Bayerisches Staatsministerium des Innern Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern, Odeonsplatz 3, 80539 München RB Nr. 0 3 / 9 6 / 0 4 Druck: Color-Offset GmbH, Geretsrieder Straße 10, 81379 München Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier Vorwort Seit dem Bestehen der Bundesrepublik Deutschland bedrohen Extremisten unterschiedlichster Art mit wechselnder Intensität Freiheit, Demokratie und Innere Sicherheit. Die Sicherheitsbehörden müssen sich laufend an die Veränderung der Sicherheitslage anpassen. Dies gilt auch und gerade für den Verfassungsschutz. Der hier vorgelegte Verfassungsschutzbericht für 1995 ist der 20. Jahresbericht Bayerns. Ein Vergleich mit den 19 Vorgängerberichten zeigt, daß das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz den jeweiligen Herausforderungen durch die aktuelle Sicherheitslage voll entspricht. Standen in den früheren Berichten die Aktivitäten linksextremistischer Terroristen im Zentrum, waren es in den letzten Jahren insbesondere die Gewalttaten von Rechtsextremisten. Inzwischen hat sich die Tendenz zur Ausübung politisch motivierter Gewalt abermals verlagert. Während die Gewalttaten im Rechtsund im Linksextremismus rückläufig sind, ist die Zahl der Gewalttaten durch extremistische Ausländer im Steigen begriffen. Verantwortlich hierfür ist in erster Linie die linksterroristische Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Interessant ist ein Vergleich der Verfassungsschutzberichte der Jahre 1976 und 1995 auch in einer anderen Hinsicht: Seinerzeit lag die Bedrohung der freiheitlichen Demokratie im orthodoxen Kommunismus, propagiert und repräsentiert durch die DKP, ihre Nebenorganisationen und die von ihr beeinflußten Organisationen. Die Vereinigung Deutschlands führte zur absoluten Bedeutungslosigkeit der DKP, und eine kurze Zeit schien es so, als hätten nun alle Menschen in Deutschland begriffen, daß der Kommunismus nicht zur Lösung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme taugt. Deswegen ist es sowohl überraschend als auch erschütternd, wenn wir nun wieder feststellen müssen, daß der orthodoxe Kommunismus, jetzt in Form der PDS, trotz 40 Jahren wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Unterdrückung von 16 Millionen Deutschen wieder hoffähig zu werden scheint. Ein Schwerpunkt in diesem Bericht ist deshalb die Darstellung der extremistischen Ziele der PDS. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat auch im vergangenen Jahr durch seine Aufklärungstätigkeit dazu beigetragen, unsere Demokratie zu sichern. Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamts für Verfassungsschutz für ihre engagierte Arbeit. München, im März 1996 lic\V^l iW Dr. Günther Beckstein Hermann Regensburger Staatsminister Staatssekretär 4 Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutz in Bayern Einführung 9 1. Gesetzliche Grundlagen 10 2. Aufgaben des Verfassungsschutzes 10 3. Informationsbeschaffung 11 4. Kontrolle 12 5. Verfassungsschutz durch Aufklärung 13 I.Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines 15 1.1 Merkmale des Rechtsextremismus 15 1.2 Entwicklung : 16 2. Die Republikaner (REP) 19 2.1 Ideologisch-politischer Standort 19 2.2 Organisation 22 2.3 Verwaltungsgerichtsverfahren 23 2.4 Aktivitäten und interne Machtkämpfe 24 3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 27 3.1 Ideologisch-politischer Standort 27 3.2 Organisation 29 3.3 Aktivitäten 30 3.4 Interne Auseinandersetzungen 32 3.5 Junge Nationaldemokraten (JN) 33 4. Deutsche Volksunion (DVU) 34 4.1 Ideologisch-politischer Standort 34 4.2 Organisation 37 4.3 Bündnispolitik 38 4.4 Teilnahme an Wahlen 39 4.5 Sonstige Aktivitäten 39 5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 40 5.1 Ideologisch-politischer Standort 40 5.2 Organisation 41 5.3 Bündnisbemühungen 41 6. Neonazismus 42 6.1 Allgemeines 42 6.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 44 6.3 Deutsche Nationalisten (DN) 45 Inhaltsverzeichnis 5 6.4 Neonazistisches Potential bei Skinheads 45 6.5 Rechtsextremistisch motivierte Straftaten 48 6.6 Strafverfahren 49 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 50 7.1 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) 50 7.2 Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V 51 8. Revisionismus-Kampagne : 51 8.1 Ziele und Methoden 51 8.2 Entwicklung 52 8.3 Träger der Revisionismus-Kampagne 53 9. Organisationsunabhängige Publizistik 55 9.1 Druckschriften-und Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) 55 9.2 Nation Europa Verlag GmbH 56 10. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus 57 10.1 NSDAP-Auslands-und Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 57 10.2 Verlag Samisdat Publishers Ltd 58 11. Nutzung der Informationstechnik durch Rechtsextremisten 59 11.1 Mailboxen 60 11.2 Nationale Info-Telefone 61 11.3 Mobilfunk-Anlagen 62 12. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 63 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 65 1.1 Merkmale des Linksextremismus 65 1.2 Entwicklung in Bayern 66 2. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 68 2.1 Überblick 68 2.2 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 68 2.2.1 Ideologische Ausrichtung 68 2.2.2 Organisation 76 2.2.2.1 Bundesweite Gliederung 76 2.2.2.2 Landesverband Bayern 77 2.2.3 Plattformen und Arbeitsgemeinschaften 80 2.2.3.1 Kommunistische Plattform (KPF) 80 6 Inhaltsverzeichnis 2.2.3.2 Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der PDS 82 2.2.3.3 Marxistisches Forum 85 2.2.3.4 Libertäres Forum bei der PDS 86 2.2.4 Teilnahme an Wahlen 87 2.2.5 Zusammenarbeit mit inund ausländischen Linksextremisten 88 2.2.5.1 Kommunistischer Internationalismus 88 2.2.5.2 Inländische Zusammenarbeit 90 2.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 91 2.3.1 Ideologisch-politischer Standort 91 2.3.2 Organisation 94 2.3.3 Teilnahme an Wahlen 94 2.4 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ... 95 2.5 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 96 3. Autonome 97 3.1 Überblick 97 3.2 Ideologische Ausrichtung 98 3.3 Aktionsthemen 99 3.4 Autonome Strukturen 100 3.5 Autonome Publikationen 101 3.6 Aktivitäten autonomer Gruppen in Bayern 103 3.7 Entwicklungstendenzen 107 4. Bündnisse gegen Rassismus 108 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 109 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines 112 2. Kurdische Gruppen 115 2.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 115 2.2 KOMKAR-Verband der Vereine aus Kurdistan e.V 123 3. Türkische Gruppen 124 . 3.1 Linksextremisten 124 3.1.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 124 Inhaltsverzeichnis 7 3.1.2 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 125 3.2 Extreme Nationalisten 126 3.3 Islamische Extremisten 127 3.3.1 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (ICCB) 127 3.3.2 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) 127 4. Iranische Gruppen 128 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 131 4. Abschnitt Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Entwicklung im Bundesgebiet 135 1.1 Rechtsextremistische Gewalt 135 1.2 Linksextremistische Gewalt 139 1.3 Gewalttaten ausländischer Extremisten 140 2. Politisch motivierte Gewalt in Bayern 143 2.1 Rechtsextremistische Gewalt 143 2.1.1 Briefbombenanschläge in München und Lübeck 144 2.1.2 Brandanschläge 145 2.1.3 Sonstige rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten ... 145 2.1.4 Strafverfahren 146 2.2 Linksextremistische Gewalt 147 2.2.1 Passau Schwerpunkt linksextremistischer Gewalt 147 2.2.2 Sonstige Gewalttaten 148 2.3 Gewalttaten ausländischer Extremisten 149 2.3.1 Anschläge und Gewalttaten in Bayern 149 2.3.2 Spendengelderpressungen 152 2.3.3 Urteile gegen PKK-Anhänger 152 2.3.4 Exekutivmaßnahmen gegen die PKK 153 3. Rote Armee Fraktion (RAF) 154 3.1 Überblick 154 3.2 Entwicklung der RAF 155 3.3 Verurteilung 156 4. Antiimperialistischerwiderstand 156 4.1 Sprengstoffanschläge der AIZ 157 4.2 Reaktionen anderer Linksextremisten und Ausblick 159 8 Inhaltsverzeichnis 5. Revolutionäre Zellen (RZ) 160 6. Frauengruppe Rote Zora 161 7. Festnahme und Auslieferung des Terroristen Johannes Weinrich 161 5. Abschnitt Spionageabwehr 1. Ausgangslage 162 2. Die Nachrichtendienste Rußlands 162 3. Sonstige Nachrichtendienste des ehemaligen Ostblocks 164 3.1 Polen 164 3.2 Rumänien 164 3.3 Bulgarien 165 4. Nachrichtendienstliche Bedrohung aus dem Nahen, Mittleren und Fernen Osten 165 4.1 Allgemeines 165 4.2 Iran 166 4.3 Irak 166 4.4 Libyen 167 4.5 Syrien 167 4.6 Pakistan 167 4.7 Volksrepublik China 167 5. Nachrichtendienste der ehemaligen DDR 168 6. Ausblick 169 6. Abschnitt Organisierte Kriminalität 170 Anhang 173 Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen 174 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 175 Sachwortregister 183 Einführung 9 Verfassungsschutz in Bayern Einführung Die Bundesrepublik Deutschland ist nach ihrer Verfassung eine wertWehrhafte gebundene, wachsame und wehrhafte Demokratie. Der Staat kann Demokratie gegen Bestrebungen, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen, die in der Verfassung vorgesehenen Abwehrmittel einsetzen, sei es durch ein Parteioder Vereinsverbot, sei es durch die Aberkennung demokratischer Grundrechte. Dies setzt voraus, daß er solche Bestrebungen oder Aktivitäten, die als "extremistisch" oder als "verfassungsfeindlich" bezeichnet werden - diese Begriffe sind gleichbedeutend -, erkennen kann. Hier setzt die Aufgabe des Verfassungsschutzes ein. Er dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Schutz des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter Freiheitliche der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Ordnung zu demokratische verstehen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund WillkürherrGrundordnung schaff eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören mindestens: - die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, - die Volkssouveränität, - die Gewaltenteilung, - die Verantwortlichkeit der Regierung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. 10 Einführung 1. Gesetzliche Grundlagen Rechtliche Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzGrundlagen lieh genau festgelegt. Das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt die von Bund und Ländern auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben. Es ist zugleich Rechtsgrundlage für die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz. Neben diesem Bundesgesetz bestehen in allen Ländern eigene Verfassungsschutzgesetze. In Bayern regelt das im Anhang abgedruckte Bayerische Verfassungsschutzgesetz die Aufgaben und Befugnisse des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, das seinen Sitz in München hat und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnet ist. Für das Landesamt wurden im Haushaltsplan 1995 insgesamt 424 Stellen für Beamte, Angestellte und Arbeiter ausgewiesen; das Haushaltsvolumen 1995 betrug 34,4 Millionen DM. 2 Aufgaben des Verfassungsschutzes BeobachtungsNach dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz hat das Landesamt auftrag für Verfassungsschutz im wesentlichen den Auftrag, - Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, - sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (Sabotage und Spionage), - Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und - (seit dem 1. August 1994) Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität zu beobachten. Darüber hinaus wirkt das Landesamt für Verfassungsschutz u.a. bei Sicherheitsüberprüfungen mit. Im Mittelpunkt der Beobachtung stehen Aktivitäten von extremistischen Organisationen. Dabei müssen zwangsläufig auch die handelnden Personen, die Mitglieder dieser Organisationen sind oder Einführung 11 die deren Aktivitäten unterstützen, erfaßt werden. Aber auch die Beobachtung von Einzelpersonen ist zulässig. Der Verfassungsschutz beobachtet verfassungsfeindliche Bestrebungen im Inland. Er informiert die politisch Verantwortlichen und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Beobachtung, vor allem über mögliche Gefahren. Er versetzt die zuständigen staatlichen Stellen des Bundes und der Länder in die Lage, verfassungsfeindlichen Kräften rechtzeitig und angemessen zu begegnen. Die Erkenntnisse bilden die Grundlage für Exekutivmaßnahmen wie beispielsweise Verbote von Vereinen, Verbotsanträge gegen Parteien, Verbote von Versammlungen, Verhinderung finanzieller oder sonstiger Förderung, Verweigerung erforderlicher Erlaubnisse (z.B. für Sammlungen, Info-Stände). Im Gegensatz zum Verfassungsschutz beschafft der BundesnachrichAbgrenzung zu tendienst (BND) Informationen über das Ausland, die für die BundesBND und MAD republik Deutschland außenund sicherheitspolitisch von Interesse sind. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) nimmt Verfassungsschutzaufgaben im Bereich der Bundeswehr wahr. Einen zentralen Nachrichtendienst gibt es nicht. 3. Informationsbeschaffung Zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags ist der Verfassungsschutz verpflichtet, Informationen zu beschaffen, auszuwerten und zu speichern. Diese Nachrichten werden zum weit überwiegenden Teil aus offenen Quellen gewonnen (z.B. aus Zeitungen, Zeitschriften, Flugblättern, Programmen, Broschüren und sonstigem Material extremistischer Organisationen sowie bei deren öffentlichen Veranstaltungen). Nur etwa 20 % der Informationen erhält der Verfassungsschutz Nachrichtendurch Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel. Zu diesen Mitteln dienstliche Mittel gehören im wesentlichen: - der Einsatz von verdeckt arbeitenden V-Leuten ("V" steht für "Vertrauen") in extremistischen Organisationen, - das kontinuierliche Beobachten verdächtiger Personen (Observation) sowie - verdeckte Bildund Tonaufzeichnungen. Eingriffe in das Brief-, Postund Fernmeldegeheimnis (Öffnen von Briefen, Abhören von Telefongesprächen) sind besonders strengen rechtsstaatlichen Anforderungen unterworfen. Sie sind in einem ei- 12 Einführung Briefund genen Gesetz geregelt, das nach dem Grundrecht des Brief-, PostTelefonkontrolle und Fernmeldegeheimnisses "Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz" (G 10) genannt wird. Ein Verfahren mit mehreren voneinander unabhängigen Kontrollinstanzen stellt sicher, daß in dieses Grundrecht nur eingegriffen wird, wenn die im Gesetz genannten besonderen Gründe vorliegen. Die gleichen Sicherungen gelten für den Einsatz besonderer technischer Mittel im Schutzbereich des Art. 13 des Grundgesetzes, also für den Einsatz von Abhörgeräten oder versteckten Kameras in Wohnungen und Büros. Dem Verfassungsschutz stehen keine polizeilichen Befugnisse zu. PoBefugnisse lizeibehörden und Verfassungsschutz sind voneinander getrennt. Deshalb dürfen die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes keinerlei Zwangsmaßnahmen, wie z.B. Festnahmen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen usw., durchführen. Verfassungsschutzbehörden dürfen auch keiner polizeilichen Dienststelle angegliedert werden. Dies steht aber einer Zusammenarbeit und gegenseitigen Unterstützung in Form der Amtshilfe nicht entgegen. Erscheint aufgrund der dem Verfassungsschutz vorliegenden Informationen ein sicherheitsrechtliches Eingreifen erforderlich, so wird die zuständige Sicherheitsbehörde unterrichtet. Diese entscheidet dann selbständig, ob und welche Maßnahmen zu treffen sind. 4. Kontrolle Vielfältige Die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden unterliegt einer vielfälKontrollen tigen Kontrolle. Dazu gehört die allgemeine parlamentarische Kontrolle, die durch die Berichtspflicht des verantwortlichen Ministers gegenüber dem Landtag im Rahmen von aktuellen Stunden, Anfragen von Abgeordneten, Petitionen usw. ausgeübt wird. Eine besondere Kommission des Bayerischen Landtags, die Parlamentarische Kontrollkommission, überwacht die Arbeit des Verfassungsschutzes. Die G 10-Kommission überprüft die Maßnahmen zur Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs. Die Verwaltungskontrolle obliegt dem Innenminister im Rahmen der Dienstund Fachaufsicht, ferner dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und dem Bayerischen Obersten Rechnungshof. Diese Kontrollen werden ergänzt durch eine mögliche gerichtliche Nachprüfung belastender Einzelmaßnahmen sowie durch die Öffentlichkeit in Form von Presse, Funk und Fernsehen. Einführung 13 5. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann dauerhaft nicht Aufklärungsohne die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Extremistätigkeit mus gesichert werden. Die Tätigkeit des Verfassungsschutzes gewährleistet, daß Regierung und Parlament, aber auch die Bürger über Aktivitäten und Absichten verfassungsfeindlicher Organisationen informiert werden. In Bayern werden die Aufgaben des "Verfassungsschutzes durch Aufklärung" vom Innenministerium mit Unterstützung des Landesamts für Verfassungsschutz wahrgenommen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit werden kostenlos der Verfassungsschutzbericht sowie weitere Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt. Vor dem Hintergrund der Zunahme überwiegend politisch motivierter Gewalttaten gegen Ausländer und ihre Unterkünfte beschlossen die Innenminister des Bundes und der Länder 1992 eine bundesweite Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. Ziel dieser im März 1993 mit dem Logo "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" eingeleiteten und auch im Jahr 1995 fortgeführten Kampagne ist die S C H Ä T Z E N Aufklärung der Bevölkerung über den Extremismus und seine Gefahren, über Fremdenfeindlichkeit, über Rassismus und Antisemitismus als Elemente rechtsextreAufklärungsmistischer Ideologie und Propaganda. Im Rahkampagne :RE DEMOKRATIE H f T Z 1. N KOMMU NISMUS Jtfi&NEO HUMUS 14 Einführung men dieser Aufklärungskampagne wurden in Bayern im Jahr 1995 u.a. 62.000 Hefte des erstmals 1994 herausgegebenen Jugendmagazins "basta - Nein zur Gewalt" mit 8.000 pädagogischen Handreichungen, 20.000 Poster unter dem Motto "Annäherung statt Gewalt" und weitere 9.000 Disketten des Computerspiels "Dunkle Schatten" kostenlos abgegeben. Das Bayerische Staatsministerium des Innern stellte zur Aufklärung über extremistische Bestrebungen und über die Arbeit des Verfassungsschutzes darüber hinaus eigene eines Publikationen vor: Von den ersten sechs Faltblättern der Hachn neuen Serie "UNSERE DEMOKRATIE SCHÜTZEN" mit den Titeln "Verfassungsschutz", "Rechtsextreme Parteien", "Kommunismus", "Neonazismus", "Terror und Gewalt" PP sowie "Revisionismus" wurden 95.000 Exemplare verteilt, von der neuen Broschürenreihe bereits knapp "DER VERFASSUNGSSCHUTZ INFORMIERT" rund 16.000 Hefte zu den Themen "Kurdischer Extremismus", "Islamischer Extremismus" und "Revisionismus" sowie von der Broschüre mit dem Titel * PS "Portrait eines Nachrichtendienstes" etwa 20.000 Exemplare. **oliÄTnrEl* T e i ' c ' er Öffentlichkeitsarbeit ist auch dieser VerfassungsschutzSCH*V bencht Rechtsextremismus 15 1. Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines 1.1 Merkmale des Rechtsextremismus Der Rechtsextremismus verfügt über kein gefestigtes theoretisches Ablehnung der System, ganz im Gegensatz zum Linksextremismus, der mit dem Grundlagen der Marxismus-Leninismus bis zum Zusammenbruch des kommunistiDemokratie sehen Machtblocks auf einem geschlossenen ideologischen-Weltbild beruhte. Die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen in Deutschland sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und - aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt - statt dessen eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips anstreben, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist. Bestimmende Merkmale des organisierten Rechtsextremismus sind vor allem - die pauschale Überbewertung der Interessen der "VolksgemeinKollektivismus schaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des einzelnen, die eine Aushöhlung der Grundrechte bedeutet (völkischer Kollektivismus), - ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender NatioNationalismus nalismus, - die offene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus Rassismus und anderer rassistischer Thesen, die mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip nicht vereinbar sind, - immer wiederkehrende Versuche, die nationalsozialistische GeVerharmlosung waltherrschaft unter Herausstellung angeblich positiver Leistundes NS-Unrechts gen des Dritten Reiches zu rechtfertigen, die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime zu diffamieren und die Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verschweigen, zu verharmlosen oder sogar zu leugnen. Hinzu kommt die allen Extremisten gemeinsame planmäßige VerunVerunglimpfung glimpfung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten in der Demokratie 16 Rechtsextremismus der Absicht, den überragenden Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in den Augen der Bevölkerung zu erschüttern. Diese Merkmale sind nicht gleichmäßig bei allen Rechtsextremisten zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind unterschiedlich. 1.2 Entwicklung Die Entwicklung der Zahl rechtsextremistischer Organisationen in Bayern und ihrer Mitgliederstärken ist aus der folgenden Übersicht zu ersehen. Bei erkannten Mehrfachmitgliedschaften wurde die Person nur bei einer Organisation mitgezählt. Zahl und Mit1993 1994 1995 gliederstärke rechtsextremisAnzahl der Organisationen 22 23 23 tischer Organisationen Mitgliederstärken Die Republikaner nicht erfaßt1 5.000 4.000 NPD mit JN und NHB 860 800 790 DVU2 3.100 2.800 2.000 Neonazistische Organisationen 100 100 65 Sonstige Organisationen 440 440 360 4.500' 9.140 7.215 Neonazistische Einzelaktivisten 40 40 45 Rechtsextremistische Skinheads 300 330 325 Rechtsextremisten insgesamt 4.840' 9.510 7.585 Wegen des seinerzeit noch nicht abgeschlossenen Prüfverfahrens wurden die 6.000 Mitglieder der Partei "Die Republikaner" 1993 nicht mitgezählt. 2 Die Zahlen umfassen die Mitglieder der Partei und des gleichnamigen Vereins. Rechtsextremismus 17 Mitglieder 1986 87 88 89 90 91 92 93 94 95 *Republikaner 1994 erstmals erfaßt Die Mitgliederzahlen der beiden größten rechtsextremistischen ParRückgang der teien sind kontinuierlich zurückgegangen. Mehr als die Hälfte des geMitgliederzahlen samten rechtsextremistischen Mitgliederpotentials stellte die Partei "Die Republikaner" (REP). Ihr Niedergang ist jedoch unverkennbar. Erhebliche personelle Einbußen hatte auch die DVU zu verzeichnen. Wahlniederlagen von DVU, REP und NPD in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin machten deutlich, daß der organisierte Rechtsextremismus keine Chance hat, auf die politische Willensbildung der Bevölkerung Einfluß zu nehmen. Die Bemühungen um ein Bündnis des rechtsextremistischen Lagers blieben erfolglos, ebenso die vielfältigen Versuche, die öffentliche Diskussion um die Bedeutung des 50. Jahrestags der deutschen Kapitulation und der Befreiung vom Nationalsozialismus im rechtsextremistischen Sinn zu beeinflussen. Im organisierten Neonazismus sind die Mitgliederzahlen in Bayern u.a. aufgrund des Niedergangs der Gruppierung "Die Deutsche Freiheitsbewegung" (DDF) und des Verbots der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) ebenfalls zurückgegangen. Neonazistische Bestrebungen werden zunehmend in Kleingruppen diskutiert, propagiert und in Aktionen unterschiedlicher Art umgesetzt. Vorbild sind offensichtlich die Organisationsstrukturen autonomer Linksextremisten, wobei auch im Bereich des Rechtsextremismus inzwischen von legalem und illegalem Kampf sowie der Rechtfertigung von Gewalt gesprochen wird. 18 Rechtsextremismus Ein Beitrag der neonazistischen Publikation "Umbruch" Nummer 7 enthielt strategische Überlegungen zur Beseitigung des "volksfeindlichen Systems" der Bundesrepublik Deutschland. Ziel des revolutionären Widerstands sei der Angriff auf die Machtund Entscheidungszentralen des Feindes: Die "wunden Punkte des Systems" müßten ermittelt und "zielgerichtet attackiert" werden. In jüngster Zeit gab es Hinweise auf umfangreiche Waffendepots in Hessen und Niedersachsen. Der Verbalradikalismus im rechtsextremistischen Spektrum reicht bis zu Mordaufrufen. Mehrere Rechtsextremisten haben durch Teilnahme am Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien Kampferfahrung gewonnen. Nach wie vor gibt es aber keine Anzeichen für die Entstehung eines Rechtsterrorismus, einer "braunen RAF"; insbesondere fehlt eine entsprechende Sympathisantenszene. Durch grundlegende Verhaltensänderungen versuchen Neonazis, Exekutivmaßnahmen einschließlich von Organisationsverboten zu entgehen. Insbesondere sind sie mittlerweile bestrebt, äußerliche Erkennungsmerkmale (z.B. uniformähnliche Kleidung, Skinhead-Glatzen) zu vermeiden und möglichst unauffällig zu bleiben. Rückgang der Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten, insbesondere der fremGewalttaten denfeindlichen Gewalttaten war weiterhin rückläufig, bewegte sich aber immer noch auf hohem Niveau. Obwohl der Rechtsextremismus für unseren Staat derzeit keine akute Bedrohung bedeutet, stellt er oftmals eine Gefahr für die Innere Sicherheit und das internationale Ansehen Deutschlands dar. Er ist unverändert Brutstätte menschenverachtender Gewalt und Nährboden für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und nationalistische Exzesse. Stagnation der Die Anti-Antifa-Kampagne, die zur Gewalt gegen politische Gegner Anti-Antifaaufstachelt, fand in Bayern keinen nennenswerten Widerhall. Sie Kampagne verstand sich ursprünglich als Reaktion auf die linksextremistische Antifaschismusbewegung und deren Gewalt gegen Rechtsextremisten. Ihr Ziel ist die Ausspähung des politischen Gegners, um selbst offensiv werden zu können und sich nicht auf die Abwehr von Angriffen beschränken zu müssen. Mittlerweile richtet sie sich auch gegen Justizund Sicherheitsbehörden und damit unmittelbar gegen die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats. Bundesweites Unverminderter Aufmerksamkeit bedarf der fortschreitende Aufbau informationseines bundesweiten Nachrichtenund Informationssystems. Rechtssystem extremisten nutzen Funktelefone, um Aktionen und Veranstaltungen kurzfristig zu verabreden und so einen Zugriff der Sicherheitsbehör- Rechtsextremismus 19 den zu erschweren. Über Info-Telefone und Mailboxen bewerten sie politische Vorgänge und geben Parolen aus. Angesichts der Verbote von Organisationen und des staatlichen Neue unorganiÜberwachungsdrucks versuchen Rechtsextremisten zunehmend, sierte Strukturen neue unorganisierte Strukturen, sogenannte "Kameradschaften", zu bilden und moderne Kommunikationsmittel verstärkt zu nutzen. Damit wollen sie sich der Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden und auch staatlichen Verbotsmaßnahmen entziehen. Eine Ausnahme von dieser - zu erhöhter Wachsamkeit mahnenden - Entwicklung stellt die Gründung eines Skinhead-Vereins in Schwaben dar. 2. Die Republikaner (REP) 2.1 Ideologisch-politischer Standort Die Partei vertritt einen übersteigerten, oft aggressiven NationalisÜbersteigerter mus, verbunden mit Feindschaft gegen fremde Staaten und MinderNationalismus heiten. Ihre Überbetonung des völkischen Kollektivismus deutet auf ein Staatsverständnis hin, in dessen Mittelpunkt nicht das Individuum, sondern das Volk als Gemeinschaft steht. In Verlautbarungen der REP finden sich Fremdenfeindlichkeit und rassistisches, antisemiFremdenfeindtisches Gedankengut; damit werden der Gleichheitsgrundsatz und lichkeit die Unantastbarkeit der Menschenwürde in Frage gestellt. Die Diffamierung demokratischer InstiN, tutionen und Personen, die das übliche Maß der 'chtmit politischen Auseinandersetzung weit übersteigt, offenbart eine Ablehnung des Mehrparteien prinzips und des Grundsatzes der ChancenGeiva/t gleichheit der Parteien. Ein zentrales Agitationsthema der Partei ist nach wie vor die Ausländerund Asylpolitik. Die nationalistisch und rassistisch geprägten fnnmzettef Aussagen der REP verknüpfen in grob verein,Um "e bee"de", fachender Weise Umweltfragen, Kriminali tat, Arbeitslosigkeit, Steuerbelastung, Wohnungsnot und andere soziale Probleme mit der Zuwanderung von Ausländern, die sie **"PS""""Mw für diese Probleme allein verantwortlich e machen. So polemisierte der stellvertretende Parteivorsitzende Christian Käs am 3. Okto 20 Rechtsextremismus ber auf einem Treffen in Stuttgart gegen die "multi-ethnischen Phantasien unserer Regierungen" und erklärte: " Wir wollen nicht mehr die Opfer steigender ausländischer und antideutscher Gewalt sein, wir stehen nicht mehr zur Verfügung als Tummelplatz aller Rassen und Völker dieser Welt, und deshalb wiederholen wir den alten Ruf nach dem Ende der Massenzuwanderung so laut und so ungebrochen, daß es auch im letzten Negerkral in Afrika klar sein muß: Deutschland will sie nicht! Deutschland will sie nicht! Deutschland will sie nicht!". Das Programm des REP-Landesverbands Hessen wendet sich gegen die Folgen der angeblich "politisch geförderten Masseneinwanderung von Millionen von Ausländern" und erklärt dazu: "Unter dem Deckmantel von Asylbegehren findet nun schon seit Jahren in Deutschland eine schleichende Inbesitznahme von Wohnungen durch Ausländer statt. Die bevorzugte Versorgung von Zuwanderern mit Wohnraum lockt aus aller Herren Länder weitere Zuwanderer an. Ohne eine rigorose Beschränkung der Zuwanderer gibt es auch kein Ende der Wohnungsnot." Der stellvertretende Bundesvorsitzende Otmar Wallner behauptete, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland betreibe Antisemitismus eine "Holocaust-Fortführungskampagne" mit dem Ziel, "unser Volk weichzuklopfen und zahlungsfähig zu halten". Außerdem trage er dazu bei, daß "unser Volk eine willfährige Verfügungsmasse fremder Mächte bleibt". Des weiteren verfaßte Wallner im April ein Thesenpapier mit dem Titel "Aus dieser Quelle möge die Republikanische Jugend geistig schöpfen". Darin knüpfte er mit der Forderung nach Wiederherstellung der "Volksgesundheit" an das NSDAP-Programm von 1920 an. Mit der Aussage, die Nation sei "eine Gemeinschaft, in der der Starke vorangehen muß", warb er für das mit dem Grundgesetz unverFührer-Prinzip einbare "Führer-Prinzip". Ferner vertrat er neben neuheidnischen Vorstellungen vor allem nationalistische und rassistische, insbesondere antisemitische Positionen. Eine These lautete: "Kritik an Israel? Ja, sonst macht man sie zu Herren dieser Erde, die niemand schelten darf, dieses Privileg verträgt kein Volk. Dies gilt für Bubis, Friedmann und Elie Wiesel ebenso." Rechtsextremismus 21 Wallner wurde daraufhin vom Parteipräsidium als Jugendbeauftragter der REP abberufen und Mitte Juni auf einer Bundesvorstandssitzung dazu bewogen, sein Papier zurückzuziehen. Er blieb aber stellvertretender Bundesvorsitzender. In einer Anfang April verabschiedeten Stellungnahme zum 8. Mai reVergangenheitslativierte das REP-Bundespräsidium die Verantwortung der Nationalbewältigung sozialisten für den Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen. Es erklärte, für die REP sei der Seite i* r ~~ 50. Jahrestag des Kriegsendes "kein Anlaß zur Freude oder zu Feiern". Das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft habe für die : Häftlinge in den Konzentrationslagern, für die politischen Häftlinge, für die Kriegsgefangenen anderer Nationen und für die Regimegegner eine Befreiung dargestellt. Für das deutsche Volk sei es eine vernichtende Niederlage gewesen. Die Vorstandschaft des Arbeitskreises Republikanische Jugend Bayern äußerte im Juli in einer Flugschrift: "Lassen wir uns nicht immer von einem Herrn Bubis sagen, was wir zu denken haben. Wir haben für die 12jährige Amtszeit Hitlers schon gebüßt. Es ist genug! Jedes Volk hat Lichtund Schattenseiten in seiner Geschichte. " Damit betreiben die REP durch Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen eine Aufwertung der NS-Zeit. Der Landesverband Bayern behauptete, die CSU mißbrauche den "politisch ausgerichteten" und zu einem "Etabliertenschutz" umfunktionierten Verfassungsschutz für ihre "Machtsicherungspolitik" und benutze ihn "als Waffe gegen die Meinungsfreiheit". Ferner beDiffamierung zichtigten die REP einen Vorsitzenden der "Altparteien" der Anbiededemokratischer rung an eine "rot-grüne multikulturelle Verteilungspolitik auf Kosten Institutionen deutscher Interessen". Der stellvertretende Bundesvorsitzende Wallner erklärte, er verachte die "Kriechsucht" in diesem "angeblich freien Staat". Außerdem diffamierte er demokratische Parteien als "Handlanger der Sieger" und behauptete, die "Gefälligkeitsund Verzichtspolitiker der Altparteien" hätten "114.000 qkm deutschen Osten verschenkt mit der Lüge, dies wäre der Preis für die Wiedervereinigung gewesen". Nach wie vor besteht in Teilen der Partei die Bereitschaft zu einer Kooperation mit anderen Rechtsextremisten, deren Ziel die Einigung 22 Rechtsextremismus Kontakte des "rechten Lagers" ist. So vertrat derstellvertretende Vorsitzende zu anderen des Landesverbandes Thüringen die Auffassung, die Partei mache durch ihre 1990 beschlossene Abgrenzung gegenüber anderen Rechtsextremisten rechtsextremistischen Organisationen "sich selbst und somit das gesamte demokratische rechte Spektrum handlungsunfähig". Parteiaustritte Einige Funktionäre sind unter Hinweis auf die extremistische Zielrichwegen tung der REP zurückgetreten oder haben die Partei verlassen. So erExtremismus klärte der bayerische Landesvorsitzende der Republikanischen Jugend (RJ) Thomas Stockmaier mit Schreiben vom 7. Mai seinen Austritt aus der Partei. Zur Begründung verwies er auf die in Teilbereichen erkennbaren "Tendenzen zum Rechtsextremismus", die u.a. in Kontakten von RJ-Mitgliedern und -Funktionären zu Rechtsextremisten, in Sympathien für führende Vertreter des Revisionismus und auch in einem vom REP-Jugendbeauftragten Otmar Wallner verbreiteten Thesenpapier deutlich geworden seien. Auch der bayerische Landesvorsitzende Alexander Hausmann kritisierte bei seinem Rücktritt am 10. November eine von Teilen des Parteivorstands mitgetragene "Fehlentwicklung", die offensichtlich "in den Extremismus und Antisemitismus mit allen Folgen führt". Die Anhänger des früheren Parteivorsitzenden Schönhuber sehen mittlerweile offenbar wenig Chancen, den künftigen Kurs der REP maßSchönhuber-Flügel geschwächt geblich zu beeinflussen. So zog sich eine Reihe von Vertretern rechtsextremistischer Positionen aus der Partei zurück. Öffentliche Verlautbarungen mit rechtsextremistischem Inhalt haben quantitativ erheblich abgenommen. Die Partei war in den vergangenen Jahren ersichtlich bemüht, ihre programmatischen Aussagen zu entschärfen und extremistische Positionen nicht nach außen dringen zu lassen. Das Parteiprogramm wurde mehrfach geändert. Die Parteigliederungen sind gehalten, Flugblätter und Broschüren vor Veröffentlichung den Führungsgremien zur Kontrolle vorzulegen. Die vorgebliche Betonung von "nationaler" und "konservativer" Politik sowie der Versuch des neuen Parteivorsitzenden, Fühler in das konservative Spektrum auszustrecken, konnten den Abwärtstrend der REP gleichwohl nicht aufhalten. 2.2 Organisation Bundespartei ' Die Partei zählt bundesweit rund 16.000 (1994: 20.000) Mitglieder in 16 Landesverbänden. Die Schwerpunkte liegen in Süddeutschland und in Nordrhein-Westfalen. Bundesvorsitzender ist Dr. Rolf Schlie- Rechtsextremismus 23 rer, der auf dem Bundesparteitag am 17./18. Dezember 1994 in Sindelfingen seinen wegen seiner Bündnispolitik mit Rechtsextremisten zunehmend umstrittenen Vorgänger Franz Schönhuber ablöste. Seine Stellvertreter sind Dr. Rudolf Krause, Ursula Winkelsett, Ingeborg Seifert, Otmar Wallner und Christian Käs. In Bayern und einigen anderen Bundesländern besteht ein "Arbeitskreis Republikanische Jugend". Bundesweit wird außerdem für den Ende Oktober 1993 gegründeten "Republikanischen Bund der öffentlichen Bediensteten" (RepBB) geworben. Der Landesverband Bayern gliedert sich in acht Bezirksverbände, die Landesverband in rund 85 Kreisund etwa 290 Ortsverbände mit insgesamt rund Bayern 4.000 (1994: 5.000) Mitgliedern unterteilt sind. Auf dem Landesparteitag am 22. Januar in Ingolstadt wurde Alexander Hausmann zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Er und seine Stellvertreter sind dem Flügel um Dr. Schlierer zuzurechnen. Hausmanns Vorgänger Wolfgang Hüttl, ein erklärter Anhänger Schönhubers, trat daraufhin mit den Mitgliedern der gesamten REP-Fraktion im Augsburger Stadtrat aus der Partei aus und gründete die Partei "Die Freiheitlichen" (DF). Nach Hausmanns Rücktritt am 10. November übernahm dessen Stellvertreter Johann Gärtner die Leitung des Landesverbands. Weitere Ausund Rücktritte hatten zur Folge, daß viele Ortsund Kreisverbände darniederliegen oder sich sogar auflösten. Empfindlich traf die REP auch der Austritt des ehemaligen Würzburger Oberbürgermeisters, der ihnen bis April 1995 als demokratisches "Aushängeschild" diente. Infolge zermürbender Richtungskämpfe sind im wesentlichen nur noch die Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern einigermaßen funktionsfähig. Zudem war die Finanzsituation der Partei zeitweise höchst prekär. So war der Landesverband Bayern trotz rigoroser Sparmaßnahmen seit Ende August zahlungsunfähig und von einem zinslosen Kredit des Landesverbands Baden-Württemberg abhängig. 2.3 Verwaltungsgerichtsverfahren Der REP-Landesverband Bayern stellte am 8. Juni beim VerwaltungsErfolgloser Antrag gericht München den Antrag, dem Freistaat Bayern im Wege der des Landesvereinstweiligen Anordnung zu untersagen, den Landesverband als bands Bayern "extremistisch" oder "verfassungsfeindlich" zu bezeichnen, diszipli- 24 Rechtsextremismus narrechtliche Maßnahmen gegen Mitglieder der Partei, die im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, zu ergreifen sowie den bayerischen Verfassungsschutzbericht 1994 in der vorliegenden Form weiter zu verbreiten. Zur Begründung hieß es, dieser Bericht beschränke sich hinsichtlich der REP auf polemische Unterstellungen und unbewiesene Vorwürfe, widerspreche elementaren demokratischen Grundsätzen und sei in weiten Teilen widersprüchlich. Die fragwürdige Argumentation der bayerischen Verfassungsschutzbehörde zum Stichwort "Fremdenfeindlichkeit" entspreche klassischen Mustern linker Verleumdungskampagnen gegen alles, was "rechts" stehe. Mit Beschluß vom 18. Dezember wies das Gericht den Antrag in vollem Umfang zurück. Es sei nicht erkennbar, daß die Einstufung der Partei als "extremistisch" auf sachfremden Erwägungen beruhe und offensichtlich fehlerhaft sei. Soweit die Partei die Unterlassung dienstrechtlicher Maßnahmen gegen REP-Mitglieder verlange, sei der Antrag unzulässig, da die Partei keine Mitgliederrechte geltend machen könne. Gegen diesen Beschluß legte der Landesverband Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Franz-SchönhuberNach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom Stiftung nicht 8. Dezember haben die REP keinen Anspruch auf Genehmigung der genehmigungsparteinahen "Franz-Schönhuber-Stiftung". Dazu erklärte das Gefähig rieht, eine solche Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden, weil sie Rechte und Rechtsgüter beeinträchtigen würde, die unter dem Schutz der Verfassung stehen. Der sich aus dem Erscheinungsbild der Partei erschließende Stiftungszweck verstoße gegen die Menschenwürde, das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse und des Glaubens sowie gegen das Demokratieprinzip. Grundlage dieser Feststellung seien u.a. fremdenfeindliche Veröffentlichungen und die von den REP betriebene Diffamierung demokratischer Institutionen und Personen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 2.4 Aktivitäten und interne Machtkämpfe Intrigen, Rücktritte, Machtkämpfe und interner Streit um den weiteren Kurs der REP prägten auch 1995 das Erscheinungsbild der Partei. Der neue Bundesvorsitzende Dr. Schlierer konnte bisher keinen innerparteilichen Konsens erzielen. Der bei einem Teil der Mitglieder unverändert populäre frühere Bundesvorsitzende Schönhuber betrieb eine Strategie der Konfrontation und der Eskalation interner Rechtsextremismus 25 Auseinandersetzungen mit dem Ziel, Dr. Schlierers Position zu untergraben und ihn letztlich zu stürzen. Zusammen mit anderen Funktionären bemühte er sich um ein Bündnis mit rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen. In einem am 21. April an die Mitglieder der REP gerichteten "OffeOffensive nen Brief zum 8. Mai" erklärte Schönhuber, er halte es für seine Schönhubers Pflicht, in dieser für die Partei "schicksalhaften Zeit" seine politische Abstinenz aufzugeben und bestehende Differenzen über den künftigen Weg der REP kollegial innerhalb der Partei zu diskutieren. Die REP stünden mit dem Rücken zur Wand und müßten nunmehr deutlich machen, daß sie "trotz Kriminalisierung weiterhin in Idee und Programm das andere Deutschland, das ehrlichere Deutschland vertreten". "Unabweichbar" komme die Zeit der "Fundamentalisten" als Antwort auf "hemmungslose Liberalisierungstendenzen", die Moral und Gemeinsinn zersetzten. Damit meine er einen Fundamentalismus, der - ohne sich der Gewalt zu verschreiben - seinen demokratischen Weg durch die Parlamente gehe. Die REP sollten dabei "jene nicht an der Wegbegleitung hindern", die gleichfalls "ausgegrenzt" seien; "Spinner, notorische Querulanten und Provokateure ausgeschlossen". Der Bundesvorsitzende Dr. Schlierer reagierte auf diese Kampfansage seines Vorgängers mit einer Pressemitteilung vom 2. Mai. Darin betonte er, gerade in der momentanen Situation der Partei dürfe es keinerlei Annäherung an Rechtsaußengruppierungen geben. Die REP benötigten weder einen neuen noch einen alten politischen Fundamentalismus. Die Partei werde vielmehr weiterhin offensiv ihre programmatischen Vorstellungen vertreten und sich gegen den Versuch wehren, einen linken Gesinnungstotalitarismus in Deutschland zu installieren. Er halte daran fest, daß jeder Versuch, zum jetzigen Zeitpunkt eine neue Richtungsdebatte in der Partei zu eröffnen, zu einer Selbstzerstörung der REP führe. Entgegen der von Dr. Schlierer vertretenen Abgrenzungsstrategie geFortgesetzte genüber den übrigen Gruppierungen des rechtsextremistischen SpekEinigungstrums setzten seine innerparteilichen Gegner ihre Bemühungen zur Eibestrebungen nigung des "rechten Lagers" fort. So fand am 1. Juni auf Initiative des REP-Landespräsidiums Thüringen in Eisenach ein " 1 . Runder Tisch" über die Zukunft der deutschen Rechten statt. Dabei erörterten Vertreter rechtsextremistischer Organisationen die Chancen einer künftigen Zusammenarbeit unter dem Schlagwort "Eisenacher Signal". 26 Rechtsextremismus Dies veranlaßte Dr. Schlierer, in einer Pressemitteilung vom 19. Juni die Gültigkeit des seit 1990 bestehenden Abgrenzungsbeschlusses der REP gegenüber anderen rechtsextremistischen Gruppierungen zu bekräftigen. Zugleich wies er darauf hin, daß der Parteivorstand tags zuvor auf einer Sitzung in Berlin den jüngsten Initiativen in Form "Runder Tische" zur Bildung einer rechten Sammlungsbewegung eine klare Absage erteilt habe. Halbherzige Dennoch setzten die Gegner des Parteivorsitzenden ihre vom BunReaktionen desvorstand verbal mißbilligten Gespräche mit Repräsentanten anderer rechtsextremistischer Parteien fort, ohne daß dies wirksame Sanktionen nach sich zog. Offenbar befürchtete die Parteiführung, daß an sich gebotene Ordnungsmaßnahmen bei Teilen der Basis auf Unverständnis stoßen und zu einer Spaltung der Partei führen könnten. So fand ein Antrag des bayerischen Landesvorstands, Ordnungsmaßnahmen gegen Schönhuber wegen dessen Teilnahme an einem "Runden Tisch" am 22. September in München einzuleiten, keine Mehrheit im Bundespräsidium. Der Parteivorsitzende vertrat dazu die Auffassung, er lasse sich nicht provozieren. Dieses inkonsequente Lavieren veranlaßte den bayerischen LandesRücktritt Vorsitzenden und Angehörigen des Parteipräsidiums Alexander Hausmanns Hausmann, von beiden Funktionen zurückzutreten. In einem an den Parteivorsitzenden gerichteten Schreiben vom 10. November warf er der Bundesführung zögerliches Verhalten im Umgang mit Mitgliedern wie Schönhuber vor, die durch Teilnahme an "Runden Tischen" ein parteischädigendes Verhalten an den Tag legten. Wenn die Partei jetzt nicht reagiere, werde sie ein Teil des braunen "Narrensaumes" und auf Dauer bedeutungslos. Hausmanns Entschluß hat die Position des Parteivorsitzenden zunächst weiter geschwächt. Dr. Schlierer ist es zudem nicht gelungen, die internen Richtungskämpfe der Öffentlichkeit vorzuenthalten, da Hausmann die Gründe seines Rücktritts auch den Medien bekanntgab. Austritt Nach einem offenbar von Dr. Schlierer initiierten Gespräch erklärte Schönhubers Schönhuber am 16. November seinen Austritt aus der Partei. Zuvor hatte der Landesverband Bayern ein Ausschlußverfahren betrieben. Als Austrittsgrund gab Schönhuber unüberbrückbare Differenzen zur offiziellen Parteilinie des Bundesvorstands an. Wie die zwiespältigen Reaktionen in den Landesverbänden zeigten, hat Schönhubers Schritt die konträren Positionen zum künftigen bündnispolitischen Rechtsextremismus 27 Kurs der Partei nicht beseitigt. Während in Bayern Erleichterung herrschte, überwog in den Landesverbänden der neuen Länder - der traditionellen Hausmacht Schönhubers - die Enttäuschung. Schönhubers Anhängern fehlt aber eine organisatorische Alternative, solange ihr Idol auf ein neues parteipolitisches Engagement verzichtet. 3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihren Ende Mai 1992 unter der Bezeichnung "Nationaldemokratisches Manifest" aktualisierten programmatischen Aussagen einen "demokratisch" organisierten Staat fordert und dabei insbesondere die Volkssouveränität betont, lehnt sie wesentliche Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. Trotz ihres Lippenbekenntnisses zum Grundgesetz erstrebt sie in WirklichVölkischer keit einen Staat mit einer von völkisch-kollektivistischen Strukturen Kollektivismus bestimmten Volksgemeinschaft. Sie knüpft damit an ein Leitbild an, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war. Die Auffassungen der NPD über die Stellung des einzelnen in Staat und Gemeinschaft sind mit der Staatsund Gesellschaftsordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Die NPD gibt dem Staat vor dem einzelnen den Vorrang. Diese Betrachtungsweise läuft dem Rang der in Art. 1 des Grundgesetzes normierten Menschenwürde, insbesondere dem daraus resultierenden Vorrang des einzelnen vor dem 8. Mai 1945 - 8. Mai 1995 Staat, zuwider. Die Überbewertung der "Volksge"itrten meinschaft" im Sinn eines völkischen Kollektiwir sind vismus und die Absicht, Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft durch die UnterordDa r 07SQf/PS nung des einzelnen unter nicht näher definierte Gemeinschaftsinteressen aufzuheben, stehen außerdem im Gegensatz zur Verbindlichfotelfcth keit der Grundrechte gegenüber der staatlif^i" wehren? SBi chen Gewalt. Ferner lassen Veröffentlichungen der Partei nach wie vor rassistische und nationalistische Zielsetzungen und Denkweisen erkennen. Die Nationalismus NPD versucht, ihre für Rechtsextremisten charakteristische Ablehund nung alles Andersartigen, hinter der sich die Überzeugung von der Rassismus Höherwertigkeit der eigenen Rasse und Nation verbirgt, unter Beru- 28 Rechtsextremismus fung auf die "Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen" zu rechtfertigen. Sie präsentiert sich dabei als Gegnerin des "längst überholten Dogmas von der angeblichen Gleichheit aller Menschen". Diese Grundeinstellung läuft auf eine mit Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes unvereinbare Rassendiskriminierung hinaus. Dementsprechend behandelt die Partei das Ausländerund Asylantenproblem vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der "Überfremdung" und vertritt die Auffassung, die "Zwangsgermanisierung" der hier lebenden Ausländer bedrohe die "deutsche Volkssubstanz". Ausländer belasteten nicht nur den deutschen Arbeitsund Wohnungsmarkt, sondern verfremdeten auch die deutsche Kultur und Sprache. Der Rückgang der deutschen Geburtenrate und parallel dazu eine "laufende Zuwanderung mit hoher Gebärfreudigkeit der Ausländer" werde zur "Umvolkung Deutschlands" führen und den "Volkstod der Deutschen" einleiten. Die Umerziehung der Deutschen und ihrer "volkszerstörenden Parteien" gehe aber bereits so weit, daß sie das Aussterben des eigenen Volkes als "Beitrag gegen Überbevölkerung" feierten. Agitation gegen Nationalistische Bestrebungen kamen ferner insbesondere in der die europäische Agitation gegen die europäische Einigung zum Ausdruck. So propaEinigung gierte die NPD-Jugendorganisation den Aufbau einer "europäischnationalistischen Einheitsfront" und behauptete: "Das imperialistische Gesicht der sog. Europäischen Union wird heute mehr als jemals zuvor durch eine unbegrenzte Herrschaft des Großkapitals, internationale Bevormundung, Souveränitätsverlust sowie durch die grenzenlose liberalistische Arroganz der Mächtigen geprägt." Antisemitismus Der Antisemitismus der NPD wurde insbesondere bei polemischen Angriffen gegen Repräsentanten jüdischer Institutionen deutlich. So verwies die Partei auf das angeblich "schändliche und schädliche Treiben" des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland. Sie bezeichnete ihn als "Schulmeister der Bundesrepublik" und "jüdischen Hochkommissar über Deutschland", warf ihm "Deutschenhetze" vor und kritisierte ihn als "offenbar die oberste Instanz dieser Republik": "Nach dem Motto ,Bubis befiehl, wir folgen Dir!' machen sich Behörden, Medien und Regierung zum Büttel derer, denen die Grundrechte für Deutsche, denen die nationale Opposition ein Greuel ist". NS-Apologie Ferner solidarisierte sich die NPD mit ihrem u.a. wegen Leugnung des Holocaust rechtskräftig verurteilten Parteivorsitzenden und erklärte, Rechtsextremismus 29 immer mehr Deutsche könnten "die vorgeschriebenen Meinungsrituale zum Holocaust nicht mitvollziehen". Deutschland bewege sich zunehmend in Richtung eines "Gesinnungsstaates", der "zeitgeschichtliche Dogmen" festschreibe. Heutzutage seien "tatsächliche oder behauptete Opferzahlen systemimmanent geworden". Die NPD fordere eine "objektive Geschichtsschreibung und nicht die Fortführung alliierter Kriegspropaganda in deutschen Medien und Geschichtsbüchern". Zu den Hauptangriffszielen der Partei gehören nach wie vor die deDiffamierung mokratischen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischer Repräsentanten. Dabei tritt an die Stelle konstruktiver Kritik an einInstitutionen zelnen Mißständen eine bewußt entstellende und überspitzt verallgemeinernde Form der Darstellung. So bezeichnete die NPD ihre politischen Gegner als "Systemparteien", "Nestbeschmutzer-Extremisten", "Diätenkrämer" und "anti-deutsche Bonner Sprücheklopferund Versagerriege". Ferner behauptete sie, die Justiz in Deutschland sei zur "politischen Hure" verkommen. Der Rechtsstaat sei "auf dem direkten Weg in den ,Bonner Provinzund Verbotsfaschismus' im Geiste von Metternich und Dollfuß". Inzwischen werde "wohl auch dem Dümmsten bewußt, daß dieser Staat von Verrückten beherrscht" werde. Diese diffamierende Polemik läßt darauf schließen, daß die NPD die Prinzipien des Mehrparteiensystems und der Chancengleichheit der Parteien trotz ihres formalen Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnt. Unter der Überschrift "Haben die Deutschen kein Recht darauf, sich Haltung zur zu wehren?" wandte sich die NPD gegen eine Bagatellisierung der Gewalt angeblich alltäglichen Gewalt von Ausländern gegen Deutsche: "Scheinheilig geht man darüber hinweg. Keine Lichterketten für die Opfer krimineller Ausländer." .... "Es wird Zeit, gewaltfreie Zeichen gegen die Überfremdung einerseits und auch gegen die etablierte Arroganz der Parteienmacht zu setzen." 