Verfassungsschutzbericht Bayern 1989 Bayerisches Staatsministerium des Innern Verfassungsschutzbericht Bayern 1989 Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern Odeonsplatz 3, 8000 München 22 RB Nr. 03A/90/12 Satz: Reiff Druck & Verlag, Vogelweideplatz 9, 8000 München 80 Druck: Druckhaus Kastner Woinzach, Schloßhof 2-6, 8069 Woinzach Der Verfassungsschutzbericht Bayern 1989 erscheint vor dem Hintergrund dramatischer politischer Veränderungen in der DDR und den Staaten Osteuropas. Das Ergebnis der ersten freien Wahlen am 18. März 1990 hat den Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur in der DDR, wie er sich bereits seit der Öffnung der innerdeutschen Grenze im November des vergangenen Jahres abzeichnete, besiegelt. Damit hat auch die ideologische Steuerung und finanzielle Unterstützung der DKP und ihrer Umfeldorganisationen durch die DDR und ihre ehemalige Staatspartei SED ihr Ende gefunden. Diese an der demokratisch gewählten Regierung der DDR nicht beteiligte Partei, die sich jetzt PDS nennt, hat ihrer Schwesterpartei DKP zwar weitere materielle Hilfe zugesagt, wird das aber bei weitem nicht mehr im früheren Umfang verwirklichen können. Die extremistische Bedrohung durch den orthodoxen Linksextremismus ist dadurch geringer geworden. Diese Entwicklung, die ihren Anfang jedoch erst gegen Ende des Berichtszeitraums genommen hat und den Inhalt des Berichts deshalb nicht entscheidend prägen konnte, begrüßen wir im Interesse der inneren Sicherheit unseres Landes. Andererseits ist gerade in der jetzigen Situation vor verfrühter Euphorie zu warnen. Das nachrichtendienstliche Interesse der Staaten Osteuropas an der Gewinnung von Informationen aus der Bundesrepublik Deutschland hält im Prinzip unvermindert an und wird nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten möglicherweise noch zunehmen. Ob der orthodoxe Kommunismus weiter zerfallen oder sich auf niedrigerem Niveau bzw. einer anderen organisatorischen Basis stabilisieren wird, kann erst die weitere Entwicklung zeigen. Vorsicht und Wachsamkeit, die sich bisher bewährt haben, sind deshalb auch weiterhin angezeigt. Dies gilt vor allem auch gegenüber dem Rechtsextremismus, der im Berichtszeitraum im Vergleich zum Linksextremismus an Bedeutung gewonnen hat und im Zusammenhang mit der Wiedervereinigungsdebatte jede Gelegenheit benützt, um sich diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze als Bannerträger vermeintlich wahrer nationaler Interessen darzustellen. Es wäre fatal, wenn die absehbare Vereinigung der beiden deutschen Staaten von einem Wiedererstarken des Rechtsextremismus begleitet wäre. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz wird seine Möglichkeiten nützen, um auch dieser Gefahr zu begegnen. Seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt Dank und Anerkennung für erfolgreiche und engagierte Arbeit auch im vergangenen Jahr. München, im Mai 1990 Dr. Edmund Stoiber Dr. Günther Beckstein Staatsminister Staatssekretär 5 Inhaltsverzeichnis Allgemeiner Überblick 11 1. Abschnitt Linksextremismus 14 1. Allgemeines 14 2. Orthodoxer Kommunismus 17 2.1 Überblick 17 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 17 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort 17 2.2.2 Organisation 22 2.2.3 Bündnisund Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit 24 2.2.4 Beteiligung an der Europawahl 26 2.2.5 Publikationen und Verlage 26 2.2.6 DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) 28 2.3 Nebenorganisationen der DKP 28 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 29 6 2.3.2 Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) 32 2.3.3 Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation (JP) 32 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen 34 2.4.1 Allgemeines 34 2.4.2 Deutsche Friedens-Union (DFU) 35 2.4.3 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (VVN-BdA) 36 3. Neue Linke 37 3.1 Überblick 37 3.2 Dogmatische Neue Linke 38 3.2.1 Marxistische Gruppe (MG) 38 3.2.2 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 41 3.2.3 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 43 3.3 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 47 3.3.1 Allgemeines 47 3.3.2 Autonome Gruppen 47 3.4 Linksextremistische Schriften 50 4. Linksextremistischer Einfluß auf die "Anti-AKW-Bewegung", "Friedensbewegung" und "Antifaschismus"-Kampagne 51 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 56 2. Abschnitt Rechtsextremismus 62 1. Allgemeines 62 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 64 7 2.1 Ideologisch-politischer Standort 64 2.2 Organisation 67 2.3 Wahlbündnis zwischen NPD und DVU-Liste D 69 2.4 Sonstige Aktivitäten 71 2.5 Junge Nationaldemokraten (JN) 72 3. Deutsche Volksunion -- Liste D (DVU-Liste D) 73 3.1 Ideologisch-politischer Standort 73 3.2 Organisation 75 3.3 Beteiligung an der Europawahl 1989 76 4. Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 78 4.1 Ideologisch-politischer Standort 78 4.2 Organisation 79 4.3 Aktionsgemeinschaften der DVU 79 5. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 80 5.1 Allgemeines 80 5.2 Die "Bewegung" 81 5.3 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 86 5.4 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle 88 6. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 89 6.1 Wiking-Jugend (WJ) 89 6.2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 91 6.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten 91 6.4 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 92 8 7. Organisationsunabhängige Publizistik 93 8. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus 99 9. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 102 3. Abschnitt Extremistische Bestrebungen von Ausländern 106 1. Allgemeines 106 2. Arabische Gruppen 108 3. Iranische Gruppen 109 3.1 Orthodoxe Kommunisten 109 3.2 Neue Linke 110 4. Jugoslawische Gruppen 110 5. Kurdische Gruppen 111 5.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 111 5.2 Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin e.V. (KOMKAR) 116 6. Türkische Gruppen 116 6.1 Orthodoxe Kommunisten 117 6.2 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen 117 6.2.1 Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 117 6.2.2 Türkische VolksbefreiungsparteiAfront (THKP/-C) 120 6.3 Extreme Nationalisten 120 6.4 Islamische Extremisten 121 7. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 123 9 4. Abschnitt Terror und sonstige politisch motivierte Gewalt 130 1. Überblick 130 2. Rote Armee Fraktion (RAF) 132 2.1 Kommandobereich der RAF 132 2.2 Militante der RAF 135 2.3 Inhaftierte der RAF 136 2.4 Umfeld der RAF 138 3. Revolutionäre Zellen (RZ) 139 4. Festnahmen und Strafverfahren 140 5. Politisch motivierte Gewaltaktionen in Bayern 142 5. Abschnitt Spionageabwehr 144 1. Spionageabwehr im Jahr der politischen Veränderungen in den Ländern des Warschauer Pakts 144 2. Kontaktanlässe/Werbungsmethoden 145 3. Nachrichtendienstliche Gefährdung von Aussiedlern, Asylsuchenden und Übersiedlern aus den Staaten des Warschauer Pakts 146 4. Zielrichtung/Zielobjekte 148 4.1 Politische Spionage 148 4.2 Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage 150 4.3 Militärspionage 151 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst 152 1. Einstellungsüberprüfung 152 2. Extremisten im öffentlichen Dienst 153 Stichwortverzeichnis 156 11 Allgemeiner Überblick Dieser Verfassungsschutzbericht enthält Feststellungen zur inneren Sicherheit im Freistaat Bayern für das Jahr 1989. Er gibt einen Überblick über Bestrebungen von Extremisten, die unmittelbar oder mittelbar gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben sowie über Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Der Verfassungsschutzbericht enthält auch Informationen über sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten für fremde Mächte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eine Ordnung zu verstehen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den fundamentalen Prinzipien dieser freiheitlichen Grundordnung gehören die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit der politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Diese Rechtsprechung ist der Maßstab für die Prüfung der Frage, ob eine Organisation als extremistisch zu bewerten ist. Alle in diesem Bericht genannten extremistischen Parteien und Gruppierungen verfolgen Ziele, die gegen die Grundsätze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verstoßen. Solche verfassungsfeindlichen Ziele sind bei den Linksextremisten die Revolution und die Diktatur des Proletariats, die insbesondere gegen das Mehrheitsund das Freiheitsprinzip sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Bei den Rechtsextremisten sind es ihr völkischer Kollektivismus, ihr Nationalismus und ihre rassistischen Tendenzen, die insbesondere mit der Menschenwürde und dem Gleich- 12 heitsgrundsatz unvereinbar sind. Beim Ausländerextremismus ist es entweder Linksoder Rechtsextremismus (extremer Nationalis mus) oder religiös motivierter Extremismus, der wiederum insbe sondere die Menschenwürde und das Gleichheitsprinzip verletzt. Ausländergruppen werden mitunter auch deswegen beobachtet, weil sie ihre Ziele mit Gewalt zu erreichen suchen und dadurch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 1. Die Linksextremisten konnten auch 1989 die freiheitliche demo kratische Grundordnung nicht gefährden, obwohl sie an ihrem Ziel, eine kommunistische Gesellschaftsordnung zu errichten, unverän dert festhielten. Ende 1989 gab es in Bayern 80 linksextremisti sche und linksextremistisch beeinflußte Gruppen mit 7.400 Mit gliedschaften. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Grup pen damit um ein Fünftel verringert. Die Zahl der Mitgliedschaften ging sogar um ein Drittel zurück. Diese Entwicklung, die tenden ziell bereits 1987 einsetzte und vorwiegend den orthodox-kommu nistischen Bereich betrifft, steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den durch "Glasnost" und "Perestrojka" eingeleiteten Refor men in Osteuropa, dem Demokratisierungsprozeß in der DDR und der damit verbundenen weitgehenden Einstellung der finanziellen Unterstützung durch die ehemalige Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED). Der bisher nach außen hin festgefügte Block der orthodoxen Kommunisten, der intern durch einen Richtungs streit gespalten ist, zeigte aus diesen Gründen gegen Jahresende starke Auflösungserscheinungen. Innerhalb der dogmatischen Neuen Linken in Bayern konnte die Marxistische Gruppe (MG) ihre Vormachtstellung weiter festigen. Auf Grund ihrer regen Aktivitäten, der großen Mobilisierbarkeit ih rer Anhängerschaft sowie ihrer personellen Zusammensetzung muß die MG -- nach wie vor -- als eine der gefährlichsten verfas sungsfeindlichen Gruppierungen in Bayern angesehen werden. Im Bereich der undogmatischen Neuen Linken dominierten 1989 wiederum die Autonomen mit ihren "Solidaritätsaktionen" zum zehnten kollektiven Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalt täter und ihren zum Teil gewalttätigen Protesten gegen rechtsex tremistische Gruppierungen. 2. Auch die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen und Personen (insgesamt etwa 5.600) stellten 1989 keine Gefähr dung des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats dar. Aller dings hat der Rechtsextremismus gegenüber dem Linksextremis mus an Bedeutung gewonnen, zum einen -- ohne eigenes Zutun -- infolge der Krise des orthodoxen Kommunismus, zum anderen aber vor allem durch finanziell aufwendige Werbekampagnen wäh rend des Europawahlkampfs. Rund 90 Prozent des rechtsextremi stischen Potentials stellten die Deutsche Volksunion -- Liste D (DVU-Liste D) mit den von ihr übernommenen Mitgliedern der 13 Deutschen Volksunion e.V. (DVU) und die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Der erhoffte Erfolg bei der Europawahl 1989 ist dem Wahlbündnis beider Parteien nicht gelungen. Die neo nazistische "Bewegung" blieb in zwei rivalisierende Lager gespal ten. Innerhalb der von der "Bewegung" unterwanderten Freiheitli chen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) dominierte die Gruppe Mosler. Den Anhängern Kühnens wurde durch das Verbot ihrer Natio nalen Sammlung (NS) eine wichtige Aktionsbasis entzogen. 3. Die Anzahl ausländischer Extremisten betrug 1989 rund 6.900; die Zahl der Vereinigungen sank auf 132. Vor allem die militante Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) einschließlich ihrer Nebenorgani sationen, aber auch gewaltorientierte Gruppen der türkischen Neu en Linken stellten weiterhin eine Gefährdung der inneren Sicher heit dar. Aufmerksamer Beobachtung bedarf nach wie vor die Ent wicklung im Bereich des islamischen und nationalistischen Aus länderextremismus, während die Bedeutung der orthodox-kommu nistischen Ausländergruppen insgesamt zurückgegangen ist. 4. Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch Terroristen hielt an. Die Rote Armee Fraktion (RAF) blieb auch 1989 die gefährlichste deutsche terroristische Vereinigung. Dies verdeutlichte besonders der Mord am Vor standssprecher der Deutschen Bank Dr. Alfred Herrhausen am 30. November in Bad Homburg. Die Revolutionären Zellen (RZ) verüb ten vier Anschläge. Die Mehrzahl der im Bundesgebiet durchge führten Anschläge war Tätern aus dem militanten, autonomen und anarchistischen Spektrum zuzurechnen. 5. Die Spionageaktivitäten der Geheimdienste der Staaten des Warschauer Pakts hielten auch 1989 unvermindert an. Die Verän derungen im Warschauer Pakt haben das Interesse an Informatio nen aus Politik und Wirtschaft eher noch erhöht. Der wirtschaftliche Reformdruck verlangt "Lizenzen" zum Nulltarif durch Spionage. Da neben steht unverändert das traditionelle Interesse für den Militär bereich. 14 1. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines Der linksextremistische Bereich, ist seit Jahren in verschiedene Lager gespalten. Allen gemeinsam ist jedoch, daß sie die Revolution, das heißt die gewaltsame Beseitigung unserer Staatsform mit ihrer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zum Ziel haben. Diese Bestrebungen werden im wesentlichen von Organisationen geOrthodoxe und tragen, die dem Kommunismus sowjetischer Prägung verbunden Neue Linke sind, wie er sich vor Einleitung der auf "Glasnost" und "Perestrojka" gestützten Reformbestrebungen darstellte. Diese Organisationen werden unter dem Begriff "Orthodoxe Linke" zusammengefaßt. Daneben bestehen zahlreiche Gruppierungen, die in ihrer ideologischen Grundhaltung und in ihrem taktischen Verhalten andere Wege gehen. Hierzu gehören die revolutionären Marxisten und Anarchisten sowie die anarchistisch orientierten Autonomen, die eine feste ideologische Bindung ablehnen. Alle diese Gruppen sind unter dem Sammelbegriff "Neue Linke" erfaßt. Zahl der Zum Jahresbeginn 1989 gab es in Bayern rund 100 linksextremistiOrganisationen sche und linksextremistisch beeinflußte Organisationen, die sich und Mitglieder im Laufe des Jahres um 20 Gruppierungen verringerten. Auch die rückläufig Zahl der Mitgliedschaften nahm dabei im Vergleich zum Vorjahr von 11.250 um 3.850 ab. Für diese Entwicklung waren im wesentlichen die politischen Umwälzungen in der DDR und in Osteuropa maßgebend, ferner der andauernde Richtungsstreit innerhalb der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der zu massierten Parteiaustritten führte. Zahl und Stärke von linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen in Bayern 1987 1988 1989 Zahl der Organisationen 110 100 80 Mitgliedschaften Orthodoxe Linke 11.400 9.400 5.600 Mitgliedschaften Neue Linke 2.100 1.850 1.800 Insgesamt 13.500 11.250 7.400 15 Die Gesamtzahl von 7.400 Mitgliedschaften für das Jahr 1989 läßt sich wie folgt weiter aufgliedern: Mitgliedschaften in orthodox-kommunistischen Kernund Nebenorganisationen 2.400 abzüglich Mehrfachmitgliedschaften in Kern-und Nebenorganisationen - 100 2.300 Mitgliedschaften in orthodox-kommunistisch beeinflußten Organisationen 3.200 5.500 Mitgliedschaften in Kernund Nebenorganisationen der Neuen Linken 1.700 abzüglich Mehrfachmitgliedschaften in Organisationen der Neuen Linken 50 1.650 Mitgliedschaften in beeinflußten Organisationen der Neuen Linken 100 1.750 Gesamtzahl (erkannte Mehrfachmitgliedschaften abgezogen) 7.250 Wie sich aus vorstehender Tabelle ergibt, sind Mehrfachmitgliedschaften nur jeweils innerhalb des Bereichs der Kernund Nebenorganisationen der Orthodoxen Linken und der Neuen Linken berücksichtigt. Über Mehrfachmitgliedschaften in beeinflußten Organisationen sowie Mehrfachmitgliedschaften in beeinflußten Organisationen einerseits und Kernund Nebenorganisationen andererseits liegen keine zuverlässigen Zahlen vor. In der Zahl der Mitgliedschaften in beeinflußten Organisationen sind auch Nichtextremisten enthalten; eine zahlenmäßige Aufgliederung ist nicht möglich. Als Träger linksextremistischer Bestrebungen treten KernorganisaKernund Nebentionen, Nebenorganisationen oder beeinflußte Organisationen auf. organisationen Die kommunistischen Kernorganisationen verstehen sich als führende Kraft im Kampf für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats. Die Nebenorganisationen sind vielfach organisatorisch selbständige Vereinigungen mit eigenen Satzungen und Führungsgremien, die sich jedoch der jeweiligen Kernorganisation unterordnen. Maßgebende Führungsfunktionen dieser Vereinigungen sind mit Mitgliedern der Kernorganisation besetzt. Ein erheblicher Teil der Organisationen im linksextremistischen Beeinflußte Bereich besteht aus Vereinigungen, die sich überparteilich oder Organisationen unabhängig darstellen, tatsächlich aber unter einem mehr oder 16 weniger starken Einfluß kommunistischer Kernoder Nebenorganisationen stehen. Der Einfluß drückt sich insbesondere darin aus, daß sie -- von diesen oder auf deren Initiative hin gegründet wurden, -- wichtige Führungsfunktionen mit Kommunisten besetzen, -- eng mit Kernoder Nebenorganisationen zusammenarbeiten, -- Ziele verfolgen, die sich in Teilbereichen mit typisch kommunistischen Zielsetzungen decken. Teilweise liegen mehrere dieser Merkmale vor, teilweise alle. Entsprechend stark ist dann der kommunistische Einfluß. So gibt es Gruppen, die keine wesentliche Entscheidung gegen den Willen der Kernoder Nebenorganisation treffen können; andere haben trotz erheblicher kommunistischer Einflußnahme noch Raum für ein politisches Eigenleben. AktionsDie Versuche der Kommunisten der Orthodoxen wie der Neuen schwerpunkte Linken, bei der Propagierung ihrer Ziele Unterstützung bei Demokraten zu finden, haben auch 1989 angehalten. Eines der Hauptthemen stellte dabei die "Antifaschismus"-Kampagne dar. Die Erfolge hielten sich jedoch in Grenzen. Weitere Agitationsthemen waren insbesondere die Abrüstung, die Wohnungsnot und das Wahlrecht für Ausländer. Daneben befaßten sich die Linksextremisten mit Themen wie "Prager Frühling", "Berliner Mauer" und "Massenflucht". SpaltungsDie Entwicklung im zweiten Halbjahr 1989, als nach Polen und Unund Auflösungsgarn auch in der DDR die kommunistische Staatspartei ihre fühtendenzen rende Rolle aufgeben mußte, löste bei der DKP eine Identitätskrise aus, die die ohnehin vorhandenen Spaltungsund Auflösungserscheinungen noch verstärkte. Insbesondere zwang der weitgehende Wegfall der finanziellen Unterstützung durch die ehemalige Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) zu einer drastischen Verkleinerung der gesamten Organisationsstruktur. Verschiedene Organisationen aus dem Umfeld der DKP stellten im Zug dieser Entwicklung die Arbeit ganz ein oder lösten sich auf. Die Parteien und Gruppen der Neuen Linken, die finanziell von der ehemaligen SED unabhängig waren, wurden von der neuen Politik des sowjetischen Parteiund Staatschefs Michail Gorbatschow weniger betroffen, da sie den Kommunismus sowjetischer Prägung ohnehin ablehnen. 17 2. Orthodoxer Kommunismus 2.1 Überblick In der Bundesrepublik Deutschland und damit auch in Bayern sind die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und ihre Nebenorganisationen sowie -- mit Einschränkungen -- die von der DKP oder ihren Nebenorganisationen beeinflußten Organisationen Sammelbecken für die orthodoxen Kommunisten. Sie stellten bisher nach außen einen festgefügten Block dar, der jedoch gegen Ende 1989 sehr starke Auflösungstendenzen zeigte. Ursächlich für diese Entwicklung waren insbesondere der anhaltende Richtungsstreit innerhalb der DKP, die Reformbestrebungen in den Ländern Osteuropas, der Zusammenbruch der marxistisch-leninistischen MachtStrukturen in der DDR sowie die damit verbundene weitgehende Einstellung der finanziellen Unterstützung durch die ehemalige SED. Die orthodoxen Kommunisten bekannten sich in ihrer Mehrheit -- zumindest bis zum Jahresende -- zum nicht reformierten Marxismus-Leninismus und damit, auch wenn sie es zur Verschleierung ihrer wahren Ziele nicht offen aussprachen, zur sozialistischen Weltrevolution und zur Diktatur des Proletariats. Das Grundmodell dieser "sozialistischen Ordnung" sahen die orthodoxen Kommunisten bislang ebenso in der Sowjetunion wie in der DDR verwirklicht. Sie betonten bis in die jüngste Vergangenheit hinein die feste Verbundenheit mit den kommunistischen Parteien dieser Länder. Das Ende Januar 1986 vom Generalsekretär der Kommunistischen DemokratisiePartei der Sowjetunion (KPdSU) Michail Gorbatschow verkündete rungsprogramm Demokratisierungsprogramm führte bei den orthodoxen Kommunider KPdSU in der sten zu kontroversen Diskussionen, die 1988 innerhalb der DKP zu DKP umstritten einem offenen Richtungsstreit zwischen "Traditionalisten" und "Erneuerern" eskalierten. Die "Erneuerer" wollen das Organisationsprinzip des "demokratischen Zentralismus" zugunsten basisdemokratischer oder liberaler Strukturen überwinden und zielen auf eine radikale Veränderung und Erneuerung der Partei. Die "Traditionalisten" dagegen wollen mit gewissen Abstrichen die Strukturen der Partei aufrechterhalten. Sie halten auch an ihren verfassungsfeindlichen Zielen fest und treten im Gegensatz zum reformistischen Sozialismus der "Erneuerer" für einen revolutionären Sozialismus ein. 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort Die DKP wurde am 26. September 1968 anstelle der im Jahre 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Seit ihrer Gründung nimmt die Partei die Führung der orthodoxen Kommunisten in der Bun- 18 Führungsrolle desrepublik Deutschland für sich in Anspruch. Sie verstand sich der DKP bis Ende 1989 als Teil der kommunistischen Weltbewegung, der die Führungsrolle bei der revolutionären Umgestaltung der kapitalistischen in die sozialistische Gesellschaftsordnung zukomme. Als einigendes Band wurde dabei bis zuletzt der "proletarische Internationalismus" angesehen, der "Geschlossenheit und Aktionseinheit im Kampf um die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft" zum Ausdruck bringen sollte. Dieser Kampf, der auf der Grundlage des "wissenschaftlichen Sozialismus" geführt werden soll, schließt das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus und damit das Bekenntnis zur sozialistischen Weltrevolution und zur Diktatur des Proletariats mit ein. Ursachen der Krise Die anhaltende Krise der DKP hat sich 1989 dramatisch verschärft. Maßgebend hierfür waren die Fortsetzung der Reformpolitik in der Sowjetunion und in den anderen Ländern des früheren kommunistischen Machtbereichs sowie die stürmische Demokratie-Bewegung in der DDR. Diese erreichte nach dem Sturz der DDR-Führung unter dem damaligen SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, der Öffnung der innerdeutschen Grenze, dem Verzicht der SED auf die verfassungsmäßige Verankerung ihres Führungsanspruchs und der Bildung demokratischer Parteien und Gruppierungen in der DDR einen bis vor kurzem nicht für möglich gehaltenen Höhepunkt. Keine andere kommuniAbhängigkeit der stische Partei eines westlichen Landes war von einer "BruderparDKP von der SED tei" in Osteuropa so völlig abhängig, wie es die DKP -- allen gebestätigt genteiligen Behauptungen ihrer Funktionäre zum Trotz -- von der SED war. Folgerichtig führte die Krise der SED und das Ende des orthodox-kommunistischen Herrschaftssystems in der DDR weitgehend auch zum Zusammenbruch der organisatorischen und finanziellen Basis der DKP. Damit wurden die jahrelangen übereinstimmenden Feststellungen der Verfassungsschutzbehörden zur ideologischen, organisatorischen und vor allem finanziellen Abhängigkeit der DKP von der SED in eindrucksvoller Weise bestätigt. Noch im August 1989 hatte die DKP-Führung entsprechende Äußerungen der Verfassungsschutzbehörden als "uralte Lüge" hingestellt. Inzwischen mußte auch der ehemalige DKP-Vorsitzende Mies einräumen, die DKP habe "finanzielle Solidarität seitens der SED" erfahren. Diese "Solidarität" erreichte 1988 eine Größenordnung von 70 Millionen DM, die der Partei auf konspirativem Weg aus der DDR zuflössen und vorwiegend zur Bezahlung von mindestens 500 hauptamtlichen Funktionären verwendet wurden. Die einzelnen Stufen dieser dramatischen Entwicklung lassen sich wie folgt darstellen: Konfliktreicher Innerhalb der DKP war schon 1988 ein offener Richtungsstreit zwiDKP-Parteitag schen den dogmatischen "Traditionalisten" und den reformwilligen "Erneuerern" ausgebrochen. Dieser Konflikt kennzeichnete, nach- 19 Durch den ehemaligen Generalsekretär SED lUtlSMlTTEILÜNG der SED genehGenetalsekretä'r von AtiitiuM DIVuUrtdicn migter Finanzplan Genossen Hanecker 3. Cebulla der DKP für 1990 Werter Genosse Honeckep! Nachstehend übermittle ich Dir oen Finanzplan der DKP 19S0. Im einzelnen schlüsselt er sich wie folgt auf: 1. Fonds 1 - für die Hauptkasse des ZK der SED 2. Fcnds II - Staatssekretär für Koordinierung, Gen. Schalck Aus de.71 Fonds I müßten folgende Mittel bereitgestellt werden: a) Für Partei, Jugendorganisationen, befreundete Organisationen usw. 48.250.000,OM * monatlich 4.020.333,OM b) Sonderausgaben für die Wahlen, Friedensaktionen 4.400.000,0H 52.650.000,DM Aus dem Fonds II - Staatssekretariat für korrmerzielle Koordinierung - müQten folgende Mittel bereitgestellt werden: a) Tageszeitung UZ 10.500.COO,DM b) Zuführung für Oruckauftra'ge aus der DDR Druckerei Plambeck S Co. 1.500.000,DM c) Hsska Druck Portuguesa, Portugal 3.000.000,CM d) Stütze des Reisebüros Hansa-Tourist 250.000,0M 15.250.000,DM dem Vermittlungsversuche des Parteivorsitzenden im Vorfeld erfolglos blieben, auch den 9. Parteitag der DKP, der am 6. Januar in Frankfurt a.M. begann und am 8. Januar mit fast tumultartigen Szenen unterbrochen wurde. Am 18. Februar wurde dann der Parteitag in Wuppertal fortgesetzt und abgeschlossen. Trotz des Leitmotivs "Für die Erneuerung der Bundesrepublik -- Neues Denken und solidarisches Handeln in unserem Land und in der DKP" endete der Parteitag mit einer schweren Niederlage der reformorientierten Kräfte innerhalb der DKP. Fünf Mitglieder des bisherigen Parteivorstandes, die sich nach dem Vorbild der Entwicklung in der Sowjetunion und insbesondere in Ungarn und Polen für eine Erneuerung und Demokratisierung der Partei eingesetzt hatten, wurden nicht mehr in den neuen Vorstand gewählt. Die im neuen Vorstand noch verbliebenen wenigen "Erneuerer" erreichten überwiegend nur sehr knappe Wahlergebnisse. Gleichwohl mußten auch der Parteivorsitzende und seine Stellvertreterin erhebliche Stimmeneinbu- 20 ßen hinnehmen. Mies erhielt bei der Wahl zum Parteivorsitzenden lediglich 71,8% und seine Stellvertreterin Ellen Weber sogar nur 67,7% der abgegebenen Stimmen. In seinem Rechenschaftsbericht mußte der Parteivorsitzende einräumen, daß die Zahl der Mitglieder seit dem 8. Parteitag im Jahre 1986 um über 10.000 abgenommen habe und die Partei "in bisher beispiellose innere Widersprüche geraten" sei; ihre Handlungsfähigkeit und Einheit seien bedroht. Auswirkungen des Der weitere Verlauf der Entwicklung war maßgeblich geprägt von Richtungsstreits Ämterniederlegungen und Austritten im Parteipräsidium, im Sekretariat sowie vor allem an der Parteibasis und im Parteiorgan "Unsere Zeit" (UZ). Die "Erneuerer" organisierten wiederholt "Strömungstreffen", die vom Parteivorstand heftig bekämpft wurden. Auf einer Pressekonferenz am 21. August in Bonn berichteten Repräsentanten der reformwilligen DKP-Minderheit von einer "Austrittswelle ohnegleichen". Im ersten Halbjahr 1989 hätten z.B. etwa 7 bis 8% der DKP-Mitglieder im Bezirk Rheinland-Westfalen die Partei verlassen. Den Gesamtverlust für die Partei schätzten sie auf "vielleicht 2.000 Mitglieder", eine Zahl, die vom Parteivorsitzenden heftig bestritten wurde. Bundesweiter An dem bundesweiten "Kongreß Erneuerung" vom 20. bis 22. Ok"Kongreß tober in Frankfurt a.M. nahmen mehr als 2.000 Personen teil, darunErneuerung" ter "Erneuerer" und "Traditionalisten" der DKP, Vertreter anderer linksextremistischer Gruppierungen sowie auch Angehörige verschiedener demokratischer Parteien und Organisationen. Nach Angaben der Vorbereitungsgruppe hatten den Aufruf zu dem Kongreß mehr als 2.200 Personen unterzeichnet, darunter 13 Mitglieder des DKP-Parteivorstandes, 54 Kreisvorsitzende oder stellvertretende Kreisvorsitzende, mehr als 400 Kreisvorstandsmitglieder, 22 UZ-Redakteure, 30 Mitglieder der Bundesvorstände von DKPJugendorganisationen sowie 13 kommunale Mandatsträger der Partei. Auf dem Kongreß forderten die "Erneuerer" vergeblich den Rücktritt des gesamten Parteivorstands der DKP sowie Neuwahlen. Rücktrittsforderungen gegenüber der Parteiführung wurden auch anläßlich der 9. und 10. Parteivorstandstagung am 22. November und 16. Dezember in Düsseldorf erhoben. Sie wurden jedoch von den die Mehrheit bildenden "Traditionalisten" um den Parteivorsitzenden zurückgewiesen. Man einigte sich lediglich auf die Abhaltung eines ordentlichen Parteitags im März 1990 in Wuppertal. Der Parteivorsitzende hatte schon im Oktober seine Absicht bekanntgegeben, beim nächsten DKP-Parteitag nicht mehr zu kandidieren. Führungsanspruch Der "traditionalistisch" ausgerichtete Bundesvorstand der DKP der "Traditionaliweigerte sich weiterhin hartnäckig, die Veränderungen im kommusten" nistischen Machtbereich zur Kenntnis zu nehmen. Er behielt seinen Führungsanspruch bei und vertrat eine reformfeindliche Politik 21 noch zu einem Zeitpunkt, als die Demokratisierungswelle die Länder Osteuropas bereits erreicht und die Massenflucht von Bewohnern der DDR in die Bundesrepublik Deutschland über Ungarn, Polen und die Tschechoslowakei schon begonnen hatte. Noch am 4. Oktober prangerte Herbert Mies auf einer Festveranstaltung "40 Jahre DDR -- 40 Jahre deutscher Staat des Friedens und des Sozialismus" in Düsseldorf die Entwicklungsprozesse in einigen Ländern Osteuropas an. Gemeint damit war nicht etwa die DDR; die "große Besorgnis" des DKP-Vorsitzenden galt vielmehr den Reformbestrebungen in Ungarn und Polen. Die "Herrschenden in der BRD", so erklärte er, wollten nun der DDR mit allen Mitteln Reformen aufzwingen; die DDR tue gut daran, dies konsequent zurückMachtverfall der zuweisen. Demonstrativ nannte der Parteivorsitzende die damalige Staatspartei SED Staatspartei SED "die führende Partei". Genau 14 Tage später marbedingt weitkierte der Sturz der DDR-Führung unter SED-Generalsekretär gehende EinErich Honecker den Anfang vom Ende dieser Partei und ihrer Fühstellung der rungsrolle. Die weiteren Etappen im Machtverfall der ehemaligen finanziellen Unterstützung SED waren gekennzeichnet durch den Verzicht auf die Verankerung des Führungsanspruchs der Partei in der Verfassung der DDR, durch die Bildung einer Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Hans Modrow und die Einbeziehung der um den "Runden Tisch" versammelten demokratischen Opposition in Regierungsentscheidungen. Damit war auch das vorläufige Ende der finanziellen Unterstützung der DKP durch die SED vorprogrammiert. Nach einem Treffen zwischen dem stellvertretenden Parteivorsitzenden und dem für eine kurze Übergangszeit amtierenden SED-Generalsekretär und Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz waren in der DKP-Spitze besorgte Fragen nach der finanziellen Absicherung der Partei laut geworden, zumal diese Besorgnis durch ausbleibende Kuriergelder verstärkt worden war. Am 27. November begab sich der Parteivorsitzende nach Berlin (Ost). Dort dürfte er endgültig erfahren haben, daß die SED die DKP in Zukunft nicht mehr finanziell "aushalten" könne. Diese Entwicklung führte inzwischen zu einschneidenden Folgerungen für die DKP, ihre Medien und Schulungseinrichtungen. In Mitleidenschaft gezogen wurden auch solche Organisationen und Einrichtungen, deren Abhängigkeit von der DKP für Außenstehende nicht ohne weiteres erkennbar war und die deshalb ihre von den Verfassungsschutzbehörden festgestellte kommunistische Steuerung stets bestritten hatten. Ungeachtet der Demokratisierungsprozesse in nahezu allen komDKP hält an verfasmunistischen Parteien Osteuropas hält die DKP an ihrer verfassungsfeindlicher sungsfeindlichen Zielsetzung nach wie vor fest. So erklärte sie in Zielsetzung fest einem Neujahrsgruß unter der Überschrift "Der Kampf geht weiter", eine auf Klassenpositionen stehende kommunistische Partei, ausgestattet mit einer wissenschaftlichen Weltanschauung, sei unverzichtbar. Die tiefe Krise der "sozialistischen Länder" ändere nichts 22 am grundlegenden Ziel: "Sozialismus als die einzig humanistische Alternative zum real existierenden Kapitalismus auch in der BRD". Die globalen Probleme, die der Imperialismus hervorgebracht habe, forderten mehr denn je eine kommunistische Partei, welche den "aktiven Klassenkampf" gegen dieses System führe. Diese Erklärung verdient besondere Beachtung, weil die DKP trotz starker Mitgliederverluste und gravierender finanzieller Probleme zum Jahresende immer noch die stärkste linksextremistische Organisation in der Bundesrepublik Deutschland war. Zudem hat die ehemalige SED, die sich vorübergehend SED-PDS nannte und nunmehr nur noch Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) heißt, der DKP weiterhin ihre Unterstützung zugesichert. Zu diesem Zweck sollen auf verschiedenen Ebenen Kontakte unterhalten werden. Der seit Ende 1989 amtierende Vorsitzende Gregor Gysi hat sich auf dem außerordentlichen Parteitag am 16./17. Dezember in Berlin (Ost) ebenfalls zur Notwendigkeit der materiellen Unterstützung von "Bruderparteien" bekannt. Es wäre deshalb verfehlt, den orthodoxen Linksextremismus als künftig ungefährlich für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzustufen. 2.2.2 Organisation Gliederung der Die DKP gliedert sich im Bundesgebiet in zwölf BezirksorganisaDKP unverändert tionen. Diese sind in Kreisbzw. Gebietsorganisationen unterteilt, die die Grundorganisationen, nämlich die Orts-, Stadtteil-, Wohngebiets-, Betriebsund Hochschulgruppen zusammenfassen. Bayern ist in die Bezirksorganisationen Nordund Südbayern aufgeteilt. Vorsitzender der DKP war von 1973 bis Jahresende Herbert Mies, stellvertretende Parteivorsitzende Ellen Weber. Der Parteivorstand bestand Anfang 1989 aus 98 Mitgliedern, darunter neun aus Bayern. Vorsitzende in den DKP-Bezirken Nordbayern und Südbayern waren im Berichtszeitraum unverändert Herbert Stiefvater und Walter Listl. In ihrem Rechenschaftsbericht nach dem Parteiengesetz wies die DKP für 1988 Einnahmen in Höhe von 22,2 Mio DM (1987: 23,1 Mio DM) aus, davon 9,8 Mio DM an Mitgliedsbeiträgen und 10 Mio DM an Spenden. 1988 sind für die DKP-Bezirksorganisation Nordbayern 945.722,65 DM (1987: 925.574,68 DM), für die DKP-Bezirksorganisation Südbayern 1.028.444,39 DM (1987: 1.086.844,94 DM) an Gesamteinnahmen ausgewiesen (Bundestagsdrucksache 11/5903 vom 07.12.1989). Obwohl die DKP immer wieder behauptete, sie finanziere sich ausschließlich aus diesen Einnahmequellen, mußte der ehemalige Parteivorsitzende Herbert Mies Ende des Jahres die Unterstützung von Seiten der SED zugeben. Der Leiter des Büros des DKP-Präsidiums erklärte hierzu, er könne "nicht völlig dementieren", daß die Zuwendungen den Betrag von 70 Millionen DM jährlich ergeben hätten. 23 i '..**'.;.* . . . * ! ja auGh für uns s*i Visier unsere zeit Die radikale Wende in der DDR und der damit verbundene weitgeZusammenbruch hende Stopp der finanziellen Zuwendungen führte bei der DKP zu der finanziellen einem völligen "Zusammenbruch der bisherigen Parteifinanzen". Grundlagen Alle Beschäftigungsverhältnisse beim Parteivorstand wurden zum frühest möglichen Zeitpunkt beendet; ähnliche Maßnahmen wurden auch in den Bezirken eingeleitet. Nur 50 der rund 500 hauptamtlichen Funktionäre waren davon nicht betroffen. Mietverträge für Parteibüros der DKP wurden gekündigt. Die Tageszeitung UZ, die allein für Personal jährlich weit mehr als 2 Millionen DM Kosten verursachte, wird ab 1990 nur mehr als Wochenzeitung herausgegeben. Der "Pahl-Rugenstein-Verlag" in Köln, der "Volksfront"-Verlag der DKP, mußte Konkurs anmelden. Auch in den mehrheitlich von "Traditionalisten" geführten DKP-BeAuswirkungen der zirksverbänden Nordund Südbayern waren die Auswirkungen Parteikrise auf der Parteikrise spürbar. Zahlreiche Mitglieder und Funktionäre verdie bayerischen ließen die Partei. Die Austrittsquote erreichte in Bayern jedoch Untergliederungen nicht den gleichen Umfang wie bei den außerbayerischen Bezirksverbänden. Die Mitgliederstärke der DKP in Bayern lag zum Jahresende 1989 noch bei rund 1.900 (1988: 2.500). Davon entfielen knapp 500 auf Nordbayern und 1.400 auf Südbayern. In der DKP-Bezirksorganisation Südbayern, deren Vorstand im November 1989 noch die "traditionalistische" Linie des DKP-Vorsitzenden rückhaltlos unterstützt hatte, wuchs inzwischen die Zahl derer, die einen sofortigen Rücktritt des gesamten Parteivorstandes und einen Neubeginn in der DKP "von unten her" forderten. Hierzu zählte auch die Kreisorganisation München. Da der Parteivorstand die Rücktrittsforderung mehrheitlich ablehnte, trat aus Protest gegen diese Haltung die Kreisvorstandschaft München am 21. Dezember geschlossen zurück. Daneben wurde die politische Arbeit auch durch die finanzielle Notlage der Partei belastet. So mußte allen hauptamtlichen Mitarbeitern der Bezirksorganisation Südbayern zum 31. Dezember 1989 gekündigt werden. Gekündigt wurde ferner der Mietvertrag für das Bezirksbüro in München, für das monatlich 7.000 DM aufgewendet wurden. Das Ausbleiben der finanziellen Unterstützung zwang auch die DKP-Bezirksorganisation Nordbayern, ihren hauptamtlichen Mitarbeitern zum Jahresende 1989 zu kündigen. Auch die Büroräume in 24 Nürnberg, in denen auch der Bezirksvorsitzende sein "Stadtbüro" unterhielt, mußten aufgegeben werden. Der Bezirksvorsitzende und sein Vertreter erklärten, daß sie künftig für diese Funktionen nicht mehr kandidieren. 2.2.3 Bündnisund Aktionseinheitspolitik, Betriebsarbeit Bündnispolitik als Die im Ergebnis erfolglosen Bemühungen um die Beilegung des wichtiger internen Streits zwischen "Traditionalisten" und "Erneuerern" nahBestandteil der men weitgehend die gesamte Kapazität der DKP in Anspruch. Die Gesamtpolitik Partei war vorwiegend mit sich selbst beschäftigt. Soweit bei dieser Sachlage eine Einflußnahme auf das politische Tagesgeschehen überhaupt noch versucht wurde, fand dies im Rahmen der sogenannten "Bündnispolitik" statt, die für die DKP wiederum wichtigster Bestandteil ihrer Gesamtpolitik war. Im Hinblick auf ihr noch schmäler gewordenes Wählerpotential blieb die Partei nach wie vor bestrebt, Bündnisse mit nahezu allen demokratischen Kräften einzugehen. Dabei griff sie vor allem Themen auf, von denen sie annehmen konnte, daß sie auch bei Demokraten auf Zustimmung stoßen würden. Dazu gehörten insbesondere Veranstaltungen auf lokaler Ebene zu Themen wie "Unterversorgung mit Kindergartenplätzen", "Wohnungsnot" und "Mieterhöhung". Im Rahmen der Bündnispolitik trat die DKP häufig nicht selbst in Erscheinung, sondern bediente sich der von ihr beeinflußten Organisationen, um auf diese Weise den kommunistischen Hintergrund der Einflußnahme nach außen zu verschleiern. So nahm sie z.B. wie in den Vorjahren wiederum über die DFU maßgeblichen Einfluß auf die Vorbereitung und Durchführung der "Ostermärsche '89". Bündnispolitische Erfolge versprach sie sich auch in der "Antifaschismus"Arbeit, wobei sie sich insbesondere im Zusammenhang mit der politischen Auseinandersetzung mit den "Republikanern" um die Zusammenarbeit mit demokratischen Gruppierungen in "antifaschistischen" Aktionsbündnissen bemühte. In einigen Fällen ist es der DKP auch gelungen, von demokratischen Gruppierungen als Bündnispartner anerkannt zu werden. Kaum sichtbare Ihre andauernden Bemühungen um "Aktionseinheiten" mit den Erfolge bei der Gewerkschaften brachten der DKP auch 1989 kaum sichtbare Er"Aktionseinheit" folge. Immerhin wurde auf der ersten Bundeskonferenz der Fachmit den gruppe Journalismus der IG-Medien in den aus fünf Personen beGewerkschaften stehenden geschäftsführenden Bundesvorstand ein DKP-Funktionär gewählt. Der Gewählte war auch Chefredakteur des gewerkschaftspolitischen Organs der DKP "Nachrichten zur Wirtschaftsund Sozialpolitik", das aus finanziellen Gründen sein Erscheinen zum 31. Dezember einstellen mußte. Nach Aussagen der DKP waren im Berichtsjahr fast 70% ihrer Mitglieder gewerkschaftlich organisiert. Für die im Frühjahr 1990 statt- 25 Runter Raus wUtd&r'Rüsfung m&ofen Nazis f e~ 0 m}h Ran tfrArbettsp/aize, Wohnungen UI4GÄdeg UMWZHSCHUhEs spricht Gisela Sprenger-Schoch DKP-Parteipräsidium Neues,,Schlauch'-Prrjgramm=Kopf oder Zahl mit Bernd Köhler& Hans Reffert! Wolf Brannasky! Tanz! Freitag,28.April \i9degdegUhr MathäSCr arn Hasenbergj\pülfierstr. 