Verfassungsschutzbericht Bayern 1992 Bayerisches Staatsministerium des Innern Verfassungsschutzbericht Bayern 1992 Herausgeber: Bayerisches Staatsminjsterium des Innern Odeon'splatz 3, 80539 München RB Nr. 03/93/14 Druck: Hans Buchwieser GmbH München Gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier Der vorliegende Verfassungsschutzbericht Bayern für das Jahr 1992 informiert wie seine Vorgänger zusammenfassend, aber ohne Anspruch auf Vollständigkeit über Aktivitäten und Ziele extremistischer Gruppierungen und fremder Nachrichtendienste. Er erscheint dieses Jahr vor dem bedrückenden Hintergrund einer bislang nicht dagewesenen Welle ausländerfeindlicher Gewalt in Deutschland, die in den militanten Angriffen auf die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber in Rostock und dem folgenschweren Brandanschlag in Mölln, der drei Menschenleben forderte, ihren leider nur vorläufigen Höhepunkt gefunden hat. Nicht erst seither ist das Phänomen der überwiegend rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten gegen Ausländer in den Vordergrund des öffentlichen Interesses getreten. Das beängstigende Ausmaß fremdenfeindlicher Gewalttaten, die auch wegen ihrer außerordentlichen Brutalität und Gefährlichkeit eine neue Dimension erreicht haben, bedroht nicht "nur" Leib und Leben ausländischer MitmenscHen, sondern stellt auch eine ernsthafte Herausforderung unseres demokratischen Rechtsstaates dar. Wer Gewalt zur Lösung sozialer Konflikte und politischer Probleme ausübt oder auch nur billigt, greift die Demokratie an, in der die Mehrheit zu entscheiden hat und nicht die aggressive Gewalttätigkeit einer unfriedlichen Minderheit. Diese für ein friedliches Zusammenleben fundamentale Einsicht muß gerade der jungen Generation immer wieder überzeugend vermittelt werden. Das Entsetzen über diese Gewalttaten, die nach wie vor ihren Fortgang nehmen, darf aber nicht den Blick dafür verstellen, daß Gefahren für den inneren Frieden und die Stabilität unseres Landes nicht ausschließlich von dieser Seite drohen. Der "Antifaschistische Kampf" von gewaltbereiten Linksextremisten hat durch die Wahlerfolge rechtsextremistischer bzw. rechtsradikaler Parteien und vor allem durch die anhaltenden schweren Übergriffe auf Ausländer neuen Auftrieb erhalten. Die daraus resultierende Eskalation der Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten stellt einen ebenfalls nicht zu unterschätzenden Gefährdungsfaktor dar. (Die wehrhafte Demokratie muß sich solchen verhängnisvollen Entwicklungen und Auswüchsen energisch entgegenstellen und dafür sorgen, daß sich politisch motivierte Gewalt nicht weiter fortsetzt, aufschaukelt und damit zur ernsten Bedrohung der inneren Stabilität wird. Hierzu sind weiterhin alle rechtlichen und administrativen Mittel konsequent auszuschöpfen. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hat bereits frühzeitig auf die Entwicklung im Bereich des Rechtsextremismus reagiert und die dafür eingesetzten Kräfte innerhalb des Amtes schrittweise um über 30 % erhöht. Erforderlich ist aber in erster Linie auch eine intensive politische Auseinandersetzung und eine verstärkte Aufklärung der Bevölkerung. Der vorliegende Verfassungsschutzberichf soll zur Information des Bürgers beitragen und damit die notwendige politische Auseinandersetzung mit dem Extremismus erleichtern. Wir bedanken uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz für ihre fachkundige und engagierte Arbeit, die wesentlich dazu beigetragen hat, daß sich unsere Demokratie trotz aller Belastungen auch im Jahr 1992 insgesamt als stabil erwiesen hat. München, Juli 1993 f Dr. Günther Beckstein Staatsminister X u-i Hermann Regensburge. Staatssekretär Inhaltsverzeichnis Allgemeiner Überblick 11 1. Abschnitt Rechtsextremismus 16 1. Allgemeines 16 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 19 2.1 Ideologisch-politischer Standort 19 2.2 Organisation 22 2.3 Wahlbeteiligung : 23 2.4 Sonstige Aktivitäten 23 2.5 Junge Nationaldemokraten (JN) 24 3. Deutsche Volksunion (DVU) , 25 3.1 Ideologisch-politischer Standort 25 3.2 Organisation 27 3.3 Wahlbeteiligung , 29 3.4 Sonstige Aktivitäten 29 4. Deutsche Volksunion e. V. (DVU) 29 4.1 Ideologie und Organisation 29 4.2 Aktionsgemeinschaften der DVU 30 5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (Deutsche Liga) 30 5.1 Ideologisch-politischer Standort 30 6 5.2 Organisation 32 5.3 Aktivitäten 32 6. Neonazistische Organisationen und Aktivitäten 33 6.1 Allgemeines 33 6.2 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) 34 6.3 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 35 6.4 Nationaler Block (NB) 36 6.5 Nationalistische Front (NF) 38 6.6 Nationale Offensive (NO) 41 6.7 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 43 6.8 Rechtsextremistisches, insbesondere neonazistisches Potential bei Skinheads 44 6.9 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle , 47 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 48 7.1 Wiking-Jugend (WJ) 48 7.2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) , 49 7.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten 49 8. Organisationsunabhängige Publizistik 50 9. Revisionismus-Kampagne 54 9.1 Ziele und Methoden 54 : 9.2 Entwicklung . 54 9.3 Träger der Revisionismus-Kampagne *. , 55 9.4 Strafverfahren 57 10. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus 58 11. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 61 7 2. Abschnitt Linksextremismus 64 1. Allgemeines 64 2. Orthodoxer Kommunismus 66 2.1 Überblick 66 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 66 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort 66 2.2.2 Organisation 67 2.2.3 Bündnis-und Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit 69 2.2.4 Sonstige Aktivitäten 70 2.2.5 Publikationen, Verlage und Schulungen 71 2.3 Umfeld der DKP 72 2.4 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 73 2.4.1 Entwicklung der PDS 73 2.4.2 PDS/Linke Liste in den westlichen Bundesländern 75 2.4.3 PDS/Linke Liste in Bayern 76 2.4.4 Aussagen der PDS und ihrer Funktionäre 78 3. Neue Linke 79 3.1 Überblick , * 79 3.2 Dogmatische Neue Linke 81 3.2.1 Marxistische Gruppe (MG) 81 3.2.2 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 81 3.2.3 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 82 3.3 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 84 3.3.1 Allgemeines 84 3.3.2 Autonome Gruppen : 85 3.3.3 Publikationen der undogmatischen Neuen Linken 89 3.4 Bündnisse gegen Rassismus 91 4. Aktivitäten gegen den Münchner Wirtschaftsgipfel mit maßgeblicher Beteiligung von Linksextremisten 91 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse : 94 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines 98 2. Iranische Gruppen 100 3; Kurdische Gruppen 100 3.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 100 3.2 KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan e. V , 104 4. Türkische Gruppen 105 4.1 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen 105 4.1.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 105 4.1.2 Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (DIDF) 107 4.1.3 Türkische VolksbefreiungsparteiAfront (THKP/-C) 107 4.2 Extreme Nationalisten '. 110 4.3 Islamische Extremisten 111 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 114 4. Abschnitt Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 118 1. Überblick ' 118 2. Politisch motivierte Gewalttaten in Bayern 120 2.1 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer bzw. frermdenfeindlicher Motivation 120 2.2 Gewalttaten von Linksextremisten ohne Angriffe auf politische Gegner .. 127 2.3 Gewalt zwischen Links-und Rechtsextremisten 128 2.4 Politisch motivierte Gewalttaten von Ausländern 131 3. Rote Armee Fraktion (RAF) 133 3.1 Kommandoebene der RAF 133 3.2 Militante der RAF 135 3.3 Inhaftierte der RAF 135 3.4 Umfeld der RAF : ' 136 3.5 Strafverfahren 137 4. Revolutionäre Zellen (RZ) 138 5. Abschnitt Spionageabwehr 140 1. Ausgangslage 140 2. Der Wandel des KGB 140 2.1 Aktivitäten der russischen Nachrichtendienste 141 2.2 Aktivitäten der Nachrichtendienste von weiteren Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes 142 3. Militärund Wirtschaftsspionage 143 4. Spionage mit Hilfe getarnter Unternehmen 144 5. Bedrohung durch Nachrichtendienste aus dem Nahen und Mittleren Osten 144 6. Ausblick ' 144 Stichwortverzeichnis 146 *10 11 Allgemeiner Überblick Dieser Verfassungsschutzbericht informiert zusammenfassend über den politischen Extremismus und über Aktivitäten fremder Nachrichtendienste im Jahre 1992. Er ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsregierung, die damit der Verpflichtung nachkommt, die Bürgerinnen und Bürger über die Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien in Kenntnis zu setzen. Der Bericht findet seine ausdrückliche gesetzliche Grundlage in Art. 15 des Bayer. Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) vom 24. August 1990 (BayRS 12-1-1). Er gibt einen Überblick über Bestrebungen von Extremisten, die unmittelbar oder mittelbar gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben. Er informiert ferner über Vorhaben, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eine Ordnung zu verstehen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser freiheitlichen Grundordnung gehören mindestens die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip sowie die Chancengleichheit der politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Diese Rechtsprechung, die inhaltlich in das neue Bayer. Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) eingearbeitet wurde, ist Maßstab für die Prüfung der Frage, ob eine Organisation als extremistisch zu bewerten ist. Alle in diesem Bericht genannten extremistischen Gruppierungen verfolgen Ziele, die gegen wesentliche Elemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen. Solche verfassungsfeindlichen Ziele sind bei Rechtsextremisten vor allem der völkische Kollektivismus, der Nationalismus und rassistische Tendenzen, die insbesondere mit der Menschenwürde und dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes unvereinbar sind. Bei Linksextremisten sind es 12 die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats, die insbesondere gegen das Mehrheitsund das Freiheitsprinzip sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Im Ausländerbereich ist es entweder Linksoder Rechtsextremismus (extremer Nationalismus) oder religiös motivierter Extremismus, der wiederum insbesondere die Menschenwürde und das Gleichheitsprinzip verletzt. Ausländergruppen werden mitunter auch deswegen beobachtet, weil sie ihre Ziele mit Gewalt zu erreichen suchen und dadurch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die Bedrohung der inneren Sicherheit durch rechtsextremistisch motivierte, meist unorganisierte Gewalttäter hat 1992 eine neue Dimension erreicht. Damit ist der Rechtsextremismus zu einem ernstzunehmenden Gefährdungsfaktor für die freiheitliche demokratische Grundordnung geworden. Die Urheber der dramatisch gestiegenen, bis hin zu Mord und Totschlag reichenden Gewaltakte negieren nämlich in steigendem Maße das Grundrecht ihrer Opfer auf Leben und körperliche Unversehrtheit und stellen damit die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats ebenso in Frage wie sie damit dem internationalen Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schaden. Parallel zu dieser Entwicklung hat sich die neonazistische Agitation in Wort und Schrift gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Demgegenüber blieb die Anhängerschaft des organisierten Rechtsextremismus in Bayern mit rund 4.900 Personen gegenüber dem Vorjahr in etwa konstant. Sie liegt aber, nun - nach einer in Zusammenhang mit der "Auflösung" der Marxistischen Gruppe durchgeführten statistischen Bereinigung - deutlich über der Gesamtzahl der erkannten Linksextremisten. Bemerkenswert ist der Wahlerfolg der Deutschen Volksunion (DVU) in Schleswig-Holstein, der als Indiz für die Anziehungskraft rechtsextremistischer Propaganda zu werten ist. Diese hat durch massive und permanente ausländerfeindliche Hetze, insbesondere gegenüber Asylanten und Asylbewerbern, der Entstehung rassistisch-nationalistischer Vorurteile Vorschub geleistet, die wiederum eine wesentliche Ursache für die Welle aüsianderfeindlicher Gewalt darstellen. Anlaß zu unverminderter Aufmerksamkeit gibt die gewaltbereite, dem unorganisierten Neonazismus zuzurechnende Subkultur der Skinheads, die auch in Bayern einen Aufwärtstrend verzeichnet. Unbeeindruckt von der politischen Entwicklung in Mittelund Osteuropa hielten die Linksextremisten an ihrem Ziel, eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten, fest. Sie konnten aber damit auch 1992 die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht gefährden. Ende 1992 gab es in Bayern 35 linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Gruppierungen mit mehr als 3.600 Mitgliedern. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich die Zahl der Organisationen in Bayern von 30 auf 35. Die meisten Gruppierungen konnten den Mitgliederschwund der Vorjahre stoppen. Vereinzelt wurde sogar eine leichte Erhöhung der Mitglieder- 13 zahlen festgestellt. Damit scheint die durch den Zusammenbruch des kommunistischen Machtbereichs bedingte Krise der Linksextremisten überwunden zu sein. Deren Bemühungen richteten sich vor allem darauf, ihre Strukturen zu festigen, insbesondere wegen der zunehmenden Gewalttaten gegen Ausländer, der sich häufenden Anschläge auf Asylbewerber und der Erfolge rechtsextremistischer Parteien bei Wahlen. Unter dem "Vorzeichen des Antifaschismus" begannen Linksextremisten sich im Rahmen von "Aktionseinheiten" neu zu motivieren und medienwirksam aufzutreten. Angestrebtes Ziel war die "Einheitsfront" aller "Linken". Die Krise der Gruppen der Neuen Linken, die sich ideologisch stets gegen den "revisionistisch entarteten Sozialimperalismus" der ehemaligen KPdSU und ihrer europäischen Satellitenparteien abgegrenzt hatten, dauerte an. Die Abgrenzung zum orthodoxen Kommunismus wurde vielfach durchbrochen und scheint im Gegensatz zu früheren Jahren zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Dies belegen eine Vielzahl von gemeinsamen Veranstaltungen und gemeinsam genutzte Einrichtungen. Die Marxistische Gruppe (MG) muß auch nach ihrer "Auflösungserklärung" aus dem Jahr 1991 weiterhin als existierende Organisation mit linksextremistischer Zielrichtung gewertet werden. Andere Gruppierungen konnten trotz ihres desolaten Zustands ihren Mitgliederstand im wesentlichen halten. Im Bereich der undogmatischen Neuen Linken dominierten 1992 wiederum die gewaltbereiten Autonomen, deren Aktionen gegen tatsächliche und vermeintliche Rechtsextremisten sowohl an Zahl wie auch an Brutalität erneut zunahmen. Die Anzahl ausländischer Extremisten in Bayern ist gegenüber dem Vorjahr um 500 auf rund 5.500 gestiegen. Diese Entwicklung war vor allem durch den Aufschwung kurdischer und islamischextremistischer Organisationen bedingt, deren Agitation nach wie vor aufmerksamer Beobachtung bedarf. Spontane Ausschreitungen aus Anlaß aktueller Konfliktsituationen in den Heimatländern machten erneut deutlich, daß extremistische Ausländergruppen auch in Phasen scheinbarer Inaktivität ein latentes, nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko darstellen. Eine Gefährdung der inneren Sicherheit geht dabei insbesondere von der militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) einschließlich ihrer Nebenorganisationen, aber auch von gewaltorientierten Gruppen der iranischen und türkischen Neuen Linken aus. Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch Terroristen und insbesondere durch sonstige politisch motivierte Gewalttäter hielt an. Die Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation haben inzwischen ein Ausmaß erreicht, das eine ernsthafte Bedrohung der inneren Sicherheit darstellt und im Zusammenhang mit der daraus resultierenden Aufschaukelung der Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten geeignet ist, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Die RAF hat 1992 14 keine Anschläge verübt, sich jedoch in drei Erklärungen aus ihrer Kommandoebene die Option auf terroristische Aktionen einschließlich gezielter Angriffe auf Menschen in vollem Umfang offengehalten. Der Zusammenbruch des kommunistischen Machtbereichs und die damit verbundene Neuordnung der dortigen Geheimdienste ließ zunächst eine gewisse Verunsicherung erkennen, die im Laufe des Jahres 1992 jedoch einer deutlich erkennbaren Stabilisierung wich. Nach vorliegenden Hinweisen haben die Dienste nach dem Austausch führender Mitarbeiter wieder "Tritt gefaßt". Die angespannten und teils sehr diffizilen Beziehungen zwischen den einzelnen Staaten des früheren Ostblocks und das Bemühen um verstärkte Orientierung nach Westen führten zu einer Neuorientierung dieser Geheimdienste. Insbesondere ist festzustellen, daß sich die Aufklärungsschwerpunkte von der politischen und militärischen Aufklärung hin zur Wirtschaftsspionage verschoben haben. Das belegt insbesondere die Aussage des Chefs der Auslandsaufklärung Rußlands, eines Wirtschaftswissenschaftlers, daß die vornehmste Aufgabe der Auslandsaufklärung die Verhinderung einer Rückkehr zum Kalten Krieg und die Schaffung günstiger Bedingungen für die Entwicklung des wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritts im Lande sei. Insofern bestehen Anhaltspunkte dafür, daß die Spionagebedrohung in diesen Bereichen künftig sogar eine steigende Tendenz aufweisen könnte. Im Jahre 1992 hat das Bayer. Landesamt für Verfassungsschutz im Rahmen der Aufarbeitung der MfS-Vergangenheit den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof über 22 Verdachtsfälle geheimdienstlicher Agententätigkeit unterrichtet. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte in diesem Jahr 15 Personen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und acht Jahren. 15 16 I.Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines Merkmale des Der Rechtsextremismus verfügt im Gegensatz zum LinksextremisRechtsextremismus mus, der im Marxismus-Leninismus ein geschlossenes, inzwischen allerdings weitgehend obsolet gewordenes ideologisches Weltbild vorfand, über kein vergleichbar gefestigtes theoretisches System. Die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und - aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt - eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips anstreben, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist (vgl. Allgemeiner Überblick). Bestimmende Merkmale des organisierten Rechtsextremismus sind vor allem - die pauschale Überbewertung der Interessen der "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des Einzelnen, die auf eine Aushöhlung der Grundrechte abzielt (völkischer Kollektivismus), - ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender Nationalismus, - die offene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus und anderer rassistischer Thesen, die mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip nicht vereinbar sind, - immer wiederkehrende Versuche, die nationalsozialistische Gewaltherrschaft unter Herausstellung angeblich positiver Leistungen des Dritten Reiches zu rechtfertigen, die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime zu diffamieren und die Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verschweigen, zu verharmlosen oder sogar zu leugnen. 17 - Hinzu kommt die allen Extremisten gemeinsame planmäßige Verunglimpfung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten in der Absicht, den überragenden Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in den Augen der Bevölkerung zu erschüttern. Im Bereich des unorganisierten Rechtsextremismus treten vor allem Angehörige der neonazistisch geprägten Skinheadszene durch menschenverachtende Gewalt insbesondere gegen Ausländer in Erscheinung. Diese Merkmale sind nicht gleichmäßig bei allen Rechtsextremisten zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind unterschiedlich. Sie reichen von lediglich verbaler, zum Teil allerdings äußerst aggressiver Agitation bis hin zu brutaler, vielfach von Skinheads ausgeübter Gewalt, die 1992 noch mehr als im Vorjahr vor Mord und Totschlag, Brandstiftung und Sprengstoffanschlägen nicht zurückschreckte und sich gegen Ausländer, insbesondere Asylbewerber, ebenso richtete wie gegen jüdische Mitbürger sowie Angehörige vermeintlich "undeutscher" Gruppen wie Behinderte, Obdachlose, Sinti und Roma. Die Geltung der Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die allen Menschen zustehen und nicht etwa nur den Deutschen, ist durch die Welle rechtsextremistisch motivierter Gewalt so nachhaltig in Frage gestellt, daß darin ein ernstzunehmender Angriff auf die verfassungsmäßige Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu sehen ist - eine Grundordnung, die eben in erster Linie auf der Verbindlichkeit der Grundrechte beruht. Eine besonders abstoßende Erscheinungsform des Rechtsextremismus ist nach wie vor der organisierte Neonazismus (neuer Nationalsozialismus). Er umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus darstellen und auf die Errichtung eines vom Führerprinzip bestimmten autoritären bzw. totalitären Staates gerichtet sind. Mit dem Verbot von drei neonazistischen Organisationen, die nach Verbot von drei ihrem Gesamtbild und ihrer Vorstellungswelt eine Wesensverneonazistischen wandtschaft mit dem Nationalsozialismus zeigten, hat der BunGruppierungen desminister des Innern erneut die Toleranzgrenze des demokratischen Rechtsstaats gegenüber extremistischen Bestrebungen markiert und zugleich ein deutliches Signal für die Härte und Entschlossenheit staatlichen Vorgehens gegen den Rechtsextremismus gesetzt. Bayern hat an der Vorbereitung und dem Vollzug der Verbote engagiert mitgewirkt. Die zahlenmäßige Entwicklung der rechtsextremistischen Beobachtungsobjekte in Bayern und ihrer Mitgliederstärken ist aus der folgenden Übersicht zu ersehen (erkannte Mehrfachmitgliedschaften sind durch Abzug bereits berücksichtigt). 18 1990 1991 1992 Anzahl der Organisationen 22 23 23 Mitgliederstärke NPD mit JN und NHB 1.450 1.110 870 DVU* 3.100 3.100 3.100 Neonazistische Organisationen 150 200 200 Sonstige Organisationen 300 310 440 5.000 4.720 4.610 Neonazistische Einzelaktivisten 40 20 20 rechtsextr. Skinheads (nicht erfaßt) 160 240 Erkannte Rechtsextremisten insgesamt 5.040 4.900 4.870 * Hinweis; Die Mitglieder der aufgrund einer Satzungsänderung der DVU (Partei) angeschlossenen Deutschen Volksunion e V. (DVU) einschließlich ihrer Aktionsgemeinschaften sind mit eingerechnet. Im Gegensatz zur Entwicklung im Bundesgebiet, wo - u.a. aufgrund eines verbesserten Erkenntnisstandes in den neuen Ländern - ein Anstieg zu verzeichnen war, sind in Bayern die Mitgliederzahlen des rechtsextremistischen Lagers nahezu konstant geblieben. Den Verlusten bei NPD und JN stehen in etwa gleichwertige Zuwächse bei der Deutschen Liga für Volk und Heimat und bei rechtsextremistisch orientierten Skinheadgruppen gegenüber. Dieser statistische Stillstand in Bayern ändert indessen nichts an der Tatsache, daß der Rechtsextremismus im Jahr 1992 zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für die innere Sicherheit und das internationale Ansehen Deutschlands geworden ist. Im Vordergrund steht dabei in erster Linie die dramatische Zunahme der rechtsextremistisch motivierten, insbesondere fremdenfeindlichen Gewart, vor allem die wiederholten Brandund Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime und sonstige Ausländerunterkünfte, bei denen der Tod von Menschen beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen wurde. Aber auch der Wahlerfolg der DVU in Schleswig-Holstein, die Verstärkung der antisemitischen Revisionismuskampagne und die allgemeine Zunahme rassistisch-nationalistisch motivierter Agitation in Wort, Ton und Schrift, auch an Arbeitsplätzen und in Schulen, in volksverhetzerischen Pamphleten der verschiedensten Art belegen: Es hat sich 1992 verstärkt ein aus den verschiedensten Elementen zusammengesetztes rechtsextremistisches Potential herauskristallisiert, das sich als Brutstätte brutaler, menschenverachtender Gewalt bis hin zu Mord und Totschlag an 17 Bürgern, darunter sieben Ausländern, erwiesen hat. 19 Dafür gibt es keine Rechtfertigung und keine Entschuldigung. Aber wer dagegen ankämpfen will, muß nach den Ursachen fragen, die für diese Entwicklung maßgeblich waren. In Betracht kommen hier u. a. soziale und wirtschaftliche Probleme, Erziehungsdefizite und eine subjektiv empfundene Perspektivlosigkeit, aber auch der Zusammenbruch gesellschaftlicher Strukturen in den neuen Ländern. Die aggressiv-militante fremdenfeindliche Agitation, die mit Parolen wie "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" an nationalistisch-rassistische Instinkte appelliert, hat darüber hinaus sicher auch in dem über Jahre hinweg ungelösten Asylproblem Nahrung* gefunden. Rechtsextremisten aller Couleur haben es in dieser Zeit verstanden, ihre Agitation auf die zunehmenden Sorgen, die deshalb in weiten Kreisen der Bevölkerung bestehen, abzustellen und bestehende oder vermeintliche Mißstände als Vorwand für rassistisch-nationalistische Aktionen gegen Asylbewerber und darüber hinaus gegen alle Ausländer zu mißbrauchen. Verstärkt wurde diese Entwicklung vor allem auch durch die etwa 800 bis 1.000 gewalttätigen Skinheads auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, die schon seit den 80er Jahren in gewalttätiger Totalopposition zum dortigen Herrschaftsapparat gestanden hatten. Die neonazistischen Zusammenschlüsse, in denen sich diese Personenkreise auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sodann organisierten, führten bei den Rechtsextremisten im bisherigen Bundesgebiet, die im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Wiedervereinigung eine völlig passive Rolle gespielt hatten, zu einem plötzlichen Motivationsund Aktionsschub, der durch die zunehmende neonazistische Politisierung der immer schon gewaltbereiten Skinheadszene in Westdeutschland noch zusätzlich verstärkt wurde. Auf diese Weise ist ein aus verschiedenen Elementen zusammengesetzter neuer Rechtsextremismus in Deutschland entstanden, der zum Nährboden für Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Fremdenhaß und nationalistische Exzesse geworden ist. 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 2.1 Ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihren Ende Mai 1992 unter der Bezeichnung "Nationaldemokratisches Manifest" aktualisierten programmatischen Aussagen einen "demokratisch" organisierten Staat fordert und dabei insbesondere die Volkssouveränität betont, lehnt sie wesentliche Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ab. Trotz ihres Lippenbekenntnisses zum Grundgesetz erstrebt sie in Wirklichkeit einen Staat mit einer von völkisch-kollektivistischen Strukturen bestimmten Volksgemeinschaft, womit sie an ein Leitbild anknüpft, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war. Die Unterschiede zwischen der Staatsund Gesellschaftsordnung des Grundgesetzes und den Vorstellungen der NPD beruhen vor allem auf unvereinbar Völkischer gegensätzlichen Auffassungen zur Stellung des Einzelnen in der Kollektivismus Gemeinschaft und zur Stellung des Staates ihm gegenüber. Die 20 NPD gibt dem Staat vor dem Einzelnen den Vorrang. Sie tarnt diese Haltung hinter einem Bekenntnis zur "souveränen Volksherrschaft", die insbesondere durch ein "ausgewogenes'Verhältnis zwischen individueller Freiheit und dem Recht der Gemeinschaft" gekennzeichnet sei. Diese Betrachtungsweise läuft dem Rang der in Art. 1 des Grundgesetzes normierten Menschenwürde, insbesondere dem daraus resultierenden Primat des Individuums vor dem Staat, zuwider. Die pauschale Überbewertung der "Volksgemeinschaft" im Sinne eines völkischen Kollektivismus und die Absicht, Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft durch die uneingeschränkte Unterordnung des Einzelnen unter nicht näher definierte Gemeinschaftsinteressen aufzuheben, stehen außerdem in unauflösbarem Gegensatz zur Verbindlichkeit der Grundrechte gegenüber jeder Form staatlicher Gewalt. Diese Rechte stehen dem Einzelnen originär zu und lassen sich nicht aus einer Gewährung durch die Gemeinschaft ableiten. Nationalismus Ferner klingen in den Veröffentlichungen der Partei nach wie vor und Rassismus rassistische und nationalistische Zielsetzungen und Denkweisen an. Ihre für Rechtsextremisten charakteristische Ablehnung alles Andersartigen, hinter der sich die Überzeugung von der Höherwertigkeit der eigenen Rasse und Nation verbirgt, versucht die NPD unter Berufung auf die "Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen" zu rechtfertigen, wobei sie sich .als Gegnerin des "längst überholten Dogmas von der angeblichen Gleichheit aller Menschen" präsentiert. Entsprechend dieser Grundeinstellung, die auf ihrem vermeintlich "lebensrichtigen Menschenbild" der "Ungleichheit" beruht, in Wirklichkeit aber auf eine mit Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes unvereinbare Rassendiskriminierung hinausläuft, behandelt die Partei das Ausländerund Asylantenproblem vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der "Überfremdung" und vertritt die Auffassung, die als Integration getarnte "Zwangsgermanisierung" der hier lebenden Ausländer bedrohe die "deutsche Volkssubstanz". Ferner behauptete sie einen Zusammenhang zwischen "der Überfremdung unseres Landes und der ständig wachsenden Kriminalität" und forderte, Deutschland solle "das Land der Deutschen bleiben und nicht zum EG-Exoten-Land verkommen". Die nationalistische Zielsetzung der Partei wurde vor allem in ihren Verlautbarungen zur * Ausländerpolitik und zur Europäischen Gemeinschaft deutlich. So propagierte die NPD die Forderung "Deutsches Geld für deutsche Aufgaben" und trat für eine Sozialordnung ein, die "allein den Bedürfnissen und Wünschen der Einheimischen" Rechnung trage und nicht "in übelster Weise von Asylanten und ausländischen Sozialhilfeempfängern ausgenutzt werden" könne. Ihre europapolitischen Vorstellungen artikulierten sich in Warnungen vor einer "Selbstaufgabe Deutschlands" und seiner "nationalen Gemeinschaft" sowie im "Bekenntnis zum nationalstaatlichen Ordnungsprinzip". Oberstes Ziel deutscher Politik sei daher "die Wiederherstellung des Deutschen Reiches als Garant europäischer Ordnung". 21 Wie in den Vorjahren verzichtete die Partei weitgehend auf VersuNS-Apologie che, das NS-Regime offen zu rechtfertigen, und beschränkte sich im wesentlichen auf ein Bekenntnis zum Revisionismus, verbunden mit scharfer Polemik gegen die Strafbarkeit der "AuschwitzLüge". So bezeichnete sie den gegen den Parteivorsitzenden wegen Leugnung des Holocaust angestrengten Strafprozeß als massiven Angriff auf das Grundrecht der Meinungsund Informationsfreiheit. Es sei nicht hinnehmbar, daß aufgrund fragwürdiger Gerichtsentscheidungen "jeder öffentlich geäußerte Zweifel an den behaupteten Massenmordplänen des Dritten Reiches oder etwa an der Echtheit der in Auschwitz vorgeführten vorgeblichen Gaskammern" ein Offizialdelikt darstelle. In den Annalen der Geschichte werde man vergeblich nach einem Staat suchen, dessen Selbstverständnis und Staatsräson auf der "amtlich bekundeten abgrundtiefen Schlechtigkeit und Kriminalität des eigenen Staatsvolkes und seiner Geschichte" beruhten. Der Parteivorsitzende Günter Deckert hatte auf einer von ihm geleiteten Veranstaltung am 10. November 1991 in Weinheim, Rhein-Neckar-Kreis, einen Vortrag des amerikanischen Revisionisten und Leugners des Holocaust Fred Leuchter übersetzt und kommentiert, wonach in den heute gezeigten Anlagen des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz die massenhafte Ermordung von Juden mittels Giftgas während der NS-Zeit aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei. Das Landgericht Mannheim verurteilte ihn deswegen am 13. November zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit Bewährung sowie zu einer Geldbuße von 10.000 DM wegen Volksverhetzung, übler Nachrede, Verunglimpfung des * Andenkens Verstorbener und Aufstachelung zum Rassenhaß. Zu den Hauptangriffszielen der Partei gehören nach wie vor die Diffamierung demokratischen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland demokratischer und ihre Repräsentanten. Dabei tritt an die Stelle konstruktiver KriInstitutionen tik an einzelnen Mißständen eine bewußt entstellende und überspitzt verallgemeinernde Form der Darstellung. So kritisierte die NPD das "Pro-Ausländer/Asylanten-Gelaber der Bonner KartellDemokraten", die Deutschland zum Abbruch freigäben und "zu allem fähig; aber zu nichts zu gebrauchen" seien. Ferner wandte sie sich gegen die "deutsch-feindlichen Bonner Altparteien", die durch ihren "Verzicht auf die von Polen besetzten deutschen Ostprovinzen" zu "Nationalverrätern" geworden seien, und vertrat die Auffassung, daß die Bundesrepublik Deutschland ein "dekadenter Nachtwächterstaat" sei. Des weiteren griff sie "die gesamte grünrote Brut der Anti-Deutschen und Deutschen-Hasser" an und erklärte, sie wolle als "grundsätzliche Alternative" zum derzeitigen "Parteienklüngel" nicht dessen "rechter Flügel" sein, da sie alle "Bonner Systemparteien" ablehne und bekämpfe. Diese diffamierende Polemik läßt darauf schließen, daß die NPD die Prinzipien des Mehrparteiensystems und der Chancengleichheit der Parteien trotz ihres formalen Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ablehnt. 22 Haltung Zu den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock im August zur Gewalt 1992 und zum Brandanschlag in Mölln, der am 23. November drei türkische Todesopfer forderte, erklärte die Partei, sie lehne Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele strikt ab. An diesem verbalen Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit bestehen indes angesichts der bisherigen Agitation der NPD, die gewisse Sympathien zumindest für die Motive der Gewalttäter signalisiert, begründete Zweifel. So hat die Partei geäußert, Übergriffe gegen Ausländer gebe es nur, weil Bonn tatenlos zusehe, wie unser Land von Tag zu Tag ständig mehr zu überfremden drohe. An sich friedliche und normale Bürger fühlten sich "von einer Politik der totalen Unvernunft überrollt", die bereits den "Zustand des absoluten Wahnsinns und Verbrechens gegen das eigene Volk" erreicht habe. Ea keime "verständlicher Haß" auf. Die Verantwortung für die aufgetretenen Übergriffe liegt also nach Auffassung der NPD nicht in erster Linie bei den Gewalttätern und ihren Sympathisanten, sondern bei den "etablierten Bonner Parteien", welche "die Sorgen der eigenen Bevölkerung nicht zur Kenntnis nehmen", sondern "ständig in skandalöser Weise inländerfeindlich handeln". 2.2 Organisation Bundesweiter Die am 28. November 1964 in Hannover von Funktionären der Abwärtstrend ehemaligen Deutschen Reichspartei (DRP) gegründete NPD gliedert sich derzeit in 15 Landesverbände. Ihr personeller Niedergang hielt an. Ende 1992 zählte sie bundesweit noch rund 5.000 (1991: 6.100) Mitglieder. Parteivorsitzender ist seit Juni 1991 der frühere Bundesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten (JN) Günter Deckert aus Weinheim, der bereits von 1975 bis 1977 stellvertretender Parteivorsitzender war. Seine Stellvertreter sind Hermann Lehmann aus Uehrde, Thomas Salomon aus Berlin und der ehemalige bayerische Landesvorsitzende Walter Bachmann aus Regensburg. Organisation Der Landesverband Bayern mit Sitz in München zählt rund 800 in Bayern (1991: 1.000) Mitglieder (ohne JN und NHB). Er gliedert sich in sieben Bezirksund rund 50 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aktiv ist. Landesvorsitzender ist der auf dem 26. Landesparteitag am 12. Juli in München neu gewählte Diplom-Politologe Udo Voigt aus Freising, der seit 1985 im Bundesvorstand das "Amt" Bildung leitet. Er löste Walter Bachmann ab, der aus Altersgründen nicht mehr kandidierte. Publikationen Als Organ der NPD erscheint im parteieigenen Verlag in Stuttgart die Zeitung "Deutsche Stimme" mit einer durchschnittlichen monatlichen Auflage von knapp 50.000 (1991: 70.000) Exemplaren. Als Argumentationshilfe für Mitglieder gibt der Parteivorstand unregelmäßig die Presseinformation "Neuer politischer Dienst" und das Schulungsblatt "NPD-Forum" heraus. Ebenso wie die "Deutsche Stimme", die 1992 teilweise gar nicht oder nur in erheblich verringertem Umfang erschien, hatten auch die regionalen Publikationen der NPD mit personellen und finanziellen Problemen zu kämpfen. 23 Europa JA! Aber nicht diese EG! Das für die NPD enttäuschende Wahlergebnis bei der LandtagsPrekäre wahl am 5. April in Baden-Württemberg bedeutete für die seit der Finanzlage Bundestagswahl 1990 kontinuierlich betriebene finanzielle Konsolidierung der Partei einen empfindlichen Rückschlag. So erhielt die NPD nicht die dringend benötigte und von der Parteiführung bereits einkalkulierte Wahlkampfkostenerstattung. Außerdem muß sie an das Land Baden-Württemberg die aufgrund des Ergebnisses bei der Landtagswahl 1988 erhaltene Wahlkampfkostenvorauszahlung in Höhe von rund 438.000 DM zurückzahlen. Zusammen mit der noch zu erstattenden Wahlkampfkostenvorauszahlung zur Bundestagswahl 1990 in Höhe von rund 760.000 DM betrugen die Verbindlichkeiten der NPD aus beiden Wahlen Ende 1992 knapp 1,2 Millionen DM. 2.3 Wahlbeteiligung Die NPD beteiligte sich an der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 5. April und erzielte dabei lediglich einen Stimmenanteil von 0,9 Prozent. Nach einem Beschluß des bayerischen Landesparteitags vom 12. Juli will sie sich an der Landtagswahl 1994 in Bayern beteiligen. Derzeit ist, die NPD auf Landesebene nur in der Bremer Bürgerschaft mit zwei - allerdings über die Liste der DVU gewählten - Abgeordneten vertreten. In Bayern stellt sie lediglich zwei Mitglieder in Gemeinderäten. 2.4 Sonstige Aktivitäten Auf der 1. ordentlichen Tagung des Bundeshauptausschusses ("Kleiner Parteitag") der NPD am 31. Mai in Gorleben/Niedersachsen berieten die rund 70 Delegierten den als "Nationaldemokratisches Manifest" bezeichneten Entwurf eines neuen Parteiprogramms. Darin propagiert die NPD den Nationalstaat als "politische Organisationsform eines Volkes". "EG-Europa" und die NATO werden abgelehnt; statt dessen fordert die NPD ein "völkisch" geschütztes "Europa der Vaterländer" bzw. die Schaffung eines "gesamteuropäischen Sicherheitssystems". Das nach eingehender Diskussion gebilligte Manifest, das vom Parteivorstand und der Programmkommission noch überarbeitet werden soll, ist nunmehr bis zur Verabschiedung eines neuen Parteiprogramms 24 durch den dafür zuständigen Bundesparteitag die Grundlage der programmatischen Aussagen der NPD. Am 3. Oktober veranstaltete die NPD in Amstadt/Thüringen ihr alljährliches Deutschlandtreffen, an dem rund 1.200 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Darunter befanden sich etwa 100 Skinheads und Neonazis, die vorwiegend aus den neuen Bundesländern stammten. Der NPD-Bezirksverband München-Oberbayern führte am 11. September in München eine Veranstaltung mit dem britischen Schriftsteller David Irving zum Thema "Was steht wirklich in den Goebbels-Tagebüchern?" durch. Zu Beginn der Versammlung gab die Polizei Irving ein von der Ausländerbehörde verfügtes eingeschränktes Redeverbot bekannt, das ihm untersagte, seine bekannten revisionistischen Thesen, insbesondere zur "Auschwitzlüge", zu vertreten. Im Hauptreferat schilderte Irving seine Bemühungen um die Auffindung und Publizierung der Tagebücher des ehemaligen Reichspropagandaministers. Insbesondere griff er die Presse an, die seine Rolle bei der Entdeckung dieser Schriften in russischen Archiven unterschlagen habe. Dies lasse erkennen, daß internationale Kräfte Verlage und Journalisten unter Druck setzten. Darüber hinaus trat die bayerische NPD wie in den Vorjahren mit den üblichen "Reichsgründungsfeiern", einer Veranstaltung zum "Pplitischen Aschermittwoch" und Sonnwendfeiern in Erscheinung. 