3.2 Organisation Die am 28. November 1964 in Hannover von Funktionären der ehemaligen Deutschen Reichspartei (DRP) gegründete NPD gliedert sich derzeit in 15 Landesverbände, die wiederum in Bezirksund Kreisverbände unterteilt sind. Die Partei zählte Ende 1995 nach erneuten Rückläufige personellen Einbußen bundesweit noch rund 4.000 (1994: 4.500) Mitgliederzahlen 30 Rechtsextremismus Mitglieder. Parteivorsitzender ist seit Juni 1991 Günter Deckert aus Weinheim. Seine Stellvertreter sind der Landesvorsitzende von Nordrhein-Westfalen Udo Holtmann und die saarländische Landesvorsitzende Ellen-Doris Scherer. Mit der Wiedereinrichtung eines Präsidiums kehrte die NPD MitNeues Geschäftste 1995 zu einer 1991 aufgegebenen Struktur zurück. Dieses Gremiführungsorgan um soll den Parteivorsitzenden unterstützen und Beschlüsse des Parteivorstands vorbereiten. Ihm gehören acht Vorstandsmitglieder an, darunter der Parteivorsitzende und seine Stellvertreter. Organisation Der Landesverband Bayern mit Sitz in München zählt rund 730 in Bayern (1994: 750) Mitglieder (ohne JN und NHB). Er gliedert sich in sieben Bezirksund rund 50 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aktiv ist. Landesvorsitzender ist der Diplom-Politologe Udo Voigt aus Moosburg a.d. Isar. Das in Teilen des bayerischen Landesverbands .Stimme mangelnde persönliche Engagement konnte auch durch organisatorische Maßnahmen nicht gesteigert werden. Insbesondere den Bezirksverbänden Niederbayern und Schwaben fehlt der Nachwuchs. Erheblichen Schwierigkeiten begegnet die Auswahl geeigneter Personen für ParteifunkWeil* tionen. Gleiches gilt für die Werbung neuer Mitglieder, weil die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten kontinuierlich zurückgegangen sind. Die schlechte Zahlungsund Abrechnungsmoral einzelner Verbände erschwert eine Konsolidierung der Finanzen. 3.3 Aktivitäten Der Parteivorstand ist nach wie vor bereit, mit anderen rechtsextremistischen Organisationen, insbesondere den REP, auf allen Ebenen zuErfolglose Bundsammenzuarbeiten. So forderte Deckert noch vor der hessischen nisbemühungen Landtagswahl am 19. Februar die Vorsitzenden von DVU und REP zu einem Gespräch auf, erhielt aber keine Antwort. Beide Parteien zeigen offenbar keine Neigung, sich auf das von der NPD insbesondere vor Wahlen propagierte "Bündnis Deutschland" einzulassen. Damit Rechtsextremismus 31 erwies sich das von Deckert angekündigte "offensive, aber dosierte Umarmen der politikfähigen Teile des nationalen Lagers" als Fehlschlag. Auch die Beteiligung von Repräsentanten der NPD an einigen von Rechtsextremisten initiierten "Runden Tischen" brachte keine erkennbaren Fortschritte. Das Landgericht Karlsruhe verhängte am 21. April gegen Deckert u.a. wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß eine H Freiheitsstrafe von zwei Jahren ohne Bewäh8faosg ebef . Np rung. Das Urteil erging in einem erneut aufgerollten Verfahren. Zuvor hatte der Bundesgerichtshof am 15. Dezember 1994 auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin die Verurteilung Deckerts zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf BeStrafverfahren währung durch das Landgericht Mannheim vom 22. Juni 1994 aufgegen Deckert gehoben. Gegenstand des Verfahrens war die Leugnung des Holocaust. Der NPD-Vorsitzende hatte am 10. November 1991 in Weinheim auf einer Revisionismustagung einen antisemitischen Vortrag des US-Amerikaners Fred A. Leuchter übersetzt und zustimmend kommentiert. Die NPD nutzte das Urteil zur Diffamierung der Justiz und demokraRechtskräftiges tischer Institutionen, konnte damit aber nicht den erhofften propaUrteil gandistischen Erfolg erzielen. In einer am 27. Oktober veröffentlichten Entscheidung bestätigte der Bundesgerichtshof das Urteil und verwarf damit Deckerts Revision. Unter dem Motto "Deutschland wird leben" führte die NPD am 10./11. Juni in Arnstorf, Landkreis Rottal-Inn, ihren 26. Ordentlichen Bundesparteitag durch. Daran beteiligten sich über 400 Personen, Bundesparteitag darunter 164 Delegierte. Wesentliches Ergebnis war die Wiederwahl des seit 1991 amtierenden Bundesvorsitzenden Günter Deckert. Der stellvertretende bayerische Landesvorsitzende Walter Bachmann, der als stellvertretender Bundesvorsitzender ausschied, wurde zum NPD-Ehrenvorsitzenden gewählt. Deckert behauptete in seinem Rechenschaftsbericht, seine Verurteilung wegen Volksverhetzung zeige, wie "gewisse Teile der Verfassung außer Kraft gesetzt" würden. Wörtlich äußerte er: "Die Richter von heute sind in ihrer politischen Willfährigkeit nicht besser als die Honeckeroder die Hitler-Richter, von Ausnahmen abgesehen." 32 Rechtsextremismus Der Parteitag demonstrierte noch einmal Solidarität mit dem ohne Gegenkandidaten gewählten Bundesvorsitzenden. Deshalb unterblieb auch eine kritische Auseinandersetzung mit Deckerts antisemitischen und revisionistischen Aktivitäten. Auf der konstituierenden Sitzung des neuen Bundesvorstands wurde im Anschluß an den Parteitag der damalige stellvertretende Bundesvorsitzende Udo Voigt zum geschäftsführenden Bundesvorsitzenden im Falle einer Inhaftierung von Deckert bestimmt. 3.4 Interne Auseinandersetzungen Die schon geraume Zeit schwelenden strategischen Differenzen im Bundesvorstand ließen sich nach dem Bundesparteitag nicht mehr länger verdecken. Sie hatten sich u.a. an Deckerts antisemitischem und revisionistischem Kurs entzündet. Gegenstand interä^-Ä"", ner Kritik war auch Deckerts selbstherrli'^ISSsF cher Führungsstil und sein Finanzgebaren. ^***us Am 30. September wurde der Parteivorsitzende durch das Entmachtung NPD-Präsidium mit sofortiger Wirkung von seinem Amt enthoben. Deckerts Der Partei vorstand, der diese Maßnahme am 8. Oktober bestätigte, warf ihm satzungswidriges Verhalten und Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Parteivermögen vor. Interne Deckerts umstrittene Suspendierung führte zu einer inneren ZerreißZerreißprobe probe. So erklärte Udo Voigt seinen Rücktritt als stellvertretender Bundesvorsitzender. Einige Landesverbände in den neuen Ländern erwogen eine Abspaltung. Auch der Landesverband Bayern solidarisierte sich mit Deckert und forderte die Einberufung eines Sonderparteitags mit Neuwahl des Parteivorstands. Über die im Thule-Netz zusammengeschlossenen Mailboxen diskutierten NPD-Anhänger das Verhalten der Bundesführung. Der Meinungsaustausch verlief fast ausnahmslos zugunsten Deckerts; dessen Gegner im Präsidium wurden als Putschisten und Verräter bezeichnet. Der Konflikt entspannte sich etwas, als das Schiedsgericht des NPD-Landesverbands Baden-Württemberg Deckert Mitte November 1995 wieder in sein Amt einsetzte, da die für die Maßnahme des Präsidiums erforderliche besondere Eilbedürftigkeit nicht feststellbar gewesen sei. Deckert trat am 15. November die vom Landgericht Karlsruhe verhängte Freiheitsstrafe an. Danach sah der Parteivorstand keine Mög- Rechtsextremismus 33 lichkeit mehr, die für Deckerts Entmachtung maßgeblichen Vorwürfe in absehbarer Zeit zu untersuchen. Deshalb erklärte er das nach der Suspendierung des Parteivorsitzenden eingeleitete Schiedsgerichtsverfahren für erledigt. Bis zum nächsten Bundesparteitag wird die NPD von den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Holtmann und Scherer geleitet. 3.5 Junge Nationaldemokraten (JN) Die JN als Jugendorganisation der NPD sind nach ihrem Statut zur ideologischaktiven Mitarbeit in den Gremien der NPD verpflichtet. In Ideologie politischer und Zielsetzung bekennen sie sich zum Programm der Mutterpartei, Standort waren aber mitunter um mehr Eigenständigkeit bemüht. Nach mehrunverändert jährigen Querelen hat sich das Verhältnis zur NPD in letzter Zeit etwas verbessert. Die JN verstehen sich als eine "weltanschaulich geschlossene Jugendbewegung neuen Typs mit revolutionärer Ausrichtung", als "Kristallisationskern des jungen nationalen Aufbruchs" und als Vorhut eines "anderen Deutschlands", das ein "auf der Solidargemeinschaft der deutschen Stämme begründetes neues Reich" sein werde. Aus ihren "Idealen" wähnen sie die "revolutionäre Kraft" schöpfen zu können, mit der sie "gemeinsam am Aufbau einer europäisch-nationalistischen Einheitsfront arbeiten" wollen. Nach wie vor unterhalten die JN Kontakte zur neonazistischen Szene. Sie versuchen, dort Interessenten zu werben und auch "politikfähige" ehemalige Angehörige verbotener Organisationen für die JN zu gewinnen. Nennenswerte Erfolge waren dabei nicht zu verzeichnen. verzeichnen ' Vereinzelt nehmen neonazistische Aktivisten auf örtlicher Ebene Einfluß auf JN-Mitglieder. Es liegen indes keine Hinweise vor, daß die Neonazistische JN-Bundesführung eine Zusammenarbeit mit Neonazis billigt. Auch Tendenzen gibt es in Bayern keine Anhaltspunkte für eine gezielte Unterwanderung der JN durch Neonazis. Lediglich einige ehemalige Angehörige verbotener neonazistischer Vereinigungen (z.B. Nationalistische Front, Nationaler Block) schlössen sich inzwischen den JN an, um damit Maßnahmen der Sicherheitsbehörden unterlaufen zu können. 34 Rechtsextremismus Solche Zugänge konnten aber den allgemeinen Abwärtstrend nicht umkehren. Die durch Führungsschwäche und Mitgliederverluste bedingte Krise der JN hielt an. Ende 1995 zählten die JN bundesweit wie im Vorjahr rund 150 Mitglieder, davon etwa 55 (1994: 50) in Bayern. Bundesvorsitzender ist Holger Apfel. Der Landesverband Bayern gliedert sich in die beiden "Regionalen Aktionsgruppen" (RAG) Franken und München/Ebersberg; Landesvorsitzender ist Rainer Hatz aus Nürnberg. Öffentliche Kundgebungen, aber auch interne Treffen der JN stoßen regelmäßig auf massive Proteste politischer Gegner. Die JN organisieren daher ihre Veranstaltungen zunehmend konspirativ. So wurde beim "2. Europäischen Kongreß der Jugend" der Veranstaltungsort bis zuletzt geheimgehalten und nur eingeladenen Gästen an zwei Treffpunkten bekanntgegeben. Der Kongreß fand am 16. Dezember in Gerach, Landkreis Bamberg, unter dem Motto "Nie wieder Imperialismus! - Nie wieder Krieg! Europäischer Nationalismus bis zum Sieg!" statt. Sporadische An der geschlossenen Veranstaltung beteiligten sich rund Aktivitäten 230 Rechtsextremisten aus dem Inund Ausland. Auf dem 24. ordentlichen JN-Bundeskongreß am 273. September in Sachsen-Anhalt rief der JN-Bundesvorsitzende vor rund 100 Teilnehmern zur "Zusammenarbeit aller nationalen Kräfte in Deutschland" auf. Ziel sei es, einen "strukturierten, organisierten Widerstand" zu formieren, der "Gruppenegoismen und sinnlose Abgrenzungen" überwinde. 4 Deutsche Volksunion (DVU) 4.1 Ideologisch-politischer Standort Neues Programm Das im Sommer 1993 beschlossene neue Parteiprogramm soll der aktuellen politischen Situation seit der Wiedervereinigung Deutschlands und der Entstehung neuer Nationalstaaten in Europa Rechnung tragen. Die Programmkommission war sichtlich bestrebt, problematische Aussagen zu tilgen oder zumindest zu entschärfen, um die verfassungsfeindliche Zielsetzung der Partei noch besser zu tar- Rechtsextremismus 35 nen. Die DVU warnt vor einer angeblich von Politikern geplanten Auflösung Deutschlands in einen "Vielvölkerstaat" und tritt mit Parolen wie mtionan* s 5s"S7Ai "Bewahrung der deutschen Identität" und "Gleichberechtigung für Deutschland" dafür & ein, den Ausländeranteil zu begrenzen, den "zu nehmenden Ausländerzustrom" in das Bundes- ^ ? * gebiet zu stoppen und die "Zuweisung von Kol/..., lektivschuld oder Kollektivverantwortung" an /"" die Deutschen einzustellen. Die am Programm nicht ohne weiteres erkennbare rechtsextremistische Grundhaltung der Partei wird vor allem an den ihr zurechenbaren Äußerungen führender Funktionäre sowie am Inhalt ihrer publizistischen Sprachrohre deutlich, die im Verlag des BundesvorsitExtremistische zenden Dr. Gerhard Frey erscheinen. Diese greifen regelmäßig aktuGrundhaltung eile Probleme auf, für die sie ihre langjährig entwickelten Feindbilder wie etwa die "unverschämten" Polen, die "erpresserischen" Juden oder die "kriminellen" Ausländer verantwortlich machen. Wie im Vorjahr konzentrierte sich die DVU verstärkt auf Kritik an der NS-Apologie "extrem einseitigen Vergangenheitsbewältigung". Dabei versuchte die Partei, die Einmaligkeit des Holocaust durch Hinweise auf "Völkermorde der Geschichte" zu relativieren. So behauptete sie, fünfzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs seien Meinungsindustrie und offizielle Politik mehr denn je bestrebt, dem deutschen Volk "einzuhämmern, die NS-Untaten an Juden seien in der Dimension unvergleichbar mit allen anderen Verbrechen der Geschichte". Es sei indes nicht einzusehen, warum z.B. die "Ausrottung von schätzungsweise 90 Millionen Indianern" oder "die Negersklaverei mit Dutzenden Millionen Opfern oder die Entsetzlichkeiten des englischen, französischen usw. Kolonialismus oder die Ermordung von vielleicht hundert Millionen Menschen unter dem Stalinismus oder 50 Millionen unter dem Maoismus" eine "in irgendeiner Weise harmlosere Angelegenheit gewesen sein" sollten. Die zunehmend subtiler gewordene Agitationsmethodik der DVU Latenter vermeidet offenen Antisemitismus. Gleichwohl sind ihre Aussagen Antisemitismus zu den Themen "Juden" und "Israel" vielfach negativ geprägt. Unter der Überschrift "Friedmans wahres Gesicht" hieß es in der "Deutschen Wochen-Zeitung" (DWZ) vom 17. März, das Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland plädiere nach der 36 Rechtsextremismus Abschaffung des Büßund Bettags dafür, den 8. Mai zum "Holocaust-Gedenktag" zu erklären, um auch kommenden deutschen Generationen das Büßen für "ihre" Vergangenheit zu ermöglichen..Auf einer "von den Massenmedien gelegten Schleimspur" sei Friedman in viele politische Schlüsselstellungen geglitten. In einem Beitrag in der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ) vom 21. April verwies die DVU auf "jüdische Prediger des Hasses und der antideutschen Hetze", die von hiesigen "Nationalmasochisten" als Bundesgenossen ins Feld geführt würden, um die eigene Nestbeschmutzung zu rechtfertigen. Die DVU nahm die Verurteilung des NPD-Vorsitzenden durch das Landgericht Karlsruhe (vgl. Nummer 3.3) zum Anlaß heftiger AnDiffamierung griffe auf die Justiz. Unter der Überschrift "Wie gerecht .ist das demokratischer Deckert-Urteil?" betonte sie in ihren publizistischen Sprachrohren, Institutionen Deckert werde härter bestraft als "Abertausende gemeingefährliche Schwerverbrecher wie Räuber und Rauschgiftdealer, Schläger, Vergewaltiger usw.". Sein Vergehen bestehe ledig- ] lich darin, daß er 1991 den Vortrag eines Ame- h rikaners übersetzt habe, der als "führender Holocaust-Leugner" gelte. Auch wer Deckerts Ansichten nicht teile, sollte sich ernsthaft Gedanken darüber machen, ob ein solches VorKap^Är gehen der Justiz mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sei. Keine Strafverfolgung drohe nämlich jenen, die den "zweibis dreimillionenfachen Mord an Ostund Sudetendeutschen" bei deren Vertreibung leugneten und allenfalls "einige tausend Todesfälle" bei der "Umsiedlung Deutscher aus den rechtmäßigen polnischen Westgebieten" behaupteten. * soll Nach wie vor distanziert sich die Partei von Ge*"!"a*2 en Zwiespältige waltanwendung. Rechtsextremistisch motivierte Haltung zur Militanz verurteilt sie aber in erster Linie unter Gewalt dem Aspekt der Gefährdung nationaler Interessen. Vom vorrangigen Individualrecht der Opfer auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist dabei kaum die Rede. Die DVU bezeichnete den Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge am 7. Mai als einen von "antideutschen Kräften" heiß ersehnten "Auslöser zu neuen Hetzkampagnen gegen Deutschland" Rechtsextremismus 37 mit der Konsequenz "vielschichtiger Forderungen auf allen möglichen Gebieten". Mit solchen Attentaten könne Deutschland "auf unabsehbare Zeit um die Gleichberechtigung in der Völkerund Staatenfamilie gebracht und in die bleibende Entrechtung geführt werden". 4.2 Organisation Die DVU zählte Ende 1995 nach Erkenntnissen des VerfassungsDeutlicher Mitschutzes bundesweit knapp 15.000 (1994: 20.000) Mitglieder, dagliederrückgang von etwa 2.000 (1994: 2.800) in Bayern. Mit eingerechnet sind dabei die Angehörigen des bereits seit 1971 bestehenden gleichnamigen Vereins, die nach Vollendung des 16. Lebensjahres auch der Partei angehören, sofern sie nicht widersprechen. Bundesvorsitzender ist der Verleger Dr. Gerhard Frey aus München, der - wie sein Stellvertreter Peter Jürgensen aus Baden-Württemberg - auf dem Bundesparteitag am 15. Juli in München in seiner Funktion bestätigt wurde. Ende 1995 verfügte die Partei in allen Bundesländern über Landesverbände. In Bayern bestehen die Bezirksverbände Oberbayern, Nief^iir e derbayern, Mittelfranken, Oberpfalz P "** * c ^ a , und Schwaben sowie 16 Kreisverbände und vier Ortsverbände. Vorsitzender des Landesverbands Bayern ist Bruno Wetzel. / Der deutliche Mitgliederschwund beruht im wesentlichen auf Resignation aufgrund von Wahlniederlagen und Überalterung. Insbesondere Ko*e" der Führungsstil des Parteivorsitzenden, seine mangelnde Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit mit deutschen rechtsextremistischen Organisationen, seine Kontakte zu dem russischen Nationalistenführer Schirinowski] und seine als penetrant empfundenen ständigen Spendenaufrufe stießen zunehmend auf interne Kritik. Im Verlag des Parteivorsitzenden erscheinen die "Deutsche NationalZeitung" (DNZ) und die teilweise inhaltsgleiche "Deutsche WochenZeitung" (DWZ). Beide fungieren als Werbeträger und publizistische Sprachrohre sowohl der Partei als auch des gleichnamigen eingetragenen Vereins. 38 Rechtsextremismus Defizitäre Die Partei ist nach wie vor bei Dr. Frey hoch verschuldet. Nach dem Finanzlage Rechenschaftsbericht beträgt das Defizit der DVU rund 8,5 Millionen DM. 4.3 Bündnispolitik Taktisch bedingte Noch 1994 hatte der Parteivorsitzende Dr. Gerhard Frey den Vorsitvorübergehende zenden der "Liberaldemokratischen Partei Rußlands" (LDPR) WladiDistanz zu mir Schirinowski] als seinen persönlichen Freund bezeichnet und in Schirinowski] seinen Wochenzeitungen positiv über ihn berichtet. Anfang 1995 stellten die Zeitungen diese Berichterstattung ein, nachdem die Medien auf kriegshetzende Äußerungen Schirinowskijs und den nationalistischen Kurs der LDPR-Fraktion in der russischen Staatsduma hingewiesen hatten. Offenbar war Dr. Frey interner Kritik ausgesetzt und um seine unternehmerischen Interessen als Verleger besorgt. Daß seine Zurückhaltung nur taktisch bedingt war, zeigte sich, als er kurz vor dem Bundesparteitag der DVU im Juli bei einem Aufenthalt in Moskau zusammen mit Schirinowski] eine Pressekonferenz in der Staatsduma gab und eine Rede vor der LDPR-Fraktion hielt. In der Folgezeit nahmen Dr. Freys Wochenzeitungen die Berichterstattung über Schirinowski] wieder auf, so am 14. Juli durch Abdruck eines Interviews mit der Überschrift "Meine Pläne für Deutschland". Desinteresse Dr. Frey sieht in der DVU die einzige ernstzunehmende Kraft im an Einigungsbe""rechten Lager". Seit der Niederlage der DVU bei der Hamburger strebungen Bürgerschaftswahl im September 1993 warb er laufend für ein Bündnis der "demokratischen Rechten". Trotz der Teilnahme von DVU-Funktionären an sogenannten "Runden Tischen" liegt ihm aber nichts an einer Vereinigung der rechtsextremistischen Parteien, es sei denn, er könnte zum alleinigen "Führer" aufsteigen. Derzeitiger Die Kontakte Dr. Freys zu dem früheren REP-Vorsitzenden Schönhu"Alleingang" ber sind nach dessen Entmachtung bedeutungslos geworden. Obwohl die DVU enttäuschten REP-Anhängern des Schönhuber-Flügels eine neue politische Heimat bot, war von dieser Seite kein nennenswerter Zulauf zu verzeichnen. Zur derzeitigen REP-Führung, deren Zukunftsperspektiven von Dr. Frey äußerst skeptisch beurteilt werden, bestehen keine Verbindungen. Das Verhältnis zur NPD ist seit der Kommunalwahl in Bremerhaven erheblich belastet. Dr. Frey lehnt eine Zusammenarbeit mit der NPD trotz ideologischer Gemeinsamkeiten entschieden ab. Er wirft ihr vor, Rechtsextremismus 39 sie habe völlig versagt und schwäche nur das "rechte Lager", weil sie nationalbewußte Menschen an eine chancenlose Partei binde. Ähnliches gilt für die Beziehungen zur Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH). Dr. Freys Zeitungen rechneten diese Organisation zu den "Spaltergruppen im Miniaturformat" und betonten, ihre führenden Personen hätten "ihre früheren Parteien, teilweise wiederholt, verraten". 4.4 Teilnahme an Wahlen Bei der Bürgerschaftswahl am 14. Mai in Bremen erreichte die DVU lediglich einen Stimmenanteil von 2,5 % (1991: 6,2 %). Seitdem ist Erhebliche die Partei nur noch in Schleswig-Holstein in einem Landesparlament Stimmenverluste vertreten. Dagegen konnte sich die DVU am 24. September bei der Wahl zur Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung mit 5,7 % (1991: 10 %) knapp behaupten. Sie sicherte sich damit zum dritten Mal den Einzug in das Kommunalparlament. Dieser eher bescheidene Wahlerfolg hatte für Dr. Frey einen hohen Stellenwert, weil er sich gegenüber anderen rechtsextremistischen Parteien als Wahlgewinner präsentieren konnte. Die REP hatten lediglich 0,3 % erreicht. Noch schwächer schnitt mit 0,1 % die NPD ab, deren erklärtes Wahlziel darin bestanden hatte, eine Wahl der DVU in die Stadtverordnetenversammlung zu verhindern. 4.5 Sonstige Aktivitäten An der alljährlichen Großkundgebung der DVU, die am 30. SeptemJährliche ber unter dem Motto "Recht und Freiheit für Deutschland" in der Großkundgebung Nibelungenhalle in Passau stattfand, nahmen rund 2.500 Personen teil. Der Bundesvorsitzende Dr. Frey verurteilte in seiner Rede das kurz zuvor gegen den LDPR-Vorsitzenden Schirinowski verhängte Einreiseverbot. In einem Grußwort beteuerte der LDPR-Vorsitzende seine Freundschaft zu Dr. Frey. Dr. Frey erklärte, zur DVU gebe es keine Alternative. Nach der NPD würden auch die REP in naher Zukunft in die Bedeutungslosigkeit versinken, da sie ohne Schönhubers Führungspersönlichkeit nicht die geringste Chance hätten. Gegen die DVU-Veranstaltung protestierten in Passau insgesamt Protestrund 1.100 Personen, darunter etwa 350 Linksextremisten. Die Polikundgebungen zei nahm 28 Personen, unter ihnen zehn Rechtsextremisten, u.a. we- 40 Rechtsextremismus gen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz in Gewahrsam. 5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 5.1 Ideologisch-politischer Standort Die DLVH versteht sich als Sammlungsbewegung aller "rechten" Parteien und wirbt - bislang erfolglos - für den Zusammenschluß "Rechte Samm"nationaler" Parteien und Verbände zu einer gemeinsamen Wahllungsbewegung" partei, um auf diese Weise alle "rechten" Kräfte zu bündeln. Sie bekennt sich zwar formal zur "Demokratie" und zum "pluralistischen Rechtsstaat". Ihr bewußt zurückhaltend formuliertes Parteiprogramm zeigt gleichwohl eine nationalistische, rassistische und völkisch-kollektivistische Grundhaltung, die den Vorrang der in den Grundrechten konkretisierten MenrZ'm ^ . " - " Ä schenrechte (Art.1 Abs.3 des "Mi i ' " - " * ; r J Ä - * " * Grundgesetzes) und , nlnsere" **%PS* mehr Deutsche ^ ^ ^ verfassungsrecht|i_ che 5SÄ3---** " + ww*~PSS5S*^ \ D.skriminierungsdes soM"räenDMß ,^^*jS5." Grundgesetzes) in M ttls2Bingen>eron unsmtü*"" deg vfl" "-* einstimmung mit hahen ,.,,.""""--* ' ., m **** * * - * * * rechtsextremistischem ,.'unsere" P^^J^TstägenderTendenz-. Gedankengut insbesondere ,0.00"DMproSeW ^ N p D . ^ o f f e n s J c h t |ich S Q | e h n t d j e partej "Gleichmacherei, Überfremdung und Bevormundung" ab, bekennt sich zur "Völkervielfalt" und betont die "Eingebundenheit des Menschen in Volk und Heimat" sowie die "Unterschiedlichkeit der Menund Rassismus schen und Nationen". Folgerichtig läßt sie auch eine nationalistisch motivierte fremdenfeindliche Grundtendenz erkennen. Nach Auffassung der DLVH ist Deutschland u.a. durch "wachsende Asylantenund Einwandererströme" infolge politischen Versagens der "Altparteien" in seinem Bestand und seinem Wohlstand bedroht. Deshalb tritt die Partei dafür ein, die Zahl der Ausländer in Deutschland zu senken und zu begrenzen, die Zahlung von Kindergeld an die deutsche Staatsbürgerschaft zu binden, Kindergartenplätze "vorrangig deutschen Kindern" zur Verfügung zu stellen sowie Arbeit, Wohnraum und soziale Versorgung "vorrangig den Einheimischen" zuzuteilen. Rechtsextremismus 41 Außerdem fordert die Partei eine "Geschichtsschreibung, die der NS-Apologie Wahrheit entspricht und sich nicht für Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbrauchen läßt". Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung dürften nicht zur "politischen Erpressung" führen. Die Partei versucht damit offenbar eine Relativierung der NS-Verbrechen. Die extremistische Zielsetzung der Partei wird durch die personelle Zusammensetzung der Führungsspitze bestätigt. Dem Bundesvorstand gehören - ebenso wie dem bayerischen Landesvorstand - mehrere Personen mit rechtsextremistischer Vergangenheit an, die bisher nicht erkennen ließen, daß sie ihre frühere politische Überzeugung geändert haben und nunmehr demokratische Positionen anstreben. 5.2 Organisation Die DLVH zählte Ende 1995 wie im Vorjahr bundesweit rund 900 Mitglieder, davon etwa 150 (1994: 200) in Bayern. An der Spitze der Partei stehen als gleichberechtigte Vorsitzende die bekannten Bundesvorstand Rechtsextremisten Harald Neubauer (früher: NPD, DNZ und REP) und Jürgen Schützinger (früher: NPD) sowie der ehemalige DVU-Funktionär Ingo Stawitz. Publizistisches Sprachrohr ist die im Nation Europa Verlag GmbH in Coburg erscheinende Monatsschrift "Nation und Europa - Deutsche Rundschau". Landesverbände bestehen mittlerweile in Baden-Württemberg, BayLandesverbände ern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein; der organisatorische Aufbau verläuft aber nach wie vor schleppend. Vorsitzender des in die Bezirksverbände Oberbayern, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken und Oberpfalz gegliederten Landesverbandes Bayern ist Werner Eichinger, der auf dem Landesparteitag am 25. November in Regensburg in seiner Funktion bestätigt wurde. Der mit der Partei personell verzahnte "Förderverein Vereinigte Rechte" in Landshut zeigte 1995 keine Aktivitäten. 5.3 Bündnisbemühungen Die bisherigen Bündnisbemühungen scheiterten regelmäßig daran, daß insbesondere die Spitzenfunktionäre der DLVH im übrigen rechtsextremistischen Lager durchwegs auf entschiedene Ablehnung 42 Rechtsextremismus "Runde Tische" stoßen. Als erfolgreicher hat sich die Veranstaltung von "Runden Tischen" erwiesen, bei denen die DLVH nicht von vornherein als Organisatorin erkennbar war. Damit sollen offensichtlich Mitglieder und Sympathisanten der NPD, DVU und REP für den Gedanken einer Zusammenarbeit gewonnen werden, um dadurch indirekten Einfluß auf diese Parteien nehmen zu können. Daneben wenden sich diese Gesprächsrunden auch an parteipolitisch bisher inaktive Personen. An einem "Runden Tisch" am 6. Juli in München beteiligten sich bis zu 200 Personen. Veranstalter war der mit der DLVH personell verzahnte Verein "Nation-Europa-Freunde e.V.", dessen Vorsitzender zugleich Funktionär der DLVH und Herausgeber ihres publizistischen Sprachrohrs ist. Die Teilnehmer verabschiedeten einen "Münchner Mahnruf", der zur Zusammenarbeit aller "demokratischen rechten Kräfte" auffordert. Ähnliche Initiativen der DLVH waren am 11. Februar in Ingolstadt ("Ingolstädter Erklärung"), am 10. Juni in Bergisch-Gladbach/Nordrhein-Westfalen ("Rheinischer Appell") und am 2. September in Pulheim/Nordrhein-Westfalen ("Pulheimer Erklärung") zu verzeichnen. 6. Neonazismus 6.1 Allgemeines Eine besonders abstoßende Erscheinungsform des Rechtsextremismus ist nach wie vor der Neonazismus (neuer Nationalsozialismus). Er umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus darstellen und auf die Errichtung eines vom Führerprinzip bestimmten autoritären bzw. totalitären Staates gerichtet sind. AgitationsDie Agitation der Neonazis richtet sich insbesondere gegen die vom schwerpunkte Grundgesetz (Art. 1, 3 und 20) garantierte Menschenwürde, den Gleichheitsgrundsatz und das Demokratieprinzip. Sie umfaßt vor allem Bestrebungen zur Wiedereinführung des NS-Systems, unverhohlenen Antisemitismus und sonstigen Rassismus, Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur. Einen Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten bilden seit Jahren die maßgeblich von Neonazis getragenen Veranstaltungen zum Gedenken an den 1987 verstorbenen "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß. Bei der Aktionswoche Rechtsextremismus 43 vom 12. bis 20. August konnten sich die Organisatoren offenbar nicht auf einen zentralen Kundgebungsort einigen. So fanden am 19. August in Schneverdingen/Niedersachsen und Roskilde/Dänemark zwei Aufmärsche statt, an denen sich bis zu 200 Personen beteiligten. Die Polizei nahm in Roskilde rund 60 Neonazis nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern vorübergehend fest. In Bayern und im übrigen Bundesgebiet konnten spektakuläre Aktionen durch umfangreiche polizeiliche Kontrollen und Sicherungsmaßnahmen unterbunden werden. Die Zahl der Neonazis in Bayern betrug Ende 1995 rund 110 (1994: Organisatorische 140); davon gehören etwa 65 (1994: 100) neonazistischen OrganiNeustrukturierung sationen an. Angesichts des zunehmenden staatlichen Verfolgungsdrucks (Organisationsverbote, Verbote von Veranstaltungen, Strafurteile) entwickelt das neonazistische Spektrum mittlerweile neue, durchwegs strukturlose Organisationsformen auf regionaler Ebene. Das Ziel ist, sich möglichst weitgehend der Beobachtung und dem Zugriff des Staates zu entziehen. In diesen sogenannten "Kameradschaften" gibt es weder eine formelle Mitgliedschaft noch Vorstandspositionen. Anführer ist meist ein besonders aktiver Rechtsextremist, der es versteht, seinen Gefolgsleuten die den ideologischen Zusammenhalt stärkenden "Feindbilder" zu vermitteln. In Bayern sind derartige themenund aktionsbezogene regionale Zusammenschlüsse in München, Ingolstadt, Kelheim und Straubing bekannt. Übergreifendes Bindeglied im neonazistischen Spektrum ist nach wie vor die Anti-Antifa-Kampagne, die als Reaktion auf Gewaltaktionen Anti-Antifalinksextremistischer Gruppierungen gegen Rechtsextremisten entKampagne stand. Ziel dieser von dem Hamburger Neonazi Christian Worch initiierten Kampagne ist zum einen die logistisch vorbereitete Bekämpfung politischer Gegner, zum anderen die Mobilisierung von Anhängern des rechtsextremistischen Lagers zu einer organisationsübergreifenden Aktionsgemeinschaft. Dabei lehnen sich die Neonazis an die von Linksextremisten entwickelten Konzepte an. So propagieren sie den Aufbau "autonomer" Strukturen und betreiben eine informationelle Vernetzung mittels moderner Kommunikationssysteme. In Bayern beschränkten sich die Aktivitäten auf vereinzelte Klebeaktionen; Gewalttaten gegen politische Gegner wurden nicht bekannt. Die organisatorischen Strukturen sind in Bayern nur schwach ausgeprägt. Einige Aktivisten in Nordbayern unterhalten Kontakte zu Gesinnungsgenossen der relativ starken Anti-Antifa-Bewegung in Thüringen. 44 Rechtsextremismus 6.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) Mit inzwischen bestandskräftiger Verfügung vom 22. Februar wurde die FAP vom Bundesministerium des Innern nach SS 3 des VereinsgeVereinsverbot setzes mit der Begründung verboten, sie richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Insbesondere sei sie nach ihrer Zielsetzung mit der ehemaligen NSDAP wesensverwandt. Sie orientiere sich an nationalsozialistischem Sprachgebrauch, Formen und Riten der NSDAP, propagiere Rassismus und Antisemitismus nach nationalsozialistischem Muster und verehre maßgebliche Repräsentanten des Nationalsozialismus. Fehlender Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor die im September 1993 Parteistatus von der Bundesregierung und dem Bundesrat gestellten Anträge auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der FAP als unzulässig zurückgewiesen, da die FAP nicht ernsthaft beabsichtigt habe, auf die politische Willensbildung Einfluß zu nehmen und an der parlamentarischen Vertretung des Volkes mitzuwirken. Sie sei daher keine Partei im Sinn von Art. 21 des Grundgesetzes. Beim Vollzug des Verbots am 24. Februar wurden in neun Bundesländern, u.a. auch in Bayern, die Wohnungen zahlreicher FAP-Mitglieder durchsucht, Konten gesperrt und vereinsinterne Unterlagen sowie umfangreiches Propagandamaterial beschlagnahmt. Anläßlich der Durchsuchung seiner Wohnung äußerte der FAP-Bundesvorsitzende Friedhelm Busse sinngemäß, er könne nunmehr für nichts garantieren und übernehme keinerlei Verantwortung, wenn jetzt in Deutschland Briefbomben verschickt würden. Zwei neue Seit dem Verbot waren in Bayern keine öffentlichen Aktivitäten der neonazistische FAP mehr feststellbar. Ein Teil der Mitglieder schloß sich anderen Publikationen , rechtsextremistischen Gruppieuten"*01 Roben" rungen an. Der ehemalige VorsitMacH^Wc" zende Busse setzte seine politischen Aktivitäten als Teilnehmer, Redner oder Mitorganisator bei Zaume *--"-I22 Veranstaltungen des rechtsextremistischen Spektrums fort. Daneben ist er für die seit Oktober erscheinende "Berlin-Brandenburger Zeitung" tätig. Diese Publikation wird überwiegend von ehemaligen FAP-Funktionären erstellt und herausgegeben. Ihre Regionalausgabe "Süddeutsche Allgemeine - Zeitung der nationalen Erneuerung" wird vom stellvertretenden Chefredakteur Busse selbständig gestaltet. Rechtsextremismus 45 6.3 Deutsche Nationalisten (DN) Die Mitte 1993 in Mainz gegründete Vereinigung hat ihren Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz. Bundesvorsitzender ist der ehemalige Leiter des Landesverbands Rheinland-Pfalz'der 1992 verbotenen neonazistischen "Deutschen Alternative" (DA) Michael Petri. Die Organisation versteht sich selbst als politische Partei, die "an öffentlichen Wahlen" teilnehmen will. Das Programm der DN weist auffallende Neonazistische Parallelen zu den Zielen der DA auf. Es fordert u.a. einen "deutZielsetzung sehen Nationalstaat in den völkerrechtlich gültigen Grenzen", die Beendigung der "Wiedergutmachungszahlungen" an "ausländische Mächte", den Austritt Deutschlands aus NATO und EU sowie eine staatliche Kontrolle der "Zinswirtschaft". Ferner treten die DN für einen sofortigen "Ausländerstopp" und eine "stufenweise Ausländerrückführung" ein. Der am 4. März 1994 gegründete Landesverband Bayern wird komOrganisation in missarisch vom stellvertretenden Vorsitzenden Robert Iwanzik geleiBayern tet, nachdem sich der bisherige Landesvorsitzende von den DN getrennt hat. Die sporadischen Aktivitäten der DN beschränkten sich in Bayern vorwiegend auf den Bereich Dillingen. Im Mittelpunkt standen Solidaritätsbekundungen für den österreichischen Neonazi Gottfried Küssel, der zur Zeit in seiner Heimat eine langjährige Freiheitsstrafe wegen "Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne" verbüßt. 6.4 Neonazistisches Potential bei Skinheads Die in Großbritannien entstandene, Ende der 70er Jahre erstmals auch im Bundesgebiet in Erscheinung getretene Skinhead-Bewegung Weltanschauung war ursprünglich eine jugendliche Subkultur. Ihr Auftreten (kahlraund Politikversierte Köpfe, Uniformjacken) signalisierte eine extreme Ablehnung ständnis der bürgerlichen Gesellschaft. Inzwischen passen sich Skinheads in ihrem äußeren Erscheinungsbild oft der bürgerlichen Umgebung an und sind damit von anderen militanten Rechtsextremisten kaum noch zu unterscheiden. Obwohl sie zu einer rational bestimmten politischen Meinungsbildung häufig nicht fähig und deshalb an einer fundierten politischen Auseinandersetzung kaum interessiert sind, hat sich in diesen Kreisen inzwischen eine vom organisierten Rechtsextremismus unabhängige diffuse rechtsextremistische Weltanschau- 46 Rechtsextremismus ung herangebildet. Sie ist vielfach von rassistischer Ausländerfeindlichkeit und übersteigertem Nationalbewußtsein geprägt. Diese Einstellung, die vor allem wegen ihrer rassistischen Grundhaltung an wesentliche Elemente des Nationalsozialismus anknüpft, ist nicht verstandesmäßig begründet und spiegelt sich daher nicht in programmatisch-ideologischen Aussagen, sondern meist in spontanen, vielfach militanten Aktionen wider. Einfluß der Die von Skinhead-Bands vorgetragene sogenannte "Oi-Musik" ist Skinhead-Bands das wichtigste Medium der Szene und übt einen anhaltenden und"Fanzines" rechtsextremistischen Einfluß aus. Die Liedertexte solcher Gruppen diffamieren und bedrohen Ausländer, propagieren Gewalt und verbreiten nationalistisch-rassistisches Gedankengut bis hin zur Glorifizierung des Nationalsozialismus. Auch die intern verbreiteten Skinhead-Publikationen ("Fanzines") weisen vielfach rechtsextremistische Bezüge auf. Mit 35 (1994: 20) Veranstaltungen in Deutschland war im Vergleich Zunahme der zum Vorjahr ein deutlicher Anstieg der Skinhead-Konzerte zu verSkinhead-Konzerte zeichnen. Um Veranstaltungsverbote zu vermeiden, wurden die Konzerte zum Teil konspirativ organisiert oder Veranstaltungsorte erst kurzfristig bekanntgegeben. Die Teilnehmerzahl lag meist zwischen 150 und 500 Personen. Bei 14 Konzerten kam es zu Straftaten. So sollte am 25. März bei einem konspirativ vorbereiteten Skinhead-Konzert in Triptis bei Gera/Thüringen auch die rechtsextremistische Skinband "Sturmtrupp" aus Neuburg a.d. Donau auftreten. Anläßlich dieser Veranstaltung nahm die Polizei 231 Personen aus zehn Bundesländern, davon 60 aus Bayern, fest bzw. in Gewahrsam. Skinheads aus Bayern hatten bereits während der Zugfahrt nach Gera neonazistische Parolen geschmiert und Sachbeschädigungen begangen. Bei Durchsuchungen an Kontrollstellen und nach Auflösung der Veranstaltung stellte die Polizei u.a. Schreckschußwaffen, Hiebund Stichwaffen sowie neonazistisches Propagandamaterial sicher. GewaltGewalt ist das bevorzugte Mittel der von Skinheads auf der Straße bereitschaft ausgetragenen "politischen" Auseinandersetzungen mit tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern. Als "Vorbild" für den "Straßenkampf" um die - nach Auffassung der Skinheads bislang nur vom NS-Regime erfolgreich verwirklichte - Vorherrschaft der weißen Rasse dient dabei der SA-Mann. In Deutschland gibt es derzeit rund 6.200 (1994: 5.400) überwiegend den Skinheads zuzurechnende militante Rechtsextremisten. In Rechtsextremismus 47 Bayern sind rund 325 (1994: 330) Skinheads mit rechtsextremistischem Hintergrund bekannt. Den Schwerpunkt bildet - sowohl von der Zahl der Aktivisten (rund 60) als auch vom Aktivitätsgrad her - die Regionalszene Allgäu. Sie betätigt sich überregional und international. Als die Polizei am 20. April und am 6. Mai zwei Treffen in Kaufbeuren auflöste, wichen die Allgäuer Skinheads in der Folgezeit nach Norddeutschland, Italien und Tschechien aus. Am 23. September gründeten 43 Skinheads den Verein "Skinheads Vereinsgründung Allgäu" mit Sitz in Pfronten, Landkreis Ostallgäu. Diese Initiative steht im Gegensatz zu der ansonsten in der Neonaziszene zu beobachtenden Tendenz, sich von organisatorischen Strukturen zu lösen, um staatliche Maßnahmen unterlaufen zu können. Die in der Satzung und in der Gründungsversammlung erklärten Vereinsziele (z.B. Pflege der "Skinhead-Kultur", Übernahme von I--s^--"-^_^___ Anwaltskosten für "unverschuldet" mit dem Gesetz in I- ^u(foj^pjr*"~-~~. Konflikt geratene Mitglieder) lassen die Absicht erken- I 'i | ' / nen, einen Treffpunkt für Gesinnungsgenossen aus I /~N 1995J dem gesamten süddeutschen Raum aufzubauen. Die I /"<'.(fY= / Vorstandsmitglieder sind als Aktivisten der regionalen I f-~\ / rechtsextremistischen Szene bekannt. Das Register- I /"~V/^rv^ / gericht hat die Eintragung ins Vereinsregister abge- I r = * J f .* " / ) // Auf den Mitgliedsausweisen wird der Verein als I J""" ' " ^ C y /; "Skinheads Allgäu 88 e.V." bezeichnet. Die Zahl I ^ f ^ ^ m // "88" verwenden Neonazis als verschlüsselte Ab- ^ ^ ^ ^ ^ ^ H u ^ / kürzung für "Heil Hitler" (8. Buchstabe des Alphabets = H). ^*s^*/ Treffen von neonazistischen Skinheads führten auch in Bayern zu polizeilichen Einsätzen. So nahm die Polizei in der Nacht vom 4. auf Exekutivmaß5. Februar in Nürnberg 29 Personen in Unterbindungsgewahrsam, nahmen Die Skinheads hatten Gegenstände aus einer Wohnung geworfen sowie Passanten angepöbelt. Am 18. Februar nahm die Polizei in Nürnberg 60 Skinheads wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vorläufig fest. Bei Durchsuchungen stellte die Polizei mehrere Schreckschußwaffen, Taschenmesser und Reizgassprühgeräte sicher. Die Skinheads hatten sich in einem als NPD-Treffpunkt bekannten Lokal in Nürnberg zu einer "Faschingsveranstaltung" getroffen, Parolen wie "Sieg Heil" NS-Parolen und "Heil Hitler" skandiert und Fensterscheiben zerstört. 48 Rechtsextremismus Hitler-Gedenken In Kaufbeuren löste die Polizei am 20. April in den Kellerräumen einer Gaststätte eine Zusammenkunft von Skinheads aus Anlaß des "Führergeburtstages" auf. Von den 23 vorläufig Festgenommenen blieben sieben Personen in Gewahrsam. Bei der Durchsuchung der Räumlichkeiten wurden Fanzines und Musikkassetten mit volksverhetzendem Inhalt sichergestellt. In demselben Lokal sollte am 6. Mai ein weiteres Treffen mit Teilnehmern aus Bayern und Baden-Württemberg stattfinden. Die Polizei löste auch diese Veranstaltung auf, stellte die Personalien von 55 Skinheads fest und beschlagnahmte Gaspistolen, Messer, Schlagwerkzeuge und Gegenstände mit NS-Symbolen. 6.5 Rechtsextremistisch motivierte Straftaten* Straftaten mit Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen neonazistischen, antisemineonazistischen, tischen und rassistischen Straftaten ging in Bayern um rund 26 % antisemitischen auf 755 (1994: 1.024) zurück. Dabei handelte es sich vielfach um und rassistischen Sachbeschädigungen, Nötigung, Bedrohung, Volksverhetzung und Motiven Verbreiten von Propagandamitteln bzw. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Insbesondere bei Schmierund Klebeaktionen wurden Hakenkreuze und SS-Runen gesprüht oder Parolen wie "Heil Hitler", "Sieg Heil" und "Ausländer raus" verbreitet. Nicht mitgezählt sind vergleichbare Fälle, in denen ein rechtsextremistisches Motiv nicht vorhanden oder nicht erkennbar war (z.B. beim Verwenden von NS-Symbolen als Mittel der politischen Diffamierung). Unbekannte Täter versandten seit Anfang Februar aus Fürth und Nürnberg ein antisemitisches und rassistisches Pamphlet mit dem Titel "Deutsches Manifest" in hoher Zahl an Repräsentanten des öf"Deutsches fentlichen Lebens, Sicherheitsbehörden und Privatpersonen im BunManifest" desgebiet. Als Absender waren fingierte Anschriften aus Berlin, Nürnberg und München angegeben. Das Druckwerk beschreibt auf 82 Seiten in volksverhetzender Weise die "historische Entwicklung" des jüdischen Volkes. Es ruft dazu auf, den Kampf gegen den "gemeinsamen Feind der Menschheit", das "Volk der Hebräer", aufzunehmen. 1933 habe Adolf Hitler der Menschheit den Weg zur Rettung aus der "hebräischen Umklammerung" gezeigt. Die Antwort der Juden sei "der 2. Weltkrieg und die seither im Gang befindliche Ausrottung des Deutschtums" gewesen. * ohne die im 4. Abschnitt genannten Gewalttaten Rechtsextremismus 49 Unter dem Pseudonym "Germanische Nationalgilde - Zentralgauleiter Richard Wahnfried Eichmann" wurden Mitte Februar von München aus Pamphlete mit massiver antisemitischer Hetze gegen ReAntisemitische Präsentanten des Zentralrats der Juden in Deutschland verbreitet. Hetze Der anonyme Verfasser behauptete, "Zionistenschweine" hätten "die politische Beugung der bisher unabhängigen Justiz erzwungen", und forderte, Deutschland dürfe "kein Judensaustaat werden". 6.6 Strafverfahren Das Amtsgericht Groß-Gerau/Hessen verhängte am 31. Januar Freiheitsstrafen von zwei Jahren ohne Bewährung bzw. von einem Jahr mit Bewährung gegen die beiden Hauptverantwortlichen für die Herausgabe der Neonazischrift "Der Einblick". Das Gericht befand "DerEinblick" die Angeklagten für schuldig, mit ihrer "Anti-Antifa"-Publikation öffentlich zu Straftaten gegen Andersdenkende aufgerufen zu haben. Der mitangeklagte Verleger Eberhard Hefendehl aus Rodach b. Coburg, der die Broschüre gedruckt hatte, wurde wegen Beihilfe zu einer Geldstrafe von 4.000 DM verurteilt. Am 3. Februar wurde der im Jahr 1994 unterbrochene Prozeß gegen Verbotene Angehörige des "Mosler-Flügels" der ehemaligen "GesinnungsgeANS/NA meinschaft der Neuen Front" (GdNF) wieder aufgenommen. Die elf Angeklagten hatten den organisatorischen Zusammenhalt der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) als Rädelsführer aufrechterhalten. Das Landgericht Stuttgart verhängte am 15. Februar gegen Jürgen Mosler, den früheren Gegenspieler des 1991 verstorbenen Neonaziführers Michael Kühnen, eine zweijährige Bewährungsstrafe und eine Geldbuße von 1.000 DM. Der Angeklagte hatte gestanden, die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) mit anderen Rechtsextremisten und mit Wissen des damaligen FAP-Vorsitzenden Martin Pape unterwandert zu haben, um die Ziele der verbotenen ANS/NA weiterzuverfolgen. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Neonazi Michael Swierczek und zwei ebenfalls geständige Mitangeklagte wurden am 7. März zu Bewährungsstrafen von 15 bzw. 18 und siebeneinhalb Monaten verurteilt. In einem weiteren abgetrennten Verfahren verhängte das Gericht gegen vier Angeklagte am 16. Mai Bewährungsstrafen zwischen sechs und zehn Monaten. Das Landgericht Dortmund verurteilte am 8. November den Neonazi Meinolf Schönborn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei 50 Rechtsextremismus Monaten wegen Verstoßes gegen ein vollziehbares Vereinsverbot. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Angeklagte die organisatorischen Strukturen der 1992 verbotenen "Nationalistischen Front" Verbotene NF (NF) in ihrem Kern aufrechterhalten. Er habe von Anfang an nicht den Willen gehabt, das Verbot zu respektieren. Hinweise auf organisatorische Strukturen sah das Gericht insbesondere in den von Schönborn verfaßten "Berichten zur Lage", in denen er immer wieder dazu aufgerufen hatte, den Kampf fortzusetzen, zu spenden und ihn zu unterstützen. 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 7.1 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) Die von ehemaligen SSund NSDAP-Angehörigen gegründete GFP stellt vor allem ein Podium für Publizisten dar, die rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Sie will in einer angeblich "durch Siegerrechte und Besiegtenpflichten beschränkten Öffentlichkeit" Zielsetzung eine "Freistatt für den deutschen Gedanken und das deutsche Wort" schaffen und erhalten. So wendet sie sich gegen die "Entstellungen in der deutschen Geschichtsbetrachtung" und die "unwahren Darstellungen der Ursachen und Hintergründe beider Weltkriege". Ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung ergibt sich u.a. aus der Mitgliedschaft führender Aktivisten rechtsextremistischer Organisationen, insbesondere der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), und der Verbreitung deren Gedankenguts bei Vorträgen. Mitgliederstärkste Die Vereinigung, die ihren Sitz in München hat, zählt im Bundesgerechtsextremistibiet rund 500 (1994: 420) Mitglieder, davon etwa 40 in Bayern. Vorsche " Kulturvereisitzender ist seit Mai 1992 der frühere "Chefideologe" der NPD nigung" Dr. Rolf Kosiek. Unter dem Motto "Deutschland 50 Jahre nach Kriegsende - Ein neuer Anfang muß her!" hielt die GFP vom 5. bis 7. Mai in Aalen/Baden-Württemberg ihren Jahreskongreß ab. Dr. Kosiek wies im Einführungsreferat darauf hin, daß die aktuelle Diskussion um die Bedeutung des 8. Mai 1945 vielen Nachgeborenen erstmals wichtige Revisionismus Tatsachen über das Ende des Zweiten Weltkriegs vermittelt habe, so die unvorstellbaren Leistungen der deutschen Soldaten im Osten zur Rettung von Millionen Flüchtlingen. Umgekehrt versuchten volksfeindliche Kräfte, die damalige Niederlage der Wehrmacht in eine Rechtsextremismus 51 Befreiung des deutschen Volkes umzufälschen. Es sei unwürdig, wenn die Besiegten die Sprachregelung der Sieger annähmen. 