu erinnern. In Deutschland werden an diesem Tag seit mehreren Jahren Demonstrationen durchgeführt. Seit 1996 wird die bundesweite Veranstaltung in Berlin durchgeführt. An ihr nahmen bisher bis zu 2 000 Muslime teil. Die Veranstaltung am 2. Januar 2000, an der sich etwa 1 400 Muslime aus mehreren Städten des Bundesgebietes beteiligten, führte vom Oranienplatz (Kreuzberg) zum Hermannplatz (Neu25 Siehe Pkt. 4.2.2 "Schiitischer Extremismus". 161 kölln). Während der Demonstration wurden wie in den vergangengen Jahren Parolen gegen Israel skandiert und Transparente entrollt. Da der "Jerusalem-Tag" am Ende des Fastenmonats Ramadan begangen wird, fand am 23. Dezember eine weitere Demonstration in Berlin statt, die im Bezirk Charlottenburg vom Adenauerplatz zum Savignyplatz führte und an der sich etwa 2 400 Personen beteiligten. Im Aufzug wurden u. a. drei Sargattrappen und ein Modell der "Al Aqsa-Moschee" (Jerusalem) mitgeführt. Bei den Demonstrationsteilnehmern, darunter zwei hochrangige Imame, handelte es sich überwiegend um libanesische und einige türkische Schiiten. In über 10 Reisebussen waren Demonstrationsteilnehmer aus anderen Städten der Bundesrepublik Deutschland angereist. Im Aufzug wurden themenbezogene Transparente in verschiedenen Sprachen gezeigt. Die Demonstranten skandierten u. a. Parolen wie "Nieder mit Israel - Zionisten raus". Über einen Lautsprecherwagen erfolgten Durchsagen wie "Israel - Kindermörder , Frauenmörder, Massenmörder" und "Barak, Peres und Sharon bringen kleine Kinder um". Bei Vorkontrollen führte die Polizei insgesamt sieben Freiheitsentziehungen/-beschränkungen durch. Wegen volksverhetzender bzw. beleidigender Lautsprecherdurchsagen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. 162 6.2 "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (PMOI) Sitz: Bagdad/Irak - in Deutschland: Köln Organisationsstruktur: Die PMOI ist seit 1985 die dominierende Gruppierung im "Nationalen Widerstandsrat Iran" (NWRI), dem "Exiiparlament im Widerstand". Mitgtiederzahl: ca. 900 bundesweit (1999: ca. 900), ca. 20 in Berlin (1999: ca. 20) Entstehung/Gründung: 1965 Ideologie: Islamisch mit sozialrevolutionärer Prägung Publikationen: "Mojahed", wdchenUieh Die "Organisation der Volksmodjahedin Iran" (PMOI) hat die Beseitigung des Regimes zum Ziel. Von ihren Stützpunkten im Irak steuert ihr militärischer Flügel, die "Nationale Befreiungsarmee" (NLA), Kommandos für terroristische Anschläge im Iran. Die PMOI hat sich bis in die jüngste Zeit zu zahlreichen Gewalttaten gegen iranische Regierungsvertreter und den Sicherheitsapparat des Landes bekannt. Die straff geführte und Sozialrevolutionär geprägte islamische Kaderorganisation betreibt von ihrem Sitz in Bagdad (Irak) einen zentral gesteuerten Propagandaapparat im Ausland. Ihre im irakischen Exil lebenden Führer Masoud und Marjam RADJAVI lassen sich durch ihre Anhänger in einem sektenartigen Führerkult verherrlichen. Der im Sommer 1981 von PMOI-Generalsekretär Masoud RADJAVI mit einigen weiteren Oppositionsführern gegründete "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) wird seit 1985 von der PMOI dominiert und seit August 1993 von ihr als "Exilparlament im Widerstand" bezeichnet. 163 Homepage PMOI Nach dem Scheitern ihrer Mitte 1993 gestarteten Versuche, sich bei westlichen Regierungen und Massenmedien als "demokratisch legitimierte Exilregierung" darzustellen, versuchte die Organisation im Ausland, mit großangelegten Protestaktionen medienwirksam ihrer zunehmenden politischen Isolierung und Bedeutungslosigkeit entgegenzuwirken. Durch den vom Staatspräsidenten KHATAMI gesteuerten innenpolitischen Liberalisierungskurs, verbunden mit dem Bemühen um außenpolitische Wiederannäherung Irans insbesondere an die Bundesrepublik Deutschland verliert die PMOI zunehmend ihren Zuspruch in der iranischen Bevölkerung und unter den im Ausland lebenden Iranern. Vor diesem Hintergrund konzentrierte sich die PMOI wie im Vorjahr auf die Diskreditierung des als gemäßigt geltenden iranischen Staatspräsidenten KHATAMI. So protestierten PMOI-Anhänger gegen die vom 7. - 9. April durchgeführte Tagung der "Heinrich-Böll-Stiftung" zum Thema "Iran nach den Wahlen - die Reformdynamik in der Islamischen Republik" im Berliner "Haus der Kulturen der Welt" (Tiergarten). Eingeladen waren 17 dem reformorientierten Lagerzuzurechnende iranische Intellektuelle und Publizisten, die erstmals im Ausland die Politik KHATAMIs, dessen bevorstehenden Deutschlandbesuch und 164 die Wiederannäherung Irans an die Bundesrepublik Deutschland mit deutschen Podiumsteilnehmern diskutierten. Die PMOI war bestrebt, die mit diesem Ereignis verbundene Medienpräsenz zu nutzten, um sich der Weltöffentlichkeit als einzige "schlagkräftige" Opposition gegen das bestehende iranische System zu präsentieren. Tumultartige Proteste führten zu einer Unterbrechung der Tagung. Auswirkungen der Diese Tagung und die Störaktionen wurden im Iran von Tagung der konservativ-religiösen Kräften im andauernden innerpolitischen "Heinrich-BöHStiftung" im Iran Machtkampf instrumentalisiert. Die von konservativen Kreisen dominierten staatlichen Medien verurteilten die Ereignisse in Berlin als "Beleidigung des Islam" und unterstützten die überwiegend konservativ ausgerichtete Justiz in ihrem repressiven Vorgehen gegen prominente Vertreter des reformorientierten Lagers. Alle 17 Teilnehmer der Berliner Tagung wurden von den Justizbehörden vorgeladen und mehrere von ihnen verhaftet. Darüber hinaus wurden zeitgleich insgesamt 16 reformorientierte Zeitungen und Zeitschriften wegen fortgesetzten Verstoßes gegen die "hehren Regeln und Prinzipien des islamischen Lebens" verboten. Dieses Vorgehen gilt als massivster Schlag gegen liberale Presseorgane seit Gründung der Islamischen Republik im Jahre 1979. Proteste gegen Höchste Priorität räumte die Organisation den Protestaktionen Staatsbesuch gegen den Staatsbesuch des iranischen Präsidenten in KHATAMls Deutschland vom 10. - 12. Juli ein. Nachdem die PMOI den Staatsbesuch nicht - wie angestrebt - hatte verhindern können, rief sie dazu auf, dem Besuch KHATAMls mit medienwirksam inszenierten Aktionen zu begegnen und auf diese Weise zumindest die deutsch-iranischen Beziehungen dauerhaft zu beeinträchtigen. An einer durch die NWRI-Tarnorganisation "Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e. V." (VIDA) angemeldeten Großdemonstration am 10. Juli in Berlin beteiligten sich etwa 7 000 Personen. Die Teilnehmer skandierten Parolen wie "KHATAMI 165 ist ein Mörder". Versuche, den Besuchsablauf durch militante Aktionen zu stören, konnten durch die Sicherheitsbehörden verhindert werden. Wegen der zu erwartenden Störaktionen iranischer Oppositioneller - insbesondere durch Angehörige der PMOI - wurden für die Zeit vom 7. - 12. Juli die Anwendung des "Schengener Abkommens" außer Kraft gesetzt und Kontrollen an den Grenzen zu Deutschland eingeführt. Insgesamt kam es zu 63 Zurückweisungen. In 14 Fällen handelte es sich dabei um erkannte potenzielle Störer der PMOI, die zur Grenzfahndung ausgeschrieben worden waren. Im Zusammenhang mit versuchten oder geplanten Störaktionen wurden zahlreiche freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Festnahmen vorgenommen. Obwohl die propagierte Zielsetzung durch massive Störungen des Besuchsablaufes einen vorzeitigen Abbruch zu provozieren, nicht annähernd erreicht wurde, wertete die PMOI ihre Aktionen als Erfolg. In ihrer organisationseigenen Publikation "MOJAHED" (Glaubenskämpfer) lobte sie die "glanzvollen Demonstrationen gegen den Mullah KHATAMI" und betonte die breite Resonanz unter der Berliner Bevölkerung. Ebenso begrüßte sie die genutzten Gelegenheiten zum Werfen von Farbbeuteln, Eiern und Tomaten und beurteilte die vergeblichen Eindämmungsbemühungen der Polizei als "schmähliche Niederlage". Entgegen ihrer eigenen Darstellung verliert die PMOI in Deutschland zunehmend an politischer Bedeutung. Der schwindende Einfluss führte zu einer Zunahme der Gewaltbereitschaft von PMOI-Anhängem, die sich insbesondere in Konfrontationen mit der Polizei im Zusammenhang mit Besuchen hochrangiger iranischer Politiker in Deutschland zeigte. 166 7 Ausblick Im Unterschied zu den vergangenen Jahren war die Entwicklung des Ausländerextremismus in Berlin im Jahr 2000 nicht vorrangig durch die Auswirkungen der Kurdenproblematik und die Aktivitäten der PKK geprägt. Größere öffentliche Aufmerksamkeit erzielten die Protestaktionen iranischer Oppositioneller gegen den Besuch des iranischen Staatspräsidenten KHATAMI und die Auswirkungen des erneuten Aufflammens des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Auch die Solidaritätsaktionen türkischer Linksextremisten mit den politischen Gefangenen in der Türkei sowie ihren in Deutschland inhaftierten Gesinnungsgenossen und der Prozess gegen den selbsternannten Kalifen Metin KAPLAN prägten das Bild des Ausländerextremismus in diesem Jahr. Deutlicher noch als im Vorjahr wurde erkennbar, dass Berlin als Sitz von Regierung und Parlament immer häufiger ausländischen Extremisten als Forum dient, um gegen die jeweiligen politischen Gegner zu protestieren und auf das eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Es ist davon auszugehen, dass auch zukünftig die aktuellen Konflikte in den verschiedenen Krisenregionen vor allem des Nahen und Mittleren Ostens ihren Niederschlag in Berlin finden werden. Die "Organisation der Volksmodjahedin Iran" wird die erkennbare Annäherung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Iran zum Anlass nehmen, mit möglicherweise auch gewalttätigen Aktionen gegen iranische Einrichtungen und iranische Repräsentanten vorzugehen, um diesen Annäherungsprozess zu torpedieren. Aufgrund der Hauptstadtfunktion Berlins, der damit verbundenen Medienpräsenz und nicht zuletzt des Zuzuges der Botschaft der Islamischen Republik Iran ist künftig eine quantitative und qualitative Verstärkung der PMOI-Aktivitäten in der Hauptstadt zu erwarten. 167 Das Schicksal der politischen Gefangenen in der Türkei wird auch und gerade nach den Ereignissen im Dezember 2000 und der Fortsetzung des Todesfastens in den ersten Monaten des Jahres 2001 weiterhin das bestimmende Thema linksextremistischer türkischer Organisationen wie der DHKP-C, der TKP/ML und der MLKP darstellen und zu weiteren Aktionen auch gegen deutsche Einrichtungen führen. Die derzeitige Konzentration auf gewaltlose Solidaritätsaktionen zugunsten der "politischen Gefangenen" ist eher taktisch bedingt und kann bei einer weiteren Eskalation der Situation in der Türkei jederzeit in zielgerichtete Gewalthandlungen umschlagen. Die weitere Entwicklung der PKK lässt sich zu Beginn des Jahres 2001 nur bedingt prognostizieren. Sicherlich ist davon auszugehen, dass während des Prozesses vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (Frankreich) die PKK kein Interesse daran haben kann, durch Gewaltaktionen ihrer Anhänger die Erfolgsaussichten der Klage Abdullah ÖCALANs negativ zu beeinflussen. Die Partei wird deshalb weiterhin bestrebt sein, auf ihr Anliegen gewaltfrei und friedlich aufmerksam zu machen und die deutsche Öffentlichkeit - gerade in der Hauptstadt - für das Schicksal ÖCALANs und die Kurdenfrage zu sensibilisieren. Wie lange die PKK-Basis jedoch bereit ist, den von ÖCALAN und der Parteiführung propagierten Kurs der Gewaltfreiheit angesichts des Ausbleibens von politischen Beschlüssen der türkischen Regierung im Sinne der PKK mitzutragen, lässt sich nicht sicher vorhersagen. Trotz der bislang bemerkenswerten Geschlossenheit der Partei kann die Möglichkeit militanter Abspaltungen weiterhin nicht ausgeschlossen werden. Sicher ist, dass der Tod ÖCALANs, sei es durch die - gegenwärtig unwahrscheinliche - Vollstreckung des Todesurteils, sei es durch andere Ursachen, zu einem auch durch die Parteiführung nicht mehr kontrollierbaren Ausbruch von Gewalt führen dürfte. 168 Die unmittelbaren Reaktionen der in Berlin lebenden Palästinenser und Araber auf das Wiederaufleben der Intifada haben gezeigt, wie schnell sich der Nahost-Konflikt auch auf die Sicherheitslage Berlins auswirken kann. Der ungelöste israelisch-palästinensische Konflikt wird auch im Jahr 2001 eines der drängendsten internationalen Probleme darstellen, dessen Auswirkungen auch in Berlin spürbar sein werden. Die unübersehbare Verschiebung des Einflusses auf die in Berlin lebenden Araber und Palästinenser zugunsten der im Ausland mit terroristischen Aktionen operierenden islamistischen Organisationen sowie die beobachteten Annäherungen zwischen den laizistischen Palästinensergruppen und den in Berlin agierenden islamistischen Organisationen wird sich auf die Sicherheitslage Berlins weiter verschärfend auswirken. Das Auftreten unorganisierter gewaltbereiter Jugendlicher bei den im Oktober durchgeführten Demonstrationen ist ein deutliches Indiz für eine zunehmende Gewaltbereitschaft auch außerhalb der organisierten arabischen Szene. Zusätzliche Gefährdungsmomente ergeben sich aus dem schwindenden Einfluss der laizistischen Organisationen auf ihre zunehmend gewaltbereiten palästinensischen Jugendlichen. Damit ist die potenzielle Gefahr von Anschlägen auf jüdische und israelische Einrichtungen gewachsen. 169 * Überblick * Methodische Aspekte * Ziele gegnerischer Spionage - Politische Spionage - Wirtschaftsspionage * Spionageabwehr als Gemeinschaftsaufgabe * Geheimschutz * Bürgerberatung BjM^Jo^aJI 170 1 Überblick Im Bereich Spionageabwehr werden Informationen über sicherGesetzlicher Auftrag heitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten gesammelt und ausgewertet. Ziel ist nicht nur das Überführen gegnerischer Agenten, sondern generell die systematische Aufklärung von Strukturen, Methoden und Zielsetzungen von fremden Geheimdiensten, die in Berlin aktiv sind. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben wird mit den Behörden für Enge Verfassungsschutz des Bundes und der Länder sowie mit anKooperation deren inund ausländischen Partnerdiensten zusammengearbeitet. Eine besonders enge, arbeitsteilige Kooperation besteht mit der Berliner Außenstelle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Das Berichtsjahr 2000 war für die Spionageabwehr von zwei wesentlichen Faktoren gekennzeichnet: Die Aufarbeitung der Spionageaktivitäten der ehemaligen DDRDDR-Geheimdienste passee Geheimdienste ist beendet. Selbst angesichts der Ankündigung neuen Materials aus den USA ist eine Wiederaufnahme dieses Arbeitsfeldes kaum zu erwarten. Der Umzug der Regierungsund Parlamentseinrichtungen von Umzugskonsequenzen Bonn nach Berlin wirkte sich zunehmend auf die Spionageabwehrtätigkeit aus. Im Sog der Verlagerung des bundespolitischen Entscheidungszentrums haben sich inzwischen zahlreiche Botschaften und eine Vielzahl weiterer offizieller Niederlassungen anderer Staaten (Generalkonsulate, Konsulate, Handelsvertretungen etc.) in der neuen Hauptstadt angesiedelt. Es ist davon auszugehen, dass deren Zahl künftig noch zunehmen wird. In vielen dieser amtlichen und halbamtlichen Vertretungen anDiplomatische derer Staaten verbergen sich sog. Legalresidenturen. Hierbei Immunität handelt es sich um getarnte Stützpunkte fremder Geheimdienste, deren Mitarbeiter großenteils einen diplomatischen Status besitzen. Sie können sich daher meist einer strafrechtlichen 171 Verfolgung entziehen, auch wenn sie von den Sicherheitsbehörden der Spionagetätigkeit überführt werden. Die von solchen Residenturen ausgehenden Aktivitäten blieben nicht auf den Raum Berlin beschränkt, sondern wirkten sich bisweilen auch in anderen Bundesländern aus. Die geheimdienstlichen Potenziale und die von ihnen ausGeheimdienstPotenziale gehenden Spionageaktivitäten in der Hauptstadt haben im Jahr angestiegen 2000 wie prognostiziert zugenommen. Gleichwohl dürfte die Anzahl der Verurteilungen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit für eine fremde Macht künftig weiter rückläufig sein. Denn in einer Atmosphäre zunehmender Kooperation auch mit ehemals verfeindeten Staaten besteht auf der Ebene der Regierungen in Europa offenkundig kein gesteiStille Lösun en gertes Interesse mehr, spektakuläre Aktionen wie z. B. massive Ausweisungen erkannter Geheimdienstmitarbeiter mit entsprechenden Vergeltungsschritten der jeweils anderen Seite durchzuführen, sondern solche heiklen Angelegenheiten eher auf dem Verhandlungswege ohne Wirkung für die Öffentlichkeit zu regeln. 2 Methodische Aspekte In der modernen Informationsgesellschaft ist für die fremden Offene Dienste zunehmend die geheimdienstliche Beschaffung aus Informationsbeschaffung offen zugänglichen Quellen, z. B. Funkund Printmedien, fachwissenschaftliche Veröffentlichungen, Geschäftsund Forschungsunterlagen, eine wichtige Erkenntnisquelle. Überdies bieten die vielfältigen Fernmeldeund anderen KomElektronische munikationstechniken - insbesondere auch Computernetzwerke Aufklärung ohne Schutzvorrichtungen - Möglichkeiten zum Datendiebstahl durch Geheimdienste. 172 Vertrauliche Die Geheimdienstoffiziere der Legalresidenturen bedienen sich Verbindungen weiterhin menschlicher Quellen. Es handelt sich hierbei um sog. Vertrauliche Verbindungen oder Agenten im klassischen Sinne. "Vertrauliche Verbindungen" stellen keine Agenten im traditionellen Sinne dar, weil die Zielpersonen ohne förmliche Verpflichtung und während des Kontaktes bisweilen auch unwissentlich abgeschöpft werden. Dabei bieten Diplomatenstatus und Tarnpositionen vielfältige Möglichkeiten, nachrichtendienstlich interessante Zielpersonen kennen zu lernen. Die Ansprechpartner können, ohne Verdacht zu erregen, durch offene Gesprächsaufklärung zu ihren beruflichen Zugängen sowie zu ihrem privaten Hintergrund ausgefragt werden. Auf diese Weise erhalten die Nachrichtenoffiziere, die ihren Gesprächspartnern den Eindruck eines vermeintlich beiderseitigen Meinungsaustausches vermitteln, aus erster Hand aktuelle Informationen. Anschließend kann aus diesem ersten oberflächlichen Kontakt eine "Vertrauliche Verbindung" erwachsen, die durch folgende Merkmale auf den eigentlich nachrichtendienstlichen Hintergrund schließen lässt: Merkmale der Überraschende Wiederaufnahme der beim Erstkontakt "Vertraulichen aufgenommenen Verbindung, bisweilen erst nach MonaVerbindung" ten, Wunsch nach Vertraulichkeit und privater Erweiterung der Beziehung, "Treffs" außerhalb der Arbeitsoder Dienststellen in einem nahezu festen Rhythmus, in der Regel einseitige Kontakthaltung vom "Diplomaten" zur Zielperson, Begleichung der Rechnung für Speisen und Getränke durch den "Verbindungsführer", kleine Zuwendungen, ggf. Erstattung von Auslagen für Aufwendungen, Übergabe des Kontaktes an einen Nachfolger bei Abberufung. 