16 Rt^KfecAta rffonfuBtf &"eterSrftccfs . üer"K'3& . tf HuiKAe* . A-atnarjiA ..-* ja'a^'t atüf 26 findenden Betriebsratswahlen empfahl die DKP ihren Mitgliedern, die Listen der DGB-Gewerkschaften zu unterstützen bzw. sich selbst den Gewerkschaften als Kandidaten zur Verfügung zu stellen. Träger der Betriebsarbeit, deren Schwerpunkte 1989 in der Auto-, Elektround Stahlindustrie sowie in verschiedenen Zweigen Schwerpunkte der des Dienstleistungsgewerbes lagen, waren vorrangig die DKP-BeBetriebsarbeit triebsgruppen. Ihre Aufgabe bestand im wesentlichen darin, Probleme der Arbeitswelt im allgemeinen und solche des konkreten Arbeitsplatzes im besonderen aufzugreifen und sie -- soweit möglich -- agitatorisch, z.B. in ihren Betriebszeitungen, zu verwerten. Die Zahl der in Bayern bekanntgewordenen Betriebsgruppen ging infolge des innerparteilichen Streites von 39 im Jahr 1988 auf 30 zurück. Rückläufig war auch die Zahl der bekanntgewordenen Betriebszeitungen; sie betrug nur noch 24 gegenüber 37 im Jahr 1988. 2.2.4 Beteiligung an der Europawahl Bei der Europawahl am 18. Juni kandidierte die DKP erstmals wieder mit einer eigenen Bundesliste, die 77 Bewerber enthielt, darunter zwölf aus Bayern. Angeführt wurde die Kandidatenliste vom damaligen DKP-Vorsitzenden Herbert Mies und seiner Stellvertreterin Ellen Weber. Die von der Bundeswahlkreiskonferenz ursprünglich auf Platz 1 gesetzte Spitzenkandidatin hatte der Bundeswahlausschuß gestrichen, da sie als ausländische Staatsangehörige nicht wählbar war. Nach dem amtlichen Wahlergebnis erzielte die DKP Enttäuschende bundesweit 57.704 Stimmen (0,2%). In Bayern erhielt die Partei leErgebnisse der diglich 6.448 Stimmen (0,1 %). Überdurchschnittliche Ergebnisse DKP bei der konnte sie in den kreisfreien Städten Fürth (0,6%), Nürnberg (0,4%) Europawahl und Schwabach (0,3%) erzielen. Von dem Ergebnis der Europawahl zeigte sich das Sekretariat der DKP tief enttäuscht. Im Vergleich zur Kandidatur 1979, bei der die DKP-Liste bundesweit noch 112.055 gültige Stimmen (0,4%) erreichte, habe sich nunmehr die Stimmenzahl auf rund die Hälfte reduziert. In den Erfolgen der "Neonazis und Ultrarechten" sieht das Sekretariat der DKP die Gefahr, daß "Ultrarechte" das Wahlergebnis als "Sprungbrett" für den Einzug in den Bundestag nutzen könnten. Um dies zu verhindern, müsse die DKP ihre gesamte Kraft in den "Kampf gegen rechts, gegen die sozial ungerechten und bedrohlichen Lebensumstände" einbringen. 2.2.5 Publikationen und Verlage Desolate finanzielle Die wichtigste Publikation der DKP ist nach wie vor ihr ZentralorLage des DKPgan "Unsere Zeit" (UZ). Infolge der katastrophalen finanziellen Lage Zentralorgans der Partei geriet jedoch auch die UZ in Schwierigkeiten. So mußten im Dezember von den bisherigen 51 Mitarbeitern der Zeitung 41 27 MARXISTISCHE BIÄTTER 12-89 SOZIALISMUS IN DER KRISE: Wechsel des Sozialismusmodells - Folgerungen für Sozialismusbild und -propaganda - "Konser vative Revolutionen " - Reformkonzeptionen - Der Partei eine Chance Publikation der DKP Neues Denken für Augsburg Vorschläge des Frauenarbeitskreises, Ädeg* 1 derDKPÄdeg Augsburg 28 entlassen werden. Zugleich legte auch der bis dahin tätige Chefredakteur Conrad Schuhler aus München sein Amt nieder und erklärte seinen Rücktritt aus dem Parteipräsidium, Damit übernehme er seinen Teil der Verantwortung für die "finanzielle Katastrophe". Die Auflagenhöhe der UZ betrug 1989 nur noch 20.000 Exemplare (1988: 21.000). Mit der Umstellung von der täglichen auf die wöAuflage der UZ chentliche Erscheinungsweise erhielt die Zeitung den Untertitel sinkt weiter "Sozialistische Wochenzeitung". Um die UZ wenigstens als Wochenzeitung erhalten zu können, begann die DKP Ende 1989 mit Hilfe der UZ eine groß angelegte Spendenaktion. Hergestellt wird die UZ derzeit bei "Plambeck & Co. Druck und Verlag GmbH" in Neuss. Betreuung und Verwaltung der Abonennten der im Plambeck-Verlag gedruckten Zeitungen und Zeitschriften werden von der "VVG-Verlagsund Vertriebsgesellschaft mbH" Neuss vorgenommen. Die finanzielle Krise wirkte sich auch auf die noch verbliebenen 21 "Akzent-Buchhandlungen" aus, die alle Ende 1989 schließen mußten. Ein Sanierungsversuch für sechs der insgesamt 27 DKP-gesteuerten Buchhandlungen war bereits im September 1989 gescheitert. Als Gründe für die Schließung wurden u.a. die Entwicklung in der DDR und ein "katastrophaler" Umsatzrückgang genannt. Im Rahmen einer "Selbsthilfe-Aktion" versuchte die AkzentGesellschaft, einige Buchhandlungen an frühere Mitarbeiter zu verkaufen. In drei Städten führte diese Aktion zum Erfolg. In Bayern wurden 1989 nur noch 42 (1988: 54) verschiedene Kreis-, Orts-, Stadtteilund Wohngebietszeitungen bekannt. Für 1990 zeichnet sich eine weitere drastische Reduzierung dieser Publikationen ab. 2.2.6 DKP-Hochschulgruppen Keine AußenwirDie DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) sind Grundeinheiten der kung der DKP-HG DKP, denen alle an einer Hochschule tätigen DKP-Mitglieder (Lehrpersonal, Mitarbeiter der Verwaltung und Studenten) angehören sollen. Die Zahl der Mitglieder in den DKP-Hochschulgruppen in Bayern ist zum Jahresende auf unter 50 gesunken. Zwei Ortsgruppen wurden aufgelöst. Wie in der Gesamtpartei waren auch die DKP-HG in die Fraktionen der "Traditionalisten" und der "Erneuerer" gespalten. Sie waren weitgehend von diesen internen Schwierigkeiten in Anspruch genommen und entfalteten kaum Außenwirkung. 2.3 Nebenorganisationen der DKP In ihrer politischen Arbeit wurde die DKP auch 1989 von ihren Nebenorganisationen unterstützt, soweit diese dazu noch in der Lage waren. Der andauernde Richtungsstreit in der DKP führte auch bei 29 den Nebenorganisationen zu erheblichen Mitgliederverlusten, die sich lähmend auf die Aktivitäten auswirkten. Zu den Nebenorganisationen, die sich politisch der DKP unterordnen, gehörten 1989 die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), der Marxistische Studentinnenund Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) und die Jungen Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation (JP). 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Die SDAJ wurde 1968 in Essen als Jugendverband gegründet, der sich weltanschaulich zu den Ideen von Marx, Engels und Lenin bekennt und zusammen mit der DKP für eine sozialistische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland kämpft. Bundesweit hat die SDAJ nur noch 2.000 Mitglieder (1988: 6.500). Auch in Bayern ging die Mitgliederzahl im Vergleich zum Vorjahr nochmals drastisch zurück. Sie lag zum Jahresende bei etwa 300 Mitgliedern (1988: 600). Dieser massive Mitgliederverlust belegt erneut, daß sich auch die SDAJ in einer schweren Identitätskrise befindet, deren Anfänge bis in die Jahre 1987/88 zurückreichen. Ursächlich für diese Krise und die darauf beruhenden Zerfallserscheinungen sind Identitätskrise über der Streit um die zukünftige ideologische Ausrichtung und die Erideologische Ausneuerung des Verbandes. Die "Traditionalisten" wollen die SDAJ richtung als orthodox-kommunistischen Jugendverband erhalten, der in der Arbeiterklasse die entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft zur Erreichung seiner Ziele sieht und daneben versucht, sozialistisches Bewußtsein unter Jugendlichen zu entwickeln und zu stärken. Die "Erneuerer" dagegen wollen die SDAJ zu einem radikalen-demokratischen Jugendverband umgestalten, der kein "Anhängsel der DKP" mehr sei und auch nicht mehr länger der Gängelung durch die Parteispitze unterliege. Die SDAJ ist derzeit noch Mitglied des prosowjetischen Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ), des größten Zusammenschlusses von Jugendverbänden, dem im wesentlichen die kommunistischen, revolutionären sowie eine Reihe sozialistischer Verbände angehören. Dagegen ist sie in Bayern in keinem Jugendring auf Stadt-, Kreisoder Landesebene vertreten. Der Bundeskongreß der SDAJ am 17./18. Juni in Dortmund brachBundeskongreß te eine vorläufige Richtungsentscheidung zugunsten der "Traditioentscheidet nalisten" innerhalb des Verbandes. Die Wahl eines neuen Bundeszugunsten der vorstandes kam jedoch nicht zustande, da die "Erneuerer" nach "Traditionalisten" einer Abstimmungsniederlage über die ideologische Richtung den Raum verließen. Von den "Traditionalisten" wurde daraufhin ein Bundesarbeitsausschuß (BAA) gewählt, der die Geschäfte der SDAJ führte und sich als einzige legitime Vertretung der SDAJ verstand. Ab diesem Zeitpunkt galt der alte Bundesvorstand unter der Bundesvorsitzenden Birgit Radow als "entmachtet". 30 Aufkleber der SDAJ Zur Spaltung der SDAJ erklärte die ehemalige Bundesvorsitzende Birgit Radow, die Organisation habe an zwei historischen Einschnitten der letzten Jahre versagt: in der Ökologiefrage und in der Krise des Sozialismus. Darüber hinaus habe die SDAJ den Widerspruch, formell ein selbständiger Jugendverband, tatsächlich aber "Jugendverband der DKP" und von dieser abhängig zu sein, niemals lösen können. Getreu dem bisherigen kommunistischen Selbstverständnis hätten die meisten SDAJ-Vorstandsmitglieder stillschweigend in der SDAJ das getan, was die DKP beschlossen habe. Über die große Zahl der hauptamtlichen Mitarbeiter habe sich die Partei ihren Einfluß gesichert. Finanzielle Der plötzliche Wegfall der finanziellen Unterstützung der DKP Abhängigkeit von durch die ehemalige SED wirkte sich bei der SDAJ katastrophal der DKP aus. Er zwang sie zu weitreichenden Einsparungen. So mußten in Bayern fast alle hauptamtlichen Mitarbeiter entlassen und Geschäftsstellen geschlossen werden. Der Landesvorsitzende der SDAJ-Südbayern trat zurück. Zahlreiche "Erneuerer" dieses Landesverbandes verließen die Jugendorganisation und bildeten eine 31 neue Gruppierung, die sich "Autonome Sozialistische Jugend" (ASJ) nennt und ihren Sitz in München hat. Ein Teil der Führungskräfte des Landesverbandes Südbayern schloß sich der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) an. Der SDAJ-Landesverband Franken/Oberpfalz konnte demgegenüber seine Geschäftsstelle vorerst noch aufrechterhalten. Der Großteil seiner Mitglieder blieb auf "Bewahrerkurs"; es gab kaum "Strömungskämpfe". Die Austritte waren begrenzt. Viele Mitglieder verhielten sich jedoch inaktiv. In der zentralen Ausbildungsstätte der SDAJ auf Gut Wahrberg bei Bildungsstätte von Aurach, Landkreis Ansbach, die auch von der DKP und den JunFinanzkrise gen Pionieren genutzt wurde, fanden das ganze Jahr über ideolobetroffen gische Schulungen statt. Infolge der finanziellen Schwierigkeiten der SDAJ wurde der Pachtvertrag durch den Eigentümer zum 31. März 1990 gekündigt. Sprachrohr der SDAJ ist "elan -- Das Jugendmagazin". Die Auflage von 14.000 Exemplaren im Jahr 1988 ist auf 8.000 im Jahr 1989 gesunken. Das Magazin wurde zum Kristallisationspunkt des Konflikts der DKP-Führung mit den "Erneuerern" in der SDAJ. Die neue "elan"-Redaktion unterstützte den Kurs der "Erneuerer", die für einen von der DKP-Führung unabhängigen Jugendverband eintraten. Die "Jugendpolitischen Blätter" wurden zum Jahresende eingestellt. In Bayern engagierte sich die SDAJ, soweit es ihr in ihrem derzeitigen Zustand möglich war, in erster Linie in der "Antifaschismus"Arbeit und im "Friedenskampf". Die "antimilitaristische" Arbeit war nicht nennenswert; der SDAJ-beeinflußte Arbeitskreis Demokratischer Soldaten (ADS) trat 1989 nicht in Erscheinung. Unter dem Motto "Was wollen die Reps?" führte der Landesverband Franken/ Oberpfalz mit Unterstützung der DKP-Bezirksorganisation Nordbayern vom 19. Oktober bis 4. November eine "Antifa-Stafette" durch, die 14 nordbayerische Städte berührte. In diesen Städten versuchte die SDAJ mit Umfrageaktionen, Informationsständen Stafette gegen und Abendveranstaltungen die Jugendlichen über "Faschismus, Faschismus Neofaschismus und Ausländerhaß" aufzuklären. Nach eigenen Angaben will die SDAJ dabei festgestellt haben, daß es ein großes Potential von Jugendlichen gebe, das bereit sei, gegen "alte und neue Faschisten" aktiv zu werden. Zu Pfingsten veranstaltete die SDAJ wiederum ihre traditionellen "Pfingstcamps". Der Landesverband Franken/Oberpfalz hatte für den 12. bis 15. Mai in die Nähe von Erlangen eingeladen. Etwa 100 Personen waren der Einladung gefolgt und diskutierten dabei u.a. über den "Kampf gegen Neofaschismus". Der Landesverband Südbayern führte sein "Pfingst"Pfingstcamps" camp" am 20./21. Mai in Linden bei Dorfen, Landkreis Erding, durch. An dem Camp nahmen insgesamt 150 Personen teil, darunter Anhänger des orthodox-kommunistisch beeinflußten Motorradclubs "Kuhle Wampe". 32 2.3.2 Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) Der 1971 gegründete MSB Spartakus bekennt sich nach seinem Programm zum Marxismus-Leninismus. Er ist mit der DKP eng verbunden; rund 70% seiner Mitglieder gehören nach eigenen Angaben auch der DKP an. Seit dem 11. Bundeskongreß, der vom 6. bis 8. Oktober in Köln stattfand, zeichnen sich Änderungen in der ideologischen Ausrichtung des Verbandes ab. Im Einleitungsreferal MSB Spartakus im zum Kongreß stellte das Sekretariat fest, die Krise des MSB SparUmbruch takus sei u.a. auf die "Desillusionierung" über den "realen Sozialismus" zurückzuführen. Der MSB Spartakus wolle sein Verhältnis zu anderen "Linkskräften" neu bestimmen, da in absehbarer Zeit mit und um die DKP kein relevantes revolutionäres Kraftzentrum entstehen werde. Das bisherige "Außenbild" des MSB Spartakus, die DKP-Orientierung sowie die organisatorische und weltanschauliche Geschlossenheit, sei allerdings nicht von heute auf morgen veränderbar. Der Verband strebe einen radikalen Neuanfang an; er setze sich für einen parteiunabhängigen Zusammenschluß eines "linken Spektrums" ein. Bereits im Vorfeld des Kongresses erklärten der MSB-Bundesvorsitzende und seine designierte Nachfolgerin, daß der MSB Spartakus zwar weiter "eng und freundschaftlich" mit der DKP zusammenarbeiten wolle, "bisherige Sondermechanismen der direkten Einflußnahme" solle es aber nicht mehr geben. Einfluß des MSB Der Studentenverband unterliegt nach wie vor einem starken MitSpartakus gliederschwund. Bundesweit verfügt der MSB Spartakus nur noch rückläufig über rund 2.000 Mitglieder (1988: 3.500). Bei den bayerischen Ortsgruppen sank die Zahl unter 100. In einem Situationsbericht zur Jahresmitte bezeichnete die Regional beauftragte des MSB Spartakus den Zustand des Verbandes in Bayern als äußerst kritisch. Es gebe nur noch wenige arbeitsfähige Gruppen. Der Einfluß auf die Studentenschaften in Bayern war dementsprechend gering. 2.3.3 Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation (JP) Gewinnung von Die JP bestehen in der Bundesrepublik Deutschland seit 15 JahKindern für die ren. Sie sind eine Nebenorganisation der DKP und nach dem Vorkommunistische bild der Staatsjugendorganisationen in den Ländern des früheren Bewegung kommunistischen Machtbereichs gegründet worden, um auf diese Weise Kinder für Ziele der kommunistischen Weltbewegung zu gewinnen. Darüber hinaus dienen die JP der DKP und SDAJ als Basis für die Mitgliedergewinnung. Wie ernst die DKP dieses Anliegen nimmt, ergibt sich daraus, daß sie auch 1989 wieder gemeinsam mit der JP für die alljährliche Kinderferienaktion warb. Von Bayern aus reisten im August etwa 360 Kinder mit ihren Betreuern zu einem zweiwöchigen Ferienaufenthalt in die DDR. Auf dem Programm stand u.a. der Besuch von "antifaschistischen" Mahnund 33 i in der DDR Sudbayerischen Kinder in Grünheide/DDR vom 9. bis zum 2ft. August Für 110,DM das 1. Kind jedes weitere 70,DM Gedenkstätten sowie von Betrieben und Pionierhäusern. Da rund 90% der Pionierleiter DKPbzw. SDAJ-Angehörige sind, ist für politische Indoktrination bei solchen Gelegenheiten hinreichend gesorgt. Die JP gliedern sich nach ihrer Satzung in Gruppen, Kreisund Landesverbände. In Bayern bestehen die Landesverbände Franken/Oberpfalz und Südbayern. Die Krise der DKP hat nun auch in vollem Umfang die KinderorIdentitätskrise ganisation erfaßt. Die Mitgliederentwicklung ist ebenso wie bei der auch bei der JP DKP und der SDAJ stark rückläufig. Die Zahl der JP-Mitglieder betrug bundesweit nur noch 800; in Bayern ist sie auf unter 100 Mitglieder gesunken. Die Gesamtsituation im Verband ist derzeit widersprüchlich; Diskussionen und der Versuch einer Neuorientierung waren Ende 1989 noch voll im Gang. Im Juni hatte der JPBundesvorsitzende Gerd Hertel zusammen mit einem Mitglied des JP-Bundessekretariats einen Diskussionsbeitrag über die Fragen der Identität und Aufgaben der JP vorgelegt. Im Oktober stellte er sein Amt zur Verfügung. 34 "Pfingstcamps" An außenwirksamen Aktionen in Bayern sind lediglich die "Pfingstcamps" erwähnenswert. In Nordbayern wurden an Pfingsten erstmals zwei derartige Lager mit insgesamt 200 Kindern abgehalten, und zwar auf Gut Wahrberg bei Aurach, Landkreis Ansbach, sowie in der Nähe von Happurg bei Hersbruck. Am Pfingstlager des Landesverbands Südbayern in Königsdorf, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, nahmen lediglich 35 Kinder teil. Die DKP sorgte für die Unterbringung in Zelten sowie für die Verpflegung und die Betreuung. 2.4 DKP-beeinflußte Organisationen 2.4.1 Allgemeines Im Rahmen ihrer Bündnispolitik stützen sich die orthodoxen Kommunisten seit jeher auf eine größere Zahl von Organisationen, bei denen der kommunistische Einfluß nach außen hin nicht sofort erkennbar ist. Dieser Einfluß der DKP bzw. ihrer Nebenorganisationen auf solche "beeinflußten Organisationen" zeigt sich u.a. darin, daß diese Organisationen eng mit der DKP oder ihren Nebenorganisationen zusammenarbeiten, daß sie von der DKP oder ihren Nebenorganisationen materiell unterstützt werden, daß sie in ihren Führungsgremien wichtige Positionen mit Kommunisten besetzen oder daß unter ihren Mitgliedern zahlreiche Kommunisten sind. Diese beeinflußten Organisationen vertreten vielfach Ziele, die isoliert betrachtet nicht als verfassungsfeindlich erscheinen, jedoch Kriterien der kommunistischen Zielsetzung entsprechen. Dabei dient die kommunistischer verschleierte Propagierung kommunistischer Nahziele der GewinBeeinflussung nung von nichtkommunistischen Mitgliedern oder Bündnispartnern. Die beeinflußten Organisationen erfüllen damit die ihnen im Rahmen der Bündnispolitik zugewiesene Aufgabe des Abbaus von "Berührungsängsten" gegenüber Kommunisten und deren wirklichen, d.h. verfassungsfeindlichen Zielen. Die wichtigsten DKP-beeinflußten Organisationen waren 1989 die Deutsche Friedens-Union (DFU), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (VVN-BdA) und die 1984 auf Initiative der DKP und der DFU gegründete "Friedensliste". Letztere hat Anfang Juni 1989 ihre Arbeit auf Bundesebene eingestellt, weil es derzeit keine "erfolgversprechenden Möglichkeiten" für dieses Bündnis gebe. Auch die "Friedensliste Bayern" beendete zum Jahresende ihre Tätigkeit und löste ihre bestehenden Büros auf. Beteiligungen an Im Einklang mit den Zielsetzungen der DKP beteiligten sich orthoKampagnen und dox-kommunistisch beeinflußte Organisationen 1989 an DKPAktionen Kampagnen und Aktionen. Zentrale Themen waren der "Kampf für den Frieden" und gegen den "Neofaschismus" in der Bundesrepublik Deutschland. Die Forderung nach einem Verzicht auf "Moder- 35 nisierung" der atomaren Kurzstreckenraketen, Aufrufe gegen den Bau des "Jäger 90" und gegen militärische Tiefflüge bildeten dabei die Schwerpunkte. Anhänger orthodox-kommunistisch beeinflußter Organisationen beteiligten sich auch an den "Ostermärschen" und "Herbstaktionen" der "Friedensbewegung" sowie an "antifaschistischen" Aktionsbündnissen. 2.4.2 Deutsche Friedens-Union (DFU) Die 1960 auf kommunistisches Betreiben als "Volksfrontpartei" gegründete DFU, die sich seit 1984 als "politische Vereinigung" begreift, steht nach den tiefgreifenden Umwälzungen in der DDR vor dem finanziellen Zusammenbruch. Ende November wurde die DFU vor dem Kündigung fast aller hauptamtlichen Mitarbeiter der DFU und die finanziellen Ruin Auflösung ihrer Büros bekannt. Während der Bundesvorstand in seinen Verlautbarungen von einem plötzlichen Ausfall von Spenden sprach, gab der Landesvorstand Bremen in einem Rundschreiben an seine Mitglieder zu, "daß die DFU zu rund 80 Prozent von Geldern aus der DDR abhängig war". Wörtlich heißt es hierzu: "Der Vorwurf besteht, wir seien in den vergangenen Jahren nichts anderes als die bezahlten Vorposten der SED gewesen". Dem Bundesvorstand der DFU gehörten unverändert Mitglieder der 1956 verbotenen KPD, der DKP sowie kommunistisch beeinflußter Organisationen an. Die unverändert rund 1.000 Mitglieder, davon etwa 400 in Bayern, sind in neun Landesverbänden organisiert. Vorsitzender des Landesverbandes Bayern blieb Heinz Drab aus Nürnberg. Bis zum November hatte die DFU trotz angekündigter EinschränMitarbeit im Bündkungen im organisatorischen Bereich voll im Bündnissystem der nissystem der DKP DKP mitgearbeitet. Sie war nach wie vor in örtlichen und regionalen Bündnissen, bei der "Krefelder Initiative" und auch bei der Vorbereitung und Durchführung der "Ostermärsche '89" stark engagiert. Thematisch befaßte sich die DFU vor allem mit der ModerniPublikation der DFU 36 Publikation antifaschistische der VVN-BdA Nr 12 . Dezember 1989 rundschau " W^mm W H V ^ ^ ^ g ^ m I S ^ W " sierung der Rüstung, speziell mit dem "Jäger 90". In ihre politische Arbeit wurde aber auch das Thema "Neofaschismus" stärker inte griert. Existenz der Die "Volkszeitung", das gemeinsame Sprachrohr von DFU und "Volkszeitung" ge VVN-BdA, stellte Anfang Dezember ihr Erscheinen ein. Als Gründe fährdet wurden die Kündigung der Anzeigenaufträge aus der DDR ge nannt sowie die Umsatzverluste des Pahl-Rugenstein-Verlags, in dem die "Volkszeitung" erschien. Die daraufhin für die Zeitung ein geleitete "Rettungsaktion" führte zum Erfolg. Bereits Ende Dezem ber erschien eine Extra-Ausgabe der "Volkszeitung", in der die Redaktion erklärte, sie wolle an die Tradition des eingestehen DKP-Bündnisorgans "Volkszeitung" und dessen Vorgänger "DVZ" und "tat" anknüpfen. 2.4.3 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland ( W N -- BdA) Tätigkeit auf Bun Auch die VVN-BdA, mit unverändert rund 14.000 Mitgliedern im desebene einge Bundesgebiet und etwa 1.200 in Bayern stärkste orthodox-kom stellt munistisch beeinflußte Organisation, geriet durch die Streichung der Zuwendungen von Seiten der DKP in finanzielle Bedrängnis. Sie stellte auf Bundesebene ihre Tätigkeit zum 31. Dezember ein. Die Bundesgeschäftsstelle wurde aufgelöst. Ein Sprecher des Landesverbandes Bayern erklärte hierzu, der Landesverband sei von dieser Entwicklung "zwar politisch, nicht aber materiell betrof fen". Die Tätigkeit der bayerischen Landesgeschäftsstelle werde im bisherigen Umfang weitergeführt. Vorsitzender des Landesver bandes Bayern der VVN-BdA ist nach wie vor Oskar Neumann, Vorstandsmitglied der DKP-Bezirksorganisation Südbayern. Die Landessekretärin der VVN-BdA in Bayern, Marion Lehmicke, ist Vorstandsmitglied der DKP-Bezirksorganisation Südbayern und Mitglied im Sprecherkreis der Münchner Bürgerinitiative für Frie den und Abrüstung (BFA). WN-BdA im Die VVN-BdA, deren Gremien zahlreiche Angehörige der DKP an Bündnissystem gehörten, beteiligte sich 1989 intensiv an den verstärkten "Antifader DKP schismus"-Aktionen. Sie war in zahlreichen bereits bestehenden bzw. neu gegründeten Aktionsbündnissen tätig, die sich gegen 37 rechtsextremistische Gruppierungen sowie gegen die "Republikaner" richteten. Die VVN-BdA erwies sich bis Dezember erneut als ein wesentlicher Träger der "Antifaschismusarbeit" des orthodoxkommunistischen Bereiches. 3. Neue Linke 3.1 Überblick Die Neue Linke besteht aus linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen und Gruppen, die in ihrer Mehrzahl aus der Sozialrevolutionären Studentenbewegung der 60er Jahre hervorgegangen sind. Als Ziel streben die dogmatischen Gruppen der Neuen Linken eine kommunistische Gesellschaft an. Sie lehnen jedoch -- anders als die orthodoxen Kommunisten -- den Kommunismus sowjetischer Prägung als "revisionistisch", "bürokratisch" und "sozialimperialistisch" entartet ab. Das Erscheinungsbild der meisten dieser Gruppen war auch 1989 geprägt von mangelnden Aktivitäten, Mitgliederschwund, finanziellen Schwierigkeiten, Auflösungserscheinungen und Fusionsverhandlungen untereinander, um den drohenden Zerfall aufzuhalten. Die Ausnahme unter den Gruppen der dogmatischen Neuen Linken bildete nach wie vor die Marxistische Gruppe (MG), die ihren an sich schon hohen Mitgliederstand weiter festigen konnte. Der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) mit seinem umbenannten Anti-Strauß-Komitee/Stoppt die Erben (ASKo) und auch die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) konnten 1989 ihre Position halten. Die seit Jahren zwischen dem Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) und der Vereinigten Sozialistischen Partei (VSP) geführten Fusionsverhandlungen sind im Januar 1990 gescheitert. Weitere Vereinigungsbzw. Konzentrationsbestrebungen wurden im Zusammenhang mit der Gründung einer "Radikalen Linken" bekannt, in der u.a. Angehörige der DKP, des Kommunistischen Bundes (KB), VSP, Autonome und Personen aus dem terroristischen Umfeld versuchten, ihre Kräfte zusammenzufassen. Auch die "Radikale Linke" stößt aufgrund der ideologischen Unterschiede bei Anhängern der undogmatischen Neuen Linken zunehmend auf Kritik. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Bei der Europawahl am 18. Juni kandidierten die MLPD, dertrotzkiMißerfolg bei der stische Bund Sozialistischer Arbeiter -- Deutsche Sektion der Europawahl Vierten Internationale (BSA) und die ebenfalls trotzkistische Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation (ISA), die unter der Listenbezeichnung "Für das Europa der Arbeitnehmer/innen und der Demokratie" antrat. Es gelang diesen drei Gruppen jedoch nicht, nennenswerte Stimmenzahlen zu erreichen. ISA und BSA haben in Bayern derzeit keine Verbandsstrukturen. 38 Die Themen der dogmatischen Gruppen der Neuen Linken waren 1989 der Kampf gegen Faschismus, die "Republikaner", der "Befreiungskampf" der Kurden, die Ereignisse in China sowie die Entwicklung in Osteuropa. Zu verschiedenen antifaschistischen Aktionen bildeten sich breite Bündnisse, denen sich u.a. fast alle Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken anschlossen. Die undogmatischen Gruppen der Neuen Linken, die nach ihren vielfach diffusen Vorstellungen für eine "gewaltfreie" herrschaftslose Gesellschaft kämpfen, verfolgen trotz unterschiedlicher "ideologischer" Ausrichtung alle als Endziel die Beseitigung der bestehenden Staatsund Gesellschaftsform. Seit Jahren treten dabei die Autonomen in den Vordergrund. Sie propagieren und praktizieren Gewalt gegen Personen und Sachen. Hauptbetätigungsfeld dieser Gruppen war der z.T. gewalttätige Protest gegen rechtsextremistische Gruppierungen und "Republikaner". 3.2 Dogmatische Neue Linke 3.2.1 Marxistische Gruppe (MG) Die MG entwickelte sich aus den "Roten Zellen", die nach dem Niedergang und der Auflösung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) 1969/1970 entstanden sind, zunächst an den bayerischen Hochschulen. Innerhalb der Gruppen der Neuen Linken nimmt sie in verschiedener Hinsicht eine Sonderstellung MG nimmt Sonderein. Sie ist hierarchisch aufgebaut, schult intensiv ihre Mitglieder stellung ein und schirmt ihr Verbandsleben streng ab. Insoweit entspricht sie einer marxistisch-leninistischen Kaderorganisation. Den "Leninismus" in seiner dogmatischen Form lehnt sie jedoch ab. Die MG bekämpft die "Demokratie" als "Staatsform der bürgerlichen Ausbeutung" und tritt dafür ein, den Staat auf dem Weg über die sozialistische Revolution abzuschaffen. Voraussetzung hierfür sei der "Klassenkampf des Proletariats", zu dessen "Bewußtseinsorientierung" sie beitragen wolle. Dies schließt auch die Anwendung von revolutionärer Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele ein. Um die Revolution in ihrem Sinne lenken zu können, strebt die MG an, die Schaltstellen des Staates und des Kapitals (Industrie) mit "eigenen Leuten" zu besetzen. Erklärtes Ziel der MG ist der "Marsch durch die Institutionen". Zur Propagierung ihrer Bestrebungen unterhält bzw. betreibt die MG eine Vielzahl von Instituten, Vereinen und Gesellschaften, die größtenteils bildungsund fortbildungsspezifische Namen tragen und solche Ziele verfolgen. Dazu gehören in Bayern u.a. der "Laden" des "Vereins zur Förderung des studentischen Pressewesens e.V.", die "MHBund NEW-Gesellschaften für Druck und Vertrieb wissenschaftlicher Literatur mbH" und der "Resultate-Verlag" in München sowie die "MG-Läden" in Erlangen, Nürnberg und Würzburg. 39 Die MG konnte ihre Vormachtstellung innerhalb der Neuen Linken behaupten. Ihr sind in Bayern wie im Vorjahr insgesamt etwa 5.200 (bundesweit 10.000 bis 15.000) Personen zuzurechnen. Diese PerRund sonen sind fest in die MG eingebunden, entrichten auch Beiträge 5.200 Personen und besuchen Schulungen (Sympathisantenplena). Innerhalb der gehören der MG an MG besteht allerdings eine Hierarchie, die zwischen "Sympathisanten", "Kandidaten", "Mitgliedern" und "Funktionären" unterscheidet. Der obersten Gruppe, den Mitgliedern und Funktionären, gehören in Bayern rund 700 Personen an. Etwa 3.800 Anhänger haben derzeit die Stellung eines MG-Kandidaten. In Bayern ist die MG damit die stärkste Gruppierung im gesamten extremistischen Spektrum. Ihre Gefährlichkeit liegt auch darin begründet, daß sie ihre Anhänger hauptsächlich unter Studenten und Akademikern findet. Von der im Vorjahr erstmals in Erscheinung getretenen "Rote-Schüler-lnitiative" (RSI) wurden in diesem Jahr keine Aktivitäten mehr festgestellt. Der organisatorische Schwerpunkt der bundesweit agitierenden Schwerpunkt der MG liegt in Bayern. Hier bestehen Gruppen in Bamberg, Erlangen/ MG liegt in Bayern Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg. Aktivitäten, die auf Stützpunkte schließen lassen, wurden auch aus Augsburg, Bayreuth, Fürth, Ingolstadt und Schweinfurt bekannt. Die bedeutendste Gruppe ist nach wie vor die MG München, die faktisch eine Führungsfunktion ausübt. Gliederung und leitende Gremien der MG werden nach wie vor Strukturen und weitgehend geheimgehalten. Organisatorisch praktiziert die MG Finanzierung der einen straffen Führungsstil und verlangt die stete Bewährung des MG werden einzelnen Angehörigen. Die Finanzierung der MG erfolgt durch hogeheimgehalten. he Beiträge und Spenden. Die Verwendung der Mittel, die Bezahlung der Funktionsträger sowie die Kosten für Schulungsobjekte werden vor den unteren MG-Angehörigen geheimgehalten. Eine Rechnungslegung erfolgt nicht. Zentrale Publikationsorgane der MG sind die "MSZ -- Marxistische Streitund Zeitschrift -- Gegen die Kosten der Freiheit" und die "Marxistische Arbeiterzeitung" (MAZ). Zusätzlich erscheinen z.T. in hohen Auflagen örtliche "Hochschulzeitungen" sowie Betriebs-, Branchenund Regionalausgaben der MAZ. Das theoretische Organ der MG führt den Titel "Resultate". Die Agitation der MG ist dadurch gekennzeichnet, daß sie zu zahlreichen aktuellen Problemen in Veranstaltungen und Publikationen polemisch und in ausgesprochen negativ-destruktiver Weise Stellung nimmt. Eine darüber hinausgehende öffentlichkeitswirksame Einflußnahme auf politisches Tagesgeschehen konnte jedoch auch 1989 nicht festgestellt werden. Auch eine Bereitschaft zur grundsätzlichen oder anlaßbezogenen Zusammenarbeit mit anderen Gruppen der dogmatischen Neuen Linken war kaum erkennbar. 40 Links Publikation 5/89 Dos politische Mogoiin der MARXISTISCHEN GRUPPE der MG Rechts MSZ Gegen die Kosten der Freiheit L 6/1 Werbeplakat für die MSZ Hurra, Ungarn-Polen-DDR I wir kriegen die DDR kaputt! Diefriedliche * Eine Bilanz von 40 Jahren SED-Staat Eroberung * Die Fluchtwelle: Ursache=Wirkung * Die BRD und ihr gesamteuropäischer d e s Ostblocks Wiedervereinigungsanspruch undevledigenA"Hurra, wir kriegen die DDR! Alles Über Gegenstandpunkt ""ossär DieVöltodüifen - juMn. & Drogenkrieg tot? Zu den Ereignissen in China nahm die MG spontan Stellung. An einem "teach-in" in der Universität München zum Thema "Studentenrevolution in China" nahmen etwa 700 Personen teil. Nach Ansicht der MG sei es bei der Prüfung von Sanktionen gegen die Volksrepublik China im Zusammenhang mit der blutigen Niederschlagung des Volksaufstandes nicht um Hilfen für die chinesische Opposition im Rahmen der Menschenrechte gegangen, sondern vielmehr um die Sicherung Chinas als Handelsund Geschäftspartner. Veränderungen in Seit Beginn der Ausreisewelle aus der DDR beschäftigte sich die der DDR und OstMG intensiv mit den politischen Veränderungen in den osteuropäeuropa Hauptischen Staaten. Diese Ereignisse waren ab September dominiethema der MG rende Themen bei öffentlichen Diskussionsveranstaltungen und in im Herbst MG-Publikationen. Die MG bezeichnete die Übersiedler aus der DDR als Menschen, die keinen Respekt verdienten, da sie keine Fluchtgründe vorweisen könnten. Sie griff aber auch die DDR ungewohnt scharf an: Diese habe, wie auch andere osteuropäische Staaten, den Kommunismus nicht ernst genommen. Die dortigen Entwicklungen seien kein Argument für das Ende des Kommunismus. Vielmehr sei der Zustand der Welt eine einzige Ansammlung unwiderlegbarer Gründe für den Kommunismus. Mit Hilfe der "Marxistischen Arbeiterzeitung" (MAZ), die 1989 in zahlreichen Städten vor Großbetrieben verteilt wurde, versuchte die MG in den Arbeitnehmerbereich einzudringen. Zu diesem Zweck hat sie einen eigenen Kader für Betriebsarbeit gebildet, der ihre Politik in die Betriebe tragen soll. In der MAZ behandelte die 41 Plakate zu Öffentliche Diskussionsveranstaltung der I MG-VeranstaltunMARXISTISCHEN GRUPPE (MC) gen Die SED gibt auf Flüchtling* Die DDR ist offen Die pD* Die BRD triumphiert Ein Volk dreht durch Nützfche Unten Nur die Flüchtlinge haben noch nicht kapiert, der Wiederwas das heißt Die DM-Demokratie kauft sich die DDR S C h W a b l n g e r B r ä U U-Bahn Münchner Freiheit. Donnerstag, 23.11.1989,19.00 Uhr s ab 18.50 Uhr. Eintritt Frei. MG neben tagespolitischen auch speziell auf die Zielgruppe der Arbeitnehmer zugeschnittene Themen. Die MG beteiligte sich an den Wahlen für die Kollegialorgane der Teilnahme an Hochschulen. An den Hochschulen in Erlangen/Nürnberg und in Hochschulwahlen München ist sie im Konvent vertreten. In einem Aufruf zu den Gremienwahlen an der Universität München begründete sie ihre Kandidatur mit dem Satz "Wir brauchen Räume! Ihr habt die Stimmen". 3.2.2 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Die 1982 in Bochum gegründete MLPD sieht sich als "politische Vorhutorganisation der Arbeiterklasse in der BRD und West-Berlin". Ihr grundlegendes Ziel ist der "revolutionäre Sturz" der "Diktatur der Monopolkapitalisten" und die Errichtung einer "Diktatur des Proletariats". In ihrem Grundsatzprogramm bekennt sich die MLPD zu den Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Zedong. Sie verteidigt die Handlungen Stalins und kritisiert die "revisionistische Entartung" in allen "realsozialistischen Ländern" einschließMLPD verteidigt lich der Volksrepublik China. Das Vorgehen der chinesischen ArStalinismus mee im Juni bezeichnete sie als "sozialfaschistisches Massaker", das nur die blutige Konsequenz der Errichtung einer bürokratischkapitalistischen Diktatur über die Volksmassen gewesen sei. Der völlige Bankrott des bürokratischen Kapitalismus beweise, daß zum Sturz der "herrschenden bürokratischen Bourgeoisie" eine neue sozialistische Revolution notwendig sei. 42 18. November 1989 20.Jg.Nr.47 F2583C Wochenzeitung der MLPD 1DM S 02 0112 59 11 -- Telefax-Nr. 02 01 /25 10 93 Postfach 10 31 12, 4300 Essen 1 Der Schwerpunkt der Partei liegt im westund südwestdeutschen Raum. Ihre Mitglieder sind in Betriebszellen, Ortsgruppen und Bezirken organisiert, die einer "Zentralen Leitung" mit Sitz in Essen unterstehen. Die MLPD verfügt bundesweit über rund 1.400 Mitglieder. Bayern ist in die MLPD-Bezirke Bayern-Süd und Franken mit insgesamt etwa 100 Mitgliedern (1988: 90) aufgeteilt. Nebenorganisationen der MLPD sind der Arbeiterjugendverband Marxisten/Leninisten (AJV/ML) mit der Kinderorganisation Rotfüchse (gemeinsames Publikationsorgan "Rebell"), der Marxistisch-Leninistische Schülerund Studentenverband (MLSV) mit dem Publikationsorgan "Roter Pfeil" und der Marxistisch-Leninistische Bund Intellektueller (MLBI). Das Zentralorgan "Rote Fahne" erscheint wöchentlich in einer Auflage von rund 7.000 Exemplaren. Als Anleitungsblatt wird monatlich "Lernen und kämpfen" (luk) -- Auflage 1.500 -- herausgegeben. Darüber hinaus verbreitet die MLPD in Bayern zahlreiche Betriebsund Stadtzeitungen. Bei Europawahl Bei der Europawahl am 18. Juni kandidierte die MLPD erfolglos mit erfolglos einer eigenen Liste. Sie erhielt im Bundesgebiet 10.134 und in Bayern 1.306 Stimmen. Bei den Bundestagswahlen 1987 hatte sie in Bayern 1.607 Stimmen erhalten, wobei jedoch keine anderen Organisationen der Neuen Linken angetreten waren. In ihrem Wahlkampf hatte sich die MLPD gegen ein vereintes Europa ausgesprochen und den Kampf gegen die "reaktionären Großmachtpläne" zu einem vereinten Europa und die europäische Integration als "zentrale Frage in der Klassenauseinandersetzung" bezeichnet. T, 43 Wahlwerbung Information der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands der MLPD 4. 3. 1989 arbeit vor allem durch den beabsichtigten Aufbau von Betriebsgruppen in den Großbetrieben der Autound Stahlindustrie und im Bergbau. 3.2.3 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Mehrere örtlich tätige maoistisch orientierte Arbeiterbasis-Gruppen schlossen sich 1973 zum AB zusammen. Dieser beruft sich in seinen programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus und Mao Zedongs Ideen. Sein Ziel ist die Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse" und die "Errichtung einer Diktatur des Proletariats", um den Kommunismus in einer "klassenlosen Gesellschaft" zu verwirklichen. Der AB bekennt offen, daß dies nur mit Gewalt zu erreichen sei, da die "herrschende Klasse" nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Der AB ist vorwiegend in Bayern tätig. Es bestehen Gruppen in Augsburg, München, Nürnberg und Regensburg sowie ein Stützpunkt im Raum Altötting-Burghausen-Waldkraiburg. "Freundeskreise" in München, Nürnberg und Regensburg sollen den AB fiSchwerpunkt des nanziell unterstützen. In weiteren Städten des Bundesgebietes verAB liegt in Bayern fügt der AB über Ortsgruppen bzw. Stützpunkte. Die Gesamtmitgliederzahl ging zurück. Sie liegt bundesweit bei etwa 250 Personen. In Bayern hat der AB rund 100 Mitglieder. Die Leitung des AB liegt bei einem Zentralkomitee, das seinen Sitz in München hat. An den bayerischen Hochschulen wird der AB von seiner Nebenorganisation Kommunistischer Hochschulbund (KHB) unterstützt, dem etwa 50 Mitglieder angehören. Der KHB beeinflußt die "Liste Demokratischer AStA" (LDA). Weiter arbeiten Aktivisten des AB und des KHB in der an Hochschulen aktiven Gruppe "Brennpunkt Links" mit. 44 Plakat des AB Zentralorgan des AB ist die "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ). Sie erscheint im AB-eigenen Verlag "Das Freie Buch GmbH, Buchund Zeitungsverlag" in München. Eine Ausgabe aus dem Jahr 1989 wurde nicht bekannt. Nach wie vor nimmt der AB innerhalb der dogmatischen Neuen Linken in Bayern eine herausgehobene Position ein. Er führte jedoch auch 1989 nur wenige Veranstaltungen unter eigenem Namen durch. Unter der Parole "Gegen Rassenwahn die Klassensolidarität" rief der AB zu eigenen Veranstaltungen zum 1. Mai in Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und im Ruhrgebiet sowie zur Teilnahme an den örtlichen Aufzügen des DGB auf. In Regensburg wurde dabei erstmals in Bayern der "Agitpropzug" des AB zum Thema "20 Jahre Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" eingesetzt. Auf einem der drei "Informationswagen" war eine Wurfbude montiert, in der als Ziele u.a. Mitglieder der Bundesregierung und der Bayerischen Staatsregierung dargestellt waren. 