7.2 Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V. Der von Rechtsextremisten gegründete Freundeskreis Ulrich von Hutten vertritt rechtsextremistische, insbesondere rassistische, Thesen Verharmlosung und verbreitet Äußerungen, die das NS-Regime verharmlosen und des NS-Regimes die Bundesrepublik Deutschland verunglimpfen. Die Vereinigung zählt wie im Vorjahr bundesweit rund 280 Mitglieder, davon etwa 30 in Bayern. Vorsitzende ist die Präsidentin der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) in Österreich Lisbeth Grqlitsch. Der Freundeskreis trat vorwiegend mit der Herausgabe und Verbreitung der Schrift "Huttenbriefe - für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht" in Erscheinung. Darin stellte er die "angebliche deutsche FremdenfeindFremdenfeindlichkeit" der Ausländerkriminalität gegenüber und belichkeit tonte, die Zahl der von Ausländern ermordeten Deutschen betrage mehr als das 70fache der ausländischen Todesopfer. Für getötete Deutsche sei außerdem "kein Gedenken, kein Kerzenmarsch, kein Trauerwort des Bonner Bundeskanzlers oder des BRDBundespräsidenten" vorgesehen. Dies unerträglicher Zustand der Niedertracht und Heuchelei gegen das eigene Volk. Die Folgen würden sich "letzten Endes gegen Bonn selbst richten". 8. Revisionismus-Kampagne 8.1 Ziele und Methoden Das rechtsextremistische Lager ist sich weitgehend darin einig, daß Versuch einer das deutsche Volk in wesentlichen Fragen seiner jüngeren GeschichRehabilitierung te rehabilitiert werden müsse. Der Revisionismus, der die Geschichtsdes Nationalschreibung über die Zeit des "Dritten Reichs" ändern will, ist daher sozialismus zu einem Bindeglied zwischen den unterschiedlichsten rechtsextremistischen Strömungen geworden. Seinen Repräsentanten geht es allerdings nicht um die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern gezielt um die Rechtfertigung bzw. Aufwertung der 52 Rechtsextremismus nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Im Mittelpunkt der revisionistischen Agitation steht die Leugnung des nationalsozialistischen Massenmords an europäischen Juden in Gaskammern deutscher Konzentrationslager während des Zweiten Weltkriegs (Holocaust). Im Bestreben, das nationalsozialistische Unrechtsregime zu verteidigen, müssen die rechtsextremistischen Revisionisten freilich Regeln der kritischen Geschichtswissenschaft mißachten und ForschungserGeschichtsvergebnisse negieren, die nicht ihrem vorgefaßten Geschichtsbild entfälschung sprechen. Ihre Behauptungen zielen darauf ab, das auf seriöser Forschung beruhende Geschichtsbild propagandistisch zu unterminieren, um sich von einem vermeintlich aufgezwungenen "Schuldkomplex" zu befreien. Die Revisionisten hoffen, mit Hilfe ihres angeblichen Wissenschaftlichkeitsanspruchs zunehmend aus der "braunen Ecke" heraustreten zu können und größere Publizität und Zustimmung zu finden. Dabei machen sie sich zunutze, daß das Wissen über den Nationalsozialismus vielfach nur noch bruchstückhaft vorhanden ist. Vor allem Jugendliche laufen Gefahr, der in wissenschaftlichem Gewand daherkommenden Vielzahl von unbewiesenen Behauptungen, Verdrehungen und absurden Thesen zu erliegen. Nationalismus und Antisemitismus bilden die Wurzeln dieses Revisionismus, der letztlich Opfer zu Tätern und die Täter zu Opfern einer angeblich falschen Geschichtsschreibung machen will. 8.2 Entwicklung Ursprung des Revisionismus war von Anfang an keine deutsche, sondern eine inSchlagworts ternationale Erscheinung, wobei der Anstoß zunächst aus Frankreich "Auschwitzlüge" und den USA kam. Seit Beginn der 50er Jahre erschien eine große Anzahl von Büchern, die unter dem Schlagwort "Auschwitzlüge" ~\ den "historischen" Nachweis führen wollten, daß 6 D ERlEUCHj e s |< e j ne Tötung von Juden in Gaskammern gegeBBW**** g PS ben habe. Es fällt auf, daß die maßgeblichen AuiirfrHT FRE'-' toren keine Historiker waren, sondern andere Be- ^ S B Z - f e hatten. Größere Publizität erlangte der Revisionismus durch ein 1989 veröffentlichtes technisches "Gutachten" des Amerikaners Fred A. Leuchter, wonach es in Auschwitz und einigen anderen Konzentrationslagern aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht möglich gewesen sei, Menschen in Gaskammern zu töten. Die Rechtsextremismus 53 Fehler und Widersprüche dieses als "Leuchter-Bericht" bekanntge"Leuchter-Bericht wordenen "Gutachtens" sind in verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen ausführlich nachgewiesen worden. Dies hinderte Revisionisten beiderseits des Atlantiks indes nicht, Leuchters Machwerk als überzeugenden Beweis ihrer Thesen anzusehen und als "Sieg für Deutschland" sowie als "Anfang vom Ende des Auschwitz-Mythos" zu feiern. Weiteren Auftrieb erhielt die Revisionismus-Kampagne durch das 1994 verbreitete "Rudolf-Gutachten", das sich u.a. auf "Rudolfden "Leuchter-Bericht" bezieht. Verfasser ist der Diplom-Chemiker Gutachten" Germar Scheerer geb. Rudolf, ein ehemaliges Mitglied der Partei "Die Republikaner" (REP). In seinem "Gutachten über die Bildung und Nachweisbarkeit von Zyanidverbindungen in den ,Gaskammern' von Auschwitz" kam er zu dem Schluß, daß die "behaupteten Menschentötungs-Gaskammern in Auschwitz niemals mit Zyklon B in Berührung gekommen sind". Dabei verkannte er - wie Leuchter -, daß die beim Freisetzen von Blausäure entstehenden chemischen Verbindungen unter dem Einfluß der Witterung innerhalb kurzer Zeit zerfallen und dann nicht mehr nachweisbar sind. Das Landgericht Stuttgart verurteilte Scheerer am 23. Juni wegen Volksverhetzung, Aufstapelung zum Rassenhaß, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung. Aufgrund der konsequenten strafrechtlichen Verfolgung rechtsextreKonsequente mistischer Aktivitäten war die Zahl der in Deutschland verbreiteten Strafverfolgung revisionistischen Publikationen leicht rückläufig. Überzeugte Revisionisten werden dennoch auch künftig jede Gelegenheit nutzen, ihre Thesen öffentlichkeitswirksam darzustellen. 8.3 Träger der Revisionismus-Kampagne Wegen behördlicher Gegenmaßnahmen und strafrechtlicher Verfolgung meiden die international aktivsten Revisionisten Deutschland als Betätigungsfeld. Sie weichen zunehmend in Länder aus, in denen Strafbestimmungen gegen das Verbreiten revisionistischen Gedankenguts fehlen. Der wohl bekannteste Vertreter des Revisionismus ist der international agierende britische Schriftsteller David Irving, der sich nach eigeDavid Irving nen Angaben durch den "Leuchter-Bericht" überzeugen ließ, daß der Holocaust nur eine "Propagandalüge" der Sieger des Zweiten Welt- 54 Rechtsextremismus kriegs sei. Seine Aktivitäten in Deutschland wurden durch die 1993 von der Landeshauptstadt München verfügte Ausweisung unterbunden. Erst im April trat er hier erneut propagandistisch in Erscheinung. Auf vorgedruckten Postkarten vertrat er die These, die Gaskammern in Auschwitz seien Fälschungen. Die Karten wurden aus Florida/USA an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens versandt. Einer der aktivsten Exponenten des Revisionismus ist der deutsche Ernst Zünde! Staatsangehörige Ernst C. F. Zündel, der 1958 nach Kanada übersiedelte. Seit 1976 tritt er als Inhaber des Verlags Samisdat Publishers Ltd. in Toronto in Erscheinung. Er verfaßt und verschickt in erster Linie den "Germania"-Rundbrief, der neonazistische und antijüdische Thesen enthält (vgl. Nummer 10.2). Darüber hinaus ist Zündel intensiv bemüht, sein revisionistisches Programm "Another Voice of Freedom" über elektronische Medien weltweit zu verbreiten. Bereits Anfang 1993 erwarb er Senderechte bei Radiound Fernsehstationen in den USA. Er betreibt in Toronto die Mailbox "Digital Freedom ,BBS" und propagiert seine Thesen auch im weltumspannenden Datenverbundnetz Internet. internationale Seine Verbindungen zu europäischen Neonazis intensivierte Zündel Kontakte durch mehrere Europareisen. In München unterhielt der Neonazi Ewald Bela Althans für seine Leitfigur zeitweilig ein "Zündel-Büro". Internationale Kontakte bestehen über den Revisionisten David Irving nach Großbritannien, aber auch in die Niederlande, nach Frankreich, in die USA und seit Mitte 1994 zu dem russischen Nationalistenführer Wladimir Schirinowskij. Institute for Das 1979 unter rechtsextremistischer Beteiligung gegründete IHR Historical Review mit Sitz in Kalifornien/USA trägt durch Veranstaltungen und Publika(IHR) tionen antisemitische und neonazistische Positionen an die amerikanische und internationale Öffentlichkeit. Es unterhält Verbindungen zu Rechtsextremisten in allen Kontinenten. Mit seiner Zeitschrift "Journal of Historical Review" und vor allem mit seinen jährlichen Kongressen bietet es revisionistischen Amateur-Historikern aus aller Welt eine Plattform, um gegen die Ergebnisse der seriösen zeitgeschichtlichen Forschung zu polemisieren. Auf diesen Tagungen traten nahezu alle bekannten Vertreter des Revisionismus auf. Zu den Trägern der Revisionismus-Kampagne in Bayern gehörte in Althans-Büro erster Linie das von dem Neonazi Ewald Bela Althans repräsentierte, seit 1993 endgültig geschlossene " A m t für Volksaufklärung und Öf- Rechtsextremismus 55 fentlichkeitsarbeit" (AVÖ) in München. Erhebliches öffentliches Aufsehen erregte Althans durch seine Mitwirkung in einem 1993 produzierten Dokumentarfilm über Neonazismus mit dem Titel "Beruf Neonazi". Darin leugnete er die systematische Ermordung von Juden im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz und bezeichnete die dortigen Gaskammern als "Attrappen". Das Landgericht Berlin verurteilte ihn deswegen am 29. August zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren ohne Bewährung wegen Volksverhetzung sowie Verunglimpfung des Staates und des Andenkens Verstorbener. Während der Verhandlung behauptete Althans, er habe der Neonaziszene den Rücken gekehrt. Dieses Verhalten isolierte ihn bei früheren Gesinnungsgenossen; auch seine Leitfigur Zündel ging auf Distanz. Die seit August 1993 erscheinende Schrift "Deutschland Report" hat "Deutschland das revisionistische Gedankengut und die unverblümte antisemitiReport" sehe und fremdenfeindliche Hetze der im Februar 1994 eingestellten "Remer-Depesche" übernommen. Ihr Herausgeberkreis ist die Institution "Media World" mit Sitz in England. 9. Organisationsunabhängige Publizistik Die sieben Verlage, Vertriebsund Buchdienste in Bayern, die PubliRückgang der kationen mit rechtsextremistischem Inhalt herausgeben bzw. verbreiAuflagenzahlen ten, entwickelten 1995 eine immer noch beachtliche Tätigkeit. Die Auflage der periodisch herausgegebenen einschlägigen Druckschriften, die gegenüber dem Vorjahr um rund 17 Prozent zurückging, betrug monatlich 248.000 (1994: 300.000) Exemplare, wobei erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen nicht eingerechnet sind. Das Angebot umfaßte außerdem Bücher mit rechtsextremistischem Inhalt sowie Schallplatten, Tonkassetten und Videofilme. 9.1 Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) Wirkungsvollstes Propagandainstrument des Rechtsextremismus in DSZ-Verlag als Deutschland ist weiterhin der DSZ-Verlag in München unter der LeiSchwerpunkt der tung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erscheinen die "Deutsche Narechtsextremistitional-Zeitung" (DNZ) mit einer Wochenauflage von etwa 35.000 schen Publizistik (1994: 42.000) und die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ), die im Untertitel den Namen des Ende 1990 eingestellten "Deutschen Anzeigers" (DA) führt, mit wöchentlich rund 20.000 (1994: 25.000) 56 Rechtsextremismus Exemplaren. Der Rückgang der Auflagenzahlen ist - wie auch die Wahlergebnisse und der Mitgliederschwund in weiten wahre" 1 Bereichen des Rechtsextremismus zeiDie gen - ein Indiz für nachlassendes Inter- I esse. AÄ4^ $"&m(r) Die Wochenzeitungen Dr. Freys, die Z^ssssss^ auch als Sprachrohre der DVU fungieren, wandten sich gegen die Gedenkveranstaltungen zum 50. Jahrestag der deutschen Kapitulation von 1945. Unter der Überschrift "War das wirklich Befreiung? Kapitulation und Massenkein Grund zur Feier" versuchten sie, die Zahl der deutschen Kriegsopfer gegen die Opfer des NS-Regimes aufzurechnen. Sie behaupteten, die "antideutsche Umerziehung" erreiche 50 Jahre nach Kriegsende neue Höhepunkte: "Das .Gedenkjahr 1995' wird von der massiven und einseitigen Beschwörung deutscher Schuld beherrscht, während die entsetzlichen Menschheitsverbrechen am deutschen Volk weitgehend unerwähnt bleiben und bestenfalls als .gerechte Strafe' der Geschichte dargestellt werden." 9.2 Nation Europa Verlag GmbH Im Nation Europa Verlag in Coburg erscheint die Monatsschrift Sprachrohr "Nation und Europa - Deutsche Rundschau". Herausgeber sind der der DLVH _ Funktionär der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH) Peter Dehoust, der frühere NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden und der Vorstandssprecher der DLVH Harald Neubauer. Dehoust entwickelte bei "Runden Tischen" zur Einigung des "rechten Lagers" beachtliche Initiativen. Der Verlag wird von Li dem 1954 gegründeten Verein "Nation-Europa-Freunde e.V." finanziell unterstützt. In der Ausgabe vom Oktober stellte die Schrift den früheren REP-Vorsitzenden Schönhuber als neuen Autor vor, der künftig regelmäßig mit einer eige- " nen Kolumne vertreten sein werde. Rechtsextremismus 57 Die Schrift kritisierte das ihrer Ansicht nach allzu milde Strafmaß für Drogenhandel, während etwa ein Vertreter des Revisionismus, der "ungehörige Millionenzahlen" verbreite oder die Wirksamkeit eines Antisemitische bestimmten Gases bestreite, mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf JahPolemik ren rechnen müsse. In der Ausgabe vom November/Dezember versuchte Schönhuber mit antisemitischer Polemik, die deutschen Kriegsverbrechen zu relativieren: "Ist es Aufrechnung, wenn man auch mit den schändlichen, auf der Siegerseite begangenen Kriegsverbrechen abrechnet? ... Warum verjähren Kriegsverbrechen in Israel nach 30 Jahren, in Deutschland aber nie? Ist es gerecht, jetzt noch deutsche Greise zu jagen und zu verfolgen für Verbrechen, die heute wieder gang und gäbe sind, aber ungesühnt bleiben? Darf man da nicht an die massenhafte Ermordung ägyptischer Kriegsgefangener in den Sinai-Kriegen von 1956 und 1967 durch israelische Soldaten mit Billigung ihrer Vorgesetzten, heute Generäle, denken? Sind wir das auserwählte Volk des Satans?" 10. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus 10 1 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) Die neonazistische NSDAP-AO in den USA fordert die "Ausschaltung des jüdischen Einflusses", die Überwindung des "Materialismus" durch den Nationalsozialismus und die "Neugründung der NSDAP NS-Staat als Ziel als legale Partei". Endziel ist die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staates" in einem "neuvereinigten Großdeutschen Reich" und die "Errichtung einer Neuen Ordnung auf einer rassischen Grundlage in der gesamten arischen Welt". Der "Propagandaleiter" der NSDAP-AO Gary Rex Lauck gibt große Mengen an Agitationsmaterial heraus, darunter das / ^8SÄ*== zweimonatlich erscheinende Publikationsorgan / /Sv "NS Kampfruf". Dieses NS-PropagandamateriJVTC Tf**~ al geht von der "Auslandszentrale" in Lin- " ^ T coln/Nebraska den oft nur aus einer Person ^ ! ! I ^ " deg ' ^ bestehenden Stützpunkten der NSDAP-AO im nZT ' ^*y>*uEPSä%*< : L Bundesgebiet zu, denen die Weiterverbreir[ a u c k f e s f p P n " r;Der tung im Inland obliegt. ^pf8ehtt2mmen.' Lauck konnte aufgrund eines internationalen Haftbefehls des Amtsgerichts Hamburg am 20. März in Kopenhagen festgenommen werden. Er hatte sich dort mit dänischen Gesinnungsgenossen getrof- 58 Rechtsextremismus Festnahme fen. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Däneund Auslieferung mark wurde er am 5. September an Deutschland ausgeliefert. Hier Laucks erwartet ihn ein Strafverfahren der Staatanwaltschaft Hamburg wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und anderer Delikte. ExekutivmaßUnter der Bezeichnung "Atlantik II" wurde am 23. März eine bunnahme desweite Exekutivmaßnahme gegen Bezieher und Verteiler von Pro"Atlantik II" pagandamaterial der NSDAP-AO durchgeführt. Polizeibeamte des Bundes und der Länder durchsuchten 84 Objekte, davon zehn in Bayern. Bei nahezu allen 56 Tatverdächtigen fanden die Beamten rechtsextremistisches Propagandamaterial sowie sonstige strafrechtlich relevante Gegenstände. So beschlagnahmten sie als Beweismittel u.a. rund 9.000 Hakenkreuzaufkleber, etwa 150 Exemplare des "NS Kampfruf", sechs Fahnen, mehrere Hakenkreuzarmbinden sowie einen Personalcomputer mit Disketten. Durch diese Exekutivmaßnahmen wurde die Propagandatätigkeit der NSDAP-AO eingeschränkt. Seit Laucks Inhaftierung erschien der NS Kampfruf verspätet oder in gekürztem Umfang. In der Juli-August-Ausgabe wurde der Generalbundesanwalt als "Drahtzieher des Terrors" bezeichnet. Weiter hieß es: Aufruf zum Terror "Kay Nehm (54), Generalbundesanwalt: Verantwortlich für die jetzige Terrorwelle gegen die Untergrundkämpfer im Reichsgebiet. Eines Tages werden diese Politbonzen ihrer absolut notwendigen Beseitigung hinzugeführt werden! Für das System keinen Millimeter Boden, sondern neun mm." 10.2 Verlag Samisdat Publishers Ltd. Inhaber des in Toronto/Kanada ansässigen Verlags ist der deutsche Staatsangehörige Ernst C. F. Zündel. Er hat internationale Kontakte Revisionismus und verbreitet zahlreiche Publikationen, darunter den "Germania"-Rundbrief in einer geschätzten Auflage von 50.000 Exemplaren. Im _ [ deg*UTSCII* Frühjahr 1995 übernahm er die Her ß *"HT Eü ausgäbe der neonazistischen Publika- " *e tion "Die Bauernschaft" von dem daKETTEN.' mals in Dänemark lebenden deut *ÄS"'sehen Revisionisten Thies Christophersen in der Erwartung Rechtsextremismus 59 damit rund 3.000 neue Abonnenten zu gewinnen. Die Schrift wird bei dem belgischen Rechtsextremisten Siegfried Verbeke in Antwerpen gedruckt Im "Germania"-Rundbrief vom 15 . November kommentierte Zündel den Anschlag auf den israelischen Ministerpräsidenten mit der zyniAntisemitismus sehen Behauptung, hier sei ein "Mörder" durch einen Mörder aus dem eigenen Volk ums Leben gekommen. Unter der Überschrift "Yitzhak Rabin: Lebte beim Schwert und starb durch das Schwert" hieß es: "Der Rummel um Rabin geht mir auf die Nerven. Ein ,Soldat des Friedens' soll er gewesen sein? Es ist eine Charakterlosigkeit, so etwas zu behaupten! Jüdische Kreise und Nazijägerorganisationen sind mitverantwortlich für die Justiztragödie und die Justizmorde von Nürnberg. Unter den gegen die Deutschen und Japaner angewandten angeblichen .Normen des Rechts' hätte Yitzhak Rabin nicht verherrlicht, sondern schon längst angezeigt, abgeurteilt und von einem internationalen Gericht hingerichtet werden sollen." 11. Nutzung der Informationstechnik durch Rechtsextremisten Die Vervollkommnung der Informationstechnik und die steigende Übertragungsgeschwindigkeit bieten Rechtsextremisten neue Möglichkeiten der Strukturierung und internationalen Vernetzung. Insbesondere Neonazis haben frühzeitig erkannt, daß ein organisationsunabhängiges Vorgehen enge informationelle Kontakte voraussetzt. Durch Mobiltelefone, Faxgeräte, Mailboxen oder Info-Telefone können die bei einer fehlenden Struktur nicht vorhandenen Steuerungsmöglichkeiten wirkungsvoll ersetzt werden. Mittlerweile hat sich die rechtsextremische Szene insbesondere die für einen überregionalen Informationsaustausch geeigneten Kommunikationswege voll erschlossen und nutzt - vor allem im Internet - die weltweite Datenfreiheit und die unterschiedlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Staaten für propagandistische Aktivitäten. 60 Rechtsextremismus 11.1 Mailboxen Zur Förderung ihrer informationellen - nicht organisatorischen - VerThule-Netz netzungsbestrebungen setzen Rechtsextremisten verstärkt Mailboxen und deren Zusammenschluß in Form des Thule-Netzes ein. Diesem seit Frühjahr 1993 bestehenden organisationsübergreifenden Kommunikationssystem gehören bundesweit 13 Mailboxen an, darunter in Bayern die Mailboxen Widerstand BBS* in Erlangen, Janus BBS in München, Kraftwerk BBS in Weißenbrunn und Oberland BBS in München (im Aufbau). Dem Thule-Netz sind ferner vier Mailboxen in Österreich, Norwegen und den Niederlanden angeschlossen. Nach eigenen Angaben hat das Thule-Netz neben der Schaffung einer Gegenöffentlichkeit noch folgende Aufgaben zu erfüllen: - Herstellung und Verfestigung der Kontakte zwischen "nationalen" Gruppen; - Entwicklung einer Datenbank mit Informationen für "nationale" Aktivisten - insbesondere soll die Herstellung von "national gesinnten" Publikationen durch die Bereitstellung von Artikeln gefördert werden; - Minderung des Verfolgungsdruckes durch das "System", indem Kommunikationsmöglichkeiten bereitgestellt werden, die vom "System" nicht - oder nur mit erheblichem technischen Aufwand - ausgespäht werden können. Die dem Verbund angehörenden Mailboxen sind jeweils in mehrere Mehrere Zugriffsebenen aufgegliedert. Die Zugriffsebene, d.h. die BerechtiZugriffsebenen gung, einen bestimmten Informationsbereich ("Brett") einzusehen, wird dem Benutzer vom Betreiber der Mailbox zugewiesen. Die Art der Inhalte der einzelnen "Bretter" reicht von rechtsextremistischen Szene-Texten, Flugblättern und Computerprogrammen bis hin zu allgemeinen Nachrichten. Ferner nutzen die Teilnehmer das Medium zum Austausch von persönlichen - zum Teil verschlüsselten - Nachrichten. BBS in den Namen der Mailboxen steht für Bulletin Board System, ein aus Computer und Software bestehendes Kommunikationssystem, das dem Senden und Empfangen von Daten dient. Rechtsextremismus 61 Das Thule-Netz wird zentral von der Mailbox Widerstand BBS in ErZentrale Steuerung langen gesteuert. Betreiber und Systemoperator (Sysop) ist ein Informatikstudent. Er ist verantwortlich für die Netzkoordination, insbesondere die Steuerung der angeschlossenen Mailboxen und "Points" sowie die Verbindungen in andere Netze. Darüber hinaus nutzen Rechtsextremisten im Bundesgebiet auch die Möglichkeiten der Datenübermittlung von Texten und Bildern in ininternationaler ternationalen Datenverbünden, insbesondere im "Internet". Vom Datenaustausch "Host-Rechner" der Mailbox Widerstand BBS in Erlangen wurden über einen "Service-Provider" (Mittler/Verbindungsstelle) die technischen Voraussetzungen für einen gegenseitigen Datenaustausch zwischen dem Internet und dem Thule-Netz geschaffen. Das Internet ist ein weltweiter Netzund Rechnerverbund mit derzeit Internet über 40 Millionen Teilnehmern. Die Informationen sind nicht zentral auf einem Rechner gespeichert, sondern auf die Vielzahl der angeschlossenen Computersysteme verteilt. Je nach Bedarf und Fragestellung kann die benötigte Information weltweit aus dem betreffenden Computer/Rechner über das Netz abgerufen werden. Den Zugang zum Internet kann jedermann über einen sogenannten "Service-Provider" beantragen. Da das Verbreiten rechtsextremistischen Gedankenguts über das Internet nur schwer eingedämmt werden kann, übt dieser Verbund auf Rechtsextremisten eine besondere Anziehungskraft aus. Zu den dort im Berichtszeitraum abrufbaren Informationen gehörten neben dem bekannten "Leuchter-Bericht" revisionistische Schriften des Neonazi Ernst C. F. Zündel sowie die Kampfschrift "NS Kampfruf" und sonstige Veröffentlichungen der NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO). 11.2 Nationale Info-Telefone Die Einrichtung von Nationalen Info-Telefonen (NIT) dient im neonazistischen Bereich - in Nachahmung der im linksextremistischen autonomen Spektrum bereits seit längerem betriebenen Info-TelefoKoordinierte ne - der Informationsbündelung und Koordinierung von VeranstalInformationen tungen. Dabei werden interessierten Anrufern über Anrufbeantworter kurzfristig aktuelle Meldungen zugänglich gemacht. Dazu gehören Veranstaltungshinweise aus dem gesamten "nationalen Lager", Informationen über Exekutivmaßnahmen und Hinweise auf mögliche Aktionen politischer Gegner, aber auch Stellungnahmen zu Gesetz- 62 Rechtsextremismus gebung und Rechtsprechung. Auch besteht Gelegenheit, selbst Informationen auf Band zu sprechen. Die Betreiber der Info-Telefone sind bemüht, die Texte so zu formulieren, daß sie die rechtsextremiRechtsextrestische Grundeinstellung zwar klar erkennen lassen, jedoch mögmistische liehst keine Angriffsfläche für eine strafrechtliche Verfolgung bieten. Grundhaltung Dennoch wurden in der Vergangenheit mehrfach Info-Telefone stillgelegt, weil Passagen der Ansagetexte gegen strafrechtliche Bestimmungen verstießen. In Bayern weisen das NIT Franken und das NIT Schwaben einen rechtsextremistischen Hintergrund auf. Die Koordination und Abstimmung hat federführend der Betreiber des NIT Hamburg, ein ehemaliger FAP-Funktionär, übernommen. Der Informationsaustausch erfolgt über Telefaxgeräte, die bei einem Großteil der Betreiber vorhanden sind. 11.3 Mobilfunk-Anlagen Das rechtsextremistische Spektrum verwendet in zunehmenden Maß Mobilfunk-Telefonanlagen. Benutzt werden derzeit im wesentlichen Mobilfunk-Geräte für das sogenannte C-Netz, D-Netze (D1und D2-Netz) sowie das örtlich betriebene E-Netz. Die Funktelefone kamen bereits bei mehreren Großveranstaltungen rechtsextremistischer Parteien und Gruppierungen zum Einsatz. Im Vorfeld wurde über Info-Telefone zur Verwendung dieses Kommunikationsmittels aufgerufen. Führende Mitglieder des "rechten Lagers" nutzen Mobilfunk-Anlagen, um so ständig für ihre Anhänger erreichbar zu sein. Rechtsextremismus 63 12. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1995 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) 1. Parteien einschließlich integrierter Vereinigungen Die Republikaner (REP) 4.000 16.000 Der Republikaner 26.11.1983, Berlin monatlich, 22.000 Nationaldemokratische Partei 730 4.000 Deutsche Stimme Deutschlands (NPD) monatlich, 49.500 28.11.1964, Stuttgart Bayern-Stimme unregelmäßig, 1.000 Junge Nationaldemokraten (JN) 55 I50 Einheit und Kampf 1969, Stade zweimonatlich, 2.800 Der Aktivist unregelmäßig, 500 Nationaldemokratischer Hochschulunter 50 Vorderste Front bund (NHB) 10 halbjährlich, 1.000 1967, Nürnberg Deutsche Volksunion (DVU) 2.000 15.000 (Publizistische Sprachrohre: 05.03.1987, München siehe DSZ-Verlag) Deutsche Volksunion e.V. einschließ(siehe DVU) lich Aktionsgemeinschaften 16.01.1971, München 2. Neonazistische Organisationen Hilfsorganisation für nationale 30 300 Nachrichten der HNG politische Gefangene und deren monatlich, 380 Angehörige e.V. (HNG) 02.07.1979, Frankfurt am Main Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V. (DDF) Funktionärsgruppe Recht und Wahrheit 01.04.1983, Kaufbeuren zweimonatlich, 2.500 Kameradschaft Franken 20 Nürnberg Deutsche Nationalisten (DN) 10 70 21.07.1993, Mainz NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation 100 NS Kampfruf (NSDAP-AO) zweimonatlich, 1.000 1972, Lincoln/USA, Stützpunkte im Bundesgebiet 64 Rechtsextremismus Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1995 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) 3. Sonstige Organisationen Deutsche Liga für Volk und Heimat 150 900 (Publizistisches Sprachrohr: (DLVH) siehe Nation Europa Ver03.10.1991, Berlin lag GmbH) monatlich, 16.000 Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) 40 500 Das Freie Forum 1960, München vierteljährlich, 1.000 Freundeskreis Ulrich von Hutten e.V. 30 280 Huttenbriefe - für Volkstum, Februar 1982, Starnberg Kultur, Wahrheit und Recht zweimonatlich, 4.000 Bund Frankenland* Funktionärsgruppe Dezember 1991, Würzburg Schutzbund für das 300 Deutsche Volk e.V. (SDV) September 1981, München 4. Verlage Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH Deutsche National-Zeitung (DSZ-Verlag) (DNZ), wöchentlich, 36.000 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ), wöchentlich, 22.000 Nation Europa Verlag GmbH Nation und Europa - Deut1953, Coburg sche Rundschau monatlich, 16.000 Verlag Hohe Warte - Franz von Bebenburg KG Mensch und Maß 1949, Pähl zweimal monatlich, 2.000 Denk mitl-Verlag Denk mit! Nürnberg unregelmäßig, 1.000 Odal-Verlag Der Scheinwerfer Rodach b. Coburg monatlich, 7.000 VGB Verlagsgesellschaft Berg mbH Deutsche Geschichte Berg vierteljährlich, 10.000 Castel del Monte Verlag Staatsbriefe München monatlich, 800 * Die im Vorjahr von einem Aktivisten des Bundes Frankenland herausgegebene Schrift "Junges Franken" war keine Publikation des Vereins. Der Verfassungsschutzbericht Bayern 1994 wird insofern berichtigt. Linksextremismus 65 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 1.1 Merkmale des Linksextremismus Das ideologische Spektrum der Linksextremisten reicht von Anhänideologisches gern des "wissenschaftlichen Sozialismus/Kommunismus" in seiner Spektrum klassischen Form über Sozialrevolutionäre mit unterschiedlichen diffusen Konzeptionen bis hin zu Anarchisten. Theoretische Grundlagen bilden im wesentlichen die Werke von Marx und Lenin, aber auch Trotzki, Stalin, Mao Tse-tung und andere. Die Bestrebungen der Linksextremisten sind darauf ausgerichtet, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen und durch eine ihren ideologischen Vorstellungen entsprechende Ordnung zu ersetzen. Diese Bestrebungen sind verfassungsfeindlich, weil die Ziele und die Mittel, mit denen sie erreicht werden sollen, gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen. So erstreben Linksextremisten, auch wenn sie es häufig nicht offen Ziele der aussprechen, Linksextremisten - die "sozialistische" Revolution, - Klassenkampf und Klassenherrschaft, - die Diktatur des Proletariats. Diese Ziele verstoßen vor allem gegen das Mehrheitsund Freiheitsprinzip sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Eine Reihe von linksextremistischen Gruppierungen bekennt offen, daß ihre Ziele nur unter Anwendung von Gewalt zu erreichen sind. Anwendung Teilweise verüben sie Gewalttaten oder arbeiten zur Erreichung ihrer von Gewalt Ziele mit Gewalttätern zusammen. Dies verstößt gegen den Grundsatz des Ausschlusses jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft und verletzt, wenn sich die Gewalt auch gegen Personen richtet, das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. 66 Linksextremismus Nachlassende Durch geschickte Wahl ihrer Aktionsfelder und Themen versuchen AbwehrbereitLinksextremisten, ihre wahren Ziele zu verschleiern. Beispiele hierfür schaft unserer sind der sogenannte Antifaschismus und die AntikernkraftbeweDemokratie gung. Durch gewandte Agitation ist es den Linksextremisten teilweigegenüber Linksse gelungen, den bisherigen Konsens aller Demokraten in der Ablehextremisten nung jedweden politischen Extremismus zu durchbrechen. Indizien für eine Aufweichung dieser klaren Grenzziehung sind öffentliche Diskussionen über eine mögliche Beteiligung von Linksextremisten an Koalitionsregierungen und das Zusammenwirken demokratischer Gruppierungen mit Linksextremisten bei einzelnen Protestthemen wie z.B. in der Antikernkraftbewegung. Linksextremistische Positionen werden dadurch nicht als solche erkannt. Dies schwächt die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gegenüber linksextremistischen Entwicklungen. 1.2 Entwicklung in Bayern Stagnierende Die Zahl der linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Entwicklung Parteien und Gruppierungen sowie die Gesamtzahl der Mitglieder hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. Die Partei des Demokratischen Sozialismus Landesverband Bayern (PDS LV Bayern) konnte ihre Mitgliederzahl erhöhen. Sie ist in Bayern wie auch in anderen westlichen Bundesländern ein Sammelbecken für Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten. Die DKP mußte Mitgliederverluste hinnehmen. Konstant geblieben ist die Zahl der Anhänger autonomer Gruppen, die von anderen linksextremistischen Gruppen wie der PDS zunehmend als Partner für Aktionen akzeptiert werden. Die Autonomen zeigten wachsende Gewaltbereitschaft. Agitationsthemen Zentrale Agitationsthemen der Linksextremisten waren Neonazismus/Faschismus, Asylund Abschiebeproblematik, Rassismus, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, Transport von abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken in Castor-Behältern, Friedenseinsätze der Bundeswehr im Ausland und das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Entwicklung der Zahl linksextremistischer und linksextremistisch beeinflußter Organisationen in Bayern und ihrer Mitgliederstärken ist aus der folgenden Übersicht zu ersehen. Bei erkannten Mehrfachmitgliedschaften erfolgte die Erfassung nur bei einer Organisation. Linksextremismus 67 1993 1994 1995 Zahl und Mitgliederstärke Anzahl der Organisationen 40 42 42 linksextremistischer OrganiMarxisten-Leninisten und sationen andere revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 1.910 2.180 2.150 Nebenorganisationen 145 80 110 beeinflußte Organisationen 935 830 830 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre 475 550 550 Linksextremisten insgesamt 3.465 3.640 3.640 Mitglieder | 70.000 63.000 60.000 50.000 Deu tschland 40.000 3 5.000^ 30.000 20.000 13.300 10 000 - B ayer n 3.640 o 19 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 * Die Kurve für die bundesweite Entwicklung beruht auf Zahlen des Bundesamts für Verfassungsschutz, das von den Mitgliedern der PDS nur die der Kommunistischen Plattform (KPF) erfaßt. Die Zahlen für 1995: PDS Bund insgesamt 121.000, KPF 5.000 68 Linksextremismus 2. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 2.1 Überblick Versuch der Durch massive Kritik an den herrschenden Verhältnissen und FordeBündelungextrerung nach "Fundamentalopposition" versuchten marxistisch-leninimistischer Kräfte stisch ausgerichtete Organisationen und andere revolutionäre Marxisten ihren sozialistischen und kommunistischen Zielen näherzukommen. Dabei gelang es nur begrenzt, die unterschiedlichen Ideologien und Strömungen zu bündeln. Die PDS, die nach dem Zusammenbruch des SED-Unrechtsregimes einen neuen Weg des "demokratischen Sozialismus" beschreiten will, versucht, Linksextremisten sämtlicher Couleur von Radikalsozialisten bis sogenannten Basisdemokraten aus dem ökologischen Bereich zu integrieren. Auch wenn sie es nicht offen aussprechen, bekennen sich die Marxisten-Leninisten und die anderen revolutionären Marxisten zum MarFesthaltenan xismus-Leninismus, zu Klassenkampf und Klassenherrschaft. Sie halder Diktatur ten damit an ihren verfassungsfeindlichen Zielsetzungen fest, das des Proletariats sind die "sozialistische" Revolution und die Diktatur des Proletariats. 2.2 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) Umbenannte SED Die ehemals in der DDR herrschende SED hat sich nach der friedlichen Revolution und dem Zusammenbruch ihres Unrechtsregimes nicht aufgelöst. Sie beschloß auf ihrem Sonderparteitag am 16./17. Dezember 1989 in Berlin-Weißensee, sich in "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus (SED-PDS)" umzubenennen. Auf einer Tagung des Parteivorstands der SED-PDS am 4. Februar 1990 wurde der Parteiname endgültig in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) geändert. Der 1. Parteitag der PDS am wie 24725. Februar 1990 bestätigte die Namensänderung. 2.2.1 Ideologische Ausrichtung Die PDS versteht sich als linke "Strömungspartei' für sozialistische Gruppen und Personen, denen Kritik und Ablehnung der bestehenden politischen und ökono- / fjjti.1 mischen Verhältnisse gemein sind. Das auf der 1. Tagung des 3. Parteitags der PDS vom 29. bis 31. Januar 1993 in Berlin beschlossene und bis heute gültige Parteiprogramm erklärt hier- Linksextremismus 69 zu, die PDS sei ein Zusammenschluß unterschiedlicher linker Kräfte, die - bei allen Meinungsverschiedenheiten - darin übereinstimmten, daß die Dominanz des privatkapitalistischen Eigentums überwunden Gegen werden müsse. Im Programm heißt es weiter: Kapitalismus "In der PDS haben sowohl Menschen einen Platz, die der kapitalistischen Gesellschaft Widerstand entgegensetzen wollen und die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen, als auch jene, die ihren Widerstand damit verbinden, die gegebenen Verhältnisse positiv zu verändern und Außerparlamenschrittweise zu überwinden. Die PDS hält den außerparlamentarischen tarischer Kampf Kampf um gesellschaftliche Veränderungen für entscheidend." entscheidend Die Beseitigung des Kapitalismus, die Überwindung des mit ihm verbundenen politischen Systems und damit der Demokratie im Sinn unseres Grundgesetzes sowie die Errichtung einer neuen "sozialistischen Gesellschaft" gehören somit, auch wenn die Revolutionsrhetorik des Marxismus-Leninismus vermieden wird, zu den Zielen der Partei. Im Parteiprogramm erklärt die PDS: "Die Existenzkrise der Zivilisation macht die Umwälzung der herrschenden kapitalistischen Produktionsund Lebensweise zu einer Frage menschlichen Überlebens." Das Bekenntnis der Partei zum außerparlamentarischen Kampf und zum Widerstand gegen die "Herrschenden" und "gegebenen Verhältnisse" ist mit der Grundidee der parlamentarischen repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes unvereinbar. Die PDS vertritt einen konsequenten Internationalismus und ist dem Bekenntnis zu Erbe von Marx und Engels, den vielfältigen Strömungen der revoluMarx und Engels tionären und internationalen Arbeiterbewegung sowie anderen revolutionären und "demokratischen" Bewegungen kritisch verbunden und dem Antifaschismus verpflichtet. Die Berufung auf Marx und Engels, die historische Entwicklung der Partei sowie die politische Herkunft ihrer Mitglieder aus kommunistischen Organisationen müssen auch bei der Auslegung ihrer programmatischen Äußerungen berücksichtigt werden. Die PDS verwendet Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte, die sie auch schon als SED gebraucht hat. Die Realität der DDR bewies jedoch, daß diese Begriffe dort anders, nämlich freiheitsund demokratiefeindlich, definiert waren. Ursache für die andere Interpretation politischer Begriffe ist deren bewußte Umwidmung im Lehrgebäude des Umwidmung Marxismus-Leninismus, in dessen Denkschule die Masse der Mitglievon Begriffen 70 Linksextremismus der der PDS erzogen wurde. Deshalb besitzen die in ihrer Programmatik verwendeten Begriffe für den unvoreingenommenen Beobachter eine schwer einschätzbare Doppeldeutigkeit. Rechtfertigung Das Parteiprogramm widmet der Rechtfertigung des "Sozialismusdes DDR-Regimes versuchs" in der DDR und den übrigen osteuropäischen Staaten breiten Raum. Folgende Passagen sprechen für sich: "Dem welthistorischen Ereignis der sozialistischen Oktoberrevolution von 1917 verdankt die Menschheit grundlegende günstige Entwicklungen im 20. Jahrhundert." "Millionen Menschen setzten sich nach 1945 für den Aufbau einer besseren Gesellschaftsordnung und für ein friedliebendes Deutschland in Überwindung des faschistischen Erbes ein. Das bedarf keiner Entschuldigung." .10 Thesen " Zur weiteren programmatischen Orientierung verabschiedete der Parteivorstand der PDS am 28. November 1994 "10 Thesen zum weiteren Weg der PDS", die eine über das ganze Jahr 1995 anhaltende Ideologiedebatte entfacht haTpartßttaQ ben. Auf der 1. Tagung des 4. Parteitags der PDS vom 27. bis 29. Januar in Berlin wurden diese Thesen zur weiteren Diskussion an die Basisorganisa^POS/UM"" tionen der Partei überwiesen. Anstelle dieser Thesen verabschiedete der Parteitag das von Prof. Dr. Lothar Bisky, Dr. Gregor Gysi und Dr. Hans Modrow verfaßte Fünf-Punkte-Papier Sozialismus ist Weg, Methode, Wertorientierung und Ziel". Fünf-Punkte-Papier Das Fünf-Punkte-Papier steht in Kontinuität zum Parteiprogramm und hält am Anspruch grundlegender Veränderung der Staatsund Gesellschaftsordnung fest. Hervorgehoben wird der "sozialistische Charakter der PDS": "Er resultiert aus unserer Überzeugung, daß die kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen die großen Menschheitsiragen nicht nur nicht gerecht, sondern gar nicht lösen können." Ablehnung Das Papier dokumentiert auch die ablehnende Haltung der PDS geder freiheitlichen genüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, wenn demokratischen festgestellt wird Grundordnung "(...), daß die PDS in prinzipieller Opposition zu den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland steht." Linksextremismus 71 Weiter heißt es im beschlossenen Fünf-Punkte-Papier: "Einig sind wir uns dahingehend, daß die PDS unabhängig von der konkreten parlamentarischen Rolle das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in außerparlamentarischen Bewegungen und Aktionen sieht und ihr gesellschaftliches Oppositionsverständnis von der jeweiligen Rolle in einem Parlament nicht berührt wird." Der Parteitag im Januar, der im Zeichen einer sogenannten Antistalinismusdebatte stand, hat keine Veränderung der politischen Linie ergeben, sondern vielmehr ein ausdrückliches Bekenntnis zum Kommunismus. Die PDS stellt sich noch stärker als bisher als Partei dar, Festhalten am die in der Tradition der SED sowohl Kommunisten als auch kommuKommunismus nistisches Gedankengut in ihren Reihen für unverzichtbar hält und am Anspruch der Überwindung der freiheitlichen Gesellschaftsordnung festhält. Weder gab es die in der Öffentlichkeit diskutierte Ausgrenzung der Kommunistischen Plattform (KPF) der PDS noch eine Annäherung der PDS an sozialdemokratische Positionen. Zwar wurde im Zusammenhang mit der sogenannten Antistalinismusdebatte die Repräsentantin der KPF, Sahra Wagenknecht, nicht wieder in den Parteivorstand gewählt; sie erzielte jedoch mit 129 der 391 abgegebenen gültigen Stimmen ein beachtliches Ergebnis. Damit hat ein Drittel der Delegierten trotz der gegenteiligen Wahlempfehlung von Bisky und Gysi für die herausragendste Vertreterin des marxistisch-leninistischen Flügels der Partei gestimmt. Die von Bisky und Gysi medienwirksam inszenierte Abwahl Wagenknechts bedeutet somit keine Abgrenzung der PDS gegenüber bekennenden Kommunisten und kommunistischem Gedankengut. Besonders deutlich wird dies durch den von der KPF initiierten Zusatz zum "Fünf-Punkte-Papier", den der Parteitag beschloß: "Als sozialistische Partei kann und darf die PDS nicht antikommunistisch sein. Sie ist nicht bereit, auf demokratisch-kommunistische Positionen in ihren Reihen zu verzichten." Die Begriffe "Demokratie" und "Kommunismus" schließen sich gegenseitig aus. Deshalb ist die Verwendung des Begriffspaars "demokratisch-kommunistisch" ein Beispiel dafür, daß die PDS Demokratie nicht im Sinn des Grundgesetzes versteht. Nach der Wahlniederlage der PDS bei der Bürgerschaftswahl am 14. Mai in Bremen veröffentlichten 38 Personen, darunter prominente Parteimitglieder und Persönlichkeiten des Kulturund Wissen- 72 Linksextremismus Schaftsbereichs der ehemaligen DDR, im "Neuen Deutschland" vom Aufruf 18. Mai einen Aufruf "In großer Sorge". Darin wird das Bekenntnis "In großer Sorge" der PDS zu Marxismus und Klassenkampf sowie zur ehemaligen DDR gefordert. Zu den Unterzeichnern gehören die PDS-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer und Dr. Winfried Wolf, der Funktionär der KPF Michael Benjamin sowie der Vorsitzende der "Gesellschaft zum Schutz von Bürgerrecht und Menschenwürde" (GBM) Wolfgang Richter. Die Verfasser des Aufrufs äußern sich besorgt über die Zukunft der PDS. Sie kritisieren den Kampf der "Reformer" gegen die "Stalinisten" in der PDS und ergreifen Partei für letztere. Das OppositionsBekenntniszu Verständnis in der PDS dürfe nicht aufgeweicht, der Klassenkampf Marxismus und müsse nach wie vor propagiert, die "Eigentümerfrage" im Sinn des Klassenkampf Sozialismus gelöst werden. Außerdem beklagen sie, Gysi und Bisky hätten SED und DDR durch die Verurteilung des Stalinismus eine Absage erteilt und den Pluralismus in der Partei eingeschränkt. Gleichzeitig plädieren sie für eine sozialistische Zielstellung der PDS. Die PDS dürfe sich nicht - etwa durch eine Regierungsbeteiligung - anpassen. Der Aufruf ist weiterer Ausdruck der innerparteilichen Auseinandersetzungen um Strategie und Taktik der PDS. Richtungsstreit 22 der 30 PDS-Bundestagsabgeordneten wiesen in einer im "Neuen Deutschland" vom 20./21. Mai abgedruckten "Erklärung" den Aufruf zurück. Die bayerische PDS-Bundestagsabgeordnete Eva-Maria Bulling-Schröter (früher DKP) erklärte dagegen, die im Aufruf gestellten Fragen seien berechtigt. Es gehe darum, den ideologischen Streit darüber zu führen, ob die Partei einen aktiven Kampf gegen das Kapital führe oder ob man versuche, einen Weg dazwischen zu gehen. Bisky, Gysi und das PDS-Vorstandsmitglied Dr. Andre Brie distanzierten sich von dem Aufruf, während Modrow als Ehrenvorsitzender wiederum davor warnte, die Unterzeichner des Aufrufs zu verurteilen. Wenn dies geschehe, "haue man auf der Hälfte der Partei herum". Strategiepapier Führende KPF-Funktionäre, darunter Michael Benjamin, Sahra Waführender genknecht und Ellen Brombacher, veröffentlichten - abgedruckt in KPF-Funktionäre "junge Welt" vom 9. Juni und "Neues Deutschland" vom 10./11. Juni - Auszüge eines Diskussionspapiers zur Strategie der PDS in den nächsten Jahren unter dem Titel: Deutschland fünf Jahre vor der Jahrtausendwende. Darin wird deutlich, daß die Verfasser einen anderen Staat anstreben als die Demokratie des Grund- Linksextremismus 73 gesetzes: Opposition ziele sowohl auf Reformen im Rahmen des kapitalistischen Systems als auch langfristig auf dessen Überwindung und die Verwirklichung der sozialistischen Zielstellung der PDS. Alle demokratischen Möglichkeiten ausnutzend, sei das Wirken der PDS darauf auszurichten, dem ökonomischen, sozialen und politisch-psychologischen Druck des kapitalistischen Systems entgegenzuwirken. Parlamentarische und außerparlamentarische Opposition seien eng zu verzahnen. Die PDS dürfe sich nicht durch Koalitionen und Tolerierungsabkommen in "Sachzwänge" einbinden lassen. Sie habe eine antikapitalistische und antifaschistische Orientierung, bewahre die Ideale des Sozialismus, bekenne sich zur Legitimität des sozialistiFür Sozialismus sehen Versuchs - gemeint sind die DDR und die übrigen ehemaligen kommunistischen Regime - und arbeite an der Analyse der inneren und äußeren Ursachen seines Scheiterns. Eine zweite, von denselben Verfassern überarbeitete Fassung dieses Strategiepapiers vom September weicht in den Forderungen und Überarbeitetes verfassungsfeindlichen Zielsetzungen der PDS vom vorausgegangeStrategiepapier nen Papier nicht ab. Die marxistisch-leninistischen Grundzüge treten in diesem zweiten Papier noch deutlicher hervor: "Linke Politik erfordert den Willen zu grundlegenden gesellschaftlichen Eingriffen, zum aktiven Widerstand gegen die immer repressiver werdende Politik im Interesse des Kapitals." "Die Linke muß gleichermaßen die Diskussion über die sozialistische Perspektive weiterführen - in dem Bewußtsein, daß die Debatte über den vergangenen Sozialismus nicht abgeschlossen ist. ... Begründete Hoffnung, eine sozial gerechte Gesellschaft zu errichten, wird es kaum geben ohne wissenschaftliche Bewertung des gewesenen Sozialismus, ohne politische Aufarbeitung der in ihm gesammelten Erfahrungen. ... Die Analyse des gewesenen Sozialismus hat erst begonnen." Die Verfasser des Papiers setzen auf die Beseitigung des Kapitalismus, an dessen Stelle ein vorgeblich reformierter Sozialismus treten soll. Nach wie vor wird der "Klassenkampf" propagiert, ganz in der Tradition der ehemaligen SED, der DKP und anderer kommunistischer Parteien. Vorbild und Maßstab sind auch weiterhin die KPD-Führerin Rosa Luxemburg und andere Leitbilder des "gewesenen Sozialismus". Zeitgleich mit der Überarbeitung dieses Thesenpapiers hat der BunAnhaltende desvorstand der PDS unter dem Titel "Veränderung von unten. Sozial Strategiedebatte 74 Linksextremismus und solidarisch, demokratisch und antimilitaristisch" am 11. September den Entwurf eines Strategiepapiers über die "politischen Aufgaben der PDS 1996 bis 1998" herausgegeben - auszugsweise abgedruckt in "Neues Deutschland" vom 19. September -, der der Parteibasis zur Diskussion unterbreitet und auf der 2. Tagung des 4. Parteitags der PDS am 27. und 28. Januar 1996 in Magdeburg in überarLeitantrag beiteter Form und mit Zusatzanträgen beschlossen wurde. Darin für Magdeburger heißt es u.a.: Zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit - diese reParteitag sultiere aus der Unfähigkeit der kapitalistischen Marktregulierung - sei die grundlegende Umgestaltung des Systems gesellschaftlicher Arbeit notwendig. Die PDS werde parlamentarisch und außerparlamentarisch den Kampf von Belegschaften und Gewerkschaften um Arbeitsplätze unterstützen. Sie werde sich weiter u.a. für die Interessen von Mietern, Wohnungssuchenden und Obdachlosen einsetzen Für Hausbeund einen "juristisch begründeten Standpunkt zum Besetzen von setzungen leerstehenden Wohnhäusern" erarbeiten. Notwendig sei auch ein ökologischer Umbau der Gesellschaft, der die profitorientierte NutWilitärmacht Deutschland ?_ zungsmaximierung als Grundlage wirtschaftlicher Entwicklung überwinde und zu einer grundlegend anderen Entwicklungsrichtung führe. Die PDS unterstütze Aktionen gegen die Atommüllablagerung in Greifswald, Morsleben und Gorleben. Die PDS sei eine antimilitaristische Partei und intensiviere den gemeinsamen Widerstand mit anderen Friedenskräften, um politische Mehrheiten für die Durchsetzung einer alternativen Außenpolitik, für Gewaltverzicht und für eine Zivilisierung der internationalen Beziehungen zu gewinnen. Sie leiste Widerstand gegen die weitere Umstrukturierung und Umrüstung der Bundeswehr zu einer weltweit aktionsfähigen Streitmacht und unterstütze die Bewegung zur Wehrdienstverweigerung. Die PDS intensiviere ihre internationale Zusammenarbeit mit linken Parteien und Bewegungen; insbesondere ergreife sie Initiativen für gemeinsame Aktionen mit der Bundeswehr den im Forum der Neuen Europäischen Linken vertretenen Parteien. Aus dem auf dem Magdeburger Parteitag beschlossenen Papier geht hervor, daß die PDS die Beseitigung des Kapitalismus, die Überwindung des mit ihm verbundenen politischen Systems und die Errichtung einer neuen sozialistisch-kommunistisch orientierten Gesellschaft national wie auch international anstrebt. Die Partei verfolgt das programmatische Ziel, das parlamentarische System mit Hilfe von anderen linksextremistischen Kräften aufzuweichen und von innen heraus zu zerstören. Linksextremismus 75 Von einer durch die Grundsatzkommission der PDS beauftragten ArWeiteres beitsgruppe unter der Leitung des PDS-Funktionärs Klaus Höpcke Strategiepapier (ehemaliger stellvertretender DDR-Kulturminister) wurde im Hinblick auf die Fortsetzung der Diskussion über eine mittelfristige Strategie der PDS das auszugsweise in "Neues Deutschland" vom 10. Oktober abgedruckte weitere Papier "Die PDS - neue sozialistische Partei in Deutschland" vorgelegt. Darin heißt es u.a.: Die PDS verstehe sich als eine Partei des Sozialismus, weil Sozialismus die radikale AlternaSozialismus tive zu den Mißständen "und Übeln der heutigen Gesellschaft als Alternative ausdrücke. 