2.5 Junge Nationaldemokraten (JN) Ideologisch-poliDie JN als Jugendorganisation der NPD sind nach ihrem Statut tischer Standort zur aktiven Mitarbeit in den Gremien der NPD verpflichtet. Obwohl unverändert sie sich in Ideologie und Zielsetzung zum Programm der Mutterpartei bekennen, sind sie mitunter um mehr Eigenständigkeit bemüht. So haben sie schon mehrmals - insbesondere bei Krisen der NPD - versucht, sich von der Mutterpartei zu lösen. Erhebliche Infolge von Führungsschwächen und weiteren Mitgliederverlusten Mitgliederverluste befinden sich die JN in einer gravierenden Krise. Während sie im Vorjahr noch rund 550 Mitglieder zählten, verringerte sich deren Anzahl im Berichtsjahr um fast zwei Drittel auf etwa 200, davon 60 (1991: 100) in Bayern. Der Bundesvorsitzende Erhard Hübschen erklärte Mitte 1992 seinen Rücktritt, nachdem er die ihm vorschwebenden Reformen nicht durchsetzen konnte. Die kommissarische Leitung der JN übernahm sein Stellvertreter Andreas Storr aus Berlin, der im Gegensatz zu seinem Vorgänger den Kurs des NPD-Parteivorstands vertritt. Der Landesverband Bayern gliedert sich in die beiden "Regionalen Aktionsgruppen" (RAG) Franken und München/Ebersberg; Landesvorsitzender ist weiterhin Christian Ehrenstraßer. Verhältnis zur Die Beziehungen zur NPD waren auch 1992 nicht frei von KonflikMutterpartei ten. So verhängte das Parteipräsidium der NPD Anfang Mai über den Bundesvorstand der JN vorübergehend den "organisatorischen Notstand". Alle Funktionäre des JN-Bundesvorstands wur- 25 den ihrer "Ämter" enthoben. Zur Begründung dieser Maßnahme hieß es, eine Sitzung des JN-Bundesvorstands am 25726. April habe "ernsthaften Anlaß zu der Annahme" ergeben, daß "unter Mitwirkung von Parteimitgliedern - sogar höchsten JN-Funktionsträgern - versucht" werde, die NPD-Jugendorganisation von der Partei abzutrennen. Diese temporären Abspaltungstendenzen standen offenbar in Zusammenhang mit dem Mißerfolg der NPD bei der baden-württembergischen Landtagswahl. Der JN-Bundeskongreß, der am 25. Januar unter dem Motto "Nationale Vielfalt statt multikulturelle Einfalt!" in Frankfurt a.M. Weitgehende stattfand, war von schweren Ausschreitungen politischer Gegner Inaktivität begleitet. Auf dem bayerischen Landeskongreß am 10. Oktober in München kritisierten die Teilnehmer vor allem die Sympathie des NPD-Parteivorstands für die Wiking-Jugend (WJ), die als Faktor für die weitere Entpolitisierung der NPD anzusehen sei. 3. Deutsche Volksunion (DVU) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Die DVU hat sich ihrem Programm zufolge das, Ziel gesetzt, den Allgemein "Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von ihm formuliertes zu wenden". Ihr "ganzes Streben gilt der Durchsetzung von Recht Programm und Freiheit für das deutsche Volk und Vaterland, eines gleichen Rechts für alle Deutschen". Das Parteiprogramm ist - wie schon an den vorstehend zitierten Schlußpassagen erkennbar - bewußt allgemein formuliert, um möglichst wenig Angriffsflächen zu bieten. Die Partei setzt sich mit Parolen wie "Deutschland soll deutsch bleiben", "Deutschland zuerst" und "Gleichberechtigung für das deutsche Volk" dafür ein, den Ausländeranteil zu begrenzen, den "zunehmenden Ausländerstrom" in das Bundesgebiet zu stoppen und die "Zuweisung von Kollektivschuld und Kollektivverantwortung an die Deutschen" einzustellen. Die am Programm nicht ohne weiteres erkennbare rechtsextremistische Grundhaltung der Parteiwird vor allem an den ihr zurechenbaren Äußerungen führender Funktionäre sowie am Inhalt ihrer publizistischen Sprachrohre deutlich, die im Verlag des Bundesvorsitzenden Dr. Frey erscheinen. Diese lassen durchwegs kein systematisiertes weltanschauliches und ideologisches Konzept erkennen, sondern greifen regelmäßig Tagesthemen auf, die sie den von ihnen langjährig entwickelten Feindbildern wie etwa den "unverschämten" Polen, den "erpresserischen" Juden oder den "kriminellen" Ausländern zuordnen. Einen Agitationsschwerpunkt der letzten Jahre bildeten nationalistisch und rassistisch geprägte Kampagnen, die sich vor allem gegen Asylbewerber und sonstige Minderheiten richteten. So warnte die Partei vor einer angeblich drohenden "Umvolkung" durch eine "Invasion Hunderttausender von Zigeunern" und äußerte, die "aufreizend dilatorische Behandlung der Asylantenfrage" könne nur als "Bestandteil einer bewußten Ausrottungspolitik" gewertet werden. Zwar verurteilte sie die fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Rostock und 26 den Brandanschlag in Mölln; zugleich erklärte sie aber, sie könne "die wahren Ursachen der schrecklichen Misere nicht minimalisieren" oder vertuschen: Die Politiker der "alten Parteien in Bonn" hätten "auf der ganzen Linie völlig versagt" und ließen es zu, daß ein immer gigantischer anschwellender Strom von "zumeist kriminellen" Ausländern sich über die Bundesrepublik Deutschland ergieße. Polizisten müßten sich "für eine völlig irrsinnige Asylpolitik der Regierung verheizen lassen". Immer mehr der "auf den Straßen herumlungernden" Jugendlichen, in denen sich Wut und Verachtung angestaut hätten-, versuchten "Selbstjustiz" zu üben und Politik zu machen und gerieten dabei außer Rand und Band. Es wäre wahrscheinlich eine lehrreiche Methode, ein "Zigeunerlager" mitten in der Bonner "Regierungsoase" oder in einem Politikerwohnviertel aufzuschlagen. Auf diese Weise könnten unsere "hochnäsigen Volksvertreter" einmal hautnah erleben, was es heiße, mit "höchst unerwünschten Ausländern" auf engstem Raum zusammenleben zu müssen. Das deutsche Volk sei nicht bereit, die "galoppierende Invasion, vor allem von Zigeunern" sowie die mit "Scheinasylantentum" verbundenen Lasten von jährlich "mehr als 15 Milliarden Mark" hinzunehmen. Diese massive fremdenfeindliche Agitation steht im Gegensatz zur verbalen Distanzierung der Partei von Gewaltaktionen gegen Ausländer und erweckt den Eindruck, fremdländische Zuwanderer seien fast alle - mit Ausnahme der Aussiedler - Asylbetrüger, Kriminelle und Schmarotzer. Die Art und Weise, wie die DVU vor "Überfremdung" warnt - besonders deutlich am Beispiel der Sinti und Roma - zeugt von einer diskriminierenden, latent rassistischen ausländerfeindlichen Haltung. Die zunehmend subtiler gewordene Agitationsmethodik der DVU vermied offenen Antisemitismus; gleichwohl waren ihre Aussagen zu den Themen "Juden" und "Israel" durchweg negativ geprägt, verbunden mit einer starken Personalisierung der darin enthaltenen Vorwürfe. Den verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland bezichtigte die DVU, er habe sich "ganz und gar darauf konzentriert, das deutsche Volk Generation um Generation auf der Anklagebank zu halten". Ferner kritisierte sie die "Kniefälle bundesdeutscher Politiker vor immer neuen jüdischen Forderungen", die stets nur "neue Begehrlichkeiten und Unverschämtheiten gegenüber Deutschland" auslösten, und behauptete, der Jüdische Weltkongreß habe noch Ende November 1989 hochrangige Vertreter nach Ost-Berlin entsandt, die "dort mit aller Macht gegen die deutsche Einheit intrigierten". NS-Apologie Einen weiteren Agitationsschwerpunkt bildeten Versuche, die NSZeit durch Relativierung von NS-Verbrechen zu verharmlosen. So äußerte die Partei, die "antideutsche" KZ-Gedenkstätte in Auschwitz habe mit der inzwischen auf einer Gedenktafel getilgten "Propagandazahl von vier Millionen Ermordeten" jahrzehntelang deutsche Schuld "überzogen und aufgebauscht" dargestellt. Wiederholt verwies sie auf "juristisch ungesühnte und zeitgeschichtlich nicht hinreichend aufgearbeitete Holocaust-Verbrechen der Sie- 27 germächte" und behauptete, der alliierte Luftangriff auf Dresden im Februar 1945 sei das "ungeheuerlichste Massaker in der Weltgeschichte" und ein "einzigartiges Verbrechen des Völkermords" gewesen. Seitdem sei das deutsche Volk "einer in der Weltgeschichte einzigartigen Umerziehung unterzogen" worden. Während führende deutsche Politiker ständig an deutsche Untaten erinnerten, fänden sogar "die ungeheuerlichsten und bisher nie dagewesenen Massenmorde am deutschen Volk keine Erwähnung" und führten "erst recht zu keinem Zeremoniell und zu keiner Gedenkstätte". Selbst wenn alle gegen Deutschland gerichteten Vorwürfe zutreffen sollten, gingen 90 % aller im 20. Jahrhundert begangenen "KZ-Schurkereien" auf das Konto anderer. Andere jedoch dächten keineswegs an "Bewältigung" in eigener Sache, sondern klagten unverfroren unser Volk an. Ein Hauptziel der Agitation war wie bisher das wesentlich auf der Diffamierung Mitwirkung der Parteien beruhende politische System der Bundesdemokratischer republik Deutschland. So kritisierte die DVU die angeblich durch Institutionen eine "unselige Allianz notorischer Versager" verursachte "Mißwirtschaft des Bonner Machtkartells" und wandte sich gegen die "Steuergeld-Verprassung durch unsere Polit-Bonzen". Sie bezeichnete demokratische Politiker und Parteien als "Klüngel von Absahnern und Selbstbedienem", forderte die schleunige Ablösung der "Bonner Bonzokratie" und behauptete, die "Cliquen unserer Bonner Oligarchie" setzten sich über die elementarsten Spielregeln der Demokratie kaltlächelnd hinweg. Seit vielen Jahren werde die deutsche Bevölkerung "mit endlosen und zumeist sinnlosen, ja widersinnigen Debatten unfähiger und gescheiterter Politiker der Altparteien hinters Licht zu führen versucht". Die Etablierten könnten oder wollten nicht einmal mehr verhindern, daß dieses Land immer mehr geradezu anarchistischen Zuständen entgegentreibe. Aufgrund der Unfähigkeit der "abgewirtschafteten" Volksvertreter und "akkreditierten Totengräber Deutschlands" werde "systematisch unsere nationale Existenz unterminiert". Nahezu alle maßgeblichen Politiker übten mit ihren Versuchen, das "Grundgesetz noch in diesem Jahr in sein Gegenteil zu verkehren", "Verrat an Deutschland". Die "abgeschafften Bonzen quer durch alle Altparteien" betrieben in einer "infernalischen Lust am Untergang" ungerührt den "Totalausverkauf des Landes". Unser "trauriges Bonner Establishment" habe den "blödsinnigen Ehrgeiz", Deutschland "unter Preisgabe all seiner Souveränitätsrechte völlig aus dem Verkehr zu ziehen". 3.2 Organisation Die DVU wurde am 5. März 1987 in München unter maßgeblicher Beteiligung von Mitgliedern und Funktionären der NPD und der bereits seit 1971 bestehenden "überparteilichen" Deutschen Volksunion e.V. (DVU) gegründet. Sie zählte Ende 1992 einschließlich der drei Jahre zuvor nach einer Satzungsänderung übernommenen Angehörigen des gleichnamigen Vereins nach 28 Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bundesweit über 25.000 (1991: 24.000) Mitglieder, davon wie im Vorjahr etwa 3.100,in Bayern, und hat damit wieder den Höchststand des Jahres 1989 erreicht. Diese Entwicklung ist maßgeblich auf den fortschreitenden organisatorischen Aufbau in den neuen Ländern zurückzuführen. Bundesvorsitzender ist der Verleger Dr. Gerhard Frey aus München. Seine Stellvertreter sind Peter Jürgensen aus BadenWürttemberg und Gerhard Wilke aus Niedersachsen. Ende 1992 verfügte die Partei über 15 Landesverbände. Die, Mitglieder in Berlin und Brandenburg sind im Landesverband Berlin-Brandenburg zusammengefaßt. In Bayern bestehen die Bezirksverbände Oberbayern, Niederbayern, Mittelfranken, Oberpfalz und Schwaben sowie 15 Kreisverbände und vier Ortsverbände in München. Im Verlag des Parteivorsitzenden erscheinen die "Deutsche Natio-, nal-Zeitung" (DNZ) und die teilweise inhaltsgleiche "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ); letztere führt im Untertitel noch die Bezeichnung des Ende 1990 eingestellten "Deutschen Anzeigers" (DA). Beide Wochenzeitungen fungieren als Werbeträger und publizistische Sprachrohre sowohl der Partei als auch des gleichnamigen eingetragenen Vereins. Publizistische Sprachrohre der DVU Millionen Morde erfunden So werden die Deutschen belastet i s m Deutsche National+Zeitung R 22g5 c nZiiLiTZ? * ****** freiheitlich" unabhängig "Überparteilich "".." D"M, ",, <^^F Mafia erobert Deutschland Das neue Verbrecher-Paradies (seiteej Dmtft()eIDoci)En3ettung *I^HHMBM 2343 c FÜR NATIONALE POLITIK * KULTUR UND WIRTSCHAFT Die Zigeuner-Invasion Defizitäre Die finanzielle Lage der Partei ist nach wie vor durch eine hohe Finanzlage Verschuldung gekennzeichnet. Nach dem Rechenschaftsbericht für 1991 blieben die Einnahmen um rund acht Millionen Mark hinter den Ausgaben zurück. Das durch die Teilnahme an der Europawahl 1989 entstandene Defizit hat sich damit beträchtlich erhöht. 3.3 Wahlbeteiligung Entsprechend einer 1991 nach der Bremer Bürgerschaftswahl getroffenen Übereinkunft kandidierte die DVU mit Unterstützung der NPD bei der Landtagswahl am 5. April in Schleswig-Holstein. Sie erzielte einen Stimmenanteil von 6,3 Prozent und entsandte damit sechs Abgeordnete in den Landtag. Der Parteivorsitzende Dr. Frey kommentierte diesen Erfolg als "Durchbruch einer Politik, die in buchstäblich letzter Minute das deutsche Volk vor dem Untergang bewahren" wolle. Zugleich kündigte er an, die DVU werde 1994 sowohl an allen Landtagswahlen als auch an der Bundestagsund Europawahl teilnehmen, und dabei mit niemandem zusammenarbeiten. Im Ergebnis hat er damit die bisherige Kooperation mit der NPD bei Wahlen aufgekündigt. 3.4 Sonstige Aktivitäten Unter dem Motto "Deutschland, Deutschland über alles" führte die DVU am 14. März in der Passauer Nibelungenhalle ihre alljährliche Großkundgebung durch. Unter den rund 3.500 Besuchern befanden sich auch Gäste aus Österreich sowie Abordnungen aus Oberschlesien und Südtirol. Der Bundesvorsitzende Dr. Frey betonte in seiner Rede zum Thema "Völkerverständigung durch Ausländerbegrenzung", daß die DVU "alles andere als ausländerfeindlich", sondern vielmehr "deutschfreundlich" sei. Während Millionen Deutsche am Rande des Existenzminimums lebten, erhielten "Scheinasylanten jährlich Vergünstigungen von bald 15 Milliarden Mark". Die deutsche Politik müsse "endlich deutsche Lebensinteressen vorrangig behandeln". Am 22. November hielt die DVU in München ihren Bundesparteitag ab. In einer Entschließung wandte sich.der Parteitag gegen den "Mißbrauch des Asylrechts und den Zustrom Hunderttausender Scheinasylanten und illegaler Einwanderer"; zugleich verurteilte er "jedwede Form von Haß auf Ausländer wie Inländer", wie er sich insbesondere in "Rechtsbrüchen" manifestiere. Die Mitglieder billigten ferner einen am Vortag vom Bundesvorstand erneuerten Unvereinbarkeitsbeschluß, der im wesentlichen eine Distanzierung von anderen extremistischen, insbesondere neonazistischen Gruppen und Einzelpersonen einschließlich der Skinheads zum Inhalt hat. 4. Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 4.1 Ideologie und Organisation Der eingetragene Verein DVU entspricht ideologisch der gleichnaÜbereinstimmung migen Partei. Er wurde im Jahre 1971 in München als Auffangmit der DVU becken für ehemalige NPD-Anhänger gegründet. Nach seiner Sat(Partei) zung haben die Mitglieder außer der Zahlung monatlicher Beiträge keine weiteren Verpflichtungen. Der Verein zählt derzeit im Bundesgebiet zusammen mit seinen Aktionsgemeinschaften nach Erkenntnissen der Verfassungs- 30 Schutzbehörden wie im Vorjahr rund 11.500 Mitglieder, davon etwa 2.100 in Bayern. Bundesvorsitzender ist Dr. Gerhard Frey. Seit der Gründung der DVU als Partei entwickelt der Verein kaum mehr Integration in eigene Initiativen. Nach einer Ende 1988 beschlossenen Satdie DVU (Partei) zungsänderung gehören die über 16 Jahre alten Vereinsmitglieder zugleich der Partei an, sofern sie nicht widersprechen. Dadurch sollten offensichtlich die Unterschiede zwischen Verein und Partei verwischt und der Öffentlichkeit und potentiellen Interessenten eine steile Aufwärtsentwicklung der Partei suggeriert werden. 4.2 Aktionsgemeinschaften der DVU Die vom Verein geschaffenen Aktionsgemeinschaften, deren Mitgliedsbeiträge attraktiv niedrig gehalten werden, sind integrierte Bestandteile des Vereins. Ihre Veröffentlichungen erscheinen fast ausschließlich in den "national-freiheitlichen" Wochenblättern von Dr. Frey. Der Beitritt zu einer Aktionsgemeinschaft begründet kraft Satzung gleichzeitig die Mitgliedschaft im Verein. Die Anziehungskraft und Gefährlichkeit dieser Propagandainstrumente beruht insbesondere darauf, daß sich ihre Aussagen nur auf Teilbereiche rechtsextremistischer Agitation beziehen und bei isolierter Betrachtungsweise vielfach nicht erkennen lassen, welche Grundhaltung hinter anscheinend unverfänglichen, auch Nichtextremisten vermittelbaren Forderungen wie z.B. "Schutz der deutschen Kultur" steht. Wie im Vorjahr traten die sechs Aktionsgemeinschaften mit eigenständigen Aktionen kaum an die Öffentlichkeit. Werbeanzeige der DVU und ihrer AktionsgemeinFür Deutschlands Rechte schaften (Auszug) DEUTSCHE VOLKSUNION e. V. (DVU) Vereinigung der verfassungstreuen Rechten und freiheitlichen Mitte (Vorsitzender Dr. Gerhard Frey) Initiative für Ausländerbegrenzung (I. f. A.) verteidigt den deutschen Charakter Deutschtands Ehrenbund Rudel Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten Aktion Oder-Neiße (AKON) setzt sich für ein deutsches Deutschland in gerechten Grenzen ein Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) will die Interessen des deutschen Volkes bei diesen Medien durchsetzen Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur kämpft für den Erhalt des Lebens und der Heimat Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) arbeitet für ein Ende der Kriegsverbrecherprozesse gegen Besiegte des II. Weltkrieges 5. Deutsche Liga für Volk und Heimat (Deutsche Liga) 5.1 Ideologisch-politischer Standort Die Deutsche Liga versteht sich als Sammlungsbewegung aller "rechten" Parteien und wirbt für den Zusammenschluß "nationaler" Parteien und Verbände zu einer gemeinsamen Wahlpartei, um auf 31 diese Weise alle "rechten" Kräfte zu bündeln. Sie möchte die .Gegensätze unter Gleichgesinnten" überwinden, eine "gemeinsame Front zur Durchsetzung nationaler Interessen" bilden und zur Bildung einer "Einheitsliste" beitragen, der ihren Vorstellungen zufolge neben der NPD und der DVU auch die Partei "Die Republikaner" angehören soll. Die Partei bekennt sich zwar formal zur "Demokratie" und zum "pluralistischen Rechtsstaat". Ihr bewußt zurückhaltend formuliertes Parteiprogramm enthält gleichwohl Indizien für eine nationalistische, rassistische und völkisch-kollektivistische Grundhaltung, die den Vorrang der in den Grundrechten konkretisierten Menschenrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) und das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG) in Frage stellt. Die Berührungspunkte zum rechtsextremistischen Gedankengut insbesondere der NPD sind offensichtlich. So wendet sich die Partei gegen die "in wesentlichen Fragen unseres nationalen Lebens verfehlte Politik der Bonner Lizenzparteien". Sie lehnt ferner "Gleichmacherei, Überfremdung und Bevormundung" ab, bekennt sich zur "Völkervielfalt" und betont die "Eingebundenheit des Menschen in Volk und Heimat" sowie die "Unterschiedlichkeit der Flugblatt der Deutschen Liga ASYLBETRÜGER MIIS DEUTSCHE LIGA FÜR VOLK UND HEIMAT *^ W^l m 32 Menschen und Nationen". Folgerichtig läßt sie auch eine nationalistisch motivierte fremdenfeindliche Grundtendenz erkennen. Nach Auffassung der Deutschen Liga beabsichtigen die "Altparteierr", Deutschland als Nationalstaat abzuschaffen und die Deutschen in einem durch "Millionenmassen von Einwanderern" angereicherten "europäischen Völkereintopf" zu "verrühren"; ihre Handlungsfähigkeit habe sich "in Jahren der stillschweigenden Überfremdung verschlissen". Außerdem fordert die Partei eine wahrheitsgemäße Geschichtsschreibung, die sich nicht für "Kollektivschuldthesen und andere politische Manipulationen mißbrauchen" lasse; Vergangenheitsbewältigung und Wiedergutmachung dürften nicht zur "politischen Erpressung" führen. Die Partei versucht damit offenbar eine Relativierung der NS-Verbrechen. Die extremistische Zielsetzung der Partei wird durch die personelle Zusammensetzung der Führungsspitze bestätigt. Der Bundesvorstand besteht - ebenso wie der bayerische Landesvorstand - etwa zur Hälfte aus Personen mit rechtsextremistischer Vergangenheit, zum Teil in maßgebenden Positionen, die bisher nicht erkennen ließen, daß sie ihre frühere politische Überzeugung geändert hätten und nunmehr demokratische Positionen anstrebten. 5.2 Organisation Die am 3. Oktober 1991 in Villingen-Schwenningen (SchwarzwaldBaar-Kreis) gegründete Deutsche Liga zählte Ende 1992 wie im Vorjahr bundesweit rund 800 Mitglieder, davon etwa 200 (1991: 70) in Bayern. An der Spitze der Partei stehen drei gleichberechtigte Vorsitzende, darunter die bekannten Rechtsextremisten Harald Neubauer (früher: NPD, DNZ) und Jürgen Schützinger (früher: NPD). Das Parteiorgan "Deutsche Rundschau" erscheint im "RVGVerlag" in Landshut. Landesverbände bestehen mittlerweile in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin-Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein; der organisatorische Aufbau, verläuft aber nach wie vor schleppend. Vorsitzender des Landesverbandes Bayern ist der Generalsekretär der Partei Franz Glasauer. Seit der Gründung des Bezirksverbands Oberpfalz im November 1991 wurden inzwischen in Oberbayern sowie in Ober-, Mittelund Unterfranken weitere Bezirksverbände errichtet, die in zahlreiche Kreisverbände gegliedert sind. 5.3 Aktivitäten Bei ihrer erstmaligen Wahlbeteiligung erzielte die Deutsche Liga am 5. April bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg einen Stimmenanteil von 0,5 Prozent, ein für sie enttäuschendes Ergebnis. Ihre Bemühungen um Etablierung im rechtsextremistischen Spektrum erlitten damit einen deutlichen Rückschlag. Um die von ihr propagierte Vereinigung der "demokratischen Rechten" nicht zu behindern, will sich die Partei nach einem Beschluß des Bun- 33 desvorstands vom Juli 1992 nur dann auf eine eigenständige Teilnahme an der Europawahl 1994 vorbereiten, wenn es nicht gelingt, rechtzeitig ein "Bündnis der demokratischen Rechten" zu bewirken. Diese Initiative hat bisher im rechtsextremistischen Lager keine Resonanz gefunden. Dort wird die Deutsche Liga als Vehikel fortschreitender organisatorischer Zersplitterung betrachtet und deshalb heftig .bekämpft. Sie ist jetzt noch mehr isoliert als im Vorjahr, obwohl führende Funktionäre auf dem Bundeskongreß am 3- Oktober in Köln vehement für die "Einigkeit der deutschen Rechten" warben. In der seit Oktober 1992 vom Landesverband Bayern herausgegebenen Publikation "Bayerninfo" hieß es in einem Kommentar zu den Rostocker Krawallen unter der Überschrift "Politisches Mittelmaß und Bürgerzorn", angesichts der seit Jahren versäumten Schritte zur Beseitigung eines offensichtlichen und ausufernden Mißstands sei die Radikalisierung und die ohnmächtige Wut der an sich friedfertigen Bevölkerung verständlich. Wo die geradezu grotesken Bemühungen, über Gebühr ausländerbzw. asylantenfreundlich zu sein, in eine bürgerfeindliche Politik umschlügen, richte sich der Zorn gegen die Nutznießer dieser Politik. Die Deutschen seien keineswegs ausländerfeindlich; abgelehnt würden freilich "die Wirtschaftsflüchtlinge aus dem Balkan, Vorderen Orient und Afrika, die sich über unsere institutionalisierte Dummheit vor Lachen auf den gefüllten Bauch schlagen und zunehmend wie Besatzer auftreten". Unsere Politiker seien offenbar unfähig, essentielle Probleme zugunsten des eigenen Volkes zu lösen. Wenn das Volk aber bei der Obrigkeit kein Gehör mehr finde und seine Interessen dort nicht mehr vertreten sehe, gehe es "auf die Straße - dorthin, wo die Pflastersteine sind". APO, Autonome und andere linke Gruppen hätten dies bereits erfolgreich praktiziert. Wenn die "unter der Belästigung durch Asylanten leidende" Bevölkerung erst einmal das "Rostocker Rezept" voll begriffen habe, werde der "Spuk" spektakulär enden. 6. Neonazistische Organisationen und Aktivitäten 6.1 Allgemeines Die Zahl der Neonazis im Bundesgebiet ist gegenüber 1991 von rund 1.700 auf 1.900 gestiegen; darunter befinden sich wie im Vorjahr etwa 220 in Bayern. Etwa 1.700 (1991 : 1.500) von ihnen sind den neonazistischen Organisationen als Mitglieder zuzurechnen, davon rund 200 in Bayern. Mit eingerechnet sind dabei auch die Angehörigen der Ende 1992 verbotenen Neonazigruppen Nationalistische Front (NF), Deutsche Alternative (DA) und Nationale Offensive (NO). Die Zahl der "Einzelgänger", die durch neonazistische Aktivitäten in Erscheinung traten, ohne sich an eine bestimmte Gruppe zu binden, betrug wie im Vorjahr rund 200, davon etwa 20 in Bayern. Die 33 (1991: 30) erkannten neonazistischen Zusammenschlüsse im Bundesgebiet sind zum Teil lose Gesinnungsund Kampfkader, deren Anhänger sich teilweise 34 auch in anderen Gruppen engagieren. Klare organisatorische Strukturen sind oft nicht erkennbar; regelmäßig dominiert jedoch ein "Führer", von dem auch der Bestand der Gruppe abhängt. AgitationsDie Agitation der organisierten Neonazis richtet sich insbesondere schwerpunkte gegen die vom Grundgesetz garantierte Menschenwürde, das Demokratieprinzip und den Gleichheitsgrundsatz. Sie ist vor allem durch Bestrebungen zur Wiedereinführung des NS-Systems, unverhohlenen Antisemitismus und sonstigen Rassismus, Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie durch Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur gekennzeichnet. Militante fremdenfeindliche Aktionen belegen eine massive Ablehnung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots. Teilweise ist auch eine Orientierung an der nationalrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus zu beobachten. Eine geistige Durchdringung der eigenen Ziele und Methoden findet kaum statt. Die Auseinandersetzung mit den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen beschränkt sich meist auf die kritiklose Übernahme von Parolen der ehemaligen NSDAP. Gewaltbereitschaft Gewalt wird emotional bejaht und angewendet. In neonazistische Aktivitäten sind neben Skinheads häufig auch andere militante Rechtsextremisten eingebunden. Der überwiegende Teil der Skinheads, der eine zumindest unterschwellig von rassistischer Ausländerfeindlichkeit und übersteigertem Nationalbewußtsein geprägte Einstellung aufweist, ist wie bisher dem unorganisierten Neonazismus zuzurechnen. Im Zuge der allgemeinen politischen Mobilisierung gegen den Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland wurden Rechtsextremisten neuerdings verstärkt das Ziel von Gewaltaktionen linksextremistischer Gruppierungen, insbesondere von "Autonomen", die auf diese Weise den "antifaschistischen Kampf" beleben wollen. Als Reaktion darauf betrieb das neonazistische SpekAnti-Antifatrum die Gründung einer "Anti-Antifa-Bewegung". Bayerische Bewegung Neonazis planen als Zeichen einer gemeinsamen "Anti-AntifaArbeit" die Installation von "Anti-Antifa-Telefonen". Außerdem ist die Errichtung eines zentralen Archivs beabsichtigt, in dem personenbezogene Daten sowie Filme und Filmdokumente "Linker" archiviert werden sollen. 6.2 Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front (GdNF) Die von dem führenden Neonazi Michael Kühnen initiierte GdNF setzte die Bestrebungen der Ende 1983 vom Bundesminister des Innern verbotenen neonazistischen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) fort. Ziel der weitgehend strukturlosen Gruppierung war die Neugründung der NSDAP und die Errichtung eines "Vierten Reiches". "Politischer Arm" der GdNF war die auf Betreiben Kühnens im Mai 1989 in Bremen als bundesweite "nationale Protestpartei" gegründete "Deutsche Alternative" (DA), die zuletzt rund 350 Mitglieder zählte. Nach Kühnens Tod am 25. April 1991 galt zunächst der österreichische Neonazi 35 Gottfried Küssel als Nachfolger. Dieser .sah sich aber wegen seines Auftretens zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Auch war er seit seiner im Januar 1992 in Wien erfolgten Verhaftung an seinen Aktionsund Reisevorhaben gehindert. Als treibende Kraft insbesondere bei der Ausrichtung überregionaler Veranstaltungen erwies sich zunehmend der Hamburger Neonazi und Funktionär der "Nationalen Liste" (NL) Christian Worch. Seit Kühnens Ableben zeigte sich indes immer deutlicher, daß die GdNF nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form als bundesweit Neuformierung zentral gesteuerte Gruppierung fortbesteht. So haben die Anhänder GdNF ger der GdNF seit Mitte 1991 mit der Gründung eigenständiger Landesorganisationen begonnen. Solche regionalen Gruppierungen entstanden mittlerweile in Baden-Württemberg, Bayern (vgl. Nr. 6.4), Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen. Dadurch sollten die früher bundesweit aktive "Deutsche Alternative" (DA) abgelöst und staatliche Verbote erschwert werden. Mit Verfügung vom 8. Dezember verbot der Bundesminister des Verbot der Innern die extrem ausländerfeindlich eingestellte DA, die in Wort Deutschen und Tat Persönlichkeiten des Dritten Reiches verherrlichte und Alternative programmatisch in vielen Punkten der NSDAP entsprach. Der Schwerpunkt der am 10. Dezember in zwölf Ländern durchgeführten Exekutivmaßnahmen lag in Brandenburg, dem Aktionszentrum der DA. In Bayern beschlagnahmte die Polizei bei drei DA-Aktivisten in Hof und München u. a. eine Schreckschußwaffe, Musikund Videokassetten, Büround Funkgeräte sowie umfangreiches Schriftund Propagandamaterial. Über die Klage der DA gegen das Verbot hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden; die Anordnung des Sofortvollzugs wurde jedoch bestätigt. 6.3 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) In ihrem Programm "Unser Weg in das neue Jahrtausend" propaIdeologische giert die FAP den "völkischen Sozialismus" und orientiert sich mit Orientierung Parolen wie "Europäischer Gemeinnutz geht vor europäischem an der NSDAP Eigennutz" in kaum verhüllter Weise an Grundzügen des NSDAPProgramms vom 24. Februar 1920. So fordert sie eine "gesetzliche Kontrolle der Zinswirtschaft", um das "mühelose Einkommen" der Unternehmer, Aktionäre und Banken zu begrenzen, und vertritt die Auffassung, der "Schaffende" als "wichtigster Faktor innerhalb der Volkswirtschaft" verdiene mehr Anerkennung. Soziale Probleme sollten nach Vorstellung der FAP durch "Gemeinschaftssinn statt Klassenkampf und Ausbeutung", insbesondere durch eine "Mitbeteiligung des Arbeiters" am Betriebskapital und den Produktionsmitteln, gelöst werden; "Gemeinschaftsschädlinge" seien "nötigenfalls durch Enteignung" zur Verantwortung zu ziehen. Der Arbeitslosigkeit will die FAP mit einem "Arbeitsund Sozialdienst" begegnen. Ferner wendet sie sich gegen eine angeblich drohende "massive Völkervermischung" und tritt für eine "Ausländerrückführung nach Volksabstimmung" sowie für einen 36 strikten "Einwanderungsstop für Ausländer" ein. Die Stunde habe geschlagen, da "das ganze schaffende Deutschland die marxisti-' sehen Lumpen und Gauner sowie die Unterwerfungslakaien und Verfassungsverächter aller Schattierungen von sich schütteln" und sich wieder in der "Volksgemeinschaft eines freiheitlichen, antiimperialistischen und klassenlosen Volksstaates" zusammenfinden müsse. Organisation Die 1979 von Martin Pape gegründete FAP war bis 1983 eine völlig unbedeutende Partei. Anfang 1984 begannen Anhänger der im Dezember 1983 verbotenen ANS/NA, die FAP zu unterwandern und für ihre Ziele umzufunktionieren. Die Partei nahm sodann seit 1986 eine von heftigen internen Differenzen gekennzeichnete Entwicklung. Aus den Flügelkämpfen zwischen Anhängern des seit 1988 amtierenden FAP-Vorsitzenden Friedhelm Busse und seines internen Widersachers Jürgen Mosler ging Busse im März 1990 als Sieger hervor. Nach einer längeren, insbesondere durch Führungsschwächen bedingten Rezessionsphase konnte die FAP ihre organisatorischen Strukturen mittlerweile etwas festigen. Sie zählt bundesweit wie im Vorjahr rund 150 Mitglieder, davon etwa 15 (1991: 20) in Bayern. Aktive Landesverbände bestehen in Berlin, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Einzige aktive Untergliederung in Bayern ist der Kreisverband Aschaffenburg. Auf dem Bundesparteitag am 14. März in Obersdorf/Brandenburg versuchte Busse eine Reaktivierung des Landesverbandes Bayern; zu dessen Vorsitzenden wurde der Neonazi Falco Schüßler aus Aschaffenburg berufen. Geringe Mitglieder und Sympathisanten der FAP aus dem Raum AschafAktivitäten fenburg beteiligten sich am 8. Februar in Bonn an einer Protestkundgebung der FAP gegen die Ausweisung des Vorsitzenden des FAP-Landesverbandes Niedersachsen Karl Polacek. Der militante österreichische Neonazi war am 22. Januar nach Österreich abgeschoben worden. In Bayern beschränkte sich das Auftreten der FAP auf gelegentliche Propagandaaktionen und interne Zusammenkünfte. 6.4 Nationaler Block (NB)* Dürftiges Der NB fordert eine "Gemeinschaft aller Deutschen" und die Programm mit Errichtung eines "Deutschen Reiches" unter Einschluß aller eheverdeckter mals "von deutscher Mehrheit besiedelten Gebiete" auf der neonazistischer Grundlage des "Selbstbestimmungsrechts der Völker". Diese Ziele Zielsetzung erinnern an Punkt 1 des NSDAP-Programms vom 24. 'Februar 1920. Sie lassen in der darin zum Ausdruck kommenden mangelnden Distanz zur nationalsozialistischen Gewaltherrschaft eine tendenzielle Ablehnung der auf Ausgleich und Völkerverständigung angelegten verfassungsmäßigen Grundordnung (vgl. Art. 9 und .26 GG) erkennen. Dies ergibt sich auch aus der offenbar auf * Inzwischen mit Verfügung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 07.06.1993 verboten 37 Aufkleber des NB Rasant, rasant Herr Asylant! Am 31.12 ist Abschiebetag! Vüd.P: NATIONALER BLOCK (NB) NATIONALER BLOCK (NB) Postlach 121 POSTFACH 12! VV6380 Landau/Sar W-8380 LANDAU/ISAR eine Rehabilitierung des Nationalsozialismus zielenden Forderung nach der "Entwicklung eines Revisionismus, der mit der vorherrschenden Geschichtsschreibung bricht und neu deutet". Nach Vorstellung des NB hat die Wirtschaft "dem Volke zu dienen". Deutsche Arbeitsplätze seien für deutsche Arbeiter bestimmt; "Fremdarbeiter und Wirtschaftsflüchtlinge" seien "in ihre Heimatländer zurückzuführen". Die verfassungsfeindliche rassistischnationalistische Motivation für diese Bestrebungen ergibt sich aus Flugblättern, in denen der NB bat, ihn im Kampf gegen "Antifa, Autonome, Punks, Sharps*, Fremdlinge und sonstiges Ungeziefer" zu unterstützen, damit man als "Patriot" nicht mehr von solchen "Elementen" diskriminiert und terrorisiert werde. Parolen mit diffamierenden Unterstellungen wie " Keine Ausländer = weniger Verbrechen" weisen in dieselbe Richtung. Ferner propagiert der NB die "Erhaltung des deutschen Volkes" und die Erziehung der deutschen Jugend zur "Pflichterfüllung in der Gemeinschaft des deutschen Volkes". Als weiteres Ziel erstrebt er die Wiedereinführung der Todesstrafe für Kindermord, Rauschgifthandel und Landesverrat. Der am 6. Juli 1991 von Anhängern der neonazistischen GdNF in Organisation München gegründete NB versteht sich nach eigenen Angaben als eine auf Bayern beschränkte Organisation. Vorsitzender ist der ehemalige "Bereichsleiter Süd" der GdNF Manfred Eichner aus München. Dem NB gehören etwa 35 (1991:40) Aktivisten an. Kreisverbände bestehen in Kronach, Landau a.d. Isar, München, Passau und Straubing. * Abkürzung, für die linksgerichteten "Skinheads against racial prejudice" (Skinheads gegen rassistische Vorurteile) 38 Aktivitäten Entsprechend seiner neonazistischen Grundhaltung veranstaltete der NB am 1. Februar in München eine Solidaritätskundgebung für zwei am 7. Januar in Wien wegen "Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne" festgenommene Neonazis. Dabei handelte es sich um den österreichischen NS-Aktivisten Gottfried Küssel, der in einem Fernsehinterview für die Wiederzulassung der NSDAP in Österreich eingetreten war, sowie um einen deutschen Gesinnungsgenossen aus München. Die rund 50 Teilnehmer der Kundgebung zogen in einem Schweigemarsch zum österreichischen Generalkonsulat und forderten dort auf Plakaten "Freiheit für alle nationalen Gefangenen". ExekutivDie Stadt Passau untersagte eine für den 5. Dezember angemelmaßnahmen dete Kundgebung des NB zum Thema "Europa auf dem Weg zur amerikanischen Subkultur". Die Verbotsverfügung stützte sich insbesondere auf die Prognose, daß der Veranstalter einen gewalttätigen Verlauf des Aufzugs plane und eine "offene Schlacht mit den Linken" suche. So hatten im Vorfeld der Versammlung verbreitete Flugblätter des "Nationalen Blocks Passau" Parolen wie "Antifa verscheuchen - Umwelt entseuchen" und "Was !!! In Passau gibt's noch Rotfront ?!? Aber nicht mehr lange ..." enthalten. Eine für denselben Tag als "Julfeier" angekündigte Ersatzveranstaltung in Straubing wurde ebenfalls untersagt. Die Polizei verhinderte die Durchführung der verbotenen Versammlungen und nahm am 5. Dezember in Raum Passau und Straubing 15 Personen, darunter den als Hauptredner angekündigten Hamburger Neonazi Christian Worch, vorübergehend in Gewahrsam. Bei Personenkontrollen konnten Schlagwerkzeuge, eine Schreckschußpistole, eine Sturmhaube, ein Tränengasstift und Gegenstände mit NSSymbolen sichergestellt werden. 6.5 Nationalistische Front (NF) Orientierung an Die inzwischen verbotene nationalrevolutionäre NF propagierte der Frühform des das Gedankengut des insbesondere von den Gebrüdern Strasser Nationalsozialismus repräsentierten "linken Flügels" der NSDAP vor 1933. Ziel der NF war die Errichtung eines "Volksstaates" mit Hilfe einer "antimaterialistischen Kulturrevolution" und einer "antikapitalistischen Sozialrevolution"; Die NF bezeichnete die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland als das "unmenschlichste System, welches je auf deutschem Boden existiert hat". Sie warnte vor dem angeblich drohenden "biologischen und kulturellen Volkstod", verurteilte die Ausländerpolitik der Bundesregierung als "aggressive Integrationspolitik auf Kosten unseres Volkes und seiner Nachkommen" und forderte die "schrittweise Rückführung aller Ausländer innerhalb von drei Jahren, die nicht im weitesten Sinne dem mitteleuropäischen Kulturraum zuzurechnen sind". Ferner stellte sie mit Forderungen wie "Schluß mit den Holocaustvorwürfen" und "Macht Schluß mit Schwindel und Heuchelei" die an Juden begangenen NS-Verbrechen in Frage. 39 Die NF wurde am 16. November 1985 in Steinhagen/NordrheinOrganisation Westfalen gegründet. Sie zählte zuletzt bundesweit rund 130 Mitglieder, davon etwa 20 in Bayern. Als erste bayerische Untergliederung konstituierte sich im April 1992 ein Kreisverband in Kelheim. Der Bundesvorsitzende Meinolf Schönborn war seit Frühjahr 1992 wegen seines Führungsstils und seiner Initiative zur Gründung des militanten "Nationalen Einsatzkommandos" (NEK) heftiger interner Kritik ausgesetzt. Anfang August bildete sich schließSpaltung der NF lich innerhalb der NF eine gegenüber dem Schönborn-Flügel oppositionelle Gruppe und wählte Schönborns bisherigen Stellvertreter Andreas Pohl zum Vorsitzenden eines alternativen Vorstands. Bei der Landratswahl am 20. September im Landkreis Kelheim Aktivitäten erreichte der NF-Kandidat Andreas Pohl mit 515 Stimmen einen Aufkleber der NF 40 Stimmenanteil von knapp 1,3 Prozent. Der Wahlkampf wurde mit Parolen wie "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus" geführt. Darüber hinaus trat die NF in Bayern durch Verbreitung von Propagandamaterial mit Aufschriften wie "Wir sind stolz, Deutsche zu sein", "Schutz des Lebens statt Schutz des Kapitals" und "Zwei Drittel unseres Volkes sind für Ausländer raus! Des i Volkes Wille ist unser Auftrag" in Erscheinung. ExekutivIn einem Ermittlungsverfahren wegen Verabredung der Gründung maßnahmen einer terroristischen Vereinigung durchsuchte die Polizei am 11. März in Bayern, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen die Wohnungen mehrerer NF-Aktivisten und stellte u. a. einen Computer mit zahlreichen Daten sowie umfangreiche schriftliche Unterlagen sicher. Die Neonazis hatten auf Initiative des NF-Vorsitzenden Schönborn Ende 1991 mit dem Aufbau eines "Nationalen Einsatzkommandos" (NEK) begonnen, das die "Aufstellung kadermäßig gegliederter hochmobiler Verbände" für den "politischen Kampf auf der Straße" sowie die "Planung und Koordinierung von überraschend durchgeführten zentralen Aktionen" vorbereiten und Veranstaltungen der NF gegen Aktionen von "Ausländerverbrecherbanden" und kriminellen "Linken" schützen sollte. Am 30. Juni fanden bei elf NF-Angehörigen weitere Durchsuchungen statt. Dabei konnte die Polizei neben umfangreichem Schriftmaterial auch Schußwaffen, Munition und Molotowcocktails sicherstellen. Strafverfahren Das Amtsgericht Cham verhängte am 3. Juli gegen zwei NF-Aktivisten Geldstrafen von 5.250 bzw. 1.500 DM wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Körperverletzung. Beide waren am 29. Juni 1991 bei dem verbotenen Revisionistentreffen der NF in Roding festgenommen worden, nachdem sie Polizeibeamte angegriffen und verletzt hatten. Verbot Mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 26. November stellte der Bundesminister des Innern fest, daß sich die NF gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und deshalb verboten sei. Er ordnete die Auflösung und die Einziehung des Vermögens an. Zur Begründung des Verbots führte der Bundesminister des Innern aus, die NF zeige nach ihrem Gesamtbild und ihrer Vorstellungswelt eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus. Ihre aggressiv-kämpferische Einstellung ziele darauf ab, die demokratische Grundordnung zu beseitigen. Insbesondere der Plan des NF-Bundesvorsitzenden Meinolf Schönborn zum Aufbau eines "Nationalen Einsatzkommandos" (NEK) demonstriere den militanten Charakter der Vereinigung. Im Vollzug des Verbots durchsuchte die Polizei am 27. November Wohnund Geschäftsräume von über 50 NF-Anhängern in zehn Ländern. Einen Schwerpunkt der Exekutivmaßnahmen bildete das NF-Zentrum in Detmold-Pivitsheide/Nordrhein-Westfalen. In Bayern beschlagnahmten die Einsatzkräfte bei acht Personen u. a. Schußwaffen, Munition, Musikund Videokassetten, einen Computer, ein Kopiergerät sowie umfangreiches Schriftund Propagandamaterial. 41 Gegen das Verbot hat die NF beim Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist; die Anordnung des Sofortvollzugs wurde jedoch durch das Gericht bestätigt. 6.6 Nationale Offensive (NO) Die Ende 1992 verbotene NO verstand sich als Auffangbecken für enttäuschte FAP-Anhänger, aber auch für Angehörige des übrigen rechtsextremistischen Spektrums, und wollte eine Brückenfunktion zwischen den zerstrittenen Gruppen und Parteien der "nationalen Rechten" ausüben, ihr Programm enthielt mit dem verfassungsrechtlichen Verbot der Ausländerdiskriminierung unvereinbare Forderungen wie "Keine ausländische Mehrheitsbeteiligung an deutschen Firmen und Produktionsmitteln" und "Rückführung der Ausländer in ihre Heimatländer - Kulturvermischung ist Völkermord". Hinzu kamen Aussagen, die dem Programm der NSDAP Ideologische vom 24. Februar 1920 nachempfunden waren und WesensverNähe zur NSDAP wandtschaft zum Nationalsozialismus erkennen ließen. So befürwortete die NO die Bekämpfung von "Spekulationen" und "Zinswucher" und trat für eine "gesetzliche Kontrolle der Zinswirtschaft" ein. Außerdem forderte sie die Enteignung von Firmen, die "gegen das Volkswohl verstoßen", und eine Erziehung der Jugend nach dem "Leitbild des Gemeinschaftsgedankens". Darüber hinaus verlangte sie die Einstellung aller Wiedergutmachungszahlungen und "Redigierung der Geschichtsdarstellung nach den neuesten Erkenntnissen der Historiker"; letzteres bedeutete in Zusammenhang mit der aktuellen Revisionismuskampagne eine Leugnung bzw. Relativierung der NS-Verbrechen. Die am 3. Juli 1990 in Augsburg gegründete NO hatte sich - Organisation offenbar als Reaktion auf die Flügelkämpfe in der FAP - aus den FAP-Kreisverbänden Augsburg und München entwickelt. Sie zählte zuletzt bundesweit rund 150 (1991: 100) Mitglieder, davon wie im Vorjahr etwa 40 in Bayern. Bundesvorsitzender war seit Anfang 1991 der ehemalige FAP-Funktionär Michael Swierczek. Bemühungen um die Schaffung regionaler Gliederungen in den neuen Ländern führten 1992 zur Gründung der Landesverbände Berlin-Brandenburg und Sachsen; ein weiterer Landesverband bestand schon seit 1990 in Bayern. Darüber hinaus war die NO mit örtlichen Untergliederungen u. a. in Baden-Württemberg vertreten. Am 6. Juni hielt die NO in Stadtbergen, Landkreis Augsburg, ihren Aktivitäten Bundeskongreß ab. Auf der Veranstaltung, an der rund 30 Mitglieder und Sympathisanten teilnahmen, wurden der bisherige Bundesvorsitzende Michael Swierczek und sein Stellvertreter Constantin Mayer in ihren Funktionen bestätigt; zweiter Stellvertreter ist der am 25. Januar auf dem Landeskongreß in Augsburg zum bayerischen Landesvorsitzenden gewählte Bundesgeschäftsführer Carlo Bauer. 