VERFASSUNGSSCHUTZ BERICHT 19 BAYERN 94 Bayerisches Staatsministerium des Innern Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern, Odeonsplatz 3, 80539 München RB Nr. 0 3 / 9 5 / 0 3 Grafik-Design: Rudolf Schwarzbeck, 82131 Gauting Druck: J. Gotteswinter GmbH, Buchund Offsetdruck, Joseph-Dollinger-Bogen 22, 80807 München Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier Vorwort t i n Staat, der der Meinungsfreiheit und der Meinungsvielfalt verpflichtet ist, legt auf die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Extremismus besonderen Wert. Diese Auseinandersetzung kann mit Aussicht auf Erfolg aber nur geführt werden, wenn Klarheit über Ziele und Absichten derer besteht, die die Grundprinzipien der Verfassung bekämpfen. Der Verfassungsschutzbericht Bayern 1994 dient diesem Zweck. Er gibt einen Überblick über verfassungsfeindliche Bestrebungen und über Aktivitäten fremder Nachrichtendienste. Trotz der im Bericht dokumentierten verfassungsfeindlichen und sicherheitsgefährdenden Aktivitäten von Extremisten hat sich unsere Demokratie - gerade im Wahljahr 1994 - als stabil erwiesen. Der politische Extremismus hat in Bayern keine Wahlchancen. Politisch motivierte Gewalttaten sind in allen Sparten des Extremismus deutlich zurückgegangen, wobei der Anteil Bayerns an den Bundeszahlen mit weniger als fünf Prozent sehr gering ist. Diese Gewalttaten liegen jedoch, insbesondere im Rechtsextremismus, weiterhin auf einem hohen Niveau. Rechtsextremistische Gewalttaten werden meist von mehreren Tätern gemeinschaftlich begangen. Trotzdem gibt es bisher weder Erkenntnisse über eine überregionale Steuerung durch rechtsextremistische Organisationen noch konkrete Anhaltspunkte für die Existenz rechtsterroristischer Gruppen. Wegen der großen und bei Neonazis, den Autonomen und linksextremistischen Türken, vor allem Kurden, sogar zunehmenden Gewaltbereitschaft ist nach wie vor Wachsamkeit geboten. Im Rechtsextremismus ist die Partei "Die Republikaner" erstmals als extremistisch eingestuft. Insgesamt ist bei den rechtsextremistischen Organisationen ein Mitgliederschwund festzustellen. Neu und besorgniserregend ist, daß Neonazigruppen vermehrt moderne Kommunikationsmittel nutzen und auf Vereinsverbote mit der Bildung unorganisierter "Kameradschaften" reagieren, die schwerer zu fassen sind. Die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der PDS haben sich bestätigt. Versuche, diese Partei "demokratisch zu reden", enthalten die große Gefahr, daß die notwendige Abgrenzung gegenüber dem Linksextremismus nicht mehr deutlich genug vorgenommen wird. Im Linksterrorismus hat sich mit der "Antiimperialistischen Zelle" (AIZ) eine neue terroristische Struktur neben der RAF und den Revolutionären Zellen gebildet. Der massive Mitgliederzuwachs bei extremistischen Ausländerorganisationen verteilt sich im wesentlichen auf die kurdische PKK und türkische Fundamentalisten, was wegen des Terrors der PKK und wegen der weltweiten Entwicklung fundamentalistischer Bestrebungen im Islam zur Sorge Anlaß gibt. Der bayerische Verfassungsschutz hat seit 1. August 1994 eine zusätzliche neue Aufgabe: die Beobachtung von Bestrebungen der Organisierten Kriminalität. Hier sind bereits nach wenigen Monaten beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz danken wir für ihre engagierte Arbeit, die in ihrer Bedeutung für den Schutz des Bürgers leider zuweilen verkannt wird. München im April 1995 Dr. Günther Beckstein Hermann Regensburger Staatsminister Staatssekretär 4 Inhaltsverzeichnis Verfassungsschutz in Bayern Einführung 9 1. Gesetzliche Grundlagen 10 2. Aufgaben des Verfassungsschutzes 10 3. Informationsbeschaffung 11 4. Kontrolle 12 5. Verfassungsschutz durch Aufklärung 13 I.Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines 14 1.1 Merkmale des Rechtsextremismus 14 1.2 Entwicklung in Bayern 15 2. Die Republikaner (REP) 17 2.1 Ideologisch-politischer Standort 17 2.2 Organisation 20 2.3 Teilnahme an Wahlen 21 2.4 Interne Auseinandersetzungen 22 3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 23 3.1 Ideologisch-politischer Standort 23 3.2 Organisation 26 3.3 Teilnahme an Wahlen 26 3.4 Sonstige Aktivitäten 27 3.5 Junge Nationaldemokraten (JN) 28 4. Deutsche Volksunion (DVU) 29 4.1 Ideologisch-politischer Standort 29 4.2 Organisation '. 31 4.3 Bündnispolitik 32 4.4 Sonstige Aktivitäten 32 5. Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 33 5.1 Ideologie und Organisation 33 5.2 Aktionsgemeinschaften der DVU 33 6. Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 34 6.1 Ideologisch-politischer Standort 34 6.2 Organisation 35 6.3 Aktivitäten 36 7. Neonazismus 36 7.1 Allgemeines 36 Inhaltsverzeichnis 5 7.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 39 7.3 Deutsche Nationalisten (DN) 41 7.4 Neonazistisches Potential bei Skinheads 42 7.5 Rechtsextremistisch motivierte Straftaten 44 8. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 45 8.1 Wiking-Jugend (WJ) 45 8.2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 45 8.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten 46 9. Revisionismus-Kampagne 47 9.1 Ziele und Methoden 47 9.2 Entwicklung 47 9.3 Träger der Revisionismus-Kamp*agne 49 10. Organisationsunabhängige Publizistik 50 10.1 Druckschriften-und Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) 50 10.2 Nation Europa Verlag GmbH 51 11. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus 52 11.1 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 52 11.2 Verlag Samisdat Publishers Ltd 53 12. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 54 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 56 1.1 Merkmale des Linksextremismus 56 1.2 Entwicklung in Bayern 57 2. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 58 2.1 Überblick ' 58 2.2 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 59 2.2.1 Ideologische Ausrichtung 59 2.2.2 Organisation 60 2.2.2.1 Bundesweite Gliederung 60 2.2.2.2 Landesverband Bayern 61 2.2.3 Plattformen und Arbeitsgemeinschaften 63 2.2.3.1 Kommunistische Plattform (KPF) 64 2.2.3.2 Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen 65 2.2.3.3 Gründungsinitiative für eine Anarchistische Plattform in/bei der PDS 66 Inhaltsverzeichnis 2.2.3.4 Arbeitsgemeinschaft Autonome Gruppen bei der PDS .. 66 2.2.4 Teilnahme an Wahlen 67 2.2.5 Sonstige Aktivitäten der PDS und ihrer Funktionäre 68 2.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 70 2.3.1 Ideologisch-politischer Standort 70 2.3.2 Organisation 71 2.3.3 Bündnisund Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit und andere Aktivitäten 72 2.4 Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands (MLPD) ... 74 2.5 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 75 3. Autonome 77 3.1 Überblick ' 77 3.2 Ideologische Ausrichtung 77 3.3 Ziele autonomer Aktionen 78 3.4 Autonome Strukturen 79 3.5 Autonome Publikationen 81 3.6 Aktivitäten autonomer Gruppen in Bayern 82 4. Bündnisse gegen Rassismus 84 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 85 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines 88 2. Kurdische Gruppen 90 2.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 90 2.2 KOMKAR-Verband der Vereine aus Kurdistan e.V 94 3. Türkische Gruppen 95 3.1 Linksextremisten 95 3.1.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 95 3.1.2 Devrimci Soi (Revolutionäre Linke) 97 3.2 Extreme Nationalisten 98 3.3 Islamische Extremisten 99 3.3.1 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (ICCB) 99 Inhaltsverzeichnis 7 3.3.2 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) 99 4. Iranische Gruppen 101 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 102 4. Abschnitt Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Entwicklung im Bundesgebiet 105 1.1 Rechtsextremistische Gewalt 105 1.2 Linksextremistische Gewalt 108 1.3 Gewalt zwischen Links-und Rechtsextremisten 110 1.4 Gewalttaten ausländischer Extremisten 111 2. Politisch motivierte Gewalt in Bayern 114 2.1 Rechtsextremistische Gewalt 114 2.2 Linksextremistische Gewalt 117 2.3 Gewalt zwischen Links-und Rechtsextremisten 120 2.4 Gewalttaten ausländischer Extremisten 122 3. Rote Armee Fraktion (RAF) 124 3.1 Überblick 124 3.2 Entwicklung der RAF 125 3.3 Verurteilungen 127 4. Antiimperialistischerwiderstand 128 5. Revolutionäre Zellen (RZ) 129 6. Frauengruppe "RoteZora" 130 5. Abschnitt Spionageabwehr 1. Ausgangslage 131 2. Nachrichtendienstliche Aktivitäten der GUS-Staaten .... 131 2.1 Rußland 131 2.2 Ukraine 133 2.3 Nachrichtendienste der übrigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion 133 8 inhaltsverzeichnis 3. Sonstige fremde Nachrichtendienste 134 3.1 Polen 134 3.2 Rumänien 134 3.3 Bulgarien 134 3.4 Volksrepublik China 135 4. Nachrichtendienstliche Bedrohung aus dem Nahen und Mittleren Osten 135 4.1 Iran 136 4.2 Irak 136 4.3 Libyen 137 4.4 Syrien 137 5. Ehemalige DDR-Nachrichtendienste 137 6. Ausblick 138 6. Abschnitt Organisierte Kriminalität 139 Anhang 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 142 Anhang 2 Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen 150 Anhang 3 Sachwortregister 152 Einführung Verfassungsschutz in Bayern Einführung Die Bundesrepublik Deutschland ist nach ihrer Verfassung eine wertWehrhafte gebundene, wachsame und wehrhafte Demokratie. Der Staat kann Demokratie gegen Bestrebungen, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen, die in der Verfassung vorgesehenen Abwehrmittel einsetzen, sei es durch ein Parteioder Vereinsverbot, sei es durch die Aberkennung demokratischer Grundrechte. Dies setzt voraus, daß er solche Bestrebungen oder Aktivitäten, die als "extremistisch" oder als "verfassungsfeindlich" bezeichnet werden - diese Begriffe sind synonym -, erkennen kann. Hier setzt die Aufgabe des Verfassungsschutzes ein. Er dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung sowie dem Schutz des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter Freiheitliche der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Ordnung zu demokratische verstehen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund WillkürherrGrundordnung schaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören mindestens: - die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, - die Volkssouveränität, - die Gewaltenteilung, - die Verantwortlichkeit der Regierung, - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, - die Unabhängigkeit der Gerichte, - das Mehrparteienprinzip, - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. 10 Einführung 1. Gesetzliche Grundlagen Rechtliche Die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes sind gesetzGrundlagen lich genau festgelegt. Das Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt die von Bund und Ländern auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes gemeinsam zu erfüllenden Aufgaben. Es ist zugleich Rechtsgrundlage für die Arbeit des Bundesamts für Verfassungsschutz. Neben diesem Bundesgesetz bestehen in allen Ländern eigene Verfassungsschutzgesetze. In Bayern regelt das im Anhang 1 abgedruckte Bayerische Verfassungsschutzgesetz die Aufgaben und Befugnisse des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, das seinen Sitz in München hat und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnet ist. Für das Landesamt wurden im Haushaltsplan 1994 insgesamt 427 Stellen für Beamte, Angestellte und Arbeiter ausgewiesen; das Haushaltsvolumen 1994 betrug 34,3 Millionen DM. 2. Aufgaben des Verfassungsschutzes BeobachtungsNach dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz hat das Landesamt auftrag für Verfassungsschutz im wesentlichen den Auftrag, - Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind, - sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht (Sabotage und Spionage), - Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und - (seit dem 1. August 1994) Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität zu beobachten. Darüber hinaus wirkt das Landesamt für Verfassungsschutz u.a. bei Sicherheitsüberprüfungen mit. Im Mittelpunkt der Beobachtung stehen Aktivitäten von extremistischen Organisationen. Dabei müssen zwangsläufig auch die handelnden Personen, die Mitglieder dieser Organisationen sind oder Einführung 11 die deren Aktivitäten unterstützen, erfaßt werden. Aber auch die Beobachtung von Einzelpersonen ist zulässig. Der Verfassungsschutz beobachtet verfassungsfeindliche Bestrebungen im Inland. Er informiert die politisch Verantwortlichen und die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Beobachtung, vor allem über mögliche Gefahren. Er versetzt die zuständigen staatlichen Stellen des Bundes und der Länder in die Lage, verfassungsfeindlichen Kräften rechtzeitig und angemessen zu begegnen. Die Erkenntnisse bilden die Grundlage für Exekutivmaßnahmen wie beispielsweise Verbote von Vereinen, Verbotsanträge gegen Parteien, Verbote von Versammlungen, Verhinderung finanzieller oder sonstiger Förderung, Verweigerung erforderlicher Erlaubnisse (z.B. für Sammlungen, Info-Stände). Im Gegensatz zum Verfassungsschutz beschafft der BundesnachrichAbgrenzung zu tendienst (BND) Informationen über das Ausland, die für die BundesBND und MAD republik Deutschland außenund sicherheitspolitisch von Interesse sind. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) nimmt Verfassungsschutzaufgaben im Bereich der Bundeswehr wahr. Einen zentralen Nachrichtendienst gibt es nicht. 3. Informationsbeschaffung Zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags ist der Verfassungsschutz verpflichtet, Informationen zu beschaffen, auszuwerten und zu speichern. Diese Nachrichten werden zum weit überwiegenden Teil aus offenen Quellen gewonnen (z.B. aus Zeitungen, Zeitschriften, Flugblättern, Programmen, Broschüren und sonstigem Material extremistischer Organisationen sowie bei deren öffentlichen Veranstaltungen). Nur etwa 2 0 % der Informationen erhält der Verfassungsschutz durch Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel. Zu diesen NachrichtenMitteln gehören im wesentlichen: dienstliche Mittel - der Einsatz von verdeckt arbeitenden V-Leuten ("V" steht für "Vertrauen") in extremistischen Organisationen, - das kontinuierliche Beobachten verdächtiger Personen (Observation) sowie - verdeckte Bildund Tonaufzeichnungen. Eingriffe in das Brief-, Postund Fernmeldegeheimnis (Öffnen von Briefen, Abhören von Telefongesprächen) sind besonders strengen 12 Einführung rechtsstaatlichen Anforderungen unterworfen. Sie sind in einem Briefund eigenen Gesetz geregelt, das nach dem Grundrecht des Brief-, PostTelefonkontrolle und Fernmeldegeheimnisses "Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz" (G 10) genannt wird. Ein Verfahren mit mehreren voneinander unabhängigen Kontrollinstanzen stellt sicher, daß in dieses Grundrecht nur eingegriffen wird, wenn die im Gesetz genannten besonderen Gründe vorliegen. Die gleichen Sicherungen gelten für den Einsatz besonderer technischer Mittel im Schutzbereich des Art. 13 des Grundgesetzes, also für den Einsatz von Abhörgeräten oder versteckten Kameras in Wohnungen und Büros. Keine polizeilichen Dem Verfassungsschutz stehen keine polizeilichen Befugnisse zu. Befugnisse Polizeibehörden und Verfassungsschutz sind voneinander getrennt. Deshalb dürfen die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes keinerlei Zwangsmaßnahmen, wie z.B. Festnahmen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen usw., durchführen. Verfassungsschutzbehörden dürfen auch keiner polizeilichen Dienststelle angegliedert werden. Erscheint aufgrund der dem Verfassungsschutz vorliegenden Informationen ein polizeiliches Eingreifen erforderlich, so wird die zuständige Polizeidienststelle unterrichtet. Diese entscheidet dann selbständig, ob und welche Maßnahmen zu treffen sind. 4. Kontrolle Vielfältige Die Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden unterliegt einer vielfälKontrollen tigen Kontrolle. Dazu gehört die allgemeine parlamentarische Kontrolle, die durch die Berichtspflicht des verantwortlichen Ministers gegenüber dem Landtag im Rahmen von aktuellen Stunden, Anfragen von Abgeordneten, Petitionen usw. ausgeübt wird. Eine besondere Kommission des Bayerischen Landtags, die Parlamentarische Kontrollkommission, überwacht die Arbeit des Verfassungsschutzes. Die G 10-Kommission überprüft die Maßnahmen zur Überwachung des Postund Fernmeldeverkehrs. Die Verwaltungskontrolle obliegt dem Innenminister im Rahmen der Dienstund Fachaufsicht, ferner dem Landesbeauftragten für Datenschutz und dem Bayerischen Obersten Rechnungshof. Diese Kontrollen werden ergänzt durch eine mögliche gerichtliche Nachprüfung belastender Einzelmaßnahmen sowie durch die Öffentlichkeit in Form von Presse, Funk und Fernsehen. Einführung 13 5. Verfassungsschutz durch Aufklärung Die freiheitliche demokratische Grundordnung kann dauerhaft nicht Aufklärungsohne die geistig-politische Auseinandersetzung mit dem Extremistätigkeit mus gesichert werden. Die Tätigkeit des Verfassungsschutzes gewährleistet, daß Regierung und Parlament, aber auch die Bürger über Aktivitäten und Absichten verfassungsfeindlicher Organisationen informiert werden. In Bayern werden die Aufgaben des "Verfassungsschutzes durch Aufklärung" vom Innenministerium mit Unterstützung des Landesamts für Verfassungsschutz wahrgenommen. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit werden kostenlos der Verfassungsschutzbericht sowie weitere Informationen zur Verfügung gestellt. Vor dem Hintergrund der Zunahme überwiegend politisch motivierAufklärungster Gewalttaten gegen Ausländer und ihre Unterkünfte beschlossen kampagne die Innenminister des Bundes und der Länder 1992 eine bundesweite Aufklärungskampagne gegen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit. Ziel dieser im März 1993 mit dem Logo "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" eingeleiteten und auch im Jahr 1994 fortgeführten Kampagne ist die Aufklärung der Bevölkerung über den Extremismus und seine Gefahren, über Fremdenfeindlichkeit, über Rassismus und Antisemitismus als Elemente rechtsextremistischer Ideologie und Propaganda. Im Rahmen dieser Aufklärungskampagne wurden in Bayern im Jahr 1994 u.a. 15.000 Hefte des Jugendmagazins "basta - Nein zur Gewalt" und 14.000 Disketten des Computerspiels "Dunkle Schatten" kostenlos verteilt. Teil der Öffentlichkeitsarbeit ist auch dieser Verfassungsschutzbericht. 14 Rechtsextremismus 1. Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines 1.1 Merkmale des Rechtsextremismus Der Rechtsextrem ism us verfügt über kein gefestigtes theoretisches System, ganz im Gegensatz zum Linksextremismus, der mit dem Marxismus-Leninismus bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Machtblocks auf einem geschlossenen ideologischen Weltbild Ablehnung beruhte. Die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen in der Grundlagen Deutschland sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie der Demokratie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und - aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt - statt dessen eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips anstreben, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist. Bestimmende Merkmale des organisierten Rechtsextremismus sind vor allem Kollektivismus - die pauschale Überbewertung der Interessen der "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des einzelnen, die eine Aushöhlung der Grundrechte bedeutet (völkischer Kollektivismus), Nationalismus - ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender Nationalismus, Rassismus - die offene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus und anderer rassistischer Thesen, die mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip nicht vereinbar sind, Verharmlosung - immer wiederkehrende Versuche, die nationalsozialistische Gedes NS-Unrechts waltherrschaft unter Herausstellung angeblich positiver Leistungen des Dritten Reiches zu rechtfertigen, die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime zu diffamieren und die Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verschweigen, zu verharmlosen oder sogar zu leugnen. Hinzu kommt die allen Extremisten gemeinsame planmäßige Verunglimpfung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten in Rechtsextremismus 15 der Absicht, den überragenden Wert der freiheitlichen demokratiVerunglimpfung schen Grundordnung in den Augen der Bevölkerung zu erschüttern. der Demokratie Diese Merkmale sind nicht gleichmäßig bei allen Rechtsextremisten zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind unterschiedlich. 1.2 Entwicklung in Bayern Die Entwicklung der Zahl rechtsextremistischer Organisationen in Bayern und ihrer Mitgliederstärken ist aus der folgenden Übersicht zu ersehen. Bei erkannten Mehrfachmitgliedschaften wurde die Person nur bei einer Organisation mitgezählt. 1992 1993 1994 Zahl und Mitgliederstärke Anzahl der Organisationen 23 22 23 rechtsextremistischer Organi Mitgliederstärken sationen Die Republikaner nicht erfaßt ' 5.000 NPD mit JN und NHB 870 860 800 DVU2 3.100 3.100 2.800 Neonazistische Organisationen 200 100 100 Sonstige Organisationen 440 440 440 4.610 4.500' 9.140 Neonazistische Einzelaktivisten 20 40 40 Rechtsextremistische Skinheads 240 300 330 Rechtsextremisten insgesamt 4.870 4.840 1 9.510 Wegen des seinerzeit noch nicht abgeschlossenen Prüfverfahrens sind die 6.000 Mitglieder der Partei "Die Republikaner" 1993 nicht berücksichtigt. Die Zahlen umfassen die Mitglieder der Partei und des gleichnamigen Vereins. 16 Rechtsextremismus Rückgang der Die nunmehr als Dauerbeobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes Mitgliederzahlen geführte Partei "Die Republikaner" (REP) stellte in Bayern trotz deutlicher Mitgliederverluste mehr als die Hälfte des gesamten rechtsextremistischen Potentials. In geringerem Umfang hatten auch NPD und DVU personelle Einbußen zu verzeichnen. Anhaltende Mißerfolge bei Wahlen zeigen, daß der organisierte Rechtsextremismus - im Gegensatz zur linksextremistischen PDS in den neuen Ländern - keinen Rückhalt in der Bevölkerung findet und nicht in der Lage ist, nennenswerte Wählerschichten zu mobilisieren. Die Bemühungen von NPD und DVU um ein Bündnis des rechtsextremistischen Lagers blieben erfolglos. Im organisierten Neonazismus blieben in Bayern die Mitgliederzahlen unverändert. Im Bereich des unorganisierten Rechtsextremismus treten vor allem Angehörige der neonazistisch geprägten Skinheadszene durch menschenverachtende Gewalt insbesondere gegen Ausländer in Erscheinung. Der Anstieg von rund 10% bei den neonazistischen Skinheads beruht zum Teil auf einem verbesserten Erkenntnisstand. Rückgang der Die rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten sind bundesweit um Gewalttaten etwa 40% zurückgegangen; in Bayern um knapp die Hälfte. Dennoch beträgt die Zahl für 1994 noch ein Vielfaches der Zahl von 1990 vor der drastischen Zunahme rechtsextremistischer Ausschreitungen. Der Rechtsextremismus stellt weiterhin eine ernstzunehmenUnverändert große de Bedrohung für die Innere Sicherheit und das internationale AnseBedrohung für hen Deutschlands dar. Er ist unverändert Brutstätte menschenverInnere Sicherheit achtender Gewalt und Nährboden für Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und nationalistische Exzesse. Einen zusätzlichen Gefährdungsfaktor bildet die Anti-Antifa-Kampagne, die zur Gewalt gegen politische Gegner aufstachelt. Sie verstand sich ursprünglich als Reaktion auf die linksextremistische Antifaschismusbewegung und deren Gewalt gegen Rechtsextremisten, richtet sich aber mittlerweile auch gegen Justizund Sicherheitsbehörden und damit unmittelbar gegen die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaats. Unverminderter Aufmerksamkeit bedarf der fortschreitende Aufbau eines bundesweiten Nachrichtenund Informationssystems. Rechtsextremisten nutzen Funktelefone, um Aktionen und Veranstaltungen kurzfristig zu verabreden und so einen Zugriff der Sicherheitsbehörden zu erschweren. Über Info-Telefone und Mailboxen bewerten sie politische Vorgänge und geben Parolen aus. Rechtsextremismus 17 Angesichts der Verbote von Organisationen und des staatlichen Neue "KameradÜberwachungsdrucks sind Rechtsextremisten zunehmend bestrebt, schaften" neue lose Strukturen, sogenannte "Kameradschaften", zu bilden, die moderne Kommunikationsmittel verstärkt nutzen. Damit versuchen sie, sich der Beobachtung durch die Sicherheitsbehörden und auch staatlichen Verbotsmaßnahmen zu entziehen. Diese Entwicklung gibt Anlaß zu erhöhter Wachsamkeit. Die Mitgliederentwicklung der letzten zehn Jahre ist im Anhang 2 dargestellt. 2. Die Republikaner (REP) 2.1 Ideologisch-politischer Standort Die Partei vertritt einen übersteigerten, oft aggressiven NationalisÜbersteigerter mus, verbunden mit der Feindschaft gegen fremde Staaten und MinNationalismus derheiten. Ihre Überbetonung des völkischen Kollektivismus deutet auf ein Staatsverständnis hin, in dessen Mittelpunkt nicht das Individuum, sondern das Volk als Gemeinschaft steht. In Verlautbarungen der REP finden sich Fremdenfeindlichkeit und rassistisches, antisemitisches Gedankengut; damit werden der Gleichheitsgrundsatz und die Unantastbarkeit der Menschenwürde in Frage gestellt. Die Diffamierung demokratischer Institutionen und Personen, die das übliche Ablehnung des Maß der politischen Auseinandersetzung weit übersteigt, offenbart Mehrparteieneine Ablehnung des Mehrparteienprinzips und des Grundsatzes der prinzips Chancengleichheit der Parteien. Ein zentrales Agitationsthema der Partei ist nach wie vor die Ausländerund Asylpolitik. Die nationalistisch und rassistisch geprägten Aussagen der REP verknüpfen in grob vereinfachender Weise Umweltfragen, Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Steuerbelastung, Wohnungsnot und andere soziale Probleme mit der Zuwanderung von FremdenAusländern, die sie für diese Probleme allein verantwortlich machen. feindlichkeit So sprach die Partei von einer "inländerfeindlichen und damit ungerechten Lastenverteilung auf Kosten des deutschen Normalverdieners". Die Zuwanderung von Ausländern sei vorrangige Ursache von Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit sowie steigender Kriminalität und habe den Zusammenbruch des Sozialstaats zur Folge. Es gebe keinen Grund, "Deutschland als Nation durch Erklärung zum Einwanderungsland endgültig als Heimat der Deutschen und der sich 18 Rechtsextremismus zugehörig fühlenden Menschen zu zerstören". In Schriften der REP wurden Asylbewerber als Drogendealer, Sozialschmarotzer und Verbreiter der Immunschwächekrankheit AIDS diskriminiert. Ein bayerischer REP-Funktionär polemisierte gegen die Lichterketten, die sich nur bildeten, wenn Ausländer in Deutschland einen gewaltsamen Tod fänden. Hingegen werde die Tötung von Deutschen durch Ausländer als "fast legal" abgetan; den etwa 13 toten Ausländern stünden fast 1.000 von Ausländern verübte Morde gegenüber. Antisemitismus Trotz des Bemühens, Antisemitismus in öffentlichen Äußerungen nicht erkennen zu lassen, werden entsprechende Tendenzen immer wieder offenbar. So äußerte der frühere Parteivorsitzende Franz Schönhuber zu einem Umfrageergebnis über Antisemitismus in Deutschland: "Wenn ich wüßte, daß wirklich 20 % des deutschen Volkes Antisemiten sind, und wenn ich wüßte, daß uns 5 % davon wählen werden, dann könnten wir in der Judenfrage schärfer rangehen. Denn die Juden sind wirklich Stinker. " Der stellvertretende bayerische Landesvorsitzende Otmar Wallner fragte: "Wie lange wollt ihr Euch als deutsche Patrioten, als großes Volk der Dichter und Denker, von einem Herrn Bubis noch geistig mißhandeln las sen?" Daß die Republikaner eine besondere Verantwortung Deutschlands gegenüber den Juden leugnen, zeigt die Äußerung eines Beisitzers im Bundesvorstand zu Reaktionen auf den Synagogenbrand in Lübeck: "In Florida wurden fünf Deutsche ermordet. Niemand hat sich dafür bei Deutschland entschuldigt. " Rechtsextremismus 19 Nach Überzeugung der REP unterliegt das deutsche Volk einer Vergangenheits"Fremdbestimmung" und ist zu "Bußübungen" angehalten. Das bewältigung einzige Verbrechen der Deutschen sei es, daß sie "zwei Kriege verloren" hätten. Mit der "Umerziehung" der Deutschen durch die Siegermächte und "ihre linken Helfershelfer" sei 1945 jede nationale Identität unterbunden worden. Seit 50 Jahren lebten wir nunmehr unter der "Allmacht der Sieger" in einer "babylonischen Gefangenschaft" und müßten "gebeugten Hauptes herumlaufen". Die "schändliche Dauerberieselung der deutschen Jugend mit dem Holocaust" sei dem "nationalen Geist" abträglich. Man könne das deutsche Volk nicht "auf ewig in Beugehaft für die NS-Verbrechen halten und es ständig mit der Auschwitzkeule bedrohen". Die "Neubewertung der Geschichte" lasse sich nicht aufhalten. Damit betreiben die REP durch Relativierung der nationalsozialistischen Judenverfolgung eine indirekte Aufwertung der NS-Zeit. In deutlicher Anlehnung an Parolen aus der NS-Zeit über Adolf Hitler als Retter Deutschlands formulierte der frühere Bundesvorsitzende: "Ich bin vom Schicksal ausersehen, dem deutschen Volk zu helfen. " Die REP verunglimpften den Staat, den Bundespräsidenten, gewählte Volksvertreter, Regierungsmitglieder und politische Gegner als "Korruptionsund Versagerelite" und riefen dazu auf, diesen "Lumpen, Betrügern und Lügnern" bei Wahlen eine Absage zu erteilen. Repräsentanten demokratischer Parteien wurden als "Goebbels-Verschnitt", "geistige Väter von Mölln" und "Gangsterconnection" difDiffamierung famiert oder mit "Pest und Cholera" verglichen. Innenminister deutdemokratischer scher Länder wurden als "ganz abscheulicher Lump", "SpießgeInstitutionen selle" und "Neonazi" verunglimpft. In einer Presseerklärung hieß es, der "Fahrplan zur Verhinderung einer wahren Opposition im bayerischen Landtag" trage "die Handschrift eines Unrechtsstaates". Die heutige Behandlung der REP durch die "Altparteien, die von einem Skandal in den anderen taumeln", gleiche der Verfolgung der Juden während der NS-Zeit. Diese infame Behauptung stellt den demokratischen Rechtsstaat auf eine Stufe mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime. Die Partei war in den vergangenen Jahren ersichtlich bemüht, ihre programmatischen Aussagen zu entschärfen, um auf diese Weise den gegen sie erhobenen Vorwurf rechtsextremistischer Bestrebungen zu entkräften. Diese ideologische Kosmetik fand allerdings keinen Niederschlag in der Praxis des politischen Alltags. 20 Rechtsextremismus Weiterer Kurs Auch nach der Entmachtung des bisherigen Parteivorsitzenden unklar Schönhuber vertreten dessen Anhänger einen harten "fundamentalistischen" Kurs, der eine "Anbiederung an die etablierten Parteien" ausschließt. Zu den Repräsentanten dieser Richtung gehört insbesondere der stellvertretende Parteivorsitzende Dr. Rudolf Krause, der Kontakte zu Vorstandsmitgliedern der NPD unterhält und damit den Abgrenzungsbeschluß der REP gegenüber extremistischen Gruppen als bloßes Lippenbekenntnis entlarvt. Widersprüchliche Demgegenüber will der neue Bundesvorsitzende Dr. Rolf Schlierer programmatische den REP das Profil einer "rechten demokratischen Partei" geben. Er Aussagen betont die Notwendigkeit eines Neubeginns und mahnt zu Integration und Geschlossenheit. Künftige Schwerpunkte sollen das Ausländerproblem und die Bereiche "Sozialpolitik" und "Innere Sicherheit" sein. Seine programmatischen Aussagen sind widersprüchlich. Bündnisse mit rechtsextremistischen Gruppen lehnt er ab, da die REP in einer "rechten Allianz" ihre bürgerlichen Wähler verlieren würden, ohne neue hinzuzugewinnen. Gleichzeitig erklärte er, die Partei werde "weder einen Schwenk zur Mitte noch nach Rechtsaußen" vollziehen; ebensowenig werde es "eine Annäherung an liberale Positionen und Parteien geben". Ob es ihm gelingen wird, den Riß in der Partei zu überbrücken, ist angesichts starker interner Gegenkräfte ungewiß, zumal er bei Schönhubers Anhängern als Verräter gilt, der den Sturz des früheren Parteivorsitzenden eingeleitet habe. Im Bundesvorstand kann sich Dr. Schlierer zwar auf eine Mehrheit gegenüber den Gefolgsleuten seines Stellvertreters und Gegenspielers Dr. Krause stützen. An der Basis hingegen sind die Sympathien für beide Kontrahenten in etwa gleich verteilt, wobei Dr. Krause gerade in den neuen Ländern über starken Rückhalt verfügt. 2.2 Organisation Bundespartei Die Partei verfügt bundesweit über 16 Landesverbände. Die Schwerpunkte liegen in Süddeutschland und in Nordrhein-Westfalen. Bundesvorsitzender ist Dr. Rolf Schlierer, der auf dem Bundesparteitag am 17./18. Dezember in Sindelfingen seinen wegen seiner Bündnispolitik mit Rechtsextremisten zunehmend umstrittenen Vorgänger Franz Schönhuber ablöste. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wählten die Delegierten Dr. Rudolf Krause, Uschi Winkelsett, Ingeborg Seifert, Otmar Wallner und Christian Käs. Rechtsextremismus 21 Der Landesverband Bayern gliedert sich in acht Bezirksverbände, die Landesverband in rund 70 Kreisund 65 Ortsverbände unterteilt sind. LandesvorsitBayern zender ist derzeit Alexander Hausmann, nachdem sich sein Vorgänger Wolfgang Hüttl, ein erklärter Anhänger Schönhubers, auf dem Landesparteitag am 22. Januar 1995 nicht mehr durchsetzen konnte. In Bayern und mehreren anderen Bundesländern hat sich mittlerweile ein "Arbeitskreis Republikanische Jugend" konstituiert. Bundesweit wird außerdem für den Ende Oktober 1993 gegründeten "Republikanischen Bund der öffentlichen Bediensteten" (RepBB) geworben. Infolge zermürbender Richtungskämpfe sind im wesentlichen nur Finanzielle noch die Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern einigerProbleme maßen funktionsfähig. Zudem zeichnen sich erhebliche finanzielle Probleme ab. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages hat den REP die Schlußzahlung für 1994 nach dem neuen Parteienfinanzierungsgesetz in Höhe von rund 900.000 DM verweigert, weil sie keinen fristgerechten Antrag auf Festsetzung der staatlichen Teilfinanzierung gestellt haben. Rund 2,8 Millionen DM, die bereits in drei Raten ausgezahlt wurden, sollen die REP darüber hinaus zurückzahlen. Diese Situation zwang die Partei, alle Einsparungsmöglichkeiten auszuschöpfen, insbesondere den Umfang der Parteizeitung zu reduzieren. 2.3 Teilnahme an Wahlen Bei der Europawahl am 12. Juni hatten die REP gegenüber 1989 bunEuropawahl desweit einen deutlichen Stimmenrückgang von rund 30% zu verzeichnen. Mit 1.387.070 (1989: 2.008.629) Stimmen erreichten sie lediglich einen Stimmenanteil von 3,9% (1989: 7,1 %) und verloren damit ihr letztes Mandat im Europäischen Parlament. Die prozentual größte Einbuße erlitten sie in Bayern, wo ihr Stimmenanteil um mehr als die Hälfte von 14,6% (1989) auf 6,6 % zurückging. Bei der zeitgleich durchgeführten Wiederholungswahl zum Münchner Stadtrat erreichten die REP mit einem Stimmenanteil von 5,1 % (1990: 7,3%) vier (1990: sechs) Mandate. Sie verloren damit ihren Fraktionsstatus. Kommunalwahl 22 Rechtsextremismus Landtagswahl Auch die Landtagswahl in Bayern am 25. September brachte keine Umkehr des Abwärtstrends. Mit 454.170 Gesamtstimmen (3,9 %) blieben die REP ebenso erfolglos wie 1990, wo sie allerdings nur knapp (4,9 %) an der 5-%-Hürde scheiterten. Bundestagswahl Die durch anhaltende interne Richtungskämpfe geschwächte Partei scheiterte auch bei der Bundestagswahl am 16. Oktober. Hier erreichten die REP mit 875.239 (1990: 987.269) Zweitstimmen einen Stimmenanteil von 1,9 % (1990: 2,1 %). Wie schon bei der Europawahl hatte die Partei in Bayern die prozentual höchsten Verluste zu verzeichnen; ihr Stimmenanteil sank dort auf 2,8 % (1990: 5,0 %). 2.4 Interne Auseinandersetzungen Intrigen, Richtungsund Machtkämpfe, Amtsenthebungen und Ausschlußverfahren bestimmten auch 1994 das Erscheinungsbild der Schönhubers Partei. Heftige Auseinandersetzungen entfachte ein Treffen SchönTreffen mit hubers mit dem DVU-Vorsitzenden Dr. Frey am 2 1 . August und der Dr. Frey dabei gefaßte Entschluß, der "linken Volksfront" eine gemeinsame "rechte Abwehrkraft" entgegenzusetzen. Mehrere Landesverbände, darunter auch Bayern, lehnten eine Zusammenarbeit zwischen REP und DVU ab. Mitglieder des Landesvorstands Bayern griffen Schönhuber in einer Sitzung am 24. August in München massiv an. In der Folge versuchte die REP-Parteiführung, die wegen der Kontakte zwischen Schönhuber und Dr. Frey verunsicherte Basis zu beruhigen. In der September-Ausgabe des REP-Parteiorgans "Der Republikaner" hieß es, von einer Zusammenarbeit beider Parteien sei bei dem Treffen Schönhuber/Frey keine Rede gewesen. Angesichts der drohenden linken Volksfront habe Dr. Frey lediglich auf ein weiteres Bekämpfen der REP verzichtet. Eine Hinwendung zum Extremismus werde es seitens der REP nicht geben. Nach der Landtagswahl am 25. September forderte der Bezirksvorsitzende von Schwaben Johann Gärtner den Rücktritt Schönhubers und bezeichnete das Treffen zwischen Schönhuber und Dr. Frey als Ursache für das schlechte Wahlergebnis. Schönhuber selbst übernahm für die Wahlniederlage "die volle Verantwortung". Für die Zukunft müßten "rechte Positionen noch bedingungsloser" ausgefüllt werden. Es nütze nichts, wenn die Partei immer wieder betone, sie sei besser als ihr Ruf, und womöglich noch entsprechende Läuterungsversuche unternehme. Rechtsextremismus 23 Drei Tage nach der Landtagswahl in Bayern erklärten der stellvertreParteiaustritte tende Vorsitzende des bayerischen Landesverbandes Johann Kurz und der Vorsitzende des Bezirksverbandes München Dr. Heinz Kremzow ihren Austritt. Letzterer begründete dies mit der zunehmenden Orientierung der REP "in Richtung Extremismus". Bereits im Frühjahr 1994 hatten der Bundesorganisationsleiter und die Bundesschriftführerin die Partei verlassen mit der Begründung, deren öffentliche Abgrenzung gegenüber neonazistischem Gedankengut entspreche nicht internen Praktiken. Schönhuber wurde am 1. Oktober auf einer Bundesvorstandssitzung Amtsenthebung in Bonn seines Amtes enthoben. Er selbst war in der Sitzung nicht Schönhubers anwesend. Diese Entscheidung wurde am 13. Oktober auf Antrag unwirksam Schönhubers vom Landgericht Berlin für vorläufig unwirksam erklärt. In der Folge verschärfte sich der Richtungsstreit innerhalb der Partei. Gegen eine erneute Abberufung als Vorsitzender der REP ging Schönhuber Anfang Dezember wiederum mit Erfolg vor. Beim Bundesparteitag am 17718. Dezember in Sindelfingen stellte er sich Bundesparteitag jedoch nicht mehr der Wahl. Statt dessen rechnete er mit seinen Gegnern ab, die sein Gespräch mit Dr. Frey zum Anlaß genommen hätten, auf dem Rücken der Partei einen gnadenlosen Nachfolgekrieg zu entfesseln. Die Teilnehmer des Parteitags bemühten sich um Schadensbegrenzung und Erhaltung der Einheit der Partei. So wurde der weitere-Kurs der REP weder kontrovers diskutiert noch verbindlich entschieden. 3. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihren Ende Mai 1992 unter der Bezeichnung "Nationaldemokratisches Manifest" aktualisierten programmatischen Aussagen einen "demokratisch" organisierten Staat fordert und dabei insbesondere die Volkssouveränität betont, lehnt sie wesentliche Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. Trotz ihres Lippenbekenntnisses zum Grundgesetz erstrebt sie in Wirklichkeit einen Staat mit einer von völkisch-kollektivistiVölkischer schen Strukturen bestimmten Volksgemeinschaft. Sie knüpft damit Kollektivismus an ein Leitbild an, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war. Die Auffassungen der NPD über die Stellung des einzelnen in Staat und Gemeinschaft sind mit der Staatsund 24 Rechtsextremismus Gesellschaftsordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Die NPD gibt dem Staat vor dem einzelnen den Vorrang. Diese Betrachtungsweise läuft dem Rang der in Art. 1 des Grundgesetzes normierten Menschenwürde, insbesondere dem daraus resultierenden Vorrang des einzelnen vor dem Staat, zuwider. Die Überbewertung der "Volksgemeinschaft" im Sinne eines völkischen Kollektivismus und die Absicht, Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft durch die Unterordnung des einzelnen unter nicht näher definierte Gemeinschaftsinteressen aufzuheben, stehen außerdem im Gegensatz zur Verbindlichkeit der Grundrechte gegenüber der staatlichen Gewalt. Nationalismus Ferner lassen Veröffentlichungen der Partei nach wie vor rassistische und Rassismus und nationalistische Zielsetzungen und Denkweisen erkennen. Die NPD versucht, ihre für Rechtsextremisten charakteristische Ablehnung alles Andersartigen, hinter der sich die Überzeugung von der Höherwertigkeit der eigenen Rasse und Nation / verbirgt, unter Berufung auf die "Vielfalt des I Lebens und seiner Erscheinungen" zu recht- : fertigen. Sie präsentiert sich dabei als Gegnerin des "längst überholten Dogmas von der angeblichen Gleichheit aller Menschen". Diese Grundeinstellung läuft auf eine mit Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes unvereinbare Rassendiskriminierung hinaus. Dementsprechend behandelt die Partei das Ausländerund Asylantenproblem vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der "Überfremdung" und vertritt die Auffassung, die "Zwangsgermanisierung" der hier lebenden Ausländer bedrohe die "deutsche Volkssubstanz". Integration sei der Untergang der Nationen, Religionen und Kulturen; nur "Feinde der Völker" befürworteten den "Mischmasch". Die "Verdummungspolitik der Multi-Kulti-Lobby" führe einen "Vernichtungsfeldzug gegen das eigene Volk". Der "Schutz des deutschen Volkes" müsse daher "in der Verfassung den gleichen Rang erhalten wie die Individualrechte" Agitation gegen Nationalistische Bestrebungen kamen ferner insbesondere in der europäische Agitation gegen die europäische Einigung zum Ausdruck. So Einigung behauptete die Partei, die Politik der Europäischen Union, die "durch einen in keiner Weise demokratisch legitimierten Verwaltungswasserkopf gestaltet" werde, vernichte die "nationale Identität" der europäischen Staaten und werde "in einem chaotischen Regionenund Völkerbrei enden". Rechtsextremismus 25 Der Antisemitismus der NPD wurde insbesondere bei polemischen AnAntisemitismus griffen gegen Repräsentanten jüdischer Institutionen deutlich. So verwies die Partei auf das "mosaische Syndikat aus Frankfurt", das angeblich die deutsche Politik beherrsche, und behauptete, Vertreter des Jüdischen Weltkongresses maßten sich hier die Rolle einer "fünften Besatzungsmacht" an. In einem "Offenen Brief" an ein Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland warf der Parteivorsitzende die Frage auf, was der Adressat "hier in unserem Land" noch suche, und empfahl ihm, die Koffer zu packen und dort hinzugehen, wo er als Jude hingehöre, nämlich nach Israel; im übrigen wolle man die vormaligen "Alliierten Hochkommissare und Bevormunder" nicht durch einen "Jüdischen Hochkommissar" ersetzt sehen. Daneben solidarisierte sich die NPD mit führenden Vertretern des NS-Apologie Revisionismus und erklärte, es sei ein Skandal, Meinungsäußerungen von "Historikern" (Irving) oder "Personen der Zeitgeschichte" (Remer) über Gaskammermorde aufgrund von "Dogmen" zu ahnden, die "nach ihrem Inhalt und Geist den Menschenrechten widersprechen". Zu den Hauptangriffszielen der Partei gehören nach wie vor die Diffamierung demokratischen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland und demokratischer ihre Repräsentanten. Dabei tritt an die Stelle konstruktiver Kritik an Institutionen einzelnen Mißständen eine bewußt entstellende und überspitzt verallgemeinernde Form der Darstellung. So bezeichnete die NPD ihre politischen Gegner als "Bonner Bonzen", "Lizenzpolitiker", "PolitMarionetten" und "Kollaborateure der alliierten Kriegsgewinnler", die "Verrat am Volk" übten und lediglich daran interessiert seien, die eigenen Taschen zu füllen. Die "PJünderungsmentalität" der herrschenden politischen "Absahnerklasse" betrachte den Staat als Beutegut. Immer brutaler manifestierten sich die "Unterdrückungsmechanismen" des "Bonner Systems" in Gesinnungsterror, Verbots-Verfügungen und der "Ausgrenzung, Ächtung und Verfolgung nationaler Deutscher". Deutschland solle nach dem Willen der "Bonner Kartellparteien" eine ' "politische Kolonie der USA" bleiben. Das "System" habe keine Fehler, sondern sei selber "der Fehler". Diese diffamierende Polemik läßt darauf schließen, daß die NPD die Prinzipien des Mehrparteiensystems und der Chancengleichheit der Parteien trotz ihres formalen Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnt. 26 Rechtsextremismus Haltung zur Daß Gewalt keine Probleme löst, ist nach Auffassung der NPD "eine Gewalt Formel, die so nicht stimmt". Dies zeige sich u.a. an der Entwicklung in Südtirol und Nordirland, aber auch an den von französischen Bauern und Fischern durch gewaltsame Aktionen erzwungenen Zugeständnissen. Nur in Deutschland verstünden sich die Menschen nicht darauf, ihr verfassungsmäßiges "Widerstandsrecht" wahrzunehmen. Vielmehr würden sie mit dem Etikett "ausländerfeindlich" daran gehindert, sich gegen "kriminelle Ausländer und Asylbetrüger" zur Wehr zu setzen. 3.2 Organisation Die am 28. November 1964 in Hannover von Funktionären der ehemaligen Deutschen Reichspartei (DRP) gegründete NPD gliedert sich derzeit in 15 Landesverbände, die wiederum in Bezirksund KreisverRückläufige bände unterteilt sind. Die Partei zählte Ende 1994 nach erneuten perMitgliederzahlen sonellen Einbußen bundesweit noch rund 4.500 (1993: 5.000) Mitglieder. Parteivorsitzender ist seit Juni 1991 Günter Deckert aus Weinheim. Seine Stellvertreter sind Walter Bachmann aus Regensburg, Udo Holtmann aus Oberhausen und Thomas Salomon aus Berlin. Der Landesverband Bayern mit Sitz in München zählt rund 750 (1993: 800) Mitglieder (ohne JN und NHB). Er gliedert sich in sieben Bezirksund rund 50 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aktiv ist. Organisation in Landesvorsitzender ist der Diplom-Politologe Udo Voigt aus MoosBayern burg a.d. Isar. 3.3 Teilnahme an Wahlen Europawahl Bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 12. Juni scheiterte die NPD noch deutlicher als 1984. Während damals noch knapp 199.000 Wähler (0,8%) für die NPD votierten, erreichte die Partei diesmal im wiedervereinigten Deutschland mit 77.227 Stimmen nur einen Stimmenanteil von 0,2%. In Bayern stimmten 7.169 Wähler (0,1 %) für die NPD. Münchner ' Auch bei der Stadtratswahl in München am 12. Juni konnte die NPD Stadtratswahl mit einem Stimmenanteil von 0,1 % (1990: 0,1 %) kein Mandat Rechtsextremismus 27 erringen. Bemerkenswert war, daß die Hälfte ihrer Kandidaten - entgegen den Abgrenzungsbeschlüssen des Parteivorstands - dem neonazistischen Spektrum zuzurechnen war. So kandidierte der bekannte Neonazi und Revisionist Ewald Bela Althans auf Platz 2 der Liste, gefolgt vom ehemaligen Vorsitzenden des Mitte 1993 verbotenen Nationalen Blocks (NB). Die Erwartung der Münchner NPD, sich durch eine Zusammenarbeit mit Neonazis neue Wählerstimmen erschließen zu können,-hat sich indes nicht erfüllt. Der Niedergang der NPD setzte sich bei der Landtagswahl am Landtagswahl 25. September fort. Die Partei kandidierte lediglich in den Wahlkreisen Niederbayern und Mittelfranken und erreichte 11.599 Gesamtstimmen (0,1 %). Auf eine Teilnahme an der Bundestagswahl am 16. Oktober hatte Bundestagswahl die Partei angesichts ihrer organisatorisch und finanziell desolaten Lage bereits kurz nach der Europawahl verzichtet. 3.4 Sonstige Aktivitäten Der NPD-Parteivorsitzende Deckert unterbreitete Mitte April den Vorsitzenden von DVU und REP ein Angebot zur Zusammenarbeit. Während Schönhuber überhaupt nicht reagierte, antwortete Dr. Frey mit einem für die NPD nicht akzeptablen Vorschlag, Bewerber der NPD auf DVU-Listen kandidieren zu lassen. Kurz vor der bayerischen Landtagswahl bemühte sich Deckert in einem auch den Medien Bündniszugeleiteten Offenen Brief erneut, bei Schönhuber und Dr. Frey für bemühungen das ihm vorschwebende "Bündnis Deutschland" zu werben. Auf dem Landesparteitag am 22. Oktober in Eggenfelden setzte die bayerische NPD diese Initiative fort, indem sie "alle zum Handeln entschlossenen nationalen Kräfte in Bayern, seien es REP, DVUAnhänger, Mitglieder von jugendlichen Aktionsgruppen oder einfach unabhängige Individualisten" dazu aufrief, über eine neue nationale Fundamentalopposition und über die Gründung zielgerichteter Aktionsgemeinschaften "im Rahmen von einem Bündnis Deutschland" nachzudenken und zu diskutieren. Gesprächskontakte bestehen bereits zum stellvertretenden REP-Vorsitzenden Dr. Krause; eine breite Solidarisierung des rechtsextremistischen Lagers ist indes nicht in Sicht, obwohl die NPD mit ihrer Einladung an "Mitglieder jugendlicher Aktionsgruppen" faktisch ihre Abgrenzung gegen eine Zusammenarbeit mit Neonazis aufgegeben hat. 28 Rechtsextremismus Mit Genugtuung verfolgte die NPD die öffentliche Diskussion um ein Urteil des Landgerichts Mannheim, das gegen Deckert am 22. Juni wegen Leugnung des Holocaust eine einjährige Freiheitsstrafe verhängt hatte. Formulierungen des Urteils, die Verständnis für Revisionismus Deckerts Haltung zeigten, führten zu heftiger öffentlicher Kritik am Gericht. Das Urteil ist im Schuldspruch bereits rechtskräftig; im Strafmaß und hinsichtlich der Strafaussetzung zur Bewährung wurde es am 15. Dezember vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Von der Fortsetzung des Strafverfahrens verspricht sich die NPD propagandistischen Nutzen. Sie hofft, Deckert bei einer möglichen Strafverschärfung zum "Märtyrer" hochstilisieren zu können und damit auch ihrem Ziel einer Einigung des rechtsextremistischen Lagers näherzukommen. Darüber hinaus erwartet sie, mittels revisionistischer Propaganda weitere Resonanz in den Medien zu finden und dadurch ihre Chancen bei künftigen Wahlen steigern zu können. 3.5 Junge Nationaldemokraten (JN) IdeologischDie JN als Jugendorganisation der NPD politischer sind nach ihrem Statut zur aktiven Standort Mitarbeit in den Gremien der NPD unverändert verpflichtet. Obwohl sie sich in Ideologie und Zielsetzung zum Programm der Mutterpartei bekennen, sind sie mitunter um mehr Eigenständigkeit bemüht. Auch artikulieren und verhalten sie sich in der Öffentlichkeit wesentlich aggressiver. Die JN verstehen sich als eine "weltanschaulich geschlossene Jugendbewegung neuen Typs mit revolutionärer Ausrichtung" und als Vorhut eines "anderen Deutschlands", das ein "auf der Solidargemeinschaft der deutschen Stämme begründetes neues Reich" sein werde. So wenden sie sich gegen die "Verlogenheit und Dumpfheit des herrschenden Systems", das sie durch eine "Volksgemeinschaft" mit einer "neuen nationalistischen Ordnung" ersetzen wollen. Darüber hinaus treten sie neuerdings für eine größtmögliche Vernetzung mit der neonazistischen Szene ein und übernehmen damit Positionen des Hamburger Neonazi Christian Worch, der das * rechtsextremistische, insbesondere neonazistische Lager Rechtsextremismus 29 durch Informationsaustausch und gemeinsame Aktionen zusammenführen will, um dessen Schlagkraft zu erhöhen. Die durch Führungsschwäche und Mitgliederverluste bedingte Krise Anhaltend der JN hielt an. Ende 1994 zählten die JN bundesweit rund 150 desolate Lage (1993: 200) Mitglieder, davon wie im Vorjahr etwa 50 in Bayern. Bundesvorsitzender ist Holger Apfel, der auf dem 23. ordentlichen Bundeskongreß am 3. September in Aßlar/Hessen zum Nachfolger von Andreas Storr gewählt wurde. Der Landesverband Bayern gliedert sich in die beiden "Regionalen Aktionsgruppen" (RAG) Franken und. München/Ebersberg; Landesvorsitzender ist Rainer Hatz aus Nürnberg, der auf dem Landeskongreß am 4. Dezember Eugen Bauer ablöste. Der Auslandsarbeit soll künftig wachsende Bedeutung zukommen. Sporadische So beschlossen die JN auf ihrem Bundeskongreß am 3. September Aktivitäten ein "Europäisches Jugendmanifest", das vor allem der Kontaktaufnahme mit anderen nationalistischen Jugendgruppen in Europa dienen soll. Auf Einladung des Bundesvorstandes fand sodann am 10. Dezember in Klingenberg a. Main, Landkreis Miltenberg, ein "Europäischer Kongreß der Jugend" statt. Daran beteiligten sich rund 200 Besucher aus dem Bundesgebiet, den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg und Kroatien. 4. Deutsche Volksunion (DVU) 4.1 Ideologisch-politischer Standort Das im Sommer 1993 beschlossene neue Parteiprogramm soll der Neues Programm aktuellen politischen Situation seit der Wiedervereinigung Deutschlands und der Entstehung neuer Nationalstaaten in Europa Rechnung tragen. Im Vergleich zum bisherigen Programm sind keine durchgreifenden Änderungen in Aufbau und Inhalt erkennbar; allerdings war die Programmkommission sichtlich bestrebt, problematische Aussagen zu tilgen oder zumindest zu entschärfen, um die verfassungsfeindliche Zielsetzung der Partei noch besser zu tarnen. Die DVU warnt vor einer angeblich von Politikern geplanten Auflösung Deutschlands in einem "Vielvölkerstaat" und tritt mit Parolen wie "Bewahrung der deutschen Identität" und "Gleichberechtigung für Deutschland" dafür ein, den Ausländeranteil zu begrenzen, den "zunehmenden Ausländerzustrom" in das Bundesgebiet zu stoppen und die "Zuweisung von Kollektivschuld oder Kollektivverantwortung" an die Deutschen einzustellen. 30 Rechtsextremismus Extremistische Die am Programm nicht ohne weiteres erkennbare rechtsextremistiGrundhaltung sche Grundhaltung der Partei wird vor allem an den ihr zurechenbaren Äußerungen führender Funktionäre sowie am Inhalt ihrer publizistischen Sprachrohre deutlich, die im Verlag des Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard Frey erscheinen. Diese greifen regelmäßig aktuelle Probleme auf, für die sie die von ihnen langjährig entwickelten Feindbilder wie etwa die "unverschämten" Polen, die "erpresserischen" Juden oder die "kriminellen" Ausländer verantwortlich machen. Im Vergleich zu den Vorjahren bietet die Partei derzeit äußerlich ein moderateres Erscheinungsbild. So stehen nationalistisch und rassistisch geprägte Kampagnen, die sich bislang vor allem gegen Asylbewerber und sonstige Minderheiten richteten, nicht mehr im Mittelpunkt der Agitation. Deutlich nachgelassen hat auch die Diffamierung demokratischer Institutionen und ihrer Repräsentanten. NS-Apologie Statt dessen konzentrierte sich die DVU verstärkt auf Kritik an der "extrem einseitigen Vergangenheitsbewältigung", die den Deutschen "Kollektivverantwortung für NS-Untaten einbleuen und kommende Generationen in Kollektivhaftung nehmen" solle. Dabei war die Partei bestrebt, die Einmaligkeit des Holocaust durch Hinweise auf die "Millionen deutscher Opfer der Siegerverbrechen" zu relativieren. Ständige "nationalmasochistische Rituale und Kollektivanklagen gegen das eigene Volk" hätten sich "für Spitzenpolitiker in der Bundesrepublik zu selbstgewählten Pflichtübungen entwickelt". Selbst lange nach 1945 geborene Deutsche sollten für die bald ein halbes Jahrhundert zurückliegende NS-Zeit "sühnen, büßen, vor allem aber zahlen". Hier walteten "pharisäerhafte Heuchelei" und ein System der "Umerziehung", um den Deutschen "eine Zukunft in Gleichberechtigung zu verunmöglichen". Mit solchen Angriffen auf die "Umerziehung" wendet sich die DVU gegen die Verurteilung des Nationalsozialismus nach 1945. Haltung zur Breiten Raum nahmen ferner Versuche ein, das Ausmaß fremdenGewalt feindlicher Gewalttaten zu relativieren und diesen die rechtsextremistische Motivation weitgehend abzusprechen. Dazu vertrat die Partei die Auffassung, in fast allen Fällen "rechtsradikaler" Anschläge seien andere Beweggründe ursächlich, z.B. Versicherungsbetrug, Konflikte Rechtsextremismus 31 verfeindeter Ausländergruppen untereinander oder Geheimdienstaktivitäten mit dem Ziel, die "politische Rechte" zu belasten. Oft handele es sich aber auch um "Suffund Rauschtaten, begangen von Personen, die mit der Rechten nicht das geringste zu t u n " hätten. Gleichwohl werde das "Treiben niederträchtiger Psychopathen" von der Meinungsindustrie als "Wiedererwachen des Nationalsozialismus" interpretiert, um damit "schwerkriminelle Idioten" als Nachahmungstäter zu züchten und dadurch "die antideutsche Propaganda noch weiter aufzuheizen". Die DVU verurteilt danach die fremdenfeindliche Gewalt in erster Linie unter dem Aspekt der Gefährdung nationaler Interessen. Vom vorrangigen Individualrecht der Opfer auf Leben und körperliche Unversehrtheit ist kaum die Rede. Die zunehmend subtiler gewordene Agitationsmethodik der DVU vermied offenen Antisemitismus. Gleichwohl waren ihre Aussagen zu den Themen "Juden" und "Israel" vielfach negativ geprägt, verbunLa ten ter den mit einer starken Personalisierung der darin enthaltenen VorwürAntisemitismus fe. So polemisierte die Partei nach dem Brandanschlag auf die Lübecker Synagoge am 25. März gegen den Zentralrat der Juden in Deutschland, der bereits die Welle der Hakenkreuzschmiereien des Jahres 1959 dazu genutzt habe, eine "extreme Erweiterung des politischen Strafrechts" um den neu geschaffenen SS 130 StGB durchzusetzen, und nun eine ähnliche Initiative ergriffen habe, die "die Überprivilegierung von Minderheiten" ins Unermeßliche steigern würde. 4.2 Organisation Die DVU zählte Ende 1994 einschließlich der sechs Jahre zuvor nach einer Satzungsänderung übernommenen Angehörigen des gleichnamigen Vereins nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bundesweit rund 20.000 (1993: 26.000) Mitglieder, davon etwa 2.800 Deutlicher Mit(1993: 3.100) in Bayern. Bundesvorsitzender ist der Verleger Dr. gliederrückgang Gerhard Frey aus München. Seine Stellvertreter sind Peter Jürgensen aus Baden-Württemberg und Johann Schüler aus Sachsen. Ende 1994 verfügte die Partei in allen Bundesländern über Landesverbände. In Bayern bestehen die Bezirksverbände Oberbayern, Niederbayern, Mittelfranken, Oberpfalz und Schwaben sowie 16 Kreisverbände und vier Ortsverbände. Im Verlag des Parteivorsitzenden erscheinen die "Deutsche NationalZeitung" (DNZ) und die teilweise inhaltsgleiche "Deutsche Wochen- 32 Rechtsextremismus Zeitung" (DWZ). Beide fungieren als Werbeträger und publizistische Sprachrohre sowohl der Partei als auch des gleichnamigen eingetragenen Vereins. Defizitäre Die Partei ist nach wie vor hoch verschuldet. Nach dem RechenFinanzlage schaftsbericht beträgt das Defizit der DVU rund neun Millionen DM. 4.3 Bündnispolitik Treffen Frey - Am 21. August traf sich Dr. Frey mit dem damaligen REP-VorsitzenSchönhuber den Franz Schönhuber zu einem "Meinungsaustausch". In einer gemeinsamen Presseerklärung vom 22. August erklärten beide Parteivorsitzende, der "linken Volksfront" müsse eine "rechte Abwehrkraft" entgegengesetzt werden. Sie wollten ihren Parteien unter Beachtung bestehender und verbindlicher Beschlüsse empfehlen, Auseinandersetzungen einzustellen und zu einem Verhältnis zu gelangen, das insbesondere bei Wahlen eine Selbstblockade verhindere. Die Entscheidung über die zukünftigen Formen des Verhältnisses der beiden Parteien zueinander sei Sache der Parteibasis und kommender Parteitage. Schönhuber hatte zuvor jeglichen Kontakt zum DVU-Vorsitzenden strikt abgelehnt. Dr. Frey dagegen warb zumindest seit der Niederlage der DVU bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im September 1993 laufend für ein Bündnis der "demokratischen Rechten". Er verfolgte mit dem Treffen offenbar das Ziel, sich als Einiger des "rechten Lagers" zu profilieren. Die Begegnung, die bei den REP zu einer innerparteilichen Zerreißprobe führte, fand innerhalb der DVU nur geringe Resonanz. In der Folgezeit stellten Dr. Freys Zeitungen ihre Angriffe auf Schönhuber ein und entwickelten sich sogar zu Verteidigern seines Kurses. Damit bietet die DVU enttäuschten REPNeue politische Anhängern des Schönhuber-Flügels eine neue politische Heimat. Ob Heimat für Dr. Frey daneben auch auf Gesprächsangebote der NPD eingeht, REP-Anhänger bleibt abzuwarten; immerhin bestehen ideologische Gemeinsamkeiten, vor allem im Bereich des Revisionismus. 4.4 Sonstige Aktivitäten Jährliche An der alljährlichen Großkundgebung der DVU, die am 24. SeptemGroßkundgebung ber unter dem Motto "Gerechtigkeit für Deutschland" in der Nibelungenhalle in Passau stattfand, nahmen rund 2.000 Personen teil. RechtsextrernA(r)smus 33 Hauptredner war der Bundesvorsitzende Dr. Frey, der vor allem gegen die Bundesregierung polemisierte und der "von allen guten Geistern verlassenen Bonner Clique" Rechtsbrüche im Zusammenhang mit der Verweigerung der Visaerteilung für den als Gastreferent angekündigten russischen Nationalisten Wladimir Schirinowski] und dessen Duma-Delegation vorwarf. Zur Zukunft der "deutschen Rechten" äußerte er, daß er nach wie vor "ein geregeltes Miteinander mit den Republikanern" anstrebe. An Wahlen hat sich die DVU 1994 nicht beteiligt, um sich nicht in Keine "aussichtslosen Wahlkämpfen zu verschleißen". Außerdem wollte Wahlbeteiligung sie eine für DVU und REP gleichermaßen schädliche Konkurrenz vermeiden, die Chancen der REP durch Verzicht auf eine eigene Wahlteilnahme mittelbar erhöhen und so auch deren Basis auf eine Annäherung beider Parteien einstimmen. 5 Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 5.1 Ideologie und Organisation Der eingetragene Verein DVU entspricht ideologisch der gleichnamiÜbereinstimmung gen Partei. Nach seiner Satzung haben die Mitglieder außer der Zahmit der DVU lung monatlicher Beiträge keine weiteren Verpflichtungen. Bundes(Partei) vorsitzender ist Dr. Gerhard Frey. Seit der Gründung der DVU als Partei entwickelt der Verein kaum mehr eigene Initiativen. Nach einer Ende 1988 beschlossenen Satzungsänderung gehören die über 16 Integration Jahre alten Vereinsmitglieder zugleich der Partei an, sofern sie nicht in die DVU (Partei) widersprechen. 5.2 Aktionsgemeinschaften der DVU Die vom Verein geschaffenen Aktionsgemeinschaften, deren Mitgliedsbeiträge attraktiv niedrig gehalten werden, sind Bestandteile des Vereins. Ihre Veröffentlichungen erscheinen fast ausschließlich in den "nationalfreiheitlichen" Wochenblättern von Dr. Frey. Der Beitritt zu einer Aktionsgemeinschaft begründet kraft Satzung gleichzeitig die MitBreites Agitagliedschaft im Verein. Die Anziehungskraft und Gefährlichkeit dieser tionsspektrum 34 Rechtsextremismus Propagandainstrumente beruht insbesondere darauf, daß sich ihre Aussagen nur auf Teilbereiche rechtsextremistischer Agitation beziehen und bei isolierter Betrachtungsweise vielfach nicht erkennen lassen, welche Grundhaltung hinter unverfänglichen, auch Nichtextremisten vermittelbaren Forderungen, wie z.B. "Erhalt des Lebens und der Heimat", steht. Wie im Vorjahr traten die sechs Aktionsgemeinschaften mit eigenständigen Aktionen kaum an die Öffentlichkeit. 6 Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 6.1 Ideologisch-politischer Standort Die DLVH versteht sich als Sammlungsbewegung aller "rechten" Parteien und wirbt - bislang erfolglos - für den Zusammenschluß "Rechte Samm"nationaler" Parteien und Verbände zu einer gemeinsamen Wahllungsbewegung" partei, um auf diese Weise alle "rechten" Kräfte zu bündeln. Sie bekennt sich zwar formal zur "Demokratie" und zum "pluralistischen Rechtsstaat". Ihr bewußt zurückhaltend formuliertes Parteiprogramm zeigt gleichwohl eine nationalistische, rassistische und völkisch-kollektivistische Grundhaltung, die den Vorrang der in den Grundrechten konkretisierten Menschenrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) und das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG) in Frage stellt. Die Übereinstimmung mit rechtsextremistischem Gedankengut insbesondere der NPD ist offensichtlich. So lehnt die Partei "Gleichmacherei, Überfremdung und Bevormundung" ab, bekennt sich zur "Völkervielfalt" und betont die "Eingebundenheit des Menschen in Volk und Heimat" sowie die "Unterschiedlichkeit der Menschen und Nationen". Nationalismus und Folgerichtig läßt sie auch eine nationalistisch motivierte fremdenRassismus feindliche Grundtendenz erkennen. Nach Auffassung der DLVH ist Deutschland u.a. durch "wachsende Asylantenund Einwandererströme" infolge politischen Versagens der "Altparteien" in seinem Bestand und seinem Wohlstand bedroht. Deshalb tritt die Partei dafür ein, die Zahl der Ausländer in Deutschland zu senken und zu begrenzen, die Zahlung von Kindergeld an die deutsche Staatsbür- Rechtsextremismus 35 gerschaft zu binden, Kindergartenplätze "vorrangig deutschen Kindern" zur Verfügung zu stellen, sowie Arbeit, Wohnraum und soziale Versorgung "vorrangig den Einheimischen" zuzuteilen. Außerdem fordert die Partei eine "Geschichtsschreibung, die der Wahrheit entspricht und sich nicht für Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbrauchen läßt". Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung dürften nicht zur "politischen Erpressung" führen. Die Partei versucht damit offenbar eine Relativierung der NS-Verbrechen. Die extremistische Zielsetzung der Partei wird durch die personelle Zusammensetzung der Führungsspitze bestätigt. Dem Bundesvorstand gehören - ebenso wie dem bayerischen Landesvorstand - mehrere Personen mit rechtsextremistischer Vergangenheit an, die bisher nicht erkennen ließen, daß sie ihre frühere politische Überzeugung geändert hätten und nunmehr demokratische Positionen anstrebten. 6.2 Organisation Die DLVH zählte Ende 1994 wie im Vorjahr bundesweit rund 900 Mitglieder, davon etwa 200 in Bayern. An der Spitze der Partei stehen als gleichberechtigte Vorsitzende die bekannten RechtsextremiBundesvorstand sten Harald Neubauer (früher: NPD, DNZ und REP) und Jürgen Schützinger (früher: NPD) sowie der ehemalige DVU-Funktionär Ingo Stawitz. Publizistisches Sprachrohr ist die im Nation Europa Verlag GmbH in Coburg erscheinende Monatsschrift "Nation und Europa - Deutsche Rundschau". Landesverbände bestehen mittlerweile in Baden-Württemberg, BayLandesverbände ern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein; der organisatorische Aufbau verläuft aber nach wie vor schleppend. Vorsitzender des in die Bezirksverbände Oberbayern, Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken und Oberpfalz gegliederten Landesverbandes Bayern ist Werner Eichinger. Mit der Partei personell verzahnt ist der bereits 1990 gegründete "Förderverein Vereinigte Rechte" in Landshut, der ähnlich wie die 36 Rechtsextremismus DLVH für den "Zusammenschluß nationaler Parteien und Verbände zu einer gemeinsamen Wahlpartei" eintritt. 6.3 Aktivitäten Der Bundesvorstand begrüßte das Treffen von Schönhuber und Dr. Frey im August und erklärte, die DLVH werde alle Schritte unterstützen, die der "selbstzerstörerischen Zersplitterung der demokratischen Rechten" begegneten und zur Einigung führten. In einem BündnisRundschreiben an die Mitglieder vom 1. November trat er erneut für bemühungen eine "Sammlung der demokratischen Rechten" ein, da keine der "Rechtsparteien" aus eigener Kraft die breite Wählermasse ansprechen könne. Die DLVH wolle dazu beitragen, daß 1995 für die "deutsche Rechte" ein Jahr der Versöhnung, Öffnung und Erneuerung, werde. Bisher sind derartige Bündnisbemühungen über sporadische Kontakte auf regionaler Ebene nicht hinausgekommen. 7. Neonazismus 7.1 Allgemeines Eine besonders abstoßende Erscheinungsform des Rechtsextremismus ist nach wie vor der Neonazismus (neuer Nationalsozialismus). Er umfaßt alte Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus darstellen und auf die Errichtung eines vom Führerprinzip bestimmten autoritären bzw. totalitären Staates gerichtet sind. AgitationsDie Agitation der Neonazis richtet sich insbesondere gegen die vom; schwerpunkte Grundgesetz (Art. 1, 3 und 20) garantierte Menschenwürde, den Gleichheitsgrundsatz und das Demokratieprinzip. Sie umfaßt vor allem Bestrebungen zur Wiedereinführung des NS-Systems, unverhohlenen Antisemitismus und sonstigen Rassismus, Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur. Einen Schwerpunkt neonazistischer Aktivitäten bilden seit S Jahren die maßgeblich von Neonazis getragenen Veranstaltungen zum Gedenken an den 1987 verstorbenen "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß. Bei der Aktionswoche vom 13. bis 21. August haben umfangreiche Siche- Rechtsextremismus 37 rungsund Kontrollmaßnahmen der Polizei die Teilnehmer verunsichert und spektakuläre Aktionen in Bayern und im übrigen Bundesgebiet unterbunden. Die Neonazis wichen deshalb nach Luxemburg aus, wo viele festgenommen wurden. Die Zahl der Neonazis in Bayern betrug Ende 1994 wie im Vorjahr Organisatorische rund 140; davon gehören etwa 100 neonazistiNeustrukturierung schen Organisationen an. Angesichts des zunehmenden staatlichen Verfolgungsdrucks (Organisationsverbote, Parteiverbotsanträge, Verbote von Veranstaltungen, Strafurteile) entwickelt das neonazistische Spektrum mittlerweile neue, durchwegs strukturlose Organisationsformen auf regionaler Ebene. Das Ziel ist, sich möglichst weitgehend der Beobachtung und dem Zugriff des Staates zu entziehen. In diesen sogenannten "Kameradschaften" gibt es weder eine formelle Mitgliedschaft noch Vorstandspositionen; ein geregeltes Vereinsleben findet nicht statt. Anführer ist meist ein besonders aktiver Rechtsextremist, der es versteht, seinen Gefolgsleuten die den ideologischen Zusammenhalt stärkenden "Feindbilder" zu vermitteln. In Bayern sind derartige themenund aktionsbezogene regionale Zusammenschlüsse in München, Ingolstadt, Kelheim und Straubing bekannt. Übergreifendes Bindeglied im neonazistischen Spektrum ist nach wie Anti-Antifavor die Anti-Antifa-Kampagne, die als Reaktion auf Gewaltaktionen Kampagne linksextremistischer Gruppierungen gegen Rechtsextremisten entstand. Ziel dieser von dem Hamburger Neonazi Christian Worch initiierten Kampagne ist zum einen die logistisch vorbereitete Bekämpfung politischer Gegner, zum anderen die Mobilisierung von Anhängern des rechtsextremistischen Lagers zu einer organisationsübergreifenden Aktionsgemeinschaft. Dabei lehnen sich die Neonazis an die von Linksextremisten entwickelten Konzepte an. So propagieren sie den Aufbau "autonomer" Strukturen und betreiben eine informationelle Vernetzung mittels moderner Kommunikationssysteme. Das Ziel dieser neuen Strategie sind - so Worch - " 700 Gruppierungea, die zumindest einmal im Jahr bei einer Gelegenheit an einem Strang ziehen. Und das ist eine politische Macht, die läßt sich dann nur noch mit Panzerkraftwagen aufhalten". - 38 Rechtsextremismus Eine bedeutende Rolle beim Aufbau geeigneter Infrastrukturen für die Anti-Antifa-Arbeit spielen die "Nationalen Info-Telefone", bei denen über Anrufbeantworter Nachrichten abgerufen werden können. Zur Förderung ihrer informationellen - nicht organisatorischen - Vernetzungsbestrebungen setzen Rechtsextremisten neben InfoInfo-Telefone und Telefonen inzwischen auch verstärkt Mailboxen und deren ZusamMailboxen menschluß in Form des "Thule-Netzwerks" ein, durch die den Benutzern (User) je nach Art und Umfang ihrer Zugangsberechtigung bestimmte Informationen zugänglich sind. In dem dazu_ erforderlichen zentralen Rechner existiert neben einem für alle User offenen Bereich für jeden einzelnen ein eigenes "Postfach", in dem nur für ihn bestimmte Nachrichten enthalten sind. Umgekehrt können die User auch eigene Informationen in die Mailbox einstellen bzw. an bestimmte andere Benutzer richten. Auf diese Weise ist auch eine abgeschottete direkte Kommunikation zwischen einzelnen Benutzern möglich. Verhältnis Während die Publikationen der Anti-Antifa anfangs noch betonten, zur Gewalt sie stellten keine Aufforderung zur Gewalt dar, hat sich die Diktion inzwischen verschärft. So hieß es in den "Nachrichten der HNG" vom März/April 1994 in einem Artikel "Brennende Ausländer und die Folgen": "Es war immer unser Bestreben, unsere politischen und weltanschaulichen Vorstellungen und Ziele legal zu vertreten. Das ist jetzt nahezu unmöglich geworden: Organisationen, Parteien, Demonstrationen etc. werden zerschlagen bzw. verboten, unzählige Angehörige der Szene in Gesinnungshaft und nicht zuletzt die alltäglichen Versuche von Repressionskräften des Systems zur psychischen Zermürbung unserer Leute haben ein politisches Klima geschaffen, das recht explosiv ist. Lodern dann irgendwo Flammen oder ist die Luft durch Explosionsknalle geschwängert, wer ist dann dafür verantwortlich ? " In derselben Publikation äußerte der bekannte Neonazi Worch unter dem Titel: "Literatur der Revolution" in einem "nicht vollständig fiktiven" Lebenslauf: " Wenn die bundesdeutsche Justiz nicht aufhört, meine Kameraden mit Terrorurteilen zu unterdrücken, kann niemand die folgen absehen. Ich kann nicht verhindern, daß einzelne Kameraden durchdrehen und zur Waffe greifen. Dann gäbe es eine zweite Terrorfront". Rechtsextremismus 39 In der neonazistischen Publikation "Die Neue Front" (Nr. 87, 1994) war unter der Überschrift "Anti-Antifa-Meldung" ein Photo des Generalbundesanwalts mit einem auf die Stirn gerichteten Maschinengewehr und dem Begleittext "Herr Generalbundesanwalt. Herzlich willkommen an der Front" abgebildet. Auf derselben Seite wurde die Anschrift eines Koblenzer Oberstaatsanwalts veröffentlicht. Die vorstehend zitierten Aussagen machen deutlich, daß die AntiDemokratischer Antifa-Bewegung ihre Ziele erweitert hat. Sie richtet sich inzwischen Staat als Angriffsnicht nur gegen linksextremistische politische Gegner, sondern auch ziel gegen Institutionen und Repräsentanten des demokratischen Rechtsstaats, insbesondere dessen als "Repressionsapparat" empfundene Justiz und Exekutive. So stellte die Polizei am 23. Juni bei einem Neonazi in Mainz Unterlagen sicher, die Namen und Privatanschriften bzw. -telefonnummern von mehreren Bundesministern, Landesministern, Abgeordneten und sonstigen Personen des öffentlichen Lebens enthielten. Die Namen und Adressen stammten größtenteils aus öffentlich zugänglichen Quellen, deuten aber gleichwohl auf eine intensive Ausforschung hin. Erhöhte Brisanz erhalten diese in die "Anti-Antifa"-Aktivitäten einzuordnenden Unterlagen durch das ebenfalls sichergestellte "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik". Es ist Teil der vierteiligen rechtsextremistischen Schriftenreihe "Eine Bewegung in Waffen", die sich mit der Vorbereitung und Durchführung einer nationalsozialistischen Revolution beschäftigt. Das Handbuch ist eine militärisch-technische Anleitung zum Bau und zur Verwendung von Brandund Sprengstoffen. Es besteht die Gefahr, daß die Anti-Antifa ihre bisher theoretisch Künftige Gefahren formulierten Ziele künftig zum Gegenstand gewaltsamer Aktionen macht und damit den Beginn einer neuen militanten Phase des Rechtsextremismus markiert. Zudem könnte sie aufgrund ihres aktionistischen Charakters eine Sogwirkung auf noch außenstehende Rechtsextremisten ausüben. Ob die Orientierung auf einen gemeinsamen Gegner eine Überwindung der bisher durchwegs gegensätzlichen Führungsund Gruppenegoismen im rechtsextremistischen Spektrum bewirken wird, ist derzeit nicht abzusehen. 7.2 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) In ihrem Programm "Unser Weg in das neue Jahrtausend" propagierte die FAP den "völkischen Sozialismus" und orientierte sich mit 40 Rechtsextremismus Ideologische Parolen wie "Europäischer Gemeinnutz geht vor europäischem Orientierung an Eigennutz" in kaum verhüllter Weise an Grundzügen des NSDAPder NSDAP Programms vom 24. Februar 1920. Diese für ihr Gesamterscheinungsbild typische, die Verfassungsfeindlichkeit begründende Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus zeigte sich in zahlreichen Aussagen. So sollten nach Vorstellung der FAP soziale Probleme durch "Gemeinschaftssinn statt Klassenkampf und Ausbeutung" gelöst werden; "Gemeinschaftsschädlinge" seien "nötigenfalls durch Enteignung" zur Verantwortung zu ziehen. Der Arbeitslosigkeit wollte die FAP mit einem "Arbeitsund Sozialdienst" begegnen. Ferner wandte sie sich gegen eine angeblich drohende "massive Völkervermischung" und trat für eine "Ausländerrückführung nach Volksabstimmung" sowie für einen strikten "Einwanderungsstop für Ausländer" ein. Die FAP zählte Ende 1994 wie im Vorjahr bundesweit rund 430 Mitglieder, davon etwa 15 in Bayern. Auf dem "Bundesparteitag" am 9. April in Berlin wurden der Bundesvorsitzende Friedhelm Busse, sein Stellvertreter Siegfried Borchardt und der BundesgeschäftsfühOrganisatorische rer Glenn Görtz wieder gewählt. Einzige Untergliederung in Bayern Umstrukturierung war der nur wenig aktive Kreisverband Aschaffenburg. Im Zuge einer internen Umstrukturierung, die auf eine weitgehende Beseitigung der bisherigen straffen Organisationsformen abzielte, begann die FAP Mitte 1994 in Nordrhein-Westfalen mit der Umwandlung der dortigen Kreisverbände in "Stützpunkte", um auf diese Weise staatliche Exekutivmaßnahmen zu erschweren. Geringe Im Hinblick auf die seit September 1993 beim BundesverfassungsgeAktivitäten richt anhängigen Verbotsanträge* der Bundesregierung und - auf Initiative Niedersachsens und Bayerns - des Bundesrats hat die FAP ihre öffentlichen Aktivitäten deutlich reduziert. Im Juni erklärte der Bundesvorsitzende Busse, er erwäge eine rechtzeitige Auflösung, um damit dem erwarteten Verbot zuvorzukommen. Die Mitglieder würden sich sodann anderen rechtsextremistischen Organisationen anschließen, insbesondere der NPD. An Wahlen hat die FAP 1994 nicht teilgenommen, da sie weder bei der Europawahl noch bei * Mit am 23. Februar 1995 bekanntgegebenen Beschluß vom 17. November 1994 hat das Bundesverfassungsgericht die Anträge zurückgewiesen, da es die Parteieigenschaft der FAP verneinte. Das Bundesministerium des Innern "verbot die Organisation daraufhin am 24. Februar 1995 nach dem Vereinsgesetz. Rechtsextremismus 41 Landtagswahlen die für die Zulassung ihrer Wahlvorschläge erforderlichen Unterstützungsunterschriften beibringen konnte. Funktionäre der FAP wirkten im August maßgeblich an der Aktionswoche zum Gedenken an Rudolf Heß mit (vgl. dazu Nummer 7.1 dieses Abschnitts ). Im Prozeß gegen ehemalige Anhänger der neonazistischen "BeweStrafverfahren gung" (Gruppe Mosler) verurteilte das Landgericht Stuttgart am gegen Busse 26. Januar den FAP-Bundesvorsitzenden Busse wegen Verstoßes gegen ein unanfechtbares Vereinigungsverbot (SS 85 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, deren Vollstreckung auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. In dem bereits seit Februar 1991 dauernden Verfahren wird den Angeklagten vorgeworfen, den organisatorischen Zusammenhang der 1983 vom Bundesministerium des Innern verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) aufrechterhalten zu haben. Die "Bewegung" war ein kaum strukturierter Kreis von Neonazis, die nach dem Verbot der ANS/NA deren Ziele u.a. durch Unterwanderung der FAP weiterzuverfolgen versuchten. 7.3 Deutsche Nationalisten (DN) Die Mitte 1993 in Mainz gegründete Vereinigung hat ihren Schwerpunkt in Rheinland-Pfalz. Bundesvorsitzender ist der ehemalige Leiter des Landesverbandes Rheinland-Pfalz der verbotenen neonazistischen "Deutschen Alternative" (DA) Michael Petri. Die Organisation versteht sich selbst als politische Partei, die "an öffentlichen Wahlen" teilnehmen will. Das Programm der DN weist auffallende ParalNeonazistische lelen zu den Zielen der DA auf. Es fordert u.a. einen "deutschen Zielsetzung Nationalstaat in den völkerrechtlich gültigen Grenzen", die Beendigung der "Wiedergutmachungszahlungen" an "ausländische Mächte", den Austritt Deutschlands aus der NATO und EG sowie eine staatliche Kontrolle der "Zinswirtschaft". Ferner treten die DN für einen sofortigen "Ausländerstopp" und eine "stufenweise Ausländerrückführung" ein. Am 4. März konstituierte sich in Lauingen (Donau) der LandesverOrganisation band Bayern. Zum Landesvorsitzenden wurde Oliver Heinle aus in Bayern Gundremmingen gewählt, der seit September 1993 Mitglied der neonazistischen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) ist. Auch sein Stellvertreter 42 Rechtsextremismus gehört der HNG an. Die im Nationalen Info-Telefon Nürnberg angekündigte Teilnahme der DN an der Landtagswahl in Bayern scheiterte an der mangelnden Unterstützung durch die Mitglieder. 