1989 sei mit dem Zusammenbruch des Sozialismusversuchs eine 70 Jahre währende Entwicklung an ihr Ende gekommen; sie sei u.a. von der Spaltung der Arbeiterbewegung in Sozialdemokraten und Kommunisten geprägt gewesen. Der alte Gegensatz von "Reform" und "Revolution" sei nicht durch eine gemeinsame Strategie aufgelöst worden. Diese hätte darin bestehen können, eine "Reform" und "Revolution" integrierende Sozialismuskonzeption zu entwerfen, um durch praktische Übergangsforderungen und -maßErneuerung nahmen eine Erneuerung der Gesellschaften in Gang zu setzen. Geder Gesellschaft maß theoretischer Analyse und geschichtlicher Erfahrung könne eine sozialistische Gesellschaft ohnehin nur aus der schrittweisen Vermehrung von zur Systemüberwindung drängenden und sie ermöglichenden Komponenten entstehen. Der in der hierarchischen Gesellschaft liegenden Gefahr des interessengebundenen Einsatzes von Gewalt sei nur durch Gegenmacht beizukommen, wie sie sich u.a. in Aufbau von Bürgerbewegungen und im zivilen Ungehorsam entwickele. In der "Gegenmacht" Auseinandersetzung mit den herrschenden Gewalten setze die PDS auf den parlamentarischen wie auf den außerparlamentarischen Kampf. Dabei besitze für sie der Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes, der allen Deutschen das Widerstandsrecht einräume, einen hohen Stellenwert. Das Widerstandsrecht wird gerade von linksextremistischen Organisationen als Rechtfertigung für Gewalt gegen demokratisch zustandegekommene Entscheidungen mißbraucht. Die PDS dringt vermehrt in Konfliktbereiche der Gesellschaft ein und sucht neue Konflikte zu schüren. Dabei bietet sie sich allen Kräften an, in denen sie eine Gegnerschaft zu den "herrschenden Kräften" und zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung sieht. Sie unterhält intensive Kontakte zu militanten Gruppen bis in den autonomen und terroristischen Bereich hinein. Auf ihren "offenen Listen" kandidieren bei Wahlen Vertreter anderer linksextremistischer Gruppierungen. Damit 76 Linksextremismus gelingt es der PDS, einen großen Teil des linksextremistischen Spektrums einzubinden und von dessen "Agitpropapparat" zu profitieren. Die PDS beabsichtigt damit den Aufbau einer von ihr beherrschten "Gegenmacht", um die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland abzuschaffen. In der Partei hat eine intensive Diskussion begonnen, ob sie ihre Ziele über eine Beteiligung an einer Koalitionsregierung verfolgen soll. Damit sieht erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine extremistische Partei die Chance einer Teilhabe an der Macht. Ursache dafür ist, daß die extremistischen Positionen der PDS vielfach nicht als solche betrachtet und behandelt werden. Hier fehlt der für eine wirksame Bekämpfung des Extremismus notwendige Konsens einer demokratischen Gesellschaft. Die darin liegende Relativierung der demokratischen Werte schwächt die Abwehrbereitschaft gegenüber dem Linksextremismus. Deshalb ist die PDS eine zentrale Bedrohung der freiheitlichen Demokratie. 2.2.2 Organisation 2.2.2.1 Bundesweite Gliederung Bundesweit Die PDS ist eine auf Bundesebene organisierte Partei mit Sitz in Berrückläufige lin. Sie gliedert sich in 16 Landesverbände, deren Gebiet mit den Mitgliederzahl Ländern identisch ist, mit Kreisverbänden und Basisorganisatio- , \ nen. Sie verfügt über etwa 121.000(1994: 123.751) Mitglieder, ^gierig""""" Sozialis""" davon rund 2.000 (1994: 2.326) in den alten Bundesländern. parte! des ""moW*""!"" Die Mitgliederentwicklung ist auf Bundesebene leicht rückläuKSST-!- e geörac" fig. Die am 22. Mai 1993 in Bonn mit dem Ziel, eine bessere Effizienz der Arbeit in den mitgliederschwachen westlichen Landesverbänden herbeizuführen, gegründete "Arbeitsgemeinschaft PDS/Linke Liste Westliche Bundesländer" (AG West) Sozialabbau *.mHaushal^ ungstrt g er . ? zeigte sich 1995 so gut wie inaktiv. Dem seit Januar amtierenden Parteivorstand gehören 18 Per- e sonen an. Vorsitzender der PDS ist Prof. Dr. Lothar Bisky, Ausz09 Greqc stellvertretende Vorsitzende sind Angela Marquardt, Dr. Syl- 1 , derfla' n via-Yvonne Kaufmann und Wolfgang Gehreke. Zum .\-^\^^^^S^. -- * S S L Schatzmeister wurde Dr. Dietmar Bartsch, zum BundesgeSchäftsführer Martin Harnack gewählt. Unter den weiteren Mitgliedern des Parteivorstands befinden sich der Vorsit- Linksextremismus 77 zende der Abgeordnetengruppe PDS im Deutschen Bundestag, Dr. Gregor Gysi, und der Vordenker der Partei, Dr. Andre Brie. SieKommunisten ben Personen des Parteivorstands waren bereits Mitglieder der SED. im Parteivorstand Drei Vorstandsmitglieder kamen aus linksextremistischen westdeutschen Gruppierungen. Die gewaltbereite Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der PDS ist im Vorstand durch zwei Mitglieder vertreten. Dr. Hans Modrow ist Ehrenvorsitzender der PDS. Nach Pressemeldungen verfügt die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR über Belege, wonach Bisky von 1975 bis 1986 inoffiziell für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei. Im "Neuen Deutschland" vom 27. November behauptete Bisky, zu keinem Zeitpunkt "Inoffizieller Mitarbeiter" (IM) gewesen zu sein. Offizielle Kontakte in seinen verschiedenen beruflichen Funktionen habe er "von Anfang an bestätigt". An bundesweiten Zusammenschlüssen sind bedeutsam: - Kommunistische Plattform (KPF) - Arbeitsgemeinschaft (AG) Junge Genossinnen in und bei der PDS - AG Cuba si - AG Antifaschismus und Antirassismus - AG Autonome Gruppen in und bei der PDS - AG BWK in und bei der PDS - Libertäres Forum bei der PDS - Marxistisches Forum. Im PDS-Pressedienst Nummer 12 vom 24. März wurde die vom Parteivorstand und vom Parteirat jeweils ohne Gegenstimmen bei wenigen Stimmenthaltungen bestätigte Finanzplanung der PDS für das Parteifinanzen Jahr 1995 veröffentlicht. Einer Zusammenstellung der Finanzpläne der Gliederungen der PDS zufolge beläuft sich das Gesamtvolumen 1995 auf etwa 33,4 Millionen DM. fcssedieust 2.2.2.2 Landesverband Bayern EI PS ? S t * * * ^ Die PDS in Bayern setzt sich aus dem Landesver^^iM^^'^^T'"1"' band, sieben Kreisverbänden und rund 20 Basisorganisationen zu--=SÄ-J sammen. Hinzu kommt noch eine Reihe von Arbeitsgemeinschaften, Organisation die überwiegend dem Landesverband angeschlossen sind. Für eine der PDS in Bayer 78 Linksextremismus Reihe von örtlichen Strukturen, die noch keine Basisorganisationen sind, bestehen Kontaktadressen. Bemühungen der PDS, an den Hochschulen in Erlangen, München und Würzburg Hochschulgruppen zu errichten, sind bislang in den Anfängen steckengeblieben. Das gleiche gilt für die PDS-nahe Jugendgruppe Knallrot e.V., die sich bayernweit etablieren wollte. Sammelbecken Von den rund 350 Mitgliedern und etwa 100 Sympathisanten von Linksextre(1994: etwa 300 Mitglieder, Aktivisten und Sympathisanten) des misten Landesverbands sind rund 130 bereits früher als Linksextremisten in Erscheinung getreten. Rund 100 PDS-Angehörige gehörten der DKP und ihren Nebenorganisationen an. Der Rest verteilt sich auf. VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten), BWK (Bund Westdeutscher Kommunisten), VSP (Vereinigung für 1996 en Sozialistische Politik, bis Juni 1995: Vereinigte S Kom^Ä Sozialistische Partei), KB (Kommunistischer Bund) und andere. Laut PDS-Statut können den Sympathisanten Mitgliederrechte übertragen werden. Zur Unterrichtung der Mitglieder gibt der Landesverband in unregelmäßigen Abständen die Publikation "TITELInformationsforum der PDS Bayern" heraus. Die anläßlich der Landesversammlung der Partei des Demokratischen Sozialismus/Linke Liste (PDS/LL) Landesverband Bayern am 19. Februar Neue Satzung in Nürnberg in Auftrag gegebene neue Satzung wurde nach Erstellung in einer bei den Mitgliedern des Landesverbands vom 27. Mai bis 10. Juni durchgeführten Urabstimmung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Sie wurde am 11. Juni rechtsgültig. Die neue Satzung enthält eine Reihe grundlegender Neuerungen. So ist bei der Organisationsbezeichnung für den bayerischen Landesverband der Zusatz "Linke Liste" (LL) weggefallen. Die neue Bezeichnung lautet nunmehr: Partei des Demokratischen Sozialismus Landesverband Bayern (Kurzbezeichnung: PDS LV Bayern). Der Sitz des Landesverbands befindet sich weiterhin in München. Der Landesverband hat innerhalb des Wahlkreisbüros des PDS-Bundestagsabgeordneten Heinrich Graf von Einsiedel Räume angemietet. Die Zahl der zu wählenden Mitglieder für den Landesverband wurde laut neuer Satzung auf 14 heraufgesetzt, wobei auf jeden Regierungsbezirk im Regelfall zwei Mandate entfallen sollen. Neu aufgenommen in die Satzung wurden als weitere Organisationseinheiten die Bezirksversammlung und die sogenannten Zusammenschlüsse, Linksextremismus 79 die sich auf allen Ebenen unmittelbar in den politischen Meinungsund Willensbildungsprozeß einbringen sollen. Erstmals sollte die neue Satzung bei der LandesmitgliederversammLandesmitgliederlung am 23. Juli in Ansbach angewendet werden, bei der auch ein versammlung in neuer Landesvorstand gewählt werden sollte. Die LandesversammAnsbach lung am 11. Dezember 1994 in Ingolstadt hatte beschlossen, daß der dort gewählte Landesvorstand nur bis zur Verabschiedung der neuen Satzung im Amt bleibt. Auf der nächsten Landesversammlung sollte dann ein neuer Landesvorstand - gemäß der neuen Satzung - gewählt werden. An der Landesmitgliederversammlung in Ansbach nahmen in Gegenwart von Wolfgang Gehreke, stellvertretender Parteivorsitzender der PDS, und Claudia Gohde, Mitglied des Parteivorstands der PDS und verantwortlich für den Aufbau der PDS-West, rund 50 Personen teil. Angesichts der noch nicht völlig geklärten Umstände um den als Schatzmeister abgewählten Dietmar Dressel, gegen den zudem ein Parteiausschlußverfahren eingeleitet worden ist, wurde der Landesvorstand von der Landesmitgliederversammlung weder politisch noch finanziell entlastet. Die geplante Neuwahl des Landesvorstands wurde auf den 9. September verlegt. An der dann durchgeführten 2. Tagung der Landesmitgliederversammlung Fortsetzung der in Augsburg nahmen etwa 50 Personen teil, darunter wiederum LandesmitgliederClaudia Gohde vom PDS-Parteivorstand. Da bei der 1. Tagung weversammlung in gen der Finanzaffäre um den Landesschatzmeister Dressel der VorAugsburg stand nicht entlastet worden war, mußten nochmals die Rechenschaftsberichte des Landesvorstands, der Schiedsund der Revisionskommission behandelt werden. Bis auf Dressel, gegen den wegen Veruntreuung von Parteigeldern strafrechtliche Schritte eingeleitet Neuwahl des werden sollen, wurden nunmehr alle Vorstandsmitglieder entlastet. Landesvorstands Für die satzungsgemäß 14 zu besetzenden Vor- ; Standsposten meldeten sich nur sieben Kandidaten zur Wahl an. Alle sieben Bewerber wurden in den Landesvorstand gewählt. Nach 5 dem zwischenzeitlichen Rücktritt zweier Mit***t glieder gehören dem Landesvorstand derzeit nur mehr fünf Personen an, von denen drei in linksextremistischen Gruppierungen tätig ** -5558?* waren bzw. aktiv sind. Landessprecher ist I ")f taste". / Günter Grimme-Ruhland (früher DKP). Der PDS Landesverband Bayern setzte am "*"^"w, 9. und 10. Dezember in Nürnberg seine in <~~-Z^nm,"ij*iminKh, nvn 80 Linksextremismus Augsburg durchgeführte 2. Tagung der Landesmitgliederversammlung fort. An ihr nahmen an den beiden Tagen rund 30 Personen - darunter auch wieder PDS-Vorstandsmitglied Claudia Gohde - teil. Zu Nachwahlen zum Landesvorstand, zur Schiedsund zur Revisionskommission kam es nicht. 2.2.3 Plattformen und Arbeitsgemeinschaften Plattformen und Arbeitsgemeinschaften sind wesentlich für die Bündnisund Integrationspolitik der PDS. Sie wirken im Rahmen des Statuts in der Partei und können sich eigene Satzungen geben. Sie integrale sind damit integraler Bestandteil der PDS (vgl. auch NumBestandteile mer 2.2.2.1). Die PDS muß sich deshalb die Tätigkeit der Plattformen der PDS und Arbeitsgemeinschaften sowie die Äußerungen ihrer Mitglieder als Gesamtpartei zurechnen lassen. Plattformen sind in der Regel Zusammenschlüsse mit gemeinsamer Ideologie, wohingegen Arbeitsgemeinschaften themenbezogen auf wichtigen Aktionsfeldern tätig werden. Arbeitsgemeinschaften dienen der PDS auch dazu, Potentiale außerhalb der Partei zu gewinnen und zu binden. Zur Kontrolle und Steuerung dieser Zusammenschlüsse sind Mitglieder des Parteivorstands in Plattformen und Arbeitsgemeinschaften vertreten. Gewaltbereite Die Arbeitsgemeinschaften Junge Genossinnen in und bei der PDS, Gruppen in Autonome Gruppen in und bei der PDS sowie das neu gegründete der PDS Libertäre Forum bei der PDS zeigen, daß die PDS auch mit gewaltbereiten Gruppen zusammenarbeitet und diese sogar in den eigenen Reihen duldet und agieren läßt. 2.2.3.1 Kommunistische Plattform (KPF) Die Kommunistische Plattform (KPP) der PDS - ihr sind rund 5.000 Bekenntnis Mitglieder zuzurechnen - ist eine marxistisch-leninistische Organisatizum Marxismuson. Sie betrachtet die DKP als natürliche Verbündete. Innerhalb der Leninismus PDS ist die KPF die Gruppierung, die sich am deutlichsten zum Kommunismus bekennt. In ihren Thesen zur Gründung betonte sie: "Die revolutionäre Arbeiterbewegung mit dem wissenschaftlichen Kommunismus, mit dem Marxismus-Leninismus, zu verbinden, aufgrund der marxistisch-leninistischen Analyse der realen Gesellschaftsentwicklung Strategie und Taktik zu bestimmen und Politik zu organisieren - ist vornehmste Aufgabe der Kommunisten und sie bleibt es." Linksextremismus 81 In einer im Mai in Fulda verabschiedeten Gründungserklärung einer Gründung einer hessischen KPF - abgedruckt in Heft 7 der "Mitteilungen der KPF" hessischen KPF vom Juli - heißt es, grundlegende gesellschaftliche Veränderungen könnten nicht in den Parlamenten beschlossen werden, sie müßten durch den Druck der Straße erkämpft werden. Parlamentarismus habe für die KPF lediglich die Funktion, außerparlamentarischen Initiativen und Bewegungen eine Tribüne zu verschaffen. Ein revolutionärer Wandel sei keine Tagesaufgabe, sondern nur langfristig im Kontext sozialer Bewegungen möglich. Gegenwärtig gehe es darum, die inhaltlichen, organisatorischen und bewußtseinsmäßigen Voraussetzungen für die Kämpfe von morgen zu schaffen. Die Verhältnisse in der untergegangenen DDR sehe man nicht unkritisch, aber das Sozialsystem, der Antifaschismus, die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und des Bodens - wenn auch unter der Kontrolle zentralistischer Bürokratie - hätten einen Fortschritt dargestellt. Kritik und Aufarbeitung des Stalinismus könnten nur von einer marxistischen Marxistische Position aus erfolgen. Ein menschenwürdiges Leben für alle, KornPosition munismus sowie eine klassenund staatenlose Gesellschaft blieben die Utopie der KPF. Grundlage seien u.a. die Theorien von Marx, Engels, Lenin, aber auch von Rosa Luxemburg, Leo Trotzki und Antonio Gramsci. Neben der KPF in Niedersachsen ist damit die KPF in Hessen die zweite Landesorganisation in den westlichen Ländern, nachdem die KPF-Hamburg nicht mehr in Erscheinung tritt. In allen östlichen Ländern und in Berlin existiert jeweils eine Landes-KPF. Über die KPF ist die PDS nach wie vor im "Ständigen Rat marxistiStändiger Rat scher Parteien" vertreten. Diesem 1991 in Berlin gegründeten Gremarxistischer mium gehören neben der PDS auch die Anfang 1990 in den fünf Parteien neuen Ländern gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/DDR) sowie der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) an. Ziel des Ständigen Rats ist die Kommunikation und Koordination der Marxisten Deutschlands in Theorie und Praxis. Weder die PDS-Führung noch die KPF betreiben eine Loslösung der Plattform von der PDS. Vielmehr kommt es der PDS gerade darauf an, die von der KPF vertretenen Positionen in die Gesamtpartei einzubinden. Die Sprecherin der KPF, Ellen Brombacher, formulierte in einem in Heft 12 der "Mitteilungen der KPF" vom Dezember abgedruckten Beitrag Forderungen "der kommunistischen Linken in der PDS". Sie 82 Linksextremismus führte darin u.a. aus: Friedrich Engels sei aktueller denn je: Die bürgerliche Gesellschaft stehe vor einem Dilemma, entweder Übergang Sozialismus zum Sozialismus oder Rückfall in die Barbarei. Vorstellungen, die kaoder Rückfall pitalistische Gesellschaft könne sich durch Reformen von innen evoin die Barbarei lutionär so verändern, daß sie ihre Widersprüche und Konflikte produktiv löse und in eine zunehmend humane Gesellschaft hinüberwachse, widersprächen dem Gang der Dinge. Das Kapital sei seiner Natur nach aggressiv und volksfeindlich, also antidemokratisch. Die Kommunisten in der PDS dürften nicht zu Befürwortern der heutiBündnisse gen bürgerlichen Gesellschaft werden; zugleich müsse diese gegen zur Überwindung die Rechten verteidigt werden. Dazu bedürfe es breitester Bündnisder bürgerlichen se. Diese zu fördern gehöre zu den wesentlichsten Aufgaben komGesellschaft munistischer Linker. Die KPF-Aktivistin Sahra Wagenknecht organisierte im Bundesgebiet in 28 Städten zusammen mit dem orthodox-kommunistisch ausgerichteten Pahl-Rugenstein-Verlag Bonn Dis kussionsveranstaltungen. In Augsburg, Erlangen und Regensburg (11. bis 13. Oktober) lautete das Motto: "5 Jahre Großdeutschmm land - Es gibt nichts zu feiern! - Perspektiven sozialistischer Politik in der Gegenntm.. wart." Sahra Wagenknecht forderte sinngemäß auf lange Sicht - darunter verstand sie einen Zeitraum von zehn JahAbschaffung des ren - die Abschaffung des parlamentaparlamentarischrisch-demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland auf außerpardemokratischen Systems lamentarischem Wege. Diese Forderung 25B?" ist gleichbedeutend mit der Forderung nach der sozialistischen Revolution, wobei die Anwendung von Gewalt unumgänglich erscheint. 2.2.3.2 Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der PDS Die Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in und bei der PDS (AG Junge Genossinnen) ist ein bundesweiter Zusammenschluß, der innerhalb der PDS unter eigenem Namen agiert. Diese Gruppierung, die sich nach eigenen Angaben rund 500 Mitglieder und 1.000 Sympathisanten zurechnet - ein Drittel der Mitglieder gehöre auch der Linksextremismus 83 PDS an; die Hälfte stamme aus den westlichen Ländern - dient als Bindeglied der PDS zu jugendlichen undogmatischen Linksextremisten, besonders Autonomen. Die AG propagiert die Anwendung von Gewalt als Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, unterhält Verpolitisches Mittel bindungen zu gewaltbereiten Autonomen und sympathisiert mit ausländischen extremistischen Gruppen. Außerdem plädiert die AG für eine Zusammenarbeit mit militanten Antifa-Gruppen. Die inhaltlichen Anliegen der Roten Armee Fraktion (RAF) werden von der AG unterstützt. Das 24jährige Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der AG Junge Genossinnen, Angela Marquardt, hob im Vorfeld der 1. Tagung des 4. Parteitags - auf dem sie dann zur stellvertretenden Parteivorsitzenden der PDS gewählt wurde - hervor, daß die AG mit AuZusammenarbeit tonomen zusammenarbeite. Sie selbst würde als stellvertretende Parmit Autonomen teivorsitzende versuchen, "außerparlamentarische Gruppen wie die Antifa" in eine Diskussion mit der PDS zu bringen. Ihre Einstellung zum demokratischen Rechtsstaat faßte sie wie folgt zusammen: "... Ich lebe jetzt und heute in dieser BRD. Sie will mich nicht und ich will sie auch nicht." In einem Interview mit der Wochenzeitung "Wochenpost" Nummer 35 vom 24. August nahm Angela Marquardt - ein politisches Ziehkind von Modrow und Gysi - Stellung zur Frage der Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, zu Autonomen, zur RAF sowie zur Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Sie betonte, Widerstand spiele für sie eine sehr große Rolle. Sie bezeichnete sich als "radikal" im Sinn von "an die Wurzel" gehend. Damit verbinde sie den Wunsch, nicht nur die Erscheinungsformen dieser Gesellschaft zu bekämpfen, sondern an die Wurzeln dieser Erscheinungsformen zu gehen. Zur Frage der Gewalt in politischen Auseinandersetzungen erklärte sie, wenn von rechts zugeschlagen werde, sei es blauäugig, Gewaltfreiheit zu proklamieren. Aggressivität entstehe auch bei DeBefürwortung monstrationen von Linken, wenn diesen bewaffnete Polizisten gevon Gewalt durch genüberstünden. Dies sei staatliche Gewalt, deren Urheber das stellvertretende staatliche Gewaltmonopol für ihre Zwecke mißbrauchten. Auf die Parteivorsitzende Frage, wie sie es beurteile, wenn auf die Druckerei der Wochenzeitung "Junge Freiheit" Brandanschläge verübt würden, antwortete sie, sie halte die Verhinderung des Drucks der "Jungen Freiheit" für legitim. Zu ihrer Position gegenüber den gewaltorientierten Autonomen führte sie aus, sie habe.kein Problem, mit Leuten, die sich als 84 Linksextremismus autonom verstünden, in der Sache zusammenzuwirken. Wenn es um den Kampf gegen Rechtsradikalismus gehe, arbeite sie natürlich auch mit der "Autonomen Antifa" zusammen. Zur Zusammenarbeit mit Inhaftierten der RAF erklärte sie, sie finde es interessant, mit Häftlingen aus der RAF zu diskutieren. Der Forderung nach Freilassung der RAF-Terroristen schließe sie sich schon wegen der unmenschlichen Haftbedingungen an. Zu ihrem Verhältnis zur PKK sagte sie schließlich, die PKK sei eine Vertretung der Kurdinnen. Das Verbot halte sie deshalb für falsch. Die PDS veranstalte mit den Kurden gemeinsame Feste und organisiere Demonstrationen. Sie halte diese Unterstützung für richtig. Auf dem am 18./19. November in Halle durchgeführten Bundeskongreß der AG Junge Genossinnen, an dem rund 150 Delegierte teilnahmen, erklärte Angela Marquardt nach Berichten der Tageszeitungen "Neues Deutschland" und "junge Welt" vom 20. November, daß sich die AG als dritte Kraft zwischen der Kommunistischen Plattform und dem Marxistischen Forum einerseits und den Kräften der sogenannten Reformalternative andererseits verstehe. Die PDS - so die Leitungsfunktionärin - sei eine klar linke, sozialistische Partei, die sich als Teil einer sozialen Bewegung verstehe. Einige wollten das Außerparlamenta-durch Stärkung des parlamentarischen Gewichts der PDS erreichen; rische Initiativen die AG beziehe sich aber eher auf außerparlamentarische Initiativen. Mitglieder verschiedener örtlicher Gruppen der AG Junge Genossinnen aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen führten am 475. November in Braunschweig einen "Oppositionskongreß" durch. Dabei wurde am Geschäftsführenden Ausschuß der AG Junge GeKritikan nosslnnen Kritik geübt und eine strukturelle Veränderung der Orgader Bundesleitung nisation zur Debatte gestellt. In einer Erklärung wird u.a. ausgeführt: Um die offensichtliche Krise der AG Junge Genossinnen zu überwinden, sei es notwendig, von sozialistischen Positionen aus eine Alternative zur vorherrschenden Politik in der Arbeitsgemeinschaft zu formulieren. Dazu müßten sich Kommunistinnen, Sozialistinnen und auch bürgerliche Humanistinnen streitbar beteiligen. Ein Arbeitsprogramm, das dem Bundeskongreß der AG im März 1996 vorgelegt werden könne, müsse folgende Richtpunkte berücksichtigen: Die AG Junge Genossinnen müsse prosozialistisch sein und dürfe auf keinen Fall antikommunistisch werden. Zentral müsse der WiderWiderstandgegen stand gegen einen erstarkenden Imperialismus in Deutschland sein "erstarkenden und auch gegen eine PDS, die mehr und mehr dem gesellschaftliimperialismus" chen Druck nach Anpassung an die kapitalistischen Grundverhältnis- Linksextremismus 85 se nachgebe. Die kritische Beschäftigung mit den ehemaligen sozialistischen Staaten müsse dazu dienen, eine Perspektive für einen erneuten "Sozialismus(versuch)" zu gewinnen. Am 13. Dezember wurde in Nürnberg ein Kreisverband Mittelfranken der AG Junge Genossinnen in und bei der PDS gegründet. 2.2.3.3 Marxistisches Forum Auf Initiative der Unterzeichner des Aufrufs "In großer Sorge" (vgl. Nummer 2.2.1) hat sich am 6. Juni in der PDS-Geschäftsstelle Berlin-Weißensee das "Marxistische Forum" (MF) konstituiert. In der vom PDS-Bundestagsabgeordneten Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer - einer der fünf Sprecherinnen des MF - moderierten Gründungsveranstaltung wurden Standort und Aufgaben des Forums erörtert. Es will die soziale, ökonomische und politische Situation mit den Mitteln des WeiterentwickMarxismus analysieren, die marxistische Theorie weiterentwickeln lung der marxistiund zur theoretischen Fundierung der Politik der PDS beitragen. Daschen Theorie zu gehöre neben der marxistischen Aufarbeitung der Geschichte der DDR und des Sozialismus auch die Untersuchung der Dialektik von systemimmanenten und systemüberwindenden Reformen. Außerdem solle auf die notwendige Verstärkung des antimilitaristischen Kampfes aufmerksam gemacht werden. Zum Umgang der PDS mit der DDR-Vergangenheit heißt es in einem in der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 2. November veröffentlichten Positionspapier des MF: Die Durchsetzung heutiger Interessen ostdeutscher Bürger erfordere eine gerechte Sicht auf ihre Vergangenheit. Immer wieder werde man aufgefordert, sich zu schämen, sich zu entschuldigen und als einzelner Verantwortung zu übernehmen für alles, was in der DDR geschehen sei. Die Vergangenheit sei nur der Knüppel, der die PDS zum Schweigen bringen und ihr Selbstbewußtsein schwächen solle. Für die meisten in der PDS gebe es keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen. Sie hätten keine schlechtere Vergangenheit als die Westdeutschen, sondern eine andere. Wer den Sozialismus wolle, könne am gescheiterten Sozialismusversuch nicht vorbeigehen, sondern müsse ihn kritisch annehmen. Die PDS halte in ihrem Programm am Ziel des Sozialismus, Bekenntnis zum der Schaffung anderer Produktionsverhältnisse, fest. Ein glaubhaftes kommunistischen Eintreten für dieses Ziel sei ausgeschlossen, wenn die Partei sich Zwangssystem de nicht mit der bisherigen sozialistischen Bewegung und vor allem ehemaligen DDR 86 Linksextremismus dem realen Sozialismus auseinandersetze und auch daran anknüpfe. Unter den Trümmern des DDR-Staates seien bewahrenswerte Bestandteile einer DDR-Gesellschaft sichtbar geworden. Die Existenz und der Erfolg einer in prinzipieller Opposition zu den herrschenden Verhältnissen stehenden Partei - gemeint ist die PDS - seien daran gebunden, daß sie es verstehe, eigene Wertmaßstäbe und Grundpositionen zu entwickeln. Dies sei ausgeschlossen, wenn die von außen gefällten Ausgrenzungsurteile übernommen und zum Maß interner. Grenzziehungen zwischen "Guten" und "Bösen" werde. Gerade dies geschehe mit der Verwendung des Kampfbegriffs Stalinismus zur Kennzeichnung der DDR. In einem im PDS-nahen Theorieorgan "Utopie-kreativ-Diskussion sozialistischer Alternativen" Nummer 62 vom Dezember abgedruckten Beitrag mit dem Titel "Demokratisierung im heutigen bürgerliAufbau von chen Staat" fordert Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer den "Aufbau von Ge- " Gegenmacht" genmacht". Er hält es für fragwürdig, wenn hinsichtlich der PDS von Konkurrenz gegenüber anderen Parteien gesprochen werde. Konkurrenz meine Wettbewerb um Wählerstimmen. Eine Partei, deren letztes Ziel die Veränderung der Gesellschaft sei, könne sich nur teilweise als Konkurrenz definieren. Der sozialistische Charakter der Bedeutung PDS bedeute, am Ziel der Überwindung der Dominanz von Privatdes sozialistischen eigentum festzuhalten; damit verbunden sei die Einsicht, daß die Charakters Herrschaft des Privateigentums immer Grenzen für Demokratisieder PDS rung setze. Der Untergang der DDR habe gezeigt, daß "dieser" Sozialismus nicht wettbewerbsfähig gewesen sei, er habe aber auch gezeigt, daß Sozialismus möglich sei. Seine Gegner hätten ihn bekämpft, weil er das Privateigentum an Produktionsmitteln angetastet habe, nicht wegen ungenügender Demokratie. Zwar habe die DDR Sozialismus und Demokratie nicht dauerhaft verbinden können. Trotzdem sei die Geschichte der DDR, ihres Ringens um Sozialismus, nicht Ballast, sondern Kraftquell. 2.2.3.4 Libertäres Forum bei der PDS Der Tageszeitung "junge Welt" vom 30. Oktober zufolge haben 15 Personen aus sechs Bundesländern am 28. Oktober in Altenburg/Thüringen ein "Libertäres Forum bei der PDS" gegründet. Nach diesem Bericht sind an der Gründung auch die "Anarchistischen Plattformen bei der PDS" in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beteiligt. Linksextremismus 87 Nach Aussage von Karsten Jagau, Mitglied der Anarchistischen Plattform bei der PDS in Baden-Württemberg und Mitinitiator des Libertären Forums bei der PDS, in der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 18. Oktober gehören zu den Gründern des neuen Forums unAnarchisten dogmatische, anarchistisch geprägte Linke aus Westund Ostals Gründungsdeutschland. Anliegen des bundesweiten Libertären Forums sei es, mitglieder die historische Trennung zwischen Anarchisten und Marxisten-Leninisten aufzuheben. Grundlage der Arbeit sei eine außerinstitutionelle, antiautoritäre Politik mit der Vision der Errichtung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen. Man wolle die PDS stärker auf den außerparlamentarischen Weg bringen. In einem Aufruf zur Gründung eines Libertären Forums bei der PDS Antiparlamentarikritisierten die Initiatoren die Mitarbeit der PDS in Parlamenten und sehe Zielrichtung forderten eine Politik außerhalb der Institutionen des kapitalistischen Staates, welche darauf abziele, diese zu überwinden. 2.2.4 Teilnahme an Wahlen Bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 14. Mai stellte sich die PDS erstmals einer Landtagswahl in einem alten Bundesland. Den Erste Teilnahme Einzug in das Landesparlament erreichte sie trotz des Verzichts der an Landtagswahl DKP auf eine eigene Kandidatur nicht. Die PDS erhielt lediglich in einem alten 8.170 (2,37 %) von 344.425 abgegebenen gültigen Stimmen. Damit Bundesland blieb sie unter ihrem Ergebnis bei der Bundestagswahl 1994, bei der sie in Bremen 2,7 % der Stimmen erreichen konnte. Der mit erheblichem sachlichen und personellen Aufwand geführte Wahlkampf der PDS - u.a. waren zahlreiche "Wahlhelfer" aus den östlichen Bundesländern angereist - erbrachte nicht den gewünschten Erfolg. Der mit dem erhofften Einzug in das Landesparlament verbundene Schub für den Westaufbau der Partei blieb aus. Zu den zeitgleich abgehaltenen Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen war die PDS nicht angetreten. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 22. Oktober konnte die PDS gegenüber der Wahl im Jahr 1990 ihren Stimmenanteil von 9,2 % auf 14,6 % erhöhen. Die PDS wurde damit in GeDrittstärkste samt-Berlin drittstärkste Partei. Im Landesparlament ist sie mit 34 Partei in Berlin von 206 Abgeordneten vertreten; sie gewann bis auf zwei alle 36 östlichen Direktwahlkreise. Gewählt wurde u.a. Frederik Over, 88 Linksextremismus Autonomer im der in einem Interview mit der Tageszeitung "junge Welt" vom Abgeordnetenhaus 4. September als "Hausbesetzer" vorgestellt worden war und sich selbst den Autonomen zurechnet. Im Ostteil Berlins erreichte die PDS 36,3 % (1990: 23,6 %) der abgegebenen gültigen Stimmen und ist dort somit stärkste politische Kraft. In den westlichen Bezirken erzielte sie demgegenüber nur einen Stimmenanteil von 2,1 % (1990: 1,1 %). Auch bei den gleichzeitig durchgeführten Wahlen der Bezirksverordnetenversammlungen konnte die PDS im Ostteil der Stadt ihre Stimmenanteile deutlich erhöhen. Sie liegen dort sogar leicht über ihren Ergebnissen bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus. Die PDS verfehlte allerdings ihr Ziel, in die Bezirksverordnetenversammlungen im Westen Berlins einzuziehen. 2.2.5 Zusammenarbeit mit inund ausländischen Linksextremisten 2.2.5.1 Kommunistischer Internationalismus Der im Parteiprogramm fixierte internationalistische Charakter der Proletarischer PDS orientiert sich an der Idee des Weltkommunismus. Daraus leitet Internationalismus sich die Lehre von der "welthistorischen Mission der Arbeiterklasse" (Proletarischer Internationalismus) ab. Die stellvertretende PDS-Vorsitzende Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann - verantwortlich für die internationalen Beziehungen der PDS - bekräftigte in einem Beitrag in der Tageszeitung "Neues Deutschland" vom 24. Juli den "internationalistischen Charakter" der Partei und die Zusammenarbeit mit linkssozialistischen und kommunistischen Beziehungen zu Parteien in Europa. Sie verwies auf die Mitgliedschaft der PDS im Fokommunistischen rum der Neuen Europäischen Linken, das als einzige Struktur links von der Sozialdemokratie auf Initiative der - kommunistisch dominierParteien in Europa ten - spanischen "Vereinigten Linken" (VL) gegründet worden sei. Man habe zu vielen kommunistischen Parteien, wie etwa der "Französischen Kommunistischen Partei" (FKP), sehr enge Beziehungen. Die PDS-Arbeitsgemeinschaft Cuba sf leiste sehr engagierte Arbeit. Der PDS-Ehrenvorsitzende Dr. Hans Modrow nahm am 21./22. JanuTeilnahme ar in Moskau als PDS-Vertreter am 3. Parteitag der "Kommunistiam Parteitag schen Partei der Russischen Föderation" (KPRF) teil. Modrow sah im in Moskau Parteitag kein Treffen von Nostalgikern, sondern den Versuch, "aus Linksextremismus 89 der Analyse der Krise den Platz der KP bei Veränderungen zu bestimmen". Traditionalistische Tendenzen seien an der Basis stärker als in der Führung. Es sei auch "kein Parteitag orthodoxer Kommunisten" gewesen, sondern der "sichtbare Versuch zu einem neuen Sozialismuskonzept". Auf Initiative des PDS Landesverbands Bayern und der Partei "Linker Block Böhmen" wurde am 26. August eine Vereinigung mit dem Namen "Zetkany" (auf deutsch: "Treffen") gegründet, die den Meinungsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen bayerischer PDS Zusammenarbeit und tschechischen Kommunisten über die Grenzen hinweg organizwischen bayerisieren soll. Am 28729. Oktober wurde in Pilsen eine gemeinsame scher PDS und Veranstaltung durchgeführt, die sich thematisch insbesondere mit tschechischen den historischen Besonderheiten der deutsch-tschechischen BezieKommunisten hungen auseinandersetzte. Nach der Bundestagswahl 1994 gingen bei der PDS Glückwünsche von etwa 40 überwiegend kommunistischen Parteien und Organisationen aus aller Welt ein. Im Rahmen der Unterstützung sogenannter Befreiungsbewegungen Unterstützung für unterhalten PDS-Funktionäre und PDS-Mitglieder seit längerem Konmilitante Kurden takte zur terroristischen, marxistisch-leninistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Auf der 1. Tagung des 4. Parteitags setzte sich der Bundesvorstand der PDS für die schnelle Gründung eines "PDS-Arbeitskreises Kurdistan" ein. In der Zeit vom 24. bis 26. Februar war die PDS Mitveranstalterin einer "Internationalen Kurdistan-Konferenz" in Berlin. Die Veranstalter forderten u.a. die Aufhebung des Verbots der PKK. Aus Anlaß des "Newroz-Festes" auf dem Münchner Marienplatz am 21. März erklärte sich der PDS Landesverband Bayern mit den Zielen militanter kurdischer Gruppierungen einverstanden. Der PDS Landesverband Bayern bemüht sich seit Anfang 1994, das Thema "Kurdistan" in die Agitation und Propaganda einzubinden. Seit Januar übt die bayerische PDS-Bundestagsabgeordnete Eva-Maria Bulling-Schröter heftige Kritik am Verbot der PKK, dem Vorgehen Gegen Verbote der Sicherheitsbehörden gegen PKK-Straftäter und der Abschiebevon kurdischen praxis. Mitte April befand sie sich mit weiteren zehn Personen, darVereinen unter dem DKP-Funktionär Claus Schreer vom Münchner Bündnis gegen Rassismus, zu einer "Visite" im Südosten der Türkei, um sich dort angeblich über die momentane Lage der dort lebenden kurdi- 90 Linksextremismus sehen Bevölkerung zu informieren. Die Personengruppe wurde wegen angeblich illegaler Aktion und Aufhetzung der Bevölkerung von türkischen Sicherheitskräften vorübergehend festgenommen und am 17. April in das Bundesgebiet abgeschoben. Bulling-Schröter organisierte daraufhin am 19. April in Ingolstadt eine PDS-Versammlung, um die Festnahmeaktion propagandistisch zu nutzen. VersammlungsPDS-Mitglieder stellten sich wiederholt als versammlungsrechtliche Anmelder von PKK-Demonstrationen und sogenannten Kulturfesten rechtliche Hilfestellung für die PKK zur Verfügung oder traten als Redner auf Veranstaltungen der PKK auf. Führende PDS-Funktionäre betonen die Solidarität der Partei mit dem sogenannten Befreiungskampf des kurdischen Volkes und zeigen Sympathie und Verständnis für die terroristische PKK. Die PDS lehnt zwar öffentlich die terroristischen Aktivitäten der PKK ab, unterstützt jedoch propagandistisch die strategischen Ziele, die die PKK u.a. mit ihren gewalttätigen Aktionen zu erreichen sucht, wie Aufhebung der Vereinsund Betätigungsverbote, Abschiebestopp für Kurden, Einstellung der Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Türkei, Druck der Bundesrepublik auf die Türkei zur Lösung des "Kurdenproblems", Anerkennung der PKK als Verhandlungspartner. Die PDS unterstützte einen Aufruf der in der Bonner Informationsstelle Kurdistan e.V. vertretenen Kurdistan-Solidaritätsgruppen zu einer bundesweiten Demonstration aus Anlaß des zweiten Jahrestags des Verbots der PKK. Auch PKK-Gruppierungen wie die "YEK-KOM" oder der "Verband der Studentinnen aus Kurdistan" unterzeichneten den Aufruf. Dr. Gregor Gysi äußerte im PDS-Bundestags-Pressedienst vom 7. August, der Befreiungskampf des kurdischen Volkes finde die UnterFür Einbeziehungstützung der PDS. Der Krieg der türkischen Regierung gegen die der PKK in Kurden müsse endlich beendet werden. Eine Folge von UnterdrükVerhandlungen kung und Krieg - nicht etwa Ursache - sei die PKK. Bestimmten Methoden und Maßnahmen der PKK stehe die PDS kritisch, ablehnend und auch verurteilend gegenüber. Ohne die PKK werde es eine Lösung für das kurdische Volk jedoch nicht geben. 2.2.5.2 Inländische Zusammenarbeit Im Inland hält die PDS Kontakte zu fast sämtlichen linksextremistischen Gruppierungen, aber auch zu gewaltbereiten Autonomen. Linksextremismus 91 Diese kommen u.a. in Freundschaftsbekundungen, gemeinsamen Veranstaltungen und Demonstrationen zum Ausdruck. Aufgrund alter Bindungen spielt dabei vor allem die DKP eine wichtige Rolle. Be: Zusammenarbeit sonders eng und regelmäßig gestaltet sich hierbei die Zusammenarzwischen KPF beit zwischen KPF und DKP. und DKP Enge Kontakte bestehen zwischen der PDS und dem Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) sowie dem Verlagsunternehmen "Gesellschaften für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH" (GNN), das u.a. die "Angehörigen-Infos" des RAF-Umfelds herausgibt. Außerdem unterhält die PDS auch Verbindungen zum Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) und zur Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP). Große Beachtung schenkte die PDS dem Pressefest des DKP-ZentralUZ-Pressefest organs "Unsere Zeit" (UZ), das vom 1. bis 3. September in Dortmund stattfand. An diesem nahmen neben dem Ehrenvorsitzenden der PDS, Dr. Hans Modrow, Egon Krenz und Karl Eduard von Schnitzler auch der PDS-Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Uwe-Jens Heuer vom Marxistischen Forum sowie Ellen Brombacher und Sahra Wagenknecht ^^^^m^ von der KPF teil. Letztere stellte sich in / SS r^m*. ihrem Referat ausdrücklich als "Integrati- ^ Ü ^ J . onsfigur der radikalen Linken" vor. ?*eit 2.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.3.1 Ideologisch-politischer Standort Bis zur Wende nahm die DKP - von der SED der DDR materiell und ideologisch abhängig - die Führung der Marxisten-Leninisten in Deutschland für sich in Anspruch. Seit 1990 unterstützt die DKP die PDS. In den auf dem 12. Parteitag am 16./17. Januar 1993 in Mannheim gegen heftige Kritik aus der oppositionellen "Hardliner-Gruppe" beschlossenen "Thesen zur programmatischen Orientierung" unterstrich die DKP ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Zielsetzung. In der Einleitung zu den "Thesen" heißt es, die DKP kämpfe für eine Politik, die im Sozialismus die Zukunft, Bekenntnis zu im Klassenkampf die zentrale Triebkraft der Geschichte und in der Sozialismus und Arbeiterklasse die entscheidende soziale Kraft für den gesellschaftliKlassenkampf 92 Linksextremismus chen Fortschritt sehe. Sie stütze sich auf die materialistische Wissenschaft, die von Marx und Engels begründet und von Lenin weiterentwickelt worden sei. In einer bereits 1993 aufgelegten Broschüre "Über den dritten sozialistischen Anlauf in Europa" erläuterte ein DKP-Funktionär, die revolutionären Kräfte müßten sich auf Erfahrungen der Pariser Kommune von 1871, des "Großen Anlaufs 1917 - 1989" und auf Kenntnisse über Entwicklungen des Kapitalismus nach 1990 stützen. Eine revolutionäre Bewegung müsse letztlich die Entschlossenheit aufbringen, den bürgerlichen Staatsapparat zu zerschlagen. Als revolutionäres Instrument habe sich die Partei leBekenntnis ninistischer Konzeption bewährt, die bereit sei, Widerstände auch zur Gewalt mit Gewalt zu brechen. Zur politischen Ausrichtung erklärte - zitiert nach "DKP-Informationen" Nummer 7 vom 24. Oktober 1994 - Rolf Priemer, einer der Sprecher der DKP, auf der 8. Parteivorstandstagung: "Die Mehrheit unserer Mitglieder ist nach vielen Diskussionen über Politik und Praxis, über Thesen zur programmatischen Erneuerung und DKP-Statut zu der Erkenntnis gelangt, daß eine kommunistische Partei in Festhalten Deutschland notwendig ist. Nämlich eine Partei, die festhält am sozialistiam Marxismussehen Ziel im Sinne der im Manifest der Kommunistischen Partei von Leninismus Marx und Engels formulierten Grundaussagen; die den grundlegenden Bruch mit den kapitalistischen Eigentumsund Machtverhältnissen anstrebt; die sich auf die moderne Arbeiterklasse als entscheidende gesellschaftsverändemde Kraft orientiert; die ihr theoretisches Fundament in der schöpferischen Anwendung und Weiterentwicklung der Theorie von Marx, Engels und Lenin für unsere heutigen Kampfbedingungen hat." Aktionseinheit Die DKP betont nach außen ihre Eigenständigkeit und UnabhängigmitderPDS keit, erklärt aber gleichfalls ihre Absicht, vor allem mit der PDS die Zusammenarbeit zu verstärken. Auf der 9. Tagung des Parteivorstands der DKP am 475. Februar in Essen wurde der Wille zur Aktionseinheit mit der PDS bekräftigt. Parteisprecher Heinz / Heim ab Stehr führte dazu aus: Die Ausgrenzung kommunistiÄn \ scher Politik sei für sozialistische Parteien kein gangba- \ rer Weg. Gesellschaftliche Bündnisse und Aktionseinheiten brauchten kommunistische Kraft, Ideen und Organisationserfahrung. Möglichkeiten zur solidarischen Zusammenarbeit ergäben sich aus der Übereinstim- / mung von DKP und PDS in nicht wenigen aktuellen politischen Fragen. Schließlich seien Gliederungen der DKP Linksextremismus 93 partnerschaftlich mit PDS-Parteigliederungen verbunden; beide unterstützten sich gegenseitig bei der Formulierung von Politik und bei Aktionen. Zur Weiterentwicklung dieser Beziehungen gebe es keine Alternative. In den "DKP-Informationen" Nummer 5 vom 27. Mai heißt es zur Zusammenarbeit mit der PDS: "Wir erklären erneut unsere uneingeschränkte Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen Gliederungen der PDS, um alles zu tun, gemeinsam die Rechtsentwicklung zu stoppen. Wir sind bereit zum Dialog und zur Diskussion aller politischen Fragen, ... Die DKP-Mitglieder fühlen sich in dieser Situation besonders eng verbunden mit dem marxistischen Teil der PDS-Mitglieder." Nach der 10. Tagung des Parteivorstands der DKP am 27728. Mai in Essen sieht Heinz Stehr die DKP stabilisiert. Es seien nicht nur Apparat und Finanzierung gesichert, zum Jahresende 1994 sei auch ein leichter Zuwachs an Mitgliedern erreicht worden. Durch Diskussion _^ und Beschluß relativierte die Tagung ein schon älte_""\ res Papier der Geschichtskommission, das sich Monsieur \ s e n r kritisch mit dem Stalinismus auseinandernt a ii i i * ' setzt. In einem jetzt gefaßten Beschluß heißt Anniest i es: Den Begriff "Stalinismus" halte man für Relativierung stoppen! I ungeeignet zur Kennzeichnung von Deformades Begriffs tionen und Fehlentwicklungen des Realsozialis"Stalinismus" i mus. Er sei ein bürgerlicher Kampfbegriff und untrennbar verbunden mit antikommunistischen Positionen. Die 11. Tagung des Parteivorstands der DKP am 23724. September in Leverkusen betonte, die Aktionseinheitsund Bündnispolitik habe eine entscheidende Bedeutung zur Veränderung des Kräfteverhältnisses. Die DKP wolle in Zukunft verstärkt auf Jugendliche, Antikapitalismus, Antifaschismus und Antiimperialismus gerichtete Initiativen entwickeln. An dem von der DKP vom 1. bis 3. September in Dortmund durchgeführten traditionellen Pressefest ihres Zentralorgans "Unsere Zeit" (UZ) nahmen rund 35.000 Personen - unter ihnen der PDS-Ehrenvorsitzende Dr. Hans Modrow und die KPF-Funktionärin Sahra Wagenknecht - teil. 1995 Hevie'Park m degoitmu 94 Linksextremismus 2.3.2 Organisation OrganisationsIn den westlichen Bundesländern unterhält die DKP zwölf Bezirksorstrukturen ganisationen, die in Kreisund Grundorganisationen unterteilt sind. Die bisher in Berlin-Ost und Berlin-West existierenden Bezirksorganisationen schlössen sich im Oktober zur Bezirksorganisation Berlin zusammen; sie soll vor allem die Mitglieder in den fünf neuen Ländern betreuen. MitgliederDie Zahl der Mitglieder stagniert bei 6.000. Am 31. Januar erschien werbung in der PDS-nahen Zeitung "Neues Deutschland" ein Artikel, in dem die DKP um Mitglieder oder Sympathisanten wirbt. Die DKP will mit dieser Aktion ehemalige SED-Mitglieder, die nicht in der PDS geblieben sind, aus der PDS ausge tretene Kommunisten und bisher nicht par- I den Reichen teigebundene Jugendliche anwerben. In Bayern bestehen zwei Bezirksorganisationen (Nordund Südbayern) und zehn Kreisverbände sowie zwei Betriebsgruppen. Die Sinkende MitglieMitgliederzahl sank von 700 auf rund 600. derzahl in Bayern Die DKP wird überwiegend von Altkommuni sten repräsentiert, bei denen sich zum Teil Resignation breit macht. Es muß davon ausgegangen werden, daß der negative Trend weiter anhalten wird. Von den ursprünglich gewählten vier Sprechern der DKP wurden Sprecherrat Heinz Stehr und Rolf Priemer auf dem 12. Parteitag in ihren Ämtern bestätigt. Eine für November 1993 vorgesehene Nachwahl von zwei Sprecherinnen für den DKP-Sprecherrat war nicht zustandegekommen, da sich keine Kandidatinnen gefunden hatten. Dem Parteivorstand mit 32 Mitgliedern gehören zwei DKP-Funktionäre aus Bayern an. Der finanzielle Rahmen der Partei ist bundeswie landesweit stabil. 2.3.3 Teilnahme an Wahlen Bei der Landtagswahl in Hessen am 19. Februar erhielt die DKP, obwohl die PDS nicht kandidierte, nur 3.254 Zweitstimmen (0,1 %). Die DKP sieht in der PDS aufgrund der eigenen bündnispolitischen Offenheit nach wie vor einen Partner. Es wird immer deutlicher, daß sich die DKP auf Dauer kaum neben der PDS als eigenständige Kraft behaupten kann. Linksextremismus 95 Bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 14. Mai verzichtete die DKP zugunsten der PDS auf eine eigene Kandidatur. In Nordrhein-Westfalen erreichte die DKP bei den am selben Tage durchgeführten Landtagswahlen 6.008 Stimmen (0,1 %). Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen am 22. Oktober traten über die "Offenen Listen" der PDS im Ostteil der Stadt auch Funktionäre der DKP an. In die Bezirksverordnetenversammlungen der östlichen Bezirke Hellersdorf und Weißensee wurde jeweils ein Kandidat gewählt. 2.4 Marxistisch-leninistische Partei Deutschland (MLPD) Die 1982 in Bochum als "politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in der BRD und Westberlin" gegründete MLPD fordert in ihrem Programm den revolutionären "Sturz der Herrschaft der Monopolkapitalisten" und die "Einführung der sozialistischen GesellDiktatur des Schaftsordnung" unter einer "Diktatur des Proletariats". Sie bekennt Proletariats sich zu den Lehren von Marx, Lenin und Mao Tse-tung. In ihrem Zentralorgan Rote Fahne führt sie in dem ständigen Text, mit // " ^ ^ | ", *****", "wf**^ dem sie "Informationen für neue Leserin- H ) % ^ ^ ^ B ^'(c)l/ric/l C Ch Fn", nen und Leser" gibt, u.a. an: "Die MLPD / / ~ T ^ W I r f ^"fifCfe wendet den Marxismus-Leninismus und GsÖfeiWi die Maotsetungideen schöpferisch auf :~~--fesssSBssar S f f l f f die heutige Situation an." Mitglieder hat die Partei vor allem im westund südwestdeutschen '9 Raum. Sie sind in Betriebszellen, Ortsgruppen und Bezirken organisiert, die einer "zentralen Leitung" mit Sitz in Essen unterstehen. Die MLPD verfügt bundesweit über rund 2.700 Mitglieder, davon etwa 140 in Bayern. Nebenorganisation der Partei ist der Jugendverband REBELL. Von der MLPD beeinflußt ist der Frauenverband Courage. Als bedeutendste Veranstaltung der MLPD fand vom 3. bis 5. Juni in PfingstjugendGelsenkirchen das 7. Internationale Pfingstjugendtreffen statt. Das treffen der MLPD von insgesamt etwa 4.000 Personen besuchte Treffen (die MLPD hatte 21.000 genannt) stand unter dem Motto "Der internationalen Solidarität gehört die Zukunft". Das Pfingstjugendcamp sollte neben der Stärkung des Jugendverbands REBELL auch den Aufbau einer "internationalen Solidaritätsund Hilfsorganisation" fördern. 