42 Flugblatt der NO 17. JUN11953 Gemeinsam demonstrieren - Zusammen kämpfen! Postfach 912, 8060 Dresden Zum Gedenken an die Helden des Volksaufstandes FÜR EIN FREIES DEUTSCHLAND! Zum Gedenken an die Opfer des alliierten Luftangriffs auf Dresden im Februar 1945 führte die NO am 19. März in Augsburg eine Veranstaltung mit dem britischen Revisionisten David Irving durch, der vor rund 35 Teilnehmern zum Thema "Das Verbrechen von Dresden - Opfer und Schuldige" sprach. Die Stadt Augsburg hatte dem Redner zuvor durch ein eingeschränktes Redeverbot nach dem Ausländergesetz insbesondere die Verbreitung . der "Auschwitz-Lüge" untersagt; Irving hielt sich bei seinem Referat an diese Verfügung. Auf Initiative des Bundesvorstandes fand am 21. März in Leipzig eine gemeinsame "Anti-Drogen-Demonstration" der NO und der 43 ebenfalls neonazistischen Organisationen Nationale Liste (NL) und Deutsche Alternative (DA) statt. An der Veranstaltung beteiligten sich rund 400 Personen, darunter 150 bis 200 Skinheads. Die Neonazis riefen Parolen wie "Deutschland den Deutschen" und "Ausländer raus". Zu den Rednern einer Zwischenkundgebung gehörte auch der NO-Bundesvorsitzende Michael Swierczek. Ausländerfeindliche, Sprechchöre gleichen Inhalts waren auch auf einer von der NO angemeldeten Demonstration am 3. Oktober in Dresden zu vernehmen, an der etwa 40 NO-Anhänger aus Bayern teilnahmen. Bei der Landtagswahl am 5. April in Baden-Württemberg kandidierte die NO ohne Erfolg. Ihr Stimmenanteil betrug 0,0 Prozent. Mit Verfügung vom 21. Dezember verbot der Bundesminister des Verbot Innern die NO u. a. mit der Begründung, die Vereinigung sei mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt und betreibe in aggressiv-kämpferischer Form die Beseitigung der demokratischen Grundordnung. Das Verbot wurde dem Bundesvorsitzenden Michael Swierczek am 22. Dezember in Stadtbergen, Landkreis Augsburg, zugestellt. Der Schwerpunkt der anschließend in sieben Ländern vollzogenen Durchsuchungsaktionen lag in Bayern und Sachsen. Bei elf Funktionären bzw. Aktivisten in Oberbayern und Schwaben konnte die Polizei u. a. eine Gaspistole, einen Stahlhelm, einen Patronengurt, Tonund Videokassetten sowie Schriftund Propagandamaterial sicherstellen. Auch die NO hat inzwischen gegen das Verbot Rechtsmittel eingelegt, über das in der Hauptsache noch nicht entschieden ist. Die Anordnung des sofortigen Vollzugs des Verbots wurde jedoch durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. 6 7 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) Die DDF propagiert die Identität von "Staat und Volk". Ihrer NS-Apologie, RasStaatsidee zufolge soll sich der Wille des Volkes in der Person sismus und Diffaeines "Führers" bündeln, der "vom Volk, nicht von Parteien an die mierung demokratiSpitze des Staates gewählt wird" und als "Willensvollstrecker des scher Institutionen Volkes" fungiert. Die heutige Demokratie wird als "Pöbelherrschaft" bzw. als "Machtausübung durch Elemente der Gosse" diffamiert; sie habe sich "als das beste Instrument zur Willensunterdrückung von Nationen und Völkern" erwiesen. Nach Ansicht der DDF bestimmt in der "Bonner Parteiendiktatur" nicht das Volk, sondern "ein von Sonderinteressen gesteuerter Politklüngel" die staatliche Lebensgestaltung. Zu den großen Leistungen Adolf Hitlers zähle, daß er die unterschiedlichsten Interessen zu einer "Volksgemeinschaft" zusammengeschmiedet habe. Nur in einem "Volksstaat" lohne es sich, zu leben. Dieser "Volksstaat" müsse alle Deutschen - unbeschadet ihrer jeweiligen politischen Überzeugung - einschließen; in ihm sei daher "kein Platz für Parteien". Nachdem "unserem deutsch-germanischen Volkskörper rassisch Fremde aufgezwungen" würden und sich das heutige Deutschland immer mehr in einen "Mischlingsund Vielrassenstaat" verwandle, 44 helfe uns nur "deutsches Selbstbewußtsein", uns gegen "rassische Überfremdung" zu schützen und unseren "Volkserhalt" zu sichern. Damit erweist sich die DDF insbesondere als Gegnerin des Mehrparteienprinzips; unverkennbar ist auch die geistige Nähe zu völkisch-kollektivistischen und rassistischen Grundstrukturen des Nationalsozialismus. Organisation Die DDF wurde am 1. April 1983 auf Initiative des früheren Geneunverändert ralmajors der Wehrmacht Otto Ernst Remer nach dessen Trennung vom Freundeskreis Ulrich von Hütten gegründet. Sie zählt bundesweit rund 160 (1991: 200) Mitglieder, davon etwa 40 (1991: 35) in Bayern. Vorsitzender der beim Amtsgericht Kaufbeuren eingetragenen Vereinigung und Herausgeber ihres Organs "Recht und Wahrheit" ist Georg Albert Bosse. Die Geschäftsstelle befindet sich in Wolfsburg. Doppelausgabe I Stimme des parteiunabhängigen freien Deutschen 8. Jahrg. Nr. 5 + 6 Organ der "Deutschen Freiheitsbewegung" e. V. Mai/Juni 1992 Wie im Vorjahr trat die DDF im allgemeinen nur durch Verbreitung ihres Mitteilungsblatts öffentlich in Erscheinung, in dem sie vor allem Führungspersonen des Dritten Reiches glorifizierte, NS-Verbrechen leugnete und die deutsche Kriegsschuld bestritt. Der Mitbegründer und Ehrenvorsitzende Otto Ernst Remer hat sich nach heftigem internen Streit aus der Organisationsarbeit zurückgezogen. 6.8 Rechtsextremistisches, insbesondere neonazistisches Potential bei Skinheads Die in Großbritannien entstandene, Ende der 70er Jahre erstmals auch im Bundesgebiet in Erscheinung getretene Skinhead-Bewegung war ursprünglich eine jugendliche Subkultur, deren äußeres Erscheinungsbild eine extreme Ablehnung der bürgerlichen Weltanschauung Gesellschaft signalisiert. Obwohl Skinheads zu einer rational und "Politikbestimmten politischen Meinungsbildung häufig nicht in der Lage verständnis" und deshalb an einer fundierten politischen Auseinandersetzung kaum interessiert sind, hat sich in diesen Kreisen inzwischen eine vom organisierten Rechtsextremismus unabhängige diffuse rechtsextremistische Weltanschauung herangebildet, die vielfach von rassistischer Ausländerfeindlichkeit und übersteigertem Nationalbewußtsein geprägt ist und das Handeln motiviert. Diese Einstellung, die an wesentliche Elemente -des Nationalsozialismus anknüpft, ist indes regelmäßig nicht verstandesmäßig geprägt und spiegelt sich daher nicht in einer programmatisch-ideologischen Ausrichtung, sondern in spontanen, vielfach militanten Aktionen wider. Hemmungslos praktizierte Gewalt ist das bevorzugte Mittel der von Skinheads auf der Straße ausgetragenen "politischen" Auseinandersetzung mit tatsächlichen oder vermeintlichen Gegnern. Wegbereitend für diese Entwicklung waren vor allem mehrere Einfluß der Skinhead-Bands, so z. B. die britischen Gruppen "Skrewdriver" Skinhead-Bands (Schraubenzieher), "Scullhead" (Totenkopf) und "No Remorse" und "Fanzines" (Keine Gnade) bzw. deutsche Bands wie "Störkraft". Die von ihnen vorgetragene sogenannte "Oi-Musik" ist das wichtigste Medium der Szene und übt einen anhaltenden rechtsextremistischen Einfluß aus. Die Liedertexte solcher Gruppen diffamieren und bedrohen Ausländer, propagieren Gewalt und verbreiten nationalistischrassistisches Gedankengut bis hin zur Glorifizierung des Nationalsozialismus. Der "typische" Skinhead wird darin als "Faschist" und "Rassist" idealisiert, der die Feinde seiner Nation bekämpft und die nordisch-arische Rasse gegen eine "Vermischung" mit fremden Rassen verteidigt. In Interviews mit Musikern von SkinheadBands und Selbstdarstellungen kommt eine deutliche Verachtung von Juden, Farbigen und sogenannten "undeutschen Elementen" zum Ausdruck. Auch die intern verbreiteten Skinhead-Publikationen ("Fanzines") weisen in der Mehrzahl rechtsextremistische Bezüge auf. Vor diesem Hintergrund werden sowohl die Ursachen für den Ausländerhaß als auch für die neonazistischen Verhaltensweisen von Skinheads transparenter. Die bereits in den frühen 80er Jahren bei Skinheads festgestellten Werbeversuche von rechtsextremistischen, insbesondere neonazistischen Tendenzen Rechtsextremisten führten vereinzelt zu erfolgreichen Versuchen rechtsextremistischer Gruppen, Skinheads als Unterstützer bei Propagandaaktionen und tätlichen Auseinandersetzungen zu gewinnen. Insbesondere der stark ausgeprägte Ausländerhaß der Skinheads bot organisierten Rechtsextremisten einen Anknüpfungspunkt, zumal Skinheads ebenso wie diese zu eindeutigen Feindbildern neigen. Trotz solcher partieller inhaltlicher Berührungspunkte sind aber nachhaltige Werbeerfolge - abgesehen von neuerdings in Bayern festgestellten gemeinsamen Stammtisch-Treffs von Skinheads und Neonazis - bislang eher eine Ausnahme geblieben. Die von organisierten Rechtsextremisten versuchte Rekrutierung von Skinheads scheiterte bisher meist daran, daß dieser Personenkreis institutionelle Bindungen grundsätzlich ablehnt und sich auch nicht auf Dauer für das politische Konzept von straff organisierten Gruppen und Parteien vereinnahmen läßt. Die besondere Gefährlichkeit der Skinheads liegt in ihrer BereitQewaltbereitschaft schaft zur Gewaltanwendung. Wie bei keiner anderen jugendlichen Subkultur haben sich hier Militanz und exzessiver Alkoholgenuß in Verbindung mit einer innerhalb der Szene eigenständig gebildeten rechtsextremistischen Weltanschauung zu einer erheblichen Gefahr für die innere Sicherheit entwickelt. Als "Vorbild" für den "Straßenkampf" um die - nach Auffassung der Skinheads bis- 46 lang nur vom NS-Regime erfolgreich verwirklichte - Vorherrschaft der weißen Rasse dient dabei der SA-Mann. Die Brutalität und Härte, mit der die ehemalige SA gegen politische Gegner vorging, findet erheblichen Anklang und spornt zur Nachahmung an. Gewalttaten von Skinheads richten sich vor allem gegen "Linke", Homosexuelle sowie Asylbewerber und andere Ausländer, aber auch gegen Stadtstreicher und Obdachlose, die als "undeutsche Gestalten" angesehen werden. Selbst vor Behinderten, die sie im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie als "lebensunwert" betrachten, macht ihre Gewalt nicht halt. Ausschreitungen militanter Skinheads forderten 1992 in Bayern mehrere zum Teil schwer verletzte Opfer. Aktivistenpotential Im Bundesgebiet waren Ende 1992 rund 5.800 Skinheads mit rechtsextremistischem, insbesondere neonazistischem Hintergrund bekannt; davon entfallen etwa 3.400 auf die neuen Länder. In Bayern weisen rund 240 (1991: 160) Skinheads einen rechtsextremistischen Bezug auf, darunter auch die Mitglieder der Skinhead-Bands "Sturmtrupp" in Neuburg a. d. Donau und "Radikahl" in Nürnberg. Obwohl die Szene auf nationaler und zum Teil auch auf internationaler Ebene verflochten ist, waren bisher keine festen Organisationsstrukturen mit formellen Anführern erkennbar. Skinheads treten vielmehr meist in losen örtlichen Gruppen auf, die sich an Wochenenden auch zu regionalen oder überregionalen Treffen zusammenfinden. Zuweilen wirken einzelne, besonders respektierte Aktivisten aus der jeweiligen Situation heraus spontan steuernd und bestimmen dann vielfach auch Ziel und Inhalt der Aktivitäten. Eine szenentypische Besonderheit ist das oftmals jugendliche Alter der Skinheads, das oft unter 16 Jahren, manchmal sogar unter 14 Jahren liegt. Strafverfahren Das Landgericht Ansbach verurteilte Anfang März zwei Skinheads zu Jugendstrafen von vier Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten. Die Täter hatten am 20. April 1991 in Weißenburg drei Personen überfallen und schwer verletzt. Bei ihrer Vernehmung hatten sie angegeben, durch die Musik einer Skinhead-Band aufgeputscht worden zu sein; bei der Durchsuchung ihrer Wohnungen hatte die Polizei neonazistisches Propagandamaterial sichergestellt. Das Landgericht Kempten verurteilte am 26. März drei Skinheads im Alter zwischen 17 und 24 Jahren wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit vier Fällen der gefährlichen Körperverletzung und Hausfriedensbruchs zu Freiheitsstrafen von dreieinhalb und fünf Jahren. Die Verurteilten hatten in der Nacht zum 13. Oktober 1991 in der mit sieben Personen belegten Asylbewerberunterkunft in Immenstadt/Allgäu eine Bettdecke angezündet und einen weiteren Brandherd gelegt. Fünf Asylbewerber wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Beim Landgericht Nürnberg-Fürth ist gegen die Nürnberger Skinhead-Band "Radikahl" seit Mitte 1992 ein Strafverfahren wegen Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisa- 47 tionen anhängig. Gegenstand der Anklage ist insbesondere das von der Band auf Kassetten und Videofilmen vorgetragene Lied "Hakenkreuz", das mit Forderungen wie "Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um!" und "Hißt die rote Fahne mit dem Hakenkreuz!" eine Renaissance des Nationalsozialismus propagiert. Die neonazistischen Inhalte der Skinhead-Medien und die regelBewertung mäßig nationalistisch-rassistisch motivierten Ausschreitungen von Skinheads machen deutlich, daß der Rechtsextremismus, insbesondere der Neonazismus mittlerweile für die Mehrzahl der Skinheads teils bewußter, teils unterschwelliger Bestandteil ihrer Gesinnung geworden ist. Während sich jedoch die Skinheadszene in Westdeutschland aus einer ursprünglich unpolitischen Subkulturbewegung entwickelte und ihre fortschreitende Politisierung noch nicht alle Skinheadgruppen erreicht hat, haben sich die Skinheads in Ostdeutschland bereits zu DDR-Zeiten als nationalsozialistische Opposition gegen den kommunistischen Unterdrückungsapparat empfunden. Ihr Poiitisierungsgrad ist demgemäß höher und die Einbindung in neonazistisches Gedankengut stärker ausgeprägt, als dies bei ihren Gesinnungsgenossen in Westdeutschland der Fall ist. Unpolitische und damit nicht rechtsextremistische Skinheads sind in den neuen Bundesländern eher die Ausnahmeerscheinung. 6.9 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle* Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen neonazistischen, antisemitischen und rassistischen Vorfälle ist in Bayern gegenüber dem Vorjahr von 210 auf 484 gestiegen und hat sich damit mehr als verdoppelt. Nicht mitgezählt sind dabei weitere äußerlich vergleichbare Fälle, in denen ein rechtsextremistisches Motiv nicht vorhanden oder nicht erkennbar war (z. B. beim Verwenden von NS-Symbolen als Mittel der politischen Diffamierung). In München und Nürnberg ereigneten sind mit 71 (1991: 41) bzw. 43 (1991: 19) rund 24 % (1991: 29 %) aller Vorfälle (ohne die oben genannten "allgemeinen Verdachtsfälle"). Meist handelte es sich um Schmierund Klebeaktionen, bei denen Hakenkreuze und SSRunen gesprüht oder Parolen wie "Heil Hitler", "Sieg Heil" und "Ausländer raus" verbreitet wurden. So sprühten unbekannte Täter in der Nacht zum 21. Januar auf die Außenmauer des Ladehofes am Augsburger Hauptbahnhof die Worte "Juden ins Gas". Anfang Februar wurden auf dem alten israelitischen Friedhof in Fürth zehn Grabsteine mit Hakenkreuzen, SS-Runen, Davidsternen und den Parolen "Ab ins KZ", "Heil Hitler", "Jude verrecke" und "Jud stirb" beschmiert. Am 20. April nahm die Polizei in Nürnberg aus einer Gruppe von rund 30 Skinheads vier Personen fest, die auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände den Hitlergruß gezeigt hatten. * ohne die im 4. Abschnitt genannten Gewalttaten 48 In Dachau wurden in der Nacht zum 25. August Hakenkreuze und Parolen wie "Deutschland den Deutschen", "Türken raus" und "Rostock ist nur der Anfang" gesprüht. Besonderes Aufsehen erregte ein seit Mitte September auch in Bayern verbreitetes fremdenfeindliches Pamphlet in Gedichtform mit dem Titel "Der Asylbetrüger in Deutschland". Das Flugblatt diffamierte Asylbewerber pauschal als Aids-Infizierte, Rauschgiftdealer und arbeitsscheue Sozialschmarotzer, die auf Kosten der fleißigen Deutschen lebten und Deutschland finanziell ruinierten. Gegen das Flugblatt besteht ein bundesweiter Beschlagnahmebeschluß des Amtsgerichts Fulda wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß. Anlässe für Ermittlungsverfahren waren auch die Verbreitung eines ausländerfeindlichen "Neuen Deutschlandlieds", das Tragen von NS-Symbolen an Kleidungsstücken, die Beschädigung jüdischer Gedenkstätten sowie anonyme Beleidigungen und Bedrohungen aus rassistischen bzw. antisemitischen Motiven. Eine Aufklärung gelang in rund 20 % (1991: 29 %) der Fälle. Unter den ermittelten 171 Tätern (1991: 114) befanden sich 23 (1991: 10) Minderjährige. Die Staatsanwaltschaften stellten vier Verfahren ein. In acht Fällen wurden die Täter verurteilt. Die Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten dauerten Ende 1992 noch an. 7. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 7.1 Wiking-Jugend (WJ) "Nordlandideologie" Die 1952 gegründete WJ ist eine straff nach dem Führerprinzip geleitete, "volkstreue nordländische" Jugendorganisation, die sich als "heranzubildende Elite" versteht und ihre "kämpferische" Weltanschauung betont. Sie bekennt sich zu einer "Lebensgemeinschaft auf völkischer Grundlage" und betrachtet das Gesetz der "Auslese alles Starken und Gesunden" in sozialdarwinistischer Weise als "entscheidende Kraft im Leben". Mit dem herausragenden Rang der in den Grundrechten konkretisierten Menschenrechte, die gerade für die Schwachen und Kranken von besonderer Bedeutung sind, ist dieses Bekenntnis unvereinbar. Die WJ sieht sich zudem in der Tradition der ehemaligen "Hitlerjugend" und läßt auf diese Weise mangelnde Distanz zum Nationalsozialismus erkennen. Organisation Die in Gaue gegliederte WJ mit Sitz in Stolberg/Nordrhein-Westfaunverändert len zählt wie im Vorjahr bundesweit rund 400 Mitglieder, davon etwa 30 in Bayern. Bundesführer ist seit Juli 1991 Wolfram Nahrath. In Bayern bestehen die Gaue "Bayern" in Freising und "Franken" in Stockstadt, Landkreis Aschaffenburg. Die WJ unterhält Kontakte zu Jugendgruppen gleichen Namens und gleicher Zielsetzung in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Spanien und den Niederlanden. Publikationsorgan der WJ ist die vierteljährlich erscheinende Schrift "Wikinger" in einer geschätzten Auflage von 800 Exemplaren. Aktivitäten Rund 150 Mitglieder der WJ beteiligten sich am 15. August in RudolstadtAThüringen an einer Kundgebung zum fünften Todestag 49 von Rudolf Heß. Am 6. Dezember fand in der Nähe von Berlin eine Festveranstaltung zum 40jährigen Bestehen der WJ mit rund 200 Teilnehmern statt. Der frühere Bundesführer Wolfgang Nahrath trat in seiner Rede für den Aufbau eines "4. Reiches" ein und bezeichnete die Bundesrepublik Deutschland als "Verbrecherund Lumpenstaat". In Bayern beschränkten sich die öffentlichen Aktivitäten der WJ im wesentlichen auf die Durchführung von Fahrten und Zeltlagern. 7.2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) Die 1960 in Frankfurt a. M. von ehemaligen SSund NSDAPAngehörigen gegründete GFP stellt vor allem-ein Podium für Publi-' zisten dar, die rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Sie will in einer angeblich "durch Siegerrechte und Besiegtenpflichten Zielsetzung beschränkten Öffentlichkeit" eine "Freistatt für den deutschen Gedanken und das deutsche Wort" schaffen und erhalten. So wendet sie sich gegen die "Entstellungen in der deutschen Geschichtsbetrachtung" und die "unwahren Darstellungen der Ursachen und Hintergründe beider Weltkriege" sowie "gegen jede Unterdrückung der Meinungsvielfalt". In Wirklichkeit scheint sich ihr "geistiger Kampf" in erster Linie gegen die Indizierung rechtsextremistischer Veröffentlichungen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zu richten. Ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung ergibt sich u. a. aus der Mitgliedschaft führender Aktivisten rechtsextremistischer Organisationen, insbesondere der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Verbreitung deren Gedankenguts bei Vorträgen. Die Vereinigung, die ihren Sitz in München hat, zählt im BundesIVlitgliederstärkste gebiet wie im Vorjahr rund 420 Mitglieder, davon etwa 40 in Bayrechtsextremistische ern. Vorsitzender ist seit Mai 1992 der frühere "Chefideologe" der Kulturvereinigung NPD Dr. Rolf Kosiek, der die Vereinigung zuvor kommissarisch geleitet hatte. Als Organ der GFP erscheint vierteljährlich die Schrift "Das Freie Forum" in einer Auflage von rund 700 Exemplaren. Unter dem Motto "Für ein Europa freier Völker" hielt die GFP vom 8. bis 10. Mai in Rothenburg ob der Tauber ihren "3. Gesamtdeutschen Kongreß" ab. Daran beteiligten sich etwa 250 Personen. Wie im Vorjahr trat der frühere NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden als Redner auf. 7.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten Der im Februar 1982 von Rechtsextremisten gegründete Freundeskreis Ulrich von Hütten mit Sitz in Starnberg vertritt rechtsextremistische, insbesondere rassistische Thesen und verbreitet Äußerungen, die das NS-Regime verharmlosen und die Bundesrepublik Deutschland verunglimpfen. Die Vereinigung zählt wie im Vorjahr bundesweit rund 300 Mitglieder, davon etwa 30 in Bayern. Vorsitzende ist die Präsidentin der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) in Österreich Lisbeth Grolitsch. 50 Rassismus Wie im Vorjahr trat der Freundeskreis vorwiegend mit der Herausgabe und Verbreitung der Schrift "Huttenbriefe - für Volkstum, Kultur,,Wahrheit und Recht" in Erscheinung. Darin hieß es, eine "international hörige Politikerclique", der das deutsche Volk bis heute schutzlos ausgeliefert sei, wolle die Deutschen "mit moralisch verbrämten Zwangsmaßnahmen zum Zusammenleben mit anderen Völkern und Rassen verurteilen". Revisionismus Im Zusammenhang mit der Revisionismus-Kampagne wurde behauptet, das beim Auswärtigen Amt in Bonn verwahrte "Wannsee-Protokoll" sei die "Jahrhundert-Fälschung". Damit sollten dem Deutschen Reich Untaten als kaltblütig geplante Verbrechen angelastet werden, um es der Ächtung der Welt auszuliefern und es zu zerstören. Das Erschreckende an diesem Sachverhalt sei nicht der plumpe, schlampige Schwindel. Viel schlimmer sei, daß sich bis heute die Bonner Politiker wider besseres Wissen zu Komplizen der Fälscher und ihrer Auftraggeber machten. Die in diesen Aussagen zum Ausdruck kommende rassistische, übersteigert nationalistische und antisemitische Einstellung ist unvereinbar mit dem verfassungsrechtlich festgelegten Schutz der Menschenwürde, dem Gleichheitsgebot und dem daraus resultierenden Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung ist damit evident. 8. Organisationsunabhängige Publizistik Rückgang der Die sieben (1991: sieben) Verlage, Vertriebsund Buchdienste in Auflagenzahlen Bayern, die Publikationen mit rechtsextremistischem Inhalt herausgeben bzw. verbreiten, entwickelten 1992 wiederum eine beachtliche Tätigkeit. Die Auflage der periodisch herausgegebenen einschlägigen Druckschriften betrug monatlich 365.000 (1991: 405.000) Exemplare, wobei erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen nicht eingerechnet sind. Das Angebot umfaßte außerdem Bücher mit rechtsextremistischem Inhalt sowie Schallplatten, Tonkassetten und Videofilme. DSZ-Verlag als Wirkungsvollstes Propagandainstrument des RechtsextremisSchwerpunkt der mus in der Bundesrepublik Deutschland ist weiterhin die Druckrechtsextremistischriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) in Münschen Publizistik chen unter der Leitung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erschei- 51 nen die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) mit einer Wochenauflage von etwa 52.000 (1991: 55.000) und die "Deutsche WochenZeitung" (DWZ), die im Untertitel den Namen des Ende 1990 eingestellten "Deutschen Anzeigers" führt, mit wöchentlich rund 32.000 (1991: 40.000) Exemplaren. Bei Werbeaktionen werden die Auflagen beträchtlich erhöht. Dr. Frey ist auch Geschäftsführer der Freiheitlichen Buchund Zeitschriftenverlags GmbH (FZ-Verlag) in München, deren Buchdienst Werke gegen"Geschichtslügen" und "Umerziehung" anbot. Die Wochenzeitungen Dr. Freys, die auch als Sprachrohre der DVU fungieren, kritisierten das "System des Nationalmasochismus" und warfen die Frage auf, ob die Pflege des "Alleihschuldund Kollektivverantwortungskomplexes" sinnvoll sei. Eine Meinungsumfrage habe ergeben, daß sich "die große Mehrheit unseres Volkes allmählich von den Propagandathesen der Sieger und ihrer Helfer" löse. Ferner behaupteten sie, zahlreiche Politiker der "Altparteien" stünden nur deshalb auf dem Boden des Grundgesetzes, um es mit Füßen treten zu können. Angesichts ihres völlig wegrationalisierten Nationalgefühls regierten die "Bonner Bonzen" am Volk vorbei, wobei sie noch unverschämt gut an ihrer Mißwirtschaft verdienten und sich im übrigen nur um den "Erhalt ihrer fetten Pfründe" scherten. Mit besonderer Schärfe agitierten Dr. Frey's Zeitungen gegen die Asylantenund Ausländerpolitik der Bundesregierung, die aus Deutschland ein "Paradies für Scheinasylanten,. Wirtschaftsschmarotzer und kriminelle Ausländer aus aller Herren Länder" gemacht habe. In Deutschland sei offenbar "der naßkalte Wahnsinn ausgebrochen", indem man "unter dem scheinheiligen Vorwand einer immer noch belastenden Vergangenheit ein ohnehin überbevölkertes Land bis zum Rand mit Wirtschaftsflüchtlingen aus den fernsten Kulturkreisen" vollstopfe. Jedes Jahr sei "eine halbe Million von Fremdlingen auf dem Weg zu uns", um "von unserem Nationalprodukt zu zehren". Nur die Deutschen leisteten sich "den selbstmörderischen Luxus, eip -ganzes Heer von notorischen Betrügern und Kriminellen mit Staatspensionen auszustatten". Von wirklich durchschlagenden Maßnahmen gegen die "Ausplünderung des deutschen Steuerzahlers durch Asylbetrüger" sei nichts zu bemerken. Eine Abschiebung brauchten "Asylgauner" in der Regel nicht zu fürchten. Hätten sie erst einmal das Sesamöffne-dich-Wort "Asyl" ausgesprochen, sei ihnen "ein Daueraufenthalt bei den Deutschen als des Wahnsinns fette Beute sicher". Auch straffällig gewordene Ausländer könnten relativ sicher sein, daß sie nicht abgeschoben würden. "Fast jeder Lump" könne hier bleiben. Unter den kriminellen Ausländern befänden sich "Zehntausende Schwerverbrecher bis hin zu Rauschgiftdealern und Mafiabanditen". Daß immer mehr Deutsche energisch Sturm gegen die "Überfremdung" liefen, die unser Land "in ein multikriminelles Chaos verwandeln" solle, gehe einzig auf das Konto der Regierenden, die bei der Abschiebung von Asylbetrügern jämmerlich versagten und als "Gipfel parteipolitischer Impertinenz" sogar versuchten, die Straße gegen die eigenen Wähler zu mobilisieren. 52 Der Bürger sei "rettungslos den verstiegenen Marotten einer politischen Klasse ausgeliefert", die eine betont antideutsche Politik betreibe mit dem Ziel, durch einen "Gewaltakt deutscher Selbstzerstörung" unsere Geschichte mit einem Schlag zu beenden. In vielen Fällen habe man es mit "Kollaborateuren von Mächten" zu tun, denen die Liquidierung Deutschlands nicht erst seit heute eine Herzensangelegenheit sei. Diese "Jammerlappen" führten sich auf wie "Marionetten der Umerzieher" und erblickten ihre Lebensaufgabe vor allem darin, skrupellos gegen die Interessen des eigenen Volkes zu verstoßen. Nach der "landesverräterischen Preisgabe unserer Ostgebiete" habe unsere Regierung eine für sie sonst ganz atypische Aktivität entwickelt, indem sie nunmehr auch noch das Sudetenland an einen zusammenbrechenden Staat verhökere. Die Zeit der "systematischen Volksverdummung und Kulturzerstörung" sei indes abgelaufen. Das deutsche Volk, das sich "von Bonzen am laufenden Band diskriminieren lassen" müsse, habe in der Tat "etwas Besseres verdient als schäbige Opportunisten an seiner Spitze". In der Nation Europa Verlags GmbH in Coburg erscheint die Monatsschrift "Nation und Europa - Deutsche Monatshefte" in einer Auflage von rund 15.000 Exemplaren. Herausgeber sind seit Anfang 1992 der Funktionär der Deutschen Liga Peter Dehoust, der frühere NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden und der Vorstandssprecher der Deutschen Liga Harald Neubauer. Der Verlag wird von dem 1954 gegründeten Verein "Nation Europa-Freunde" finanziell unterstützt. Gesellschafter des Verlages und Vorsitzender des Unterstützungsvereins ist Peter Dehoust. In einem Artikel "Vergangenheitsbewältigung am Ende?" behauptete die Schrift, das aus den "wenig vertrauenerweckenden" Materialien "Alleinkriegsschuld und Holocaust" gegossene Fundament der Bundesrepublik Deutschland beginne zu bröckeln. Ohnehin seien nur noch diese beiden Komplexe als "Rettungsanker für die Vergangenheitsbewältiger" und als "Auslöser für stets sich steigernde, politisch wie finanziell profitable Schuldund Schamgefühle möglichst aller Deutschen bis in alle Ewigkeit" übriggeblieben. "Revisionistische Forschungsergebnisse" zeigten Wirkung bis in die höchsten Spitzen der "Umerziehungshierarchie". Die "wirkliche deutsche Revolution" stehe aber noch aus. Eine ihrer Quellen werde der "Revisionismus", ihr Ziel "das Ende der Vergangenheitsbewältigung und die Wiederherstellung der Ehre des Deutschen Volkes" sein. In einem weiteren Beitrag mit der Überschrift "Deutsche vertreiben - Ausländer bleiben" hieß es, rechtschaffene Ausländer könnten "nicht nachvollziehen, warum der linksdeutsche Inländerhaß plötzlich in sentimentale Bimbophilie umgeschlagen" sei, die selbst vor Schwerstverbrechern nicht haltmache. Sie lachten "sich kaputt über den Versuch, die (behauptete) Judenvergasung in Auschwitz durch Gewährenlassen von jugoslawischen Hütchenspielern und Diplom-Taschendieben, polnischen Autoknackern und pakistanischen Rauschgifthändlern zu sühnen". 53 In der Rubrik "Nachrichten von der Überfremdungsfront" rief die Schrift dazu auf, sich in die "europäische Front" derjenigen einzureihen, die "unsere Kultur, unsere Zivilisation, unsere Rasse bewahren wollen", und "nationale Parteien" zu stärken, die sich als einzige dem Zustrom von "immer mehr Menschen aus aller Herren Länder" widersetzten. Der Verlag Hohe Warte - Franz von Bebenburg KG in Pahl, Landkreis Weilheim, gibt die Schrift "Mensch und Maß" heraus, die monatlich zweimal in einer Auflage von etwa 2.000 Exemplaren erscheint. Die Schrift betonte, daß die in Moskauer Archiven aufbewahrten Tagebücher des ehemaligen Reichspropagandaministers Goebbels wider Erwarten keine "Aufzeichnungen in Verbindung mit der Ausrottung der Juden" enthielten, und verbreitete zugleich die These des britischen Revisionisten David Irving, daß die Juden "mit ihrer Gaskammerlegende die Menschen zu lange ausgebeutet hätten". Ferner behauptete sie, das deutsche Volk werde seit Jahren "zur Finanzierung seiner eigenen Ausrottung gezwungen durch pseudomoralischen Druck, um den Widerstand gegen eindringende Millionehmassen an Parasiten zu lähmen". Unsere Politiker betrieben ganz bewußt die Vernichtung des eigenen Volkes durch Zuzugsgenehmigungen für "Primitiv-Ausländer", die durch ihr bloßes Dasein die einzige Grundlage unseres "Reichtums", nämlich "unseren Schatz an hochwertigem Gen-Material", zerstörten. Die im Denk mit!-Verlag in Nürnberg unregelmäßig erscheinende Schrift "Denk mit!" bekräftigte die "Richtigkeit der NS-These von der jüdisch-bolschewistischen Weltrevolution" und betonte, Adolf Hitler habe "den Bestand des Britischen Weltreiches garantieren wollen". Gegen den Verleger und Herausgeber, der in der Folge 4/1991 der Schrift den Massenmord an Juden in den Gaskammern deutscher Konzentrationslager in Frage gestellt und durch Abdruck einer Leseprobe mit ähnlichen Thesen für ein Werk des französischen Revisionisten Robert Faurisson geworben hatte, leitete die Staatsanwaltschaft Nürnberg ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener ein. Die im Odal-Verlag in Rodach b. Coburg erscheinende Zeitschrift Der Scheinwerfer identifizierte sich mit der vom kalifornischen "Institute for Historical Review" (IHR) aufgestellten These "Es gab keinen Holocaust". Dabei versuchte die Schrift, durch Abdruck eines Berichts über eine von einem Auschwitz-Überlebenden gegen das IHR erfolglos angestrengte Verleumdungsklage zu suggerieren, dem 1978 unter Beteiligung amerikanischer, deutscher und französischer Rechtsextremisten gegründeten IHR sei in diesem Rechtsstreit der Nachweis gelungen, daß "der Holocaust niemals stattfand". In der Verlagsgemeinschaft Berg in Berg am Stamberger See sind drei früher selbständige Verlage, darunter der Druffel-Verlag 54 und der Türmer-Verlag, zusammengeschlossen. Leiter ist der ehemalige GFP-Vorsitzende Dr. Gert Sudholt. In der Verlagswerbung war die Rede von den "revolutionierenden Maßnahmen zwischen 1938 und 1945" und den "gewaltigen sozialen Errungenschaften jener Jahre". Der Verlagsgemeinschaft ist ein Buchdienst angeschlossen, der Werke bekannter Rechtsextremisten anbietet. 9. Revisionismus-Kampagne 9.1 Ziele und Methoden Als Revisionismus im weiteren Sinne werden in einem ursprünglich von Rechtsextremisten verwendeten Sprachgebrauch Bestrebungen bezeichnet, die angeblich in der Nachkriegszeit falsch dargestellte Geschichte der Weltkriege und des Dritten Reiches zugunsten des Nationalsozialismus zu korrigieren. Das rechtsextremistische Lager ist sich weitgehend darin einig, daß das deutsche Volk in wesentlichen Fragen seiner jüngeren Geschichte rehabilitiert werden müsse. Als Revisionismus im engeren Sinne ist die Leugnung des sogenannten "Holocaust" zu verstehen. Das ursprünglich weiter gefaßte Thema erfährt damit eine deutliche Einengung auf einen Teilaspekt der Judenverfolgung im Dritten Reich, nämlich die von Rechtsextremisten vehement bestrittene massenhafte Ermordung europäischer Juden in Gaskammern deutscher KonVersuch einer zentrationslager während des Zweiten Weltkriegs. In Verfolgung Rehabilitierung ihres Ziels, das nationalsozialistische Unrechtsregime aufzuwerdes Nationalten, müssen die rechtsextremistischen Revisionisten freilich sozialismus durch Regeln der kritischen Geschichtswissenschaft mißachten und Forunseriösen Umgang schungsergebnisse negieren, die nicht ihrem vorgefaßten Gemit historischen schichtsbild entsprechen. Ihre Argumentation liegt.damit zwangsQuellen läufig neben der historischen Realität und führt zu falschen Ergebnissen. Diese Art von "Geschichtsrevision" ist also weder Selbstzweck noch politisch neutral noch der historischen Wahrheit verpflichtet, sondern soll als Mittel fungieren, sich von einem vermeintlich aufgezwungenen "Schuldkomplex" zu befreien. Nationalismus und Antisemitismus bilden die Wurzeln dieses Revisionismus, der letztlich die Opfer zu Tätern und die Täter zu Opfern einer angeblich falschen Geschichtsschreibung machen will. 9.2 Entwicklung Revisionismus war von Anfang an keine deutsche, sondern eine internationale Erscheinung. Ursprünglich ging es den rechtsextremistischen Revisionisten vor allem darum, Hitlers alleinige Verantwortung für den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zu leugnen. Alsbald mußten sie aber feststellen, daß sämtliche Versuche, den Nationalsozialismus mit einer nur auf die "Kriegsschuldlüge" gestützten Agitation zu rechtfertigen, regelmäßig scheitern, solange es nicht zugleich gelingt, die dem Dritten Reich anzulastende millionenfache Ermordung von Juden mit scheinbar plausiblen Argumenten zu bestreiten. Dies gab den Anstoß zu der zunächst von 55 Frankreich und den USA ausgehenden rechtsextremistischen Propaganda unter dem Schlagwort "Auschwitzlüge". Ab Mitte der 60er Jahre erschien eine große Anzahl von Büchern, die den historischen Nachweis führen wollten, daß es keine Tötung von Juden in Gaskammern gegeben habe. Es fälJt auf, daß die maßgeblichen Autoren keine Historiker waren, sondern andere Berufe hatten. So war der Autor der Schrift "Es gab keine Gaskammern" Robert Faurisson Dozent für französische Literatur des 20. Jahrhunderts. Der deutsche Agrarjournalist Thies Christophersen und der Jurist Wilhelm Stäglich verfaßten die Schrift "Die Auschwitz-Lüge" bzw. das Buch "Der Auschwitz-Mythos". Seit den Jahren 1988/89 ist eine verstärkte Revisionismuskampagne festzustellen. Sie wurde ausgelöst durch einen Strafprozeß, der 1988 vor dem Bezirksgericht Toronto gegen den in Kanada lebenden deutschen Revisionisten Ernst C. F. Zündel anhängig war. Zündel war der wissentlichen Verbreitung falscher Nachrichten durch Leugnung des "Holocaust" angeklagt. Er legte zu seiner Entlastung ein auf Robert Fäurissons Initiative von Fred A. Leuch"Leuchter-Bericht" ter aus Boston verfaßtes technisches "Gutachten" vor, wonach es in Auschwitz und einigen anderen Konzentrationslagern aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht möglich gewesen sei, Menschen in Gaskammern zu töten. Obwohl dieses als "Leuchter-Bericht" bekanntgewordene "Gutachten" nichts anderes als eine pseudowissenschaftliche, ziemlich plump gemachte NS-apologetische Propagandaschrift darstellt, wird es von europäischen Revisionisten als Beweis ihrer Thesen angesehen. Das Berufungsgericht Toronto verurteilte Zündel 1988 in zweiter Instanz zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten. Mit Rechtskraft dieses Urteils hätte Zündeldie Ausweisung aus Kanada gedroht. Der Oberste Gerichtshof Kanadas hob jedoch am 27. August 1992 das Berufungsurteil gegen Zündel auf, weil der Artikel des Strafgesetzbuchs, aufgrund dessen Zündel verurteilt worden war, nicht mit dem in der kanadischen Verfassung verankerten Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbar sei; allerdings könne Zündel möglicherweise nach einem anderen Artikel des Strafgesetzbuchs, der sich gegen Haßpropaganda richtet, bestraft werden. Ob es deswegen zu einem neuen Verfahren kommt, ist noch ungewiß. Der Freispruch verschaffte Zündel erhebliche Publizität. Er kündigte im kanadischen Fernsehen an, er werde jetzt "weitermachen". 9.3 Träger der Revisionismus-Kampagne Der wohl bekannteste Vertreter des Revisionismus ist der international agierende britische Schriftsteller David Irving, der sich nach eigenen Angaben durch den "Leuchter-Bericht" überzeugen ließ, daß der Holocaust nur eine Propagandalüge der Sieger des Zweiten Weltkrieges sei. Seitdem vertritt er diese These auf bezählten Vorträgen in verschiedenen Staaten Europas und Amerikas. Irving ist zur Zurückweisung an der Grenze ausgeschrieben; 56 trotzdem gelingt es ihm aber immer wieder, nach Deutschland einzureisen. Zu den Trägern der Revisionismus-Kampagne in Bayern gehörte das von dem Neonazi Bela Ewald Althans repräsentierte strukturlose Propagandagebilde "Amt für Volksaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit" (AVÖ), auch "Althans Vertriebswege und Öffentlichkeitsarbeit" genannt, in München. Althans war maßgeblicher Kontaktmann Zündeis im Bundesgebiet. Er organisierte mit dessen finanzieller Unterstützung bundesweit Vortragsveranstaltungen mit führenden Revisionisten. Das AVÖ fungierte dabei als eine Art Verbindungsund Kontaktbüro. Im Herbst 1992 wurde der Geschäftsbetrieb wegen finanzieller und organisatorischer Probleme weitgehend eingestellt. Althans erklärte dazu, daß sich die Form seiner Arbeit überholt habe und nicht mehr zeitgemäß sei. Er wolle aber Alternativen erarbeiten und 1993 mit einem veränderten Konzept wieder an die Öffentlichkeit treten. Auschwitz Deutschland will endlich die Wahrheit 1992:7. Ausgabe Dezember Der bekannte Rechtsextremist Otto Ernst Remer verbreitet seit Sommer 1991 die revisionistische Schrift "Remer-Depesche". Darin hieß es unter der Überschrift "Auschwitz - Deutschland will endlich die Wahrheit", der Staat zwinge die deutschen Bürger "mittels harter Gesetze, an die Existenz von Massenmord-Gaskammern in Auschwitz zu glauben". Dies sei indes "ein hoffnungsloses Unterfangen", da "diese staatliche Zwangsvorschrift" in den Köpfen denkender Menschen keine Resonanz finde. Es gebe mittlerweile "eine Reihe von naturwissenschaftlichen Gutachten, *die im Zusammenhang mit den Vorgängen um Auschwitz zu anderen Ergebnissen kommen, als was das doktrinäre, juristische verordnete Geschichtsbild der Politik ausweist". Des weiteren behauptete die Schrift, die "deutsch-internationale GeschichtsfälscherMafia" sei bereits im Jahre 1960 von der auf Meineide gestützten "Gaskammer-Lüge" von Dachau abgerückt, Seitdem hätten sich die "Fälscher und Beleidiger des deutschen Volkes" auf ihre 57 "Lügentrutzburgen in Polen, vor allem nach Auschwitz" zurückgezogen. Noch immer verwehre eine "antideutsche, von Lügen lebende Clique" der Bevölkerung mit "Stasimethoden" den Zugang zur Wahrheit, Der Holocaust sei "die größte Lüge der Weltgeschichte". Nahezu alle grauenhaften Schilderungen über das Dritte Reich und den organisierten Judenmord, insbesondere die der Weltöffentlichkeit anhand von "Schauprozessen" eingeimpfte "Gaskammer-Lüge", entstammten "kranken Gehirnen". Bis heute gebe es "keinen wirklichen Beweis für die Gaskammern". Schon immer hätten "die von den Zeugen veranstalteten Märchenstunden während der großen NS-Prozesse mehr als jeder naturwissenschaftliche Beweis" gegolten. Würden jedoch solche Beweise von deutschen Richtern nicht mehr abgelehnt, sondern endlich zugelassen, könnte man "die Lügen geradezu platzen hören". 9.4 Strafverfahren Das Amtsgericht München verurteilte am 5. Mai den britischen Revisionisten David Irving wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe von 10.000 DM.