45 Nach Abschluß der DGB-Kundgebung wurden Bälle verteilt, mit denen Zuschauer auf die dargestellten Politiker warfen. Die Polizei untersagte daraufhin den weiteren Betrieb und erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung von Personen des öffentlichen Lebens. Für die Zeit vom 2. -- 10. Mai meldete der AB in Regensburg eine Aktionswoche zu seinem 20jährigen Bestehen an, bei der ebenfalls der Agitpropzug eingesetzt werden sollte. Durchgeführt wurden jedoch nur zwei Veranstaltungen am 2. und 3. Mai, die jeweils nur auf geringes Interesse stießen. Nachdem dabei auch am 2. Mai auf die dargestellten Politiker geworfen worden war, waren erneut entsprechende Maßnahmen der Polizei erforderlich. Darüber hinaus beteiligte sich der AB u.a. am 11. März an einer Demonstration in Nürnberg zum Thema "Gleiche Rechte für Ausländer und Deutsche" und am 13. Juni an der vom Anti-Strauß-Komitee/Stoppt die Erben (ASKo) organisierten Gegendemonstration zu einer Wahlveranstaltung der "Republikaner" in München. In München und Regensburg bestehen seit 1972 Gruppen des vom AB stark beeinflußten ehemaligen Anti-Strauß-Komitees (ASKo) mit zusammen etwa 90 Mitgliedern. Ziel des ASKo ist es, den "Sturz des rechten Führungskaders" vorzubereiten und alle "faschistischen Organisationen" zu bekämpfen. Publikationsorgan des ASKo ist der "Demokratische Informationsdienst" (DID), der im Eigendruck und Selbstverlag in einer Auflage von rund 3.000 Exemplaren hergestellt wird. AB-Aktivisten leiteten die Gruppen in ihrer Agitation gegen den ehemaligen Bayer. Ministerpräsidenten. Nach dessen Tod am 3. Oktober 1988 begann eine langwierige interne Debatte um einen neuen Namen für die Gruppierung. Im August einigten sich die Mitglieder auf den Namen "Anti-Strauß-Komitee/Stoppt die Erben". Zur Begründung wurde erklärt, der Name Langwierige Umbe"Strauß" stehe auch nach seinem Tod für die Sammlungsbewenennungsdebatte gung konservativer und reaktionärer Kräfte. In diesem "reaktionäim ASKo beendet ren und konservativen Lager" dauere der Kampf um das "politische Erbe von Strauß" immer noch an, so daß die neue Bezeichnung nunmehr der politischen Realität entspreche. Agitationsthemen des ASKo waren 1989 "Rassismus", "Ausländergesetze" und die "Republikaner". Im letztgenannten Zusammenhang veranstaltete das ASKo am 13. Juni in München anläßlich Demostrationen einer Kundgebung der "Republikaner" eine Gegenveranstaltung. gegen Unterstützer des Aufrufes zu der als "Internationale Demonstration "Republikaner" gegen die faschistische Sammlungsbewegung" bezeichneten Versammlung waren u.a. SDAJ, AB, KHB, MLPD, VSP, BWK, Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT), autonome Antifa-Jugendfront München und die Organisation der Iranischen Demokraten im Ausland (OIDA). Etwa 4.300 Personen folgten dem Aufruf zur Demonstration. Die mitgeführten Plakate 46 DEMOKRATISCHER INFORMATIONS DIENST Herausgegeben vom Anti-Strauß-Komitee /Stoppt die Erben 10/1989 Nr. 73 3,und Transparente trugen u.a. Aufschriften wie "München darf nie wieder Hauptstadt der Bewegung werden". Nach Eintreffen der Demonstranten am Abschlußkundgebungsort begab sich ein Großteil der Demonstrationsteilnehmer sofort zum Veranstaltungslokal der "Republikaner"; nur etwa 750 Personen beteiligten sich noch an der Abschlußkundgebung. Vor dem Veranstaltungslokal sammelten sich zur gleichen Zeit etwa 4.000 Personen, die mit Johlen, Pfeifen und Sprechchören die ankommenden Besucher der öffentlichen Wahlveranstaltung der "Republikaner" belästigten. Daneben wurden Flaschen und Eier auf Besucher der Wahlkundgebung und Polizeibeamte geworfen. Am Ende der Wahlveranstaltung bedrängten an den Ausgängen des Lokals jeweils etwa 100 Gegendemonstranten die Veranstaltungsteilnehmer und beschimpften sie. Nur durch massiven Polizeieinsatz konnten weitere Ausschreitungen verhindert werden. Die Initiative für die Vereinigung der revolutionären Jugend (IVRJ) unterliegt ebenfalls dem Einfluß des AB. Ortsgruppen bestehen in München, Nürnberg und Regensburg (dort als "Demokratischer Jugendzirkel Regensburg"). Ihr Publikationsorgan "Kämpfende Jugend" dient auch dem AB als Werbeträger. Die IVRJ unterstützte den AB insbesondere in der "Antifaschismusund Antimilitarismusarbeit". Dazu veranstaltete sie VersammlunIVRJ agitiert gegen gen und Informationsstände zu den Einberufungsterminen vor KaBundeswehr sernen in München und Regensburg. Zu den Themen "Rekrutenabschied" und "Gegen den Krieg" wurden dabei Flugblätter und Publikationen an die einrückenden Rekruten verteilt. Die Redaktion der "Kämpfenden Jugend" war Mitveranstalter einer Aufführung der "Legende vom toten Soldaten" von Berthold Brecht am 2. September in Bitburg, Andernach und Bonn. Regie führte ein Mitglied des Zentralkomitees des AB. In mehreren Städten Bayerns hatten im August der AB und die von ihm beeinflußten Organisationen mit Flugblättern und Informationsständen für die Teilnahme an dieser Aufführung geworben. Insgesamt nahmen bis zu 800 Zuschauer an den Veranstaltungen teil. 47 3 3 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 3.3.1 Allgemeines Ab Mitte der siebziger Jahre bildeten sich an den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland immer häufiger lose Zusammenschlüsse, die eine marxistisch-leninistische Konzeption ablehnten und für Autonomie, Selbstorganisation der "Unterdrückten" und für Spontanität eigener Gefühlsäußerungen eintraten. Nach Aussagen dieser Szene sollten Aktionen "mehr aus dem Bauch heraus" als aus dem Kopf kommen. Diese Zusammenschlüsse werden unter dem Begriff "Undogmatische Neue Linke" zusammengefaßt, weil sie eine klare ideologische Zielvorstellung vermissen lassen, kein ausformuliertes Programm oder Statut haben und feste Organisationsstrukturen vermeiden. Das politische Spektrum dieser undogmatischen Linksextremisten Breites ideoloreicht von Anhängern eines "undogmatischen wissenschaftlichen gisches Spektrum Sozialismus" über Sozialrevolutionäre bis hin zu Anarchisten. Verbindendes Element dieser Szene ist die grundlegende Ablehnung jeglicher Form von Herrschaft und das gemeinsame Ziel, die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung abzuschaffen. Die bedeutendste und militanteste Strömung aus diesem Feld stellen die Autonomen, die seit Beginn der achziger Jahre ihre Bedeutung zunehmend festigen konnten. Andere Gruppen dagegen verloren an Einfluß. 3.3.2 Autonome Gruppen Bei den autonomen Gruppen handelt es sich vielfach um spontane und lose, nach außen jedoch abgeschottete Zusammenschlüsse ohne einheitliches Konzept. Ihr Ziel ist, den Staat mit seinen Institutionen zu beseitigen und eine "Autonomie" in einer "herrschaftsfreien Gesellschaft" zu errichten. Hierzu wollen sie zunächst "Freiräume" und "Widerstandsnester" erkämpfen und den "Kampf gegen das System" unberechenbar und flexibel führen. Ihre vielfach militanten Aktionen richten sich nicht nur gegen "Spekulanten, Autonome Startbahn und Kernkraft", sondern auch gegen den "alltäglichen praktizieren Gewalt Faschismus", gegen die "Kriegsmaschinerie", "Ausländerhetze, Knast und Repression" sowie gegen den "Überwachungsstaat". In Bayern bestehen autonome Zusammenschlüsse in Augsburg, Autonome GrupCoburg, Erlangen, München, Nürnberg, Regensburg und Würzpen in Bayern burg. Sie treten unter Bezeichnungen wie "Anti-NATO-Gruppe", "Infoladen-Gruppe", "Basisgruppe", "Prolos" und "Jobbergruppe", teilweise aber auch ohne Namen auf. Das Potential der Autonomen beträgt unter Einbeziehung weiterer loser Zusammenschlüsse gegenwärtig in Bayern etwa 300 Personen. Schwerpunkte sind die Großräume München und Nürnberg/Erlangen. 48 *fayfich to" //-* bi$2t tifs'<"ßdeg 3,5. Aktionen zum Der Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter, der am 1. Hungerstreik der Februar begann, war auch für Angehörige des autonomen SpekRAF trums in Bayern Anlaß für mehrere Aktionen, die z.T. gemeinsam mit Personen aus dem terroristischen Umfeld durchgeführt wurden. Angehörige dieses Spektrums veröffentlichten in ihren Publikationen und Flugblättern die Forderungen der inhaftierten RAFAngehörigen, veranstalteten Informationsund Diskussionsabende, initiierten Demonstrationen und richteten in den Städten Erlangen, München, Nürnberg und Regensburg "Hungerstreik-Info-Büros" ein, um sich damit eine organisatorische Basis für Öffentlichkeitsund Propagandakampagnen zu schaffen. Autonome wenden Nach Beendigung des Hungerstreiks standen die klassischen sich anderen Feindbilder "Faschismus" und "Kapitalismus" wieder im MittelArbeitsfeldern zu punkt von Diskussionen und Aktionen. Bedingt durch die zum Teil spektakulären Wahlerfolge der "Republikaner" hat das antifaschistische Engagement in den autonomen/anarchistischen Zusammenschlüssen sowohl in Bayern als auch bundesweit zugenommen. In sogenannten "Antifa-Plenen" sollen dabei die Ursachen des Neonazismus ergründet und Widerstandsformen abgesprochen werden. In ihrem "Kampf gegen den Kapitalismus" sehen die Autonomen im EG-Binnenmarkt die Fortsetzung des Internationalen Währungsfonds, den sie als eine tragende Säule des Kapitalismus bezeichnen. Auch in anderen Arbeitsfeldern wie Wohnungspolitik, Spendensammlungen für ausländische Guerillagruppen und Unterstützung der Aktivitäten der militanten linksextremistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurden autonome Gruppen verstärkt tätig. Im einzelnen sind u.a. folgende Aktionen erwähnenswert: Autonome beteiligten sich mehrfach an Demonstrationen gegen Veranstaltungen der "Republikaner" sowie der rechtsextremistischen DVU-Liste D und NPD. Dabei kam es u.a. am 1. Februar in 49 Faltblatt der Autonomen Nürnberg, am 11. Februar in Ruhstori, Landkreis Passau, und am 7. April in Großostheim, Landkreis Aschaffenburg, zu Gewalttätigkeiten mit Körperverletzungen. In der Zeit vom 23. bis 30. April veranstalteten autonome Gruppen im KOMM in Nürnberg eine sogenannte "Aktionswoche gegen Kapital und Patriarchat". In ihrem Aufrufflugblatt forderten die Veranstalter u.a. eine "herrschaftsfreie, klassenlose Gesellschaft". Etwa 120 Autonome demonstrierten am 11. Mai vor der technischen Universität München gegen die NichtÜberlassung der Mensa für ein dort geplantes Solidaritätskonzert im Rahmen der Spendenkampagne "Waffen für El Salvador". Die Redner verglichen u.a. die Maßnahmen gegen Untergrundkämpfer in El Salvador mit den Haftbedingungen der "Gefangenen" der RAF. Die Teilnehmer riefen in Sprechchören "Zusammenlegung jetzt, sofort, Isohaft ist Mord!" und "Deutschland-Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt". Bis zu 700 Personen, darunter etwa 200 Autonome, protestierten am 27. Mai in Passau mit einem Aufzug und einer Kundgebung gegen eine Veranstaltung der DVU-Liste D in der Passauer Nibelungenhalle. Die Polizei verhinderte die vor und während der DVUVeranstaltung versuchten Blockaden und nahm 27 Personen vorläufig fest. Autonome beteiligten sich im Juni und Juli in Nürnberg u.a. an mehreren kurzfristigen Hausund Grundstücksbesetzungen, zu denen ein "Nürnberger Besetzerrat" aufgerufen hatte. Die von die- 50 sem "Besetzerrat" herausgegebenen Flugblätter begründeten die Aktionen u.a. mit der allgemeinen Wohnungsnot und dem Protest gegen die "Republikaner"; außerdem bekundeten sie Solidarität mit der "Hafenstraße" in Hamburg und einem von inhaftierten Mitgliedern der französischen Terrorgruppe "Action Directe" (AD) geführten Hungerstreik. Am 19. August versammelten sichln Nürnberg etwa 150 Personen zu einem Demonstrationszug zum Türkischen Generalkonsulat. Unter den Teilnehmern der von einem "Solidaritätskreis zur Unterstützung der Hungerstreikenden in türkischen Gefängnissen" angemeldeten Demonstration befanden sich auch etwa 30 Anhänger der autonomen/antiimperialistischen Szene Nürnbergs. Mit der Demonstration sollte auf die Situation von hungerstreikenden Häftlingen in türkischen Gefängnissen aufmerksam gemacht werden. 3.4 Linksextremistische Schriften Die weitgehend unbekannten Verfasser autonomer und linksterroristischer Publikationen sehen ihre Aufgabe nicht nur in der Vermittlung von Erklärungen einzelner Gruppen oder Berichterstattung über Terroraktionen, sondern auch darin, den Haß linksextremistischer Gruppen gegen die Staatsund Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu schüren. * Für Bayern ist in diesem Zusammenhang in erster Linie die in unregelmäßigen Abständen erscheinende Publikation "freiraum" zu nennen. Nach einer Pause von neun Monaten erschien Ende Mai Neue Ausgaben die Ausgabe "Sommer 89". Die Broschüre enthielt u.a. ein "Provides "freiraum" sorisches Programm für den Kampf um die politischen Rechte der gefangenen Arbeiter" der RAF aus dem Jahr 1974 und eine Reihe von Beiträgen zum zehnten kollektiven Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter. In der im September verbreiteten Ausgabe "Herbst 89" wurden im Rahmen der Kampagne gegen die Unterstützungskommandos der Bayerischen Polizei die Leser aufgefordert, zu 31 abgebildeten Polizeibeamten Personalien, Stationierungsorte, Einsatzgebiete und Privates mitzuteilen. Der "Hafenstraße" in Hamburg wurde in einem weiteren Artikel zur Stadtplanung in München bundesweite Bedeutung als Projekt für selbstbestimmtes und kollektives Leben zugeschrieben. Sie sei ein Freiraum, der sich in München nie habe entwickeln können. Der Aufbau einer Gegenmacht zur "Kahlschlagspolitik der Stadt" sei deshalb notwendiger denn je. Ein im Februar/März in Umlauf gegebenes anonymes DiskusKritik an der defensionspapier mit dem Titel "VERSUCH, DIE VERHÄLTNISSE ZUM siven Phase der TANZEN ZU BRINGEN" kritisierte die defensive Phase der AutonoAutonomen men und forderte dazu auf, neben massenmilitanten Aktionen die 51 Entwicklung gewaltbereiter Kleingruppen voranzutreiben. Die unbekannten Verfasser, die sich selbst als "militante Gruppe aus dem autonomen Spektrum" bezeichneten, nannten als nachahmenswerte Beispiele die Aktionen der "Roten Zora" gegen einen Textilkonzern und die "Flüchtlingskampagne" der Revolutionären Zellen. Eine weitere diesem Bereich zuzurechnende Publikation ist die konspirativ verbreitete, militante autonome Druckschrift "radikal", von der 1989 vier Ausgaben (Nr. 136 bis 139) erschienen. Als Themen waren u.a. ausführlich der zehnte kollektive Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter und Arbeitsbzw. Ermittlungsmethoden der Polizei und Staatsanwaltschaften mit diesbezüglichen Verhaltensmaßregeln für Betroffene abgehandelt. In sehr umfangreichen Beiträgen wurde auch zu Aktionen und Anschlägen gegen einen Mineralölkonzern aufgerufen, der ein "wunderbares Angriffsziel" für "radikale Linke" in der Bundesrepublik Deutschland darstelle. In diesem Zusamenhang waren erneut detaillierte Anleitungen und Schaltskizzen zum Bau von Brandsätzen und Zeitzündern abgedruckt. 4. Linksextremistischer Einfluß auf die "Anti-AKW-Bewegung", "Friedensbewegung" und "Antifaschismus"-Kampagne Der Einfluß der Linksextremisten auf die "Anti-AKW-Bewegung" Einflußnahme ging 1989 weiter zurück. Maßgebend hierfür war in erster Linie die weiterhin rückläufig Einstellung der Bauarbeiten für die Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf (WAW). Für viele Extremisten war damit das Ziel ihres Widerstandes gegen dieses Projekt erreicht. Andere linksextremistische Gruppierungen dagegen werteten die Einstellung des Baues lediglich als Teilerfolg, weil damit noch kein Ausstieg aus dem "Bonner Atomprogramm" verbunden sei. Durch die Verarbeitung von Kernbrennstäben aus deutschen Atomkraftwerken im französischen La Hague werde außerdem eine neue "Nuklearachse BonnParis" aufgebaut. Der "BRD-Imperialismus" sei damit dem "Traum" von eigenen Atomwaffen einen Schritt näher gekommen. Unter diesen Umständen forderten insbesondere Gruppierungen der Neuen Linken, den Protest gegen die Kernkraftwerke unvermindert fortzuführen. Von autonomen Gruppierungen und anderen militanten KernkraftAblehnende gegnern, die 1986/87 Hauptträger der aggressiven Militanz gegen Haltung der die WAW waren, gingen 1989 kaum noch Aktivitäten aus. Ihre PasAutonomen sivität begründeten sie vor allem damit, daß die "Anti-AKW-Bewegung" den Widerstand zu lasch betreibe. Die Autonomen konnten auch die von ihnen erhobene Forderung auf Zusammenlegung der inhaftierten terroristischen Gewalttäter nicht in die "Anti-AKW-Bewegung" einbringen, weil sich bürgerliche Initiativen dagegen verwahrten. Trotzdem beteiligte sich eine Gruppe von 150 Autonomen 52 53 an einer "Anti-WAW-Demonstration" am 3. Juni in München, zu der auch mehrere linksextremistische Gruppierungen aufgerufen hatten Die Autonomen forderten dort mit Transparenten und Sprechchören u.a. die Zusammenlegung der inhaftierten Angehörigen der RAF. In der "Friedensbewegung" bilden die Linksextremisten zahlenmäßig nach wie vor eine Minderheit. Der kommunistische Einfluß auf die "Friedensbewegung" geht aber über seinen zahlenmäßigen Anteil hinaus. Für die im "traditionellen" Flügel der "Friedensbewegung" vereinig"Friedenskampf" ten orthodoxen Kommunisten ist das Engagement für "Frieden im Bündniskonzept und Abrüstung" -- zumindest nach ihren eigenen programmatischen Aussagen -- immer noch eines der zentralen Betätigungsfelder. Angehörige der DKP, ihrer Nebenorganisationen und der von ihr beeinflußten Vereinigungen waren nach wie vor in Friedensgruppen wie dem Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) und in örtlichen und regionalen "Friedensinitiativen" vertreten, so u.a. im Münchner Friedensbündnis und im Nürnberger Friedensforum, und beteiligten sich an deren Aktionen. Von dem "autonomen/unabhängigen" Flügel der "Friedensbewegung", zu dem auch die anarchistischen "Gewaltfreien Aktionsgruppen" und die "Anti-Kriegs-Gruppen" der undogmatischen Neuen Linken gehören, gingen 1989 nur geringfügige Aktivitäten aus. Der "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung", in dem auch Linksextremisten verantwortlich mitarbeiten, legte Anfang 1989 seine Arbeitsschwerpunkte fest. Hierzu gehörten u.a. die Kampagne gegen die "Modernisierung" der Atomwaffen in Westeuropa, bundesweite Aktionen gegen den Bau des "Jäger 90" sowie die deutsch-sowjetische "Friedenswoche" vom 23. bis 30. Mai. Als weitere Aktivitäten der "Friedensbewegung" wurden Protestaktionen gegen die NATO-Stabsrahmenübung WINTEX-CIMEX '89 bekannt, die vom 24. Februar bis 9. März im Bundesgebiet stattfand. Darüber hinaus führten mehrere linkextremistisch beeinflußte Gruppierungen zum "Hiroshima"-Gedenktag am 6. August und zum "Antikriegstag" am 1. September Aufzüge und Kundgebungen durch. Am 17. Dezember nahmen in Bonn Vertreter linksextremistisch beeinflußter Organisationen an einem bundesweiten Treffen von "Friedensgruppen" teil, auf dem ein Netzwerk "Friedenskooperative" als Nachfolgeorganisation des "Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung" gegründet wurde. Eigenen Angaben zufolge versteht sich die "Friedenskooperative" nicht als Repräsentantin der "Friedensbewegung", sondern als basisnahe Dachorganisation, welche die Kooperation der verschiedenen Gruppen verbessern soll (DKP-Zentralorgan UZ vom 19.12.1989). Zum 40jährigen Bestehen der NATO verabschiedete die "Aktionskonferenz der Friedensbewegung" auf ihrer Sitzung am 9./10. April 54 in Köln eine Resolution, in der hervorgehoben wurde, daß es keinen Frieden durch "Abschreckung" gebe. Die "Friedensbewegung" trete für die einseitige Verringerung der Bundeswehr und des Militärhaushalts ein und lehne die militärische Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten ab. An der Konferenz nahmen zahlreiche Linksextremisten teil. Eingeladen hierzu hatte der "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung". Als Folge der Entspannungsbemühungen zwischen Ost und West war 1989 wiederum eine spürbare Abnahme der von der "Frie-j densbewegung" ausgegangenen Aktivitäten zu verzeichnen. Auch die Mobilisierbarkeit der Bevölkerung für den von den Extremisten propagierten "Friedenskampf" ging deutlich zurück. So nahm z.BJ die Zahl der Teilnehmer an den "Ostermärschen" kontinuierlich von 250.000 Personen im Jahre 1983 auf 75.000 Personen im Jahre 1989 ab. In Bayern beteiligten sich an den "Ostermärschen" 18.000 Personen. Die Schwerpunkte lagen in München und Nürnberg. Mit der Auflösung des "Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung", der in den vergangenen Jahren vielfach Leitungsfunktionen ausübte, ging der kommunistische Einfluß auf die "Friedensbewegung" weiter zurück. "Antifaschismus"Die orthodoxen Kommunisten sahen 1989 in der "AntifaschisKampagne in der mus"-Kampagne gute Möglichkeiten für ein "Zusammenwirken DKP-Bündnispolidemokratischer Parteien, Organisationen und sozialer Beweguntik bedeutsam gen". In der Agitation der Linksextremisten spielte deshalb der) "antifaschistische Kampf" gegen die "Gefahr von rechts" eine wesentliche Rolle. Hierbei nahm die VVN-BdA eine "Vorreiterrolle" ein. In Anlehnung an die Definition des VII. Kongresses der "Kommunistischen Internationale" (Kl) von 1935 beschrieb die VVN-BdA den "Faschismus an der Macht" als "brutalste Diktatur im lnteres-( se der reaktionärsten Kreise der Großindustrie, Terror gegen die Arbeiterbewegung und alle fortschrittlichen Kräfte, gegen die jüdische Bevölkerung und diskriminierte Minderheiten, Vernichtung aller demokratischen Rechte und Freiheiten, Aggressivität gegen andere Völker, rassistische und antikommunistische Verhetzung der Bevölkerung". Aus dieser Umschreibung leitete die VVN-BdA Ansatzpunkte für ihre "antifaschistische" Politik ab und agierte vorrangig gegen den Nationalismus, Rassismus, AntikommunismusJ Mißbrauch wirtschaftlicher Macht für politische Zwecke sowie den Abbau demokratischer und sozialer Rechte. Nach Auffassung der Inhalte "antifaschiVVN-BdA trage die Durchsetzung dieser Inhalte zur Verwirklichung stischer" Politik des "antifaschistischen Auftrags" des Grundgesetzes bei. Das De-I mokratieverständnis des Grundgesetzes, das sich gegen jegliche extremistische Bestrebung wendet, wird damit auf seinen "antifaschistischen" Gehalt reduziert, um die eigenen Ziele als verfassungskonform erscheinen zu lassen. 55 Im Rahmen der Bündnispolitik wirkten wiederholt Linksextremisten Verstärkte "antiund Demokraten zusammen. So arbeiteten Vertreter der DKP und faschistische" der VVN-BdA neben demokratischen Organisationen in dem "ArAktionen beitsausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus" mit, der sich anläßlich der. bundesweiten "Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus" am 28729. Januar in Bremen konstituierte. Auch in Bayern entstanden zahlreiche örtliche Bündnisse, in denen neben Vertretern demokratischer Organisationen orthodoxe Kommunisten, aber auch Mitglieder von Organisationen der Neuen Linken bis hin zu den Autonomen aktiv waren. Solche Aktionsbündnisse bestanden u.a. in Aschaffenburg, Augsburg, Bamberg, Fürth, Ingolstadt und Traunstein. Auslöser für die verstärkte Aktionstätigkeit gegen "Neofaschisten" war insbesondere die Kandidatur der "Republikaner" bei der Europawahl am 18. Juni und deren Wahlerfolge bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin (West) und zum Europäischen Parlament. Die Aktivitäten der Aktionsbündnisse richteten sich überwiegend gegen Wahlkampfveranstaltungen, aber auch gegen Parteitage und Versammlungen. 56 5. Übersicht über erwähnenswerte linksextremistische und linksextremistisch beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) 1. Orthodoxe Kommunisten 1.1 Kernorganisation: Deutsche Kommunistische 1.900 Unsere Zeit (UZ) Partei (DKP) -- sechsmal wöchentlich -- 12 Bezirksorganisationen, -- Tagesausgabe: 20.000 davon 2 in Bayern (Nord-- Wochenendausgabe: 34.000 und Südbayern) mit etwa 25 Marxistische Blätter Kreisorganisationen und -- elfmal jährlich -- 130 Grundorganisationen 7.000 (Orts-, Wohngebietsund infodienst-lnformationsdienst Betriebsgruppen) für DKP-Betriebszeitungen, -- Düsseldorf -- Wohngebietsund Hochschulzeitungen -- monatlich -- 2.000 praxis-Erfahrungen aus dem Leben und der Arbeit der Partei, ab Juli 1989: mm-praxis -- vor Namensänderung zweimonatlich; nach Umstellung nur mehr zwei Ausgaben bekanntgeworden 1.2 Nebenorganisationen: Sozialistische Deutsche 300 elan -- Das Jugendmagazin Arbeiterjugend (SDAJ) -- monatlich -- 12 Landesverbände, davon 2 8.000 in Bayern (Franken/OPf. und Jugendpolitische Blätter Südbayern) mit 5 Kreisorgani-- monatlich -- sationen und rund 20 Orts1.800 gruppen, davon 4 Betriebsgruppen und 2 Schülergruppen) -- Essen -- 57 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) Marxistischer Studentinnenunter 100 rote blätter und Studentenbund Sparta-- monatlich kus (MSB Spartakus) 6.500 14 Ortsverbände -- Bonn -- Junge Pioniere -- Sozialistiunter 100 pionier sche Kinderorganisation (JP) -- monatlich -- 12 Landesverbände, Kreisver4.000 bände, Pioniergruppen Pionierleiter-Info -- Dortmund -- -- monatlich -- 1.3 Beeinflußte Organisationen: Deutsche Friedens-Union 400 Abrüstungs-Info (DFU) -- monatlich -- 9 Landesverbände, Bezirks2.000 und Ortsverbände Bayern Info - Köln - -- unregelmäßig -- Vereinigung der Verfolgten 1.200 antifaschistische rundschau des Naziregimes -- Bund der -- monatlich -- Antifaschisten in der Bundes12.000 republik Deutschland antifaschistischer informations(VVN-BdA) und Pressedienst 10 Landesvereinigungen, -- zehnmal jährlich -- Kreisund Ortsvereinigungen -- Frankfurt a. M. -- 1.4 Sonstige Organisationen und Publikationen: Sozialistischer Hochschulunter 60 frontal bund (SHB) -- Landesver-- sechsmal jährlich bände, Ortsgruppen -- -- Bonn -- Sprachrohr der DFU und Volkszeitung -- Deutsche VVN-BdA Volkszeitung/die tat -- wöchentlich -- 32.000 58 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) 2. Neue Linke 2.1 Kernorganisationen: Anarchistische Föderation 20 Nordbayern (AFNB) Anarchistische Gruppe ratfgier Bamberg -- unregelmäßig -- Arbeiterbund für den Wieder100 Kommunistische Arbeiterzeiaufbau der KPD (AB) tung (KAZ) Augsburg, München, Nürn-- unregelmäßig -- berg, Regensburg Autonome 300 freiraum, radikal, inrerim überwiegend: München und -- unregelmäßig -- Erlangen/Nürnberg Bund Westdeutscher 30 Politische Berichte Kommunisten (BWK) -- vierzehntägig -- -- Köln - 1.200 Bunte Hilfe Nordbayern (BHN ) 15 -- Nürnberg -- Kommunistischer Bund (KB) Arbeiterkampf (ak) -- Hamburg -- -- monatlich -- 4.800 Marxistische Gruppe (MG) 5.200 Marxistische Streitund Zeit-- München -- schrift -- Gegen die Kosten der Freiheit (MSZ) -- sechsmal jährlich -- 15.000 Marxistische Arbeiterzeitung (MAZ) -- vierzehntägig -- bis zu 10.000 Marxistische Hochschulzeitungen -- unregelmäßig -- bis zu 14.000 Marxistische Schulzeitungen -- unregelmäßig -- bis zu 10.000 59 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) Marxistisch-leninistische 100 Rote Fahne Partei Deutschlands (MLPD) -- wöchentlich -- -- Essen -- 7.000 Lernen und Kämpfen (luk) -- monatlich -- 1.500 Vereinigte Sozialistische 20 Sozialistische Zeitung (Soz) Partei (VSP) -- vierzehntägig -- -- Köln - 2.500 Sozialistisches Magazin -- unregelmäßig -- 2.2 Nebenorganisationen: AB-Nebenorganisation: Kommunistischer Hochschul50 bund (KHB) MLPD-Nebenorganisationen zusammen 30 Arbeiterjugendverband/MarxiRebell sten-Leninisten (AJV/ML) -- sechswöchentlich -- (mit der Kinderorganisation "Rotfüchse") Marxistisch-leninistischer Roter Pfeil Schülerund Studentenver-- neunmal jährlich -- band (MLSV) Marxistisch-leninistischer Arbeiter und Bauern Bund Intellektueller (MLBI) -- vierteljährlich -- 2.3 Beeinflußte Organisationen: AB-beeinflußt: Anti-Strauß-Komitee/Stoppt 90 Demokratischer Informationsdie Erben (ASKo) dienst (DID) -- München, Regensburg -- -- unregelmäßig -- bis zu 3.000 60 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) Initiative für die Vereinigung Kämpfende Jugend der revolutionären Jugend -- unregelmäßig -- (IVRJJ -- München, Nürnberg -- Demokratischer Jugendzirkel Regensburg BWK/VSP-beeinflußt: Volksfront gegen Reaktion, 70 Antifaschistische Nachrichten Faschismus und Krieg -- vierzehntägig -- (VOLKSFRONT) 600 - Köln - 62 2. Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines Merkmale des Der Rechtsextremismus verfügt nicht über ein theoretisches RechtsSystem, das über Länderund Kulturgrenzen hinweg Anspruch auf extremismus Allgemeingültigkeit erhebt. Die Bestrebungen rechtsextremistischer Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und -- aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt -- eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips anstreben, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist. Bestimmende Merkmale des Rechtsextremismus sind vor allem -- die pauschale Überbewertung der Interessen der "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des Einzelnen, die auf eine Aushöhlung der Grundrechte abzielt (völkischer Kollektivismus), -- ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender Nationalismus, -- die offene oder verdeckte Wiederbelebung des Antisemitismus und anderer rassistischer Thesen, die mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Gleichheitsprinzip nicht vereinbar sind, -- immer wiederkehrende Versuche, die nationalsozialistische Gewaltherrschaft unter Herausstellung angeblich positiver Leistungen des Dritten Reiches zu rechtfertigen, die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime zu diffamieren und die Verbrechen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu verschweigen, zu verharmlosen oder sogar zu leugnen. Hinzu kommt die allen Extremisten gemeinsame planmäßige Verunglimpfung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten in der Absicht, den überragenden Wert der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in den Augen der Bevölkerung zu erschüttern. 63 Diese Merkmale sind nicht gleichmäßig bei allen rechtsextremistischen Organisationen zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordung sind unterschiedlich. Die zahlenmäßige Entwicklung rechtsextremistischer Organisationen in Bayern und ihrer Mitgliederstärke ist aus der folgenden Übersicht zu ersehen (erkannte Mehrfachmitgliedschaften sind durch Abzug bereits berücksichtigt). 1987 1988 1989 Anzahl der Organisationen 29 28 24 Mitgliederstärke der NPDmitJNundNHB 1.470 1.470 1.550 DVU einschl. Aktionsgemeinschaften 2.300 2.300 2.300 DVU-Liste D* 500 830 1.200 neonazistischen Organisationen 200 200 200 sonstigen Organisationen 350 350 350 4.820 5.150 5.600 Neonazistische Einzelaktivisten 60 60 50 Erkannte Rechtsextremisten insgesamt 4.880 5.210 5.650 * Hinweis: Sowohl die DVU-Liste D als auch die DVU führen in ihren Satzungen die Kurzbezeichnung "DVU". Die in diesem Bericht für die Partei gebrauchte Abkürzung "DVU-Liste D" sofi eine präzisere Unterscheidung ermöglichen. Die Deutsche Volksunion -- Liste D (DVU-Liste D) mit der in ihren Spitzenposition der Schatten geratenen Deutschen Volksunion e.V. (DVU) und die NaDVU-Liste D und tionaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) einschließlich ihNPD rer Jugendund ihrer Studentenorganisation stellten in Bayern fast 90% des gesamten rechtsextremistischen Potentials. Vor allem die DVU-Liste D konnte ihre Mitgliederzahl nochmals steigern. Dieser Aufwärtstrend, der in geringerem Umfang auch bei der NPD zu verzeichnen war, hat allerdings den Höhepunkt bereits überschritten. Der von beiden Parteien in einer konzentrierten Offensive vorgetragene Versuch, bei Wahlen auf die politische Willensbildung der Mißerfolg bei der Bevölkerung nachhaltig Einfluß zu nehmen, ist deutlich gescheitert. Europawahl Die Lage der neonazistischen Organisationen war durch stagnieStagnation des rende Mitgliederzahlen, Führungsschwächen und anhaltende interNeonazismus ne Differenzen gekennzeichnet. Behördliche Exekutivmaßnahmen, insbesondere das Verbot der Nationalen Sammlung (NS) durch den Bundesminister des Innern im Februar 1989, bewirkten offen- 64 bar eine zunehmende Verunsicherung des neonazistischen Potentials. Dies wurde besonders anläßlich des 100. Geburtstages von Adolf Hitler deutlich, als neonazistische Gruppen zwar spektakuläre Aktionen planten, ihre Absichten aber -- auch wegen der vorbeugenden polizeilichen Präsenz -- letztlich kaum verwirklichen konnten. Neonazistische Die Zahl der neonazistischen und rassistischen einschließlich der Vorfälle und Einfluß antisemitischen Vorfälle, bei denen ein rechtsextremistisches Modes ausländischen tiv erkennbar bzw. zu vermuten war, ist gegenüber dem Vorjahr zuRechtsextremisrückgegangen. Verringert haben sich auch die Kontakte bayerimus rückläufig scher Neonazis zu Gesinnungsgenossen im Ausland sowie der Anteil des aus dem Ausland stammenden und in Bayern verbreiteten rechtsextremistischen Propagandamaterials. Militante Neonazis, die Gewalt nicht nur befürworten, sondern auch anwenden, stellen nach wie vor eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit dar. Zunahme der Von erheblicher Bedeutung war wiederum die Tätigkeit der in Bayorganisationsern ansässigen organisationsunabhängigen Verlage und Verunabhängigen triebsdienste, die Druckerzeugnisse mit rechtsextremistischem InPublizistik halt in erhöhter Gesamtauflage herstellten und verbreiteten. Das Angebot richtete sich nicht nur an organisierte Rechtsextremisten, sondern zielte auch -- wie aus seiner Quantität erkennbar -- auf sonstige Personen ab, die für rechtsextremistische Vorstellungen ansprechbar sein könnten. AgitationsZum 100. Geburtstag von Adolf Hitler (20. April) war eine Häufung spektrum von Versuchen festzustellen, die nationalsozialistische Gewaltherrschaft publizistisch zu verharmlosen. Einen weiteren Agitationsschwerpunkt bildete der 50. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs (1. September), den Rechtsextremisten zum Anlaß einer verstärkten Erörterung der Kriegsschuldfrage nahmen. Neuerdings versuchen rechtsextremistische Organisationen, aus der Entwicklung in der DDR Nutzen zu ziehen, indem sie sich dort als Sachwalter der deutschen Einheit darstellen. Daneben wendet sich ihre Propaganda gezielt an Ausund Übersiedler. 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPO) 2.1 Ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihrem Parteiprogramm "Nationaldemokratische Gedanken für eine lebenswerte Zukunft" betont, sie trete für die freiheitliche demokratische Grundordung ein, lehnt sie wesentliche Prinzipien dieser Grundordnung ab. Die Unterschiede zwischen der Staatsund Gesellschaftsordnung des Grundgesetzes und den Vorstellungen der NPD beruhen vor allem auf unvereinbar gegensätzlichen Auffassungen zur Stellung des Einzelnen in der Gemeinschaft und zur Stellung des Staates ihm gegenüber. Die NPD 65 gibt dem Staat vor dem Einzelnen den Vorrang. Dem Primat des Völkischer Individuums vor dem Staat, wie er sich aus Art. 1 des GrundgesetKollektivismus zes ergibt, stellt sie die "Gemeinschaft des Volkes" entgegen. Diese pauschale Überbewertung der "Volksgemeinschaft" im Sinne eines völkischen Kollektivismus knüpft an ein Leitbild an, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war. Die Absicht, Interessengegensätze innerhalb der Gesellschaft durch die uneingeschränkte Unterordnung des Einzelnen unter nicht näher definierte Gemeinschaftsinteressen aufzuheben, ist mit den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten nicht vereinbar und verkennt, daß die Menschenrechte des Einzelnen originär sind und sich nicht von einer "Volksgemeinschaft" ableiten lassen. Ferner klingen in den Veröffentlichungen der Partei nach wie vor Nationalismus und rassistische und nationalistische Zielsetzungen und Denkweisen Rassismus an. Ihre für Rechtsextremisten charakteristische Ablehnung alles Andersartigen, hinter der sich die Überzeugung von der Höherwertigkeit der eigenen Rasse und Nation verbirgt, versucht die NPD unter Berufung auf die "Vielfalt des Lebens und seiner Erscheinungen" zu rechtfertigen, wobei sie sich als Gegnerin des "längst überholten Dogmas der vorgeblichen Gleichheit aller Menschen" präsentiert. Entsprechend dieser Grundeinstellung, die auf ihrem vermeintlich "lebensrichtigen Menschenund Weltbild der Ungleichheit" beruht, behandelte die Partei das Ausländerund Asylantenproblem vorwiegend unter dem Gesichtspunkt der "Umvolkung durch Überfremdung" und vertrat die Auffassung, die als "Integration" getarnte "Zwangsgermanisierung" der hier lebenden Ausländer trage zum Verlust unserer "nationalen Identität" bei. Deutschland müsse das Land der Deutschen bleiben und dürfe nicht zum "Vielvölkerstaat" werden, da eine solche Entwicklung die "Auflösung des deutschen Volkes" einleiten und in die "nationale Selbstzerstörung" führen würde. Ferner behauptete die Partei, der "deutsche Lebensbaum" drohe infolge der "familienfeindlichen" Politik der "diversen Bundesregierungen" abzusterben, während jährlich "Milliarden-Beträge für Asylbetrüger" verschleudert würden und die arbeitenden Deutschen mit ihrem Fleiß "Sozialschmarotzer aus aller Herren Länder bezahlen" müßten. Die nationalistische Zielsetzung der NPD wurde auch bei ihrer Agitation gegen die Europäische Gemeinschaft (EG) deutlich. So behauptete die Partei, die EG sei "mit immer neuen deutschen Milliardenzahlungen ein Faß ohne Boden" und lebe "überwiegend auf deutsche Kosten". Eine "fürchterliche EG-Politik" liefere die Bundesrepublik Deutschland "nichtsnutzigen Brüsseler Eurokraten" aus, die nur davon lebten, "Deutschland wie eine Zitrone auszupressen". Die NPD erstrebe "ein Europa gleichberechtigter und selbständiger Nationen". Sie wende sich daher mit Nachdruck gegen die "geplante Totalintegration in die EG", mit der dem deut- 66 Aufkleber der NPD sehen Volk "die Reste an Souveränität genommen" werden sollten, und sage "ein entschiedenes Nein zu einer EG, die die Deutschen zu Zahlmeistern für vielerlei 'europäischen' Unsinn degradiert und in der die Interessen der Deutschen dem alles verschlingenden Moloch dieser sogenannten 'Gemeinschaft' geopfert werden". NS-Apologie Wie in den Vorjahren verzichtete die Partei weitgehend auf Versuche, das NS-Regime zu rechtfertigen, und beschränkte sich im wesentlichen auf Kritik an der "Vergangenheitsbewältigung". So verbreitete sie die These, das Deutsche Reich habe zwar "ehrliche Versuche gemacht", auf gewaltfreie Weise eine Korrektur der durch das "Diktat von Versailles" geschaffenen Situation zu erreichen. Das derzeit vermittelte "verlogene Geschichtsbild" besage indes, daß am 1. September 1939 ein "Überfall" auf das "friedlich seine Äcker bestellende Polen" stattgefunden habe; damit habe Hitler seinen "Krieg zur Erringung der Weltherrschaft" eingeleitet. Es gehöre zur geschichtlichen Wahrheit, daß der Zweite Weltkrieg mit "polnischen Massenmorden an Deutschen" begonnen habe. Im Zuge deutscher Vergangenheitsbewältigung sei es allerdings üblich geworden, den Blick "völlig einseitig auf tatsächliche oder 67 vorgebliche Verbrechen zu richten, die Deutschen angelastet werden können". Damit sollten "die Vergangenheit unseres Volkes kriminalisiert", die Deutschen in die Rolle des "allgemeinen Sündenbocks" gedrängt und der in "moralische Sippenhaft" genommenen deutschen Jugend "Schuldgefühle" eingepflanzt werden, um sie "der eigenen Nation zu entfremden und damit beliebig manipulierbar zu machen". Zu den Hauptangriffszielen der Partei gehören nach wie vor die deDiffamierung mokratischen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland und demokratischer ihre Repräsentanten. So bezichtigte die NPD die "Bonner SelbstInstitutionen bedienungsparteien" der "Bonzenwirtschaft" und warf ihnen vor, der "schamlosen Ausbeutung der Deutschen" durch "Asylbetrüger" und "Sozialtouristen aus aller Welt" tatenlos zuzusehen. Die "Bonner Versagerparteien" hätten "lange genug zum Schaden unseres Volkes" regiert. "Parteienfilz, Korruption und Selbstbereicherung" seien "alltäglich geworden". In der "unter der Herrschaft des Bonner Parteiensystems entstandenen Klassengesellschaft" lebe "das privilegierte Staats-, Parteiund Gewerkschaftsfunktionariat hemmungslos und ungeniert seine asozialen Triebe aus". Diese diffamierende Polemik läßt darauf schließen, daß die NPD die Prinzipien des Mehrparteiensystems und der Chancengleichheit der Parteien trotz ihres formalen Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordung ablehnt und durch bewußte Entstellung der Verfassungswirklichkeit suggerieren will, diese Grundordnung habe sich -- am Maßstab praktischer Bewährung gemessen -- als untauglich erwiesen. Nach Vorstellung der NPD soll Deutschland nach der WiedervereiNeutralismus nigung als ein souveräner, blockfreier und militärisch neutraler Staat "weder West noch Ost gehören, sondern friedliche Brücke zwischen Ost und West sein", wie es seiner historischen und geographischen Funktion entspreche. Jede Art gesamtdeutscher Politik müsse daher auf den "Abzug aller fremder Truppen" gerichtet sein; das deutsche Volk müsse sich in beiden Teilen Deutschlands aus dem Zustand "ganzoder halbkolonialer Abhängigkeit" befreien. 