96 Linksextremismus Agitationsthemen Die MLPD kritisierte u.a. den Einsatz der Bundeswehr im ehemaligen Jugoslawien und solidarisierte sich mit dem kurdischen Volk, das einen "gerechten Befreiungskampf" führe. Sie rief dazu auf, dem Verbot der PKK entschieden entgegenzutreten und forderte die Freilassung von PKK-Aktivisten, die in Deutschland wegen Straftaten inhaftiert sind. In Bayern trat die Partei, abgesehen von einer Veranstaltung zum politischen Aschermittwoch am 1. März in Metten, Landkreis Deggendorf, kaum in Erscheinung. MLPD weitgehend Die MLPD ist im gesamten linksextremistischen Lager trotz intensiver isoliert Mitgliederschulung, Agitation vor Betrieben und trotz ihrer groß aufgezogenen Pfingstjugendtreffen nach wie vor weitgehend isoliert. Eine Änderung ist nicht absehbar. 2.5 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) ZusammenschlußMehrere örtlich tätige maoistisch orientierte Arbeiterbasisgruppen von Basisgruppenschlössen sich 1973 zum AB zusammen. Dieser beruft sich in seinen programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus und die Ideen Stalins sowie Mao Tse-tungs. Sein Ziel ist die Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse" und die "Errichtung einer Diktatur des Proletariats", um den Kommunismus in einer "klassenlosen Gesellschaft" zu verwirklichen. Der AB bekennt offen, daß dies nur mit Gewalt zu erreichen sei, da die "herrschende Klasse" nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Schwerpunkt in Der AB ist vorwiegend in Bayern tätig. Es bestehen Gruppen in Bayern Augsburg, München, Nürnberg und Regensburg. "Freundeskreise" in München, Nürnberg und Regensburg sollen den AB finanziell unterstützen. In weiteren Städten des Bundesgebiets verfügt der AB Stagnierende über Ortsgruppen bzw. Stützpunkte. Die Gesamtmitgliederzahl blieb Mitgliederzahl konstant bei etwa 200, davon rund 100 in Bayern. Organisatorisch sowie auf Funktionärsebene waren beim AB keine Veränderungen festzustellen. Der AB ist in zwei Flügel gespalten. Der größere Flügel gibt monat_"_ i lieh das AB-Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ) heraus. Er l / V f atsflSi KOMNIUN! setzte seine bereits im Vorjahr festge,, stellte Zusammenarbeit mit der DKP ' fort. In einer von KAZ und DKP ge\o~^zi^ Linksextremismus 97 meinsam herausgegebenen Broschüre zum Bürgerkrieg im ehemaliZusammenarbeit gen Jugoslawien bezichtigten die Verfasser Deutschland, den KonmitderDKP flikt wegen "Großmachtund Expansionsinteressen des deutschen Imperialismus" zumindest mitverursacht zu haben. Der kleinere, der PDS nahestehende Flügel kritisierte in mehreren Veranstaltungen u.a. das Verbot der PKK und ihrer Nebenorganisationen. Über ideologische Differenzen hinweg ist aber auch der DKP-nahe Flügel an einer Zusammenarbeit mit PDS-Aktivisten zumindest punktuell interessiert. So fanden im Oktober in Augsburg, Erlangen und Regensburg Diskussionsveranstaltungen mit der PDS-Aktivistin Sahra WaZusammenarbeit genknecht statt. Da der AB kaum mehr eigene Aktionen durchfühmit PDS und ren kann, wird er auch künftig die Zusammenarbeit mit anderen Bündnissen linksextremistischen Gruppierungen und Parteien suchen. In München und Regensburg bestehen seit 1972 Gruppen des vom AB stark beeinflußten Antifaschistischen Komitees - Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung - AKS - (früher Anti-StraußKomitee) mit etwa 90 Mitgliedern. Ziel des AKS ist es, den "Sturz des rechten Führungskaders" vorzubereiten und alle "faschistischen" Organisationen zu bekämpfen. Die Initiativen für die Vereinigung der revolutionären Jugend (IVRJ) unterliegen ebenfalls dem Einfluß des AB. Ortsgruppen bestehen u.a. in München, Nürnberg und Regensburg. 3. Autonome 3.1 Überblick Die gewaltbereite autonome Szene ist eine andauernde Gefahr für Entwicklung der die Innere Sicherheit Deutschlands. Ihr sind über 80 % der linksexAutonomen tremistisch motivierten Gewalttaten zuzurechnen. Die ersten autonomen Gruppen entstanden Ende der 70er Jahre. Ihr Tätigkeitsfeld beschränkte sich seinerzeit im wesentlichen auf den Bereich der Antikernkraftbewegung. Inzwischen sind autonome Gruppen in allen Themenbereichen linksextremistischer Agitation tätig. Mit der Ausweitung der Aktivitäten konnten sie ihren Einfluß ausbauen und stetig neue Anhänger für ihre diffusen Vorstellungen gewinnen, die im Gegensatz zu den Ideologien der meisten anderen linksextremistischen Gruppen in keinem ausformulierten Programm festgeschrieKein ausformuben sind. Inzwischen stellen sie eine der bedeutendsten Strömungen Hertes Programm des Linksextremismus in Deutschland dar. 98 Linksextremismus 3.2 Ideologische Ausrichtung Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept. Sie folgen unklaren anarchistischen und anarchokommunistischen Vorstellungen. Wesentliches Element ist die ungehemmte Entfaltung der eiGrundgefühl von genen Persönlichkeit, um frei von "Lohnarbeit", sozialen Zwängen AntiStaatlichkeit und Rücksichtnahmen, d.h. "autonom" zu leben. Im Gegensatz zu anderen linksextremistischen Gruppierungen ist Autonomen ein ausformuliertes Programm oder verbindliches Statut fremd. Die losen, überwiegend kurzlebigen Gruppen bilden sich meist über Aktionsthemen. Feste Bindungen an die Gruppen werden schon aufgrund der negativen Grundeinstellung gegenüber jeglichen hierarchischen Ablehnung Strukturen abgelehnt. Einig sind sich die Autonomen in der kategorivon Staat und schen Ablehnung von Staat und Gesellschaft. Ihr Ziel ist die AbschafGesellschaft fung des Staates und seiner Institutionen, um an seiner Stelle eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu errichten, von der indessen niemand weiß, wie sie im einzelnen aussehen soll. Vielen Anhängern \ genügt auch das Grundgefühl von "Antistaatlichkeit". Die Bejahung von Gewalt zur Durchsetzung von Zielen ist unumstritten j und sogar Bestandteil autonomen Selbstverständnisses. Ihre Gewalttaten versuchen sie Nr.J" als "Gegengewalt" gegen staatliche Maß1995 nahmen und Regelungen zu rechtfertigen. In einem Beitrag 28.Septen>ber zum fehlgeschlagenen Sprengstoffanschlag auf eine im Bau befindliche Justizvollzugsanstalt am 11. April in Berlin erklärten Autonome in der autonomen Szenepublikation INTERIM vom 17. August: ... "begreifen wir militante, illegale Aktionen als einen integralenTeil des Anwendung von Protests und Widerstands gegen Herrschaftsverhältnisse, (...) Die AnwenGewalt düng von Gewalt/revolutionärer Gewalt halten wir unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur für legitim, sondern auch für unverzichtbar. Wir werden uns nicht an den vom Staat vorgeschriebenen legalen Rahmen von Protest und Widerstand halten. Denn damit wären wir auch kontrollier-, berechen-, und beherrschbar. (...) Also - eine Absage an Gewalt wird es von uns nicht geben - nicht heute und auch nicht in Zukunft!!!" Gewalt gegen Auch Gewalt gegen Personen wird von Autonomen entgegen frühePersonen rer Praxis inzwischen insbesondere bei Aktionen gegen politische Gegner als geeignetes Mittel angesehen und angewendet. Der massive Angriff auf einen rechtsextremistischen Anwalt am 30. August Linksextremismus 99 in Hamburg und erneute Rechtfertigungsversuche für die Tötung eines Rechtsextremisten am 4. April 1992 in Berlin sind Beispiele für diese Entwicklung. Die Angriffe, im Szenejargon auch als "klandestine Aktionen" bezeichnet, erfolgen äußerst konspirativ. Sie werden durch Ausspähung der Zielpersonen und Objekte vorbereitet. Hierzu sind in der Gezielte Szene Anleitungen, z.B. "Tips und Tricks zur Vermeidung von SpuVorbereitung ren", im Umlauf. Die polizeilichen Ermittlungen sind deshalb häufig der Gewalttaten sehr schwierig. 3.3 Aktionsthemen Eine wesentliche Rolle nimmt für Autonome das Thema AntifaschisAntifaschismus mus ein. Darunter verstehen sie nicht nur den unmittelbaren Kampf gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten, sondern auch den Kampf gegen die Bundesrepublik Deutschland. Diese stehe in direkter Kontinuität zum "Dritten Reich" und verfolge selbst "faschistische, rassistische und imperialistische" Ziele. Mit ihren Aktionen soll der Staat selbst als "faschistisch" vorgeführt werden. AktionstheVorführen men hierfür sind "Rassismus", "Kapitalismus" und soziale Probleme. des'Staates Auch das Thema "Antikernkraft" hat mit den Castor-Transporten wieder erheblich an Bedeutung gewonnen. Unter dem Vorwand, gegen vermeintliche Gefahren der Kernenergie zu kämpfen, rufen die Autonomen zum Kampf gegen den "Atomstaat" auf. Die Münchner Kampf gegen Gruppe "zusammen kämpfen" erklärte in einem Positionspapier den "Atomstaat" zum geplanten Neubau eines Forschungsreaktors für die TU München in Garching, Landkreis München, daß nur durch langen, zähen Widerstand mit vielen Aktionsformen etwas zu erreichen sei. Mit Flugblättern und Demonstrationen sei nichts zu gewinnen. Die Interessenkonflikte zwischen dem Profitstreben des Kapitals einerseits, den Umweltbelangen und den sozialen Bedürfnissen der Menschen andererseits, ließen sich nicht durch einen friedlichen Dialog, sondern nur durch einen langandauernden Kampf gegen das Kapital und seine Helfershelfer beilegen. Wörtlich heißt es weiter: " wir sind der meinung, daß die lösung dieser probleme vor allem eine frage der Verteilung des vorhandenen und eine frage der besitzund machtverhältnisse ist und kämpfen daher für die Überwindung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse und die radikale Veränderung der besitzund machtverhältnisse in der gesellschaft." 100 Linksextremismus Aktionsschwerpunkte waren u.a. Transporte von abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken, Einsätze der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebiets, Sanierungsmaßnahmen in Großstädten und Solidaritätsaktionen zugunsten des "kurdischen Befreiungskampfs". AutonomiekonAuf einem "Autonomiekongreß" vom 14. bis 17. April in Berlin sollgreß in Berlin ten Perspektiven und Aktivitäten bis über das Jahr 2000 hinaus festgelegt werden. Schwerpunktthemen des Kongresses mit etwa 2.000 Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet waren Formen des autonomen Kampfs und Widerstands, die Frage nach der Konfrontationsbereitschaft gegen die "Staatsmacht" und die "Faschisten" sowie die Suche nach neuen Aktionsformen. Die Auffassungen über den Erfolg des Kongresses gingen bei den Teilnehmern weit auseinander. Die Ziele der Veranstaltung, die Autonomen - auch organisatorisch - zu konsolidieren und den weiteren politischen Weg festzulegen, wurden nicht erreicht. 3.4 Autonome Strukturen Schwerpunkte Schwerpunkte der Autonomen in Bayern im Jahr 1995 waren Nürnin Bayern berg, Passau und München. Die Passauer Autonomen zeigten eine zunehmende Gewaltbereitschaft. Daneben bestehen autonome Gruppen in den Bereichen Aschaffenburg, Augsburg, Bamberg, Coburg, Erlangen, Fürth, Ingolstadt, Kulmbach, Regensburg, Rosenheim und Würzburg. Auch aus anderen Städten wurden Aktivitäten bekannt, die als Indiz für das Vorhandensein autonomer Tendenzen gewertet werden müssen. Insgesamt gehören autonomen Gruppen 550Autonome in Bayern wie im Vorjahr rund 550 Personen an. Die Verweildauer in Bayern der Anhänger in den Gruppen beträgt regelmäßig nur wenige Jahre. Personelle Verluste durch "Rückzug ins Private" füllen sich jedoch Gefestigte kontinuierlich auf. Die oft kurzlebigen, meist aus konkretem Anlaß autonome Szene gegründeten Gruppierungen tragen Namen wie "Rote Antifa Nürnin Bayern berg", "Autonome Zelle ,Erich Mühsam'", "zusammen kämpfen", "Antifaschistische Front", "Antifaschistische Jugendfront". Organisatorische Die grundsätzliche Ablehnung von Organisationsformen und verAnsätze bindlichen Strukturen haben die Autonomen teilweise aufgegeben. Seit vier Jahren sind in der autonomen antifaschistischen Szene ernsthafte und auch erfolgreiche Bemühungen zu beobachten, dauerhafte Organisationsstrukturen zu schaffen. Mitte 1992 schlössen Linksextremismus 101 sich autonome Gruppen zur "Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) zusammen. Sie ist eine Art Dach für gewaltorientierte Gruppierungen zur Verankerung und Verbreiterung des Widerstands. Eine zentrale Rolle in dieser Organisation nimmt die militante Automome Antifa (M), Göttingen, ein. Der AA/BO gehören inzwischen Gruppierungen aus 14 Städten im gesamten Bundesgebiet an. In Bayern sind dies die Antifaschistische Aktion Passau und die Rote Antifa Nürnberg (RAN), die nach ideologischen Differenzen aus der im Mai aufgelösten Gruppe Muflons gegen Rechts entstand. Die linksextremistische Zielsetzung der AA/BO zeigt sich u.a. an der von ihr propagierten These, daß sich der Antifaschismuskampf gegen die Grundpfeiler der bürgerlichen Herrschaft richten müsse. Die Parole "Kampf dem Faschismus" heiße "Kampf dem imperialistischen System". Dem Gedankenaustausch und Informationsfluß zwischen AutonoKommunikationsmen dienen auf Ortsebene vor allem ständige Einrichtungen wie Instrukturen fo-Läden, Szenelokale und andere Begegnungsstätten, wie z.B. im Kommunikationszentrum der Stadt Nürnberg (KOMM), in denen auch einschlägige Publikationen aufliegen. Die als Anlaufund Kontaktstellen fungierenden Info-Läden sind dabei als wesentlicher Faktor für die Kommunikation innerhalb der autonomen Szene anzusehen. Eine in der Szene verbreitete Übersicht führt mehr als 80 solcher Anlaufstellen im Bundesgebiet auf. In Bayern bestehen Info-Läden Info-Läden u.a. in Augsburg, München, Nürnberg, Passau und Regensburg. Für die landesund bundesweite sowie die internationale Kommunikation werden moderne Kommunikationsmittel wie Telefax und Mailboxsysteme in erheblichem Umfang verwendet, wie das von Wiesbaden aus aufgebaute Mailboxsystem "Spinnennetz". 3.5 Autonome Publikationen Eine weitere Informationsmöglichkeit bieten den Autonomen die Szenepublikationen. Diese werden meist konspirativ hergestellt und verbreitet; ihre Autoren sind weitgehend unbekannt. Neben der Berichterstattung über autonome und terroristische Aktivitäten schüren die Publikationen vor allem den Haß gegen die Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie enthalten ferner unverhohlene Aufforderungen und Anleitungen zu Gewalttaten Aufforderung u.a. gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und zu Gewalttaten deren Einrichtungen sowie - vor allem im Zusammenhang mit den 102 Linksextremismus Transporten abgebrannter Brennelemente - gegen Einrichtungen der Deutschen Bahn AG. Bundesweit Von den bundesweiten Szeneblättern hat insbesondere die regelmävebreitete ßig erscheinende, aus Berlin stammende Publikation "INTERIM" zenPublikationen trale Bedeutung. Erwähnenswert sind ferner zwei Ausgaben der unter wechselnden ausländischen Tarnanschriften vertriebenen militanten autonomen Publikation "radikal". Themenschwerpunkte waren 1995 "Antifaschismus", "Organisierung im autonomen Spektrum", der "kurdische Befreiungskampf", "Rassismus", Flüchtlingspolitik, der Bundeswehreinsatz im ehemaligen Jugoslawien und die Castor-Transporte. Daneben waren wie in den Vorjahren eine Vielzahl von Selbstbezichtigungsschreiben zu Anschlägen sowie Handlungsanleitungen zu Straftaten abgedruckt. Im Rahmen einer in acht Bundesländern am 13. Juni auf Anordnung des Generalbundesanwalts durchgeführten Durchsuchungsaktion, die sich u.a. auch gegen die terroristische Antiimperialistische Zelle (ALZ) sowie die militante Gruppe "Das K.O.M.I.T.E.E." richtete, konnten vier Personen festgenommen werden, die im Verdacht stehen, an der Publikation "radikal" mitgearbeitet zu haben. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs erließ Haftbefehl gegen die vier Personen wegen dringenden Verdachts der Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Bei der Durchsuchung konnte eine Reihe von schriftlichen Unterlagen sichergestellt werden. Gegen die Kriminalisierung : Imksr idiKalen Widerstands 129/129a Linksextremismus 103 In Bayern publizieren die Autonomen ihre politischen Artikel u.a. in Bayerische der inzwischen wieder regelmäßig erscheinenden Zeitschrift "wie Publikationen weiter" aus Nürnberg und ähnlichen regionalen, überwiegend unregelmäßig herausgegebenen Blättern. Die bayerischen Zeitschriften konnten bisher keine überre*&&Z<)MV* gionale Bedeutung gewinnen. Oft werden darin auch nur Artikel aus bundesweiten Szenepublikationen, wie "INTERIM" und "radikal", übernommen und j durch Hinweise auf aktuelle Themen und Termine j der örtlichen oder regionalen Szene ergänzt. / 3.6 Aktivitäten autonomer Gruppen in Bayern Besondere Aktivitäten zeigten in Bayern vor allem die Autonomen in Passau. Maßgeblich hierfür ist insbesondere die Mitgliedschaft der Antifaschistischen Aktion Passau in der AA/BO. Über die AA/BO und weitere personelle Verflechtungen sind die Passauer Autonomen ebenso wie die Szene Nürnberg/Fürth/Erlangen in den bundesweiten Informationsaustausch und die Aktivitäten eingebunden. Durch die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch über die AA/BO ist es den Autonomen erstmals möglich geworden, ihre Strukturen zu festigen und kontinuierlich zu arbeiten. Im Januar organisierte die Antifaschistische Aktion Passau eine VerAktionen anstaltungsreihe zum Thema "Solidarität mit dem kurdischen Volk". zugunsten der In der Zeit vom 23. bis 28. Januar thematisierten die Autonomen mit verbotenen PKK Informationsständen, Straßentheater und sonstigen Veranstaltungen neben der Situation der kurdischen Bevölkerung in der Türkei insbesondere die angebliche Verfolgung von Kurden in Deutschland. In Plakaten und Flugblättern zur Abschlußdemonstration am 28. Januar wurde Deutschland bezichtigt, die türkische Regierung in ihrem "imperialistischen Krieg" gegen die kurdische Bevölkerung durch Wirtschaftsund Militärhilfe zu unterstützen. Daneben forderten die Verfasser, das Verbot der terroristischen PKK, ihrer Teilorganisation ERNK und anderer PKK-Vereine und -Organisationen aufzuheben. Die Veranstaltungen verliefen im wesentlichen störungsfrei. 104 Linksextremismus ExekutivmaßEine Hausdurchsuchung bei Anhängern der autonomen Szene am nahmen 1. Februar in Passau in einem Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung führte zur Sicherstellung von drei gebrauchsfertigen Brandsätzen sowie mehr als 400 Exemplaren einer mit einem fingierten Impressum versehenen Publikation "Antifa Jugend Info". Dieses Druckwerk war bereits im Zusammenhang mit der Solidaritätswoche zugunsten des kurdischen Volkes am 26. und 27. Januar verbreitet und wegen presserechtlicher Verstöße sichergestellt worden. Auf die Durchsuchung reagierten mehrere Passauer autonome Gruppen mit einer Flugblattaktion und Veranstaltungen. In einem am 2. Februar bekanntgewordenen Flugblatt wurde die Polizei beschuldigt, die linke und linksradikale Szene zu denunzieren und letztlich kriminalisieren zu wollen. Dabei wurde den Polizeibeamten unterstellt, "völlig unrechtmäßig" vorgegangen zu sein. Das Flugblatt endete mit den Parolen: "Der antifaschistische Widerstand läßt sich nicht verbieten. Stoppt den Staatsterrorismus! Solidarität mit den betroffenen Antifaschistinnen." Überregionale In einem Aufzug am 25. Februar in der Passauer Innenstadt zum Bedeutung Thema "Keine Kriminalisierung des antifaschistischen Widerstands der Passauer - Stoppt den Staatsterrorismus!" mit etwa 100 Teilnehmern kritisierAutonomen ten Anhänger der örtlichen autonomen "Jugendantifa" sowie Autonome aus Göttingen, Berlin, Nürnberg und Würzburg ebenfalls die Vorgehensweise der Polizei. Es wurde zur Teilnahme an einer Solidaritätsveranstaltung am 6. März in Göttingen aufgerufen. Dies zeigt erneut die überregionale Bedeutung der Passauer Szene, der es inzwischen gelingt, Personen aus den bundesweiten Strukturen der AA/BO auch für relativ kleine Veranstaltungen zu mobilisieren. In mehreren Szene-Zeitschriften nahm die AA/BO zum Selbstmord von zwei Jugendlichen aus der autonomen Szene Passau Stellung. In den "Nachrufen" heißt es unter anderem, die beiden hätten dem Repressionsdruck nicht standgehalten, dem die gesamte Antifa in Passau ausgesetzt sei. Nachdem ihnen der Staat jede Perspektive genommen habe, hätten sie den Tod gewählt. Der Selbstmord eines Jugendlichen wird von der AA/BO mit Drogenkonsum in Verbindung gebracht. Gegen beide Jugendliche war wegen Straftaten ermittelt worden. Schwerpunktthema Linksextremisten, vor allem autonome Gruppen, sind schon immer PKK-Solidarität für ein sehr weitgehendes Asylrecht und die Solidarität mit ausländischen linksextremistischen Gruppierungen eingetreten. Vor allem Linksextremismus 105 nach dem Verbot der PKK in Deutschland, dem Vorgehen der Sicherheitsorgane und den vollzogenen bzw. beabsichtigten Abschiebungen kurdischer Straftäter in die Türkei ist eine zunehmende Solidarisierung mit der PKK festzustellen. Dies zeigt sich u.a. in einer Vielzahl von Solidaritätskundgebungen zugunsten der PKK und Sympathieerklärungen für die Täter, die im Frühjahr Anschläge gegen türkische Reisebüros verübt hatten. Gleichzeitig veranstalteten Autonome unter reger Beteiligung von PKK-Anhängern eine Reihe von Versammlungen, in denen sie die Aufhebung des PKK-Verbots forderten. Dabei bezichtigten sie Deutschland, einen Völkermord an Kurden zu unterstützen. Am 18. Februar veranstalteten u.a. mehrere autonome Gruppen in Nürnberg einen Aufzug zur Privatwohnung des bayerischen Innenministers unter dem Motto "Kampf den FaDiffamierung schisten, Rassisten und Schreibtischtätern! Keine Abschiebung von der SicherheitsKurdlnnen in den Folterstaat Türkei ...". Aufrufe und Berichte zu behörden dieser Demonstration, an der etwa 300 Personen teilnahmen, wurden bundesweit in einer Reihe von Szenepublikationen veröffentlicht. Darin wurden die Maßnahmen bayerischer Sicherheitsbehörden gegen die terroristische PKK, z.B. aus Anlaß der PKK-Krawalle am 19. März 1994 im Raum Augsburg, massiv kritisiert. Diese Maßnahmen stünden exemplarisch für eine insgesamt rassistische Politik, mit der Minderheiten ausgegrenzt würden. Der von der PKK im Südosten der Türkei geführte blutige Bürgerkrieg ist nach Ansicht der Verfasser ein "legitimer Befreiungskampf", der kriminalisiert werde. Die Aufrufe endeten mit den Parolen: "Die Verantwortlichen dieser Politik haben Namen und Adresse. Lassen wir ihnen keine Ruhe! Greifen wir sie an!". Am 12. April veranstaltete ein "Aktionsbündnis gegen den NPD-Treff Protest gegen Nürnberg" einen Aufzug zu einer als Treffpunkt von RechtsextremiNPD-Treffpunkt sten bekannten Gaststätte. Anlaß war eine geplante NPD-Veranstaltung, die jedoch aufgrund der Gegendemonstration abgesagt wurde. Im Aufrufflugblatt hatten die Autonomen gefordert, die NPD-Kundgebung zu blockieren und den Faschisten entschlossen entgegenzutreten. Die Stadt gehöre den Antifaschisten, nicht den Faschisten. Die Leser des Flugblatts wurden aufgefordert, ähnliche "Nazitreffpunkte" an die Kontaktadressen der autonomen Gruppierungen Muflons gegen Rechts und Rote Antifa Nürnberg (RAN) zu melden. Wegen der Bestätigung der Todesstrafe gegen einen Farbigen der Black-Panther-Bewegung durch den zuständigen Gouverneur veranstaltete das "Komitee zur Verteidigung des Lebens von Mumia 106 ünksextremismus Kampagne gegen Abu-Jamal" am 9. Juni in Nürnberg drei Versammlungen und am Todesstrafe in den 10. Juni in Fürth eine Kundgebung. In München hatten Autonome USA aus gleichem Anlaß bereits am 8. Juni eine nicht angemeldete Veranstaltung vor dem Generalkonsulat der USA durchgeführt. Die Aktionen stehen in Zusammenhang mit einer insbesondere von Autonomen seit Monaten bundesweit geführten Kampagne, in der die Freilassung des wegen Polizistenmords Verurteilten gefordert wird. Das Urteil gegen den nach Ansicht der Betreiber der Kampagne Unschuldigen sei lediglich aus rassistischen Gründen von überwiegend weißen Geschworenen verhängt worden. Weitere Veranstaltungen folgten im Lauf des Jahres nach der Aussetzung des Vollstreckungstermins unter dem Motto "Mumia Abu-Jamal soll immer noch ermordet werden!" Mit der Forderung nach einem "autonomen Jugendzentrum" veranstalteten jeweils 40 bis 50 Autonome und Punker am 7. und 14. Juli nicht angemeldete Versammlungen in der Fußgängerzone in Passau. Angriffe Bei polizeilichem Einschreiten und Auflösung der Veranstaltung am gegen Polizei 14. Juli kam es zu Widerstandshandlungen. Zwei Polizeibeamte wurden verletzt. Die äußerst aggressiven Teilnehmer hatten u.a. versucht, zwei Polizisten die Dienstwaffe zu entreißen. Drei Personen wurden festgenommen. An einer Demonstration gegen die jährliche Großkundgebung der rechtsextremistischen DVU am 30. September in Passau beteiligten sich etwa 800 Personen, darunter etwa 300 Autonome. Zu dieser weitgehend störungsfrei verlaufenen Kundgebung hatte u.a. die autonome Antifaschistische Aktion Passau aufgerufen. In ihrem Flugblatt hieß es unter dem Motto "Gegen Faschismus und Bullenterror! Tretet in antifaschistische Aktion!", der Protest gegen Staat besitze ein "funktionaDVU-Veranles Verhältnis" zu Rechtsexstaltung tremisten und habe kein wirkliches Interesse an Linksextremismus 107 der Zerschlagung der "faschistischen Bewegung". Sie solle vielmehr durch Vereinsverbote "für einen möglichen späteren Verwendungszweck einstweilen ruhig gehalten werden". Gesetzesverschärfungen aus Anlaß "faschistischer Aktionen" dienten ebenso in erster Linie dazu, gegen "linke Kräfte" vorzugehen. Am 27. Oktober bewarfen Autonome, die sich im KommunikationsStraftaten Zentrum (KOMM) in Nürnberg aufhielten, einen Streifenwagen der im KOMM Polizei mit Flaschen und Steinen. Bei dem Versuch, die Personalien der Täter im KOMM festzustellen, kam es zu einem Handgemenge mit den Polizeibeamten. Diese wurden beleidigt und tätlich angegriffen. Ein Autonomer versuchte, einer Polizeibeamtin die Dienstwaffe zu entreißen. Nach dem Eintreffen von Verstärkungskräften der Polizei mußte die verschlossene Tür zum KOMM eingedrückt werden. Die Polizeibeamten standen nunmehr etwa 300 KOMM-Besuchern gegenüber, die sie mit Beleidigungen empfingen. Gegen den geplanten Neubau eines Forschungsreaktors demonProtest gegen strierten am 18. November in Garching, Landkreis München, etwa Neubau eines 470 Personen, darunter einige Autonome und andere LinksextremiForschungssten. Die Münchner autonome Gruppe "zusammen kämpfen" hatte reaktors aus Anlaß dieser Veranstaltung in einem Flugblatt u.a. zu einem revolutionären Block aufgerufen, um diesen "für spätere Kämpfe zu etablieren". Das Landratsamt München setzte daraufhin entsprechende versammlungsrechtliche Auflagen fest. Die Polizei stellte mit der Durchsetzung dieser Auflagen den friedlichen Verlauf der Kundgebung sicher. 3.7 Entwicklungstendenzen Die latente Gewaltbereitschaft der Autonomen stellt auch künftig eine ernste Gefahr für die Innere Sicherheit dar. Die weitere EntwickGefahr für die lung des Gewaltpotentials der Autonomen hängt von den ReizInnere Sicherheit themen ab, die ihnen für ihren Aktionismus geeignet erscheinen. Nach dem Rückgang rechtsextremistischer Gewalttaten hat das Mobilisierungsthema Antifaschismus an Bedeutung verloren. Neue Attraktivität gewonnen hat dagegen bundesweit der vielfach gewalttätige Protest gegen den Transport abgebrannter Brennelemente. In Bayern könnten der geplante Neubau eines Forschungsreaktors in Garching, Landkreis München, und die vorgesehenen Castor-Transporte aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen von der linksextremi- 108 Linksextremismus stischen, vor allem der autonomen Szene, als Vorwand für Aktionen bis hin zur Gewaltanwendung mißbraucht werden. Bereits früher wurden Vorbehalte gegen kerntechnische Anlagen zu breitgefächerten Aktionen und Bündnissen genutzt. 4. Bündnisse gegen Rassismus Linksextremist!An dem linksextremistisch beeinflußten "Münchner Bündnis gegen scher Einfluß Rassismus" beteiligen sich neben demokratischen Gruppierungen die linksextremistisch beeinflußte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), marxistisch-leninistische Organisationen wie DKP, AB, Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) und die trotzkistische Sozialistische Arbeitergruppe (SAG). Die Leitung bei Treffen und Veranstaltungen oblag jeweils Aktivisten der linksextremistischen Gruppierungen. Diese zeichneten auch für Flugblätter des Bündnisses presserechtlich verantwortlich. Das Bündnis fungierte als Träger für eine Vielzahl von Aktivitäten, zu denen kleinere Gruppen alleine nicht in der Lage waren. Das Münchner Bündnis gegen Rassismus war maßgeblich an der Gründung des Münchner Kurdistan-Solidaritätskomite es im Frühjahr 1994 beteiligt. Das Komivon Kundgebungen. Das dem autonomen/antiimperialistischen Spektrum zuzuordnende Nürnberger "Aktionsbündnis gegen Rassismus" war weitgehend inaktiv. Linksextremismus 109 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1995 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) 1. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 1.1 Kernorganisationen: Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 600 6.000 Unsere Zeit (UZ) 13 Bezirksorganisationen, aufgeteilt vierzehntägig, 15.000 in Kreisund Grundorganisationen Marxistische Blätter 26.09.1968, Essen zweimonatlich, 3.000 Partei des Demokratischen 121.000 Neues Deutschland (ND) Sozialismus (PDS) - PDS-nahe Zeitung - - neuer Name beschlossen werktäglich, 70.000 auf SED-Parteitag am DISPUT 16717.12.1989-, Berlin zweimal im Monat, 11.000 PDS-Pressedienst wöchentlich, 2.200 UTOPIE-kreativ-Diskussion sozialistischer Alternativen monatlich, 600 Mitteilungen der Kommunistischen Plattform der PDS monatlich, 17.000 PDS Landesverband Bayern 450 TITEL (Informationsforum mit 7 Kreisverbänden und der PDS Bayern) 20 Basisorganisationen unregelmäßig, 400 11.09.1990, München Verein für Arbeiterbildung Nordbayern 50 Nordbayerischer Landbote 28.03.1993, Fürth unregelmäßig, 100 Arbeiterbund für den Wiederaufbau 100 200 Kommunistische der KPD (AB) Arbeiterzeitung (KAZ) 1973, München monatlich, 3.500 Marxistisch-Leninistische 140 2.700 Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) wöchentlich, 7.500 10 Parteibezirke, über 100 lernen u. kämpfen (luk) Ortsgruppen und Stützpunkte monatlich, 1.000 17./18.06.1982, Essen 110 Linksextremismus Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1995 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 25 250 Politische Berichte 7 Landesverbände vierzehntägig, 1.000 20721.09.1980, Köln Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP), 25 150 Sozialistische Zeitung (SoZ) bis Juni 1995: vierzehntägig, 1.600 Vereinigte Sozialistische Partei 24./25.06.1995, Köln Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 25 200 Sozialismus von unten Frankfurt am Main vierteljährlich, 3.500 Kommunistischer Bund (KB) Hamburg (aufgelöst am 20.04.1991) Nachfolgegruppen: 180 analyse und kritik (ak) Gruppe K monatlich, 3.700 Gruppe Mehrheit KB-Gruppe Nürnberg 20 Marxistische Gruppe (MG) München 700 GEGENSTANDPUNKT 1969/70 AK Rote Zellen, München Herausgeber: ehemalige ("aufgelöst" zum 01.06.1991) Funktionäre der MG vierteljährlich, 7.000 1.2 Nebenorganisationen: Nebenorganisation der DKP: Sozialistische Deutsche 50 200 position Arbeiterjugend (SDAJ) zweimonatlich, 600 Landesverbände, Kreisverbände und Ortsgruppen 04./05.05.1968, Essen Nebenorganisation der MLPD: Jugendverband REBELL 20 Rebell - Beilage zur Roten Fahne * 1.3 Beeinflußte Organisationen: DKP-beeinflußt: Vereinigung der Verfolgten des 550 8.500 antifa-rundschau Naziregimes - Bund der Antizweimonatlich, 9.000 faschisten (VVN-BdA) Landesvereinigungen mit Kreisund Ortsvereinigungen 1947, Frankfurt am Main Linksextremismus 111 Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1995 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Deutschland Erscheinungsweise u. Auflage) MLPD-beeinflußt: Frauenverband Courage 20 Courage vierteljährlich AB-beeinflußt: Antifaschistisches Komitee 90 Demokratischer Informations- - Stoppt die schwarzbraune dienst (DID) Sammlungsbewegung (AKS) unregelmäßig, bis zu 2.500 in München und Regensburg BWK-beeinflußt: Volksfront gegen Reaktion, 40 200 Mitteilungen Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) vierteljährlich, 800 06.10.1979, Köln Trotzkistisch beeinflußt: Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) 30 1.000 Vorfeldorganisation der trotzkistischen "Sozialistischen Alternative VORAN" (SAV) 1992, Köln 2. Autonome und sonstige gewaltbereite Linksextremisten Autonome über 7.000 zum Teil unregelmäßig 500 erscheinende Szeneblätter wie: radikal, INTERIM; auf lokaler Ebene u.a: wie weiter und Barricada Antifaschistische Aktion/Bundes30 unregelmäßig erscheinende weite Organisation (AA/BO) Publikationen, für die die Juli 1992 AA/BO als Herausgeber verantwortlich zeichnet 3. Von mehreren Strömungen des Linksextremismus beeinflußt Münchner Bündnis gegen Rassismus 30 München Aktionsbündnis gegen Rassismus 20 Nürnberg Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitee 20 München 112 Ausländerextremismus 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Einstufung als Ausländergruppen werden zum einen als extremistisch eingestuft, extremistisch wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Dazu zählen insbesondere die Organisationen islamischer Extremisten, die als Endziel einen islamischen Staat, wie z.B. im Iran, auch in Deutschland durchsetzen und damit wesentliche Verfassungsgrundsätze beseitigen wollen. Extremistische Ziele verfolgen zum anderen auch Gruppierungen, die eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse im Heimatland erstreben und dadurch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Anstieg der Zahl Die Zahl der in Bayern erkannten extremistischen Ausländerorganisader Organisationen tionen stieg auf 162 (1994: 145). Ursache für diese Zunahme war und Mitglieder vor allem der Aufwärtstrend extrem nationalistischer türkischer Gruppen, aber auch die Gründung einiger neuer Vereinigungen linksextremistischer Kosovo-Albaner sowie die statistische Berücksichtigung von regionalen Untergliederungen ("Teilgebieten") der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als selbständige Organisationen. Die Mitgliederzahl der extremistischen Ausländervereinigungen erhöhte sich in Bayern von 9.550 im Jahre 1994 auf 9.900*. Wesentlichen Anteil an diesem Zuwachs hatten vor allem extrem nationalistische türkische Gruppen. Wie im Vorjahr stellten die Organisationen extremistischer Türken (einschließlich kurdischer Volkszugehöriger) mehr als 90 Prozent aller ausländischen Extremisten in Bayern. Eine erhebliche Bedrohung der Inneren Sicherheit geht nach wie vor von der militanten PKK aus, die sich wiederum als die bei weitem akMit eingerechnet sind dabei auch rund 2.000 Anhänger der seit 26. November 1993 in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und ihrer 1995 in Bayern verbotenen sechs örtlichen Untergliederungen. Ausländerextremismus 113 tivste Gruppierung ausländischer Extremisten erwies. Sie ist für eine Serie von Anschlägen gegen türkische Einrichtungen verantwortlich. Mit gezielten Attentaten auf Polizeistationen hat sie den Terror weiter verschärft. Ihr Generalsekretär richtete unverhüllte Drohungen gegen den deutschen Staat. Das gegen die PKK in Deutschland verfügte vereinsrechtliche Betätigungsverbot hat neue Bekämpfungsmöglichkeiten versammlungsund strafrechtlicher Art eröffnet, die zur weiteren Aufklärung und Unterbindung unzulässiger PKK-Aktivitäten beitragen. Außerdem hat das Verbot die öffentlichen Aktivitäten der PKK stark eingeschränkt. Die Organisation arbeitet aber weiterhin konspirativ im Untergrund und ist nach wie vor zu Terrorakten in der Lage. Jedoch gelang es den Sicherheitsbehörden, verdeckt operierende Führungskader festzunehmen. Die PKK hat inzwischen auf die staatlichen Maßnahmen reagiert, insbesondere ihre organisatorische Struktur geändert und führende Funktionäre ausgetauscht. Bei vielen PKK-Angehörigen besteht eine unverändert aggressive Grundstimmung gegenüber dem deutschen Staat und seinen Repräsentanten. Notwendige Maßnahmen des Staates gegen die strafbare Tätigkeit der PKK werden bewußt als Unterstützung Deutschlands für die Türkei mißverstanden. Nach wie vor ist die PKK in der Lage, in den westeuropäischen Ländern eine hohe Zahl kurdischer Volkszugehöriger zu mobilisieren. Anhänger der seit 1983 verbotenen türkischen linksextremistischen Gruppe Devrimci Sol reagierten auf die Entwicklung im Heimatland mit zunehmender Militanz. Türkische Nationalisten konnten insbesondere bei Jugendlichen beachtliche Werbeerfolge verzeichnen. Die islamischen Extremisten sind mit sicherheitsgefährdenden Aktionen in Bayern nicht in Erscheinung getreten. Sie bedürfen aber aufgrund der weltweiten Entwicklung des islamischen Fundamentalismus einer sorgfältigen Beobachtung. Zahl und Stärke extremistischer Ausländerorganisationen In der folgenden Übersicht sind die in Bayern bestehenden extremistischen Vereinigungen nach ihren ideologischen Standorten und politischen Zielsetzungen aufgeschlüsselt. Örtlich selbständige Gruppen sind dabei gesondert gezählt, auch wenn sie zu einer Dachorganisation gehören. 114 Ausländerextremismus LinksExtrem natioIslamischGruppen Gesamtzahl extremistische nalistische extremistische insgesamt Mitglieder Gruppen Gruppen Gruppen Araber1 - - 3 (2) 3 (2) 310 (270) Kurden 18 (12) - - 18 (12) 2.150 (2.140) Türken 12 (9) 19 (10) 81 (91) 112 (110) 7.190 (6.810) Sonstige2 27 (20) 2 (1) - 29 (21) 250 (330) Gruppen insgesamt 57 (41) 21 (11) 84 (93) 162 (145) Gesamtzahl Mitglieder 2.780 {2.740) 1.030 (730) 6.090 (6.080) 9.900 (9.550) In Klammern die Vergleichszahlen des Vorjahres 1 Mitglieder der Arabischen Liga 2 Sonstige: Albaner, Inder, Iraner, Srilanker Entwicklung Mitglieder der Mitglie120.000 derzahlen extremistischer 116.940^^ 100.000 Ausländerorganisationen 80.000 \ Deutschland 60.000 55.100^ 40.000 20.000 8.500 9.900 Bay ;rn 0 19 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 Ausländerextremismus 115 Entwicklung Mitglieder Mitglieder der einzelnen bU 10 Bereiche Deutsch and Bayern 9 (Mitgliederzahlen 8 in Tausend) 7 40 6 30 5 4 20 lü 3 Islamische Extremisten 2 ^ ^ 10 Extreme 1 Nationalisten = _ Links1991 92 93 94 95 1991 92 93 94 95 extremisten 2. Kurdische Gruppen 2.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Die in der Türkei verbotene PKK ist eine straff organisierte KaderorMarxistisch-leniniganisation, die unbeeindruckt von den politischen Veränderungen in stische Kaderpartei den ehemals kommunistischen Ostblockstaaten an ihrer marxistisch-leninistischen Ideologie festhält. Ihr Ziel ist die Beseitigung des türkischen "Kolonialismus" und die Errichtung eines unabhängigen totalitären kurdischen Staates im Südosten der Türkei unter Führung der PKK. Zu diesem Zweck führt sie seit 1984 mit ihrer in den Kurdengebieten operieren den Guerillatruppe Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) einen erbitterten Untergrundkampf gegen den türkischen Staat. In Deutschland unterliegt die PKK einem am 26. November 1993 vom Bundesministerium des Innern verfügten vereinsrechtlichen Betätigungsverbot. 116 Ausländerextremismus Die Zentrale der hierarchisch gegliederten und äußerst konspirativ arbeitenden PKK befindet sich in Damaskus/Syrien; Generalsekretär ist Abdullah Öcalan. Als "politischer Arm" der Vereinigung unterstützt die 1985 gegründete, in das bundesweite Betätigungsverbot einbezogene internationale Teilorganisation Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) die Interessen und Ziele der PKK sowohl materiell als auch propagandistisch. Darüber hinaus bedient sich die PKK mehrerer rechtlich selbständiger, vom Verbot nur zum Teil erfaßter Nebenorganisationen, wobei sie bestrebt ist, deren personelle und organisatorische Verflechtungen mit der "illegalen", Tarnorganisatiod.h. konspirativ arbeitenden, FühnenderPKK rungsebene zu tarnen. Mit solchen "legalen" Verbänden versucht sie, sowohl in der Türkei als auch im westlichen Ausland ihren Rückhalt in der kurdischen Bevölkerung zu festigen und für ihre Ziele zu werben. Zur Erweiterung ihres Einflusses auf nahezu alle Lebensbereiche der in Deutschland lebenden Kurden gründete die PKK außerdem als "Massenorganisationen" die sogenannten "YGruppen" u.a. für Arbeiter, Frauen, Jugend und Intellektuelle, außerdem örtliche Vereine, die sich z.B. mit kulturellen oder sportlichen Zwecken tarnen. Die PKK verfolgt mit großer Aggressivität ihAlleinvertretungsren vermeintlichen Anspruch auf alleinige politische Vertretung des anspruch kurdischen Volkes, obwohl ihr Sympathisantenpotential in Deutschland allenfalls etwa zehn Prozent der hier lebenden 500.000 Kurden umfaßt. Nach wie vor geht die PKK mit massiven "Bestrafungsaktionen" gegen Dissidenten jeder Art vor, die den Führungsanspruch der PKK in Frage stellen. Gemäßigten kurdischen Gruppen bleibt neben der PKK wenig Spielraum. Finanzierung Die PKK finanziert sich u.a. aus Mitgliedsbeiträgen und dem Verkauf von Publikationen. Eine wesentliche Einnahmequelle sind die Spenden der in Westeuropa lebenden Sympathisanten. Seit Jahren belegen zahlreiche Informationen, daß die von der PKK beauftragten Spendensammler nicht nur erheblichen psychischen Druck auf zahlungsunwillige Kurden ausüben, sondern teilweise auch mit brutaler physischer Gewalt vorgehen. Die diesjährige Spendenkampagne sollte 60 Millionen DM, davon allein in Deutschland 36 Millionen DM erbringen. Dieses Ziel wurde weit verfehlt. Ferner gibt es Hinweise, daß die PKK zumindest indirekt am Rauschgifthandel profitiert. Ausländerextremismus 117 indem sie im Rahmen ihrer Spendensammlungen auch Gelder bei kurdischen Drogendealern abschöpft. Ob die PKK auch unmittelbar am Rauschgifthandel beteiligt ist und an der Schleusung von Asylbewerbern verdient, kann von Bayern nicht festgestellt werden. PKK und ERNK haben das gegen sie verfügte Betätigungsverbot nicht angefochten. Die Anträge des Kölner Kurdistan-Komitees e.V., des BerxwedanVerlags einschließlich der PKK-Nachrichtenagentur Kurd-HA und der Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) auf vorläufigen Rechtsschutz blieben erfolglos. Lediglich gegenüber den örtlichen Mitgliedsvereinen der FEYKA-Kurdistan wurde der sofortige Vollzug des Verbots aufgrund einer Entscheidung , des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Juli 1994 ausgesetzt. Das Verbot hat zwar die Tätigkeit der PKK in Deutschland der Strafverfolgung unterworfen; es konnte die PKK aber nicht PKK trotz Verbot daran hindern, weiter aus dem Untergrund heraus zu operieren, weiterhin aktiv Nach wie vor sammelt die PKK Spenden und benutzt Deutschland als Rekrutierungsraum für Kämpfer. Die Zerschlagung "legaler" Einrichtungen erschwert es ihr aber erheblich, bei den hier lebenden Kurden und auch in der deutschen Öffentlichkeit für ihre Ziele zu werben und Aktivisten zu gewinnen. Die Anhänger und Sympathisanten der PKK sind deshalb bestrebt, durch Gründung von Einrichtungen, die nach außen keinen Bezug zur PKK erkennen lassen, neue organisatorische Strukturen aufzubauen. So setzte die seit 18. Januar 1994 in Düsseldorf gewerberechtlich anNeue organisatogemeldete Kurdisch-Deutsche Presseagentur (KURD-A) die Tätigkeit rische Strukturen der verbotenen Kurd-HA fort. Die Aufgaben des verbotenen Kölner Kurdistan-Komitees e.V. übernahm das im Dezember 1993 in Köln eröffnete Kurdistan Informationsbüro in Deutschland (KIß). Die am 27. März gegründete Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK-KOM) mit Sitz in Bochum nimmt mittlerweile die Funktion der verbotenen FEYKA-Kurdistan wahr. Funktionäre und Mitglieder nahezu aller FEYKA-Untergliederungen setzten ihre Aktivitäten 118 Ausländerextremismus unter dem Dach neu gegründeter Vereine fort. Diese mit ihren Vorgängern nahezu identischen Neugründungen fungierten als Begegnungsstätten und Mittler zwischen der PKK, den PKK-Anhängern und den hier lebenden Kurden. Außerdem verfolgt die PKK die Taktik, ursprünglich unpolitische Aktivitäten wie Kulturund Sportveranstaltungen für ihre Zwecke zu nutzen und dort für ihre Ziele zu werben. Nach wie vor findet die PKK die Unterstützung deutscher Linksextremisten, die insbesondere eine Aufhebung des Verbots fordern. Bundesweit treten rund 30 "Kurdistan-Solidaritätsgruppen", darunter auch Vereinigungen in München und Nürnberg, für Ziele der PKK ein. Das RAF-UmUnterstützer feld. Autonome, die PDS und sonstige Linksextremisten solidarisierder PKK ten sich mit Anliegen der PKK und führten Veranstaltungen für sie durch. Sogar in Teilen des demokratischen linken Spektrums findet die PKK Sympathisanten. Organisation In Deutschland ist die PKK in acht "Regionen" gegliedert. Die Region Bayern unterteilt sich in die "Gebiete" München, Nürnberg und Ulm. Die Führer der nachgeordneten Teilgebiete und Ortsgruppen sind zu striktem Gehorsam gegenüber dem nächsthöheren Gremium Stagnierende verpflichtet. In Deutschland zählt die PKK rund 8.900 (1994: 7.500) Mitgliederzahl Anhänger, davon wie im Vorjahr etwa 2.000 in Bayern mit Schwerin Bayern punkten in den Räumen Ingolstadt, München und Nürnberg. Der bundesweite Aufwärtstrend ist wohl nicht nur auf eine Solidarisierung politisch bisher nicht oder nur wenig interessierter Kurden mit der PKK zurückzuführen, sondern auch auf eine Zuwanderung weiterer Asylbewerber aus der PKK. Doppelstrategie Die PKK verfolgt weiterhin ihre im März 1993 eingeleitete Doppelstrategie, einerseits für eine politische Lösung des Kurdenproblems einzutreten und andererseits massiv Gewalt __--------"^*^*'""i-jjr j . I t f fr fl" " " anzuwenden. Mit Hilfe eines von ihr initiierten "Kurdischen Exilparlaments" versucht sie, politische Anerkennung und internationale Unterstützung zu erreichen. Diesem Gremium, das sich nach längeren Vorbereitungen am 12. April in Den Haag/Niederlande konstituierte, gehören 65 "Abgeordnete" an. Es hat keinen festen Sitz und tritt jeweils aus aktuellem Anlaß kurzfristig zusammen. Ausländerextremismus 119 Bei diesem "Exilparlament" handelt es sich weder um ein echtes, "Kurdisches aus freien Wahlen hervorgegangenes Parlament, noch kann es für Exilparlament" sich in Anspruch nehmen, im Namen aller Kurden zu sprechen. Vielmehr stellt es ein von der PKK maßgeblich gesteuertes Propagandainstrument dar. Die überwiegende Mehrheit der 65 Mitglieder des "Exilparlaments" gehört der PKK, der ERNK, den sogenannten "Y-Gruppen" (Massenorganisationen der PKK) sowie der PKK-nahen "Demokratie-Partei" (DEP) an. Andere kurdische Gruppen, wie z.B. die Sozialistische Partei Kurdistans (PSK), die sich bereits im Vorfeld nicht an der "Parlamentsgründung" beteiligten, erklärten ihre Zurückhaltung damit, daß eine repräsentative und demokratische Vertretung aller Kurden angesichts der Hegemonie der PKK nicht gewährleistet sei. Auch aus dem Programm des Dominierende "Kurdischen Exilparlaments" ist Rolle der PKK klar erkennbar, daß die PKK die dominierende Rolle spielt. Die Betonung liegt eindeutig auf der Unterstützung und Förderung des nur von der PKK geführten "nationalen Befreiungskampfs", also der Anwendung von Gewalt - auch auf deutschem Boden - zur Durchsetzung politischer Ziele. Daß die PKK ihre terroristischen Aktivitäten neben der Arbeit in dem Zunehmende von ihr gesteuerten "Exilparlament" weiterführt, dokumentiert ein Gewaltbereitam 29. Juni in einem deutschen Wochenmagazin veröffentlichtes Inschaff terview. Darin erklärte der PKK-Generalsekretär Abdullah Öcalan, die nach dem Verbot der PKK gestiegene Gewaltbereitschaft seiner Anhänger könne noch weiter eskalieren und eine dramatische Wende nehmen, solange das Kurdenproblem in der Türkei keine Lösung finde und Deutschland weiterhin an der Seite der Türkei Stellung gegen die Kurden beziehe. Nach Auffassung der PKK trägt Deutschland im Kurdenkonflikt als Drohungen "Kriegsgegner Nummer 2" eine schwere Verantwortung; die Bundesregierung solle daher bei der Lösung des Kurdenproblems die Führung übernehmen. Des weiteren müßten zur Vermeidung "innerer Verwicklungen" die gegen die PKK verfügten Verbote aufgehoben werden; weitere Schritte, wie z.B. die Einstellung der Militärhilfe an die Türkei, würden die Kurden in Deutschland dazu bewegen, das Recht des Gastlandes zu achten. Mit diesen Drohungen erinnerte die 120 Ausländerextremismus PKK offensichtlich an die Mitte Februar eingeleitete bundesweite Serie von Anschlägen, an denen sie maßgeblich beteiligt war. Unveränderte Nach wie vor kann die PKK ihre Kader in Deutschland für TerroranMilitanz schlage einsetzen. Die ungebrochene Militanz der PKK kam in bundesweiten Anschlagreihen gegen türkische Einrichtungen, insbesondere Reisebüros, zum Ausdruck. Gezielte Anschläge auf Polizeidienststellen lassen erkennen, daß die PKK nunmehr auch die unmittelbare Auseinandersetzung mit dem deutschen Staat sucht. Zahlreiche gewaltsame Übergriffe gegen staatliche Organe machten deutlich, daß die Anhänger der PKK entschlossen sind, auf staatliches Einschreiten mit brutaler Härte zu reagieren. Ihr hemmungsloser Fanatismus Fanatismus ging so weit, daß sie bei einem Hungerstreik im Juli in Berlin um des propagandistischen Effekts willen sogar das Leben einer jungen Kurdin opferten. Eine von der PKK vorbereitete Großkundgebung am 17. Juni in Bonn zeigte erneut, daß die PKK in der Lage ist, über ihr eigenes Beachtliches Mitgliederpotential hinaus landesund europaweit Zehntausende Sympathisantenvon Sympathisanten zu mobilisieren. Unter den rund 70.000 Teilpotential nehmern, die aus dem gesamten Bundesgebiet und den westeuropäischen Nachbarländern angereist waren, befanden sich auch etwa 2.000 aus Bayern. Während der Veranstaltung wurde eine Rede des PKK-Generalsekretärs Öcalan verlesen. Er forderte eine friedliche Lösung des Kurdenproblems und erklärte, sein Volk befinde sich jetzt in einem "Krieg auf Leben und Tod". Gegen mehrere Teilnehmer, die PKK-Symbole gezeigt hatten, erstattete die Polizei Strafanzeigen. Verbot des KlB Das Bundesministerium des Innern verbot am 2. März das in Köln in Köln ansässige Kurdistan Informationsbüro in Deutschland (KlB) als Ersatzorganisation des Kölner Kurdistan-Komitees e.V., einer im November 1993 verbotenen PKK-Nebenorganisation. Ein Sprecher der PKK bezeichnete diese Maßnahme als Fortsetzung der gemeinsamen Kampagne der deutschen und türkischen Regierung gegen den "nationalen Befreiungskampf Kurdistans". Das Vorgehen sei eine logische Konsequenz der repressiven, verleumderischen und zerstörerischen Haltung des deutschen