173 Mit der Verlagerung der Entscheidungszentren in die Bundeshauptstadt ist zu beobachten, dass offenbar die breit angelegte Gewinnung von "Vertraulichen Verbindungen" eine bevorzugte Beschaffungsvariante darstellt. Gleichwohl wird aber auch weiterhin die klassische Informationsund Erkenntnisbeschaffung durch den formell verpflichteten und entlohnten Agenten praktiziert. Dabei kommt den sog. Objektagenten eine besondere Bedeutung zu, weil sie Objektagenten ihren Auftraggebern aufgrund ihrer direkten Zugangsmöglichkeiten zu einer Institution (Firma, Behörde, wissenschaftliche Einrichtung etc.) authentisch und aktuell berichten können. Als Beispiel hierfür ist der Fall zweier langjährig tätiger Agenten Verurteilung anzusehen, über den im Jahresbericht 1999 berichtet wurde zweier Agenten rechtskräftig (a.a.O., Seite 177). Deren Verratstätigkeit richtete sich gegen in Berlin ansässige Hochtechnologieforschungsinstitute. Das Urteil gegen den Hauptangeklagten erlangte am 18. Mai 2000 Rechtskraft. Die auf unterschiedliche Weise beschafften Informationen werden in der Zentrale der Geheimdienste ausgewertet und fließen Regierungsunterstützung in zusammenfassende Berichte und Lagebilder ein. Diese sind Grundlage für Entscheidungsprozesse der jeweiligen Regierungen. Wissenschaftlich-technische Erkenntnisse kommen häufig der dortigen Industrie zugute. 3 Ziele gegnerischer Spionage Die Begehrlichkeiten gegnerischer Spionage orientieren sich an den jeweiligen regionalen Gegebenheiten in den einzelnen Bundesländern. Daraus ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Schwerpunktlagen. Für Berlin hat die Bilanz der vergangenen fünf Jahre ergeben, Berlin Schauplatz dass bei den erkannten nachrichtendienstlichen Aktivitäten die klassischer politische Spionage einschließlich der Beobachtung von OppoSpionagebereiche 174 sitionellen im Verhältnis 2:1 vor der Wirtschaftsspionage rangiert. Geheimdienstliche Aktivitäten gehen vorrangig von den GUSHauptgegner Staaten, von islamisch geprägten Krisenund Schwellenländern sowie von fernöstlichen Nationen aus. 3.1 Politische Spionage Die politischen Strukturen, die vielfältigen gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskussionsforen zu Themen deutscher Politik sowie die Einschätzung der in der Bundesrepublik Deutschland politisch handelnden Personen waren weiterhin zentrale Ziele gegnerischer Spionage. So konnte für Berlin nunmehr als Bundeshauptstadt eine Verlagerung der politischen Aufklärungsschwerpunkte von vormals landespolitischen Einrichtungen zu bundespolitischen Organen festgestellt werden. Zunehmende Bedeutung gewinnt die Ausforschung bzw. Abschöpfung politikwissenschaftlicher Institutionen ("Denkschmieden") sowie die Unterwanderung regimekritischer Vereinigungen aus fremden Staaten. Politische Insbesondere zur Gewinnung von Vorausinformationen und akAufkiärungsschwerpunkte tuellen Einschätzungen der deutschen Ostund EU-Politik entwickelten gegnerische Aufklärungskräfte Aktivitäten, um "Vertrauliche Verbindungen" zu Berliner Experten bei politischen Organisationen, Dachverbänden, Stiftungen, Vereinigungen und wissenschaftlichen Einrichtungen zu knüpfen. Exemplarisch hierfür steht folgender Fall: Ein promovierter Politikwissen"Diplomat", der dem VerfassungsBeispiel schaftler referierte seit Jahren vor schutz bereits seit längerem als unterschiedlichen Foren über euabgetarnter Geheimdienstoffizier ropäische Außenund Sichermit Anbindung an die Legalreheitspolitik. Bei einer dieser Versidentur einer ausländischen Veranstaltungen befand sich unter tretung (Botschaft) bekannt war. den interessierten Zuhörern ein 175 Während einer Vortragspause * konkrete Verabredungen von eizeigte sich der "Diplomat" an nem Treffen zum anderen ohne einem vertiefenden Gespräch mit zusätzliche telefonische Kontakdem Wissenschaftler interessiert. te, Erst nach mehreren Wochen kam * Festlegung von Ausweichtreffen, es zu einer ersten Zusammenkunft * regelmäßige Appelle zu besonin einem Berliner Restaurant. Es derer Vertraulichkeit und Verfolgten weitere Einladungen, bei schwiegenheit. denen sich der Kontakt zwischen Trotz dieser Auffälligkeiten schöpfte beiden Gesprächspartnern vertiefte. der Wissenschaftler zu diesem ZeitDie Treffen dienten der politischen punkt - wie er später glaubhaft verDiskussion, berührten nach und sichert hatkeinen Verdacht. nach auch persönliche Belange und Er wurde gedrängt, seine vielfälführten letztlich zu der Bitte an den tigen Verbindungen zu politischen Wissenschaftler, schriftliche AusInstitutionen zu nutzen, um dem arbeitungen zu aktuellen politischen wachsenden Informationsbedarf Themen zu fertigenselbstverdes "Diplomaten" nachzukommen. ständlich zu angemessenen HonoDazu kam es jedoch nicht mehr. rarzahlungen. Nachdem der Wissenschaftler von In der Folgezeit erteilte der "DiploMitarbeitern des Berliner Verfasmat" immer häufiger Aufträge und sungsschutzes angesprochen und gab dem Wissenschaftler gleichgewarnt worden war, hat er die Verzeitig einschlägige Verhaltensregeln bindung zu dem "Diplomaten" unvor: verzüglich beendet. * keine Anrufe in der betroffenen Botschaft, Den nachrichtendienstlichen Aufklärungswert von Behörden Öffentlicher und Verwaltungseinrichtungen des Landes Berlin bewiesen in Dienst den Vorjahren gescheiterte Anbahnungsversuche gegnerischer Nachrichtendienste. Auch im letzten Jahr gab es wieder Fälle, in denen der Spionageabwehr bekannte Geheimdienstangehörige zunächst mit einem dienstlich begründeten Anliegen Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst aufsuchten, um die so entstandenen Kontakte im weiteren Verlauf möglichst auf eine private Ebene auszuweiten. Bei derartigen Kontakten besteht die Gefahr, dass die Geheimdienstangehörigen die deutschen Gesprächspartner auch zu illegalen Auskünften aus ihren Dienstbereichen verleiten. Erkenntnisse zu Ausspähungsversuchen gegen Einrichtungen Bundesdes Bundes in Berlin liegen ebenfalls vor. Deren Bearbeitung j einrichtungen und die Berichterstattung darüber fallen jedoch in die Zuständigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). 176 * Beobachtung von hier lebenden Oppositionellen Die Beobachtung, Ausforschung und Unterwanderung der hier lebenden Landsleute, speziell der Regimekritiker und oppositionellen Vereinigungen, wird insbesondere von den Nachrichtendiensten nah-, mittelund fernöstlicher Staaten betrieben. Dieser Auftrag wird von an den Botschaften abgetarnt tätigen oder sicher vom Heimatland aus agierenden Führungsoffizieren ausgeführt. Im Jahresbericht 1999 wurde in diesem Zusammenhang bereits Agent verurteilt über einen solchen Fall berichtet (a.a.O., Seite 175). Der Agent wurde am 19. Januar 2000 vom Berliner Kammergericht zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie einer Geldbuße und der Einziehung des festgestellten Agentenlohns verurteilt. Ein weiterer Berliner Fall steht exemplarisch für diese besondere Erscheinungsform gegnerischer Geheimdiensttätigkeit: Durch mehrjährige aufwendige ErZur Legendierung für seinen AufAgent auf mittlungen des Verfassungsschutenthalt in Deutschland gab er sich Sperrliste zes konnte der geheimdienstliche als Verfolgter des Regimes aus, gesetet Verdacht gegen einen seit Jahren obwohl er unbehelligt häufig Reiin Berlin lebenden Ausländer sen in sein Heimatland unternahm. erhärtet werden. Der Verdächtige Der Fall wurde im Berichtszeitunterhielt Kontakte zu mehreren raum durch die amtliche Vererkannten Offizieren eines mithinderung der Wiedereinreise getelöstlichen Geheimdienstes, wolöst, auch die Führungsoffiziere bei er sich wiederholt konspirativ befinden sich zwischenzeitlich verhielt. nicht mehr in Deutschland. Auftragsgemäß sollte er regimekritische Landsleute ausforschen. Kulturund Berufsvereinigungen hier ansässiger Ausländer lieUnterwanderung von gen ebenfalls im Blickfeld der jeweiligen Geheimdienste. Ziel ist Vereinigungen nicht nur, Informationen über missliebige Landsleute zu sammeln, sondern vor allem unter dem kulturellen oder beruflichen Deckmantel regimefreundliche Propaganda zu lancieren. 177 3.2 Wirtschaftsspionage Unter Wirtschaftsspionage wird die staatlich gesteuerte nachDefinition richtendienstliche Beschaffung von Wirtschaftsgeheimnissen verstanden. Sie ist deutlich von der privatwirtschaftlichen Konkurrenzoder Industriespionage abzugrenzen. Sie stellt seit mehreren Jahren neben der politischen Spionage den zweiten Schwerpunkt der beobachteten Aktivitäten fremder Geheimdienste in Berlin dar. Während zu Zeiten des Kalten Krieges die Einflusszonen der führenden Wirtschaftsmächte weitgehend feststanden, sehen Globalisierungssich die Staaten heute im Zuge der Globalisierung einem folgen existenziellen Konkurrenzkampf um Hochtechnologien und Absatzmärkte ausgesetzt. Wirtschaftsspionage bzw. deren Abwehr bedeuten heute mehr denn je Sicherung von Arbeitsplätzen, Schaffung und Erhaltung von Standortvorteilen, Gewinnung von Investitionspartnern sowie Einflussnahme auf internationale Rahmenvereinbarungen. Die andauernde Verlagerung von Dachverbänden und zentralen Institutionen der deutschen Wirtschaft als Folge des Regierungsumzuges bedeutet für Berlin, dass sich die Anzahl potenzieller Zielobjekte für fremde Geheimdienste erhöht hat. Nachweislich stellen wirtschaftliche Spitzenverbände und Dachorganisationen neben dem Entwicklungs-, Produktionsund MarAusspähung wirtschaftlicher ketingsektor einen eigenständigen Zielbereich gegnerischer Strukturen, Ziele Aufklärungsbestrebungen dar. Hier können vor allem vertrauund Rahmendaten liche Informationen zu wirtschaftspolitischen Strukturen und Zielen sowie Rahmendaten der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erlangt werden. Auch im Jahr 2000 wurden in Berlin wieder Bemühungen von Kleinund Geheimdienstoffizieren festgestellt, vor allem kleinund mittelmittelständische ständische Firmen der Hochtechnologiebranche, aber auch InBetriebe der Hochtechnonovationszentren sowie namhafte Berliner Forschungseinrichlogiebranche tungen auszuforschen. 178 In ihrer methodischen Vorgehensweise folgen die GeheimOffene Abschöpfung dienstmitarbeiter auch in diesen Fällen wiederkehrenden Verund Anbahnung haltensmustern. Sie führen Gespräche, z. B. auf Messen, äußern die Bitte um Überlassung von Material und täuschen Kaufinteresse vor. Sobald die gewünschten Informationen abgeschöpft sind, kommt der eigentliche Geschäftsabschluss nur selten zustande. Vereinzelt ließen sich erneut Versuche beobachten, das VisumAbgetamte sperrverfahren für erkannte Mitarbeiter gegnerischer GeheimEinschleusung dienste zu unterlaufen. Dies geschah unter Ausnutzung von Blankovisa bei Pauschaleinladungen von Berliner Unternehmen, Bildungsund Forschungseinrichtungen, Messe-, Kongressoder Tagungsveranstaltern. Diese seit Jahren beobachtbare Methode zielt darauf ab, geheimdienstliches Personal mit Aufklärungsaufträgen - als Geschäftsmann oder WirtschaftsSicherheitswissenschaftler legendiert - nach Deutschland einzuschleusen. partnerschaft: Im Wissen, dass bei weitem nicht alle Fälle von WirtschaftsPrävention durch Aufklärung spionage erkannt oder aufgeklärt werden können, forciert der Berliner Verfassungsschutz die Sensibilisierung und die Aufklärung der hiesigen Wirtschaft. Um den Gefahren der Wirtschaftsspionage sinnvoll vorzubeugen, arbeitet er mit der Berliner Wirtschaft im Sinne einer Sicherheitspartnerschaft zusammen. * Proliferation Unter Proliferation versteht man die Weiterverbreitung nichtkonventioneller Massenvernichtungswaffen (ABC-Waffen) und der dazu benötigten Trägertechnologien einschließlich des Know-hows zu deren Entwicklung sowie Herstellung. Aufgrund der jahrzehntelangen Entwicklung Berlins unter dem Schutzschild der Alliierten existiert in der Stadt keine eigentliche Rüstungsindustrie. Insofern ist die Proliferationsverhinderung Spuren noch kein Bearbeitungsschwerpunkt für den Berliner Verfas- 179 sungsschutz. Die Bearbeitung dieses Gebietes beschränkt sich bisher nur auf Erkenntnisanfragen anderer Sicherheitsbehörden und vereinzelte Spurenhinweise, welche die hiesige Zuständigkeit berühren. Es hängt von der künftigen Ausgestaltung der Hochschulund Forschungslandschaft in Berlin und der militärischen Verwendbarkeit der dort erarbeiteten Forschungsergebnisse ab, ob die Sonderbereiche der Proliferation, Nuklearkriminalität und illegaler Wissenstransfer intensiver bearbeitet werden müssen. Ähnlich wie bei der Bekämpfung der Wirtschaftsspionage könnte der Sensibilisierung der Entscheidungsträger in wissenSensibilisierung schaftlichen Einrichtungen oder relevanten Unternehmen eine größere Bedeutung zukommen, um auch dort eine dauerhafte Sicherheitspartnerschaft aufzubauen. 4 Spionageabwehr als Gemeinschaftsaufgabe Angesichts des breiten Spektrums an potenziellen AufklärungsMannigfaltige zielen und der starken Präsenz fremder Geheimdienste in GeheimdienstPräsenz Berlin gibt es für die Sicherheitsbehörden keine Veranlassung, ihre Spionageabwehrmaßnahmen zu verringern. Im Verbund mit anderen Diensten trägt die Spionageabwehr im Berliner Verfassungsschutz auch unter den veränderten Hauptstadtbedingungen ihren Teil dazu bei, dass sich gegnerische Geheimdienste in Berlin nicht ungehindert entfalten können. Diese Aufgabe kann von staatlichen Institutionen nicht allein Spionageabwehr als gesamtgesellbewältigt werden; sie bedarf vielmehr der Sicherheitspartnerschaftliche Aufschaft mit allen Bereichen der Gesellschaft. gabe Besondere Bedeutung kommt der Prävention und Aufklärung Prävention und zu. Nur wer die subtilen Methoden und Begehrlichkeiten der Aufklärung Spionagedienste kennt, kann entsprechende Wahrnehmungen richtig einordnen und ggf. entscheidende Hinweise auf einen Spionagefall geben. 180 5 Geheimschutz Der demokratische Rechtsstaat muss im öffentlichen Interesse geheimzuhaltende Informationen oder Tatsachen gegenüber dem Zugriff durch Unbefugte besonders sichern können. Aus diesem Grunde ist es wichtig, nachrichtendienstliche Angriffe nicht nur zu erkennen und abzuwehren sondern ihnen auch durch präventive Maßnahmen nachhaltig zu begegnen. Die Sicherheitsverantwortung obliegt den Behörden sowie der Wirtschaft selbst und umfasst den personellen und materiellen Geheimschutz. Personeiter Personeller Geheimschutz bezweckt, im öffentlichen InterGeheimschutz esse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse vor der Kenntnisnahme durch Unbefugte zu schützen und den Zugang von Personen zu verhindern, bei denen ein Sicherheitsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann. Die Sicherheitsüberprüfung ist die zentrale Maßnahme des personellen Geheimschutzes und Grundlage für die Bereitstellung von zuverlässigem Personal in Arbeitsbereichen mit erhöhtem Sicherheitsbedarf. Die Sicherheitsüberprüfung erfolgt durch die zuständige Stelle (Geheimschutzbeauftragter) unter Mitwirkung des Verfassungsschutzes, der erforderliche Anfragen und Ermittlungen durchführt. Grundlage für Sicherheitsüberprüfungen im Land Berlin ist das Sicherheitsüberprüfungsgesetz aus dem Jahre 1998 (BSÜG).26 Die Verfassungsschutzbehörden sind auf die Mitwirkung, d. h. auf eine überprüfende, unterstützende und beratende Funktion beschränkt. Der personelle Geheimschutz wird durch den materiellen Materieller Geheimschutz Geheimschutz ergänzt, der technische und organisatorische 26 Berliner Sicherheitsüberprüfungsgesetz (BSÜG) vom 2. März 1998 (GVBI. S. 26) unter Berücksichtigung des Artikel X des Gesetzes vom 30. November 2000 (GVBI. S. 495) in der vom 9. Dezember 2000 an geltenden Fassung. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des BSÜG ist im Amtsblatt für Berlin Nr. 52 vom 8. Oktober 1998 veröffentlicht. 181 Sicherungsmaßnahmen gegen die Kenntnisnahme von gekennzeichneten Verschlusssachen durch Unbefugte zum Inhalt hat. Auf diesem Gebiet stellt die EDV-Sicherheit ein Aufgabenfeld von ständig wachsender Bedeutung dar. Das Geheimschutzverfahren in der Wirtschaft kommt zwingend zur Anwendung, wenn Verschlusssachen im Rahmen eines öffentlichen Auftrages in ein Unternehmen gelangen. Im Sinne des Wirtschaftsschutzes und um den Gefahren der WirtschaftsWirtschaftsspionage sinnvoll vorzubeugen, wird mit der Wirtschutz schaft aktiv im Sinne einer Sicherheitspartnerschaft zusammengearbeitet. Es werden Vertreter von Institutionen und Firmen präventiv angesprochen, um sie auf die Gefahren der nachrichtendienstlichen Ausforschung durch fremde Nachrichtendienste hinzuweisen. 6 Bürgerberatung Anders als die Polizei, die als Strafverfolgungsbehörde dem Legalitätsprinzip unterliegt, also Straftaten verfolgen muss, Opportunitätsprinzip arbeitet der Verfassungsschutz auf der Grundlage des Opportunitätsprinzips. Dies bedeutet, dass der Verfassungsschutz nicht verpflichtet ist, Straftaten zu verfolgen und daher bei der Weiterleitung strafrechtlich relevanter Sachverhalte einen Ermessensspielraum besitzt. Dies ermöglicht ihm, auch und gerade demjenigen Hilfe zu gewähren, der sich scheinbar bereits ausweglos in eine geheimdienstliche Tätigkeit verstrickt hat. Die Erfahrung zeigt, dass eine einmal eingegangene geheimdienstliche Beziehung fast regelmäßig in immer tiefere Verstrickungen führt, aus denen sich der Betroffene mit eigener Kraft kaum mehr befreien kann. Nur die Offenlegung von Anbahnungsversuchen bzw. von bereits entstandenen Verbindungen kann die geheimdienstliche Beziehung beenden. 