2.2 Organisation Die am 28. November 1964 in Hannover von Funktionären der ehemaligen Deutschen Reichspartei (DRP) gegründete NPD zählte Anstieg der 1989 bundesweit rund 7.000 Mitglieder (1988: 6.400). Der Beitritt Mitgliederzahl zur NPD -ist mit der Verpflichtung verbunden, monatliche Beiträge zu entrichten, Satzung und Programm der NPD als verbindlich zu akzeptieren und sich zu den Zielen der Partei zu bekennen. Gegenüber dem Vorjahr haben sich keine wesentlichen organisatorischen Änderungen ergeben. Parteivorsitzender ist seit 1971 68 NATIONALDEMOKRATEN IN DAS EUROPAPARLAMENT Zu wählen mit der DEUTSCHEN VOLKSUNION - Liste D (DVU) Deutschlands Einheit kommt bestimmt Lesen um} weitergeben DEUTSCHEmSTIMME 14. Jahrgang Nr. 4/Aprfl 19B9 NationBldsmokratlsehe Zeltung Einzelpreis-,50 DM Martin Mußgnug. Seine Stellvertreter sind der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern Walter Bachmann, der Generalsekretär der Partei Walter Seetzen und der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg Jürgen Schützinger. Der Landesverband Bayern mit Sitz in München zählt knapp 1.400(1988: 1.300) MitglieFlächendeckend der (ohne JN und NHB). Er gliedert sich in sieben Bezirksund organisiert, rund 60 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aber wenig aktiv aktiv ist. Als Organ der NPD erscheint im parteieigenen Verlag in Stuttgart die Zeitung "Deutsche Stimme" mit einer durchschnittlichen monatlichen Auflage von rund 200.000 Exemplaren (1988: 185.000). Als Argumentationshilfe für die Mitglieder gibt der Parteivorstand die Presseinformation "Neuer politischer Dienst" und das Schulungsblatt "NPD-Forum" heraus. Mitteilungsblatt des Landesverbandes Bayern ist die "Bayern-Stimme". Die unregelmäßig erscheinenden Publikationen einzelner Bezirksund Kreisverbände haben nur regionale Bedeutung. Ein im Herbst 1985 in Iseo (Oberitalien) eröffnetes Bildungszentrum und eine seit August 1989 zur Verfügung stehende Schulungsstätte in Bromskirchen/Hessen dienen der Heranbildung von Führungskräften. Mit Forumsveranstaltungen eines am 5. März unter Federführung der NPD in Frankfurt a.M. gegründeten "Kurt-Schumacher-Komitees" will die Partei Interessenten und Wähler aus dem Spektrum der SPD und der Gewerkschaften gewinnen. Angespannte In ihrem Rechenschaftsbericht nach dem Parteiengesetz wies die Finanzlage NPD für 1988 Gesamteinnahmen von rund 3,7 Millionen DM (1987: 4,3 Millionen) aus, von denen 16,9% (1987: 13.9%) auf Mitgliedsbeiträge, 35,4% (1987: 28,5%) auf Spenden und 34,1% (1987: 31,5%) auf Wahlkampfkostenerstattungen von insgesamt rund 1,27 Millionen DM entfielen. Beim Landesverband Bayern sind für 1988 Gesamteinnahmen von 325.397 DM (1987: 513.152 DM) ausgewiesen, davon 19,7% (1987: 12,4%) Mitgliedsbeiträge und 70,1% (1987: 50,2%) Spenden. Nach dem Verzicht auf die Teilnahme an der Europawahl 1989 zugunsten der DVU-Liste D mußte die Partei die Vorschüsse auf die Wahlkampfkostenerstattung in Höhe von 800.000 DM an den Deut- 69 D A S G A N Z E D E U T S C H L A N D SOLL ES S E I N BAYERN STIMME MITTEILUNGSBLATT DES N P D - L A N D E S V 6 R B A N 0 E S BAYERNsehen Bundestag zurückzahlen, wodurch sich ihre finanzielle Lage im Vergleich zu 1988 bis zu einer vorgesehenen Ausgleichszahlung durch Dr. Frey verschlechtert hat. 2.3 Wahlbündnis zwischen NPD und DVU-Liste D Das Verhältnis zwischen der NPD und den von dem Münchner Verleger Dr. Gerhard Frey gegründeten Organisationen war bis weit in die 80er Jahre hinein überwiegend von gegenseitiger Rivalität bzw. Nichtbeachtung gekennzeichnet. Eine sich seit Sommer Annäherung 1986 1986 abzeichnende Annäherung zwischen der Parteispitze und Dr. Frey mündete schließlich in eine Zusammenarbeit im beiderseitigen Interesse. Unter maßgeblicher Beteiligung der NPD konstituierte sich zunächst Anfang März 1987 die von Dr. Frey initiierte DVU-Liste D als Partei. Wenig später einigten sich beide Parteien auf eine gegenseitige Wahlkampfunterstützung bei jeweils wechselnden Kandidaturen. In dieses Zweckbündnis brachte die NPD ihre wahlkampferfahrene Organisationsstruktur und Dr. Frey sein erhebliches finanzielles und publizistisches Gewicht ein. Teilweise beachtliche Wahlerfolge bestärkten die Führungen beider Parteien Kooperation in der Fortsetzung ihres Kurses, obwohl die Kooperation in Teilen teilweise der NPD, insbesondere in deren Jugendorganisation, wegen erumstritten heblicher Vorbehalte gegen die Person von Dr. Frey zeitweise heftig umstritten war. So bezichtigten Gegner dieses Kurses das Parteipräsidium in einem Anfang Februar intern verbreiteten Schreiben des Verrats und erklärten, die NPD beginne "ihre Eigenständigkeit und ihr Vertrauen auf die eigenen Kräfte zu verlieren"; damit drohe ihr ein politischer "Ausverkauf" an die DVU-Liste D. Bei dem auf das Jahr 1989 verlegten 22. ordentlichen Bundesparteitag am 11712. Februar in Rahden/Nordrhein-Westfalen blieb indes der Antrag der parteiinternen Opposition auf Abwahl des Parteivorstandes ebenso erfolglos wie ihr Antrag auf erneute Diskussion einer eigenen Kandidatur der NPD bei der Europawahl am 18. Juni. Die Delegierten beschlossen vielmehr mit großer Mehrheit, am Wahlbündnis mit der DVU-Liste D festzuhalten. Gemäß den mit der DVU-Liste D getroffenen Vereinbarungen verzichtete die NPD daher zugunsten ihres Bündnispartners auf eine 70 Auszug aus dem Parteiorgan "Deutsche Denk 9 daran! Stimme", Juni 1989 Erst Deutschland - dann Europa! Europa ist kein Völkerbrei. Erst Deutschland - dann Europa!: A m Wahltag Deine Antwort sei. Erst Deutschland - dann Europa! Die deutsche Einheit geht voran. Erst Deutschland - dann Europa!: Bei Liste Deutschland kreuze an! Reinhard H. Kreisköther-Breslau Teilnahme an der Europawahl 1989. Im Gegenzug räumte die DVUListe D der NPD auf ihrer Liste die Plätze 3, 6, 9 und 12 ein und verpflichtete sich, der NPD nach der Europawahl eine Million Deutsche Mark als Kostenersatz für deren Wahl kämpf hilf e zu erstatten. Viele NPD-Mitglieder empfanden diese Konzessionen gleichwohl als Übervorteilung, zumal ihr eigener Parteivorsitzender Mußgnug hinter einem weniger bekannten Funktionär der DVU-Liste D erst auf Platz 3 der Bundesliste gesetzt wurde. In ihren Publikationen warb die NPD für das "starke nationale Bündnis", das eine grundWahlwerbung sätzliche politische Änderung erstrebe und eine "Politik für die Inzugunsten der teressen des deutschen Volkes" garantiere. Wie die DVU-Liste D DVU-Liste D und deren publizistische Sprachrohre richteten auch die NPD und ihre Jugendorganisation ihre Agitation in der Endphase des Europawahlkampfes zunehmend gegen die als Konkurrentin gefürchtete Partei "Die Republikaner" und deren Vorsitzenden. So stellte die Partei in ihrem Organ "Deutsche Stimme" die Frage "Warum die Kopie wählen, wenn es das Original gibt?". Stellungnahmen Die Niederlage der DVU-Liste D bei der Europawahl 1989 (s. Nr. zum Wahlausgang 3.3) wurde auch von der NPD intern mit Enttäuschung aufgenommen. Bestürzung herrschte insbesondere über den deutlichen Abstand des "nationalen Bündnisses" zu den "Republikanern". In ihren öffentlichen Stellungnahmen zum Wahlausgang war die NPD dagegen bestrebt, das schlechte Abschneiden des Bündnispartners zu übergehen und stattdessen propagandistisch am Erfolg der "Republikaner" zu partizipieren, der sie zur Fortsetzung ihres eigenen Kurses ermutige. So bezeichnete sie das Wahlergebnis als "politische Sensation", da sich rund zweieinhalb Millionen Wähler "gegen den EG-Ausverkauf" und "für deutsche Interessen" entschieden hätten. Nun gelte es, "den durch das Europawahlergebnis bestätigten (Rechts-)Trend für die Entwicklung der authen- 71 tischen Nationalen voll zu nutzen". In einem internen Rundschreiben hieß es dazu, durch verstärkte Mitgliederwerbung müsse nunmehr das "rechte Wählerpotential" für die "authentische demokratische Rechte" gewonnen werden. Um ihre Mitglieder für die weitere Parteiarbeit zu mobilisieren und Fortsetzung der Abwanderungsbestrebungen entgegenzusteuern, beschlossen Zusammenarbeit die Präsidien von NPD und DVU-Liste D unmittelbar nach der Wahl mit der in einer gemeinsamen "Münchner Erklärung", an der bisherigen DVU-Liste D Zusammenarbeit festzuhalten. Sie betonten, daß beide Parteien alles in ihrer Kraft Stehende tun werden, um diejenigen, die bei der Europawahl die "Republikaner" wählten, zur Bundestagswahl 1990 für die NPD zu gewinnen. Die NPD beabsichtigt, an dieser Wahl mit Unterstützung der DVU-Liste D teilzunehmen. 2.4 Sonstige Aktivitäten Der NPD-Landesverband Bayern führte am 14. Mai in Osterhofen, Landesparteitag Landkreis Deggendorf, unter dem Leitspruch "Bayern ist kein Einwanderungsland" seinen 23. Ordentlichen Parteitag durch. Die rund 220 Teilnehmer befaßten sich vor allem mit kommunal-, ausländerund umweltpolitischen Themen. In seinem politischen Rechenschaftsbericht zum Thema "Die bayerische NPD im Aufwind der authentischen Nationalen" forderte der Landesvorsitzende Walter Bachmann die bayerischen Bauern auf, bei der Europawahl am 18. Juni den "Stimmzettel zum Denkzettel" zu machen, damit endlich der "Ausverkauf deutscher Interessen an die EG" gestoppt werde. Die Delegierten forderten die Bayerische Staatsregierung in einem Initiativantrag auf, dem Landtag unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Ergänzung der Bayerischen Verfassung durch Einfügung des Satzes "Bayern ist kein Einwanderungsland" vorzulegen. Am alljährlichen "politischen Aschermittwoch" der bayerischen Politischer NPD am 8. Februar in Osterhofen, Landkreis Deggendorf, beteiligAschermittwoch ten sich rund 300 Personen, darunter als Vertreter der DVU-Liste D deren Pressesprecher Bernd Dröse, der ein Grußwort überbrachte und in seinem Vortrag die bisherigen Erfolge der Zusammenarbeit beider Parteien betonte. Im Hauptreferat kritisierte der bayerische Landesvorsitzende Walter Bachmann die Europapolitik der Bundesregierung, die in der Europäischen Gemeinschaft den "reichen Onkel" spiele mit der Folge, daß die Bundesrepublik Deutschland zum "Dukatenesel" werde, der "jeden Sack aufgeladen" bekomme. Das Parteipräsidium beschloß am 10. November anläßlich der ÖffKampagne nung der DDR-Grenzen eine bundesweite Großaktion mit dem "Volksabstimmung Ziel, eine "demokratische Volksabstimmung in den beiden Teilen WiederDeutschlands über die Frage der Wiederherstellung der staatlivereinigung" chen Einheit" herbeizuführen. Dazu erklärte der Parteivorsitzende Martin Mußgnug, die "revolutionäre Kraft unserer lange unterdrückten Landsleute in der DDR" habe eine Lage geschaffen, die "unabweisbar zur Neuvereinigung Deutschlands in Freiheit hinführen" müsse. Das Parteiorgan betonte, daß es dabei nicht um einen "Anschluß" der DDR oder um eine "Übertragung der Systeme" gehe; vielmehr müsse eine "neue Gemeinschaftsordnung der sozialen Gerechtigkeit" das Ziel sein. An die gesamte Parteiorganisation erging der Aufruf, sich "bis zum letzten Mitglied in den kommenden Wochen und Monaten mit aller zur Verfügung stehenden Kraft" der Aufgabe zu widmen, die Forderungen der NPD dem deutschen Volk klarzumachen. Entsprechende Flugblattbzw. Plakataktionen der bayerischen NPD waren Anfang Dezember in Neustadt b.Coburg, Weiden i.d.OPf. und am Grenzübergang Rottenbach, Landkreis Coburg, zu verzeichnen. 2.5 Junge Nationaldemokraten (JN) IdeologischDie JN als Jugendorganisation der NPD bekennen sich in Ideolopolitischer gie und Zielsetzung zum Programm der Mutterpartei. Nach ihrem Standort Statut sind sie zur aktiven Mitarbeit in den Gremien der NPD verunverändert pflichtet. Sie verstehen sich als "die unversöhnlichen Gegner der Völkermordsordnung von Jalta" und als "Verächter des Status quo"; dementsprechend wollen sie für diejenigen, die sich "selbstzufrieden am Zustand der Teilung Deutschlands erwärmen", die "eiskalte Dusche" sein. In der Agitation gegen Ausländer und demokratische Institutionen gleichen die JN der Mutterpartei. So behaupteten sie, daß der "Ausländerund Asylwahnsinn" immer neue Triumphe feiere, während die Bundesregierung weiter schlafe. Den Bundespräsidenten bezeichneten sie als "Anwalt gegen das eigene Volk". Er zeige ein anhaltendes "Unterwerfungsverhalten unter den Willen der alliierten Besatzungsmächte" und gleiche einem "antideutschen Chefankläger", der das deutsche Volk zum "ewigen Sündenbock der Weltgeschichte" stempeln wolle. Das Wahlbündnis von NPD und DVU-Liste D war in Teilen der JN heftig umstritten; die Kritiker dieses Kurses konnten sich aber ebensowenig durchsetzen wie die Opponenten in der Mutterpartei. Neuer Auf dem 18. JN-Bundeskongreß, der am 22723. Juli unter dem Bundesvorstand Motto "Deutschland -- mehr als ein Wort" in Herne/NordrheinWestfalen stattfand, wurde der Berliner JN-Landesvorsitzende Thilo Kabus zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt. Er erklärte, die JN könnten nur überleben, wenn sie die Unterschiede zu den "Republikanern" herausarbeiteten. So müßten die JN klarmachen, daß sie die "grundsätzlichen Lösungen" hätten, während der Vorsitzende der "Republikaner" fast nur an der Oberfläche operiere. Mitgliederzuwachs 1989 hatten die JN im Bundesgebiet einen weiteren Zuwachs auf 900 (1988: 800) Mitglieder zu verzeichnen. In Bayern, wo sie wie im Vorjahr etwa 170 Mitglieder zählen, entwickelten nur die Bezirks- 73 Junge Stimme Mitteilungsblatt des Bundesvorstandes der Jungen Natlonaldemokraten UN) Nr. 3 0 / 3 1 14. Jahrgang 3 . Quartal 1989 DEUTSCHLANDMEHR ALS EIN WORT! verbände Mittelfranken und München-Oberbayern nennenswerte Aktivitäten. Leiter des Landesverbandes Bayern ist weiterhin Ralf Ollert. Im Juli 1989 wurde die organisatorische Basis durch die Gründung eines Kreisverbandes in Stamberg erweitert. 3. Deutsche Volksunion -- Liste D (DVU-Liste D) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Die DVU-Liste D hat sich ihrem Programm zufolge das Ziel gesetzt, den "Nutzen des deutschen Volkes zu mehren und Schaden von 74 Stromlinienförmiihm zu wenden". Ihr "ganzes Streben gilt der Durchsetzung von ges Programm Recht und Freiheit für das deutsche Volk und Vaterland, eines gleichen Rechts für alle Deutschen". Das Parteiprogramm ist -- wie schon an den vorstehend zitierten Schlußpassagen erkennbar -- bewußt allgemein formuliert, um politischen Gegnern möglichst wenig Angriffsflächen zu bieten. So setzt sich die Partei mit Parolen wie "Deutschland soll deutsch bleiben", "Deutschland zuerst" und "Gleichberechtigung für das deutsche Volk" dafür ein, den Ausländeranteil zu begrenzen, den "zunehmenden Ausländerzustrom" in das Bundesgebiet zu stoppen und die "Zuweisung von Kollektivschuld und Kollektivverantwortung an die Deutschen" einzustellen. Die am Programm nicht ohne weiteres erkennbare rechtsextremistische Grundhaltung der Partei wird erst an den ihr zurechenbaren Äußerungen führender Funktionäre sowie am Inhalt ihrer publizistischen Sprachrohre deutlich, die im Verlag des Bundesvor'sitzenden Dr. Frey erscheinen. Einen Agitationsschwerpunkt bildeten darin Versuche, die NS-Zeit durch Leugnung oder Relativierung der Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen NS-Apologie bzw. zu verharmlosen. So erklärte ein Parteifunktionär unter der Schlagzeile "Alle Schuld den Deutschen? Doch die Wahrheit setzt sich durch", die Sieger des Ersten Weltkriegs hätten durch ihre "brutale Unterdrückungspolitik" gegenüber Deutschland die Machtergreifung Hitlers erst möglich gemacht. Später hätten die Westmächte ihre "Beschwichtigungspolitik" der 30er Jahre durch eine "scharfe Kriegspolitik" ersetzt. Die der polnischen Regierung von England und Frankreich zugesagte "bedingungslose Unterstützung" habe dazu geführt, daß Polen jede Verhandlung mit Hitler abgelehnt habe. Bereits die "furchtbaren Exzesse gegen die deutsche Minderheit im polnischen Staat" seien ein "gerechtfertigter Kriegsgrund" gewesen. Nationalismus Breiten Raum nahmen außerdem vorwiegend nationalistisch geprägte Aussagen zum Ausländerproblem und zur Europäischen Gemeinschaft (EG) ein. So behauptete der Parteivorsitzende Dr. Frey, viele Politiker fühlten sich "Fremden und Scheinasylanten, dem Ausland und der EG mehr verpflichtet als Deutschland und dem deutschen Volk". Die "Überfremdung der Bundesrepublik und der Zustrom Hunderttausender Asylbetrüger" seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Diffamierung Des weiteren griffen die publizistischen Sprachrohre der DVU-Lidemokratischer ste D die "Bonner Altparteien" an, wobei sie deren Repräsentanten Institutionen als "Propagandisten der Umerziehung", "Nachbeter" antideutscher "Legenden" und "Riege von Antidemokraten" diffamierten. Den von ihnen als "Wende-Betrüger" bezeichneten Unionsparteien warfen sie vor, sie wollten mit "antinationalen Machenschaften" die Bundesrepublik Deutschland "den Brüsseler Euro-Bonzen völlig op- 75 Aufkleber der DVU-Liste D DVU DEUTSCHE VOLKSUNION -Liste D- fern", das "gesamte deutsche Volk in eine Kollektivhaftung zwingen" und "aus den Deutschen ein auf Ewigkeit erpreßbares Ausplünderungsobjekt machen". 3.2 Organisation Die DVU-Liste D wurde am 5. März 1987 in München unter maßgeblicher Beteiligung von Mitgliedern und Funktionären der NPD und der bereits seit 1971 bestehenden "überparteilichen" Deutschen Volksunion e.V. (DVU) gegründet. Sie zählte Ende 1989 einschließlich der nach einer Satzungsänderung übernommenen 12.500 Vereinsmitglieder der DVU nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes bundesweit rund 25.000 (1988: 6.000) Mitglieder, davon etwa 3.500 (1988: 830) in Bayern. Der seit der Europawahl Beachtlicher 1989 zu beobachtende Mitgliederschwund ist dabei bereits beMitgliederzuwachs rücksichtigt. Bundesvorsitzender ist der Verleger Dr. Gerhard Frey aus München. Seine Stellvertreter sind Gerhard Wilke und Wilhelm Crinius aus Niedersachsen. Der bisherige stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Fritz von Randow wurde auf dem Bundesparteitag im März 1989 Ehrenvorsitzender der Partei. Ende 1989 verfügte die Partei in allen Bundesländern über Untergliederungen auf Lan- 76 desund Kreisebene. In Bayern bestehen die Bezirksverbände Ausbau auf Oberbayern, Niederbayern, Mittelfranken, Oberpfalz und SchwaKreisebene ben sowie 15 Kreisverbände und vier Ortsverbände. Im Verlag des Parteivorsitzenden erscheinen die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ), der "Deutsche Anzeiger" (DA) und die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ). Diese teilweise inhaltsgleichen Wochenzeitungen fungieren als Werbeträger und publizistische Sprachrohre sowohl der DVU-Liste D als auch der DVU. Finanzlage des In ihrem Rechenschaftsbericht nach dem Parteiengesetz wies die Vorjahres noch DVU-Liste D für 1988 Gesamteinnahmen von rund 1,3 Millionen stabil (1987: 1 Million) DM aus, von denen 8,5% (1987: 20,4%) auf Mitgliedsbeiträge und 90,1% (1987: 70,9%) auf Spenden entfielen. Beim Landesverband Bayern sind für 1988 als einzige Einnahme Spenden von 5.185 DM ausgewiesen. Wegen des finanziell aufwendig geführten Europawahlkampfes ist für 1989 mit einem Defizit zu rechnen. 3.3 Beteiligung an der Europawahl 1989 Wahlwerbung Schon früh hatte sich Dr. Frey entschlossen, durch Einsatz erheblicher finanzieller Mittel günstige Bedingungen für einen Wahlerfolg zu schaffen. Der Wahlkampf war bundesweit breit und vielfältig organisiert. Bereits Ende 1988 wurden Bauern, Winzer, Taxi-Unternehmer und Apotheker angeschrieben mit dem Versprechen, die Belastungen im Zuge der jüngsten Reformvorhaben der Bundesregierung und der EG-Beschlüsse rückgängig zu machen. Stattdessen wurden Steuersenkungen und umfassende staatliche Hilfen versprochen, ohne dies jedoch näher zu erläutern. Besonderes Augenmerk richtete Dr. Frey auf die Aussiedler. In seinen Zeitungen rief er zu Spenden für sie auf; zugleich agitierte er dabei gegen Ausländer und Asylanten. Erhebliche Aufmerksamkeit erregte die Partei, als sie im Januar 1989 eine Postwurfsendung an alle 27 Millionen Privathaushalte im Bundesgebiet verteilen ließ. Die Kosten beliefen sich auf mehrere Millionen DM; eine weitere Aktion dieser Art folgte im Mai. In beiden Sendungen polemisierte die Partei gegen die Europapolitik der Bundesregierung und dramatisierte zugleich die von "Asylbetrügern" verursachten Probleme. Kundgebungen In der Endphase des von der NPD unterstützten Europawahlkampfes trat die DVU-Liste D mit mehreren Großkundgebungen und zahlreichen kleineren Veranstaltungen in Erscheinung. Dabei kam es verschiedentlich zu Störungen durch Gegendemonstranten. Der Wahlwerbung diente auch der am 4. März in Planegg, Landkreis München, durchgeführte Bundesparteitag, der unter dem Wahlkampfmotto "Erst Deutschland -- dann Europa" stand. Zu den Höhepunkten des Europawahlkampfes gehörte ferner eine Großkundgebung am 27. Mai in der Nibelungenhalle in Passau. 77 wahlwerbung der DVU-Liste D Vuüi I Mrd , ,_ DEUTSCHE M ^m Deutschland* liste V Ädeg M ^ türkisch? Erst Wenn das so weitergeht, kommen noch Millionen Türken DEUTSCHLAND und die Deutschen werden dann EUROPA Fremde im eigenen Land! Schwerpunkt - Dagegen hilft nur DVU Programm der DVU Ausländer-Begrenzung - zur Europa-Wahl damit Deutschland am 18. Juni 1989 deutsch bleibt Die Deutsche Volksunion - Liste D Darum wählen Sie (DVU) wird im neuen EG-Parla bei der Europa-Wahl i am 18. Juni ment die deutschen Interessen vertreten. Ja zu einem Europa, in dem Völker und Staaten zu ge genseitigem Nutzen zusammen arbeiten. Nein zu einer EG, in der * VUUL "DEUTSCHE i die Deutschen Zahlmeister sind und in der die Rechte des deut UOIKSUNION i schen Volkes geopfert werden. liste D l Daran nahmen rund 2.500 Personen teil, darunter auch der NPDBundesvorsitzende Martin Mußgnug. Er betonte in seiner Rede, NPD und DVU-Liste D arbeiteten gemeinsam "für Deutschlands Zukunft, die von den etablierten Parteien verraten" worden sei. Das Wahlbündnis beider Parteien werde am 18. Juni einen sensationel len Triumph feiern. Der Parteivorsitzende Dr. Gerhard Frey erklärte im Hauptreferat, es sei nicht mehr hinnehmbar, daß "dieses Land von den alten Parteien immer mehr entdeutscht" werde. Die DVUListe D lasse das Andenken der eigenen Vorfahren "nicht von ehr losen Lumpen in den Dreck ziehen". Dr. Frey kritisierte ferner die "Altparteien", die stets nur Deutschlands Nachteile im Sinn hätten und eine an deutschen Interessen ausgerichtete Politik vermissen ließen. In einem während der Kundgebung verabschiedeten "Pas sauer Manifest" erhoben die DVU-Liste D und die NPD "flammen den Protest" gegen die auf "Siegerwillkür" beruhende "Aufsplitte rung des deutschen Volkes". Gegen die Veranstaltung der DVU-Liste D demonstrierten rund 700 Personen, darunter etwa 200 Autonome. Die Polizei unterband Versuche politischer Gegner, den Eingang der Halle zu blockieren, 78 und nahm insgesamt 27 Personen u.a. wegen Mitführens von Waffen, Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vorläufig fest. Enttäuschendes Trotz des propagandistisch und finanziell aufwendig geführten Wahlergebnis Wahlkampfs gelang es der DVU-Liste D nicht, bei der Europawahl am 18. Juni einen Vertreter in das Europäische Parlament zu entsenden. Sie erreichte bundesweit 444.921 Stimmen (1,6%). Überdurchschnittliche Ergebnisse erzielte sie in Bremen (3,2%), BadenWürttemberg (2,4%) und Hessen (2,3%). In Bayern stimmten 50.882 Wähler (1,0%) für die DVU-Liste D; hier erreichte sie ihre höchsten Stimmenanteile in der Stadt Kaufbeuren (2,9%), im Landkreis Neu-Ulm (2,3%), in der Stadt Passau (2,0%) sowie in den Landkreisen Donau-Ries (1,8%) und Unterallgäu (1,7%). Mit diesem Ergebnis hat die Partei den von ihr angekündigten politischen "Durchbruch" deutlich verfehlt. Zwar konnte sie gegenüber der Europawahl 1984, bei der die damals kandidierende NPD 198.633 Stimmen (0,8%) erzielt hatte, den Anteil des rechtsextremistischen Lagers verbessern, mußte diesen relativen Erfolg aber teuer bezahlen: Ihre Wahlkampfausgaben (schätzungsweise 18 Millionen DM) überstiegen die voraussichtliche Wahlkampfkostenerstattung (etwa 3,7 Millionen DM) um ein Mehrfaches. Stellungnahme Zum Wahlausgang erklärte die DVU-Liste D, nahezu neun Prozent zum Wahlausgang der Wähler hätten sich für die "Rechtsparteien Republikaner und DVU" entschieden. Die Stimmen für die "Rechten" hätten sich somit gegenüber der Europawahl von 1984 verzehnfacht. Zu diesem "Rechtsrutsch" habe der "unübersehbare, argumentative DVUWahlkampf" entscheidend beigetragen. 2,5 Millionen Bundesbürger hätten "ihre nationale Gesinnung und ihren Protest gegen die EG-Politik der alten Parteien" mit dem Stimmzettel ausgedrückt und diesen zum "Denkzettel für die Etablierten" gemacht. Angesichts des Verhaltens der "Meinungsindustrie", die eine Kampagne zugunsten der "Republikaner" geführt und zugleich die DVU-Liste D "totgeschwiegen" habe, sei deren jetzige Niederlage nicht verwunderlich. Unmittelbar nach der Wahl beschlossen die Präsidien von DVU-Liste D und NPD, am gemeinsamen Kurs festzuhalten. In der Folgezeit beschränkte sich die DVU-Liste D im wesentlichen auf Spendenaufrufe und sonstige publizistische Aktivitäten in den Wochenzeitungen des Parteivorsitzenden. 4. Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 4.1 Ideologisch-politischer Standort Übereinstimmung Die DVU, die keine politische Partei ist, entspricht ideologisch der mit der DVU-Liste D. Auch ihr Erscheinungsbild ist im wesentlichen geDVU-Liste D kennzeichnet durch eine vorwiegend nationalistisch geprägte Fremdenfeindlichkeit, gelegentlich auch durch eine Vermengung 79 von Antisemitismus und Antizionismus. Hinzu kommen Versuche, die NS-Zeit durch Leugnung oder Relativierung. der Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg zu rechtfertigen bzw. zu verharmlosen. Außerdem diffamiert die DVU demokratische Institutionen und deren Repräsentanten. Nach dem Zustandekommen des Wahlbündnisses zwischen der DVU-Liste D und der NPD ist die Übernahme DVU offenbar auf den nationalistisch-neutralistischen Kurs der neutralistischer NPD eingeschwenkt, während sie früher die Notwendigkeit einer Vorstellungen Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in das westliche Verteidigungsbündnis betont hatte. 4.2 Organisation Die DVU wurde im Jahre 1971 in München als Auffangbecken für ehemalige NPD-Anhänger gegründet. Nach ihrer Satzung haben die Mitglieder außer der Zahlung monatlicher Beiträge keine weiteren Verpflichtungen. Die DVU zählt derzeit im Bundesgebiet zusammen mit ihren Aktionsgemeinschaften nach Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden wie im Vorjahr rund 12.500 Mitglieder, davon etwa 2.300 in Bayern. Bundesvorsitzender ist Dr. Gerhard Frey. Seit der Gründung der DVU-Liste D entwickelt die Vereinigung kaum mehr eigene Initiativen. Nach einer Ende 1988 beschlossenen Satzungsänderung gehören die über 16 Jahre alten Vereinsmitglieder zugleich Integration in auch der DVU-Liste D an, sofern sie nicht widersprechen. Dadurch die DVU-Liste D sollten wohl die Unterschiede zwischen Verein (DVU) und Partei (DVU-Liste D) verwischt und -- im Hinblick auf die Europawahl 1989 -- potentiellen Interessenten und Wählern eine steile Aufwärtsentwicklung der DVU-Liste D suggeriert werden. 4.3 Aktionsgemeinschaften der DVU Die von der DVU geschaffenen Aktionsgemeinschaften, deren atInsgesamt breites traktiv niedrig gehaltene Mitgliedsbeiträge vom DVU-Vorstand festAgitationsspekgelegt werden, sind integrierte Bestandteile der DVU. Ihre Veröftrum, aber kaum fentlichungen erscheinen fast ausschließlich in den "national-freiAktivitäten heitlichen" Wochenblättern von Dr. Frey. Der Beitritt zu einer Aktionsgemeinschaft begründet kraft Satzung gleichzeitig die Mitgliedschaft in der DVU. Die Wirksamkeit und Gefährlichkeit dieser Propagandainstrumente der DVU beruht insbesondere darauf, daß sich ihre Aussagen nur auf Teilbereiche rechtsextremistischer Agitation beziehen und bei isolierter Betrachtungsweise vielfach nicht erkennen lassen, welche Grundhaltung hinter anscheinend unverfänglichen, auch Nichtextremisten vermittelbaren Forderungen wie z.B. "Schutz der deutschen Kultur" steht. Wie im Vorjahr traten die sechs Aktionsgemeinschaften mit eigenständigen Aktionen kaum an die Öffentlichkeit. Werbeanzeige der DVU und Für Deutschlands Rechte ihrer AktionsDEUTSCHE VOLKSUNION e. V. (DVU) gemeinschaften Vereinigung der verfassungstreuen Rechten und freiheitlichen Mitte (Vorsitzender (Auszug) Dr. Gerhard Frey) Initiative für Ausländerbegrenzung (I. f. A.) verteidigt den deutschen Charakter Deutschlands Ehrenbund Rudel Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) will die Interessen des deutschen Volkes bei diesen Medien durchsetzen Aktion deutsche Einheit (AKON) setzt sich für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands ein Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur kämpft für den Erhalt des Lebens und der Heimat Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) arbeitet für ein Ende der Kriegsverbrecherprozesse gegen Besiegte des II. Weltkrieges Die Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) will den Gedanken einer Generalamnestie für bisher ungesühnte NS-Verbrechen verbreiten. Die Aktion deutsche Einheit (AKON) agitiert vor allem in ostpolitischen Fragen. So lehnt sie die Ostverträge, soweit sie über eine Gewaltverzichtserklärung hinausgehen, als "null und nichtig" ab. Die Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) betrachtet die "Bewahrung des deutschen Charakters von Deutschland" als Grundvoraussetzung des "Weiterlebens unseres Volkes" und wendet sich gegen den Mißbrauch des Asylrechts durch "Wirtschaftsflüchtlinge". Die Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) kämpft gegen eine behauptete "linke bis linksradikale Tendenz" von Rundfunkund Fernsehsendungen an, in denen gegen die "Lebensrechte und Lebensinteressen des deutschen Volkes" agitiert werde. Der Ehrenbund Rudel -- Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten wendet sich gegen die "Verleumdung des deutschen Soldaten" und will dessen Ansehen und Ehre unter strafrechtlichen Schutz gestellt wissen. Der Deutsche Schutzbund für Volk und Kultur versteht sich als "überparteiliche Vereinigung verantwortungsbewußter Deutscher" und fordert insbesondere den Schutz des deutschen Volkstums, der deutschen Sprache und der deutschen Kultur. 5. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 5.1 Allgemeines Zielsetzung Der Neonazismus (neuer Nationalsozialismus) umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus darstellen und auf die Errichtung eines 81 vom Führerprinzip bestimmten autoritären bzw. totalitären Staates gerichtet sind. Die Zahl der Neonazis im Bundesgebiet ist gegenüber dem VorEntwicklung jahr von rund 1.480 auf 1.300 zurückgegangen; darunter befinden rückläufig sich 250 in Bayern. Etwa 1.110 (1988: 1.320) von ihnen sind den neonazistischen Organisationen als Mitglieder zuzurechnen, davon rund 200 in Bayern. Die Zahl der "Einzelgänger", die durch neonazistische Aktivitäten in Erscheinung traten, ohne sich an eine bestimmte Gruppe zu binden, ist im Bundesgebiet um rund 30 auf 190 gestiegen; davon entfallen etwa 50 (1988: 60) auf Bayern. Die 24 (1988: 23) erkannten neonazistischen Zusammenschlüsse im Bundesgebiet sind zum Teil lose Gesinnungsund Kampfkader, deren Anhänger sich teilweise auch in anderen Gruppen engagieren. Klare organisatorische Strukturen sind meist nicht erkennbar; regelmäßig dominiert jedoch ein "Führer", von dem auch der Bestand der Gruppe abhängt. Neonazistische Gruppen legen Wert darauf, in der Öffentlichkeit Aufsehen zu erregen und dadurch eine Bedeutung vorzuspiegeln, die ihnen angesichts ihrer geringen Stärke und der Ablehnung durch die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung tatsächlich nicht zukommt. Ihre Agitation ist vor allem durch Bestrebungen zur AgitationsWiedereinführung des NS-Systems, unverhohlenen Antisemitisschwerpunkte mus und sonstigen Rassismus, Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie durch Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur gekennzeichnet. Teilweise ist auch eine Orientierung an der nationalrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus zu beobachten. Eine geistige Durchdringung der eigenen Ziele und Methoden findet kaum statt. Die Auseinandersetzung mit den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen beschränkt sich meist auf die kritiklose Übernahme von Parolen der ehemaligen NSDAP. Gewalt wird emotional bejaht Gewaltbereitschaft und angewendet, wo es sich ergibt und zweckmäßig erscheint. 5.2 Die "Bewegung" Nach dem Ende 1983 vom Bundesminister des Innern verfügten Verbot der neonazistischen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) setzte sich deren bisheriger Organisationsleiter Michael Kühnen an die Spitze einer als "Gesinnungsgemeinschaft" gedachten "Bewegung", die sich der "nationalsozialistischen Idee" verpflichtet fühlt. Dieser wenig strukturierte Neonazikreis, der schon in seiner Bezeichnung unmittelbar an die NSTerminologie anknüpft, sucht die Ziele der verbotenen ANS/NA weiterzuverfolgen, indem er in völliger Verkennung seiner Möglichkeiten die Neugründung der NSDAP propagiert. Die "Bewegung", Stagnierende die wie im Vorjahr bundesweit rund 500 Anhänger -- davon etwa Mitgliederzahl 50 in Bayern -- zählt, setzt sich aus ehemaligen ANS/NA-Mitglie- 82 Publikation der "Bewegung" (Gruppe Kühnen) mit Zeitrechnung TDtbecFtanb ab Hitlers Geburtsjahr 1889 (JdF = Jahr des Führers) W Die Neue Front Ht. 63 7. Jatjtganj Jlptil 100/101 3*9 dem, aber auch aus Neuzugängen zusammen; ein Teil von ihnen ist Mitglied der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP). Ein erbitterter Streit um Homosexualität bei Führungskräften spaltete 1986 die "Bewegung" in zwei rivalisierende Lager um Michael Kühnen und Jürgen Mosler. Die Fronten haben sich seither zunehmend verhärtet mit der Folge, daß jede der beiden Gruppen eigene politische Aktivitäten entfaltet. Ausbau der Im Kampf um die Vorherrschaft in der von der "Bewegung" maßNationalen Sammgeblich gesteuerten FAP dominierten die Anhänger Moslers, die lung (Anhänger sich bei der Wahl des neuen FAP-Bundesvorstands im November Kühnens) 1988 durchsetzen konnten. Diese Entwicklung veranlaßte Kühnen, den Aufbau der von ihm bereits im Juli 1988 als "Wählerinitiative" gegründeten Nationalen Sammlung (NS) zu forcieren. Die NS, aus der später eine politische Partei entstehen sollte, zählte zuletzt bundesweit rund 170 Mitglieder. Sie bekannte sich zum Grundsatz "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" und trat dafür ein, "Umerziehung und Greuelpropaganda" zu beenden. Ferner wandte sie sich gegen die "massenhafte Ansiedlung geschlossener fremdvölkischer 83 Minderheiten in der BRD (Überfremdung)" und forderte den "konsequenten politischen Kampf gegen den Zionismus, seine Erpressungsmethoden, Lügen und Frechheiten gegenüber unserem Volk". Anfang 1989 versuchten die beiden verfeindeten Neonazigruppen Versuch einer der "Bewegung", ihre Differenzen beizulegen. In einer gemeinsaAbgrenzung der men öffentlichen Erklärung vom 8. Januar hieß es, die bisherigen jeweiligen InteresAuseinandersetzungen hätten zu einer ernsthaften Beeinträchtisensphären des gung der politischen Arbeit geführt und dem Ansehen aller BeteiKühnen-bzw. ligten geschadet. Man sei daher übereingekommen, gegenseitig Mosler-Flügels auf "Angriffe auf die politische Integrität und/oder die persönliche Ehre" der jeweiligen Führungspersonen zu verzichten. Nach Auffassung der Gruppe Kühnen war das Abkommen noch nicht als endgültiger Friedensschluß, sondern als "Waffenstillstand" anzusehen, der es beiden Flügeln ermögliche, sich auf den eigentlichen Hauptfeind, nämlich das zu stürzende "System", zu konzentrieren. Hinter diesem Kompromiß stand offenbar die Absicht, die Chancen des neonazistischen Lagers bei anstehenden Wahlen zu erhöhen, wobei beiden Gruppen eine Abgrenzung der Interessensphären und Aktionsebenen vorschwebte. Die von Kühnens Anhängern getragene Nationale Sammlung (NS) wollte nämlich bei den Kommunalwahlen in Hessen am 12. März kandidieren, während die Gruppe Mosler ihre politischen Ziele im übrigen Bundesgebiet mittels der FAP, insbesondere durch Teilnahme an der Europawahl 1989, zu verwirklichen suchte. Zuvor hatten sich die Anhänger und Gegner Kühnens innerhalb der FAP in ihren Aktivitäten durch die Wahl unterschiedlicher Parteivorstände gegenseitig beeinträchtigt und damit auch eine Anerkennung des satzungskonform gewählten Vorstands durch den Bundeswahlleiter zunächst verhindert. In der Folge erklärte die Gruppe Kühnen der "Bewegung" in der Januarausgabe ihrer Schrift "Die Neue Front", sie akzeptiere nunmehr den am 5. November 1988 neugewählten FAPBundesvorsitzenden Friedhelm Busse und die übrigen Anhänger Moslers im Bundesvorstand der FAP. Der damals von Kühnens Gefolgsleuten bestellte FAP-"Notvorstand" unter Walter Matthaei sei geschlossen zurückgetreten. Damit könne die FAP an künftigen Wahlen, insbesondere an der Europawahl im Juni 1989, teilnehmen. Mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 27. Januar stellte der BunVerbot der desminister des Innern fest, daß sich die Nationale Sammlung Nationalen Samm(NS) gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und deshalb lung (NS) verboten sei; zugleich ordnete er die Auflösung und die Einziehung des Vermögens an. Zur Begründung führte der Bundesminister des Innern aus, die NS wolle ihrem "Manifest" zufolge eine "nationalund Sozialrevolutionäre Alternative" zu unserer verfassungsmäßigen Ordnung aufbauen. Ihr Grundsatzprogramm beruhe in wesentlichen Aussagen auf dem NSDAP-Programm von 84 1920 in der von Kühnen vorgenommenen Kommentierung. Die NS erstrebe die Aufhebung des NSDAP-Verbots und die Neugründung einer Partei gleichen Zuschnitts. Das offene Bekenntnis der NS zum Nationalsozialismus lasse darauf schließen, daß die NS in vergleichbar aggressiv-kämpferischer Haltung wie seinerzeit die NSDAP gegen die verfassungsmäßige Ordnung vorgehen wolle. Im Vollzug des Vereinsverbots durchsuchte die Polizei am 9. Februar über 40 Wohnungen in mehreren Bundesländern mit Schwerpunkt in Hessen. Dabei konnten die Beamten eine Gasmaske, zwei Stahlhelme, Dekorationsund Schreckschußwaffen mit Munition, mehrere Videokassetten, Funkgeräte und umfangreiches neonazistisches Propagandamaterial sicherstellen. In Bayern waren Wohnund Geschäftsräume von fünf Aktivisten im Raum München und Bamberg betroffen. Gegen das Verbot hat die NS Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Gründung der Unmittelbar nach der Auflösung der NS erklärte Kühnen, er habe Initiative Volkswille bereits eine neue Vereinigung mit der Bezeichnung "Initiative Volkswille" gegründet, mit deren Hilfe er die nationalsozialistische Bewegung wieder um sich sammeln werde; auch wolle er die FAP wieder verstärkt für seine Ziele nutzen. Die "Initiative Volkswille" trat 1989 in Bayern lediglich durch Verbreitung von Aufklebern und sonstigem Propagandamaterial mit Aufschriften wie "Scheinasylanten raus" und "Der Wille des Volkes ist unser Auftrag" in Erscheinung. Aktivitäten zum Das 1984 von Kühnen initiierte Komitee zur Vorbereitung der 100. Geburtstag Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers (KAH) wollte Hitlers den 20. April 1989 zum Anlaß spektakulärer Aktionen nehmen, die das angeblich unübersehbare Gewicht der "Bewegung" verdeutlichen sollten. So erklärte das KAH das Jahr 1989 zum "Adolf-HitlerJahr". Es forderte seine Anhänger auf, das "A-H-Symbol mit der '100' an die Mauern" zu sprühen und "jede Gelegenheit" zu nutzen, zum 100. Geburtstag des unvergessenen "deutschen Zeitenwenders" an "Deutschlands größten Sohn" zu erinnern. In München stellte die Polizei am 18. April bei fünf Aktivisten der "Bewegung" rund 140 Schriften mit dem Symbol des KAH und dem Aufdruck "Erschienen zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers" sicher. In mehreren Gemeinden in Bayern wurden seit Mitte April Parolen wie "20.04.89 -- 100 Jahre: A. Hitler -- Wir werden weitermarschieren -- Deutschland den Deutschen -- FAP" geschmiert. In einer Tageszeitung erschien die Anzeige "A.H. 100 -- Wir gratulieren -- FAP-KV Aschaffenburg". Gleichwohl erreichten die neonazistischen Aktivitäten anläßlich des 100. Geburtstags Adolf Hitlers bundesweit längst nicht das angekündigte Ausmaß, zumal sich das KAH in der Öffentlichkeit bewußt zurückhielt. Größere Ausschreitungen konnten aufgrund der engen Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verhindert werden. 