* Irving hatte am 21. April 1990 in einer von dem Neonazi Ewald Althans organisierten Vortragsveranstaltung des "Deutschen Jugendbildungswerks" (DJBW) im Münchner Löwenbräukeller vor rund 500 Zuhörern erklärt, die in Auschwitz gezeigten Gaskammern seien nur Attrappen, für die der deutsche Staat gleichwohl Milliardenbeträge an Wiedergutmachung gezahlt habe. Bei der Hauptverhandlung räumte Irving diese Äußerung ein, die er schon am Vortag auf einer vom AVÖ organisierten Pressekonferenz bekräftigt hatte. Seine Anträge, einen Wahrheitsbeweis antreten zu wollen, wurden vom Gericht abgelehnt. Das Landgericht Schweinfurt verhängte am 22. Oktober gegen Otto Ernst Remer eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß. Der Angeklagte hatte in der von ihm verbreiteten "Remer-Depesche" u. a. mehrmals den Holocaust geleugnet und behauptet, die massenhafte Ermordung europäischer Juden in Gaskammern deutscher Konzentrationslager sei erfunden worden, um die Deutschen zu erpressen. Ferner wurde Remer am 9. Dezember vom Landgericht München wegen Verbreitens der "Auschwitz-Lüge" zu einer Bewährungsstrafe von vier Monaten verurteilt. Er hatte im Jahr 1985 Videokassetten verbreitet, in denen der Massenmord an Juden in Auschwitz bestritten wurde. Wegen des Inhalts der 1992 erschienenen "Rermer-Depeschen" sind noch weitere Ermittlungsverfahren u. a. wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener anhängig. * In der Berufungsverhandlung am 13.01.1993 wurde das Strafmaß auf 30.000 DM erhöht; 58 Am 22. Juli wurde der Verleger der in München erscheinenden Anzeigenblätter "Münchner Anzeiger" und "Trabant Anzeiger" vom Amtsgericht München wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung und einer Geldbuße in Höhe von 10.000 DM verurteilt. Beide Blätter hatten seit September 1991 Artikel und Anzeigen veröffentlicht, die u. a. gegen die "Auschwitz-Greuel-Propaganda" und die "Erpressung des deutschen Volkes mit dem 'Holocaust'" agitierten. Einigen Ausgaben lag auch die revisionistische "RemerDepesche" bei. Die Staatsanwältschaft beim Landgericht Mannheim ermittelt gegen den in Boston lebenden US-Staatsbürger-Fred. A. Leuchter wegen des Verdachts der Beleidigung, der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener und weiterer Delikte. Anlaß des Verfahrens war ein Vortrag Leuchters am 10. November 1Ö91 in Weinheim an der Bergstraße. Er sprach dort auf Einladung des NPDVorsitzenden Günter Deckert über seine "Untersuchungen" in den ehemaligen Konzentrationslagern Auschwitz, Birkenau und Majdanek. Dabei erklärte er unter anderem, er habe dort keine Giftgasanlagen feststellen können. Deckert, der Leuchters Vortrag ins Deutsche übersetzt hatte, wurde deswegen bereits verurteilt (vgl. Nr. 2.1). 10. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus Neben den vorstehend erwähnten Aktivitäten ausländischer Revisionisten zeigte sich der'Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus auf Bayern insbesondere in der Einfuhr und Verbreitung vorwiegend neonazistischer und antisemitischer Zeitschriften, Rundbriefe, Flugblätter und Aufkleber, die überwiegend aus Österreich, Kanada, der Schweiz und den USA stammten. NS KAMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI AUSLANDS - UND AUFBAUORGANISATION MärWApril 1992(103] Die Judenrepublik Österreichs entlarvet sich : Gottfried Küssel verhaftet 59 Aufkleber der NSDAP-AO Ausländer Raus ! NSDAP/AO: Box 6414, Lincoln, NE 68506 USA Die neonazistische NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) in den USA fordert die "Ausschaltung des jüdischen Einflusses", die Überwindung des "Materialismus" durch den Nationalsozialismus und die "Neugründung der NSDAP als legale Partei". Endziel sei die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staates" in einem "neuvereinigten Großdeutschen Reich" und die "Errichtung einer Neuen Ordnung auf einer rassischen Grundlage in der gesamten arischen Welt". Der Propagandaleiter der NSDAP-AO Gary Rex Lauck gibt große Mengen an Agitationsmaterial heraus, darunter das zweimonatlich erscheinende Publikationsorgan "NS Kampfruf". Dieses in den USA straffrei hergestellte NS-Propagandamaterial geht von der "Auslandszentrale" in Lincoln/Nebraska den oft nur aus einer Person bestehenden Stützpunkten der NSDAP-AO im Bundesgebiet zu, denen die Weiterverbreitung im Inland obliegt. Im NS Kampfruf hieß es, politische Systeme seien vergänglich; der "Führer" und sein Werk würden aber "für alle Zukunft die Grundlage für eine Existenz des Deutschen Volkes" sein. Unter der Überschrift "Rostock 1992" wurden Bilder von den Krawallen sowie von der brennenden und der zerstörten Aufnahmezentrale für Asylbewerber veröffentlicht. Darüber war in großen Buchstaben ein Ausspruch des österreichischen Neonazis Gottfried Küssel abgedruckt: "Unsere Zeit kommt nicht ... sie ist schon hier!". Die in Bayern festgestellten Haken kreuzaufkleber der NSDAP-AO enthielten Aufschriften wie "Ausländer raus", "Rotfront verrecke", "Jetzt NSDAP", "NS-Verbot aufheben", "Kauft nicht bei Juden" und "Wir sind wieder da". Der Einfluß der NSDAP-AO zeigte.sich auch an der Verwendung solcher Parolen bei neonazistischen Schmieraktionen. Der Inhaber des in Toronto/Kanada ansässigen Verlags "Samisdat Publishers Ltd. Ernst C. F. Zündel polemisierte in seinem "Germania"-Rundbrief vom 1. Juni anläßlich der Verurteilung des britischen Revisionisten David Irving (vgl. Nr. 9.4) gegen die "zur Hure der Politik herabdegradierte" Justiz, die im Namen des deutschen Volkes "keinerlei wissenschaftliche Beweise, Expertenzeugen oder Dokumente" zulasse. Dies seien "keine Gerichtsverfahren", sondern "juristische Standgerichte". 60 Die Monatsschrift "Sieg", eine der bedeutendsten neonazistischen Propagandaschriften, wird in einer Auflage von mehreren taucend Exemplaren aus Österreich in das Bundesgebiet eingeschleust. Ihr Herausgeber Walter Ochensberger ist einer der führenden Revisionisten. Die Schrift warnte vor dem "Ansturm fremdrassiger Invasoren", die "die deutschen Lande überschwemmen und beherrschen" wollten, aber dessen ungeachtet als Asylbewerber "auf Kosten des deutschen arbeitenden Menschen" versorgt und "gehätschelt" würden. In einem "Sonderblatt" behauptete sie, Ursache dieser "Invasionsflut" seien jüdische "Weltherrschaftspläne", denen "das deutsche Volk noch störend im Wege" stehe. Deshalb betreibe jene "ewig haßerfüllte vorderasiatische ethnische Minderheit" den "Untergang des deutschen Volkes und sein Aufgehen in einem asiatisch-negroiden Mischlingsbrei". Der schweizerische Revisionist Dr. Max Wahl brüstete sich in seiner auch in Deutschland verbreiteten Zeitschrift "Eidgenoss", er habe nunmehr "12 Jahre Widerlegung der Gaskammerund Holocaust-Lügen" geleistet. Für die Ermordung auch nur eines einzigen Menschen in Gaskammern deutscher Konzentrationslager gebe es nicht den Hauch eines Beweises. Das vor dem Landgericht Stuttgart anhängige Strafverfahren gegen einen inzwischen wegen Mordes an KZ-Häftlingen verurteilten ehemaligen SSAngehörigen bezeichnete er als "unerträgliche Wiesenthal-Justiz der BRD". AZ8401 Winterthur 16. Jahrgang Erscheint 6-1 Omal .jährlich Eidgenoss Informationsblatt zur eidgenössischen und europäischen Besinnung 24. März 1992 PS f 9 2 Amirassismus-Gesetz: strafen statt beweisen! Geistiger und moralischer Bankrott der Holocaust-Propaganda 61 11. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z.T. geschätzt -) 1. Nationaldemokratische Organisationen: Nationaldemokratische Partei 800 Deutsche Stimme Deutschlands (NPD) - monatlich - - Stuttgart - 50.000 Junge Nationaldemokraten (JN) 60 Einheit und Kampf - vierteljährlich - 2.000 JN-Bayern-Info - unregelmäßig - Nationaldemokratischer unter 10 Vorderste Front Hochschulbund (NHB) - halbjährlich - - München -- 2. National-Freiheitliche Organisationen: Deutsche Volksunion (DVU) 3.100 (Publizistische Sprach-, - München - röhre: siehe DSZ-Verlag) Deutsche Volksunion e. V. (siehe DVU) einschl. Aktionsgemeinschaften - München - 3. Neonazistische Organisationen: Gesinnungsgemeinschaft der FunktionärsNeuen Front (GdNF) gruppe Nationaler Block (NB) 35 Freiheitliche Deutsche 15 Neue Nation Arbeiterpartei (FAP) - monatlich - - Stuttgart - 500 62 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z.T. geschätzt -) Hilfsorganisation für nationale 30 Nachrichten der HNG politische Gefangene und deren - monatlich - Angehörige e. V. (HNG) 300 - Frankfurt a. M. - NSDAP-Auslandsund AufbauNS Kampfruf organisation (NSDAP-AO) -zweimonatlich - - Stützpunkte im Bundesgebiet - 2.000 Nationale Offensive (NO) 40 Deutscher Beobachter - Augsburg - - monatlich - 500 Nationalistische Front (NF) 20 Aufbruch - unregelmäßig - 100 Die Deutsche Freiheits40 Recht und Wahrheit bewegung e. V. (DDF) - zweimonatlich - - Kaufbeuren - 2.500 , 4. Sonstige Organisationen: Deutsche Liga für Volk und 200 Deutsche Rundschau Heimat (Deutsche Liga) - monatlich - - Berlin - 10.000 Wiking-Jugend e. V. (WJ) 30 Wikinger - Stolberg - '- viermal jährlich - 800 Gesellschaft für Freie 40 Das Freie Forum Publizistik e. V. (GFP) - vierteljährlich - - München - 700 Freundeskreis Ulrich von 30 Huttenbriefe - für Volkstum, Hütten e. V. Kultur, Wahrheit und Recht - Starnberg - - zweimonatlich - 4.000 Deutscher Block (DB) 15 - Memmingen - 63 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z.T. geschätzt -) 5. Verlage: Druckschriftenund Zeitungsverlag Deutsche NationalGmbH (DSZ-Verlag) Zeitung (DNZ) - München - - wöchentlich - . 52.000 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) - wöchentlich - 32.000 Nation Europa Verlag GmbH Nation und Europa- - Coburg - Deutsche Monatshefte - monatlich - 15.000 Verlag Hohe Warte - Mensch und Maß Franz von Bebenburg KG - zweimal monatlich - - Pahl - 2.000 Denk mitl-Verlag Denk mit!. - Nürnberg - - unregelmäßig - 1.000 Odal-Verlag Der Scheinwerfer - Rodach b. Coburg - - monatlich - 7.000 Verlagsgemeinschaft Berg - Berg - 64 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines Linksextreme Der Zusammenbruch des kommunistischen Machtbereichs und fassen wieder Fuß die Demokratisierung ehemals kommunistischer Staaten in Mittelund Osteuropa, die teilweise mit einem Verbot der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) in diesen Ländern verbunden war, stürzte die Linksextremisten in der Bundesrepublik Deutschland zunächst in eine tiefe Ratund Orientierungslosigkeit, die zwischenzeitlich jedoch von den meisten Gruppen nach erheblichen Mitgliederverlusten und Auflösung von organisatorischen Untergliederungen überwunden werden konnte. Allmählich beginnen die linksextremistischen Organisationen - wenn auch auf reduziertem Niveau - wieder Tritt zu fassen. Trotz erkennbarer Konsolidierungstendenzen ist das Gesamtgefüge des organisierten Linksextremismus aber nach wie vor in Bewegung. Dies führte dazu, daß sich die Gesamtzahl der linksextremistischen Parteien und Gruppen in Bayern im Vergleich zum Vorjahr geringfügig erhöhte. Die Mitgliederzahl der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) ging auf Bundesebene nochmals leicht zurück; sie blieb jedoch auf Landesebene konstant. Auch bei den anderen Parteien und Gruppierungen trat in Bayern vielfach eine Stabilisierung bzw. in Einzelfällen sogar eine leichte Erhöhung der Mitgliederund Sympathisantenzahl ein. Die Marxistische Gruppe (MG), die im Mai 1991 ihre Auflösung erklärte, setzt gleichwohl ihre politischen Aktivitäten in konspirativer Weise fort. Sie wurde in der nachfolgenden Aufstellung für 1992 aber nur noch mit ihren 700 fest und dauerhaft in die Gruppe eingebundenen Angehörigen erfaßt. Zahl und Stärke Zahl und Stärke der linksextremistischen und linksextremistisch der Gruppen beeinflußten Organisationen in Bayern: 1990 1991 1992 Zahl der Organisationen 45 30 35 Mitgliedschaften Orthodoxe Linke 1.820 1.620 1.730 Mitgliedschaften Neue Linke 5.300** 5.140** 1.875* insgesamt 7.120** 6.760** 3.605* 65 Die Gesamtzahl von 3.605 Mitgliedschaften für das Jahr 1992 läßt sich wie folgt weiter aufgliedern: Mitgliedschaften in orthodoxkommunistischen Kernund Nebenorganisationen 960 abzüglich Mehrfachmitgliedschaften in Kernund Nebenorganisationen - 60 900 Mitgliedschaften in orthodoxkommunistisch beeinflußten Organisasationen 770 1.670 Mitgliedschaften in Kernund Nebenorganisationen der Neuen Linken 1.665* abzüglich Mehrfachmitgliedschaften in Organisationen der Neuen Linken - 60 1.605 Mitgliedschaften in beeinflußten Organisationen der Neuen Linken 210 1.815* Gesamtzahl (erkannte Mehrfachmitgliedschaften abgezogen) 3.485* Darin enthalten 700 Angehörige der MG, die im Mai 1991 ihre Auflösung erklärte. ' Darin enthalten jeweils 4.200 Angehörige der MG. In der vorstehenden Tabelle sind Mehrfachmitgliedschaften jeweils nur innerhalb des Bereichs der Kernund Nebenorganisationen berücksichtigt. Über weitere Mehrfachmitgliedschaften liegen keine zuverlässigen Zahlen vor. Ferner sind in den Mitgliederzahlen beeinflußter Organisationen auch Nichtextremisten enthalten; eine zahlenmäßige Aufgliederung ist nicht möglich. Die Versuche von Linksextremisten, bei der Propagierung ihrer AktionsZiele Unterstützung bei Demokraten zu finden, haben 1992 deutschwerpunkte lich zugenommen. Die wichtigsten Agitationsthemen waren dabei der Münchner Weltwirtschaftsgipfel (MWG), Neonazismus/Faschismus, Rassismus, Asylrecht und Ausländerfeindlichkeit. 66 2. Orthodoxer Kommunismus 2.1 Überblick Bekenntnis Die Entwicklung des orthodoxen Kommunismus war 1992 maßzum Marxismusgeblich geprägt durch die Suche nach sozialistischen und komLeninismus besteht munistischen Alternativen zur freiheitlichen demokratischen unverändert Grundordnung. Die demokratischen Reformen in den früher kommunistischen Ländern Osteuropas, die Wiedervereinigung Deutschlands sowie das Verbot der KPdSU in mehreren Republiken der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) erschwerten den Orientierungsprozeß der orthodoxen Kommunisten ganz erheblich. Obwohl das Mutterland des orthodoxen Weltkommunismus in seiner staatlichen Existenz der Vergangenheit angehört, bekannten sich die orthodoxen Kommunisten in ihrer Mehrheit auch weiterhin zum nicht reformierten Marxismus-Leninismus und damit, auch wenn sie es nicht offen aussprachen, zu Klassenkampf und Klassenherrschaft. Sie halten damit auch an ihren verfassungsfeindlichen Zielsetzungen fest: Das sind die "sozialistische" Revolution und die Diktatur des Proletariats, die vor allem gegen das Mehrheitsund Freiheitsprinzip sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Eine Sonderstellung im Bereich des orthodoxen Kommunismus nimmt die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) ein, die nach dem Zusammenbruch des SED-Unrechtsregimes in der ehemaligen DDR einen neuen Weg des "demokratischen Sozialismus" beschreiten will. Der PDS, der in den fünf neuen Ländern überwiegend Mitglieder der ehemaligen Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) angehören, traten inzwischen neben Mitgliedern der DKP auch Angehörige der dogmatischen Neuen Linken bei, die in der PDS/ Linke Liste (PDS/LL) integriert wurden. Wegen verfassungsfeindlicher Zielsetzung wird die PDS/ LL in Bayern seit Februar 1991 vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort DKP beansprucht Die DKP wurde am 26. September 1968 anstelle der im Jahre 1956 weiterhin vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen ParFührungsrolle tei Deutschlands (KPD) gegründet. Seit ihrer Gründung nimmt die Partei die Führung der orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland für sich in Anspruch. Sie machte diesen Führungsanspruch auch 1992 geltend. Der Kommunismus wird von ihr als das nach wie vor erstrebenswerte Ziel propagiert. Der Sozialismus, eine Vorstufe des Kommunismus, sei trotz des Zusammenbruchs des "realen Sozialismus" in der ehemaligen DDR eine Alternative zum Kapitalismus und eine große Errungenschaft der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung. Die Vereinigung Deutschlands bedeute auch nicht das Ende des Klassenkampfes. Um das kapitalistisch-imperialistische System überwinden zu können, sei weiterhin eine revolutionäre Partei der Arbeiterklasse erforderlich. 67 Am 16./17. Januar 1993 fand in Mannheim der 12. Parteitag der Parteivorstand DKP statt, an dem rund 400 Personen teilnahmen, darunter zahlbetont reiche Vertreter ausländischer "Bruderparteien" und "Befreiungsgesteigerte bewegungen" sowie kommunistischer Gruppierungen des InlanAktionsfähigkeit des. In seinem Rechenschaftsbericht betonte der Parteivorstand die 1992 gesteigerte Aktionsfähigkeit der Partei. So habe es regelmäßige Gespräche mit der "Kommunistischen Plattform" (KPF) in der PDS und zunehmende Kontakte zu ausländischen kommunistischen "Bruderparteien" gegeben. Als weitere Aktivitäten wurden die parteiinternen Diskussionen um die programmatischen Thesen und das Statut sowie die Spendenaktionen für das DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) genannt. Dagegen habe der Zusammenbruch der UdSSR und der politische Umbau der ehemaligen sozialistischen Länder tiefe Wirkungen auf die Mitglieder der DKP gehabt. Dies habe in der Partei heftige Erschütterungen ausgelöst. Die Kontroversen zum gesamtdeutschen Wirken als Partei der Arbeiterklasse und zum Verhältnis zur PDS seien eskaliert. So habe eine "einseitige, sektiererische" Gruppe dem Parteivorstand vorgeworfen, er wolle die DKP "PDS-kompatibel" machen und eine eigenständige kommunistische Politik aufgeben. Ferner habe diese Gruppe die Arbeiten an den neuen programmatischen Grundsätzen und die Bündnispolitik der Partei als revisionistisch angegriffen. Diese Konflikte hätten die Arbeit des Sprecherkreises und zeitweise auch des Sekretariats schwer behindert. Um die DKP nicht in eine sektiererische Sackgasse geraten zu lassen, seien dann im Juni 1992 die DKP-Sprecherin Helga Rosenberg von ihrer Funktion als Verantwortliche für Bündnispolitik und Friedhelm Kröll von seiner Funktion als Sekretariatsmitglied entbunden worden. Gegen heftige Kritik aus der oppositionellen "Hardliner-Gruppe" DKP hält an beschloß der Parteitag die seit längerem intern diskutierten "Theverfassungsfeindsen zur programmatischen Orientierung". Darin unterstreicht die licher Zielsetzung DKP ihre gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung fest gerichtete Zielsetzung. In der Einleitung zu den "Thesen" heißt es, die DKP kämpfe für eine Politik, die im Sozialismus die Zukunft, im Klassenkampf die zentrale Triebkraft der Geschichte und in der Arbeiterklasse die entscheidende soziale Kraft für den gesellschaftlichen Fortschritt sehe. Sie stütze sich auf die materialistische Wissenschaft, die von Marx und Engels gegründet und von Lenin weiterentwickelt worden sei. 2.2.2 Organisation Auf dem Gebiet der westlichen Bundesländer unterhält die DKP Ausdehnung nach wie vor zwölf Bezirksorganisationen. Diese sind in Kreisund der DKP auf die Grundorganisationen unterteilt. Die Grundorganisationen umfasneuen Länder sen Orts-, Wohngebietsund Betriebsgruppen. Im November 1991 hat die DKP in Berlin-Brandenburg eine weitere Bezirksorganisation errichtet, die vor allem die Mitglieder in den fünf neuen Ländern betreuen soll. Die Zahl der Mitglieder, die bundesweit 68 erneut zurückging, lag Ende 1992 unter 7.000 (1991: 8.000), davon 63 in den neuen Ländern. Damit hat die DKP seit der Wende mehr als zwei Drittel ihrer Mitglieder verloren. Nach Auffassung ihres Sprecherrats ist sie gleichwohl "immer noch der größte Zusammenschluß von Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland". Sprecherräte Von den bisher gewählten vier Sprechern der DKP wurden Heinz der DKP Stehr und Rolf Priemer auf dem 12. Parteitag in ihren Ämtern bestätigt. Die Sprecherin Helga Rosenberg, Vertreterin der oppositionellen Gruppe, schied aus dem Parteivorstand aus. Die weitere Sprecherin Anne Frohnweiler hatte für diese Funktion nicht mehr kandidiert. Neben den beiden erstgenannten Sprechern gehören dem Parteivorstand 28 weitere Mitglieder an, davon zwei DKP-Funktionäre aus Bayern. Angespannte Der Zusammenbruch des "realen Sozialismus" in der ehemaligen Finanzlage DDR und der damit verbundene Wegfall der materiellen Zuwendungen durch deren frühere Machthaber brachte die DKP in finanzielle Bedrängnis, die auch 1992 noch anhielt. Nur durch Auflösung von Rücklagen, Sammeln von Spenden und Einsparungen im Parteiapparat konnte sich die Partei vor dem drohenden Ruin retten. Auswirkungen Die Meinungsverschiedenheiten leitender DKP-Funktionäre über der Krise auf die Ideologie und Organisation auf Bundesebene hatten zur Folge, Untergliederungen daß auch in den bayerischen Untergliederungen heftige Diskussioin Bayern nen über den künftigen Kurs der Partei einsetzten. So kam es bei der Mitgliederversammlung der DKP-Bezirksorganisation Nordbayern am 25. Juli in Nürnberg zu scharfen Auseinandersetzungen über die vom Parteivorstand betriebene "Abwahl" von Friedhelm Kroll aus dem Sekretariat und die "Entmachtung" von Helga Rosenberg durch den Entzug ihres Verantwortungsbereichs. Beiden Funktionären, die seit langem zu den umstrittenen Wortführern "traditionalistischer" orthodox-kommunistischer Positionen gehören, wurde vorgeworfen, der Partei durch die Entwicklung separater Strukturen (Fraktionsbildung) zu schaden. Der Sprecherrat des DKP-Bezirks Nordbayern hatte zur Entscheidung des DKP-Vorstandes bereits am 23. Juni erklärt, mit dieser Maßnahme nehme der Parteivorstand offen Kurs auf die "Eliminierung" des marxistischen Kerns der DKP und seiner Repräsentanten in der Parteiführung. Dieser Kurs stehe im Widerspruch zu den auf dem 11. Parteitag vom 10. bis 12. Mai 1991 in Bonn festgelegten Leitlinien. Er werde zur Spaltung und letztlich zur Liquidierung der DKP als autonomer kommunistischer Klassenpartei führen. Trotz der ideologischen Auseinandersetzung konnte die DKP in Bayern 1992 ihren Mitgliederstand mit rund 800 Personen halten. Unverändert existieren 18 Kreisverbände. Dem bei der DKPBezirksorganisation Südbayern neu gewählten Vorstand gehören acht Personen, dem Sprecherrat drei Personen an. Bei der Bezirksorganisation Nordbayern führte der 1991 gewählte Vor- 69 stand und Sprecherrat die Geschäfte weiter. Anlaufstellen für die DKP-Mitglieder und -Sympathisanten sind in Nordbayern das DKP-Büro in Nürnberg und in Südbayern der "KOMM Treff" in München. 2 2 3 Bündnisund Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit Die DKP räumt der Bündnispolitik nach wie vor einen hohen StelDie bündnispolilenwert ein. Ein DKP-Sprecher vertrat hierzu die Auffassung, auch tische Bedeutung eine kleiner gewordene DKP habe sich als Dialogpartner in der der DKP ging Aktionseinheit und in Bündnissen zu bewähren. Ebenso forderte erneut zurück der DKP-Vorstand seine Mitglieder und Sympathisanten auf, bei Aktionen und Demonstrationen "gegen Rechts" Flagge zu zeigen und insbesondere die Aktivitäten in den "Friedensinitiativen" und den Initiativen gegen Ausländerhaß und Rassismus zu intensivieren. Bei ihren vielfältigen Bemühungen um das Zustandekommen von Aktionsbündnissen verzichtete die DKP sogar auf die von ihr früher verfolgte strikte Ablehnung von Bündnispartnern aus dem Bereich der Neuen Linken. Dies zeigte sich vielfach bei Veranstaltungen örtlicher Aktionsbündnisse, die sich gegen "Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit" sowie gegen den "Abbau des Asylrechts" richteten. So fanden 1992 mit Unterstützung der DKP zu diesem Themenbereich wiederholt Aktionen des linksextremistisch beeinflußten "Münchner Bündnisses gegen Rassismus" sowie des von Autonomen gesteuerten "Nürnberger Aktionsbündnisses gegen Rassismus" statt (vgl. auch Nr. 3.4). Im Rahmen eines Aktionsbündnisses protestierten Anhänger der DKP auch gegen eine Großkundgebung der rechtsextremistischen Deutschen Volksunion (DVU) am 14. März in Passau und gegen Propagandaaktionen von Rechtsextremisten am 15. August anläßlich des 5. Todestages von Rudolf Heß im Raum Oberfranken/Thüringen. Weitere Gelegenheiten für bündnispolitische Aktivitäten ergaben sich für die DKP bei den "Ostermärschen" und bei den Aktionen gegen den Weltwirtschaftsgipfel in München. Die Betriebsund Gewerkschaftsarbeit der DKP gestaltet sich Betriebsund immer schwieriger. So diskutierte der Parteivorstand der DKP auf Gewerkschaftsseiner 5. Tagung am 13./14. Juni in Essen über das Thesenpapier arbeit "DKP und Einheitsgewerkschaft heute". Hierzu erklärte der Leiter des "Gewerkschaftspolitischen Forums" beim Parteivorstand einleitend, die Partei wolle die Rolle von Kommunisten in der Gewerkschaft neu bestimmen sowie bewährte Formen und Methoden kommunistischer Betriebsarbeit weiterentwickeln. Die Aufgabe, die DKP als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse in Deutschland zu erneuern, erfordere konsequenterweise, sich aktiv in den Gewerkschaften sowie in den Interessenvertretungsorganen der Betriebe und Verwaltungen zu betätigen. Dort lasse sich die unbedingt notwendige Politik der Aktionseinheit am ehesten durchsetzen. In dem Thesenpapier, in dem die bisherigen Positionen und Forderungen kommunistischer Gewerkschaftspolitik bekräftigt werden, heißt es in unverändert klassenkämpferischer 70 Manier, die DKP stehe in der Tradition zehntausender Kommunisten, die auf allen Ebenen die Einheitsgewerkschaft mitgestaltet hätten. Bei ihrem Einsatz für die Stärkung der Gewerkschaften kämpfe die DKP insbesondere darum, den Antikommunismus zu überwinden und alle jene Absichten zurückzuweisen, welche die Gewerkschaften als Ordnungsfaktor des kapitalistischen Systems mißbrauchen und mit der Ideologie der Sozialpartnerschaft an das Großkapital binden wollten. In Bayern bestanden Ende 1992 nur noch zwei Betriebsgruppen. 2.2.4 Sonstige Aktivitäten DKP agitiert gegen Auf Einladung der DKP fand vom 14. bis 16. Februar in der "KarlEG-Binnenmarkt Liebknecht-Schule" in Leverkusen eine internationale Konferenz zum Thema "Der EG-Binnenmarkt und die besondere Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland" statt. Ein Mitglied des DKPSprecherrats erklärte hierzu, der deutsche Imperialismus wolle mit dem angestrebten EG-Binnenmarkt und der Europäischen Währungsunion diejenigen Ziele erreichen, die ihm in zwei Weltkriegen versagt geblieben seien. Zudem forderte das Mitglied, beim Kampf gegen das "Europa der Monopole" eine Gegenstrategie auf "antimonopolistischer, antiimperialistischer Grundlage" zu entwickeln. Zusammenarbeit Bei einem Treffen Anfang Juli 1992 in Berlin erörterten Mitglieder von DKP und PDS der Parteivorstände von DKP und PDS die Bildung von überparteilichen "Komitees für Gerechtigkeit" (KfG), die Entwicklung von DKP und PDS, ihr Verhältnis zueinander und erste wahlpolitische Überlegungen für 1993/94. Dabei beurteilte der ehemalige PDSGeschäftsführer die Zusammenarbeit eher skeptisch; er empfahl einen "pragmatischen Umgang". Dagegen wiesen mehrere Vertreter der DKP auf die gemeinsame Verantwortung beider Parteien bei der Entwicklung von außerparlamentarischem Widerstand hin. Unterschiedliche Parteikonzepte dürften der Aktionseinheit nicht im Wege stehen. Für die Zukunft wurden regelmäßige Begegnungen auf Vorstandsebene festgelegt. DKP unterstützt Die DKP kommentierte in der UZ vom 31. Juli die Bildung der Gründung der KfG "Komitees für Gerechtigkeit" (KfG) wohlwollend und forderte zu deren Unterstützung auf. Der Appell der Komitees zu mehr Bürgerinitiative, Eigenaktivität und kämpferischer Interessenvertretung sei logisch und nützlich. Die DKP müsse diesem Aufruf zum Erfolg verhelfen. Solidarität der Im Zusammenhang mit der Inhaftierung des ehemaigen DDRDKP mit Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker erklärte ein Mitglied des Erich Honecker DKP-Sprecherrats, auch unter "Kommunistinnen und Linken" gebe es über die Rolle, die Honecker in der DDR gespielt habe, geteilte Auffassungen. Die einmütige Solidarität der DKP gelte jedoch einem Antifaschisten, der die Friedenspolitik zwischen beiden deutschen Staaten und in Europa entscheidend geprägt habe. Was nun in Berlin als Anklage für das Rachetribunal zusam- 71 mengetragen werde, sei lächerlich und unhaltbar. Auch das Ende 1990 gegründete und von einem DKP-Funktionär geführte "Solidaritätskomitee für Erich Honecker und alle verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten" nahm eine ähnliche Position ein. Mit Honecker werde ein mutiger und standhafter Kämpfer gegen den Faschismus der "Rachejustiz" des Imperialismus ausgeliefert. 2.2.5 Publikationen, Verlage und Schulungen Die wichtigste Publikation der DKP, das Zentralorgan "Unsere Weiteres Zeit" (UZ), erscheint aus finanziellen Gründen nur noch alle 14 Erscheinen der UZ Tage. Um die Herausgabe der UZ zu sichern, rief die DKP wiedernicht gesichert holt und offenbar nicht ohne Erfolg zu Spenden auf. Bis Ende 1992 sollen insgesamt 266.492 DM an Spenden eingegangen sein. Die Auflage der UZ betrug zum Jahresende 1992 rund 14.000 (1991: 8.000) Exemplare. Die Publikation wird wie bisher vom DKP-Parteivorstand herausgegeben. Verlag und Redaktion sind im Gebäude des DKP-Parteivorstandes in Essen untergebracht; gedruckt wird die UZ bei der Firma COPE, der Druckerei der Kommunistischen Partei Luxemburgs. Zeitung der DKP Als theoretisches Organ der DKP erscheinen alle zwei Monate die "Marxistischen Blätter". Die Auflage zum Jahresende 1992 betrug unverändert 4.000 Exemplare. Von den in früheren Jahren verbreiteten zahlreichen Kreis-, Orts-, Stadtteilund Wohngebietszeitungen wurden 1992 nur noch 72 wenige Ausgaben bekannt. Um das dadurch entstandene Informationsdefizit abzudecken, gab die Bezirksorganisation Nordbayern den "Nordbayerischen Landboten" heraus. Der DKP-Kreisverband München verbreitet für seine Mitglieder einen "Rundbrief"; der DKP-Kreisverband Nürnberg den "rathausreport". Daneben verteilen DKP-Gruppen in München, Fürth und Regensburg sporadisch Stadtzeitungen mit Titeln wie "linksblick", "Fürther Kleeblatt" und "Regensburg aktuell". "isw-report" Bereits 1991 gründeten DKP-Funktionäre in München ein Institut informiert über für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e. V. (isw). In einer MonopolkapitalisSelbstdarstellung nannte das isw als Arbeitsschwerpunkte u. a. mus die Analyse der Globalisierung von Güterund Kapitalmärkten, die Untersuchung der Weltmarktstrategien transnationaler Konzerne und die Erforschung der Wirkung militärisch-industrieller Komplexe. In ihrer Argumentation versuchen die Vertreter des isw, die "Machenschaften" und "Praktiken" des Monopolkapitalismus offenzulegen und anzuprangern; sie wollen damit einen Beitrag zur Ausarbeitung und Verbreitung einer antikapitalistischen Wirtschaftsanalyse leisten. Vierteljährlich erscheint ein "isw-report", in dem aus DKP-Sicht versucht wird, in anschaulicher und verständlicher Form wirtschaftliche Einzelthemen zu analysieren. Die Publikationen enthielten 1992 u. a. Themen wie "Gegen die Asyllügen", "Der Gipfel, diese Weltwirtschaft" und "EG - Vom Supermarkt zur Supermacht". DKP-Schulung Die früher intensiv und aufwendig betriebenen Schulungen von faktisch eingestellt DKP-Mitgliedern fanden 1992 nicht mehr statt. Bildungsmaterialien erschienen aus finanziellen Gründen nicht mehr. 2.3 Umfeld der DKP In ihrer politischen Arbeit stützte sich die DKP 1992 auf die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), eine Nebenorganisation der DKP, sowie auf Vereinigungen, die von der DKP beeinflußt werden. Bei den beeinflußten Organisationen ist der kommunistische Einfluß von außen her nicht immer sofort erkennbar. Diese Organisationen vertreten vielfach auch Ziele, die - isoliert betrachtet - nicht als verfassungsfeindlich erscheinen, insgesamt jedoch der kommunistischen Zielsetzung dienen. Die wichtigsten noch aktiven DKP-beeinflußten Organisationen waren 1992 die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (WN-BdA) und die Deutsche Friedens-Union (DFU). Beide Organisationen hatten nach dem Wegfall der finanziellen Zuwendungen durch die DKP Mühe, ihre Existenz zu sichern. An ihre früheren bündnispolitischen Erfolge konnte die DKP schon aus diesem Grunde nicht mehr anknüpfen. Stabilisierung Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) wurde des Mitglieder1968 in Essen als Jugendverband gegründet, der sich weltanbestandes schaulich zu den Ideen von Marx, Engels und Lenin bekennt und zusammen mit der DKP für eine sozialistische Entwicklung in 73 Deutschland kämpft. Der Zusammenbruch des kommunistischen Machtbereichs führte die SDAJ in eine schwere finanzielle und organisatorische Krise. Die Jugendorganisation war zunächst zu nennenswerten Aktionen nicht mehr fähig. Diese Phase der Stagnation und der Einbrüche im Verband konnte die SDAJ inzwischen stoppen. Der Mitgliederbestand hat sich wieder stabilisiert. Ende 1992 gehörten der SDAJ bundesweit mehr als 350 (1991: 300) Mitglieder an. In Bayern verfügt sie unverändert über 60 Mitglieder. Auf ihrem 11. Bundeskongreß am 14./15. Dezember 1991 in 11. Bundeskongreß Essen verabschiedeten die Delegierten ein "Positionspapier", in verabschiedet dem die SDAJ ihren Anspruch als revolutionäre, sozialistische "Positionspapier" Organisation der Arbeiterjugend erneut bekräftigte. Danach könne eine sozialistische Bundesrepublik Deutschland nicht allein durch Reformen erkämpft werden, sondern erfordere einen grundsätzlichen Bruch mit den kapitalistischen Machtund Eigentumsverhältnissen. Reformkonzeptionen müßten deshalb immer in eine revolutionäre Gesamtstrategie eingebettet sein, und zwar auf der Basis einer einheitlichen wissenschaftlichen Weltanschauung, den Erkenntnissen von Marx, Engels und Lenin sowie anderer marxistischer Theoretiker. Der Kongreß wählte ferner einen neuen Bundesvorstand, dem 25 Personen angehören, darunter vier aus Bayern. Auf seiner konstituierenden Sitzung bestellte der Bundesvorstand aus seiner Mitte sechs Funktionäre für die Geschäftsführung. Ein Bundesvorsitzender wurde nicht gewählt, da niemand zur Kandidatur bereit war. Eigene Aktionen der SDAJ fanden nur in begrenztem Umfang SDAJ nur mehr statt. Ihre Anhänger beteiligten sich vielfach an Protestaktionen, begrenzt aktionsso z. B. am Gegenkongreß und an den Aktionstagen gegen den fähig Weltwirtschaftsgipfel vom 6. bis 8. Juli in München sowie an den Demonstrationen gegen Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Faschismus. Weitere Aktionsschwerpunkte waren die "Solidarität mit den politischen Gefangenen aus RAF und Widerstand" und die Situation der Kurden in der Türkei, die Anlaß für einen Aufruf zum Aufruf zu Gewalt Tourismusboykott in der Türkei war. Darüber hinaus rief die SDAJ im "antifaschiin ihrem Organ "position" (Nr. 10/92) zu militanten Kampfformen stischen Kampf,, auf. "Antifaschistische Hilfe" könne sich nicht auf Nachtwachen vor Asylbewerberheimen und alternativen Jugendtreffs beschränken, sondern müsse auch konkret geleistet werden. Dabei sei die Aufforderung "keine Gewalt" wenig sinnvoll. Gegen die Neonazis keine Gegenwehr zu leisten, bedeute, vor der Gewalt der, "Faschistinnen" zu kapitulieren. 2.4 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 2.4,1 Entwicklung der PDS Die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR führte im Herbst Zusammenbruch 1989 zum Zusammenbruch des SED-Unrechtsregimes und stürzdes SED-Regimes te die bis dahin diktatorisch regierende Staatspartei in eine tiefe 74 Krise. Nach dem Anfang Dezember 1989 erklärten Rücktritt der gesamten Parteiführung der SED mit Egon Krenz an der Spitze fand noch im selben Monat ein außerordentlicher Parteitag statt, auf dem u. a. die Änderung des Parteinamens in "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands - Partei des Demokratischen Sozialismus" (SED-PDS) beschlossen wurde. Anläßlich einer Tagung des Parteivorstandes der SED-PDS am 4. Februar 1990 wurde der Parteiname endgültig in Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) geändert. Eine Auflösung der SED fand nicht statt. Der Wahl Parteitag vom 24V25. Februar 1990 bestätigte die Namensänderung und beschloß ein neues Statut sowie ein Programm. Politisches Sowohl das alte Statut als auch das für 1992 noch gültige ProSelbstverständnis gramm gaben die kommunistische Intention der PDS deutlich zu der PDS erkennen. Im neuen Statut, das auf der zweiten Tagung des 2. Parteitages der PDS im Juni 1991 in Berlin beschlossen und in einer bundesweiten Urabstimmung durch die Mitglieder der PDS bestätigt wurde, fehlen inhaltlich kommunistische Aussagen. Es läßt jedoch weiterhin die Bildung von Zusammenschlüssen zu, denen - im Rahmen des Parteistatuts - die Möglichkeit eingeräumt wird, mit eigener Satzung und eigenem Namen in der PDS mitzuwirken. So ist in der PDS die "Kommunistische Plattform" (KPF) verankert, die sich eindeutig zum dogmatischen MarxismusLeninismus bekennt und die DKP (vgl. Nr. 2.2) als natürliche Verbündete ansieht. "Kommunistische Zu ihrer Rolle in der PDS schreibt die KPF in ihrem Organ "MitteiPlattform" (KPF) lungen" Nr. 11/92, in den drei Jahren ihres Bestehens habe die Plattform - erfolgreich - für eine antikapitalistische Oppositionspartei und eigenständige marxistische Positionen gekämpft, sich in die Partei eingebracht und damit zugleich die Fähigkeit zur Zusammenarbeit aller Kommunisten gewonnen. Ohne die KPF wäre die PDS heute nicht die linkssozialistische Partei, die immer mehr akzeptiert werde. Die Plattform sei weder "Partei in der Partei" noch "revolutionäres Feigenblatt", sondern "kritischer aktiver Part". Die 4. Bundeskonferenz der KPF am 31. Oktober/1. November in Berlin betonte erneut, die Plattform sei integraler Bestandteil der PDS. Es gelte, der PDS die revolutionären Kräfte zu erhalten, zu sammeln und zu bündeln. Die KPF müsse so wirken, daß sich alle Kommunisten in der PDS wiedererkennen könnten. Ständiger Rat Über die KPF ist die PDS auch im "Ständigen Rat Marxistischer Marxistischer Parteien" vertreten. Diesem 1991 in Berlin gegründeten GremiParteien um gehören neben der PDS auch die Anfang 1990 in den fünf neuen Bundesländern gegründete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/DDR) sowie der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) an. Ziel des Ständigen Rates ist die Kommunikation und Koordination der Marxisten Deutschlands in Theorie und Praxis. 75 Die erste Tagung des 3. Parteitages der PDS vom 29. bis 31. PDS-Parteitag Januar 1993 in Berlin bestätigte die linksextremistische Ausrichin Berlin tung der PDS. Die Delegierten diskutierten dort einen Beschluß des letzten Parteitages "Zur konsequenten, offenen und öffentlichen Auseinandersetzung der PDS mit der Problematik Staatssicherheit" (MfS-Beschluß), nahmen ein Aktionsprogramm an, das bis zu den Europaund Bundestagswahlen im Jahre 1994 gültig sein soll, und verabschiedeten ein neues Parteiprogramm. Als Nachfolger des bisherigen Parteivorsitzenden Gregor Gysi, der Monate vorher seinen Rücktritt angekündigt hatte, wurde der bisherige Vorsitzende des PDS-Landesverbandes Brandenburg Lothar Bisky gewählt. Neue Stellvertreter wurden Christine Ostrowski aus Dresden und der ehemalige DKP-Bezirksvorsitzende von Hamburg Wolfgang Gehrcke. Nachdem bekannt wurde, daß Christine Ostrowski mit dem Landesvorsitzenden der verbotenen neonazistischen Nationalen Offensive (NO) in Sachsen ein Kontaktgespräch geführt hatte, erklärte sie am 15. März 1993 ihren Rücktritt. Kontroverse Diskussionen auf dem Parteitag gab es bei der Verabschiedung des neuen Parteiprogramms, das mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen wurde, und bei der Erörterung des MfS-Beschlusses. So stand einem "Reformerflügel", der die Rolle der PDS als sozialistische Partei darstellen wollte, eine nicht unerhebliche Anzahl von Delegierten gegenüber, die deutlich die Ideologie der ehemaligen SED vertraten. Insbesondere Sprecher der KPF in der PDS beschworen unter Berufung auf Marx, Engels und Lenin den "Klassenkampf" und forderten eine "Volksfront" aller linken Kräfte. Nach dem neuen Parteiprogramm versteht sich die PDS als ein Zusammenschluß "linker Kräfte". Die PDS will Mitglieder und Sympathisanten aus allen gesellschaftlichen Schichten gewinnen, die den Willen haben, zu grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen beizutragen^ In der PDS hätten sowohl Menschen einen Platz, die der kapitalistischen Gesellschaft Widerstand entgegensetzen wollen und die gegebenen Verhältnisse fundamental ablehnen, als auch jene, die ihren Widerstand damit verbinden, die gegebenen Verhältnisse positiv zu verändern und schrittweise zu überwinden. Die PDS hält den außerparlamentarischen Kampf um gesellschaftliche Veränderungen für entscheidend. Sie bekennt sich zu einem konsequenten Internationalismus und ist dem Erbe von Marx und Engels, den vielfältigen Strömungen der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung sowie anderen revolutionären und "demokratischen" Bewegungen kritisch verbunden. 2.4.2 PDS/Linke Liste in den westlichen Bundesländern Die Linke Liste/PDS (LL/PDS) konstituierte sich am 12. August LL/PDS in 1990 in Hamburg als Bundespartei mit dem Ziel, in einer Listenden westlichen verbindung mit der PDS an der ersten gesamtdeutschen BundesBundesländern tagswahl 1990 teilzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte jedoch diese Listenverbindung für unzulässig. Daraufhin 76 wurde auf dem Parteitag vom 13./14. Oktober 1990 beschlossen, zur Bundestagswahl gesamtdeutsch zu kandidieren. Die damals mit einem Minimum an Mitgliedern gegründeten westdeutschen Landesverbände der LL/PDS, in denen vielfach Linksextremisten mit unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen dominierten, lösten sich daraufhin auf und konstituierten sich als Landesverbände der PDS neu. Den westdeutschen Landesverbänden blieb es überlassen, sich in Zukunft ausschließlich als Landesverband der PDS oder als Landesverband PDS/LL zu benennen. Projekt PDS/LL Die PDS befindet sich derzeit in den westlichen Bundesländern in ist gescheitert einer kritischen Situation. Dies liegt nicht zuletzt daran, daß das von der PDS und besonders von der westdeutschen "Linken" mit großer Euphorie verfolgte Projekt PDS/LL gescheitert ist. Für die meisten Anhänger der LL ist die PDS eine Ostpartei geblieben. So blieb es nicht aus, daß viele engagierte Vertreter der westdeutschen "Linken", die in der PDS/LL eine politische Heimat zu sehen glaubten, die PDS/LL wieder verließen. Hinzu kamen die finanziellen Schwierigkeiten der Gesamtpartei, die zur krisenhaften Entwicklung der westdeutschen Landesverbände der PDS beitrugen. Nach eigenen Angaben gehörten der PDS Ende 1992 rund 146.000 zahlende Mitglieder an. In Westdeutschland zählt die PDS 600 Mitglieder. 