Bayerisches Staatsnünisterium Verfassungsschutzbericht des Innern Bayern 1984 51 2SPSs: t ^ '.*V"S"^t^^^"'L -- HerilUt":!. GlüdtwUHStlt mm | *ev **X Vertriebenen DEUTSCHE STUEEEEeX roter Mautwurf \Nft*?i jLJ-i 1 I***A flus Verantwortung mr tteutscfse ArUeitnehmer; Verfassungsschutzbericht Bayern 1984 Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern Odeonsplatz 3, 8000 München 22 RB Nr. 03A/85/11 Gesamtherstellung: Meindl-Druck GmbH, August-Exter-Str. 6, 8000 München 60 Das Bayerische Staatsministerium des Innern legt hiermit den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1984 vor. In einer wertgebundenen und abwehrbereiten Demokratie, wie sie unsere Verfassung geschaffen hat, kann der Staat nicht darauf verzichten, verfassungsfeindliche Aktivitäten seiner Gegner aufzuzeigen. Der Bericht will deshalb, wie auch in den Vorjahren, den Blick der Bürger für Wesen und Bedeutung extremistischer und sicherheitsgefährdender Bestrebungen schärfen. Er hat in diesem Rahmen auch die Aufgabe, einen Beitrag zur geistig-politischen Auseinandersetzung um die Aufrechterhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unseres Staates zu leisten. Seine Aussagen im Abschnitt "Gewalt und Terror" stellen gerade nach den terroristischen Aktionen der vergangenen Monate einen eindringlichen Appell an alle verantwortungsbewußten Kräfte unseres Landes dar, politische Meinungsverschiedenheiten nur mit friedlichen Mitteln auszutragen. Den Mitarbeitern im Bereich des Verfasssungsschutzes gilt unser Dank für sorgfältige und pflichtbewußte Aufgabenerfüllung auch im vergangenen Jahr. München, im Juli 1985 hi/U/Uu+u1/*' [JZ--^ r Dr. Kar) Hillermeier, Staatsminister Dr. Heinz Rosenbauer, Staatssekretär Inhaltsverzeichnis 1. Abschnitt Allgemeiner Überblick 10 2. Abschnitt Linksextremismus 12 1. Allgemeines 12 2. Orthodoxer Kommunismus 16 2.1 Überblick 16 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 17 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort 17 2.2.2 Anforderungen an das DKP-Mitglied 20 2.2.3 Bündnispolitik 21 2.2.3.1 Aktionseinheit 24 2.2.3.2 Volksfrontpolitik 28 2.2.4 Organisation 31 2.2.5 Publikationen, Verlage und sonstige Propagandaträger 32 2.2.6 Schulung 35 2.2.7 Betriebsarbeit der DKP 36 2.2.8 Beteiligung an Wahlen 39 2.2.9 Sonstige Aktivitäten 41 2.2.10 Steuerung der DKP durch die SED 43 2.2.11 Die "kulturelle Westarbeit" der SED 44 2.2.12 Internationale Kontakte der DKP 45 2.3 Nebenorganisationen der DKP 47 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 47 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) 51 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) 52 2.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen 54 2.4.1 Allgemeines 54 2.4.2 Deutsche Friedens-Union (DFU) 56 2.4.3 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) 58 2.4.4 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) 61 2.4.5 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) 64 2.4.6 Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) 65 2.4.7 Demokratische Fraueninitiative (DFI) 66 3. Neue Linke 66 3.1 Überblick 66 3.2 Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 69 3.3 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 72 3.4 Kommunistischer Bund (KB) 75 5 76 3.5 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) 3.6 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) 77 3.7 Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD) 77 3.8 Gruppe Internationale Marxisten - Deutsche Sektion der IV. Internationale (GIM) 80 3.9 Marxistische Gruppen (MG) 80 3.10 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 83 3.10.1 Allgemeines 83 3.10.2 "Autonome Gruppen" 83 3.10.3 Schriften und Verlage 85 4. Linksextremer Einfluß auf die "Friedensbewegung" 85 4.1 Allgemeines 85 4.2 Agitationsund Aktionsschwerpunkte 88 4.3 "Die Friedensliste" 94 3. Abschnitt Rechtsextremismus 96 1. Allgemeines 96 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 99 2.1 Ideologisch-politischer Standort 99 2.2 Organisation 101 2.3 Aktivitäten 103 2.4 Wahlbeteiligung 104 2.5 Junge Nationaldemokraten (JN) 105 2.6 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 106 2.7 Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) 107 3. Deutsche Volksunion (DVU) 108 3.1 Ideologisch-politischer Standort 108 3.2 Organisation 109 3.3 Aktivitäten 110 3.4 Aktionsgemeinschaften der DVU 111 4. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 113 4.1 Allgemeines 113 4.2 Verbotene Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Nationale Aktivisten (ANS/NA) 114 4.3 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 118 4.4 Nationale Volksfront (NVF) 119 4.5 Nationalistische Front (NF) 120 4.6 Deutsche Bürgerinitiative (DBI) 120 4.7 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle 120 5. Sonstige rechtsextreme Organisationen 122 5.1 Deutscher Block (DB) 122 5.2 Wiking-Jugend (WJ) 122 5.3 Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) 124 5.4 Freundeskreis Ulrich von Hütten 125 5.5 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 126 5.6 Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV) 126 5.7 Arbeitskreis für Zeitgeschichte und Politik 127 5.8 Wehrsportgruppen 127 6. Organisationsunabhängige Publizistik 127 7. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus 134 4. Abschnitt Gewalt und Terror 136 1. Allgemeines 136 2. Terroristische Gruppen und ihre Ziele 137 2.1 Rote Armee Fraktion (RAF) 137 2.2 Revolutionäre Zellen (RZ) 139 3. Politisch motivierte Gewaltaktionen in Bayern 141 4. Terroristisches Umfeld 144 5. Abschnitt Extremismus im Bildungsbereich 147 1. Allgemeines 147 2. Orthodox-kommunistische Hochschulgruppen 149 2.1 DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) 149 2.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) 150 3. Sozialistischer Hochschulbund (SHB) 151 4. Studentengruppen der Neuen Linken 153 4.1 Marxistische Gruppen (MG) 153 4.2 Sonstige Studentengruppen der Neuen Linken 153 5. Vereinigte Deutsche Studentenschaften e.V. (VDS) 155 6. Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 156 7. Aktivitäten 156 8. Wahlen an den Hochschulen 158 9. Weiterführende Schulen 158 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst 160 1. Einstellungsüberprüfung 160 2. Extremisten im öffentlichen Dienst 161 7. Abschnitt Extremistische Bestrebungen von Ausländern 163 1. Allgemeines 163 2. Äthiopische Gruppen 165 3. Afghanische Gruppen 165 4. Arabische Gruppen 166 5. Griechische Gruppen 167 6. Iranische Gruppen 168 6.1 Linksextremisten 168 6.1.1 Orthodoxe Kommunisten 168 6.1.2 Neue Linke 168 6.2 Islamische Fundamentalisten 169 7. Italienische Gruppen 169 8. Jugoslawische Gruppen 170 8.1 Kroatischer Nationalrat (HNV) 170 8.2 Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP) 170 8.3 Kroatische Gruppen in Bayern 171 9. Kurdische Gruppen 171 10. Pakistanische Gruppen 173 11. Spanische Gruppen 174 8 12. Türkische Gruppen 174 12.1 Linksextremisten 174 12.1.1 Orthodoxe Kommunisten 174 12.1.2 Neue Linke 176 12.1.3 Aktionsbündnisse türkischer und kurdischer Linksextremisten 180 12.1.4 Sonstige Aktionen türkischer Linksextremisten 180 12.2 Rechtsextremisten 181 8. Abschnitt Spionageabwehr 184 1. Allgemeines 184 2. Informationsgewinnung 185 3. Agentenwerbung 186 4. Agentenführung 187 5. Ausreisewelle aus dem kommunistischen Machtbereich 190 6. Wirtschaftsspionage 191 7. Beispiele östlicher Spionage in der Bundesrepublik Deutschland 192 7.1 Rüstungsspionage 192 7.2 Politische Spionage 192 7.3 Werbung von Studenten 193 7.4 Nachrichtendienstliche Tätigkeit aus "legalen Residenturen" 194 Anhang 1 195 Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1974 Anhang 2 198 Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst Anhang 3 201 Verzeichnis von Publikationen extremistischer und extremistisch beeinflußter Organisationen Abkürzungsverzeichnis 205 9 1. Abschnitt Allgemeiner Überblick Dieser Verfassungsschutzbericht enthält Feststellungen zur inneren Sicherheit unseres Landes im Jahr 1984. Er gibt zu diesem Zweck einen Überblick über extremistische Bestrebungen. Dazu zählen alle Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben, sowie Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Der Verfassungsschutzbericht enthält aber auch Informationen über sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten für fremde Mächte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist unter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eine Ordnung zu verstehen, die unter Ausschluß jeglicher Gewaltund Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den fundamentalen Prinzipien dieser