85 Schrift Erschienen zum l O O . Geburtstag der "Bewegung" ADOLF HITLERS (Gruppe Kühnen) Herausgeber: Die Gesinnungsgemeinschaft der NEUEN FRONT Anhänger der "Bewegung" beteiligten sich am 19. August in WunGedenkkundsiedel an einem Aufzug zum Gedenken an den am 17. August gebung für 1987 verstorbenen "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß. Zu der Rudolf Heß in von einem Neonazi aus Nordrhein-Westfalen angemeldeten VerWunsiedel sammlung fanden sich rund 200 Personen ein, darunter auch Rechtsextremisten aus Belgien, Dänemark und Österreich. Die Demonstranten zeigten Spruchbänder mit Aufschriften wie "Märtyrer für Deutschland Rudolf Heß" und forderten in Sprechchören "Aus, aus, Ausländer raus!", "Deutschland den Deutschen!" und "Rotfront verrecke!". Bei der Schlußkundgebung erklärte der führende Aktivist der "Bewegung" (Gruppe Kühnen) Christian Worch aus Hamburg, Wunsiedel sei zur bekanntesten deutschen Kleinstadt geworden, weil hier ein Mann beigesetzt sei, dem mehr historische Bedeutung zukomme als allen bisherigen Politikern der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus traten Kühnens Anhänger wie im Vorjahr auch un"Vorfeldorganiter Bezeichnungen wie "Antizionistische Aktion" (AA), "Antikommusationen" der nistisches Aktionsbündnis" (Antiko) und "Freie Gewerkschaftsbe"Bewegung" 86 wegung" (FGB) auf. Diese "Vorfeldorganisationen" der "Bewegung" fanden indes als reine Propagandainstrumente ohne organisatorische Struktur kaum Resonanz. Ihr Werbematerial enthielt Aufschriften wie "Keine Wiedergutmachungszahlungen mehr! 100 Milliarden sind genug!", "Palästina ist überall! Der Zionismus muß ausgetilgt werden", "Schlagt die Linken, wo ihr sie trefft" und "Nieder mit den Arbeiterverrätern der Systemgewerkschaften. Deutsche Arbeiter kommt zu uns!". Das Landgericht München I verurteilte Kühnen am 10. Februar wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 900 DM. Das Berufungsgericht bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts München vom 15. November 1988. Anlaß des Verfahrens war eine nicht angemeldete Kundgebung der NS am 28. Mai 1988 in der Münchener Fußgängerzone, bei der Kühnen eine Rede über seine politischen Ziele gehalten hatte. Das Amtsgericht Frankfurt a.M. ordnete am 8. bzw. 22. März die allgemeine Beschlagnahme der Druckschrift "Die Neue Front" (Ausgabe Oktober/November/Dezember 1988) an. In der von Anhängern Kühnens herausgegebenen Broschüre waren Parolen und Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen abgedruckt. 5.3 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) Die ideologische Ausrichtung der 1979 gegründeten FAP wird nach wie vor durch Anhänger der neonazistischen "Bewegung" bestimmt, die seit dem Verbot der ANS/NA im Dezember 1983 ihre politischen Bestrebungen unter dem organisatorischen Dach der FAP fortsetzen. Von diesen Neonazis wird die politisch unbedeutende Partei maßgeblich gesteuert. Mit der Spaltung der "Bewegung" übertrugen sich die zwischen Anhängern und Gegnern Kühnens bestehenden Differenzen auch auf die FAP und machten deren personelle und organisatorische Situation immer verworrener. Inzwischen hat die Gruppe Kühnen der "Bewegung" durch die AnSchwindende erkennung des von Anhängern Moslers im November 1988 neugeBedeutung wählten FAP-Vorstands ihren Führungsanspruch in der FAP fallengelassen. Die vorangegangenen Flügelkämpfe, aber auch der intern umstrittene Führungsstil der jetzigen Parteispitze beeinträchtigten Struktur und Aktivitäten der Partei nachhaltig und ließen ihre Attraktivität weiter schwinden. Rückläufige Der Mitgliederbestand der FAP ging 1989 auf schätzungsweise Mitgliederzahlen 350 (1988: 500) Personen zurück; davon sind rund 30 (1988: 60) Anhänger in Bayern aktiv. Bundesvorsitzender ist seit dem Bundesparteitag 1988 der ehemalige Leiter der verbotenen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/ PdA) Friedhelm Busse; für den führenden Aktivisten der "Bewegung" Jürgen Mosler wurde kurz darauf das Amt des Generalse- 87 Intern Inneres Organ der FAP kretärs geschaffen. Als stellvertretende Generalsekretäre fungieren Volker Heidel und der Münchner Neonazi Michael Swierczek, der auch den am 23. September 1989 neugegründeten FAP-LandesNeuer FAPverband Bayern leitet. Weitere Landesverbände bestehen in BaLandesverband den-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und NordBayern rhein-Westfalen; der Landesverband Bremen hat sich im Mai 1989 aufgelöst. In Bayern bestehen noch die Kreisverbände Ansbacher Land, Aschaffenburg, München und Nürnberg. Von den übrigen Untergliederungen sind einige zur "Bewegung" (Gruppe Kühnen) übergewechselt und seitdem nicht mehr unter der Bezeichnung FAP in Erscheinung getreten; andere haben ihre Aktivitäten völlig eingestellt. Bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 18. Juni fand die Mißerfolg bei der FAP nur minimale Resonanz und konnte keinen Abgeordneten in Europawahl das Europaparlament entsenden. Sie erreichte bundesweit 19.151 Stimmen (0,1 %), davon 3.397 (0,1 %) in Bayern. Gleichwohl betonte sie nachträglich, daß schon die Teilnahme an der Europawahl 1989 für die FAP einen "Riesenerfolg" bedeute, da die Partei trotz personeller Schwächen in nur zwei Monaten die erforderlichen Unterstützungsunterschriften gesammelt habe. Das zentrale Wahlkampfmotto der FAP "Raus aus der EG!" bedeute nicht, daß sich die FAP "gegen Europa als solches" oder gegen eine Annäherung der europäischen Völker wende. Die FAP lehne lediglich die "sogenannte Europäische Gemeinschaft" ab, in der die Deutschen "Zahlmeister" seien und darüber hinaus die durch den "Abbau der Grenzen", den europäischen Binnenmarkt und die "Angleichung der Gesetze auf EG-Ebene" bedingten Nachteile und Gefahren hinnehmen müßten. Im Parteiorgan "FAP-Intern" kritisierte die FAP, daß in der BerichtAgitationsthemen erstattung über den Beginn des Zweiten Weltkriegs stets nur vom "deutschen Überfall auf Polen" die Rede sei. Es sei eine Schande, wie manche deutsche Politiker "in diesen Tagen vor Polen kriechen", gerade als ob die Deutschen als "Völkerrechtsbrecher" über Jahrzehnte hinweg polnisches Land besetzt hätten. Des weiteren erklärte die Partei, das deutsche Volk dürfe sich nicht von 88 Fremden beeinflussen lassen, die "uns eine andere Kultur und eine andere Arbeitsauffassung predigen". Insofern sei "eine Blutauffrischung mit Deutschen aus Mitteldeutschland und dem Osten", aber auch der Kinderreichtum der deutschen Einwanderer zu begrüßen. Damit sei "die Gefahr, zur Minderheit im eigenen Land zu werden, wohl zunächst einmal gebremst". Ziel der FAP bleibe ein "vereintes deutsches Reich", das richtungsweisend für Europa sei. Wenig Die Aktivitäten der FAP-Anhängerschaft in Bayern bestanden im Außenwirkung in wesentlichen in internen Zusammenkünften und propagandistiBayern schen Aktionen. Das dabei verbreitete Werbematerial enthielt Aufschriften wie "Deutschland ruft", "Türken raus!", "Wahlrecht für Ausländer? Niemals!" und "Ausländer raus! Wählt FAP!". Auf Anordnung des Amtsgerichts München durchsuchte die Polizei am 13. September die Wohnungen und Geschäftsräume von 29 FAP-Anhängern und stellte u.a. Stahlruten, Hakenkreuzfahnen, NS-Embleme, NS-Schriften und ein Handbuch mit einer Anleitung Exekutivzur Herstellung von Sprengstoff sicher. Der Schwerpunkt der Exemaßnahmen kutivmaßnahmen lag im Raum Kronach. Die Betroffenen stehen im Verdacht, bei einer Sonnwendfeier der FAP am 24. Juni in Landsham, Landkreis Ebersberg, Ansteckembleme der im Februar 1989 verbotenen Nationalen Sammlung (NS) getragen und dadurch gegen ein vollziehbares Vereinsverbot verstoßen zu haben. 5.4 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle Rückläufige Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen neonazistischen, antiseTendenz mitischen und rassistischen Vorfälle verringerte sich gegenüber dem Vorjahr von 208 auf 166. In weiteren 159 (1988: 175) äußerlich vergleichbaren Fällen war ein rechtsextremistisches Motiv nicht erkennbar bzw. nicht vorhanden (z.B. beim Verwenden von NS-Symbolen als Mittel der politischen Diffamierung). In München und Nürnberg ereigneten sich mit 23 (1988: 40) bzw. 14 (1988: 19) rund 22% (1988: 28%) aller Vorfälle (ohne die genannten "allgemeinen Verdachtsfälle"). Meist handelte es sich um Schmierund Klebeaktionen, bei denen Hakenkreuze und SS-Runen gesprüht oder Parolen wie "Heil Hitler", "Sieg Heil" und "Kanaken raus" angebracht Vorübergehende wurden. Eine vorübergehende Häufung war im Zusammenhang mit Häufung zum dem 100. Geburtstag Adolf Hitlers zu verzeichnen. So verbreiteten 20. April unbekannte Täter seit Mitte April in München Hitlerbilder mit einem Hakenkreuz und dem Aufdruck "Der größte Sohn Deutschlands, Adolf Hitler, 1889 -- 1989" sowie Pläne einer "Vernichtungsanlage -- Modell 'Jude verrecke'". In Aschaffenburg und Unterhaching, Landkreis München, wurden Hakenkreuze und Parolen wie "20.04.89 - A. Hitler 100 J.", "100 A. H. - 44 Jahre Knechtschaft" und "100 A. H. -- Besatzer raus" geschmiert. An einer Fußgänger- 89 ampel in Augsburg und am Mahnmal für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in Berg, Landkreis Hof, wurden am 20. April Hakenkreuzfahnen angebracht. Anlässe für Ermittlungsverfahren waren auch das Tragen von NS-Symbolen an Kleidungsstücken, die Beschädigung jüdischer Gedenkstätten sowie anonyme Beleidigungen und Bedrohungen aus rassistischen bzw. antisemitischen Motiven. Eine Aufklärung gelang in 38,7% (1988: 54,3%) der Fälle. Unter den ermittelten 155 Tätern (1988: 246) befanden sich 12 (1988: 36) Minderjährige. Die Staatsanwaltschaften stellten 27 Verfahren ein. In 12 Fällen wurden die Täter verurteilt. Die Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten dauerten Ende 1989 noch an. Einer differenzierten Betrachtungsweise bedarf das äußerlich vielRechtsextremistifach neonazistisch geprägte Auftreten von Skinheads und militansches Potential bei ten Fußballfans, die z.B. verbotene nationalsozialistische Embleme, Skinheads Parolen und Grußformen verwenden. Solches Verhalten mag häufig dem unpolitischen Bedürfnis nach Selbstbestätigung und Provokation entspringen; es kann aber auch Ausdruck einer dem äußeren Erscheinungsbild entsprechenden rechtsextremistischen Motivation sein. Auch in der aggressiven Haltung gegenüber Ausländern, verbunden mit einem mißverstandenen Nationalgefühl, ergeben sich Berührungspunkte zu Neonazis, die hier Ansätze für eine Erweiterung ihrer personellen Basis suchen. Trotz punktueller Annäherung sind aber nachhaltige Werbeerfolge der Neonazis ausgeblieben. Bundesweit sind dem rechtsextremistischen Potential etwa 250 von insgesamt rund 2.500 Skinheads zuzurechnen. Die polizeilichen Ermittlungen wegen des neonazistisch geprägten Auftretens von Skinheads und militanten Fußballfans, die z.B. Hakenkreuze und SS-Runen an der Kleidung trugen, erbrachten nur in Einzelfällen Hinweise auf eine diesem äußeren Erscheinungsbild entsprechende politische Motivation der Täter. Ein gruppenbezogenes Zusammenwirken zwischen diesen Personen einerseits und Neonazis andererseits war in Bayern auch 1989 nicht feststellbar. 6. Sonstige rechtsextremistische Organisationen 6.1 Wiking-Jugend (WJ) Die 1952 gegründete WJ ist eine straff nach dem Führerprinzip ge"Nordlandleitete "volkstreue nordländische" Jugendorganisation, die sich als Ideologie" "heranzubildende Elite" versteht und ihre "kämpferische" Weltanschauung betont. Sie bekennt sich zu einer "Lebensgemeinschaft auf völkischer Grundlage" und betrachtet das Gesetz der "Auslese alles Starken und Gesunden" in sozialdarwinistischer Weise als "entscheidende Kraft im Leben". Die interne Kritik an dem von der WJ-Bundesführung vertretenen Kurs einer engen Zusammenarbeit 90 Organ der WJ mit Neonazis ist inzwischen verstummt. Die Bedeutung der WJ liegt insbesondere darin, daß sie Kindern und Jugendlichen erste Begegnungen mit rechtsextremistischem Gedankengut vermittelt. Organisation Die in Gaue gegliederte WJ mit Sitz in Stolberg/Nordrhein-Westfaunverändert len zählt im Bundesgebiet rund 380 (1988: 400) Mitglieder, davon wie im Vorjahr etwa 60 in Bayern. Bundesführer ist Wolfgang Nahrath aus Stolberg. In Bayern bestehen die Gaue "Bayern" in Freising und "Franken" in Stockstadt, Landkreis Aschaffenburg. Die WJ unterhält Kontakte zu Jugendgruppen gleichen Namens und gleicher Zielsetzung in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Spanien und in den Niederlanden. Publikationsorgan des Bundes ist die vierteljährlich erscheinende Schrift "Wikinger" in einer geschätzten Auflage von 800 Exemplaren. Der im Vorjahr vom Gau Bayern herausgegebene "Odalbrief" wurde 1989 nicht mehr festgestellt. In Bayern beschränkten sich die öffentlichen Aktivitäten der WJ im wesentlichen auf Zeltlager und Fahrten. Am 31. Dezember veranstaltete die WJ im Raum Hilders, Kreis Fulda, ihr traditionelles Wintertreffen. Am späten Nachmittag reiste eine Gruppe von 20 Perso- 91 nen in die DDR, um dort zu demonstrieren. Parallel dazu marschierten rund 15 WJ-Anhänger diesseits an der innerdeutschen Wintertreffen an Grenze entlang, entzündeten Fackeln, sangen Lieder und riefen der innerParolen in Richtung Grenze. Die hessische Polizei löste die Verdeutschen Grenze sammlung auf. Im Verlauf des Tages wurden in Hessen 50 WJ-Anhänger in Gewahrsam genommen und zahlreiche Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Waffenbzw. das Versammlungsgesetz erstattet. Im Landkreis Rhön-Grabfeld trafen sich gegen Mitternacht rund 50 WJ-Angehörige bei Bad Königshofen. Beim Eintreffen der Polizei löste sich die Versammlung auf. 6.2 Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) Die 1960 in Frankfurt a.M. von ehemaligen SSund NSDAP-Angehörigen gegründete GFP stellt vor allem ein Podium für Publizisten dar, die rechtsextremistisches Gedankengut vertreten. Sie will in einer angeblich "durch Siegerrechte und Besiegtenpflichten beschränkten Öffentlichkeit" eine "Freistatt für den deutschen Gedanken und das deutsche Wort" schaffen und erhalten. So wendet sie sich gegen die "Entstellungen in der deutschen Geschichtsbetrachtung" und die "unwahren Darstellungen der Ursachen und Hintergründe beider Weltkriege" sowie "gegen jede Unterdrükkung der Meinungsvielfalt". In Wirklichkeit scheint sich ihr "geistiger Kampf" in erster Linie gegen die Indizierung rechtsextremistischer Veröffentlichungen durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften zu richten. Die Vereinigung, die ihren Sitz in Mitgliederstärkste München hat, zählt im Bundesgebiet wie im Vorjahr rund 400 Mitrechtsextremiglieder. Vorsitzender ist seit Mai 1985 Dr. Gert Sudholt. Als Publistische Kulturkationsorgan erscheint vierteljährlich die Schrift "Das Freie Forum". vereinigung Unter dem Motto "Das Ende der Nachkriegszeit" hielt die GFP vom 13. bis 15. Oktober in Planegg, Landkreis München, ihren Jahreskongreß ab. An der geschlossenen Veranstaltung beteiligten sich bis zu 200 Personen. Als Redner traten u.a. der frühere NPD-Vorsitzende Adolf von Thadden und der ehemalige NPD-Funktionär Günter Deckert auf. 6.3 Freundeskreis Ulrich von Hütten Der im Februar 1982 von Rechtsextremisten gegründete Freundeskreis Ulrich von Hütten mit Sitz in Starnberg vertritt rechtsextremistische, insbesondere rassistische Thesen und verbreitet Äußerungen, die das NS-Regime verharmlosen. Die Vereinigung zählt wie im Vorjahr bundesweit etwa 300 Mitglieder. Vorsitzende ist die Präsidentin der Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) in Österreich Lisbeth Grolitsch. Wie im Vorjahr trat der Freundeskreis vorwiegend mit der Herausgabe und Verbreitung des Publikationsorgans "Huttenbriefe -- für 92 Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht" in Erscheinung. Eine zum 100. Geburtstag von Adolf Hitler herausgegebene Sondernummer Glorifizierung glorifizierte Hitler als "Weltbeweger", der "Deutschland und Europa Hitlers vor der Bolschewisierung gerettet" habe. Sein Kampf habe "der Wiederherstellung des Lebensrechtes des deutschen Volkes" gegolten. In der "Entwicklung der urwüchsigen Volkskraft" und der "Erhaltung der eigengearteten Kulturen" habe Hitler die Lösung der sozialen Frage gefunden. Seine "Idee der sozialen Volksgemeinschaft" habe schließlich über die "Klassenkampfideologie" gesiegt. Der "Führer-Staat" habe "im Einklang mit der Verfassung" gestanden; seine Aufbauperiode sei jedoch "durch den Ausnahmezustand eines erzwungenen Krieges gehemmt" und beendet worden. Rassistische In der Juni-Ausgabe hieß es, der "Versuch der völligen Zerstörung Thesen der naturgegebenen Bedingungen des Menschen durch das jüdische Denken" erreiche "in der Marxschen Wahnidee einen widerwärtigen Höhepunkt". Das "herrschende System" sei "infolge seiner Unterwerfung unter die feindliche Umerziehungsideologie" unfähig, die mit der "Erhaltung des Ganzen der leistungsfähigen, genetischen Gemeinschaft der Deutschen" zusammenhängenden Probleme zu begreifen. Das "arterhaltende Bewußtsein" müsse "die letztlich bestimmende Kraft" sein, da "das Leben auf Dauer angelegt" sei und "niemals im Individuum seinen Endzweck" habe. 6.4 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) Die DDF wurde (am 1. April 1983 auf Initiative des früheren Generalmajors der Wehrmacht Otto Ernst Remer nach dessen Trennung vom Freundeskreis Ulrich von Hütten gegründet. Sie zählt wie im Vorjahr etwa 160 Mitglieder; ihr Sitz befindet sich seit 1987 in Bad Bocklet, Landkreis Bad Kissingen. Herausgeber des DDF-Organs "Recht und Wahrheit" (vormals "Der Bismarck-Deutsche") und neuer Vorsitzender der DDF ist Georg Albert Bosse. Er löste Anfang Juli den bisherigen Vorsitzenden Otto Ernst Remer ab, der bei der Jahreshauptversammlung in Weinheim an der Bergstraße (Baden-Württemberg) auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte. 93 Doppelausgabe DM 6,Recht und Wahrheit Stimme des Bismarck-Deutschen 5. Jahrgang Nr. 3 + 4 März/April 1989 Neben rassistischem Gedankengut propagierte die DDF vor allem NS-Apologie ein auf Rehabilitierung des NS-Regimes ausgerichtetes Geschichtsbild. So vertrat sie die Auffassung, nur solchen Völkern sei ein Weiterbestehen sicher, die sich "zur volkerhalten(d)en Einheit von Blut, Boden, Kultur und Sprache bekennen". Sie würdigte Adolf Hitler als "Architekt des III. Reichs der Deutschen", der die "Überwindung des Schandvertrages von Versailles" angestrebt, von einer "nationalen Wiedergeburt Deutschlands in gesicherten Grenzen" geträumt und für "soziale Gerechtigkeit und Wohlstand für alle" gekämpft habe. Des weiteren wurde im DDF-Organ den "Bonzen" der CDU vorgeworfen, sie betrieben eine "Politik der Zerstörung" gegen das deutsche Volk, eine "Politik der Vernichtung" gegen die deutsche KulDiffamierung tur sowie eine "Politik der rücksichtslosen Ausbeutung und Erdemokratischer pressung im Auftrage verbrecherischer Gruppierungen und MächInstitutionen te" gegen die lebende Generation und hätten gegen kommende Generationen eine "Politik des Volksmordes" eingeleitet. Gegen den für den Inhalt des DDF-Organs presserechtlich Verantwortlichen ist ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen anhängig, da die Doppelausgabe März/April 1989 ein Kopfbild Hitlers enthalten hatte. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indizierte am 19. Dezember den vom vereinseigenen Verlag angebotenen Videofilm "Vergasungs-Öfen". Für diesen Film hatte das DDF-Organ mit dem Hinweis geworben, immer wieder werde "die 'Tatsache der Menschenvergasung' durch das Zeigen von Krematorien suggeriert"; der Film stelle diese "Dokumentenverfälschung" richtig. 7. Organisationsunabhängige Publizistik Die neun Verlage, Vertriebsund Buchdienste in Bayern, die Publikationen mit rechtsextremistischem Inhalt herausgeben bzw. verbreiten, entwickelten 1989 wiederum eine beachtliche Tätigkeit. So betrug die Auflage der periodisch herausgebenen einschlägigen Druckschriften monatlich 500.000 (1988: 410.000) Exemplare, wo- 94 Erhöhte Gesamtbei erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen nicht eingerechnet auflagenzahl sind. Diese Steigerung der Auflagenzahl steht in Zusammenhang mit der Beteiligung der DVU-Liste D an der Europawahl 1989. Das Angebot umfaßte außerdem Bücher mit rechtsextremistischem Inhalt sowie Schallplatten, Tonkassetten und Videofilme. DSZ-Verlag als Wirkungsvollstes Propagandainstrument des Rechtsextremismus Schwerpunkt der in der Bundesrepublik Deutschland ist weiterhin die Druckschrifrechtsten und Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) in München unter extremistischen der Leitung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erscheinen die "DeutPublizistik sche National-Zeitung" (DNZ) mit einer Wochenauflage von etwa 65.000 (1988: 70.000) Exemplaren, der "Deutsche Anzeiger" (DA) mit wöchentlich etwa 30.000 (1988: 20.000) Exemplaren und die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) mit einer wöchentlichen Auflage von rund 25.000 (1988: 22.000) Exemplaren. Bei Werbeaktionen werden die Auflagen beträchtlich erhöht. Dr. Frey ist auch Geschäftsführer der Freiheitlichen Buchund Zeitschriftenverlags GmbH (FZ-Verlag) in München, deren Buchdienst Werke zur "Durchsetzung der historischen Wahrheit" gegen die "antideutschen Umerzieher" sowie Beiträge über das "Sündenregister deutscher Politiker" anbot, das Steuergeldverschwendung, Asylbetrug und den Versuch, Deutschland "umzuvolken", einschließe. Unterstützung der Die Wochenzeitungen Dr. Freys, die auch als Sprachrohre der DVU-Liste D bei DVU-Liste D fungieren, unterstützten die Kandidatur dieser Partei der Europawahl bei der Europawahl 1989. Unter der Überschrift "Wahlboykott: Sinnvoll oder Unfug?" riefen sie dazu auf, sich bei der Europawahl am 18. Juni nicht der Stimme zu enthalten oder den Stimmzettel ungültig zu machen. Dies sei kein geeigneter Protest gegen die "verfehlte Politik der Herrschenden". Jede Stimme für die DVU-Liste D treffe die Etablierten dagegen am Nerv, weil für jeden Abgeordneten der DVU-Liste D ein Abgeordneter der Etablierten weichen müsse. Jeder Wähler der DVU-Liste D nehme darüber hinaus den anderen Parteien fünf Mark an Wahlkampfkostenerstattung weg und spende sie damit der "deutschen Oppositionskraft". Agitation gegen Breiten Raum nahm ferner wie im Vorjahr die polemische BehandAusländer lung des Asylantenund Ausländerproblems unter Schlagzeilen wie "Asyl-Betrug ohne Ende" und "Milliarden Mark für Ausländer" ein. Die Zeitungen behaupteten, "Asylbetrüger" und -bewerber seien in den Kriminalstatistiken ziemlich häufig zu finden. Viele Asylantenheime seien "Rauschgift-Drehscheiben". Die Konsequenz aus diesen Mißständen müsse die sofortige Abschiebung von straffällig gewordenen Ausländern, Asylbewerbern und -betrügern sein. Die Duldung ihres Aufenthaltes als human zu bezeichnen, sei zynisch, da die "Asylbetrüger" zum Teil besser gestellt seien als unsere Rentner. NS-Apologie Zu den weiteren Agitationsthemen gehörten die Kriegsschuldfrage und in Zusammenhang damit die Vergangenheitsbewältigung, die 95 2. Weltkrieg: Ist Hitler an allem schuld? Deutsche 2295 Q ESEESi National+Zeitune R K Ü S " uoDK/u-i" freiheitlich* unabhängig *überparteilich ;".:;*.,;;..*:-". 4 ^ 7 Die Lügen gegen Deutschland Wie es wirklieh zum 2, Weltkrieg kamsseitea) Deut(tfje1Dot(jen3ettuns DEUTSCHE NÄCHRICHTEN J S " (i u~j ""M HZ343C *"-.' FÜR NATfONALE P0L1TNC~ KULTUR UND WIRTSCHAFT"(tm) Was uns Asylanten kosten [ Die Grünen: Haß auf Deutschland Was uns Schein-Asylanten wirklich kosten s 4 scher Anzeiger KXSSSÄSr'**' Preihertliche Wochenzeitung ias&j-tsss R2-"? c Wie uns kriminelle Ausländer bedrohen auch zum Anlaß diffamierender Angriffe gegen demokratische Politiker genommen wurde. So veröffentlichte die DNZ zum 50. Jahrestag des Kriegsbeginns am 1. September eine auf mehrere Folgen angelegte Artikelserie "Zweiter Weltkrieg: Fakten statt Fälschungen!". Sie zielte damit auf die "Profis der Vergangenheitsbewältigung und Prediger deutscher Minderwertigkeitskomplexe", die das deutsche Volk in einen "Rauschzustand" von Kollektivschuld, -Verantwortung, -haftung und -schäm versetzen und es für "fremde Anmaßungen und Ansprüche" gefügig halten wollten. Im DA hieß es in einem Beitrag "Ewig büßen für Hitler?", die "derzeit über uns hereinbrechende Welle einer erneuten -- einseitig unser Volk belastenden -- Vergangenheitsbewältigung" habe erwartungsgemäß am "50. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen" ihren Höhepunkt erreicht. In der 1953 gegründeten Nation Europa Verlags GmbH in Coburg erscheint die Monatsschrift "Nation Europa" (NE) in einer Auflage von etwa 10.000 Exemplaren. Der Verlag wird von dem 1954 gegründeten Verein "Nation Europa-Freunde" finanziell unterstützt. Gesellschafter des Verlags und Herausgeber der NE sowie Vorsit- 96 SONDERAUSGABE DM 9,80 i NATION EUROPA ÖS 70.zender des Unterstützungsvereins ist der NPD-Funktionär Peter Dehoust. Die Schrift veröffentlichte einen Artikel mit der Überschrift NS-Apologie "Zum 100. Geburtstag", in dem es hieß, Hitlers Scheitern sei "ein Unglück zumindest für alle Europäer gewesen". Hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Judenverfolgung sei vieles "noch ungeklärt, nicht nur die Frage des Ob und des eventuell tatsächlichen Umfanges von Vergasungen". Gerade in jüngster Zeit seien wieder "zahlreiche Zweifel namhafter Wissenschaftler an dieser Version der Holocaust-Behauptung aufgetaucht". Nicht zu bestreiten sei hingegen, daß Hitler "binnen weniger Jahre die Fesseln des Versailler Diktates abgestreift" und dafür gesorgt habe, daß "Deutschland für einige Jahre wieder Großmacht wurde". Unter ihm habe Europa "einen letzten Glanz" erlebt, bevor es in eine "Zeit des Niederganges" hinübergeglitten sei. Nach der "Zerschlagung des Reiches" Agitation habe sich hingegen ein "Kult des Kranken und Minderwertigen" gegen die durchgesetzt. Den Deutschen sei ein durch "geradezu unwahr"Überfremdung" scheinliche Behauptungen" genährter "Schuldkomplex hinsichtlich der Juden eingeimpft" worden. Eines Tages werde man aber "auch einen Adolf Hitler neu und gerechter beurteilen". Im Abschnitt "Nachrichten von der Überfremdungsfront" wurden durch Zusammenfassung zahlreicher negativer Presseberichte über Ausländer und Asylanten Vorurteile gegen diesen Personenkreis propagandistisch gefördert. Einleitend hieß es dazu, der Kampf gegen die "laufende Überfremdung Europas" müsse europaweit geführt werden. Immer mehr Wähler seien der "Einwanderung von hunderttausenden Negern und Asiaten" überdrüssig. Der Druffel-Verlag in Berg am Starnberger See, der vom Vorsitzenden der Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) Dr. Gert Sudholt geleitet wird, gibt Literatur heraus mit dem Ziel, sowohl "zeitgeschichtliche Quellen für eine spätere Geschichtsforschung zu sichern" als auch "gegen Umerziehung und Gehirnwäsche mit geistig-literarischen Waffen zu kämpfen". In der Verlagswerbung hieß es, mit neuen Dokumenten zur "Kriegsursachenfrage" würden "Fälschungen" widerlegt und die "etablierte Geschichtsschreibung" in ihre Schranken gewiesen. In dem Buch "Was ist Wahrheit" widerlege ein ehemaliger KZ-Häftling die "weitverbreitete These", während des Zweiten Weltkrieges seien von deutscher Seite "sechs Millionen Juden vergast" worden. Das Werk "Vom Klassenkampf zur Volksgemeinschaft" unterstreiche die "gewaltigen sozialen Errungenschaften" des Dritten Reiches. Der 1977 von Dr. Gert Sudholt übernommene Türmer-Verlag in Berg am Starnberger See gibt seit 1982 die "Deutschen Monatshefte" in einer Auflage von etwa 5.000 Exemplaren heraus. Im April erschien zum 100. Geburtstag von Adolf Hitler eine Sondernummer. Darin behauptete Dr. Sudholt, noch immer werde "der breiten deutschen Öffentlichkeit ein bis zur Unkenntlichkeit entstelltes Hitler-Bild vorgeführt". Diese "Anti-Hitler-Propaganda", die sich heute mit ungeminderter, ja sogar mit sich von Jahr zu Jahr steigender Lautstärke vollziehe, sei wohl nicht mehr vom "Haß der Sieger" geprägt, sondern habe realere Gründe. Seit die Bundesrepublik Deutschland sich nämlich bereitgefunden habe, "in die Rolle des Büßers zu schlüpfen und ständig in 'Sack und Asche' zu gehen", sei sie "für wirkliche und vermeintliche Verfehlungen der früheren Reichsregierung verantwortlich" und könne "wirtschaftlich zur Kasse gebeten werden". Der Verlag Hohe Warte -- Franz von Bebenburg KG in Pähl, Landkreis Weilheim, gibt die Schrift "Mensch und Maß" heraus, die monatlich zweimal in einer Auflage von etwa 1.500 Exemplaren erscheint. Die Schrift verwies auf ein technisches Gutachten, das ein Ingenieur im April 1988 im Prozeß gegen den "Revisionisten Ernst Zündel" einem Gericht in Toronto (Kanada) vorgelegt habe. Dieses Gutachten sei zu der "sachlichen Schlußfolgerung" gekommen, daß es in den Konzentrationslagern Auschwitz, Birkenau und 98 Majdanek "keine Gaskammern zur Menschentötung" gegeben habe. Es bestätige damit, daß sich die jüdischen Organisationen zu Unrecht für den "Mythos der Gaskammern und des Völkermords" verbürgten. Die Juden in aller Welt befänden sich nun "in einer Sackgasse mit einer unüberwindlichen Mauer vor sich: der Holocaust-Lüge". Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München II leitete gegen den Herausgeber ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Beleidigung und Volksverhetzung ein. Der Ederer-Verlag in München bot u.a. die Druckschriften "Terror und Terror", "Verschwörung des Verschweigens", ""Der-jüdische Eichmann und der bundesdeutsche Amaiek" und "Zionnazi Zensur in der BRD" an. Darin wurde die systematische Massenvernich- 99 tung von Juden durch die Nationalsozialisten geleugnet. Gleichzeitig wurde von den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Juden behauptet, sie würden die "Auschwitz-Lüge" aufrechterhalten, um die Bundesregierung zu Reparationszahlungen zu erpressen. Im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Beleidigung ordnete das Amtsgericht München die Beschlagnahme der genannten Schriften an. Die Polizei stellte über 1.000 Exemplare sicher. Die in Rodach b. Coburg erscheinende Zeitschrift Der Scheinwerfer erklärte unter der Überschrift "100 Jahre", Adolf Hitler sei "als Mensch immer den sauberen Weg bis zur Macht gegangen". Was sich heute in Bonn abspiele, wo "teils völlig unfähige Politiker" regierten, sei "nur eine Wiederholung von Weimar". Zu Recht habe daher Hitler schon seinerzeit die "Fäulnis des demokratischen Parlamentarismus" angegriffen. Auch sei es grotesk, ihn als Massenmörder zu bezeichnen, da er "nie einen Mordbefehl unterschrieben" habe. Zum Antisemiten sei er erst geworden, als er erkannte, daß "der naturund menschenverachtende Marxismus durch Juden etabliert" worden sei. 8. Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus Der Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus zeigte sich insbesondere in der Einfuhr und Verbreitung neonazistischer und antisemitischer Druckschriften, die überwiegend aus Österreich, Kanada und den USA stammten. So konnte die Polizei am 12. März am Grenzübergang Bad Reichenhall bei einer Fahrzeugkontrolle 109 Exemplare des Buches "Freispruch für Hitler" beschlagnahmen. Das von einem österreichischen Rechtsextremisten verfaßte und in Wien herausgegebene Druckwerk enthält Beiträge bekannter Rechtsextremisten wie Thies Christophersen und Ernst C.F. Zündel, die das Verfolgungsschicksal der Juden während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft leugnen und behaupten, die "6-Millionen-Lüge" diene nur der finanziellen Erpressung der Bundesrepublik Deutschland. Gegen das Buch bestehen Beschlagnahmebeschlüsse des Landgerichts für Strafsachen in Wien und der Amtsgerichte München und Flensburg. Ferner wurden bei einem Buchhändler in München am 7. April fünf Exemplare einer "Jubiläumsausgabe" des Buches "Mein Kampf" von Adolf Hitler sichergestellt. Der Geschäftsinhaber hatte die Druckwerke, gegen die ein Beschlagnahmebeschluß erging, vom "Nordland Forlag" aus Dänemark bezogen. Es handelte sich um Nachdrucke der Originalausgabe mit dem Titelzusatz "1889 -- 1989". Die neonazistische NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) in den USA fordert die "Ausschaltung des jüdischen Einflusses", die Überwindung des "Materialismus" durch den Nationalsozialismus und die "Neugründung der NSDAP als legale 100 Partei". Endziel sei die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staates" in einem "neuvereinigten Großdeutschen Reich" und die "Errichtung einer Neuen Ordnung auf einer rassischen Grundlage in der gesamten arischen Welt". Der Propagandaleiter der NSDAPAO Gary Rex Lauck gibt große Mengen an Agitationsmaterial heraus, darunter das Publikationsorgan "NS Kampfruf", das zweimonatlich in einer Auflage von etwa 2.000 Exemplaren erscheint. Dieses NS-Propagandamaterial geht von der Parteizentrale in Lincoln/ Nebraska den oft nur aus einer Person bestehenden Stützpunkten der NSDAP-AO im Bundesgebiet zu, denen die Weiterverbreitung im Inland obliegt. Die in Bayern festgestellten Hakenkreuzaufkleber der NSDAP-AO enthielten Aufschriften wie "Ausländer raus", "Rotfront verrecke", "Jetzt NSDAP", "NS-Verbot aufheben", "Kauft nicht bei Juden" und "Wir sind wieder da". Der Inhaber des in Toronto/Kanada ansässigen Verlags Samisdat Publishers Ltd. Ernst C.F. Zündel agitiert in dem von ihm hergestellten Propagandamaterial insbesondere gegen die "Vergasungslüge" und die "Kriegsschuldlüge". Gegen ihn sind in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Ermittlungsverfahren anhängig. In Bayern trat er im Februar bzw. März 1989 durch Verbreitung von Videokassetten mit "Samisdat-Filmen" in Erscheinung. Darin versuchte er, das Tagebuch der Anne Frank als Fälschung hinzustellen, die durch Aufrechterhaltung des "Holocaust-Schwindels" israelische Repressionen gegen die Deutschen ermöglichen solle. Die auch in Bayern verbreitete Zeitschrift Sieg des österreichischen Rechtsextremisten Walter Ochensberger veröffentlichte einen Beitrag zum 40. Jahrestag des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland. Darin hieß es, noch nie habe es im westlichen Teil des "von den Amerikanern besetzt gehaltenen Gebietes des Deutschen Reiches" so viel Freiheit für "Lüge und Heuchelei" gegeben. So sei das "Verteidigungskonzept" der NATO in Wirklichkeit ein Plan zur atomaren Vernichtung Deutschlands, dem die "Bonner Seite nie widersprochen" habe. Bei allen bisherigen Abrüstungsverhandlungen sei vielmehr "hündisches Parieren" das "herausragende Merkmal bundesdeutscher Standpunkte" gewe- 101 sen. Derart erniedrigt werde noch nicht einmal ein "sogenannter Bananenstaat". Gleichwohl sei die "Hinrichtung unseres Volkes" damit nur aufgeschoben. Das "ausgerottete deutsche Volk" würden indes "bestenfalls die Zionisten bejammern", da sie plötzlich niemanden mehr hätten, den sie "erfolgreich abkassieren" könnten. Auch fänden sie außer dem "deutschen Michel" so schnell niemanden mehr, der so vehement auf einer "Schuld" bestehe und um Annahme seiner "Bußzahlungen" flehe. 102 9. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) 1. Nationaldemokratische Organisationen: Nationaldemokratische Partei 1.400 Deutsche Stimme Deutschlands (NPD) -- monatlich -- -- Stuttgart -- 200.000 Bayern-Stimme -- unregelmäßig -- 1.100 Junge Nationaldemokraten (JN) 170 Junge Stimme -- Stade -- -- unregelmäßig -- 1.000 JN-Bayern-Info -- zweimonatlich -- 300 Nationaldemokratischer unter 10 Hochschulbund (NHB) -- München -- 2. National-Freiheitliche Organisationen: Deutsche Volksunion-Liste D 3.500 (Publizistische Sprachrohre: (DVU-Liste D) siehe DSZ-Verlag) -- München -- Deutsche Volksunion e.V. (siehe DVU-Liste D) (DVU) einschl. Aktionsgemeinschaften -- München -- 103 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) 3. Neonazistische Organisationen: Die "Bewegung" (Gruppe 50 Die Neue Front Kühnen und Gruppe Mosler), (Gruppe Kühnen) auch: -- monatlich -- einige Hundert Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers (KAH) Nationale Sammlung (NS) Initiative Volkswille Freiheitliche Deutsche Arbei30 FAP -- Intern terpartei (FAP) -- monatlich -- -- Stuttgart -- 300 Hilfsorganisation für nationale 30 Nachrichten der HNG politische Gefangene und -- monatlich -- deren Angehörige e.V. (HNG) 300 -- Frankfurt a. M. -- NSDAP-Auslandsund AufNS Kampfruf bauorganisation (NSDAP-AO) -- zweimonatlich -- -- Stützpunkte im Bundes2.000 gebiet -- 4. Sonstige Organisationen: Wiking-Jugend e.V. (WJ) 60 Wikinger -- Stolberg -- -- viermal jährlich -- 800 Gesellschaft für Freie Publizi40 Das Freie Forum stik e.V. (GFP) -- vierteljährlich -- -- München -- 700 Freundeskreis 30 Huttenbriefe -- für Volkstum, Ulrich von Hütten e.V. Kultur, Wahrheit und Recht -- Starnberg -- -- zweimonatlich -- 3.800 104 Organisation Mitglieder in Bayern Publikationen -- einschl. Sitz -- (z.T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise Ende 1989 und Auflagen -- z.T. geschätzt--) Die Deutsche Freiheits35 Recht und Wahrheit bewegung e.V. (DDF) -- zweimonatlich -- -- Bad Bocklet -- 2.500 Deutscher Block (DB) 15 -- Memmingen -- Nationalrevolutionäre Auf20 bauorganisation (NRAO), vormals: Nationalrevolutionäre -- München -- 5. Verlage: Druckschriftenund ZeitungsDeutsche National-Zeitung verlag GmbH (DSZ-Verlag) (DNZ) -- München -- -- wöchentlich -- 65.000 Deutscher Anzeiger (DA) -- wöchentlich -- 30.000 Deutsche Wochen-Zeitung / (DWZ) / -- wöchentlich -- 25.000 Nation Europa Verlag GmbH Nation Europa -- Coburg -- -- monatlich -- 10.000 Türmer-Verlag Deutsche Monatshefte -- Berg am Starnberger -- monatlich -- See5.000 Verlag Hohe Warte -- Mensch und Maß Franz von Bebenburg KG -- zweimal monatlich -- - Pähl - 1.500 - 106 3. Abschnitt Extremistische Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Wie in den vergangenen Jahren verhielt sich der weitaus größte Teil der Ausländer in Bayern auch 1989 gesetzestreu. Die Bemühungen ausländischer Extremisten, unter ihren Landsleuten weitere Anhänger für ihre extremistischen Ziele zu gewinnen und dadurch die eigene Basis zu stärken, blieben weitgehend erfolglos. Nur eine geringe Minderheit der in Bayern lebenden Ausländer ist in extremistischen oder extremistisch beeinflußten Vereinigungen organisiert. Den letztgenannten Gruppen, die sich nach außen oft als "Betreuungsorganistionen" darstellen, gehören auch Mitglieder an, die nicht aus politischer Motivation beigetreten sind, sondern dort lediglich gesellige Kontakte oder Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen suchen. Dies schließt indes nicht aus, daß sie später unter dem Einfluß von dort auftretenden Agitatoren deren extremistische Auffassungen übernehmen und vertreten. Zahl der Die Zahl der in Bayern erfaßten extremistischen oder extremistisch Organisationen beeinflußten Ausländerorganisationen sank auf 132 (1988: 150); rückläufig von dieser Entwicklung waren insbesondere griechische und jugoslawische Gruppen betroffen. In der Übersicht auf der folgenden Seite sind die in Bayern bestehenden extremistischen und extremistisch beeinflußten Vereinigungen nach ihren ideologischen Standorten und politischen Zielsetzungen aufgeschlüsselt (zur Verfassungsfeindlichkeit dieser Ziele siehe Allgemeiner Überblick). Örtlich selbständige Gruppen sind dabei gesondert gezählt, auch wenn sie zu einer Dachorganisation gehören. Mitgliederzahl Die Mitgliederzahl der extremistischen und extremistisch beeinsteigt leicht an flußten Ausländergruppen in Bayern stieg von 6.700 im Jahre 1988 auf rund 6.900. Ein Aufwärtstrend war vor allem bei arabischen und kurdischen Gruppen zu verzeichnen. 