2.4.3 PDS/Linke Liste in Bayern LL/PDS in Bayern In Bayern bildeten sich im Laufe des Jahres 1990 zahlreiche unterschiedlich strukturierte Initiativen, um einen Landesverband Bayern der LL/PDS zu gründen. In diesen Zusammenschlüssen arbeiteten u. a. Mitglieder der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), DKP-Funktionäre der beiden politischen Richtungen ("Erneuerer" und "Traditionalisten"), Mitglieder und Anhänger des Kommunistischen Bundes (KB), des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD (AB), des Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK), der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP), der Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) bis hin zu einzelnen Autonomen mit. Gründung der Am 11. September 1990 fand in München die Gründung der LL/PDS Bayern LL/PDS, Landesverband Bayern, statt. Von den damaligen zwölf Gründungsmitgliedern verfügten immerhin acht Personen über einen linksextremistischen Vorlauf. Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war auch der bayerische Landesverband der LL/PDS gezwungen, entsprechende Umgruppierungen vorzunehmen. Bei einem "Koordinierungstreffen" am 20. Oktober 1990 in Nürnberg wurde die Auflösung der LL/PDS und die Gründung eines PDS-Landesverbandes LL beschlossen. Damit wurde der bayerische Landesverband auch Teil der Gesamtpartei PDS, ehemals SED. Linksextremisten Die ideologische Nähe zur PDS ließ zahlreiche Linksextremisten, haben starke insbesondere solche aus den Reihen der DKP, aber auch AnhänStellung ger der Neuen Linken, von Anbeginn in den örtlichen Initiativen der 77 LL/PDS aktiv werden, wo sie alsbald einen nicht unerheblichen Einfluß erlangten. Dieser setzte sich auf Landesebene, ja selbst bis auf Bundesebene fort. So gehörten von den sechs Kandidaten der PDS/LL Bayern für die Bundestagswahl 1990 zwei ehedem der DKP an; einer bezeichnete sich selbst als Vertreter der VSP. Von den sechs Mitgliedern des Landesvorstandes gehörten drei ehemals der DKP an. Die weitgehende personelle Identität der PDS mit der SED, insbesondere im Bereich des Führungskaders, die programmatische Berufung der PDS auf die kommunistische Tradition und die vom PDS-Vorstand akzeptierte satzungsgemäß verankerte KPF innerhalb der Partei sowie die innerhalb des bayerischen Landesverbandes festgestellte starke Dominanz der Linksextremisten in allen wichtigen Bereichen führte im Februar 1991 zu der Entscheidung, die PDS/LL Bayern durch das Bayerische Landesamt für Beobachtung der Verfassungsschutz beobachten zu lassen, Sie steht aus den gleiPDS/LL Bayern chen Gründen wie die orthodox-kommunistische DKP nicht auf dem Boden des Grundgesetzes (vgl. dazu Nr. 2.2). Organisatorisch setzt sich der Landesverband Bayern - entsprechend den beiden Strömungen - im wesentlichen aus den Initiativen LL/PDS und den PDS-Basisorganisationen zusammen. Die Zahl der örtlichen Gruppierungen ist von bisher 17 auf 10 Gruppen zurückgegangen. Die Mitgliederzahl der PDS/LL Bayern liegt bei etwa 100. Wie alle westlichen Landesverbände ist auch der Finanzierung der Landesverband Bayern von der finanziellen Notlage der GesamtPDS/LL Bayern partei betroffen. Die für das Jahr 1992 erheblich gekürzten finanziellen Zuwendungen zwangen den Landesverband dazu, seine Öffentlichkeitsarbeit einzuschränken und die Landesgeschäftsstelle in Nürnberg zum Jahresende zu schließen. Ein überwiegend von der PDS-Basisorganisation München betriebenes Büro in München wird dagegen weitergeführt. Im Umfang gekürzt wurde die von der PDS/LL Bayern in unregelmäßigen Abständen herausgegebene Informationsschrift "Bayern-Info". PDS LinkeListe Bayern - Info Informationsdienst der PDS Linke Liste Bayern - Nummer 4 - 01.10.1992 Auch im zweiten Jahr ihres Bestehens beschäftigte sich die Aktivitäten der PDS/LL Bayern überwiegend mit Fragen des organisatorischen PDS/LL Bayern Aufbaus des Landesverbandes und parteiinternen Angelegenheiten. Publizistisch herausgestellt wurde von der PDS/LL Bayern der 78 Besuch des PDS-Vorsitzenden Gregor Gysi am 3. April in Nürnberg und am 4. April in München..An den dazu vom Landesverband organisierten Diskussionsveranstaltungen in Nürnberg und München, bei denen Gysi zum Thema "Weiter so Deutschland" sprach, nahmen rund 200 bzw. 160 Personen teil. Inhaltlich befaßten sich die Referate mit dem Weltwirtschaftsgipfel in München sowie mit den Themen "Asyl", "Sozialabbau" und "Rassismus". Breiteren Raum nahmen auch die sowohl intern als auch extern geführten Diskussionen zu den Programmentwürfen der PDS bzw. KPF sowie die Bündnisarbeit in Anspruch. So unterstützte die PDS/LL die "antifaschistischen" Aktionen des linksextremistisch beeinflußten Münchner Bündnisses gegen Rassismus sowie die Arbeit der Bündnisse gegen den Weltwirtschaftsgipfel. Hier, wie auch in kleineren antifaschistischen Bündnissen, arbeitete die PDS/LL eng mit linksextremistischen Kräften, insbesondere mit der DKP, zusammen. Die enge Verbundenheit zur DKP auf regionaler Ebene dokumentiert sich in zwei gemeinsamen Veranstaltungen der PDS München, der PDS Thüringen und der DKPSüdbayern am 6. November in Gera und am 4. Dezember in München. Anlaß des Zusammentreffens waren die Programmentwürfe von PDS und DKP sowie die Suche nach eventuellen Gemeinsamkeiten. Beschlüsse wurden dabei nicht gefaßt. ARGE bei der PDS Weiter zurückgegangen ist der ehemals starke Einfluß der Arbeits"Konkrete Demogemeinschaft (ARGE) bei der PDS "Konkrete Demokratie - Soziale kratie - Soziale Befreiung" auf den Landesverband. Diese im September 1990 in Befreiung" Suhl/Thüringen gegründete ARGE wendet sich gegen eine Regionalisierung der PDS, damit die Diskussion um die Zukunft über eine sozialistische Bewegung in allen Ländern, zentral von Berlin aus, fortgesetzt werden könne. Dem Zusammenschluß gehören neben PDS-Basisorganisationen in Thüringen auch die PDSBasisorganisationen Nürnberg und Ingolstadt an. Über die meist monatlichen Treffen berichtet der alle sechs Wochen erscheinende "Rundbrief". 2.4.4 Aussagen der PDS und ihrer Funktionäre Verhältnis zur Das Verhältnis der PDS zur repräsentativen parlamentarischen parlamentarischen Demokratie ist weiterhin gespalten. Führende Vertreter der PDS Demokratie übten wiederholt Kritik an der "bürgerlichen Demokratie" und an maßgeblichen Verfassungsgrundsätzen. So erklärte ein Sprecher der KPF, die Demokratie habe noch niemals ohne die prinzipielle und praktische Option der Gewalt gegen Andersdenkende und -handelnde funktioniert. An ihr klebe nicht nur das Blut von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, sondern auch von Philipp Müller und Benno Ohnesorg; jedes Jahr erschieße die deutsche Polizei zahlreiche wirkliche oder vermeintliche "Verdächtige und Flüchtlinge". Die Demokratie habe den Machtantritt des deutschen Faschismus nicht verhindert; heute verhindere sie nicht Rechtsrädikalismus und Ausländerhaß. Aus Anlaß des 75. Jahrestages der Oktoberrevolution schrieb der PDS-Landesvorstand Berlin im 79 PDS-Pressedienst vom 6. November, die Revolution sei eine "historische Tat" gewesen und Beginn einer alternativen Gesellschaftsentwicklung. Der Versuch, eine sozialistische Gesellschaft zu gestalten, bedürfe keiner Entschuldigung. Die damit verbundenen Fehler und Verbrechen würden die zahlreichen positiven Erfahrungen nicht vergessen lassen. Abschließend betonte der Landesvorstand: "Noch nie brauchte die Menschheit so nötig sozialistisches Denken und sozialistische Politik wie heute". Wiederholte Äußerungen führender PDS-Funktionäre belegen, daß Verhältnis der die Partei weiterhin Gewalt oder sonstige militante Protestformen PDS zur Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung nicht prinzipiell ablehnt. So nannte ein Mitglied des PDS-Parteivorstandes die Eierwürfe "kritischer Demonstranten" gegen den Bundespräsidenten bei der Großdemonstration gegen Ausländerfeindlichkeit am 8. November in Berlin gerechtfertigt; den Rechtsstaat bezeichnete derselbe Funktionär als "so verlogen wie etwas" und sprach von "geistigen Brandsatzlegern" in den Reihen der Bundesregierung. Ähnlich äußerte sich ein PDS-Funktionär aus Berlin, der Gesetzesverstöße im außerparlamentarischen Kampf für gerechtfertigt hält. Im Zusammenhang mit dem vermeintlichen Abbau sozialer Rechte, den die Bundesregierung im Auftrag des Großkapitals besonders im Osten Deutschlands betreibe, wandte sich die KPF in einem Aufruf an alle PDS-Mitglieder, "Kommunisten" und "Sozialisten" dieses Landes, sich gegen den Angriff zu wehren. Hierbei sollten alle Möglichkeiten von Widerstandsaktionen wie z. B. "ziviler Ungehorsam", "Boykott" und "Betriebsbesetzungen" genutzt werden. Auch der ehemalige stellvertretende PDS-Vorsitzende Andre Brie, der eigenen Angaben zufolge rund 20 Jahre für das MfS als "Inoffizieller Mitarbeiter" (IM) tätig war, betonte die Notwendigkeit des außerparlamentarischen Widerstandes gegen die Großmachtpolitik und den sozialreaktionären Kurs von Kapital und herrschenden Parteien. Die PDS werde nach seiner Auffassung ihrer Verantwortung nur dann gerecht, wenn sie "widerständige Kultur" entwickle und zu einem breiten politischen Widerstand mit wirksamem Veränderungswillen beitrage. 3. Neue Linke 3.1 Überblick Die Gruppen der dogmatischen Neuen Linken streben als Ziel eine kommunistische Gesellschaft an und stimmen damit in der Zielsetzung mit den orthodoxen Kommunisten überein. Den Kommunismus ehemaliger sowjetischer Prägung lehnen sie jedoch nach wie vor als "revisionistisch", "bürokratisch" und "sozialimperialistisch" ab. Die im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des "real existierenden Sozialismus" auch in diesem Bereich einsetzenden tiefgreifenden Veränderungen sind noch nicht abgeschlossen. Bei Diskussionen wurde für die entschiedene Weiterführung sozialistischer Vorstellungen plädiert. Hierbei zog man folgendes Resümee: Heute könne man nur 80 mehr schwer die Massen für den Marxismus-Leninismus gewinnen; die Revisionisten, die in allen Ländern des Ostens den Sozialismus verraten und sein Ansehen zerstört hätten, hätten auch die Munition für den modernen Antikommunismus geliefert. Übereinstimmend und unverändert geblieben ist die Feindschaft der dogmatischen Neuen Linken gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Zum Kampf gegen den "triumphalistischen" Kapitalismus sucht sie noch immer nach neuen revolutionären Strategien und Taktiken. An diesen Diskussionen beteiligten sich aktiv auch Aktivisten und Funktionäre der PDS. Das Erscheinungsbild der verbliebenen dogmatischen Neuen Linken war auch 1992 noch geprägt von Überalterung, Flügelkämpfen, Abspaltungen und finanziellen Schwierigkeiten; es konnten aber auch eine Stabilisierung im Organisationsgrad und teilweise eine geringfügige Erhöhung des Mitgliederstandes festgestellt werden. Die Auflagenhöhen bei Publikationen konnten gehalten werden. Die Nachfolgegruppen des 1991 aufgelösten Kommunistischen Bundes (KB) "Mehrheit" und "Gruppe K" veröffentlichten zunächst gemeinsam die Zeitschrift "Arbeiterkampf" (ak). Seit Mitte dieses Jahres haben sie sich auch hierbei getrennt. Der ak wird in wenig veränderter Aufmachung, geringerer Auflage und der neuen Bezeichnung "analyse und kritik" nur noch von der "Mehrheit" herausgegeben. Die "Gruppe K" verfügt bisher noch über keine eigene Zeitschrift. Unbeeindruckt hiervon blieb die Nürnberger Gruppe des KB, die sich weder gespalten noch aufgelöst hat und weiterhin unter dem Namen KB agitiert. Die meisten Gruppen des stark zersplitterten trotzkistischen Spektrums, die sich überwiegend einer der konkurrierenden, Richtungen des internationalen Trotzkismus angeschlossen haben, konnten sich personell behaupten bzw. neue Anhänger gewinnen. Von der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) spaltete sich ein Teil ab uhd vereinigte sich mit der nach der Wiedervereinigung in den neuen Ländern gegründeten Gruppe "Revolutionäre Sozialk", stinnen/Vierte Internationale (GRS)" zur "Gruppe Avanti - IV. Internationale" mit dem nun bundesweit vertriebenen Publikationsorgan "Avanti". Die Gruppen der undogmatischen Neuen Linken (UNL) propagieren vehement eine Abkehr von der Leistungsund Industriegesellschaft. Sie suchen nach Alternativen im Sinne einer herrschaftsfreien Lebensweise. Entsprechend ihrer Ablehnung aller Formen staatlicher Reglementierungen besitzen die Anhänger der UNL zunehmend weniger Hemmungen gegenüber Gewaltanwendung. Sie ist für sie ein wesentliches Mittel zur Durchsetzungihrer Ziele. Trotz ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer eigenen strukturierten Ideologie ist eine deutliche Affinität zu marxistisch-anarchistischen Vorstellungen erkennbar. Schwerpunktthemen in diesem Bereich waren 1992 der Wirtschaftsgipfel in München-und' der "Antifaschismus". * 81 3.2 Dogmatische Neue Linke 3.2.1 Marxistische Gruppe (MG) Die MG, eine 1969/1970 aus der Gruppierung "Rote Zellen" herMG besteht weiter vorgegangene, zeitweise mitgliederstärkste extremistische Gruppierung in Bayern mit zuletzt mehr als 5.000 Anhängern, hat noch in ihrer Auflösungserklärung vom 21. Mai 1991 ihre extremistischen Ziele bekräftigt. Die publizistischen Aktivitäten führender ehemaliger MG-Funktionäre lassen erkennen, daß die "Auflösung" der MG nur auf die Einstellung der öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten beschränkt blieb, den internen Bestand der Gruppe jedoch nicht gefährden sollte. Daneben weisen auch die bundesweit in kleinen Zirkeln durchgeführten Schulungen von MG-Angehörigen auf den Fortbestand der Gruppe hin. Seit März geben ehemalige führende Funktionäre der MG die politische Vierteljahresschrift "Gegenstandpunkt" in dem von ihnen neugegründeten gleichnamigen Verlag heraus. Die Auflage beträgt etwa 6.000 Exemplare. Diktion und Inhalt der Beiträge entsprechen den bisherigen MG-Publikationen. In einem in der Ausgabe Nr. 3/92 veröffentlichten Beitrag sprechen sich die Verfasser für ein "putschistisches Revolutionsmodell" aus, das von der Zustimmung der zu "befreienden Massen" unabhängig sei. Als weitere publizistische Aktivität muß der Betrieb einer "marxistischen Mailbox" gewertet werden, in der eine Vielzahl von MGTexten, u. a. Ausgaben ihres früheren Organs "MSZ-Marxistische Streitund Zeitschrift - Gegen die Kosten der Freiheit" enthalten sind. Auch nach ihrer taktischen "Auflösung" kann die MG in Bayern auf einen Anhängerkreis von etwa 4.200 Personen zurückgreifen, von denen wohl etwa 700 nach wie vor fest und dauerhaft in die Gruppe eingebunden sind (vgl. die Statistik in Nr. 1). 3.2.2 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die MLPD wurde 1982 in Bochum als "politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in der BRD und West-Berlin" gegründet. Ihr grundlegendes Ziel ist der "revolutionäre Sturz" der "Diktatur der Monopolkapitalisten" und die Errichtung einer "Diktatur des Proletariats" für den Aufbau des Sozialismus als Übergangsstadium zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft. In ihrem Grundsatzprogramm bekennt sich die MLPD zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Zedong. Sie verteidigt die Handlungen Stalins und kritisiert die "revisionistische Entartung" in allen "realsozialistischen Ländern". Die dialektische Argumentation in dem Kommentar zur Festnahme des Vorsitzenden der peruanischen Terrororganisation "Sendero Luminoso" im September ließ außerdem erkennen, daß die MLPD terroristische Gewalt keineswegs grundsätzlich, sondern derzeit nur aus taktischen Erwägungen ablehnt. 82 Mit der Vereinigung Deutschlands sieht die MLPD den Weg frei für den gesamtnationalen Aufbau der Partei. Um dies optimal durchführen zu können, fordert das Zentralkomitee den Einsatz von mindestens 10 % der Kräfte der Partei in den neuen Ländern. Jugendverband Durch die Schaffung des einheitlichen Jugendverbandes "Rebell" Rebell gegründet Mitte Mai (Zusammenlegung der Jugendorganisation "Arbeiterjugendverband/Marxisten-Leninisten" - AJV/ML - mit der Kinderorganisation "Rotfüchse" und dem Marxistisch-Leninistischen Schülerund Studentenverband - MLSV- ) sowie die Übernahme des Marxistisch-Leninistischen Bundes Intellektueller (MLBI) durch die MLPD wurden Führungskader für die Parteiarbeit freigesetzt. Der Schwerpunkt der Partei liegt im westund südwestdeutschen Raum. Ihre Mitglieder sind in Betriebszellen, Ortsgruppen und Bezirken organisiert, die einer "Zentralen Leitung" mit Sitz in Essen unterstehen. Die MLPD verfügt bundesweit über rund 1.700 Mitglieder, davon etwa 100 in Bayern. Das Zentralorgan "Rote Fahne" erscheint wöchentlich in einer Auflage von rund 5.000 Exemplaren. Als Anleitungsblatt der MLPD wird monatlich "lernen und kämpfen" (luk) herausgegeben. Darüber hinaus verbreitet die MLPD in Bayern mehrere Betriebsund Stadtzeitungen. 3.2.3 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Mehrere örtlich tätige maoistisch orientierte Arbeiterbasis-Gruppen schlossen sich 1973 zum AB zusammen. Dieser beruft sich in seinen programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus und Mao Zedongs Ideen. Sein Ziel ist die Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse" und die Errichtung einer "Diktatur des Proletariats", um den Kommunismus in einer "klassenlosen Gesellschaft" zu verwirklichen. Der AB bekennt offen, daß dies nur mit Gewalt zu erreichen sei, da die "herrschende Klasse" nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Schwerpunkt des Der AB ist vorwiegend in Bayern tätig. Es bestehen Gruppen in AB liegt in Bayern Augsburg, München, Nürnberg und Regensburg. "Freundeskreise" in München, Nürnberg und Regensburg sollen den AB finanziell unterstützen. In weiteren Städten des Bundesgebietes verfügt der AB über Ortsgruppen bzw. Stützpunkte. Die Gesamtmitgliederzahl liegt bei etwa 200 Personen. In Bayern hat der AB rund 100 Mitglieder. Die Leitung des AB erfolgt durch das Zentralkomitee mit Sitz in München. PDS und GNN-VerIn seinem Zentrum in München vermietete der AB Büros an die lag in den Räumen PDS und den GNN-Verlag, ein Wirtschaftsunternehmen des ebendes AB falls der dogmatischen Neuen Linken zuzurechnenden Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK). Der 1989 entbrannte Streit über die Art der Agitation führte zur Bildung zweier Flügel, die unabhängig voneinander agieren. Während der eine Flügel versuchte, seinen Zielen mit Hilfe des AB-Zentralorgans "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ) näher- 83 zukommen, plante der "Brecht-Flügel" eine erneute Aufführung des "Anachronistischen Zuges". Diese Agit-Prop-Veranstaltung, die von Berlin nach Prag ziehen sollte, mußte jedoch wegen der politischen Ereignisse in der ehemaligen CSFR abgesagt werden. Auch diesmal hatte u. a. die PDS ihre Mitarbeit zugesagt. Flugschrift des AB Norden, Süden, Osten, Westen - Wer den Kampf teilt, teilt am besten ! Beherrschende Themen bei Veranstaltungen und in den Publikationen waren der "Weltwirtschaftsgipfel" sowie die Kampagne gegen Faschismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Der AB beteiligte sich an einer Reihe von Großveranstaltungen zu diesen Themen, zu denen er eigene Flugblätter verteilte. Dabei nahm er durch Mitarbeit in Bündnissen, z. B. im Münchner Bündnis gegen Rassismus, maßgeblich Einfluß. Versammlungen unter eigenem Namen führte er kaum durch. 84 In München und Regensburg bestehen seit 1972 Gruppen des vom AB stark beeinflußten Antifaschistischen Komitees - Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung - AKS - (früher Anti-Strauß-Komitee) mit zusammen etwa 90 Mitgliedern. Ziel des AKS ist es, den "Sturz des rechten Führungskaders" vorzubereiten und alle "faschistischen Organisationen" zu bekämpfen. Publikationsorgan des AKS ist der "Demokratische Informationsdienst" (DID), der im Eigendruck und Selbstverlag in einer Auflage von rund 2.500 Exemplaren hergestellt wird. Die Initiative für die Vereinigung der revolutionären Jugend (IVRJ) unterliegt ebenfalls dem Einfluß des AB. Ortsgruppen bestehen in München, Nürnberg und Regensburg. Die IVRJ unterstützte den AB insbesondere in der "Antifaschismusund Antimilitarismusarbeit". Dazu veranstaltete sie Versammlungen und Informationsstände zu den Einberufungsterminen vor Kasernen in München, wobei an die einrückenden Rekruten Flugblätter und Publikationen verteilt wurden. 3.3 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 3.3.1 Allgemeines Etwa ab Mitte der 70er Jahre bildeten sich an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland immer mehr Gruppen, die die Politik der marxistisch-leninistisch orientierten dogmatischen "KGruppen" ablehnten und für Autonomie, Selbstorganisation der "Unterdrückten" und für die Spontanität eigener Gefühlsäußerungen eintraten. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch das Entstehen einer "neuen sozialen Bewegung", die versuchte, eine neue Form der "Gegenöffentlichkeit" herzustellen. Als "Undogmatische Neue Linke" werden diese Gruppen bezeichnet, weil sie eine klare ideologische Zielvorstellung vermissen lassen, kein ausformuliertes Programm bzw. Statut haben und feste Organisationsstrukturen meiden. In das politische Spektrum dieser undogmatischen Linksextremisten reihen sich Anhänger eines "undogmatischen wissenschaftlichen Sozialismus", Sozialrevolutionäre und Anarchisten ein. Verbindendes Element dieser Szene ist die Beseitigung grundlegende Ablehnung jeglicher Form von Herrschaft und das der bestehenden gemeinsame Ziel, die bestehende Staatsform und GesellschaftsStaatsform ordnung abzuschaffen. Insofern besteht Übereinstimmung mit der verfassungsfeindlichen Zielsetzung des orthodoxen Kommunismus und der dogmatischen Neuen Linken. Ende der 70er Jahre traten in der norddeutschen Anti-AtomkraftBewegung die ersten Autonomen, meist uniform in schwarzer Lederbekleidung, als Träger radikaler und militanter Widerstandsformen auf. Seit Beginn der 80er Jahre konnten sie ihren Einfluß zunehmend festigen, wogegen bei anderen Gruppen, wie etwa den Anarchisten, ein nahezu parallel verlaufender Niedergang festzustellen war. 85 3.3.2 Autonome Autonome definieren sich selbst bzw. verstehen sich selbst in der Abgrenzung von "Etablierten". Sie distanzieren sich vom Marxismus, Sozialismus und Kommunismus im dogmatischen Sinn, wenngleich sie z. T. deren Begriffsinstrumentarien übernehmen und mit eigenen Inhalten füllen. Ihr Ziel ist es, den Staat mit seinen Institutionen zu beseitigen und eine "Autonomie" in einer "Autonome in "herrschaftsfreien Gesellschaft" zu erkämpfen. Unter Ablehnung einer herrschaftsjeglicher Machtbefugnisse des Staates wollen sie sich "Freiräume" freien Gesellschaft" und "Widerstandsnester" erkämpfen, um von hier aus einen aktiven Kampf gegen den Staat und seine Organe zu führen. Dabei ist die Anwendung von Gewalt gegen Sachen, in jüngster Zeit Gewalt, auch gegen Personen, ein wesentliches Mittel. Bestimmten ein wesentliches Anfang der 80er Jahre der "Häuserkampf", die "Startbahn West in Mittel Frankfurt" und die "Anti-AKW-Bewegung" die Auseinandersetzung der Autonomen mit dem Staat, so richten sich nun ihre vielfach gewalttätigen Aktionen vor allem gegen den "alltäglichen Faschismus". Unter dem Oberbegriff "Antifaschismus" begreifen sie sich als Teil des antiimperialistischen Widerstandes mit der Stoßrichtung gegen "Kriegsmaschinerie", "Ausländerhetze", "Knast und Repression". Das Fehlen von verbindlichen Strukturen und die mangelnde Organisationsbereitschaft erschweren eine dynamische Weiterentwicklung und hemmen eine kontinuierliche und zielgerichtete "autonome Politik" auf breiter Basis. Dieser Zustand ist selbst für Teile der autonomen Szene unbefriedigend, weshalb schon fast mit einer gewissen Regelmäßigkeit immer wieder die Frage der Organisierung aufgeworfen wird. Der jüngste Vorstoß in diese Richtung wurde Mitte des Jahres unternommen. Unter der Parole "Antifa" haben sich verschiedene Gruppen aus Städten des Bundesgebietes, darunter auch aus Passau, zusammengefunden, um aufbauend auf einem Papier Autonomer aus Göttingen die "AntifaAntifaschistische schistische Aktion" zu gründen. Das erklärte Ziel dieser OrganisaOrganisierung tion ist "die praktische Zusammenarbeit, Koordination und vor allem der Aufbau verbindlicher (bundesweiter) Strukturen". In Bayern sind autonome Zusammenschlüsse in Augsburg, Aschaffenburg, Coburg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg, Rosenheim und Würzburg bekannt. Neben diesen erkannten Aktionsfeldern ist unverkennbar, daß auch in anderen bayerischen Städten "militanter Antifaschismus" betrieben wird, was auch dort autonome Tendenzen vermuten läßt. Zentrum Nürnberg, autonoautonomer Bestrebungen ist Nürnberg. Dort waren bisher die mes Zentrum in meisten Anhänger und auch Aktivitäten festzustellen. Autonome Bayern treten meist unter Bezeichnungen auf, die anlaßbezogen sind oder die Identifikation mit den vorherrschenden Themen zulassen, wie z. B. "Anti-WWG-Plenum", "AK WWG", "Antifa-Plenum" und "Aktionsbündnis gegen Rassismus". Die personelle Besetzung der einzelnen Zusammenschlüsse ist unterschiedlich und variiert. BayRund 400 Autonome ernweit gehören den Autonomen etwa 400 Personen an, wovon in Bayern 86 etwa 200 Personen kontinuierlich "autonome Politik" betreiben. Grundsätzlich sind alle diese Personen als militant zu bezeichnen, da es Teil des Selbstverständnisses eines Autonomen ist, seine propagierte Politik erforderlichenfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Autonome Die Kommunikation der Autonomen erfolgt bundesweit und auf Kommunikation internationaler Ebene über sog. "Infoläden". Zur Abstimmung werden in unregelmäßigen Abständen "Infoladentreffen" ausgerichtet, bei denen Kommunikationswege erörtert und neue Kontakte geknüpft werden. Auch die Autonomen bedienen sich neuester Kommunikationstechniken. So werden in fast allen Infoläden Telefaxgeräte und Anrufbeantworter betrieben, womit aktuelle Ereignisse und Termine bekanntgegeben bzw. abgerufen werden können. Daneben ist die Szene bestrebt, bundesweit und international sog. Mailboxen einzurichten, die eine schnelle und effektive Datenübermittlung gewährleisten und den Informationsfluß beschleunigen. Damit soll für alle Gruppierungen ein aktueller Informationsstand sichergestellt werden, der ein Agieren auf breiter Basis ermöglichen soll. SchwerpunktNeben den klassischen Themen "autonomer Politik" wie "Kapitathemen der Autolismus", "Asylantenund Ausländerproblematik", "Rassismus" und nomen Münchner "Sexismus" stand im ersten Halbjahr der Weltwirtschaftsgipfel Wirtschaftsgipfel vom 6. bis 8. Juli in München im Mittelpunkt vorbereitender Aktivitäten. In der "Kampagne 92", die aus den Themenkomplexen "500 Jahre Kolonialismus und Widerstand", "EG-Binnenmarkt" und UNO-Umwelt-Konferenz in Brasilien bestand, war der Münchner Wirtschaftsgipfel das wichtigste Ereignis für den Linksextremismus allgemein und das autonome/antiimperialistische Spektrum im besonderen. Mit der Forderung "Wir wollen eine inhaltliche und praktische Bündelung zum WWG 92" sollte dieses Ereignis nach der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) 1988 in Berlin als weitere Chance genutzt werden, aus Lethargie und Orientierungslosigkeit herauszukommen, um mit neuer Motivation den "revolutionären Kampf" fortzusetzen (vgl. dazu Nr. 4). Kampf gegen Ein weiterer Schwerpunkt autonomer Aktivitäten war immer schon den "alltäglichen der Kampf gegen den "alltäglichen Faschismus". Autonome Faschismus" sehen im "Antifaschismus" eine Möglichkeit, ihre Strukturen zu festigen und ihren subversiven Zielen näherzukommen. Nach Auffassung des autonomen Spektrums liegt die Stärke des "autonomen Antifaschismus" in dessen Mobilisierungsfähigkeit. Er sei der beste Hebel, antiimperialistische Politik zu vermitteln. Über die "antifaschistische Selbsthilfe" werde "militante Praxis in den eigenen Reihen verankert und von anderen Menschen als legitim akzeptiert". Aufrüstung gegen Das Erstarken rechtsextremistischer Gruppierungen und die "Faschos" Zunahme der Gewalttaten gegen Asylanten und Ausländer beherrschen derzeit die Motivation und die Themen der Autonomen. Wie Beobachtungen ergaben, bemühen sich autonome Kreise um 87 Waffen bzw. waffenähnliche Gegenstände, um die "Faschos" entsprechend bekämpfen zu können. Die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegenüber diesem - Personenkreis ist längst überschritten. Bei Kundgebungen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen konnte oft nur ein massiver Polizeieinsatz größere Ausschreitungen verhindern. Nicht verwechselt werden dürfen Autonome mit Angehörigen des RAF-Umfeldes, den sog. Antiimperialisten, wenn auch das erklärte Ziel beider Lager die Beseitigung des Staates und seiner Organe ist. Hinsichtlich des politischen Selbstverständnisses gibt es jedoch gegensätzliche Auffassungen, wobei besonders der bisherige elitäre Führungsanspruch der RAF im krassen Widerspruch zum Selbstverständnis der Autonomen stand. Die antiimperialistischen Zusammenschlüsse orientieren sich ideologisch konsequent an der Ideologie der RAF. Der Schwerpunkt "antiimperialistischer Politik" liegt in der Betreuung der "politischen Gefangenen aus RAF und Widerstand" und in der Forderung nach Zusammenlegung der Inhaftierten bzw. deren Freilassung. Aufgrund dieser ideologischen Gegensätze konnte nur ein punktuelles Zusammenwirken in einzelnen Themenbereichen festgestellt werden, die von beiden Gruppen als Ansatz für ihren politischen Aktionismus herangezogen werden, wie z. B. "Antifaschismus", "Patriarchat" oder "Häuserkampf". Annäherungen, wie sie die RAF in ihren jüngsten Erklärungen für notwendig erachtet, sind derzeit nicht erkennbar. Neben einer Vielzahl von im Abschnitt 4 dargestellten Gewalttaten sind u. a. folgende Aktionen autonomer Gruppen in Bayern erwähnenswert: Das "Bündnis gegen Ausländerfeindlichkeit", dem u. a. mehrere autonome Gruppierungen angehörten, veranstaltete am 6. März in Nürnberg einen Aufzug zum Thema "Gostenhof ist und bleibt international". Von den rund 160 Versammlungsteilnehmern waren etwa 140 dem örtlichen autonomen/antiimperialistischen Bereich sowie der Nürnberger Hausbesetzerszene zuzurechnen. Die mitgeführten Transparente trugen Aufschriften wie "Kampf dem Faschismus", "500 Jahre Kolonialismus sind genug" und "Gemeinsam gegen Faschismus, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit". Am selben Tag wurden im Stadtgebiet von Nürnberg an insgesamt 27 Objekten politisch motivierte Schmierereien wie "RAF", "Ausländer bleiben, Nazis vertreiben", "WWG angreifen" und "Freiheit für alle Gefangenen" festgestellt. Die Polizei konnte mehrere Tatverdächtige vorläufig festnehmen. Im Rahmen weiterer Fahndungsmaßnahmen wurden insgesamt 53 Personalienfeststellungen durchgeführt. Von den vorläufig festgenommenen Personen waren zwölf als Teilnehmer an dem Aufzug des "Bündnisses gegen Ausländerfeindlichkeit" vom selben Tag festgestellt worden. Autonome Gruppen hatten mit der Parole "Kein ruhiges Hinterland - DVU angreifen" bundesweit für eine Verhinderung der DVU- 88 Kundgebung am 14. März in Passau mobilisiert. Vor Beginn der Gegendemonstration, zu der u. a. mehrere deutsche und ausländische linksextremistische Gruppen aufgerufen hatten, versuchten etwa 200 Personen des autonomen Spektrums, den Zugang zum Versammlungsort der DVU-Kundgebung zu blockieren. Nachdem dies durch massiven Polizeieinsatz verhindert wurde, begaben sich mehrere Gruppen in das Stadtzentrum von Passau, schlugen dort Fensterscheiben von Banken und Geschäften ein und beschädigten 17 Fahrzeuge zum Teil schwer. Der dabei entstandene Sachschaden beträgt etwa 70.000 DM. Die Polizei nahm 70 dem linksextremistischen Spektrum zuzurechnende Personen fest. Gegen 109 Personen, darunter zwölf aus Bayern, wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nachdem die Gegendemonstration, an der sich etwa 1.200 Personen überwiegend aus dem linksextremistischen Spektrum beteiligt hatten, meist störungsfrei verlaufen war, kam es im Anschluß daran erneut zu Sachbeschädigungen im Stadtgebiet. Unter dem Motto "Wir haben die Schnauze voll!" riefen autonome Gruppen zu einer "Revolutionären 1 .-Mai-Demo aller Unzufriedenen ..." in Nürnberg auf. An der von der "Initiative neue Arbeiterinnenbewegung" angemeldeten Veranstaltung beteiligten sich etwa 240 Personen, darunter zahlreiche Anhänger der undogmatischen Neuen Linken. Mitgeführte Transparente trugen Aufschriften wie "Es lebe der revolutionäre 1. Mai, Ausländer und Deutsche, Arbeiterinnen eine Kampffront, Kampf dem Faschismus, Imperialismus und Patriarchat". Im Anschluß an die störungsfrei verlaufene Demonstration stellte die Polizei an einem Gebäude in Nürnberg Transparente fest mit Parolen wie "Ist die Wohnungsnot zu groß - ziehen die Besetzer los" und "Es lebe der 1. Mai, Kampftag gegen Staat, Kapital und Patriarchat". Als Gegendemonstration gegen eine geplante Gedenkkundgebung von Rechtsextremisten anläßlich des 5. Jahrestages des Todes von Rudolf Heß führte ein antifaschistisches Aktionsbündnis am 15. August eine Sternfahrt durch, die in der Stadt Hof endete. Unter den über 1.000 Teilnehmern, die sich dort zu einem Aufzug versammelten, war auch eine Gruppe von vermummten Autonomen. Nach dem Ende der Veranstaltung wurden Polizeibeamte mit Flaschen beworfen; ferner kam es zu gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr. Bei der Rückreise eines Konvois von etwa 50 Personen kam es am Abend an einer Autobahnraststätte bei Gera zu Übergriffen. Bis zu 100 Gewalttäter griffen mit Eisenstangen und Wurfgeschossen Zivilstreifen an und demolierten Einsatzfahrzeuge. Anläßlich einer Wahlkundgebung der mittlerweile verbotenen "Nationalistischen Front" (NF) organisierte die "Antirassistische Initiative Regensburg" am 5. September eine Gegendemonstration, an der sich auch autonome Antifaschisten beteiligten. Nur eine starke Polizeipräsenz konnte Gewalttaten zwischen den verfeindeten extremistischen Lagern verhindern. 89 3.3.3 Publikationen der undogmatischen Neuen Linken Die Herausgeber und Verfasser autonomer Publikationen, die teilweise auch linksterroristische Tendenzen erkennen lassen, sind weitgehend unbekannt. Herstellung und Verbreitung erfolgen meist konspirativ. Neben der Berichterstattung über autonome und terroristische Aktivitäten schüren sie vor allem den Haß linksextremistischer Gruppen gegen die Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Zunehmend enthalten sie auch unverhohlene Aufforderungen zu Gewalttaten gegen wirkliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Periodisch erscheinende Schriften bayerischer Urheberschaft von Bayerische überregionaler Bedeutung sind nicht bekanntgeworden. Die regelPublikationen mäßig erscheinende Publikation "wie weiter", herausgegeben von der autonomen Szene Nürnberg, dient überwiegend dem dortigen Spektrum zur Veröffentlichung aktueller Veranstaltungstermine, zur Verbreitung von bereits in anderen Publikationen erschienenen Aufsätzen und als Forum für regionale Beiträge. Dies gilt ebenso für das erstmals im Oktober in München erschienene "Volxblatt", das unter der Adresse des Infoladens München firmiert und dem örtlichen autonomen Spektrum als Sprachrohr dienen soll. Die Nullnummer des Blattes erschien mit der Forderung einer stärkeren Vernetzung der Münchner "Antifa-Gruppen" sowie mit dem Hinweis auf ein "Notrufu. Infotelefon", um "Faschoaktivitäten besser entgegentreten zu können", verbunden mit der Aufforderung "Aktivitäten, Aktivisten, Trefforte und Veranstaltungen der Nazis zu melden". Als Diskussionsgrundlage für aktuelle Themenbereiche und für die Ideologisierung wird deshalb in erster Linie auf Publikationen zurückgegriffen, die auf Infoladenebene verschickt werden. Hierbei sind nach wie vor die "Zeitung für den Widerstand in Europa Autonome CLASH", die autonome Druckschrift "radikal" und das autonome Szeneblätter Berliner Szeneblatt "Interim" von Bedeutung; sie werden von unbekannten Verfassern herausgegeben. Die international verbreitete "CLASH" mit Anschrift in Amsterdam Internationales enthielt in den 1992 erschienenen Ausgaben u. a. Beiträge zur Szeneblatt "CLASH" "Antirassismuskampagne", einen Mobilisierungsaufruf zu Aktionen gegen den Münchner Wirtschaftsgipfel, Beiträge "militanter Antifaschisten" sowie die RAF-Erklärung vom 29. Juni mit Stellungnahmen inhaftierter terroristischer Gewalttäter. Das autonome Szeneblatt "Interim" widmete sich verstärkt der "Interim" "Antifaschistischen Selbsthilfe", so die verharmlosende Umschreibung für gewalttätige Aktionen gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten. In mehreren Ausgaben veröffentlichte es als "Steckbrief" bezeichnete Personenangaben und -beschreibungen zu diesem Personenkreis. So enthielt die Ausgabe Nr. 186 vom 26. März den "Steckbrief" eines am 4. April in Berlin getöteten Funktionärs der rechtsextremistischen "Deutschen Liga". Die ebenfalls bundesweit erhältlichen Szeneblätter "Antifa-Jugendinfo" 90 und "Antifa-Infoblatt" stachelten ihren Leserkreis in gleicherweise auf. Kennzeichnend waren hierzu in diesen Publikationen die Parolen "Schlagt die Faschisten wo ihr sie trefft!", "Trefft die Faschisten wenn ihr sie schlagt" und "Schlagt die Glatzen bis sie platzen". "radikal" Die Schrift "radikal" erschien im Berichtsjahr mit zwei Ausgaben. Darin war u. a. eine Montageanleitung mit exakten Schaltplänen zum zeitverzögerten Zünden von Brandsätzen abgedruckt. Erwähnenswert ist ferner ein Artikel mit der Überschrift "Einige Überlegungen zur Tötung eines Faschisten", der sich mit der Tötung eines Rechtsextremisten am 4. April befaßt. Die widersprüchliche Einstellung der autonomen Szene zum politischen Mord wird deutlich in den dort verwendeten Zitaten. Nach sich widersprechenden Aussagen endet der Beitrag mit dem Ausblick, daß "die gesellschaftliche Realität sich in den nächsten Jahren so verschär- 91 fen" könne, daß "uns keine Wahl" (Anmerkung: zum politischen Mord) bleiben könnte. 3.4 Bündnisse gegen Rassismus Das linksextremistisch beeinflußte "Münchner Bündnis gegen Rassismus" trat Anfang dieses Jahres erstmals in Erscheinung. Neben demokratischen Gruppierungen beteiligten sich sowohl orthodoxe Linksextremisten (DKP, VVN-BdA, PDS) als auch Organisationen der dogmatischen Neuen Linken (AB, VSP, SAG) und Autonome. Die Leitung bei Treffen und Veranstaltungen oblag jeweils Aktivisten der linksextremistischen Gruppierungen. Diese zeichneten auch für Flugblätter des Bündnisses presserechtlich verantwortlich. Das Bündnis organisierte in München Veranstaltungen u. a. zu den Themen "Asyl", "Geplante Abschiebung eines Asylbewerbers", "Rassismus und Ausländerfeindlichkeit". Im Nürnberger Raum entstand im Rahmen des autonomen "Antifaschismus" das "Aktionsbündnis gegen Rassismus". Es fungiert als Sammelbecken für örtliche autonome Gruppierungen, dem sich Einzelpersonen aus dem antiimperialistischen Spektrum anschlossen und an dem sich zeitweise auch Angehörige der dogmatischen Neuen Linken beteiligten. Dieses Bündnis führte im Großraum Nürnberg Demonstrationen und Aktionen durch, die sich gegen Veranstaltungen von Rechtsextremisten und anderen politischen Gegnern richteten, sowie zu den Themen "Asyl" und "Ausländerfeindlichkeit". 4. Aktivitäten gegen den Münchner Wirtschaftsgipfel mit maßgeblicher Beteiligung von Linksextremisten Zentrales Thema für ein breites Spektrum von verfassungskonformen Gruppierungen, aber auch von inund ausländischen Linksextremisten einschließlich gewaltbereiter linksextremistischer Gruppen war der vom 6. bis 8. Juli in München durchgeführte Münchner Wirtschaftsgipfel (MWG). In einem Gegenkongreß, einer Großdemonstration sowie Aktionstagen vom 6. mit 8. Juli mit einer Vielzahl von Einzelaktionen und Demonstrationen brachten diese Kritiker ihre ablehnende Haltung zum Münchner Wirtschaftsgipfel zum Ausdruck. Diese Aktivitäten waren in einem gemeinsamen Aufruf unter dem Motto "500 Jahre Kolonialismus sind zuviel! Gegen die herrschende Weltordnung! Gemeinsam gegen den Wirtschaftsgipfel München 1992" zusammengefaßt. Beteiligt an diesem gemeinsamen Aufruf waren u. a. DKP, PDS, SDAJ, Sozialistischer Hochschulbund (SHB), MLPD, VSP, Sozialistische Arbeitergruppe (SAG), autonome Gruppen, das "Bundesweite Linksradikale-Anti-WWG-Treffen" sowie als ausländische Linksextremisten die türkische Gruppe Devrimci Isci, das Kurdistan-Komitee (Nebenorganisation der militanten Arbeiterpartei Kurdistans) und die Devrimci Sol Gücler, eine Tarnorganisation der 1983 verbotenen Devrimci Sol. Einen eigenen Kreis bildete das sog. "Bundesweite Linksradikale Anti-WWG-Treffen", in dem insbesondere gewaltbereite Autonome und antiimperialistische Gruppen 92 Gemeinsam gegen den Weltwirtschaftsgipfel '92 in München ! ihre Vorstellungen abstimmten und anschließend in die Vorbereitungstreffen der übrigen Gruppen einzubringen versuchten. Im Rahmen des Gegenkongresses mit sieben Einzelforen fand u.a. eine von rund 800 Personen besuchte Veranstaltung zum Themenbereich "politische Gefangene" statt. Dort wurde das vorzeitig aus der Haft entlassene ehemalige RAF-Mitglied Günter Sonnenberg mit minutenlangem Beifall begrüßt. An der Großdemonstration am 4. Juli beteiligten sich etwa 10.000 Personen, darunter mehrere hundert Autonome. Bereits bei Vorkontrollen wurden in erheblichem Umfang gefährliche Gegenstände sichergestellt und 21 Personen in Gewahrsam genommen. Die mitgeführten Transparente trugen Aufschriften wie "Tod dem USImperialismus", "Nieder mit der imperialistischen Weltordnung" und "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand". Insgesamt kam es im Verlauf der Großdemonstration zu 30 Festnahmen, u. a. wegen Vermummung, Beleidigung, Sachbe- 93 Schädigung, Widerstands und Körperverletzung. Auf der Abschlußkundgebung sprach u. a. die frühere RAF-Inhaftierte Monika Berberich. In ihrer Rede erklärte sie, der "Kampf der Gefangenen" (RAF-Mitglieder) sei nach wie vor Teil des "Widerstandes" und stehe im Zusammenhang mit den weltweiten Kämpfen gegen "Imperialismus, Kolonialismus, Faschismus und Rassismus". Ihre Ziele seien identisch mit denen "revolutionärer Befreiungsbewegungen weltweit", die eine kommunistische Gesellschaft anstrebten. Für den "gemeinsamen weltweiten Widerstand von unten" sei die Herausbildung einer "neuen revolutionären Internationale" erforderlich. Für diesen gemeinsamen Prozeß sei auch die Freiheit der inhaftierten terroristischen Gewalttäter notwendig, denn nicht zuletzt sei "ihr Kampf draußen legitim" gewesen. Abschließend verlas Frau Berberich zur Erinnerung "stellvertretend" für die "unzählig vielen Menschen", die "überall auf der Welt im Kampf um Befreiung gefallen" seien, eine Liste mit Namen "unserer toten Genossinnen und Genossen aus der BRD", von denen "die allermeisten durch Vertreter des Staates gezielt getötet" worden seien. Am 6. Juli versuchten mehrere hundert Personen, darunter ein großer Teil Autonomer und Antiimperialisten aus dem gesamten Bundesgebiet, die Begrüßungszeremonie für die einzelnen Staatsbzw. Regierungschefs durch Trillerpfeifen, Sprechchöre, Schreien und Johlen massiv zu stören. Die Polizei drängte diese Personengruppen hinter eine Vorsperre ab und umstellte sie. Dabei wurden Polizeibeamte beschimpft, beleidigt und teilweise angegriffen; ein Beamter verlor durch einen Angriff mit einem Elektroschockgerät kurzzeitig das Bewußtsein. Die Polizei nahm insgesamt 491 Personen zur Identitätsfeststellung zwecks Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren vorläufig fest. Aus Anlaß dieses Polizeieinsatzes kam es bundesweit zu einer Reihe von Solidaritätsaktionen durch überwiegend autonome Gruppen mit zum Teil massiven Ausschreitungen, in deren Verlauf Sachschäden von mehreren hunderttausend DM verursacht wurden. Besonders betroffen waren die Städte Frankfurt a. M., Göttingen und Kassel. Am Abend des 7. Juli trafen zwei Demonstrationen, die sich auch mit dem Thema "Polizeieinsatz am 6. Juli" befaßten, vor dem Innenministerium in München in unmittelbarer Nähe des Tagungsortes des MWG zusammen. Einen dieser Aufzüge hatte das linksextremistisch beeinflußte Münchner Bündnis gegen Rassismus unter Leitung eines DKP-Funktionärs organisiert. An der Schlußkundgebung beteiligten sich etwa 2.600 Personen. Dabei wurden Transparente gezeigt mit Parolen wie "Deutscher Imperialismus wird in Flammen der Revolution untergehen" und "Nur die Revolution der Völker kann die Bastionen der Herrschenden zerschlagen". Nachdem die Polizei auf Bitten der Veranstaltungsteilnehmer eine Deeskalation ausdünnte, überwanden etwa 400 Veranstaltungsteilnehmer plötzlich diese Absperrgitter und mußten durch massiven Polizeieinsatz zurückgedrängt werden. Nach Eigenaussagen hätten die Störer versucht, das Tagungsgebäude zu stürmen. 