Staates. Ein beim Bundesverwaltungsgericht gestellter Antrag des KlB auf vorläufigen Rechtsschutz blieb erfolglos. Am selben Tag verbot das Bayerische Staatsministerium des Innern fünf kurdische Vereine in Ingolstadt, München und Nürnberg wegen Ausländerextremismus 121 Unterstützung der PKK. Betroffen waren die Vereine Vereinsverbote in Bayern - Kurdistan-Kultur-Zentrum e.V. in Ingolstadt, - Kurdisch-Deutsches Kulturzentrum in Ingolstadt (Neugründung nach dem PKK-Verbot), - Kurdistan Kunstund Kulturzentrum Nürnberg und Umgebung e.V. in Nürnberg, - Kurdisch-deutscher Kulturverein Nürnberg und Umgebung in Nürnberg (Neugründung), - Komala Kurdistan - Kurdische Unabhängigkeit - Internationale Freundschaft e.V. in München. Diese Vereine hatten die verbotene PKK in der Vergangenheit wiederholt durch interne Veranstaltungen und durch öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Podiumsdiskussionen, Aufmärsche, Errichtung von Info-Ständen und Vertrieb von Propagandamaterial gefördert. Zum Teil hatten sie der PKK auch finanzielle Hilfe durch Spendensammlungen und das Abführen von Beträgen aus der Vereinskasse geleistet. Beim Vollzug der Verbotsverfügungen durchsuchte die Polizei am 2. März Vereinsräume in Nürnberg und Ingolstadt sowie zwei Privatwohnungen in München. Dabei wurden u.a. elektronische Kommunikationsmittel, Bücher und Bilder des PKK-Generalsekretärs Öcalan sowie weiteres umfangreiches Propagandamaterial beschlagnahmt. Die betroffenen Vereine beantragten bei Gericht die Aufhebung der Verbote. Ihre Klagen wurden abgewiesen. Der Kurdische Elternverein e.V. in München, der im März nach der Auflösung des Vereins Komala Kurdistan dessen Aufgaben übernommen hatte, wurde vom Bayerischen Staatsministerium des Innern mit Verfügung vom 21. November verboten. Der Verein hatte bei Veranstaltungen den "Befreiungskampf" der PKK massiv unterstützt und hochrangigen PKK-Funktionären als Anlaufstelle gedient. Als Reaktion auf das am 30. November vollzogene Verbot besetzten PKK-Anhänger am 2. Dezember die versiegelten Vereinsräume und drohten, sich im Falle einer Räumung zu verbrennen. Sie forderten den Abzug der Polizei, die Aufhebung der Verbote der PKK und des Kurdischen Elternvereins e.V., das Erscheinen des bayerischen Innenministers sowie die Freilassung von zwei inhaftierten Kurden. Nach Verhandlungen mit dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München verließen sie die Räumlichkeiten und ließen sich widerstandslos festnehmen. Gegen die Besetzer - mit Ausnahme der an 122 Ausländerextremismus der Aktion beteiligten Kinder - wurden Strafanzeigen erstattet; gegen 23 Beteiligte ergingen Haftbefehle. Die Polizei stellte in den Vereinsräumen 49 Molotow-Cocktails sowie abgebrochene Stuhlbeine sicher, die offenbar als Schlagwerkzeuge dienen sollten. Weitere Tarnorganisationen der PKK wurden am 14. November in Bremen und am 5. Dezember in Frankfurt am Main aufgelöst. Schließung Im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts eines Verstoßes gegen das des Agri-Verlags Vereinsgesetz durchsuchte die Polizei am 1. Juni den Agri-Verlag in Köln. Sie stellte u.a. etwa 15 Tonnen PKK-Propagandamaterial (Broschüren, Bücher, Zeitungen, Videokassetten, Fahnen, Poster) und zwei Kartons Blanko-Spendenquittungen der ERNK sicher. Im Anschluß an die Durchsuchung übergab ein Bevollmächtigter der Stadt Köln dem anwesenden Vertreter des Inhabers die sofort vollziehbare Gewerbeuntersagung und ließ die Verlagsräumlichkeiten versiegeln. Der PKK-Generalsekretär verkündete Mitte Dezember einen einseitigen Waffenstillstand, wobei er die eigene Dialogbereitschaft betonTaktisch motivierte Dialogbereitscha ftte. Mit diesem "Verhandlungsangebot" verfolgte er offenbar rein propagandistische Ziele, zumal er nicht ernsthaft erwarten konnte, vom türkischen Staat als gleichberechtigter Gesprächspartner akzeptiert zu werden. Auch eine ähnliche Initiative im März 1993 hatte nur bezweckt, den türkischen Staat als "Aggressor" bloßzustellen. In einer weiteren Presseerklärung appellierte Öcalan an die deutschen Innenminister, ihre Haltung zum "sinnlosen" Verbot der PKK zu revidieren, um bestehende "Konflikte" nicht zu vertiefen. Damit wollte er - wie schon früher - mögliche Gewaltaktionen von PKK-Anhängern in Deutschland im Falle eines Fortbestehens des Verbots rechtfertigen. Konsequentes In Bayern führte das konsequente Vorgehen der Sicherheitsorgane Vorgehen inzwischen zu einer erheblichen Verunsicherung der PKK-Anhängerin Bayern schaff. Gegen mehrere Personen, die bei Veranstaltungen verbotene PKK-Symbole gezeigt hatten', wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Durch die Verbote örtlicher PKK-Vereine wurde der Organisation die Möglichkeit genommen, problemlos Funktionärstreffen durchzuführen und auf die hier lebende kurdische Bevölkerung einzuwirken. Insgesamt zeigte der starke Verfolgungsdruck durch die Strafverfolgungsbehörden deutlich präventive Wirkung und ließ die Bereitschaft kurdischer Volkszugehöriger, sich öffentlich für die PKK zu engagieren, erkennbar sinken. Die Beeinträchtigung der Basisarbeit Ausländerextremismus 123 durch Exekutivmaßnahmen wirkte sich u.a. auf die Spendeneinnahmen aus. Durch die Festnahme führender PKK-Funktionäre verliert auch das von der PKK praktizierte Rotationsprinzip langfristig an Wirksamkeit, da erfahrene und bewährte Kader nicht ohne weiteres durch weniger geschulte Mitglieder ersetzbar sind. 2.2 KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan e.V. Der marxistisch-leninistische Dachverband vertritt als NebenorganisaMarxistischen der linksextremistischen "Sozialistischen Partei Kurdistans" (PSK) leninistische deren Ziele im Bundesgebiet. Er konkurriert hinsichtlich seiner ZielsetAusrichtung zung mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), agiert aber im Vergleich zur PKK zurückhaltender und ist bestrebt, auf seine Anhänger mäßigend einzuwirken. So befürwortet der Verband eine politische Lösung des Kurdistan-Konflikts durch Bildung eines föderativen türkisch-kurdischen Staates. Dieses Konzept fand indes bei den hier lebenden Kurden keine Resonanz, so daß der KOMKAR gegenüber der dominierenden PKK an Einfluß verlor. Die zeitweise in Teilbereichen des Verbands vertretene Auffassung, eine Unterstützung der PKK könne die Interessen der Kurden fördern, hat sich nicht durchgesetzt. Der KOMKAR beteiligte sich weder an der Wahl zum "Kurdischen Exilparlament" noch an der von der PKK vorbereiteten Großkundgebung am 17. Juni in Bonn. In Bayern zählt der KOMKAR rund 150 (1994: 100) Anhänger. Als Mitgliedsvereine gehören ihm die Kurdistan-Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. und das Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e.V. an. Die Aktivitäten des Verbands richteten sich auch 1995 schwerpunktmäßig gegen Maßnahmen der türkischen Regierung. Rund 700 Teilnehmer besuchten am 19. März in München eine Feier des KOMKAR zum kurdischen Neujahrsfest. Im Veranstaltungslokal waren Transparente mit Aufschriften wie "Schluß mit dem Staatsterror" und "Stoppt den Völkermord in Kurdistan" angebracht. Parallel zu Reden über die Situation der Kurden in der Türkei wurden Videofilme über kurdische Guerillakämpfer gezeigt. Ein Versuch einer kleinen Gruppe, die Veranstaltung mittels Sprechchören als Forum für die PKK zu mißbrauchen, wurde vom Versammlungsleiter unterbunden. Die Newroz-Feier der KOMKAR am 8. April in Würzburg, zu der rund 700 Teilnehmer erschienen, verlief störungsfrei. An weiteren Veranstaltungen des Verbands am 24. März und 17. Oktober in Nürnberg beteiligten sich bis zu 100 Personen. 124 Ausländerextremismus 3. Türkische Gruppen 3.1 Linksextremisten 3.1.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) RevolutionärDie in Deutschland seit rund zwei Jahrzehnten aktive TKP/ML vertritt marxistische die Ideologie des Marxismus-Leninismus, ergänzt um die Ideen Ideologie Mao Tse-tungs. Sie betont den bewaffneten Kampf als Grundform ihres Handelns und ist davon überzeugt, daß der einzige Weg zur "Befreiung" des türkischen Volks über den bewaffneten Volkskrieg mit anschließender Bildung einer "Volksregierung" führe. Ihr militärischer Zweig ist die Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO). BasisorganiIn Deutschland sind die rund 1.900 Anhänger der TKP/ML in der FÖsationen deration der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) und der Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) organisiert, die sich als "demokratische" Massenorganisationen präsentieren und ihre Verbindungen zur TKP/ML weitgehend tarnen. In Bayern stützt sich die TKP/ML auf vier örtliche Gruppierungen mit insgesamt rund 140 (1994: 120) Mitgliedern. Agitation gegen Die TKP/ML nahm die Schußwaffenanschläge gegen die alevitische die türkische Minderheit am 12. März in Istanbul und die anschließenden UnruRegierung hen in der Türkei zum Anlaß heftiger Polemik gegen die türkische Regierung. Unter der Überschrift "Unterstützt das rebellierende Volk" behauptete sie, die "faschistische Diktatur" hetze die verschiedenen Glaubensrichtungen gegeneinander auf, um die Einheit des Volks zu zerstören und das "verfaulende System" aufrecht zu erhalten. Die türkische Regierung könne ausschließlich durch die Revolution und die Machtübernahme des Proletariats gestürzt werden. Ein rebellierendes Volk lasse sich nicht durch Massaker aufhalten. In einem am 1. Mai in Augsburg verteilten Flugblatt wandte sich die ATIF gegen die "Massaker des faschistischen türkischen Staates", der das kurdische Volk um jeden Preis vernichten wolle. Sie forderte die Einstellung der deutschen Militärund Wirtschaftshilfe an die Angriffsziel Türkei. Ferner rief sie dazu auf, die "rassistische Politik" der BundesBundesregierung regierung bloßzustellen und die "deutsche Bourgeoisie" mittels einer gemeinsamen Front von inund ausländischen "Werktätigen" zu bekämpfen. Ausländerextremismus 125 Unter der Überschrift "Boykottiert den Tourismus in die Türkei" verAufruf zum breitete die ATIK im Mai deutschsprachige Flugschriften. Darin erBoykott des klärte sie, es vergehe kein Tag, an dem nicht Menschen, sogar unTourismus schuldige Kinder, durch den Staatsterror ermordet würden. Die Touristen unterstützten mit ihren Devisen unbewußt den faschistischen Krieg in der Türkei und sorgten mit jeder Mark dafür, daß ein Kind zum Krüppel gemacht, ein Dorf niedergebrannt, ein Mensch gefoltert oder ermordet werde. 3.1.2 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Zu den militantesten türkischen Extremistengruppen zählt die sowohl in Deutschland als auch in der Türkei verbotene revolutionär-marxistische Devrimci Sol. Sie versteht sich als eine an den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus ausgerichtete Volksbewegung, die mit Hilfe einer bewaffneten Revolution auf die Zerschlagung des türkischen Staates zielt. Seit ihrer Gründung im Jahre 1978 verübte die Spaltung in terroristische Gruppe in der Türkei zahlreiche Schußwaffenund zwei Flügel Sprengstoffanschläge. 1993 spaltete sie sich zwei Lager. Die Anhänger des Devrimci-Sol-Le ters Dursun Karatas nennen sich inzwischei " Revolutionäre Volksbef reiungspartei/-f ront" (DHKP-C). Die Oppositionsgruppe führt die Bezeichnung "Türkische VolksbefreiungsparteiAfront" (THKP-C Devrimci Sol). Ihr Gründer Bedri Yagan wurde im März 1993 in der Türkei bei einem Polizeieinsatz getötet. Das Verhältnis beider Flügel ist durch gegenseitige Schmähungen und gewaltsame Übergriffe belastet. Bundesweit zählt die Gruppierung rund 1.000 (1994: 800) Anhänger, darunter 110 (1994: 80) in Bayern, von denen etwa 85 dem Karatas-Flügel zuzurechnen sind. Die Anhänger der Devrimci Sol haben ihre Aktivitäten in Deutschland deutlich gesteigert. Besetzungsaktionen und koordinierte Serien von Anschlägen auf türkische Einrichtungen belegen eine erhöhte Gewaltbereitschaft. Diese Aktivitäten entzündeten sich u.a. im Juni an der Inhaftierung zahlreicher Oppositioneller und im September an der Niederschlagung einer Gefängnismeuterei in der Türkei, bei der drei Gesinnungsgenossen ums Leben kamen. 126 Ausländerextremismus Anfang November leitete die Devrimci Sol eine europaweite Spendenkampagne ein. Die teilweise unter Androhung von Gewalt gesammelten Spenden stellen - wie bei der PKK - die Haupteinnahmequelle der Gruppierung dar und dienen der Unterstützung ihrer in der Türkei aktiven'Guerillakämpfer. 3.2 Extreme Nationalisten Die 1978 gegründete Föderation der Türkisch-Demokratischen IdealiMilitante stenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt am Main Ideologie vertritt das Gedankengut der extrem nationalistischen türkischen "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP). Die Ideologie der ADÜTDF vereinigt militanten Nationalismus mit striktem Antikommunismus. Von der türkischen Jugend in Deutschland fordert sie Distanz zu westlich-"dekadenten" Einflüssen und die Betonung ihrer türkischen Identität. Durch Besetzung islamistischer Positionen sowie durch gemäßigteres Auftreten ist es der ADÜTDF gelungen, die Stagnation der vergangenen Jahre zu überwinden. Auch ihre nationalistisch geprägten Thesen stoßen mittlerweile bei türkischen Staatsangehörigen offenbar auf größere Akzeptanz. Die Sportund Freizeitangebote der ADÜTDF fanden Erheblicher vor allem bei jungen Türken Anklang. Die Mitgliederzahl hat sich Mitgliederzuwachs bundesweit um über 22 % auf rund 6.000 (1994: 4.900) erhöht. In Bayern verfügt der Dachverband über 19 (1994: zehn) örtliche Untergliederungen mit insgesamt rund 1.000 (1994: 650) Mitgliedern. Jugendliche ADÜTDF-Anhänger zeigen nach wie vor Bereitschaft, gewaltsam gegen Mitglieder der PKK und andere türkische Linksextremisten vorzugehen. Bisher beherzigten sie jedoch die Appelle des ADÜTDF-Vorstands, sich nicht provozieren zu lassen und die Rechtsordnung des Gastlandes zu achten. Am 4. November hielt die ADÜTDF in Frankfurt am Main ihren Jahreskongreß 18. Jahreskongreß ab. Die gegenüber dem Vorjahr erheblich höhere Zahl von rund 25.000 Teilnehmern verweist auf die wachsende Bedeutung des Verbands. Der bisherige Vorsitzende Türkmen Onur aus Ulm wurde in seiner Funktion bestätigt. Ehrengast der Veranstaltung war - wie schon in den Vorjahren - der MHP-Vorsitzende Alparslan Türkes, der in seiner Rede auf die vom Fundamentalismus ausgehende Gefahr verwies. Ausländerextremismus 127 -nsteri V7 e \& ^ c ^ ,-e.V. 5lamischen Vereine und (ICCB) 33 Me^ a r 3.5.' \ ^ t z In Köln wil in der Türkei durch eine Revolution re Er ispiel des Iran eine Islamische Republik errichten. Er Reislamisierung "en Sturz der türkischen Regierung und die Bildung eines der Türkei durch n Staatsgefüges mittels eines Zusammenschlusses aller eine Revolution l der islamische Weg sei nicht mit Hilfe einer politischen Par.igbar, sondern nur mit einer religiösen Sammlungsbewegung. Nachfolger des am 15. Mai in Köln verstorbenen langjährigen Neuer ICCB-Leiters Cemaleddin Kaplan wurde dessen Sohn Metin Kaplan. Vorsitzender Am Kurs des ICCB hat sich dadurch nichts geändert. Bundesweit zählt der ICCB rund 3.000 (1994: 3.850) Anhänger. In Bayern gehören dem Verband sechs örtliche Untergliederungen mit insgesamt 300 (1994: 350) Mitgliedern an. Die Führungsqualitäten des neuen Vorsitzenden sind intern umstritten. Dies schwächte den Verband und führte zu einem erheblichen Verbale Rückgang öffentlicher Aktivitäten. Innerhalb des ICCB hat sich die poliRadikalisierung tische Auseinandersetzung verschärft. Im Verbandsorgan wurden Dissidenten namentlich erwähnt und bedroht, sie seien "zum Verschwinden verurteilt", falls sie an ihrem oppositionellen Kurs festhielten. 3.3.2 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) (bisher: Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. -AMGT-) Die islamisch-extremistische AMGT hat sich 1995 in zwei eigenstänTeilung dige juristische Personen aufgeteilt, um künftige Aktivitäten noch des Verbands wirkungsvoller koordinieren zu können. Die "Islamische Gemeinschaft Milli Görüs"* (IGMG) unter der Leitung des bisherigen AMGT-Vorsitzenden Osman Yumakogullari hat die Aufgabe, sich mit religiösen, sozialen und Gcfeo kulturellen Belangen zu befassen. Die "Eu ropäische Moscheenbauund Unterstützungsgemeinschaft" * Milli Görüs bedeutet: Nationale Sicht 128 Ausländerextremismus (EMUG) verwaltet den umfassenden Immobile rund 60 bis 80 Millionen DM. irr) W Die IGMG ist ein Sammelbecken von Anhängern de. erPt VQ verbotenen und aufgelösten Nationalen Heilspartei (MSP, Nachfolgerin, der vom früheren MSP-Vorsitzenden Prof. i Erbakan geleiteten Wohlfahrtspartei (RP). Sie erstrebt die 'ßj Koran als tung des Islam in Europa und tritt für die Einführung des Korai staatlicher Grundlage des Staatsaufbaus und als Verhaltenskodex staatlicht Verhaltenskodex Zusammenlebens ein. Damit zielt sie auf die Abschaffung der laizistischen Staatsordnung in der Türkei, die mit Hilfe der fundamentalistischen RP durch ein islamisches System nach dem Beispiel des Iran ersetzt werden soll. Anhaltender Der Aufwärtstrend der in IGMG umbenannten AMGT setzte sich Aufwärtstrend fort. Der Verband verfügt im Bundesgebiet über rund 26.000 (1994: 20.000) Anhänger. Den 75 (1994: 76) IGMG-Untergliederungen in Bayern gehören rund 5.500 (1994: 5.450) Mitglieder an. Nach wie vor ist die IGMG bemüht, bestimmende islamische Kraft in Deutschland zu werden. Als bedeutendste islamische Gruppierung will sie sodann die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts erreichen. Sie erhofft sich davon umfangreiche staatliche Unterstützung und finanzielle Vorteile. Entgegen den in der Satzung erklärten Zielen lehnt die IGMG als überzeugte Vertreterin islamisch-extremistischer Positionen jegliche Integration in die deutsche Gesellschaft ab. Auch eine friedliche Koexistenz von Christen und Muslims ist ihren Vorstellungen zufolge nur partiell denkbar, vor allem aber nicht ernsthaft beabsichtigt. Aus Anlaß der Parlamentswahlen in der Türkei führte die IGMG eine erneute Spendenaktion zugunsten der RP durch. Schon im Vorjahr hatte der Verband den Kommunalwahlkampf der RP mit Spenden in Höhe von rund fünf Millionen DM unterstützt. 4. Iranische Gruppen Volksmodjahedin Die Anhänger der im Iran als Guerillakämpfer tätigen Volksmodjahedin haben sich im Bundesgebiet in der zum Teil konspirativ strukturierten und agierenden Iranischen Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) zusammengeschlossen. Die Volksmodjahedin, eine Gruppierung islamischer Fundamen- Ausländerextremismus 129 talisten mit marxistischer Prägung, waren maßgeblich an der Revolution gegen den Schah im Iran beteiligt, gerieten aber nach dem Umsturz zunehmend in Opposition zur neuen Regierung, die sie seit Juni 1981 durch bewaffneten Widerstand zu stürzen versuchen. Unter Federführung der Volksmodjahedin wurde im Juli 1981 in Paris der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) als Zusammenschluß iranischer Oppositioneller gegründet. Er versteht sich als einzige demokratische Alternative zur iranischen Regierung. Im August 1993 konstituierte sich der NWRI zum "Exilparlament" und wählte die Generalsekretärin der Volksmodjahedin Maryam Radjavi zur künftigen "Präsidentin" des Iran. Die Bezeichnung "Volksmodjahedin" findet seitdem kaum noch Verwendung. Mit dieser Strategie wollen sich die Volksmodjahedin anderen Oppositionsgruppen öffnen und sie unter ihrer Führung einigen. Diesem Zweck dienen die Gruppierungen "Flüchtlingshilfe Iran e.V.", "Frauen für TarnorganiDemokratie im Iran", "Iranischer Kulturverein", "Verein Iranischer sationen Demokratischer Akademiker e.V." (VIDA), "Iranische Flüchtlingskinderhilfe e.V.", "Verein der Künstler und Schriftsteller des iranischen Widerstandes e.V." und "Gesellschaft iranischer Flüchtlinge e.V.". Der NWRI bestreitet eine Verbindung dieser Organisationen zu den Volksmodjahedin. Sie bezwecken vor allem die Gewinnung neuer Anhänger und das Sammeln von Spenden. Die angeblich für humanitäre Zwecke bestimmten Spendengelder dienen in Wirklichkeit der Unterhaltung der weltweiten Strukturen der Volksmodjahedin sowie der Beschaffung von Waffen für ihre im Irak stationierte "Nationale Befreiungsarmee" (NLA). Der Machtanspruch der Volksmodjahedin, die fehlende innerparteiliche Demokratie und ihr Personenkult stoßen bei einem erheblichen Teil der iranischen Opposition auf Ablehnung. Die Volksmodjahedin halten sich vielfach nicht an Gesetze und behördliche Auflagen. Ihre hauptsächlich in Asylbewerberheimen angeworbenen Aktivisten sammeln meist unter Verstoß gegen ihre Aufenthaltsbeschränkung und ohne Sammlungserlaubnis. Sie treten illegale Spendendabei aggressiv auf, fordern Mindestspenden, führen keine SammelSammlungen listen und benutzen keine Sammeldosen, sondern Überweisungsträger. Auf diese Weise verschleiern sie das Sammlungsergebnis. In letzter Zeit wurden Sammler eingesetzt, die bereits im Ausland Asyl erhielten. Damit versuchen die Volksmodjahedin offenbar die Kontrollen der deutschen Behörden zu erschweren bzw. zu umgehen. Der Schwerpunkt der Sammlungstätigkeit liegt in der Vorweihnachtszeit. 130 Ausländerextremismus Großkundgebung Der VIDA veranstaltete am 16. Juni in Dortmund eine Kundgebung. in Dortmund Anlaß war der Beginn des bewaffneten Widerstands der Volksmodjahedin gegen die iranische Regierung im Jahre 1981. An der Demonstration beteiligten sich über 4.000 Personen, davon etwa 500 aus Bayern. Aktivisten der Volksmodjahedin hatten zuvor in nordbayerischen Asylantenunterkünften massiv für die Teilnahme an der Kundgebung geworben. Während der Veranstaltung wurden zwei Ansprachen der künftigen "Präsidentin" des Iran Maryam Radjavi über Satellit auf eine Großleinwand übertragen. Die Bundesregierung hatte ihr die Einreise verboten. Ausländerextremismus 131 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation, Publikationen ideologische Ausrichtung (einschließlich Erscheinungsweise) 1. Arabische Gruppen Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) Al Hourriah (Die Freiheit) marxistisch-leninistisch - wöchentlich - Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) Al Hadaf (Das Ziel) marxistisch-leninistisch - wöchentlich - Democratic Palestine - zweimonatlich - Volksfront für die Befreiung Palästinas Ila-Al-Amam (Vorwärts) -Generalkommando(PFLP-GC) - wöchentlich - marxistisch-leninistisch Hizb Allah (Partei Gottes) Al-Ahd (Die Verpflichtung) schiitisch-extremistisch - wöchentlich - 2. Iranische Gruppen Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Freiheit für Iran Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) - monatlich - revolutionär-marxistisch Schire Khorschid (Löwe und Sonne) Sitz: Köln - unregelmäßig - Iran Zamin (Iranische Erde) - wöchentlich - Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.] Quods (Jerusalem) islamisch-extremistisch - unregelmäßig - 3. Kurdische Gruppen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Berxwedan (Widerstand) marxistisch-leninistisch - eingestellt - (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) Serxwebun (Unabhängigkeit) - monatlich - Kurdistan-Report - unregelmäßig - Teilorganisationen der PKK: Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) 132 Ausländerextremismus Organisation, Publikationen ideologische Ausrichtung (einschließlich Erscheinungsweise) Nebenorganisationen der PKK: Kurdistan-Komitee e.V., Köln Kurdistan-Rundbrief (Nachrichten aus (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) Kurdistan) - unregelmäßig - Kurdistan Informationsbüro in Deutschland (KIB) (am 02.03.1995 verboten) Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V. (YEK-KOM) Haus der kurdischen Künstler e.V. (bisher: HUNERKOM) Union der freien Frauen aus Kurdistan (YAJK) Jina Serbilind (Die stolze Frau) (bisher: Bewegung freier Frauen Kurdistans -TAJK-) - monatlich - Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) Union zur Pflege der kurdischen Kultur (YRWK) (bisher: Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans) Vereinigung der patriotisch-revolutionären Jugend Sterka Ciwan (Stern der Jugend) Kurdistans (YCK) - monatlich - Verband der Studentinnen aus Kurdistan (YXK) Ronahi (Licht) - dreimonatlich - Union der Aleviten aus Kurdistan (KAB) Zülfikar - monatlich - Islamische Bewegung Kurdistans (KIH) Baweri (Glaube) Kurdischer Roter Halbmond (HSK) Roja Kurdistane (Sonne Kurdistans) KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan Denge KOMKAR (Stimme KOMKAR) marxistisch-leninistisch - unregelmäßig - Informationsbulletin Kurdistan - zweimonatlich - KOMKAR-Info - zweimonatlich - Ausländerextremismus 133 Organisation, Publikationen ideologische Ausrichtung (einschließlich Erscheinungsweise) 4. Türkische Gruppen 4.1 Linksextremisten Türkische Kommunistische Partei/ Isci-Köylü Kurtulusu (ArbeiterMarxisten-Leninisten (TKP/ML) Bauern-Befreiung) - monatlich - "Partizan"-Flügel Partizan (Der Partisan) - monatlich - Özgür Gelecek (Freie Zukunft) - vierzehntägig - "DABK"-Flügel Öncü Partisan (Der Avantgarde(Ostanatolisches Gebietskomitee) Partisan) - monatlich - Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) Frontorganisation der TKP/ML Basisorganisationen der TKP/ML: Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) Sitz: Duisburg Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) Mücadele (Kampf) Zusammenschluß der ATIF und - monatlich - ihrer Schwesterorganisationen Devrimci Sol Spaltergruppen: Revolutionäre VolksbefreiungsparteiAfront (DHKP-C) Mücadele (Kampf) - Karatas-Flügel - - wöchentlich - Emperyalizme ve Oligarsiye Karsi Kurtulus (Befreiung gegen Imperialismus und Oligarchie) - wöchentlich - Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Türkische VolksbefreiungsparteiAfront Devrimci Cözüm (Revolutionäre (THKP-C Devrimci Sol) Lösung) - Yagan-Flügel - - vierzehntägig - 134 Ausländerextremismus Organisation, Publikationen ideologische Ausrichtung (einschließlich Erscheinungsweise) Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (MLKP) Atilim (Der Angriff) - wöchentlich - Bolschewistische Partei Nordkurdistan/Türkei (BP-KK/T) Bolsevik Partizan (Bolschewistischer (bisher: TKP/ML Bolsevik, Partisan) Abspaltung von der TKP/ML) - unregelmäßig - 4.2 Extreme Nationalisten Föderation der Türkisch-Demokratischen Cagri Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) - monatlich - Sitz: Frankfurt am Main 4.3 Islamische Extremisten Verband der islamischen Vereine und Ümmet i Muhammed (Die Gemeinde Gemeinden e.V. (ICCB) Mohammeds) Sitz: Köln - fünfzehntägig - Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) Publizistisches Sprachrohr: Sitz: Köln Milli Gazete (Nationale Zeitung) - täglich - Milli Görüs & Perspektive - monatlich - Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 135 4. Abschnitt Terror* und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Entwicklung im Bundesgebiet ** Politisch motivierte Täter verübten 1995 nach derzeitigem Erkenntnisstand insgesamt 1.867 Gewalttaten (1994: 2.416). Die Gesamtzahl dieser Gewalttaten ist damit um rund 22 % zurückgegangen. Bei den rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten betrug der Rückgang rund 30 %, bei den linksextremistischen rund 19 %. Dagegen stieg die Zahl der Gewalttaten ausländischer Extremisten mit etwa 8 % erneut an. In allen drei Bereichen liegt die Zahl der Gewalttaten weiter auf einem hohen Niveau. Politisch motivierte Gewalttäter sind deshalb unverändert eine Bedrohung für die Innere Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland. .Innere Sicherheit 1.1 Rechtsextremistische Gewalt Die Verfassungsschutzbehörden registrierten nach derzeitigem Erkenntnisstand bundesweit 1.047 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation; das bedeutet gegenüber den 1.489 Gewalttaten des Vorjahres einen Rückgang um Deutlicher rund 30 %. Bei 45 (1994: 101) vollendeten bzw. versuchten BrandRückgang und Sprengstoffanschlägen, 54 Landfriedensbrüchen und 432 Körperverletzungsdelikten wurde eine Vielzahl von Personen zum Teil * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben oder Eigentum Dritter, insbesondere durch Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 StGB genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. ** Abweichungen der Vorjahreszahlen von den im Verfassungsschutzbericht Bayern 1994 genannten Zahlen beruhen im wesentlichen auf einem aktualisierten Erkenntnisstand. 136 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt schwer verletzt. Außerdem wurde bei 507 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung Sachschaden in Millionenhöhe verursacht. Bei den neun versuchten Tötungsdelikten (1994: zehn) waren keine Todesopfer zu beklagen. Trotz des wiederum deutlichen Rückgangs Entwicklung der rechtsextre- ^ * i Deutschland mistischen * * Bayern Wj]Eül Gewalttaten fflHi 1990 1991 1992 1993 1994 1995 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 137 beträgt die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten ein Mehrfaches der Gewalttaten von 1990 (306 Gewalttaten). Die polizeilichen Ermittlungen erbrachten bisher keine Erkenntnisse Keine überregioüber eine überregionale Steuerung dieser Gewalttaten durch rechtsnale Steuerung extremistische Organisationen. Überwiegend wurden die Gewalttader Gewalttaten ten nicht von Einzeltätern, sondern von mehreren gemeinschaftlich handelnden Personen verübt. Dabei entstand der Tatentschluß vielfach spontan aus gruppendynamischen Prozessen, gefördert durch Alkohol oder Musik mit rechtsextremistischem Inhalt. Die Tatverdächtigen waren überwiegend jünger als 20 Jahre. Bei den meisten Tätern lagen auch 1995 keine einschlägigen Vorerkenntnisse der Polizei bzw. des Verfassungsschutzes vor. Erstmals versandten ausländische Rechtsextremisten Briefbomben an Briefbomben aus in Deutschland lebende Zielpersonen. Die Briefe detonierten beim Österreich Öffnen am 9. Juni in München und am 13. Juni in Lübeck. Dabei wurden mehrere Personen verletzt. Die Anschläge sind Teil der Briefbombenserien in Österreich. Die Welle fremdenfeindlicher Gewalttaten hat im Vergleich zum Erneuter RückVorjahr wiederum deutlich abgenommen. Insgesamt wurden bungang fremdendesweit nach derzeitigem Erkenntnisstand rund 400* (1994: 860) feindlicher fremdenfeindliche Gewalttaten registriert. Dies bedeutet einen RückGewalttaten gang um rund 53 %. Maßgebend für diese positive Entwicklung war unter anderem der durch die Änderung des Asylverfahrensgesetzes reduzierte Zugang von Asylbewerbern. Auch die Verbote von mehreren neonazistischen Gruppierungen und überraschende polizeiliche Zugriffe haben nachhaltig zu einer Verunsicherung der potentiellen Gewalttäter und damit zu einer Beruhigung der Lage beigetragen. Die gerichtlichen Feststellungen, daß Brandstiftungen auch den Tatbestand des Mordes bzw. Totschlags erfüllen können, die Verurteilungen zu langjährigen Freiheitsstrafen sowie die breite Berichterstattung hierüber wirkten ebenfalls generalpräventiv. So verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf am 13. Oktober die vier Täter des Hohe Haftstrafen Brandanschlags vom 29. Mai 1993 in Solingen wegen fünffachen für Brandstifter Mordes, vierzehnfachen Mordversuchs und besonders schwerer von Solingen Brandstiftung zu langjährigen Freiheitsstrafen. Drei Täter erhielten zehn Jahre Freiheitsstrafe nach dem Jugendstrafrecht und damit die Höchststrafen, der vierte Täter eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren. * Berücksichtigt ist nur der Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 1995. 138 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Auch die in der Einführung genannte Aufklärungskampagne der Innenminister des Bundes und der Länder unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" hat zum Rückgang der Gewalttaten beigetragen. Im Zusammenhang mit rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten führt der Generalbundesanwalt seit 1992 mehrere Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Existenz möglicher rechtsterroristischer Vereinigungen. Ein Verfahren richtet sich gegen den militanten Sprengstoffund Neonazi Naumann. Er hatte Beamten des Bundeskriminalamts ab Kampfmittelsicher-15. August aus von ihm angelegten Depots über 100 kg Sprengstellung stoff, Handgranaten, Schußwaffen und andere Kampfmittel übergeben. Als Begründung führte er an, deeskalierend wirken zu wollen. Auch weitere Funde von Waffen und Sprengmaterial bei Rechtsextremisten im Zuge von Exekutivmaßnahmen u.a. am 28. September bei Mitgliedern eines "Heimatschutzkorps der Waffen-SS in Ostwestfalen" zeigen ein erhebliches Gefahrenpotential. Anlaß zu erhöhter Wachsamkeit ist auch geboten bei Rechtsextremisten, die als Söldnerproblem Söldner an Kampfhandlungen im ehemaligen Jugoslawien teilgenommen haben. Hinweise deuten darauf hin, daß einige dieser Personen versuchen könnten, Waffen und Sprengmittel nach Deutschland zu bringen, um sie hier für Anschläge einzusetzen. Die Zahl der Angriffe gegen politische Gegner ist auf 74 (1994: 95) und damit um etwa 22 % zurückgegangen. Dennoch ist die GewaltGewaltbereitschaft bereitschaft der rechtsextremistischen Szene vor allem in der überwiegend von Neonazis getragenen Anti-Antifa-Kampagne ungebrochen. In Publikationen werden - ähnlich wie von den Autonomen seit langem praktiziert - auch Vertreter von Staat und Politik als Ziele gewalttätiger Angriffe beschrieben. Aufrufe in der Neonazi-Broschüre "Umbruch", die im Mailbox-Netz "Thule" verbreitet wurden, analog zur linksextremistischen autonomen Gewalt mit "phantasievollen Drohungen Aktionen" gegen Politiker, Journalisten, Intellektuelle und Funktiogegen Politiker näre vorzugehen, könnten Auslöser einer neuen Form rechtsextremiund Journalisten stischer Gewalt werden. In der Juli/August-Ausgabe des "NS Kampfrufs" wurde der Generalbundesanwalt als "Drahtzieher des Terrors" bezeichnet und mit Mord bedroht. Keine rechtsTrotz dieser Hinweise konnten rechtsterroristische Strukturen in terroristischen Deutschland bisher nicht festgestellt werden. Konkrete Erkenntnisse Vereinigungen in über Planungen von Angriffen auf die genannten Personenkreise lieDeutschland gen nicht vor. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 139 1.2 Linksextremistische Gewalt Bundesweit wurden nach derzeitigem Erkenntnisstand 537 GewaltDeutlicher taten mit erwiesener oder zu vermutender linksextremistischer MotiRückgang vation festgestellt. Das bedeutet gegenüber den 665 Gewalttaten des Vorjahres einen Rückgang um etwa 19 %. Verlagert haben sich jedoch die Angriffsschwerpunkte: Während noch im Vorjahr politische Gegner massiv betroffen waren, wurden nun Einrichtungen Verlagerung der und Firmen im Zusammenhang mit dem Transport abgebrannter AngriffsschwerBrennelemente aus Kernkraftwerken in Castor-Behältern das Ziel. punkte 156 und damit 29 % der gesamten linksextremistisch motivierten Gewalttaten entfallen auf diesen Bereich. Damit wenden Linksextremisten im Protest gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie wieder verstärkt Gewalt an. Zum Teil wird sogar offen zu Gewalttaten aufgerufen. Die Zahl der Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten fiel auf 73 (1994: 199) und damit um 63 %. Weitere Motive für gewalttätige Aktionen waren u.a. bauliche Umstrukturierungsmaßnahmen in Großstädten und Solidarität mit ausländischen extremistischen Gruppierungen. Entwicklung Deutschland der linksextreBayern mistischen Gewalttaten 1990 1991 1992 1993 1994 1995 Die linksextremistischen Gewalttaten wurden zu über 80 % von Über80 % autoGruppen und Einzeltätern aus dem gewaltbereiten autonomen und nome Gewalttaten 140 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt anarchistischen Spektrum begangen. Die hohe kriminelle Energie der Täter zeigt sich u.a. an den mehrfachen massiven körperlichen Angriffen gegen einen rechtsextremistischen Anwalt aus Hamburg und den Anschlägen im Zusammenhang mit den Castor-Transporten. Die terroristische Rote Armee Fraktion (RAF) ist nach wie vor gespalten. Aktionen ihrer im Untergrund lebenden Kommandoebene waren nicht zu verzeichnen. Der sogenannte antiimperialistische Widerstand hat sich als neue terroristische Struktur neben der RAF gefeAnschläge der AIZstigt. Die Antiimperialistische Zelle (AIZ) will den von der RAF ausgesetzten bewaffneten Kampf auch gegen Personen fortsetzen. Sie hat vier Sprengstoffanschläge auf die Wohnungen von Politikern und ein Bürogebäude verübt und trotz der auch von Linksextremisten geübten massiven Kritik weitere Attentate angekündigt. Ziel dieser und anderer in Deutschland gewalttätig agierender linksextremistischer Gruppen ist nach wie vor die gewaltsame Zerschlagung der gegenwärtigen Staatsund Gesellschaftsordnung, in der sie ein "Instrument zur Durchsetzung weltweiter kapitalistischer imperialistischer Ausbeuterinteressen" sehen. 1.3 Gewalttaten ausländischer Extremisten Nach wie vor bedrohen ausländische Extremisten die Innere Sicherheit in Deutschland. Politisch motivierte Gewalttaten forderten in Schleswig-Holstein ein Todesopfer. Die militanteste ausländische PKK militanteste Gruppierung ist wie bisher die seit 26. November 1993 vom Bundesausländische ministerium des Innern verbotene marxistisch-leninistische ArbeiterGruppierung partei Kurdistans (PKK). Ihr sind die meisten der im Jahr 1995 von ausländischen Extremisten verübten 283 Gewaltakte (1994: 262) zuzurechnen. Weitere besonders gewalttätige linksextremistische türkische Gruppierungen sind die seit 1983 in Deutschland verbotene Devrimci Sol und die Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML). Mehrere In mehreren Wellen, insbesondere im Februar/März und Juli, waren Gewaltwellen türkische Einrichtungen fast im gesamten Bundesgebiet Ziel von Gegegen türkische walttaten ausländischer Extremisten. Brandanschläge und sonstige Einrichtungen Gewalttaten richteten sich vor allem gegen türkische Reisebüros, soziale Einrichtungen und Kulturzentren, Moscheen, islamische sowie Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 141 türkische Vereine und Lebensmittelgeschäfte. Schwerpunkte der teilweise koordinierten Angriffe waren die Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Berlin. Für die Anschläge - vor allem auf Reisebüros im Februar - war die PKK verantwortlich. Dafür sprechen die Art und Weise der Durchführung und die Festnahme von Tatverdächtigen aus den Reihen der PKK, bei denen Propagandamaterial der PKK und der Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) gefunden wurde. Die Angriffe gegen Reisebüros standen offenbar auch im Zusammenhang mit einem am 18. Januar bekanntgewordenen Aufruf der in den Kurdengebieten operierenden PKK-Guerillatruppe Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) zum "Boykott des türkischen Tourismus". Den Anstoß für die Anschläge auf Kulturvereine und Moscheen Auslöser gaben gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Islamisten, der Gewalt Aleviten und türkischen Sicherheitskräften in Istanbul, die am 12. März begonnen hatten. Neben PKK-Anhängern verübten auch Anhänger der TKP/ML und vor allem der Devrimci Sol Anschläge. Der Terror der PKK richtete sich 1995 zunehmend auch gegen deutsche Sicherheitsbehörden und erreichte damit eine neue Qualität. Insbesondere Maßnahmen gegen die PKK wurden mit Gewalttaten beantwortet. So wurden in der Nacht zum 9. Juni in Stuttgart, Ludwigshafen, Nürnberg und Kiel nahezu zeitgleich BrandanAngriffe schlage gegen Dienststellen und Fahrzeuge der Polizei verübt. Ein gegen Polizei Zusammenhang mit der Durchsuchung und Schließung des PKK-nahen Agri-Verlags Anfang Juni in Köln ist anzunehmen. Im Tatortbereich in Stuttgart wurden fünf weitere gebrauchsfertige Molotowcocktails gefunden. Weitere Anschläge gegen Polizeieinrichtungen verübten unbekannte Täter am 3., 5. und 7. Juli in Konstanz, Freiburg und München. Von der in zwei Flügel gespaltenen, sowohl in Deutschland als auch in der Türkei verbotenen, türkischen Devrimci Sol waren vor allem Anhänger des "Karatas-Flügels" (DHKP-C) aktiv. Dieser Gruppe sind mehrere Serien von Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen, insbesondere Banken und Vereine, im Bundesgebiet zuzurechnen. Auslöser für die Anschläge im September und Oktober war die Niederschlagung einer Gefängnismeuterei am 21. September in Buca/Türkei, bei der mehrere Anhänger des Karatas-Flügels der Devrimci Sol erschossen worden waren. Auch eine Meuterei in einem Gefängnis in Istanbul am 13. Dezember war Anlaß für Anschläge auf türkische Einrichtungen im Bundesgebiet. 142 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Blutige Die blutigen Richtungskämpfe in der Devrimci Sol dauern an. Auch Richtungskämpfe geht die Gruppe weiterhin mit Bestrafungsaktionen gegen Parteiabweichler vor. So entführten mutmaßliche Anhänger der Devrimci Sol am 13. Februar in Krefeld ein ehemaliges Mitglied der Organisation, das jedoch später seinen Entführern entkommen konnte. Drei der Entführer konnten von der Polizei festgenommen werden. Das Landgericht Hagen verurteilte sie am 3. November wegen Freiheitsberaubung zu Freiheitsstrafen von jeweils zwei Jahren und acht Monaten. Insgesamt sind 272 der 283 bundesweit registrierten Gewalttaten - und damit mehr als 96 % - türkischen bzw. kurdischen linksextremistischen Organisationen zuzurechnen. Für neun (1994: elf) der Kaum Gewalttaten bundesweit registrierten Gewalttaten sind extreme Nationalisten verdurch türkische antwortlich. Den türkischen Nationalisten ist es damit im wesentliextreme Nationachen gelungen, mäßigend auf ihre Anhänger einzuwirken und sich listen nicht von türkischen und kurdischen Linksextremisten provozieren zu lassen. Bei Auseinandersetzungen zwischen nationalistischen Türken und Kurden am 3. September in Neumünster/Schleswig-Holstein Todesopfer wurde dennoch ein linksextremistischer Kurde erschossen, ein weiterer schwer verletzt. Zur Deckung ihres erheblichen Finanzbedarfs veranstalteten die geSpendengeldnannten türkischen und kurdischen Gruppierungen jährlich "Spenerpressungen denkampagnen" bei Landsleuten, insbesondere Geschäftsleuten. Die Spendeneintreiber schrecken dabei selbst vor massiven Drohungen und schweren Gewalttaten nicht zurück, um zum Teil fünfstellige Geldbeträge zu erpressen. Islamischer Extre-Das Erstarken des islamischen Extremismus muß nach wie vor aufmismus bedrohlich merksam beobachtet werden, um einer Bedrohung der Inneren Sicherheit frühzeitig entgegentreten zu können. So drohte ein Funktionär der algerischen Islamischen Heilsfront (FIS) in einer Fernsehsendung bereits mit Anschlägen, falls Deutschland die Regierung Algeriens unterstütze oder FIS-Angehörige in Deutschland strafrechtlich verfolge. Der Funktionär bezog sich dabei auf ein vom Generalbundesanwalt geführtes Ermittlungsverfahren gegen neun Algerier. Sie werden verdächtigt, Waffen für algerische Fundamentalisten nach Algerien geschmuggelt zu haben. Bürgerkrieg Der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien wirkte sich bisher wenig in Ex-Jugoslawien auf die gewalttätige extremistische Szene in Deutschland aus. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 143 2 Politisch motivierte Gewalt in Bayern Die Gesamtzahl politisch motivierter Gewalttaten ist in Bayern auf 93 Vorfälle (1994: 105) und damit um 11,4 % gesunken. Der Anteil Leichter Rückder in Bayern verübten Gewalttaten an der bundesweiten Zahl ist gang mit 4,98 % relativ gering. Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten sind auf 48 (1994: 58) und damit um rund 17 % zurückgegangen. Linksextremistisch motivierte Gewalttaten sind auf 18 (1994: 28) um rund 36 % gefallen. Die Gewalttaten ausländischer Extremisten sind auf 27 (1994: 19) um rund 42 % angestiegen. Auch 1995 forderte die politisch motivierte Gewalt in Bayern keine Todesopfer. Die Zahl der Brandanschläge, bei denen das angegriffene Ziel, die Tatausführung oder Selbstbezichtigungen auf politische Motive hindeuten, ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Insgesamt wurden nach derzeitigem Erkenntnisstand 19 Brandanschläge (1994: 12) und ein Sprengstoffanschlag (1994: keiner) verübt oder versucht. Mit 14 Brandanschlägen gingen fast drei Viertel auf das Konto ausländischer Extremisten. Bei drei von vier (1994: sechs) Brandanschlägen mit rechtsextremistischem Hintergrund und einem Sprengstoffanschlag war ein fremdenfeindliches Motiv erkennbar bzw. zu vermuten. Linksextremisten verübten einen Brandanschlag (1994: fünf). 2.1 Rechtsextremistische Gewalt Der Schwerpunkt politisch motivierter Gewalt in Bayern lag 1995 erneut bei Taten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation. Ihre Gesamtzahl fiel um rund 17 % und betrug 48 Rückgang rechts(1994: 58); das sind 4,58 % (1994: 3,90 %) der bundesweit registrierextremistischer ten Zahl. Sechs (1994: vier) Gewalttaten richteten sich gegen politiGewalt sche Gegner. 23 (1994: 35) Gewalttaten hatten eine fremdenfeindliche Motivation. Damit ist die Zahl fremdenfeindlicher Gewalttaten in Bayern 1995 erneut deutlich, nämlich um etwa 34 %, zurückgegangen. Dennoch zeigen insbesondere ein Sprengstoffanschlag, drei Brandanschläge (1994: sechs), 15 Angriffe (von insgesamt 23) auf Personen (1994: 19) und drei Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung (1994: zehn) gegenüber Ausländern, daß im rechtsextremistischen Bereich weiterhin eine erhebliche und ernstzunehmende Gewaltbereitschaft besteht. Die Zahl der sonstigen fremdenfeindlichen Straftaten ohne Anwendung von Gewalt, wie Bedrohungen, Nötigungen und Propagandadelikte, ging von 236 auf 186 zurück. 144 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Typisch für die 1995 festgestellten rechtsextremistischen Gewalttaten sind die im folgenden - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - dargestellten Ereignisse. 2.1.1 Briefbombenanschläge in München und Lübeck Am 9. Juni explodierte im Sekretariat eines Fernsehsenders in München eine Briefbombe und verletzte die den Brief öffnende Sekretärin. Der Sprengstoffbrief war persönlich an eine Moderatorin des Senders gerichtet. Ebenfalls am 9. Juni explodierte in den Räumen einer Partnervermittlung in Linz/Österreich ein weiterer Sprengstoffbrief und verletzte zwei dort beschäftigte Personen. Am 13. Juni detonierte in der Geschäftsstelle des Rathauses Lübeck eine an den Bürgermeister gerichtete Briefbombe, wodurch der die Postsendung öffnende SPD-Geschäftsführer an der Hand verletzt wurde. Nach Briefbomben dem bisherigen polizeilichen Ermittlungsstand waren alle drei Senaus Österreich dungen in Österreich zur Post gegeben worden. Der in München detonierten Sendung war ein Selbstbezichtigungsschreiben mit dem Wortlaut "Wir wehren uns .... Regent Andreas Hofer von Tirol und Graf Ernst Rüdiger von Starhemberg" beigegeben. Der technische Aufbau entspricht weitgehend den bereits 1993 und 1994 in Österreich verwendeten Briefbomben. Damals waren in Anschiagserie Österreich zwei Serien von insgesamt 14 Briefbomben versandt worin Österreich den. Während im Dezember 1993 vier Sprengstoffbriefe beim Öffnen explodierten und mehrere Personen zum Teil schwer verletzten, konnten alle weiteren Sprengsätze unschädlich gemacht werden. Am 4. und 6. Februar 1995 ereigneten sich in Österreich zwei weitere Sprengstoffanschläge mit einer Rohrbombe und einer als Sprengsatz präparierten Spraydose. Dabei kamen vier Personen ums Leben. Eine Person wurde erheblich verletzt. Zu allen Sprengstoffanschlägen bekannte sich in verschiedenen Selbstbezichtigungsschreiben eine "Salzburger Eidgenossenschaft" bzw. eine "Bajuwarische Befreiungsarmee". Erneute Weitere fünf Briefbomben wurden am 11. Dezember in Graz an Briefbombenserie Adressaten in Österreich verschickt. Sie explodierten vorzeitig oder wurden entschärft. Bisher haben sich keine Hinweise auf eine Beteiligung deutscher Rechtsextremisten an diesen Briefbombenanschlägen ergeben. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 145 2.1.2 Brandanschläge Am 10. Januar verübte eine zunächst unbekannte Täterin einen Anschlag gegen Brandanschlag auf die Wohnung einer bosnischen Familie in Munbosnische Familie chen. Das Feuer konnte gelöscht werden, ohne daß größerer Sachschaden entstand. Als mutmaßliche Täterin konnte eine Frau aus der Nachbarschaft ermittelt werden, die durch fremdenfeindliche Äußerungen aufgefallen war. Das Landgericht München verurteilte sie zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung. In der Nacht zum 8. März stiegen zwei 19bzw. 25jährige Täter in Brandstiftung den städtischen Friedhof Fürstenfeldbruck ein. Sie beschmierten auf Friedhof mehrere Grabmäler und ein Friedhofsgebäude mit Hakenkreuzen, SS-Runen, "Sieg Heil"-Parolen und den Buchstaben NL (Nationale Liste). Anschließend warfen sie Grabsteine um und setzten ein Gerätehaus in Brand, wodurch ein Sachschaden in Höhe von etwa 70.000 DM entstand. Unbekannte Täter warfen in Rothenburg ob der Tauber, Landkreis Ansbach, am 24. März einen Molotowcocktail auf ein Mehrfamilienhaus. Im Erdgeschoß befindet sich neben einem Lebensmittelgeschäft ein Gebetsraum des Türkisch-Islamischen Vereins. Der Brand konnte gelöscht werden. Es entstand Sachschaden von etwa 500 DM. Die Polizei vermutet fremdenfeindliche Motive. Am 29. April verübte ein 18jähriger Mann einen Brandanschlag auf Anschlag gegen ein Asylbewerberheim in Hauzenberg, Landkreis Passau, in dem sich Asylbewerberzur Tatzeit 51 Personen befanden. Der Brandsatz prallte zurück und heim brannte vor dem Gebäude aus. Das Landgericht Passau verurteilte den Täter am 23. Oktober wegen 51fachen versuchten Mordes und versuchter schwerer Brandstiftung unter Einbeziehung anderer Delikte nach dem Jugendstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. 2.1.3 Sonstige rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten Am 13. Januar drangen vier Skinheads gewaltsam in ein VereinsÜberfall auf heim in Schwandorf ein, in dem eine Geburtstagsfeier stattfand. Die Vereinsheim Täter drohten den dort versammelten Personen mit Mißhandlungen, zwangen sie zu "Exerzierübungen" mit "Deutschem Gruß", hielten sie im Raum fest und entwendeten eine Fahne. 