107 OrthodoxNeue Linke Extrem IslamischGesamt kommunieinschl. nationaliextremistische Sozialrevostische stische Gruppen lutionäre Gruppen Gruppen Gruppen Araber1) 3 10 -- 8 21 Anzahl der Iraner 2 3 1 -- 6 Organisationen Jugoslawen -- 2 6 -- 8 ausländischer Extremisten nimmt Kurden 4 7 -- -- 11 leicht ab Türken 5 19 7 20 51 Sonstige2) 25 7 3 -- 35 Gesamt 39 48 17 28 132 ') Staaten der arabischen Liga 2 ) darunter Äthiopier (6), Griechen (17), Italiener (6) Die Aktivitäten der extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländergruppen waren weiterhin von den Konflikten und Krisen in den Heimatländern der Mitglieder, aber auch von der Situation Konflikte und Krider Ausländer im Bundesgebiet bestimmt. So agitierten ausländisen in den Heimatsche Extremisten gegen die behauptete Ausländerfeindlichkeit der ländern beeinflußdeutschen Bevölkerung sowie gegen die Ausländerpolitik der ten Aktivitäten exBundesregierung und forderten die Einführung des Wahlrechts für tremistischer AusAusländer. Propagandistische Angriffe galten ferner der ausländiländergruppen schen Staaten gewährten deutschen Wirtschaftshilfe und der Lieferung von Rüstungsgütern an Regierungen der Heimatländer. Mit Versuchen, politische Bestrebungen in den Heimatländern durch gewaltorientierte Aktionen vom Gastland her zu initiieren oder zu fördern, beeinträchtigten ausländische Extremisten auch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Linksextremistische Ausländergruppen fanden nach wie vor die Unterstützung ideologisch gleichgesinnter deutscher Organisationen. Umgekehrt beteiligten sie sich auch an Aktionen deutscher Linksextremisten. Die mit Abstand aktivste Gruppe extremistischer Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland war 1989 die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die ein gegen ehemals führende PKK-Funktionäre anPKK aktivste hängiges Strafverfahren zum Anlaß zahlreicher spektakulärer AkGruppe extremistitionen nahm. Auch von militanten Vereinigungen der türkischen scher Ausländer Neuen Linken, die nach wie vor den gewaltsamen Sturz der türkischen Regierung anstreben, geht weiterhin eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aus. Aufmerksamer Beobachtung bedarf auch die Agitation islamisch-extremistischer Türken. 108 Palästinensische Extremistengruppen befaßten sich schwerpunktmäßig mit dem Widerstand der palästinensischen Bevölkerung in Militante den von Israel besetzten Gebieten (Intifada). Ein unvermindertes palästinensische Sicherheitsrisiko stellen insbesondere palästinensische Gruppen Gruppen weiteraußerhalb der PLO dar, die nicht davor zurückschrecken, politihin gefährlich sche Initiativen zur Lösung des Palästinenserproblems durch Gewaltaktionen zu diskreditieren und zu durchkreuzen. Niedergang der Die politischen Veränderungen in der DDR und in Osteuropa wirkorthodoxen ten sich offenbar auch auf die Situation der orthodox-kommunis^Kommunisten schen Ausländergruppen aus, die von allgemeiner Stagnation, mitunter auch von Verunsicherung gekennzeichnet war. So gingen insbesondere von den orthodox-kommunistischen Gruppen Griechenlands, Italiens und Spaniens keine nennenswerten Aktivitäten aus. 2. Arabische Gruppen Die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) ist die Dachorganisation der palästinensischen Befreiungsbewegung. Obwohl sie sich seit einiger Zeit vom Terrorismus verHaltung der PLO bal distanziert, befürwortet die PLO gewaltsame Aktionen gegen zwiespältig Ziele in den von Israel besetzten Gebieten Palästinas weiterhin als legitime Mittel des palästinensischen "Befreiungskampfes". Vorsitzender des Exekutivkomitees der PLO und zugleich Leiter der zahlenmäßig stärksten PLO-Organisation Al Fatah ist Yassir Arafat, der Anfang August auf dem 5. Generalkongreß der Fatah in Tunis den Palästinenseraufstand im Westjordanland und Gazastreifen (Intifada) als neue Chance für den Frieden bezeichnete. In der Abschlußerklärung traten die Delegierten für die Fortsetzung des bewaffneten Kampfes in den israelisch besetzten Gebieten ein; Verfechter eines härteren Kurses, die sogar militärische Aktionen außerhalb dieses Territoriums propagiert hatten, konnten sich nicht durchsetzen. Schwerpunkt Der auf Initiative der PLO gegründete Sozialrevolutionär-nationaliIntifada stische Palästinensische Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (PAV) ist maßgeblich von der Al Fatah beeinflußt. Er hat die Aufgabe, die Al Fatah in ihrem Kampf für einen Palästinenserstaat materiell und ideell zu unterstützen und für die Ziele der Palästinenser im Gastland zu werben. Örtliche Untergliederungen sind der Verein Palästinensischer Arbeiter München (VPA) und der Palästinensische Arbeiterverband (PAV) in Nürnberg, die loyal zu Arafat stehen. Der VPA führte am 7. Januar in München eine Veranstaltung mit rund 500 Besuchern durch. Anlaß war die Gründung der Palästinenserorganisation "Al Fatah" am 1. Januar 1965; zugleich feierten die Teilnehmer auch die Ausrufung eines unabhängigen palästinensischen Staates durch den Palästinensischen Nationalrat (PNC) am 15. November 1988 in AI- 109 gier. Ein VPA-Funktionär gab einen historischen Überblick über die Geschichte des palästinensischen Volkes seit 1948. Insbesondere ging er auf die in Algier gefaßten Beschlüsse des PNC und den Aufstand der Palästinenser (Intifada) in den von Israel besetzten Gebieten ein. Das linksextremistisch beeinflußte, im Frühjahr 1985 von Gegnern Arafats in Nürnberg gegründete Palästina-Libanon-Komitee (PLK) veranstaltete am 5. März gemeinsam mit der Gruppe Erlangen des Sozialrevolutionär-nationalistischen Palästinensischen Studentenverbandes in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. (PSV) in Erlangen einen Palästina-Abend mit rund 200 Teilnehmern. Die dargebotenen politischen Lieder behandelten Themen wie die Intifada und die Massaker des Jahres 1985 in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Schatila. Weitere vom PSV und PAV bzw. PLK organisierte Intifada-Solidaritätsveranstaltungen, an denen sich zwischen 50 und 100 Personen beteiligten, fanden seit Mitte Oktober monatlich in Nürnberg bzw. Erlangen statt. 3. Iranische Gruppen 3.1 Orthodoxe Kommunisten Die seit Mai 1983 im Iran verbotene und aufgelöste Tudeh-Partei ist im Bundesgebiet überwiegend konspirativ tätig. Sie bekennt sich zum bewaffneten Kampf und fordert den Sturz der iranischen Regierung durch Anwendung revolutionärer Gewalt. Neben VerOrthodox-kommubindungen zur Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) unterhält nistische Iraner sie auch Kontakte zu kommunistischen Organisationen im Nahen wenig aktiv Osten. Als Parteiorgane erscheinen die Wochenzeitschrift "Nameh Mardom" (Botschaft des Volkes) und das deutschsprachige Informationsblatt "Tudeh-Bulletin". Nennenswerte Aktivitäten der Tudeh-Partei waren 1989 in Bayern nicht zu verzeichnen. In der ebenfalls orthodox-kommunistischen Organisation Iranischer Studenten, Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) -- O.I.S. -- haben sich im Bundesgebiet die Anhänger der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) gesammelt. Diese Gruppierung hatte sich 1980 wegen ideologischer Differenzen von der im Jahre 1971 gegründeten marxistisch-leninistischen Guerilla-Organisation der Volksfedayin, die maßgeblich am Umsturz im Iran beteiligt war, abgespalten. Die O.I.S. trat in Bayern nur mit kleineren Aktionen in Erscheinung. In Landsberg a.Lech wurden am 20. Januar an einem Informationsstand neben der O.I.S.-Publikation "Iran-Informationsblatt" Flugblätter verteilt, die zum Wirtschaftsboykott des Iran aufriefen und die Freilassung der politischen Gefangenen im Iran sowie die Beendigung der Hinrichtungen im Heimatland forderten. 110 3.2 Neue Linke Die Anhänger der im Iran als Guerillakämpfer tätigen Volksmojahedin haben sich im Bundesgebiet in der Iranischen Moslemischen Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e.V. (IMSV) zusammengeschlossen. Die Volksmojahedin, eine Organisation islamischer Fundamentalisten mit marxistischer Prägung, waren maßgeblich an der Revolution im Iran beteiligt, gerieten aber nach dem Umsturz zunehmend in Opposition zur neuen Regierung, gegen die sie seit Juni 1981 bewaffneten Widerstand leistet^ Anhänger der IMSV verbreiteten wie im Vorjahr in mehreren Städten Bayerns die Schrift "Mojahed" (Kämpfer) und das IMSV-Organ "Freiheit für Iran", die sich beide mit der Unterdrückung des iranischen Volkes durch seine derzeitige Regierung befaßten. Wegen des Mordaufrufs des iranischen Revolutionsführers Khomeini gegen den Schriftsteller Salman Rushdie demonstrierten am 25. Februar insgesamt mehr als 1.000 IMSV-Anhänger in 23 Städten des Bundesgebietes gegen die Islamische Republik Iran. Sie forderten internationale Maßnahmen gegen den Iran, so den Ausschluß aus der UNO und die Verhängung eines Erdölund Waffenembargos. Daneben machten sie auf Hinrichtungen im Iran und die Situation in den dortigen Gefängnissen aufmerksam. Ferner riefen sie zur Unterstützung der "Nationalen Befreiungsarmee" (NLA) der Volksmojahedin auf. An der Kundgebung in München beteiligten sich knapp 100 Personen. Weitere Versammlungen in Augsburg, Nürnberg und Würzburg, zu denen insgesamt etwa 60 Teilnehmer mobilisiert werden konnten, fanden kaum Resonanz. Die 1984 gegründete Organisation Iranischer Demokraten im Ausland (OIDA), die ein Sammelbecken linksoppositioneller Iraner darstellt, wird vorwiegend von Anhängern der iranischen Neuen Linken beeinflußt. Sie will durch Unterstützung revolutionärer Kräfte im Iran zum Sturz des "reaktionären Regimes" beitragen. Ferner bekämpft sie den Einfluß des "Imperialismus" und ruft dazu auf, dessen Praktiken nicht nur im Iran, sondern in der ganzen Welt zu entlarven. Die Ortsgruppe München der OIDA, die u.a. Kontakte zum Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) unterhält, feierte am 18. März in München das iranische Neujahrsfest. Zu der Veranstaltung fanden sich rund 600 Besucher ein. In einem politischen Theaterstück wurde die Haltung der Industriestaaten gegenüber dem "menschenverachtenden Terrorregime" im Iran als opportunistisch kritisiert. 4. Jugoslawische Gruppen Der im Februar 1974 in Toronto/Kanada gegründete nationalistisch ausgerichtete Kroatische Nationalrat (HNV) versteht sich als Dachorganisation der kroatischen Widerstandsbewegungen auf 111 internationaler Ebene. Sein Ziel ist die Wiederherstellung des "unabhängigen Staates Kroatien" in seinen ethnischen Grenzen, wobei er für das kroatische Volk das Recht beansprucht, auf eigenem Boden durch Revolution und bewaffneten Kampf seine nationale Freiheit und staatliche Unabhängigkeit zu verwirklichen. Oberstes Organ des HNV ist das im Turnus von zwei Jahren gewählte Parlament (SABOR). Dem im November 1989 gewählten 8. SABOR gehören 30 Mitglieder an, darunter auch ein Funktionär aus Bayern. Als Basisinstitutionen des HNV bestehen im Bundesgebiet 16 Ortsausschüsse, deren Arbeit von einem Koordinationsausschuß mit Sitz in Stuttgart gesteuert wird. Aus Anlaß des Jahrestages der Gründung des "Unabhängigen Staates Kroatien" (10. April 1941) fanden am 8. April in München zwei Gedenkfeiern der kroatischen Emigration statt. An der Veranstaltung des HNV und seiner Mitgliedsorganisation Kroatisches Nationalkomitee in Europa e.V. (HNO) nahmen rund 200 Personen teil. Besondere Beachtung fand das Erscheinen von Mitgliedern und Funktionären der Kroatischen Staatsbildenden Bewegung (HDP), einer linksextremistischen Konkurrenzorganisation Kroatische des HNV. Ein Sprecher wies auf die prekäre Situation JugoslaExtremisten rufen wiens hin und forderte Aktionen zur Zerschlagung des jugoslawizu Aktionen auf schen Staates. Ein weiterer Redner rief alle kroatischen Emigrantengruppen zur Zusammenarbeit auf; vor allem müsse die Öffentlichkeit in den jeweiligen Gastländern der jugoslawischen Emigranten umfassender über die Vorgänge und historischen Zusammenhänge in Jugoslawien informiert werden. 5. Kurdische Gruppen 5.1 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Die in der Türkei verbotene PKK bekennt sich zum Marxismus-Leninismus und fühlt sich allen "sozialistischen" Ländern nach den "Prinzipien des proletarischen Internationalismus" verbunden. Sie befürwortet den bewaffneten Kampf in der Türkei und versteht die PKK beansprucht von ihr propagierte "Revolution Kurdistans" als "Teil der mit der Führungsrolle beim Oktoberrevolution begonnenen und mit den nationalen BefreiKampf gegen ungsbewegungen ständig verstärkten Revolution des Weltproletatürkische Regieriats". Ihr Ziel ist die Beseitigung des türkischen "Kolonialismus" rung und die Errichtung eines unabhängigen kurdischen Staates unter Führung der PKK. Zu diesem Zweck führt sie einen ständigen Guerillakampf gegen den türkischen Staat, wobei sich ihre Gewaltakte nicht nur gegen militärische Objekte, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung richten. Anschläge auf Mitglieder und Einrichtungen konkurrierender Kurdenorganisationen in Europa, die den von der PKK erhobenen Anspruch, zur alleinigen politischen Vertretung des kurdischen Volkes berufen zu sein, nicht anerkennen, sowie bis hin zum Mord reichende "Bestrafungsaktionen" gegen Dissi- 112 Organ der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) SERXWEBUN JI SERXWEBUN U AZADIYE BI RUMETTIR TISTEK NINE denten und Kritiker in den eigenen Reihen verdeutlichen die be sondere Militanz der Partei. So ist der PKK mit hoher Wahrscheink lichkeit ein am 13. Juni in den Niederlanden verübtes Schußwaf fenattentat zuzurechnen, bei dem der Führer der PKK-Oppositions gruppe Arbeiterpartei Kurdistans -- Revolutionäre Einheit (PKK-DB) Hüseyin Yildirim und ein ehemaliger PKK-Führungs funktionär verletzt wurden. Hierarchische Der Exilsitz der straff organisierten und äußerst konspirativ arbei Organisation tenden PKK befindet sich in Damaskus/Syrien; Generalsekretär ist Abdullah Öcalan. Die Partei wird von einem Zentralkomitee gelei tet, dessen Beschlüsse für alle Untergliederungen verbindlich sind. Der Vollzug dieser Beschlüsse wird durch das "Komitee für Parteisicherheit, Kontrolle und Nachrichtendienst" sichergestellt, das wiederum "Gruppen für spezifische Arbeiten", so z.B. bei Be strafungsaktionen gegen Dissidenten, einsetzt. Unter dem wach senden Verfolgungsdruck der türkischen Behörden begann die PKK etwa um 1980 mit dem Aufbau ihrer "Europa-Auslandsorgani sation", die den Kampf der PKK in der Türkei unterstützen und im Falle einer Niederlage als Auffangbasis zur Fortsetzung der Aktivi täten dienen soll. Führungsgremium ist das "Europakomitee", dem Gebietskomitees in mehreren westeuropäischen Ländern unter stellt sind. Im Bundesgebiet bestehen regionale Untergliederun gen, die ihrerseits die örtlichen Gruppen kontrollieren und anleiten. Die PKK zählt bundesweit rund 2.000 Mitglieder, davon etwa 300 in Bayern mit Schwerpunkten im Raum München/Augsburg, Bay reuth/Hof, Nürnberg und Ingolstadt/Regensburg. Breit gefächerte Der militärische Teil der PKK ist die Volksbefreiungsarmee Kurdi Teilund Neben stans (ARGK); dieser in den Kurdengebieten operierenden organisationen Kampfeinheit werden zahlreiche Sabotageakte und Überfälle auf kurdische Dörfer zugeschrieben. Als "politischer Arm" der Partei fungiert die 1985 gegründete internationale Teilorganisation Natio nale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK), die durch sogenannte "Kurdistan-Komitees" die Propagandaarbeit der PKK betreibt. Der 1984 gegründete Dachverband Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundes republik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) mit Sitz in Bonn, in dem die örtlichen Mitgliedsvereine der PKK zusammengeschlos sen sind, vertritt als Basisorganisation der PKK deren Interessen im Bundesgebiet. Eine weitere Nebenorganisation der PKK ist der 113 Sala A de *!* yilinda BÄdegJÄdeg ENÄdegYA RÄdegZGARÄdegYA NETEWA KURDISTAN YASASIN KÜRDISTAN ULUSAL KURTULUS CEPHESI 114 Verein patriotischer Kunstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (HUNERKOM), der die kulturellen Aktivitäten der PKK in Westeuropa organisiert. Zur Erweiterung ihres Einflusses gründete die PKK im Jahre 1987 ferner als "Massenorganisationen" die -- Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) -- Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans (YXK) -- Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) 4 sowie Anfang 1989 die -- Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK). Die Aktivitäten der PKK waren 1989 maßgeblich von dem am 24. Protestwelle gegen Oktober vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf eröffneten Strafdie Verhaftung prozeß gegen 19 ehemals führende PKK-Funktionäre bestimmt. hochrangiger Die Angeklagten stehen im Verdacht, einer terroristischen VereiniPKK-Funktionäre gung innerhalb der PKK angehört bzw. sie unterstützt zu haben. In einigen Fällen wird ihnen darüber hinaus Mord, Mordversuch, Freiheitsberaubung, gefährliche Körperverletzung und Urkundenfälschung vorgeworfen. Bereits im Vorfeld des Prozesses kam es im Inund Ausland zu zahlreichen koordinierten Solidaritätsaktionen, die einen Eindruck von der Geschlossenheit und Schlagkraft der PKK vermittelten. So protestierten Anhänger der PKK aus Belgien, Frankreich und den Niederlanden am 21. Januar an drei Grenzübergängen zur Bundesrepublik Deutschland gegen die Inhaftierung ihrer Gesinnungsgenossen. In Augsburg betraten am 26. Januar etwa 35 Kurden die Geschäftsstelle der SPD und übergaben dort Flugblätter, die das in Düsseldorf anhängige Strafverfahren als Gewaltakt gegen den "nationalen Befreiungskampf Kurdistans" bezeichneten und die Anerkennung der inhaftierten PKK-Funktionäre als politische Gefangene forderten. Am selben Tag besetzten Anhänger der PKK ein Parteibüro in Karlsruhe und ein Rundfunkhaus in Hannover. Etwa 35 Kurden drangen am 19. April in eine Zeitungsredaktion in Nürnberg ein und verlangten die Einberufung einer Pressekonferenz zwecks Abgabe einer Erklärung zur Inhaftierung der PKK-Funktionäre. Am selben Tag betrat ein Kurde in Begleitung von neun Frauen und 20 Kindern die Geschäftsstelle einer Tageszeitung in Augsburg, um ein Flugblatt zu übergeben. Darin verwies die FEYKA-Kurdistan auf einen Hungerstreik der Angeklagten und erhob die Forderung, sie als politische Gefangene zu behandeln und ihnen Hafterleichterungen zu gewähren. Ähnliche Aktionen von PKK-Sympathisanten gegen ein Pressegebäude, ein Parteibüro, Anwaltvereine und Gewerkschaftseinrichtungen waren am 19. April in Karlsruhe, Dortmund, Bonn, Köln, Hamburg und Hannover zu verzeichnen. Mitte Juni führten rund 25 Anhänger der ERNK aus Solidarität mit den angeklagten PKK-Funktionären im KOMM in Nürnberg einen Hungerstreik durch. Mit einer Demon- 115 stration am 24. Juni in Nürnberg, an der sich rund 380 Personen beteiligten, kritisierte die FEYKA-Kurdistan die Haltung der Bundesregierung gegenüber der PKK. Zu bundesweiten Protestkundgebungen am 13. Mai und 21. Oktober in Düsseldorf konnte die FEYKA-Kurdistan rund 4.000 bzw. 5.000 Teilnehmer mobilisieren. In ihren Propagandaschriften rief die PKK zur Mobilisierung einer breiten Solidaritätsfront aller politischen Kräfte auf, um den "Schauprozeß", der eine "Kriminalisierung des kurdischen Befreiungskampfes" und seiner Anhänger bezwecke, juristisch und politisch zum Scheitern zu bringen. Mehrere deutsche linksextremistische Gruppen beteiligten sich an den Protestaktionen der PKK und solidarisierten sich in ihren Veröffentlichungen mit den angeklagten Kurden. Am ersten Prozeßtag demonstrierten etwa 1.000 Anhänger der PKK am Grenzübergang Lörrach und blockierten den Verkehr. Kleinere Gruppen protestierten vor dem Oberverwaltungsgericht Düsseldorf, vor dem Kammergericht in Berlin (West), dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dem ZDF in Mainz, im Hamburger Rathaus und vor der deutschen Botschaft in Paris. In einer Stellungnahme zum Prozeß räumte der PKK-Generalsekretär Abdullah Öcalan die Möglichkeit ein, daß es Vergehen -- auch im Namen der Partei -- nach deutschen Gesetzen gegeben habe. Er betonte jedoch, daß die PKK Verräter und türkische Agenten, die gegen ihren Kampf konspiriert hätten, nach eigenen Parteigesetzen bestrafen könne. Seiner Meinung nach sei der Prozeß eine Arroganz und Frechheit, für die die Bundesrepublik Deutschland zur Rechenschaft gezogen werden müsse. In einem Interview mit einem deutschen Nachrichtenmagazin erklärte Öcalan, bisher habe die PKK die Deutschen nicht direkt angegriffen. Wenn sich aber die Haltung der Deutschen nicht ändere, werde die PKK gegen deren Anwesenheit in der Türkei und gegen deutsche Einrichtungen vorgehen; auch in Europa könne sich der Kampf der Partei auf eine andere Ebene verlagern. Darüber hinaus agitierte die PKK wie im Vorjahr vor allem gegen die türkische Regierung. So veröffentlichten die in Europa bestehenden "Kurdistan-Komitees" Ende Mai ein deutschsprachiges Flugblatt mit der Überschrift "Jede DM wird zur Waffe gegen die Völker Kurdistans und der Türkei!". Darin hieß es, das "TourismusParadies" Türkei sei um den Preis der Ermordung, Massakrierung und Folterung des türkischen und kurdischen Volkes errichtet worden. Die "faschistische Junta" setze seit nunmehr neun Jahren ihre "unmenschlichen" Praktiken gegen das kurdische und türkische Volk fort. Sie hätten mit Beginn des "legitimen" bewaffneten Kampfes unter der Avantgarde der PKK in Kurdistan im August 1984 noch größere Dimensionen angenommen. Daher seien alle Verteidiger der Menschenrechte in Europa aufgerufen, nicht in die Türkei 116 oder nach Kurdistan in Urlaub zu fahren, um zu verhindern, daß die "faschistische Diktatur" für ihre "Massaker am kurdischen und türkischen Volk" Einnahmequellen finde. Die ERNK unterstützte diese Forderungen auf Plakaten mit der Überschrift "Was bedeutet Tourismus in der Türkei?". Bereits im Frühjahr 1988 hatte die ERNK mit einer bundesweiten Plakataktion versucht, Urlauber von Reisen in die Türkei abzuhalten. 5.2 Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Btlndesrepublik Deutschland und Westberlin e.V. (KOMKAR) Stagnation bei der Der orthodox-kommunistischen KOMKAR mit Sitz in Köln gehören KOMKAR in Bayern als Mitgliedsvereine nur noch die Kurdistan-Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. und das Kurdistan-Kulturzentrum Nürnberg an. Der Kurdische Arbeiter-Solidaritätsverein in München hat sich im Frühjahr 1989 aufgelöst. Auf dem 11. Bundeskongreß der KOMKAR am 20./ 21. Mai in Köln beschlossen die rund 500 Teilnehmer, die Unterstützung des kurdischen Volkes in seinem "legitimen" Widerstand fortzusetzen. Des weiteren erklärten sie, die Bundesrepublik Deutschland müsse zum Einwanderungsland erklärt werden; zugleich seien Rassismus und Ausländerfeindlichkeit einzustellen. Die forcierte diskriminierende, feindselige und rassistische Politik der Herrschenden in der Bundesrepublik Deutschland gegenüber Arbeitsimmigranten und Asylsuchenden zeige mit den Wahlerfolgen "neofaschistischer" Kräfte ihre Wirkung. Anhänger der KOMKAR führten am 12. August vor dem Türkischen Generalkonsulat und am 16. August auf dem Marienplatz in München Versammlungen zum Thema "Situation der Kurden in der Türkei" durch. Ein mitgeführtes Transparent enthielt die Forderung, die "Massaker am kurdischen Volk" und den "Terror gegen politische Gefangene" zu beenden. Auch in Flugschriften, die in Nürnberg verbreitet wurden, kritisierte die KOMKAR die Situation in türkischen Gefängnissen. 6. Türkische Gruppen Bei den orthodox-kommunistischen Gruppen im Bundesgebiet konnten auch die im Vorjahr vollzogenen Fusionen den Abwärtstrend nicht aufhalten. Die Gruppen der türkischen Neuen Linken propagierten nach wie vor den Kampf gegen den "Faschismus" in der Türkei. Zu einer Protestkundgebung am 9. September in Köln aus Anlaß des Jahrestages der Machtübernahme durch das Militär in der Türkei (12. September 1980) konnten sie erstmals seit 1982 wieder rund 20.000 Demonstranten, darunter auch Teilnehmer aus Bayern, mobilisieren. Gegenstand ihrer Agitation waren auch Aspekte der deutschen Politik wie die Ausländergesetzgebung. 117 Dem linksextremistischen Spektrum stehen auf der entgegenge setzten Seite türkische Gruppen gegenüber, deren Ideologie teils durch einen extremen Nationalismus, teils durch einen religiös be gründeten politischen Fanatismus bestimmt ist. Nach den nationa listischen Gruppen hat inzwischen auch ein Dachverband islami scher Extremisten durch seine Spaltung an Bedeutung verloren. 6.1 Orthodoxe Kommunisten Die Situation der im Vorjahr gegründeten Vereinigten Kommuni Desolater Zustand stischen Partei der Türkei (TBKP) war von der Krise des orthodo xen Kommunismus bestimmt. Die durch Mitgliederverluste ge schwächte Gruppierung zeigte 1989 keine nennenswerten Aktivitä ten. Ebenso ist die von der TBKP beeinflußte Föderation der Im migrantenvereine aus der Türkei (GDF) nahezu funktionsunfähig geworden. Zum Nachfolger des im Herbst 1989 zurückgetretenen GDF-Vorsitzenden Hasan Özcan wurde Arif Ünal bestellt. Der Tür kische Arbeiterverein in München (M.I.DER), ein Mitgliedsverein der GDF, war 1989 politisch inaktiv. 6.2 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen Die in Bayern aktiven Vereinigungen der türkischen Neuen Linken orientieren sich vorwiegend am Gedankengut der Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) und der Türkischen Volksbefreiungspartei/-front (THKP/-C). Trotz ideologi scher Differenzen besteht in den Zielen dahingehend Übereinstim mung, daß beide einen Umsturz in der Türkei mit revolutionären Mitteln anstreben. 6.2.1 Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten (TKP/ML) Die gewaltorientierte TKP/ML wurde im Jahre 1972 illegal in der Unveränderte Ge Türkei gegründet. Im Jahre 1974 fand die Gründungsversammlung waltbereitschaft für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland statt. Ziel der TKP/ML ist die Beseitigung des politischen Systems der Türkei zu gunsten einer kommunistischen Gesellschaftsordnung im Sinne des Marxismus-Leninismus. Ihr militärischer Zweig ist die Türki sche Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO). Von der kon spirativ arbeitenden TKP/ML hat sich infolge ideologischer Diffe renzen schon vorJahren die Gruppe "Bolsevik Partizan" abgespal ten. Die TKP/ML unterhält in Bayern einige Stützpunkte, so z.B. in Augsburg und Nürnberg. Rund 30 Mitglieder der TKP/ML aus Augsburg beteiligten sich am 4. Mai an einer Demonstration vor dem türkischen Generalkonsulat in Stuttgart. Sie protestierten da mit gegen den Tod eines Demonstranten, den die türkische Polizei bei einer Kundgebung am 1. Mai in Istanbul erschossen hatte. 118 Aus Anlaß des Todestages des TKP/ML-Gründers Ibrahim Kaypakkaya (18. Mai 1973) trafen sich am 13. Mai in Nürnberg rund 700 Personen zu einer als "Kulturveranstaltung" angekündigten Gedenkfeier. Ein Redner kritisierte den in der letzten Zeit bei der TKP/ML feststellbaren Mitgliederschwund und rief zum Kampf ge gen die "Faschisten" im türkischen Parlament auf. An einer weite ren Gedenkveranstaltung für den Parteigründer der TKP/ML am 20. Mai in Moosburg nahmen rund 300 Personen teil. In einer Flugschrift vom Juni 1989 rief die TKP/ML zur Fortsetzung und Ausweitung des Guerillakampfes in der Türkei auf. Alle Revo lutionäre sollten sich der TIKKO anschließen, da die Zeit des An griffs gekommen sei. Mit der kurdischen Nation erkläre sich die TKP/ML solidarisch. Sie unterstütze die nationale Bewegung unter der Führung der PKK gegen den "Imperialismus" und gegen den türkischen Staat. Am Morgen des 19. August stellte die Polizei vor dem Türkischen Generalkonsulat in München eine Bombenattrap pe und ein Transparent fest, auf dem die TKP/ML und die TIKKO eine Generalamnestie für politische Gefangene in der Türkei for derten. Bolsevik Partizan Die Spaltergruppe "Bolsevik Partizan" der TKP/ML propagierte im ruft zur Revolution Frühjahr 1989 in einem im Bundesgebiet verbreiteten Flugblatt den in der Türkei und Kampf gegen den "westdeutschen Imperialismus, Revanchismus zur Zerschlagung und Militarismus". Der SS 129a StGB sowie die Notstandsund die des Imperialismus Ausländergesetzgebung seien geeignet, die Grundrechte abzu auf schaffen und durch faschistische Maßnahmen zu ersetzen. Der auf revanchistischer Grundlage gegründete westdeutsche imperialisti sche Staat fördere faschistische Gruppen und halte diese für seine Zwecke bereit, um zu gegebener Zeit auf sie zurückzugreifen und sie als Stoßtruppen zu gebrauchen. Abschließend rief der Verfas ser dazu auf, im antifaschistischen Kampf die Revolution vorzube reiten. In einer weiteren Flugschrift mit dem Titel "Die blutigen fa schistischen Diktaturen des Imperialismus und seiner Handlanger werden durch die Revolution gestürzt werden!" hieß es, die demo kratische Volksrevolution unter Führung der Arbeiterklasse in der Türkei sei der einzige Weg, um den "faschistischen" Staat zu zer schlagen und der Abhängigkeit vom Imperialismus ein Ende zu bereiten. Der westdeutsche Imperialismus sei einer der Hauptunterstützer faschistischer Juntas und einer der Todfeinde der Völker der Türkei und der ganzen Welt. Es gelte daher die Parole "Tod dem westdeutschen Imperialismus!". Die 1976 gegründete Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) vertritt das Gedankengut der TKP/ML. Meinungsverschiedenheiten über den richtigen Zeitpunkt für einen gewaltsamen Umsturz in der Türkei führten -- entsprechend der Entwicklung bei der TKP/ML -- im Jahre 1981 zur Spaltung der ATIF in die Gruppen "Partizan" und "Bolsevik Partizan". Örtliche 119 Untergliederungen beider Gruppen bestehen auch in Bayern. In einem Mitte Februar verbreiteten Flugblatt agitierte die ATIF gegen die geplante Ausländergesetzgebung. Unter der Überschrift "Protestiert gegen den neuen Ausländergesetz-Entwurf, der die AusATIF agitiert gegen länderfeindlichkeit legitimiert!" behauptete sie, mit der Gesetzesden Entwurf zum novelle würden die wenigen Rechte der Ausländer noch mehr beneuen Ausländerschnitten, der polizeiliche Druck verstärkt und der Familiennachgesetz zug erschwert. Die Ausländer würden damit zu Menschen zweiter und dritter Klasse herabgewürdigt und zu einer Randgruppe der Gesellschaft abgestempelt. Die Ausländerfeindlichkeit sei Staatspolitik der westdeutschen Imperialisten. Rund 30 Angehörige des der ATIF zuzurechnenden Internationalen Kulturzentrums in Augsburg (IKZ) beteiligten sich am 2. April in Aichach an einer Demonstration von Sympathisanten der inhaftierten terroristischen Gewalttäter. Sie unterstützten damit die Forderung nach Zusammenlegung der RAF-Häftlinge und den zur Erreichung dieses Ziels durchgeführten Hungerstreik. Die vom Gedankengut der TKP/ML geprägte Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) entstand Ende 1986 durch den Zusammenschluß der ATIF mit ihren Schwesterorganisationen in Australien, Belgien, Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Österreich, Schweden und der Schweiz. Das bisherige ATIK-Organ "Mücadele" (Kampf) erscheint seitdem als "Zentralorgan" der ATIK. Im Frühjahr 1989 rief die ATIK in Flugschriften einheimische und ausländische Arbeiter auf, eine Einheit gegen Ausländerfeindlichkeit und Faschismus zu bilden. Nach Auffassung der ATIK arbeiteten die bürgerlich-demokratischen Länder mit den einheimischen Faschisten kooperativ zusammen, um die BefreiATIK wirft der ungsbewegungen niederzuschlagen. Ein typisches Beispiel sei Bundesrepublik die Bundesrepublik Deutschland. "Faschistische" Parteien wie Deutschland "Republikaner", NPD und DVU-Liste D, die Hitlers faschistische Unterstützung Ideologie verfolgten, betrieben hier legale Parteiaktivitäten. Der faschistischer deutsche Staat unterstütze hinterlistig diese "Neonazis", indem er Parteien vor sie liberal behandle. Eine andere Verhaltensweise erwarte man aber vom westdeutschen Imperialismus ohnehin nicht, weil auch er eine "Hitler'sche Abschiebepolitik" verfolge, den Ausländern das kommunale Wahlrecht nicht gewähre und das Asylrecht aufheben wolle. Abschließend rief die ATIK zum Protest gegen die rassistischen, chauvinistischen, arbeiterfeindlichen und faschistischen Parteien auf, die sich unter dem Schutz des deutschen Staates vergrößerten. Zur Massenausreise von DDR-Bewohnern erklärte die ATIK im Herbst 1989, der Flüchtlingsstrom aus der DDR werde von den "Dreckschleudermedien" zu einer aggressiv-demagogischen Diffamierungskampagne gegen den Marxismus-Leninismus ausgenutzt. Ziel dieser Hetzkampagne sei es, in beiden deutschen Staa- 120 ten den Klassenkampf zu schwächen und den Kommunismus zum Hauptfeind der Völker zu erklären. Die Flüchtlinge und Umsiedler sollten als Kronzeugen für das Versagen des Sozialismus herhalten, um den Kapitalismus als kleineres Übel darstellen zu können. Der Sozialismus in Osteuropa sei jedoch längst in einen bürokratischen Kapitalismus umgewandelt worden, was den Initiatoren der Hetzkampagne wohl bekannt sei. In diesem Zusammenhang übte die ATIK starke Kritik am "Honecker-Regime", dessen Verhalten die Massenausreise erst bewirkt habe. Auch im Sozialismus müsse der unvermeidliche Klassenkampf fortgeführt werden, allerdings in veränderter Form. Es gelte, die Widersprüchlichkeiten des kapitalistischen Systems zu nutzen und den Kampf gegen Kapitalismus, Imperialismus und Revisionismus hartnäckig fortzusetzen. 6.2.2 Türkische Volksbefreiungspartei/-front (THKP/-C) Die Ziele der in der Türkei verbotenen THKP/-C werden im Bundesgebiet von mehreren Gruppen vertreten, die vielfach auch konspirativ arbeiten. Zahlenmäßig stärkste der vom Gedankengut der Nur geringe THKP/-C geprägten Vereinigungen im Bundesgebiet ist die sozialAktivitäten revolutionäre Devrimci Yol (Revolutionärer Weg), die seit Anfang 1986 in die Gruppen Devrimci Isci (Revolutionäre Arbeiter) und Göcmen (Emigrant) gespalten ist. Beide Gruppen zeigten 1989 in Bayern keine nennenswerten Aktivitäten. Die aus einer Abspaltung von Devrimci Yol hervorgegangene Sozialrevolutionäre Gruppe Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) wurde 1983 vom Bundesminister des Innern verboten. Rund 30 Anhänger dieser Gruppe veranstalteten am 1. April in Ingolstadt unter der Bezeichnung "Freundeskreis verstorbener Revolutionäre" einen Fackelzug. Sie zeigten Transparente und Plakate mit Aufschriften wie "Nieder mit dem Faschismus in der Türkei" und "Die Gefallenen der Revolution leben in unserem Kampf weiter"; ferner riefen sie in Sprechchören "Hoch lebe die internationale Solidarität" und "Schluß mit der Folter in der Türkei". Mutmaßliche Sympathisanten der Gruppe Devrimci Sol brachten in der Nacht zum 2. Mai in Ingolstadt ein Transparent mit dem Text "Wir protestieren gegen die Massaker am 1. Mai 1989 in der Türkei -- Dev Sol" an. 6.3 Extreme Nationalisten Die 1978 gegründete Föderation der Türkisch-Demokratischen ADUFDF hat die Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt Folgen ihrer Spala.M., die das Gedankengut der in der Türkei verbotenen und auftung immer noch gelösten extrem nationalistischen Partei der Nationalen Bewegung nicht überwunden (MHP) vertritt, hat die Folgen ihrer im Herbst 1987 vollzogenen Spaltung bislang nicht überwunden. Der ehemalige MHP-Vorsit- 121 zende Alparslan Türkes, der nunmehr die MHP-Nachfolgeorganisation "Nationalistische Arbeitspartei" (MCP) leitet, übt weiterhin nachhaltigen Einfluß auf die ADÜTDF aus. Im Bundesgebiet ist ihm jede politische Betätigung untersagt, da es bei früheren Auftritten von Türkes wiederholt zu Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern gekommen war. Um ihm den Auftritt als Redner beim 12. Jahreskongreß am 20. Mai zu ermöglichen, verlegte die ADÜTDF diese Veranstaltung nach Lüttich/Belgien. Die rund 3.500 Teilneh mer wählten den ehemaligen Generalsekretär Kadir Baran, der die ADÜTDF bereits seit Ende 1988 geleitet hatte, zum 1. Vorsitzen den. Die der ADÜTDF angeschlossenen Ausländervereine in Bay ern traten 1989 nicht öffentlich in Erscheinung. Die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V. (TIKDB), die sich im Oktober 1987 nach Führungsstreitigkeiten von der ADÜTDF abspaltete, sieht ihre Hauptaufgabe in der Lösung von Problemen der Türken in Europa. Vorsitzender ist Musa Serdar Celebi. In der Beilage ihres Organs "Yeni Gün" (Der neue Tag) ver öffentlichte die TIKDB eine Presseerklärung mit der Behauptung, TIKDB greift die Ausländerpolitik der Bundesregierung fördere Initiativen des Ausländerpolitik "rechten Lagers" wie diejenige der DVU-Liste D gegen das Aus der Bundesregie länderwahlrecht. Dies gehe so weit, daß die der Regierung admini rung an strativ unterstehende Bundespost Flugblätter der DVU-Liste D an Millionen Haushalte verteile. Abschließend forderte die TIKDB das Wahlrecht für Ausländer. Es müsse endlich akzeptiert werden, daß die Ausländer ein Teil der deutschen Gesellschaft seien. Es sei höchste Zeit, daß auch sie ihre Rechte bekämen. In Bayern hat die TIKDB bisher kaum Resonanz gefunden. 6.4 Islamische Extremisten Der von Cemaleddin Kaplan geführte Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. Köln hat sich Anfang des Jahres in islamische zwei Lager gespalten. Ursache ist die veränderte Haltung Kaplans Fundamentalisten zum iranischen Staat, der für ihn lange Zeit uneingeschränkt Vor verlieren durch bildcharakter hatte. Kaplan sieht zwar nach wie vor die Schaffung Spaltung an Be deutung eines islamischen Staates -- wie im Iran verwirklicht -- als Ideal an, lehnt aber die Verherrlichung des inzwischen verstorbenen ira nischen Revolutionsführers Khomeini als zu starke Betonung des schiitischen Islams ab. Die Oppositionsgruppe um Kaplans frühe ren Stellvertreter Hasan Hayri Kilic vertritt demgegenüber nach wie vor iranische Positionen. Sie warf Kaplan zudem Eigensinn, Macht besessenheit und Inaktivität vor. Mit der Gründung einer eigenen Organisation unter der Bezeichnung Islamische Bewegung im April 1989 in Köln wurde der Bruch endgültig vollzogen. Kilic ist er ster Vorsitzender der neuen Vereinigung. In seiner Satzung betont der Verein seine Zugehörigkeit zur "islamischen Nation (Umma)". Der Verein beabsichtigt, zur Umsetzung seiner Ziele Zweigstellen und Ortsgruppen sowie Moscheen, Schulen und Kindergärten ein 122 zurichten. Aktivitäten in Bayern sind nicht bekanntgeworden. Auch die dem Verband Kaplans angehörenden Vereine in Bayern traten nicht öffentlich in Erscheinung. Die Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) mit ihrem publizistischen Sprachrohr "Milli Gazete" (Nationale Zeitung) ist ein Sammelbecken von Anhängern der in der Türkei verbotenen und aufgelösten Nationalen Heilspartei (MSP). Sie führte am 4. Juni in Köln ihren Jahreskongreß durch. An der Veranstaltung beJahreskongreß teiligten sich rund 8.000 Personen aus dem Bundesgebiet jund der AMGT dem benachbarten Ausland. Hauptredner war der ehemalige MSPVorsitzende Necmettin Erbakan, der jetzt die MSP-Nachfolgeorganisation "Wohlfahrtspartei" (RP) leitet. Er sprach sich gegen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Gemeinschaft aus, da ein solcher Schritt Unterordnung bedeute und ein Hemmnis für die islamische Bewegung darstelle. Bei einer weiteren Veranstaltung bezeichnete er Europa als kranken Patienten, der nur durch die islamische Bewegung genesen könne. Der Islam müsse weiter verbreitet und europäische Religionsform werden, weil nur er göttliche Gesetze, z.B. gegen den Mißbrauch von Rauschgift und Alkohol einzusetzen vermöge und das Machtstreben der Juden in Europa unterbinden könne. Darüber hinaus forderte Erbakan seine Anhänger auf, Mitglieder und Funktionsträger von Parteien im Gastland zu werden, um auf diese Weise den Islam zu verbreiten. Der AMGT gehören auch einige Ausländervereine in Bayern an, die 1989 keine öffentlichen Aktivitäten zeigten. / 123 7. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 1 Äthiopische Gruppen Eritreische Befreiungsfront (ELF) Annaseri (Freiheit) orthodox-kommunistisch -- monatlich -- AlThauraAl Eritriya (Die eritreische Revolution) Eritreische Volksbefreiungsfront (EPLF) Dimtsi Hafash (Stimme des Volkes) Gruppe der Neuen Linken Eritrea Now -- monatlich -- 2. Afghanische Gruppen AWARAGAN -- Demokratische OrganiPadjoesch (Erforschung) sation der Afghanen im Ausland Echpolwaki (Freiheit) Gruppe der Neuen Linken -- dreimonatlich -- 3. Arabische Gruppen Palästinensische Befreiungsorganisation Falestine Al Thawra (PLO) (Palästina -- Die Revolution) Al Fatah Al Sakhrah (Der Fels) Demokratische Front für die Befreiung Al Hourriah (Die Freiheit) Palästinas (DFLP) -- wöchentlich -- orthodox-kommunistisch Volksfront für die Befreiung Palästinas Al Hadaf (Das Ziel) (PFLP) -- wöchentlich -- marxistisch-leninistisch Democratic Palestine -- zweimonatlich -- Al Karamah (Die Würde) -- zweimonatlich -- 124 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Volksfront für die Befreiung Palästinas -- Ila-Al-Amam (Vorwärts) Generalkommando (PFLP-GC) -- wöchentlich -- marxistisch-leninistisch Hizb Allah (Partei Gottes) Al-Ahd (Die Verpflichtung) schiitisch-extremistisch -- wöchentlich -- Palästinensischer Arbeiterverband in der Al Amel (Der Arbeiter) Bundesrepublik Deutschland und WestBerlin (PAV) Sozialrevolutionär-nationalistisch Sitz: Wuppertal Palästinensischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V.