182 Für diese Fälle ist eine Beratungsstelle eingerichtet, an die sich betroffene Bürger jederzeit vertrauensvoll wenden können: Beratungstelefon Vertrauliches Telefon: 030/9012 4460 183 * Überblick * Organisation, Strukturen und Mitglieder * Aktivitäten * Ausblick Scientology-Organisation 184 ,SCIENTOLOGY"-ORGANISATION (SO) Site, Wettzentrale: Los Angeles, Kalifornien (USA) Europazentrale: Kopenhagen (Dänemark) Deutschlandzentrale: München Berliner Organisation: "Scientology-Kirche Beifn e.V.", 12159 Berlin-Schöneberg, Sponhotzstr. 51/52 Mitgliederzahl (geschätzt): ca. 5 000 bis 6 000 bundesweit (1999: ca. 5 000 bis 6 000), Ober 200 in Berlin (1999: über 200) Organisationsstruktur: Hierarchisch aufgebaute, weit verzweigte internationale Struk turen, u.a. in Deutschland zehn "Kirchen" und 11 "Missionen" Entstehung/Gründung: 1954, in Berlin seit Juni 1971 als Verein konstituiert Ideologie: Ideenlehre mit wirtschaftlicher und politischer Zielsetzung (Errich tung einer scientologischen Gesellschaft) Publikationen: "FREIHEIT", "FREI", "IMPACT", "SOURCE" 1 Überblick "Scientology" stellt sich als "Erlösungsreligion" in der "Tradition ostasiatischer Religionen, insbesondere des Buddhismus" dar. Sie behauptet, dem Menschen den Zustand vollständiger geistiger Freiheit und Unsterblichkeit zu vermitteln. Eine erste Niederlassung der pseudoreligiösen "Scientology"Organisation (SO) wurde im Jahre 1954 in Los Angeles (USA) unter der Bezeichnung "Church of Scientology" von dem Science-fiction - Romanautor Lafayette Ronald HUBBARD gegründet. Bereits 1950 war sein Buch "Dianetik - Die moderne Wissenschaft von der geistigen Gesundheit" erschienen, in dem er u.a. aus Versatzstücken verschiedener Konzepte aus der Psychologie eine Methode formte, die letztlich auf eine umfassende Manipulation der menschlichen Psyche abzielt. Nach HUBBARDs Vision kann nur unter Anwendung dieser von ihm entwickelten "Technologie" die Welt von allem Elend wie Krieg, Verbrechen, Krankheit und Armut befreit werden. Wenige Jahre später veröffentlichte HUBBARD "Scientology - Die Grundlagen des Denkens", worin er sein Weltund Menschenbild zu einem geschlossenen Denkund Handlungssystem totalitärer Art entwickelte. Beide Bücher stellen bis heute die Grundlage des scientologischen Gedankenguts dar. Die darin und auch in späteren 185 Publikationen enthaltenen Festlegungen HUBBARDs bilden für jeden einzelnen Scientologen im gesamten Lebensumfeld und für die Organisation ein Dogma, gelten als unabänderlich und sind dauerhaft gültig. Hinter der Maske vordergründiger Religiosität bei "Scientology" verbirgt sich eine Ideenlehre, die wirtschaftliche und politische Zielsetzungen eng miteinander verknüpft. Die Erwirtschaftung höchstmöglicher Gewinne durch kommerHauptziel von SO zielle Vermarktung der religiös verbrämten HUBBARDschen Lehre (Kurse, Publikationen), aber auch über eine Gewinnabschöpfung bei SO-gesteuerten bzw. -nahen Unternehmen ist Selbstzweck der SO. HUBBARD persönlich machte die Gewinnmaximierung zum Hauptziel, indem er seine Anhänger ausdrücklich anwies: "Erarbeiten Sie Geld, erarbeiten Sie mehr Geld, sorgen Sie dafür, dass andere Leute so produzieren, dass Geld erarbeitet wird." Die SO-Schriften lassen insbesondere auch eine politisch-gesellschaftliche Dimension erkennen: Endziel ist die neue Gesellschaftsordnung scientologischen Zuschnitts. Hierfür müsse man "die Regierung und feindliche Philosophien oder Gesellschaften in einen Zustand vollständiger Gefügigkeit mit den Zielen der Scientology bringen". HUBBARD begründete seine Gegnerschaft zu den hergebrachten Formen institutionalisierter Volksherrschaft damit, dass die bisherige Demokratie dem Menschen nur "Einkommenssteuer und Inflation" beschert und ihn noch "weiter in den Schlamm" gestoßen habe. Die "wahre" Demokratie könne nur in einer Gesellschaft entstehen, in der jedes Individuum durch "Scientology" von den "bösartigen reaktiven Impulsen" befreit sei. Die politischen und gesellschaftlichen Zielvorstellungen der Organisation stehen im Gegensatz zu tragenden Prinzipien des Grundgesetzes. Das SO-Modell wird dominiert von einem sämt- 186 liehe Lebensfelder umfassenden elitären Alleinvertretungsanspruch auf die absolute "Wahrheit" und erweist sich in weiten Teilen als antidemokratisch und menschenfeindlich. "Scientology" will das angebliche wirkliche "Ich" des Menschen, den unsterblichen "Thetan", durch ein zwangshypnotisches Verfahren, das sog. Auditing, befreien. Dieser "Thetan" erlangt nach der scientologischen Lehre letztlich den Zustand der völligen geistigen Freiheit und entwickelt sich als Herrscher über "Materie, Energie, Raum, Zeit, Form, Denken und Leben" zum "Operierenden Thetan". Faktisch würde der einzelne Mensch in der angestrebten Gemeinschaft zu einem rechtlosen Wesen, das einzig dem Willen der bestimmenden SO-Funktionäre unterworfen wäre. Jegliche Abweichung von der scientologischen Lehre ("Aberration") ist nach den Vorgaben der Organisation strikt zu unterbinden. Kritiker und Aussteiger der SO gelten als unterdrückerische Personen ("Suppressive"), die man unnachsichtig bekämpfen müsse. Die Zuerkennung von Rechten in einer scientologischen Gesellschaft nur an sog. Befreite ("Clears"), "Ehrliche" und "Produktive" kommt in der von der SO formulierten Absolutheit einer Außerkraftsetzung aller Menschenrechte für die übrigen Mitglieder der Gesellschaft gleich, die ihre Rechte nach scientologischem Verständnis verwirkt haben. Die Anweisungen der SO über die "Handhabung" von Abweichlern sowie Aussagen von Aussteigern über das Verhalten der SO gegenüber Kritikern machen deutlich, dass in einer scientologischen Gesellschaft insbesondere die Meinungsfreiheit, der Schutz der Menschenwürde, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gänzlich abgeschafft wären. Demokratische Mitwirkungsrechte wie das allgemeine Wahlrecht und das Recht des Einzelnen zur Bildung und Ausübung 187 einer Opposition sieht eine scientologische Ordnung nicht vor. Gleiches gilt für die Gewaltenteilung. Die totalitäre Programmatik der SO, die sich praktisch auch im Innenverhältnis in strikt starr-autoritären Leitungsstrukturen widerspiegelt, lässt erkennen, dass "Scientology" für den Fall einer Übernahme staatlicher Macht eine diktatorische Willkürherrschaft nach dem Vorbild der Abläufe und Regeln scientologischer Grundmuster errichten würde. Derzeit ist das politische Wirken der SO darauf angelegt, "Scientology" verstärkt in verschiedensten Teilbereichen (z.B. Wirtschaft, Politik, Kultur) zu verankern. Bei der angestrebten Durchdringung bedient sich die SO u.a. eigens hierzu gegründeter Unterorganisationen, wie dem scientologischen Weltwirtschaftsverband "World Institute of Scientology Enterprises" (WISE) und der "Association for Better Living and Education" (ABLE). In diesem Zusammenhang ist die SO bestrebt, Leitungskräfte und Leistungsträger als Anwender der HUBBARD-"Technologie" zu gewinnen, um perspektivisch mit diesen ebenso einflussreichen wie finanzkräftigen Multiplikatoren die bestehende Ordnung zu unterminieren. 2 Organisation, Strukturen und Mitglieder Die SO verfügt über eine streng hierarchische, weitverzweigte Struktur in einer Vielzahl von Ländern. Sämtliche Handlungsund Entscheidungsstränge sind durch totalen Gehorsam gekennzeichnet. Oberste Führungsund Befehlsebene ist das "Religious Technology Center" (RTC) in Los Angeles (USA), das von David MISCAVIGE, Nachfolger von HUBBARD, geleitet wird. Innerhalb der Strukturen finden sich eine Reihe von Überwachungsmechanismen, die wegen ihrer Rigidität an Staatssicherheitseinrichtungen in Diktaturen erinnern. Bezeichnend hierfür ist das mit operativen Aufgaben betraute "Office of 188 Special Affairs" (OSA). Dem in Deutschland unter der Bezeichnung "Department of Special Affairs" (DSA) arbeitenden OSA obliegt u.a. die geheimdienstliche Abwehrarbeit gegen "Scientology"-Gegner und der verdeckt betriebene subversive Kampf gegen Regierungen, die sich als Gegner der SO exponiert haben. Die SO misst Deutschland für ihr Expansionsstreben auf dem europäischen Kontinent höchsten Stellenwert zu. Dies liegt vor allem in seiner politisch und wirtschaftlich bedeutenden Position begründet. In Deutschland verfügt die SO über insgesamt 10 sog. Kirchen. Hinzu kommen 11 "Missionen". München ist der zentrale Sitz von "Scientology Deutschland". Berlin bildet für die SO einen ihrer regionalen Schwerpunkte. Die hiesige "Org" dient Scientologen aus Berlin und dem Umland als Schulungszentrum, Stützpunkt und Treffort. Nach einer Selbstdarstellung der Berliner SO untersteht ihr auch die "Mission Dresden" SO verfügt bundesweit über ca. 5 000 bis 6 000 Mitglieder, die überwiegend in den insgesamt zehn "Kirchen" und/oder in einer der "Missionen" aktiv sind. In Berlin gehören über 200 Personen der Organisation an. 3 Aktivitäten Auch im Jahre 2000 setzte die SO ihre maßlose Propagandakampagne gegen die angebliche Diskriminierung der Organisation in Deutschland fort. Tenor der vornehmlich in den eigenen Publikationen und über das Internet verbreiteten Anschuldigungen gegen die Bundesrepublik Deutschland ist der Vorwurf, die Regierung verstoße mit der nachrichtendienstlichen Beobachtung durch den Verfassungsschutz gegen die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit. Ebenso kritisiert werden die sog. Sektenfilter, d. h. das Verfahren, Unternehmen bei 189 öffentlichen Auftragsvergaben distanzierende "Schutzklauseln" gegenüber scientologischen "Techniken" in der Unternehmensführung abzuverlangen. Das SO-eigene "Deutsche Büro für Menschenrechte" zitierte in diesem Zusammenhang wiederholt das Deutschland betreffende Kapitel aus dem "Jährlichen Bericht über internationale Religionsfreiheit" des Außenministeriums der Vereinigten Staaten von Amerika. Dabei will die SO der Öffentlichkeit des Inund Auslandes den Eindruck vermitteln, tragende Elemente des deutschen Verfassungsstaates seien außer Kraft gesetzt. Im Rahmen ihrer Desinformationskampagne zeichnet sie ein Deutschland-Bild, das geprägt ist von "Menschenrechtsverletzungen" bis hin zu angeblichen Parallelen der Verfassungswirklichkeit mit Methoden und Zuständen unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Ab 18. April 2000 präsentierte die "Scientology Kirche International" mehrere Tage in Räumen der Berliner SO im Bezirk Steglitz eine Wanderausstellung zum Thema "Was ist Scientology ?!". Die Exponate waren zuvor bereits in mehreren anderen deutschen Großstädten gezeigt worden. Im Vorfeld der Veranstaltung warb die SO mit 500 000 Hauswurfsendungen für den Besuch der Ausstellung. Ausgewählte potenzielle Interessenten erhielten auf dem Postwege eine repräsentative Einladungskarte zugestellt. Umrahmt wurde die Propagandaschau von einem vielfältigen Vortragsprogramm mit Themen wie "Die Wichtigkeit der zwischenmenschlichen Kommunikation", "Die Ursache des Drogenproblems beim einzelnen; Lösung zum Alkoholund Drogenproblem" sowie "Die Ursache von Streß". Ebenso wie andere Scientologen weltweit feierte im Berichtszeitraum auch die Berliner "Org" den 50. Jahrestag der Erstveröffentlichung des Buches "Dianetik - Die moderne Wissenschaft 190 von der geistigen Gesundheit". Hierzu fand u.a. am 20. Mai in einer Zehlendorfer Gaststätte eine "Geburtstagsparty" unter dem Motto "50 Jahre Dianetik" statt. In den Sommermonaten warb die SO stadtweit für HUBBARDs Schrift "Scientology - Die Grundlagen des Denkens". Angemietete großflächige Plakatwände zeigten neben einer Abbildung des Titelblattes scientologische Losungen, darunter Textzeilen wie "Entscheidend ist nicht, wie hoch Sie aufsteigen wollen. Entscheidend ist, wie Sie abheben können" und "Entscheidend ist nicht, wohin Sie wollen... Entscheidend ist, wie Sie dort hinkommen." An einem Aufzug der "Scientology Kirche Berlin e.V." für "Religionsfreiheit" am 24. Oktober beteiligten sich bis zu 20 Personen. Die Demonstration führte im Bezirk Mitte vom Lustgarten zur Schloßbrücke. Seit Mitte des Jahres forcierte die SO ihre Diffamierungskampagne gegen den Beauftragten für Sektenund Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Den aktuellen Anlass bildete die Mitgliedschaft des Geistlichen in einer privaten Vereinigung, die den von ihr gestifteten sog. Alternativen Karlspreis einem ausgewiesenen SO-Gegner aus den Vereinigten Staaten von Amerika zuerkannt hatte. Höhepunkt war die Forderung der deutschen SO-Zentrale in München an den evangelischen Landesbischof, den Pfarrer aus seinen Ämtern zu entlassen. Bereits bis Anfang September verschickte und verteilte die "Scientology-Kirche" nach eigenen Angaben in Berlin 40 000 Exemplare der von der "Church of Scientology International" mit Sitz in den USA herausgegebenen Zeitschrift "FREIHEIT". Unter Überschriften wie "SO NICHT, HERR PFARRER" wurde in dem Blatt die Person und Arbeit des langjährigen Sektenkritikers gezielt diskreditiert. U. a. hieß es, der Sektenbeauftragte dirigiere "eine ganze Armee von Tarnorganisationen", die 191 nur einem einzigen Zweck dienten: "Diffamierung, Kriminalisierung und ... Vernichtung von kleineren Religionsgemeinschaften". Weiter wurde er als "evangelischer Chef-Inquisitor" und "Chefarchitekt der in Teilen Europas betriebenen Diskriminierungskampagne gegen Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften und ihre Mitglieder" beschimpft. Seit Jahrzehnten diffamiere er "alle Glaubensregungen außerhalb staatskirchlich genehmigter Strukturen" und versuche, "sie publizistisch abzuschlachten". Im September wurde ein Gottesdienst des Sektenbeauftragten im Bezirk Charlottenburg gestört. Anwesende Scientologen, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren, beschimpften den Pfarrer als "Lügner". Eigenen Angaben zufolge hatten SO-Angehörige ihn schon vor dem Gottesdienst mit Anrufen terrorisiert und damit gedroht, die Veranstaltung zu sprengen. Die Kampagne gegen den Sektenbeauftragten gehört zu einem Bündel von Maßnahmen des OSA/DSA, mit dem der SOeigene Nachrichtendienst engagierte Gegner der Organisation überzieht. Auch im Berichtszeitraum verfolgte die Organisation deutsche Kritiker bis in das Ausland und dokumentierte deren Reisewege und Aktivitäten u. a. auch mit technischen Hilfsmitteln wie Video und Foto. 4 Ausblick Die Entschlossenheit der Scientologen, Einflussund Machtpositionen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen für die Organisation zu erringen, ist ungebrochen. Die SO dürfte daher insbesondere ihre propagandistischen Aktivitäten fortführen. Diktion und Form der Kampagne gegen den Sektenbeauftragten der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg im Jahre 2000 sprechen dafür, dass die Führung der SO eine härtere 192 Linie bei der Bekämpfung von Gegnern der Organisation in Deutschland angeordnet hat. Es ist daher damit zu rechnen, dass die SO auch in Zukunft gezielte Verunglimpfungen ihr missliebiger Personen betreiben wird. Dessen ungeachtet wird die SO in Deutschland ihren eher einem Nischendasein ähnelnden Wirkungsgrad wegen der vorherrschenden gesellschaftlichen und politischen Stigmatisierung auf absehbare Zeit kaum erweitern können. Hinweisgeber, Betroffene, deren Angehörige, Opfer und Aussteiger der "Scientology"-Organisation können sich an die Abteilung Verfassungsschutz der Senatsverwaltung für Inneres wenden, wo ihre Fragen und Anliegen vertraulich bearbeitet werden. 193 > Gesetz über das Landesamt für Verfassungsschutz (LfVG) * Gesetz zur Reform des Verfassungsschutzes im Land Berlin * Personenund Sachregister Anhang 194 Gesetz SS4 Über das Landesamt für Zusammenarbeit Verfassungsschutz (LfVG) (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz in der Fassung vom 25. März 1995 ist verpflichtet, mit Bund und Ländern in (GVBI. S. 254/762), zuletzt geändert Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zudurch SS 36 des Gesetzes sammenzuarbeiten. Die Zusammenarbeit bevom 2. März 1998 (GVBI. S. 26) steht insbesondere in gegenseitiger Unterstützung und Information sowie in der Unterhaltung gemeinsamer Einrichtungen (wie z. B. das nachrichtendienstliche Informationssystem des Bundes und der Länder (NADIS) und die Schule für Verfassungsschutz). ERSTER ABSCHNITT (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Aufgaben und Befugnisse Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gedes Landesamtes für Verfassungsschutz setzes nur im Einvernehmen, das Bundesamt SS1 für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit Zweck des Verfassungsschutzes dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig Der Verfassungsschutz dient dem Schutz werden. der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit der SS5 Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder. Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz SS2 (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz Organisation hat die Aufgabe, den Senat von Berlin und (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes andere zuständige staatliche Stellen über werden ausschließlich vom Landesamt für Gefahren für die freiheitliche demokratische Verfassungsschutz wahrgenommen. Es wird Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit als obere Landesbehörde geführt. des Bundes und der Länder zu unterrichten. (2) Aufsichtsbehörde ist der Regierende Dadurch soll diesen Stellen insbesondere Bürgermeister von Berlin - Senatskanzlei -. ermöglicht werden, rechtzeitig die erforder(3) Der Regierende Bürgermeister wird in lichen Maßnahmen zur Abwehr dieser GefahAngelegenheiten des Verfassungsschutzes in ren zu ergreifen. der Regel durch den Chef der Senatskanzlei (2) Zur Erfüllung dieser Aufgaben sammelt vertreten. und wertet das Landesamt für Verfassungs(4) Auf Vorschlag des Regierenden Bürgerschutz Informationen, insbesondere sachund meisters kann der Senat mit Zustimmung des personenbezogene Daten, Auskünfte, NachAbgeordnetenhauses die Aufsicht auf eine anrichten und Unterlagen aus über dere Senatsverwaltung übertragen. 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche (5) Das Landesamt für Verfassungsschutz demokratische Grundordnung, den Bestand darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angeoder die Sicherheit des Bundes oder eines gliedert werden. Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der SS3 Verfassungsorgane des Bundes oder eines Dienstkräfte Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele Die Dienstkräfte des Landesamtes für Verhaben, fassungsschutz haben neben den allgemeinen 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstBeamtenpflichten die sich aus dem Wesen des liche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Verfassungsschutzes und ihrer dienstlichen Grundgesetzes für eine fremde Macht, Stellung ergebenden besonderen Pflichten. Sie 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des haben sich jederzeit für den Schutz der Grundgesetzes, die durch Anwendung von freiheitlichen demokratischen Grundordnung Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereiim Sinne des Grundgesetzes und der tungshandlungen auswärtige Belange der Verfassung von Berlin einzusetzen. Die Bundesrepublik Deutschland gefährden, Funktion des Amtsleiters soll nur einer Person 4. frühere, fortwirkende unbekannte Struktuübertragen werden, die die Befähigung zum ren und Tätigkeiten der Aufklärungsund Richteramt besitzt. Abwehrdienste der ehemaligen DDR im Geltungsbereich dieses Gesetzes. 195 (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz che, die auf die Beseitigung oder Außerkraftwirkt auf Ersuchen der zuständigen öffentsetzung wesentlicher Verfassungsgrundsätze lichen Stellen mit abzielen. Hierzu gehören: 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Perso1. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in nen, denen im öffentlichen Interesse geWahlen und Abstimmungen und durch beheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gesondere Organe der Gesetzgebung, der genstände oder Erkenntnisse anvertraut vollziehenden Gewalt und der Rechtsprewerden, die Zugang dazu erhalten sollen chung auszuüben und die Volksvertretung oder ihn sich verschaffen können, in allgemeiner, unmittelbarer, freier, glei2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Persocher und geheimer Wahl zu wählen, nen, die an sicherheitsempfindlichen Stel2. die Bindung der Gesetzgebung an die len von lebensoder verteidigungswichtigen verfassungsmäßige Ordnung und die BinEinrichtungen beschäftigt sind oder werden dung der vollziehenden Gewalt und der sollen, Rechtssprechung an Gesetz und Recht, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen 3. das Recht auf Bildung und Ausübung einer zum Schutz von im öffentlichen Interesse parlamentarischen Opposition, geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Ge4. die Ablösbarkeit der Regierung und ihre genständen oder Erkenntnissen gegen die Verantwortlichkeit gegenüber der VolksverKenntnisnahme durch Unbefugte, tretung, 4. bei sonstigen Überprüfungen, soweit dies 5. die Unabhängigkeit der Gerichte, im Einzelfall zum Schutz der freiheitlichen 6. der Ausschluss jeder Gewaltund Willkürdemokratischen Grundordnung oder für herrschaft und Zwecke der öffentlichen Sicherheit erfor7. die im Grundgesetz konkretisierten Menderlich ist. Näheres wird in einer durch die schenrechte. Aufsichtsbehörde zu erlassenden Verwal(3) Im Sinne dieses Gesetzes sind tungsvorschrift bestimmt. 1. Bestrebungen gegen den Bestand des BunDie Befugnisse des Landesamtes für Verfasdes oder eines Landes solche, die darauf sungsschutz bei der Mitwirkung nach Satz 1 gerichtet sind, die Freiheit des Bundes oder Nr. 1 und 2 sind im Berliner Sicherheitsübereines Landes von fremder Herrschaft aufprüfungsgesetz vom 2. März 1998 (GVBI. zuheben, ihre staatliche Einheit zu besei5. 26) geregelt. tigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen, SS6 2. Bestrebungen gegen die Sicherheit des Begriffsbestimmungen Bundes oder eines Landes solche, die (1) Bestrebungen im Sinne des SS 5 Abs. 2 darauf gerichtet sind, den Bund, die Länder Nr. 1 und 3 sind politisch motivierte, zielund oder deren Einrichtungen in ihrer Funkzweckgerichtete Verhaltensweisen oder Betätitionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen. gungen von Organisationen, Personenzu(4) Auswärtige Belange im Sinne des SS 5 sammenschlüssen ohne feste hierarchische Abs. 2 Nr. 3 werden nur gefährdet, wenn Organisationsstrukturen (unorganisierte Grupinnerhalb des Geltungsbereichs des Grundgepen) oder Einzelpersonen gegen die in SS 5 setzes Gewalt ausgeübt oder durch HandAbs. 2 bezeichneten Schutzgüter. Für eine lungen vorbereitet wird und diese sich gegen Organisation oder einen Personenzusammendie politische Ordnung oder Einrichtungen schluss ohne feste hierarchische Organianderer Staaten richten. sationsstruktur (unorganisierte Gruppe) handelt, wer sie in ihren Bestrebungen nachdrückSS7 lich unterstützt. Verhaltensweisen von EinzelVoraussetzung und Rahmen für die personen, die nicht in einer oder für eine Tätigkeit des Landesamtes für VerfasOrganisation oder in einem oder für einen sungsschutz Personenzusammenschluss ohne feste hierar(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes chische Organisationsstruktur (unorganisierte bestimmt, darf das Landesamt für VerfasGruppe) handeln, sind Bestrebungen im Sinne sungsschutz bei der Wahrnehmung seiner dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung Aufgaben nach SS 5 Abs. 2 nur tätig werden, von Gewalt gerichtet sind oder auf Grund ihrer wenn im Einzelfall tatsächliche Anhaltspunkte Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut für den Verdacht der dort genannten Bestredieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. bungen oder Tätigkeiten vorliegen. (2) Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sind sol- 196 (2) Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf das (4) Das Landesamt für Verfassungsschutz Landesamt für Verfassungsschutz nur die dazu ist an die allgemeinen Rechtsvorschriften geerforderlichen Maßnahmen ergreifen; dies gilt bunden (Artikel 20 des Grundgesetzes). insbesondere für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Informationen. SS9 Von mehreren möglichen und geeigneten Besondere Formen der Datenerhebung Maßnahmen hat es diejenige auszuwählen, die (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz den einzelnen, insbesondere in seinen darf Informationen einschließlich personenbeGrundrechten, und die Allgemeinheit vorauszogener Daten mit den Mitteln gemäß SS 8 sichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Abs. 2 erheben, wenn Maßnahme hat zu unterbleiben, wenn sie ei1. sich ihr Einsatz gegen Organisationen, nen Nachteil herbeiführt, der erkennbar außer Personenzusammenschlüsse ohne feste Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. hierarchische Organisationsstrukturen (unSie ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck organisierte Gruppen), in ihnen oder einerreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht zeln tätige Personen richtet, bei denen taterreicht werden kann. sächliche Anhaltspunkte für den Verdacht (3) Soweit in diesem Gesetz besondere der Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Eingriffsbefugnisse das Vorliegen gewalttätiger SS 5 Abs. 2 bestehen, Bestrebungen oder darauf gerichtete Vorberei2. auf diese Weise Erkenntnisse über gewalttungshandlungen voraussetzen, ist Gewalt die tätige Bestrebungen oder geheimdienstliAnwendung körperlichen Zwanges gegen Perche Tätigkeiten gewonnen werden können, sonen oder eine nicht unerhebliche Einwirkung 3. auf diese Weise die zur Erforschung von auf Sachen. Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 2 erforderlichen Quellen erschlossen SS8 werden können oder Befugnisse des Landesamtes für 4. dies zum Schutz der Dienstkräfte, EinrichVerfassungsschutz tungen, Gegenstände und Quellen des Lan(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz desamtes für Verfassungsschutz gegen darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforsicherheitsgefährdende oder geheimdienstderlichen Informationen einschließlich persoliche Tätigkeiten erforderlich ist. nenbezogener Daten erheben, verarbeiten und (2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich nutzen, soweit die Bestimmungen dieses Gegesprochene Wort darf mit technischen Mitteln setzes dies zulassen. ausschließlich bei der Wahrnehmung der (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz Aufgaben auf dem Gebiet der Spionageabwehr darf nach Maßgabe dieses Gesetzes Methound des gewaltbereiten politischen den und Gegenstände einschließlich techniExtremismus heimlich mitgehört oder aufscher Mittel zur heimlichen Informationsbegezeichnet werden. Eine solche Maßnahme ist schaffung, wie insbesondere den Einsatz von nur zulässig, wenn sie im Einzelfall zur Abwehr Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Obeiner gemeinen Gefahr oder einer servationen, Bildund Tonaufzeichnungen, Lebensgefahr für einzelne Personen unerTarnpapiere und Tarnkennzeichen anwenden. lässlich ist, ein konkreter Verdacht in bezug auf Diese sind in einer von der Aufsichtsbehörde eine Gefährdung der vorstehenden zu erlassenden Verwaltungsvorschrift zu beRechtsgüter besteht und der Einsatz anderer nennen, die auch die Zuständigkeit für die AnMethoden und Mittel zur heimlichen Inordnung solcher Informationsbeschaffung reformationsbeschaffung keine Aussicht auf gelt. Die Verwaltungsvorschrift ist dem AusErfolg bietet. Satz 1 und 2 gelten entsprechend schuss für Verfassungsschutz des Abgeordfür einen verdeckten Einsatz technischer Mittel netenhauses von Berlin zur Kenntnis zu gezur Anfertigung von Bildaufnahmen und ben. Die Behörden des Landes sind verBildaufzeichnungen in Wohnungen. pflichtet, dem Landesamt für Verfassungs(3) Die Erhebung nach Absatz 1 und 2 ist schutz technische Hilfe für Tarnungsmaßunzulässig, wenn die Erforschung des Sachnahmen zu leisten. verhalts auf andere, die betroffene Person (3) Polizeiliche Befugnisse stehen dem weniger beeinträchtigende Weise möglich ist; Landesamt für Verfassungsschutz nicht zu; es eine geringere Beeinträchtigung ist in der darf die Polizei auch nicht im Wege der Regel anzunehmen, wenn die Informationen Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen aus allgemein zugänglichen Quellen oder es selbst nicht befugt ist. durch eine Auskunft nach SS 27 gewonnen werden können. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 8 Abs. 2 soll erkennbar im Verhältnis 197 zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachoder die Sicherheit des Bundes oder eines verhalts stehen. Die Maßnahme ist unverLandes gerichtet sind, oder züglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht - von Bestrebungen, die durch Anwendung ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbedass er nicht oder nicht auf diese Weise reitungshandlungen auswärtige Belange erreicht werden kann. Daten, die für das der Bundesrepublik Deutschland Verständnis der zu speichernden Informagefährden, tionen nicht erforderlich sind, sind unverzüglich von öffentlichen Stellen geführte Register, zu löschen. Die Löschung kann unterbleiben, z. B. Melderegister, Personalausweisregister, wenn die Informationen von anderen, die zur Passregister, Führerscheinkarteien, WaffenErfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht scheinkarteien, einsehen. oder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt (2) Eine solche Einsichtnahme ist nur zuwerden können; in diesem Fall dürfen die lässig, wenn Daten nicht verwertet werden. 1. die Aufklärung auf andere Weise nicht (4) Ein Eingriff, der in seiner Art und möglich erscheint, insbesondere durch eine Schwere einer Beschränkung des Brief-, PostÜbermittlung der Daten durch die regiund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt, besterführende Stelle der Zweck der Maßdarf der Zustimmung des Regierenden Bürnahme gefährdet würde, und germeisters, im Falle des SS 2 Abs. 4 des 2. die betroffene Person durch eine anderbetreffenden Mitglieds des Senats, das im Verweitige Aufklärung unverhältnismäßig behinderungsfall durch den zuständigen Staatseinträchtigt würde, und sekretär vertreten wird. 3. eine besondere gesetzliche Geheimhal(5) Bei Erhebungen nach Absatz 1, die in tungsvorschrift oder ein Berufsgeheimnis ihrer Art und Schwere einer Beschränkung des der Einsichtnahme nicht entgegensteht. Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (3) Die Anordnung für die Maßnahme nach gleichkommen, insbesondere durch Abhören Absatz 1 trifft der Leiter des Landesamtes für und Aufzeichnen des nicht öffentlich gesproVerfassungsschutz, im Falle der Verhinderung chenen Wortes mit dem verdeckten Einsatz der Vertreter. technischer Mittel, sowie nach Absatz 2 ist der (4) Die auf diese Weise gewonnenen ErEingriff nach seiner Beendigung der betrofkenntnisse dürfen nur zu den in Absatz 1 gefenen Person mitzuteilen, sobald eine Gefährnannten Zwecken verwendet werden. Gedung des Zwecks des Eingriffs ausgeschlosspeicherte Informationen sind zu löschen und sen werden kann. Einer Mitteilung bedarf es Unterlagen zu vernichten, sobald sie für diese nicht, wenn sich auch nach fünf Jahren noch Zwecke nicht mehr benötigt werden. nicht abschließend beurteilen lässt, ob diese (5) Über die Einsichtnahme ist ein gesonVoraussetzung vorliegt. Die durch Maßnahmen derter Nachweis zu führen, aus dem ihr Zweck, im Sinne des Satzes 1 erhobenen die in Anspruch genommene Stelle, die Namen Informationen dürfen nur nach Maßgabe des der Betroffenen, deren Daten für eine weitere Artikels 1 SS 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Artikel Verwendung erforderlich sind, sowie der 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBl. I Zeitpunkt der Einsichtnahme hervorgehen. S. 949), zuletzt geändert durch Artikel 13 des Diese Aufzeichnungen sind gesondert Gesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I aufzubewahren, durch technische und S. 997), verwendet werden. Die auf Grund der organisatorische Maßnahmen zu sichern und, Erhebungen nach Absatz 1 gespeicherten soweit sie für die Aufgabenerfüllung des Informationen sind nach Maßgabe des SS 14 Landesamtes für Verfassungsschutz nach SS 5 Abs. 2 zu löschen. Abs. 2 nicht mehr benötigt werden, am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr der SS10 Erstellung folgt, zu vernichten. Registereinsicht durch das Landesamt für Verfassungsschutz (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Aufklärung - von sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde Macht oder - von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand 198 ZWEITER ABSCHNITT setzes eine Fortdauer der Speicherung rechtDatenverarbeitung fertigen. SS11 Speicherung, Veränderung und Nutzung SS14 personenbezogener Informationen Berichtigung, Löschung und Sperrung (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz personenbezogener Informationen in Dateien darf zur Erfüllung seiner Aufgaben rechtmäßig (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz erhobene personenbezogene Informationen hat die in Dateien gespeicherten personenspeichern, verändern und nutzen, wenn bezogenen Informationen zu berichtigen, wenn 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestresie unrichtig sind; sie sind zu ergänzen, wenn bungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 2 sie unvollständig sind und dadurch schutzwürvorliegen oder dige Interessen der betroffenen Person beein2. dies für die Erforschung oder Bewertung trächtigt sein können. von gewalttätigen Bestrebungen oder ge(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz heimdienstlichen Tätigkeiten nach SS 5 hat die in Dateien gespeicherten personenAbs. 2 erforderlich ist oder bezogenen Informationen zu löschen, wenn 3. dies zur Schaffung oder Erhaltung nachihre Speicherung irrtümlich erfolgt war, unzurichtendienstlicher Zugänge über Bestrelässig war oder ihre Kenntnis für die Aufbungen oder Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 2 gabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist und erforderlich ist oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Per4. es auf Ersuchen der zuständigen Stelle son nicht beeinträchtigt werden. nach SS 5 Abs. 3 tätig wird. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz (2) In Dateien gespeicherte Informationen hat die in Dateien gespeicherten personenmüssen durch Aktenrückhalt belegbar sein. bezogenen Informationen zu sperren, wenn die (3) In Dateien ist die Speicherung von Löschung unterbleibt, weil Grund zu der AnInformationen aus der Intimsphäre der betrofnahme besteht, dass durch die Löschung fenen Person unzulässig. schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden; gesperrte InformaSS12 tionen sind entsprechend zu kennzeichnen und Speicherung, Veränderung und Nutzung dürfen nur mit Einwilligung der betroffenen personenbezogener Informationen von Person verwendet werden. Minderjährigen (4) In Dateien gelöschte Informationen sind Die Speicherung personenbezogener Inforgesperrt. Unterlagen sind zu vernichten, wenn mationen über Minderjährige, die das 14. Lesie zur Erfüllung der Aufgaben nach SS 5 nicht bensjahr nicht vollendet haben, ist unzulässig. oder nicht mehr erforderlich sind, es sei denn, dass ihre Aufbewahrung zur Wahrung schutzSS13 würdiger Interessen der betroffenen Person Speicherungsdauer notwendig ist. Die Vernichtung unterbleibt, (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz wenn die Unterlagen von anderen, die zur hat die Speicherungsdauer auf das für seine Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beoder nur mit unvertretbarem Aufwand getrennt schränken. Die in Dateien gespeicherten Inforwerden können. mationen sind bei der Einzelfallbearbeitung, (5) Personenbezogene Informationen, die spätestens aber fünf Jahre nach Speicherung ausschließlich zu Zwecken der Datenschutzder letzten Information, auf ihre Erfordertichkeit kontrolle, der Datensicherung oder zur Sicherzu überprüfen. Sofern die Informationen Bestellung eines ordnungsgemäßen Betriebes eistrebungen nach SS 5 Abs. 2 Nr. 1 oder 3 ner Datenverarbeitungsanlage gespeichert betreffen, sind sie spätestens zehn Jahre nach werden, dürfen nur für diese Zwecke und zur der zuletzt gespeicherten relevanten InforVerfolgung der in der jeweiligen Fassung des mation zu löschen. Berliner Datenschutzgesetzes als Straftaten (2) Sind Informationen über Minderjährige bezeichneten Handlungen verwendet werden. in Dateien oder in Akten, die zu ihrer Person geführt werden, gespeichert, ist nach zwei SS15 Jahren die Erforderlichkeit der Speicherung zu Berichtigung und Sperrung überprüfen und spätestens nach fünf Jahren personenbezogener Informationen in Akten die Löschung vorzunehmen, es sei denn, dass (1) Stellt das Landesamt für Verfassungsnach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntschutz fest, dass in Akten gespeicherte personisse nach SS 5 Abs. 2 angefallen sind, die zur nenbezogene Informationen unrichtig sind, Erfüllung der Aufgaben im Sinne dieses Geoder wird ihre Richtigkeit von dem Betroffenen , 199 bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken übermittlung zu vermerken. Vor der Informaoder auf sonstige Weise festzuhalten. tionsübermittlung ist der Akteninhalt im Hinblick (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz auf den Übermittlungszweck zu würdigen und hat personenbezogene Informationen in Akten der Informationsübermittlung zugrunde zu zu sperren, wenn es im Einzelfall feststellt, dass legen. Erkennbar unvollständige Informationen ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen sind vor der Übermittlung im Rahmen der von Betroffenen beeinträchtigt würden und die Verhältnismäßigkeit durch Einholung Daten für seine Aufgabenerfüllung nicht mehr zusätzlicher Auskünfte zu vervollständigen. erforderlich sind. Gesperrte Informationen sind mit einem entsprechenden Vermerk zu SS19 versehen; sie dürfen nicht mehr genutzt oder Informationsübermittlung übermittelt werden. Eine Aufhebung der zwischen den Verfassungsschutzbehörden Sperrung ist möglich, wenn ihre VoraussetzunDas Landesamt für Verfassungsschutz ungen nachträglich entfallen. terrichtet das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Verfassungsschutzbehörden SS16 der Länder über alle Angelegenheiten, deren Dateianordnungen Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben der em(1) Für jede automatisierte Datei beim pfangenden Stellen erforderlich ist. Landesamt für Verfassungsschutz sind in einer Dateianordnung, die der Zustimmung der AufSS20 sichtsbehörde bedarf, im Benehmen mit dem Informationsübermittlung an den Berliner Datenschutzbeauftragten festzulegen: Bundesnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst 1. Bezeichnung der Datei, Das Landesamt für Verfassungsschutz 2. Zweck der Datei, übermittelt dem Bundesnachrichtendienst und 3. Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der dem Militärischen Abschirmdienst die ihm beSpeicherungen, Übermittlung und Nutzung kannt gewordenen Informationen einschließlich (betroffener Personenkreis, Arten der Dapersonenbezogener Daten, wenn tatsächliche ten), Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die 4. Eingabeberechtigung, Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben 5. Zugangsberechtigung, der empfangenden Stellen erforderlich ist. 6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, Handelt das Landesamt für Verfassungsschutz 7. Protokollierung, auf Ersuchen, so ist es zur Übermittlung nur 8. Datenverarbeitungsgeräte und Betriebsverpflichtet und berechtigt, wenn sich die system, Voraussetzungen aus den Angaben der 9. Inhalt und Umfang von Textzusätzen, die ersuchenden Behörde ergeben. der Erschließung von Akten dienen. SS21 (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz Informationsübermittlung an hat in angemessenen Abständen die NotwenStrafverfolgungsbehörden digkeit der Weiterführung oder Änderung in Angelegenheiten des Staatsund seiner Dateien zu prüfen. Verfassungsschutzes Das Landesamt für Verfassungsschutz SS17 übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vorGemeinsame Dateien behaltlich der staatsanwaltlichen SachleiBundesgesetzliche Vorschriften über die stungsbefugnis, den Polizeibehörden des LanDatenverarbeitung in gemeinsamen Dateien des die ihm bekannt gewordenen Informader Verfassungsschutzbehörden des Bundes tionen einschließlich personenbezogener Daund der Länder bleiben unberührt. ten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten, die im DRITTER ABSCHNITT Zusammenhang mit Bestrebungen oder TätigInformationsübermittlung keiten nach SS 5 Abs. 2 stehen, erforderlich ist. SS18 Grundsätze bei der Informationsübermittlung SS22 durch das Landesamt für Verfassungsschutz Übermittlung von Informationen Die Übermittlung von personenbezogenen an den öffentlichen Bereich Informationen ist aktenkundig zu machen. In (1) Die im Rahmen der gesetzlichen Aufder entsprechenden Datei ist die Informationsgabenerfüllung gewonnenen, nicht personen- 200 bezogenen Erkenntnisse des Landesamtes für SS24 Verfassungsschutz können an andere BeÜbermittlung von Informationen hörden und Stellen, insbesondere an die Polian die Stationierungsstreitkräfte zei und die Staatsanwaltschaft, übermittelt Das Landesamt für Verfassungsschutz darf werden, wenn sie für die Aufgabenerfüllung personenbezogene Informationen an Dienstder empfangenden Stellen erforderlich sein stellen der Stationierungsstreitkräfte übermitkönnen. teln, soweit die Bundesrepublik Deutschland (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz dazu im Rahmen von Artikel 3 des Zusatzdarf personenbezogene Informationen an inabkommens zu dem Abkommen zwischen den ländische Behörden und juristische Personen Parteien des Nordatlantikpaktes über die des öffentlichen Rechts übermitteln, wenn dies Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist der Bundesrepublik Deutschland stationierten oder der Empfänger die Informationen zum ausländischen Streitkräfte vom 3. August 1959 Schutz vor Bestrebungen oder Tätigkeiten (BGBl. 1961 II S. 1183) verpflichtet ist. Die nach SS 5 Abs. 2 oder zur Strafverfolgung beÜbermittlung ist aktenkundig zu machen. Der nötigt oder nach SS 5 Abs. 3 tätig wird. Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die (3) Die empfangende Stelle von Informaübermittelten Informationen nur zu dem Zweck tionen nach Absatz 2 ist darauf hinzuweisen, verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm dass sie die übermittelten personenbezogenen übermittelt wurden. Informationen nur zu dem Zweck verwenden darf, zu dessen Erfüllung sie ihr übermittelt SS25 wurden. Übermittlung von Informationen an öffentliche Stellen SS23 außerhalb des Geltungsbereichs des Übermittlung von Informationen Grundgesetzes an Personen und Stellen außerhalb des Das Landesamt für Verfassungsschutz darf öffentlichen Bereichs personenbezogene Informationen an auslänPersonenbezogene Informationen dürfen an dische öffentliche Stellen sowie an überoder Personen oder Stellen außerhalb des öffentzwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn lichen Bereichs nicht übermittelt werden, es sei die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen oder zur Wahrung erheblicher Sicherdemokratischen Grundordnung, des Bestandes heitsinteressen des Empfängers erforderlich oder der Sicherheit des Bundes oder eines ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn ausLandes erforderlich ist und der Regierende wärtige Belange der Bundesrepublik DeutschBürgermeister, im Fall des SS 2 Abs. 4 das land oder überwiegende schutzwürdige Inbetreffende Mitglied des Senats, das im teressen der betroffenen Person entgegenVerhinderungsfall durch den zuständigen stehen. Die Übermittlung ist nur im EinStaatssekretär vertreten wird, im Einzelfall seine vernehmen mit dem Bundesamt für VerfasZustimmung erteilt hat. Das Landesamt für sungsschutz zulässig. Sie ist aktenkundig zu Verfassungsschutz führt über die Auskunft machen. Der Empfänger ist darauf hinzunach Satz 1 einen Nachweis, aus dem der weisen, dass die übermittelten personenbeZweck der Übermittlung, die Aktenfundstelle zogenen Informationen nur zu dem Zweck und der Empfänger hervorgehen; die verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm Nachweise sind gesondert aufzubewahren, übermittelt wurden, und das Landesamt für gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und Verfassungsschutz sich vorbehält, um Ausam Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr kunft über die vorgenommene Verwendung der seiner Erstellung folgt, zu vernichten. Der Informationen zu bitten. Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Informationen nur für den Zweck SS26 verwenden, zu dem sie ihm übermittelt Unterrichtung der Öffentlichkeit wurden. Der Empfänger ist auf die VerwenDie Aufsichtsbehörde und das Landesamt dungsbeschränkung und darauf hinzuweisen, für Verfassungsschutz unterrichten die Öffentdass das Landesamt für Verfassungsschutz lichkeit mindestens einmal jährlich über Besich vorbehält, um Auskunft über die vorstrebungen und Tätigkeiten nach SS 5 Abs. 2. genommene Verwendung der Informationen zu Dabei ist die Übermittlung von personenbebitten. zogenen Informationen nur zulässig, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Darstellung von Organisationen oder unorganisierten Gruppierungen 201 erforderlich ist und die Interessen der Allgeschutz nach anderen Gesetzen bleiben unbemeinheit an sachgemäßen Informationen das rührt. schutzwürdige Interesse des Betroffenen über(6) Das Landesamt für Verfassungsschutz wiegen. hat die übermittelten Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich darauf zu überprüfen, ob SS27 sie zur Erfüllung seiner in SS 5 genannten Übermittlung von Informationen Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, an das Landesamt für Verfassungsschutz dass sie nicht erforderlich sind, sind die (1) Die Behörden des Landes und die Unterlagen unverzüglich zu vernichten. Die sonstigen der Aufsicht des Landes unterVernichtung unterbleibt, wenn die Trennung stehenden juristischen Personen des öffentvon anderen Informationen, die zur Erfüllung lichen Rechts übermitteln von sich aus dem der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur Landesamt für Verfassungsschutz die ihnen mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in bekannt gewordenen Informationen, insbesondiesem Fall sind die Informationen gesperrt dere personenbezogene Daten, über Bestreund entsprechend zu kennzeichnen. bungen nach SS 5 Abs. 2, die durch Anwendung (7) Soweit andere gesetzliche Vorschriften von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereinicht besondere Regelungen über die Dokutungshandlungen verfolgt werden, und über mentation treffen, haben das Landesamt für geheimdienstliche Tätigkeiten. Die StaatsanVerfassungsschutz und die übermittelnde Stelwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanle die Informationsübermittlung aktenkundig zu waltlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizei machen. übermitteln darüber hinaus auch andere im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt geSS28 wordene Informationen über Bestrebungen im Übermittlungsverbote Sinne des SS 5 Abs. 2. Die Übermittlung von Informationen nach (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz den Vorschriften dieses Abschnitts unterbleibt, kann von jeder der in Absatz 1 genannten wenn öffentlichen Stellen verlangen, dass sie ihm die 1. eine Prüfung durch die übermittelnde Stelle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen ergibt, dass die Informationen zu löschen Informationen einschließlich personenoder für die empfangende Stelle nicht mehr bezogener Daten übermittelt, wenn die Inforbedeutsam sind, mationen nicht aus allgemein zugänglichen 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies Quellen oder nur mit unverhältnismäßigem erfordern, Aufwand oder nur durch eine den Betroffenen 3. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, stärker belastende Maßnahme erhoben werdass unter Berücksichtigung der Art der den können. Es dürfen nur die Informationen Informationen und ihrer Erhebung die übermittelt werden, die bei der ersuchten schutzwürdigen Interessen der betroffenen Behörde bereits bekannt sind. Personen das Allgemeininteresse an der (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz Übermittlung überwiegen oder braucht Ersuchen nicht zu begründen, soweit 4. besondere gesetzliche Übermittlungsregedies dem Schutz der betroffenen Person dient lungen entgegenstehen; die Verpflichtung oder eine Begründung den Zweck der Maßzur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungsnahme gefährden würde. pflichten oder von Berufsoder besonderen (4) Die Übermittlung personenbezogener Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzliInformationen, die auf Grund einer Maßnahme chen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. nach SS 100 a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächSS29 liche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Minderjährigenschutz jemand eine der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel (1) Informationen einschließlich personen10 Grundgesetz genannten Straftaten plant, bezogener Daten über das Verhalten Minbegeht oder begangen hat. Auf die dem derjähriger dürfen nach den Vorschriften dieLandesamt für Verfassungsschutz nach Satz 1 ses Gesetzes übermittelt werden, solange die übermittelten Informationen findet der Absatz Voraussetzungen der Speicherung nach SS 13 3, auf die dazugehörenden Unterlagen findet Abs. 2 erfüllt sind. der Absatz 4 des SS 7 des Gesetzes zu Artikel (2) Informationen einschließlich personen10 Grundgesetz entsprechende Anwendung. bezogener Daten über das Verhalten Minder(5) Vorschriften zur Informationsüberjähriger vor Vollendung des 16. Lebensjahres mittlung an das Landesamt für Verfassungsdürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes 202 nicht an ausländische oder überoder zwioder ihrem Wesen nach, insbesondere weschenstaatliche Stellen übermittelt werden. gen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter, geheimgehalten werden SS30 müssen. Nachberichtspflicht Erweisen sich Informationen nach ihrer Die Entscheidung nach Satz 1 und 2 trifft der Übermittlung nach den Vorschriften dieses Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Gesetzes als unvollständig oder unrichtig, so oder ein von ihm besonders beauftragter hat die übermittelnde Stelle ihre Informationen Mitarbeiter. unverzüglich gegenüber der empfangenden (3) Die Ablehnung einer Auskunft ist Stelle zu ergänzen oder zu berichtigen, wenn zumindest insoweit zu begründen, dass eine dies zu einer anderen Bewertung der Inforverwaltungsgerichtliche Nachprüfung der Vermationen führen könnte oder zur Wahrung weigerungsgründe gewährleistet wird, ohne schutzwürdiger Interessen der betroffenen Perdabei den Zweck der Auskunftsverweigerung son erforderlich ist. Die Ergänzung oder zu gefährden. Die Gründe der Ablehnung sind Berichtigung ist aktenkundig zu machen und in in jedem Fall aktenkundig zu machen. den entsprechenden Dateien zu vermerken. (4) Wird die Auskunftserteilung ganz oder teilweise abgelehnt, ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich an den BerVIERTER ABSCHNITT liner Datenschutzbeauftragten wenden kann. Auskunftserteilung Dem Berliner Datenschutzbeauftragten ist auf SS31 sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit Auskunft an den Betroffenen nicht der Regierende Bürgermeister, im Fall (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz des SS 2 Abs. 4 das betreffende Mitglied des erteilt einer natürlichen Person über die zu ihr Senats, im Einzelfall feststellt, dass dadurch gespeicherten Informationen auf Antrag undie Sicherheit des Bundes oder eines Landes entgeltlich Auskunft, soweit die Person ein begefährdet würde. Mitteilungen des Berliner sonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. Datenschutzbeauftragten an den Betroffenen Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht dürfen keine Rückschlüsse auf den Erkenntauf Informationen, die nicht der alleinigen nisstand des Landesamtes für VerfassungsVerfügungsberechtigung des Landesamtes für schutz zulassen, soweit es nicht einer weiterVerfassungsschutz unterliegen, sowie auf die gehenden Auskunft zustimmt. Der Kontrolle Herkunft der Informationen und die Empfänger durch den Berliner Datenschutzbeauftragten von Übermittlungen. unterliegen nicht personenbezogene Informa(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz tionen, die der Kontrolle durch die Kommission darf den Antrag ablehnen, wenn das öffentliche nach SS 2 des Gesetzes zur Ausführung des Interesse an der Geheimhaltung seiner Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz vom Tätigkeit oder ein überwiegendes Ge16. Juli 1991 (GVBI. S. 172) unterliegen, es sei heimhaltungsinteresse Dritter gegenüber dem denn, die Kommission ersucht den Berliner Interesse der antragstellenden Person an der Datenschutzbeauftragten, die Einhaltung der Auskunftserteilung überwiegt. In einem solchen Vorschriften über den Datenschutz bei beFall hat das Landesamt für Verfassungsschutz stimmten Vorgängen oder in bestimmten Bezu prüfen, ob und inwieweit eine Teilauskunft reichen zu kontrollieren und ausschließlich ihr möglich ist. Ein Geheimhaltungsinteresse liegt darüber zu berichten. vor, wenn 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung SS32 durch die Auskunftserteilung zu besorgen Akteneinsicht ist, (1) Sind personenbezogene Daten in Akten 2. durch die Auskunftserteilung Quellen gegespeichert, so kann dem Betroffenen auf fährdet sein können oder die Ausforschung Antrag Akteneinsicht gewährt werden, soweit des Erkenntnisstandes oder der ArbeitsGeheimhaltungsinteressen oder schutzwürdige weisen des Landesamtes für VerfassungsBelange Dritter nicht entgegenstehen. SS 31 gilt schutz zu befürchten ist, entsprechend. 