146 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Eine Gruppe von etwa zehn Jugendlichen griff am 17. Februar in Bad Aibling, Landkreis Rosenheim, drei Ausländer an. Nach anfänglichen Pöbeleien und Rempeleien zog einer der Angreifer ein Messer Angriff gegen und verletzte einen der Ausländer. Außerdem bedrohte er die AusAusländer länder mit einer Gaspistole. Während der Auseinandersetzung wurden Parolen wie "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" gerufen. Drei der Angreifer konnten von der Polizei ermittelt werden. Sie sind bereits mehrfach durch rechtsextremistisch motivierte Straftaten in Erscheinung getreten. Absägen von In der Zeit vom 1. April bis 3. Juni sägte ein zunächst unbekannter Feldkreuzen Täter zahlreiche Feldund Gipfelkreuze in den Regierungsbezirken Oberbayern und Oberpfalz um, hinterließ Flugblätter, die zum Tourismusboykott gegen die Türkei aufriefen, und sprühte in einigen Fällen PKK-Parolen. Der Verdächtige wollte offensichtlich den Tatverdacht auf Kurden lenken und dadurch die Bevölkerung zum Haß gegen Ausländer aufstacheln. Skinhead-Angriffe Am 11. Mai schlug ein Skinhead in Amberg einen türkischen Staatsangehörigen mit einem Baseballschläger nieder, der mit zwei Hakenkreuzen, einem Keltenkreuz und dem Text "Heil dem Führer - Heil dem Volk" und "Ich bin stolz ein Deutscher zu sein" sowie "TürkenRussen-Punkerdreck, ihr müßt weg!" beschriftet war. In Bayreuth überfielen am 9. Juni zwei Skinheads einen jungen Mann, der eine Jacke mit dem Aufdruck "Gib Nazis keine Chance" trug. Einer der Täter verletzte den Geschädigten mit einem Messer, stieß ihn zu Boden und trat ihn an den Kopf. Am 29. Juni beleidigten zwei Skinheads aus Nürnberg eine Passantin durch ausländerfeindliche Äußerungen. Ihr Ehemann, der sich dies verbat, wurde durch Fußtritte der Skinheads verletzt und mit dem Kopf gegen eine Schaufensterscheibe gestoßen. 2.1.4 Strafverfahren In einer Reihe von Strafverfahren wurden rechtsextremistisch motivierte Gewalttäter zu teilweise hohen Freiheitsstrafen verurteilt. So verurteilte das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts AschafUrteilgegen fenburg am 15. März einen Neonazi wegen gefährlicher KörperverNeonazi wegen letzung in drei Fällen in Tateinheit mit Bedrohung zu einer FreiheitsKörperverletzung strafe von zwei Jahren, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 147 Der Verurteilte hatte am 9./10. Januar 1993 in Frankfurt am Main an einem Kameradschaftstreffen der Jungen Nationaldemokraten (JN) teilgenommen. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit Autonomen, in deren Verlauf drei der Autonomen in den Main geworfen wurden. 2.2 Linksextremistische Gewalt In Bayern wurden nach derzeitigem Erkenntnisstand insgesamt 18 (1994: 28) Gewalttaten mit linksextremistischer bzw. zu vermutender linksextremistischer Motivation begangen. Gegenüber dem Vorjahr ist damit die Zahl derartiger Gewalttaten um rund 36 % zurückgegangen. Der Anteil Bayerns an diesen Straftaten in ganz Deutschland beträgt 3,35 % (1994: 4,21 %). Linksextremisten waren für einen Brandanschlag verantwortlich (1994: fünf). Sechs (1994: 19) der festgestellten Gewalttaten mit linksextremistischer Motivation richteten sich gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten bzw. deren Einrichtungen. Linksextremisten begannen 1995, gegen den Transport abgebrannter Brennelemente aus dem Kernkraftwerk Gundremmingen und gegen den geplanten Neubau eines Forschungsreaktors für die Technische Universität München zu mobilisieren. Es ist zu befürchten, daß sich dort Kristallisationspunkte neuer extremistischer Gewalt bilden. 2.2.1 Passau Schwerpunkt linksextremistischer Gewalt Die Passauer autonome Szene ist zunehmend gewaltbereit. Die KraSilvesterkrawalle walle in der Silvesternacht mit einem Sachschaden von rund in Passau 100.000 DM waren der Beginn einer Serie von Gewalttaten: Etwa 20 Vermummte waren durch die Straßen gezogen und hatten an 14 Geschäften und Banken Schaufensterscheiben und Eingangstüren zerstört. An zwei Objekten wurden die Parole "Fight the Power", ein fünfzackiger Stern sowie die Abkürzung "KGK" gesprüht*. In einem Selbstbezichtigungsschreiben einer "Antiimperia- * "Fight the Power" ist der Titel einer "antifaschistischen" Jugendzeitung in der Region Niederbayern. "KGK" ist das Kürzel der Berliner Autonomen Gruppe "Klasse gegen Klasse", die seit 1992 in Berlin Brandanschläge gegen hochwertige PKWs verübt. 148 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt listischen Zelle Halim Dener" heißt es unter derselben Parole, die angegriffenen Objekte repräsentierten das "herrschende kapitalistische, patriarchale System der BRD". Dies bedeute weltweite Ausbeutung, Hungertod in der Dritten Welt, Abschiebung von Flüchtlingen, Unterdrückung von Frauen, Wohnungsnot und Luxussanierung sowie Arbeitslosigkeit und Armut. Die gesprühten Parolen lassen Rückschlüsse auf personelle Verflechtungen der Passauer Szene mit Berliner Autonomen zu. Bindeglied ist dabei die militante "Antifaschistische Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO), in der Gruppen aus beiden Städten organisiert sind. In Passau folgten weitere Gewalttaten: RZ-Nachahmer Am 18. Januar warfen unbekannte Täter mit Pflastersteinen drei Scheiben eines Schnellrestaurants ein und beschmierten die Fassade mit antiimperialistischen Parolen und dem Kürzel "RZ". An einem in der Nähe festgemachten Zollboot warfen sie mit Pflastersteinen drei Frontscheiben ein. In der Nacht zum 20. Januar zerstörten unbekannte Täter zwei Schaufensterscheiben eines Antiquitätengeschäfts und sprühten die Buchstaben "KGK" an die Hauswand. Der Inhaber, Stadtrat der Partei "Die Republikaner", war bereits mehrfach Ziel ähnlicher Aktionen. Mit Pflastersteinen warfen in der Nacht zum 21. Januar unbekannte Sachbeschädigung Täter Türscheiben am Gebäude einer Burschenschaft ein. Bereits am bei Burschenschaft 13. Januar war das Gebäude Ziel einer ähnlichen Gewalttat. In einem Selbstbezichtigungsschreiben, das bei einer örtlichen Tageszeitung einging, begründeten "einige militante Antifas" die Angriffe mit der Geschichte der angeblichen "Fascho-Studies" und bezeichneten deren Ideologie als chauvinistisch und nationalistisch. Abschließend forderten die unbekannten Verfasser: "Also dann pfeffert massig Pflastersteine in alle faschistischen, sexistischen und unterdrückerischen Institutionen!!" 2.2.2 Sonstige Gewalttaten In der Nacht zum 30. Juli zerstachen Unbekannte in Markt SchwaReifenstecherei ben, Landkreis Erding, die Reifen von fünf hochwertigen PKWs. Die Täter schmierten an drei der Fahrzeuge u.a. die Parolen "Rache für Anatopia", "Bonzen raus - KGK" und "Bonzen raus aus unserem Kiez". Es entstand Sachschaden von etwa 8.000 DM. "Anatopia" Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 149 war der Name eines Hüttendorfs in Papenburg/Niedersachsen, das Gegner einer Teststrecke eines Automobilkonzerns auf dem Baugelände errichtet und seit 1991 besetzt hatten. Die Polizei hatte das Hüttendorf am 8. Januar geräumt. Am 29. Oktober schlugen unbekannte Täter in Krailling, Landkreis Starnberg, an einer Sparkassenfiliale die Fensterscheiben ein und sprühten an die Fassade die Parole "Kapital ist Ausbeutung". In München setzten am 3. November Unbekannte einen PKW in Brandanschlag Brand. Es entstand Sachschaden von rund 25.000 DM. Unmittelbar auf PKW am Tatort hatten die Täter auf die Straße die Parole "Class War" gesprüht. Eine bisher unbekannte Gruppe "Kinder des Zorns" bezichtigte sich in der militanten autonomen Publikation INTERIM Nummer 351 vom 9. November, sowohl die Sparkasse in Krailling beschädigt als auch den PKW in München in Brand gesetzt zu haben. In einer ebenfalls abgedruckten Selbstdarstellung erklärten die unbekannten Verfasser, sie seien eine anarchistische Gruppe, diesich jeglicher Form von Hierarchie und Herrschaft widersetze. Ihre Aktionen "im kleinen Rahmen" seien notwendig, um als militante Gruppe eigene Inhalte öffentlich zu machen, damit sich die "radikale Linke" mit ihnen auseinandersetzen könne. 2.3 Gewalttaten ausländischer Extremisten Die Zahl der Gewalttaten ausländischer Extremisten ist in Bayern erDeutliche neut angestiegen von 19 auf 27; das sind 9,54 % der bundesweit Zunahme registrierten Zahl. Darunter sind 14 Brandanschläge. Der Schwerpunkt politisch motivierter Ausländerkriminalität in Bayern lag auch 1995 bei der am 26. November 1993 vom Bundesministerium des Innern mit einem Betätigungsverbot belegten PKK. Insgesamt sind der PKK 20 der 27 Gewalttaten zuzurechnen. Daneben zeigten Anhänger des Karatas-Flügels (DHKP-C) der ebenfalls verbotenen Devrimci Sol eine erhebliche Gewaltbereitschaft. 2.3.1 Anschläge und Gewalttaten in Bayern Die im folgenden dargestellten Gewalttaten müssen aufgrund der angegriffenen Objekte, des Spurenbildes am Tatort und des zeitlichen Zusammenhangs mit bundesweiten Anschlagserien ausländischen Extremisten zugerechnet werden. 150 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Brandanschläge Am 28. Februar verübten zwei mutmaßliche PKK-Anhänger einen gegen türkische Brandanschlag auf ein deutsches Reisebüro in München, das mit türEinrichtungen kischen Reisezielen warb. Die verwendeten Molotowcocktails zündeten nicht, so daß lediglich geringer Sachschaden entstand. Die beiden Verdächtigen, zwei kurdische Asylbewerber, konnten kurz nach der Tat festgenommen werden. Bei anschließenden Wohnungsdurchsuchungen konnten Propagandamittel der verbotenen PKK und ERNK sichergestellt werden. Bei einem weiteren, kurze Zeit später durchgeführten Brandanschlag auf ein türkisches Reisebüro in München entstand ebenfalls nur geringer Sachschaden. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen konnten am 21. März und 1. Juni zwei PKK-Aktivisten als Anstifter festgenommen werden. Sie hatten den Attentätern kurz vor der Tat in den Räumen des "Kurdischen Elternvereins e.V." in München Taschen und Kartons mit den Brandsätzen ausgehändigt. In Kolbermoor, Landkreis Rosenheim, warf ein unbekannter Täter zwischen dem 15. und dem 16. März einen Molotowcocktail durch ein Fenster in den Gebetsraum des Islamischen Vereins im Erdgeschoß eines Wohngebäudes. Der Brandsatz zündete nicht. Am 18. März war das Islamische Zentrum in München Ziel eines Brandanschlags. Die unbekannten Täter warfen zwei Brandsätze in einen als Lagerund Büroraum dienenden Kellerraum. Durch das Feuer entstand Sachschaden in Höhe von etwa 30.000 DM. Unbekannte Täter versuchten am 21. März einen Brandanschlag auf den Türkischen Kulturverein in Erlenbach, Landkreis Miltenberg. Die verwendeten Molotowcocktails zündeten nicht. An einem an der Außenwand des Gebäudes angebrachten Automaten hatten die Täter eine rote Fahne mit gelbem Stern sowie den Buchstaben DHKC, dem Kürzel des Karatas-Flügels der Devrimci Sol, angebracht. Am 29. März war ein türkisches Reisebüro in München Ziel eines Brandanschlags. Die unbekannten Täter schlugen die Eingangstür ein und warfen einen Molotowcocktail in den Verkaufsraum. Der Brandsatz zündete nicht. In Erlenbach, Landkreis Miltenberg, warfen unbekannte Täter am 31. März einen Brandsatz durch die Schaufensterscheibe eines türkischen Reisebüros. Das Geschäft brannte vollständig aus, wodurch ein Sachschaden in Höhe von etwa 100.000 DM entstand. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 151 In Bayreuth versuchten unbekannte Täter am 24. April einen Brandanschlag auf ein türkisches Geschenkartikelund Haushaltswarengeschäft. Die Täter zündeten vor dem Geschäft einen Brandsatz, der lediglich geringen Sachschaden verursachte. Am 9. Juni entzündete ein unbekannter Täter unmittelbar vor der Anschläge auf Eingangstüre der Polizeistation Nürnberg-Langwasser einen KunstPolizeieinrichstoffkanister mit brennbarer Flüssigkeit. Das Feuer wurde von Nachtungen barn rechtzeitig gelöscht, so daß kein Brandschaden entstand. Die Tat ist im Zusammenhang mit drei weiteren zeitgleich verübten Anschlägen auf Polizeieinrichtungen in Stuttgart, Kiel und Ludwigshafen zu sehen. Weitere Brandanschläge am 3. Juli in Konstanz und Freiburg auf Fahrzeuge und ein Gebäude der Polizei verursachten ebenfalls zum Teil erheblichen Sachschaden. In München zündeten am 5. Juli unbekannte Täter einen Molotowcocktail vbr einer Polizeidienststelle. Der Anschlag richtete sich offenbar gegen auf der Straße abgestellte Einsatzfahrzeuge. Es entstand kein Sachschaden. Am 7. Juli warfen unbekannte Täter in München zwei Brandsätze gegen das Dienstgebäude einer Polizeiinspektion, ohne größeren Schaden anzurichten. PKK-Funktionäre hatten vorher zu derartigen Anschlägen gegen Polizeieinrichtungen aufgerufen. Durch einen Brandanschlag entstand am 7. Juli an einem Feuerwehrmuseum in Kaufbeuren ein Sachschaden von über 100.000 DM. Im selben Gebäude sind auch ein islamisches Kulturzentrum und ein Verein türkischer Nationalisten untergebracht, die offensichtlich Ziel des Anschlags waren. Am 1. Oktober setzten unbekannte Täter in Nürnberg das Fahrzeug einer türkischen Bäckerei in Brand. In einem Anruf an einen freien Mitarbeiter einer türkischen Tageszeitung teilte ein Unbekannter mit, das Fahrzeug sei wegen der Tötung von Devrimci Sol-AnhänDevrimci gern in Buca verbrannt. Er bezog sich damit auf die Niederschlagung Sol-Bezug einer Gefängnismeuterei am 21. September in Buca/Türkei, in deren Verlauf mehrere Aktivisten des Karatas-Flügels der Devrimci Sol erschossen worden waren. Unbekannte Täter warfen am 7. Oktober in Nürnberg einen Molotowcocktail in ein türkisches Reisebüro. Dabei entstand Sachschaden von etwa 50.000 DM. Der Anschlag dürfte ebenfalls als Vergeltungsaktion der Devrimci Sol zu werten sein. Ähnliche Angriffe wurden im gesamten Bundesgebiet verübt. 152 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 2.3.2 Spendengelderpressungen Festnahme der Drei mutmaßliche PKK-Aktivisten mißhandelten am 6. Februar in UnSpendengeldterschleißheim, Landkreis München, einen Landsmann mit Fausterpresser schlagen und Fußtritten. Der Geschädigte hatte sich geweigert, eine "Spende" in Höhe von 3.000 DM an die PKK zu zahlen. Gegen einen mutmaßlichen Täter erließ das Amtsgericht München am 9. Februar Haftbefehl wegen Verdachts der versuchten räuberischen Erpressung. Ein weiterer Tatverdächtiger konnte am 21.' März bei einer Kundgebung zum kurdischen Neujahrsfest in München festgenommen werden. Zwei Spendengeldeintreiber der PKK konnten am 4. Dezember in Nürnberg festgenommen werden, nachdem sie zuvor mehrere türkische Geschäfte besucht hatten. Bei den Festgenommenen wurden 6.400 DM bzw. 1.000 DM aufgefunden. Der Ermittlungsrichter erHaftbefehl ließ Haftbefehl wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz. In Haßfurt, Landkreis Haßberge, nahm die Polizei am 29. Dezember zwei 18 bzw. 22 Jahre alte Türken fest, als sie einen türkischen Geschäftsmann um eine Spende von 5.000 DM für die PKK erpressen Festnahme von wollten. Nach eigenen Angaben fungierte der 18jährige als GeldeinGeldeintreibern treiber der PKK/ERNK für die Gebiete Nürnberg, Würzburg, SchweinderPKK fürt, Bamberg, Haßfurt und Karlstadt. Der Ermittlungsrichter erließ Haftbefehl gegen beide Täter. 2.3.3 Urteile gegen PKK-Anhänger Das Landgericht Augsburg verurteilte am 8. Februar einen 30jährigen türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit wegen schweren Raubes, gemeinschaftlicher Nötigung, Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie schweren Landfriedensbruchs zu eiHohe ner Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Der VerurFreiheitsstrafe teilte hatte an den von der PKK initiierten Krawallen am 19. März 1994 im Raum Augsburg teilgenommen und dort einem Polizeibeamten die Dienstpistole geraubt. Wegen der Beteiligung an den Kurdenkrawallen verurteilte das Amtsgericht Augsburg den Kurden Fariz Simsek am 30. Oktober in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Das Landgericht Schweinfurt verurteilte am 9. Februar einen 37jährigen türkischen Staatsangehörigen wegen versuchter räuberischer Er- Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 153 pressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu zehn Monaten FreiUrteil gegen heitsstrafe, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung, sowie zu einer SpendengeldGeldbuße von 5.000 DM. Der Verurteilte hatte in der Zeit vom Noerpresser vember 1993 bis Februar 1994 mehrmals einen türkischen Staatsangehörigen durch Drohungen und Schläge zu Zahlungen an die PKK erpreßt. Die Verfahren gegen vier weitere Beschuldigte wurden abgetrennt. Wegen versuchter räuberischer Erpressung verurteilte das Jugendschöffengericht Memmingen am 22. November einen 20jährigen Türken zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung, verbunden mit der Auflage, an 50 Tagen gemeinnützige Arbeit zu leisten. Der Verurteilte hatte im Januar 1994 zusammen mit einem weiteren PKK-Aktivisten einen türkischen Staatsangehörigen schwer mißhandelt. Der Geschädigte hatte sich mehrfach geweigert, Spenden für die PKK zu leisten. Zuletzt sollte er im Rahmen der letztjährigen PKK-Spendenkampagne 2.000 DM bezahlen. 2.3.4 Exekutivmaßnahmen gegen die PKK Am 21. März konnte die Polizei die PKK-Gebietsverantwortliche für Festnahme einer den Bereich München, eine 29jährige türkische Staatsangehörige kurPKK-Gebietsverdischer Abstammung, festnehmen. Der Ermittlungsrichter beim Bunantwortlichen desgerichtshof erließ Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Die Festgenommene befand sich auf dem Weg zum Kurdischen Elternverein e.V. in München. Bei den im Anschluß an die Festnahme durchgeführten Durchsuchungen konnte umfangreiches Beweismaterial, u.a. ein PC mit Disketten, Sammelbüchsen, Spendenquittungen und große Mengen Propagandamaterialien, sichergestellt werden. Am 14. Oktober nahm die Polizei in den Räumen des Kurdischen Weitere Elternvereins e.V. in München, in denen zu dieser Zeit eine RegionalFestnahmen konferenz der PKK stattfand, 18 von 25 anwesenden Personen vorläufig fest. Bei der anschließenden Durchsuchung der Räume konnte erneut umfangreiches Propagandamaterial der PKK sichergestellt werden. Gegen drei der Festgenommenen erließ der Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof Haftbefehl wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung bzw. wegen Verstößen gegen das Vereinsgesetz. Dabei handelt es sich um den Gebietsverantwortlichen der PKK für das Gebiet München, einen 154 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 32jährigen Kurden mit Wohnsitz in Hessen, die Vertreterin des Gebietsverantwortlichen, eine 27jährige Australierin kurdischer Abstammung, und einen 28jährigen Kurden, der als Verantwortlicher der PKK für Niederbayern identifiziert werden konnte. Am selben Tag konnte die Polizei in Pohlheim/Hessen in einer Gaststätte zwei weitere Gebietsverantwortliche der PKK festnehmen. Dabei handelt es sich um den früheren, bereits mit Haftbefehl gesuchten Gebietsverantwortlichen für den Raum Nürnberg und den Gebietsverantwortlichen für den Raum Freiburg. Verhaftung Am 18. Dezember konnte in Nürnberg ein weiterer 33jähriger eines hohen PKK-Funktionär festgenommen werden. Gegen ihn besteht HaftbePKK-Funktionärs fehl des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof wegen des Verdachts der Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung. Vorliegenden Erkenntnissen zufolge gehörte der Beschuldigte zu den ranghöchsten PKK-Funktionären in Europa. Weitere PKK-Gebietsverantwortliche konnten am 16. März in Ulm, am 14. Mai in Mainz, am 19. September in Frankfurt am Main und am 6. Oktober in Berlin festgenommen werden. Die sonstigen Aktivitäten der PKK sind im 3. Abschnitt unter Nummer 2.1 dargestellt. 3. Rote Armee Fraktion (RAF) 3.1 Überblick Die vor rund 25 Jahren entstandene RAF verfolgte ursprünglich das Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und im "strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Ihren revolutionären Kampf führte sie in einer koordinierten antiimperialistischen Front, die die drei Ebenen "Guerilla" (Kommandoebene), "Widerstand" (RAF-Umfeld) und "Gefangene" (inhaftierte terroristische Gewalttäter) umfaßte. In drei umfangreichen Erklärungen vom April, Juni und August 1992 räumte die RAF eine Reihe aus ihrer Sicht schwerwiegender Fehleinschätzungen der Vermittelbarkeit ihrer Aktionen und ihrer Strategie ein und kündigte eine vorläufige Einstellung der Mordanschläge an. Gleichzeitig bekräftigte die RAF, Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 155 daß sie sich unter bestimmten Bedingungen die Wiederaufnahme der Anschläge gegen Personen und solcher Anschläge, die zum "Zurückdrängen des Staates" in bestimmten Bereichen erforderlich seien, vorbehalte. Als einen solchen Anschlag bewertete die RAF-Kommandoebene auch den am 27. März 1993 - als bisher letzte terroristische Aktion der RAF - registrierten Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Darmstadt-Weiterstadt, der einen Sachschaden von über 100 Millionen DM verursacht hatte. Auch in der letzten Vollständige Erklärung vom 6. März 1994 bekräftigte die RAF diesen Vorbehalt Umwälzung der und den Anspruch auf eine "vollständige Umwälzung der herrschenherrschenden den Verhältnisse", der sie mit dem Aufbau einer "sozialen GegenVerhältnisse macht von unten" näherkommen wolle. 3.2 Entwicklung der RAF Das RAF-Gefüge ist nach wie vor in Befürworter der neuen Linie der Andauernde RAF und in Anhänger des bewaffneten Kampfes nach früherer Spaltung RAF-Praxis, den sogenannten antiimperialistischen Widerstand, gespalten. Wesentliche Themen für beide Flügel waren im Verlauf des Jahres die Haftbedingungen und die Freilassung weiterer verurteilter Haftbedingungen RAF-Terroristen. Insgesamt zentrales Thema ".SSS* wurden im Berichtszeitraum sechs ehemalige terroristische Gewalttäter aus der Haft entlassen. Die Situation der verbliebenen GefangeM^en-ecUteerKämplen'. nen wurde vielfach verMensen"" ,,""""-"""**""* knüpft mit dem in den USA zum Tode verurteilten Mumia Abu-Jamal. Vertreter der gesamten DEI RAF-Szene forderten in bundesweiten Aktionen die Freilassung von Abu-Jamal. Auch mehrere RAF-Gefangene unterstützten die Aktionen mit einem mehrtägigen Hungerstreik vom Hungerstreik 1. bis 4. August. An einer Demonstration zum Thema "Menschenrechte erkämpfen! Freiheit für Mumia Abu-Jamal und alle anderen revolutionären Gefangenen weltweit! Weg mit der Todesstrafe und Isolationsfolter! Hoch die internationale Solidarität!" am 9. Dezem- 156 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt ber in München beteiligten sich etwa 150 Personen aus dem autonomen/antiimperialistischen Umfeld. In einem Aufrufflugblatt bezichtigten die Verfasser Deutschland, Menschenrechte zu verletzen. So werde u.a. zur "Vernichtung politischer Gefangener" statt der Todesstrafe als "gängige Methode" die "als Folter geächtete Isolationshaft" eingesetzt. 3.3 Verurteilung Lebenslänglich Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte am 26. September wegen das frühere RAF-Mitglied Sieglinde Hofmann wegen fünffachen RAF-Verbrechen Mordes und dreifachen Mordversuchs zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht sah die Beteiligung der Verurteilten an der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer und seiner vier Begleiter am 5. September 1977 als erwiesen an. Daneben gehörte sie unter "verantwortlicher Mitwirkung" zum Kommando der RAF, das am 25. Juni 1979 den gescheiterten Sprengstoffanschlag auf den damaligen NATO-Oberbefehlshaber Haig und seine Begleiter verübt hatte. Frau Hofmann verbüßte bereits eine 15jährige Freiheitsstrafe wegen anderer RAF-Verbrechen. 4. Antiimperialistischer Widerstand Teile des RAF-Umfeldes lehnten die 1992 begonnene Neuorientierung der RAF mit dem Ziel des Aufbaus einer "Gegenmacht von unten" ab. Sie forderten statt dessen, aus den Fehlern der RAF zu lernen, aber dennoch an den früheren Prinzipien der RAF und am beFesthalten am waffneten Kampf, der die Begehung von Mordanschlägen ein"bewaffneten schließt, festzuhalten. Als militante Gruppierung dieses sogenannten Kampf" antiimperialistischen Widerstands trat bereits 1992 eine Gruppierung auf, die sich zunächst als "Antiimperialistische Widerstandszelle Nadia Shehadah" und später als "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) bezeichnete. Die AIZ lehnt die Deeskalations-Politik der RAF-Kommandoebene scharf ab und hält an der Strategie und Praxis der RAF vor 1992 fest. Ihre derzeitige ideologische Grundlage besteht aus Teilen, die dem "Konzept Stadtguerilla" entnommen sind, sowie aus der Theorie der "triple oppression". Diese wurde ursprünglich vom afro-amerikanischen Widerstand in den USA entwickelt und seit Anfang der 90er Jahre in Deutschland propagiert. Die AIZ geht davon Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 157 aus, daß die gegenwärtige Realität durch patriarchale, rassistische und kapitalistische Unterdrückungsund Ausbeutungsverhältnisse gekennzeichnet sei. In einem Positionspapier vom 13. Juli, das die AIZ u.a. aus Anlaß der Positionspapier vom Generalbundesanwalt angeordneten Durchsuchungsaktion vom der AIZ 13. Juni herausgegeben hat, kündigte sie an, auch künftig Sprengstoffanschläge durchzuführen. Dieser "angriffstypus" stelle eine "effiziente eingriffsmöglichkeit" dar. Die "potentiell tödliche bedrohung dort, wo die eliten wohnen/arbeiten" habe für diese eine unZielspektrum erträgliche Situation zur Folge. Damit werde "antiimperialistische der AIZ politik schwacher kräfte zur militanten gegenmacht". 4.1 Sprengstoffanschläge der AIZ Die AIZ verübte insgesamt vier Sprengstoffanschläge. Einer galt dem ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretär für wirtschaftliche Zusammenarbeit und jetzigen Vorsitzenden der Deutsch-Marokkanischen Gesellschaft, Dr. Volkmar Köhler, in Wolfsburg am 22. Januar. Anschlag auf Durch die Explosion einer Rohrbombe vor dem Wohnhaus entstand Dr. Köhler Sachschaden im Eingangsbereich. In einem Selbstbezichtigungsschreiben sowie einem Positionspapier vom 13. Februar begründete die AIZ den Anschlag im wesentlichen mit dem beruflichen Engagement von Dr. Köhler in der Deutsch-Marokkanischen Gesellschaft. Damit sei er verantwortlich für Ausbeutung und Unterdrückung der Bevölkerung zugunsten "der in marokko herrschenden clique" sowie der "brd-konzerne". Daneben unterstreicht die AIZ, daß die von der RAF in den 70er und 80er Jahren praktizierte Beteiligung am antiimperialistischen Kampf in Deutschland nicht nur notwendig, sondern auch möglich sei. Wörtlich heißt es: " für relevante widerstandspolitik ist es notwendig, daß unterschiedliche aktionsformen einander ergänzen, es ist von uns bewußt gesetzt, daß zur erzeugung von politischem druck an den orten, an denen wir aktionen durchführen, räumlich und zeitlich begrenzt eine potentiell tödliche Potentiell tödliche bedrohung entsteht, dafür geben wir unsere ganze kraft, zusammen Bedrohung kämpfen!" Am frühen Morgen des 23. April explodierte am Wohnhaus des CDU-Bundestagsabgeordneten und Angehörigen des BundestagsinAnschlag auf MdB nenausschusses, Prof. Dr. Blank, in Düsseldorf-Erkrath ein SprengProf. Dr. Blank satz. Aufgrund des Pfeiftons einer Sirene, die auf dem Sprengsatz 158 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt angebracht war, brachte sich die Familie in Sicherheit. Es entstand erheblicher Sachschaden. Im Selbstbezichtigungsschreiben begründete die AIZ den Anschlag ebenfalls mit den politischen Funktionen von Prof. Dr. Blank. Er beschäftige sich als Mitglied des Innenausschusses des Bundestags sowie als innenpolitischer Experte der CDU mit der Abschiebung von Kurden in die Türkei. Erneut bekräftigen Angriffe auf die Verfasser, "potentiell tödliche aktionen dort, wo die brd-eliten "brd-eliten" wohnen/arbeiten - als angriff auf den nationalen konsens der brdgesellschaft..." durchführen zu wollen. Am Morgen des 17. September detonierte vor dem Eingang des Wohnhauses des Bundestagsabgeordneten und verteidigungspolitiAnschlag auf sehen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion, Paul Breuer, ein Sprengsatz. MdB Breuer Es entstand Sachschaden von etwa 5.000 DM. In einer am Tatort zurückgelassenen kurzen Erklärung und einem umfangreichen Selbstbezichtigungsschreiben, das am 18. September bei mehreren Nachrichtenagenturen einging, begründete die AIZ den Anschlag. Der Angegriffene sei als Wehrexperte u.a. mitverantwortlich für die Waffenlieferungen an die Türkei und die Beteiligung der Bundeswehr am NATO-Einsatz in Bosnien-Herzegowina. Daneben kritisierte die AIZ ihre Gesinnungsgenossen wegen deren - aus der Sicht der Verfasser - zu geringen Aktivitäten. Lobend hebt sie die Rolle der RAF in Nachfolgeorgaden 70er und 80er Jahren hervor und nimmt für sich als Nachfolgenisation der RAF Organisation in Anspruch "... die neuen schritte der souveränen brd zu begreifen, zu thematisieren und anzugreifen". Am 23. Dezember verübte die AIZ in Düsseldorf einen Sprengstoffanschlag auf ein Bürogebäude, wobei Sachschaden von 60.000 DM Anschlag auf entstand. In dem Gebäude befinden sich das Peruanische HonorarPeruanisches konsulat und Büros einer Firma, deren Inhaber auch das Amt des Honorarkonsulat Honorarkonsuls versieht. In einem ausführlichen Selbstbezichtigungsschreiben, das am 27. Dezember bei mehreren Nachrichtenagenturen einging, begründete die AIZ den Anschlag mit der angeblich unerträglichen "Situation der mehrheit der menschen in peru". Das dortige , von Präsident Fujimoro errichtete System werde von den imperialistischen Staaten, so auch von den "brd-eliten in Wirtschaft und politik", unterstützt. Verbundenheit zu Verbunden fühlt sich die AIZ der kurdischen linksterroristischen PKK PKKundislamisowie der Peruanischen Kommunistischen Partei (PCP), da diese sehen Extremisten weltweit "organisiert und militant gegen den Imperialismus widerstand leisten". Besonders hervorgehoben werden "revolutionär-isla- Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 159 mische" Gruppierungen. Die AIZ habe den "islam als revolutionäre waffe in voller schärfe und Schönheit" kennengelernt. Zur Bekräftigung ihrer Verbundenheit würden Selbstbezichtigungsschreiben zu künftigen Anschlägen, wie bereits die jüngste Erklärung, mit "aktion Neue Gruppenkhaled kelkal - antiimperialistische zelle" unterzeichnet. Bei Khaled bezeichnung Kelkal handelt es sich um einen mutmaßlichen Verantwortlichen für die Sprengstoffanschläge auf verschiedene Pariser U-Bahn-Stationen im Sommer und Herbst. Er wurde am 29. September bei einem Schußwechsel mit französischen Sicherheitsbeamten getötet. 4.2 Reaktionen anderer Linksextremisten und Ausblick Die AIZ muß als besonders gefährliche terroristische Vereinigung anAIZ gefährliche gesehen werden. Die schweren Straftaten dieser Gruppe und die Terrorgruppe Ankündigung, weitere Anschläge auch gegen Personen zu verüben, unterstreichen die Bedrohung. Die AIZ ist zudem bemüht, andere militante Gruppen für ihre Ziele zu gewinnen und zu Anschlägen anzuleiten, um mit "eigenen widerstandsformen druck auf den brdstaat auszuüben". Daß die AIZ neue Anhänger gefunden hat, zeigt eine im Januar bekanntgewordene Erklärung der militanten Bonner Vereinzelte Gruppe "Jupp Messinger", die sich auf die "Genossinnen von der Akzeptanz Antiimperialistischen Zelle" beruft und wie die AIZ die Politik der EU der Alz insbesondere gegenüber Marokko angreift. Das Konzept der AIZ ist bei gewaltbereiten Autonomen und Antiimperialisten zunehmender Kritik ausgesetzt. In verschiedenen Erklärungen, wie z.B. der Frankfurter Gruppe "Kein Friede", der militanten Gruppe "Barbara Kistler" und in Szenezeitschriften, wird die AIZ scharf kritisiert und insbesondere wegen der bei ihren Aktionen in Massive Kritik Kauf genommenen Gefährdung Unbeteiligter abgelehnt. Noch deutan Alz licher ist die Kritik revolutionärer Marxisten. Im Organ der Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) vom 23. Februar heißt es u.a., die AIZ habe mit ihrer Selbstbezichtigung nach dem Anschlag am 22. Januar und der positiven Darstellung des angeblich revolutionär ausgerichteten Islam den Antiimperialismus zu Tode karikiert. Der islamische Fundamentalismus trage fremdenfeindliche und antisemitische Züge. In blinder Sucht nach Identifikationsspendern bejubele der Antiimperialismus der AIZ antiwestliche und möglichst gewalttätige Regierungen gerade in arabischen Ländern. Auch die militante Publikation radikal griff erstmals die AIZ in ihrer Ausgabe Nummer 153 scharf an. Darin wird betont, die Tötung von Menschen aus 160 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt politischen Motiven könne ein legitimes Mittel sein. So müsse jede Revolution "in irgend einem Stadium auch bewaffnet gegen die Machtträgerinnen des alten Systems vorgehen.." Die laxe Haltung der AIZ mit ihren "potentiell tödlichen Aktionen" schade jedoch "der Linken und ihrem Kampf für Befreiung und eine gerechte Gesellschaft". Abschließend heißt es: AIZ "überflüssig'' "Die AIZ ist nicht die militante Theorie und Praxis, die den 90er Jahren fehlt. Die AIZ ist zumindest überflüssig. Und wenn sie sich wie befürchtet weiterentwickelt, wird sie zu einem Problem der Linken. Weniger scharf kann es leider nicht gesagt werden." Die AIZ hat sich von dieser Kritik bisher kaum beeinflussen lassen. IhAnkündigung weire Ausführungen zu künftigen Anschlägen, die sie als "potentiell tödterer Anschläge liche Aktionen" dort durchführen will, "wo die eliten wohnen/arbeider AIZ ten" sind eindeutig. Mit weiteren Anschlägen muß deshalb auch in Zukunft gerechnet werden, wobei die AIZ den Aspekt der "Vermittelbarkeit" der Anschläge mehr und mehr vernachlässigen könnte. Es liegen keine Hinweise vor, daß die AIZ in Bayern über eine personelle und logistische Basis verfügt. 5. Revolutionäre Zellen (RZ) Die erstmals im Jahre 1972 in Erscheinung getretenen Revolutionären Zellen (RZ) sind unabhängig voneinander operierende Kleingruppen, die sich als antiimperialistisch und Sozialrevolutionär bezeichnen. Ihre Taktik besteht im allgemeinen darin, mit Anschlägen bei möglichst geringem Einsatz und Risiko möglichst hohen Sachschaden anzurichten, der nach ihrer Auffassung den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen mehr schadet als der Ausfall einer FühRZ-Angehöhge rungsperson. Im Gegensatz zu den Angehörigen der RAF-Kommannicht im Unterdoebene agieren die Mitglieder aus streng abgeschotteten Zellen grund heraus. Sie leben jedoch nicht im Untergrund und sind deshalb auch nicht darauf angewiesen, sich eine konspirative Logistik zu schaffen. Anschläge klassischer RZ waren in Bayern nicht zu verzeichnen. Allerdings deutet das am 18. Januar bei einer Sachbeschädigung an eiRZ-Nachahmer nem Schnellrestaurant in Passau festgestellte Kürzel "RZ" darauf in Bayern hin, daß sich die unbekannten Täter das Gedankengut der RZ zu eigen gemacht und entsprechend der Aufforderung der RZ "bildet viele RZ" eine sogenannte Resonanz-RZ gebildet haben. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 161 6. Frauengruppe Rote Zora Die aus den RZ abgespaltene autonome Frauengruppe Rote Zora hatte zuletzt in ihrem Grundsatzpapier "Mili's Tanz auf dem Eis" Anfang 1994 die Notwendigkeit "illegaler militanter Organisierung" bekräftigt und die Fortsetzung ihrer Anschläge angekündigt. Am 27. Juli verübten Anhängerinnen der Roten Zora einen SprengstoffAnschlag anschlag auf eine Werft in Lemwerder'bei Bremen, bei dem geringer auf Werft Sachschaden entstand. In einem Selbstbezichtigungsschreiben begründeten die Verfasserinnen die Tat u.a. mit der Lieferung von Schnellbooten an die Türkei. Daneben bezichtigten sie Deutschland, "das türkische Regime in seinem Krieg gegen die kurdische Bevölkerung" zu unterstützen. Den letzten Anschlag in Bayern hatten regionale Anhängerinnen der Roten Zora am 13. Juni 1994 auf eine Lebensmittelvertriebsfirma in Nürnberg verübt. In der damaligen Selbstbezichtigung hatten die unbekannten Verfasserinnen gegen die Asylgesetzgebung polemisiert. 7. Festnahme und Auslieferung des Terroristen Johannes Weinrich Am 1. Juni nahm die Polizei in der jemenitischen Hauptstadt Aden den mit internationalem Haftbefehl gesuchten terroristischen Gewalttäter Johannes Weinrich fest. Seine Auslieferung an deutsche Sicherheitsbehörden erfolgte am 4. Juni. Weinrich war Mitglied einer international operierenden terroristischen Gruppe um die Person lllich Ramires Sanchez genannt "Carlos", die sich zum Teil aus Mitgliedern und Unterstützern der terroristischen Gruppierungen Revolutionäre Zellen (RZ) und Rote Zora zusammensetzte. Carlos war im August 1994 in Khartum/Sudan festgenommen und an französische Behörden ausgeliefert worden. Gegen ihn bestanden mehrere Haftbefehle französischer Gerichte wegen Mordes und anderer Straftaten. Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten begründete den internationalen Haftbefehl gegen Weinrich mit seiner Beteiligung an einem versuchten Raketenanschlag auf ein israelisches Flugzeug am 13. JanuSchwere ar 1975 in Paris-Orly, dem Sprengstoffanschlag auf den Radiosender Straftaten "Radio Free Europe" (RFE) am 21. Februar 1981 in München, dem Sprengstoffanschlag auf den saudiarabischen Botschafter am 13. April 1983 in Athen und dem Sprengstoffanschlag auf das im französischen Generalkonsulat in Berlin untergebrachte "Maison de France" am 25. August 1983. 162 Spionageabwehr 5. Abschnitt Spionageabwehr 1. Ausgangslage Auch nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks gehört Spionage keineswegs der Vergangenheit an. Nach wie vor versuchen vor allem frühere Ostblockstaaten sowie Länder des Nahen, Mittleren und Fernen Ostens, Informationen aus Politik, Wirtschaft und Technologie zu gewinnen. Zugenommen hat vor allem Schwerpunkt die Wirtschaftsspionage. Deutschland und speziell Bayern sind hier Wirtschaftsals Sitz bedeutender High-Tech-Unternehmen bevorzugtes Ausspäspionage hungsziel für Länder, deren Wirtschaft mit unseren Unternehmen konkurriert und für Staaten, die versuchen, technologischen Rückstand aufzuholen. Begünstigt werden die Aktivitäten fremder Nachrichtendienste durch die Öffnung der Grenzen, den internationalen Reiseverkehr und den oft weltweiten Verbund der Datensysteme. Seit dem Ende des Kalten Krieges haben sich die Methoden der SpioNeue Methoden nage teilweise geändert. Statt des aggressiven Vorgehens, wie z.B. der Informationsder Gewinnung von Informanten durch Nötigung und psychischen gewinnung Druck, wird zunehmend versucht, Informationen über gesellschaftliche Kontakte und harmlos erscheinende Gespräche zu gewinnen. Für manche Staaten ist es kein Widerspruch, sich im Rahmen der politischen Annäherung auf verschiedenen Gebieten um Zusammenarbeit und Unterstützung zu bemühen, gleichzeitig aber Deutschland weiterhin auszuspähen. Ungarn und die Tschechische Republik haben offiziell erklärt, künftig auf jegliche Spionagetätigkeit gegen Deutschland zu verzichten; gegenteilige Erkenntnisse wurden nicht gewonnen. 2. Die Nachrichtendienste Rußlands NachrichtendienMit sieben Nachrichtenund Sicherheitsdiensten, die mit unterste wiedererstarkt schiedlicher Gewichtung fast alle im Inund Ausland operieren, besitzt Rußland zwischenzeitlich wieder einen der größten und mäch- Spionageabwehr 163 tigsten Geheimdienstapparate der Welt. Die bedeutendsten Dienste sind SWR, FSB, GRU und FAPSI. Der russische Auslandsnachrichtendienst (SWR) ist der Tradition vorTradition der angegangener Dienste treu geblieben. Dessen bisheriger Leiter PriUdSSR-Dienste makow, jetzt russischer Außenminister, erklärte im Mai, er halte Spionage für unverzichtbar. Sie sei ein notwendiges Instrument, mit dem eine Reihe wichtiger Aufgaben gelöst werden könne: "Die wichtigste Aufgabe des Geheimdienstes war und wird aber sein Beitrag zur Erhöhung des Verteidigungspotentials und zur Beschleunigung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung Rußlands bleiben." Der Inlandsnachrichtendienst FSB, vormals FSK, erhielt wesentlich Ausweitung der mehr Aufgaben und Kompetenzen, unter anderem durch die ZuKompetenzen ständigkeit zur Bekämpfung von Proliferation und Organisierter Kriminalität. Er ist befugt, in eigener Zuständigkeit Ermittlungsund Strafverfolgungsmaßnahmen durchzuführen und verfügt über eigene Gefängnisse. Zu diesem Zweck wurde ihm unter anderem auch die Anti-Terror-Einheit "ALPHA" zugeordnet. Neben seiner Zuständigkeit für die zivile Spionageabwehr, die innere Sicherheit der Streitkräfte sowie der anderen russischen Sicherheitsdienste ist der FSB nun befugt, im Interesse der russischen Wirtschaft auch Auslandsaufklärung zu betreiben. Der militärische Aufklärungsdienst GRU blieb seit Auflösung der UdSSR nahezu unangetastet. Sein Aufgabenprofil wurde in den letzten Jahren erweitert. So betätigt sich dieser Dienst nicht mehr nur in Bereichen der militärspezifischen Informationsbeschaffung, sondern versucht, auch in zivile Aufklärungsbereiche vorzudringen. Hierbei ist er besonders an wirtschaftlichen sowie wissenschaftlich-technologischen Informationen interessiert. Bevorzugtes Interesse gilt den Entwicklungssowie Forschungsdaten und den Produkten mit ziviler und militärischer Anwendungsmöglichkeit (Dual-Use-Products). Der für Chiffrierung, Fernmeldeund elektronische Aufklärung zuständige Nachrichtendienst FAPSI konnte seine Bedeutung innerhalb FAPSI: Dienstleider Dienste stärken und ausbauen. So stellt der Dienst seine Fernstungsunternehmeldenetze, die mit modernster westlicher Technik bestückt sind, men und Nachauch Dritten zur Verfügung und ist zugleich Genehmigungsbehörde richtendienst in für Fernmeldeanlagen. Er hat damit als Dienstanbieter den direkten einem 164 Spionageabwehr Zugang zum Netz und zu den übermittelten Informationen. Aufgrund seiner rechtlichen und technischen Stellung ist dieser Fernmeldedienst in der Lage, alle auf seinen Netzen übermittelten Informationen, z.B. Angebote, Leistungsdaten, personenbezogene Daten, Verhandlungspositionen in Rußland tätiger bayerischer Firmen, mitzuschneiden. Vertrauliche Informationen sollten deshalb nicht offen auf fremden Netzen übermittelt werden. 3. Sonstige Nachrichtendienste des ehemaligen Ostblocks 3 1 Polen Die kurz nach der Wende neu strukturierten Nachrichtendienste Polens - der zivile Nachrichtenund Sicherheitsdienst UOP und der militärische Nachrichtendienst WSI - unterhalten nach wie vor an den diplomatischen und konsularischen Vertretungen in Deutschland Interesse an nachrichtendienstlich besetzte Residenturen. Welchen Stellenwert der Ausspähung Polen der Ausspähung Deutschlands zumißt, zeigt die Errichtung Deutschlands einer ausschließlich auf Deutschland gerichteten Organisationseinheit bei dem UOP. Von besonderem Interesse für die Dienste Polens sind Aktivitäten der dort lebenden Deutschstämmigen und deren Kontakte nach Deutschland. Der Wunsch nach Aufnahme in NATO und EU dürfte Polen zu einer gewissen Zurückhaltung bei der Aufklärung veranlassen. 3.2 Rumänien Im heutigen Rumänien operieren mindestens sechs verschiedene Nachrichtendienste, die teils miteinander konkurrieren; prowestliche Strömungen arbeiten gegen östlich orientierte, nationalistisch-kommunistische Kräfte. Bei ihrer Neustrukturierung wurde überwiegend Kaum veränderte auf die Kader des früheren Geheimdienstes SECURITATE zurückgeMachtder griffen. Die Furcht vor der Allmacht der Dienste hat in der rumäniGehelmdienste sehen Gesellschaft offenbar nur wenig gegenüber den Zeiten der früheren SECURITATE nachgelassen. Die diplomatischen und konsularischen Vertretungen Rumäniens in Deutschland unterhalten stark besetzte nachrichtendienstliche Residenturen. Spionageabwehr 165 Sowohl der Auslandsdienst SIE als auch der militärische Aufklärungsdienst DIM haben den Auftrag, Informationen über Deutschland zu sammeln. Dem SIE obliegt dabei vornehmlich die Aufklärung mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Technik und Wissenschaft. Der DIM hingegen steuert den Auslandseinsatz der Militärattaches an den rumänischen Auslandsvertretungen. Rumänien ist an einer Annäherung an EU und NATO interessiert. Dieser Prozeß soll nicht durch zu offensive und damit erkennbare Aktivitäten rumänischer Nachrichtendienste gestört werden. So hat der Leiter des rumänischen Auslandsnachrichtendienstes SIE vor kurzem versichert, daß gegen Deutschland von deutschem Boden aus nicht mehr operativ vorgegangen werde. Es gibt jedoch erhebliche Zweifel an dieser Erklärung, da die rumänischen Dienste an ihren Widerspruch zwioffiziellen Vertretungen in Deutschland personalstarke nachrichtenschen Erklärungen dienstliche Residenturen unterhalten. Ihnen obliegt auch die Inforund Wirklichkeit mationsbeschaffung durch offene Gesprächsaufklärung und die Nutzung von frei zugänglichen Informationszentren. 3.3 Bulgarien Die Republik Bulgarien unterhält seit 1993 zwei Auslandsnachrichtendienste, - den zivilen Nachrichtendienst NIS und - den militärischen Nachrichtenund Sicherheitsdienst RUMNO. Beide Dienste sind auch weiterhin an den diplomatischen und konsularischen Vertretungen Bulgariens in der Bundesrepublik Deutschland vertreten. Ihre Interessen richten sich weiterhin vorwiegend auf Beobachtung bulgarische Emigranten, aber auch auf die deutsche Wirtschaft. von Emigranten 4. Nachrichtendienstliche Bedrohung aus dem Nahen, Mittleren und Fernen Osten 4.1 Allgemeines Die Aktivitäten der Nachrichtendienste des Nahen und Mittleren Ostens sowie der Volksrepublik China in Deutschland haben nicht Zunehmende nachgelassen. Sie bemühen sich weiterhin intensiv um die BeschafBedrohung fung politischer, wirtschaftlicher und militärischer Informationen. Die 166 Spionageabwehr Länder Iran, Syrien, Irak und Libyen verfügen über eine Vielzahl verschiedener Nachrichtendienste, die in Deutschland legal und illegal Residenturen unterhalten. Zu den Aufgaben dieser Nachrichtendienste gehört auch die Ausspähung und Überwachung oppositioneller Emigranten in Deutschland. Einen weiteren Schwerpunkt der Tätigkeiten der Nachrichtendienste dieser Staaten bildet der für die jeweiligen nationalen Rüstungsprogramme erforderliche (illegale) Technologieund Gütertransfer. 4.2 Iran Im Bereich der Auslandsaufklärung des Iran konnten folgende Schwerpunkte festgestellt werden: - Beobachtung und Ausforschung der iranischen Opposition, - Beschaffung von Rüstungstechnologie und High-Tech-Wissen, - Propagierung der im Iran praktizierten schiitisch-islamischen Herrschaftsund Gesellschaftsform (Revolutionsexport), - Ausforschung der Politik (Erstellung von Meinungsbildern, Beobachtung von iranbezogenen Veröffentlichungen). Es gibt eindeutige Anhaltspunkte, daß insbesondere der Iran erhebliUmgehung der che Anstrengungen unternimmt, Exportbeschränkungen zu umgeExportbeschränhen und verbotene Waren zu beschaffen. Bei der Beschaffung von kungen sensiblen Rüstungsgütern, insbesondere westlicher Herkunft, nutzt der Iran Drittstaaten als Transitländer, um den Endverbleib zu kaschieren. Es ist davon auszugehen, daß darüber hinaus weitere, bisher noch nicht erkannte Institutionen, Unternehmen oder Organisationen für die verschleierte Beschaffung benutzt werden. 4.3 Irak Die nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Irak werden aus seiner Legalresidentur in Bonn gesteuert. Besonders hohes Interesse beBeschaffung von steht an High-Techund Rüstungsgütern sowie an der Abklärung High-Techund von in Deutschland lebenden irakischen Staatsangehörigen. Die illeRüstungsgütern gale Beschaffung von Technologie ist jedoch aufgrund des bestehenden Embargos gegen den Irak erheblich behindert. Spionageabwehr 167 4.4 Libyen Deutschland ist auch für die libyschen Nachrichtendienste ein attraktives Operationsgebiet. Ihre Aktivitäten steuern sie aus getarnten Stützpunkten in den amtlichen und halbamtlichen Vertretungen. Ein weltweit operierendes Netz von Einzelfirmen wird in starkem Erwerb von WafMaß für den Erwerb von Technologie für A-, B- und C-Waffen gefentechnologie nutzt. Neben der illegalen Beschaffung von Rüstungsgütern und über Firmennetz Hochleistungstechnologie besteht die Hauptaufgabe in der Aufklärung, Ausforschung und Überwachung von hier lebenden Landsleuten, die dem politischen System in ihrem Heimatland kritisch gegenüberstehen. 4.5 Syrien Syrien verfolgt ähnliche Ziele wie Libyen. Dazu unterhalten die syrischen Nachrichtendienste hier Stützpunkte, aus denen heraus sie ihre Aktivitäten planen und steuern. In ihrer Arbeitsweise gehen sie zum Teil genauso rigoros vor wie die als Vorbild dienenden ehemaligen Dienste der Ostblockstaaten. Bei der Anwerbung von InformanRigorose Agententen greifen sie auf Druckmittel zurück, wie die Androhung von Regewinnung pressalien gegenüber in Syrien lebenden Angehörigen oder das Verbot der Einreise ins Heimatland, falls eine nachrichtendienstliche Mitarbeit verweigert wird. 4.6 Pakistan Pakistan betreibt neben einem zivilen auch ein militärisches NuklearA-Waffenprogramm. Ziel ist die Beherrschung des nuklearen BrennstoffkreisProgramme laufs. Dazu bemüht sich das Land intensiv um die Beschaffung der notwendigen Technologien und Grundstoffe. Es nutzt ein weitverzweigtes Beschaffungsnetz, in das eine Vielzahl von unauffälligen Unternehmen und Institutionen eingebunden ist, die sich um Kontakte zu deutschen Firmen bemühen. 4.7 Volksrepublik China Das Ministerium für Staatssicherheit der Volksrepublik China (MSS) hat neueren Erkenntnissen zufolge im letzten Jahrzehnt seine Personalstärke verdoppelt. Die Aufklärungsmaßnahmen sind sehr langfri- 168 Spionageabwehr stig angelegt. Die Werbung von Agenten geschieht vielfach auf die "sanfte Art", weniger durch Druck als durch die Gewährung von Vorteilen. Das Auslandspersonal ist angehalten, alles an Informationen zu sammeln, was ohne besondere konspirative Anstrengungen beschafft werden kann. In erster Linie gilt das für Informationen aus dem wirtschaftlichen und technisch-wissenschaftlichen Bereich. Der Gewinnung von möglichst vielen Informationen in Gesprächen und gesellschaftlichen Kontakten wird dabei Priorität eingeräumt. Hierfür eignen sich insbesondere Landsleute, die als Studenten, Doktoranden oder Praktikanten Zugang zu deutschen Unternehmen erhalten. Aufholjagd mit Das MSS ist gehalten, aktiv an der Verwirklichung des "Programms Hilfe der Wirtder Vier Modernisierungen" mitzuwirken, mit dessen Hilfe die Volksschaftsspionage republik China versucht, bis zum Jahr 2000 auf den Gebieten der Wissenschaft, Technik, Industrie und Landesverteidigung mit den wichtigsten Ländern der Erde gleichzuziehen. 