7.4 Neonazistisches Potential bei Skinheads Die in Großbritannien entstandene, Ende der 70er Jahre erstmals auch im Bundesgebiet in Erscheinung getretene Skinhead-BeweWeltanschauung gung war ursprünglich eine jugendliche Subkultur. Ihr Auftreten und "Politik(kahlrasierte Köpfe, Uniformjacken) signalisierte eine extreme Ablehverständnis" nung der bürgerlichen Gesellschaft. Inzwischen passen sich Skinheads in ihrem äußeren Erscheinungsbild oft der bürgerlichen Umgebung an und sind damit von anderen militanten Rechtsextremisten kaum noch zu unterscheiden. Obwohl sie zu einer rational bestimmten politischen Meinungsbildung häufig nicht fähig und deshalb an einer fundierten politischen Auseinandersetzung kaum interessiert sind, hat sich in diesen Kreisen inzwischen eine vom organisierten Rechtsextremismus unabhängige diffuse rechtsextremistische Weltanschauung herangebildet. Sie ist vielfach von rassistischer Ausländerfeindlichkeit und übersteigertem Nationalbewußtsein geprägt. Diese Einstellung, die vor allem wegen ihrer rassistischen Grundhaltung an wesentliche Elemente des Nationalsozialismus anknüpft, ist nicht verstandesmäßig begründet und spiegelt sich daher nicht in programmatisch-ideologischen Aussagen, sondern meist in spontanen, vielfach militanten Aktionen wider. Die von Skinhead-Bands vorgetragene sogenannte "OiMusik" ist das wichtigste Medium der Szene und übt ; einen anhaltenden rechtsex- \ tremistischen Einfluß aus. Die Liedertexte solcher Gruppen diffamieren und bedrohen Auslän- Rechtsextremismus 43 der, propagieren Gewalt und verbreiten nationalistisch-rassistisches Gedankengut bis hin zur Glorifizierung des Nationalsozialismus. Der "typische" Skinhead wird darin als "Faschist" und "Rassist" idealisiert, der die Feinde der Nation bekämpft und die nordisch-arische Einfluß der Rasse gegen eine "Vermischung" mit fremden Rassen verteidigt. Skinhead-Bands Auch die intern verbreiteten Skinhead-Publikationen ("Fanzines") und "Fanzines" weisen vielfach rechtsextremistische Bezüge auf. Gewalt ist das bevorzugte Mittel der von Skinheads auf der Straße Gewaltausgetragenen "politischen" Auseinandersetzung mit tatsächlichen bereitschaft oder vermeintlichen Gegnern. Als "Vorbild" für den "Straßenkampf" um die - nach Auffassung der Skinheads bislang nur vom NS-Regime erfolgreich verwirklichte - Vorherrschaft der weißen Rasse dient dabei der SA-Mann. Die Brutalität und Härte, mit der die ehemalige SA gegen politische Gegner vorging, findet erheblichen Anklang und spornt zur Nachahmung an. Die von organisierten Rechtsextremisten versuchte Rekrutierung von Werbeversuche Skinheads scheiterte meist daran, daß dieser Personenkreis instituvon Rechtsextretionelle Bindungen grundsätzlich ablehnt und sich auch nicht auf misten Dauer für das politische Konzept von straff organisierten Gruppen und Parteien vereinnahmen läßt. In Deutschland gibt es derzeit rund 5.400 (1993: 5.600) überwiegend den Skinheads zuzurechnende militante Rechtsextremisten. In Bayern sind - auch aufgrund eines verbesserten Erkenntnisstandes - mittlerweile rund 330 (1993: 300) Skinheads mit rechtsextremistischem Hintergrund bekannt. Obwohl die Szene Kontakte auf nationaler und zum Teil auch auf internationaler Ebene hat, waren bisher keine festen Organisationsstrukturen mit formellen Anführern erkennbar. Wegen Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungsExekutivmaßwidriger Organisationen und des Vorführens bzw. des Überlassens nahmen und jugendgefährdender Schriften durchsuchte die Polizei am 3. März in Strafverfahren Lechbruck die Wohnung eines rechtsextremistischen Skinheads. Anlaß war eine Skinhead-Feier am 19. Februar in Bernbeuren, Landkreis Weilheim-Schongau, bei der rechtsextremistische, teilweise bereits durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierte Skinhead-Musik gespielt wurde. Bei der Durchsuchung konnten mehrere Tonträger einschlägig bekannter Skinhead-Bands sowie zahlreiche Aufkleber des neonazistischen Revisionisten Ernst CF. Zündel sichergestellt werden. 44 Rechtsextremismus Verbot eines Ein für den 23, Juli geplantes Skinheadkonzert in Dankeisried, LandSkinheadkonzerts kreis Unterallgäu, wurde von der Verwaltungsbehörde mit sofort vollziehbarer Verfügung untersagt. An dem Konzert sollten Skinbands wie "Sturmtrupp", "Triebtäter" und "Oithanasie" teilnehmen, deren Lieder teilweise gewaltverherrlichende, neonazistische oder antisemitische Texte enthalten. In Unkenntnis des Verbots reisten zahlreiche Interessenten an. Ein starkes Polizeiaufgebot verhinderte Ausschreitungen. Die Beamten nahmen 63 Personen vorübergehend fest. Ferner stellten sie mehrere Schuß-, Hiebund Stichwaffen sicher und leiteten Ermittlungsverfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstoßes gegen das Waffenbzw. Versammlungsgesetz ein. 7.5 Rechtsextremistisch motivierte Straftaten* Straftaten mit Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen neonazistischen, antisemineonazistischen, tischen und rassistischen Straftaten betrug 1994 in Bayern 1.024. antisemitischen Dabei handelte es sich vielfach um Sachbeschädigungen, Nötigung, und rassistischen Bedrohung, Volksverhetzung und Verbreiten von PropagandamitMotiven teln bzw. Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen durch Schmierund Klebeaktionen, bei denen Hakenkreuze und SS-Runen gesprüht oder Parolen wie "Heil Hitler", "Sieg Heil" und "Ausländer raus" verbreitet wurden. Nicht mitgezählt sind weitere äußerlich vergleichbare Fälle, in denen ein rechtsextremistisches Motiv nicht vorhanden oder nicht erkennbar war (z.B. beim Verwenden von NS-Symbolen als Mittel der politischen Diffamierung). Die Zahl von 1.024 Straftaten ist mit der im Vorjahr genannten Zahl von 699 nicht vergleichbar, da sie auf einer neuen, bundesweit zwischen Polizei und Verfassungsschutz vereinbarten Zählweise beruht. So wurde bisher die mehrfache Verbreitung von Schriften gleichen Inhalts (z.B. Remer-Depesche) als ein einziger Vorfall gezählt, während seit 1994 jeder einzeln angezeigte Zugang einer solchen Publikation gesondert erfaßt wird. Bei Zugrundelegung der neuen Erfassungsmaßstäbe auch für 1993 ergäbe sich gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um etwa 16 %. * ohne die im 4. Abschnitt genannten Gewalttaten Rechtsextremismus 45 8. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 8.1 Wiking-Jugend (WJ) Die WJ war eine straff nach dem Führerprinzip geleitete, "volkstreue "Nordlandnordländische" Jugendorganisation, die sich als "heranzubildende Ideologie" Elite" verstand und ihre "kämpferische" Weltanschauung betonte. Sie sah sich in der Tradition der ehemaligen Hitlerjugend und bekannte sich zu führenden Repräsentanten des Dritten Reiches. Auch in der äußeren Fornrt ihres Auftretens dokumentierte sie ihre Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Die in "Gaue" gegliederte WJ mit Sitz in Stolberg/Nordrhein-Westfalen zählte zuletzt bundesweit rund 400 Mitglieder, davon etwa 30 in Bayern. "Bundesführer" war seit Juli 1991 Wolfram Nahrath. In Bayern, w o die Vereinigung kaum aktiv war, bestanden die Gaue "Bayern" in Freising und "Franken" in Stockstadt, Landkreis Aschaffenburg. Mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 10. November stellte das Verbot Bundesministerium des Innern fest, daß sich die WJ gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet und deshalb verboten ist. Es ordnete die Auflösung und die Einziehung des Vereinsvermögens an. Beim Vollzug des Verbots in zehn Bundesländern stellte die Polizei militärähnliche Ausrüstungsgegenstände wie Zelte, Tarnanzüge, Koppelschlösser und Stahlhelme sowie umfangreiches Propagandamaterial sicher. In Bayern konnten bei Durchsuchungen in München, Ottobrunn, Miltenberg und Veitshöchheim Druckund Schriftgut sowie Orden und Ehrenzeichen beschlagnahmt werden. 8 2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) Die von ehemaligen SSund NSDAP-Angehörigen gegründete GFP Zielsetzung stellt vor allem ein Podium für Publizisten dar,, die rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Sie will in einer angeblich "durch Siegerrechte und Besiegtenpflichten beschränkten Öffentlichkeit" eine "Freistatt für den deutschen Gedanken und das deutsche Wort" schaffen und erhalten. So wendet sie sich gegen die "Entstellungen in der deutschen Geschichtsbetrachtung" und die "unwahren Darstellungen der Ursachen und Hintergründe beider Weltkriege". !hre verfassungsfeindliche Zielsetzung ergibt sich u.a. aus der Mitgliedschaft führender Aktivisten rechtsextremistischer Organisationen, 46 Rechtsextremismus insbesondere der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Verbreitung deren Gedankenguts bei Vorträgen. Mitgliederstärkste Die Vereinigung, die ihren Sitz in München hat, zählt im Bundesgerechtsextremistibiet wie im Vorjahr rund 420 Mitglieder, davon etwa 40 in Bayern. sche "KulturverVorsitzender ist seit Mai 1992 der frühere "Chefideologe" der NPD einigung" Dr. Rolf Kosiek. Als Organ der GFP erscheint vierteljährlich die Schrift "Das Freie Forum" in einer Auflage von rund 700 Exemplaren. Unter dem Motto "Schicksalsjahr 1994 - Wandel tut not!" führte die GFP vom 6. bis 8. Mai in Schmiedefeld/Thüringen ihren Jahreskongreß durch. In einer am 6. Mai durch die Mitgliederversammlung verabschiedeten Entschließung warnte sie davor, MeinungsRevisionismus äußerungen zu zeitgeschichtlichen Vorgängen durch Schaffung neuer Straftatbestände zu kriminalisieren und damit bestimmte Geschichtsaussagen strafrechtlich durchzusetzen. Dies könne dazu führen, daß "die Grundlagen unseres Rechtsstaates zugunsten politischer Justiz abgeschafft werden". Ferner kritisierte die GFP die "zunehmend mißbräuchliche Praxis" der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, revisionistische Bücher zur Zeitgeschichte "unbegründet zu indizieren und ihren Inhalt so der freien Diskussion in Öffentlichkeit und Wissenschaft zu entziehen". 8.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten Der von Rechtsextremisten gegründete Freundeskreis Ulrich von Hütten vertritt rechtsextremistische, insbesondere rassistische Thesen und verbreitet Äußerungen, die das NS-Regime verharmlosen und die Bundesrepublik Deutschland verunglimpfen. Die Vereinigung zahlt bundesweit rund 280 (1993: 300) Mitglieder, davon etwa 30 in Bayern. Vorsitzende ist die Präsidentin der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) in Österreich Lisbeth Grolitsch. Wie im Vorjahr trat der Freundeskreis vorwiegend mit der Herausgabe und Verbreitung der Schrift "Huttenbriefe - für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht" in Erscheinung. Darin polemisierte er gegen die "maßlose Verkommenheit" und "niederträchtige Verantwortungslosigkeit" des "Bonner Ausbeutungssy- Rechtsextremismus 47 stems", das eine "Herrschaft der Lüge und des Betruges" errichtet Diffamierung der habe und durch eine "verbrecherische Mißachtung der eigenen Bundesregierung Interessen des deutschen Volkes" dessen Zukunft gefährde. 9. Revisionismus-Kampagne 9.1 Ziele und Methoden Als Revisionismus im weiteren Sinne werden in einem ursprünglich von Rechtsextremisten verwendeten Sprachgebrauch Bestrebungen bezeichnet, die angeblich in der Nachkriegszeit falsch dargestellte Geschichte der Weltkriege und des Dritten Reiches zugunsten des Nationalsozialismus zu korrigieren. Das rechtsextremistische Lager ist Versuch einer sich weitgehend darin einig, daß das deutsche Volk in wesentlichen Rehabilitierung Fragen seiner jüngeren Geschichte rehabilitiert werden müsse. Als des NationalRevisionismus im engeren Sinne ist die Leugnung des sogenannten sozialismus Holocaust zu verstehen. Das ursprünglich weiter gefaßte Thema erfährt damit eine deutliche Einengung auf einen Teil der Judenverfolgung im Dritten Reich, nämlich die von Rechtsextremisten vehement bestrittene massenhafte Ermordung europäischer Juden in Gaskammern deutscher Konzentrationslager während des Zweiten Weltkriegs. In Verfolgung ihres Ziels, das nationalsozialistische Unrechtsregime aufzuwerten, müssen die rechtsextremistischen Revisionisten freilich Regeln der kritischen Geschichtswissenschaft mißachten und Forschungsergebnisse negieren, die nicht ihrem vorgefaßten Geschichtsbild entsprechen. Diese Art von "Geschichtsrevision" soll als Mittel fungieren, sich von einem angeblich aufgezwungenen "Schuldkomplex" zu befreien. Nationalismus und Antisemitismus bilden die Wurzeln dieses Revisionismus, der letztlich die Opfer zu Tätern und die Täter zu Opfern einer angeblich falschen Geschichtsschreibung machen will. 9.2 Entwicklung' Revisionismus war von Anfang an keine deutsche, sondern eine Ursprung des internationale Erscheinung. Ursprünglich ging es den rechtsextremiSchlagworts stischen Revisionisten vor allem darum, Hitlers alleinige Verantwor"Auschwitzlüge" tung für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zu leugnen. Alsbald mußten sie aber feststellen, daß sämtliche Versuche, den Nationalso- 48 Rechtsextremismus zialismus mit einer nur auf die "Kriegsschuldlüge" gestützten Agitation zu rechtfertigen, regelmäßig scheitern, solange es nicht zugleich gelingt, die millionenfache Ermordung von Juden durch Nationalsozialisten mit scheinbar plausiblen Argumenten zu bestreiten. Dies gab den Anstoß zu der zunächst von Frankreich und den USA ausgehenden rechtsextremistischen Propaganda unter dem Schlagwort "Auschwitzlüge". Ab Mitte der 60er Jahre erschien eine große Anzahl von Büchern, die den "historischen" Nachweis führen wollten, daß es keine Tötung von Juden in Gaskammern gegeben habe. Es fällt auf, daß die maßgeblichen Autoren keine Historiker waren, sondern andere Berufe hatten. Zusätzlichen Auftrieb erhielt diese Kampagne durch ein 1988 verfaß"Leuchter-Bericht" tes "Gutachten" des Amerikaners Fred A. Leuchter, wonach es in Auschwitz und einigen anderen Konzentrationslagern aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht möglich gewesen sei, Menschen in Gaskammern zu töten. Obwohl dieses als "Leuchter-Bericht" bekanntgewordene "Gutachten" nichts anderes als eine pseudowissenschaftliche, ziemlich plump gemachte Propagandaschrift zur Rechtfertigung des Nationalsozialismus darstellt, wird es von europäischen Revisionisten als Beweis für ihre Thesen angesehen. Ein ähnliches, von German Scheerer geb.Rudolf verfaßtes Mach"Rudolfwerk, das 1994 als "Rudolf-Gutachten" verbreitet wurde, leugnet Gutachten." ebenfalls die Gaskammern in Auschwitz. Es verhalf dem Revisionismus zu erneuter Publizität und festigte seine Bedeutung als ideologisches Bindeglied zwischen den unterschiedlichsten rechtsextremistischen Strömungen. Aufgrund der großen Aufmerksamkeit, die Schriften wie der "Leuchter-Bericht" und das "Rudolf-Gutachten" gefunden haben, ist zu erWachsen der warten, daß die Revisionisten ihre Anstrengungen mit Erfolg verstärRevisionismusken und die Kampagne wächst. Dabei besteht die Gefahr, daß ihre Kampagne Versuche, durch pseudowissenschaftliche Agitation das auf seriöser Forschung beruhende Geschichtsbild propagandistisch zu unterminieren, auch außerhalb des Rechtsextremismus Anklang finden. Begünstigt wird dies durch neue Tendenzen in der etablierten Wissenschaft, Aussagen der Revisionisten zu beachten. So forderte ein Historiker eine "ernsthafte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Revisionismus" und bezeichnete dabei den "Leuchter-Bericht" als bedeutsam. Er "möchte erfahren, ob auch in unorthodoxen Auffassungen vielleicht ein Körnchen Wahrheit steckt". Hinzu kommt, daß füh- Rechtsextremismus 49 rende Vertreter des Revisionismus, so z.B. der NPD-Vorsitzende Deckert, die gegen sie durchgeführten oder noch anhängigen Strafverfahren wohl auch künftig als Chance zu öffentlichkeitswirksamer Selbstdarstellung gegenüber breiten Bevölkerungsschichten nutzen werden. 9.3 Träger der Revisionismus-Kampagne Der wohl bekannteste Vertreter des Revisionismus ist der international agierende britische Schriftsteller David Irving, der sich nach eigeDavid Irving nen Angaben durch den "Leuchter-Bericht" überzeugen ließ, daß der Holocaust nur eine "Propagandalüge" der Sieger des Zweiten Weltkrieges sei. Seine Aktivitäten in Deutschland wurden durch die im Vorjahr von der Landeshauptstadt München verfügte Ausweisung unterbunden. Zu den Trägern der Revisionismus-Kampagne in Bayern gehörte in erster Linie das von dem Neonazi Ewald Bela Althäns repräsentierte, Althans-Büro inzwischen endgültig geschlossene "Amt für Volksaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit" (AVÖ) in München, auch "Althans Vertriebswege und Öffentlichkeitsarbeit" genannt. Das Landgericht München verurteilte Althans am 15. Dezember u.a. wegen'Volksverhetzung, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener sowie Verbreitung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten ohne Bewährung. Der Angeklagte hatte durch Verbreitung antisemitischer Filme aus der NS-Zeit den Holocaust geleugnet. Wegen desselben Delikts hatte das Gericht am 14. November gegen einen seiner Anhänger eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten mit Bewährung verhängt. Althans befand sich bereits seit 8. November aufgrund eines Haftbefehls des Landgerichts Berlin im Zusammenhang mit seinen volksverhetzenden Äußerungen in dem umstrittenen Film "Beruf Neonazi" in Haft. Die revisionistische Schrift "Remer-Depesche" wurde inzwischen durch den "Deutschland-Report" ersetzt. Ihr früherer Herausgeber "DeutschlandOtto Ernst Remer entzog sich im März durch Flucht nach Spanien Report" der Vollstreckung einer gegen ihn verhängten Freiheitsstrafe. Das Landgericht Schweinfurt hatte ihn 1992 wegen Leugnung des Holocaust zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Über ein Ersuchen auf Auslieferung ist noch nicht entschieden. 50 Rechtsextremismus 10. Organisationsunabhängige Publizistik Die sechs (1993: sechs) Verlage, Vertriebsund Buchdienste in Bayern, die Publikationen mit rechtsextremistischem Inhalt herausgeben bzw. verbreiten, entwickelten 1994 wiederum eine beachtliche Tätigkeit. Die Auflage der periodisch herausgegebenen einschlägigen Druckschriften ging zwar gegenüber dem Vorjahr um nahezu Rückgang der zehn Prozent zurück, betrug aber immer noch monatlich 300.000 Auflagenzahlen (1993: 330.000) Exemplare, wobei erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen nicht eingerechnet sind. Das Angebot umfaßte außerdem Bücher mit rechtsextremistischem Inhalt sowie Schallplatten, Tonkassetten und Videofilme. 10.1 Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) DSZ-Verlag als Wirkungsvollstes Propagandainstrument des Rechtsextremismus in Schwerpunkt der Deutschland ist weiterhin der DSZ-Verlag in München unter der Leirechtsextremistitung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erscheinen die "Deutsche schen Publizistik National-Zeitung" (DNZ) mit einer Wochenauflage von etwa 42.000 (1993: 50.000) und mit wöchentlich rund 25.000 (1993: 30.000) Exemplaren die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ), die im Untertitel den Namen des Ende 1990 eingestellten "Deutschen Anzeigers" (DA) führt. Der Rückgang der Auflagenzahlen ist - wie auch die Wahlergebnisse und der Mitgliederschwund in weiten Bereichen des Rechtsextremismus zeigen - ein Indiz für nachlassendes Interesse. Die Wochenzeitungen Dr. Freys, die auch als Sprachrohre der DVU fungieren, setzten ihre Versuche fort, die Einmaligkeit des Holocaust durch Hinweise auf Kriegsverbrechen anderer Völker zu relativieren. So hieß es in der "Deutschen Wochen-Zeitung" (DWZ), im gleichen Ausmaß, in dem man "alliierte Massenverbrechen an Deutschen" verdränge, werde Deutschland mit einem engmaschigen Netz von Erinnerungsstätten für Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherr- Rechtsextremismus 51 schaft überzogen. Diese "Gedenkstättenpädagogik" diene nicht einer "anständigen. Bewältigung vergangenen Unrechts auf beiden Seiten", sondern verfolge den Zweck, das "gesamte deutsche Volk, einschließlich der nachgeborenen Generationen, kollektiv auf die Anklagebank zu setzen". Die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) erklärte, der immerwährende Hinweis auf deutsche Kollektivverantwortung und Kollektivhaftung solle "offenkundig auch von den Massenmorden unserer Zeit (und wohl auch der Zukunft) ablenken". Eine neue Runde der "sattsam bekannten antideutschen Vergangenheitsbewältigung" werde der in den Lichtspieltheatern angelaufene Film "Schindlers Liste" einläuten. 10.2 Nation Europa Verlag GmbH Im Nation Europa Verlag GmbH in Coburg erscheint die Monatsschrift "Nation und Europa - Deutsche Monatshefte". Herausgeber sind der Funktionär der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH) Peter Dehoust, der frühere NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden und der Vorstandssprecher der DLVH Harald Neubauer. Der Verlag wird von dem 1954 gegründeten Verein "Nation Europa-Freunde" finanziell unterstützt. Ab Januar 1994 übernahm der Verlag das bisher in Sprachrohr der Landshut erschienene DLVHDLVH Organ "Deutsche Rundschau". Seit der April-Ausgabe 1994 trägt die Monatsschrift des Verlags den neuen Titel "Nation und Europa - Deutsche Rundschau". Ursächlich für die Vereinigung der beiden Publikationen waren offenbar finanzielle Engpässe. Das Amtsgericht Coburg verhängte am 3 1 . Oktober Geldstrafen wegen Volksverhetzung gegen den Verleger und den verantworte chen Redakteur der Schrift. Sie hatten in der FebruarAusgabe ein Gedicht veröffentlicht, in dem Asyl- 52 Rechtsextremismus bewerber als schmarotzende minderwertige Wesen geschildert wurden. Die letzte Strophe lautete: "Schwarze, Braune, Halbweiß', Gelbe, Alle wollen nur dasselbe: Unser Geld in ihre Hand, Deutschland, armes Vaterland ! " 11. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus Der Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus auf Bayern zeigte Einfuhr von Prosich insbesondere in der Einfuhr und Verbreitung vorwiegend neopagandamaterial nazistischer und antisemitischer Zeitschriften, Rundbriefe, Flugblätter und Aufkleber, die überwiegend aus Kanada, den USA,: Österreich und der Schweiz stammten. Da Herstellung und Vertrieb dieses Materials im Ausland nicht mit Strafe bedroht sind und Initiativen der Bundesregierung mit dem Ziel einer Änderung dieser Rechtslage bisher erfolglos waren, begannen deutsche Rechtsextremisten ins Ausland auszuweichen, um den im Bundesgebiet vorgesehenen Rechtsfolgen entsprechender Aktivitäten zu entgehen. 11.1 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) Die neonazistische NSDAP-AO in den USA fordert die "Ausschaltung des jüdischen Einflusses", die Überwindung des "Materialismus" durch den Nationalsozialismus und die "Neugründung der NSDAP als legale Partei". Endziel ist die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staates" in einem "neu vereinigten Großdeutschen Reich" und die "Errichtung einer Neuen Ordnung auf einer rassischen Neonazistische Grundlage in der gesamten arischen Welt". Der "Propagandaleiter" Publikation der NSDAP-AO Gary Rex Lauck gibt große Mengen an "NS Kampfruf" Agitationsmaterial heraus, darunter das zweimonatlich er- I scheinende Publikati- ; onsorgan "NS Kampfruf". Dieses NS-Propagandamaterial geht von der "Auslandszentrale" in Lincoln/Nebraska den oft nur aus einer Person Rechtsextremismus 53 bestehenden Stützpunkten der NSDAP-AO im Bundesgebiet zu, denen die Weiterverbreitung im Inland obliegt. Im NS Kampfruf Nr. 109 setzte sich der Herausgeber Lauck mit der Frage auseinander, ob der bewaffnete Kampf ein geeignetes Mittel sei, um die politischen Ziele seiner Bewegung in Deutschland durchzusetzen. Er distanzierte sich nicht grundsätzlich von der Überlegung, einen Umsturz mit Waffengewalt zu erzwingen, verwies aber auf die geringe Erfolgsaussicht. Als wirkungsvollere Möglichkeit, die "Entfremdung zwischen dem Volk und dem Bonner Regime" zu förNeue taktische dern, sah er die "massenhafte Überschwemmung" Deutschlands mit Überlegungen nationalsozialistischem Propagandamaterial an. Dabei empfahl er, zu einer neuen Taktik überzugehen und "gerade die rabiatesten Verteidiger des Bonner Besatzungsregimes" mit diesen "Kampfmitteln anzugreifen", insbesondere Politiker, Staatsanwälte und Polizisten, die sich bei der Bekämpfung neonazistischer Aktivitäten besonders hervorgetan hätten. 11.2 Verlag Samisdat Publishers Ltd. Der Inhaber des in Toronto/Kanada ansässigen Verlags, der deutsche Staatsangehörige Ernst C. F. Zündel, wandte sich in seinem "Germania"-Rundbrief Nr. 182 vom 26. Mai gegen die Verschärfung der Strafbestimmung der Volksverhetzung, die er als neues "Auschwitzlüge-Gesetz" und als brutales, repressives Anti-Revisionistengesetz bezeichnete. Er forRevisionismus derte seinen Freundeskreis auf, bei deutschen Bundesund Landespolitikern schriftlich gegen dieses Gesetz zu protestieren. Hierzu veröffentlichte er einen Musterbrief sowie Namensund Adressen listen von Polir- tikern. Zündel initiierte schon mehrfach derartige Kampag- ' nen, zuletzt im ; November 1993 die Postkartenaktion "Freiheit für Fred Leuchter". 54 Rechtsextremismus 12. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1994 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Bund Erscheinungsweise u. Auflage) 1. Die Republikaner (REP) 26.11.1983, Berlin 5.000 20.000 Der Republikaner monatlich, 80.000 2. Nationaldemokratische Organisationen: Nationaldemokratische Partei 750 4.500 Deutsche Stimme Deutschlands (NPD) monatlich, 45.000 28.11.1964, Stuttgart Junge Nationaldemokraten (JN) 50 150 Einheit und Kampf 1969, Stade unregelmäßig, 1.500 Der Aktivist unregelmäßig, 500 Nationaldemokratischer Hochschulunter 50 Vorderste Front bund (NHB) 10 halbjährlich, 500 1967, Nürnberg 3. National-Freiheitliche Organisationen: Deutsche Volksunion (DVU) 2.800 20.000 (Publizistische Sprachrohre: 05.03.1987, München siehe DSZ-Verlag) Deutsche Volksunion e.V. (DVU) ein(Siehe DVU) schließlich Aktionsgemeinschaften 16.01.1971, München , 4. Neonazistische Organisationen: Ehemalige Gesinnungsgemeinschaft der Funktionärsgruppe Die Neue Front Neuen Front (GdNF), jetzt Herausgeberunregelmäßig, 300 kreis der "Neuen Front" Anfang 1984 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 15 430 Standarte März 1979 (verboten am 24.02.1995), zweimonatlich, 1.000 Halstenbek Hilfsorganisation für nationale politische 30 340 Nachrichten der HNG Gefangene u. deren Angehörige e.V. (HNG) monatlich, 400 02.07.1979, Frankfurt a.M. Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V. (DDF) 40 140 Recht und Wahrheit 01.04.1983, Kaufbeuren zweimonatlich, 2.500 Rechtsextremismus 55 Kameradschaft Franken 20 Nürnberg Deutsche Nationalisten (DN) 10 100 21.07.1993, Mainz NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation 800 NS Kampfruf (NSDAP-AO) zweimonatlich, 2.000 USA/Stützpunkte im Bundesgebiet 5. Sonstige Organisationen: Deutsche Liga für Volk und Heimat 200 900 Nation und Europa - Deut(DLVH) sche Rundschau 03.10.1991, Berlin monatlich, 16.000 Wiking-Jugend e.V. (WJ) 30 400 Wikinger 02.12.1952 (verboten am 02.12.1994), viermal jährlich, 500 Stolberg Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. (GFP) 40 420 Das Freie Forum 1960, München vierteljährlich, 700 Freundeskreis Ulrich von Hütten e.V. 30 280 Huttenbriefe - für Volkstum, Februar 1982, Starnberg Kultur, Wahrheit und Recht zweimonatlich, 4.000 Bund Frankenland Funktionärsgi -uppe Junges Franken Dezember 1991, Würzburg unregelmäßig 6. Verlage Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH Deutsche National-Zeitung (DSZ-Verlag) (DNZ), wöchentlich, 42.000 1968, München Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ), wöchentlich, 25.000 Nation Europa Verlag GmbH Nation und Europa - Deut1953, Coburg sche Rundschau monatlich, 16.000 Verlag Hohe Warte - Franz von Bebenburg KG Mensch und Maß 1949, Pahl zweimal monatlich, 2.000 Denk mitl-Verlag Denk mit! Nürnberg unregelmäßig, 1.000 Odal-Verlag Der Scheinwerfer Rodach bei Coburg monatlich, 7.000 Verlagsgesellschaft Berg mbH Deutsche Geschichte Berg viermal jährlich,!0.000 56 Linksextremismus 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 1.1 Merkmale des Linksextremismus Ideologisches Das ideologische Spektrum der Linksextremisten reicht derzeit von Spektrum Anhängern des "wissenschaftlichen Sozialismus/Kommunismus" in seiner klassischen Form über Sozialrevolutionäre mit unterschiedlichen diffusen Konzeptionen bis hin zu Anarchisten. Theoretische Grundlagen bilden im wesentlichen die Werke von Marx und Lenin, aber auch Trotzki, Stalin, Mao Zedong und andere. Die Bestrebungen der Linksextremisten sind in der Regel darauf ausgerichtet, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung zu beseitigen und durch eine ihren ideologischen Vorstellungen entsprechende Ordnung zu ersetzen. Diese Bestrebungen sind verfassungsfeindlich, weil sowohl die Ziele als auch die Mittel, mit denen sie erreicht werden sollen, gegen die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen. Ziele der So erstreben Linksextremisten, auch wenn sie es häufig nicht offen Linksextremisten aussprechen, - die "sozialistische" Revolution, - Klassenkampf und Klassenherrschaft, - die Diktatur des Proletariats. Diese Ziele verstoßen vor allem gegen das Mehrheitsund Freiheitsprinzip sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Anwendung von Eine Reihe von linksextremistischen Gruppierungen bekennt offen, Gewalt daß ihre Ziele nur unter Anwendung von Gewalt zu erreichen sind. Teilweise verüben sie bereits Gewalttaten oder arbeiten zur Erreichung ihrer Ziele mit Gewalttätern zusammen. Dies verstößt gegen den Grundsatz des Ausschlusses jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft und verletzt, wenn sich die Gewalt auch gegen Personen richtet, das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Linksextremismus 57 Durch geschickte Wahl ihrer Aktionsfelder und Themen versuchen Aufweichung der Linksextremisten, ihre wahren Ziele zu verschleiern. Deutlichstes BeiGrenzziehung spiel hierfür ist der sog. Antifaschismus, eines ihrer Hauptbetätigungsfelder der letzten Zeit. Durch geschickte Agitation ist es den Linksextremisten teilweise gelungen, den bisherigen Konsens aller Demokraten in der Ablehnung jedweden politischen Extremismus zu durchbrechen. Ein weiteres Indiz für eine Aufweichung dieser klaren Grenzziehung sind u. a. öffentliche Diskussionen über eine mögliche Beteiligung von Linksextremisten an Koalitionsregierungen. 1.2 Entwicklung in Bayern Die Zahl der linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Wachsende Parteien und Gruppierungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr leicht Mitgliederzahl erhöht. Auch die Zahl der Mitglieder hat um rund 5 % zugenommen. Die Partei des Demokratischen Sozialismus/Linke Liste (PDS/LL) Landesverband Bayern konnte ihre Mitgliederzahl gegenüber 1993 verdreifachen. Sie entwickelte sich in Bayern wie auch in anderen westlichen Bundesländern zum Sammelbecken für Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten. Die DKP mußte Mitgliederverluste hinnehmen. Gestiegen ist die Zahl der Anhänger autonomer Gruppen, die von anderen linksextremistischen Gruppen wie der PDS zunehmend als Partner für Aktionen akzeptiert werden. Außerdem zeigten die Autonomen eine wachsende Gewaltbereitschaft. Wichtige Agitationsthemen der Linksextremisten waren u.a. NeonaAgitationsthemen zismus/Faschismus, Ausländerfeindlichkeit, Asylund Abschiebeproblematik, Rassismus, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, UN-Einsätze der Bundeswehr und das Verbot der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten sahen durch die PDS erstmals die Möglichkeit eröffnet, zu Wahlerfolgen zu kommen. Sie unterstützten deshalb die PDS und riefen zur Wahl der Partei auf. Zahl und Stärke der linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen in Bayern sind aus der folgenden Übersicht zu ersehen. Erkannte Mehrfachmitgliedschaften sind jeweils nur innerhalb des Bereichs der Kernund Nebenorganisationen berücksichtigt. Über weitere Mehrfachmitgliedschaften liegen keine zuverlässigen Zahlen vor. 58 Linksextremismus Zahl und Mit1992 1993 1994 gliederstärke linksextremiAnzahl der Organisationen 35 40 42 stischer Organisationen Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 1.980 1.910 2.180 Nebenorganisationen 150 145 80 Beeinflußte Organisationen 955 935 830 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre 400 475 550 Linksextremisten insgesamt 3.485 3.465 3.640 Die Mitgliederentwicklung der letzten zehn Jahre ist im Anhang 2 dargestellt. 2. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 2.1 Überblick Durch massive Kritik an den herrschenden Verhältnissen und der Forderung nach "Fundamentalopposition" versuchten marxistischleninistisch ausgerichtete Organisationen und andere revolutionäre Marxisten, in den zahlreichen Wahlkämpfen des Jahres 1994 Stimmen zu fangen, um ihren sozialistischen und kommunistischen Zielen näherzukommen. Dabei gelang es nur begrenzt, die unterschiedlichen Ideologien und Strömungen zu bündeln. Die PDS, die nach dem Zusammenbruch des SED-Unrechtsregimes einen neuen Weg des "demokratischen Sozialismus" beschreiten will, versuchte Linksextremisten sämtlicher Couleur von Radikalsozialisten bis zu sogenannten Basisdemokraten aus dem ökologischen Bereich zu integrieren. Auch wenn sie es nicht offen aussprechen, bekennen sich die Marxisten-Leninisten und die anderen revolutionären Marxisten zum Marxismus-Leninismus, zu Klassenkampf und Klassenherrschaft. Sie halten damit an ihren verfassungsfeindlichen Zielsetzungen fest, das sind die "sozialistische" Revolution und die Diktatur des Proletariats. Linksextremismus 59 2.2 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) Die ehemals in der DDR herrschende SED hat sich nach der friedliUmbenannte SED chen Revolution und dem Zusammenbruch ihres Unrechtsregimes nicht aufgelöst. Sie änderte ihren Namen in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) und gründete auch in den westlichen Bundesländern mehrere Landesverbände. 2.2.1 Ideologische Ausrichtung Die ideologische Ausrichtung der PDS zeigt sich u.a. an dem im Juni 1991 geänderten Statut sowie an dem auf der ersten Tagung des 3. PDS-Parteitags vom 29. bis 3 1 . Januar 1993 in Berlin beschlossenen Programm. Beide Dokumente lassen kommunistische Intentionen erkennen. Im neuen Programm heißt es: "In der PDS haben sowohl Menschen einen Platz, die der kapitalistischen Gesellschaft Widerstand entgegensetzen wollen und die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen, als auch jene, die ihren Widerstand damit verbinden, die gegebenen Verhältnisse positiv zu verändern und schrittweise zu überwinden. Die PDS hält den außerparlamentarischen Kampf um gesellschaftliche Veränderungen für entscheidend. " Das Bekenntnis der Partei zum außerparlamentarischen Kampf und zum Widerstand gegen die "gegebenen Verhältnisse" ist mit der Grundidee der parlamentarischen repräsentativen Demokratie des Grundgesetzes unvereinbar. Die PDS bekennt sich zu einem konsequenten Internationalismus Bekenntnis zu und ist dem Erbe von Marx und Engels, den vielfältigen Strömungen Marx und Engels der revolutionären und internationalen Arbeiterbewegung sowie anderen revolutionären und "demokratischen" Bewegungen kritisch verbunden. Die Berufung auf Marx und Engels, die historische Entwicklung der Doppeldeutigkeit Partei sowie die politische Herkunft ihrer Mitglieder aus kommunistider Begriffe schen Organisationen müssen auch bei der Auslegung programmatischer Äußerungen berücksichtigt werden. Die PDS verwendet Begriffe wie Demokratie und Menschenrechte, die sie auch schon als SED gebraucht hat. Die Realität der DDR bewies jedoch, daß diese Begriffe dort anders, nämlich freiheitsund demokratiefeindlich definiert waren. Ursache für die andere Interpretation politischer Begriffe ist 60 Linksextremismus deren bewußte Umwidmung im Lehrgebäude des Marxismus-Leninismus, in dessen Denkschule die Masse der Mitglieder der PDS erzogen wurde. Deshalb besitzen die in ihrer Programmatik verwendeten Begriffe für den unvoreingenommenen Beobachter eine schwer einschätzbare Doppeldeutigkeit. Rechtfertigung Das Programm widmet der Rechtfertigung des "Sozialismusverdes DDR-Regimes suchs" in der DDR und den übrigen osteuropäischen Staaten breiten Raum. Folgende Passagen sprechen für sich: "Dem welthistorischen Ereignis der sozialistischen Oktoberrevolution von 1917 verdankt die Menschheit grundlegende günstige Entwicklungen im 20. Jahrhundert". "Millionen Menschen setzten sich nach 1945 für den Aufbau einer besseren Gesellschaftsordnung und für ein friedliebendes Deutschland in Überwindung des faschistischen Erbes ein. Das bedarf keiner Entschuldigung". Die PDS hatte kurz vor der Bundestagswahl 1994 ein Zurückdrängen des Einflusses der Kommunistischen Plattform und von Stalinisten innerhalb der Partei angekündigt. So verabschiedete der Parteivorstand der PDS am 28. November "10 Thesen zum weiteren Weg der PDS", die dem 4. Parteitag am 2 7 7 2 8 . Januar 1995 in Berlin zur Keine DistanzieEntscheidung vorgelegt werden sollten. Diese Thesen stehen in der rung vom Kontinuität des Parteiprogramms und halten am Anspruch grundleKommunismus gender Veränderung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft fest. Eine Distanzierung vom Kommunismus 1st nicht enthalten.* 2.2.2 Organisation 2.2.2.1 Bundesweite Gliederung Die PDS hat ihren Sitz in Berlin. Sie unterhält in den neuen Ländern fünf Landesverbände, in den westlichen Ländern bestehen neun Rückläufige Landesverbände. Nach eigenen Angaben gehörten der Partei zum Mitgliederzahlen Jahresende 123.751 (1993: 131.406) Mitglieder an, davon 2.326 * Der Parteitag verabschiedete am 27728. Januar 1995 ein 5-Punkte-Papier, das an kommunistischen Grundpositionen festhält. Linksextremismus 61 (1993: 1.180) in den westlichen Ländern. Der Zulauf zur PDS in den westlichen Ländern resultiert nicht zuletzt daraus, daß sie, gestärkt durch den Erfolg bei der Bundestagswahl, für andere Linksextremisten große Attraktivität besitzt und aus deren Sicht bei der Durchsetzung ihrer politischen Ziele Erfolge erringen könnte. Auch ist die Partei bestrebt, die "linken Kräfte" in einer Partei zusammenzuführen. Der Zulauf aus DKP, Vereinigter Sozialistischer Partei (VSP), Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) und Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) hält an. Die Führung des BWK ist bereits daran interessiert, im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft bei der PDS integriert zu werden. Nach Selbstangaben der Partei, insbesondere nach Äußerungen des PDS-Vorsitzenden Prof. Dr. Lothar Bisky, waren 90 % der PDS90 % ehemalige Mitglieder früher in der SED Mitglieder oder Funktionäre. SED-Mitglieder Dem aus 18 Personen zusammengesetzten und seit Juni 1993 amtieKommunisten im renden Parteivorstand unter dem Vorsitzenden Bisky gehörten zehn Parteivorstand Personen an, die bereits Mitglieder der SED waren. Fünf Mitglieder kamen aus linksextremistischen Gruppierungen aus den alten Ländern. Die kommunistische Plattform KPF war im Vorstand ebenfalls durch ein früheres SED-Mitglied vertreten. Um eine bessere Effizienz der Arbeit in den mitgliederschwachen westlichen Landesverbänden zu erzielen, wurde am 22. Mai 1993 in Bonn die "Arbeitsgemeinschaft PDS/Linke Liste Westliche Bundesländer" (AG West) mit Sitz in Hamburg gegründet. Primäres Ziel der AG West war es, die Chancen der Partei bei der Bundestagswahl 1994 zu verbessern. 2.2.2.2 Landesverband Bayern Die Partei des Demokratischen Sozialismus/Linke Liste (PDS/LL) LanOrganisation der desverband Bayern besteht aus etwa 20 Kreisverbänden, örtlichen PDS/LL Bayern Basisgruppen und Initiativen. Der Landesvorstand wurde auf der Landesversammfung am 11. Dezember in Ingolstadt neu gewählt Neuwahl und und von sechsauf zehn Personen erweitert. Im Vorfeld der Neuwahl Erweiterung des kam es um die Person der ersten Sprecherin Antje Zocher zu erhebliPDS/LL Landesvorchen Differenzen, nachdem sie bekanntgegeben hatte, daß sie aufstands grund ihrer Funktionen in der früheren DDR offizielle Kontakte zum 62 Unksextremismus Ministerium für Staatssicherheit (MfS) hatte, dabei jedoch keine Verpflichtungserklärung unterschrieben habe und nie Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) gewesen sei. Versuche von MdB Eva Bulling-Schröter, ihre Wahl zu verhindern, scheiterten. PDS/LL als SamDer Landesverband sieht sich als breites Personenbündnis, das Persomelbecken von nen aus allen politischen Bereichen erfaßt. Neben unabhängigen Linksextremisten "Linken" kommt ein beachtlicher Teil der Aktivisten und Unterstützer aus der DKP, dem Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK), der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP), dem 1991 aufgelösten Kommunistischen Bund (KB), kommunistisch beeinflußten Friedensinitia tiven und Autonomen. Durch intensive Werbung insbesondere im Zusammenhang mit dem Bundestagswahlkampf erhöhte sich die Zahl der Mitglieder, Aktivisten und Sympathisanten auf über 300 (1993: 100). Über rund ein Drittel der Mitglieder der PDS/LL Bayern liegen den Ver fassungsschutzbehörden bereits Vorerkenntnisse über Mitgliedschaft bzw. Tätigkeit in anderen linksextremistischen Gruppierungen vor. In letzter Zeit sind vielfach junge Leute eingetreten, über die meist keine extremistischen Vorerkenntnisse vorlagen. Als überörtliche Zusammenschlüsse bestehen die "Arbeitsgemeinschaft Konkrete Demokratie-Soziale Befreiung" und der auf Initiative der PDS im August gegründete und von ihr beeinflußte Jugendverband "Knallrot e. V.". In Zusammenhang mit der Bundestagswahl wurde wegen tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten zwischen Landesvorstand und Bundespartei am 8. April eigens die Initiative Linke Opposition (ILO) gegründet. Sie hatte die Aufgabe, die Vorstellungen der Bundespartei in Bayern durchzusetzen, organisierte eine Linksextremismus 63 Vielzahl von Wahlveranstaltungen und war maßgeblich verantwortlich für interne Querelen. Ende des Jahres hat sie sich wieder aufgelöst. Nicht unbedeutend ist die Anzahl der Personen, die in der PDS/LL Mitglieder mit Bayern und in der ILO führend tätig sind und einen linksextremistilinksextremistischen Vorlauf haben. So gehörten von dem bis 11. Dezember aus scher Vergangensechs Personen bestehenden Landesvorstand der PDS/LL Bayern eine heit Person der DKP und eine der SDAJ an. Von dem seit 11. Dezember amtierenden Landesvorstand haben sechs Personen bereits zuvor anderen linksextremistischen Organisationen angehört. Von dem aus acht Personen bestehenden Arbeitsausschuß der ILO gehörten sechs linksextremistischen Gruppierungen an. PDS-Hochschulgruppen existieren derzeit in Erlangen/Nürnberg sowie an der Universität Würzburg. Beide Gruppen befinden sich noch im Aufbau. 