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit ge(2) Die Einsichtnahme in Akten oder fährden oder sonst dem Wohl des Bundes Aktenteile ist insbesondere dann zu versagen, oder eines Landes Nachteile bereiten wenn die Daten des Betroffenen mit Daten würde oder Dritter oder geheimhaltungsbedürftigen son4. die Informationen oder die Tatsache der stigen Informationen derart verbunden sind, Speicherung nach einer Rechtsvorschrift dass ihre Trennung auch durch Vervielfältigung 203 und Unkenntlichmachung nicht oder nur mit SS35 unverhältnismäßig großem Aufwand möglich Aufgaben und Befugnisse des Ausschusses ist. In diesem Fall ist dem Betroffenen zu(1) Der Senat hat den Ausschuss umsammenfassende Auskunft über den Aktenfassend über die allgemeine Tätigkeit des Laninhalt zu erteilen. desamtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten; er berichtet auch über den Erlass von Fünfter Abschnitt Verwaltungsvorschriften. Der Ausschuss hat Parlamentarische Kontrolle Anspruch auf Unterrichtung. SS33 (2) Der Ausschuss hat auf Antrag minAusschuss für Verfassungsschutz destens eines seiner Mitglieder das Recht auf (1) In Angelegenheiten des VerfassungsErteilung von Auskünften, Einsicht in Akten und schutzes unterliegt der Senat von Berlin der andere Unterlagen, Zugang zu Einrichtungen Kontrolle durch den Ausschuss für Verfasder Verfassungsschutzbehörde sowie auf Ansungsschutz des Abgeordnetenhauses von hörung von deren Dienstkräften. Die BefugBerlin. Die Rechte des Abgeordnetenhauses nisse des Ausschusses nach Satz 1 erstrecken und seiner anderen Ausschüsse bleiben unsich nur auf Gegenstände, die der alleinigen berührt. Verfügungsberechtigung des Landesamtes für (2) Der Ausschuss für Verfassungsschutz Verfassungsschutz unterliegen. besteht in der Regel aus höchstens zehn (3) Der Senat kann die Unterrichtung über Mitgliedern. Die Fraktionen wählen die auf sie einzelne Vorgänge verweigern und bestimmten entfallenden Mitglieder und machen sie dem Kontrollbegehren widersprechen, wenn dies Präsidenten des Abgeordnetenhauses von erforderlich ist, um vom Bund oder einem Berlin namhaft. Die Fraktionen werden nach deutschen Land Nachteile abzuwenden; er hat ihrer Mitgliederzahl beteiligt, wobei jede Frakdies vor dem Ausschuss zu begründen. tion mindestens durch ein Mitglied vertreten (4) Das Abgeordnetenhaus kann den Aussein muss. Eine Erhöhung der im Satz 1 beschuss für einen bestimmten Untersuchungsstimmten Mitgliederzahl ist nur zulässig, soweit gegenstand als Untersuchungsausschuss (Artisie zur Beteiligung aller Fraktionen notwendig kel 33 der Verfassung von Berlin) einsetzen. SS 3 ist. des Gesetzes über die Untersuchungsaus(3) Scheidet ein Mitglied aus dem Abgeordschüsse des Abgeordnetenhauses von Berlin netenhaus oder seiner Fraktion aus, so verliert vom 22. Juni 1970 (GVBI. S. 925), zuletzt es die Mitgliedschaft im Ausschuss für Vergeändert durch Gesetz vom 24. Juni 1991 fassungsschutz. Für dieses Mitglied ist unver(GVBI. S. 154), findet keine Anwendung. züglich ein neues Mitglied zu benennen, das (5) Für den Ausschuss gelten im Übrigen gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Ausdie Bestimmungen der Geschäftsordnung des schuss ausscheidet. Abgeordnetenhauses von Berlin. SS34 Geheimhaltung Sechster Abschnitt Die Öffentlichkeit wird durch einen BeSchlussvorschriften schluss des Ausschusses ausgeschlossen, SS36 wenn das öffentliche Interesse oder berechEinschränkung von Grundrechten tigte Interessen eines einzelnen dies gebieten. Auf Grund dieses Gesetzes kann das Sofern die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist, Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung sind die Mitglieder des Ausschusses zur Vernach Artikel 13 des Grundgesetzes eingeschwiegenheit über Angelegenheiten verschränkt werden. pflichtet, die ihnen dabei bekannt geworden SS37 sind. Das gleiche gilt auch für die Zeit nach Anwendbarkeit des Berliner dem Ausscheiden aus dem Ausschuss. Die Datenschutzgesetzes Verpflichtung zur Verschwiegenheit kann von Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 5 dem Ausschuss aufgehoben werden, soweit durch das Landesamt für Verfassungsschutz nicht berechtigte Interessen eines einzelnen finden die SSSS 10 bis 17 und 19 Abs. 2 bis 4 des entgegenstehen oder der Senat widerspricht; Berliner Datenschutzgesetzes in der Fassung in diesem Fall legt der Senat dem Ausschuss vom 17. Dezember 1990 (GVBI. 1991 S. 16, seine Gründe dar. 54), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Oktober 1992 (GVBI. S. 314), keine Anwendung. 204 SS38 (2) Gleichzeitig tritt das Gesetz über das Inkrafttreten, Außerkrafttreten Landesamt für Verfassungsschutz in der Fas(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der sung vom 31. Juli 1989 (GVBI. S. 1545) außer Verkündung im Gesetzund Verordnungsblatt Kraft. für Berlin in Kraft. 205 Gesetz (4) Artikel I SS 4 Abs. 2 des Haushaltszur Reform des Verfassungsschutzes im strukturgesetzes 1996 vom 15. April 199g Land Berlin (GVBI. S. 126), das zuletzt durch Artikel I des Gesetzes vom 20. April 2000 (GVBI. S. 286) Vom 30. November 2000 geändert worden ist, findet keine Anwendung. (GVBI. S. 495) Artikel II Das Abgeordnetenhaus hat das folgende Änderung des Gesetzes über Gesetz beschlossen: das Landesamt für Verfassungsschutz Artikel I Das Gesetz über das Landesamt für VerfasGesetz über die Strukturreform des sungsschutz in der Fassung vom 25. März Verfassungsschutzes 1995 (GVBI. S. 254, 762), geändert durch SS 36 in Berlin des Gesetzes vom 2. März 1998 (GVBI. S. 26), wird wie folgt geändert: SS1 1. Die Überschrift erhält folgende Fassung: Das Landesamt für Verfassungsschutz ist mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgelöst. "Gesetz über den Verfassungsschutz in Die Aufgaben nach dem VerfassungsschutzBerlin (Verfassungsschutzgesetz Berlin - gesetz Berlin in der Fassung vom 25. März VSG Bin)". 1995 (GVBI. S. 254, 762), zuletzt geändert durch Artikel II des Gesetzes vom 30. No2. Die Bezeichnung "Landesamt für Verfasvember 2000 (GVBI. S. 495), werden durch die sungsschutz" wird jeweils durch die BeSenatsverwaltung für Inneres wahrgenommen. zeichnung "Verfassungsschutzbehörde" ersetzt einschließlich der sich daraus SS2 ergebenden grammatikalischen Anpassungen. (1) Sämtliche Dienstkräfte des Landesamtes für Verfassungsschutz gehören vom Auflö3. Die SSSS 2 und 3 erhalten folgende Fassungszeitpunkt an dem Personalüberhang des sung: Landes (Kapitel 0503 - Personalüberhang des ehemaligen Landesamtes für Verfassungs.,SS2 schutz) an und sind in die landesweite ÜberOrganisation hangvermittlung aufzunehmen. Sie sind ab demselben Zeitpunkt Dienstkräfte der Senats(1) Verfassungsschutzbehörde ist die Severwaltung für Inneres; einer Versetzung benatsverwaltung für Inneres. Die für den Verfasdarf es nicht. sungsschutz zuständige Abteilung nimmt ihre Aufgaben gesondert von der für die Polizei (2) Die im Haushaltsplan 2000 bei Kapitel zuständigen Abteilung wahr. 05 27 (Landesamt für Verfassungsschutz), Titel 422 01, 425 01 und 426 01 vorhandenen (2) Die für den Verfassungsschutz zuStellen fallen dort mit Inkrafttreten dieses ständige Abteilung ist datenverarbeitende StelGesetzes weg und sind dem Kapitel 05 03 als le im Sinne des SS 4 Abs. 3 Nr. 1 des Berliner Stellen mit dem Vermerk künftig wegfallend Datenschutzgesetzes in der Fassung vom 17. (kw) ohne Betrag zugeordnet. Die bei Kapitel Dezember 1990 (GVBI. 1991 S. 16, 54), das 05 27 zum Auflösungszeitpunkt noch verfügzuletzt durch Artikel IX des Gesetzes vom baren Mittel (Personal-, Sachund Investi30. November 2000 (GVBI. S. 495) geändert tionsmittel) und die noch zu erwartenden Einworden ist. Die Übermittlung an andere nahmen sind dem Kapitel 05 20 zugeordnet. Organisationseinheiten der Senatsverwaltung für Inneres ist ungeachtet der fachund (3) Für die neu gebildete Verfassungsdienstaufsichtlichen Befugnisse zulässig, wenn schutzabteilung in der Senatsverwaltung für dies für die Aufgabenerfüllung nach SS 5 Abs. 1 Inneres gelten im Haushaltsjahr 2000 die als erforderlich ist." Anlage zu diesem Gesetz beigefügten Aufstellungen. 206 (3) Bei der Leitung der Senatsverwaltung "4. bei aufenthaltsrechtlichen Verfahren, Einfür Inneres wird eine Revision eingerichtet. Die bürgerungsverfahren sowie bei sonstigen Revision ist unbeschadet ihrer Verantwortung gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen; gegenüber dem Senator im Übrigen in der die Mitwirkung ist nur zulässig, wenn diese Durchführung von Prüfungen und der Beurzum Schutze der freiheitlichen demokratischen teilung von Prüfungsvorgängen unabhängig. Grundordnung oder für Zwecke der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist; Näheres wird SS3 in einer Verwaltungsvorschrift des Senators für Dienstkräfte Inneres im Benehmen mit dem Berliner Beauftragten für den Datenschutz und für das (1) Die Dienstkräfte der VerfassungsschutzRecht auf Akteneinsicht bestimmt." abteilung haben neben den allgemeinen Pflichten die sich aus dem Wesen des Verfas5. SS 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 erhält folgende sungsschutzes und ihrer dienstlichen Stellung Fassung: ergebenden besonderen Pflichten. Sie haben sich jederzeit für den Schutz der freiheitlichen "Für eine Organisation oder eine unorgademokratischen Grundordnung im Sinne des nisierte Gruppe handelt, wer sie in ihren Grundgesetzes und der Verfassung von Berlin Bestrebungen nachdrücklich unterstützt. Vereinzusetzen. Die Funktion des Leiters der für haltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in den Verfassungsschutz zuständigen Abteilung einer oder für eine Organisation oder in einer soll nur einer Person übertragen werden, die oder für eine unorganisierte Gruppe handeln, die Befähigung zum Richteramt besitzt. sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet (2) Der Senat von Berlin kann jährlich besind oder auf Grund ihrer Wirkungsweise stimmen, in welchem Umfang Dienstkräften geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes der Verfassungsschutzabteilung freie, frei wererheblich zu beschädigen." dende und neu geschaffene Stellen in der Hauptverwaltung für Zwecke der Personal6. SS 7 wird wie folgt geändert: entwicklung vorbehalten werden." a) Es wird folgender neuer Absatz 2 ein4. SS 5 wird wie folgt geändert: gefügt: a) Absatz 1 erhält folgende Fassung: "(2) Die Verfassungsschutzbehörde darf für die Prüfung, ob die Voraussetzungen "(1) Die Verfassungsschutzbehörde hat des Absatzes 1 vorliegen, die dazu erdie Aufgabe, den Senat und das Abgeforderlichen personenbezogenen Daten ordnetenhaus von Berlin, andere zustänaus allgemein zugänglichen Quellen erhedige staatliche Stellen und die Öffentlichkeit ben, speichern und nutzen. Eine Speicheüber Gefahren für die freiheitliche rung dieser Daten im nachrichtendienstdemokratische Grundordnung, den Bestand lichen Informationssystem (NADIS) oder und die Sicherheit des Bundes und der in anderen Verbunddateien ist nicht zuLänder zu unterrichten. Dadurch soll es den lässig. Eine Speicherung der nach Satz 1 staatlichen Stellen insbesondere ermöglicht erhobenen personenbezogenen Daten in werden, rechtzeitig die erforderlichen MaßAkten und Dateien über den Ablauf eines nahmen zur Abwehr dieser Gefahren zu Jahres seit der Speicherung hinaus ist nur ergreifen." zulässig, wenn spätestens von diesem Zeitpunkt an die Voraussetzungen des b) Absatz 2 wird wie folgt geändert: Absatzes 1 vorliegen. Dasselbe gilt für das Anlegen personenbezogener Akten." aa) In Nummer 3 wird nach dem Wort "gefährden" das Komma durch b) Die bisherigen Absätze 2 und 3 werden einen Punkt ersetzt. die Absätze 3 und 4. bb) Nummer 4 wird gestrichen. 7. Die SSSS 8 und 9 erhalten folgende c) Absatz 3 Satz 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung: Fassung: 207 .,SS8 von Berlin vorab seine Zustimmung zu Befugnisse der Verfassungsschutzbehörde erteilen. (1) Die Verfassungsschutzbehörde darf die Personen, die berechtigt sind, in Strafsachen zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen aus beruflichen Gründen das Zeugnis zu verInformationen einschließlich personenbezogeweigern (SSSS 53 und 53 a der Strafprozessner Daten verarbeiten und bei Behörden, sonordnung), darf die Verfassungsschutzbehörde stigen öffentlichen Stellen sowie nicht öffentnicht von sich aus nach Satz 1 Nr. 1 zur Belichen Stellen, insbesondere bei Privatperschaffung von Informationen in Anspruch sonen, erheben, soweit die Bestimmungen dienehmen, auf die sich ihr Zeugnisverweigeses Gesetzes dies zulassen. rungsrecht bezieht. Die Behörden des Landes (2) Die Verfassungsschutzbehörde darf zur Berlin sind verpflichtet, der Verfassungsheimlichen Informationsbeschaffung, insbeschutzbehörde technische Hilfe für Tarnungssondere zur Erhebung personenbezogener maßnahmen zu geben. Daten, nur in begründeten Fällen folgende nachrichtendienstliche Mittel anwenden: (3) Die Verfassungsschutzbehörde darf Informationen einschließlich personenbezo1. Einsatz von Vertrauensleuten, sonstigen gener Daten mit den Mitteln gemäß Absatz 2 geheimen Informanten, zum Zweck der erheben, wenn Spionageabwehr überworbenen Agenten, Gewährspersonen und verdeckten Ermitt1. sich ihr Einsatz gegen Organisationen, lern, unorganisierte Gruppen, in ihnen oder 2. Observation, einzeln tätige Personen richtet, bei denen 3. Bildaufzeichnungen (Fotografieren, Videotatsächliche Anhaltspunkte für den Vergrafieren und Filmen), dacht der Bestrebungen oder Tätigkeiten 4. verdeckte Ermittlungen und Befragungen, nach SS 5 Abs. 2 bestehen, 5. Mithören ohne Inanspruchnahme tech2. auf diese Weise Erkenntnisse über genischer Mittel, walttätige Bestrebungen oder geheim6. Mithören und Aufzeichnen des nicht dienstliche Tätigkeiten gewonnen werden öffentlich gesprochenen Wortes unter können, Einsatz technischer Mittel, 3. auf diese Weise die zur Erforschung von 7. Beobachtungen des Funkverkehrs auf Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 5 nicht für den allgemeinen Empfang beAbs. 2 erforderlichen Quellen erschlossen stimmten Kanälen sowie die Sichtbarwerden können oder machung, Beobachtung, Aufzeichnung 4. dies zum Schutz der Dienstkräfte, Einund Entschlüsselung von Signalen in richtungen, Gegenstände und Quellen der Kommunikationssystemen, Verfassungsschutzbehörde gegen sicher8. Verwendung fingierter biografischer, heitsgefährdende oder geheimdienstliche beruflicher oder gewerblicher Angaben Tätigkeiten erforderlich ist. (Legenden), 9. Beschaffung, Erstellung und Verwendung Datenerhebungen nach Satz 1 Nr. 2 dürfen von Tarnpapieren und Tarnkennzeichen, sich gegen andere als die in SS 6 Abs. 1 Satz 2 10. Überwachung des Brief-, Postund und 3 genannten Personen nur richten, soweit Fernmeldeverkehrs nach Maßgabe des dies zur Gewinnung von Erkenntnissen unerGesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz, vom lässlich ist. 13. August 1968 (BGBL I S. 949), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes (4) Die Erhebung nach Absatz 2 ist unvom 17. Juni 1999 (BGBl. I S. 1334), zulässig, wenn die Erforschung des Sach11. Einsatz von weiteren vergleichbaren verhalts auf andere, die betroffene Person Methoden, Gegenständen und Instruweniger beeinträchtigende Weise möglich ist; menten zur heimlichen Informationsbeeine geringere Beeinträchtigung ist in der schaffung, insbesondere das sonstige Regel anzunehmen, wenn die Informationen Eindringen in technische Kommunikaaus allgemein zugänglichen Quellen oder tionsbeziehungen durch Bild-, Tonund durch eine Auskunft nach SS 27 gewonnen Datenaufzeichnungen; dem Einsatz derwerden können. Die Anwendung eines Mittels artiger Methoden, Gegenstände und Ingemäß Absatz 2 soll erkennbar im Verhältnis strumente hat der Ausschuss für Verzur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverfassungsschutz des Abgeordnetenhauses halts stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich 208 zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder Aussicht auf Erfolg bietet. Die Sätze 1 und 2 sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er gelten entsprechend für einen verdeckten nicht oder nicht auf diese Weise erreicht Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von werden kann. Daten, die für das Verständnis Bildaufnahmen und Bildaufzeichnungen in der zu speichernden Informationen nicht Wohnungen. Maßnahmen nach den Sätzen 1 erforderlich sind, sind unverzüglich zu löschen. bis 3 dürfen nur auf Grund richterlicher Die Löschung kann unterbleiben, wenn die Anordnung getroffen werden. Bei Gefahr im Informationen von anderen, die zur Erfüllung Verzuge kann die Maßnahme auch durch den der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur Senator für Inneres, der im Verhinderungsfall mit unvertretbarem Aufwand getrennt werden durch den zuständigen Staatssekretär verkönnen; in diesem Fall dürfen die Daten nicht treten wird, angeordnet werden; eine richterverwertet werden. liche Entscheidung ist unverzüglich nachzuholen. (5) Die näheren Voraussetzungen für die Anwendung der Mittel nach Absatz 2 sind in (2) Die Anordnung ist auf höchstens drei einer Verwaltungsvorschrift des Senators für Monate zu befristen. Verlängerungen um Inneres zu regeln, die auch die Zuständigkeit jeweils nicht mehr als drei weitere Monate sind für die Anordnung solcher Informationsbeauf Antrag zulässig, soweit die Vorausschaffung regelt. Die Verwaltungsvorschrift ist setzungen der Anordnung fortbestehen. Liegen dem Ausschuss für Verfassungsschutz des die Voraussetzungen der Anordnung nicht Abgeordnetenhauses von Berlin vorab zur mehr vor oder ist der verdeckte Einsatz Kenntnis zu geben. technischer Mittel zur Informationsgewinnung nicht mehr erforderlich, ist die Maßnahme (6) Für die Speicherung und Löschung der unverzüglich zu beenden. Der Vollzug der Andurch Maßnahmen nach Absatz 2 erlangten ordnung erfolgt unter Aufsicht eines Bepersonenbezogenen Daten gilt Artikel 1 SS 7 diensteten der Verfassungsschutzbehörde, der Abs. 4 des Gesetzes zu Artikel 10 Grunddie Befähigung zum Richteramt hat. gesetz entsprechend. (3) Sind technische Mittel ausschließlich (7) Polizeiliche Befugnisse stehen der Verzum Schutze der bei einem Einsatz in fassungsschutzbehörde nicht zu; sie darf die Wohnungen tätigen Personen vorgesehen, Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um kann die Maßnahme durch den Senator für Maßnahmen ersuchen, zu denen sie selbst Inneres, der im Verhinderungsfall durch den nicht befugt ist. zuständigen Staatssekretär vertreten wird, angeordnet werden. Eine anderweitige Ver(8) Die Verfassungsschutzbehörde ist an wertung der hierbei erlangten Erkenntnisse die allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden zum Zwecke der Gefahrenabwehr ist nur zu(Artikel 20 des