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z. T. geschätzt -) .', 1. Orthodoxe Kommunisten 1.1 Kernorganisationen: Deutsche Kommunistische 800 Unsere Zeit (UZ) Partei (DKP) - vierzehntägig - 13 Bezirksorganisationen, 14.000 davon 2 in Bayern (Nordund Südbayern), aufgeteilt in Kreisorganisationen und Marxistische Blätter Grundorganisationen - zweimonatlich - - Essen - 4.000 Partei des Demokratischen unter 100 Bayern-Info Sozialismus/Linke Liste - unregelmäßig - Bayern (PDS/LL Bayern 1.2 Nebenorganisation: Sozialistische Deutsche 60 position Arbeiterjugend (SDAJ) - alle zwei Monate - Landesverbände mit Kreisorganisationen und Ortsgruppen - Köln - 1.3 Beeinflußte Organisationen: Vereinigung der Verfolgten 500 antifa-rundschau des Naziregimes - Bund der - unregelmäßig - Antifaschisten (VVN-BdA) Landesvereinigungen mit Kreisgruppen Deutsche Friedens-Union unter 100 Bayern-Info (DFU) Bayern - unregelmäßig - - Nürnberg - 95 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z. T. geschätzt -) 2. Neue Linke 2.1 Kernorganisationen: Marxistische Gruppe (MG) 700 "Gegenstandspunkt" - München - Herausgeber: Ehemalige Funktionäre der MG "aufgelöst" zum 01.06.1991 Arbeiterbund für den 100 Kommunistische Wiederaufbau der KPD (AB) Arbeiterzeitung - München - (KAZ) - monatlich - Marxistisch-leninistische 100 Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) - wöchentlich - 8 Parteibezirke, über 5.000 100 Ortsgruppen und Stützpunkte lernen und kämpfen - Essen - (luk) - monatlich - 1.000 Bund Westdeutscher 30 Politische Berichte Kommunisten (BWK) - vierzehntägig - 8 Landesverbände - Köln - Kommunistischer Bund (KB) 20 analyse & kritik - Hamburg - (ak) aufgelöst am 20.04.1991 - monatlich - Nachfolgegruppen: Gruppe K Gruppe Mehrheit KB-Gruppe Nürnberg nach wir vor aktiv Vereinigte Sozialistische 40 Sozialistische Partei (VSP) Zeitung (SOZ) Landesverbände, Orts- - vierzehntägig - gruppen, Zellen 2.500 - Köln - 96 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z. T. geschätzt -) Sozialistische Arbeiter60 SOZ-Magazin gruppe (SAG) - unregelmäßig - Gruppe Avanti - IV. Internationa le 30 Avanti 2.2. Nebenorganisationen: AB-Nebenorganisation: Kommunistischer Hochschulunter 50 bund (KHB) MLPD-Nebenorganisation: Jugendverband Rebell 60 Rebell - Beilage zur Roten Fahne - 2.3. Beeinflußte Organisationen: AB-beeinfiußt: Antifaschistisches Komitee - 90 Demokratischer Stoppt die schwarzbraune Informationsdienst Sammlungsbewegung (AKS) (DID) - München, Regensburg - - unregelmäßig - bis zu 2.500 Initiative für die Ver50 einigung der revolutionären Jugend (IVRJ) - München, Nürnberg und Regensburg - BWK/VSP-beeinflußt: Volksfront gegen Reaktion 40 Antifaschistische Faschismus und Krieg Nachrichten (VOLKSFRONT) - vierzehntägig - - Köln - 600 97 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise (Ende 1992) und Auflagen - z. T. geschätzt -) 3. Undogmatische Neue Linke: Autonome Überwiegend: München und 400 z. T. unregelmäßig Erlangen/Nürnberg erscheinende "Szeneblätter" wie radikal, Interim und wie weiter 4. Von allen Strömungen des Linksextremismus beeinflußt: Münchner Bündnis 20 gegen Rassismus - München - Aktionsbündnis gegen ' . 20 Rassismus - Nürnberg - 98 3. Abschnitt Extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Rückgang der Zahl Die Zahl der in Bayern erfaßten extremistischen oder extremistisch der Organisationen beeinflußten Ausländerorganisationen sank auf 92 (1991: 113). Maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung hatten vor allem kroatische und palästinensische Gruppen, die trotz des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien und des nach wie vor ungelösten Palästinenserproblems ihre Aktivitäten wider Erwarten weitgehend einstellten und damit zur vorübergehenden Beruhigung der Sicherheitslage in Bayern beitrugen. Im Gegensatz zur organisatorischen Steigendes Entwicklung stieg dieMitgliederzahl der extremistischen bzw. Mitgliederpotential extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen in Bayern infol-. ge des Aufwärtstrends, den vor allem islamisch-extremistische und kurdische Gruppen verzeichneten, von 5.000 im Jahre 1991 auf rund 5.500. In der folgenden Übersicht sind die in Bayern bestehenden extremistischen und extremistisch beeinflußten Vereinigungen nach ihren ideologischen Standorten und politischen Zielsetzungen aufgeschlüsselt (zur Verfassungsfeindlichkeit dieser Ziele siehe Allgemeiner Überblick). Örtlich selbständige Gruppen sind dabei gesondert gezählt, auch wenn sie zu einer Dachorganisation gehören. 99 OrthodoxNeue Extrem IslamischGesamt kommuniLinke nationaliextremistische einschl. stische stische Gruppen sozialGruppen" Gruppen3 revolutionäre Gruppen Araber3) _ _ _ 6 6 Iraner - 1 - - 1 Kurden 2 11 - 13 Türken - 7 15 47 69 Sonstige 4 ) - 2 1 - 3 Gesamt 2 21 16 53 , 92 ') Extrem nationalistische Gruppen sind extremistische ausländische Vereinigungen, die nationalistische Ziele in aktiv-kämpferischer, aggressiver Haltung mit dem Ziel der Veränderung der politischen Verhältnisse im Heimatland vertreten. 2 ) Unter den islamisch-extremistischen Gruppen sind Vereinigungen erfaßt, die auf revolutionärem Weg ein islamisch-fundamentalistisches theokratisches Staatswesen erzwingen wollen. 3 ) Staaten der Arabischen Liga *) Sonstige: Inder, Kroaten, Srilanker Die relative Ruhe im Bereich der extremistischen Ausländerorganisationen wurde in Bayern durch gewaltsame Aktionen kurdischer und türkischer Linksextremisten unterbrochen. Anlässe solcher Aktivitäten waren vor allem Exekutivmaßnahmen türkischer Sicherheitskräfte gegen Stützpunkte der marxistisch-leninistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der nicht weniger militanten, im Bundesgebiet verbotenen Gruppierung Devrimci Sol (Revolutionäre Linke). Diese beiden Gruppen haben auch 1992 nichts von ihrer Gefährlichkeit eingebüßt. Dies zeigte u. a. eine bundesweite Welle von zum Teil gewaltsamen Protestaktionen der PKK gegen türkische Einrichtungen im März 1992 anläßlich von Angriffen des türkischen Militärs auf mutmaßliche Stützpunkte der PKK. Daß extremistische Ausländergruppen auch in Phasen scheinbarer Inaktivität ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko darstellen, wurde am 5. April deutlich, als Anhänger der oppositionellen iranischen Volksmojahedin weltweit koordinierte Aktionen gegen iranische Vertretungen durchführten, u.a. in Bern, Bonn, Hamburg, Oslo, Ottawa, Stockholm und München, wo bei einem Brandanschlag auf das dortige iranische Generalkonsulat erheblicher Sachschäden entstand. Diese Vorfälle belegen, daß im Bereich der vorstehend genannten extremistischen Ausländergruppen unverminderte Wachsamkeit 100 geboten ist, da jeder künftige Konfliktherd im Ausland ähnlich gravierende Auswirkungen auf die innere Sicherheitslage haben kann; 2. Iranische Gruppen Die Anhänger der im Iran als Guerillakämpfer tätigen Voiksmojahedin haben sich im Bundesgebiet in der zum Teil konspirativ strukturierten und agierenden Iranischen Moslemischen StudentenVereinigung Bundesrepublik Deutschland e. V. (IMSV) zusammengeschlossen. Die Voiksmojahedin, eine Gruppierung islamischer Fundamentalisten mit marxistischer Prägung, betrachten sich neuerdings als Vertreter einer gemäßigteren islamischen Richtung. Sie waren maßgeblich an der Revolution gegen den Schah im Iran beteiligt, gerieten aber nach dem Umsturz zunehmend in Opposition zur neuen Regierung, gegen die sie seit Juni 1981 bewaffneten Widerstand leisten. Sie übertragen die im Iran entstandenen innenpolitischen Auseinandersetzungen auf die Bundesrepublik Deutschland und beeinträchtigen so deren innere Sicherheit ebenso wie sie deren außenpolitische Belange tangieren. Dies geschieht durch propagandistische Aktivitäten wie Verteilen von Flugblättern, Nachrichtenansagen per Telefon, Unterschriftenaktionen und Demonstrationen, aber auch mittels gewaltsamer Aktionen! So wurden am 5. April nach einem Angriff der iranischen Luftwaffe auf einen Stützpunkt der Voiksmojahedin im Irak diplomatische Vertretungen der Islamischen Republik Iran in Bonn, Hamburg und München überfallen und zum Teil erheblich beschädigt. Anhänger und Sympathisanten der IMSV demonstrierten am 20. Juni in zahlreichen Städten des Bundesgebietes aus Anlaß des "Tages der Hingerichteten und politischen Gefangenen im Iran". Zugleich begingen sie damit den Beginn des bewaffneten Widerstands der Voiksmojahedin (20. Juni 1981) und die Gründung ihrer "Nationalen Befreiungsarmee" (20. Juni 1987). An den Kundgebungen in Augsburg, München und Nürnberg beteiligten sich insgesamt rund 160 Personen. Auf Flugblättern wandten sie sich gegen die "Greueltaten des Mullah-Regimes" und bekundeten ihre Solidarität mit dem "iranischen Widerstand", der den Sturz der "terroristischen Diktatur" im Iran anstrebe. Anläßlich des Besuchs des iranischen Außenministers in der Bundesrepublik Deutschland vom 14. bis 16. Juli kam es in zahlreichen deutschen Städten zu Demonstrationen iranischer Oppositioneller. So fand am 14. Juli in München eine-Kundgebung der IMSV mit rund 30 Teilnehmern statt, die in Sprechchören "Iran raus aus der UNO" und "Stoppt den Massenmord im Iran" riefen. 3. Kurdische Gruppen 3.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Die in der Türkei verbotene PKK, die auch im Bundesgebiet über zahlreiche Anhänger verfügt, ist eine straff organisierte Kaderpar- 101 Plakat der ERNK A people is fighting for its national indepence and its cultural identity imperialists, colonialists and collaborators Keep away from Kurdistan! Ein Volk kämpft um seine nationale Unabhängigkeit und kulturelle Identität Imperialisten, Kolonialisten, Kollaborateure Hände weg von Kurdistan! Un people lutte pour son independence nationale et son identite culturelle Imperialists, colons, collabos Ne touches pas au Kurdistan! tei. Sie hält unbeeindruckt von den politischen Veränderungen in den ehemals kommunistischen Ostblockstaaten an ihrer marxistisch-leninistischen Ideologie fest und geht nach eigenen Angaben gegen alle Dissidenten vor, die von der Parteilinie abweichen. Ihr Ziel ist die Beseitigung des türkischen "Kolonialismus" und die Errichtung eines unabhängigen kurdischen Staates unter Führung PKK beansprucht der PKK. Zu diesem Zweck führt sie seit 1984 einen erbitterten , Führungsrolle Guerillakampf gegen den türkischen Staat. Das Selbstbewußtsein 102 der PKK und ihr Rückhalt in der kurdischen Bevölkerung haben sich 1992 weiter gefestigt. Der militärische Teil der PKK ist die in den Kurdengebieten operierende Guerillatruppe Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK). Als "politischer Arm" der Partei fungiert die 1985 gegründete internationale Teilorganisation Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK), die durch eine Reihe von Unterorganisationen, u. a. die sogenannten "Kurdistan-Komitees", die Propagandaarbeit der PKK betreibt. Hierarchische Die Zentrale der hierarchisch gegliederten und äußerst konspirativ Gliederung arbeitenden PKK befindet sich in "Damaskus/Syrien; Generalsekretär ist Abdullah Öcalan. Führungsgremium der PKK-Auslandsorganisation ist das "Zentralkomitee für Europa", auch "EuropaKomitee" genannt. Diesem unterstehen in mehreren westeuropäischen Ländern sogenannte "Gebietskomitees", die den militärischen Kampf der PKK in der Türkei vor allem finanziell unterstützen. Die PKK zählt bundesweit rund 3.900 (1991: 3.500) Anhänger, davon etwa 1.200 (1991: 750) In Bayern mit Schwerpunkten im Raum Augsburg/Lindau (Bodensee), Nürnberg/Ingolstadt/ Regensburg und Bayreuth/Hof. Breit gefächerte Der 1984 gegründete Dachverband Föderation der patrioNebenorganisatischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in tionen der Bundesrepublik Deutschland e. V. (FEYKA-Kurdistan) mit Sitz in Bonn, in dem die örtlichen Mitgliedsvereine der PKK zusammengeschlossen sind, vertritt als Basisorganisation der PKK deren Interessen im Bundesgebiet. Eine weitere Nebenorganisation der PKK ist der Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (HUNERKOM), der die kulturellen Aktivitäten der PKK in Westeuropa organisiert. Zur Erweiterung ihres Einflusses gründete die PKK in den letzten Jahren mehrere "Massenorganisationen" wie z. B. die Kurdistan-Komitees, die Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) und die Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK). Ihren Guerillakampf gegen die türkische Regierung unterstützt sie u. a. mit hier gesammelten, teilweise beträchtlichen "Spenden". Protestaktionen Angriffe auf mutmaßliche Stützpunkte der PKK, womit die türkische Luftwaffe seit März 1992 der angekündigten Frühjahrsoffensive der PKK begegnete, lösten bei Anhängern der Partei im Bun : desgebiet heftige, vielfach gewalttätige Reaktionen aus. Türkische Banken, Büros und Konsulate waren Ziel von Besetzungen und Anschlägen. Die Proteste richteten sich auch gegen die Bundesregierung wegen ihrer Wirtschaftsund Militärhilfe für die Türkei. Die Bundesrepublik Deutschland wurde deswegen vom PKKGeneralsekretär zum "Hauptfeind Nr. 2" erklärt. Des weiteren kündigte die ARGK Sanktionen gegen deutsche Einrichtungen in der Türkei an. Mit einer bundesweiten Plakataktion verwies die ERNK Mitte März auf Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Türkei und betonte, die "BRD" sei "mitverantwortlich für den Völker- 103 mord des türkischen Staates in Kurdistan". Zugleich rief die FEYKA-Kurdistan auf Plakaten zu Spenden für die "Opfer des staatlichen Terrors" auf. Auch in Bayern schlossen sich Untergliederungen der PKK den Protesten an. So demonstrierte das Kurdistan Kunstund Kulturzentrum Nürnberg und Umgebung e. V., ein Mitgliedsverein-der FEYKA-Kurdistan, mit einem Aufzug am 28. März in Nürnberg gegen die Bombardierung kurdischer Siedlungen und die "Massaker der türkischen Armee in Kurdistan". Die rund 300 Teilnehmer zeigten Transparente mit Parolen wie "Die BRD hilft der Türkei beim Völkermord in Kurdistan" und wandten sich in Sprechchören gegen den "Faschismus" in der Türkei. Im Mai 1992 verbreitete die ERNK bundesweit Plakate mit der Sonstige Aufforderung, den Tourismus in der Türkei zu boykottieren. Auf Agitation einer internationalen Kundgebung der ERNK am 21. Mai in Brüssel, an der sich über 10.000 Personen, darunter auch zahlreiche Kurden aus Deutschland beteiligten, forderten die Demonstranten "Freiheit für das kurdische Volk" und die Beendigung der "Massaker in Kurdistan". Eine weitere, von HUNERKOM organisierte Großveranstaltung mit rund 25.000 Teilnehmern fand am 1. August im Bochumer Ruhrstadion statt. Anlaß war der Jahrestag der Aufnahme des bewaffneten Kampfes der PKK (15. August 1984). Die Redner schilderten die politische und militärische Lage in Kurdistan und riefen dazu auf, den Kampf so lange zu führen, bis die PKK die Macht in Kurdistan übernommen habe. Das Kölner Kurdistan-Komitee, eine Nebenorganisation der PKK, behauptete in einer Pressemitteilung vom 28. November, die rassistischen Übergriffe in Deutschland - wie auch in anderen Regionen der Welt - seien Teil der von den kapitalistischen Ländern propagierten "Neuen Weltordnung". Mit der Diskussion um das Asylrecht heize die Bundesregierung die rassistische und ausländerfeindliche Stimmung in der Bevölkerung, die nach einem Sündenbock für die ökonomische Krise suche, noch an. Deutschland, das von sich behaupte, demokratisch zu sein, lasse rassistische Anschläge auf Türken zu. Das Verbrechen in Mölln sei ein Beispiel für diesen "demokratischen Rassismus". In der Zeit vom 20. bis 22. November führte die PKK, vertreten "Wahlen" durch die Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK), die von ihr auch in Bayern propagandistisch angekündigten "Vorwahlen" zum "Kurdischen Nationalparlament" durch. Dabei hatten die in Westeuropa lebenden Kurden 153 Delegierte für eine Vertreterversammlung zu wählen, die aus ihren Reihen 15 "Europaabgeordnete" für das "Nationalparlament" bestimmen sollte. Auf einen vergeblichen Versuch des Bundesministers des Innern, diese "Vorwahl" durch eine an die YRWK gerichtete Abmahnung zu verhindern, reagierte die PKK lediglich mit dem Hinweis, deutsche Behörden dürften der türkischen Regierung bei deren völkerrechtswidrigen Unterdrückung der Kurden nicht noch Hilfe leisten. Am 19./20. Dezember fand schließlich in Gießen die 104 "Wahl" zum "Kurdischen Nationalparlament" statt. Unter den von den Delegierten bestellten 15 "Abgeordneten" befindet sich auch' ein PKK-Funktionär aus Nürnberg. Vier gewählten "Abgeordneten" hatten die zuständigen Ausländerbehörden zuvor die Teilnahme an der "Wahl" untersagt. Strafverfahren Im Strafprozeß gegen ehemalige Funktionäre der PKK verurteilte das Oberlandesgericht Gelle am 30. Juni einen PKK-Angehörigen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten u. a. wegen schwerer Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung und gefährlicher Körperverletzung. Gegen zwei Mitangeklagte verhängte das Gericht wegen schwerer Freiheitsberaubung bzw. Urkundenfälschung Freiheitsstrafen von 21 bzw. acht Monaten mit Bewährung. Hinsichtlich des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wurde das Verfahren eingestellt. Das Oberland'esgericht Düsseldorf verhängte am 24. August gegen einen ehemaligen PKK-Funktionär eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten mit Bewährung wegen Freiheitsberaubung. Den ursprünglichen Anklagevorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung hatte die Staatsanwaltschaft fallengelassen. 3.2 KOMKAR -Verband der Vereine aus Kurdistan Die orthodox-kommunistische KOMKAR konkurriert hinsichtlich ihrer Zielsetzung mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), agiert aber im Vergleich zur PKK gemäßigter und zurückhaltender. Die Vereinigung, die bisher die Bezeichnung "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (KOMKAR) führte, hat sich auf einem außerordentlichen Bundeskongreß am 13./14. Juni in Köln umbenannt. Dabei beschlossen die Delegierten, die Bemühungen des kurdischen Volkes in Südkurdistan zum Aufbau einer autonomen Regierung zu unterstützen. Ferner betonten sie die Notwendigkeit der "Solidarität der patriotischen Kräfte Kurdistans und des brüderlichen türkischen Volkes", um gemeinsam für einen freiheitlichen demokratischen Staat "Türkei-Kurdistan" zu arbeiten. In Bayern zählt die KOMKAR rund 150 Anhänger. Als Mitgliedsvereine gehören ihr die Kurdistan-Arbeitervereinigung in Nürnberg e. V. und das Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e. V. an. Auch die Aktivitäten der KOMKAR richteten sich 1992 schwerpunktmäßig gegen die türkischen Militäraktionen. Mit mehreren Protestaktionen in Nürnberg machten Anhänger der KOMKAR auf die Situation der Kurden aufmerksam. Der KOMKAR-Vorsitzende Abubekir Saydam behauptete in einem Aufsatz, der bewaffnete Kampf der PKK stelle lediglich eine Gegenreaktion auf den türkischen "Staatsterror" dar. Der türkische Staat benutze die PKK und ihre Aktivitäten, um seine eigene Terrorpolitik gegenüber dem kurdischen Volk zu rechtfertigen. Darüber hinaus versuche er durch seine Propagandapolitik, der Öffentlichkeit im Inund Ausland zu suggerieren, daß es in Türkisch-Kurdistan als Alternative nur die terroristische PKK gebe. Als zweite dominierende Kraft 105 bestehe indes in der Region neben der PKK auch die Mutterpartei der KOMKAR. 4. Türkische Gruppen 4.1 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen Die in Bayern aktiven Vereinigungen der türkischen Neuen Linken orientieren sich vorwiegend am Gedankengut der Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) und der Türkischen VolksbefreiungsparteiAfront (THKP/-C). Trotz ideologischer Differenzen besteht zwischen ihnen in den Zielen dahingehend Übereinstimmung, daß beide einen Umsturz in der Türkei mit revolutionären Mitteln anstreben. Solche Bestrebungen, die durch Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen (z. B. Spendensammlungen zum Erwerb von Waffen für den Guerillakampf in der Türkei) gekennzeichnet sind, gefährden nicht nur die innere Sicherheit, sondern auch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Einige Gruppen der türkischen Neuen Linken operieren in der Türkei terroristisch und betrachten Morde an Repräsentanten des türkischen Staates (Polizeibeamte, Richter, Militärs) als legitimes Mittel zur Erreichung ihres Ziels, im Heimatland mit Gewalt einen marxistisch-leninistisch geprägten Staat zu errichten. Ihre Anhänger traten auch im Bundesgebiet mit zahlreichen Straftaten wie Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, Nötigung, Brandstiftung und räuberische Erpressung im Zusammenhang mit "Spendengeldsammlungen" in Erscheinung. 4.1.1 Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten (TKP/ML) Die Sozialrevolutionäre TKP/ML wurde im Jahre 1972 illegal in der Türkei gegründet; im Jahre 1974 fand die Gründungsversammlung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland statt. Ziel der TKP/ML ist die Beseitigung des politischen Systems der Türkei zugunsten einer kommunistischen Gesellschaftsordnung im Sinne des Marxismus-Leninismus. Ihr militärischer Zweig ist die Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO). Nach den Beschlüssen ihrer 4. Parteikonferenz vom Oktober 1991 hält die TKP/ML weiterhin an den "Errungenschaften" des "revolutionären Sozialismus" fest. Sie betont den bewaffneten Kampf als Grundform ihres Handelns und ist davon überzeugt, daß der einzige Weg zur Befreiung des türkischen Volkes nur über einen bewaffneten Volkskrieg führe. Im Bundesgebiet sind die Anhänger der TKP/ML im wesentlichen in der 1976 gegründeten Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V. (ATIF) und der Ende 1986 gebildeten Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) organisiert, die sich als "demokratische" Massenorganisationen präsentieren und ihre Verbindungen zur TKP/ML weitgehend tarnen. Von der 106 TKP/ML hat sich infolge ideologischer Differenzen im Jahre 1981 die Gruppe "Bolsevik Partizan" abgespalten. Auch in Bayern unterhält die konspirativ tätige TKP/ML einige Stützpunkte, so z. B. in Augsburg und Nürnberg. Aus Anlaß ihres 20jährigen Bestehens veranstaltete die TKP/ML am 9. Mai in Köln eine Feier, an der sich rund 7.800 Mitglieder und Sympathisanten, darunter auch etwa 50 Personen aus dem Raum Augsburg, beteiligten. Aus demselben Anlaß hatte bereits am 5. April in Augsburg eine Gedenkveranstaltung mit rund 100 Teilnehmern stattgefunden. Breiten Raum nahmen ab Mitte 1992 Solidaritätskundgebungen für den verhafteten und später verurteilten Führer der peruanischen Terrororganisation "Sendero Luminoso" (Leuchtender Pfad) Abimael Guzman ein. Plakat der T K P / M L Auf einem ATIK-Kongreß in Frankfurt a. M. wurde Ende Juni 1992 ein Diskussionsentwurf verabschiedet, der als "Arbeitsprogramm" für die Zukunft gilt. Die ATIK sieht sich danach als politische Massenorganisation, die im Rahmen der "internationalen Solidarität" in "Aktionseinheiten" mit anderen Massenorganisationen für den internationalen und sozialen Befreiungskampf und für die proletarische Weltrevolution eintritt. In einer am 18. September in Augsburg verteilten Flugschrift forderte die ATIK "Stoppt den rassistischen und faschistischen Terror der Neonazis" und erklärte, es sei höchste Zeit, sich gegen die Übergriffe der Neonazis und anderer faschistischer Kräfte zur Wehr zu setzen. Die Spaltergruppe Bolsevik Partizan der TKP/ML trat fast ausschließlich durch'Verbreitung von Publikationen in Erscheinung. In einem Flugblatt mit der Überschrift "Der deutsche Staat schürt die Pogromhetze" polemisierte sie gegen die Asylpolitik der Bundesregierung und behauptete, die Ereignisse in Rostock seien nicht das Werk faschistischer Organisationen, sondern Ergebnis der Flüchtlingspolitik des "deutschen imperialistischen Staates". Dieser selbst schüre gezielt die Angriffe, um eine Handhabe für die Verschärfung der Asylgesetzgebung zu schaffen. Nur die "gewaltsame Zerschlagung der Grundlagen dieses Staates" werde es 107 Publikation der BOLCEVlK PARTI iNSASI iClN-JIBO SAZBUNA PARTlYA BOL$EWIK Gruppe Bolsevik Partizan BOLSEVIK PARtiZAN Bütün ülkelenn iscileri birlesiniz! Butün ülkelerin iscileri ve ezilen halklar birlesiniz! Karkeren hemu welatan vekbin! Karkeren hemu welatan u geten bindest yekbin! g Sayi/Hejmar:.74 n 1 Mayis / Gulan 1992 ermöglichen, einen "wirklich sozialistischen Staat, der die Ausgebeuteten und Unterdrückten befreit" zu errichten. In weiteren Flugschriften wandte sich die Gruppierung gegen die "ganz offensichtliche Mord-Komplizenschaft der deutschen Imperialisten mit ihren faschistischen Kompagnons in der Türkei" und rief zum revolutionären Kampf gegen das "imperialistische Ausbeutersystem" auf. Für die Befreiung der Völker gebe es keinen anderen Weg als die "bewaffnete Revolution gegen die Unterdrücker". 4.1.2 Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (DIDF) Die DIDF vertritt das Gedankengut der Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei (TDKP), die für einen gewaltsamen Umsturz in der Türkei eintritt. In Bayern ist die DIDF organisatorisch nur schwach vertreten. Vom 19. September bis 2. Oktober fand ein von der DIDF organisierter europaweiter Sternmarsch statt. In einem Informationsblatt des von der DIDF gebildeten Komitees "Langer Marsch für gleiche Rechte" hieß es, die mit der Aktion angestrebten Ziele seien u. a. die Gewährung der einfachsten Menschenrechte für Ausländer, Stop neonazistischer Angriffe, Beendigung ausländerfeindlicher und rassistischer Politik der europäischen Staaten, Aufhebung aller Diskriminierungsgesetze und der Visumspflicht sowie aktives und passives Wahlrecht für Ausländer. Abschließend rief die DIDF zum gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Rassismus auf. I m Verlauf des Zugweges der "Südgruppe" fand am 23. September in München eine Kundgebung statt, an der rund 200 Personen teilnahmen. Eine weitere Demonstration mit rund 30 Teilnehmern wurde am 24. September in Augsburg durchgeführt. Der Sternmarsch der Nordund der Südgruppe, dem sich bis zu 300 Personen anschlossen, endete am 2. Oktober in Brüssel.' 4.1.3 Türkische Volksbefreiungspartei/-front (THKP/-C) Die Ziele der in der Türkei verbotenen THKP/-C werden im Bundesgebiet von mehreren Gruppen vertreten, die vielfach auch konspirativ arbeiten. Zahlenmäßig stärkste der vom Gedankengut der 108 Plakat der Devrimci Isci 20.YILINDA KIZILDERE ONLAR'I ANMAK! Türkiye'den konusmacilar Folklor Beigesel Film/dia Ozanlar Müzik Gruplan Multihalle Im Herzogenried Park am Neumesplatz 11 Nisan V.I.S.d.P.S S.Hasselbclnj M a n n h e i m Saat: 14.00'de DEVRIMCI isci THKP/-C geprägten Vereinigungen im Bundesgebiet ist die sozialrevolutionäre Devrimci Yol (Revolutionärer Weg), die im Bundesgebiet unter der Bezeichnung "Devrimci Isci" (Revolutionärer Arbeiter) in Erscheinung tritt. In einer Sonderausgabe ihrer gleichnamigen Publikation vom November 1992 äußerte Devrimci Isci zu den Ausschreitungen gegen Ausländer in Deutschland, daß sich der rassistische Mob fast jede Nacht mit aller Gewalt vor Flucht- 109 Plakat der Devrimci Sol "Gömün, f Gömün acinizi Silahlarin kundaklarina. Kül altinda kalan köz gibi Sicak kalsin. Ve.istim verin coskunuza Sevgi cicek acsin." f DEVRMCi SOL^r lingsheimen austobe. Die Enkel von Hitler, Goebbels und Göring seien hinsichtlich ihrer politischen Aussagen heute sowohl in wichtigen Teilen der deutschen Bevölkerung als auch in der Staatsund Regierungspolitik schon legitimiert und salonfähig. Verantwortlich für die Entwicklung und die Ausschreitungen seien neben den Massenmedien die staatlichen Institutionen und als Erzeuger und Vollstrecker der rassistischen Staatspolitik die politischen 110 Parteien CDU, CSU, FDP und SPD, die seit Jahren den latenten und manifesten Rassismus in der deutschen Bevölkerung geschürt hätten. Dieser Terror könne nur durch einen militanten Kampf gestoppt werden. Die aus einer Abspaltung von Devrimci Yol hervorgegangene revolutionär-marxistische Gruppe Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Verbotene wurde 1983 vom Bundesminister des Innern verboten. Ihre ExtremistenorganiAnhänger betätigen sich seit Ende 1990 auch unter der Tarnbesation weiterhin zeichnung "Devrimci Sol Gücler" (Revolutionäre linke Kräfte). Es aktiv handelt sich dabei nach einem Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12. Februar 1992 nicht um eine Ersatzorganisation, sondern um einen mit dem verbotenen Verein Devrimci Sol identischen Zusammenschluß. In ihrem auch in deutscher Sprache erscheinenden Nachrichtenbulletin vom 1. April kündigte Devrimci Sol die Verstärkung ihrer Gewaltakte in der Türkei an. Unter der Überschrift "Die Gewalt des Volkes gegen den Faschismus ist legitim" behauptete die Gruppe, das türkische und kurdische Volk habe das Recht, Widerstand zu leisten. Dieses Recht beinhalte, sich zu bewaffnen und Gewalt einzusetzen. Devrimci Sol betrachtete es als Notwendigkeit für den Befreiungskampf, gezielte Angriffe gegen Personen und Institutionen der imperialistischen Vorherrschaft durchzuführen. Die Hinrichtungen der Verantwortlichen seien fortzusetzen, wobei auch die nicht in der Regierung verantwortlichen Parteien Ziel revolutionärer Gewalt sein würden. Die Waffen niederzulegen und sich zu ergeben hieße, zu Kollaborateuren des Imperialismus und des Faschismus zu werden. Wegen Verdachts der Unterstützung des organisierten Zusammenhalts eines verbotenen Vereins durchsuchte die Polizei am 24. November in Bayern insgesamt 22 Wohnungen von führenden Mitgliedern der Devrimci Sol sowie deren im "Informationszentrum für freie Völker" eingerichtete mutmaßliche Zentrale in Köln. In den durchsuchten Objekten wurden u. a. Spendenblöcke, Mitgliederverzeichnisse, drei Gaspistolen, Vereinsabzeichen, Videokassetten und umfangreiche schriftliche Unterlagen sichergestellt, die nach vorläufiger Sichtung Verstöße gegen ein unanfechtbares Vereinsverbot belegen und die meisten der Beschuldigten als aktive Mitglieder ausweisen. 4.2 Extreme Nationalisten Die 1978 gegründete Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt a. M. vertritt das Gedankengut der in der Türkei verbotenen und aufgelösten extrem nationalistischen "Partei derNationalen Bewegung" (MHP). Die Ideologie der ADÜTDF vereinigt militanten Nationalismus mit striktem Antikommunismus. Von der türkischen Jugend in Deutschland fordert sie Distanz zu westlichdekadenten Einflüssen und die Betonung ihrer türkischen. Iden- 111 tität. In Bayern verfügt die ADÜTDF über neun örtliche Untergliederungen mit insgesamt rund 600 Mitgliedern. Am 23. Mai hielt die ADÜTDF in Düsseldorf ihren Jahreskongreß ab. Daran beteiligten sich über 5.000 Personen, darunter auch Anhänger der ADÜTDF aus Bayern. Zum 1. Vorsitzenden wurde Turkmen Onur aus Ulm gewählt, der den Verband bereits 1988 geleitet hatte. Als Hauptredner der Veranstaltung trat wie schon im Vorjahr Alparslan Türkes auf, der die MHP bis zu ihrer Auflösung geführt hatte und nun deren Nachfolgerin, die "Nationalistische Arbeitspartei" (MCP), leitet. In seinem Referat stellte er den Kampf für die Wiedergeburt einer Groß-Türkei heraus. Es gelte jetzt,, die neuen islamischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion an die Türkei zu binden und so eine Ausweitung des Landes einzuleiten. Bei seiner jüngsten Reise durch diese Länder habe er festgestellt, daß die MHP dort immer noch ein Begriff sei. Die Türkei werde im 21. Jahrhundert in die Geschichte eingehen; er selbst halte sich als Führer bereit. Hinsichtlich der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erklärte Türkes, diese Flamme müsse ausgelöscht werden, um einen Flächenbrand zu verhindern. Er warne allerdings vor eigenmächtigen Aktionen gegen die PKK im Ausland, speziell in Deutschland, da sie sich schädigend auf die MCP auswirken könnten. Ähnlich äußerte sich Türkes auch am 8. August vor rund 120 Teilnehmern einer Veranstaltung der Türkischen Gemeinschaft in Nürnberg e. V., eines Mitgliedsvereins der ADÜTDF. Die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e. V. (TIKDB), die sich im Oktober 1987 nach Führungsstreitigkeiten von der ADÜTDF abspaltete, sieht ihre Hauptaufgabe in der Lösung von Problemen der Türken in Europa. Vorsitzender ist Musa Serdar Celebi. In Bayern .hat die TIKDB bisher nur geringe Resonanz gefunden. Die Türkische Gemeinschaft in Fürth e. V., ein Mitgliedsverein der TIKDB, führte am 18. November eine Veranstaltung mit rund 70 Teilnehmern durch. Der TIKDB-Vorsitzende Musa Serdar Celebi befaßte sich in seiner Rede mit dem möglichen Einfluß der Türkei auf die islamischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion, mit dem Kurdenproblem sowie mit einem angeblichen Schutzabkommen zwischen der PKK und Armenien und rief zur Unterstützung der moslemischen Bevölkerung in Bosnien-Herzegowina auf. 4.3 Islamische Extremisten Der von Cemaleddin Kaplan geführte Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V. Köln (ICCB) will durch eine Revolution nach dem Beispiel des Iran in der Türkei eine Islamische Republik errichten. Der ICCB-Vorsitzende propagiert den Sturz der türkischen Regierung und die Bildung eines theokratischen Staatsgefüges mittels eines Zusammenschlusses aller Muslime; der islamische Weg sei nicht mit Hilfe einer politischen Partei gangbar, sondern nur mit einer religiösen Sammlungsbewegung. 112 Wie die Machtveränderungen im Ostblock zeigten, könne durch organisierte Volksbewegungen jede Regierungsform verändert werden. Der ICCB zählt in Bayern rund 300 Mitglieder. Am 25. Oktober fand in Köln die alljährliche Veranstaltung des ICCB aus Anlaß des islamischen Neujahrsfestes statt. Die rund 6.000 Teilnehmer, darunter auch etwa 500 Kurden, kamen aus Europa, Afghanistan und Palästina. Aus Bayern waren rund 200 ICCB-Anhänger angereist. Nach dem religiösen Teil bedankte sich ein islamischer Vertreter Bosniens beim ICCB-Vorsitzenden Cemaleddin Kaplan für die Unterstützung seines Landes durch den ICCB. Er forderte den Zusammenschluß aller Muslime und kritisierte die Untätigkeit Europas und der UNO im Jugoslawienkonflikt. Kaplan teilte seinen Anhängern mit, er habe sich zum Emir ernannt, weil er sich als Prophet fühle, und wolle einen islamischen türkischen Staat mit der Hauptstadt Istanbul und dem Koran als Grundlage der Verfassung gründen. Anhaltender Die Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. (AMGT) Aufwärtstrend mit ihrem publizistischen Sprachrohr "Milli Gazete" (Nationale Zeider AMGT tung) ist ein Sammelbecken von Anhängern der in der Türkei verbotenen und aufgelösten Nationalen Heilspartei (MSP) bzw. deren Nachfolgerin, der vom früheren MSP-Vorsitzenden Prof. Necmettin Erbakan geleiteten Wohlfahrtspartei (RP). Aufgrund intensiver Mitgliederwerbung setzte sich ihr Aufwärtstrend auch 1992 fort. Den rund 45 AMGT-Ortsvereinen in Bayern gehören über 2.400 Mitglieder an. Am 10. Mai fand in Berlin die jährliche Generalversammlung der AMGT statt. Daran beteiligten sich über 10.000 Mitglieder und Sympathisanten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland. Als Hauptreferent trat Prof. Necmettin Erbakan auf. Er kritisierte die türkische Regierung als Spielball des Westens und erklärte, die Türkei sei kein unabhängiges islamisches Land, sondern an Weisungen Deutschlands, Frankreichs und der USA gebunden. Einer Veröffentlichung der "Milli Gazete" vom 27. August zufolge führte die AMGT eine Spendenkampagne für die "muslimischen Brüder" in Bosnien-Herzegowina durch. Die dabei gesammelten Gelder in Höhe von 700.000 DM seien inzwischen ins Kampfgebiet verbracht worden. Ihre Unterstützung durch Sachspenden setze die AMGT fort. Bei einem Freitagsgebet des AMGT-Ortsvereins Augsburg im September 1992 wurde eine Erklärung verlesen, in der die AMGT-Zentrale in Köln behauptete, der Weltzionismus plane die Vernichtung des Islam. Um dieses Ziel zu erreichen, versuche er die für die Muslime wichtigen Werte zu untergraben. Er unternehme alle Anstrengungen, die Jugend zu verführen und die Familien zu zerstören. Der immer wieder geforderte Wille und die Fähigkeit'zur Integration sollten nur dazu dienen, die islamischen Prinzipien zu mißachten und die dekadenten Werte des Westens zu übernehmen. 113 Der Nürnberger Ortsverband der AMGT führte am 8. November eine Veranstaltung zur Unterstützung der Muslime in BosnienHerzegowina durch. Unter den rund 400 Teilnehmern befanden sich der AMGT-Vorsitzende Osman Yumakogullari und der Leiter des AMGT-Jugendverbandes sowie Ehrengäste aus Bosnien, darunter zwei Vertreter der dortigen Regierungspartei. Eine Spendensammlung für die bosnischen Muslime erbrachte einen Betrag von 9.000 DM. An einem Kulturseminar der AMGT am 27. November in Nürnberg beteiligten sich rund 500 Personen. Die Redner befaßten sich mit dem Islam und aktuellen Problemen der Muslime und forderten für die Türkei einen islamischen Staat mit Prof. Erbakan als Präsidenten. Weitere Themen waren der Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik Deutschland und die Situation in Bosnien-Herzegowina. Kritik wurde am Verhalten der Türkei geäußert, die es versäumt habe, sich durch Eingreifen in den jugoslawischen Bürgerkrieg eine Vormachtstellung auf dem Balkan zu schaffen. Bei einer weiteren Veranstaltung der AMGT am 27. Dezember in Nürnberg mit rund 500 Teilnehmern erbrachte eine Sammlung für BosnienHerzegowina einen Betrag von 3.700 DM. 114 5. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 1. Arabische Gruppen Demokratische Front für die Al Hourriah (Die Freiheit) Befreiung Palästinas (DFLP) - wöchentlich - orthodox-kommunistisch Volksfront für die Befreiung Al Hadaf (Das Ziel) Palästinas (PFLP) - wöchentlich - marxistisch-leninistisch Democratic Palestine - zweimonatlich - Al Karamah (Die Würde) - zweimonatlich - Volksfront für die Befreiung Ila-Al-Amam (Vorwärts) Palästinas - Generalkommando - wöchentlich - (PFLP-GC) marxistisch-leninistisch Hizb Allah (Partei Gottes) Al-Ahd (Die Verpflichtung) schiitisch-extremistisch - wöchentlich - 2. Iranische Gruppen Iranische Moslemische Freiheit für Iran Studenten-Vereinigung Bundes- - wöchentlich - ' republik Deutschland e.V. (IMSV) Gruppe der Neuen Linken Mojahed (Kämpfer) Sitz: Köln Organisation der iranischen Iran im Kampf Studenten in der Bundesrepublik - unregelmäßig - Deutschland, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran -O.I.P.F.G.Gruppe der Neuen Linken Union islamischer StudentenQods (Jerusalem) vereine in Europa (U.I.S.A.) - unregelmäßig - islamisch-extremistisch 115 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 3. Kurdische Gruppen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Berxwedan (Widerstand) marxistisch-leninistisch - monatlich - Serxwebun (Unabhängigkeit) - monatlich - Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) Teilorganisation (Kampfeinheit) der PKK Nationale Befreiungsfront Kurdistan-Report Kurdistans (ERNK) - monatlich - Teilorganisation der PKK Kurdistan-Komitee e.V., Köln Nachrichten aus Kurdistan Nebenorganisation der PKK - unregelmäßig - Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) Nebenorganisation der PKK Kurdischer Studentinnenverband (YXK) Ronahi (Licht) Nebenorganisation der PKK Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (HUNERKOM) Nebenorganisation der PKK Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans (YCK) Nebenorganisation der PKK Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) Nebenorganisation der PKK 116 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Union der patriotischen Jina Serbilind Frauen Kurdistans (YJWK) (Die stolze Frau) Nebenorganisation der PKK Union der patriotischen Gläubigen Kurdistans (YOWK) Nebenorganisation der PKK ' Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) Nebenorganisation der PKK KOMKAR-Verband der Denge KOMKAR Vereine aus Kurdistan (Stimme KOMKAR) orthodox-kommunistisch - unregelmäßig - Informationsbulletin Kurdistan - zweimonatlich - 4. Türkische Gruppen 4.1 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen Türkische Kommunistische Partizan Partei/Marxisten-Leninisten - unregelmäßig - (TKP/ML) Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) - Frontorganisation der TKP/ML Bolsevik Partizan (BP) Bolsevik Partizan Spaltergruppe der TKP/ML ' -" unregelmäßig - Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) , Sitz: Duisburg Konföderation der Arbeiter aus . Mücadele (Kampf) der Türkei in Europa (ATIK) - monatlich - Zusammenschluß der ATIF und ihrer Schwesterorganisationen 117 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Föderation der demokratischen Tatsachen Arbeitervereine aus der Türkei - unregelmäßig - .. in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (DIDF) Türkische Volksbefreiungspartei/front (THKP/-C) Devrimci Isci (Revolutionärer Devrimci Isci Arbeiter) (Revolutionärer Arbeiter) Spaltergruppe der Devrimci Yol - unregelmäßig - Türkei Information - zweimonatlich - Devrimci Sol Gücler (Revolutionäre linke Kräfte) Tarnorganisation der 1983 verbotenen Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 4.2 Extreme Nationalisten Föderation der TürkischDemokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) Sitz: Frankfurt a.M. Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e. V. (TIKDB) Sitz: Frankfurt a.M. 4.3 Islamische Extremisten Verband der islamischen Vereine Ümmet i Muhammed und Gemeinden e. V., Köln (ICCB) (Die Gemeinde Mohammeds) - 1 ötägig - Vereinigung der neuen Weltsicht Milli Gazete (Nationale Zeitung) in Europa e. V. (AMGT) - täglich - Sitz: Köln 118 4. Abschnitt Terror* und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Überblick Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch politisch motivierte Gewalttäter hat sich im Jahre 1992 deutlich verstärkt. Im Zusammenhang mit den Gewalttaten mit erwiesener bzw. zu vermutender rechtsextremistischer Motivation haben sich erstmals seit längerer Zeit Hinweise auf die mögliche Existenz rechtsterroristischer Vereinigungen ergeben. Mehrere beim Generalbundesanwalt anhängige Ermittlungsverfahren und die in diesem Zusammenhang durchgeführten Exekutivmaßnahmen im gesamten Bundesgebiet konnten den Anfangsverdacht der Gründung von terroristischen Vereinigungen bisher jedoch nicht bestätigen. Bayern war im Fall des "Nationalen Einsatzkommandos" der inzwischen verbotenen Nationalistischen Front (NF) in die Exekutivmaßnahmen eingebunden. 'Ungeachtet dessen bedeutet jedoch die Unberechenbarkeit der rechtsextremistischen Gewalttäter eine ernstzunehmende, in der zweiten Jahreshälfte erheblich gestiegene Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik. Die aggressiv-kämpferisch vorgetragene Agitationsprbpaganda, insbesondere der Neonazigruppen, bereitete hierfür den Nährboden. Die gegen Asylbewerber und andere Ausländer gerichtete Welle von Gewalttaten erreichte mit rund 2.200 Fällen einen neuen Dramatische Höhepunkt. Die Zahl der hierbei verübten Tötungsdelikte stieg auf Anzahl von ein erschreckendes Ausmaß: Bei den "von rechtsextremistisch Tötungsdelikten motivierten Einzeltätern und militanten Skinheads begangenen Gewaltverbrechen kamen im Bundesgebiet 17 Menschen, davon sieben Ausländer, ums Leben. Besonders schwer wiegt dabei der Brandanschlag am 23. November in Mölln, bei dem drei türkische Staatsangehörige, eine Frau und zwei Mädchen, getötet wurden. Bundesweit wurden 1992 insgesamt 2.506 (1991: 1.483) Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum Dritter durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch Straftaten, wie sie im SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 119 Motivation registriert, darunter mehr als 700 (1991: 383) vollendete bzw. versuchte Brandund Sprengstoffanschläge. Dabei wurden 17 Menschen getötet und eine Vielzahl von Personen zum Teil schwer verletzt sowie Sachschäden in mehrfacher Millionenhöhe verursacht. Hinweise auf eine überregionale Steuerung dieser Gewalttaten durch rechtsextremistische Organisationen gab es bisher nicht. Soweit inzwischen Tatverdächtige ermittelt werden konnten, hat sich ergeben, daß die Gewalttaten ganz überwiegend nicht von Einzeltätern verübt wurden, sondern jeweils von mehreren gemeinschaftlich handelnden Personen. Der Tatentschluß entstand dabei vielfach spontan aus gruppendynamischen Prozessen, gefördert durch Alkohol, Musik mit rechtsextremistischem Inhalt oder Nachahmungseffekte. Die Tatverdächtigen waren überwiegend jünger als 20 Jahre; bei den meisten lagen bisher keine Erkenntnisse der Polizei bzw. des Verfassungsschutzes vor. Gravierend ist neben der Entwicklung der fremdenfeindlichen Gewalttaten auch die zunehmende Zahl und Brutalität der Angriffe von Rechtsextremisten auf politische Gegner und deren Einrichtungen. Rechtsextremisten haben zwar eine geringere Zahl von Gewalttaten gegen politische Gegner begangen als Linksextremisten, nämlich 94. Diese Zahl darf jedoch nicht über die Schwere der Taten hinwegtäuschen: Fünf der insgesamt 17 von Rechtsextremisten getöteten Personen entfallen auf diesen Bereich, während von der Gegenseite ein Rechtsextremist getötet wurde. Im linksextremistischen Bereich war die Gefährdungslage gekennzeichnet von einer Vielzahl von Brandanschlägen, die in -der Mehrzahl Gruppen und Einzeltätern aus dem gewaltbereiten autonomen und anarchistischen Spektrum zuzurechnen waren. Signifikant ist vor allem die Entwicklung im Bereich der von Linksextremisten verübten Gewalttaten gegen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Von den insgesamt 972 (1991: 797) bundesweit (Bayern: 74) registrierten Gewalttaten mit erkennbarer oder zu vermutender linksextremistischer Motivation entfallen 390 (1991: 125) auf diesen Bereich. Von insgesamt 146 Brandund Sprengstoffanschlägen mit erwiesener bzw. zu vermutender linksextremistischer Motivation entfallen 52 auf diese Angriffsziele. Die weiteren Anschläge wurden u.a. begründet mit den Themenbereichen "Münchner Wirtschaftsgipfel", "Asylpolitik" und der Forderung, inhaftierte terroristische Gewalttäter freizulassen. Bevorzugte Angriffsziele waren Konzerne, öffentliche Einrichtungen und Rechtsextremisten. Die terroristische Vereinigung Rote Armee Franktion (RAF) hielt sich in ihren im Verlauf des Jahres bekanntgewordenen Erklärungen die Option auf weitere terroristische Anschläge offen. Von einer weiteren erheblichen Bedrohung durch diese terroristische Vereinigung ist deshalb auch künftig auszugehen. Die Bedrohung durch die terroristischen Revolutionären Zellen (RZ) dürfte demgegenüber abgenommen haben. 120 Ziel der in der Bundesrepublik Deutschland gewalttätig agierenden linksextremistischen Gruppen ist die gewaltsame Zerschlagung der gegenwärtigen Staatsund Gesellschaftsordnung, in der sie ein Instrument zur Durchsetzung weltweiter kapitalistischer und imperialistischer Ausbeuterinteressen sehen. Keine der genannten Gruppen bietet eine realistische Perspektive für die Zeit nach der angestrebten Revolution. Alle nennen als Ziel eine ."herrschaftsfreie Gesellschaft". Vielfach geben sie vor, das Bild der späteren Gesellschaft schäle sich erst im Kampf gegen das herrschende System heraus. Auch die Bedrohung der inneren Sicherheit durch ausländische Terroristen hielt weiter an. Das zeigt eine Reihe von Brandund Sprengstoffanschlägen insbesondere iranischer und kurdischer Gruppen. Ausschlaggebend für diese Taten waren vor allem Konflikte in den Heimatländern. Besonders gravierend war die Ermordung von vier iranischen Exil-Politikern am 17. September in Berlin. 2. Politisch motivierte Gewalttaten in Bayern Todesopfer politisch motivierter Gewalt waren in Bayern nicht zu beklagen. Die Zahl der Gewaltakte, bei denen das angegriffene Ziel, die Tatausführung oder Selbstbezichtigungen auf politische Motive hindeuten, ist in Bayern im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich angestiegen. Dabei wurden insgesamt 50 Brandanschläge (1991: 36) und vier Sprengstoffanschläge (1991: drei) verübt oder versucht. Maßgebend für die Steigerung war im wesentlichen eine erneute Zunahme von Brandanschlägen mit fremdenfeindlichem Hintergrund. 28 Brandund ein Sprengstoffanschlag (1991: 15) entfallen auf diesen Bereich (siehe Nr. 2.1). Wesentlicher Anlaß für die von Linksextremisten verübten oder versuchten 14 Brandund zwei Sprengstoffanschläge waren der Münchner Wirtschaftsgipfel (siehe Nr. 2.2) sowie Angriffe gegen rechtsextremistische Einrichtungen (siehe Nr. 2.3). Konflikte in den Heimatländern von Ausländern waren ursächlich für sieben Brandund einen Sprengstoffanschlag in Bayern (vgl. Nr. 2.4). 2.1 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer bzw. fremdenfeindlicher Motivation Der Schwerpunkt aller in Bayern 1992 verübten politisch motivierten Gewalttaten entfällt auf den Bereich fremdenfeindlicher Gewalttaten. Von den bundesweit rund 2.200 derartigen Gewalttaten wurden in Bayern rUnd 110 registriert. Besonders gravierend zu werten sind u.a. 28 Brandanschläge und ein Sprengstoffanschlag (1991: 15 einschließlich Anschlägen auf Angehörige von Stationierungsstreitkräften), 14 Angriffe auf Personen (1991: 10) und 40 Sachbeschädigungen mit Gewaltanwendung (1991: 14). Daneben war ferner eine erhebliche Steigerung bei den sonstigen fremdenfeindlichen Straftaten wie Bedrohungen, Nötigungen, Schmierschriften und Verstößen gegen SSSS 86, 86a, 130 und 131 121 StGB von etwa 80 im Vorjahr auf rund 370 Fälle festzustellen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren im wesentlichen die vom 22. bis 27. August andauernden, zunächst gegen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber in Rostock gerichteten Krawalle. Im Anschluß an diese Krawalle, die offensichtlich als Signal für weitere Aktionen angesehen wurden, kam es bundesweit ähnlich wie nach den Ausschreitungen im September 1991 in Hoyerswerda zu einem explosionsartigen Anstieg der Gewalttaten und sonstigen fremdenfeindlichen Straftaten. Die folgenschwerste Tat war der Brandanschlag am 23. November in Mölln. Gegen die mutmaßlichen Täter dieses Anschlags, bei dem drei türkische Staatsangehörige, eine Frau und zwei Mädchen, den Tod fanden, hat der Generalbundesanwalt inzwischen Anklage wegen Mordes in drei Fällen und schwerer Brandstiftung erhoben. In Bayern wurden u.a. folgende Anschläge verübt bzw. versucht: Am 12. Februar setzten unbekannte Täter im Treppenhaus eines Asylantenheimes in Spalt, Landkreis Roth, Wellpappe und zwei alte Pkw-Reifen in Brand. Das Feuer breitete sich im gesamten Treppenhaus aus. Sechs Personen erlitten Rauchvergiftungen, eine weitere Person Schnittverletzungen. Unbekannte Täter verübten am 8. April in Ingolstadt einen Brandanschlag auf eine zur Unterbringung von Asylbewerbern vorgesehene Holzbaracke. Den Ermittlungen zufolge hatten die Täter eine Fensterscheibe eingeschlagen und einen mit brennbarer Flüssigkeit gefüllten Kanister in das Gebäude geworfen. Durch den Brand entstand Sachschaden in Höhe von etwa 150.000 DM. Brandanschlag in Ingolstadt Bisher unbekannte Täter zündeten am 18. Mai in Karlstadt, Landkreis Main-Spessart, an einem dreistöckigen Wohnhaus, das derzeit von 15 türkischen Staatsangehörigen bewohnt wird, einen Brandsatz. Das Gebäude wurde leicht beschädigt. 122 Am 6. Juli setzte in Garmisch-Partenkirchen ein unbekannter Täter im Erdgeschoß eines Asylantenwohnheims ein an der Wand angebrachtes Plakat sowie im Flur des ersten Stocks des Gebäudes zwei Matratzen in Brand. Ein Bewohner konnte das Feuer rechtzeitig löschen. Es entstand geringfügiger Sachschaden. Am 27. Juli warfen unbekannte Täter in Sontheim, Landkreis Unterallgäu, aus einem vorbeifahrenden Pkw einen Molotowcocktail in Richtung einer Asylbewerberunterkunft. Der Brandsatz blieb in einiger Entfernung vor dem Gebäude liegen und brannte aus, ohne Schaden anzurichten. Unbekannte Täter drangen am 30. Juli in die Gaststätte eines türkischen Staatsangehörigen in Kolbermoor, Landkreis Rosenheim, ein, plünderten einen Automaten und legten an mehreren Stellen Brandherde. Die Verbrennung der verschütteten Brandmittel erfolgte explosionsartig. Neben der aufgebrochenen Eingangstüre sowie im Lokal war mit roter Farbe die Parole "Scheiß Türken raus" angeschrieben. Am 1. August schüttete ein zunächst unbekannter Täter in Nürnberg etne brennbare Flüssigkeit in das Treppenhaus eines Asylbewerberwohnheims und entzündete diese. Die Bewohner konnten den Brand rechtzeitig löschen. Der Täter, ein 52jähriger Mann, wurde von der Polizei ermittelt und festgenommen. Unbekannte Täter steckten am 31. August in Dillingen an einer Fabrikationshalle 20 Holzplatten und Kisten in Brand. Es entstand Sachschaden in Höhe von 20.000 DM. Die geschädigte Firma errichtete in einem Teil ihrer Betriebsräume ein Übergangswohnheim für etwa 100 Ausund Übersiedler. In Engelsberg, Landkreis Traunstein, warfen unbekannte Täter am 6. September drei Brandflaschen gegen ein Asylbewerberwohnheim. Einer der Molotowcocktails durchschlug ein Fenster im Erdgeschoß und verursachte einen Zimmerbrand. Drei Personen erlitten leichte Brandverletzungen. Der Sachschaden beträgt ca. 2.000 DM. In der Nacht zürn 7. September versuchten unbekannte Täter, einen Brandsatz in ein Übergangswohnheim für Übersiedler in Marktredwitz, Landkreis Wunsiedel, zu werfen. Beim Anzünden brannte der Molotowcocktail ab, ohne Schaden zu verursachen. Am Abend des 19. September warfen in Regensburg unbekannte Täter drei Brandsätze gegen die Außenfassade eines Wohnheimes für deutschstämmige Aussiedler aus Osteuropa. Zwei Brandsätze zündeten, verursachten aber außer Verrußung am Mauerwerk keinen Schaden. Ebenfalls am Abend des 19. September legten in München unbekannte Täter einen Brand an einer im Bau befindlichen Sammelunterkunft für Asylbewerber. Das Feuer konnte rechtzeitig entdeckt und gelöscht werden. Der Sachschaden beträgt etwa 1.000 DM. An auf der Baustelle befindlichen Containern waren asylbewerberfeindliche Farbschmierereien angebracht. 123 Am 27. September wurde durch unbekannte Täter in Mespelbrunn, Landkreis Aschaffenburg, der Türvorleger in einem Asylantenheim in Brand gesetzt. Das Feuer wurde durch Hausbewohner gelöscht. Noch in derselben Nacht warfen unbekannte Täter eine Fensterscheibe im Erdgeschoß des Gebäudes ein. Am 27. September war die Asylbewerberunterkunft in Gersthofen, Landkreis Augsburg, Ziel eines Brandanschlags. Der von unbekannten Tätern geworfene Molotowcocktail prallte vom Fenster ab, fiel auf eine Wiese und brannte ab, ohne Schaden anzurichten. Am 4. Oktober war ein Asylbewerberheim in Bad Brückenau, Landkreis Bad Kissingen, Ziel eines Brandanschlags. Die Täter, vier Männer im Alter von 16 bis 23 Jahren aus Bad Brückenau und dem Main-Kinzig-Kreis, konnten von der Polizei ermittelt und festgenommen werden. Sie hatten sich vorher in einer Diskothek getroffen und dort den Anschlag verabredet. Einer der beiden geworfenen Brandsätze zerschellte an einem Fenster im Erdgeschoß und erlosch von selbst. Der zweite Brandsatz setzte ein Fensterbrett im ersten Stock in Brand. Das Feuer konnte von den Heimbewohnern gelöscht werden, bevor größerer Schaden entstand. Einen weiteren Brandanschlag verübten unbekannte Täter am 4. Oktober gegen ein Asylbewerberheim in Passau. Der Brandsatz, der aus einem vorbeifahrenden Pkw gegen die Hausmauer des Asylbewerberwohnheims geworfen worden war, brannte ab, ohne Schaden anzurichten. Einen Sprengstoffanschlag verübten am 12. Oktober zwei zunächst unbekannte Täter gegen eine Asylbewerberunterkunft in Kolbermoor, Landkreis Rosenheim. Durch eine selbstgebaute Rohrbombe wurde die Eingangstür der Asylbewerberunterkunft schwer beschädigt. Es entstand Sachschaden von etwa 5.000 DM. Im Eingangsbereich des Heimes wurden mehrere Flugblätter mit dem Titel "Der Asylbetrüger in Deutschland" sichergestellt. Gegen dieses Flugblatt besteht ein Beschlagnahmebeschluß des Amtsgerichtes Fulda. Am 13.Oktober konnte die Polizei zwei 20 und 22 Jahre alte Männer ermitteln und festnehmen. Bei Wohnungsdurchsuchungen konnte umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden. Bereits am 9. Oktober waren in zwei benachbarten Orten zwei Sprengstoffexplosionen registriert worden, die aufgrund der verwendeten Tatmittel als Probesprengungen zu diesem Anschlag gewertet werden müssen. Am 17. Oktober war eine Asylbewerberunterkunft in Nürnberg Ziel eines versuchten Brandanschlages. Durch den in ein offenstehendes Fenster geworfenen Brandsatz, der teilweise abbrannte, entstand kein Sachschaden. Am 21. Oktober stellten mehrere Asylbewerber in Pocking, Landkreis Passau, fest, daß die Bretterverkleidung an einer Stelle ihres Wohnheimes brannte. Das Feuer konnte rechtzeitig gelöscht werden. Es entstand Sachschaden von etwa 500 DM. Am Tatort wurde Benzingeruch festgestellt. 124 Am 22. Oktober drangen vier Jugendliche in den Hof eines Asylbewerberheimes in Kaufbeuren ein, warfen dort Mülltonnen um und warfen anschließend einen selbstgefertigten Brandsatz auf den Boden vor einem Metallcontainer. Der Brandsatz zündete nicht, so daß kein Sachschaden entstand. Als Haupttäter konnte die Polizei einen 14jährigen Schüler ermitteln. Am Tattag hatte sich der Schüler mit einem 17und zwei 15jährigen Jugendlichen in der Kaufbeurer Innenstadt getroffen, um die Aktion zu verabreden. Im Schutz der Dunkelheit begaben sich die vier Täter zum Tatort, wo der 14jährige den Brandsatz schleuderte. Einen weiteren Brandanschlag verübten am 23. Oktober zwei bisher unbekannte Täter auf ein Asylbewerberheim in Ingolstadt. Sie schleuderten insgesamt fünf Molotowcocktails gegen das Gebäude. Die Brandsätze erloschen teilweise von selbst, ohne Schaden anzurichten; andere zerbarsten an der Außenwand, wobei sich der brennbare Flascheninhalt entzündete und an der Fassade leichten Rußschaden verursachte. Etwa 40.000 DM Sachschaden verursachten am 24. Oktober unbekannte Täter mit einem Brandanschlag auf die Geschäftsräume eines ausländischen Kaufmanns in Treuchtlingen,. Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Aufgrund des angegriffenen Objekts und der Vorgehensweise der Täter (zwei Molotowcocktails) ist in diesem Fall ebenfalls ein politisches Motiv zu vermuten. Unbekannte Täter warfen am 1. November zwei Molotowcocktails gegen ein Asylbewerberwohnheim in Waldkirchen, Landkreis Freyung-Grafenau. Die Brandsätze zerplatzten an der Hausmauer, so daß nur das Mauerwerk verrußt wurde. In Garmisch-Partenkirchen setzten unbekannte Täter am 24. November im Eingangsbereich eines Asylbewerberheimes abgestellte Plastikkörbe in Brand. Die Bewohner konnten das Feuer rechtzeitig löschen, so daß nur geringer Sachschaden entstand. In Würzburg warfen am 30. November unbekannte Täter zwei Brandflaschen durch die offenstehende Eingangstür in den Flur einer Asylbewerberunterkunft in einem aufgelassenen Bahnhofsgebäude. Das Feuer erlosch von selbst, ohne Schaden anzurichten. Unmittelbar nach der Tat rief eine unbekannte männliche Person über Notruf die Polizeiinspektion in Ochsenfurt an und teilte mit: "Ostbahnhof brennt - Heil Hitler." In Regenstauf-Steinsberg, Landkreis Regensburg, versuchten am 9. Dezember unbekannte Täter durch das Entzünden von brennbarer Flüssigkeit ein noch zu beziehendes Asylbewerberheim in Brand zu setzen. Das Feuer erlosch von selbst, so daß nur geringer Sachschaden entstand. Am 10. Dezember setzten in Ansbach unbekannte Täter in einem von Asylanten bewohnten Gebäude einen Kinderwagen in Brand. Vorbeikommende Passanten konnten den Kinderwagen rechtzeitig auf die Straße bringen, so daß nur geringer Sachschaden entstand. 125 In München warfen am 12. Dezember zunächst unbekannte Täter einen Molotowcocktail in ein Ausländerwohnheim. Die Brandflasche zerbrach im Gebäudeinneren und setzte den Fußboden in Brand. Die Bewohner konnten das Feuer löschen. Die Polizei nahm am 17. Dezember drei Tatverdächtige im Alter von 18 bis 20 Jahren vorläufig fest. Ein zunächst unbekannter Täter verschüttete am 11. Dezember im Keller eines von mehreren Ausländern bewohnten Gebäudes in Kaufbeuren eine brennbare Flüssigkeit und entzündete diese. Das Feuer wurde von den Bewohnern rechtzeitig gelöscht, ohne daß größerer Sachschaden entstand. Als mutmaßlicher Täter konnte ein Schüler ermittelt werden. Neben diesen Brandund Sprengstoffanschlägen war eine hohe Zahl weiterer zum Teil mit großer Brutalität ausgeführter Straftaten zu verzeichnen. Dazu zählten unter anderem Angriffe auf Personen, Sachbeschädigungen durch Steinwürfe, sonstige Sachbeschädigungen, Schmierschriften und Drohungen. Erwähnenswert sind folgende Vorfälle: Am 5. Februar schoß ein unbekannter Täter aus einem Pkw mit einer Kleinkaliberwaffe durch das Fenster in den Waschraum der Sammelunterkunft für Asylbewerber in Hersbruck, Landkreis Nürnberger Land. Ein im Waschraum befindlicher türkischer Staatsangehöriger blieb unverletzt. Am 27. August randalierte ein 18jähriger Skinhead in einem Imbißstand eines türkischen Staatsangehörigen in Marktredwitz. Er beschimpfte den Geschäftsinhaber mit ausländerfeindlichen Tiraden, schüttete im Geschäft Bier umher, bespuckte den Inhaber und Gegenstände, warf Gegenstände vom Tresen und versuchte, mit dem Stiefel eine Glasscheibe einzutreten. Im anschließenden Handgemenge verletzte der Ladeninhaber den Skinhead mit einem Messer. Der Täter konnte von der Polizei ermittelt werden. Am 28. August warfen fünf Täter Granitpflastersteine in zwei Zimmer eines Asylbewerberheimes in Altötting. Eine Person wurde dabei durch Scherben am Hals leicht verletzt. Die Täter im Alter von 17 bis 24 Jahren konnten ermittelt werden. Als Motiv gaben sie an, sie hätten "Rostock" spielen wollen. Ferner seien sie zur Tatzeit angetrunken gewesen. Am 29. August überfielen fünf Skinheads in Wunsiedel polnische Bauarbeiter in Wohncontainern auf einer Baustelle. Der Tatort lag in der Nähe eines Grillplatzes, auf dem ein Skinheadfest mit etwa 20 Personen stattfand. Einer der Täter drang in einen unversperrten Wohncontainer ein und schlug einem Arbeiter einen Baseballschläger an den Kopf, wodurch dieser eine schwere Verletzung am Auge erlitt. Die Mittäter skandierten zwischenzeitlich "Polen weg, Polen raus". Am 30. August gegen 1.00 Uhr tauchten vermutlich die gleichen Täter erneut bei den Wohncontainern auf, schlugen mit Eisenstangen gegen die Container und riefen wieder 126 holt ausländerfeindliche Parolen. Die Täter, fünf der SkinheadSzene zuzurechnende Personen im Alter von 17 bis 20 Jahren, wurden von der Polizei ermittelt und festgenommen. Am 13. September drangen etwa zehn vermummte Skinheads durch die unverschlossene Eingangstüre in ein Übergangswohnheim für Aussiedler in Sandersdorf, Landkreis Eichstätt, ein. Sie traten zwei Wohnungstüren ein, zerstörten eine Fensterscheibe und schlugen einen russischen Staatsängehörigen, der dabei verletzt wurde. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen besteht gegen einen 22jährigen Mann aus dem Landkreis Pfaffenhofen a.d. Hm dringender Tatverdacht. Das 22jährige Mitglied der inzwischen verbotenen Nationalistischen Front (NF) wurde festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Am 22. September warfen zunächst unbekannte Täter Steine gegen die Hauswand und durch das geschlossene Fenster in ein Asylbewerberheim in Pocking, Landkreis Passau. Dabei wurde auch ein vor dem Heim abgestellter Pkw beschädigt. Es entstand Sachschaden von etwa 1.000 DM. Die Polizei konnte als mutmaßliche Täter neun Personen im Alter von 17 bis 23 Jahren ermitteln. Am 1. November wurde in Bischofsheim, Landkreis Rhön-Grabfeld, aus einem vorbeifahrenden Pkw mehrmals auf ein Asylbewerberheim geschossen. Am Gebäude wurden sieben Einschüsse festgestellt. Ein Geschoß durchschluß eine Fensterscheibe und prallte an der Zimmerdecke ab. Personen wurden nicht verletzt. Als Täter konnte die Polizei am 4./5. November sechs Personen im Alter von 15 bis 21 Jahren ermitteln. Am 17. November wurde ein Frater von einem Skinhead die Steintreppe zu einem U-Bahnhof in München hinuntergestoßen. Dabei wurde der 61jährige Frater, der sich im Augenblick der Attacke von einem Afrikaner verabschiedete, verletzt. Der Skinhead konnte trotz Verfolgung durch mehrere Passanten entkommen. Am 28. November kam es vor dem Jugendzentrum in Marktredwitz, Landkreis Wunsiedel, zu einer Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe junger Türken und sechs Skinheads. Im Verlauf dieser zunächst verbalen Auseinandersetzung zog ein 18jähriger Skinhead ein Messer und versuchte, dieses einem 19jährigen Türken in den Rücken zu stechen. Dieser wurde durch den Messerstich leicht verletzt. Der Messerstecher wurde festgenommen. Der zuständige Ermittlungsrichter erließ Haftbefehl wegen versuchten Totschlags. Unbekannte Täter verschafften sich am 8. Dezember Zutritt zur Wohnung eines syrischen Staatsangehörigen in Treuchtlingen, Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Nach einer politischen Diskussion schlugen sie ihr Opfer nieder, fesselten und beraubten es. Dem Opfer gelang es erst am nächsten Morgen, sich zu befreien. Beim Verlassen der Wohnung hatten die Täter in mehrere Schränke und die Buchhülle eines Korans Hakenkreuze eingeritzt. 127 Unbekannte Täter mißhandelten am 8. Dezember in Bamberg eine indische Studentin auf offener Straße. Sie verletzten sie mit einem Messer und raubten ihr Geld. Ferner drohten sie ihr an, ihr werde es wie den Opfern in Mölln ergehen. 2.2 Gewalttaten von Linksextremisten ohne Angriffe auf politische Gegner Erwähnenswert sind folgende Vorfälle: Am 15. Januar versuchten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf das Gebäude des Ausländeramtes der Stadt Nürnberg. Von zwei auf ein Fenster im ersten Obergeschoß geworfenen Molotowcocktails zündete ein Brandsatz, wobei lediglich geringer Sachschaden entstand. In einem Selbstbezichtigungsschreiben, das am 16. Januar bei einer Tageszeitung in Nürnberg einging, bezichtigten sich "Revolutionäre Zellen" der Tat. Sie begründeten den Anschlag vor allem mit den Änderungen des Ausländergesetzes und forderten ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge. Unbekannte Täter warfen am 2. Mai in Passau vier Molotowcocktails auf den Parkplatz der Niederlassung eines Automobilkonzerns. Dabei wurde ein Pkw getroffen, an dem Lackschaden entstand. Am 8. Mai ging bei einer Passauer Tageszeitung ein Selbstbezichtungsschreiben ein, das mit "Autonome Viren Kommando Ulrike M." unterzeichnet war. Die unbekannten Verfasser begründeten ihren Anschlag damit, daß der angegriffene Konzern das "ausbeuterische globale Wirtschaftssystem" mitorganisiert habe und von Rüstungsgeschäften mit Diktatoren überall auf der Welt profitiere. Das Unternehmen sei somit mitschuldig am Tod unzähliger Menschen. Das Schreiben endete mit den Parolen "Wir wollen dieses Wirtschaftssystem zerstören ... für die soziale Revolution. Der Kampf geht weiter". Im Verlauf des Münchner Wirtschaftsgipfels waren neben Sachbeschädigungen, Schmierschriften und mehreren z. T. gegen die Hotels der Delegationen gerichteten Bombendrohungen folgende Brandanschläge zu verzeichnen: Am 4. Juli warfen unbekannte Täter zwei Molotowcocktails gegen ein Fenster einer Zweigstelle einer Sparkasse in München. Die Brandsätze prallten an der Scheibe ab und brannten aus, ohne größeren Schaden anzurichten. Am frühen Morgen des 6. Juli warfen unbekannte Täter zwei Brandflaschen in Richtung der Polizeiinspektion Friedberg, Landkreis Aichach-Friedberg. Ein Brandsatz landete neben dem Treppenaufgang, der zweite auf dem Kfz-Abstellplatz. Es entstand kein Sachschaden. Am 6. Juli war die Filiale einer Großbank in München Ziel eines weiteren Brandanschlags. Die Täter schlugen mit einer Spitzhacke die Scheibe der Filiale ein und schleuderten zwei Molotowcocktails in das Gebäude. Teile der Einrichtung fingen Feuer, wobei 128 Sachschaden von etwa 200.000 DM entstand. Am Tatort wurde u. a. ein Zettel'mit der Aufschrift "MWG angreifen" gefunden. Am 7. Juli gingen bei mehreren Tageszeitungen in München Selbstbezichtigungsschreiben ein, in denen der Anschlag damit begründet wurde, daß die Bank Teil des "großdeutschen patriarchalen kapitalistischen Systems" sei, das sich gerade in München zur Schau stelle. Die Täter begriffen diese Aktion als "Angriff auf den Weltwirtschaftsgipfel, der hier nicht so reibungslos ablaufen kann, wie sie es gern hätten". Am 7. Juli verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf das Bürogebäude eines Industriekonzerns in München. Die Täter schlugen mit einem Pflasterstein eine Fensterscheibe ein und warfen einen Brandsatz in einen Büroraum. Durch das Feuer entstand Sachschaden von etwa 100.000 DM. Die Adresse des angegriffenen Objektes war in der bundesweit verbreiteten Broschüre "Frei statt Bayern" genannt worden. In dieser Publikation waren - verbunden mit der Aufforderung "Alle Tage Sabotage" - eine Vielzahl von Objekten für mögliche Aktionen, u. a. Banken, Unternehmen, Parteizentralen, Polizeiund Justizdienststellen, Konsulate und "faschistische" Organisationen angeführt. 2.3 Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten Vor dem Hintergrund der Entwicklung der fremdenfeindlichen Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland erreichten auch die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten einen neuen Höhepunkt. Bis einschließlich 31. Dezember wurden bundesweit insgesamt etwa 390 gewalttätige Angriffe von Linksextremisten auf Rechtsextremisten bzw. vermeintliche Rechtsextremisten oder deren Einrichtungen bekannt. In mehreren Fällen wurden Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten, die durch "Steckbriefe" in Szeneblättern angeprangert wurden, Opfer von Gewalttaten. Gravierendster Fall war die Ermordung eines Funktionärs der Deutschen Liga am 4. April in Berlin-Kreuzberg. Sein Steckbrief war in der autonomen Szenezeitschrift "Interim" vom 19. März abgedruckt. Neben diesem Tötungsdelikt wurden weitere 113 Fälle von zum Teil schwerer Körperverletzung sowie 52 Brandund Sprengstoffanschäge auf Einrichtungen und Eigentum von tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsextremisten registriert. Demgegenüber wurden nur 94 Angriffe von Rechtsextremisten auf politische Gegner - ohne fremdenfeindlichen Hintergrund - registriert. Diese im Vergleich zu den von Linksextremisten begangenen Gewalttaten relativ niedrige Zahl darf jedoch nicht über die Schwere der von Rechtsextremisten verübten Gewalttaten hinwegtäuschen. Von den im Jahre 1992 registrierten Tötungsdelikten mit rechtsextremistischer bzw. zu vermutender rechtsextremistischer Motivation, denen insgesamt 17 Menschen zum Opfer fielen, entfallen fünf Fälle auf Personen, die mit den Tätern über deren politische Ansichten gestritten hatten. Von einer erheblichen Dunkelziffer 129 weiterer Gewalttaten in diesem Bereich muß auf beiden Seiten ausgegangen werden. Auf beiden Seiten ist eine zunehmende Brutalisierung der Gewalttaten und eine rapide sinkende Hemmschwelle vor massiver Gewaltanwendung festzustellen. Getragen werden diese Aktionen auf linksextremistischer Seite insbesondere von autonomen Gruppen, die unter dem Thema "Militanter Antifaschismus" seit langem eine Möglichkeit sehen, die eigenen Strukturen zu festigen.und ihren Zielen näher zu kommen. Insbesondere vor dem Hintergrund der massiven fremdenfeindlichen Gewalttaten wurde das Thema in bisher nicht bekannter Breite aufgegriffen. Vor allem rechtsextremistische Angriffe gegen Asylbewerber wie in Rostock vom 22. bis 27. August, die Tötung eines Hausbesetzers in Berlin am 21. November und der Brandanschlag in Mölln am 23. November waren Anlaß für eine massive Steigerung der Gewalttaten von Linksextremisten gegen Rechtsextremisten bzw. vermeintliche Rechtsextremisten und deren Einrichtungen. Die Rechtsextremisten ihrerseits versuchen, auf die Angriffe mit dem Aufbau von autonomen-ähnlichen Strukturen zu reagieren, insbesondere im Bereich der Kommunikationsmittel wie dem Betreiben von sog. Infotelefonen und dem gezielten Beobachten von politischen Gegnern. Ziel dieser als "Anti-Antifa" bezeichneten Initiative soll sein, "kriminelle Subjekte" (gemeint sind politische Gegner) "aus der Anonymität der Masse herauszuholen und durch gezielte Feindaufklärung linken Angriffen vorzubeugen und diese zu verhindern". In Bayern sind für diesen Bereich folgende Gewalttaten erwähnenswert: In der Nacht zum 2. Januar verübten in München zwei dem autonomen Spektrum zuzurechnende 27 bzw. 22 Jahre alte Personen einen Brandanschlag auf ein Fahrzeug der rechtsextremistischen "Druckschriftenund Zeitungsverlags GmbH" (DSZ-Verlag). Inhaber des Verlages ist der' DVU-Vorsitzende Dr. Frey. Die beiden mutmaßlichen Täter hatten versucht, auf dem umzäunten Firmengelände einen Pkw in Brand zu setzen; dabei kam es zu einer Verpuffung, die einen Sachschaden von etwa 4.000 DM verursachte. In einem Selbstbezichtungsschreiben, das über autonome jnfoläden verbreitet wurde, war unter anderem ausgeführt, daß zwar die "Hauptkampffront gegen die bürgerlich-kapitalistische BRD und ihre multinationalen Konzerne gezogen" werden müsse. Dennoch dränge sich "militärisches Vorgehen gegen die vielfältigen Nazistrukturen als Notwendigkeit" auf. In den Morgenstunden des 29. Juni wurden vor zwei Verlagsgebäuden in München drei nicht detonierte Sprengsätze festgestellt. Anschlagsziele waren das "AVÖ-Büro" (Althans Vertriebswege und Öffentlichkeitsarbeit) eines Münchner Neonazis sowie der Verlagsraum eines Anzeigenblattes mit rechtsextremistischem Inhalt. Zu den versuchten Anschlägen gingen am 30. Juni bei einer Presse- 130 agentur sowie im Büro eines Nachrichtenmagazins jeweils gleichlautende Bekennerschreiben mit der Überschrift "Jetzt reichts mit dem braunen Dreck!" ein. Die Briefe waren jeweils mit "Revolutionäre Zellen" unterzeichnet. Die Verfasser begründeten die geplanten Anschläge mit der rechtsextremistischen Gesinnung der Opfer und bezeichnen die beiden "Objekte" als die derzeit wohl wichtigsten Propagandazentralen der Münchner Neonazis". Am 28. November warfen unbekannte Täter einen Molotowcocktail gegen die Schaufensterscheibe eines Lokals in Nürnberg. Der Brandsatz prallte am Fenster ab und brannte am Boden ab, ohne Schaden zu verursachen. Bereits am 21. November war am selben Lokal eine Scheibe eingeworfen worden. Ein Zusammenhang mit der Tötung eines Hausbesetzers am 21. November in Berlin bzw. dem Brandanschlag in Mölln ist anzunehmen. In der Nacht zum 9. Dezember versuchten bisher unbekannte Täter, eine Gaststätte in Bamberg in Brand zu setzen. Die Täter gelangten nach Durchschneiden eines Stacheldrahtes an die Rückfront des Lokals und warfen zwei Molotowcocktails gegen die dortigen Fensterscheiben. Die Scheiben zerbarsten, die Brandflaschen zündeten jedoch nicht. Ein Zusammenhang mit einem Angriff auf eine indische Studentin in Bamberg am 8. Dezember ist anzunehmen. Beide angegriffenen Lokale gelten in der autonomen Szene als Skinheadtreffpunkte. Neben diesen Anschlägen war ferner eine Reihe weiterer Gewalttaten zu verzeichnen, bei denen tatsächliche oder vermeintliche Rechtsextremisten bzw. deren Eigentum angegriffen wurden. Erwähnenswert sind u. a. folgende Fälle: Am 18. September gingen im Stadtgebiet von München drei Personen auf einen Mann zu und versuchten mit Gewalt einen Aufkleber "Ich bin stolz,, ein Deutscher zu sein" von dessen Jacke zu reißen. Den Geschädigten hielten sie dabei mittels Würgegriff fest. Nachdem der Aufkleber nicht zu entfernen war, zwangen sie das Opfer, seine Jacke auszuziehen und sie den Angreifern zu übergeben. Die von der Polizei ermittelten Täter sind dem autonomen Spektrum München zuzurechnen; sie wurden mittlerweile verurteilt. Am 9./10. Oktober warfen unbekannte Täter Pflastersteine gegen die Schaufensterscheiben eines Antiquitätengeschäftes in Passau. Zwei der Scheiben wurden zerstört, Auslagen und ein weiteres Fenster beschädigt. Dabei entstand Sachschaden in Höhe von etwa 20.000 DM. Der Geschäftsinhaber ist Stadtratsmitglied der Partei "Die Republikaner" in Passau. Bei einem weiteren Stadtratsmitglied dieser Partei in Passau entstand ein Sachschaden von etwa 5.000 DM, als die Glasscheibe der Eingangstüre seines Geschäftes eingeworfen wurde. In der Nacht vom 11. auf 12. November warfen bisher unbekannte Täter eine Fensterscheibe, an einem Gebäude einer Tageszeitung in Aschaffenburg ein. Am 13. November erhielt die Redaktion ein Drohschreiben eines bisher unbekannten "Kommando gegen ras- 131 sismusfördernde Elemente". Darin hieß es u. a., daß sich die Zeitung in letzter Zeit eindeutig hinter die rassistischen Bürger gestellt habe. Leserbriefe würden einseitig und mehrfach abgedruckt, im Anzeigenteil werde Werbung für Rassisten veröffentlicht. Die Zeitung sei deshalb in hohem Maße mitverantwortlich für die explosive Stimmung in Stadt und Land. Der Zeitung wurde angedroht, sie werde von den Verfassern für jede Art des offenen Rassismus, bei jeder Randale oder Provokation gegen Flüchtlinge und/oder "nichtdeutsche" Menschen in und um Aschaffenburg zur Rechenschaft gezogen. Am 22. November warf ein Unbekannter zwei Pflastersteine gegen die Wohnzimmerfenster der Wohnung der Nürnberger NPD-Kreisvorsitzenden. Im Hof des Anwesens wurde in der Nacht u.a. die Parole "Nazis angreifen, zerschlagt die Nazibrut!" gesprüht. Auch das Münchner AVÖ-Büro war mehrmals Ziel von Sachbeschädigungen. Am 24. November wurden anläßlich einer Demonstration Farbbeutel, Eier und andere Gegenstände gegen das Gebäude geworfen. Am 15. Dezember schlugen unbekannte Täter eine Schaufensterscheibe des Büros ein. Zu dieser Sachbeschädigung wurde im Nürnberger autonomen Szeneblatt "Wie weiter" ein Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlicht. Darin hieß es u. a.: "Wir haben in der Nacht zum 15.12. den AVÖ-Laden in der Herzog-Heinrich-Straße in München angegriffen. Wir haben ins Ladeninnere Buttersäure befördert." Die Verfasser des Schreibens führten weiter aus, daß sie den Betreibern durch den Anschlag eine Weiterführung der Geschäfte nahezu unmöglich machen wollten. Im letzten Satz des Schreibens hieß es, es sei wichtig zu zeigen, daß Nazis und Rassisten auch in München angreifbar seien. Das Selbstbezichtigungsschreiben endete mit dem Aufruf "Wandelt Wut und Trauer in Widerstand". Von Rechtsextremisten wurden. bisher in Bayern noch keine schwerwiegenden Straftaten gegen Linksextremisten bzw. vermeintliche Linksextremisten und deren Einrichtungen bekannt. Erwähnenswert sind jedoch u. a. eine Bombendrohung am 22. November in München gegen eine Gaststätte, die Bedrohung eines Redakteurs einer Tageszeitung in München wegen seiner Berichterstattung im Zusammenhang mit den Ereignissen in Rostock sowie drei tätliche Auseinandersetzungen am 28. November, 13. bzw. 19. Dezember 1992 in Osterhofen, Landkreis Deggendorf, Schwandorf bzw. Ebersberg. 2.4 Politisch motivierte Gewalttaten von Ausländern Die seit Anfang März wiederholt durchgeführten Aktionen türkischer Sicherheitskräfte gegen die türkische Devrimci Sol und Stützpunkte sowie Lager der militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowohl im Norden des Irak als auch in kurdischen Dörfern und Städten in der Südosttürkei lösten bundesweit massive, größtenteils gewalttätige Protestaktionen der in Deutschland lebenden 132 PKK-Anhänger aus. Die Aktionen richteten sich insbesondere gegen türkische Generalkonsulate, türkische Banken und Fluglinien. Auch in .Bayern waren in diesem Zusammenhang mehrere Anschläge auf türkische Banken in München und Nürnberg zu verzeichnen, bei denen teilweise erheblicher Sachschaden entstand. Auch türkische Banken in Hannover, Frankfurt a. Main und Ulm wurden Ziel von Brandanschlägen, bei denen erheblicher Sachschaden entstand. Aus den hierzu bekannt gewordenen Selbstbezichtigungen geht hervor, daß die Brandanschläge als Vergeltung für eine Aktion türkischer Sicherheitsbehörden in Istanbul vom 17. April durchgeführt wurden. Dazu bekannten sich vor allem die türkische linksextremistische Devrimci Sol sowie in einem Fall auch die PKK. Anhänger der größten iranischen Oppositionsgruppierung "Volksmojahedin Iran" führten am 5. April weltweit u. a. in Bern, Stockholm, Oslo und Ottawa sowie in Bonn, Hamburg und München Aktionen gegen iranische diplomatische Vertretungen durch. Nach Erklärungen der Kölner Zentrale der "Iranischen Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e. V." (IMSV) handelte es sich um Vergeltungsaktionen wegen des Angriffs iranischer Kampfflugzeuge auf militärische Stützpunkte der "Volksmojahedin" im Irak am selben Tag. In München stürmten etwa 20 bis 40 Personen, mit Prügeln und Stangen bewaffnet, das iranische Generalkonsulat. Sie zertrümmerten Fensterläden, Fensterscheiben und Türen des Konsulats und warfen Molotowcocktails in das Anwesen. Ein im Hof abgestellter Pkw des Konsulats wurde angezündet sowie der Dienst-Pkw des Generalkonsuls durch Zertrümmern der Scheiben beschädigt. Am Gebäude entstand Sachschaden in Höhe von mehr als 150.000 DM. Die Polizei konnte noch in Tatortnähe 21 Iraner vorläufig festnehmen. Durch einen Sprengstoffanschlag wurden am 14. Juni in München drei auf dem Gelände einer Speditionsfirma abgestellte Druckreaktionskessel schwer beschädigt. Dabei entstand hoher Sachschaden. Die drei Kessel waren für ein Forschungsinstitut im Iran bestimmt und sollten in den nächsten Tagen1 dorthin geliefert werden. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, daß bereits am 14. Februar ein Brandanschlag auf die Schweizer Herstellerfirma der Druckkessel verübt worden war, bei dem ebenfalls beträchtlicher Sachschaden entstand und bauartgleiche Zündvorrichtungen verwendet worden waren. In einem am Schweizer Tatort aufgefundenen Selbstbezichtigungsschreiben wurde der Firma vorgeworfen, an das "korrupte Regime in Teheran" Vernichtungswaffen zu liefern. Ziel des Brandanschlages waren damals vier Bioreaktoren, dierin der Montagehalle des Werkes aufgestellt waren. Am 8. Oktober wurden von drei Männern in Augsburg zwei Fensterscheiben eines türkischen Reisebüros eingeworfen. An einer weiteren Fensterscheibe war ein Zettel in türkischer Sprache angebracht, dessen sinngemäße Übersetzung lautet: "Wer Türken hilft, wird von uns erledigt". Im Zuge der Ermittlungen stellte die 133 Polizei fest, daß an einem weiteren Reisebüro etwa 800 Meter vom Tatort entfernt ebenfalls eine Scheibe eingeworfen worden war. Auch dort wurde ein Zettel in türkischer Sprache mit folgendem Wortlaut aufgefunden: "Die türkischen Geschäfte, die sich hier niedergelassen haben, sollen vernichtet werden, die Vorgänge in Kurdistan werden nicht geduldet. Die Rebellen von Kurdistan." 