2.2.3 Plattformen und Arbeitsgemeinschaften Plattformen und Arbeitsgemeinschaften (AG) sind wesentlich für die Integrale BestandBündnisund Integrationspolitik der PDS. Sie wirken im Rahmen des teile der PDS Statuts in der Partei und können sich eigene Satzungen geben. Sie sind damit integraler Bestandteil der PDS. Plattformen sind in der Regel Zusammenschlüsse mit gemeinsamer Ideologie, wohingegen Arbeitsgemeinschaften themenbezogen auf wichtigen Aktionsfeldern tätig werden. Arbeitsgemeinschaften dienen der PDS auch dazu, Potentiale außerhalb der Partei zu gewinnen und zu binden. Zur Kontrolle und Steuerung dieser Zusammenschlüsse sind Mitglieder des Parteivorstands in wichtigen Plattformen und Arbeitsgemeinschaften vertreten. Die PDS hat derzeit vier Plattformen: - Kommunistische Plattform, - Ökologische Plattform, - Sozialdemokratische Plattform, - Gründungsinitiative für eine Anarchistische Plattform in/bei der PDS. Beispiele für die derzeit etwa 27 Arbeitsgemeinschaften sind die AG Cuba Si, die AG Betriebsund Gewerkschaftsarbeit, die AG Junge Genossinnen und die AG Autonome Gruppen bei der PDS. 64 Linksextremismus Die Arbeitsgemeinschaften Junge Genossinnen, Autonome Gruppen und die Initiative zur Gründung der Anarchistischen Plattform unterGewaltbereite streichen die Tendenz der PDS, auch mit gewaltbereiten Gruppen Gruppen in der zusammenzuarbeiten und diese sogar in den eigenen Reihen zu dulPDS den und agieren zu lassen. Dies wird auch durch Aussagen führender Funktionäre untermauert, die sich ebenfalls für eine entsprechende Zusammenarbeit ausgesprochen haben. 2.2.3.1 Kommunistische Plattform (KPF) Bekenntnis Die Kommunistische Plattform (KPF) in der PDS bekennt sich eindeuzum Marxismustig zum Marxismus-Leninismus und sieht die DKP als natürliche VerLeninismus bündete an. In ihren Thesen zur Gründung betonte sie: "Die revolutionäre Arbeiterbewegung mit dem wissenschaftlichen Kommunismus, mit dem Marxismus-Leninismus, zu verbinden, aufgrund der marxistisch-leninistischen Analyse der realen Gesellschaftsentwicklung Strategie und Taktik zu bestimmen und Politik zu organisieren - ist vornehmste Aufgabe der Kommunisten und sie bleibt es". Am 8. Januar fand in Berlin die 5. Bundeskonferenz der KPF statt. Zentrales Thema war die Situation der KPF innerhalb der PDS sowie das grundsätzliche Verhältnis der PDS zu Kommunisten. Ein Sprecher KPF als Zentrum der KPF erklärte, ohne Kommunisten würde die PDS ihre Identität der Kommunisten verlieren und politisch bedeutungslos werden. Ziel der KPF müsse es in der PDS sein, das "Zentrum der Kommunisten in der PDS" zu werden. Außerhalb der Plattform gebe es in der PDS noch zahlreiche andere Kommunisten. Zwar sei es nicht erforderlich, daß diese alle in der KPF arbeiteten; sie müßten aber für deren Politik gewonnen werden. Dies gelte auch für andere Personen, die sich von der PDS gelöst hätten und Mitglieder einer der kommunistischen Parteien geworden seien, teilweise aber noch in der KPF mitarbeiteten. Hinweis auf Zur Situation in der PDS und der Kommunistischen Plattform äußerkommunistische ten am 2. September erneut Funktionäre der KPF in einer gemeinsaTradition men Erklärung, daß kommunistische Positionen und Traditionen in der PDS nach wie vor stark seien. Sie würden von weit mehr Genossinnen und Genossen geteilt als den aktiven Anhängern der Plattform, nicht nur von "alten Genossen", sondern zunehmend auch von Jüngeren, die teilweise neu zur PDS stießen. Sie bildeten eine Kraft, die sich Ausgrenzungsversuchen gegenüber der Kommunisti- Linksextremismus 65 sehen Plattform entgegenstellten. In der Erklärung äußerten die Autoren ferner, die PDS könne, sofern die Voraussetzungen gegeben seien, Verantwortung auch in Koalitionen und Regierungen übernehmen. Allerdings nicht zur Stabilisierung des bestehenden Systems der Machtausübung oder zur Sicherung der "Regierbarkeit" des Landes, wohl aber aus Verantwortung gegenüber den Werktätigen, den Unterdrückten und Benachteiligten. Über die KPF ist die PDS nach wie vor im "Ständigen Rat marxistiStändiger Rat scher Parteien" vertreten. Diesem 1991 in Berlin gegründeten Gremarxistischer mium gehören neben der PDS auch die Anfang 1990 in den fünf Parteien neuen Ländern gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/DDR) sowie der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) an. Ziel des Ständigen Rates ist die Kommunikation und Koordination der Marxisten Deutschlands in Theorie und Praxis. 2.2.3.2 Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen Ein weiterer bundesweiter Zusammenschluß, der innerhalb der PDS Gewalt als politiunter eigenem Namen agiert, ist die AG Junge Genossinnen. Diese sches Mittel Gruppierung propagierte mehrfach die Anwendung von Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung, unterhält Verbindungen zu gewaltbereiten Autonomen und sympathisiert mit ausländischen extremistischen Gruppen. Außerdem plädiert die AG für eine Zusammenarbeit mit den inhaftierten terroristischen Gewalttätern der Roten Armee Fraktion (RAF) und militanten Antifa-Gruppen. Am 14./15. Mai führte die AG Junge Genossinnen in Straußberg/Brandenburg einen "Widerstandskongreß" durch. Daran " Widerstandsbeteiligten sich neben PDS-Politikern auch Hausbesetzer, Vertreter kongreß" der "Autonomen Antifa" sowie kürzlich entlassene Häftlinge aus dem antiimperialistischen Widerstand. Bereits im Vorfeld des "Widerstandskongresses" erklärte einer der Organisatoren, die AG habe auch Autonome als Referenten eingeladen. Damit wolle der Kongreß ein Zeichen setzen, daß es mit Parlamentarismus allein nicht getan sei. Für ihn gelte die "Widerstands"-Definition der RAFTerroristin Ulrike Meinhof: "Protest ist, wenn ich sage, das und das paßt mir nicht. Widerstand ist, wenn ich dafür sorge, daß das, was mir nicht paßt, nicht mehr passiert". 66 Ünksextremismus Der PDS-Pressedienst veröffentlichte am 20. Mai einen Beitrag des PDS-Vorstandsmitglieds Angela Marquardt zur Gewaltfrage. Darin hieß es zum Verlauf des "Widerstandskongresses", ein Vertreter der "Autonomen Antifa" habe dort zutreffend erklärt, durch die Gewalt der Verhältnisse seien gewaltsame Konfrontationen mit dem staatlichen Gewaltmonopol vorprogrammiert. Dogmatisch verstandene Gewaltfreiheit sei abzulehnen, und es sei gut, "den Mythos der Unverletzlichkeit des Staates" zu zerstören. Aus dem Arbeitskreis "Widerstand und Gewalt", in dem eine ehemalige Gefangene aus dem RAF-Umfeld und Vertreter autonomer Antifa-Gruppen mit einem früheren SED-Funktionär und einem ehemaligen Offizier des MfS diskutiert hätten, sei man sich einig gewesen, daß eine pauschale Verurteilung von Gewalt abzulehnen und Solidarität mit Menschen, die Widerstand gegen das bestehende System in individueller Form leisten, dringend erforderlich sei. Nach Auffassung des PDS-Vorstandsmitgliedes sei es sinnlos, ständig neu über die Gewaltfrage zu diskutieren in einer Zeit, in der man sich die Mittel des Widerstandes nicht Gewaltfreiheit aussuchen könne. Wer Gewaltfreiheit proklamiere, sei "blauäugig". "blauäugig" In einem weiteren Beitrag zum Thema "Hausbesetzungen" rief dasselbe Vorstandsmitglied zur Unterstützung von Hausbesetzungen auf. 2.2.3.3 Gründungsinitiative für eine Anarchistische Plattform in/bei der PDS Anfang August bildete sich die Gründungsinitiative für eine Anarchistische Plattform in/bei der PDS, die ihren Beitrag zur Befreiung der Gesellschaft von Bürokratie und Repressionsorganen leisten will, um nach anarchistischen Prinzipien eine machtund herrschaftsfreie GeAbschaffung sellschaft zu verwirklichen. Staat und staatliche Organisationen seien des Staates als "Instrumente der Entmündigung und Gängelung, der Angst, der Herrschaft und Herrschaftssicherung" mehr als überflüssig. 2.2.3.4 Arbeitsgemeinschaft Autonome Gruppen bei der PDS Mitarbeit Mitte September wurde ferner der Aufbau einer "ArbeitsgemeinAutonomer schaft Autonome Gruppen bei der PDS" bekannt. In einer Selbstdarstellung bezeichnen sich die Mitglieder als Jugendliche aus dem autonomen Spektrum, die bei der PDS mitarbeiten wollten. Zum Teil Linksextremismus 67 seien sie schon Mitglieder der PDS. Die "Arbeitsfelder" dieser AG konzentrieren sich u.a. auf Hausbesetzer, Drogenabhängige und den "Kampf gegen Rechts". 2.2.4 Teilnahme an Wahlen Der Schwerpunkt der Aktivitäten der PDS lag in der Kandidatur und im Wahlkampf zu den Europawahlen am 18. Juni sowie zur Bundestagswahl am 16. Oktober. Ihren Wahlparteitag zur Europaund Bundestagswahl veranstaltete die PDS vom 11. bis 13. März in Berlin unter dem Motto "Veränderung beginnt mit Opposition". Die 517 Delegierten verabschiedeten ein Programm für die Wahl zum Europäischen Parlament sowie ein Wahlprogramm für die Bundestagswahl. Gewählt wurden auch die Kandidaten für die "Offene Bundesliste" der PDS zur Europawahl. Die aus 18 Personen bestehende Kandidatenliste wurde vom Ehrenvorsitzenden der PDS Hans Modrow angeführt. Auf Platz acht kandidierte der DKP-Funktionär Leo Mayer aus An der 5-%-Hürde München. Nach dem amtlichen Endergebnis erhielt die "Offene bei der EuropaBundesliste" der PDS bei der Europawahl in Bayern 18.828 Stimmen wahl gescheitert (0,4 %) und im Bundesgebiet 1.670.316 Stimmen (4,7 %). Zur Bundestagswahl kandidierten zahlreiche Linksextremisten auf den "Offenen Listen" der PDS. Zu ihnen gehörten Personen aus revolutionär-marxistischen Organisationen, die bereits weitgehend in der PDS arbeiten, wie der Kommunistische Bund (KB Mehrheit) und der Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK), aber auch aus eigenständigen linksextremistischen Organisationen. Mindestens 40 Personen, die der DKP angehören bzw. in jüngerer Vergangenheit angehörten, sowie zwei Personen aus der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) wurden von der PDS als Listenbewerber, als Direktkandidaten oder in beiden Funktionen aufgestellt. Zudem waren auf den "Offenen Listen" der PDS mehrere Personen festzustellen, die als langjährige Mitglieder von DKP-Umfeldorganisationen bzw. als Bündnispartner von Kommunisten bekannt sind. Im Wahlaufruf der DKP hieß es, die PDS müsse im Bundestag bleiben. Dies diene der Sammlung der Linken und sei ein Baustein zur Formierung von Gegenmacht. Es begünstige auch Chancen, daß kritische Kräfte innerhalb der 68 Linksextremismus SPD dem "Schmuseund Unterwerfungskurs" ihrer Partei nicht widerstandslos folgten. Auch die VSP sowie der kleinere Teil des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD (AB) riefen zur Wahl der PDS auf. Vier DirektmandaBei der Bundestagswahl gelang es der PDS, durch vier gewonnene te, 30 AbgeordneDirektmandate die Sperrklausel von 5 % außer Kraft zu setzen und te im Bundestag mit insgesamt 30 Abgeordneten in den Bundestag einzuziehen. Insgesamt erreichte die PDS bundesweit 2.066.176 Stimmen (4,4 %). In Bayern betrug der Anteil der Zweitstimmen 36.575 Stimmen (0,5%). Die PDS/LL war in Bayern unter der Listenbezeichnung Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) mit einer aus 14 Personen bestehenden offenen Landesliste und mit 17 Direktkandidaten angetreten. Über die Liste zog die frühere DKP-Funktionärin Eva BullingSchröter in den 13. Deutschen Bundestag ein. Ein weiteres Mandat errang Heinrich Graf von Einsiedel, der auf der Landesliste Sachsen kandidiert hatte. Ursprünglich war er als Spitzenkandidat für Bayern vorgesehen. Von den insgesamt 14 Kandidaten der bayerischen Landesliste waren sieben bereits in anderen linksextremistischen Gruppierungen tätig bzw. sind noch aktiv. Sie gehörten bzw. gehören der DKP, der ehemaligen SED/FDJ, dem Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) bzw. dem Antifa-Bereich an. Die PDS/LL Bayern organisierte im Zusammenhang mit der Europawahl sowie der Bundestagswahl zahlreiche örtliche Veranstaltungen, die bei der Bevölkerung mit Ausnahme der Versammlungen mit dem ehemaligen PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi allerdings kaum Resonanz fanden. 2.2.5 Sonstige Aktivitäten der PDS und ihrer Funktionäre In einer Vielzahl von Äußerungen versuchten PDS-Funktionäre die Rechtfertigung DDR zu beschönigen. So rechtfertigte das Parteivorstandsmitglied des DDR-UnrechtsSarah Wagenknecht in einem Nachruf zum Tode von Erich Honecker die kommunistische Gewaltherrschaft in der DDR. In dem Nachruf heißt es u.a., die DDR sei das friedfertigste und menschenfreundlichste Gemeinwesen gewesen, das sich die Deutschen in ihrer Geschichte gegeben hätten. Den "deutschen Imperialismus" habe die DDR 40 Jahre im Zaum gehalten; der Haß des "Großkapitals" gereiche ihr und Honecker zur Ehre. In einem Referat auf der Parteikonferenz "Politische Praxis und Programmatik der PDS nach den Wahlen" am 26. November führte Sarah Wagenknecht u.a. aus, entsprechend dem antikapitalistischen Unksextremismus 69 Anspruch der PDS müsse ihre Kritik an der DDR eine Kritik nach Maßgabe sozialistischer Ansprüche sein. Im Vergleich zur BRD sei die DDR in jeder Phase ihrer Entwicklung - selbst noch in ihrem ärgsten Niedergang - das friedlichere, sozialere und menschlichere Deutschland gewesen. In einem Thesenpapier, abgedruckt im PDS-Pressedienst vom Thesenpapier 11. November, stellten PDS-Funktionäre u.a. fest, für einen Großteil der PDS-Mitglieder sei die DDR der historische Versuch gewesen, mit einer sozialistischen Alternative aus den Zwängen und Gebrechen der kapitalistischen Gesellschaft, aus der Welt von Kriegen und Unterdrückung auszubrechen und eine Gesellschaft ohne Kriege und mit sozialer Gerechtigkeit zu schaffen. Für nicht wenige habe schon deshalb die DDR nie in Frage gestanden, weil sie in der kapitalistischen Gesellschaft der BRD keine Alternative oder Perspektive hätten sehen können. Im Rahmen ihrer Internationalismusarbeit unterhält die PDS vielfältiVielfältige Konge Verbindungen zu fast allen kommunistischen Parteien in anderen takte zu BruderLändern. Daneben bestehen bundesweit zum Teil regelmäßige Konparteien im Intakte zu fast allen linksextremistischen Gruppierungen. Die Zusamund Ausland menarbeit kommt u.a. in gemeinsamen Veranstaltungen, Demonstrationen und Aufrufen, aber auch finanzieller Unterstützung, zum Ausdruck. Die örtlichen PDS/LL-Organisationen in Bayern waren bisher wie die Aktivitäten in meisten linksextremistischen Gruppierungen aufgrund ihrer schwaBayern chen Mitgliederstruktur nicht in der Lage, mit eigenen Kräften öffentlichkeitswirksame Aktionen durchzuführen. Eine Ausnahme bildeten einige Wahlkundgebungen, bei denen prominente PDS-Mitglieder als Redner auftraten. Die PDS schloß sich daher trotz ideologischer Differenzen Kampagnen anderer Organisationen an, z.B. des "Münchner Bündnisses gegen Rassismus", in dem u.a. Gruppierungen wie DKP, VSP, Sozialistische Arbeitergruppe (SAG), AB und die linksextremistisch beeinflußte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) mitarbeiten. In Nürnberg wurden Aktionen mit dem "Nürnberger Aktionsbündnis gegen Rassismus" (Autonome) durchgeführt, um gemeinsam gegen Rassismus, Ausländerhaß und Rechtsextremismus zu agieren. Bei Propagandaaktionen stand meistens der "Kampf gegen Rechts" im Vordergrund. Am 13. August gründeten auf Initiative der PDS in Augsburg etwa 50 Jugendliche aus Augsburg, Erlangen, Fürth, Ingolstadt, München, 70 Linksextremismus Gründung eines Nürnberg und Rosenheim den Verein "Knallrot e. V.". Der Verein PDS-beeinflußten soll der auf der Gründungsversammlung beschlossenen Plattform Jugendverbandes zufolge als "offenes radikaldemokratisches Netzwerk linksalternatiin Bayern ver Menschen" fungieren. Aus einem Arbeitspapier geht zudem hervor, daß eine Zusammenarbeit mit der PDS/LL Bayern sowie mit der Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen beschlossen wurde. Inzwischen bestehen neben dem bayernweiten Zusammenschluß Ortsgruppen in Augsburg, Ingolstadt und Nürnberg. LandesversammAn der Landesversammlung der PDS/LL Bayern am 11. Dezember in lung Ingolstadt nahmen etwa 90 Mitglieder und Sympathisanten teil. Neben der Neuwahl des Vorstands wurde u.a. die Gründung eines Arbeitskreises Kurdistan beschlossen. Der Forderungskatalog dieses Beschlusses enthält u.a. die Aufhebung des Verbots aller in Deutschland verbotenen kurdischen Organisationen und Vereine. In den wesentlichen Punkten des ebenfalls beschlossenen Leitantrags zur künftigen Tätigkeit des Landesverbandes wurde der Landesvorstand u.a. beauftragt, Arbeitsgruppen zu den politischen Schwerpunkten auf Landesebene zu initiieren, konkrete Verantwortlichkeiten für Finanzen, Organisationsbildung und Öffentlichkeitsarbeit festzulegen und einen Vorschlag für eine Organisationsreform in Bayern zu Vorbereitung der erarbeiten. Als ein Arbeitsschwerpunkt wurde u.a. die Entwicklung Kommunalwahl eines eigenen Kommunalund damit auch landespolitischen Profils 1996 sowie die Vorbereitung der Kommunalwahl 1996 festgelegt. Dabei wird die Chance gesehen, zumindest in den größeren Städten Mandate zu erringen. 2.3 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.3.1 Ideologisch-politischer Standort Bis zur Wende nahm die DKP - von der SED der DDR materiell und ideologisch abhängig - die Führung der Marxisten-Leninisten in Deutschland für sich in Anspruch. Seit 1990 unterstützte die DKP die Unterstützung PDS. Sie verzichtete 1994 auf eine eigene Kandidatur bei Wahlen. der PDS Eine Reihe ihrer Mitglieder kandidierte jedoch auf den offenen Listen der PDS. Gleichwohl bemühte sich die DKP insbesondere durch eine gewisse Abgrenzung zur PDS um die Wahrung der eigenen Identität. Die DKP wird überwiegend von Altkommunisten repräsentiert, bei denen sich zum Teil Resignation breit macht. Es muß davon ausgegangen werden, daß der negative Trend bei der DKP weiter anhalten wird. Linksextremismus 71 In den auf dem 12. Parteitag am 16./17. Januar 1993 in Mannheim gegen heftige Kritik aus der oppositionellen "Hardlinergruppe" beschlossenen "Thesen zur programmatischen Orientierung" unterstrich die DKP ihre gegen die freiheitliche demokratische GrundordBekenntnis der nung gerichtete Zielsetzung. In der Einleitung zu den "Thesen" heißt DKP zu Sozialises, die DKP kämpfe für eine Politik, die im Sozialismus die Zukunft, mus und Klassenim Klassenkampf die zentrale Triebkraft der Geschichte und in der kampf Arbeiterklasse die entscheidende soziale Kraft für den gesellschaftlichen Fortschritt sehe. Sie stütze sich auf die materialistische Wissenschaft, die von Marx und Engels begründet und von Lenin weiterentwickelt worden sei. In einer bereits 1993 aufgelegten Broschüre "Über den dritten sozialistischen Anlauf in Europa" erläuterte ein DKP-Funktionär, die revolutionären Kräfte müßten sich auf Erfahrungen der Pariser Kommune von 1871, des "Großen Anlaufs 19171989" und auf Kenntnisse über Entwicklungen des Kapitalismus nach 1990 stützen. Eine revolutionäre Bewegung müsse letztlich die Entschlossenheit aufbringen, den bürgerlichen Staatsapparat zu zerBekenntnis zur schlagen. Als revolutionäres Instrument habe sich die Partei leninistiGewalt scher Konzeption bewährt, die bereit sei, Widerstände auch mit Gewalt zu brechen. Angesichts schwerwiegender ideologischer Differenzen zwischen DKP-Nordbayern Mitgliedern und Funktionären der DKP-Bezirksorganisation Nordbayweiter durch Spalern und dem DKP-Parteivorstand hatte sich im Vorjahr nach dem tung geschwächt 12. Parteitag in Mannheim der Verein für Arbeiterbildung konstituiert. Ihm gehören rund 50 ehemalige Mitglieder und Funktionäre der DKP an. Als eigene Zeitung wird der "Nordbayerische Landbote" herausgegeben. Der Verein für Arbeiterbildung grenzte sich inzwischen in ideologischer Hinsicht zur DKP-Nordbayern deutlich ab, hebt seine Selbständigkeit hervor und plädiert für eine Neubegründung marxistischer Politik, Theorie und Organisation. Am 8. Juli gründeten ehemalige Funktionäre und Aktivisten der DKP-Bezirksorganisation Nordbayern in Fürth den Verein "Der Landbote - Verein für sozialund politikwissenschaftliche Studien". Die Gründungsmitglieder gehören ebenfalls dem "Verein für Arbeiterbildung Nordbayern" an. 2.3.2 Organisation Auf dem Gebiet der westlichen Bundesländer unterhält die DKP Stagnierende nach wie vor zwölf Bezirksorganisationen, die in Kreisund GrundorMitgliederzahl ganisationen unterteilt sind. Die in Berlin neu errichteten Bezirksor- 72 Linksextremismus ganisationen Berlin-Ost und Berlin-West (früher Berlin-Brandenburg) sollen vor allem die Mitglieder in den fünf neuen Ländern betreuen. Die Zahl der Mitglieder stagniert und lag Ende 1994 unverändert bei 6.000. In Bayern existieren zwei Bezirksorganisationen (Nordund Südbayern) und zwölf Kreisverbände. Die Mitgliederzahl ging leicht zurück. Ende 1994 gehörten der DKP in Bayern noch etwa 700 (1993: 750) Mitglieder an. Von den ursprünglich gewählten vier Sprechern der DKP wurden Sprecherrat Heinz Stehr und Rolf Priemer auf dem 12. Parteitag in ihren Ämtern der DKP bestätigt. Eine für November 1993 vorgesehene Nachwahl von zwei Sprecherinnen für den DKP-Sprecherrat kam nicht zustande, da sich keine Kandidatinnen gefunden hatten. Dem Parteivorstand mit 32 Mitgliedern gehören zwei DKP-Funktionäre aus Bayern an. Angespannt blieb nach wie vor der finanzielle Rahmen der Partei. 2.3.3 Bündnisund Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit und andere Aktivitäten Die DKP räumte der überkommenen Bündnispolitik nach wie vor einen hohen Stellenwert ein. Die Aktionsfähigkeit früherer Jahre Aktionseinheitskonnte jedoch nicht wiedererlangt werden. Ohne die frühere finanpolitik nach wie zielle Hilfe aus der DDR und mit nur wenigen ehrenamtlichen Mitarvor bedeutsam beitern war die Partei vielfach nicht in der Lage, sich in Protestkampagnen demokratischer Gruppierungen wirksam einzuschalten. Die Aktionseinheitsund Bündnispolitik der DKP war auch Schwerpunkt der 7. Tagung des DKP-Parteivorstands am 18./19. Juni in Essen. Ein DKP-Sprecher verwies hierbei auf frühere Erfolge der Bündnispolitik der DKP wie z.B. die "Ostermärsche" und den "Krefelder Appell". Daran wolle die Partei anknüpfen: Das Ringen um die Aktionseinheit der Arbeiterklasse sei von jeher Kernstück der Politik der DKP gewesen; dem gemeinsamen Handeln von Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten komme große Bedeutung zu. Zum Verhältnis Linksextremismus 73 gegenüber der PDS erklärte der Sprecher, ihre Existenz sei eine Chance für die Zusammenarbeit von Kommunisten, Sozialisten und anderen "linken" Kräften. Allerdings neigten manche PDSFunktionäre zu der Ansicht, ihr politisches Ansehen durch Abgrenzung gegenüber Kommunisten aufbessern zu müssen. Mit Unterstützung der DKP fanden 1994 wiederholt Veranstaltungen des linksextremistisch beeinflußten Münchner Bündnisses gegen Rassismus und sonstiger Aktionsbündnisse zu Themen wie internationale Solidarität, "Antifaschistischer Widerstand" und zum Antikriegstag statt. Daneben wurden in Einzelfällen auch gemeinsame Veranstaltungen bekannt, an denen gewaltbereite Autonome maßgeblich beteiligt waren. Im Rahmen eines Aktionsbündnisses rief die DKP ferner zu einer Veranstaltungsreihe und zentralen Demonstration aus Anlaß des Tags der Deutschen Einheit unter dem Gemeinsame VerMotto "3. Oktober 1994: Kein Grund zum Jubeln! Uns reicht's! anstaltungen mit Gemeinsam gegen Rechts!" in München auf. Weitere Gelegenheigewaltbereiten ten für bündnispolitische Aktivitäten ergaben sich für die DKP bei Autonomen den Feiern zum 1. Mai und bei der Protestkundgebung am 20. August, zu der in Nürnberg autonome Gruppen aus Anlaß des Todestags von Rudolf Heß aufgerufen hatten. Veranstaltungen unter eigenem Namen organisierte die DKP kaum. Schwerpunkte der Aktivitäten der DKP waren die Wahl zum EuropaBeteiligung an parlament am 18. Juni und die Bundestagswahl am 16. Oktober. Die Wahlen auf den DKP kandidierte dabei nicht unter eigenem Namen, sondern verListen der PDS suchte, ihre Kandidaten auf offenen Listen der PDS unterzubringen. So kandidierte der DKP-Funktionär Leo Mayer aus München zur Europawahl auf Platz 8 der PDS-Liste (Wahlergebnis siehe Nummer 2.2.4 dieses Abschnitts). Zur Bundestagswahl kandidierten auf den offenen Listen der PDS ebenfalls mindestens 40 Personen, die der DKP angehören bzw. in der Vergangenheit angehört hatten. Auf der aus 14 Personen bestehenden Landesliste der PDS/LL Bayern kandidierten drei Personen, die nach eigenen Angaben noch der DKP angehören. Die DKP unter- 74 Linksextremismus stützte den Wahlkampf der PDS durch Beteiligung an zahlreichen Wahlkampfveranstaltungen sowie Wahlaufruf der einen Wahlaufruf und eine Sondernummer des DKP zugunsten DKP-Zentralorgans UZ vom 30. September. Darin der PDS hieß es u.a., die PDS müsse im Bundestag bleiben. Sie diene der Sammlung der Linken und sei ein Baustein zur Formierung von Gegenmacht. Es begünstige auch die Chancen, daß kritische Kräfte innerhalb der SPD dem "Schmuseund Unterwerfungskurs" ihrer Partei nicht widerstandslos folgten. Die Betriebsund Gewerkschaftsarbeit der DKP, früher ein Hauptbereich kommunistischer Agitation, geht immer mehr zurück. In . Bayern bestanden Ende 1994 nur noch zwei Betriebsgruppen. 2.4 Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Diktatur des Die MLPD, 1982 in Bochum als "politische Vorhutorganisation der Proletariats Arbeiterklasse in der BRD und Westberlin" gegründet, fordert in ihrem Programm weiterhin den revolutionären "Sturz der Herrschaft der Monopolkapitalisten" und die "Einführung der sozialistischen Gesellschaftsordnung" unter einer "Diktatur des Proletariats". Sie bekennt sich zu den Lehren von Marx, Lenin und Mao Zedong. Gegen Ende des Jahres relativierte die Partei ihren bisherigen positiven Bezug zu Engels und Stalin. Stalin wird wegen seines angeblichen Zögerns im Klassenkampf kritisiert. Anfang September änderte die MLPD den ständigen Text in ihrem Zentralorgan Rote Fahne, mit dem sie "Informa- \ tionen für neue Leserinnen und Leser" gibt, und strich die Namen Stalin und Engels. Dort heißt es nur noch: "Die MLPD wendet den Marxismus-Leninismus und die Maotsetungideen schöpferisch auf die heutige Situation a n " . Stalin und Engels werden nicht mehr erwähnt. Mitglieder hat die Partei vor allem im westund südwestdeutschen Raum. Sie sind in Betriebszellen, Ortsgruppen und Bezirken organisiert, die einer "zentralen Leitung" mit Sitz in Essen unterstehen. Die Linksextremismus 75 MLPD verfügt bundesweit über rund 2.000 Mitglieder, davon etwa 120 in Bayern. Der Jugendverband Rebell veranstaltete am 11. Juni in Kempten einen Aufzug, an dem sich rund 200 Personen beteiligten. Die mitgeführten Transparente trugen Aufschriften wie "Verbot aller faschistischen Organisationen" und "Stoppt Rassismus und Faschismus" Schwerpunkt der Aktivitäten der MLPD war 1994 die Wahl zum Beteiligung an der Deutschen Bundestag. Nachdem bereits 1993 ein von der MLPD Bundestagswahl angestrebtes Wahlbündnis mit der PDS gescheitert war, kandidierte die MLPD bundesweit mit einer "MLPD/Offenen Liste". Die Partei mobilisierte mehr als 100 Wahlbewerber. Sie verstand ihre Kandidatur als Beitrag zur Schaffung einer neuen gesellschaftlichen Opposition auf der Grundlage des Kampfes gegen die "volksfeindliche" Bonner Regierung. Den Grundzügen der Wahlplattform bzw. den Grundsätzen der Wahlkandidaten der MLPD zufolge trat die Partei dabei u.a. für "aktiven Volkswiderstand", einen breiten Zusammenschluß des Volkes gegen das "Monopolkapital" und eine "echte sozialistische Alternative" ein. Die MLPD, die im gesamten linksex-' MLPD weitgehend tremistischen Lager weitgehend isoliert ist, erreichte bundesweit isoliert 10.038 und in Bayern 809 Zweitstimmen. Die Aktivitäten der Partei in Bayern beschränkten sich im wesentlichen auf die Durchführung einiger Wahlveranstaltungen zum Bundestagswahlkampf. Zur Europawahl im Juni sowie zur Landtagswahl in Bayern kandidierte die MLPD nicht. Nach ihrem Mißerfolg bei der Bundestagswahl versucht die Partei nun, ihre im Wahlkampf tätigen Unterstützer für eine regelmäßige Parteiarbeit zu gewinnen. Es ist zu erwarten, daß die Mitgliederzahl weiter stagniert oder zurückgeht. 2.5 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Mehrere örtlich tätige maoistisch orientierte Arbeiterbasisgruppen Zusammenschluß schlossen sich 1973 zum AB zusammen. Dieser beruft sich in seinen von Basisgruppen programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus und die Ideen Stalins sowie Mao Zedongs. Sein Ziel ist die Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse" und die "Errichtung einer Diktatur des Proletariats", um den Kommunismus in einer "klassenlosen Gesellschaft" zu verwirklichen. Der AB bekennt offen, daß dies nur 76 Linksextremismus mit Gewalt zu erreichen sei, da die "herrschende Klasse" nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Der AB ist nach wie vor in zwei Flügel gespalten. Der größere Flügel gibt monatlich das AB-Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ) heraus. Er bemühte sich ferner verstärkt um eine Zusammenarbeit mit der DKP. Dies führte u.a. zur gemeinsamen Herausgabe einer Metallarbeiterzeitung im Raum Nürnberg mit dem Titel "Der Rote Stachel". Die kleinere, der PDS nahestehende Fraktion versuchte anläßlich der Bundestagswahl erneut, den "anachronistischen Zug oder Freiheit und Democracy" nach dem gleichnamigen Gedicht von Bert Brecht aufzuführen. Nach den ursprünglichen Planungen sollte der Zug in einem dreiwöchigen Agit-Prop-Unternehmen von Berlin nach Wien, Prag und Warschau führen. Zur AufWahlaufruf zuführung kam es jedoch nur im Raum Berlin. Damit ist es dieser ABgunsten der PDS Fraktion, die auch zur Wahl der PDS zum Bundestag aufrief, wie bei früheren Aufführungen nicht gelungen, Unterstützer für dieses Projekt im benachbarten Ausland zu finden. Schwerpunkt Der AB ist vorwiegend in Bayern tätig. Es bestehen Gruppen in in Bayern Augsburg, München, Nürnberg und Regensburg. "Freundeskreise" in München, Nürnberg und Regensburg sollen den AB finanziell unterstützen. In weiteren Städten des Bundesgebietes verfügt der AB über Ortsgruppen bzw. Stützpunkte. Die Gesamtmitgliederzahl liegt bei etwa 200 Personen, davon rund 100 in Bayern. Organisatorisch sowie auf Funktionärsebene waren keine Veränderungen festStagnierende zustellen. Auch der Mitgliederstand blieb konstant. Ein MitgliederzuMitgliederzahl wachs ist nicht zu erwarten. Der AB ist kaum mehr in der Lage, bedeutende Aktionen alleine durchzuführen, und dürfte sich deshalb künftig noch mehr kommunistisch orientierten Bündnissen, aber auch der PDS zuwenden. Über den Kommunistischen Hochschulbund (KHB), eine Nebenorganisation des AB, sind keine Erkenntnisse mehr angefallen. In München und Regensburg bestehen seit 1972 Gruppen des vom AB stark beeinflußten Antifaschistischen Komitees - Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung -AKS(früher AntiStrauß-Komitee) mit etwa 90 Mitgliedern. Ziel des AKS ist es, den "Sturz des rechten Führungskaders" vorzubereiten und alle "faschistischen" Organisationen zu bekämpfen. Die Initiativen für die Vereinigung der revolutionären Jugend (IVRJ) unterliegen ebenfalls dem Einfluß des AB. Ortsgruppen bestehen u.a. in München, Nürnberg und Regensburg. Linksextremismus 77 Autonome 3.1 Überblick Mit Forderungen nach "Selbstorganisation der Unterdrückten", Entwicklung "Autonomie" und Spontaneität in den eigenen Gefühlsäußerunder autonomen gen" entwickelte sich Mitte der 70er Jahre insbesondere an den Bewegung Hochschulen in Deutschland ein linksextremistisches Potential. Es lehnt die bestehende Herrschaftsform, aber auch die Politik der marxistisch-leninistischen "K-Gruppen" ab. Diese Linksextremisten besitzen im Regelfall im Gegensatz zu den marxistisch-leninistischen Gruppierungen kein ausformuliertes Programm und keine klare ideologische Zielvorstellung. Ebenso lehnen sie feste Organisationsstrukturen grundsätzlich ab. Anhänger eines "undogmatischen wissenschaftlichen Sozialismus" gehören diesem Spektrum ebenso an wie Sozialrevolutionäre und Anarchisten. Aus diesem diffusen linksextremistischen Spektrum entwickelten sich Ende der 70er Jahre im Rahmen der Anti-Atomkraftbewegung die Autonomen. Seit Beginn der 80er Jahre konnten sie ihren Einfluß zunehmend festigen, wogegen bei anderen Gruppen wie etwa den Anarchisten ein nahezu parallel verlaufender Niedergang festzustellen war. 3.2 Ideologische Ausrichtung Ziel der Autonomen ist es, den Staat mit seinen Institutionen zu beseitigen und an seiner Stelle eine "herrschaftsfreie Gesellschaft" zu "Herrschaftsfreie errichten, von der indessen niemand weiß, wie sie im einzelnen ausGesellschaft" sehen soll. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Kampf gegen den von den Autonomen als "Schweinesystem" titulierten Staat und seine Organe als unabdingbar erachtet. Die Anwendung von Gewalt gegen Sachen ist dabei unumstrittenes Mittel. Gewalt gegen Personen gewinnt im Gegensatz zur früheren Einstellung zunehmend an Bedeutung. Dies belegen insbesondere die brutalen Angriffe Autonomer auf tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten, bei denen bewußt und gezielt schwere Verletzungen oder gar die Tötung der Angegriffenen in Kauf genommen werden (vgl. 4. Abschnitt Nr. 1.3). Erstmals beteiligten sich Autonome an politischen Wahlen. Unter der Erstmals BeteiliBezeichnung "Die Unregierbaren - Autonome Liste" kandidierten gung an Wahlen Autonome für die Europawahl im Juni 1994. Sie erreichten nach dem amtlichen Endergebnis in Bayern 3.876 und im Bundesgebiet 78 Linksextremismus 37'.672 Stimmen und damit jeweils 0,1 %. Ziele und Aktionen der Autonomen im Wahlkampf machen ihre ideologische Ausrichtung besonders deutlich. Ziel war es nach Eigenaussagen, nicht ein Mandat zu erringen, sondern vielmehr die "Infrastruktur der Herrschenden" für die eigene politische Agitation zu nutzen. In einem von Autonomen in München verbreiteten Szeneblatt mit dem Titel "DAS SÄGEBLATT immer am Stuhl der HERRschenden" forderten die Verfasser in einem Beitrag zu den "Wahlen 94" die gewaltsame Einführung eines Rätesystems und damit die Einführung einer kommunistischen/anarchistischen Gesellschaft. Jedem, der eine Veränderung in Richtung "menschenwürdiger Gesellschaft" wünsche, könnten die Verfasser nicht den "bequemen Sonntagsspaziergang zur Wahlurne" empfehlen, sondern einen "langedauernden Kampf gegen Staat und Kapital!". Wählen habe in einer bürgerlichen Demokratie für das Proletariat - wenn überhaupt - dann nur taktischen Sinn, "d.h. in der BRD Grüne oder PDS wählen ... um bessere Kampfbedingungen für eine proletarische Bewegung zu erhalten". 3.3 Ziele autonomer Aktionen Zentrales Thema autonomer Aktivitäten war auch 1994 der "Kampf } gegen den Faschismus", der auch als "antifaschistische Selbsthilfe" oder "Antifakampf" bezeichnet wird. Die Autonomen sammeln dabei gezielt Erkenntnisse über tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und bereiten sie auf. Aufgrund dieser Informationen können Anschläge auf gegnerische ] Einzelpersonen oder Gruppen Vermehrte und deren Einrichtungen Zustimmung zur durchgeführt werden. Gewalt Gewalt gegen gegen Personen des rechtsexPersonen tremistischen Lagers findet im Linksextremismus 79 autonomen Spektrum weitgehend Zustimmung. Zum Kampf gegen den "Faschismus" zählen Autonome aber auch den Kampf gegen die "faschistische, rassistische und imperialistische" Bundesrepublik Deutschland und deren Sicherheitsorgane. Unter Antifaschismus verstehen diese Gruppen nahezu alle klassischen autonomen Aktionsthemen. Ziel der Aktionen Autonomer ist es, den Staat vorzuführen und zu belegen, daß dieser selbst "faschistisch" strukturiert ist. Als Aktionsfelder dienen den Autonomen hierfür Themen wie "Rassismus", "Kapitalismus", "Sexismus", "Patriarchat" und soziale Problembereiche. Weitere Aktionsschwerpunkte waren u.a. Solidaritätsaktionen zugunsten des "kurdischen Befreiungskampfes" und Aktionen gegen Sanierungen in Großstädten. Ferner beschäftigten sich einige autonome Gruppen auch in Bayern mit der Vorbereitung eines "Autonomen Kongresses", der "Autonomer im Frühjahr 1995 in Berlin geplant ist. Bei diesem sollen die PerspekKongreß" in tiven und Zielrichtungen autonomer Aktivitäten bis über das Jahr Berlin 2000 hinaus festgelegt werd en. 3.4 Autonome Strukturen Schwerpunkte der Autonomen im Jahr 1994 waren Nürnberg, Passau, Aschaffenburg und München. Die Passauer und Aschaffenburger Autonomen zeigten eine zunehmende Gewaltbereitschaft. Daneben bestehen autonome Gruppen in den Bereichen Augsburg, Bamberg, Coburg, Erlangen, Fürth, Ingolstadt, Kulmbach, Regensburg, Rosenheim und Würzburg. Auch aus anderen Städten wurden Aktivitäten bekannt, die als Indiz für das Vorhandensein autonomer Tendenzen gewertet werden müssen. Insgesamt gehören autonomen Gruppen in Bayern rund 550 Personen an (1993: über 400). Die 550 Autonome oft kurzlebigen, meist aus konkretem Anlaß gegründeten Gruppiein Bayern rungen tragen Namen wie "Muflons gegen Rechts", "Autonome Zellen Schwarzer Aufbruch und Erich Mühsam", "Schwarze Katze", "Antifaschistische Front", "Antifaschistische Jugendfront" und ähnliche. Die künftige Entwicklung hängt ganz wesentlich davon ab, ob es in der aktuellen Politik Themen gibt, die den Autonomen für ihre Aktionen geeignet erscheinen. Nach dem Rückgang rechtsextremistischer Gewalttaten dürfte das wichtigste Mobilisierungsthema Antifaschismus wieder an Attraktivität verlieren. Die Verweildauer 80 Unksextremismus der Anhänger in den Gruppen beträgt regelmäßig nur wenige Jahre. Personelle Verluste durch "Rückzug ins Private" füllen sich jedoch kontinuierlich auf. Insgesamt ist die bayerische autonome Szene derzeit gefestigt. Die latente Gewaltbereitschaft der Autonomen stellt auch künftig eine ernste Gefahr für die innere Sicherheit dar. Die grundsätzliche Ablehnung von Organisationsformen und verbindlichen Strukturen behindert die Autonomen in ihrer EntwickOrganisatorische lung. Gemeinsame zielgerichtete "autonome Politik" war dadurch Ansätze nicht möglich. Mitte des Jahres 1992 schlossen sich jedoch autonome Gruppen zur "Antifaschistischen Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) zusammen. Dieser Organisation gehören inzwischen Gruppierungen aus 14 Städten im gesamten Bundesgebiet an, darunter Nürnberg und Passau. Die Nürnberger "Muflons gegen Rechts" bekannten sich als "Autonome Antifa-Gruppe aus Nürnberg" offen zur Gewaltanwendung. Für sie beginne Antifaschismus "auf der Straße", sie seien "bereit, Faschisten wenn nötig auch mit militanten Mitteln entgegenzutreten". Darüber hinaus sei es für sie wichtig, "den Schulterschluß" zwischen "Stiefelfaschisten" und dem Staat aufzuzeigen und sowohl durch inhaltliche Aufklärung als auch "durch praktische Aktionen" anzugreifen. Die AA/BO konnte ihre Strukturen festigen und neue Anhänger gewinnen. Ziel ist die Reorganisierung der deutschen Linken. Die AA/BO fand jedoch im autonomen Lager nicht nur Zustimmung. Viele Autonome lehnten diese Organisationsform ab, weil sie ihnen zu straff strukturiert erschien. 1993 formierte sich deshalb ebenfalls unter der Zielsetzung "Antifaschismus" eine "Initiative zum Aufbau einer bundesweiten revolutionären Organisation", die allerdings wegen des Ausscheidens mehrerer Gruppen am Ende des Jahres zu scheitern droht. Linksextremismus 81 Dem Gedankenaustausch und Informationsfluß zwischen Autonomen dienen auf Ortsebene vor allem ständige Einrichtungen wie Info-Läden, Szenelokale und andere Begegnungsstätten, in denen Kommunikationsauch einschlägige Publikationen aufliegen. Die als Anlauf und Konstrukturen taktstelle fungierenden Info-Läden sind dabei als wesentlicher Faktor für die Kommunikation innerhalb der autonomen Szene anzusehen. Eine in der Szene verbreitete Übersicht führt mehr als 80 solcher Anlaufstellen im Bundesgebiet auf. In Bayern bestehen Info-Läden u. a. in Augsburg, München, Nürnberg, Passau und Regensburg. Für die landesund bundesweite sowie die internationale Kommunikation haben moderne Kommunikationsmittel wie Telefax und Mailboxsysteme inzwischen eine erhebliche Bedeutung erlangt, wie das von Wiesbaden aus aufgebaute Mailboxsystem "Spinnennetz". 