(PSV) Sozialrevolutionär-nationalistisch Verein Palästinensischer Arbeiter München (VPA) Sozialrevolutionär-nationalistisch Palästinensischer Arbeiterverband (PAV), Nürnberg Sozialrevolutionär-nationalistisch Palästina-Libanon-Komitee (PLK), Nürnberg linksextremistisch beeinflußt 4. Griechische Gruppen Kommunistische Partei Griechenlands Risospastis (Radikaler) (KKE-Ausland) Kommounistiki Epitheorisi orthodox-kommunistisch (Kommunistische Revue) Prowlimatatis Irinis ke tou Sosialismou (Probleme des Friedens und Sozialismus) Kommunistische Jugend Griechenlands Odigitis (Der Führer) (KNE) Jugendorganisation der KKE-Ausland 125 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Verband Griechischer Gemeinden in der BunMetanasteftika Nea desrepublik Deutschland und West-Berlin (Einwandererneuigkeiten) (OEK) orthodox-kommunistisch beeinflußt Verband Griechischer Studentenvereine in der Bundesrepublik Deutschland und WestBerlin (OEFE) orthodox-kommunistisch beeinflußt 5. Iranische Gruppen Tudeh-Partei Nameh Mardom orthodox-kommunistisch (Botschaft des Volkes) -- wöchentlich -- Tudeh Bulletin -- unregelmäßig -- Organisation Iranischer Studenten, SympathiIran-Informationsblatt santen der Organisation der Volksfedayin Aksariat (Mehrheit) des Iran (Mehrheit) -- O.I.S. -- orthodox-kommunistisch Iranische Moslemische Studenten-VereiniFreiheit für Iran gung Bundesrepublik Deutschland e.V. -wöchentlich -- (IMSV) Mojahed (Kämpfer) Gruppe der Neuen Linken Sitz: Köln Organisation Iranischer Demokraten im Iran-Info Ausland (OIDA) Gruppe der Neuen Linken Organisation der iranischen Studenten in der Iran im Kampf Bundesrepublik Deutschland und WestIran-Rundschau Berlin, Sympathisanten der Volksfedayin -- unregelmäßig -- Guerilla Iran (Ashraf-Deghani-Anhänger) -O.I.P.F.G.Gruppe der Neuen Linken Union islamischer Studentenvereine in Qods (Jerusalem) Europa (U.I.SA) -- unregelmäßig -- islamisch-extremistisch 126 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 6. Italienische Gruppen * Kommunistische Partei Italiens (PCI) orthodox-kommunistisch Italienischer Verband der Gastarbeiter und Emigrazione (Die Auswanderung) ihrer Familien (FILEF) Emigrazione Oggi (Emigration heuorthodox-kommunistisch beeinflußt te) 7. Jugoslawische Gruppen Kroatischer Nationalrat (HNV) Vjesnik(Bote) extrem nationalistisch -- unregelmäßig -- Kroatisches Nationalkomitee in Europa e.V. Hrvatska Drzava (Kroatischer Staat) (HNO) -- monatlich -- Mitgliedsorganisation des HNV Sitz: München Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP) Hrvatski Tjednik (Kroatisches Sozialrevolutionär-nationalistisch Wochenblatt) -- wöchentlich -- 8. Kurdische Gruppen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) Berxwedan (Widerstand) marxistisch-leninistisch -- monatlich -- Serxwebun (Unabhängigkeit) -- monatlich -- Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) Teilorganisation (Kampfeinheit) der PKK Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) Kurdistan-Report Teilorganisation der PKK -- zweimonatlich -- Kurdistan-Komitee e.V., Köln Nachrichten aus Kurdistan Nebenorganisation der PKK -- unregelmäßig -- 127 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FEYKA-Kurdistan) Nebenorganisation der PKK Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (HUNERKOM) Nebenorganisation der PKK Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) Nebenorganisation der PKK Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) Nebenorganisation der PKK Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) Nebenorganisation der PKK Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans (YXK) Nebenorganisation der PKK Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan Denge KOMKAR (Stimme KOMin der Bundesrepublik Deutschland und KAR) Westberlin e.V. (KOMKAR) -- unregelmäßig -- orthodox-kommunistisch Informationsbulletin Kurdistan -- zweimonatlich -- 9. Spanische Gruppen Kommunistische Partei Spaniens (PCE) Mundo Obrero (Welt der Arbeit) orthodox-kommunistisch 128 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) 10. Türkische Gruppen 10.1 Orthodoxe Kommunisten Vereinigte Kommunistische Partei der Türkei (TBKP) Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei (GDF) Nebenorganisation der TBKP 10.2 Neue Linke einschließlich Sozialrevolutionäre Gruppen Türkische Kommunistische Partei/ Partizan Marxisten-Leninisten (TKP/ML) -- unregelmäßig -- Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungs armee (TIKKO) Frontorganisation der TKP/ML Bolsevik Partizan (BP) Bolsevik Partizan Spaltergruppe der TKP/ML -- unregelmäßig -- Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V. (ATIF) Sitz: Duisburg Internationales Kulturzentrum in Augsburg (IKZ) Mitgliedsverband der ATIF Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Mücadele (Kampf) Europa (ATIK) -- monatlich -- Zusammenschluß der ATIF und ihrer Schwesterorganisationen Türkische Volksbefreiungspartei/-front (THKP/-C) 129 Organisation Publikationen (einschl. Erscheinungsweise) Devrimci Isci (Revolutionärer Arbeiter) Devrimci Isci Spaltergruppe der Devrimci Yol (Revolutionärer Arbeiter) -- unregelmäßig -- Türkei Information -- zweimonatlich -- Avrupa 'da Dev Gene (Revolutionäre Jugend in Europa) Tarnorganisation der 1983 verbotenen Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 10.3 Extreme Nationalisten Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e.V. (ADÜTDF) Sitz: Frankfurt a. M. Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine Yeni Gün (Der neue Tag) e.V. (TIKDB) Sitz: Frankfurt a.M. 10.4 Islamische Extremisten Verband der islamischen Vereine und Ümmet i Muhammed (Die Gemeinde Gemeinden e.V., Köln Mohammeds) -- 15tägig -- Islamische Bewegung Spaltergruppe Sitz: Köln Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa Milli Gazete (Nationale Zeitung) e.V. (AMGT) -- täglich -- Sitz: Köln Föderation Islamischer Vereine und Gemeinden im Land Bayern e.V. Sitz: München 130 4. Abschnitt Terror* und sonstige politisch motivierte Gewalt 1. Überblick Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch politisch motivierte Gewalttäter hielt auch im Jahre 1989 unvermindert an. Die terroristischen Aktivitäten waren im wesentlichen geprägt durch den Mordanschlag der Roten Armee Fraktion (RAF) auf den Sprecher des Vorstands der Deutschen Bank Dr. Alfred Herrhausen am 30. November in Bad Homburg, die Anschlagserie der "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) auf Angehörige und Einrichtungen der britischen Rheinarmee sowie den zehnten kollektiven Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter in der ersten Jahreshälfte. RAF gefährlichste Gefährlichste deutsche terroristische Vereinigung blieb auch 1989 deutsche die RAF. Angehörige ihres "Kommandobereichs" ermordeten am Terrorgruppe 30. November in Bad Homburg den Sprecher des Vorstands der Deutsehen Bank, Dr. Alfred Herrhausen. Anschließend versuchte die zweite Ebene der RAF ("Militante der RAF") am 10. Dezember einen Sprengstoffanschlag auf die Firma Bayer in Monheim/Nordrhein-Westfalen. RZ verübten vier Nach einer längeren Phase der Inaktivität verübten Angehörige von schwere Revolutionären Zellen (RZ) am 9. Mai zwei Sprengstoffanschläge Anschläge auf das Oberverwaltungsgericht Münster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf sowie am 12. und 14. November zwei Brandanschläge auf die Informationsund Beratungsstelle für ethnische Minderheiten der Stadt Köln und die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Hamburg. * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum Dritter durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuchs genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 131 Darüber hinaus war die Gefährdungslage gekennzeichnet von Die Mehrzahl der einer zwar bundesweit rückläufigen, aber immer noch besorgniserAnschläge ist miliregend hohen Zahl teilweise schwerster Brandund Sprengstofftanten Autonomen anschläge, die dem RAF-Umfeld, in der Mehrzahl jedoch Gruppen und Anarchisten zuzurechnen und Einzeltätern aus dem militanten autonomen und anarchistischen Spektrum zuzurechnen waren. "Begründet" wurden zahlreiche Anschläge mit dem Hungerstreik der Inhaftierten der RAF und den Themenbereichen "Asylpolitik", "Antifaschismus", "Südafrika" und "Häuserräumung". Bevorzugte Angriffsziele waren Konzerne, Kaufhäuser und Geldinstitute. Erklärtes Ziel aller in der Bundesrepublik Deutschland agierenden linksextremistischen Terrorgruppen ist die gewaltsame Zerschlagung der gegenwärtigen Staatsund Gesellschaftsordnung, in der sie ein Instrument zur Durchsetzung weltweiter kapitalistischer und imperialistischer Ausbeuterinteressen sehen. Keine der genannten Gruppen bietet eine realistische Perspektive für die Zeit nach der angestrebten Revolution. Alle nennen als Ziel eine "herrschaftsfreie Gesellschaft". Vielfach geben sie vor, das Bild der späteren Gesellschaft schäle sich erst nach und nach im Kampf gegen das herrschende System heraus. Für die Existenz einer rechtsterroristischen Vereinigung in Bayern Derzeit keine gibt es derzeit keine Hinweise. Fehlende organisatorische StruktuHinweise auf ren dürfen aber nicht über die Gefährlichkeit und Unberechenbarrechtsterroristikeit rechtsterroristischer Gewalttäter hinwegtäuschen. Den Nährsche Vereinigung boden hierfür bilden hauptsächlich neonazistische Gruppierungen. in Bayern Die von diesem Bereich ausgehende Gefährdung verdeutlicht auch ein Taschenbuch, welches im September bei einem Neonazi und ehemaligen Mitglied der seit Februar 1989 verbotenen Nationalen Sammlung (NS) in Stegaurach, Landkreis Bamberg, aufgefunden wurde. Es war als Anleitung zur Herstellung und zum Gebrauch explosiver Stoffe sowie von Brandsätzen vertrieben worden. Die Bedrohung der inneren Sicherheit durch ausländische TerroriBedrohung sten hielt unvermindert an. Dies wurde deutlich durch die Anschlädurch ausländische ge der "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) auf Angehörige Terrorgruppen hält und Einrichtungen der britischen Rheinarmee. Bei diesen Anschlägen wurden vier britische Soldateri sowie ein sechs Monate altes Kleinkind und die Ehefrau eines Soldaten ermordet. Erhöhte Aufmerksamkeit ist auch gegenüber der militanten linksextremistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) geboten, deren meist konspiratives Verhalten terroristische Ansätze aufweist. Gegen mehrere Angehörige dieser Gruppe ist derzeit vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ein Strafverfahren wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung innerhalb der PKK und weiterer Straftaten anhängig. Daß die Bundesrepublik Deutschland weiterhin Austragungsort von Konflikten ist, die in den Heimatländern von Ausländern bestehen, zeigt auch die Ermordung von zwei der Volks- *1 132 gruppe der Sikhs angehörenden und in der Bundesrepublik Deutschland lebenden indischen Staatsangehörigen durch eine international operierende Sikh-Organisation. 2. Rote Armee Fraktion (RAF) Die vor rund 20 Jahren entstandene "Rote Armee Fraktion" (RAF) verfolgte ursprünglich das Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und im "strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Aus einem "Planungspapier" der RAF vom April 1984 geht hervor, daß die RAF ihren "Kampf" von diesem RAF erweiterte Zeitpunkt an in einer koordinierten "antiimperialistischen Front" Zielvorstellung führen will, die die drei Ebenen "Guerilla" (Kommandobereich), "Widerstand" (RAF-Umfeld) und "Gefangene" (inhaftierte terroristische Gewalttäter) umfaßt. Die RAF sieht sich nicht mehr nur als verlängerter Arm der Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt, sondern als eigenständige Guerilla im "imperialistischen Zentrum Westeuropa". In das Feindbild ihres "antiimperialistischen Kampfes" schließt sie insbesondere die maßgebenden Stützen der bestehenden Machtstrukturen ein. Dazu zählt sie neben den Sicherheitsbehörden ("Repressionsapparat") die Bereiche Politik, Militär, Kapital und Industrie. Deren vielfältige Verflechtungen umschreibt sie mit dem Begriff "militärisch-industrieller Komplex" (MIK). Diese Bereiche tragen nach Auffassung der RAF ein von einer machtgierigen Clique beherrschtes System, das unter Führung der USA eine weltweite Ausbeutungspolitik mit dem Ziel der fortschreitenden militärischen, technologischen und damit wirtschaftlichen Überlegenheit gegenüber der Dritten Welt betreibt. Vom ideologischen Sprachrohr der RAF, der erstmals Ende 1984 aufgetauchten Untergrundbroschüre "Zusammen kämpfen -- Zeitung für die antiimperialistische Front in Westeuropa", sind nach der Ausgabe Nr. 10 vom März 1988 keine weiteren Ausgaben bekanntgeworden. 2.1 "Kommandobereich" der RAF In den zehnten kollektiven Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter vom 1. Februar bis 12. Mai hat der "Kommandobereich" der RAF, soweit bekannt, nicht eingegriffen. Im Verlauf des Hungerstreiks zeigte sich zunehmend, daß die Inhaftierten ihre Hauptforderung nach "Zusammenlegung aller Gefangenen aus RAF und Widerstand" in erster Linie mit Hilfe einer "politischen" Lösung durchsetzen wollten. Eine solche wäre durch Anschläge der RAF jedoch wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht worden. 133 Ende Oktober wurde den Sicherheitsbehörden jedoch ein Brief des inhaftierten terroristischen Gewalttäters Helmut Pohl bekannt, der als Wortführer der Gefangenen während des Hungerstreiks aufgetreten war. Darin bezeichnete Pohl die Pläne, mit dem zehnten kollektiven Hungerstreik Veränderungen zu erreichen, als gescheitert und kündigte eine neue "Phase des Kampfes" mit allen Mitteln an. Er erklärte in seinem Brief die Möglichkeiten der Inhaftierten in der jetzigen Situation für erschöpft; die Gefangenen hätten die für die Phase des Hungerstreiks von anderen übernommene Initiative wieder abgegeben. Kurz darauf verübte ein RAF-Kommando am 30. November in Bad Mord der RAF an Homburg einen Mordanschlag auf den Sprecher des Vorstands Dr. Herrhausen der Deutschen Bank Dr. Alfred Herrhausen. Er wurde tödlich verletzt; sein Fahrer erlitt schwere Verletzungen. Das Attentat wurde -- ebenso wie der Mordanschlag auf Professor Dr. Karl-Heinz Beckurts und Eckart Groppler am 10. Juli 1986 in Straßlach bei München -- mittels einer Sprengstoffexplosion durchgeführt. Die Sprengvorrichtung war an einem am Straßenrand abgestellten Kinderfahrrad befestigt und wurde gezündet, als die gepanzerte Limousine von Dr. Herrhausen eine von den Tätern angebrachte Lichtschranke passierte. Ein von Zeugen in Tatortnähe gesehener weißer Wagen, in dem zwei Männer geflüchtet waren, konnte noch am selben Tag in Frankfurt a.M. sichergestellt werden. Es handelte sich dabei, wie in der Vergangenheit mehrfach von der RAF praktiziert, um eine sog. "Doublette", d.h. an dem Fahrzeug war ein gefälschtes Kennzeichen eines existenten Pkw gleichen Aussehens montiert. Die gefälschten Schilder wiesen dieselben Prägemerkmale auf wie die Kennzeichen, die zur Tarnung des Fluchtfahrzeuges nach dem versuchten Mordanschlag auf den Staatssekretär Dr. Hans Tietmeyer am 20. September 1988 verwendet worden waren. In der Nähe des Tatorts ließen die Täter unter einem elektrischen Meßgerät, das offensichtlich zur Aktivierung des Sprengsatzes gedient hatte, einen Zettel zurück, der lediglich das RAF-Symbol (fünfzackiger Stern mit Maschinenpistole) und die Aufschrift "Kommando Wolfgang Beer" enthielt. Wolfgang Beer, ein ehemaliges Mitglied der RAF, war am 25. Juli 1980 zusammen mit der Terroristin Juliane Plambeck bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. In einem ausführlichen Selbstbezichtigungsschreiben, das am 5. Dezember bei mehreren Nachrichtenagenturen einging, begründete die RAF den Mord an Dr. Herrhausen mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Deutschen Bank. Dr. Herrhausen sei deshalb "hingerichtet" worden, weil er an der Spitze der Deutschen Bank der mächtigste Wirtschaftsführer in Europa gewesen sei. Die Deutsche Bank stehe in weiten Teilen der Welt als Symbol für die Macht und die Herrschaft "an der Spitze der faschistischen Kapitalstruktur, gegen die sich jeder Widerstand durchsetzen muß". Dr. Herrhau- 134 sens Pläne zum teilweisen Schuldenerlaß für Entwicklungsländer seien als Versuch zu werten gewesen, die Herrschaftsund Ausplünderungsverhältnisse längerfristig zu sichern. Auch für die Länder Osteuropas habe die Deutsche Bank bereits seit Jahren geplant, die Menschen dort.wieder dem Diktat und der Logik kapitalistischer Ausbeutung zu unterwerfen. Dies sei eine weltweite destruktive Entwicklung des Imperialismus zur Sicherung seiner Profitund Machtstrukturen. Diese Entwicklung habe den Akteuren des Systems erbitterte Feinde geschaffen. Revolutionäre GuerillaEinheiten würden sie deshalb überall auf der Welt angreifen. In einem zweiten politisch-konzeptionellen Teil sahen die Verfasser die gesamte revolutionäre Bewegung in Westeuropa aufgrund der veränderten internationalen Situation vor einem neuen Abschnitt, der eine Neubestimmung des revolutionären Prozesses erforderlich mache. Sie erklärten sich zur Diskussion mit allen bereit, die für eine grundsätzlich andere gesellschaftliche Realität kämpfen wollen. In diese Diskussion müßten vor allem die "Gefangenen" mit ihren Forderungen einbezogen werden. Ziel dieses Neubestimmungsprozesses sei es, die "unterschiedliche revolutionäre Praxis" in einer "Orientierung gegen das System" zu verbinden. RAF will die "revoDer Inhalt der Erklärung zeigt deutlich das Bemühen der RAF, in lutionäre Front Abkehr von ihrer bisherigen elitären Arroganz das gesamte Spekgegen den trum des "Widerstands" in der Bundesrepublik Deutschland anzuImperialismus" sprechen und in die "revolutionäre Front gegen den Imperialisverbreitem und die mus" einzugliedern. Ferner will sie auch die "westeuropäische "westeuropäische Front" stabilisieren Front" stabilisieren. Dazu führte sie aus: "Nur zusammen, also als Front gegen den Imperialismus, können wir hier in Westeuropa gemeinsam mit Befreiungskämpfen weltweit einen einheitlichen, internationalen und langandauernden Umwälzungsprozeß durchsetzen". Im Rahmen dieser "westeuropäischen Front" ist die RAF nach wie vor um ausländische Bündnispartner bemüht. Nach der weitgehenden Zerschlagung der französischen Terrororganisation "Action Directe" (AD) im Februar 1987 kommt dem Bündnis mit der italienischen Terrorgruppe "Rote Brigaden/Für den Aufbau der Kämpfenden Kommunistischen Partei" (B.R.-P.C.C.) besondere Bedeutung zu. Bündnis mit Die Verbindung der RAF zu der italienischen B.R.-P.C.C, die in der B.R.-P.C.C. Erklärung zum versuchten Mordanschlag am 20. September 1988 besteht nach gegen Staatssekretär Dr. Hans Tietmeyer angesprochen worden wie vor war, wurde zwar im Selbstbezichtigungsschreiben zum Mordanschlag auf Dr. Herrhausen nicht ausdrücklich erwähnt, jedoch besteht kein Zweifel, daß sie nach wie vor besteht: In Strafprozessen gegen Mitglieder der B.R.-P.C.C. vor Gerichten in Rom und Florenz gaben verschiedene Angeklagte Anfang Dezember schriftliche Erklärungen ab, in denen sie ihre Solidarität mit der RAF und deren "Aktion" in Bad Homburg erklärten. Dabei gingen sie ausführlich auf den gemeinsamen Kampf der "Westeuropäischen 135 Front" gegen den "westeuropäischen Imperialismus" in Form der europäischen wirtschaftlichen Integration ein. In den Erklärungen knüpften die Verfasser auch an das 1988 bekanntgewordene gemeinsame Kommunique von RAF/B.R.-P.C.C. an, indem eine gemeinsame Offensive angekündigt worden war. Der Mord an Dr. Herrhausen sei eine Aktivität, die dem Text des Kommunique Gehalt verleihe. Sie stelle "einen Sprung nach vorne" dar, hin zur "Errichtung der Front". Bei dieser "antiimperialistischen Kampffront in Westeuropa" gehe es nicht um die Verschmelzung der verschiedenen Terrorgruppen, sondern darum, die politische und praktische Kraft zu bilden, um den "Imperialismus anzugreifen". Dazu müßten auch Bündnisse zwischen "revolutionären Kräften in Westeuropa, Mittelmeer und Nahost geschlossen werden". Am 7. Dezember wurden im Bereich Südermarsch/Nordfriesland Festnahme von die mutmaßlichen RAF-Angehörigen Ute Hladki und Holger Deilke zwei mutmaßlichen festgenommen. Beide waren wegen verschiedener Straftaten, u.a. RAF-Mitgliedern wegen Werbens für eine terroristische Vereinigung zur Festnahme ausgeschrieben. In der von ihnen benützten Ferienwohnung in Tönning/Nordfriesland, die am 29. November unter falschem Namen angemietet worden war, wurden umfangreiche schriftliche Unterlagen sichergestellt. Der von ihnen benützte Pkw war als Doublette hergerichtet. In ihm befand sich u.a. ein Revolver, der am 19. März 1982 in Dortmund bei einem Raubüberfall mit weiteren Faustund Langfeuerwaffen entwendet worden war. Nach den bisherigen Ermittlungen besteht der dringende Verdacht, daß beide der RAF angehören. Wenige Tage danach wurde in Lasbek/Schleswig Holstein aberKonspirative mals ein Versteck.der RAF entdeckt. Es handelte sich dabei um RAF-Unterkunft eine konspirative Wohnung (Bauernkate), die zeitweise auch^von entdeckt den beiden Festgenommenen bewohnt worden war. Ein weiteres Paar, das sich dort aufgehalten hatte, verließ die Kate nach Bekanntwerden der beiden Festnahmen fluchtartig. Von zwei dort sichergestellten Motorrädern war eines ebenfalls als Doublettenfahrzeug vorbereitet. Die Kommandoebene der RAF ist nicht nur im Hinblick auf ihre RAF weiterhin personelle Stärke von etwa 15 bis 20 Mitgliedern, sondern auch loin der Lage, gistisch weiterhin in der Lage, schwerste Gewaltaktionen einschwerste Terrorschließlich koordinierter Operationen mit ausländischen Terrorianschläge sten durchzuführen. durchzuführen 2.2 "Militante" der RAF "Militante" der RAF, die schon 1985/86 im Zusammenhang mit Versuchter dem damaligen neunten Hungerstreik inhaftierter terroristischer SprengstoffGewalttäter als "Kämpfende Einheiten" die "Offensive" der RAF mit anschlag der insgesamt 13 Sprengstoffanschlägen unterstützt hatten, schlossen "Militanten" der RAF sich mit einem versuchten Sprengstoffanschlag am 10. Dezember 136 auf ein Forschungszentrum in Monheim bei Düsseldorf der von^jer "Kommandoebene" am 30. November mit dem Mord an Dr. Herrhausen begonnen "Offensive" an. Der an der Wand eines Werkgebäudes abgelegte Sprengsatz wurde rechtzeitig bemerkt und, deSelbstbezichtigung laboriert. In der in Tatortnähe aufgefundenen Selbstbezichtigung wurde u.a. zum Ausdruck gebracht, daß die angegriffene Firma in Monheim das größte Pflanzenschutzzentrum der Welt errichtet habe, in dem jährlich 20.000 neue Pflanzen/Pestizide-Verbindungen getestet würden. Ferner befaßten sich die Ausführungen mit der "Biound Gentechnologie" als einem der "Technologiebereiche", die ausschließlich durch die imperialistischen Staaten kontrolliert würden; dadurch würden Herrschaft und Diktat über die Entwicklung der Länder der Dritten Welt gesichert. Daneben bemühten Anknüpfung an die sich die Verfasser auch um eine Diskussion mit allen, "die kämp"Kommandofen, von Guerilla und Widerstand mit dem Ziel der gemeinsamen ebene" der RAF Organisierung von Gegenmacht". Damit knüpfte dieses Selbstbezichtigungsschreiben der zweiten Ebene der RAF ah die Selbstbezichtigung des "Kommandos Wolfgang Beer" zur Ermordung von Dr. Alfred Herrhausen an. Die Verfasser bezogen ebenfalls die Forderungen der "revolutionären Gefangenen" und die "gemeinsame Diskussion und Praxis mit allen, die kämpfen" sowie die "Verbreiterung der revolutionären Basis" in ihre Argumentation mit ein. Auch die Unterschrift "Kämpfende Einheit Sheban Atlouf/Conny Wessmann" gibt Hinweise auf den Versuch, ebenso wie die "Kommandoebene" der RAF ein breiteres Widerstandsspektrum anzusprechen. Sheban Atlouf war ein bei einer Polizeikontrolle am 25. Februar 1986 im Gaza-Streifen erschossener Palästinenser. Bei Conny Wessmann handelte es sich um eine bei einer Demonstration am 17. November in Göttingen tödlich verunglückte Studentin, die der autonomen Szene angehörte. Eine "Kämpfende Einheit Sheban Atlouf" hatte sich bereits des Anschlags auf das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik in Aachen am 24. Juli 1986 bezichtigt. Der Gesamtinhalt des Selbstbezichtigungsschreibens bestätigt die Einschätzung, daß mit dem Anschlag der RAF auf Dr. Alfred Herrhausen eine neue Offensive von "Guerilla" und "Widerstand" eingeleitet werden sollte. In Zukunft ist deshalb mit weiteren Anschlägen, auch aus dem Bereich der Militanten der RAF, zu rechnen. 2.3 inhaftierte der RAF Beherrschendes Ereignis im ersten Halbjahr war der Hungerstreik der Inhaftierten der RAF, der am 1. Februar begonnen und am 12. Mai erfolglos beendet wurde. An diesem Hungerstreik beteiligten Helmut Pohl war sich zeitweise über vierzig inhaftierte terroristische Gewalttäter. In Wortführer der einer vierseitigen Hungerstreikerklärung, die Helmut Pohl zu BeGefangenen ginn des Streiks stellvertretend für die "Gefangenen der RAF" ab- 137 gab, wurden folgende Forderungen gestellt: "Zusammenlegung aller Gefangenen aus Guerilla und Widerstand in ein oder zwei großen Gruppen, in die neue Gefangene integriert werden, mit Zugang zu den Gemeinschaftshöfen. Zusammenlegung aller Gefangenen, die dafür kämpfen. Freilassung der Gefangenen, deren Wiederherstellung nach Krankheit, Verletzung oder Folter durch Isolation unter Gefängnisbedingungen ausgeschlossen ist. Freilassung von Günter Sonnenberg, Claudia Wannersdorfer, Bernd Rößner, Angelika Goder. Freie medizinische Versorgung ohne Staatsschutzkontrolle für alle Gefangenen. Freie politische Information und Kommunikation der Gefangenen mit allen gesellschaftlichen Gruppen". Dem bei diesem Hungerstreik praktizierten Verfahren lag ein für die RAF neues taktisches Konzept zugrunde, das auf eine lange Dauer des Streiks abzielte. Nach gemeinsamem Beginn wurde der Streik nach zwei Wochen nur noch von zwei Häftlingen fortgesetzt. Nach jeweils zwei weiteren Wochen traten weitere Häftlinge hinzu. Vorbild für diese Verfahrensweise war ein Hungerstreik von Inhaftierten der "Irish Republican Army" (IRA) aus dem Jahr 1981. Die Kettenhungerstreik zeitversetzte Wiederaufnahme des Hungerstreiks begründete Pohl nach Muster mit der Überlegung, es solle dem Staat auf diese Weise unmöglich der IRA gemacht werden, die "Zuspitzung und Entscheidung" auf einen engen Zeitraum einzugrenzen. Am 14. April unterbrachen zwei RAF-Inhaftierte, die von Anfang an die Nahrungsaufnahme verweigert hatten, überraschend den Hungerstreik. Damit wollten sie eigenen Angaben zufolge die "Zuspitzung" für eine kurze Zeit aufschieben. Dies sollte offensichtlich ein Signal für eine politische Lösung sein, nachdem bereits einige Bundesländer die -- von den Inhaftierten allerdings abgelehnte -- Bildung von Kleingruppen nicht länger ausgeschlossen hatten. Am Helmut Pohl 12. Mai unterrichtete Helmut Pohl die Häftlinge Brigitte Mohnhaupt, beendet HungerAdelheid Schulz und Karl-Heinz Dellwo telefonisch über seinen streik Entschluß, den Hungerstreik abzubrechen und forderte sie auf, die übrigen Inhaftierten ebenfalls zum Abbruch zu bewegen. Daraufhin beendeten alle Inhaftierten den Hungerstreik, obwohl ihre primären Forderungen, nämlich die Zusammenlegung in zwei große Gruppen und die Freilassung angeblich haftunfähiger Gefangener nicht erfüllt wurden. Als Begleitaktionen zum Hungerstreik wurden bundesweit etwa Begleitaktionen 600 Farbschmierereien, je 120 Transparent-, Flugblattund Plakatzum Hungerstreik aktionen, etwa 300 Veranstaltungen, 31 Besetzungen, 21 Brandanschläge, 11 Buttersäureanschläge und 25 sonstige Sachbeschädigungen bekannt. Brandanschläge, die erheblichen Sachschaden verursachten, wurden u.a. am 12. April auf die Wertpapierbörse in Frankfurt a.M., am 2. Mai auf die Niederlassung eines Automobilkonzerns in Freiburg und am 10. Mai auf eine Firma in Köln verübt. 138 Demonstrationen Sympathie-Demonstrationen fanden u.a. statt am 11. März vor den verliefen überwieJustizvollzugsanstalten Celle und Köln mit rund 650 bzw. 400 Teilgend friedlich nehmern, am 17. März in Hamburg mit etwa 3.800 Teilnehmern, darunter ein sogenannter "revolutionärer Block" von etwa 1.200 zum Teil vermummten Personen, und am 29. April in Bonn mit etwa 7.000 Teilnehmern, darunter etwa 1.000 Vermummte. Die Veranstaltungen verliefen überwiegend gewaltfrei. 2 4 Umfeld der RAF Den Gruppierungen des engeren RAF-Umfeldes gehören bundesweit etwa 250 Personen an. Ihr Ziel ist nach wie vor der Aufbau einer "antiimperialistischen Front" aus "Guerilla und Widerstand". In internen Diskussionen befassen sie sich seit 1987 vor allem mit Strukturund Organisationsformen des sogenannten Widerstandes. Verstärkt versuchten sie Vorstellungen über eine "antiimperialistische Front" in andere linksextremistische Gruppierungen, bevorzugt in militante autonome Gruppen, einzubringen. Die Anhänger des engeren und weiteren RAF-Umfeldes, schlechthin als "Antiimps" bezeichnet, sahen vor allem während des Verlaufs des Hungerstreiks Möglichkeiten, ihre Vorstellungen in die Bewegung der Unterstützer der Hungerstreikenden einfließen zu lassen. Sie beteiligten sich dabei an der Einrichtung sogenannter "Hungerstreik-Infobüros" und nahmen an zahlreichen "HungerAnnäherung an streikveranstaltungen" teil. Eine partielle Zusammenarbeit von Autonome bisher RAF-Unterstützern und Autonomen war zwar teilweise erkennbar, nicht gelungen kann aber insgesamt nicht als Einschwenken der Autonomen auf das Konzept der RAF gewertet werden. Im April steigerten sich die Aktivitäten des RAF-Umfeldes zur Unterstützung der Hungerstreikforderungen deutlich. So war insbesondere eine erhebliche Zunahme von Demonstrationen und Besetzungen (insbesondere von Kirchen, Parteibüros und Behörden) zu verzeichnen. Hervorzuheben ist die zentrale bundesweite Demonstration am 29. April in Bonn, die von "Antiimps" und diversen linksextremistischen, autonomen und alternativen Gruppierungen ausgerichtet wurde. Täter aus dem RAF-Umfeld verübten im Zusammenhang mit dem Hungerstreik folgende Brandanschläge: RAF-Umfeld führte -- Am 12. April drangen sechs Personen in die Frankfurter WertpaAnschläge durch pierbörse ein. Im Börsensaal warfen sie mehrere MolotowCocktails. Dadurch entstand Sachschaden von etwa 300.000 DM. Vier Tatverdächtige, die dem RAF-Umfeld Frankfurt a.M. zuzurechnen sind, wurden festgenommen. -- Am 10. Mai verübten vermutlich Personen aus dem örtlichen RAF-Umfeld einen Brandanschlag gegen die Firma Philips Data System in Köln. In einer Erklärung vom 18. Mai führten die un- 139 bekannten Täter aus, der Kampf um die Zusammenlegung werde auch nach Abbruch des Hungerstreiks weitergehen. -- Aus Sympathie mit dem Hungerstreik von vier Mitgliedern der französischen Terrorgruppe "Action Directe" (AD) verübten Unbekannte am 28. Juni einen Brandanschlag auf eine PeugeotNiederlassung in Bielefeld, wobei ein Schaden von etwa 500.000 DM entstand. Diese im Januar 1989 zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilten AD-Mitglieder hatten am 24. April ein "Kommunique" verbreitet, in dem sie u.a. ihre Solidarität mit dem Hungerstreik der RAF-Inhaftierten bekundet hatten. In Bayern sind Gruppierungen des RAF-Umfeldes mit SchwerRAF-Umfeld in punkten in München und Nürnberg bekannt. Ihnen gehören etwa Bayern 20 Personen an, davon einige aus dem engeren RAF-Umfeld. Die Gruppierungen unterhielten untereinander, aber auch zu ähnlichen Gruppen im Bundesgebiet, enge Kontakte. Mit Genugtuung nahm dieses Umfeld die Ermordung von Dr. Herrhausen auf. Gleichwohl motivierte der Anschlag diese Gruppierungen bisher nicht zu nennenswerten Begleitaktionen. 3. Revolutionäre Zellen (RZ) Die erstmals im Jahre 1972 in Erscheinung getretenen Revolutionären Zellen sind unabhängig voneinander operierende Kleingruppen, die durch das Ziel des "Sozialrevolutionären, antikapitalistischen Kampfes" verbunden sind. Sie agieren aus streng abgeschotteten Zellen heraus, aber -- anders als der "Kommandobereich" der RAF -- nicht aus dem Untergrund, sind also nicht darauf angewiesen, sich eine konspirative Logistik zu schaffen. Unter weitgehendem Verzicht auf eine dogmatische Theorie bleibt den einzelnen Personen oder Kleingruppen die Wahl des Betätigungsfeldes und die Art der Aktion sowie die Intensität des Engagements freigestellt. Ihre Taktik besteht im allgemeinen darin, mit möglichst geringem Einsatz und Risiko möglichst großen Sachschaden anzurichten, der nach ihrer Auffassung den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen mehr schadet als der Ausfall einer Führungsperson. Ihre Attentate sind deshalb -- anders als die "militärischen" Anschläge des "Kommandobereichs" der RAF -- nicht direkt auf den Mord an Menschen gerichtet. Die Tötung oder Verletzung von Menschen wird jedoch billigend in Kauf genommen, soweit dies den Tätern erforderlich erscheint, um ihr primäres Anschlagsziel zu erreichen. Die RZ wollen mit ihren Aktivitäten den Anstoß zu einer militanten Massenbewegung geben und einen bewaffneten Massenwiderstand auslösen. Ihnen kommt es darauf an, daß ihre Aktionen nachvollziehbar sind und einem möglichst großen relevanten Personenkreis eine Identifikation ermöglichen. Dementsprechend lie- 140 gen die Anknüpfungspunkte für ihre Aktionen in allen gesellschaftlichen Konfliktfeldern -- von Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Personennahverkehr über Sanierungsvorhaben, Bau von Kernenergieanlagen und Flughäfen (Startbahn West in Frankfurt a.M.), Ausbeutung der Dritten Welt und Volkszählung bis hin zur Ausländerund Asylproblematik sowie zur Biound Gentechnologie. Die Aktionsvielfalt reicht dabei von Sachbeschädigungen und Sabotageakten bis hin zu schwersten Brandund Sprengstoffanschlägen. RZ verübten zwei In diesem Jahr bekannten sich Revolutionäre Zellen zu zwei Sprengstoffund Sprengstoffanschlägen am 9. Mai auf das Oberverwaltungsgericht zwei BrandMünster und das Verwaltungsgericht Düsseldorf sowie zu zwei anschläge Brandanschlägen am 12. November auf die Informationsund Beratungsstelle der Stadt Köln für ethnische Minderheiten und am 14. November auf die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Hamburg. Die Sachschäden liegen in Millionenhöhe. In einem Selbstbezichtigungsschreiben zu den Sprengstoffanschlägen begründeten die RZ die Anschläge als Protestaktionen gegen "imperialistische" Flüchtlingspolitik und "rassistische" Ausländerpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Den für Asylverfahren zuständigen Richtern der Verwaltungsgerichte wurde vorgeworfen, ein "kleines, aber wirksames Rad im internationalen Klassenkrieg gegen die Armen der drei Kontinente" zu sein. In der Selbstbezichtigung zu den Brandanschlägen wurde u.a. ausführlich die Lage der Sinti und Roma in Köln und Hamburg geschildert und ein "uneingeschränktes Bleiberecht für Sinti und Roma" gefordert. Die "Rote Zora", autonome Frauengruppe der RZ, blieb 1989 inaktiv. 4. Festnahmen und Strafverfahren Urteile gegen Das Oberlandesgericht Stuttgart verhängte am 18. Januar gegen mutmaßliche Erik Prauss und und Andrea Sievering u.a. wegen Mitgliedschaft in "Militante" der terroristischen Vereinigung RAF und Beteiligung am Sprengder RAF stoffanschlag auf die Firma Dornier in Immenstaad am 25. Juli 1986 Freiheitsstrafen von jeweils neun Jahren. Am 20. Januar verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf Norbert Hofmeier, Barbara Perau und Thomas Thöne wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF und wegen des Sprengstoffanschlags auf eine Einrichtung des Bundesgrenzschutzes in Swisttal-Heimerzheim am 11. August 1986 zu Freiheitsstrafen von zehn bzw. (Perau und Thöne) neun Jahren. Gegen den Mitangeklagten Thomas Richter sprach das Gericht wegen Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung RAF und wegen Ausspähung des Aachener Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik eine Freiheitsstrafe von vier Jahren aus. Das Landgericht Frankfurt a.M. verurteilte am 18. Mai den Libanesen Mohamad Ali Hamadi u.a. wegen gemeinschaftlich begange- 141 nen Mordes, Eingriffs in den Luftverkehr, Geiselnahme und unerLebenslange Haft laubter Einfuhr von Sprengstoff zu einer lebenslangen Freiheitsfür den Libanesen strafe. Er war einer der zwei Entführer eines Flugzeuges der ameriAli Hamadi kanischen Luftfahrtgesellschaft TWA, das am 14. Juni 1985 auf dem Flug von Athen nach Boston/USA nach Beirut entführt worden war. Dabei war ein amerikanischer Marinetaucher von den Entführern ermordet worden. Die Entführung war bereits 1985 der proiranischen schiitisch-extremistischen "Hizb Allah" (Partei Gottes) zugeschrieben worden. Hamadi war am 13. Januar 1987 auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt a.M. aus Beirut kommend festgenommen worden, wobei er drei Glasflaschen mit jeweils rund drei Litern hochexplosivem Flüssigsprengstoff mit sich führte. Die weiteren Ermittlungen hatten am 27. Januar 1987 zur Entdekkung eines Sprengstoffverstecks im Saarland geführt, in dem sich u.a. weiterer Flüssigsprengstoff und elektrische Sprengzünder befanden. In die Bundesrepublik Deutschland verbracht hatten diesen Flüssigsprengstoff Mohammad Ali Hamadi bei einer früheren Einreise am 2. Januar 1987 sowie dessen Bruder Abbas Ali Hamadi, als er am 13. Januar 1987 ebenfalls von Beirut über Frankfurt a.M. einreiste. Bei einer erneuten Einreise am 26. Januar 1987 war auch er in Frankfurt a.M. festgenommen und am 19. April 1988 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt worden. Abbas Ali Hamadi war für schuldig befunden worden, an der Geiselnahme der deutschen Staatsangehörigen Rudolf Cordes und Alfred Schmidt im Januar 1987 in Beirut und an der Einfuhr des sichergestellten Flüssigsprengstoffs in die Bundesrepublik Deutschland beteiligt gewesen zu sein. Mit der Entführung von Cordes und Schmidt war versucht worden, Mohamad Ali Hamadi freizupressen. Das Oberlandesgericht Düsseldorf verurteilte am 6. Juni Dr. Ingrid Urteil wegen StrobI u.a. wegen Beihilfe zu einem Sprengstoffanschlag und UnUnterstützung der terstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer FreiheitsstraRevolutionären fe von fünf Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Frau Zellen/"Rote Zora" Dr. StrobI einen Wecker gekauft hatte, den die RZ bei dem Sprengstoffanschlag auf ein Verwaltungsgebäude der Lufthansa AG in Köln am 28. Oktober 1986 verwendet hatten. Am 28. Juni verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. Heinrich Janßen zu sechs und Michael Max Dietiker sowie Bernhard Rosenkötter zu jeweils fünf Jahren Freiheitsstrafe wegen Brandstiftung. Die Verurteilten waren nach dem von ihnen in der Nacht zum 1. März 1988 verübten Brandanschlag auf die Fa. Renault-Landtechnik in Rosbach/Hessen festgenommen worden. In einem Selbstbezichtigungsschreiben, das am 2. März 1988 bei einer Presseagentur und zwei Zeitungsredaktionen eingegangen war, hatten die Täter erklärt, den Anschlag aus Solidarität mit dem Kampf der Gefangenen der "Action Directe" (AD) verübt zu haben. Heinrich Janßen war Mitglied der RAF. Wegen versuchten Mordes 142 an zwei Polizeibeamten war er vom Landgericht Berlin (West) am 22. November 1973 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Wegen Vorbereitung eines Sprengstoffverbrechens verurteilte das Landgericht München I am 22. Dezember einen 22jährigen Libanesen zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Der seit vier Jahren in der Bundesrepublik Deutschland lebende Mann hatte 1988 jüdische bzw. israelische Einrichtungen sowie mehrere Objekte mit Bezug zu den USA mit dem Ziel ausgespäht, Terroranschläge zu verüben. Die Ausspähungsunterlagen hatte er zusammen mit einem verschlüsselten Brief in einem Päckchen an seine Auftraggeber in den Libanon geschickt. Die polizeilichen Ermittlungen führten in der Wohnung des jetzt Verurteilten zum Auffinden von Kodierungsunterlagen und Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen. Der Verurteilte, der als führender Anhänger der "Hizb Allah" in der Bundesrepublik Deutschland gilt, wurde daraufhin am 22. Juni in seiner Wohnung in Darmstadt festgenommen. 