Grundgesetzes). lässig, wenn zuvor die Rechtmäßigkeit der Maßnahme richterlich festgestellt worden ist; SS9 bei Gefahr im Verzuge ist die richterliche Einsatz technischer Mittel Entscheidung unverzüglich nachzuholen. zur Überwachung von Wohnungen (4) Zuständig für richterliche Entschei(1) Das in einer Wohnung nicht öffentlich dungen nach den Absätzen 1 und 3 ist das gesprochene Wort darf mit technischen Mitteln Amtsgericht Tiergarten. Für das Verfahren ausschließlich bei der Wahrnehmung der gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Aufgaben auf dem Gebiet der Spionageabwehr Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarund des gewaltbereiten politischen Exkeit entsprechend. tremismus heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werden. Eine solche Maßnahme ist (5) Der Senat unterrichtet die Kommission nur zulässig, wenn sie im Einzelfall zur Abwehr nach SS 2 des Gesetzes zur Ausführung des einer dringenden Gefahr für die öffentliche Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz in der Sicherheit, insbesondere einer gemeinen Fassung vom 25. März 1995 (GVBI. S. 261), Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne das durch Artikel III des Gesetzes vom 30. Personen, unerlässlich ist, ein konkreter VerNovember 2000 (GVBI. S. 495) geändert dacht in Bezug auf eine Gefährdung der worden ist, unverzüglich, möglichst vorab, und vorstehenden Rechtsgüter besteht und der umfassend über den Einsatz technischer Mittel Einsatz anderer Methoden und Mittel zur nach Absatz 1 und, soweit richterlich heimlichen Informationsbeschaffung keine überprüfungsbedürftig, nach Absatz 3. SS 3 des 209 Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu "(1) Für jede automatisierte Datei der Artikel 10 Grundgesetz gilt entsprechend. Verfassungsschutzabteilung sind in einer Da teianordnung im Benehmen mit dem Berline (6) Eine Maßnahme nach den Absätzen 1 Beauftragten für den Datenschutz und für das und 3 ist nach ihrer Beendigung er betroffenen Recht auf Akteneinsicht festzulegen: Person mitzuteilen, sobald eine Gefährdung des Zwecks der Maßnahmen im sinne des 1. Bezeichnung der Datei, Satzes 1 erhobenen Informationen dürfen nur 2. Zweck der Datei, nach Maßgabe des Artikels 1 SS 7 Abs. 3 des 3. Inhalt, Umfang, Voraussetzungen der Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz verwendet Speicherungen, Übermittlung uncj werden." Nutzung (betroffener Personenkreis, Arten der Daten), 8. Es wird folgender SS 9a eingefügt: 4. Eingabeberechtigung, 5. Zugangsberechtigung, "SS9a 6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, Eingriffe, die in ihrer Art und Schwere einer 7. Protokollierung, Beschränkung des Brief-, Postund 8. Datenverarbeitungsgeräte und BetriebsFernmeldegeheimnisses gleichkommen system, 9. Inhalt und Umfang von Textzusätzen, die (1) Ein Eingriff, der in seiner Art und der Erschließung von Akten dienen." Schwere einer Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses gleichkommt und 12. SS 23 Satz 1 erhält folgende Fassung: nicht den Regelungen des SS 9 unterliegt, wozu insbesondere das Abhören und aufzeichnen "Personenbezogene Informationen dürfen an des nicht öffentlich gesprochenen Wortes mit Personen oder Stellen außerhalb des öffentdem verdeckten Einsatz technischer Mittel lichen Bereichs nicht übermittelt werden, es sei gehört, bedarf der Anordnung durch den Sedenn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen nator für Inneres, der im Verhinderungsfall demokratischen Grundordnung, des Bestandes durch den zuständigen Staatssekretär vertreoder der Sicherheit des Bundes oder eines ten wird. Landes erforderlich ist und der Senator für Inneres, der im Verhinderungsfall durch den (2) Die SSSS 2 und 3 des Gesetzes zur zuständigen Staatssekretär vertreten wird, im Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 GrundEinzelfall seine Zustimmung erteilt hat." gesetz gelten entsprechend. 13. SS 26 Satz erhält folgende Fassung: (3) SS 9 Abs. 6 gilt entsprechend." "Die Verfassungsschutzbehörde unterrichtet 9. In SS 10 Abs. 3 werden die Worte "der die Öffentlichkeit mindestens einmal jährlich Leiter des Landesamtes für Verfassungsüber Bestrebungen und Tätigkeiten nach SS 5 schutz" durch die Worte "der Leiter der Abs. 2." Verfassungsschutzabteilung" ersetzt. 14. SS 31 wird wie folgt geändert: 10. SS 11 Abs. 1 wird wie folgt geändert: a) Absatz 2 Satz 4 erhält folgende Fasa) Es wird folgende neue Nummer 4 einsung: gefügt: "Die Entscheidung nah den Sätzen 1 und "4. dies zum Schutz der Dienstkräfte, 2 trifft der Leiter der VerfassungsschutzEinrichtungen, Gegenstände und abteilung oder ein von ihm besonders Quellen der Verfassungsschutzbehörbeauftragter Mitarbeiter." de gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforb) Absatz 4 erhält folgende Fassung: derlich ist oder". "(4) Wird die Auskunftserteilung ganz oder b) Die bisherige Nr. 4 wird Nr. 5. teilweise abgelehnt, ist die betroffene Person darauf hinzuweisen, dass sie sich 11. SS 16 Abs. 1 erhält folgende Fassung: an den Berliner Beauftragten für den Da- 210 tenschutz und für das Recht auf 17. In SS 35 Abs. 4 Satz 1 werden die Worte Akteneinsicht wenden kann. Dem Berliner "Artikel 33 der Verfassung von Berlin" Beauftragten für den Datenschutz und für durch die Worte "Artikel 48 der Verfasdas Recht auf Akteneinsicht ist auf sein sung von Berlin" ersetzt. Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht der Senator für Inneres im Einzelfall 18. Es wird folgender neuer SS 36 eingefügt: feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet wür"SS36 de. Mitteilungen des Berliner Beauftragten Vertrauensperson des Ausschusses für den Datenschutz und für das Recht für Verfassungsschutz auf Akteneinsicht an den Betroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Der Ausschuss für Verfassungsschutz kann Erkenntnisstand der Verfassungsschutzzur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben im behörde zulassen, soweit sie nicht einer Einzelfall nach Anhörung des Senats mit der weitergehenden Auskunft zustimmt. Der Mehrheit seiner Mitglieder eine VertrauensKontrolle durch den Berliner Beauftragten person beauftragen, Untersuchungen durchfür den Datenschutz und für das Recht zuführen und dem Ausschuss über das Ergebauf Akteneinsicht unterliegen nicht pernis in nicht öffentlicher Sitzung zu berichten. sonenbezogene Informationen, die der Die Vertrauensperson soll die Befähigung zum Kontrolle durch die Kommission nach SS 2 Richteramt besitzen und wird für die Dauer der des Gesetzes zur Ausführung des Gejeweils laufenden Wahlperiode vom Ausschuss setzes zu Artikel 10 Grundgesetz unterfür Verfassungsschutz mit der Mehrheit von liegen, es sei denn, die Kommission zwei Dritteln seiner Mitglieder gewählt." ersucht den Berliner Beauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf 19. Die bisherigen SSSS 36 bis 38 werden die Akteneinsicht, die Einhaltung der Vorneuen SSSS 37 bis 39. schriften über den Datenschutz bei bestimmten Vorgängen oder in bestimmten Artikel III Bereichen zu kontrollieren und ausÄnderung des Gesetzes zur Ausführung schließlich ihr darüber zu berichten." des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz 15. In SS 32 wird folgender Absatz 3 angefügt: Das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz in der Fassung vom 25. "(3) Das Berliner Informationsfreiheitsgesetz März 1995 (GVBI. S. 261) wird wir folgt geänvom 15. Oktober 1999 (GVBI. S. 561) findet dert: auf die von der Verfassungsschutzabteilung der Senatsverwaltung für Inneres geführten 1. SS 1 erhält folgende Fassung: Akten keine Anwendung." .SS1 16. SS 33 wird wie folgt geändert: Anordnung von Beschränkungen a) Absatz 2 wird wie folgt geändert: Oberste Landesbehörde im Sinne des Artikels 1 SS 5 Abs. 1 des Gesetzes zu Artikel aa) Satz 2 erhält folgende Fassung: 10 Grundgesetz vom 13. August 1968 (BGBl. I S. 949), das zuletzt durch Artikel 2 des "Das Vorschlagsrecht der Fraktionen für Gesetzes vom 17. Juni 1999 (BGBl. I S. 1334) die Wahl der Mitglieder richtet sich nach geändert worden ist, die Beschränkungen des der Stärke der Fraktionen, wobei jede Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses anFraktion mindestens durch ein Mitglied ordnen kann, ist die Senatsverwaltung für vertreten sein muss." Inneres. Über die Anordnung entscheidet der Senator für Inneres, im Falle seiner Verhinbb) Satz 3 wird gestrichen. derung der zuständige Staatssekretär, auf Antrag des Leiters der Verfassungsschutzabcc) Der bisherige Satz 4 wird der neue teilung der Senatsverwaltung für Inneres oder Satz 3. seines Vertreters." b) In Absatz 3 Satz 2 wird das Wort "benen2. In SS 2 Abs. 1 Satz 1 werden die Worte nen" durch das Wort "wählen" ersetzt. "Die nach SS 1 Abs. 1 zuständige Behörde" je- 211 weils durch die Worte "Die oberste LandesArtikel VI behörde" ersetzt. Änderung des Personalvertretungsgesetzes 3. SS 3 erhält folgende Fassung: Das Personalvertretungsgesetz in der Fassunq vom 14. Juli 1994 (GVBI. S. 337, 1995 S. 24) "SS3 zuletzt geändert durch SS 10 des Gesetzes vorn Unterrichtung des Ausschusses für 20. April 2000 (GVBI. S. 286, 287), wird wie Verfassungsschutz folgt geändert: 1. Die Übersicht wird wie folgt geändert: Die oberste Landesbehörde unterrichtet über die Durchführung des Gesetzes zu Artikel a) Es wird folgende neue Abschnittsan10 Grundgesetz, soweit Beschränkungsmaßgabe VIII eingefügt: nahmen von ihr angeordnet worden sind, auf Anforderung, mindestens aber in Abständen "Abschnitt VIII von sechs Monaten, den Ausschuss für VerBehandlung von Verschlusssachen der fassungsschutz des Abgeordnetenhauses in Verfassungsschutzbehörde ... 92 a". geheimer Sitzung umfassend, soweit nicht die Überprüfung der Beschränkungsmaßnahmen b) Die bisherige Abschnittsangabe VIII in die Zuständigkeit der Kommission nach SS 2 wird die Abschnittsangabe IX. fällt." 2. SS 31 Abs. 2 Satz 4, SS 34 Abs. 1 Satz 3 Artikel IV und SS 46 Abs. 4 werden aufgehoben. Änderung des Landesbeamtengesetzes 3. In SS 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 werden die SS 72 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes in Worte "des Landesamtes für Verfasder Fassung vom 20. Februar 1979 (GVBI. sungsschutz" durch die Worte "der Ver5. 368), das zuletzt durch Artikel I des Gefassungsschutzabteilung" ersetzt. setzes vom 22. Juli 1999 (GVBI. S. 422), geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 4. Es wird folgender neuer Abschnitt VIII eingefügt: 1. Nummer 4 wird gestrichen. "ABSCHNITT VIII 2. Die bisherige Nummer 5 wird die neue Behandlung von Verschlusssachen der Nummer 4. Verfassungsschutzbehörde Artikel V SS92a Änderung des Landesbesoldungsgesetzes Behandlung von Verschlusssachen der Verfassungsschutzbehörde Anlage I des Landesbesoldungsgesetzes in der Fassung vom 9. April 1996 (GVBI. S. 160), (1) Die Beteiligung des Personalrats der das zuletzt durch Artikel IV des Gesetzes vom Senatsverwaltung für Inneres in den Betei6. November 2000 (GVBI. S. 473) geändert ligungsangelegenheiten nach Abschnitt VI, die worden ist, wird wie folgt geändert: ausschließlich Dienstkräfte der Verfassungsschutzabteilung betreffen und die als Ver1. In der Besoldungsgruppe 5 der Lanschlusssache mindestens des Geheimhaldesbesoldungsordnung B wird die Amtstungsgrades "VS-Vertraulich" eingestuft sind, bezeichnung "Direktor des Landesamts setzt voraus, dass die mitwirkenden Persofür Verfassungsschutz" gestrichen. nalratsmitglieder nach den dafür geltenden Bestimmungen ermächtigt sind, Kenntnis von 2. In der Landesbesoldungsordnung B (künfVerschlusssachen des Geheimhaltungsgrades tig wegfallende Ämter) werden die fol"GEHEIM" zu erhalten. genden Worte gestrichen: (2) In den in Absatz 1 genannten Angele"Besoldungsgruppe 4 genheiten sind SS 30 Abs. 3, 4. Alternative Stellvertretender Direktor des Landesamts für (Schwerbehindertenvertretung) und 5. AlternaVerfassungsschutz - als der ständige Vertreter tive (Jugendund Auszubildendenvertretundes Leiters -". gen), SS 31 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2 und 212 3 sowie die SSSS 35 und 36 nicht anzuwenden; in Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft den Fällen des SS 34 Abs. 1 Satz 2 findet eine zu machen. Beteiligung der Gewerkschaften nicht statt. Diese Angelegenheiten werden in der Perso(8) Der Leiter der Dienststelle kann nalversammlung nicht behandelt. Soweit in bestimmen, dass Dienstkräfte, bei denen dies einer Personalversammlung der Senatsverwalwegen ihrer dienstlichen Aufgabe dringend tung für Inneres Angelegenheiten behandelt geboten ist, nicht an Personalversammlungen werden, die den Bereich der Verfassungsteilnehmen. Er kann weiterhin bestimmen, schutzbehörde betreffen, ist SS 46 Abs. 2 und 3 dass Angelegenheiten des VerfassungsSätze 3 und 4 nicht anwendbar. schutzes in Teilversammlungen der betroffe(3) Der Personalrat der Senatsverwaltung für nen Dienstkräfte erörtert werden. Inneres ist in den in Absatz 1 genannten Angelegenheiten insgesamt zu beteiligen, (9) Bei der Beteiligung des Hauptpersonalsoweit dessen Mitglieder sämtlich im Sinne des rats und der Einigungsstelle sind AngeleAbsatzes 1 ermächtigt sind. Er kann für die genheiten, die lediglich Dienstkräfte der VerBeteiligung aus seiner Mitte einen Ausschuss fassungsschutzabteilung betreffen, wie Verbilden, der aus je einem Mitglied der im schlusssachen des Geheimhaltungsgrades Personalrat vertretenen Gruppen besteht. Er "VS-Vertraulich" zu behandeln, soweit nicht die hat diesen Ausschuss zu bilden, wenn die zuständige Stelle etwas anderes bestimmt." Ermächtigung aller Mitglieder nicht zustande kommt. Die Mitglieder des Ausschusses nach 5. Der bisherige Abschnitt VIII wird Abschnitt Satz 3 müssen nach den dafür geltenden IX. Bestimmungen ermächtigt sein, Kenntnis von Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades Artikel VII "GEHEIM" zu erhalten; SS 29 Abs. 1 Satz 2 gilt Änderung des entsprechend; SS 11 Satz 2 findet für die MitLandesgleichstellungsgesetzes glieder des Ausschusses keine Anwendung. In SS 17 des Landesgleichstellungsgesetzes (4) Für das Verfahren vor der Einivom 31. Dezember 1990 (GVBI. 1991 S. 8), gungsstelle und die Beteiligten nach den SSSS 81 das zuletzt durch Gesetz vom 16. Juni 1999 bis 83 gilt Absatz 1 entsprechend. SS 83 Abs. 1 (GVBI. S. 341) geändert worden ist, wird Satz 3 ist nicht anzuwenden. folgender Absatz 7 angefügt: (5) Kommt die Ermächtigung aller Mitglieder "(7) Die Vorschriften des SS 92a Abs. 1 des der Einigungsstelle nicht zustande, tritt an ihre Personalvertretungsgesetzes in der Fassung Stelle ein Gremium, das aus dem unparteivom 14. Juli 1994 (GVBI. S. 337, 1995 S. 24), ischen Vorsitzenden der Einigungsstelle und das zuletzt durch Artikel VI des Gesetzes vom zwei Beisitzern besteht. Ein Beisitzer wird von 30. November 2000 (GVBI. S. 495) geändert der Senatsverwaltung für Inneres auf Vorworden ist, über die Behandlung der Verschlag des Hauptpersonalrats bestellt. Der schlusssachen der Verfassungsschutzbehörde weitere Beisitzer wird ebenfalls von der Segelten für die Frauenvertreterin der Senatsvernatsverwaltung für Inneres bestellt; er soll waltung für Inneres entsprechend." Dienstkraft dieser Verwaltung sein. Absatz 3 Satz 4 gilt entsprechend. Artikel VIII Änderung des Allgemeinen Sicherheits(6) Im Verfahren nach SS 80 gelten für den und Ordnungsgesetzes Hauptpersonalrat die Absätze 1 und 3 entsprechend. SS 25 Abs. 10 Satz 3 des Allgemeinen Sicherheitsund Ordnungsgesetzes vom 14. (7) Der Leiter der Dienststelle kann anApril 1992 (GVBI. S. 119), das zuletzt durch ordnen, dass in den Fällen des Absatzes 1 Gesetz vom 11. Mai 1999 (GVBI. S. 164) dem Personalrat, dem Hauptpersonalrat und geändert worden ist, erhält folgende Fassung: der Einigungsstelle Unterlagen nicht vorgelegt und Auskünfte nicht erteilt werden dürfen, "Die Vorschriften des fünften Abschnitts des soweit dies zur Vermeidung von Nachteilen für Verfassungsschutzgesetzes Berlin gelten entdas Wohl der Bundesrepublik Deutschland sprechend." oder eines ihrer Länder oder auf Grund internationaler Verpflichtungen geboten ist. Im Verfahren nach SS 91 sind die gesetzlichen 213 Artikel IX vom 25. März 1995 (GVBI. S. 254, 762), das Änderung des Berliner zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom Datenschutzgesetzes 30. November 2000 (GVBI. S. 495) geändert worden ist, die Verfassungsschutzbehörde. In SS 25 Abs. 1 Satz 5 des Berliner Datenschutzgesetzes in der Fassung vom 17. De(4) Die sicherheitsempfindlichen Stellen von zember 1990 (GVBI. 1991 S. 16, 54), das lebensoder verteidigungswichtigen öffentzuletzt durch Gesetz vom 3. Juli 1995 (GVBI. lichen Einrichtungen nach SS 2 Satz 1 Nr. 4 S. 404) geändert worden ist, werden die Worte werden auf deren Antrag von der Verfas"des Landesamtes für Verfassungsschutz" sungsschutzbehörde im Einvernehmen mit der durch die Worte "der Verfassungsschutzabzuständigen obersten Landesbehörde beteilung" ersetzt. stimmt. Artikel X (5) Die Aufgaben der zuständigen Stelle bei Änderung des Berliner der Überprüfung gemäß SS 3 Abs. 4 Satz 2 Sicherheitsüberprüfungsgesetzes werden für vom Abgeordnetenhaus Gewählte vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses Das Berliner Sicherheitsüberprüfungsgeund für von einer Bezirksverordnetenversetz vom 2. März 1998 (GVBI. S. 26) wird wie sammlung Gewählte von dem für die Verfolgt geändert: fassungsschutzbehörde zuständigen Geheimschutzbeauftragten wahrgenommen. 1. In SS 2 Satz 1 Nr. 3, SS 5 Abs. 2, SS14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 18, SS 24 Abs. 6 Satz 1, SS 25 (6) Die Verwaltung des AbgeordnetenAbs. 