3.5 Autonome Publikationen Eine weitere Informationsmöglichkeit bieten den Autonomen die Szenepublikationen. Diese werden meist konspirativ hergestellt und verbreitet; ihre Autoren sind weitgehend unbekannt. Neben der Berichterstattung über autonome und terroristische Aktivitäten schüren die' Publikationen vor allem den Haß linksextremistischer Aufforderung zu Gruppen gegen die Staatsund Gesellschaftsordnung der BundesreGewalttaten publik Deutschland. Sie enthalten ferner unverhohlene Aufforderungen und Anleitungen zu Gewalttaten u.a. gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Von den bundesweit erscheinenden Szeneblättern hat insbesondere die regelmäßig erscheinende, aus Berlin stammende Publikation "INTERIM" zentrale Bedeutung. Erwähnenswert sind ferner drei AusBundesweit gaben der unter wechselnden ausländischen Tarnanschriften ververbreitete triebenen militanten autonomen Publikation Publikationen "radikal". Themenschwerpunkte der Publikationen waren 1994 u.a. "Antifaschismus", "Organisierung im autonomen Spektrum", "Kurdischer Befreiungskampf" und Diskussionen im terroristischen Bereich insbesondere zur Haftsituation inhaftierter terroristischer Gewalttäter 82 Linksextremismus sowie zum Aufbau einer von der RAF-Kommandoebene propagierten "Gegenmacht von unten". Daneben waren wie in den Vorjahren eine Vielzahl von Selbstbezichtigungsschreiben zu Anschlägen sowie Handlungsanleitungen zu Straftaten und zum Leben in der Illegalität abgedruckt. Bayerische In Bayern publizieren die Autonomen ihre politischen Artikel u.a. in Publikationen der Zeitschrift "wie weiter" aus Nürnberg oder ähnlichen regionalen, überwiegend unregelmäßig erscheinenden Blättern. Die bayerischen Zeitschriften konnten bisher keine überregionale Bedeutung gewinnen. Oft werden darin auch nur Artikel aus Szenepublikationen mit bundesweiter Bedeutung wie "CLASH-Internationale Zei- t u n g " , "INTERIM" und "radikal" übernommen und durch Hinweise auf aktuelle Themen und Termine der örtlichen oder regionalen Szene ergänzt. Im November kündigte ein "wie-weiter-Abwicklungsdienst" wegen massiver finanzieller und personeller Schwierigkeiten an, daß die Publikation "wie weiter" nach mehr als fünf Jahren in der bisherigen Form nicht mehr erscheinen könne. 3.6 Aktivitäten autonomer Gruppen in Bayern Einen Themenschwerpunkt autonomer Gruppen, aber auch anderer Linksextremisten bildeten Gegenkundgebungen zu Veranstaltungen Versammlungen der Partei "Die Republikaner". Nur durch massiven Polizeieinsatz gegen Kundgekonnten in mehreren Fällen größere Ausschreitungen verhindert bungen der Partei werden. So riefen am 30. April in Nürnberg neben anderen linksex"Die Republikaner" tremistischen Gruppierungen mehrere autonome Gruppen zu einem "antifaschistischen Sonnenaufgang in Nürnberg" auf. Ziel war es, eine zunächst von der Stadt Nürnberg verbotene, im Eilverfahren vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassene Wahlveranstaltung der Partei "Die Republikaner" in Nürnberg zu verhindern bzw. massiv zu stören. Trotz des verwaltungsgerichtlichen Verbots der Gegenkundgebung formierte sich ein Aufzug. Kurz vor Erreichen der von der Stadt Nürnberg festgelegten Schutzbereiche wurden die äußerst aggressiven Störer von der Polizei angehalten. Anschließend versuchten etwa 100 Personen, die überwiegend der autonomen Szene zuzurechnen waren, durch Sprechchöre, Trillerpfeifen und Eierwürfe die Kundgebung massiv zu stören. Insgesamt nahm die Polizei an diesem Tag 104 Personen in Gewahrsam. Weitere Hauptthemen für Versammlungen, an denen sich autonome Gruppen maßgeblich beteiligten, waren die Situation der Kurden in Linksextremismus 83 der Türkei sowie das Verbot der militanten Arbeiterpartei Kurdistans Aktionen (PKK) in Deutschland. An einer Versammlung des linksextremistisch zugunsten der beeinflußten "Münchner Bündnisses gegen Rassismus" am 23. April verbotenen PKK in München aus Anlaß des Strafprozesses vor dem Oberlandesgericht München wegen der Geiselnahme im Türkischen Generalkonsulat am 24. Juni 1993 beteiligten sich zahlreiche Autonome. In Transparenten forderten die Kundgebungsteilnehmer u.a. die "Aufhebung des Verbots kurdischer Vereine in der BRD". Am 13. April nahmen etwa 200 überwiegend dem autonomen Spektrum zuzurechnende Personen an einer Filmund Diskussionsveranstaltung im Kommunikationszentrum der Stadt Nürnberg (KOMM) über die Geschichte der terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) teil. In der Diskussion beantwortete Monika Berberich, eine ehemalige RAF-Inhaftierte, u.a. Fragen zu Politik und Aktionen der RAF. Dem bundesweiten AufProtestaktionen ruf der autonomen Grupaus Anlaß des pen "Muflons gegen Todestages von Rechts" aus Nürnberg Rudolf Heß und der "Antifaschistischen Aktion Passau", beide organisiert in der AA/BO, und eines breiten Unterstützerkreises zu einer "Aktion gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" am 20. August in , Nürnberg folgten i etwa 1.200 Perso- \ nen. Die Veranstal- \ tung richtete sich gegen die geplanten Gedenkveranstaltungen rechtsextremistischer Gruppierungen aus Anlaß des Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß. Etwa 300 der angereisten Demonstranten waren dem autonomen Spektrum zuzurechnen. Ein Großteil war mit Bus- 84 Linksextremismus sen aus dem Landkreis Roth angereist. Dort hatte die linksextremistisch beeinflußte "Jugend gegen Rassismus in Europa" (JRE), eine Vorfeldorganisation der trotzkistischen Sozialistischen Alternative VORAN (SAV), vom 13. bis 20. August ein "Antinazicamp" durchgeführt. Hauptziel der Demonstranten war ein angebliches Schulungszentrum der Jungen Nationaldemokraten (JN) in Nürnberg. Die Polizei konnte den Aufzug vor Erreichen des Zielobjektes umleiten und so größere Ausschreitungen verhindern. Insgesamt wurden 15 Personen vorläufig festgenommen. 4. Bündnisse gegen Rassismus LinksextremistiAn dem linksextremistisch beeinflußten Münchner Bündnis gegen scher Einfluß Rassismus beteiligen sich neben demokratischen Gruppierungen die linksextremistisch beeinflußte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), marxistisch-leninistische Organisationen wie DKP, AB, VSP und die trotzkistische Sozialistische Arbeitergruppe (SAG). Die Leitung bei Treffen und Veranstaltungen oblag jeweils Aktivisten der linksextremistischen Gruppierungen. Diese zeichneten auch für Flugblätter des Bündnisses presserechtlich verantwortlich. Das Bündnis organisierte in München Veranstaltungen gegen die Abschiebung von Ausländern, ein Straßenfest zum Thema "Fest der internationalen Solidarität" und insbesondere Kundgebungen zur Kurdenproblematik. Das Münchner Bündnis gegen Rassismus war maßgeblich an der Gründung des Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitees im Frühjahr 1994 beteiligt. Das Komitee veranstaltete eine Reihe von Kundgebungen. In Nürnberg besteht das dem autonomen/antiimperialistischen Spektrum zuzuordnende Nürnberger Aktionsbündnis gegen Rassismus fort. Linksextremismus 85 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1994 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Bund Erscheinungsweise u. Auflage) 1. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten 1. 1 Kernorganisationen: Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 700 6.000 Unsere Zeit (UZ) 14 Bezirksorganisationen, aufgeteilt in vierzehntägig, 10.000 Kreisund Grundorganisationen Marxistische Blätter 26.09.1968, Essen zweimonatlich, 3,000 Partei des Demokratischen Sozialis300 123.751 Rundbrief des PDS-Landesmus/Linke Liste (PDS/LL) büros, unregelmäßig Landesverband Bayern mit ca. 20 örtlichei "Titel", unregelmäßig Initiativen und Basisgruppen 20.10.1990, München Arbeiterbund für den 100 200 Kommunistische Wiederaufbau der KPD (AB) Arbeiterzeitung (KAZ) 1973, München monatlich, 3.500 Marxistisch-Leninistische 120 2.000 Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) wöchentlich, 7.500 8 Parteibezirke, über 100 lernen u. kämpfen (luk) Ortsgruppen und Stützpunkte monatlich, 1.000 17718.06.1982, Essen Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK l 25 250 Politische Berichte 8 Landesverbände vierzehntägig, 1.200 20.121.09.1980, Köln Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 25 275 Sozialistische Zeitung (SoZ) Landesverbände, Ortsgruppen, Zellen unregelmäßig, 2.000 April/Mai 1986, Köln Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 25 250 Klassenkampf Berlin monatlich, 3.500 Kommunistischer Bund (KB) analyse & kritik (ak) Hamburg (aufgelöst am 20.04.1991) monatlich, 4.000 Nachfolgegruppen: 100 Gruppe K Gruppe Mehrheit KB-Gruppe Nürnberg 20 86 Linksextrernismus Organisation (einschließlich Mitglieder Er ide 1994 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Bund Erscheinungsweise u. Auflage) Marxistische Gruppe München 700 "Gegenstandpunkt" 1969/70 AK Rote Zellen, München Herausgeber: ehemalige ("aufgelöst" zum 01.06.1991) Funktionäre der MG vierteljährlich, 7.000 1.2 Nebenorganisationen: Nebenorganisationen der DKP: Sozialistische Deutsche 50 200 position Arbeiterjugend (SDAJ) unregelmäßig, 300 Landesverbände, Kreisverbände und Ortsgruppen April/Mai 1968, Essen Nebenorganisation der PDS: PDS-Hochschulgruppen 10 Nebenorganisation der MLPD: Jugendverband Rebell 20 Rebell - Beilage zur Roten Fahne - 1.3 Beeinflußte Organisationen: DKP-beeinflußt: Vereinigung der Verfolgten des 550 8.500 antifa-rundschau Naziregimes - Bund der Antiunregelmäßig, 9.000 faschisten (VVN-BdA) Landesvereinigungen mit Kreisund Ortsvereinigungen 1947, Frankfurt a.M. AB-beeinflußt: Antifaschistisches Komitee 90 Demokratischer Infor- - Stoppt die schwarzbraune mationsdienst (DID) Sammlungsbewegung (AKS) unregelmäßig in München und Regensburg BWK-beeinflußt: Volksfront gegen Reaktion, 40 200 Antifaschistische Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) Nachrichten 06.10.1979, Köln vierzehntägig, 900 PDS-beeinflußt: Jugendgruppe Knallrot e.V. 55 - 13.08.1994, Ingolstadt Linksextremismus 87 Organisation (einschließlich Mitglieder Ende 1994 Publikationen (einschließlich Gründungsdatum und Sitz) Bayern Bund Erscheinungsweise u. Auflage) Trotzkistisch beeinflußt: Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) 30 1.100 Vorfeldorganisation der trotzkistischen "Sozialistischen Alternative VORAN" (SAV) 1992, Köln 2. Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre Autonome über über z.T. unregelmäßig erschei500 5.000 nende Szeneblätter wie radikal, INTERIM, CLASH; auf lokaler Ebene u.a. wie weiter, Das Sägeblatt, Barricada Antifaschistische Aktion/Bundes45 z.T. unregelmäßig erscheiweite Organisation (AA/BO) nende Publikationen, Juli 1992 für die die AA/BO als Herausgeber verantwortlich zeichnet 3. Von allen Strömungen des Linksextremismus beeinflußt Münchner Bündnis gegen Rassismus 20 München Aktionsbündnis gegen Rassismus 20 Nürnberg Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitee 20 München 88 Ausiänderextremismus 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Einstufung als Ausländergruppen werden zum einen als extremistisch eingestuft, extremistisch - wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Dazu zählen insbesondere die Organisationen islamischer Extremisten, die als Endziel einen islamischen Staat, wie z.B. im Iran, auch in Deutschland durchsetzen und damit wesentliche Verfassungsgrundsätze beseitigen wollen. Extremistische Ziele verfolgen zum anderen auch Gruppierungen, die eine gewaltsame Änderung der politischen Verhältnisse im Heimatland erstreben und dadurch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Anstieg der Die Zahl der in Bayern erfaßten extremistischen oder extremistisch Zahl der beeinflußten Ausländerorganisationen stieg auf 145 (1993: 100). UrOrganisationen sache für diese Zunahme war vor allem der Aufwärtstrend islamischund Mitglieder extremistischer türkischer Gruppen, aber auch die Gründung mehrerer neuer Vereinigungen linksextremistischer Kosovo-Albaner. Die Mitgliederzahl der extremistischen bzw. extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen erhöhte sich in Bayern von 7.200 im Jahre 1993 auf 9.550; mit eingerechnet sind dabei auch die rund 2.000 Anhänger der im November 1993 verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Wesentlichen Anteil an diesem Zuwachs hatten vor allem linksextremistische kurdische und islamisch-extremistische türkische Gruppen. Die Anhänger der militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gefährden die Innere Sicherheit erheblich. Ihre Aktivitäten zeigten, daß ihre Aktionsmöglichkeiten trotz des in Deutschland verfügten bestandskräftigen Betätigungsverbots im wesentlichen unberührt geblieben sind. Nach wie vor ist die PKK in der Lage, in den westeuropäischen Ländern eine hohe Zahl kurdischer Volkszugehöriger zu mobilisieren. Im Laufe des Jahres wurde die Haltung der PKK gegenüber dem deutschen Staat und seinen Exekutivorganen immer aggressiver. Ausländerextremismus 89 Eine erhebliche Bedrohung geht auch von der seit 1983 verbotenen türkischen Gruppe Devrimci Sol aus. Es ist zu befürchten, daß deren interne, zunehmend gewaltsam ausgetragene Differenzen eskalieren. Die islamischen Extremisten sind mit konkreten sicherheitsgefährdenden Aktionen nicht in Erscheinung getreten. Sie bedürfen aber aufgrund der weltweiten Entwicklung des islamischen Fundamentalismus einer sorgfältigen Beobachtung. Zahl und Stärke extremistischer Ausländerorganisationen In der folgenden Übersicht sind die in Bayern bestehenden extremistischen und extremistisch beeinflußten Vereinigungen nach ihren ideologischen Standorten und politischen Zielsetzungen aufgeschlüsselt. Örtlich selbständige Gruppen sind dabei gesondert gezählt, auch wenn sie zu einer Dachorganisation gehören. LinksExtrem natioIslamischGruppen Gesamtzahl extremistische nalistische extremistische insgesamt Mitglieder Gruppen Gruppen Gruppen Araber' - - 2 (6) 2 (6) 270 (320) Kurden 12 (9) - - 12 (9) 2.140 (1.660) Türken 9 (8) 10 (16) 91 (57) 110 (81) 6.810 (4.980) Sonstige2 20 (3) 1 (1) - 21 (4) 330 (240) Gruppen insgesamt 41 (20) 11 (17) 93 (63) 145 (100) Gesamtzahl Mitglieder 2.740 (2.120) 730 (1.060) 6.080 (4.020) 9.550 (7.200) In Klammern die Vergleichszahlen des Vorjahres 1 Staaten der Ar abischen Liga 2 Sonstige: Alba ner, Inder, Iraner, Srilanker Die Mitgliederentwicklung im Bundesgebiet und in Bayern in den letzten zehn Jahren ist im Anhang 2 dargestellt. 90 Ausländerextremismus 2. Kurdische Gruppen 2.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Marxistisch-leniniDie in der Türkei verbotene PKK unterliegt in Deutschland einem am stische Kaderpartei 26. November 1993 vom Bundesministerium des Innern verfügten vereinsrechtlichen Betätigungsverbot. Sie ist eine straff organisierte Kaderpartei, die unbeeindruckt von den politischen Veränderungen in den ehemals kommunistischen Ostblockstaaten an ihrer marxistisch-leninistischen Ideologie festhält. Ihr Ziel ist die Beseitigung des türkischen "Kolonialismus" und die Errichtung eines unabhängigen totalitären kurdischen Staates im Südosten der Türkei unter Führung der PKK. Zu diesem Zweck führt sie seit 1984 mit ihrer in den Kurdengebieten operierenden Guerillatruppe Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) einen erbitterten Untergrundkampf gegen den türkischen Staat. Die Zentrale der hierarchisch gegliederten und äußerst konspirativ arbeitenden PKK befindet sich in Damaskus/Syrien; Generalsekretär ist Abdullah Öcalan. Als "politischer A r m " der Partei unterstützt die Tarnorganisatio1985 gegründete, in das bundesweite Betätigungsverbot einbezogenen der PKK ne internationale Teilorganisation Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) die Interessen und Ziele der PKK sowohl materiell als auch propagandistisch. Darüber hinaus bedient sich die PKK mehrerer rechtlich selbständiger, vom Verbot nur zum Teil erfaßter Nebenorganisationen, wobei sie bestrebt ist, deren personelle und organisatorische Verflechtungen mit dem "illegalen", d.h. konspirativ arbeitenden, Parteiapparat zu tarnen. Mit solchen "legalen" Verbänden versucht sie, / sowohl in der Türkei als auch im / westlichen Ausland ihren Rückhalt I in der kurdischen Bevölkerung zu / festigen und für ihre Ziele zu wer- / ben. Zur Erweiterung ihres Einflusses / gründete die PKK außerdem als "Mas- ' senorganisationen" die sogenannten "Y-Gruppen", wie z.B. die Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK), die Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) und die Union der Ausiänderextremismus 91 patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK). Nach wie vor fühlt sich die Partei zur alleinigen politischen Vertretung des Alleinvertretungskurdischen Volkes berufen, obwohl z.B. anspruch ihr Sympathisantenpotential in Deutschland allenfalls etwa zehn Prozent der hier lebenden 500.000 Kurden umfaßt. PKK und ERNK haben das gegen sie verfügte Betätigungsverbot nicht angefochten. Im Juli/August 1994 bestätigSofortvollzug ; te das Bundesverwaltungsgericht den durch Bundesver- \ sofortigen Vollzug des Verbots der drei waltungsgericht \ zentralen PKK-Nebenorganisationen bestätigt \ in Deutschland, nämlich des Kölner J Kurdistan-Komitees e.V., des Berxwedan-Verlages einschließlich der PKK-Nachrichtenagentur Kurd-HA und der Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan). Anträgen von 21 zur FEYKAKurdistan gehörenden Mitgliedsvereinen auf Aussetzung des sofortigen Vollzugs des Verbots gab das Gericht statt. Es sah es nicht als erwiesen an, daß sie Teilorganisationen der FEYKA-Kurdistan sind. Das Verbot hat zwar einzelne "legale" Strukturen der PKK ausgeschaltet. Der "illegale", konspirativ arbeitende Parteiapparat blieb jedoch im wesentlichen intakt. Nach wie vor führt die PKK Veranstaltungen durch, sammelt Spenden und benutzt Deutschland als Rekrutierungsraum für Kämpfer. Die Zerschlagung "legaler" Einrichtungen erschwert es aber der PKK erheblich, bei den hier lebenden Kurden und auch in der deutschen Öffentlichkeit für ihre Ziele zu werben und Aktivisten zu gewinnen. Die Anhänger und Sympathisanten der PKK sind deshalb bestrebt, durch Gründung von Einrichtungen, die nach außen keinen Bezug zur PKK erkennen lassen, neue organisatorische Strukturen aufzubauen 92 Ausländerextremismus So setzt die seit 18. Januar in Düsseldorf gewerberechtlich angemeldete Kurdisch-Deutsche Presseagentur (KURD-A) allem Anschein nach die Tätigkeit der verbotenen Kurd-HA fort. Das im Dezember 1993 in Köln eröffnete Kurdistan Informationsbüro in Deutschland (KIB)' hat offenbar die Aufgaben des verbotenen Kölner "KurdistanKomitee e.V." übernommen. Die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften leiteten daher Ermittlungsverfahren wegen Verdachts eines Verstoßes gegen ein vollziehbares Vereinsverbot ein. Eine am 27. März gegründete Föderation kurdischer Vereine in Deutschland (YEK-KOM) mit Sitz in Bochum nimmt mittlerweile die Funktion der verbotenen FEYKA-Kurdistan wahr. Funktionäre und Mitglieder nahezu aller FEYKA-Untergliederungen setzten ihre Aktivitäten unter dem Dach neu gegründeter Neue organisatoVereine fort, so auch in Ingolstadt und Nürnberg, wo sich ein "Kurrische Strukturen disch-deutsches Kulturzentrum" bzw. ein "Kurdisch-deutscher Kulturverein" konstituierten. 2 Diese mit ihren Vorgängern nahezu identischen Neugründungen sind wie bisher Begegnungsstätten und Mittler zwischen der PKK, den PKK-Anhängern und den hier lebenden Kurden. Ausgetauscht wurden - bei unveränderter Zielsetzung - lediglich Name und Vorstand. Außerdem verfolgt die PKK die Taktik, ursprünglich unpolitische Aktivitäten wie Kulturund Sportveranstaltungen für ihre Zwecke zu nutzen und dort für ihre Ziele zu werben. Unterstützung Nach wie vor findet die PKK die Unterstützung deutscher Linksextredurch Linksextremisten, die insbesondere eine Aufhebung des Verbots fordern. Das misten RAF-Umfeld, die Antiimperialistische Zelle (AIZ), Autonome, die PDS Durch das Bundesministerium des Innern am 2. März 1995 verboten. Durch das Bayerische Staatsministerium des Innern am 2. März 1995 verboten. Ausländerextrernisrnus 93 und sonstige Linksextremisten solidarisierten sich mit den Anliegen der PKK und führten teilweise sogar Veranstaltungen für sie durch. Die PKK zählt bundesweit rund 7.500 (1993:6.100) Anhänger, Mitgliederzudavon etwa 2.000 (1993: 1.500) in Bayern mit Schwerpunkten im wachs Raum Augsburg, Bayreuth/Hof, Ingolstadt, München und Nürnberg. Der Aufwärtstrend der Partei ist wohl in erster Linie auf eine Solidarisierung politisch bisher nicht oder nur wenig interessierter Kurden mit der PKK zurückzuführen. Zudem läßt der Alleinvertretungsanspruch der PKK gemäßigten kurdischen Gruppen kaum Raum, für eigene Belange einzutreten. An einer Großdemonstration von Kurden zum Thema "Für eine Hohe friedliche politische Lösung des Kurdenproblems", die am 25. Juni in Mobilisierbarkeit Frankfurt a.M. stattfand, beteiligten sich rund 50.000 Personen, darunter auch zahlreiche PKK-Anhänger aus Bayern. Einzelne Teilnehmer führten Embleme der PKK und der ERNK mit. Die Polizei stellte u.a. rund 70 Fahnen mit Symbolen verbotener kurdischer Vereinigungen sicher und nahm drei Personen wegen Verstoßes gegen ein vollziehbares Vereinsverbot vorübergehend fest. Das am 24. September mit ebenso vielen Besuchern in den Niederlanden durchgeführte "3. Internationale Kurdistan-Festival" zeigte erneut, daß die PKK in der Lage ist, über ihr eigenes Mitgliederpotential hinaus landesund europaweit Zehntausende von Sympathisanten zu mobilisieren. Mitte Juli 1994 organisierte die PKK in mehreren deutschen Städten Gedenkfeiern für verstorbene Parteimitglieder. An einer Veranstaltung am 16. Juli in Erding nahmen rund 500 Personen teil. Einzelne Besucher zeigten Fahnen mit Emblemen der PKK. Die Polizei stellte umfangreiches PKK-Propagandamaterial sicher und nahm 42 Personen u.a. wegen Verdachts eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz vorübergehend fest. Ähnlich wie im Vorjahr leitete die PKK unmittelbar vor dem kurdischen Neujahrsfest (21. März) eine erneute "Friedensinitiative" ein. Taktisch motivierte In einer am 13. März durch einen führenden PKK-Funktionär in Brüs- " Friedensinitia tive " sel bekanntgegebenen Erklärung des PKK-Generalsekretärs hieß es, entgegen anderslautenden Behauptungen der türkischen Regierung und des Militärs bestehe die PKK nicht auf der Errichtung eines separaten Staates und der Zerstückelung der Türkei. Die Partei sei vielmehr offen für alle Vorschläge und Initiativen zur Lösung des Kurdenkonflikts, einschließlich einer türkisch-kurdischen Föderation. Auch sei die PKK unter bestimmten Bedingungen zur sofortigen Be- 94 Ausländerextremismus endigung des Guerillakrieges und zur Annahme von internationalen Vermittlungsbemühungen bereit. Voraussetzung müsse jedoch ein international kontrollierter Waffenstillstand sein. Mit diesem "Verhandlungsangebot" verfolgte die PKK offenbar rein propagandistische Ziele, zumal sie nicht ernsthaft erwarten konnte, vom türkischen Staat als gleichberechtigte Gesprächspartnerin akzeptiert zu werden. Unveränderte Ihre anhaltende Militanz zeigte sich Ende März bundesweit bei geMilitanz waltsamen Ausschreitungen anläßlich verbotener Veranstaltungen zum kurdischen Neujahrsfest (vgl. 4. Abschnitt Nr. 1.4). Auch in der Folgezeit war die PKK nicht gewillt, das Recht des deutschen Gastlandes zu respektieren. Zahlreiche gewaltsame Übergriffe gegen staatliche Organe, so z.B. am 18. und 23. August in Bonn und Freiburg bei einer von PKK-Anhängern initiierten Fahrradtour nach Genf und am 26. September in Mannheim bei einem behördlich verbotenen "Solidaritätsmarsch" kurdischer Frauen nach Straßburg, machten deutlich, daß die Anhänger der PKK entschlossen sind, auf staatliches Einschreiten mit brutaler Härte zu reagieren. Die "Friedensangebote" der PKK dienen ebenso wie der erklärte Verzicht auf einen selbständigen Kurdenstaat offenbar nur dem Zweck, den türkischen Staat als "Aggressor" bloßzustellen. Konsequentes VorIn Bayern führte das konsequente Vorgehen der Sicherheitsorgane gehen in Bayern inzwischen zu einer erheblichen Verunsicherung der PKK-Anhängerschaft. Auch der starke Repressionsdruck durch die Strafverfolgungsbehörden zeigte deutlich präventive Wirkung und ließ die Bereitschaft, sich öffentlich für die PKK zu engagieren, erkennbar sinken. Für weitere Verunsicherung sorgte am 8. Dezember die Durchsuchung von vier Vereinslokalen und 27 Wohnungen mutmaßlicher PKK-Anhänger in Bayern im Rahmen eines vereinsrechtlichen Ermittlungsverfahrens*. 2.2 KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan e.V. MarxistischDie marxistisch-leninistische KOMKAR vertritt als Nebenorganisation leninistische der linksextremistischen "Sozialistischen Partei Kurdistans" (PSK) Ausrichtung deren Ziele im Bundesgebiet. Sie konkurriert hinsichtlich ihrer Zielsetzung mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), agiert aber im Vergleich zur PKK gemäßigter und zurückhaltender. So befürwortet sie eine politische Lösung des Kurdistan-Konflikts durch Bildung eines födera- * vgl. Fußnote 2 auf Seite 92 Ausländerextremismus 95 tiven türkisch-kurdischen Staates. Dieses Konzept fand indes bei den hier lebenden Kurden keine Resonanz, so daß die KOMKAR gegenüber der dominierenden PKK trotz verstärkter Aktivitäten an Einfluß verlor. In Bayern zählt die KOMKAR rund 100 (1993: 150) Anhänger. Als Mitgliedsvereine gehören ihr die Kurdistan Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. und das Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e.V. an. Die Aktivitäten der KOMKAR richteten sich auch 1994 schwerpunktAufruf zum mäßig gegen Maßnahmen der türkischen Regierung. In einem FlugBoykott von blatt rief die KOMKAR zum Boykott von Urlaubsreisen in die Türkei Urlaubsreisen auf. Dies sei ein geeignetes Druckmittel, um den mit Hilfe der Tourismuseinnahmen finanzierten "Vernichtungsund Vertreibungskrieg" gegen das kurdische Volk zu beenden. In weiteren Flugschriften solidarisierte sich die KOMKAR mit inhaftierten Abgeordneten der prokurdischen, Mitte Juni in der Türkei wegen "separatistischer Aktivitäten" verbotenen "Demokratie-Partei" (DEP). Dazu erklärte sie, die Türkei sei offenbar entschlossen, die Kurden-Frage einer "militärischen Endlösung" zuzuführen. Wenn die Türkei die legitimen Vertreter des kurdischen Volkes aus demokratischen Institutionen herausdränge, bleibe den Kurden letztlich nur der bewaffnete Kampf. In Bayern trat die KOMKAR am 26. März in München als Mitveranstalterin einer Feier zum kurdischen Neujahrsfest in Erscheinung, zu der sich rund 400 Besucher einfanden. An weiteren Veranstaltungen des Verbandes am 29. Oktober und 17. Dezember in Nürnberg beteiligten sich bis zu 200 Personen. 3. Türkische Gruppen 3.1 Linksextremisten 3.1.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) Die im Bundesgebiet seit zwei Jahrzehnten aktive TKP/ML vertritt die RevolutionärIdeologie des Marxismus-Leninismus, ergänzt um die Ideen Mao Zemarxistische dongs. Sie betont den bewaffneten Kampf als Grundform ihres HanIdeologie delns und ist davon überzeugt, daß der einzige Weg zur "Befreiung" des türkischen Volkes über den bewaffneten Volkskrieg mit anschließender Bildung einer "Volksregierung" führe. Ihr militärischer Zweig ist die Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO). Die Entwicklung der Partei ist seit Ende der 70er Jahre durch eine Fraktionen und kaum überschaubare Zahl von Fraktionsbildungen und Abspaltungen Abspaltungen 96 Ausländerextremismus bestimmt. Bereits Mitte 1978 löste sich von der TKP/ML eine Gruppe, die zuletzt unter der Bezeichnung "TKP/ML Hareketi" (TKP/ML "Bewegung") - TKP/ML (H) - auftrat und inzwischen in der im Herbst 1994 gegründeten "Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei-Gründung" (MLKP-K) aufgegangen ist. Anfang 1981 spaltete sich die Mutterpartei in die Gruppen "TKP/ML Partizan" und "TKP/ML Bolsevik", auch als "Bolsevik Partizan" bekannt. Letztere hat sich im Sommer 1994 in "Bolschewistische Partei Nordkurdistan/Türkei" (BP-KK/T) umbenannt. Im Frühjahr 1994 trennte sich die Gruppe TKP/ML Partizan von ihrer Fraktion "Ostanatolisches Gebietskomitee" (DABK). Das DABK hatte sich schon einmal im Oktober 1987 von der TKP/ML abgespalten und erst im April 1992 die Wiedervereinigung mit der Mutterorganisation vollzogen. BasisorganiIn Deutschland sind die Anhänger der TKP/ML im wesentlichen in sationen der 1976 gegründeten Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) und der Ende 1986 gebildeten Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) organisiert, die sich als "demokratische" Massenorganisationen präsentieren und ihre Verbindungen zur TKP/ML weitgehend tarnen. Die Abspaltung des DABK wirkte sich auf beide Dachverbände aus. Als Folge dieser Spaltung sind die insgesamt rund 120 Mitglieder zählenden vier örtlichen ATIF-Vereine in Bayern auseinandergefallen. Eine Zuordnung ihrer Mitglieder zu einem der Flügel, die beide den Anspruch erheben, die Partei zu repräsentieren, ist derzeit nicht möglich. Die internen Differenzen bewirkten kein Nachlassen der militanten Strategie der Partei. In einer Flugschrift rief die ATIK dazu auf, dem von den "Imperialisten" geförderten "rassistisch-faschistischen TerDiffamierung ror" entgegenzutreten und wegen der "rassistischen" Ausländerdeutscher Auslänund Asylpolitik der Bundesregierung auf die Straße zu gehen. Die derpolitik vorwiegend publizistisch tätige Gruppe TKP/ML Bolsevik propagierte die Zerschlagung des Kapitalismus durch eine proletarische Revolution. Die Alternative zum Sozialismus sei die imperialistische Barbarei mit ihren ungerechten Kriegen, mit Armut und Elend für 80 % der Weltbevölkerung. Das Landgericht München I verurteilte am 10. Oktober drei Türken zu Freiheitsstrafen zwischen 15 und 19 Monaten ohne Bewährung. Die Angeklagten hatten versucht, von Landsleuten Zahlungen an die TKP/ML in Höhe von mehreren tausend DM zu erpressen. Ausländerextremismus 97 3.1.2 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Zu den militantesten türkischen Extremistengruppen zählt die sowohl Spaltung in in Deutschland als auch in der Türkei verbotene revolutionär-marxizwei Flügel stische Devrimci Sol. Sie versteht sich als eine an den Grundsätzen des Marxismus-Leninismus ausgerichtete Volksbewegung, die mit Hilfe einer bewaffneten Revolution auf die Zerschlagung des türkischen Staates zielt. Seit ihrer Gründung im Jahre 1978 verübte die terroristische Gruppe in der Türkei zahlreiche Schußwaffenund Sprengstoffanschläge. 1993 spaltete sie sich in zwei Lager, die nunmehr beginnen, sich zu konsolidieren. Die Anhänger des bisherigen Devrimci-Sol-Leiters Dursun Karatas nennen sich inzwischen "Revolutionär re VolksbefreiungsparteiAFront" (DHKP-C Devrimci Sol). Die von dem im März 1993 in der Türkei bei einem Polizeieinsatz getöteten Funktionär Bedri Yagan gegründete Oppositionsgruppe führt die Bezeichnung "Türkische Volksbefreiungspartei/-Front" (THKP-C Devrimci Sol). In Bayern zählt die Gruppierung rund 80 Anhänger, von denen etwa 55 dem Karatas-Flügel zuzurechnen sind. Das gegenseitige Verhältnis ist von Haß geprägt. So attackierte der Yagan-Flügel die Gegenseite in einer Propagandaschrift als Mörderund Liquidationsbande, die dem revolutionären Kampf erheblichen Schaden zufüge. Die internen Konflikte zwischen den konkurrierenden Flügeln der Devrimci Sol können sich jederzeit in neuen Gewalttaten entladen. Die Flügelkämpfe und die DEVRIMCI SOL 1KB VOL llTl ONA R V LEFT) damit verbundene innere Zerrissenheit beeinträchtigten die sonstigen Aktivitäten der Gruppe. Als die französische Polizei Karatas am 9. September bei einer Grenzkontrolle festnahm, reagierten seine Anhänger mit Protestaktionen vor französischen diplomatischen Vertretungen in London, Bonn, Düsseldorf und Nürnberg. In einer Mitte September veröffentlichten Flugschrift drohte die Europavertretung 98 Ausländerextremismus der Devrimci Sol, ihren Kampf zu einem "internationalen Krieg" auszuweiten, falls die französische Regierung Karatas den türkischen Behörden ausliefere. Inzwischen hat sich die Gefährdungslage nach der Freilassung des Häftlings etwas entspannt. ExekutivmaßIm Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der nahmen Fortführung der Devrimci Sol durchsuchte die Polizei am 17. Februar acht Objekte in Oberbayern, Mittelfranken und Schwaben. Dabei stellten die Beamten schriftliche Unterlagen sicher, die auf eine Fortsetzung bzw. Unterstützung des organisatorischen Zusammenhalts der verbotenen Vereinigung hindeuten. In München wurde eine Person wegen Verdachts der Spendengelderpressung für die Devrimci Sol vorläufig festgenommen. 3.2 Extreme Nationalisten Die 1978 gegründete Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) mit Sitz in FrankMilitante furt a.M. vertritt das Gedankengut der extrem nationalistischen Ideologie "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP). Die Ideologie der ADÜTDF vereinigt militanten Nationalismus mit striktem Antikommunismus. Von der türkischen Jugend in Deutschland fordert sie Distanz zu westlich-"dekadenten" Einflüssen und die Betonung ihrer türkischen Identität. Als sich Anfang 1993 innerparteiliche Gegner des M HP-Vorsitzenden Alparslan Türkes zur "Partei der Großen Einheit" (BBP) formierten, wechselten einige Mitgliedsvereine der ADÜTDF im Bundesgebiet in das Lager der BBP. Der dadurch bedingte Mitgliederverlust wurde aber durch verstärkten Zulauf bislang politisch desinteressierter junger Türken ausgeglichen, die nach den Anschlägen deutscher Rechtsextremisten gegen Türken ihre nationalistische Gesinnung entdeckten. Die ADÜTDF zählt bundesweit rund 3.500 Anhänger. In Bayern verfügt der Dachverband über zehn örtliche Untergliederungen mit insgesamt 650 Mitgliedern. Jugendliche ADÜTDF-Anhänger zeigen zunehmende Bereitschaft, gewaltsam gegen Mitglieder der PKK sowie gegen deutsche Rechtsextremisten vorzugehen. Es bleibt abzuwarten, ob sie den Appellen des ADÜTDF-Vorstands, sich nicht provozieren zu lassen und die Rechtsordnung des Gastlandes zu achten, weiterhin Gehör schenken. Jahreskongreß Am 26. November hielt die ADÜTDF in Sindelfingen/Baden-Württemberg ihren Jahreskongreß ab. Daran beteiligten sich über 10.000 Ausländerextremismus 99 Personen. Der bisherige Vorsitzende Turkmen Onur aus Ulm wurde in seiner Funktion bestätigt. Ehrengast der Veranstaltung war - wie schon in den Vorjahren - der M HP-Vorsitzende Alparslan Türkes. Er übte scharfe Kritik an der PKK, befürwortete eine starke Türkei und kündigte an, der MHP zur Macht zu verhelfen. 3.3 Islamische Extremisten 3.3.1 Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (ICCB) Der von Cemaleddin Kaplan geführte ICCB will in der Türkei durch Reislamisierung eine Revolution nach dem Beispiel des Iran eine Islamische Republik der Türkei durch errichten. Der ICCB-Vorsitzende propagiert den Sturz der türkischen eine Revolution Regierung und die Bildung eines theokratischen Staatsgefüges mittels eines Zusammenschlusses aller Muslime; der islamische Weg sei nicht mit Hilfe einer politischen Partei gangbar, sondern nur mit einer religiösen Sammlungsbewegung. Bundesweit zählt der ICCB rund 3.850 (1993: 4.150) Anhänger. In Bayern gehören dem Verband sechs örtliche Untergliederungen mit insgesamt 350 Mitgliedern an. Obwohl dem ICCB-Vorsitzenden seit dem Vorjahr jegliche politische Betätigung untersagt ist, setzt er sich regelmäßig über dieses Verbot Betätigungsverbot hinweg. Als Asylberechtigtem droht ihm keine Abschiebung in die Türkei. Neuerdings tritt Kaplan bei Veranstaltungen unter dem Namen "Cemaleddin Hocaoglu" auf. Ein großer Teil der Verbandsmitglieder steht ihm kritisch gegenüber, seit er sich am 8. März in Köln selbst zum Kalifen (Stellvertreter des Propheten Mohammed) ernannte. Auch die Verwendung von Spenden und Kaplans selbstherrlicher Führungsstil lassen viele Anhänger an seiner Autorität zweifeln. Einige örtliche Vereine haben deswegen den ICCB bereits verlassen. In der Verbandsarbeit tritt die bisherige Organisationsbezeichnung immer mehr zugunsten der Abkürzung A.F.I.D. in den Hintergrund. Dieses Kürzel steht für den von Kaplan proklamierten "Föderativen Islamstaat Anatolien". 3.3.2 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) Die AMGT mit ihrem publizistischen Sprachrohr "Milli Gazete" (Nationale Zeitung) ist ein Sammelbecken von Anhängern der in der Tür- 100 Ausländerextremismus kei verbotenen und aufgelösten Nationalen Heilspartei (MSP) bzw. deren Nachfolgerin, der vom früheren MSP-Vorsitzenden Prof. Necmettin Erbakan geleiteten Wohlfahrtspartei (RP). Sie erstrebt die AusKoran als breitung des Islam in Europa und tritt für die Einführung des Koran staatlicher als Grundlage des Staatsaufbaus und als Verhaltenskodex staatlichen Verhaltenskodex Zusammenlebens ein. Damit zielt sie auf die Abschaffung der laizistischen Staatsordnung in der Türkei, die mit Hilfe der fundamentalistischen RP durch ein islamisches System ersetzt werden soll. Aufgrund Anhaltender intensiver Mitgliederwerbung setzte sich der Aufwärtstrend der Aufwärtstrend AMGT auch 1994 fort. Der Verband verfügt im Bundesgebiet über mehr als 15.000 Anhänger. Den 76 (1993: 57) AMGT-Untergliederungen in Bayern gehören rund 5.450 (1993: 3.400) Mitglieder an. Nach wie vor ist die AMGT bemüht, bestimmende islamische Kraft in Deutschland zu werden. Als bedeutendste islamische Gruppierung will sie sodann die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts erreichen. Sie erhofft sich davon umfangreiche staatliche, insbesondere finanzielle Unterstützung, wird aber dabei dem Widerstand anderer islamischer Gemeinschaften begegnen. Entgegen den in der Satzung erklärten Zielen lehnt die AMGT als überzeugte Vertreterin islamisch-extremistischer Positionen jegliche Integration in die deutsche Gesellschaft ab. Auch eine friedliche Koexistenz von Christen und Muslimen ist ihren Vorstellungen zufolge nur partiell denkbar, vor allem aber nicht ernsthaft beabsichtigt. Spendenaktionen Anläßlich der türkischen Kommunalwahlen am 27. März, aus denen Erbakans Wohlfahrtspartei (RP) als dominierende Kraft unter den islamisch ausgerichteten Parteien hervorging, unterstützte die AMGT den Wahlkampf der RP mit einer Sonderspendenaktion, die rund fünf Millionen DM erbrachte. Weitere Spendenaktionen sollten der Unterstützung der Muslime im Bosnien-Herzegowina dienen. Jahreskongreß Am 11. Juni hielt die AMGT in Antwerpen/Belgien ihren 10. Jahreskongreß ab. Daran beteiligten sich über 30.000 Personen, darunter auch rund 1.400 AMGT-Anhänger aus Bayern. Der AMGT-Vorsitzende Osman Yumakogullari forderte in seiner Eröffnungsrede ein Wahlrecht für Ausländer zumindest auf kommunaler Ebene sowie die generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit bei Einbürgerungen. Ferner bestritt er die fundamentalistische Ausrichtung der AMGT und trat für einen Dialog der Religionsgemeinschaften ein. Der RP-Vorsitzende Prof. Erbakan äußerte die Erwartung, daß die RP nach der nächsten Parlamentswahl die Regierung bilden könne, und kündigte an, daß dann die gesamte Verfassung der Türkei geändert werde. Ausländerextremismus 101 4. Iranische Gruppen Die Anhänger der im Iran als Guerillakämpfer tätigen VolksmodjaheVolksmodjahedin din haben sich im Bundesgebiet in der zum Teil konspirativ strukturierten und agierenden Iranischen Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) zusammengeschlossen. Die Volksmodjahedin, eine Gruppierung islamischer Fundamentalisten mit marxistischer Prägung, waren maßgeblich an der Revolution gegen den Schah im Iran beteiligt, gerieten aber nach dem Umsturz zunehmend in Opposition zur neuen Regierung, die sie seit Juni 1981 durch bewaffneten Widerstand zu stürzen versuchen. Unter Federführung der Volksmodjahedin wurde im Juli 1981 in Paris der "Nationale Widerstandsrat Iran" (NWRI) als Zusammenschluß iranischer Oppositioneller gegründet. Im August 1993 konstituierte sich der NWRI zum "Exilparlament" und wählte die Generalsekretärin der Volksmodjahedin Maryam Radjavi zur künftigen "Präsidentin" des Iran. Seitdem findet die bisherige Organisationsbezeichnung kaum noch Verwendung. Mit dieser Strategie wollen sich die Volksmodjahedin anderen Oppositionsgruppen öffnen und sie unter ihrer Führung einigen. Zu diesem TarnorganiZweck haben sie einige Organisationen gegründet, nämlich die sationen Gruppierungen "Frauen für Demokratie im Iran", "Iranischer Kulturverein", "Verein der Künstler und Schriftsteller des iranischen Widerstandes e.V." und "Gesellschaft iranischer Flüchtlinge e.V.". Einige dieser Vereine sammeln Spenden, wobei sie ihre Verbindung zu den Volksmodjahedin verschleiern. Die angeblich für humanitäre Zwecke bestimmten Spendengelder dienen in Wirklichkeit der Unterhaltung der weltweiten Strukturen der Volksmodjahedin sowie der Beschaffung von Waffen für ihre im Irak stationierte "Nationale Befreiungsarmee" (NLA). Der Machtanspruch der Volksmodjahedin, die fehlende innerparteiliche Demokratie und ihr Personenkult stoßen bei einem erheblichen Teil der iranischen Opposition auf Ablehnung. Aus Anlaß des Jahrestages der Gründung des NWRI (21. Juli 1981) demonstrierten am 23. Juli in Bonn rund 2.000 Anhänger der Volksmodjahedin, darunter auch etwa 400 Personen aus Bayern. Während der mit großem propagandistischen Aufwand durchgeführten Kundgebung forderten die Demonstranten in Sprechchören das Ende der "Mullah-Herrschaft" sowie Freiheit und Demokratie für den Iran. Ähnliche Veranstaltungen fanden zeitgleich auch in einigen anderen westlichen Ländern statt, so in Belgien, Dänemark, Großbritannien, Kanada, Schweden und den Niederlanden. 