3. Rote Armee Fraktion (RAF) Die vor rund 25 Jahren entstandene RAF verfolgte ursprünglich das Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und im "strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Aus einem "Planungspapier" der RAF vom April 1984 ging hervor, daß die RAF ihren "Kampf" in einer koordinierten "antiimperialistischen Front" führen wollte, die die drei Ebenen "Guerilla" (Kommandoebene), "Widerstand" (RAF-Umfeld) und "Gefangene" (inhaftierte terroristische Gewalttäter) umfaßte. Die RAF sah sich damals nicht mehr nur als verlängerter Arm der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, sondern als eigenständige Guerilla im "imperialistischen Zentrum Westeuropa". In das Feindbild ihres "antiimperialistischen Kampfes" schloß sie insbesondere die maßgebenden Stützen der bestehenden Machtstrukturen ein. Dazu zählte sie neben den Sicherheitsbehörden die Bereiche Politik, Militär, Kapital und Industrie, die sie mit dem Begriff "militärischindustrieller Komplex" (MIK) umschrieb. In drei umfangreichen Erklärungen vom April, Juni und August 1992 räumte die RAF eine Reihe aus ihrer Sicht schwerwiegender Fehleinschätzungen hinNeuorientierung sichtlich der Vermittelbarkeit ihrer Aktionen und der Grundsätze der RAF ihrer Strategie ein und kündigte eine vorläufige Einstellung ihrer Mordanschläge an. Gleichzeitig bekräftigte sie aber, daß diese Anschläge trotz der zum Aufbau einer "Gegenmacht von unten" erforderlichen Neuorientierung unter veränderten Bedingungen wieder aufgenommen werden können. Deshalb muß weiterhin von einer starken Bedrohung der inneren Sicherheit durch terroristische Aktionen der RAF ausgegangen werden. 3.1 Kommandoebene der RAF Terroristische Anschläge der RAF waren 1992 nicht zu verzeichnen. Statt dessen wurde durch drei umfangreiche Erklärungen des Kommandobereichs ein tiefgreifender Wandlungsprozeß in der RAF offenbar, der allerdings kein endgültiges Abrücken von den terroristischen Aktivitäten erwarten läßt. In der ersten Erklärung vom 10. April wurde eine Wende der bisherigen Taktik der RAF angekündigt. Die RAF räumte darin u. a. Eingeständnis ein, daß sie mit ihrer Politik nicht stärker, sondern schwächer des Scheiterns geworden sei und keine Anziehungskraft für Menschen entwickelt habe. Jetzt gehe es darum, "neue Bestimmungen für eine Politik 134 herauszufinden, die tatsächliche Veränderungen für das Leben der Menschen heute durchsetzen kann und längerfristig den Herrschenden die Bestimmung über die Lebensqualität ganz entreißt". Durch die "Auflösung des sozialistischen Staatssystems" und das "Ende des kalten Krieges" sehe sich die RAF einer "völlig veränderten Situation" gegenüber. Auch die Absicht, im "gemeinsamen internationalen Kampf einen Durchbruch für Befreiung zu schafNeuorientierung fen", sei nicht aufgegangen. Als neue Ziele nannten die Verfasser die Entwicklung einer Basis für eine "Gegenmacht von unten". In diesem Prozeß könne die "Guerilla" nicht Mittelpunkt sein. Daraus folgerten sie, "gezielt tödliche Aktionen gegen Spitzen aus Staat und Wirtschaft" würden die jetzt notwendigen Entwicklungen nicht voranbringen. Deshalb erklärte die RAF: "Wir haben uns entschieden, daß wir von uns aus die Eskalation zurücknehmen. Das heißt, wir werden .Angriffe auf führende Repräsentanten aus Wirtschaft und Staat für den jetzt 'notwendigen Prozeß einstellen". Verbunden wird diese Aufgabe der bisherigen Anschlagstätigkeit allerdings mit Forderungen an den Staat, vor allem hinsichtlich der Freilassung bzw. Zusammenlegung von Häftlingen und der unverhohlenen Drohung, weitere Anschläge zu begehen, falls diese Forderungen nicht erfüllt würden. In einem weiteren Schreiben vom 29. Juni, gerichtet an die "Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Demonstration und des internationalen Kongresses gegen den Weltwirtschaftsgipfel in München" und insbesondere einer umfangreichen Erklärung vom "August 1992" erläutern und bekräftigen die Verfasser ihre im April getroffene Entscheidung und verteidigen sie gegen kritische Gegenpapiere vor allem aus dem RAF-Umfeld. Die August-Erklärung enthält nach einer umfangreichen selbstkritischen Aufarbeitung der RAF-Vergangenheit eine Bekräftigung der Neuorientierung zum Aufbau einer "Gegenmacht von unten". Sie enthält wie auch die April-Erklärung zumindest einen vorläufigen Abschied von dem jahrelang vertretenen elitären, von anderen gewaltbereiten Linksextremisten als arrogant empfundenen Avantgarde-Anspruch und ist gekennzeichnet von dem erkennbaren Bemühen, in die angestrebte "Gegenmacht von unten" noch mehr als bisher eine möglichst große Zahl anderer linksextremistischer oder auch nur sozialkritischer Gruppierungen einzubeziehen. Zu diesem Zweck hatte die RAF schon in der April-Erklärung verstärkt eine ganze Reihe von Themen in ihr Agitationsspektrum einbezogen, die in ihrem früher in erster Linie gegen den MIK gerichteten "antiimperialistischen Kampf" eine eher untergeordnete Rolle gespielt hatten, nämlich Rassismus, Faschismus, Wohnungsnot und die Situation in den neuen Ländern. Daneben enthält aber vor allem die August-Erklärung auch Ausführungen zur Wiederaufnahme von Weiterhin Terroraktionen. Der "bewaffnete Kampf" müsse demnach wieder terroristische aufgenommen werden, wenn der Staat an dem von der RAF so Option bezeichneten "Ausmerzverhältnis gegen Fundamentalopposition festhält". Eine "militärische Intervention" sei möglich, wenn der Staat keinen Raum zulasse, in dem sich "Gegenmacht" organisie- 135 ren könne oder wenn er schon erkämpfte Räume "plattwalze". Damit hat sich die RAF ihre terroristische Option weiterhin in vollem Umfang offengehalten. Die Reaktionen von Terrorgruppen aus dem europäischen Ausland waren unterschiedlich. Kritik kam insbesondere von den Inhaftierten der französichen Terrororganisation "Action Directe" (AD), mit Reaktionen der die RAF partiell das Anfang der 80er Jahre begründete "Frontausländischer konzept" realisiert hatte. Die Entscheidung der RAF für die politiTerrorgruppen sche Neuorientierung wurde jedoch gebilligt. Auch Inhaftierte der belgischen "Kämpfenden Kommunistischen Zellen" (CCC) kritisierten die Aussetzung des bewaffneten Kampfes. Sie warfen der RAF vor, sich durch Loslösung vom Marxismus und Hinwendung zum Subjektivismus und Militarismus national und international isoliert zu haben. Besonders heftig war die Kritik der "Kommunistischen Partei Spaniens" - PCE(r) - und ihres "bewaffneten Arms", der spanischen Terrorgruppe GRAPO. Der RAF wurde vorgehalten, ihre.neue "politische" Linie sei ein Weg, der in die "falsche Richtung führt" und "der Waffenstillstand ein großer Fehler". Nachdem weder eine politische noch ideologische Linie erkennbar sei, würde es der Regierung nicht schwerfallen, "die Liquidation der Bewegung fortzuführen" und "zu demonstrieren, daß jeglicher bewaffneter Widerstand gegen den Staat nutzlos ist". 3.2 Militante der RAF Die "Militanten der RAF" sind nach dem Kommandobereich als zweite "kämpfende Ebene" in die RAF eingebunden und damit als integrierter Bestandteil der RAF anzusehen. Sie unterstützten in früheren Jahren insbesondere nach erfolgreichen Anschlägen die Kommandoebene der RAF durch Brandund Sprengstoffanschläge gegen. Sachwerte, wobei Personenschäden zwar nicht beabsichtigt, aber billigend in Kauf genommen wurden. Derartige Anschläge von "kämpfenden Einheiten" waren 1992 nicht zu verGewaltaktionen zeichnen. Die veröffentlichten Diskussionsbeiträge aus diesem blieben aus Bereich belegen einen "Richtungsstreit" innerhalb der RAF. "Militante der RAF" fordern eine stärkere Einbindung und größeres Mitspracherecht in Strategiedebatten des Kommandobereichs und zugleich mehr Unabhängigkeit. Ziel sei der Aufbau verbindlicher Strukturen, die zu politischer und sozialer Praxis fähig seien "sowie die Schaffung eines Befreiungsprojekts", das auch in der Lage sei, hier "gegen das System Ziele und Forderungen durchzusetzen". 3.3 Inhaftierte der RAF Die Aktivitäten der inhaftierten terroristischen Gewalttäter aus der Hauptziel: RAF zielten im wesentlichen darauf ab, die Freilassung bzw. Freilassung aller Zusammenlegung der "Gefangenen aus RAF und Widerstand" zu erreichen. Als Hauptziel wurde die Freiheit aller Inhaftierten aus "RAF und Widerstand" propagiert. Diese "Freilassungskampagne" ist Anfang des Jahres intensiviert worden im Hinblick auf die bekanntgewordenen Überlegungen, für mehrere Inhaftierte die 136 Strafvollstreckung durch Gerichtsentscheidungen oder Gnadenerweise auszusetzen. Die ursprünglichen Erwartungen an diese sog. "Kinkel-Initiative" (benannt nach dem damaligen Bundesminister der Justiz) haben sich jedoch aus der Sicht der RAF nicht erfüllt. Im Verlauf des Jahres wurden deshalb zunehmend kritische und ablehnende Äußerungen bekannt, die diese Initiative insgesamt als gescheitert bewerteten. "Für die Gefangenen aus RAF und Widerstand" erklärte die inhaftierte RAF-Angehörige Irmgard Möller am 15. April die grundsätzliche Zustimmung zur Entscheidung der RAF, den bewaffneten Kampf vorläufig auszusetzen. In weiteren Medien-Interviews und Beiträgen in Publikationen bekräftigten dies anschließend weitere RAF-Gefangene. Gleichzeitig wurde aber deutlich, daß dies kein wesentliches Abrücken von bisherigen RAF-Grundsätzen bedeutete. So wurde u. a. im Verlauf der Interviews betont, daß eine "Versöhnung der RAF mit dem Staat ausgeschlossen" werde und "der bewaffnete Kampf" legitim gewesen sei. Ferner wurde an die Bundesregierung appelliert, im Rahmen einer politischen Lösung in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren alle RAF-Häftlinge freizulassen. Daß zumindest Teile der RAF-Inhaftierten Gewalt nach wie vor als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele bejahen, zeigt ein in der linksextremistischen Publikation "Arbeiterkampf" (ak) abgedruckter Brief. Darin erklärte eine RAF-Gefangene, "die bewaffnete und militante Aktion" bleibe ein Mittel, das der gesamten "radikalen Linken" zur Verfügung stehe und "souverän und politisch bestimmt und gezielt eingesetzt" werden könne. Gefangene aus Auch Gefangene aus dem RAF-Umfeld billigten die durch die RAF dem RAF-Umfeld erklärte Deeskalation, lehnten aber deren Begründung für diesen Schritt ab. Auch sie betrachten Mord grundsätzlich als Mittel revolutionärer Politik, das jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt unangemessen sei. Gewalt bleibe so lange legitim, wie die "herrschenden Verhältnisse" existierten. Dies beinhalte die Möglichkeit, auch in der jetzigen Situation militante Anschläge durchzuführen. 3.4 Umfeld der RAF Dem engeren RAF-Umfeld gehören bundesweit etwa 240 Perso-, nen an. Die Erklärungen der Kommandoebene vom 10. April, 29. Juni und August 1992 führten auch in diesem Bereich zu unterschiedlichen Bewertungen. In einer ersten Reaktion äußerten sich in einem Schreiben vom 22. April Teile des RAF-Umfeldes durchwegs ablehnend. Darin heißt es u. a.: "Widerstand steht dafür, daß das, was in den letzten 22 Jahren war, nicht dem Staatsapparat und seinen Medien gehört. Diese Geschichte lebt in uns. Widerstand gegen die imperialistische Großmacht BRD bestimmt sich durch diese Erfahrungen. Der Kampf geht gemeinsam weiter." Im weiteren Verlauf wurden die Papiere der Kommandoebene jedoch weitgehend als Schritt in die richtige Richtung bewertet. Zwar haben Teile des RAF-Umfeldes die in den drei Erklärungen 137 enthaltene Selbstkritik und insbesondere das Deeskalationsangebot noch nicht anerkannt und lehnen es zum Teil auch ab. Der überwiegende Teil des RAF-Unterstützerspektrums ist aber offenbar bereit, am postulierten Aufbau der "Gegenmacht von unten" mitzuwirken, weil man darin eine Chance sieht, Probleme innerhalb des RAF-Gefüges zu lösen und die Isolation der letzten Jahre zu überwinden. In Bayern sind Gruppierungen des RAF-Umfeldes mit SchwerRAF-Umfeld punkten in München und Nürnberg bekannt. Ihnen gehören etwa in Bayern 15 Personen an. Die Nürnberger Gruppierung unterhält zu ähnlichen Gruppen im Bundesgebiet enge Kontakte. Die Verbindungen der Münchner Gruppe sind, rückläufig. Der Schwerpunkt der Aktivitäten lag im Großraum Nürnberg. 3.5 Strafverfahren Am 24. Februar verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart das ehemalige RAF-Mitglied Monika Winter, geb. Helbing, wegen Mordes, Geiselnahme, räuberischer Erpressung und Nötigung eines Verfassungsorgans im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung von Dr. Hanns-Martin Schleyer im September/Oktober 1977 sowie Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung unter Anwendung der Kronzeugenregelung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren. In einer Revisionsverhandlung verurteilte am 10. März das Bayer. Oberste Landesgericht das frühere RAF-Mitglied Werner Lotze zu einer Gesamtstrafe von elf Jahren u.a. wegen Mordes und versuchten Mordes zum Nachteil von zwei Polizeibeamten am 24. September 1978 in Dortmund. Das Oberlandesgericht Stuttgart sprach am 22. Juni das Urteil über Ralf Baptist Friedrich wegen dreifachen Mordes sowie Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (Anschlag auf den damaligen NATO-Oberbefehlshaber Alexander Haig am 25. Juni 1979 in Obourg/Belgien) und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Seine Ehefrau Sigrid, geb. Sternebeck, wurde wegen versuchter Nötigung von Verfassungsorganen, Mordes (Entführung und Ermordung von Hanns-Martin Schleyer sowie Ermordung seiner Begleiter am 5. September 1977 in Köln) sowie dreifachen versuchten Mordes und Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion (Anschlag auf General Haig) zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die beiden Verurteilen hatten umfangreiche Aussagen gemacht, so daß das Gericht bei der Strafzumessung teilweise die Kronzeugenregelung anwendete. Am 26. August verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz das ehemalige RAF-Mitglied Inge Viett wegen versuchten Mordes an einem französischen Polizeibeamten am 4. August 1981 unter Anwendung der Kronzeugenregelung zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren. Vom Vorwurf der Beteiligung am Mordanschlag auf 138 den damaligen NATO-Oberbefehlshaber Alexander Haig und seine Begleiter wurde sie freigesprochen. Die Verurteilten aller vorstehend dargestellten Fälle waren Anfang der 80er Jahre aus der RAF "ausgestiegen" und in die frühere DDR übergesiedelt. Dort hatten sie mehrere Jahre unter neuen Identitäten gelebt, mit denen sie das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ausgestattet hatte. Im Juni 1990 waren sie in der DDR festgenommen und an die Bundesrepublik Deutschland überstellt worden. Am 3. November verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart die früheren RAF-Mitglieder Christian Klar und Peter-Jürgen Boock wegen Raubes mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord in vier Fällen zu lebenslanger (Klar) bzw. zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren (Boock). Der Verurteilung liegt ein am 19. November 1979 in Zürich durch die RAF verübter Banküberfall zugrunde, bei dem eine 56jährige Frau getötet und zwei Polizeibeamte lebensgefährlich verletzt worden waren. Bei der Festsetzung des Strafmaßes für Boock, der ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, wandte das Gericht die Kronzeugenregelung an. Als Gesamtstrafe setzte das Gericht unter Einbeziehung des Urteils des OLG Stuttgart vom 28. November 1986 (lebenslang) für Boock eine lebenslange Freiheitsstrafe fest. Für Klar wurde unter Einbeziehung der Urteile des OLG Stuttgart vom 2. April 1985 (fünfmal lebenslang und zusätzlich 15 Jahre Haft) ebenfalls eine lebenslange Gesamtstrafe festgesetzt. Am 11. November verurteilte das Amtsgericht Nürnberg einen 51jährigen Mann wegen Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz und Widerstandes zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung sowie zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Bei dem Verurteilten waren im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts des Werbens für die terroristische Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) im Zuge einer Durchsuchungsaktion etwa 20 kg Chemikalien, Sprengschnur und Zündmaterialien sichergestellt worden. Zusammen mit weiteren Substanzen wären die sichergestellten Chemikalien zur HersteJIung von Sprengstoff geeignet gewesen. 4. Revolutionäre Zellen (RZ) Die erstmals im Jahre 1972 in Erscheinung getretenen Revolutionären Zellen sind unabhängig voneinander operierende Kleingruppen, die durch das Ziel des "Sozialrevolutionären, antikapitalistischen Kampfes" verbunden sind. Sie agieren aus streng abgeschotteten Zellen heraus, aber nicht aus dem Untergrund, sind also nicht darauf angewiesen, sich eine konspirative Logistik zu schaffen. Unter weitgehendem Verzicht auf eine dogmatische Theorie bleibt den einzelnen Personen oder Kleingruppen die Wahl des Betätigungsfeldes und die Art der Aktion sowie die Intensität des Engagements freigestellt. Ihre Taktik besteht im all- 139 gemeinen darin, mit möglichst geringem Einsatz und Risiko möglichst hohen Sachschaden anzurichten, der nach ihrer Auffassung den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen mehr schadet als der Ausfall einer Führungsperson. Ihre Attentate sind deshalb anders als die "militärischen" Anschläge des Kommandöbereichs der RAF nicht auf Mord ausgerichtet. Die Tötung oder Verletzung von Menschen wird jedoch billigend in Kauf genommen, soweit dies den Tätern erforderlich erscheint, um ihr primäres Anschlagsziel zu erreichen. Die RZ wollen mit ihren Aktivitäten den Anstoß zu einer militanten Massenbewegung" geben und einen bewaffneten Massenwiderstand auslösen. Ihnen kommt es darauf an, daß ihre Aktionen nachvollziehbar sind und einem möglichst großen relevanten Personenkreis eine Identifikation mit ihren Zielen ermöglichen. Dementsprechend liegen die Anknüpfungspunkte für ihre Aktionen in allen gesellschaftlichen Konfliktfeldern. Die Aktionsvielfalt reicht dabei von Sachbeschädigungen und Sabotageakten bis hin zu schweren Brandund Sprengstoffanschlägen. Bereits zu Beginn des Jahres waren Richtungsstreitigkeiten und Neuorientierung Gruppenbildungen unter den RZ sichtbar geworden, die sich fortder RZ setzten. Ebenso wie die RAF hatten die RZ Mühe, ihr Konzept des bewaffneten Kampfes mit den politischen Gegebenheiten in Einklang zu bringen. Auch sie klagten über mangelnde Resonanz und sahen die Notwendigkeit einer Neuorientierung. Offenkundiger Ausdruck ihrer Orientierungslosigkeit war die schriftliche Erklärung, mit der eine RZ im März das "Ende unserer (ihrer) Politik" und ihre Selbstauflösung verkündete. Andere RZ haben die Erklärung zur Auflösung mittlerweile kritisiert und sich für eine Fortsetzung des bewaffneten Kampfes ausgesprochen. "Revolutionäre Zellen" einschließlich der autonomen Frauengruppe "Rote Zora" verübten im Jahre 1992 keinen Anschlag, wogegen RZ-Nachahmergruppierungen durch drei Anschläge in Bayern.in Erscheinung traten (vgl. Nr. 2.2 und 2.3). Am 3. Dezember wurde in Duisburg ein 36 Jahre alter Mann wegen Unterstützung der terroristischen Revolutionären Zellen festgenommen. In einem von ihm angemieteten Keller wurde ein Koffer sichergestellt, in dem sich u. a. zwei Schußwaffen, Handgranaten, Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen sowie gefälschte Blanko-Ausweisdokumente befanden. Bei den weiteren Durchsuchungsmaßnahmen wurden 11 kg gewerblichen Sprengstoffs sowie Zündkapseln gefunden. Erste polizeiliche Feststellungen ergaben, daß Sprengstoff der gleichen Art am 4. Juli 1987 aus einem Steinbruch bei Bielefeld gestohlen und bei den von Revolutionären Zellen/Roter Zora durchgeführten bzw. versuchten Sprengstoffanschlägen auf das Biotechnische Institut der Technischen Universität Braunschweig am 2. März 1988, gegen die Staatskanzlei der Landesregierung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf am 8. Januar 1991 und auf die Siegessäule in Berlin am 15. Januar 1991 verwendet worden war. 140 5. Abschnitt Spionageabwehr 1. Ausgangslage Der Wandel der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Osten Europas hat die Ausgangslage für die gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Spionage grundlegend geändert. Die Neuorientierung der früher als Hauptgegner zu betrachtenden ostund südosteuropäischen Nachrichtendienste dürfte im wesentlichen abgeschlossen sein. Die Auslandsaufklärung wird dabei nach wie vor weithin als ein für jeden Staat notwendiges Mittel der Politik angesehen und nicht in Frage gestellt. Mit der Öffnung des Ostens und dem Wegfall der militärischen Konfrontation ist jedoch die Tendenz erkennbar, die Auslandsaufklärung nicht mehr an ideologischen, klassenkämpferischen Maximen Neues einer Partei auszurichten, sondern nationale, staatliche, insbesonSchwergewicht dere ökonomische Interessen in den Vordergrund zu stellen. Die bei Wirtschaft und östliche Spionage dürfte dabei mit Schwergewicht auf die BereiWissenschaft che Wirtschaft und Wissenschaft ausgerichtet werden. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wurde im Jahre 1992 über 22 Verdachtsfälle geheimdienstlicher Agententätigkeit unterrichtet. Das Bayer. Oberste Landesgericht verurteilte in diesem Jahr 15 Personen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und acht Jahren. 2. Der Wandel des KGB Das KGB wurde aufgelöst bzw. umstrukturiert. Im Januar 1992 wurde auf Druck des russischen Parlaments der zivile Inlandsnachrichtendienst des KGB vom Innenministerium getrennt und in "Ministerium für Sicherheit" (MBR) umbenannt. Der "Auslandsaufklärungsdienst der russischen Föderation" (SWR), der Ende 1992 141 aus der 1. Hauptverwaltung des sowjetischen KGB hervorging, wurde Mitte 1992 gesetzlich legitimiert und der Kontrolle des Parlaments und der Staatsanwaltschaft unterstellt. Die Notwendigkeit eines starken Geheimdienstes wurde vom Leiter des AuslandsRußland dienstes Jewgenij Primakow zuletzt im November 1992 anläßlich will starken eines Veteranentreffens bestätigt: "Rußland bleibt eine Großmacht Geheimdienst und eine Großmacht braucht eine Außenpolitik zum Schutz ihrer Interessen. Eine Großmacht braucht auch einen starken Geheimdienst." Die Spaltung des KGB in regionale Dienste war jedoch aufgrund des Zerfalls der Sowjetunion nicht mehr aufzuhalten. Die neuen Republiken der GUS gründeten eigene Dienste auf ihren Territorien unter weiterer Verwendung der früher dort beschäftigten erfahrenen KGB-Mitarbeiter. Zwischen den Republiken wurde ein nachrichtendienstlicher Informationsaustausch vereinbart, wobei Rußland eine dominante Stellung einnimmt. Der militärische Nachrichtendienst der Sowjetunion (GRU) überstand die Wende beinahe unberührt. Er hat seine Stärke und Struktur weitgehend beibehalten und bedient sich auch der bisherigen Methoden, sei es bei der Agentenführung oder bei der technischen Aufklärung. Sein Personal besteht überwiegend aus russischen Mitarbeitern und sichert damit die Herrschaft der Russischen Föderation. Der GRU partizipierte wie das KGB in hohem Maße an den Beschaffungsergebnissen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS). Er verfügt bis zum Abzug der russischen Truppen aus den neuen Bundesländern über Arbeitsmöglichkeiten in deren Standorten. 2.1 Aktivitäten der russischen Nachrichtendienste Die Auflösung des Warschauer Paktes zwischen der UdSSR und den kommunistischen Staaten in Osteuropa sowie der Fortfall der DDR haben die ehemals sowjetischen Nachrichtendienste gezwungen, ihre eigenen Aufklärungsbemühungen zu verstärken und sich selbst die nötigen Zugänge zu verschaffen. In den alten wie in den neuen Bundesländern hat der russische Auslandsgeheimdienst SWR die Legalresidenturen des KGB übernommen. Seine Nachrichtendienst-Offiziere sind nach wie vor in diplomatischen und konsularischen Vertretungen, in Korrespondentenbüros oder in staatlichen Firmenniederlassungen präsent. Eine Personalreduzierung erfolgte nur zum Teil und zwar überwiegend in den neuen Ländern. Im Bereich der Militärspionage sind dagegen die ND-Angehörigen der GRU nahezu unverändert präsent. Die russischen Nachrichtendienste bemühen sich intensiv um die Beschaffung von Informationen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Technik. Das Interesse von SWR und GRU gilt aber auch den außenpolitischen Absichten Deutschlands, besonders im Hinblick auf die Beziehungen zu den einzelnen Staaten der GUS und innenpolitische Entwicklungen. 142 Auch das Interesse der russischen Nachrichtendienste an der Nutzung ehemaliger "Stasi-Strukturen" blieb erhalten. Verdeutlicht hat dies im April die Festnahme von zwei ehemaligen MfSAngehörigen aus der Abteilung XI der einstigen Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), die u.a. für die Bearbeitung der USA und deren Streitkräfte zuständig war. Seit dem Frühjahr 1990 wurden diese Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung des MfS (HVA) erneut geheimdienstlich tätig. Sie hatten versucht, früher für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätige und bei der Auflösung des MfS "abgeschaltete" Quellen für den sowjetischen Geheimdienst zu reaktivieren. Vermutlich im Auftrag des russischen Nachrichtendienstes setzten sie die Kontakte u.a. zu einer früheren "Quelle" bei der US-Luftwaffe fort und nahmen bis zur Festnahme im März 1992 mit dieser Person mehrere Treffs wahr. Die erhaltenen Informationen (militärische Dokumente) gelangten an den russischen Geheimdienst weiter. Die monatliche "Vergütung" dafür betrug über 2.000 DM. Nutzung der MfSBeim Zusammenbruch des MfS sind sowjetische NachrichtenUnterlagen dienste in großem Umfang in den Besitz von Akten der verschiedenen Bereiche und Dienststellen des Staatssicherheitsdienstes gelangt. Auch haben sich in dieser Zeit mehrere MfS-Offiziere an sowjetische Dienststellen gewandt, um dort ihr Wissen zu offenbaren und beiseite geschaffte Unterlagen anzubieten. Soweit die Sowjets auf solche Angebote eingegangen sind, ist ihnen die fortgesetzte Nutzung der Westquellen des ehemaligen MfS möglich. Dies belegt auch folgender Fall des 36jährigen Diplomingenieurs Dieter F. aus München und seiner Ehefrau Kerstin, die von 1985 an Geheimdokumente einer bayerischen Rüstungsfirma vor allem über das Kampfflugzeug "Tornado" und dessen Zentralcomputer an den Geheimdienst der DDR weitergegeben hatten. Obwohl das MfS bzw. dessen Nachfolgeorganisation AfNS (Amt für Nationale Sicherheit) seine Tätigkeit zum 31. März 1990 offiziell beendet hatte, wurde Dieter F. noch nach diesem Zeitpunkt über Funk zu einem Treffen nach Berlin (Ost) eingeladen. Bei diesem Treffen mit MfS-Angehörigen äußerte er seine grundsätzliche Bereitschaft zur Fortsetzung der Agententätigkeit und seiner Übernahme durch das KGB. Wegen der Festnahme von F. kam es.dazu aber nicht mehr. Im März 1992 wurde der Ingenieur wegen Landesverrats zu acht Jahren Gefängnis verurteilt; wegen Beihilfe zum Verrat erhielt Kerstin F. eine 21 monatige Bewährungsstrafe. 2.2 Aktivitäten der Nachrichtendienste von weiteren Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes Nachrichtendienste Der nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Herrdes ehemaligen schaftssysteme einsetzende Demokratisierungsprozeß bezog Warschauer Paktes auch die Nachrichtendienste der ehemaligen "Satellitenstaaten" in unterschiedlichem Umfang ein und führte zu einem organisatori- 143 sehen und personellen Neuanfang, teilweise aber auch zur Einstellung bzw. zu einer deutlichen Reduzierung der gegen Bayern gerichteten nachrichtendienstlichen Aktivitäten. Der polnische Auslandsdienst "Amt für Staatsschutz" (UOP), dessen Notwendigkeit auch nach der Wende von der Staatsführung bejaht wurde, betrieb auch noch 1992 aktive Aufklärung. Die rumänischen Dienste wurden neu gegliedert, die Führung wurde ausgetauscht. Die Aufklärungsbemühungen des zivilen Auslandsinformationsdienstes SIE und des militärischen Nachrichtendienstes DIA erstrecken sich auch auf Bayern. Die Intensität ist jedoch mit dem Zusammenbruch des Ceaucescu-Regimes erkennbar zurückgegangen. Das Informationsinteresse zielt in erster Linie auf die rumänische Emigration sowie auf Bereiche von Technologie und Know-how der Bereiche Maschinenbau, Elektronik und Energietechnik. Der Prozeß der staatlichen Trennung der Tschechoslowakei (CSFR) in die Tschechische Republik und die Slowakische Republik blieb nicht ohne retardierende Wirkung auf die Arbeit des neu gebildeten Bundessicherheitsinformationsdienstes (FBIS) und des Auslandsaufklärungsdienstes (UZCI). Eine Aufklärungstätigkeit der CSFR gegen Bayern konnte im Jahre 1992 nicht mehr festgestellt werden. Die ungarischen Nachrichtendienste haben ihre operative Arbeit gegenüber Bayern - wie von ihnen angekündigt - eingestellt. Von Bulgarien geht nach wie vor eine nachrichtendienstliche Bedrohung aus. Es bleibt abzuwarten, ob Umstrukturierungen im Bereich der Nachrichtendienste, insbesondere in der Auslandsaufklärung, zu grundlegenden Veränderungen bei der Spionagetätigkeit führen. 3. Militärund Wirtschaftsspionage Die Militärund die Wirtschaftsspionage sind zwei der klassischen und stets aktuellen Betätigungsfelder fremder Nachrichtendienste. Welch hohe Bedeutung die Staaten, die westlichen Technikstandard anstreben, diesem Bereich beimessen, läßt sich schon an der Organisationsstruktur von hierbei besonders aktiven Nachrichtendiensten erkennen. Sowohl der zivile russische Aufklärungsdienst SWR als auch der weitgehend intakt gebliebene militärische Aufklärungsdienst GRU verfügen über größere Arbeitseinheiten mit besonders fachlich gebildeten qualifizierten Mitarbeitern, deren Aufgabe die Beschaffung von modernem technischem Know-how und embargogeschützten Gütern ist. Vor dem Hintergrund der ökonomischen Lage osteuropäischer, aber auch arabischer Länder wird deren Bemühen, Informationen und Technologie aus der deutschen Wirtschaft zu beschaffen, künftig im Vordergrund stehen. 144 4. Spionage mit Hilfe getarnter Unternehmen Neue Methoden Neben den bisherigen Methoden der Beschaffung von Informatioder Spionage nen im Technologiebereich, insbesondere durch im Zielobjekt plazierte Agenten, ist zunehmend zu beobachten, daß u.a. auch nahöstliche Geheimdienste gerade embargogeschützte Güter unter Einsatz konspirativer Methoden über getarnte Unternehmen beschaffen. Solche im Zielland errichtete Tarnunternehmen sind für den Geschäftspartner häufig nicht als Unternehmen eines Nachrichtendienstes erkennbar. Nachrichtendienstlich auffällig werden Geschäftsvorgänge nur dann, wenn ausfuhrbeschränkte Waren z.B. falsch deklariert, über Umwege geliefert, unübliche Konditionen vereinbart werden oder der Endverbraucher verschleiert wird. Die leitenden Mitarbeiter solcher Tarnunternehmen sind häufig inoffizielle Mitarbeiter ihres Geheimdienstes. 5. Bedrohung durch Nachrichtendienste aus dem Nahen und Mittleren Osten Der Golfkrieg gegen den Irak lenkte den Blick der Öffentlichkeit in besonderer Weise auf die Bemühungen von Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, sich mit hohem finanziellem Aufwand westliche Technologie zur Kriegsführung zu verschaffen. Soweit es sich dabei um ausfuhrbeschränkte Güter handelt, z.B. Waffen oder Munition, bemühen sich die jeweiligen-Nachrichtendienste um die Beschaffung auch unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Nach dem Golfkrieg wurden - auch im Zusammenhang mit der deutschen Beteiligung an der Errichtung einer Chemiewaffenfabrik im libyschen Rabda - die entsprechenden Bestimmungen des Außenwirtschaftsrechts verschärft. Ihre Kontrolle wurde den Zollbehörden übertragen. Das ändert nichts daran, daß die Beobachtung des nachrichtendienstlich gesteuerten illegalen Technologietransfers und entsprechender sensitiver Exporte als Teil der Spionageabwehr nach wie vor Aufgabenbereich der Verfassungsschutzbehörden bleibt. Nachdem die nachrichtendienstliche Bedrohung aus dem ehemals kommunistischen Machtbereich zurückgegangen ist, können und werden sie diesem Problemkreis künftig besondere Aufmerksamkeit widmen. 6. Ausblick Die von den Nachrichtendiensten der ehemaligen DDR ausgehenden Gefahren sind noch nicht endgültig gebannt. Etwa tausend Spione des früheren Ministeriums für Staatssicherheit, darunter rund 300 "hochwertige" in der Bundesrepublik, sind noch unentdeckt. Sie sind ihren früheren Führungsoffizieren des MfS wie auch den russischen Diensten bekannt. Deshalb besteht die Gefahr, daß russische Geheimdienste sie zur Fortsetzung ihrer Tätigkeit zu reaktivieren versuchen. Bereits 1990 und auch 1991 wurde festgestellt, daß in einer Reihe von Fällen die vom MfS angeworbenen und ausgebildeten Agen- 145 ten von anderen Diensten übernommen werden sollten. In Einzelfällen konnte dies durch das Eingreifen der Verfassungsschutzbehörden verhindert werden. Das zeigt: Die schädlichen Folgen nachrichtendienstlicher Aktivitäten gegen einen anderen Staat enden nicht zwangläufig mit der Auflösung des dafür verantwortlichen Dienstes. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ist für Ratsuchende unter der Telefonnummer 089 / 31 20 10 jederzeit erreichbar. 146 Stichwortverzeichnis Action Directe (AD) 135 Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) 30 Aktion Oder-Neiße (AKON) 30 Aktionsbündnis gegen Rassismus, Nürnberg 91 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) 34 Althans Vertriebswege und Öffentlichkeitsarbeit (AVÖ) 56 Amt für Völksaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit (AVÖ) 56 analyse & kritik (ak) 80 Anti-Antifa-Bewegung 34 Antifa-Infoblatt 90 Antifa-Jugendinfo 89 Antifa-Plenum 85 antifa-rundschau 94 Antifaschistische Aktion 85 Antifaschistische Nachrichten 96 Antifaschistisches Komitee - (AKS) 84 Stoppt die schwarzbraune Sammlungsbewegung Antiimperialisten 87 Antirassistische Initiative Regensburg 88 Anti-Strauß-Komitee/Stoppt die Erben (ASKo) 84 Anti-WWG-Plenum 85 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 82 Arbeiterjugendverband/Marxisten-Leninisten (AVJ/ML) 82 Arbeiterkampf (ak) , 80 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 100 Aufbruch 62 Autonome 85 Avanti , 80 Bayern-Info (DFU) 94 Bayern-Info (PDS/LL Bayern) 77 Bolsevik Partizan 106 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 82 147 CLASH-Zeitung für Widerstand in Europa 89 Das Freie Forum 49 Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) 114 Demokratischer Informationsdienst (DID) 84 Denk mit! 53 Denk mitl-Verlag 53 Der Scheinwerfer 53 Deutsche Alternative (DA) 34 Deutsche Friedens-Union (DFU) 72 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 66 Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG) 49 Deutsche Liga für Volk und Heimat (Deutsche Liga) 30 Deutsche National-Zeitung (DNZ) ' 51 Deutsche Reichspartei (DRP) 22 Deutsche Rundschau 32 Deutsche Stimme 22 Deutsche Volksunion (DVU) 25 Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 29 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) 51 Deutscher Anzeiger (DA) 51 Deutscher Beobachter 62 Deutscher Block (DB) 62 Deutscher Schutzbund für Volk.und Kultur 30 Deutsches Jugendbildungswerk (DJBW) 57 Devrimci Isci (Revolutionärer Arbeiter) 108 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 110 Devrimci Sol Gücler (Revolutionäre linke Kräfte) 110 Devrimci Yol (Revolutionärer Weg) 108 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 43 Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) 50 Ehrenbund Rudel - 30 Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten Eidgenoss 60 Einheit und Kampf . 61 148 Föderation der Arbeiter aus der Türkei (ATIF) 105 in Deutschland e.V. Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan ' (KOMKAR) 104 in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus (DIDF) 107 der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. Föderation der patriotischen Arbeiter-und (FEYKA102 Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Kurdistan) Bundesrepublik Deutschland e.V. Föderation der Türkisch-Demokratischen (ADÜTDF) 110 Idealistenvereine in Europa e.V. Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 35 Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH (FZ-Verlag) 50 Freundeskreis Ulrich von Hütten 49 Gegenstandpunkt 81 Germania-Rundbrief 59 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 49 Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und (GNN) 82 Nachrichtenverbreitung mbH Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front . (GdNF) 34 Grupo Revolucionario Antifascista (GRAPO) 135 Primero de Octubre Gruppe Avanti - IV. Internationale 80 Gruppe K 80 Hilfsorganisation für nationale politische (HNG) 62 Gefangene und deren Angehörige e.V. Hizb Allah 114 Huttenbriefe 50 Infoiäden 86 Informationszentrum für freie Völker 110 Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) 30 Initiative für die Vereinigung der (IVRJ) * 84 revolutionären Jugend Institute for Historical Review (IHR) 53 Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V (isw) 72 Interim 89 149 Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung (IMSV) 100 Bundesrepublik Deutschland e.V. isw-report 72 JN-Bayern-Info 61 Junge Nationaldemokraten (JN) 24 Kämpfende Einheit 135 Kämpfende Kommunistische Zellen (CCC) 135 Karl-Liebknecht-Schule 70 KB-Mehrheit 80 Komitee für Staatssicherheit (KGB) 140 Komitees für Gerechtigkeit (KfG) 70 KOMKAR - Verband der Vereine aus Kurdistan 104 KOMM Treff, München 69 Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) 82 Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) 64 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 66 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD/DDR) * 74 Kommunistische Partei Luxemburgs (KPL) 71 "Kommunistische Plattform" in der PDS (KPF) 74 Kommunistischer Bund (KB) 80 Kommunistischer Hochschulbund (KHB) 96 Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) 105 Kurdischer Studentinnenverband (YXK) 115 Kurdistan Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. 104 Kurdistan-Komitee 103 Kurdistan Kulturzentrum in Nürnberg e.V. 104 Lernen und kämpfen (luk) 82 Leuchter-Bericht 55 Linke Liste/PDS 75 Marxistische Blätter 71 Marxistische Gruppe (MG) 81 Marxistische Mailbox 81 150 Marxistische Streitund Zeitschrift (MSZ) 81 - Gegen die Kosten der Freiheit Marxistisch-leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) 82 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 81 Marxistisch-Leninistischer Schülerund (MLSV) 82 Studentenverband Mensch und Maß 53 Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 141 Mitteilungen * 74 Münchner Bündnis gegen Rassismus 91 Nachrichten der HNG 62 Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 19 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 61 Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) 102 Nationale Heilspartei (MSP) 112 Nationale Liste (NL) 35 Nationale Offensive (NO) 41 Nationaler Block (NB) 36 Nationales Einsatzkommando (NEK) 39 Nationalistische Arbeitspartei (MCP) 111 Nationalistische Front (NF) 38 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 34 Nation und Europa - Deutsche Monatshefte 52 Nation Europa Verlag GmbH 52 Nation Europa - Freunde 52 Neue Nation 61 Neuer politischer Dienst 22 Nordbayerischer Landbote 72 NPD-Forum 22 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 59 NS Kampfruf 59 Odal-Verlag 53 Organisation der Iranischen Studenten in der (O.I.P.F.G.) 114 Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran 151 Partei der Nationalen Bewegung (MH.P) 110 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 73 PDS-Arbeitsgemeinschaft 78 "Konkrete Demokratie-Soziale Befreiung" PDS/Linke Liste 75 Politische Berichte 95 position 73 radikal 90 Rebeil 82 Recht und Wahrheit 44 Regionale Aktionsgruppe (RAG) 24 Remer-Depesche 56 Revisionismus 54 Revolutionäre Zellen (RZ) 138 Rote Armee Fraktion (RAF) 133 Rote Fahne 82 Rotfüchse 82 Rundbrief 72 RVG-Verlag 32 Samisdat Publishers Ltd. 59 Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) 81, 106 Sieg 60 Skinheads 44 Solidaritätskomitee für Erich Honecker und alle 71 verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 96 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend ' (SDAJ) 72 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) 73 Sozialistische Zeitung (SoZ) 95 Sozialistisches Magazin (Soz-Magazin) 96 Trotzkisten 80 Türkische Arbeiter-und Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) 105 Türkische Gemeinschaft in Fürth e.V. 111 Türkische Gemeinschaft in Nürnberg e.V. 111 152 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) Türkische VolksbefreiungsparteiAfront (THKP/-C) Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) Union der patriotischen Gläubigen Kurdistans (YOWK) Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans (YCK) Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V. (TIKDB) Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) Unsere Zeit (UZ) Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) Verband der Islamischen Vereine und (ICCB) Gemeinden e.V. Köln Verein patriotischer Künstler Kurdistans in (HUNERKOM) der Bundesrepublik Deutschland e.V. Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) .. Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - (VVN-BdA) Bund der Antifaschisten Verlag Hohe Warte - Franz von Bebenburg KG Verlagsgemeinschaft Berg Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) Volksfront für die Befreiung Palästinas - (PFLP-GC) Generalkommando Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) Vorderste Front wie weiter Wikinger Wiking-Jugend (WJ) Wohlfahrtspartei (RP) 105 107 115 102 116 102 115 111 114 71 66 111 102 80 112 72 53 53 102 30 114 114 96 61 89 48 48 112