1 Satz 2, SS 27 Abs. 1 und SS 33 Abs. hauses ist zuständig für die Sicherheits- 1 und 2 werden die Worte "die für die Aufüberprüfung der Mitarbeiter der Abgeordneten sicht über den Verfassungsschutz zuund der Fraktionen, die Zugang zu Verständige Behörde" bzw. "der für die Aufschlusssachen gemäß SS 6 erhalten sollen." sicht über den Verfassungsschutz zuständigen Behörde" jeweils durch die Worte 3. In SS 24 Abs. 4 Satz 3, 5 und 6 und Abs. 6 "die Verfassungsschutzbehörde" bzw. "der Satz 1 werden die Worte "Berliner DaVerfassungsschutzbehörde" ersetzt. tenschutzbeauftragten" jeweils durch die Worte "Berliner Beauftragten für den 2. SS 4 erhält folgende Fassung: Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht" ersetzt. .,SS4 Zuständigkeit 4. SS 27 Abs. 2 erhält folgende Fassung: (1) Die Aufgaben dieses Gesetzes werden "(2) Die Entscheidung nach SS 26 Abs. 2 trifft von der Behörde oder sonstigen öffentlichen die Verfassungsschutzbehörde." Stelle wahrgenommen, die einer Person eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit übertragen 5. SS 28 Abs. 4 erhält folgende Fassung: will (zuständige Stelle). Für die Geheimschutzbeauftragten und ihre Vertreter werden die "(4) Der Sicherheitsbevollmächtigte wird für Aufgaben der zuständigen Stelle von dem für den personellen Geheimschutz und für den die Verfassungsschutzbehörde zuständigen personellen Sabotageschutz von der VerfasGeheimschutzbeauftragten wahrgenommen. sungsschutzbehörde in seine Aufgaben eingeZuständige Stelle für Behördenleiter ist die führt. Die Verfassungsschutzbehörde berät und oberste Landesbehörde. informiert in Fragen des personellen Geheimund des personellen Sabotageschutzes." (2) Die Aufgaben der zuständigen Stelle nach diesem Gesetz sind von einer von der Artikel XI Personalverwaltung getrennten OrganisationsFunktionsbezeichnungen einheit wahrzunehmen. Die zuständige Stelle sollte bei der Ausübung dieser Tätigkeit dem Alle Funktionsbezeichnungen, die in diesem Behördenleiter unmittelbar unterstellt sein. Gesetz in der männlichen Sprachform gebraucht werden, gelten auch in der ent(3) Mitwirkende Behörde bei der Sichersprechenden weiblichen Sprachform. heitsüberprüfung ist nach SS 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Verfassungsschutzgesetzes Berlin 214 Artikel XII SS2 Übergangsund Schlussvorschriften Ermächtigung zur Neubekanntmachung SS1 Die Senatsverwaltung für Inneres wird Übergangsvorschriften ermächtigt, das Verfassungsschutzgesetz Berlin, das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes (1) Die Amtszeit des bei den regelmäßigen zu Artikel 10 Grundgesetz und das Berliner Personalratswahlen im Jahr 2000 gewählten Sicherheitsüberprüfungsgesetz in der neuen Personalrats des ehemaligen Landesamtes für Fassung, in neuer Rechtschreibung, mit Verfassungsschutz wird längstens bis zur neuem Datum und in fortlaufender Parakonstituierenden Sitzung des bei den regraphenfolge bekannt zu machen und dabei gelmäßigen Personalratswahlen im Jahr 2004 Unstimmigkeiten des Wortlauts zu beseitigen. zu wählenden Personalrats der Senatsverwaltung für Inneres verlängert. Der PerSS3 sonalrat nimmt die Aufgaben des Personalrats Inkrafttreten der Dienstkräfte des ehemaligen Landesamtes für Verfassungsschutz und der neu gebildeten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der VerVerfassungsschutzabteilung in der Senatsverkündung im Gesetzund Verordnungsblatt für waltung für Inneres wahr. Berlin in Kraft. (2) Bis zum Ablauf der Amtszeit des Das vorstehende Gesetz wird hiermit verPersonalrats nach Absatz 1 ist Artikel VI dieses kündet. Gesetzes nicht anzuwenden. Bis dahin gelten SS 31 Abs. 2 Satz 4, SS 34 Abs. 1 Satz 3, SS 46 Abs. Der Regierende Bürgermeister 4 und SS 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Personalvertretungsgesetzes in der Fassung vom Eberhard D i e p g e n 14. Juli 1994 (GVBI. S. 337, 1995 S. 24), das zuletzt durch SS 10 des Gesetzes vom 20. April 2000 (GVBI. S. 286, 287) geändert worden ist, entsprechend. (3) Absatz 1 gilt entsprechend für die Wahl der Frauenvertreterin. Artikel VII dieses Gesetzes ist bis zum Ablauf der Amtszeit der Frauenvertreterin nicht anzuwenden. 215 1 A A.U.T.O.N.O.M.E. G.R.U.P.P.E.N. 84 3 BARGHOUTI 138 AA/BO Siehe Antifaschistische Befreite 186 Aktion/Bundesweite Organisation Bewegung des islamischen WiderAAB Siehe Antifaschistische Aktion standes 122, 132,133,134 Berlin BfV Siehe Bundesamt für VerfasABL.E Siehe Association for Better sungsschutz Living and Education Blood & Honour 32, 33, 35, 36, 37, ADHK Siehe Konföderation für 38, 40, 50, 57, 69 demokratische Rechte in Europa Brandanschläge 83, 85, 90, 95, 101 AMGT Siehe Vereinigung der Neuen Brandstiftungen 75,84,100 Weltsicht in Europa e. V. Braune Armee Fraktion 30 Anti-Antifa 51, 52, 69 Bundesamt für Verfassungsschutz 2, Anti-Antifa-Kampagne 51 170, 175 Antifa 51, 52, 74, 78, 87, 88, 89, 90 Bundesverfassungsgericht 11, 42, 63 Antifa Infoblatt 78 Bündnis '90/Die Grünen 53 Antifaschismus 78, 86, 87, 113 BURMEISTER, Lars 43, 44 Antifaschistische Aktion Berlin 77, 80,93 C = * = * ! Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation 80, 87 Chapter 37, 38 Antifaschistischer Kampf 81, 86, 87 Church of Scientology International Antifa-Szene 89, 87 190 Antimilitarismus 78, 86 Clears 186 Antirassismus 78, 95, 109 Antisemitismus 11, 54, 63 AntiStaatlichkeit 79 Araber 117, 118, 132, 168 Araber/Palästinenser 117 DA Siehe Deutsche Alternative Arabische Islamisten 116, 129 DABK Siehe Ostanatolisches GeARAFAT 138 bietskomitee Arbeiterpartei Kurdistans 119, 122, DAHLAN 138 141 Demokratische Partei Kurdistans/Irak ARGK Siehe Volksbefreiungsarmee 145 Kurdistans Demokratische Volkseinheiten 143 Association for Better Living and Denkzettel - Die Seite der Jungen Education 187 Nationaldemokraten 64 ATATÜRK, Kemal 127 Department of Special Affairs 188, Aufgaben und Befugnisse 3, 4 191 Autonome 72, 73, 78, 79, 80, 81, 82, Der Aktivist 64 83, 84, 86, 89, 90, 91, 92, 94, 98, Der Frontkämpfer 52, 53 108, 111, 113, 114 Der kleine Sprengmeister 31 Autonome Antifa (M) 87 Deutsche Alternative 13, 40 Autonome Gruppe Miroslava KolodDeutsche Kommunistische Partei zieska 97 109, 139 autonome miliz 84, 85, 101 Deutsche National-Zeitung/Deutsche Wochen-Zeitung 25 Deutsche Stimme 56, 60 216 Deutsche Volksunion 13, 15, 25, 26, Föderation der patriotischen Arbeiter55, 65, 66 und Kulturvereinigungen aus Deutscher Kameradschaftsbund WilKurdistan in der Bundesrepublik helmshaven 40 Deutschland e.V. 119 Deutsches Büro für Menschenrechte Föderation kurdischer Vereine in 189 Deutschland e. V. 148, 151 Devrimci Demokrasi 156 FP Siehe Fazilet Partisi - Partei der DevrimciSol 119, 153 Tugend DHKP-C Siehe Revolutionäre VolksFREI 184 befreiungspartei-Front Freie Frauenpartei 143,148 Die Gemeinde Mohammeds Siehe FREIHEIT 184, 190 ÜMMET-I MUHAMMED Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei Die Nationalen e. V. 13 40,41,57 Die Republikaner 13, 14, 15, 25, 26, Freundeskreis Freiheit für Deutsch55, 67, 68 land 40 DIESNER, Kay 45 FREY, Dr. Gerhard 55, 65 Direkte Aktion/Mitteldeutschland 40 Frontstadt 34 Division Deutschland 38 Führerkult 39 DKB Siehe Deutscher KameradFührerprinzip 10, 12 schaftsbund Wilhelmshaven DKP Siehe Deutsche Kommunistische Partei Doktor Sommer Team 34 Geheimschutz 180 DONALDSON, lan Stuart 35 Gesellschaft für bedrohte Völker 125 DPK/Irak Siehe Demokratische ParGesetz über das Landesamt für tei Kurdistans/Irak Verfassungsschutz 2,4, 194 DSA Siehe Department of Special Gesetz über den Verfassungsschutz Affairs in Berlin 2, 3, 4, 5 DST Siehe Doktor Sommer Team Gesetz zur Reform des VerfasDurchblicke 6 sungsschutzes im Land Berlin 2, DVU Siehe Deutsche Volksunion 205 Gewalttaten 16,18,19,23,75,83 GG Siehe Grundgesetz GHODS 160 Ehrliche 186 Grundgesetz 3, 4, 5 ERBAKAN, Necmettin 123, 124 GÖKBULUT, Hasan Basri 128 ERNK Siehe Nationale Befreiungsfront Kurdistans Erreichbarkeit des Berliner Verfas- I H -- | sungsschutzes 7 HAKK-TV 126 EXPO 85, 100, 101, 102 HALK DER Siehe Volksvereine HAMAS Siehe Bewegung des islamischen Widerstandes "1 Hammerskins 32, 35, 37, 39, 57 Fanzines 35, 36, 38 Hass-Seiten 31 FAP Siehe Freiheitliche Deutsche Heideheim e. V 40 Arbeiterpartei Heimattreue Vereinigung DeutschFATAH 138 lands 40 Fazilet Partisi - Partei der Tugend HESS, Rudolf 65 124 HEYDRICH, Reinhard 48 Feierabendterrorismus 82, 107, 108 Hilfsorganisation für nationale politiFEYKA-Kurdistan Siehe Föderation sche Gefangene und deren Angeder patriotischen Arbeiterund hörige e. V. 13,44,45,46 Kulturvereinigungen aus Kurdistan HITLER, Adolf 48 in der Bundesrepublik DeutschHizb Allah 122, 135, 136, 137, 159 land e.V. HNG Siehe Hilfsorganisation für FFD Siehe Freundeskreis Freiheit nationale politische Gefangene für Deutschland und deren Angehörige e.V. 217 HOMANN, Eite 47, 51 Homepage 23, 24, 25, 26, 27, 29, 35, 42, 43, 46, 47, 48, 65 Kalifatsstaat 126, 127 HUBBARD, Lafayette Ronald 184, Kameradschaft Adlershof 43 185, 187, 190 Kameradschaft Germania 24, 25, HUPKA, Steffen 59 42,43 HVD Siehe Heimattreue Vereinigung Kameradschaft Oberhavel 40 Deutschlands Kameradschaft Tor Berlin 43 Kameradschaften 13,41,42,43,44, l * "~l 51 Kameradschaftsbewegung 41 IBP Siehe Islamischer Bund PaKameradschaftsspektrum 42 lästina KAPLAN, Metin 126, 127, 128, 166 ICCB Siehe Verband der islakein mensch ist illegal 96, 109 mischen Vereine und Gemeinden KHOMEINI, Ayatollah 134, 159, 160 e.V. Köln KIZ Siehe Kurdistan informationsIDEEZ 34 Zentrum IGMG Siehe Islamische GemeinKNK Siehe Kurdischer Nationalschaft-Milli Görüs e.V. kongress Imame 129, 161 Kommunikationswege 23 IMPACT 184 Kommunistische Partei - AufbauorINFOPOOL 77 ganisation 141 INTERIM 78, 84, 85, 86, 88, 91, 94, Kommunistische Plattform der PDS 96, 100, 102, 104 110, 111 Internationaler Währungsfonds 86, Konföderation für demokratische 103, 104, 105 Rechte in Europa 157 Internet 23, 24, 25, 29, 31, 40, 42, Kontrolle 3, 5 43, 46, 47, 48, 65, 68, 70, 77, 121, KPF Siehe Kommunistische Platt122, 126, 128, 130, 144, 145, 146 form der PDS Intifada 130, 131, 132, 136, 168 KP-IÖ Siehe Kommunistische Irak 162 Partei-Autbauorganisation Iran 116, 117, 135, 137, 159, 160, KS Germania 44 162,163 KS Hellersdorf 44 Islamische Föderation in Berlin e.V. KS Mahlsdorf 44 125 KS Prenzlauer Berg 44 Islamische Gemeinschaft - Milli KS Reinickendorf 44 Görüs e.V. 122, 123 KS Treptow 44 Islamische Zentren 122 KS um Lars BURMEISTER 44 Islamischer Bund Palästina 134 Kurdische Demokratische Volksunion islamistisch 116, 117, 118, 122, 123, 143 129, 131, 132, 133, 159, 168 Kurdischer Nationalkongress 144 IWF Siehe Internationale WähKurdistan Informations-Zentrum 145 rungsfonds KUTAN, Recai 124 Hl Jerusalem-Demonstration 134, 137 laizistisch 131, 132, 138, 168 Jerusalem-Tag 161 Landesamtes für Verfassungsschutz JF Siehe Direkte Aktion/Mittel- 2 deutschland Landser 34, 50 JN Siehe Junge Nationaldemokraten LAUCK, Gary Rex 47, 48 Jugend wacht - Die Zeitschrift für die Legalresidenturen 170, 172 nationalistische Jugendbewegung Legion of Thor 34 64 Legitime Volksverteidigungskräfte Junge Nationaldemokraten 13,63, 142 64 LfV Siehe Landesamt für Verfassungsschutz 218 LfVG Siehe Gesetz über das 58, 59, 60, 61, 62, 63, 64, 68, 69, Landesamt für Verfassungsschutz 76,81,85,88,90,92,94 LIEBKNECHT, Karl 74, 111 Nationale Befreiungsarmee 162 Linksextremismus 72, 73, 74, 78, 87, Nationale Befreiungsfront Kurdistans 105, 113 119,141,142 Linksextremisten 72, 73, 74, 77, 78, Nationale Info-Telefone 27, 40 79, 86, 87, 91, 95, 99, 103, 108, Nationale Liste 40 109, 111, 113, 114 Nationale Offensive 40 linksextremistisch 72, 75, 80, 81, 87, Nationaler Block 40 99, 108, 109, 113 Nationaler Medienverband 27 LUXEMBURG, Rosa 74, 111 Nationaler Widerstandsrat Iran 162 Nationalismus 10, 11, 12, 39, 58 Nationalistische Front 40 ' " ""* Nationalsozialismus 12, 39, 63 Nationalsozialistische Deutsche ArMABB Siehe Medienanstalt Berlinbeiterpartei 12, 13, 39, 47, 48, 63 Brandenburg Nationalsozialistische Deutsche ArMAGNUS, Georg 57 beiterpartei - Auslandsund AufMAHLER, Horst 62 bauorganisation 13,47,48 Mailboxen 27, 40 NB Siehe Nationaler Block Marxisten-Leninisten 73 Neonationalsozialistische Marxistisches Forum 112 Organisationen und EinzelaktiMarxistisch-Leninistische visten 39 Kommunistische Partei 138, 139, Neonazis 12, 13, 15, 28, 37, 39, 40, 157,158 41,42,44,45,50,51, 57,63 Marxistisch-Leninistische Partei Neonazi-Szene 14, 40, 41, 45, 64, Deutschlands 109 69 Medienanstalt Berlin-Brandenburg Newroz 150, 151 28 NF Siehe Nationalistische Front Medienstaatsvertrag 28 NITNachrichten, Informationen, MEDYA-TV 147 Theorie 27 Milli Görüs & Perspektive 123 NIT Preußen - Stimme des natioMISCAVIGE, David 187 nalen Widerstandes für Berlin und Mitteilungen der Kommunistischen Brandenburg 28 Plattform der PDS 111 NL Siehe Nationale Liste MLKP Siehe Marxistisch-LeniNLA Siehe Nationale Befreinistische Kommunistische Partei ungsarmee MLPD Siehe Marxistisch-Leni- N MV-Netz 27 nistische Partei Deutschlands NO Siehe Nationale Offensive MOJAHED Glaubenskämpfer 162, Nordland-Netz 27 165 NPD Siehe Nationaldemokratische MP3-Tondateien 24 Partei Deutschlands MStV Siehe Medienstaatsvertrag NS-Bewegung Rheinland-Pfalz 52 Muhacirin-Moschee 128 NSDAP Siehe Nationalsozialistische MÜLLER, Ursula 45 Deutsche Arbeiterpartei NSDAP-AO Siehe Nationalsoziali- N II stische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation Nachrichten der HNG 44, 45, 46 NS-Kampfruf 47, 48, 49 Nachrichtendienstliche Mittel 4 NWRI Siehe Nationaler WiderNACHTIGALL, Karola 56 standsrat Iran Nadir 77 NZ Siehe National-Zeitung/Deutsche Nahkampf 53, 54 Wochenzeitung Nahost-Konflikt 130, 168 NASRALLAH, Scheich Hassan 136 Nationaldemokratische Partei Deutschlands 13, 15, 21, 25, 26, 32, 42, 43, 45, 49, 50, 55, 56, 57, 219 R I 1 1 i 3 Objektagenten 173 Radio Germania 28, 29 ÖCALAN, Abdullah 141, 142, 144, RADJAVI, Masoud und Marjam 162 145, 147, 148, 149, 150, 167 Rassismus 11, 39,54, 63 Offener Kanal Berlin 28 REBELL 109 Öffentlichkeitsarbeit, Rechtsterrorismus 31 Verfassungsschutz durch Aufklärung Reclaim the Streets 98 6 Religious Technology Center 187 Office of Special Affairs 188, 191 REP Siehe Die Republikaner OKB Siehe Offener Kanal Berlin Revision 5 Operierender Thetan 186 Revisionismus 11 Org 188, 189 Revolutionäre 1. Mai-Demonstration Organisation der Volksmodjahedin 81,91,92,94 Iran 160, 162, 166 Revolutionäre Linke Siehe Devrimci OSA Siehe Office of Special Affairs Sol Ostanatolisches Gebietskomitee 156 Revolutionäre PlattÖzgür Politika 140,145,147,152 form-Aufbruch 2000 58, 59, 60, 69 Revolutionäre Volksbefreiungspartei- p Front 119, 122, 138, 139, 153, i 3 157 Revolutionäre Zellen 82,106 Palästinenser 118, 130, 131, 133, 136, 168 RÖHM, Ernst 39 Rote Armee Fraktion 108 Parlamentarische Kontrolle 5 RP Siehe Wohlfahrtspartei Partei des Demokratischen SozialisRPF Siehe Revolutionäre Plattformmus 110, 111 Aufbruch 2000 Partei Gottes Siehe Hizb Allah RStV Siehe Rundfunkstaatsvertrag Partei Kurdischer Arbeiterfrauen 143 RTC Siehe Religious Technology Parteiverbot 42, 56, 59 Center Parteiversammlung 142 Partinin Sesi 158 RTS Siehe Reclaim the Streets Partizan 141, 156 Rundfunkstaatsvertrag 28 Partizan-Flügel 141, 156 RZ Siehe Revolutionäre Zellen Patriotische Union Kurdistans 77, 145, 158 PDS Siehe Partei des Demokratischen Sozialismus SAV Siehe Sozialistische Alternative PENKERT, Mike 28 Voran Personenpotenziale 13, 73, 117 Schiiten 129, 134, 135, 161 PJA Siehe Freie Frauenpartei schiitisch 129, 134, 135,159, 160 PJKK Siehe Partei Kurdischer Arschiitisch-islamistisch 135 beiterfrauen SCHLIERER, Dr. Rolf 67 PKK Siehe Arbeiterpartei Kurdistans Schwarze Listen 24, 31, 52, 54, 69 PLO 131, 132 SCHWERDT, Frank 42, 43, 45 PMOI Siehe Organisation der Scientology Kirche International 189 Volksmojahedin Iran Scientology-Kirche Berlin e.V. 184 Politische Spionage 173 Scientology-Organisation 184, 185 Produktive 186 Serxwebun (Unabhängigkeit) 141 Proliferation 178, 179 SHUDODA Siehe shut down deProvider 24, 70 portation airport PUK Siehe Patriotische Union Kurshut down deportation airport 96 distans Sicherheitspartnerschaft 181 220 Skinhead-Bands 32, 34 Skinhead-Konzerte 33, 34, 37, 38, 69 Skinhead-Musik 24, 32, 38, 69 ÜMMET-I MUHAMMED 126, 127 Skinheads 12, 13, 31, 32, 34, 35, 37, Umstrukturierung 78, 86, 98, 100, 38, 40, 57, 63 113 Skinheads Allgäu 40 Unabhängige Kameradschaften 13, Skinheads Sächsische Schweiz 31 15,41 Skinhead-Szene 14, 30, 31, 32, 33, 35, 38, 69 SLA Siehe Südlibanesische Armee SO Siehe Scientology-Organisation I v "~l SOFU, Dr. Halil Ibrahim 127, 128 Vandalen - Ariogermanische KampfSOURCE 184 gemeinschaft 13, 49 Sozialistische Alternative Voran 109 VATAN 153 Sozialistische Reichspartei 11 Verband der islamischen Vereine Spreegeschwader 34 und Gemeinden e.V. Köln 126 SRP Siehe Sozialistische ReichsVerein Iranischer Demokratischer partei Akademiker e. V. 164 SSS Siehe Skinheads Sächsische Vereinigung der Neuen Weltsicht in Schweiz Europa e.V. 123 Staatsterrorismus 116 Verschlusssachen 181 STORR, Andreas 58 Vertrauliche Verbindungen 172,173, Straftaten 16, 18,75 174 STRASSER, Gregor und Otto 39 Vertrauliches Telefon 182 Streßfaktor 78 VIDA Siehe Verein Iranischer Südlibanesische Armee 135 Demokratischer Akademiker e.V. Sunniten 129 VOIGT, Udo 60, 62 sunnitisch 129, 132, 134 Völkischer Kollektivismus 12,63 Suppressive 185 Volksbefreiungsarmee Kurdistans 142 Volksgemeinschaft 10, 12 Volksvereine 119 Volksverteidigungsarmee 142, 146, TALABANI, Jamal 149 152 Terrorismus 105 VSG Bin Siehe Gesetz über den terroristisch 132, 162 Verfassungsschutz Thetan 186 THIERSE, Wolfgang 53 Thing-Netz 27 W i| THKP/-C - Devrimci Sol Siehe Türkische Volksbefreiungspartei/-Front Waffenund Sprengstofffunde 30 - Revolutionäre Linke Wehrsportgruppen 30 Thule 27 Wehrt euch! 39 TKP/ML Siehe Türkische KommuWENDT, Hans-Christian 45 nistische Partei/Marxisten-LeniniWESSEL, Horst 54 sten White Youth 35, 36 Trotzkisten 73, 109 Wiking Jugend e.V. 40 Türkische Islamisten 116,123 Wirtschaftsspionage 174, 177, 178, Türkische Kommunistische Par179 tei/Marxisten-Leninisten 138, 139, WISE Siehe World Institute of 156 Scientology Enterprises Türkische Volksbefreiungspartei/Wohlfahrtspartei 123, 124 Front - Revolutionäre Linke 153 WORCH, Christian 51,57 World Institute of Scientology Enterprises 187 WULFF, Thomas 59 221 Z II v I ~~l YDK Siehe Kurdische DemokraZEDONG, Mao 109 tische Volksunion Zentralkomitee 142, 143 YEK-KOM Siehe Föderation kurdiZentralrat der Juden 28 scher Vereine in Deutschland e.V. ZK Siehe Zentralkomitee YELKUVAN, llhan 154 ZÜNDSTOFF - Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg 56, 64