102 Ausländerextremismus 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 1. Arabische Gruppen Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) Al Hourriah (Die Freiheit) marxistisch-leninistisch - wöchentlich - Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) Al Hadaf (Das Ziel) marxistisch-leninistisch - wöchentlich - Democratic Palestine - zweimonatlich - Volksfront für die Befreiung Palästinas Ila-Al-Amam (Vorwärts) - Generalkommando - (PFLP-GC) - wöchentlich - marxistisch-leninistisch Hizb Allah (Partei Gottes) Al-Ahd (Die Verpflichtung) ' schiitisch-extremistisch - wöchentlich - 2. Iranische Gruppen Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Freiheit für Iran Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) - monatlich - revolutionär-marxistisch Modjahed (Der Kämpfer) Sitz: Köln - wöchentlich - Schire Khorschid (Löwe und Sonne) - unregelmäßig - Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) Qods (Jerusalem) islamisch-extremistisch - unregelmäßig - 3. Kurdische Gruppen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Berxwedan (Widerstand) marxistisch-leninistisch - monatlich - (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) Serxwebun (Unabhängigkeit) - monatlich - * Kurdistan-Report - unregelmäßig - Teilorganisationen der PKK: Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) (in Deutschland seit 26.11.1993 verboten) Ausiänderextremismus 103 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Nebenorganisationen der PKK Kurdistan-Komitee e.V., Köln Kurdistan-Rundbrief (Nachrichten aus Kurdistan) - unregelmäßig - Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (HUNERKOM) Bewegung freier Frauen Kurdistans (TAJK), bisher: Jina Serbilind (Die stolze Frau) Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) - zweimonatlich - Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) Union zur Pflege der kurdischen Kultur (YRWK), bisher: Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans Vereinigung der patriotisch-revolutionären Jugend Sterka Ciwan (Stern der Jugend) Kurdistans (YCK) - monatlich - * Verband der Studentinnen aus Kurdistan (YXK) Ronahi (Licht) - dreimonatlich - KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan Denge KOMKAR (Stimme KOMKAR) marxistisch-leninistisch - unregelmäßig - Informationsbulletin Kurdistan - zweimonatlich - KOMKAR-Info - zweimonatlich - 4. Türkische Gruppen 4.1 Linksextremisten Türkische Kommunistische Partei/MarxistenPartizan Leninisten (TKP/ML), auch: TKP/ML Partizan - monatlich - Isci-Köylü Kurtulusu (Arbeiter-BauernBefreiung) - monatlich - Özgür Gelecek (Freie Zukunft) - vierzehntägig - Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) Frontorganisation der TKP/ML 104 Ausländerextremismus Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Spaltergruppen der TKP/ML: Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten ("Bewegung") -TKP/ML (H)Bolschewistische Partei Nordkurdistan/Türkei - BP-KK/T - Bolsevik Partizan (bisher: TKP/ML Bolsevik) - unregelmäßig - Ostanatolisches Gebietskomitee - TKP/ML (DABK) - Basisorganisationen der TKP/ML: Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF), Sitz: Duisburg Konföderation der der Arbeiter Mücadele (Kampf) aus der Türkei in Europa (ATIK) - monatlich - Zusammenschluß der ATIF und ihrer Schwesterorganisationen Devrimci Sol Spaltergruppen: Revolutionäre VolksbefreiungsparteiAfront Mücadele (Kampf) (DHKP-C Devrimci Sol) - Karatas Flügel - - wöchentlich - Türkische Volksbefreiungspartei/-front Devrimci Cözüm (Revolutionäre (THKP-C Devrimci Sol) - Yagan-Flügel - Lösung) - vierzehntägig - 4.2 Extreme Nationalisten Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF), Sitz: Frankfurt a.M. 4.3 Islamische Extremisten Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Ümmet i Muhammed (Die Gemeinde Köln (ICCB) Mohammeds) - fünfzehntägig - Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) Milli Gazete (Nationale Zeitung) Sitz: Köln - täglich - Terror u n d sonstige politisch m o t i v i e r t e G e w a l t 105 4. Abschnitt Terror* und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Entwicklung im Bundesgebiet Politisch motivierte Täter verübten 1994 insgesamt 2.24J Gewalttaten (1993:3.547). Die Gesamtzahl dieser Gewalttaten ist damit um rund 35 % zurückgegangen. Bei den rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten betrug der Rückgang 40%, bei den linksextremistischen 43%. Dagegen stieg die Zahl der Gewalttaten ausländischer Extremisten erneut an, im Jahr 1994 um 33%. In allen drei Bereichen liegt die Zahl der Gewalttaten weiter auf einem hohen Niveau. Deshalb ist trotz des teilweisen Rückgangs die Innere Sicherheit in Innere Sicherheit Deutschland nach wie vor durch politisch motivierte Gewalttäter bedroht bedroht. 1.1 Rechtsextremistische Gewalt Die Verfassungsschutzbehörden registrierten nach derzeitigem Erkenntnisstand bundesweit 1.345 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation; das bedeutet gegenüber den 2.232 Gewalttaten des Vorjahres einen Rückgang Deutlicher von rund 40%. Bei 90 (1993:314) vollendeten bzw. versuchten Rückgang Brandund Sprengstoffanschlägen, 40 Landfriedensbrüchen und 542 Körperverletzungsdelikten wurde eine Vielzahl von Personen zum Teil schwer verletzt. Außerdem wurde bei 665 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung Sachschaden in mehrfacher Millionenhöhe verursacht. Bei den acht versuchten Tötungsdelikten Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben oder Eigentum Dritter, insbesondere durch Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 StGB genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 106 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt (1993: 23) war kein Todesopfer zu beklagen. Trotz des deutlichen Rückgangs war die Zahl der rechtsextremistischen Gewalttaten 1994 immer noch mehr als viermal so hoch wie 1990. Diese Taten sind damit nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung für die Innere Sicherheit in Deutschland. Besonders schwerwiegend war ein Brandanschlag am 25. März auf die Synagoge in Lübeck. Die Polizei konnte vier Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren als mutmaßliche Täter ermitteln und festnehmen. Der Ermittlungsrichter beim BGH erließ gegen sie Haftbefehl wegen versuchten fünffachen Mordes und schwerer Brandstiftung. Ähnlich gravierend waren auch die massenhaften Ausschreitungen am 12. Mai in Magdeburg, bei denen in der Innenstadt eine Vielzahl von Skinheads regelrecht Jagd auf ausländische Mitbürger machte. Die polizeilichen Ermittlungen erbrachten bisher keine Erkenntnisse Keine überregioüber eine überregionale Steuerung dieser Gewalttaten durch rechtsnale Steuerung extremistische Organisationen. Die Ermittlungen im Jahr 1994 der Gewalttaten bestätigen vielmehr, daß die Gewalttaten ganz überwiegend nicht von Einzeltätern, sondern von mehreren gemeinschaftlich handelnden Personen verübt wurden. Dabei entstand der Tatentschluß vielfach spontan aus gruppendynamischen Prozessen, gefördert durch Alkohol oder Skinhead-Musik. Die Tatverdächtigen waren überwiegend jünger als 20 Jahre, wobei bei den meisten Tätern auch 1994 keine einschlägigen Vorerkenntnisse der Polizei bzw. des Verfassungsschutzes vorhanden waren. Die gegen Asylanten, Asylbewerber und andere Ausländer bzw. deren Einrichtungen gerichtete Welle fremdenfeindlicher Gewalttaten hat im Vergleich zum Vorjahr wiederum deutlich abgenommen. Insgesamt wurden bundesweit nach derzeitigem Erkenntnisstand 745 (1993: 1.609) fremdenfeindliche Gewalttaten registriert. Dies Gründe für den bedeutet einen Rückgang von 5 4 % . Maßgebend für diese EntwickRückgang der lung war im wesentlichen der durch die Änderung des AsylverfahGewalttaten rensgesetzes bedingte starke Rückgang der Asylbewerber. Dadurch verlor dieses Thema zunehmend Bedeutung in der öffentlichen Diskussion. Die potentiellen Täter, die sich eingebildet hatten, im Sinn der deutschen Bevölkerung zu handeln, sahen ihre vermeintliche Legitimation schwinden. Zudem zeigten die Verbote von neonazistischen Gruppierungen, die Anträge auf Verbot von zwei rechtsextremistischen Parteien beim Bundesverfassungsgericht* und zahlreiche vgl. Fußnote auf Seite 40 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 107 überraschende und erfolgreiche polizeiliche Zugriffe abschreckende Wirkung. Die gerichtlichen Feststellungen, daß Brandstiftungen auch den Tatbestand des Mordes bzw. Totschlags erfüllen können, die Verurteilungen zu langjährigen Freiheitsstrafen sowie die breite Berichterstattung hierüber wirkten ebenfalls generalpräventiv. Entwicklung der rechtsextremistischen Gewalttaten 108 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Bedeutsam war ferner die Wirkung des Engagements von Bürgern, die in zahlreichen Initiativen öffentlich gegen Gewalt und Fremdenhaß auftraten und damit zeigten, daß die Gewalttäter eine kleine Minderheit sind, die sich außerhalb der Gesellschaft stellt. Auch die in Nummer 5 der Einführung genannte Aufklärungskampagne der Innenminister des Bundes und der Länder unter dem Motto "FAIRSTÄNDNIS - Menschenwürde achten - Gegen Fremdenhaß" hat ihren Teil beigetragen. Keine rechtsIm Zusammenhang mit den Gewalttaten mit erwiesener bzw. zu verterroristischen mutender rechtsextremistischer, insbesondere fremdenfeindlicher Vereinigungen in Motivation wurden 1992 bis 1994 mehrere Ermittlungsverfahren Deutschland beim Generalbundesanwalt wegen der möglichen Existenz rechtsterroristischer Vereinigungen geführt. Bei den bisherigen Verfahren konnten jedoch keine Erkenntnisse gewonnen werden, die den Anfangsverdacht der Gründung rechtsterroristischer Vereinigungen bestätigen. Gleichwohl deuten ernstzunehmende Hinweise darauf hin, daß die Gewaltbereitschaft in der rechtsextremistischen Szene vor allem im Bereich der überwiegend von Neonazis getragenen Anti-AntifaKampagne steigt. In Publikationen werden zunehmend - ähnlich wie von den Autonomen seit langem praktiziert - auch Vertreter von Staat und Politik als Ziele gewalttätiger Angriffe beschrieben (vgl. auch 1. Abschnitt Nr. 7.1). Des weiteren liegen Hinweise vor, daß deutsche Rechtsextremisten, die als Söldner in einer " 1. Gardjska Brigada Baron Trenk" in Kroatien kämpfen, Anschläge gegen Vertreter aus Staat und Politik beabsichtigen. Dazu sollen Waffen und Sprengstoff nach Deutschland gebracht und deponiert werden. In diesem Zusammenhang steht auch der Fund eines mit Waffen und Minen gefüllten Erddepots im Frankfurter Stadtwald am 2. November. Trotz'dieser Hinweise kann noch nicht vom Bestehen rechtsterroristischer Strukturen in Deutschland ausgegangen werden. Die Ankündigungen der Anti-Antifa sind derzeit nur verbaler Natur. Konkrete Erkenntnisse-über Planungen von Angriffen auf die genannten Personen liegen nicht vor. 1.2 Linksextremistische Gewalt Bundesweit wurden nach derzeitigem Erkenntnisstand 637 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender linksextremistischer Motivation festgestellt. Das bedeutet gegenüber den 1.120 Gewalttaten Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 109 des Vorjahres einen Rückgang um 43 %. Einen Schwerpunkt bei den Deutlicher Angriffszielen bildeten wie im Vorjahr tatsächliche oder vermeintliRückgang che Rechtsextremisten bzw. deren Einrichtungen mit 187(1993: 360) Gewalttaten. Weitere Motive für gewalttätige Aktionen waren u.a. bauliche Umstrukturierungsmaßnahmen in Großstädten und Solidarität mit ausländischen extremistischen Gruppierungen. Die linksextremistischen Gewalttaten wurden zu über 80 % von Über 80 % Gruppen und Einzeltätern aus dem gewaltbereiten autonomen und autonome anarchistischen Spektrum begangen. Die sich bereits 1993 abzeichGewalttaten nende Spaltung der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) in die Kommandoebene, die vorläufig auf Mordanschläge verzichten will, und die sogenannten Hardliner, die auf dem bewaffneten Kampf beharren, hat sich vertieft. Mit dem Antiimperialistischen Widerstand haben sich neue terroristische Strukturen neben der RAF Neue terroristigebildet. Die Antiimperialistische Zelle (AIZ) will den von der RAF sche Strukturen ausgesetzten bewaffneten Kampf auch gegen Personen fortsetzen. Sie hat im Berichtszeitraum mehrere Anschläge auf Parteibüros in Düsseldorf und Bremen verübt und weitere Attentate angekündigt. Ziel dieser und anderer in Deutschland gewalttätig agierender linksextremistischer Gruppen ist nach wie vor die gewaltsame Zerschlagung der gegenwärtigen Staatsund Gesellschaftsordnung, in der sie ein "Instrument zur Durchsetzung weltweiter kapitalistischer imperialistischer Ausbeuterinteressen" sehen. Entwicklung der linksextremistischen Gewalttaten 110 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 1.3 Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten Rückgang der Bundesweit ist die Zahl der Angriffe auf politische Gegner, die von Zahlen, aber große Linksund Rechtsextremisten verübt wurden, deutlich zurückgeganBrutalität gen, jedoch muß aufgrund der großen Brutalität und der sich inzwischen verfestigenden Strukturen weiterhin von einem erheblichen Bedrohungspotential ausgegangen werden. Insbesondere aus autonomen Kreisen wurden Äußerungen bekannt, denen zufolge zunehmend auch die Tötung der Angegriffenen bewußt in Kauf genommen wird. Linksextremisten verübten gegen tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten 187 (1993: 360) Gewalttaten. Rechtsextremisten begingen 85 (1993:157) Gewalttaten gegen politische Gegner. Ihren Höhepunkt erreichten die Angriffe von Linksextremisten im Gleiche Methoden Jahr 1992 parallel zu den damals von Rechtsextremisten verübten bei Linksund Gewalttaten gegen Ausländer. Im Gegenzug begannen RechtsextreRech tsextremis ten misten, vor allem Neonazis, unter dem Schlagwort "Anti-Antifa" mit gleichen Methoden wie linksextremistische Gruppen gegen die politischen Gegner vorzugehen. Beide Seiten spähen inzwischen gezielt ihre Gegner aus und veröffentlichen in einschlägigen Publikationen "Steckbriefe", die häufig mit unverhohlenen Aufforderungen zu massiver Gewaltanwendung verbunden sind. Beispielhaft für die steigende Gewaltbereitschaft sind Äußerungen Berliner Autonomer, die offensiv dafür eintreten, bei Angriffen auf "Faschos" bewußt auch deren Tötung in Kauf zu nehmen. In einem Beitrag der autonomen Szenepublikation "INTERIM" sprachen sich die unbekannten Verfasser in einem konDiskussion um kreten Fall dafür aus, den Begriff " M o r d " zu vermeiden. Mord sei Tötung politischer ein Begriff der Herrschenden, die damit jede Form von Tötung, auch Gegner politisch motivierte, als kriminell charakterisierten. Die Diskussion zeige, daß es für die Tötung von Rechtsextremisten eine gewisse Akzeptanz in der Szene gebe. Die Tötung einer Person sei keine Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 111 moralische Frage. Entscheidend sei, ob sie in einer bestimmten gesellschaftlichen Situation eine positive Veränderung herbeiführe oder einen emanzipatorischen Prozeß beschleunige: " Wir müssen unsere Befreiung erzwingen, wenn es sein muß auch mit tödlicher Gewalt...". Eine im November erschienene Publikation der autonomen "AntifaAufruf der schistischen Aktion/Bundesweite Organisation" (AA/BO) mit dem AA/BO zur Titel "Kampf der FAP" führt aus, Antifaschismuskampf sei mehr als Gewalt nur Anti-Nazi-Kampf. Er müsse sich gegen die Grundpfeiler der bürgegen FAP gerlichen Herrschaft richten. Abschließend dokumentiert die Broschüre militante Aktionen gegen die FAP und ihr Umfeld. Ziel sei es, nicht nur darzustellen, was es an "geglückten" Aktionen gegeben habe, sondern deutlich zu machen, daß Militanz unerläßlich sei für eine wirksame antifaschistische Politik. Von Rechtsextremisten sind seit dem Bekanntwerden der Publikation "Der Einblick" im Dezember 1993, in der zahlreiche Linksextremisten steckbriefartig aufgelistet waren, keine neuen entsprechenden Publikationen bekanntgeworden. Am 4. Dezember verursachten Brandanschläge in Weimar und Berlin Anschlag auf eine Druckerei sowie Lieferwagen einer Vertriebsfirma Sachschäauf Druckerei den in Millionenhöhe. In einem Selbstbezichtigungsschreiben begründeten "revolutionäre Lesbenfrauengruppen und andere revolutionäre Gruppen" unter der Überschrift "Brandsätze gegen geistige Brandstifter" die Anschläge mit der Beteiligung der Angegriffenen an Herstellung und Vertrieb einer Publikation, die u.a. Interviews mit Rechtsextremisten veröffentlichte. 1.4 Gewalttaten ausländischer Extremisten Die Bedrohung der Inneren Sicherheit durch ausländische Extremisten ist 1994 wiederum gestiegen. Ihre Gewalttaten forderten fünf Todesopfer. Die militanteste ausländische Gruppierung ist nach wie PKK militanteste vor die seit November 1993 vom Bundesministerium des Innern verausländische botene marxistisch-leninistische Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Ihr Gruppierung sind die meisten der im Jahr 1994 von ausländischen Extremisten verübten 259 Gewaltakte (1993: 195) zuzurechnen. Sie ist deshalb in erster Linie für den starken Anstieg der Gewalttaten in diesem Bereich verantwortlich. Zu nennen sind insbesondere die gewalttäti- 112 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt gen Ausschreitungen im Raum Augsburg am 19. März und die Autobahnblockaden im Rahmen einer Aktionswoche Ende März in sieben Bundesländern, an denen sich jeweils zwischen 50 und 250 Kurden beteiligten. Die Demonstranten forderten Gespräche mit Presseund Regierungsvertretern vor Ort und drohten bei polizeilicher Räumung mit Selbstverbrennung. Einzelne Demonstrationsteilnehmer übergössen sich mit Benzin und zündeten sich an. Polizeibeamte wurden insbesondere bei Räumungsaktionen brutal angegriffen. Auch der Tod eines 16jährigen Kurden bei einer Polizeiaktion am 30. Juni in Hannover gab Anlaß zu vielen Gewaltaktionen. Im Sommer wurden im gesamten Bundesgebiet auf zahlreiche türkische Einrichtungen, die teilweise zur extrem-nationalistischen Szene Anschlagsserie gehören, Brandanschläge verübt, wobei zum Teil erheblicher Sachgegen türkische schaden entstand. Aufgrund der Gesamtumstände muß angenomVereine men werden, daß die PKK für diese Anschläge verantwortlich ist. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen konnten am 15. August an der deutsch-schweizerischen Grenze drei türkische Staatsangehörige bei der Einreise festgenommen werden. Sie stehen im Verdacht, an einem der Brandanschläge in Baden-Württemberg beteiligt gewesen zu sein. Durch mitgeführte Unterlagen konnte ein Bezug zur PKK nachgewiesen werden. Nach dem Verbot eines Solidaritätsmarsches kurdischer Frauen von Mannheim nach Straßburg am 26. September kam es bei polizeilichem Einschreiten zu massiven Ausschreitungen. Aus der Menge heraus wurden Beamte mit Molotowcocktails und Steinen beworfen und vier Polizeibeamte von Kurden mit Benzin bespritzt. Demonstrationsteilnehmer zeigten Fahnen der verbotenen PKK und ERNK sowie Bilder des PKK-Führers Öcalan. Mehr als 300 Personen wurden daraufhin festgenommen. Im Anschluß an diesen Polizeieinsatz wurde insbesondere in Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg auf Polizeidienststellen und -fahrzeuge sowie auf ein Postgebäude eine Reihe von Brandanschlägen verübt, die offensichtlich der PKK zuzurechnen sind. Mit äußerster Brutalität geht die PKK nach mehrjähriger Zurückhaltung wieder gegen "Abweichler" und "Kritiker" vor. So wurde am Strafaktion 17. Dezember in Wuppertal-Elberfeld ein 28jähriger früherer PKKder PKK gegen Aktivist, der sich von der Partei abgewandt hatte, auf offener Straße Parteiabweichler erschossen. Bei weiteren ähnlichen "Bestrafungsaktionen" u.a. in Krefeld, Kassel, Bremen und Hamburg wurden die Angegriffenen zum Teil lebensgefährlich verletzt, ßereits in der Zeit von 1984 bis 1989 hatten PKK-Anhänger in Europa 21 vollendete bzw. versuchte Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 113 Tötungsdelikte gegen "Parteiabweichler" oder Anhänger konkurrierender Organisationen begangen, davon zehn in Deutschland. Bei Strafverfahren in Düsseldorf, Stuttgart und Celle verhängten die Gerichte im Frühjahr zum Teil hohe Haftstrafen. So verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf am 17. März die Urteile gegen PKK-Angehörigen Ali Aktas und Hasan Hayri Güler wegen Mordes, PKK-Anhänger in einem Fall in Tateinheit mit Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, jeweils zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die beiden Verurteilten an der "Hinrichtung" eines vermeintlichen Verräters in Deutschland beteiligt waren. Zwei Mitangeklagte wurden in dem viereinhalb Jahre dauernden Strafprozeß wegen gemeinschaftlicher schwerer Freiheitsberaubung bzw. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu sieben bzw. sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bereits am 12. Januar hatte das OLG Düsseldorf das PKK-Mitglied Casim Kilic wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Verurteilte hatte am 3. Mai 1987 ein Bundesvorstandsmitglied der mit der PKK konkurrierenden KOMKAR erschossen. Aufgrund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs wurden im Juli, September und Dezember mehrere PKKFunktionäre festgenommen. Ihnen werden u.a. Mitgliedschaft in Festnahme von einer terroristischen Vereinigung sowie versuchter Mord, Verfolgung PKK-Funktionären und Bestrafung mutmaßlicher Parteiabweichler bzw. Beteiligung an Gewaltaktionen gegen türkische Einrichtungen vorgeworfen. Die Ermittlungen dauern an. Weitere besonders gewalttätige linksextremistische türkische Gruppierungen sind die seit 1983 in Deutschland verbotene Devrimci Sol Todesopfer und die TKP/ML. Die blutigen Richtungskämpfe der in zwei Flügel bei Flügelkämpfen gespaltenen Devrimci Sol dauern an. So wurde am 6. November in der verbotenen Bergisch Gladbach ein 32jähriger griechischer Staatsangehöriger bei Devrimci Sol einem Schußwechsel getötet. Mit weiteren Morden ist in diesem Zusammenhang zu rechnen. Anhänger der TKP/ML verübten zudem mehrere Brandanschläge im Bundesgebiet. Zur Deckung ihres erheblichen Finanzbedarfs veranstalten die genannten türkischen und kurdischen Gruppierungen jährlich "Spendenkampagnen" bei Landsleuten, insbesondere Geschäftsleuten. Die Spendeneintreiber schrecken dabei selbst vor massiven Drohungen und schweren Gewalttaten nicht zurück, um von den Bedrohten zum Teil fünfstellige Geldbeträge zu erpressen. 114 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Von Einzelfällen abgesehen wirkt sich der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien bisher wenig auf die gewalttätige extremistische Szene in Deutschland aus. Dennoch muß dieser Bereich aufmerksam verfolgt werden, damit ein mögliches Aufschaukeln der extremistischen Gegenpole frühzeitig erkannt und einer Bedrohung der Inneren Sicherheit rechtzeitig begegnet werden kann. Gleiches gilt für den erstarkenden islamischen Extremismus. 2. Politisch motivierte Gewalt in Bayern * Die Gesamtzahl politisch motivierter Gewalttaten ist in Bayern auf Gewalttaten 92 Vorfälle (1993: 175) und damit um 47 % zurückgegangen. Damit in Bayern deutlich ist der Anteil der in Bayern verübten Gewalttaten an der bundesweirückläufig ten Zahl auf 4,02 % (1993: 4,93 %) gesunken. Rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten sind auf 58 (1993: 111) und damit um rund 4 8 % , linksextremistisch motivierte Gewalttaten auf 28 (1993: 48) um 42 % und die Gewalttaten ausländischer Extremisten auf sechs (1993: 16) um rund 63 % zurückgegangen. Auch 1994 forderte die politisch motivierte Gewalt in Bayern keine Todesopfer. Die Zahl der Brandanschläge (Sprengstoffanschläge waren nicht zu verzeichnen), bei denen das angegriffene Ziel, die Tatausführung oder Selbstbezichtigungen auf politische Motive hindeuten, ist im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich gesunken. Insgesamt wurden im Berichtszeitraum nach derzeitigem Erkenntnisstand zwölf Brandanschläge (1993: 26) verübt oder versucht. Bei sechs (1993: 15) Brandanschlägen mit rechtsextremistischem Hintergrund war in allen Fällen (1993: 14) ein fremdenfeindliches Motiv erkennbar bzw. zu vermuten. Linksextremisten verübten 1994 fünf Brandanschläge (1993: vier). Konflikte in den Heimatländern von Ausländern waren wahrscheinlich das Motiv für einen Brandanschlag (1993: sieben). 2.1 Rechtsextremistische Gewalt Der Schwerpunkt politisch motivierter Gewalt in Bayern lag 1994 erneut bei Taten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremi- * Abweichungen der Vorjahreszahlen von den im Verfassungsschutzbericht Bayern 1993 genannten Zahlen beruhen im wesentlichen auf einem verbesserten Erkenntnisstand. Änderungen aufgrund nachträglich anfallender Erkenntnisse aus dem Berichtszeitraum sind ebenfalls möglich. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 115 stischer Motivation. Ihre Gesamtzahl fiel um 4 8 % und betrug Rückgang rechts58 (1993: 111). Das sind 4 , 2 % der bundesweit registrierten Zahl. extremistischer 35 (1993: 57) dieser Gewalttaten hatten eine fremdenfeindliche Gewalt Motivation. Damit ist die Zahl fremdenfeindlicher Gewalttaten 1994 erneut deutlich, nämlich um 3 9 % , zurückgegangen. Dennoch zeigen die sechs Brandanschläge (1993: 14), 19 Angriffe auf Personen (1993: 23) und zehn Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung (1993: 20) gegenüber ausländischen Mitbürgern, daß im rechtsextremistischen Bereich weiterhin eine erhebliche und ernstzunehmende Gewaltbereitschaft besteht. Die im Vorjahr gestiegene Zahl der sonstigen fremdenfeindlichen Straftaten ohne Anwendung von Gewalt wie Bedrohungen, Nötigungen, Schmierschriften und Propagandadelikte ging von 465 auf 236 zurück. Der allgemeine Rückgang der Gewalttaten im rechtsextremistischen Bereich ist -nicht zuletzt auf die konsequente Verfolgung jeder einzelnen Strafund Gewalttat sowie die zum Teil hohen Haftstrafen, die für derartige Gewalttaten verhängt werden, zurückzuführen. Typisch für die 1994 festgestellten rechtsextremistischen Gewalttaten sind die im folgenden - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - dargestellten Ereignisse: In Höhenkirchen, Landkreis München, warfen am 8. Mai zunächst Brandanschläge unbekannte Täter einen Molotowcocktail in Richtung einer Containerwohnanlage für Asylbewerber. Die Brandflasche zerschellte in der gepflasterten Einfahrt, ohne Schaden anzurichten. Die mutmaßlichen Täter, sechs Männer im Alter von 19 bis 21 Jahren, wurden von der Polizei am 17. bzw. 18. Juni vorläufig festgenommen. Am 2 1 . Mai versuchte ein 18jähriger Mann in Hauzenberg, Landkreis Passau, die holzverschalte Außenwand einer Asylbewerberunterkunft an mehreren Stellen mit einer brennbaren Flüssigkeit in Brand zu setzen. Der Täter wurde noch am selben Tag festgenommen. In Mitterfelden, Landkreis Berchtesgadener Land, verübten am 20. August unbekannte Täter einen Brandanschlag auf ein fünfstöckiges Haus, in dem etwa 400 Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und Rumänien wohnen. Das Feuer erlosch von selbst, ohne größeren Schaden anzurichten. In Kulmbach warfen am 28. August zunächst unbekannte Täter einen Molotowcocktail in den Hof einer Asylbewerberunterkunft. Es entstand nur geringer Schaden. Ein weiterer nicht gezündeter 116 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt Brandsatz wurde in der Nähe des Eingangsbereiches zurückgelassen. Die vier mutmaßlichen Täter im Alter von 15 bis 18 Jahren konnten von der Polizei ermittelt und festgenommen werden. Als Motiv gaben sie an, sie hätten sich an einem türkischen Jugendlichen rächen wollen, der einen Freund mit einem Messer bedroht habe. Am 20. September verübten zunächst unbekannte Täter in Erbendorf, Landkreis Tirschenreuth, einen Brandanschlag auf ein von 22 türkischen Familien bewohntes Haus. Das Feuer wurde von den Anwohnern gelöscht. Noch am selben Tag konnte die Polizei drei Tatverdächtige im Alter von 20 bis 22 Jahren vorläufig festnehmen. Der zuständige Ermittlungsrichter erließ gegen alle drei Beschuldigten Haftbefehl. Unbekannte Täter setzten am 16. Oktober in Burgheim, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, auf dem Gelände eines Autohauses einen Vorderreifen eines dort geparkten Pkw in Brand. Der Inhaber des Autohauses hatte bereits am 3. Mai einen mit einem Hakenkreuz versehenen fremdenfeindlichen Drohbrief erhalten. Sonstige Am 3. März mißhandelten vier Skinheads in einem Kaufhaus in Gewalttaten Schwandorf einen pakistanischen Angestellten. Gegen die Täter wurde ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Sachbeschädigung eingeleitet. Am 8. März kam es in Nürnberg zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen 15 Skinheads und mehreren Punkern. Bei dieser Schlägerei wurden vier Beteiligte verletzt. Zwei Skinheads und drei Punker wurden von der Polizei noch am Tatort festgenommen, sieben weitere Skins bei der anschließenden Fahndung. Vier Messer und ein Revolver wurden beschlagnahmt. Gegen sechs Beteiligte wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs und Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet. Am 19. November gerieten Skins und Punker in Nürnberg erneut aneinander. Im Verlauf der Auseinandersetzung flüchteten die Skins unter "Sieg Heil"-Rufen und Zeigen des "Hitlergrußes" in ein nahegelegenes Hotel. Dort nahm die Polizei 24 Skins im Alter von 13 bis 27 Jahren vorläufig fest. Vier Jugendliche im Alter von 1 5 bis 18 Jahren überfielen am 8. April ein Asylbewerberheim in Strullendorf, Landkreis Bamberg. Einer der Jugendlichen betrat die Unterkunft und bedrohte einen Asylbewer- Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt * 117 ber mit einem Taschenmesser. Als Heimbewohner dem Bedrohten zu Hilfe kamen, rief der Angreifer seine Freunde. Diese traten die inzwischen verschlossene Wohnungstür ein und beleidigten den Angegriffenen. Die Täter konnten noch in Tatortnähe festgenommen werden. Sie waren bisher noch nicht einschlägig bekannt. Am 29. Oktober kam es in Neumarkt i.d.OPf. zu tätlichen AuseinanMassenschlägerei dersetzungen zwischen etwa 20 Skinheads sowie 50 Asylbewerbern in Neumarkt und türkischen Staatsangehörigen. Die beiden Gruppen provozierten i.d.OPf. sich gegenseitig und griffen einander tätlich an. Nur massiver Polizeieinsatz konnte weitere tätliche Auseinandersetzungen verhindern. Am 17. Dezember fügte ein Skinhead in Marktredwitz, Landkreis Wunsiedel, einem zufällig vorbeikommenden Jugendlichen, den er für einen Punker hielt, durch Fußtritte und Faustschläge schwere Verletzungen zu. Gegen den Täter wurde am 22. Dezember Haftbefehl wegen Verdachts des versuchten Totschlags erlassen. Das Landgericht Regensburg verurteilte im Mai zwei 19bzw. Verurteilungen 20jährige Männer wegen versuchter schwerer Brandstiftung, Verstoßes gegen das Waffengesetz und weiterer Straftaten zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und zehn Monaten bzw. drei Jahren. Die Verurteilten hatten am 28. September 1993 einen Molotowcocktail auf ein Asylbewerberheim in Cham geworfen. Zwei Mittäter wurden wegen Beihilfe zu Jugendfreiheitsstrafen von 21 bzw. zwölf Monaten verurteilt, jeweils ausgesetzt zur Bewährung. Das Jugendschöffengericht des Landgerichts Passau verurteilte im Oktober einen zur Tatzeit 18jährigen Mann wegen 57fachen Mordversuchs in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer Brandstiftung und weiterer Delikte zu einer Jugendfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie zwei Jahren Fahrerlaubnissperre. Der Verurteilte hatte u.a. den Brandanschlag am 21. Mai auf eine Asylbewerberunterkunft in Hauzenberg verübt. 2.2 Linksextremistische Gewalt In Bayern wurden nach derzeitigem Erkenntnisstand insgesamt 28 Rückgang Gewalttaten mit linksextremistischer bzw. zu vermutender linksexlinksextremistisch tremistischer Motivation begangen (1993: 48). Gegenüber dem Vormotivierter Gewalt jahr ist damit die Zahl derartiger Gewalttaten um 42 % zurückgein Bayern gangen. Der Anteil Bayerns an diesen Straftaten in ganz Deutsch- 118 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt land beträgt 4,4 %. Linksextremisten waren für fünf Brandanschläge verantwortlich. 19 (1993: 22) der festgestellten Gewalttaten mit linksextremistischer Motivation waren Angriffe gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Brandanschläge In der Nacht zum 13. Juni verübten unbekannte Täter in Nürnberg einen Brandanschlag auf Fahrzeuge eines Unternehmens, das u.a. Lebensmittelpakete an Asylbewerberheime liefert. Ein Lkw brannte aus, drei weitere wurden erheblich beschädigt. Der Sachschaden beträgt etwa 300.000 DM. Zeitgleich wurden auf dem Firmengelände eines Tochterunternehmens in Meilitz/Thüringen vier Lkw in Brand gesetzt. Dieser Anschlag verursachte einen Sachschaden von etwa 100.000 DM. Die angegriffene Firma war in der militanten autonomen Publikation "radikal" (Nr. 149) vom März steckbriefartig als "Profiteur des Asylbewerberleistungsgesetzes" aufgeführt. Der Beitrag endete mit der Forderung: "Keine ruhige Minute den Absahnerinnen der rassistischen Asyigesetzgebungü! Fight the Packet! Greift an!". Anschlag der "Roten Zora" in Nürnberg Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 119 In einem am 2 1 . Juni bekanntgewordenen, als authentisch einzustufenden Selbstbezichtigungsschreiben zu beiden Anschlägen wandte sich die "Rote Zora" - eine autonome Frauengruppe, die sich Mitte der 80er Jahre von den linksterroristischen Revolutionären Zellen (RZ) löste - gegen die "rassistische Sonderbehandlung" von Asylbewerbern. Sie behauptete, die staatliche Flüchtlingspolitik sei "der verlängerte Arm einer Plünderungsund Zerstörungspolitik in den Herkunftsländern der Flüchtlinge", die von den reichen "Metropolenregimen" und Banken "zur Durchsetzung ihrer patriarchalen Neuen Weltordnung gemanagt und gefördert" werde. Die "Rote Zora" forderte die geschädigte Firma und "alle anderen Profiteure" auf, sich aus dem "Geschäft mit geflüchteten Menschen" zurückzuziehen. Außerdem unterstützte sie Forderungen von Asylbewerbern wie "Bargeld statt Sachleistungen" und "Gegen die rassistischen Abschiebegesetze - für ein Bleiberecht für alle". Damit hat die "Rote Zora" erstmals seit dem mißlungenen Sprengstoffanschlag auf einen Bekleidungskonzern im Landkreis Aschaffenburg im Juni 1987 wieder einen Anschlag in Bayern verübt. Am 8. Juli verübten unbekannte Täter auf eine Polizeistation in Brandanschlag Nürnberg-Langwasser einen Brandanschlag, der einen Sachschaden auf Polizeistation von 5.000 DM verursachte. In einem Selbstbezichtigungsschreiben, in Nürnberg das am 13. Juli bei der Redaktion'einer Nürnberger Tageszeitung einging, begründeten die unbekannten Verfasser den Anschlag mit dem Tod eines kurdischen Jugendlichen in Hannover am 30. Juni. Die Verfasser solidarisierten sich im Rahmen des "internationalistischen Kampfes" mit der verbotenen "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), der "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) und weiteren im November 1993 verbotenen kurdischen Vereinen. Die Täter werden im Bereich linksextremistischer (autonomer/anarchistischer) Gruppen vermutet. Zunächst unbekannte Täter verübten in der Nacht zum 2. Oktober in Anschlag auf Regensburg einen Brandanschlag auf einen auf dem Gelände eines Bundeswehr-Lkw Autohauses abgestellten Lkw der Bundeswehr. In der Nacht zum 3. Oktober wurde erneut ein Brandanschlag auf das Fahrzeug verübt. Insgesamt entstand ein Sachschaden in Höhe von etwa 50.000 DM. Im Zuge der Ermittlungen konnte die Polizei zwei Personen des örtlichen linksextremistischen/autonomen Spektrums als mutmaßliche Täter festnehmen. In der Silvesternacht zogen 15 bis 20 vermummte Jugendliche durch Silvesterkrawalle die Innenstadt von Passau und zerstörten die Schaufensterscheiben in Passau 120 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt und Eingangstüren von 14 Geschäften und Banken. In einem Selbstbezichtigungsschreiben, das am 3. Januar 1995 bei einer Tageszeitung einging, erklärte eine bisher unbekannte "Antiimperialistische Zelle Halim Dener", die Zerstörungen begangen zu haben. Die angegriffenen Objekte repräsentierten unter anderem "das herrschende, kapitalistische, patriarchale System in der BRD". Aufgrund von Hinweisen konnten zwei Tatverdächtige vorläufig festgenommen werden. 2.3 Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten In Bayern verübten Rechtsextremisten vier Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Linksextremisten (1993: sechs). Linksextremisten begingen 19 (1993: 22) Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Die Gesamtzahl 23 hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr Anhaltende um 18 % verringert. Von einer anhaltenden Bedrohung ist auszugeBedrohung hen. In einer bundesweit verbreiteten Publikation der AA/BO mit dem Titel "Kampf der FAP" waren neben Aufrufen zu Gewalttaten in einem "Regionalteil" detaillierte Informationen über Aktivitäten und Aktivisten u.a. aus Unterfranken enthalten. Zahlreiche mutmaßliche FAP-Anhänger waren mit Foto, Adresse, Telefonnummern und Kfz-Kennzeichen abgedruckt. In Nürnberg installierten Autonome Anfang November ein "Antifaschistisches Telefon" mit dem Ziel, über diesen Anschluß Informationen über "Faschisten" und deren Aktivitäten zu sammeln. Darüber hinaus dient es als Koordinierungsstelle für Gegenaktivitäten und als Kontaktstelle der autonomen Gruppe "Muflons gegen Rechts". Zwei unbekannte Täter versuchten in den Morgenstunden des 27. Februar in München einen Brandanschlag auf eine rechtsextremistische Buchhandlung in den ' Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 121 Räumen des früheren AVÖ-Büros des Neonazis Althans. Das Feuer erlosch von selbst, ohne größeren Schaden anzurichten. Die beiden schwarz gekleideten und mit schwarzen Gesichtsmasken vermummten Täter konnten unerkannt entkommen. Am 10. März warfen unbekannte Täter faustgroße Steine durch die Einzelne Fenster einer Gaststätte in Nürnberg, in der bis vor kurzem Gewalttaten Skinheads verkehrten. In mehreren am Tatort zurückgelassenen Selbstbezichtigungsschreiben wurde der Angriff auf die Gaststätte damit begründet, daß sie als "Nazitreff" genutzt werde. Am 11. März zerstachen in Passau unbekannte Täter die Reifen eines vor einem Antiquitätengeschäft abgestellten Fahrzeugs. Der Geschädigte, Stadtrat der Partei "Die Republikaner", war in der Vergangenheit bereits mehrfach Ziel von Angriffen durch Angehörige der örtlichen Antifa-Szene gewesen. In Wunsiedel überfielen am 17. Juli sieben Skinheads die jugendlichen Teilnehmer einer Geburtstagsfeier. Unter Rufen wie "Scheiß Linke" schlugen sie mit Baseballschlägern auf die Gruppe ein. Drei Jugendliche wurden verletzt. Die mutmaßlichen Täter im Alter zwischen 17 und 20 Jahren konnten festgenommen werden. Mehrere vermummte Angehörige der autonomen Antifaschistischen Aktion Passau griffen am 10. September überfallartig einen Infostand der NPD in Passau an. Sie beschädigten ausgelegtes Wahlmaterial und entwendeten Wahlplakate. Ein mutmaßlicher Täter konnte von der Polizei vorläufig festgenommen werden. Am 16. September trafen sich etwa 20 Jugendliche, die der rechtsexMassenschlägerei tremen Szene zuzurechnen sind, bei Kleinostheim, Landkreis Aschafim Raum fenburg, in einem Waldgebiet zu einer Geburtstagsfeier. Als sie von Aschaffenburg einer Gruppe von etwa 30 zum Teil mit Sturmhauben maskierten und mit Baseballschlägern bewaffneten Linksextremisten angegriffen wurden, flüchteten sie in den Wald. Die Angreifer demolierten einen Pkw und zertrümmerten eine Stereo-Anlage und ein Stromaggregat. Dabei entstand Sachschaden von etwa 10.000 DM. Im Rahmen der anschließenden polizeilichen Maßnahmen wurden 40 an der Auseinandersetzung beteiligte Personen des linksund des rechtsextremistischen Spektrums erfaßt und Baseballschläger, Sturmhauben sowie rechtsextremistisches Propagandamaterial sichergestellt. Das Amtsgericht Ingolstadt verurteilte am 30. September fünf der Verurteilungen Skinheadszene zuzurechnende Jugendliche zu Freiheitsstrafen zwi- 122 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt sehen zwei Jahren und sechs Monaten. Sie hatten am 25. Dezember 1993 in Pobenhausen, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, versucht, ein Gebäude in Brand zu setzen, das von vermeintlichen "Linken" als Treffpunkt genutzt worden war. Am 30. November wurde eine Angehörige der autonomen Szene München vom Landgericht München in einer Berufungsverhandlung wegen Sachbeschädigung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Dem Urteil lag ein Brandanschlag am 3 1 . Dezember 1992 auf einen Lkw des Verlegers und DVU-Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard Frey zugrunde. 