5. Nachrichtendienste der ehemaligen DDR Die Aufarbeitung von Informationen über die Aktivitäten der ehemaligen DDR-Dienste kann für Bayern als weitgehend abgeschlossen gelten. Verurteilung von Mehrere Spionagefälle fanden im Jahre 1995 ihren Abschluß durch Agenten Gerichtsverfahren. Hervorzuheben ist der Fall eines 57jährigen Diplomvolkswirts, der durch eine über 25 Jahre dauernde nachrichtendienstliche Beziehung beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden verursacht hat. Durch seinen Verrat gelangte die DDR in den Besitz von EDV-Hardund Software sowie Informationen zu Software-Entwicklungen. Zu diesem Zwecke fanden seit 1972 bis Ende 1989 über 50 Treffen in der damaligen DDR und in verschiedenen Ländern statt. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat den Bundesbürger im Oktober wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu einem Jahr und drei Monaten Freiheitsentzug - zur Bewährung ausgesetzt - verurteilt. Auch bei der Aufarbeitung dieses Falles bestätigte sich, daß nachrichtendienstliche Beziehungen des MfS teilweise vom sowjetischen Spionage im AufKGB geführt wurden oder zumindest in seinem Interesse lagen. Als trag des KGB das Ende der DDR nahte, bemühten sich die früheren sowjetischen Dienste, noch eigene Verbindungen und Strukturen aufzubauen. Sie übernahmen dazu auch MfS-Agenten. Spionageabwehr 169 6. Ausblick Die Einschätzung, daß Hauptziel der Spionage zunehmend die Wirtschaft ist, hat sich weiter verfestigt. Die Bedingungen für nachrichtendienstliche Ausforschung waren wohl noch nie so günstig wie heute. Der Wegfall der strengen Abschottung zwischen Ost und West, die gegenseitige Öffnung der Märkte und das Bemühen um Zusammenarbeit auf allen Ebenen - in der Wirtschaft angefangen von Joint Ventures bis hin zu gemeinsamen Projekten - ermöglichen einen umfassenden Informationsfluß, den die Nachrichtendienste nutzen. Um so sensibler müssen Wirtschaft und Wissenschaft sein, um zumindest Kernbereiche des Know-how und der Forschung abzusichern. Nur so kann vermieden werden, daß zugunsten kurzfristiger geschäftlicher Erfolge die Perspektiven für die Zukunft geopfert werden, zu denen vor allem die Konkurrenzfähigkeit unserer bayerischen exportorientierten Wirtschaft und unserer Wissenschaft gehöGefährdung des ren. Wirtschaft und Sicherheitsbehörden müssen zusammenarbeiWirtschaftsstandten, um den Standort Deutschland und Bayern gegen nachrichtenorts Deutschland dienstlich gesteuerte Wirtschaftsspionage zu sichern - im Interesse durch wirtschaftsder Erhaltung von Arbeitsplätzen. Spionage 170 Organisierte Kriminalität 6. Abschnitt Organisierte Kriminalität Aufgabe des VerAls einzige Verfassungsschutzbehörde in Deutschland ist das Bayerifassungsschutzes sche Landesamt für Verfassungsschutz gesetzlich mit der Beobachtung von Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität beauftragt. Seit 1. August 1994 sammelt und bewertet das Landesamt sachund personenbezogene Informationen, die insbesondere zur Aufdeckung krimineller Strukturen und deren Zusammensetzung führen sollen. Gerade bei der langfristigen Aufklärung von Strukturen hat der Verfassungsschutz wegen seiner größeren Freiheit (Opportunitätsprinzip statt Legalitätsprinzip) mehr Chancen als die Polizei. Bei der langfristigen Strukturaufklärung fallen auch kurzfristig verwertbare Erkenntnisse über kriminelles Handeln an, die unmittelbar an die Polizei und die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden können. Dies Erfolgreiche ist ein weiterer positiver Aspekt. In rund 30 solchen Fällen hat das Tätigkeit Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz Erkenntnisse weitergeleitet. Die Fälle betrafen insbesondere Rauschgiftdelikte, Falschgeldverbreitungen und internationale Waffenschiebereien. Mit Hilfe der Informationen des Verfassungsschutzes und eigener fortführender Ermittlung konnten Polizei und Staatsanwaltschaft in Bayern schon mehr als 20 Personen festnehmen, u.a. fünf Mitglieder einer ukrainischen Mafia-Organisation. Dabei tritt der Verfassungsschutz nicht in Konkurrenz zu Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern wirkt unterstützend bei der Aufklärung Keine Konkurrenz von Sachverhalten mit. So ist das Bayerische Landesamt für Verfaszur Polizei sungsschutz grundsätzlich bestrebt, sachdienliche Hinweise den Exekutivbehörden möglichst frühzeitig zur Verfügung zu stellen; ein Zugang zu verdeckt operierenden Gruppen kann jedoch meist nur über eine systematische und langfristige Beobachtung der bekanntgewordenen Mitglieder gewonnen werden. Dabei kommen dem Verfassungsschutz bei seiner Tätigkeit nicht nur das Opportunitätsprinzip, sondern auch seine großen Erfahrungen im Umgang mit konspirativen Verhaltensweisen seiner Gegner zugute. Organisierte Kriminalität 171 Die Ausgangsinformationen für die Ermittlungen des Landesamts fallen oft bei der Erfüllung anderer Aufgaben, insbesondere der Spionageabwehr, an oder stammen von befreundeten Diensten aus dem Ausland, zu deren Aufgaben praktisch in ganz Europa inzwischen auch die Beobachtung der Organisierten Kriminalität gehört. Diesen Hinweisen kann das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz nun mit den gleichen gesetzlichen Mitteln und Methoden, mit denen es seine bisherigen Aufgaben erfüllt, nachgehen. Anderen Verfassungsschutzbehörden in Deutschland ist dies noch immer verwehrt. Diese Aufgabe muß allen Verfassungsschutzbehörden übertragen werden. Eine Zusammenarbeit mit dem Bund und den Bundesweite anderen Ländern würde den Einsatz des Verfassungsschutzes gegen Aufklärung die Organisierte Kriminalität noch wirksamer machen. erforderlich Zwei Beispiele zeigen die Arbeit des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz in diesem Bereich: Beispiel 1: Ein ausländischer Kaufmann, der seit einigen Jahren in einer bayerischen Großstadt ansässig und Inhaber einer kleinen Firma für Güter des täglichen Bedarfs war, betrieb in Wirklichkeit schwungvollen Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoff. Die "bestellten" Waren stammten vornehmlich aus dem ehemaligen Ostblock und wurden auf Umwegen über Drittstaaten nach Südosteuropa geliefert. Der Fall wurde nach langwierigen und umfangreichen Abklärungen des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz an die Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgegeben. Beispiel 2: Von einer Quelle des Landesamts kam der Hinweis auf einen international operierenden Ring, der in großem Stil Falschgeld (DM, US-Dollars, Francs) verbreite. Im Zusammenwirken inund ausländischer Sicherheitsbehörden konnte dieser kriminellen Organisation das Handwerk gelegt werden. Der Schwerpunkt des Informationsaufkommens und der damit verSchwerpunkte bundenen Sachbearbeitung durch das Bayerische Landesamt für der Aufklärung Verfassungsschutz lag im Berichtszeitraum wiederum bei der söge- 172 Organisierte Kriminalität nannten "Ost-Mafia", also bei Gruppierungen aus dem ehemaligen kommunistischen Machtbereich: So stammen über 50 Prozent der Verdachtspersonen aus Rußland, der Ukraine und den übrigen Staaten der GUS. Die Erkenntnislage zeigt auch, daß die Organisierte Kriminalität in Bayern von ausgeprägten internationalen Verflechtungen und einer starken Präsenz ausländischer Verdächtiger gekennzeichnet ist. Der Anteil von Nichtdeutschen unter den Verdächtigen liegt mit etwa 50 % weit über dem der Gesamtkriminalität (ca. 30 %). Während die Zahl der deutschen Verdächtigen leicht rückläufig ist, nimmt die der nichtdeutschen und insbesondere die der ostund südosteuropäischen auffällig zu. Besonders ausgeprägt war diese Zunahme bei Staatsangehörigen aus den GUS-Staaten, aus Tschechien, der Slowakei, aus Rest-Jugoslawien und Rumänien. 173 Anhang 174 Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen Mitglieder | 120.000 Ausländische Extremisten Linksextremisten Rechtsextremisten 100.000 Deutschland 80.000 Die Republikaner 1994 erstmals erfaßt 60.000 Die Kurve beruht auf Zahlen des Bundesamts für Verfassungsschutz, 40.000 das von Mitgliedern der PDS nur die der Kommunistischen Plattform 20.000 I (KPF) erfaßt. Die Zahlen für 1995: PDS Bund insgesamt 0 121.000, KPF 5.000 1986 87 89 90 91 92 93 94 95 Mitglieder 14.000 "*"* Ausländische Extremisten 13.300 Linksextremisten 12.000 Rechtsextremisten \ Bayern 10.000 9.900 8.500 8.000 / 7.585* 6.000 4.130 \--* 4.000 % 3 640 2.000 * Die Republikaner 1994 0 erstmals erfaßt 1986 87 88 89 90 91 92 93 94 95 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 175 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Vom 24. August 1990 (GVBl S. 323, BayRS 12-1-1) Geändert durch Art. 38 Abs. 6 Bayerisches Datenschutzgesetz vom 23. Juli 1993 (GVBl S. 498) und Gesetz vom 8. Juli 1994* (GVBl S. 551) Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chanhiermit bekanntgemacht wird: cengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. I. Abschnitt Organisation und Aufgaben (3) Organisierte Kriminalität ist die von Gewinndes Verfassungsschutzes oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung Art. 1 sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere Organisation des Verfassungsschutzes, oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden Verhältnis zur Polizei - unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähn(1) 'Zum Schutz der freiheitlichen demokratischen licher Strukturen oder Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder besteht in Bayern ein Landes- - unter Anwendung von Gewalt oder durch entspreamt für Verfassungsschutz. 2Es dient auch dem Schutz chende Drohung oder vor Organisierter Kriminalität. - unter Einflußnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft. (2) 'Freiheitliche demokratische Grundordnung nach Absatz I ist eine Ordnung, die unter Ausschluß (4) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz ist eine jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsdem Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgestaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der ordnete Behörde. -Das Landesamt und Dienststellen Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der der Polizei dürfen einander nicht angegliedert werden. jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit 'Dem Landesamt für Verfassungsschutz steht ein Weidarstellt. 2Zu den grundlegenden Prinzipien dieser sungsrecht gegenüber Dienststellen der Polizei oder Ordnung gehören mindestens: Die Achtung vor den im die Befugnis zu polizeilichen Maßnahmen nicht zu. Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und Art. 2 freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die GewaltenZuständigkeit teilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die (1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die gesetzlich festgelegten Aufgaben zu erfüllen. 2Dazu * in Kraft getreten am 1. August 1994 gehört auch die Zusammenarbeit Bayerns mit dem 176 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Bund und den anderen Ländern in Angelegenheiten 2. an der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an des Verfassungsschutzes. sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt (2) Verfassungsschutzbehörden der anderen Länder sind oder beschäftigt werden sollen, dürfen in Bayern nur im Einvernehmen mit dem Lan3. an technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz desamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen, Gesetzes tätig werden. die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig sind, gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, Art. 3 mitzuwirken. Aufgaben (1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Aufgabe, amtliche Auskünfte zu erteilen 1. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgeset1. im Rahmen der Überprüfung der Verfassungstreue zes, die gegen die freiheitliche demokratische von Personen, die sich um Einstellung in den Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des öffentlichen Dienst bewerben, Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine 2. nach Maßgabe der Art. 14 und 15. ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, II. Abschnitt 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche TäAllgemeine Befugnisse und Datenverarbeitung tigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht, Art. 4 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des GrundgesetAllgemeine Befugnisse zes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige BeErfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz die lange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, dazu erforderlichen Informationen einschließlich per4. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten sonenbezogener Daten auch ohne Kenntnis der betrofKriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes fenen Gruppierung oder Person erheben und in Akten zu beobachten; solche Bestrebungen und Tätigkeiten und Dateien verarbeiten, diese Informationen nutzen können von Gruppierungen oder Einzelpersonen aussowie aus Akten und Dateien übermitteln, soweit nicht gehen. ; Das Landesamt hat in Erfüllung dieser Aufganachfolgend besondere Bestimmungen gelten. be Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf, solche Bestrebungen oder Tätigkeiten zu sammeln und soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, an einer auszuwerten. 'Die notwendige Koordinierung mit den Überprüfung nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 nur mitanderen Sicherheitsbehörden und den Strafverfolwirken und nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 nur Auskunft gungsbehörden wird in Richtlinien des Staatsministerierteilen, wenn die betroffene Person von der Durchums des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsminiführung der Überprüfung Kenntnis hat; werden der sterium der Justiz geregelt. 4Über diese Richtlinien Ehegatte, der Verlobte oder die Person, mit der die wird die Parlamentarische Kontrollkommission gemäß betroffene Person in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Art. 20 Abs. 1 Satz 1 unterrichtet. in die Überprüfung mit einbezogen, so ist auch deren Kenntnis erforderlich. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die (3) 'Sind für die Erfüllung einer Aufgabe verschieAufgabe, dene Maßnahmen geeignet, so hat das Landesamt für 1. an der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die die betrofim öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige fene Gruppierung oder Person voraussichtlich am Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anverwenigsten beeinträchtigt. ; Eine Maßnahme unterbleibt, traut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder wenn sie einen Nachteil herbeiführt, der erkennbar ihn sich verschaffen können, außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 177 Art. 5 (4) 'Der verdeckte Einsatz besonderer technischer Erhebung personenbezogener Daten Mittel zur Informationsgewinnung im Schutzbereich des Art. 13 des Grundgesetzes in Abwesenheit einer 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf persofür die Verfassungsschutzbehörde tätigen Person ist nenbezogene Daten erheben, soweit das zur Erfüllung unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes seiner Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. der Verhältnismäßigkeit gemäß Absatz 3 nur zulässig, ; Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 Abs. 3 wenn Nr. 1 darf das Landesamt für Verfassungsschutz personenbezogene Daten jedoch nur im Rahmen von Nach1. die materiellen Voraussetzungen für einen Eingriff ermittlungen erheben, soweit das zur Überprüfung von in das Brief-, Postoder Fernmeldegeheimnis nach Informationen erforderlich ist, die bei den VerfasSS 1 Abs. 1 und SS 2 Abs. 1 des Gesetzes zur sungsschutzbehörden bereits vorliegen. Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz) vom 13. August 1968 (BGBl I S. 949), zuletzt geändert Art. 6 durch Gesetz vom 27. Mai 1992 (BGBl I S. 997), in Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel der jeweils geltenden Fassung vorliegen oder (1) 'Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem 2. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht vorlieGesetz darf das Landesamt für Verfassungsschutz auch gen, daß jemand Bestrebungen nach Art. 3 Abs. 1 nachrichtendienstliche Mittel anwenden. 2Sie dienen Satz 1 Nrn. 1 oder 3 durch die Planung oder Begeder verdeckten Informationsgewinnung und der hung von Straftaten nach SSSS 129, 130 oder 131 des Sicherheit des Landesamts für Verfassungsschutz und Strafgesetzbuchs (StGB) verfolgt oder seiner Mitarbeiter. 'Nachrichtendienstliche Mittel sind 3. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht besteMaßnahmen zur Tarnung, der Einsatz geheimer Mitarhen, daß jemand Bestrebungen oder Tätigkeiten beiter und andere Maßnahmen, die verbergen sollen, nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 durch die Planung daß das Landesamt für Verfassungsschutz Informatiooder Begehung von Straftaten nach SS 100a der Strafnen erhebt. 4Bei Sicherheitsüberprüfungen (Art. 3 prozeßordnung (StPO), SSSS 261, 263 bis 265, 265b, Abs. 2 Nrn. 1 und 2) darf das Landesamt für Verfas266, 267 bis 273, 331 bis 334 StGB oder SS 92 sungsschutz nur das nachrichtendienstliche Mittel der Abs. 2 des Ausländergesetzes (AuslG) verfolgt Tarnung von Mitarbeitern anwenden. und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Wei(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf perse aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2Der sonenbezogene Daten nach Art. 5 durch Anwendung verdeckte Einsatz besonderer technischer Mittel darf nachrichtendienstlicher Mittel erheben, wenn sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund von Tatsachen anzuneh1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder men ist, daß sie für den Verdächtigen bestimmte oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 vorliegen oder auf von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen diese Weise Erkenntnisse über Nachrichtenzugänge oder weitergeben oder daß der Verdächtige sich in gewonnen werden können oder ihrer Wohnung aufhält. 'Für das Verfahren beim Ein2. das zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtunsatz der Mittel nach Satz 1 gelten die für Verfassungsgen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des schutzbehörden der Länder maßgeblichen BestimmunLandesamts für Verfassungsschutz gegen sichergen des Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz und des heitsgefährdende oder geheimdienstliche TätigkeiGesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 ten erforderlich ist. Grundgesetz vom 11. Dezember 1984 (GVB1 S. 522), zuletzt geändert durch Art. 23 des Gesetzes vom (3) 'Personenbezogene Daten dürfen durch Anwen24. August 1990 (GVB1 S. 323), in der jeweils geltendung nachrichtendienstlicher Mittel nur erhoben werden Fassung entsprechend. "Erkenntnisse und Unterladen, wenn die Daten nicht auf eine andere geeignete gen, die durch Maßnahmen nach Satz 1 gewonnen Weise gewonnen werden können, die die betroffene wurden, dürfen zur Verfolgung und Erforschung der Person weniger beeinträchtigt. 2Die Anwendung nachdort genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten sowie richtendienstlicher Mittel darf nicht erkennbar außer nach Maßgabe des SS 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Art. 10 Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden SachverGrundgesetz verwendet werden. halts stehen. 'Sie ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich ergibt, daß er nicht (5) Die Zulässigkeit von Maßnahmen nach dem oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz bleibt unberührt. 178 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Art. 7 Art. 8 Speicherung und Veränderung Berichtigung und Löschen von Daten personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in (1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz persoberichtigen, wenn sie unrichtig sind; in Akten die zu nenbezogene Daten in Dateien speichern und veräneiner bestimmten Person geführt werden, ist dies zu dern, wenn vermerken. 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. I vorliegen oder in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen wenn ihre Speichcrung nach Art. 7 unzulässig 2. dies für die Erforschung und Bewertung von war oder ihre Kenntnis für die Erfüllung seiner gesetzBestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 lich festgelegten Aufgaben nicht mehr erforderlich ist; erforderlich ist oder Akten, die zu einer bestimmten Person geführt werden, 3. das Landesamt für Verfassungsschutz nach Art. 3 sind unter diesen Voraussetzungen zu vernichten. 2Ob Abs. 2 an Überprüfungen mitwirkt. die Voraussetzungen der Löschung und Vernichtung nach Satz 1 vorliegen, ist bei jeder Einzelfallbearbei- 2 In den Fällen des Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 dürfen personentung und nach festgesetzten Fristen zu entscheiden. bezogene Daten in Dateien nur gespeichert werden, 'Die Löschung oder Vernichtung unterbleibt, wenn wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen Grund zu der Annahme besteht, daß durch sie oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 vorliegen. schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. 4In diesem Fall sind die Daten (2) 'Personenbezogene Daten über das Verhalten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der einer Person vor Vollendung des 14. Lebensjahres dürbetroffenen Person übermittelt werden. fen nicht in Dateien gespeichert werden. 2Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach (3) 'Für die Archivierung gelten die Vorschriften Vollendung des 14. und vor Vollendung des 16. Ledes Bayerischen Archivgesetzes. 2Die Anbletungsbensjahres sind zwei Jahre nach dem Verhalten zu pflicht bestimmt sich nach Maßgabe der nach Art. 6 löschen, es sei denn, daß weitere Erkenntnisse im Sinn Abs. 2 BayArchivG abzuschließenden Vereinbarung. des Art. 3 Abs. 1 angefallen sind. 'Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach VollenArt. 9 dung des 16. und vor Vollendung des 18. LebensjahErrichtungsanordnung res sind zwei Jahre nach dem Verhalten auf die Erforderlichkeit der Speicherung in Dateien zu überprüfen (1) 'Für den erstmaligen Einsatz einer automatisierund spätestens fünf Jahre nach dem Verhalten zu ten Datei, in der personenbezogene Daten verarbeitet löschen, es sei denn, daß weitere Erkenntnisse im Sinn werden, hat das Landesamt für Verfassungsschutz in des Art. 3 Abs. 1 angefallen sind über ein Verhalten einer Errichtungsanordnung, die der Zustimmung des nach Eintritt der Volljährigkeit. 4Für Akten, die zu Staatsministeriums des Innern bedarf, festzulegen: einer minderjährigen Person geführt werden, gelten 1. Bezeichnung der Datei, die vorstehenden Prüfungsund Löschungsfristen entsprechend. 2. Zweck der Datei, 3. Betroffener Personenkreis, 4. Art der zu speichernden Daten, (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die 5. Eingabeberechtigung, Dauer der Speicherung in Dateien und in Akten, die zu 6. Zugangsberechtigung, einer bestimmten Person geführt werden, auf das Maß1 7. Regelmäßige Übermittlungen, festzulegen, das zur Erfüllung seiner Aufgabe nach 8. Überprufungsfristen, Speicherungsdauer, diesem Gesetz erforderlich ist. 9. Protokollierung des Abrufs. 2 Nach der Zustimmung des Staatsministeriums des (4) Werden Bewertungen über Betroffene gespeiInnern ist die Errichtungsanordnung dem Landesbeaufchert, muß erkennbar sein, wer die Bewertung vorgetragten für den Datenschutz unverzüglich mitzuteilen. nommen hat und wo die Informationen gespeichert 'Entsprechendes gilt für wesentliche Änderungen des sind, die der Bewertung zugrunde liegen. Verfahrens. Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 179 (2) Die Zustimmung des Staatsministeriums des (4) 'Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf Innern darf nur erteilt werden, wenn die Speicherung keiner Begründung. -Wird die Auskunftserteilung personenbezogener Daten auf das erforderliche Maß abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage beschränkt ist. für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, daß er sich hinsichtlich der Verarbeitung perso(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in nenbezogener Daten an den Landesbeauftragten für angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiden Datenschutz wenden kann. 'Dem Landesbeaufterführung oder Änderung seiner Dateien zu prüfen. tragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das Staatsministerium des Innern im Einzelfall feststellt, daß dadurch die Art. 10 Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet Geltung des Bayerischen Datenschutzgesetzes würde. 'Mitteilungen des Landesbeauftragten an den Bei der Erfüllung der gesetzlich festgelegten AufBetroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Kenntgaben durch das Landesamt für Verfassungsschutz finnisstand des Landesamts für Verfassungsschutz zulasden die Art. 10 bis 13, 15 bis 23 und 26 bis 28 des sen, sofern dieses nicht einer weitergehenden Auskunft Bayerischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung. zustimmt. Art. 11 Auskunftserteilung III. Abschnitt (1) 'Ein Anspruch auf Auskunft über die beim LanÜbermittlungsregelungen desamt für Verfassungsschutz in Dateien oder Akten gespeicherten Informationen besteht nicht. 2Hat eine Art. 12 Person ein besonderes Interesse an einer Auskunft über Informationsübermittlung die zu ihrer Person gespeicherten Daten, so entscheidet an das Landesamt für Verfassungsschutz das Landesamt für Verfassungsschutz nach pflichtohne Ersuchen gemäßem Ermessen über das Auskunftsbegehren. (1) Die Behörden, Gerichte hinsichtlich ihrer Regi(2) Soweit eine Person einer Sicherheitsüberprüster, Gebietskörperschaften und andere der staatlichen fung nach Art. 3 Abs. 2 unterzogen wird oder zu einer Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des Person Auskunft nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 erteilt wird, öffentlichen Rechts sowie sonstige öffentliche Stellen hat diese Person abweichend von Absatz 1 einen des Freistaates Bayern haben von sich aus dem LanAnspruch auf Auskunft über die Daten des Landesamts desamt für Verfassungsschutz die ihnen bei Erfüllung für Verfassungsschutz, die es im Rahmen der Erfülihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen zu lung dieser Aufgaben übermittelt hat. übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der (3) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz nach 1. eine Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben nach Art. 3 Abs. 1 oder entsprechender Aufgaben auf Grund Art. 3 durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, eines Gesetzes nach Art. 73 Nr. 10 Buchst, b oder c des Grundgesetzes erforderlich sein kann. 2. durch die Auskunftserteilung nachrichtendienstliche Zugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitswei(2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die se des Landesamts für Verfassungsschutz zu beübermittelten Informationen nach ihrem Eingang fürchten ist, unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für die Erfüllung seiner in Absatz 1 genannten Aufgaben 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden erforderlich sind. !Ergibt die Prüfung, daß sie nicht oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu Nachteile bereiten würde oder vernichten. 'Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn 4. die Information oder die Tatsache der Speicherung die Trennung von anderen Informationen, die zur nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nach, insbesondere wegen der überwiegenden nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in dieberechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalsem Fall dürfen die nicht erforderlichen Informationen ten werden muß. nicht verwendet werden. 180 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Art. 13 mitteln, wenn das zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Informationsübermittlung an das Landesamt diesem Gesetz erforderlich ist oder wenn die öffentlifür Verfassungsschutz auf Ersuchen che Stelle die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke (1) 'Die in Art. 12 Abs. 1 genannten öffentlichen der öffentlichen Sicherheit einschließlich der StrafverStellen haben dem Landesamt für Verfassungsschutz folgung benötigt. 'Gleiches gilt, wenn der Empfänger auf dessen Ersuchen die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufdie personenbezogenen Daten zur Erfüllung anderer gaben bekanntgewordenen Informationen zu übermitihm zugewiesener Aufgaben benötigt, sofern er dabei teln, soweit das zur Erfüllung der Aufgaben des Landesauch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen amts für Verfassungsschutz nach diesem Gesetz erforGrundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der derlich ist. 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf öffentlichen Sicherheit oder auswärtige Belange zu Ersuchen nach Satz 1 nur stellen, wenn die Information würdigen hat. 'Der Empfänger darf die übermittelten auf andere Weise nur mit übermäßigem Aufwand oder Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur durch eine die betroffene Gruppierung oder Person nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm überstärker belastende Maßnahme gewonnen werden kann. mittelt wurden, es sei denn, daß das Landesamt für 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat Ersuchen Verfassungsschutz einer anderen Verwendung für zu begründen, es sei denn, daß eine Begründung dem Zwecke nach Satz 1 und 2 zugestimmt hat. "Satz 1 gilt Schutz der betroffenen Gruppierung oder Person zuwiauch für die Übermittlung personenbezogener Daten derläuft oder den Zweck der Maßnahme gefährden innerhalb des Landesamts für Verfassungsschutz. würde. 'Es hat die Ersuchen aktenkundig zu machen. (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen Akten anderer öffentlicher Stellen und amtlich geführvon Art. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen te Dateien unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über einsehen, soweit das zur Erfüllung seiner Aufgaben die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der nach diesem Gesetz erforderlich ist und die sonstige Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländiÜbermittlung von Informationen aus den Akten oder schen Streitkräfte vom 3. August 1959 (BGBl II 1961 den Dateien den Zweck der Maßnahme gefährden, S. 1183) personenbezogene Daten übermitteln. 'Der einen übermäßigen Aufwand erfordern oder das PerEmpfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelsönlichkeitsrecht des Betroffenen unnötig beeinträchtiten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürgen würde. 'Über die Einsichtnahme in amtlich geführfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden. te Dateien hat das Landesamt für Verfassungsschutz einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die eingesehene Datei hervorgehen; die Nachweise sind (3) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zupersonenbezogene Daten an öffentliche Stellen außergriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das halb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes sowie an dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. überoder zwischenstaatliche öffentliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz oder zur Wahrung (3) 'Hält eine in Art. 12 Abs. 1 genannte öffentliche erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers Stelle das Ersuchen nach Absatz 1 oder die Einsichterforderlich ist. 'Die Übermittlung unterbleibt, wenn nahme nach Absatz 2 für unzulässig, so teilt sie das auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland dem Landesamt für Verfassungsschutz mit. -Besteht oder überwiegende schutzwürdige Interessen der dieses auf dem Ersuchen oder der Einsichtnahme, so betroffenen Person entgegenstehen. 'Sie ist aktenkunentscheidet darüber die oberste fachliche Aufsichtsdig zu machen. 4Der Empfänger ist darauf hinzuweibehörde, die für die ersuchte Stelle zuständig ist. sen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt (4) Art. 12 Abs. 2 gilt entsprechend. wurden. Art. 14 (4) 'Personenbezogene Daten dürfen an andere Personenbezogene Datenübermittlung Empfänger als öffentliche Stellen nicht übermittelt durch das Landesamt für Verfassungsschutz werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitli(1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf chen demokratischen Grundordnung oder der Sicherpersonenbezogene Daten an öffentliche Stellen überheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 181 das Staatsministerium des Innern seine Zustimmung erIV. Abschnitt teilt hat; die Zustimmung kann auch für eine Mehrzahl Parlamentarische Kontrolle von gleichartigen Fällen vorweg erteilt werden. 2Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Übermittlung Art. 18 aktenkundig zu machen. 'Der Empfänger darf die überParlamentarische Kontrollkommission mittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. 4Das Landesamt für Ver(1) 'Die Staatsregierung unterliegt hinsichtlich der fassungsschutz hat den Empfänger darauf hinzuweisen. Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommis(5) 'Übermittlungspflichten nach bundesrechtlichen sion. 2Die Rechte des Landtags und seiner Ausschüsse Vorschriften bleiben unberührt. 2Das Landesamt für bleiben unberührt. Verfassungsschutz kann andere Verfassungsschutzbehörden auch dadurch unterrichten, daß es diesen den (2) 'Die Parlamentarische Kontrollkommission Abruf von Daten im automatisierten Verfahren ermögbesteht aus fünf Mitgliedern. 2Die Mitglieder der Parlicht, soweit deren gesetzliche Aufgaben identisch sind. lamentarischen Kontrollkommission werden zu Beginn jeder neuen Wahlperiode vom Landtag aus seiner MitArt. 15 te gewählt. 'In gleicher Weise wird für jedes Mitglied Unterrichtung der Öffentlichkeit ein Stellvertreter gewählt. 'Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich 'Das Staatsministerium des Innern und das Landesvereint. amt für Verfassungsschutz unterrichten die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 (3) 'Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder Abs. 1. 2Dabei dürfen der Öffentlichkeit personenbezoseiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft gene Daten bekanntgegeben werden, wenn das Interesin der Parlamentarischen Kontrollkommission; Absatz 4 se der Öffentlichkeit an der Unterrichtung das bleibt unberührt. 2Für dieses Mitglied ist unverzüglich schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an der ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn Wahrung ihrer Anonymität überwiegt. ein Mitglied aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. 'Die Sätze 1 und 2 gelten entspreArt. 16 chend für die Stellvertreter. Nachberichtspflicht (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Übermittlung durch das Landesamt für VerfassungsLandtags solange aus, bis der nachfolgende Landtag schutz als unvollständig oder unrichtig, sind sie unvereine neue Parlamentarische Kontrollkommission gezüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, wählt hat. wenn das zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist. Art. 19 Geheimhaltung Art. 17 Übermittlungsverbote (1) 'Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. 2Die Mitglieder und ihre Stell(1) Die Übermittlung von Informationen durch das vertreter sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten Landesamt für Verfassungsschutz nach den Art. 4 und verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parla14 hat zu unterbleiben, wenn mentarischen Kontrollkommission bekanntgeworden 1. erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art sind. 'Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheider Informationen und ihrer Erhebung das den aus der Parlamentarischen Kontrollkommission. schutzwürdige Interesse der Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegt, oder (2) 'Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern. mindestens eimnal im Vierteljahr zusammen. 2Jedes Mitglied kann die Einberufung der Parlamentarischen (2) Besondere Rechtsvorschriften, die InformationsKontrollkommission verlangen. 'Die Parlamentarische übermittlungen zulassen oder verbieten, bleiben unbeKontrollkommission wählt einen Vorsitzenden und desrührt. sen Stellvertreter und gibt sich eine Geschäftsordnung. % 182 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Art. 20 Art. 22 Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission Einschränkung von Grundrechten und Berichtspflicht der Staatsregierung Auf Grund dieses Gesetzes kann das Grundrecht (1) 'Die Staatsregierung unterrichtet die Parlamender Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 des tarische Kontrollkommission umfassend über die allGrundgesetzes und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung eingemeine Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsgeschränkt werden. schutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. ! Die Staatsregierung berichtet zu einem konkreten Art. 23 Thema aus dem Aufgabenbereich des Ländesamts für Änderung des Gesetzes zur Ausführung Verfassungsschutz, sofern die Parlamentarische Kondes Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz trollkommission dies wünscht. Das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 (2) Zeit, Art und Umfang der Unterrichtung der Grundgesetz (AGG 10) vom 11. Dezember 1984 Parlamentarischen Kontrollkommission werden unter (GVB1 S. 522, BayRS 12-2-1) wird wie folgt geändert: Beachtung des notwendigen Schutzes des Nachrichtenzugangs durch die politische Verantwortung der 1. Art. 2 Abs. 3 Satz 6 erhält folgende Fassung: Staatsregierung bestimmt. "'Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung der Parlamentarischen Kon(3) 'Die Kontrolle der Durchfuhrung des Gesetzes trollkommission für die Angelegenheiten des Verzu Art. 10 Grundgesetz bleibt der in Art. 2 des Gesetfassungsschutzes bedarf." zes zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 Grundge2. In Art. 3 werden die Worte "den für Sicherheitsfrasetz (AGG 10) genannten Kommission nach den dortigen zuständigen Ausschuß des Landtags" durch die gen Bestimmungen vorbehalten 2Der ParlamentariWorte "die Parlamentarische Kontrollkommission schen Kontrollkommission ist auf Anforderung, minfür die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes" destens aber einmal im Jahr, der Bericht nach Art. 3 ersetzt. AGG 10 zu erstatten. Art. 24 Inkrafttreten V. Abschnitt 'Dieses Gesetz tritt am 1. November 1990 in Kraft.* Schlußvorschriften ^Gleichzeitig treten außer Kraft: 1. Das Gesetz über die Errichtung eines Landesamts Art. 21 für Verfassungsschutz (BayRS 12-1-1), Erfüllung bundesrechtlicher Aufgaben 2. Art. 8 Abs. 2 Nr. 5 des Bayerischen DatenschutzgeZur Erfüllung von Aufgaben auf Grund eines setzes (BayRS 204-1-1). Gesetzes nach Art. 73 Nr. 10 Buchst, b und c des Grundgesetzes stehen dem Landesamt für Verfas- * Diese Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der sungsschutz die Befugnisse zu, die es zur Erfüllung der ursprünglichen Fassung vom 24. August 1990 (GVB1 S.323). Der entsprechenden Aufgaben nach diesem Landesgesetz Zeitpunkt des Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich hat. aus den jeweiligen Änderungsgesetzen. Sachwortregister 183 Sachwortregister Agri-Verlag 122 Arbeitsgemeinschaft Cuba si 77 Aktion deutsches Radio und Fernsehen Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen in (ARF) 37 und bei der PDS (AG Junge Genossinnen) 82 Aktion Oder-Neiße (AKON) 37 Arbeitsgemeinschaft PDS/Linke Liste Westliche Bundesländer (AG West) 76 Aktionsbündnis gegen Rassismus 108 Arbeitskreis Republikanische Jugend 23 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) 49 Autonome 97 Amt für Volksaufklärung und Autonome Antifa (M) 101 Öffentlichkeitsarbeit (AVÖ) 54 Autonome Zelle "Erich Mühsam" 100 analyse & kritik (ak) 110 Anarchistische Plattformen bei der PDS 86 Barricada 111 Another Voice of Freedom 54 Bayern-Stimme 63 Anti-Antifa-Kampagne 43 Berlin-Brandenburger Zeitung (BBZ) 44 Antifa Jugend Info 104 Berxwedan-Verlag 117 antifa-rundschau 110 Bewegung freier Frauen Kurdistans (TAJK) 132 Antifaschistische Aktion/Bundesweite Bewegung (Gruppe Mosler) 49 Organisation (AA/BO) 101 Bolschewistische Partei Nordkurdistan/ Antifaschistische Aktion Passau 101 Türkei (BP-KK/T) 134 Antifaschistische Front 100 Bund Frankenland 64 Antifaschistische Jugendfront 100 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 110 Antifaschistisches Komitee - Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung (AKS) 97 Castel deJ.Monte Verlag 64 Antiimperialistische Widerstandszelle Courage 111 Nadia Shehadah (AIW) 156 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 156 Das Freie Forum 64 Antiimperialistischer Widerstand 156 Demokratie-Partei (DEP) 119 Arbeiterbund für den Wiederaufbau Demokratische Front für die Befreiung der KPD (AB) 96 Palästinas (DFLP) 131 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 115 Demokratischer Informationsdienst (DID) 111 Arbeitsgemeinschaft Antifaschismus und Denk mit! 64 Antirassismus 77 Denk mitl-Verlag 64 Arbeitsgemeinschaft Autonome Gruppen in und bei der PDS 77 Der Aktivist 63 Der Einblick 49 Arbeitsgemeinschaft BWK in und bei der PDS 77 Der Republikaner 63 184 Sachwortregister Der Scheinwerfer 64 Föderation kurdischer Vereine Deutsche Alternative (DA) 45 in Deutschland e.V. (YEK-KOM) 117 Deutsche Geschichte 64 Förderverein Vereinigte Rechte 41 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 91 Forum der Neuen Europäischen Linken 88 Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG) 51 Französische Kommunistische Partei (FKP) 88 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 40 Franz-Schönhuber-Stiftung 24 Deutsche Nationalisten (DN) 45 Frauen für Demokratie im Iran 129 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 37 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 44 Deutsche Stimme 63 Freundeskreis Ulrich von Hutten 51 Deutsche Volksunion (DVU) 34 Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 63 GEGENSTANDPUNKT 110 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) 37 "Germania-Rundbrief" 58 Deutscher Anzeiger (DA) 55 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 50 Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur 37 Gesellschaft iranischer Flüchtlinge e.V. 129 Deutsches Manifest 48 Gesellschaften für Nachrichtenerfassung Deutschland Report 55 und Nachrichtenverbreitung mbH (GNN) 91 Devrimci Sol 125 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) 49 Die Bauernschaft 58 Gruppe K 110 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 63 Gruppe Mehrheit 110 Die Freiheitlichen (DF) 23 Die Republikaner (REP) 19 Haus der kurdischen Künstler e.V. 132 Digital Freedom BBS 54 Hilfsorganisation für nationale politische DISPUT 109 Gefangene und deren Angehörige e.V. Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (HNG) 63 (DSZ-Verlag) 55 Hizb Allah 131 Huttenbriefe 51 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten 37 Info-Läden der Autonomen 101 Einheit und Kampf 63 Informationsstelle Kurdistan e.V. 90 Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) 37 Flüchtlingshilfe Iran e.V. 129 Initiative für die Vereinigung der Föderation der Arbeiter aus der Türkei revolutionären Jugend (IVRJ) 97 in Deutschland e.V. (ATIF) 124 Institute for Historical Review (IHR) 54 Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan INTERIM 102 in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Iranische Flüchtlingskinderhilfe e.V. 129 (FEYKA-Kurdistan) 117 Iranische Moslemische StudentenFöderation der Türkisch-Demokratischen Vereinigung Bundesrepublik DeutschIdealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) 126 land e.V. (IMSV) 128 Sachwortregister 185 Iranischer Kulturverein 129 Kurdischer Roter Halbmond (HSK) 132 Islamische Bewegung Kurdistans (KIH) 132 Kurdisches Exilparlament 119 Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) 127 Kurdistan-Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. 123 Islamische Heilsfront (FIS) 142 Kurdistan Haber Ajansi - News Agency (Kurd-HA) 117 JanusBBS 60 Kurdistan Informationsbüro in Journal of Historical Review 54 Deutschland (KIß) 120 Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) 111 Kurdistan-Komitee e.V., Köln 117 Junge Nationaldemokraten (JN) 33 Kurdistan-Kultur-Zentrum e.V., Junges Franken 64 Ingolstadt 121 Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e.V. 123 Kurdistan Kunstund Kulturzentrum Kameradschaft Franken 63 Nürnberg und Umgebung e.V. 121 Kameradschaften 43 Kurdistan-Solidaritätsgruppen 118 KB-Gruppe Nürnberg 110 Knallrot e.V. 78 lernen und kämpfen (luk) 109 Komala Kurdistan - Kurdische Unabhängig"Leuchter-Bericht" 53 keit - Internationale Freundschaft e.V., Liberaldemokratische Partei Rußlands München 121 (LDPR) 38 K.O.M.I.T.E.E. 102 Libertäres Forum bei der PDS 86 Komitee für Staatssicherheit (KGB) 168 KOMKAR - Verband der Vereine aus Linker Block Böhmen 89 Kurdistan e.V. 123 Mailbox "Spinnennetz" 101 Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) 96 Mailboxen 60 Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) 88 Marxistisch-Leninistische Partei Kommunistische Partei Deutschlands Deutschlands (MLPD) 95 (KPD/DDR) 81 Marxistische Blätter 109 Kommunistische Plattform (KPF) 80 Marxistische Gruppe (MG) 110 Kommunistischer Bund (KB) 110 Marxistisches Forum (MF) 85 Konföderation der Arbeiter aus der Media World . 55 Türkei in Europa (ATIK) 124 Mensch und Maß 64 Kraftwerk BBS 60 Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 168 Kurdisch-Deutsche Presseagentur (KURD-A) 117 Mitteilungen der Kommunistischen Kurdisch-deutscher Kulturverein Nürnberg Plattform der PDS 109 und Umgebung 121 Muflons gegen Rechts 101 Kurdisch-Deutsches Kulturzentrum, Ingolstadt 121 Münchner Bündnis gegen Rassismus 108 Münchner Kurdistan-SolidaritätsKurdischer Elternverein e.V., München 121 komitee 108 186 Sachwortregister Nachrichten der HNG 63 radikal 102 Nation-Europa-Freunde e.V. 56 REBELL 95 Nation Europa Verlag GmbH 56 Recht und Wahrheit 63 Nation und Europa - Regionale Aktionsgruppe (RAG) 34 Deutsche Rundschau 41 Remer-Depesche 55 Nationaldemokratische Partei Republikanischer Bund der öffentlichen Deutschlands (NPD) 27 Bediensteten (RepBB) 23 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 63 Revisionismus 51 Nationale Befreiungsarmee (NLA) 129 Revolutionäre VolksbefreiungsNationale Befreiungsfront Kurdistans partei/-front (DHKP-C) 125 (ERNK) 116 Revolutionäre Zellen (RZ) 160 Nationale Heilspartei (MSP) 128 Rote Antifa Nürnberg (RAN) 101 Nationale Info-Telefone 61 Rote Armee Fraktion (RAF) 154 Nationaler Block (NB) 33 Rote Fahne 95 Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) 129 RoteZora 161 Nationalistische Front (NF) 50 "Rudolf-Gutachten" 53 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 44 Samisdat Publishers Ltd. 58 Neues Deutschland (ND) 109 Schutzbund für das Deutsche Volk e.V. (SDV) 64 Nordbayerischer Landbote 109 Skinheads 45 NSDAP-Auslandsund AufbauSkinheads Allgäu 88 47 organisation (NSDAP-AO) 57 Sozialismus von unten 110 NS Kampfruf 57 Sozialistische Alternative VORAN (SAV) 111 Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 108 Oberland BBS 60 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Odal-Verlag 64 (SDAJ) 110 Ostanatolisches Gebietskomitee (DABK) 133 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) 68 Pahl-Rugenstein-Verlag 82 Sozialistische Partei Kurdistans (PSK) 123 Partei der Nationalen Bewegung (MHP) 126 Sozialistische Zeitung (SoZ) 110 Partei des Demokratischen Sozialismus Staatsbriefe ' 64 (PDS) 68 Ständiger Rat Marxistischer Parteien 81 Partizan 133 Sturmtrupp 46 PDS-Arbeitskreis Kurdistan 89 Süddeutsche Allgemeine 44 PDS-Pressedienst 109 Politische Berichte 110 Thule-Netz 60 Position 110 TITEL - Informationsforum der PDS Bayern 78 Proletarischer Internationalismus 88 TKP/ML Bolsevik 134 Sachwortregister 187 Türkische Arbeiterund BauernVereinigte Linke (VL) 88 befreiungsarmee (TIKKO) 124 Vereinigung der patriotisch-revolutioTürkische Kommunistische Partei/Marnären Jugend Kurdistans (YCK) 132 xisten-Leninisten (TKP/ML) 124 Vereinigung der Verfolgten des NazireTürkische VolksbefreiungsparteiAfront gimes-Bund der Antifaschisten (THKP-C) 133 (VVN-BdA) 110 Vereinigung für Sozialistische Politik (VSP) " 110 Umbruch 18 Verlag Hohe Warte - Franz von Union der Aleviten aus Kurdistan (KAB) 132 Bebenburg KG 64 Union der freien Frauen aus Kurdistan (YAJK) 132 VGB Verlagsgesellschaft Berg mbH 64 Union der patriotischen Arbeiter Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) 115 Kurdistans (YKWK) 132 Volksbewegung gegen antideutsche Propaganda (VOGA) 37 Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) 131 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 131 Union zur Pflege der kurdischen Kultur (YRWK) 132 Volkfront für die Befreiung Palästinas - Generalkommando (PFLP-GC) 131 Unsere Zeit (UZ) 91 Volksfront gegen Reaktion, UTOPIE - kreativ - Diskussion sozialistischer Alternativen 109 Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) 111 Volksmodjahedin 128 Verband der islamischen Vereine Vorderste Front 63 und Gemeinden e.V. (ICCB) 127 Verband der Studentinnen aus Kurdistan Widerstand BBS 60 (YXK) 132 wie weiter 111 Verein der Künstler und Schriftsteller Wohlfahrtspartei (RP) 128 des iranischen Widerstandes e.V. 129 Verein für Arbeiterbildung Nordbayern 109 Zetkany 89 Verein Iranischer Demokratischer Akademiker e.V. (VIDA) 129 zusammen kämpfen 100