5. Politisch motivierte Gewaltaktionen in Bayern Am 9. September wurde in der Nähe eines Autobahnparkplatzes bei Herrieden, Landkreis Ansbach, ein indischer Asylbewerber ermordet aufgefunden. Die Leiche wies mehrere Schußverletzungen auf. Die Organisation der indischen Sikhs "Khalistan Commando Force" (KCF) übernahm in einem in Würzburg aufgegebenen, an einen Journalisten in Großbritannien gerichteten Selbstbezichtigungsschreiben die Verantwortung für den Mord. Demnach sei das Opfer "hingerichtet" worden, weil es u.a. durch sein früheres Verhalten in Indien zur Folterung mehrerer Sikhs beigetragen habe. Gleichzeitig bedrohten die Verfasser andere Informanten ebenfalls mit dem Tod, falls sie ihre Tätigkeit nicht einstellten. Die KCF war bislang in der Bundesrepublik Deutschland mit Terroraktionen nicht in Erscheinung getreten. Die Zahl der Gewaltakte gegen Sachen in Bayern, bei denen das angegriffene Ziel, die Tatausführung oder eine Selbstbezichtigung auf politische Motive hindeuten, ist in Bayern im Jahr 1989 weiter zurückgegangen. Insgesamt wurden 12 Brandanschläge (1988:16; 1987: 38; 1986: 74) verübt oder versucht. Ein Sprengstoffanschlag war, wie schon 1988, nicht zu verzeichnen (1987: 8; 1986: 4). Auch wurde in Bayern kein Brandanschlag aus Anlaß des zehnten kollektiven Hungerstreiks inhaftierter terroristischer Gewalttäter registriert. Für die Mehrzahl der Brandanschläge dürften im Hinblick auf die Art der angegriffenen Objekte in erster Linie rechtsextremistisch orientierte Täterkreise in Betracht kommen. Diese Anschläge richteten sich insbesondere gegen Asylbewerberund Asylantenwohnheime, so am 14. Februar in Memmelsdorf, Landkreis Barn- 143 berg, am 25. März in Schwarzenfeld, Landkreis Schwandorf, am 29. März in Hofkirchen, Landkreis Passau, und am 10. Juni in Regen. Dabei entstand jeweils nur geringer Sachschaden. An weiteren Gewaltaktionen sind insbesondere zu nennen: Bei einem Brandanschlag auf eine Gaststätte in Nürnberg entstand am 13. Februar Sachschaden von etwa 9.000 DM. Unbekannte Täter hatten ein Fenster des Lokals eingeworfen und dann einen Molotow-Cocktail in die Gaststätte geschleudert. Am 1. Februar hatte in diesem Lokal eine Veranstaltung der "Republikaner" stattgefunden. Bei einer Gegenkundgebung war es zu Ausschreitungen gekommen, in deren Verlauf vier Polizeibeamte verletzt worden waren. Ende März verursachten unbekannte Täter durch einen Brandanschlag auf Ausstellungsräume eines Händlers französischer Automobile in Nürnberg einen Sachschaden von 150.000 DM. Bereits am 15. März 1988 waren in Erlangen an Kraftfahrzeugen der gleichen Herstellerfirma 53 Reifen zerstochen worden. An der Fassade des Autohauses hatten die Täter damals die Schmierschrift "Solidarität mit dem Hungerstreik der Gefangenen von Action Directe" angebracht. Am 25. April warfen in Forchheim unbekannte Täter fünf mit Buttersäure gefüllte Gläser in ein Parteibüro der CSU. Der Anschlag stand in Zusammenhang mit dem zehnten kollektiven Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter. Es entstand erheblicher Sachschaden. Am 7. Mai verübten unbekannte Täter auf den Pkw eines jüdischen Bürgers in Augsburg einen Brandanschlag. Am Pkw, der in einem Parkhaus abgestellt war, und an den in der Nähe befindlichen Kabelschächten des Parkhauses entstand Sachschaden von etwa 30.000 DM. An die Wand nahe dem ausgebrannten Fahrzeug hatten die Täter die Worte "Juda verrecke" und zwei SS-Runen gesprüht. Bereits am Vortag hatte der Geschädigte an seinem Wagen ein Schreiben mit dem Text "Juda verrecke. Wir sind wieder da. Die SS-Einheit marschiert ..." vorgefunden. Ein Brandanschlag auf das Auto eines bei der US-Armee beschäftigten Zivil-Amerikaners in Kitzingen verursachte am 10. Juni einen Sachschaden von rund 10.000 DM. Das Fahrzeug brannte vollständig aus. An das Wohnanwesen des Geschädigten hatten die unbekannten Täter mit schwarzer Farbe Hakenkreuze und die Worte "Amy-Tod" gesprüht. 144 5. Abschnitt Spionageabwehr 1. Spionageabwehr im Jahr der politischen Veränderungen in den Ländern des Warschauer Pakts Die dramatischen Veränderungen in der DDR und den osteuropäischen Staaten haben auch die Struktur und die Aufgabengebiete der dortigen Geheimdienste erfaßt. Sie werden künftig nicht mehr im bisherigen Umfang für die Sicherung eines zentralistisch organisierten Herrschaftssystems durch intensive Überwachung und Kontrolle der eigenen Bevölkerung zuständig sein. Wie weit diese Kontrolle gegangen ist, wird besonders am Beispiel des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR deutlich, dem offenbar nahezu unbeschränkte personelle und finanzielle Mittel für die Spionage nach außen und die Überwachung der eigenen Bevölkerung im Inneren zur Verfügung standen. Die weitgehende Auflösung der Inlandsnachrichtendienste, insbesondere des Staatssicherheitsdienstes der DDR, darf aber nicht über einen wichtigen Grundsachverhalt hinwegtäuschen: Die Auslandsaufklärung wurde durch den Zusammenbruch der Instrumente innerstaatlicher Repression zu keinem Zeitpunkt und in keinem Land des früheren kommunistischen Machtbereichs in Frage gestellt. Auch für die DDR ist jedenfalls für die Fortdauer ihrer Eigenstaatlichkeit anzunehmen, daß es eine Nachfolgeorganisation des bisherigen Trägers der Auslandsspionage, der Hauptverwaltung Aufklärung im bisherigen MfS bzw. Amt für Nationale Sicherheit (ANS) geben wird. Denn in Zeiten des Umbruchs, der Instabilität der eigenen Macht und darüber hinaus des gesamten Systems des Warschauer Pakts ist das Interesse dieser Regierungen an Informationen über das Verhalten und die Absichten der Regierungen anderer Staaten, oppositioneller Gruppen außerhalb des eigenen Landes sowie militärischer Vorgänge besonders groß. Hinzu kommt, daß diese Staaten bestrebt sind, ihre Wirtschaft auch mit Hilfe ihrer Auslandsnachrichtendienste möglichst schnell und kostengünstig westlichen Produktionsmethoden und -erkenntnissen anzupassen. Es ist deshalb nicht damit zu rechnen, daß die Auslandsspionage wesentlich geschwächt wird, und es ist ebenfalls nicht damit zu rechnen, daß sich ihre Ziele wesentlich ändern. Bei aller Liberalisierung in der DDR und den osteuropäischen Staaten, bei aller Freude über die bisherige Entwicklung und aller Hoffnung auf weitere Annäherung sollte das notwendige Maß an 145 Wachsamkeit gegenüber Ausforschungsbemühungen der Staaten des Warschauer Pakts bestehen bleiben. Der folgende Bericht über die Ausforschungsbemühungen im Jahre 1989 zeigt, daß Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland bis in die letzten Tage des Jahres betrieben wurde und auch weiterhin betrieben werden wird. Von den zahlreichen östlichen Geheimdiensten, die in unserem Land tätig sind, entfalteten 1989 die Nachrichtendienste der DDR, der CSSR, der UdSSR und Rumäniens eine besonders intensive Spionagetätigkeit. Der Schwerpunkt ihrer Ausspähungsbemühungen lag wiederum bei der politischen Spionage, gefolgt von der Spionage gegen Wirtschaft und Wissenschaft und gegen den militärischen Bereich. Klassisches und vorrangiges Ziel aller fremden Nachrichtendienste bleibt es dabei, Agenten zu werben und an Stellen zu plazieren, die Zugang zu möglichst wichtigen Informationen eröffnen. Aber auch eine Vielzahl von Agenten, die nur über geringe Zugangsund Wahrnehmungsmöglichkeiten verfügen, hat Unbegrenzter ihren Wert. Informationen, die auf den ersten Blick unbedeutend Informationsbedarf erscheinen, geben in der analytisch aufbereiteten Gesamtschau gegnerischer aussagekräftige Erkenntnisse über politische, wirtschaftliche und Nachrichtenmilitärische Zusammenhänge. Die Spionageabwehr verfolgt daher dienste alle Anhaltspunkte, die auf derartige Aktivitäten östlicher Nachrichtendienste in der Bundesrepublik Deutschland bzw. Bayern hindeuten. Personen, die spionageverdächtige Wahrnehmungen machen oder selbst, entweder in der Bundesrepublik Deutschland oder bei privaten bzw. geschäftlichen Reisen in Länder des früheren kommunistischen Machtbereiches von Mitarbeitern der gegnerischen Nachrichtendienste angesprochen werden, können den Verfassungsschutzbehörden helfen. Die Betroffenen, die häufig unfreiwillig und unter Druck nachrichtendienstlich verstrickt wurden, sollten sich beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz, Knorrstraße 139, 8000 München 45, Tel.: 089/31 20 10, offenbaren. Sie werden dort beraten, wie sie sich aus dieser Verstrickung lösen können. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte 1989 fünf (1988: zwei) Personen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren. 1989 wurden wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit drei (1988: sieben) Personen in Bayern festgenommen. 2. Kontaktanlässe/Werbungsmethoden Die östlichen Nachrichtendienste führen nachrichtendienstliche Ansprachen erst nach eingehender Prüfung der ausgewählten Zielperson durch. Ste überlassen dabei nichts dem Zufall. Das Werbungsvorhaben stützt sich auf eine möglichst präzise Kenntnis 146 der Persönlichkeit und des Umfeldes der Zielperson. Der richtige Zeitpunkt für die nachrichtendienstliche Ansprache und detailliertes Wissen über den persönlichen und beruflichen Hintergrund Sorgfältige der zu werbenden Person erhöhen die Erfolgsaussichten. Die zuAuswahl der grunde liegenden Informationen stammen nicht selten von sogeZielperson nannten Tipgebern oder "Forschern", die eingesetzt werden, um Einzelheiten zur Zielperson im Hinblick auf eine eventuelle nachrichtendienstliche Werbung abzuklären. Kontaktanlässe können sich insbesondere bei privaten oder geschäftlichen Aufenthalten von Deutschen aus der Bundesrepublik im Ausland ergeben. AnMöglichkeiten der knüpfungsmöglichkeiten bieten sich vor allem durch die AusnutAnbahnung zung verwandtschaftlicher Beziehungen oder geschäftlich bedingter Reisen zu Verkaufsausstellungen öder Industriemessen in Osteuropa. Diese Ansätze für Werbungen können infolge der Liberalisierung des Reiseverkehrs in verstärktem Maße genutzt werden. Die gegnerischen Nachrichtendienste versuchen aber auch, Personen aus dem eigenen Herrschaftsbereich anzuwerben, um sie für eine Spionagetätigkeit im Westen einzusetzen. Solche Personen sind wesentlich intensiver beeinflußbar als Besucher aus dem Westen, die sich einem Werbungsversuch entschiedener widersetzen können. 3. Nachrichtendienstliche Gefährdung von Aussiedlern, Asylsuchenden und Übersiedlern aus den Staaten des Warschauer Pakts Durch die Öffnung der Grenzen in Richtung Westen und die damit verbundene sprunghaft gestiegene Zahl der Ausund Übersiedler ergibt sich auch für die Verfassungsschutzbehörden eine neue Lage. 1989 kamen 377.055 Aussiedler, 343.854 Übersiedler aus der DDR und über 121.318 Asylbewerber in die Bundesrepublik Deutschland. Davon entfielen 40.919 Aussiedler, 67.844 Übersiedler und 20.563 Asylbewerber auf Bayern. Der Strom von Aussiedlern und Flüchtlingen, insbesondere aus der DDR, kann für die Anwerben von dortigen Nachrichtendienste auch ein Zielpotential für Werbungen Aussiedlern für und Einschleusungen darstellen. Auch kann die Einschleusung Spionagezwecke von Agenten, die als Aussiedler oder Übersiedler getarnt sind, andere und aufwendigere Einschleusungsverfahren überflüssig machen. Fälle dieser Art sind allerdings bisher nur vereinzelt registriert worden. Das bisherige Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR war aufgrund seiner systematischen Einbindung in das Ausreisegenehmigungsverfahren im Rahmen der Übersiedlung oder im innerdeutschen Reiseverkehr zu jeder Zeit in der Lage, die sich dabei bietenden Werbungsmöglichkeiten zu nutzen. Besonders war man an Ausreisewilligen interessiert, die bei ihren persönlichen Bin- 147 düngen in das Bundesgebiet über nachrichtendienstlich nutzbare "Kontakte" verfügten. Auch der rumänische Nachrichtendienst Securitate nutzte die besondere Zwangslage bei deutschstämmigen Aussiedlungswilligen rigoros aus. Volksdeutsche in Rumänien fühlten sich aus vielerlei Gründen wegen ihrer Volkszugehörigkeit Einbinden der bedroht. Sie wurden häufig bereits in einem frühen Stadium ihrer Staatssicherheit Ausreisebemühungen zu Spitzeldiensten innerhalb Rumäniens anin das Genehmigeworben. Dabei wurde ihnen unmißverständlich angedeutet, daß gungsverfahren ohne diese "Vorleistung" und eine spätere Spionagetätigkeit im Westen mit einer Ausreisegenehmigung nicht oder nur nach einer sehr langen Wartezeit zu rechnen sei. In einigen Fällen erhielten die Aussiedler noch kurz vor der Aushändigung ihres Passes kleinere Aufträge, wie z.B. im Bundesgebiet wohnende ehemalige ruAussiedler mit mänische Staatsbürger auszuforschen, Publikationen zu beschafnachrichtendienstlichem Auftrag fen oder Kontakt zu Emigrantenkreisen aufzunehmen und über diese zu berichten. Im Zuge ihrer Mitarbeitsverpflichtung erhielten die Aussiedler meist die Vorgabe, sich in der Bundesrepublik Deutschland zunächst zu etablieren und bei Besuchsreisen in ihren früheren Wohnort wieder Kontakt zum Führungsoffizier aufzunehmen. Auch Aussiedler und Asylsuchende aus Polen berichteten noch Anfang 1989 von Zwangssituationen, denen sie sich im Zusammenhang mit ihren Ausreisebemühungen ausgesetzt sahen. Für sie gaben neben den wirtschaftlichen Verhältnissen im Heimatland häufig gerade die Anbahnungsversuche der Nachrichtendienste den letzten Anstoß, sich endgültig abzusetzen und sich sofort nach ihrer Aussiedlung den zuständigen deutschen Behörden zu offenbaren. Besondere Aufmerksamkeit richteten die fremden Nachrichtendienste auf Personen, die eine Eheschließung mit einem Partner aus dem Westen beabsichtigen und aus diesem Grund die Ausoder Übersiedlung beantragten. Seit Jahren setzten hier auch die tschechoslowakischen Nachrichtendienste an, die in solchen Fällen überwiegend den tschechoslowakischen Staatsangehörigen Einsatz von zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit aufforderten. Als Druckmittel Druckmitteln waren besonders Einund Ausreiseverbote beliebt. Insbesondere wurde angedroht, künftig ein Einreiseverbot zu erlassen, um nach erfolgter Aussiedlung Verwandtenbesuche zu unterbinden. Andere Interessenten mußten bis zur Aussiedlung berufliche Nachteile hinnehmen. Angesichts des ausgeübten Drucks ist es verständlich, daß nachrichtendienstlich angesprochene Heiratswillige ihre Mitarbeit zusagten. Eine nachrichtendienstliche Gefährdung besteht aber selbst dann noch, wenn Aussiedler oder Übersiedler aus der früheren Staatsbürgerschaft entlassen sind, sich in der Bundesrepublik Deutsch- 148 land etabliert haben und einen deutschen Reisepaß besitzen. Erneute nachrichDenn bei Besuchsreisen in ihre alte Heimat können die Nachrichtendienstliche tendienste des Herkunftslandes erneut aktiv werden. Ihre AufmerkAktivierung bei samkeit gilt dann insbesondere Personen, die im Westen inzwiBesuchsreisen in schen eine nachrichtendienstlich interessante Tätigkeit ausüben. die alte Heimat Sie werden dann an eine früher eingegangene Verpflichtung zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit oder etwa an die von der staatlichen Gemeinschaft für sie erbrachten Leistungen erinnert, die ihnen erst den Weg in ihre jetzige Position eröffnet hätten. Dieses Muster der nachrichtendienstlichen Anbahnung und Nutzung ist bei rumänischen, polnischen, tschechischen oder anderen Nachrichtendiensten sehr ähnlich. Der großen Zahl von Werbungsversuchen steht aber nach vorliegenden Erkenntnissen nur eine verhältnismäßig geringe Erfolgsquote gegenüber. Sobald die Betroffenen dem auf sie ausgeübten Druck entkommen sind, machen sie häufig von der angebotenen Sofortige Möglichkeit Gebrauch, sich den Verfassungsschutzbehörden zu Offenbarung offenbaren und so einer nachrichtendienstlichen Verstrickung zu entgehen. 4. Zielrichtungen/Zielobjekte Durch den Einsatz von Agenten versuchen östliche Geheimdienste, ihre Kenntnis von den politischen Verhältnissen, der WirtSpionageaktivischaftskraft und dem militärischen Potential in der Bundesrepublik täten in fast allen Deutschland zu vervollständigen. Bereits eine gründliche AuswerGesellschaftstung der Medien und offen zugänglicher Publikationen vermittelt ihbereichen nen einen guten Einblick. Darüber hinaus zielen die Spionageaktivitäten insbesondere auf Aufnahmeund Flüchtlingslager, die Ostemigration sowie auf Industrieeinrichtungen jeder Art und den Wissenschaftssektor. Vom Bayerischen Obersten Landesgericht wurde 1989 ein Ehepaar wegen geheimdienstlicher Tätigkeit verurteilt, das jahrelang Erkenntnisse aus der Berufstätigkeit des Mannes an das MfS geliefert hat; der Mann arbeitete in einem nicht der Rüstungswirtschaft zuzuordnenden Industriebetrieb. Die DDR stand mit diesem Betrieb in Lizenzverhandlungen; trotzdem wurde Ausforschung betrieben, denn die auf diese Weise erlangten Erkenntnisse sind in aller Regel billiger als Lizenzverträge. 4.1 Politische Spionage Ein Schwerpunkt der nachrichtendienstlichen Ausspähung war, wie in den vergangenen Jahren, die politische Spionage. Dabei inAusspähungsteressierte besonders auch die Ostemigration. Die Agenten waren objekte der poliin diesem Bereich z.B. bestrebt, Beruf und Wohnort eines Emitischen Spionage granten auszuforschen, einen Flüchtling zu ermitteln, finanzielle 149 Verhältnisse einer Zielperson festzustellen und allgemein über Aktivitäten von Exilorganisationen zu berichten. Weitere Erkundungsaufträge betrafen die Durchgangsstellen und Übergangswohnheime der Aussiedler und den Verfahrensablauf der Registrierung. Die Veränderungen in Osteuropa könnten ein Nachlassen dieser Spionageaktivitäten bewirken. Auch das Personal von Sicherheitsbehörden ist nachrichtendienstlich besonders interessant. Dies zeigt die jüngst vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht erhobene Anklage gegen einen 45jährigen Zahnarzt aus der DDR: Der Angeschuldigte hatte sich 1979 schriftlich gegenüber dem früheren Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR zur geheimdienstlichen Mitarbeit verpflichtet. Nachdem er zunächst Abklärungsaufträge in der DDR ausführte, berichtete er nach Rückkehr von zwei Besuchsreisen in die Bundesrepublik Deutschland u.a. Personenauch über eine Person, von der das MfS die Vermutung hegte, sie abklärung sei beim Bundesnachrichtendienst beschäftigt. In Erfüllung seines nachrichtendienstlichen Auftrags, "alles" über diese Person in Erfahrung zu bringen, führte er vier weitere Reisen in die Bundesrepublik Deutschland durch. Dabei erforschte er das persönliche Umfeld der Zielperson und hielt zu ihr Kontakt. Nach Rückkehr von diesen Reisen berichtete der Angeschuldigte jeweils seinen Führungsoffizieren über die neu gewonnenen Erkenntnisse. In einem besonders schweren Fall der geheimdienstlichen Agententätigkeit kam es 1989 zur rechtskräftigen Verurteilung einer 44jährigen Sekretärin aus Bonn zu sechs Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Durch eine von ihr in einer Tageszeitung aufgeSekretärinnenfall gebene Bekanntschaftsannonce lernte sie Ende 1973 einen angeblichen "Gerhard Thieme" kennen, bei dem es sich um einen Mitarbeiter des sowjetischen Nachrichtendienstes KGB handelte. Anfang 1975 verpflichtete sie sich gegenüber dem KGB zur geheimdienstlichen Agententätigkeit. Ihren nachrichtendienstlichen Auftraggebern lieferte sie nach entsprechender Schulung aus obersten Bundesbehörden Ablichtungen, Fotografien und selbstgefertigte Notizen, die überwiegend der Geheimhaltung unterlagen. Sie verschaffte dadurch dem KGB Einblick in eine Vielzahl von Vorgängen, die als Verschlußsachen eingestuft waren. Bei zweibis dreimal im Jahr stattfindenden "Treffurlauben" mit "Thieme", die vom KGB bezahlt wurden, benutzte sie zum Transport ihrer Kopien eine Einkaufstasche, in der sich ein Geheimfach befand. Außerdem war sie mit einer getarnt in einem Feuerzeug unAusrüstung mit tergebrachten Kleinstkamera ausgerüstet. Die Filme verwahrte sie nachrichtendienstin einer von ihren Auftraggebern präparierten Haarspraydose solichen Hilfsmitteln wie in einem Container in einem Blumensprüher. Über insgesamt 22 sogenannte "tote Briefkästen" im Raum Bonn ließ sie die Filme ihren Auftraggebern zukommen. 150 4.2 Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage Die Nachrichtendienste der Staaten des Warschauer Pakts betreiWirtschaftsben intensiv Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage. Ihr Interesspionage zur se reicht dabei von der Beschaffung offen zugänglicher PublikatioUnterstützung der nen, wie etwa wissenschaftlich-technischer Studien oder Markteigenen Industrie analysen, bis hin zur Überführung embargogeschützter fertiger Produkte im Wege des illegalen Technologietransfers. Bei den Ausspähungsbemühungen stand 1989 die Elektround Elektronikindustrie im Vordergrund. Aufträge gegnerischer Nachrichtendienste richteten sich auch gegen die Industriezweige Maschinenbau, Kernkraft, Datenverarbeitung, Versorgung und Rüstung. Angesichts des technologischen Rückstands der Länder Osteuropas wird die Wirtschaftsspionage unvermindert andauern. Bundesweit erregte 1989 die Anklageerhebung des Generalbundesanwalts gegen mehrere Angehörige der "Hacker"-Szene Aufmerksamkeit. Dem Spionagering wird vorgeworfen, für den sowjeSpionageziel: tischen Nachrichtendienst KGB illegal in industrielle Großrechner Einbruch in eingedrungen zu sein. Besonderes Interesse des KGB bestand Kommunikationsdabei an Software und an geschützten Strukturprogrammen, die systeme Großrechner erst betriebsbereit machen, sowie an computergestützter Fertigungstechnik beim Fahrzeugund Flugzeugbau in Verbindung mit der Herstellung von Mikrochips u.a. für das Militär. Die Angeklagten, ein Croupier, ein Computerfachmann und ein Interesse des KGB Programmierer, der Spezialist für das Eindringen in militärische an Software Rechner innerhalb der USA war, kamen 1986 überein, mit dem sowjetischen Geheimdienst KGB über einen als Angehörigen der Sowjetischen Handelsvertretung in Berlin (Ost) getarnten KGB-Mitarbeiter mit dem Decknamen "Sergei" Kontakt aufzunehmen. Sie boten ihm vorhandene oder noch zu beschaffende Zugangsberechtigungen für elektronische Rechnersysteme aus dem Bereich der Forschung oder militärischer Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland und im westlichen Ausland zum Kauf an. Zum Beweis der Zugriffsmöglichkeiten wurde eine Probelieferung zusammengestellt und übergeben. Diese enthielt im wesentlichen eine Dokumentation der erfolgreichen "Hackerangriffe" auf verschiedene Computersysteme und die dabei abgezogenen Daten sowie Aufstellungen von Inhaltsverzeichnissen widerrechtlich angegriffener Rechner. Die Angeklagten wollten ihr "Hacker-KnowHow" und die Zugangsberechtigung zu einem Pauschalpreis von etwa einer Million DM veräußern. "Sergei" lehnte jedoch ab, weil die Gegenseite erwartet habe, daß sie die gewünschten Informationen selbst "erhacken" und abliefern sollten. Der Croupier lieferte in den zweieinhalb Jahren bis zu seiner Festnahme bei etwa 25 weiteren Treffs mit seinem Führungsoffizier Material aus Rechnern und Datenbanken. Für das widerrechtlich aus fremden Rechnersystemen kopierte Datenmaterial erhielt er insgesamt rund 90.000 151 DM, die er teilweise an die übrigen Beteiligten weitergab. Der Computerspionagering war im Frühjahr 1989 entdeckt worden, nachdem ein amerikanischer Spezialist von den USA aus per Computer die elektronischen Wege der "Hacker" verfolgt und die Behörden so auf ihre Spur gebracht hatte. Die Ermittlungen zum Verratsumfang dauern noch an. 4.3 Militärspionage Die Streitkräfte der Bundeswehr und der US-Armee sowie deren militärische Einrichtungen stehen im besonderen Aufklärungsinteresse gegnerischer Nachrichtendienste. Dabei sollen FeststellunSpionage gegen gen über Truppenbewegungen und Manöver, über militärische Bundeswehr und Transporte sowie militärische Unterlagen an die Auftraggeber im NATO Osten übermittelt werden. Beispiele für Aufträge zur Beschaffung geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen zeigen folgende zwei Fälle: Seit 1973 belieferte ein Diplomingenieur das frühere Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR gegen Entgelt mit einer Vielzahl von Unterlagen aus seinen Arbeitsbereichen bei Technologiefirmen in Karlsruhe, Aschaffenburg und München. Es handelte sich dabei u.a. um Dokumente, die das Mehrzweckkampfflugzeug "Tornado" und das Waffensystem "Jäger 90" betrafen. Zur Übergabe der von ihm gefertigten Fotokopien und Fotografien der angeforderten Dokumente nahm er zahlreiche Treffs in Karlsruhe und Lieferung verfilmter Wien wahr. Seine Spionagetätigkeit setzte er auch fort, nachdem militärischer er 1979 vom MfS an den sowjetischen Geheimdienst KGB übergeInformationen ben worden war. Er erhielt für seine Spionagetätigkeit etwa 30.000 DM zuzüglich Prämien und Vergütung seiner Spesen. Inzwischen wurde er wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Einem im April 1989 festgenommenen Ehepaar wird im wesentlichen folgender Sachverhalt zur Last gelegt: 1983/84 hatten sich die Eheleute zur geheimdienstlichen Mitarbeit gegenüber einem militärischen Nachrichtendienst der UdSSR verpflichtet. Dieser bildete sie in einem Geheimschreibverfahren, Chiffrieren und Dechiffrieren von Nachrichten, im Empfang von geheimdienstlichen Radiosendungen, in der Handhabung eines Funkgerätes sowie im Anlegen von Verstecken aus. Im Laufe der Jahre berichtete das Ausspähung Paar seinen Führungsoffizieren bei mehreren Treffs in der DDR u.a. militärischer über Panzerübungsgelände, Flugplätze, das Verladen von Panzern Objekte auf die Eisenbahn, über Militärkonvois, Manöver und andere Truppenbewegungen sowie über die Lage von Kasernengebäuden und die Namen von Offizieren. Unter Verwendung von Decknamen und eines Tarnabsenders sandten die Eheleute ihre Berichte an eine Deckanschrift in der DDR. Bei den Treffs wurden sie ergänzend befragt und erhielten danach weitere Aufträge. 152 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst Das öffentliche Dienstrecht fordert nach dem Grundgesetz, den Beamtengesetzen und den tarifvertraglichen Regelungen von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes Treue zur Verfassung. Das Verfahren zur Prüfung dieser Einstellungsvoraussetzung sowie zur Feststellung von Verletzungen der Treuepflicht regelt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973. 1. Einstellungsüberprüfung "BerufsverbotsDas Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz wirkt bei der kampagne" diffaÜberprüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlimiert rechtmäßiges chen Dienst in Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages mit. ExtreVerfahren misten diffamieren dieses Verfahren seit Jahren mit dem politischen Schlagund Reizwort "Berufsverbot", obwohl seine Rechtmäßigkeit durch die höchstrichterliche Rechtsprechung wiederholt bestätigt wurde. Die Zahlen für 1989 ergeben folgendes Bild: 1989 teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern den Einstellungsbehörden zu 24 Bewerbern Erkenntnisse mit (22 aus dem linksextremistischen und 2 aus dem rechtsextremistischen Bereich), die in keinem Fall zur Ablehnung führten. Zwei Bewerber für den juristischen Vorbereitungsdienst in Bayern, die nicht in das Beamtenverhältnis auf Widerruf übernommen wurden, konnten den Vorbereitungsdienst in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ableisten. Die Zahlen zeigen, daß das ebenso häufig wie grundlos kritisierte bayerische Verfahren der "Regelanfrage" für junge, am öffentlichen Dienst interessierte Menschen kein Anlaß sein kann, während der Ausbildung ein unkritisch angepaßtes Verhalten an den Tag zu legen. Zur "Einschüchterung" ist der Beschluß der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 weder bestimmt noch geeignet. 153 2. Extremisten im öffentlichen Dienst Als Extremisten im öffentlichen Dienst sind hier Bedienstete erfaßt, die in den letzten fünf Jahren als Mitglieder oder aktive Angehörige extremistischer Parteien oder Organisationen oder sonst mit erheblichen extremistischen Aktivitäten in Erscheinung getreten sind. Da nicht in allen Fällen gerichtsverwertbare Erkenntnisse vorliegen, die die Ablehnung einer Bewerbung bzw. eine Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen, gelingt es auch Extremisten, in den öffentlichen Dienst zu gelangen bzw. dort zu verbleiben. Ende 1989 waren dies (in Klammern die Vergleichszahlen für 1988): LinksGesamtdavon in extremisten zahl DKP DKP-NebenGruppen und beeinder flußten OrgaNeuen nisationen* Linken Landes222 (222) 28 (26) 6 (12) 188 (184) dienst Kommunal132 (135) 80 (92) 9 (10) 43 (33) dienst sonst, öffentl. Ein14 (16) 3 (5) _ ( _) 11 (11) richtungen Zusammen 368 (373) 111 (123) 15 (22) 242 (228) * bei gleichzeitiger Mitgliedschaf i iti der DKP dort gezählt. Bei den im öffentlichen Dienst beschäftigten Extremisten, die den Gruppen der Neuen Linken zuzurechnen sind, handelt es sich im wesentlichen um Angehörige der Marxistischen Gruppe (MG). Von den linksextremistischen Landesbediensteten waren beschäftigt: 127 (121) als Lehrpersonal an Grund-, Haupt-, Sonder-, Realschulen und Gymnasien 48 (55) als wissenschaftliches und sonstiges Personal an Hochschulen 13 (12) im Justizdienst 34 (34) in sonstigen Verwaltungszweigen 154 Von den linksextremistischen Kommunalbediensteten waren beschäftigt: 26 (25) als Bedienstete in Krankenanstalten 46 (44) in soziafpädagogischen Berufen wie Sozialarbeiter, Jugendheimleiter etc. 21 (18) als Lehrer an städtischen Schulen 39 (48) in sonstigen Verwaltungszweigen Außerdem sind weitere 39 (43) Linksextremisten mit Wohnsitz in Bayern bei Bundesbehörden beschäftigt. Rechtsextremisten Gesamtzahl davon in NPD DVU Landesdienst 13 (13) 4 (4) 7 (7) Kommunaldienst 10 (10) 6 (5) _ (_) Zusammen 23 (23) 10 (9) 7 (7) Von den rechtsextremistischen Landesbediensteten waren beschäftigt: 2 (2) als Lehrer an einer Wirtschaftsschule bzw. Gymnasium 4 (5) im Justizund Polizeidienst 7 (6) in sonstigen Verwaltungszweigen Die rechtsextremistischen Kommunalbediensteten waren in sonstigen Verwaltungszweigen beschäftigt. / 156 Stichwortverzeichnis Abrüstungs-Info 57 Action Directe (AD) 134 Aktion deutsche Einheit (AKON) .80 Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) ,80 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ (ANS/NA) 81 Nationale Aktivisten Aktionskonferenz gegen Neofaschismus und Rassismus 55 Akzent Buchhandlung 28 Al Fatah 108 Amt für Nationale Sicherheit (ANS) 144 Anarchistische Föderation Nordbayern (AFNB) 58 Antifaschistische Nachrichten 60 antifaschistische rundschau 57 antifaschistischer informationsund Pressedienst 57 Antikommunistisches Aktionsbündnis (Antiko) 85 Anti-Kriegs-Gruppen 53 Anti-NATO-Gruppe 47 Anti-Strauß-Komitee/Stoppt die Erben (ASKo) 45 Antizionistische Aktion (AA) 85 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 43 Arbeiterjugendverband (Marxisten/Leninisten) (AVJ/ML) 42 Arbeiterkampf (ak) 58 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 111 Arbeiterpartei Kurdistans -- (PKK-DB) 112 Revolutionäre Einheit Arbeiter und Bauern 59 Arbeitsausschuß gegen Neofaschismus und Rassismus 55 Arbeitskreis Demokratischer Soldaten (ADS) 31 Autonome 47,51 Autonome Sozialistische Jugend (ASJ) 31 Avrupa 'da Dev Gene 129 AWARAGAN -- Demokratische Organisation der 123 Afghanen im Ausland 157 Basisgruppe 47 Bayern Info 57 Bayern-Stimme 68 "Bewegung" 81 Bolsevik Partizan 118 Brennpunkt Links 43 Bundesarbeitsausschuß (BAA) 29 Bund Sozialistischer Arbeiter -- (BSA) 37 Deutsche .Sektion der Viprten U C U I O I J ] 1 ^ V -- ' ^ I X U W I 1 V_J^I Internationale V 11/1 L t / I 1 I I H o l 1 ICILIV^I I C l l ^ / Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 37 Bunte Hilfe Nordbayern (BHN) 58 Das Freie Buch GmbH, Buchund Zeitungsverlag 44 Das Freie Forum 91 Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) 123 Demokratischer Informationsdienst (DID) 45 Demokratischer Jugendzirkel Regensburg 46 Der Bismarck-Deutsche 92 Der Scheinwerfer 99 Deutsche Friedens-Union (DFU) 35 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 17,53 DKP-Hochschulgruppe (DKP-HG) 28 Deutsche Kulturgemeinschaft (DKG) 91 Deutsche Monatshefte 97 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 76 Deutsche Reichspartei (DRP) 67 Deutsche Stimme 68 Deutsche Volksunion e.V. (DVU) 78 Deutsche Volksunion -- Liste D (DVU-Liste D) 73 Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) 76 Deutscher Anzeiger (DA) 76 Deutscher Block (DB) 104 Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur 80 Devrimci Isci (Revolutionäre Arbeiter) 120 Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) 120 Devrimci Yol (Revolutionärer Weg) 120 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 92 Die Friedensliste 34 Die Neue Front (NF) 103 Druckschriftenund Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) 94 158 Druffel-Verlag t 97 Ederer-Verlag 98 Ehrenbund Rudel -- Gemeinschaft zum 80 Schutz der Frontsoldaten elan -- Das Jugendmagazin 31 Eritreische Befreiungsfront (ELF) 123 Eritreische Volksbefreiungsfront (EPLF) 123 Erlanger Hochschulzeitung 58 FAP-Intern 87 Föderation der Arbeiter aus der Türkei (ATIF) 118 in Deutschland e.V. Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan (KOMKAR) 116 in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin e.V. y Föderation der Immigrantenvereine aus der Türkei (GDF) 117 Föderation der patriotischen Arbeiterund Kultur(FEYKA112 vereinigungen aus Kurdistan in der BundesKurdistan) republik Deutschland e.V. Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten(ADÜTDF) 120 vereine in Europa e.V. Föderation Islamischer Vereine und Gemeinden im 129 Land Bayern e.V. Freie Gewerkschaftsbewegung (FGB) 85 Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) 86 Freiheitlicher Buchund Zeitschriftenverlag GmbH (FZ-Verlag) 94 freiraum 50 Freundeskreis Ulrich von Hütten 91 "Friedenskooperative" 53 Friedensliste Bayern 34 frontal 57 Gesellschaften für Druck und Vertrieb 38 wissenschaftlicher Literatur mbH Gesellschaft für Freie Publizistik (GFP) 91 Gewaltfreie Aktionsgruppen 53 Göcmen 120 Hilfsorganisation für nationale politische (HNG) 103 Gefangene und deren Angehörige e.V. Hizb Allah 124 Huttenbriefe 91 159 Info-Dienst 56 Infoladen-Gruppe 47 Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) 80 Initiative Volkswille 84 Initiative für die Vereinigung der Revolutionären (IVRJ) 46 Jugend interim 58 Internationales Kulturzentrum in Augsburg (IKZ) 119 Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation (ISA) 37 Intifada 108 Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung (IMSV) 110 Bundesrepublik Deutschland e.V. Irish Republican Army (IRA) 137 Islamische Bewegung, Köln 121 Italienischer Verband der Gastarbeiter (FILEF) 126 und ihrer Familien JN-Bayern-Info 102 Jobbergruppe 47 Jugendpolitische Blätter 56 Junge Nationaldemokraten (JN) 72 Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation (JP) 32 Junge Stimme 102 Kämpfende Einheit 135 Kämpfende Jugend (KJ) 46 Khalistan Commando Force (KCF) 142 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) 53 Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten (KAH) 84 zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) 44 Kommunistische Jugend Griechenlands (KNE) 124 Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) 17 Kommunistische Partei Griechenlands (KKE-Ausland) 124 Kommunistische Partei Italiens (PCI) 126 Kommunistische Partei Spaniens (PCE) 127 Kommunistischer Bund (KB) 58 Kommunistischer Hochschulbund (KHB) 43 160 Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) 119 Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung (KA) 53 Krefelder Initiative 35 Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP) 111 Kroatischer Nationalrat (HNV) 110 Kroatisches Nationalkomitee in Europa e.V. (HNO) 111 "Kuhle Wampe" 31 Kurdischer Arbeiter-Solidaritätsverein e. V. 116 Kurdistan Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V. 116 Kurdistan-Komitee *112 Kurdistan-Kulturzentrum 116 Kurt-Schumacher-Komitee . 68 . Lernen und Kämpfen (luk) 42 Liste Demokratischer AStA (LDA) 43 Marxistische Arbeiterzeitung (MAZ) 39 Marxistische Blätter 56 Marxistische Gruppe (MG) 38 Marxistische Schulzeitung 58 Marxistische Streitund Zeitschrift -- (MSZ) 39 Gegen die Kosten der Freiheit Marxistischer Studentinnenund (MSB 32 Studentenbund Spartakus Spartakus) Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) 42 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 41 Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) 42 Mensch und Maß 97 MHB und NEW-Gesellschaften für Druck und 38 Vertrieb wissenschaftlicher Literatur mbH Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 144 mm-praxis 56 Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung (BIFA) 36 Münchner Hochschulzeitung 58 Münchner Schulzeitung 58 Nachrichten der HNG 103 Nachrichten zur Wirtschaftsund Sozial24 politik/Gewerkschaftsspiegel Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 64 161 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 102 Nationale Befreiungsarmee (NLA) 110 Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) 112 Nationale Heilspartei (MSP) 122 Nationale Sammlung (NS) 82 Nationalistische Arbeitspartei (MCP) 121 Nationalrevolutionäre Aufbauorganisation (NRAO) 104 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) 81 Nation Europa (NE) 95 Nation Europa Verlag GmbH 95 Nation Europa -- Freunde 95 Neuer politischer Dienst 68 Nordland Forlag 99 NPD-Forum 68 NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 99 NS Kampfruf 100 Nürnberger Friedensforum 53 Odalbrief 90 Organisation Iranischer Demokraten im Ausland (OIDA) 110 Organisation der Iranischen Studenten in der Bundes(O.I.P.F.G.) 125 republik Deutschland und West-Berlin, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran (Ashraf-Deghani-Anhänger) Organisation Iranischer Studenten, Sympathisanten (O.I.S.) 109 der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) Pahl-Rugenstein-Verlag 23 Palästina-Libanon-Komitee, Nürnberg (PIK) 109 Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) 108 Palästinensischer Arbeiterve^pand, Nürnberg (PAV) 108 Palästinensischer Arbeiterverband in der (PAV) 108 Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin Palästinensischer Nationalrat (PNC) 108 Palästinensischer Studentenverband in der (PSV) 109 Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V. Partei der Nationalen Bewegung (MHP) 120 Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) 22 Partizan 118 pionier 57 Pionierleiter-Info 57 Plambeck u. Co. Druck und Verlag GmbH 28 Politische Berichte 58 Prolos 47 162 Provisional Irish Republican Army (PIRA) 130 radikal 51 Radikale Linke 37 raffgier 58 Rebell 42 Recht und Wahrheit 92 Regensburger Hochschulzeitung 58 Resultate 39 Resultate Verlag 38 Revolutionäre Zellen (RZ) 139 Rote Armee Fraktion (RAF) 132. rote blätter 57 Rote Brigaden/Für den Aufbau der (B.R.-P.C.C.) 134 Kämpfenden Kommunistischen Partei Rote Fahne 42 Roter Pfeil 42 Rote-Schüler-Initiative (RSI) 39 Rote Zora 140 Samisdat Publishers Ltd. 100 Securitate 147 Sieg 100 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 29 Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) 16 Sozialistische Zeitung (SoZ) 59 Sozialistischer Hochschulbund (SHB) 57 Sozialistisches Magazin (Soz-Magazin) 59 Tudeh-Partei 109 Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee (TIKKO) 117 Türkische Kommunistische Partei/ (TKP/ML) 117 Marxisten-Leninisten Türkische Volksbefreiungspartei/Tront (THKP/-C) 120 Türkischer Arbeiterverein in München (M.I.DER) 117 Türmer-Verlag 97 Union der patriotischen Arbeiter Kurdistans (YKWK) 114 Union der patriotischen Frauen Kurdistans (YJWK) 114 Union der patriotischen Intellektuellen Kurdistans (YRWK) 114 Union der revolutionär-patriotischen Jugend Kurdistans (YXK) 114 Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine e.V. (TIKDB) 121 163 Union islamischer Studentenvereine in Europa (U.I.S.A.) 125 Unsere Zeit (UZ) 26 Verband der Islamischen Vereine und 121 Gemeinden e.V. Köln Verband Griechischer Gemeinden in der Bundes(OEK) 125 republik Deutschland und West-Berlin Verband Griechischer Studentenvereine in der (OEFE) 125 Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin Verein Palästinensischer Arbeiter München (VPA) 108 Verein patriotischer Künstler Kurdistans in der (HUNERKOM) 114 Bundesrepublik Deutschland e.V. Verein zur Förderung des studentischen 38 Pressewesens e.V. Vereinigte Kommunistische Partei der Türkei (TBKP) 117 Vereinigte Sozialistische Partei (VSP) 37 Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e.V. (AMGT) 122 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund (VVN-BdA) 36 der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland Verlag Hohe Warte -- Franz von Bebenburg KG 97 Verlagsund Vertriebsgesellschaft mbH (VVG) 28 Volksbefreiungsarmee Kurdistans (ARGK) 112 Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) 80 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 123 Volksfront für die Befreiung Palästinas -- (PFLP-GC) 124 Generalkommando Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) 60 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / Partei (VSBD/PdA) 86 der Arbeit Volkszeitung 36 Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ) 29 Wikinger 90 Wiking-Jugend (WJ) 89 Wohlfahrtspartei (RP) 122 Würzburger Hochschulzeitung 58 Zusammen Kämpfen -- Zeitung für die anti132 imperialistische Front in Westeuropa Diese Broschüre wurde auf chlorfreiem, also umweltfreundlichem Papier gedruckt!