2.4 Gewalttaten ausländischer Extremisten Während bundesweit die Zahl der Gewalttaten ausländischer Extremisten stark anstieg, ging sie in Bayern von 16 auf sechs zurück. Die Ausschreitungen von Anhängern der marxistisch-leninistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) am 19. März im Raum Augsburg mit einer Vielzahl von zum Teil schweren Straftaten sind dabei nur als ein Ereignis gezählt. Der Schwerpunkt politisch motivierter Ausländerkriminalität in Bayern lag auch 1994 bei der im November 1993 vom Bundesministerium des Innern mit einem Betätigungsverbot belegten PKK. PKK-Krawalle im Am 19. März hatte die Stadt Augsburg eine an diesem Tag geplante Raum Augsburg Neujahrsfeier der Kurden (Newrozfest) verboten. Aus den Eintrittskarten war einwandfrei hervorgegangen, daß die verbotene PKK hinter dem Veranstalter stand. Trotz des Verbots reisten etwa 6.000 Teilnehmer aus Süddeutschland nach Augsburg. Am geplanten Veranstaltungsort gingen die Störer mit großer Brutalität vor. Polizeibeamte wurden mit Benzin bespritzt und mit glühenden Holzteilen angegriffen. Frauen und Kinder waren von den Demonstranten gezielt in vorderster Reihe postiert worden, um das Einschreiten der Polizei zu erschweren. Die Autobahn München - Stuttgart wurde im Raum Augsburg für mehrere Stunden blockiert. Die Polizei hatte Busse auf der Fahrbahn angehalten, um die Insassen über das Veranstaltungsverbot zu informieren. Diese reagierten daraufhin sofort äußerst aggressiv und blockierten die Fahrbahn. Mit herausgerissenen Bäumen wurden brennende Blockaden errichtet. Bei den Auseinandersetzungen wurden 48 Polizeibeamte und zwei Feuerwehrleute zum Teil schwer verletzt. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 123 Am 25. Januar suchten in Buchloe, Landkreis Ostallgäu, vier mutSpendenmaßliche PKK-Aktivisten einen türkischen Staatsangehörigen auf, erpressung schlugen ihn mit Holzlatten und verwüsteten seine Wohnung. Motiv des tätlichen Angriffs dürfte die Weigerung des Geschädigten gewesen sein, anläßlich der alljährlichen Spendenkampagne der PKK eine einmalige Zahlung von 2.000 DM sowie laufende monatliche Spenden in Höhe von 50 DM an die PKK abzuführen. Im Zuge der Ermittlungen nahm die Polizei zwei Tatverdächtige fest und stellte umfangreiches Beweismaterial sicher, darunter "Spendenquittungen" über insgesamt etwa 100.000 DM. Im Sommer kam es im gesamten Bundesgebiet zu zahlreichen Brandanschlägen auf türkische Einrichtungen, wobei einige der betroffenen Objekte der extrem-nationalistischen Szene zugerechnet werden müssen. In diesem Zusammenhang zu sehen ist wahrscheinlich auch ein Brandanschlag mit einem Molotowcocktail am 4. AuBrandanschlag gust in München auf die Vereinsräume des "Familienvereins der Westthrakischen Türken in Bayern e.V.", bei dem Sachschaden in Höhe von etwa 70.000 DM entstand. Das Landgericht Ingolstadt verurteilte am 25. März einen mutmaßliVerurteilungen chen PKK-Anhänger wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten ohne Bewährung. Gegen drei Mitangeklagte verhängte das Gericht Bewährungsstrafen zwischen zwölf und 18 Monaten. Die Täter hatten am 17. Oktober 1993 in Neuburg a.d. Donau einen Landsmann mißhandelt, der wiederholte Aufforderungen, einen Betrag von 2.000 DM für die PKK zu spenden, ignoriert hatte. In zahlreichen Strafverfahren wurden gegen PKK-Anhänger wegen der Ausschreitungen am 19./20. März im Raum Augsburg Freiheitsbzw. Geldstrafen verhängt. So verurteilte das Schöffengericht Augsburg am 4. Juli einen mutmaßlichen PKK-Anhänger wegen schweren Landfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Ein weiterer PKK-Anhänger wurde am 11. Juli zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen schweren Landfriedensbruchs, Nötigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz verurteilt. Er war bei den Krawallen mit einer Tasche festgenommen worden, in der sich acht Molotowcocktails befanden, die nach Überzeugung des Gerichts gegen Polizeibeamte eingesetzt werden sollten. Am 17. August ver- 124 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt urteilte das Schöffengericht Augsburg einen weiteren türkischen Staatsangehörigen zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen schweren Landfriedensbruchs und Widerstands gegen Vollst-reckungsbeamte, Nötigung sowie gefährlicher Körperverletzung. Urteil gegen Am 6. Juli verkündete der dritte Strafsenat des Bayerischen Obersten Konsulatsbesetzer Landesgerichts in München die Urteile gegen 13 mutmaßliche Anhänger der PKK, die am 24. Juni 1993 das Türkische Generalkonsulat in München besetzt hatten. Das Gericht verurteilte neun Täter wegen gemeinschaftlicher Geiselnahme zu Haftstrafen von vier Jahren und sechs Monaten sowie drei Heranwachsende zu jeweils zwei Jahren Jugendstrafe. Ein weiterer Täter wurde zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. 3. Rote Armee Fraktion (RAF) 3.1 Überblick Die vor rund 25 Jahren entstandene RAF verfolgte ursprünglich das Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und im "strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Ihren revolutionären Kampf führte sie in einer koordinierten antiimperialistischen Front, die die drei Ebenen "Guerilla" (Kommandoebene), "Widerstand" (RAF-Umfeld) und "Gefangene" (inhaftierte terroristische Gewalttäter) umfaßte. In drei umfangreichen Erklärungen vom April, Juni und August 1992 räumte die RAF eine Reihe aus ihrer Sicht schwerwiegender Fehleinschätzungen hinsichtlich der Vermittelbarkeit ihrer Aktionen und der Grundsätze ihrer Strategie ein und kündigte eine vorläufige Einstellung der Mordanschläge an. Gleichzeitig bekräftigte die RAF, daß sie sich unter bestimmten Bedingungen die Wiederaufnahme der Anschläge gegen Personen und solcher Anschläge, die zum "Zurückdrängen des Staates" in bestimmten Bereichen erforderlich seien, vorbehalte. Als einen solchen Anschlag bewertete die RAF-Kommandoebene auch den am 27. März 1993 als letzte terroristische Aktion der RAF registrierten Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Darmstadt-Weiterstadt, der einen Sachschaden von über 100 Millionen DM verursacht hatte. Terror und sonstige politisch m o t i v i e r t e Gewalt 125 3.2 Entwicklung der RAF Die sich bereits seit Oktober 1993 abzeichnende Spaltung der RAF, Spaltung der RAF die im wesentlichen auf ideologische Streitigkeiten zurückzuführen verfestigt ist, hat sich verfestigt und auch das frühere RAF-Umfeld erfaßt. Auf der einen Seite steht die im Untergrund lebende RAF-Kommandoebene, die nach wie vor an einer Aussetzung des "bewaffneten Kampfes" festhält. Sie will Zeit gewinnen für eine Neuorientierung mit dem Ziel des Aufbaus einer "Gegenmacht von unten". Dieser "Gegenmacht Haltung haben sich Teile des Umfeldes angeschlossen, die sich von unten" inzwischen verstärkt in den Diskussionsprozeß einschalten. Zu diesem Teil der RAF sind auch die in Celle inhaftierten RAF-Angehörigen Karl-Heinz Dellwo, Knut Folkerts und Lutz Taufer sowie die nach wie vor um Vermittlung bemühte Birgit Hogefeld zu zählen. Auf der anderen Seite steht der größte Teil der inhaftierten terroristischen Gewalttäter um die Wortführer Brigitte Mohnhaupt, Eva Haule, Rolf Heissler und Christian Klar. Sie propagieren als sog. "Hardliner" nach wie vor auch den bewaffneten Kampf. 1994 verübte die RAF keinen Anschlag. Die Kommandoebene hat Erklärung der sich zuletzt mit einem 18seitigen Schreiben, datiert auf den 6. März, RAF-Kommandozu Wort gemeldet, um sich damit in die Diskussionen des RAFebene Umfelds einzuschalten. Einen wesentlichen Abschnitt des Schreibens widmete sie der Diskussion um die Neubestimmung revolutionärer Politik. Die Verfasser räumten dabei ein, ihre Erklärung vom April 1992, mit der sie einen befristeten Verzicht auf Mordaktionen erklärt hatten, sei politisch sehr schwach gewesen. Diese Erklärung habe wegen der nicht eindeutigen Trennung der Themen "Gefangene" und "Neubestimmung" die "abwegigsten Interpretationen" zugelassen. So sei die Mutmaßung ermöglicht worden, die RAF habe die Lösung der Gefangenenfrage hoffnungsvoll in die Hand des Staates legen wollen. Weiterhin bekräftigte die RAF-Kommandoebene, daß ihre seit April 1992 verfolgte Politik von Diskussion und Aufbau einer "sozialen Gegenmacht von unten" nichts mit einer "auf Integration ausgerichteten Reformpolitik" zu tun habe, sondern vielmehr auf eine "vollständige Umwälzung der herrschenden Verhält- " Vollständige nisse gerichtet" sei. Künftige revolutionäre Politik müsse gegen die Umwälzung" Verwertung von Mensch und Natur im Dienste des Kapitals gerichtet der herrschenden sein; dabei dürfe sie nicht nur Ablehnung des Bestehenden vermitVerhältnisse teln, sondern es müßten an "Mensch und Natur orientierte Gegenentwürfe" entwickelt werden. Darin sehe die RAF den sozialen Sinn 126 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt ihrer Kämpfe. Hiervon sei sie jedoch weiter entfernt als Jahre zuvor. Deshalb betonten die Verfasser mehrfach die Notwendigkeit eines "neuen Anlaufs", um zu einer "emanzipatorischen" Bewegung zu kommen. Dabei könne es nicht "Sache der RAF sein, sozusagen von außen eine Konzeption zu entwickeln und anderen überzustülpen". Es sei absurd zu denken, "ausgerechnet eine illegale Gruppe könne heute alleine eine umfassende Konzeption in die Welt setzen". Alle, denen es ernst sei mit einer Neubestimmung, müßten für diesen Prozeß "Verantwortung übernehmen". Daneben verdeutlichte die RAF, daß sie den bewaffneten Kampf und damit Mordanschläge nach wie vor auch als ein Mittel ihrer "Politik" betrachtet. Auf die Verwendung dieser Mittel verzichtet sie derzeit lediglich im Interesse des Aufbaus einer "sozialen Gegenmacht von unten". Haftbedingungen Im Verlauf des Jahres waren die Haftbedingungen und die Frage der und HaftentlasFreilassung verurteilter RAF-Terroristen das herausragende Thema für sungen das gesamte RAF-Gefüge. Das RAF-Umfeld und zentrales auch die Angehörigen der Thema Inhaftierten führten bundesweit Aktionen u.a. vor den Haftanstalten durch. Gefordert wurde vor allem die Freilassung der zu lebenslanger Haft verurteilten und seit 22 Jahren inhaftierten Irmgard Möller. In München beteiligten sich an einer Demonstration, die im Rahmen der "Aktionskette für die Freiheit aller politischen Gefangenen" am 8. Juli vor dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz stattfand, etwa 70 Linksextremisten. Darunter waren eine Vielzahl Autonomer und Angehörige des terroristischen Umfelds. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 127 Am 27. Juli begannen zwölf Inhaftierte der RAF einen befristeten Hungerstreik, der am 3. August - ohne größere Resonanz zu finden - wieder beendet wurde. In einer zu Beginn verbreiteten Hungerstreikerklärung hieß es u.a. "Wir gehen jetzt für eine begrenzte Zeit in Befristeter den Hungerstreik, um nochmal mit Nachdruck die Situation zu verHungerstreik mitteln und wo sie steht". Diese Situation zeige sich derzeit im Umgang des Staates mit Irmgard Möller. Auch nach 22 Jahren in härtesten Haftbedingungen solle sie weiter inhaftiert bleiben; "dieses Rechtsstaatsritual der Prozesse, wo sie in faktischen Todesurteilen geradezu baden", werde fortgesetzt. Es gelte, einen anderen politischen Willen zu artikulieren und voranzubringen gegen "staatliche Liquidierungsstrategie". Irmgard Möller wurde am 1. Dezember auf Bewährung aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck entlassen. Die Kampagne zur Freilassung inhaftierter terroristischer Gewalttäter wird auch künftig fortgesetzt werden. 3.3 Verurteilungen Am 28. April verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. das frühere RAF-Mitglied Eva Haule zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Sie wurde der Mittäterschaft an der Ermordung des US-Soldaten Pimentai am 8. August 1985 in Wiesbaden und der Mittäterschaft an dem Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main-Airbase in Frankfurt a.M. am selben Tag für schuldig befunden, bei dem zwei Menschen getötet und zahlreiche Personen zum Teil schwer verletzt worden waren. Eva Haule verbüßt bereits eine 15jährige Freiheitsstrafe wegen andeZweimal lebensrer RAF-Verbrechen. länglich wegen Am 5. September verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart das RAF-Verbrechen RAF-Mitglied Adelheid Schulz wegen zweifachen gemeinschaftlichen Mordes und zweifachen Mordversuchs an niederländischen Zollbeamten sowie wegen schweren Raubes am 2. November 1978 in Kerkrade/Niederlande zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. In das Strafmaß ist das Urteil des OLG Düsseldorf vom 13. Mai 1985 miteinbezogen. In diesem Prozeß war Adelheid Schulz wegen Beteiligung an der Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer, wegen Mordes an seinen vier Begleitern am 5. September 1977 sowie Beteiligung an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto am 30. Juli 1977 zu dreimal lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. 128 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 4. Antiimperialistischer Widerstand Die Erklärung der RAF-Kommandoebene vom 10. April 1992, in der erstmals die Begehung von Mordanschlägen zugunsten eines Diskussionsprozesses zur Neuorientierung und zum Aufbau einer "Gegenmacht von unten" ausgesetzt worden war, stieß bereits zum damaligen Zeitpunkt im RAF-Umfeld auch auf Ablehnung. Die Kritiker forderten in mehreren Positionspapieren im wesentlichen, aus den Fehlern der RAF zu lernen, aber dennoch an den früheren PrinziFesthalten am pien der RAF und am bewaffneten Kampf, der die Begehung von "bewaffneten Mordanschlägen einschließt, festzuhalten. Als militante Gruppierung Kampf" dieses sog. antiimperialistischen Widerstands trat bereits 1992 eine Gruppierung auf, die sich zunächst als "Antiimperialistische Widerstandszelle Nadia Shehactah" und später als "Antiimperialistische Zelle" (AIZ) bezeichnete. Die AIZ sieht sich in erster Linie in scharfer Abgrenzung zur Deeskalations-Politik der RAF-Kommandoebene. Ihre derzeitige ideologische Grundlage besteht aus Teilen, die dem "Konzept Stadtguerilla" entnommen sind, sowie aus der Theorie der "triple oppression", die ursprünglich vom afro-amerikanischen Widerstand in den USA entwickelt wurde und seit Anfang der 90er Jahre in Deutschland propagiert wird. Die Widerstandszelle geht davon aus, daß die gegenwärtige Realität durch patriarchale, rassistische und kapitalistische Unterdrückungsund Ausbeutungsverhältnisse gekennzeichnet sei. Die AIZ bekennt sich in ihren Erklärungen eindeutig zum "bewaffneten Kampf", der auch gezielte Anschläge auf Funktionsträger aus Politik, Wirtschaft und "Repressionsapparat" mit einschließt. Schußwaffen seien ein ausgezeichnetes Mittel für gezielte Aktionen "mit symbolischer bis tödlicher" Wirkung. Im jüngsten Papier der AIZ, das mit "anfang november 1994 antiimperialistische zelle" unterzeichnet ist, haben die unbekannten Verfasser Anschläge auf "brd-eliten" angekündigt: Zielspektrum "unsere politik wird dahingehend orientiert sein, dort militant/bewaffnet der AIZ anzugreifen, wo die brd-eliten ihre arbeitsplätze bzw. ihre Wohnsitze haben. " Der Widerstand, d. h. die militante Auseinandersetzung, richte sich gegen die "politik des herrschenden parteienblocks csu/cdu/grüne/spd", die Deutschland in einer "allparteienkoalition" regieren würden. Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 129 Mit der AIZ konstituierte sich eine neue terroristische Vereinigung, Neue terroristische die sich mit ihren Brandund Sprengstoffanschlägen bisher auf den Vereinigung norddeutschen Raum beschränkte. In ihren Verlautbarungen, die sehr ernst zu nehmen sind, schließt sie aber eine bundesweite Ausdehnung nicht aus. Durch ihre "bewaffneten Interventionen" will sie die Bildung weiterer terroristischer Gruppierungen vorantreiben. Mögliche Angriffsziele sind politische Parteien und gesellschaftlich bedeutsame Einrichtungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Militär und Sicherheitsbehörden. Sie kritisiert auch das Verbot der militanten PKK. Die AIZ ist bereits mit schwersten Straftaten in Erscheinung getreten. So verübte sie am 5. Juni einen Sprengstoffanschlag auf die CDU-Kreisgeschäftsstelle in Düsseldorf, der einen Schwere Sachschaden von 30.000 DM verursachte. Ein weiterer SprengstoffAnschläge der AIZ anschlag auf die Geschäftsstelle der FDP in Bremen in der Zeit vom 24. bis 26. September schlug fehl, weil der Sprengsatz nicht zündete. Mit diesen Verbrechen und auch unter Berücksichtigung der 1992 und 1993 verübten Anschläge hat die AIZ die Dimension einer ernstzunehmenden terroristischen Gruppierung erreicht. In Süddeutschland ist sie mit Anschlägen allerdings noch nicht in Erscheinung getreten. 5. Revolutionäre Zellen (RZ) Die erstmals im Jahre 1972 in Erscheinung getretenen Revolutionären Zellen (RZ) sind unabhängig voneinander operierende Kleingruppen, die sich als antiimperialistisch und Sozialrevolutionär bezeichnen. Ihre Taktik besteht im allgemeinen darin, bei ihren Anschlägen mit möglichst geringem Einsatz und Risiko möglichst hohen Sachschaden anzurichten, der nach ihrer Auffassung den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen mehr schadet als der Ausfall einer Führungsperson. Die Mitglieder agieren aus streng RZ-Angehörige abgeschotteten Zellen heraus. Im Gegensatz zu den Angehörigen nicht im Unterder RAF-Kommandoebene leben sie jedoch nicht im Untergrund und grund sind deshalb auch nicht darauf angewiesen, sich eine konspirative Logistik zu schaffen. Die bereits 1992 sichtbar gewordenen Richtungsstreitigkeiten zeigten, daß die RZ ebenso wie die RAF Mühe hatten, ihr Konzept des bewaffneten Kampfes mit den politischen Gegebenheiten in Einklang zu bringen. In einem Interview vom März 1993 bezog eine RZ Stellung zur Neubestimmung ihres "revolutionären Kampfes" und 130 Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt erklärte, daß die Revolutionären Zellen nach wie vor bemüht seien, "dem militanten Widerstand eine Kontinuität zu verleihen". 6. Frauengruppe "Rote Zora" Die aus den RZ abgespaltene autonome Frauengruppe "Rote Zora" Publikation veröffentlichte nach fünfjähriger Pause erstmals wieder eine 38seitider "Roten Zora" ge Broschüre mit dem Titel "Mili's Tanz auf dem Eis". Ihr fünfjähriges Schweigen begründeten die unbekannten Verfasserinnen sowohl mit einem "Repressionsangriff" gegen die "Rote Zora" im Jahr 1987 als auch mit dem Niedergang der Protestbewegung gegen Genund Reproduktionstechnologien. Die weltweit entstandenen Problemfelder wie die "Auflösung des Ostblocks" hätten ebenfalls zum Umdenken veranlaßt. Hinzu komme, daß es in den eigenen Reihen kaum eine personelle Kontinuität gegeben habe. Illegale militante Organisierung sei notwendig, um den Kampf in unversöhnlicher Gegnerinnenschaft zu diesem patriarchalen System zu bestehen. Die militante Politik müsse sich auch in der Praxis ausdrücken: "Mit unseren Handlungen wollen wir diese Definitionsmacht durchbrechen und Gesetze, die zur Aufrechterhaltung dieses Systems geschaffen wurden, bewußt nicht achten, (...). Der Angriff auf und die Zerstörung von Institutionen, die die Gewaltverhältnisse organisieren und reproduzieren, und die Bestrafung von Tätern ist unabdingbar (...)". Anschläge Anhänger der "Roten Zora" verübten am 13. Juni in Nürnberg und der "Roten Zora" Meilitz/Thüringen Brandanschläge auf eine Lebensmittelvertriebsfirma, bei denen Sachschäden von etwa 400.000 DM entstanden (siehe Nummer 2.2 dieses Abschnitts). Einen weiteren Brandanschlag verübten unbekannte Täter am 26. Oktober auf ein Tochterunternehmen der bereits im Juni angegriffenen Firma in Leipzig, wo sie auf dem Betriebsgelände zwei Lkw in Brand setzten. Dadurch entstand Sachschaden in Höhe von etwa 250.000 DM. In einem in der Berliner autonomen Szene-Zeitschrift INTERIM abgedruckten Selbstbezichtigungsschreiben wurde der angegriffenen Firma vorgeworfen, sich auf Kosten der Flüchtlinge zu bereichern. Des weiteren wurde gegen das Asylbewerberleistungsgesetz polemisiert. Das Selbstbezichtigungsschreiben war mit "RZ" unterzeichnet. Es ist anzunehmen, daß es sich bei diesen Tätern um einen regionalen, militanten Personenkreis handelt, der in Anlehnung an die alte RZ-Parole "Schafft viele Revolutionäre Zellen" den Anschlag verübte. Spionageabwehr 131 5. A b s c h n i t t Spionageabwehr 1. Ausgangslage Die Nachrichtendienste des ehemaligen Ostblocks setzen überwiegend die Spionage gegen Deutschland fort. Dies gilt auch für Dienste, die sich an den Westen angenähert haben und sogar mit westlichen Nachrichtendiensten in besonderen Bereichen zusammenarbeiten. Der Schwerpunkt der Spionageaktivitäten hat sich auf die Bereiche Verlagerung der Technologie und Wirtschaft verlagert. Doch nicht nur die Staaten SpionageschwerOsteuropas versuchen, mit Hilfe ihrer Nachrichtendienste sensible punkte auf Technologieund Wirtschaftsdaten auszuspähen und Embargogüter Technologie und zu beschaffen. Auch und gerade die Dienste des Nahen und MittleWirtschaft ren Ostens sind in gesteigertem Umfang mit dieser Zielvorgabe tätig. 2. Nachrichtendienstliche Aktivitäten der GUS-Staaten 2.1 Rußland Für die aus dem ehemaligen KGB hervorgegangenen vier neuen Nachrichtendienste Rußlands wurden Struktur, Aufgabenstellung und Befugnisse gesetzlich festgelegt. Sie weisen trotz Reduzierung der Zahl ihrer Mitarbeiter einen vergleichsweise sehr hohen Personalbestand auf. Der russische Auslandsnachrichtendienst (SWR) hat seine Stellung gefestigt und politischen Einfluß gewonnen. Der Dienst vertritt die russischen Interessen offensiv innerwie außerhalb der GUS. Der SWR betreibt in seinen Operationsgebieten, zu denen vorrangig auch Deutschland gehört, politische, wissenschaftlich-technologische und wirtschaftliche Spionage. Letzterem Bereich wird dabei absolute Priorität eingeräumt. Angesichts der zerrütteten ökonomischen Situation im eigenen Land versucht der SWR, wirtschaftliche Entwicklungen im Westen auszuforschen sowie Know-how für die eigene Wirtschaft zu beschaffen und damit einen Beitrag zur Steige- 132 Spionageabwehr rung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit der russischen Wirtschaft zu leisten. Der SWR bemüht sich verstärkt darum, Offiziere des NachrichtenTarnung in dienstes getarnt in Wirtschaftsunternehmen, insbesondere deutschdeutsch-russirussischen Firmen, einschließlich sogenannter "Joint-ventures" schen Firmen - auch auf langfristige Perspektive - unterzubringen. In diesem Zusammenhang sind die Niederlassungen deutscher Firmen in Rußland als Zielobjekte und Ausgangspunkte nachrichtendienstlicher Aktivitäten besonders gefährdet. Bei der Informationsbeschaffung gehen die ND-Offiziere nicht mehr aggressiv vor, sondern vorsichtig und zurückhaltend. Sie wenden hauptsächlich die Methode der "offenen Gesprächsabschöpfung" an, die durch die große Aufgeschlossenheit der westlichen Seite begünstigt wird. Der militärische Auslandsnachrichtendienst (GRU) untersteht dem russischen Verteidigungsministerium und hat in letzter Zeit gegenüber den zivilen Nachrichtendiensten an Bedeutung gewonnen. Aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den bis Herbst 1994 in der ehemaligen DDR stationierten russischen Truppen besaß die GRU eine besonders günstige Ausgangsposition für die Aufklärung im vereinten Deutschland. Wirtschaft und Neben den originären Aufklärungsschwerpunkten auf militärischem Technologie als und wehrtechnischem Sektor richtet die GRU ihre Aktivitäten offenSchwerpunkte bar zunehmend auch auf Spionageziele im wirtschaftlichen und ziviauch des militärilen technologischen Bereich. Insgesamt tritt die GRU hierbei offensischen Nachrichver auf als die Angehörigen der übrigen russischen Nachrichtendientendienstes ste. Der Dienst blieb auch während der Umbruchphase von Veränderungen weitgehend verschont. Gefährdung Die "Föderale Agentur für Regierungsfernmeldewesen und Informader Telekommunition beim Präsidenten der Russischen Föderation" (FAPSI) wurde neu kation geschaffen und ist zuständig für Chiffrierung, Fernmeldeund elektronische Aufklärung sowie für die Sicherheit russischer Fernmeldeverbindungen. Ihre zentrale Aufgabe besteht in der technischen Erkenntnisgewinnung durch Überwachung und Aufzeichnung des Fernmeldeund Datenverkehrs mit dem Ausland. Darüber hinaus tritt FAPSI - auch in Bayern - "offen" als Dienstleistungsunternehmen bzw. Geschäftspartner auf. Zur Verschleierung des nachrichtendienstlichen Hintergrundes benutzt die FAPSI dabei auch "westliche" Firmen, in denen sie die Kapitalmehrheit besitzt. Von der FAPSI dürfte auch in Zukunft eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgehen, zumal Wirtschaftsund Industrieunternehmen bei Spionageabwehr 133 ihren Geschäftsbeziehungen den eindeutig nachrichtendienstlichen Charakter dieser Organisation oft nicht erkennen oder sogar bewußt ignorieren. Der "Föderale Dienst für Gegenaufklärung" (FSK), Nachfolgebehörde des inzwischen aufgelösten Sicherheitsministeriums, ist zwar als inländische Abwehrorganisation konzipiert, betreibt aber anscheinend unter Fortführung eigener nachrichtendienstlicher Verbindungen auch Auslandsspionage; eine enge Zusammenarbeit des FSK mit den Aufklärungsdiensten ist anzunehmen. 2.2 Ukraine Der "Sicherheitsdienst der Ukraine" (SBU) zählt zu den bedeutendFortsetzung der sten Nachfolgeorganisationen der früheren Republiks-KGB in der Spionagetätigkeit ehemaligen Sowjetunion. Verwaltungsaufbau und Gliederung des trotz partieller SBU lassen zwar die Übernahme von KGB-Strukturen erkennen, Zusammenarbeit doch ist bis heute nicht eindeutig erkennbar, mit welchen Zielsetzungen und gegenüber welchen Ländern er tätig wird. Der ukrainische Nachrichtendienst arbeitet mit den Sonderdiensten Westeuropas und der USA bei der Bekämpfung des internationalen Drogenhandels und des Terrorismus zusammen. Dennoch muß davon ausgegangen werden, daß der SBU die "klassische Spionage" - wohl mit Schwerpunkt im politischen sowie wirtschaftlichen Bereich - fortsetzt. 2.3 Nachrichtendienste der übrigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion Nahezu sämtliche aus der UdSSR hervorgegangenen Staaten haben (unter Rückgriff auf Strukturen und Personal des früheren KGB) eigene Nachrichtendienste, zum Teil mit Spionageauftrag, errichtet. An dieser Stelle seien nur Kasachstan, Weißrußland, Georgien und Usbekistan angeführt. Spionageaktivitäten in Deutschland und speziell in Bayern sind erkennbar: So zeigt etwa das kasachische "Komitee für nationale Sicherheit" (KNB) gesteigertes Interesse an Aussiedlern, die zwischenzeitlich berufliche Positionen mit nachrichtendienstlicher Relevanz erlangt haben. 134 Spionageabwehr 3. Sonstige fremde Nachrichtendienste 3.1 Polen Die Aufklärungstätigkeit der polnischen Nachrichtendienste, vornehmlich des militärischen Auslandsnachrichtendienstes WSI, war bisher darauf angelegt, sowohl gegenüber dem Westen als auch gegenüber dem Osten "wachsam zu bleiben". Jüngsten Aussagen von polnischer Seite zufolge sollen jedoch die Spionag'eaktivitäten gegen Deutschland eingestellt sein oder werden. Positive Nicht zuletzt in Anbetracht der polnischen Bestrebungen nach Entwicklung Kooperation mit westlichen Geheimdiensten ist hier mit einer weiteren positiven Entwicklung zu rechnen. 3.2 Rumänien Die umstrukturierten rumänischen Inlandsund Auslandsnachrichtendienste bestehen größtenteils aus ehemaligen Mitarbeitern von 80 %ige personelle Ceausescus gefürchteter Geheimpolizei SECURITATE. So liegen SchätIdentität mit zungen von Fachleuten vor, wonach bis zu 80 % aller Ex-SECURITATESECURITATE Angehörigen übernommen worden sind. Die neuen Dienste haben technische Überwachungseinrichtungen und Mittel der Informationsgewinnung ausgebaut und betreiben weiterhin intensiv die Kontrolle des Postund Fernmeldeverkehrs mit dem Ausland. Das besondere nachrichtendienstliche Interesse gilt immer noch Emigranten und Aussiedlern, Rumänienreisenden sowie aus dem Ausland zurückkehrenden Rumänen. Aufgrund von aktuellen Hinweisen ist davon auszugehen, daß die rumänischen Nachrichtendienste in erster Linie versuchen, u.a. mittels Tarnfirmen an moderne Technologie undJCnow-how zu gelangen. ErmittlungsSchließlich deuten zwei derzeit anhängige Ermittlungsverfahren darauf verfahren hin, daß der rumänische Auslandsnachrichtendienst SIE (Serviciul de Informatii Externe) - ganz im Gegensatz zu den Verlautbarungen seiner Leitung - nach wie vor geheime Mitarbeiter in Deutschland führt. 3.3 Bulgarien Die bulgarischen Dienste befassen sich nach wie vor mit der Spionage gegenüber Deutschland, wobei die Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage offenbar im Vordergrund steht. Darüber hinaus Spionageabwehr 135 richten sie ihre Ausforschungsaktivitäten unverändert gegen bulgarische Emigranten. 3.4 Volksrepublik China Die VR China betreibt ihre Auslandsspionage zwar mit erheblichem Aufwand und Nachdruck, läßt dabei jedoch größte Vorsicht walten. Es werden fast ausschließlich Landsleute eingesetzt, die ihre nachrichtendienstliche Tätigkeit vorwiegend unter diplomatischer oder anderer Abtarnung - etwa als Mitarbeiter von Luftfahrtgesellschaften, Außenhandelsfirmen oder Presseagenturen - ausüben. Häufig werden auch Stipendiaten, Austausch-Studenten und -Wissenschaftler rekrutiert. Nach Expertenschätzung bleiben Agenten chinesischer Perspektiv-AgenGeheimdienste in ihren Zielländern bis zu zehn Jahre und mehr inakten "Fische auf tiv ("Fische auf dem Grund des Ozeans"), bevor sie ihren nachrichdem Grund des tendienstlichen Auftrag erfüllen. Ozeans" Die im Mittelpunkt des Aufklärungsinteresses stehende Ausforschung von Wissenschaft und Technik, verbunden mit der Beschaffung auch embargogeschützter Hochtechnologie, ergibt sich aus der erklärten Absicht der VR China, bis zur Jahrtausendwende u.a. im technisch-wissenschaftlichen Bereich den Standard der westlichen Industrieländer zu erreichen. 4. Nachrichtendienstliche Bedrohung aus dem Nahen und Mittleren Osten Die intensivierte Beobachtung nachrichtendienstlicher Aktivitäten von Ländern des Nahen und Mittleren Ostens bestätigt, daß vor allem die Dienste des Iran und des Irak, Syriens und Libyens ein erhebliches Gefährdungspotential darstellen. Diese Aufklärungsdienste betreiben klassische Spionage auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Sektor. Vorrang wird der illegalen Beschaffung von Waren eingeräumt, die aufgrund ihrer wehrtechnischen Bedeutung Exportbeschränkungen unterliegen und deswegen nicht in sogenannte Krisenländer ausgeführt werden dürfen. Hierbei handelt es sich z.B. nicht nur um herkömmliche Kriegswaffen, sondern auch um Produkte, die beim Ausund Aufbau atoInteresse an Masmarer, biologischer und chemischer Massenvernichtungswaffen Versenvernichtungswendung finden könnten. waffen 136 Spionageabwehr Der illegale Technologietransfer erfolgt unter Einbindung der offiziellen und halboffiziellen Vertretungen der genannten Staaten in Deutschland, vermehrt jedoch mit Hilfe zahlreicher Tarnfirmen im lnund Ausland. Eine weitere Möglichkeit, in Deutschland Zugang zu geschützter Technologie oder dem entsprechenden Know-how zu erlangen, sieht man in dem Kauf von Firmen bzw. im Erwerb von Geschäftsanteilen an deutschen Unternehmen. Gerade kleine Betriebe, besonders wenn sie in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, laufen Gefahr, als Zielobjekt fremder Nachrichtendienste in derartige Machenschaften verstrickt zu werden. 4.1 Iran . TechnologietransDas Bemühen, den Rückstand gegenüber dem Westen in Wirtschaft fer und Beobachund Technik, insbesondere im wehrtechnischen Bereich, aufzuholen, tung der Exil-Iraner kennzeichnet neben der Beobachtung der im Exil lebenden Opposition die nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Iran. Die enge Verflechtung zwischen Staat und Wirtschaft im fundamentalistisch geprägten Iran verschafft dem dortigen Nachrichtendienst starken Einfluß auf die Außenbeziehungen der halbstaatlichen oder privaten Wirtschaftseinrichtungen und deren ausländische Unternehmen. Ein weiteres Potential für die nachrichtendienstliche Werbung bildet die hohe Zahl der in Deutschland lebenden Iraner, die oftmals eigene private und geschäftliche Kontakte in ihr Heimatland unterhalten. Sie können sich meist dem Ansinnen der Zusammenarbeit mit den iranischen Diensten nicht entziehen, ohne ihre persönlichen Interessen zu gefährden. Neben diesem Personenkreis bemühen sich die iranischen Dienste bei der Verfolgung ihrer wissenschaftlich-technischen Ziele um Studenten, Praktikanten, Techniker und Ingenieure. Auch hier versucht man, mit einem Appell an deren Heimatverbundenheit zur Informationsbeschaffung zu motivieren. 4.2 Irak Die Steuerung der nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Irak über seine legalen Residenturen war während und kurz nach der Golfkrise durch die Begrenzung des diplomatischen Freiraums gestört. Spionageabwehr 137 Inzwischen versucht der Irak, über hier lebende Landsleute wieder Fuß zu fassen und neue nachrichtendienstliche Verbindungen zu knüpfen. Neben der Kontrolle emigrierter Oppositioneller richten sich die AktiInteresse an vitäten der irakischen Dienste hauptsächlich darauf, unter Umgeembargogehung des Embargos verteidigungswichtige Güter zu beschaffen. schützten Gütern 4.3 Libyen Die libyschen Dienste stützen sich bei ihren Beschaffungsaktivitäten seit Jahren auf Unternehmen in Deutschland, mit denen sie finanziell verflochten sind oder auf die sie Einfluß ausüben können. Schlüsselpositionen kommen in solchen Unternehmen den eigenen Landsleuten zu. Die Beschaffung von Militärtechnologie, die parallel zu den legalen Getarnte BeschafGeschäften betrieben, mit diesen jedoch vermischt und legendiert fung von Militärwird, ist noch immer primäres Ziel. technologie 4.4 Syrien Die syrischen Nachrichtendienste, deren Arbeitsweise sich an die Methoden klassischer östlicher Dienste anlehnt, nutzen ebenfalls die legalen Stützpunkte in Deutschland. Der Umfang der geheimdienstlichen Aktivitäten dürfte gegenüber den anderen nahöstlichen Staaten deutlich geringer sein. 5. Ehemalige DDR-Nachrichtendienste Die Aufarbeitung von Informationen über die Aktivitäten der ehemaligen DDR-Nachrichtendienste - auch 1994 noch einer der Schwerpunkte der Spionageabwehr - nähert sich ihrem Abschluß. Trotz der Enttarnung zahlreicher ehemaliger Agenten in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen ist vieles noch ungeklärt. Gefahr geht nicht Ehemalige Stasinur von Offizieren des ehemaligen DDR-Ministeriums für StaatssiOffiziere in KGBcherheit aus, die von den KGB-Nachfolgediensten in den Ländern Nachfolgediender früheren Sowjetunion übernommen wurden, sondern auch von sten Bürgern der ehemaligen DDR, die bereits vor der Wende im KGBAuftrag tätig waren oder erst während der Umbruchphase angewor- 138 Spionageabwehr ben wurden. Diese Gesamtproblematik betrifft nicht nur die neuen Länder, sondern z.B. auch Bayern (durch Wohnortwechsel). it 6. Ausblick Zunehmende Die nachrichtendienstliche Bedrohung Deutschlands wird nicht nur nachrichtenanhalten, sondern speziell im Bereich der Wirtschaftsspionage sogar dienstliche Wirtzunehmen. Fremde Nachrichtendienste, insbesondere der Länder schaftsspionage des ehemaligen Ostblocks sowie des Nahen und Mittleren Ostens, werden ihre Anstrengungen verstärken, technisches Know-how und modernste Wirtschaftsgüter zu beschaffen - sowohl zur Verbesserung der Marktchancen als auch zur Einsparung von Forschungsund Entwicklungskosten. Geheimhaltung und Schutz von vertraulichen und sensiblen Informationen bleiben aus den genannten Gründen unverzichtbar. Dies betrifft allerdings nicht nur große Wirtschaftsund Industrieunternehmen, sondern gerade auch mittelständische Betriebe und Kleinfirmen. Als Ansprechpartner steht das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz unter der Telefonnummer (089) 31 2010 jederzeit zur Verfügung. Organisierte Kriminalität 139 6. A b s c h n i t t Organisierte Kriminalität Seit dem 1. August ist dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als neue Aufgabe die Beobachtung der Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität gesetzlich übertragen. Nach der in Art. 1 Abs. 3 des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes Definition aufgeführten Definition handelt es sich bei Organisierter Kriminalität um die von Gewinnoder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden - unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder - unter Anwendung von Gewalt oder durch entsprechende Drohung oder - unter Einflußnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft. Aufgabe des Verfassungsschutzes ist vor allem die Aufklärung krimiAufgabe des Verneller Strukturen und deren personeller Zusammensetzung. Ein fassungsschutzes Zugang zu diesen verdeckt operierenden Gruppierungen kann nur über die systematische und langfristige Beobachtung der bekannt gewordenen Mitglieder gewonnen werden. Die Abwehrmaßnahmen des Verfassungsschutzes erstrecken sich zur Zeit auf folgende Erscheinungsformen und Deliktsbereiche der Organisierten Kriminalität: Waffenhandel, Drogenhandel, Verbreitung von Falschgeld, Geldwäsche, Kfz-Diebstahl und -Verschiebung sowie das Schlepperunwesen. Nicht nur aufgrund seiner zentralen geographischen Lage in Europa ist Deutschland und damit auch Bayern mittlerweile zu einer Art 140 Organisierte Kriminalität "Drehscheibe" der Organisierten Kriminalität geworden. Dazu beigetragen haben die Öffnung vieler innereuropäischer Grenzen und der Zusammenbruch des kommunistischen Ostens. Besondere Pro"Ost-Mafia" bleme bereitet die Expansion einer "Ost-Mafia", namentlich aus den Staaten des ehemaligen kommunistischen Machtbereichs wie Armenien, Litauen, Ukraine und Rußland, aber auch aus Polen, der Tschechischen Republik und den Balkanstaaten. Diese steht in Qualität und Zielrichtung ihrer kriminellen Aktivitäten keiner der bisher bekannten mafiosen Vereinigungen nach. Ehemalige Mitarbeiter östlicher Nachrichtendienste stellten ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Verbindungen der grenzüberschreitend operierenden "Ost-Mafia" zur Verfügung. Außerdem gibt es erste Indizien dafür, daß auch heutige Nachrichtendienste Strukturen und Kontakte dieser Organisationen nutzen, einmal zur Nachrichtenbeschaffung, zum anderen, um den Etat ihrer Dienststelle aufzubessern und zu stützen. Nicht nur ehemalige, sondern auch aktive Nachrichtendienstoffiziere wirtschaften mit derlei Machenschaften häufig "in die eigene Tasche". Erste Erfolge Die in dem kurzen Zeitraum von August bis Dezember bereits gewonnenen Erkenntnisse bestätigen die Notwendigkeit, die Beobachtung der Organisierten Kriminalität auch den Verfassungsschutzbehörden zu übertragen. Dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz gelang es bereits in den ersten Monaten, zahlreiche Ermittlungsansätze aufzugreifen und mit Hilfe von Quellen Erkenntnisse zu gewinnen. In einer Reihe von Fällen konnten bereits Hinweise an die Polizei gegeben werden, die in Verbindung mit weiteren polizeilichen Ermittlungen in Festnahmen und Sicherstellungen mündeten. Keine Konkurrenz Der Verfassungsschutz tritt keinesfalls in Konkurrenz zu Polizei und zur Polizei Staatsanwaltschaft. Er bearbeitet solche vertrauliche Hinweise, die sonst in der Regel aus Gründen des Quellenschutzes nicht an die Strafverfolgungsbehörden gelangen können. Mit der neuen Zuständigkeit kann der Verfassungsschutz diese Informationen selbst weiterverfolgen, aufbereiten und ohne Gefahr für die Quelle an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergeben. Alle wichtigen europäischen Staaten haben den Verfassungsschutz oder vergleichbare Organisationen mit der Beobachtung der OrganiInternationale sierten Kriminalität betraut. Für diese ausländischen befreundeten Zusammenarbeit Nachrichtendienste ist der Verfassungsschutz ein neuer Ansprech- Organisierte Kriminalität 141 partner, mit dem gemeinsam und damit wirkungsvoller gegen die Organisierte Kriminalität vorgegangen werden kann: Vorhandene Kontakte zu diesen Diensten wurden ausgebaut, neue geschlossen, so daß die Kommunikation auf gleicher Interessenebene wesentlich erleichtert und zügiger gestaltet wurde. Die bisherigen Erfahrungen verdeutlichen allerdings auch, daß eine Bundesweite bundesweite Beobachtung der Organisierten Kriminalität mit entBeobachtung sprechendem länderübergreifenden Informationsaustausch dringend erforderlich erforderlich ist. 142 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Anhang 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Vom 24. August 1990 (GVB1 S. 323, BayRS 12-1-1) Geändert durch Art. 38 Abs. 6 Bayerisches Datenschutzgesetz vom 23. Juli 1993 (GVB1 S. 498) und Gesetz vom 8. Juli 1994* (GVB1 S. 551) Der Landtag des Freistaates Bayern hat das folgende Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit Gesetz beschlossen, das nach Anhörung des Senats der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chanhiermit bekanntgemacht wird: cengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. I. Abschnitt Organisation und Aufgaben (3) Organisierte Kriminalität ist die von Gewinndes Verfassungsschutzes oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit Art. 1 von erheblicher Bedeutung für die Rechtsordnung Organisation des Verfassungsschutzes, sind, durch mehr als zwei Beteiligte, die auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig tätig werden Verhältnis zur Polizei - unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähn(1) 'Zum Schutz der freiheitlichen demokratischen licher Strukturen oder Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder besteht in Bayern ein Landes- - unter Anwendung von Gewalt oder durch entspreamt für Verfassungsschutz. 2Es dient auch dem Schutz chende Drohung oder vor Organisierter Kriminalität. - unter Einflußnahme auf Politik, Verwaltung, Justiz, Medien oder Wirtschaft. (2) 'Freiheitliche demokratische Grundordnung nach Absatz 1 ist eine Ordnung, die unter Ausschluß (4) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz ist eine jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsdem Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgestaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der ordnete Behörde. 2Das Landesamt und Dienststellen Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der der Polizei dürfen einander nicht angegliedert werden. jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit 'Dem Landesamt für Verfassungsschutz steht ein Weidarstellt. 2Zu den grundlegenden Prinzipien dieser sungsrecht gegenüber Dienststellen der Polizei oder Ordnung gehören mindestens: Die Achtung vor den im die Befugnis zu polizeilichen Maßnahmen nicht zu. Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und Art. 2 freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die GewaltenZuständigkeit teilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die (1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die gesetzlich festgelegten Aufgaben zu erfüllen. 'Dazu * in Kraft getreten am ] .August 1994 gehört auch die Zusammenarbeit Bayerns mit dem Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 143 Bund und den anderen Ländern in Angelegenheiten 2. an der Sicherheitsüberprüfung V o n Personen, die an des Verfassungsschutzes. sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt (2) Verfassungsschutzbehörden der anderen Länder sind oder beschäftigt werden sollen dürfen in Bayern nur im Einvernehmen mit dem Lan3. an technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz desamt für Verfassungsschutz nach Maßgabe dieses von Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen Gesetzes tätig werden. die im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftig sind, gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, Art. 3 mitzuwirken. Aufgaben (1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die (3) Das Landesamt fur Verfassungsschutz hat die Aufgabe, Aufgabe, amtliche Auskünfte zu erteilen 1. Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgeset1. im Rahmen der Überprüfung der Verfassungstreue zes, die gegen die freiheitliche demokratische von Personen, die sich um Einstellung in den Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des öffentlichen Dienst bewerben, Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine 2. nach Maßgabe der Art. 14 und 15. ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben, II. Abschnitt 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche TäAllgemeine Befugnisse und Datenverarbeitung tigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht, Art. 4 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des GrundgesetAllgemeine Befugnisse zes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige BeErfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz die lange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, dazu erforderlichen Informationen einschließlich per4. Bestrebungen und Tätigkeiten der Organisierten sonenbezogener Daten auch ohne Kenntnis der betrofKriminalität im Geltungsbereich des Grundgesetzes fenen Gruppierung oder Person erheben und in Akten zu beobachten; solche Bestrebungen und Tätigkeiten und Dateien verarbeiten, diese Informationen nutzen können von Gruppierungen oder Einzelpersonen aussowie aus Akten und Dateien übermitteln, soweit nicht gehen. 2Das Landesamt hat in Erfüllung dieser Aufganachfolgend besondere Bestimmungen gelten. be Informationen, insbesondere sachund personenbezogene Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen über (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf, solche Bestrebungen oder Tätigkeiten zu sammeln und soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, an einer auszuwerten. 3Die notwendige Koordinierung mit den Überprüfung nach Art. 3 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 nur mitanderen Sicherheitsbehörden und den Strafverfolwirken und nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 nur Auskunft gungsbehörden wird in Richtlinien des Staatsministerierteilen, wenn die betroffene Person von der Durchums des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsminiführung der Überprüfung Kenntnis hat; werden der sterium der Justiz geregelt. "Über diese Richtlinien Ehegatte, der Verlobte oder die Person, mit der die wird die Parlamentarische Kontrollkommission gemäß betroffene Person in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Art. 20 Abs. 1 Satz 1 unterrichtet. in die Überprüfung mit einbezogen, so ist auch deren Kenntnis erforderlich. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die (3) 'Sind für die Erfüllung einer Aufgabe verschieAufgabe, dene Maßnahmen geeignet, so hat das Landesamt für 1. an der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die die betrofim öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige fene Gruppierung oder Person voraussichtlich am Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anverwenigsten beeinträchtigt. 2Eine Maßnahme unterbleibt, traut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder wenn sie einen Nachteil herbeiführt, der erkennbar ihn sich verschaffen können, außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. 144 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) Art. 5 (4) 'Der verdeckte Einsatz besonderer technischer Erhebung personenbezogener Daten Mittel zur Informationsgewinnung im Schutzbereich des Art. 13 des Grundgesetzes in Abwesenheit einer 'Das Landesamt fur Verfassungsschutz darf persofür die Verfassungsschutzbehörde tätigen Person ist nenbezogene Daten erheben, soweit das zur Erfüllung unter besonderer Berücksichtigung des Grundsatzes seiner Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. der Verhältnismäßigkeit gemäß Absatz 3 nur zulässig, 2 Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 Abs. 3 wenn Nr. 1 darf das Landesamt für Verfassungsschutz personenbezogene Daten jedoch nur im Rahmen von Nach1. die materiellen Voraussetzungen für einen Eingriff ermittlungen erheben, soweit das zur Überprüfung von in das Brief-, Postoder Fernmeldegeheimnis nach Informationen erforderlich ist, die bei den VerfasSS 1 Abs. 1 und SS 2 Abs. 1 des Gesetzes zur sungsschutzbehörden bereits vorliegen. Beschränkung des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses (Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz) vom 13. August 1968 (BGBl I S. 949), zuletzt geändert Art. 6 durch Gesetz vom 27. Mai 1992 (BGBl I S. 997), in Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel der jeweils geltenden Fassung vorliegen oder (1) 'Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem 2. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht vorlieGesetz darf das Landesamt für Verfassungsschutz auch gen, daß jemand Bestrebungen nach Art. 3 Abs. 1 nachrichtendienstliche Mittel anwenden. 2Sie dienen Satz 1 Nrn. 1 oder 3 durch die Planung oder Begeder verdeckten Informationsgewinnung und der hung von Straftaten nach SSSS 129, 130 oder 131 des Sicherheit des Landesamts für Verfassungsschutz und Strafgesetzbuchs (StGB) verfolgt oder seiner Mitarbeiter. 'Nachrichtendienstliche Mittel sind 3. tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht besteMaßnahmen zur Tarnung, der Einsatz geheimer Mitarhen, daß jemand Bestrebungen oder Tätigkeiten beiter und andere Maßnahmen, die verbergen sollen, nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 durch die Planung daß das Landesamt für Verfassungsschutz Informatiooder Begehung von Straftaten nach SS 100a der Strafnen erhebt. 4Bei Sicherheitsüberprüfungen (Art. 3 prozeßordnung (StPO), SSSS 261, 263 bis 265, 265b, Abs. 2 Nrn. 1 und 2) darf das Landesamt für Verfas266, 267 bis 273, 331 bis 334 StGB oder SS 92 sungsschutz nur das nachrichtendienstliche Mittel der Abs. 2 des Ausländergesetzes (AuslG) verfolgt Tarnung von Mitarbeitern anwenden. und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Wei(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf perse aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. 2Der sonenbezogene Daten nach Art. 5 durch Anwendung verdeckte Einsatz besonderer technischer Mittel darf nachrichtendienstlicher Mittel erheben, wenn sich nur gegen den Verdächtigen oder gegen Personen richten, von denen auf Grund von Tatsachen anzuneh1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder men ist, daß sie für den Verdächtigen bestimmte oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 vorliegen oder auf von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen diese Weise Erkenntnisse über Nachrichtenzugänge oder weitergeben oder daß der Verdächtige sich in gewonnen werden können oder ihrer Wohnung aufhält. 'Für das Verfahren beim Ein2. das zur Abschirmung der Mitarbeiter, Einrichtunsatz der Mittel nach Satz 1 gelten die für Verfassungsgen, Gegenstände und Nachrichtenzugänge des schutzbehörden der Länder maßgeblichen BestimmunLandesamts für Verfassungsschutz gegen sichergen des Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz und des heitsgefährdende oder geheimdienstliche TätigkeiGesetzes zur Ausführung des Gesetzes zu Art.. 10 ten erforderlich ist. Grundgesetz vom 11. Dezember 1984 (GVB1 S. 522), zuletzt geändert durch Art. 23 des Gesetzes vom (3) 'Personenbezogene Daten dürfen durch Anwen24. August 1990 (GVB1 S. 323), in der jeweils geltendung nachrichtendienstlicher Mittel nur erhoben werden Fassung entsprechend. "Erkenntnisse und Unterladen, wenn die Daten nicht auf eine andere geeignete gen, die durch Maßnahmen nach Satz 1 gewonnen Weise gewonnen werden können, die die betroffene wurden, dürfen zur Verfolgung und Erforschung der Person weniger beeinträchtigt. 2Die Anwendung nachdort genannten Bestrebungen oder Tätigkeiten sowie richtendienstlicher Mittel darf nicht erkennbar außer nach Maßgabe des SS 7 Abs. 3 des Gesetzes zu Art. 10 Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden SachverGrundgesetz verwendet werden. halts stehen. 3Sie ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich ergibt, daß er nicht (5) Die Zulässigkeit von Maßnahmen nach dem oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann. Gesetz zu Art. 10 Grundgesetz bleibt unberührt. Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 145 Art. 7 Art. 8 Speicherung und Veränderung Berichtigung und Löschen von Daten personenbezogener Daten (1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in ( 1 ) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz persoberichtigen, wenn sie unrichtig sind; in Akten die zu nenbezogene Daten in Dateien speichern und veräneiner bestimmten Person geführt werden, ist dies zu dern, wenn vermerken. 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 vorliegen oder in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen wenn ihre Speicherung nach Art. 7 unzulässig 2. dies für die Erforschung und Bewertung von war oder ihre Kenntnis für die Erfüllung seiner gesetzBestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 lich festgelegten Aufgaben nicht mehr erforderlich ist; erforderlich ist oder Akten, die zu einer bestimmten Person geführt werden, 3. das Landesamt für Verfassungsschutz nach Art. 3 sind unter diesen Voraussetzungen zu vernichten. 2Ob Abs. 2 an Überprüfungen mitwirkt. die Voraussetzungen der Löschung und Vernichtung 2 nach Satz 1 vorliegen, ist bei jeder EinzelfallbearbeiIn den Fällen des Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 dürfen personentung und nach festgesetzten Fristen zu entscheiden. bezogene Daten in Dateien nur gespeichert werden, 'Die Löschung oder Vernichtung unterbleibt, wenn wenn tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen Grund zu der Annahme besteht, daß durch sie oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 vorliegen. schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden. 4In diesem Fall sind die Daten (2) 'Personenbezogene Daten über das Verhalten zu sperren; sie dürfen nur noch mit Einwilligung der einer Person vor Vollendung des 14. Lebensjahres dürbetroffenen Person übermittelt werden. fen nicht in Dateien gespeichert werden. 2Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach (3) 'Für die Archivierung gelten die Vorschriften Vollendung des 14. und vor Vollendung des 16. Ledes Bayerischen Archivgesetzes. 2Die Anbletungsbensjahres sind zwei Jahre nach dem Verhalten zu pflicht bestimmt sich nach Maßgabe der nach Art. 6 löschen, es sei denn, daß weitere Erkenntnisse im Sinn Abs. 2 BayArchivG abzuschließenden Vereinbarung. des Art. 3 Abs. 1 angefallen sind. 'Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach VollenArt. 9 dung des 16. und vor Vollendung des 18. LebensjahErrichtungsanordnung res sind zwei Jahre nach dem Verhalten auf die Erforderlichkeit der Speicherung in Dateien zu überprüfen (1) 'Für den erstmaligen Einsatz einer automatisierund spätestens fünf Jahre nach dem Verhalten zu ten Datei, in der personenbezogene Daten verarbeitet löschen, es sei denn, daß weitere Erkenntnisse im Sinn werden, hat das Landesamt für Verfassungsschutz in des Art. 3 Abs. 1 angefallen sind über ein Verhalten einer Errichtungsanordnung, die der Zustimmung des nach Eintritt der Volljährigkeit. "Für Akten, die zu Staatsministeriums des Innern bedarf, festzulegen: einer minderjährigen Person geführt werden, gelten 1. Bezeichnung der Datei, die vorstehenden Prüfungsund Löschungsfristen entsprechend. 2. Zweck der Datei, 3. Betroffener Personenkreis, 4. Art der zu speichernden Daten, (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die 5. Eingabeberechtigung, Dauer der Speicherung in Dateien und in Akten, die zu 6. Zugangsberechtigung, einer bestimmten Person geführt werden, auf das Maß 7. Regelmäßige Übermittlungen, festzulegen, das zur Erfüllung seiner Aufgabe nach 8. Überprufungsfristen, Speicherungsdauer, diesem Gesetz erforderlich ist. 9. Protokollierung des Abrufs. 2 Nach der Zustimmung des Staatsministeriums des (4) Werden Bewertungen über Betroffene gespeiInnern ist die Errichtungsanordnung dem Landesbeaufchert, muß erkennbar sein, wer die Bewertung vorgetragten für den Datenschutz unverzüglich mitzuteilen. nommen hat und wo die Informationen gespeichert 'Entsprechendes gilt für wesentliche Änderungen des sind, die der Bewertung zugrunde liegen. Verfahrens. 146 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) ' (2) Die Zustimmung des Staatsministeriums des (4) 'Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf Innern darf nur erteilt werden, wenn die Speicherung keiner Begründung. 'Wird die Auskunftserteilung personenbezogener Daten auf das erforderliche Maß abgelehnt, ist der Betroffene auf die Rechtsgrundlage beschränkt ist. für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, daß er sich hinsichtlich der Verarbeitung perso(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in nenbezogener Daten an den Landesbeauftragten für angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiden Datenschutz wenden kann. 'Dem Landesbeaufterführung oder Änderung seiner Dateien zu prüfen. tragten für den Datenschutz ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das Staatsministerium des Innern im Einzelfall feststellt, daß dadurch die Art. 10 Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet Geltung des Bayerischen Datenschutzgesetzes würde. 'Mitteilungen des Landesbeauftragten an den Bei der Erfüllung der gesetzlich festgelegten AufBetroffenen dürfen keine Rückschlüsse auf den Kenntgaben durch das Landesamt für Verfassungsschutz finnisstand des Landesamts fur Verfassungsschutz zulasden die Art. 10 bis 13, 15 bis 23 und 26 bis 28 des sen, sofern dieses nicht einer weitergehenden Auskunft Bayerischen Datenschutzgesetzes keine Anwendung. zustimmt. Art. 11 Auskunftserteilung III. Abschnitt (1) 'Ein Anspruch auf Auskunft über die beim LanÜbermittlungsregelungen desamt für Verfassungsschutz in Dateien oder Akten gespeicherten Informationen besteht nicht. 2Hat eine Art. 12 Person ein besonderes Interesse an einer Auskunft über Informationsübermittlung die zu ihrer Person gespeicherten Daten, so entscheidet an das Landesamt für Verfassungsschutz das Landesamt für Verfassungsschutz nach pflichtohne Ersuchen gemäßem Ermessen über das Auskunftsbegehren. (1) Die Behörden, Gerichte hinsichtlich ihrer Regi(2) Soweit eine Person einer Sicherheitsüberprüster, Gebietskörperschaften und andere der staatlichen fung nach Art. 3 Abs. 2 unterzogen wird oder zu einer Aufsicht unterstehenden juristischen Personen des Person Auskunft nach Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 erteilt wird, öffentlichen Rechts sowie sonstige öffentliche Stellen hat diese Person abweichend von Absatz 1 einen des Freistaates Bayern haben von sich aus dem LanAnspruch auf Auskunft über die Daten des Landesamts desamt für Verfassungsschutz die ihnen bei Erfüllung für Verfassungsschutz, die es im Rahmen der Erfülihrer Aufgaben bekanntgewordenen Informationen zu lung dieser Aufgaben übermittelt hat. übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der (3) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit Aufgaben des Landesamts für Verfassungsschutz nach 1. eine Gefährdung der Erfüllung der Aufgaben nach Art. 3 Abs. 1 oder entsprechender Aufgaben auf Grund Art. 3 durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist, eines Gesetzes nach Art. 73 Nr. 10 Buchst, b oder c des Grundgesetzes erforderlich sein kann. 2. durch die Auskunftserteilung nachrichtendienstliche Zugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitswei(2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die se des Landesamts für Verfassungsschutz zu beübermittelten Informationen nach ihrem Eingang fürchten ist, unverzüglich darauf zu überprüfen, ob sie für die Erfüllung seiner in Absatz 1 genannten Aufgaben 3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden erforderlich sind. 2Ergibt die Prüfung, daß sie nicht oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes erforderlich sind, sind die Unterlagen unverzüglich zu Nachteile bereiten würde oder vernichten. 'Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn 4. die Information oder die Tatsache der Speicherung die Trennung von anderen Informationen, die zur nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nach, insbesondere wegen der überwiegenden nur mit unvertretbarem Aufwand erfolgen kann; in dieberechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalsem Fall dürfen die nicht erforderlichen Informationen ten werden muß. nicht verwendet werden. Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 147 Art. 13 mitteln, wenn das zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Informationsübermittiung an das Landesamt diesem Gesetz erforderlich ist oder wenn die öffentlifür Verfassungsschutz auf Ersuchen che Stelle die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke (1) 'Die in Art. 12 Abs. 1 genannten öffentlichen der öffentlichen Sicherheit einschließlich der StrafverStellen haben dem Landesamt für Verfassungsschutz folgung benötigt. 'Gleiches gilt, wenn der Empfänger auf dessen Ersuchen die ihnen bei Erfüllung ihrer Aufdie personenbezogenen Daten zur Erfüllung anderer gaben bekanntgewordenen Informationen zu übermitihm zugewiesener Aufgaben benötigt, sofern er dabei teln, soweit das zur Erfüllung der Aufgaben des Landesauch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen amts für Verfassungsschutz nach diesem Gesetz erforGrundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der derlich ist. 2Das Landesamt für Verfassungsschutz darf öffentlichen Sicherheit oder auswärtige Belange zu Ersuchen nach Satz 1 nur stellen, wenn die Information würdigen hat. 'Der Empfänger darf die übermittelten auf andere Weise nur mit übermäßigem Aufwand oder Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur durch eine die betroffene Gruppierung oder Person nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm überstärker belastende Maßnahme gewonnen werden kann. mittelt wurden, es sei denn, daß das Landesamt für 'Das Landesamt für Verfassungsschutz hat Ersuchen Verfassungsschutz einer anderen Verwendung für zu begründen, es sei denn, daß eine Begründung dem Zwecke nach Satz 1 und 2 zugestimmt hat. 4Satz 1 gilt Schutz der betroffenen Gruppierung oder Person zuwiauch für die Übermittlung personenbezogener Daten derläuft oder den Zweck der Maßnahme gefährden innerhalb des Landesamts für Verfassungsschutz. würde. 4Es hat die Ersuchen aktenkundig zu machen. (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf (2) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Akten anderer öffentlicher Stellen und amtlich geführDienststellen der Stationierungsstreitkräfte im Rahmen te Dateien unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 von Art. 3 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen einsehen, soweit das zur Erfüllung seiner Aufgaben zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über nach diesem Gesetz erforderlich ist und die sonstige die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Übermittlung von Informationen aus den Akten oder Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländiden Dateien den Zweck der Maßnahme gefährden, schen Streitkräfte vom 3. August 1959 (BGBl II 1961 einen übermäßigen Aufwand erfordern oder das PerS. 1183) personenbezogene Daten übermitteln. 2Der sönlichkeitsrecht des Betroffenen unnötig beeinträchtiEmpfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelgen würde. 'Über die Einsichtnahme in amtlich geführten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürte Dateien hat das Landesamt für Verfassungsschutz fen, zu dem sie ihm übermittelt wurden. einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die * eingesehene Datei hervorgehen; die Nachweise sind (3) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf gesondert aufzubewahren, gegen unberechtigten Zupersonenbezogene Daten an öffentliche Stellen außergriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das halb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes sowie an dem fahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. überoder zwischenstaatliche öffentliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner (3) 'Hält eine in Art. 12 Abs. 1 genannte öffentliche Aufgaben nach diesem Gesetz oder zur Wahrung Stelle das Ersuchen nach Absatz 1 oder die Einsichterheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers nahme nach Absatz 2 für unzulässig, so teilt sie das erforderlich ist. 2Die Übermittlung unterbleibt, wenn dem Landesamt für Verfassungsschutz mit. 'Besteht auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland dieses auf dem Ersuchen oder der Einsichtnahme, so oder überwiegende schutzwürdige Interessen der entscheidet darüber die oberste fachliche Aufsichtsbetroffenen Person entgegenstehen. 'Sie ist aktenkunbehörde, die für die ersuchte Stelle zuständig ist. dig zu machen. 4Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Daten nur zu dem Zweck (4) Art. 12 Abs. 2 gilt entsprechend. verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden. Art. 14 (4) 'Personenbezogene Daten dürfen an andere Personenbezogene Datenübermittlung Empfänger als öffentliche Stellen nicht übermittelt durch das Landesamt für Verfassungsschutz werden, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitli(1) 'Das Landesamt für Verfassungsschutz darf chen demokratischen Grundordnung oder der Sicherpersonenbezogene Daten an öffentliche Stellen überheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist und 148 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) das Staatsministerium des Innern seine Zustimmung erIV. Abschnitt teilt hat; die Zustimmung kann auch für eine Mehrzahl Parlamentarische Kontrolle von gleichartigen Fällen vorweg erteilt werden. 2Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Übermittlung Art. 18 aktenkundig zu machen. 'Der Empfänger darf die überParlamentarische Kontrollkommission mittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. "Das Landesamt für Ver-, (1) 'Die Staatsregierung unterliegt hinsichtlich der fassungsschutz hat den Empfänger daraufhinzuweisen. Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsschutz der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommis(5) 'Übermittlungspflichten nach bundesrechtlichen sion. 2Die Rechte des Landtags und seiner Ausschüsse Vorschriften bleiben unberührt. 2Das Landesamt für bleiben unberührt. Verfassungsschutz kann andere Verfassungsschutzbehörden auch dadurch unterrichten, daß es diesen den (2) 'Die Parlamentarische Kontrollkommission Abruf von Daten im automatisierten Verfahren ermögbesteht aus fünf Mitgliedern. 2Die Mitglieder der Parlicht, soweit deren gesetzliche Aufgaben identisch sind. lamentarischen Kontrollkommission werden zu Beginn jeder neuen Wahlperiode vom Landtag aus seiner MitArt. 15 te gewählt. 'In gleicher Weise wird für jedes Mitglied Unterrichtung der Öffentlichkeit ein Stellvertreter gewählt. "Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Landtags auf sich 'Das Staatsministerium des Innern und das Landesvereint. amt für Verfassungsschutz unterrichten die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 (3) 'Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder Abs. 1. 'Dabei dürfen der Öffentlichkeit personenbezoseiner Fraktion aus, so verliert es seine Mitgliedschaft gene Daten bekanntgegeben werden, wenn das Interesin der Parlamentarischen Kontrollkommission; Absatz 4 se der Öffentlichkeit an der Unterrichtung das bleibt unberührt. 2Für dieses Mitglied ist unverzüglich schutzwürdige Interesse der betroffenen Person an der ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn Wahrung ihrer Anonymität überwiegt. ein Mitglied aus der Parlamentarischen Kontrollkommission ausscheidet. 'Die Sätze 1 und 2 gelten entspreArt. 16 chend für die Stellvertreter. Nachberichtspflicht (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt Erweisen sich personenbezogene Daten nach ihrer ihre Tätigkeit auch über das Ende der Wahlperiode des Übermittlung durch das Landesamt für VerfassungsLandtags solange aus, bis der nachfolgende Landtag schutz als unvollständig oder unrichtig, sind sie unvereine neue Parlamentarische Kontrollkommission gezüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen, wählt hat. wenn das zur Wahrung schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person erforderlich ist. Art. 19 Geheimhaltung Art. 17 Übermittlungsverbote (1) 'Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. 2Die Mitglieder und ihre Stell(1) Die Übermittlung von Informationen durch das vertreter sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten Landesamt für Verfassungsschutz nach den Art. 4 und verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parla14 hat zu unterbleiben, wenn mentarischen Kontrollkommission bekanntgeworden 1. erkennbar ist, daß unter Berücksichtigung der Art sind. 'Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheider Informationen und ihrer Erhebung das den aus der Parlamentarischen Kontrollkommission. schutzwürdige Interesse der Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegt, oder (2) 'Die Parlamentarische Kontrollkommission tritt 2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erfordern. mindestens eimnal im Vierteljahr zusammen. 2Jedes Mitglied kann die Einberufung der Parlamentarischen (2) Besondere Rechtsvorschriften, die InformationsKontrollkommission verlangen. 'Die Parlamentarische übermittlungen zulassen oder verbieten, bleiben unbeKontrollkommission wählt einen Vorsitzenden und desrührt. sen Stellvertreter und gibt sich eine Geschäftsordnung. Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) 149 Art. 20 Art. 22 Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission Einschränkung von Grundrechten und Berichtspflicht der Staatsregierung Auf Grund dieses Gesetzes kann das Grundrecht (1) 'Die Staatsregierung unterrichtet die Parlamender Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art 13 des tarische Kontrollkommission umfassend über die allGrundgesetzes und Art. 106 Abs. 3 der Verfassung eingemeine Tätigkeit des Landesamts für Verfassungsgeschränkt werden. schutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. ! Die Staatsregierung berichtet zu einem konkreten Art. 23 Thema aus dem Aufgabenbereich des Landesamts für Änderung des Gesetzes zur Ausführung Verfassungsschutz, sofern die Parlamentarische Kondes Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz trollkommission dies wünscht. Das Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 (2) Zeit, Art und Umfang der Unterrichtung der Grundgesetz (AGG 10) vom 11. Dezember 1984 Parlamentarischen Kontrollkommission werden unter (GVB1 S. 522, BayRS 12-2-1) wird wie folgt geändert: Beachtung des notwendigen Schutzes des Nachrichtenzugangs durch die politische Verantwortung der 1. Art. 2 Abs. 3 Satz 6 erhält folgende Fassung: Staatsregierung bestimmt. ,,6Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung der Parlamentarischen Kon(3) 'Die Kontrolle der Durchführung des Gesetzes trollkommission für die Angelegenheiten des Verzu Art. 10 Grundgesetz bleibt der in Art. 2 des Gesetfassungsschutzes bedarf." zes zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 Grundge2. In Art. 3 werden die Worte "den für Sicherheitsfrasetz (AGG 10) genannten Kommission nach den dortigen zuständigen Ausschuß des Landtags" durch die gen Bestimmungen vorbehalten : Der ParlamentariWorte "die Parlamentarische Kontrollkommission schen Kontrollkommission ist auf Anforderung, minfür die Angelegenheiten des Verfassungsschutzes" destens aber, einmal im Jahr, der Bericht nach Art. 3 ersetzt. AGG 10 zu erstatten. Art. 24 Inkrafttreten V. Abschnitt 'Dieses Gesetz tritt am 1. November 1990 in Kraft.* Schlußvorschriften Gleichzeitig treten außer Kraft: 1. Das Gesetz über die Errichtung eines Landesamts Art. 21 für Verfassungsschutz (BayRS 12-1-1), Erfüllung bundesrechtlicher Aufgaben 2. Art. 8 Abs. 2 Nr. 5 des Bayerischen DatenschutzgeZur Erfüllung von Aufgaben auf Grund eines setzes (BayRS 204-1-1). Gesetzes nach Art. 73 Nr. 10 Buchst, b und c des Grundgesetzes stehen dem Landesamt für Verfas- * Diese Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der sungsschutz die Befugnisse zu, die es zur Erfüllung der ursprünglichen Fassung vom 24. August 1990 (GVB1 S.323). Der entsprechenden Aufgaben nach diesem Landesgesetz Zeitpunkt des Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich hat. aus den jeweiligen Änderungsgesetzen. 150 Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen Anhang 2 Entwicklung der Mitgliederzahlen in deutschen linksund rechtsextremistischen Organisationen* Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Organisationen 151 Entwicklung der Mitgliederzahlen extremistischer Ausländerorganisationen Entwicklung der einzelnen Bereiche (Mitgliederzahlen in Tausend) Islamische Extremisten Extreme Nationalisten Linksextremisten 152 Sachwortregister Anhang 3 Sachwortregister Aktion deutsches Radio und Fernsehen Bewegung freier Frauen Kurdistans (TAJK) 103 (ARF) 33 Bewegung (Gruppe Mosler) 41 Aktion Oder-Neiße (AKON) 33 Bolsevik Partizan 96 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/NatioBolschewistische Partei Nordkurdistan/ nale Aktivisten (ANS/NA) 41 Türkei (BP-KK/T) 96 Arbeitskreis Republikanische Jugend 21 Bund Frankenland 55 Althans Vertriebswege und Öffentlichkeitsarbeit (AVÖ) 49 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 85 Amt für Volksaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit (AVÖ) 49 CLASH - Zeitung für Widerstand in Europa 82 analyse & kritik (ak) 86 Anti-Antifa-Bewegung 37 Das Freie Forum 46 antifa-rundschau 86 Das SÄGEBLATT immer am Stuhl der Antifaschistische Aktion/Bundesweite HERRschenden 78 Organisation (AA/BO) 80 Demokratie-Partei (DEP) 95 Antifaschistisches Komitee - Demokratische Front für die Befreiung Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung (AKS) 76 Palästinas (DFLP) 102 Antiimperialistischer Widerstand 128 Demokratischer Informationsdienst (DID) 86 Denk mit! 55 Antiimperialistische Widerstandszelle Nadia Shehadah (AIW) 128 Denk mitl-Verlag 55 Antiimperialistische Zelle (AIZ) 128 Der Aktivist 54 Der Republikaner 54 Arbeiterbund für den Wiederaufbau Der Scheinwerfer 55 der KPD (AB) 75 Deutsche Alternative (DA) 41 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 90 Deutsche Geschichte 55 Arbeitsgemeinschaft Autonome Gruppen bei der PDS 66 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 70 Arbeitsgemeinschaft Junge Genossinnen 65 Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG) 46 Arbeitsgemeinschaft PDS/Linke Liste Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) 34 Westliche Bundesländer (AG West) 61 Deutsche Nationalisten (DN) 41 Autonome 77 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 50 Deutsche Rundschau 51 Barricada 87 Deutsche Stimme 54 Bayern-Stimme 26 Deutsche Volksunion (DVU) 29 Berxwedan-Verlag 91 Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 33 Sachwortregister 153 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) 50 Hardliner der RAF 125 Deutscher Anzeiger (DA) 50 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur 33 (HNG) 54 Deutschland-Report 49 Hizb Allah 102 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 97 Huttenbriefe 46 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 54 Die Neue Front 54 Infoläden 81 Die Republikaner (REP) 17 Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) 33 Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) 50 Initiative für die Vereinigung der revolutionären Jugend (IVRJ) 76 Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Initiative Linke Opposition (ILO) 62 Schutz der Frontsoldaten 33 INTERIM 81 Einheit und Kampf 54 Iranische Moslemische StudentenVereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) 101 Föderation der Arbeiter aus der Türkei Iranischer Kulturverein 101 in Deutschland e.V. (ATIF) 96 Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan Jugend gegen Rassismus in Europa (JRE) 84 in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA Kurdistan) 91 Junge Nationaldemokraten (JN) 28 Föderation der Türkisch-Demokratischen Junges Franken 55 Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) 98 Föderation kurdischer Vereine Kameradschaften 37 in Deutschland (YEK-KOM) 92 KB-Mehrheit 86 Föderativer Islamstaat Anatolien (A.F.I.D.) 99 Knallrot e.V. 62 Förderverein Vereinigte Rechte 35 Komitee für Staatssicherheit (KGB) 131 Frauen für Demokratie im Iran 101 KOMKAR - Verband der Vereine aus Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 39 Kurdistan e.V. 94 Freundeskreis Ulrich von Hütten 46 Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) 76 Gegenstandpunkt 86 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/DDR) 65 Germania-Rundbrief 53 Kommunistische Plattform in der PDS Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 45 (KPF) 64 Gesellschaft iranischer Flüchtlinge e.V. 101 Kommunistischer Bund (KB) 86 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Kommunistischer Hochschulbund (KHB) 76 Front (GdNF) 54 Konföderation der Arbeiter aus der Gründungsinitiative für eine AnarchistiTürkei in Europa (ATIK) 96 sche Plattform in/bei der PDS 66 Kurdisch-Deutsche Presseagentur Gruppe K 86 (KURD-A) 92 154 Sachwortregister Kurdisch-deutscher Kulturverein, Nürnberg 92 Nationaler Block (NB) 27 Kurdisch-deutsches Kulturzentrum, Nationaler Widerstandsrat Iran (NWRI) 101 Ingolstadt 92 Nationalsozialistische Deutsche Kurdistan-Arbeitervereinigung in Arbeiterpartei (NSDAP) 40 Nürnberg e.V. 95 Nation und Europa - Kurdistan Haber Ajansi - News Agency Deutsche Monatshefte 51 (Kurd-HA) 91 Nation und Europa - Deutsche Rundschau 35 Kurdistan Informationsbüro in Nation Europa Verlag GmbH 51 Deutschland (KIB) 92 Nation Europa - Freunde 51 Kurdistan-Komitee 91 Nordbayerischer Landbote 71 Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e.V. 95 NSDAPTAuslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 52 lernen und kämpfen (luk) 85 NS Kampfruf 52 Leuchter-Bericht 48 Nürnberger Aktionsbündnis gegen Rassismus 84 Mailboxen 38 Odal-Verlag 55 Mailbox "Spinnennetz" 81 Marxistische Blätter 85 Ostanatolisches Gebietskomitee (DABK) 96 Marxistische Gruppe (MG) 86 Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei der Großen Einheit (BBP) 98 Partei - Gründung (MLKP-K) 96 Partei der Nationalen Bewegung (MHP) 98 Marxistisch-Leninistische Partei Partei des Demokratischen Sozialismus Deutschlands (MLPD) 74 (PDS) 59 Mensch und Maß 55 PDS-Arbeitsgemeinschaft Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 137 "Konkrete Demokratie - Soziale Befreiung" 62 Münchner Bündnis gegen Rassismus 84 PDS/Linke Liste (PDS/LL) 61 Münchner Kurdistan-Solidaritätskomitee 84 Politische Berichte 85 Muflons gegen Rechts 79 position 86 radikal 81 Nachrichten der HNG 54 Rebell 75 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 23 Recht und Wahrheit 54 Nationaldemokratischer Hochschulbund Regionale Aktionsgruppe (RAG) 29 (NHB) 54 Remer-Depesche 49 Nationale Befreiungsarmee (NLA) 101 Republikanischer Bund der öffentlichen Nationale Befreiungsfront Kurdistans Bediensteten (RepBB) 21 (ERNK) 90 Revisionismus 47 Nationale Heilspartei (MSP) 100 Revolutionäre VolksbefreiungsNationale Info-Telefone 38 parteiAFront (DHKP-C Devrimci Sol) 97 Sachwortregister 155 Revolutionäre Zellen (RZ) 128 Union islamischer Studentenvereine 102 Rote Armee Fraktion (RAF) 123 in Europa (U.l.S.A.) Rote Fahne 74 Union zur Pflege der kurdischen Kultur (YRWK) 103 RoteZora 130 Unsere Zeit (UZ) 85 Rudolf-Gutachten 48 Rundbrief des PDS-Landesbüros 85 Verband der Islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln (ICCB) 99 Schwarze Katze 79 Verband der Studentinnen aus Kurdistan (YXK) 103 Skinheads 42 Verein der Künstler und Schriftsteller Sozialistische Alternative VORAN (SAV) 87 des iranischen Widerstandes e.V. 101 Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 85 Verein patriotischer Künstler Kurdistans Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend in der Bundesrepublik Deutschland e V (SDAJ) 86 (HUNERKOM) 103 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 85 (SED) 59 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europae.V. (AMGT) 99 Sozialistische Partei Kurdistans (PSK) 94 Vereinigung der patriotisch-revolutionären Sozialistische Zeitung (SoZ) 85 Jugend Kurdistans (YCK) 103 Ständiger Rat Marxistischer Parteien 65 Vereinigung der Verfolgten des NazireStandarte 54 gimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) 86 Verlag Hohe Warte - Thule-Netzwerk 38 Franz von Bebenburg KG 55 Titel 85 Verlagsgesellschaft Berg 55 Türkische Arbeiterund BauernVerlag Samisdat Publishers Ltd. 53 befreiungsarmee (TIKKO) 95 Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) 90 Türkische Kommunistische Partei/ Volksbewegung gegen antideutsche Propaganda (VOGA) 33 Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 95 bisher: Volksbewegung für Generalamnestie TKP/ML Bolsevik (TKP/ML -B-) 96 Volksfront für die Befreiung Palästinas TKP/ML Hareketi ("Bewegung") (PFLP) 102 (TKP/ML -H-) 96 Volkfront für die Befreiung PaläTKP/ML Partizan (TKP/ML -P-) 96 stinas - Generalkommando (PFLP-GC) 102 Türkische VolksbefreiungsparteiAFront Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) 87 (THKP-C Devrimci Sol) " 97 Vorderste Front 54 Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) 90 wie weiter 82 Union der patriotischen Frauen Kurdistans Wikinger 55 (YJWK) 90 Wiking-Jugend (WJ) 45 Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) 91 Wohlfahrtspartei (RP) 100 N66Y3A aLHIN_A