freiheitlichen Grundordnung gehören mindestens die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip, die Chancengleichheit der politischen Parteien und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition. Der politische Extremismus stellte auch 1984 in Bayern keine ernsthafte Gefahr für den Bestand unseres Staates und seine freiheitliche demokratische Grundordnung dar. Nach wie vor gibt es aber eine Reihe von Gruppen unterschiedlicher Zielsetzung, die zur Anwendung von Gewalt und Terror bereit sind und damit eine stete Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Die linksextremen Kräfte gefährdeten auch 1984 nicht ernsthaft die freiheitliche demokratische Grundordnung. Die Gesamtzahl der Mitgliedschaften in linksextremen Kernund Nebenorganisationen sowie linksextrem beeinflußten Organisationen lag 1984 in Bayern bei rund 12.400 Personen. In dieser Zahl sind Mehrfachmitgliedschaften in verschiedenen Organisationen enthalten. Die Änderung 10 der Zahl gegenüber 1983 beruht sowohl auf einem Mitgliederzuwachs im Bereich der Neuen Linken als auch auf einem verbesserten Erkenntnisstand im übrigen. Die Gesamtzahl der Organisationen betrug 120. Das Ziel sowohl der moskauorientierten orthodoxen Kommunisten als auch der Anhänger und Gruppen der Neuen Linken ist nach wir vor die Errichtung eines kommunistischen Staates. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), ihre Nebenorganisationen und die zahlreichen von ihr beeinflußten Organisationen konnten auch 1984, insbesondere im Zusammenhang mit Abrüstungsund Friedenskampagnen, Teile des demokratischen Spektrums für gemeinsame Aktionen gewinnen. Außer bei den Marxistischen Gruppen war die Entwicklung der Dogmatischen Neuen Linken 1984 von Stagnation gekennzeichnet. Die ideologischen Auseinandersetzungen hielten an, wenn auch da und dort gewisse Annäherungen festzustellen waren. Gelegentlich kam es wieder zu Aktionsbündnissen von Gruppen der Dogmatischen Neuen Linken mit Gruppen der Orthodoxen Linken. Die undogmatischen Gruppen der Neuen Linken sind nach wie vor zerstritten; die Gegensätze zwischen gemäßigten und militanten Gruppen wurden nicht überbrückt. Die Bestrebungen rechtsextremer Vereinigungen und Personen stellten auch 1984 keine Gefährdung unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates dar. 1984 betätigten sich in Bayern 30 rechtsextreme Gruppen mit etwa 3.800 Mitgliedern (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften). Der scheinbare Rückgang gegenüber 1983 (rund 4.400) ist darauf zurückzuführen, daß nunmehr Mehrfachmitgliedschaften in vollem Umfang abgezogen wurden. Tatsächlich ist jedoch eine leicht steigende Tendenz festzustellen. Andererseits ist im Bereich des Neonazismus ein Rückgang der Aktivitäten und der Mitgliederzahlen auszumachen. Die von Terroristen und ihren Sympathisanten 1984 verübten Gewaltanschläge zeigten, daß die von ihnen ausgehende Bedrohung unvermindert anhält. Insbesondere ergab sich zum Jahresende aus dem Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter und den dadurch ausgelösten militanten Unterstützungsaktionen des terroristischen Kernbereichs und seines Umfeldes eine anhaltende, erheblich erhöhte Gefährdung der inneren Sicherheit durch linksterroristische Gruppen. Die durch Fahndungserfolge der Sicherheitsbehörden 1984 im Bereich der terroristischen Vereinigung Rote Armee Fraktion (RAF) erzielte Schwächung der personellen und logistischen Basis konnte offenbar in vollem Umfang ausgeglichen werden. Anhaltspunkte für die Existenz rechtsextremer terroristischer Gruppen ergaben sich 1984 nicht. Die Zahl der rechtsextrem motivierten Gewalttaten bzw. Gewaltandrohungen war gegenüber 1983 rückläufig. Die Anzahl ausländischer Extremisten und ihrer Organisationen ist 1984 leicht angestiegen. Die Zahl der Mitgliedschaften stieg von 7.000 auf rund 7.400, die Zahl der Vereinigungen von 154 auf 155. Diese geringfügige Steigerung bewirkte keine Verstärkung der politischen Aktivitäten. Die Spionagebedrohung durch Nachrichtendienste kommunistischer Staaten dauerte auch 1984 unvermindert an. Nach wie vor ging die stärkste Bedrohung von den Diensten der DDR aus. 11 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 1984 gab es in Bayern etwa 120 linksextreme und linksextrem beeinflußte Gruppen mit rund 12.400 Mitgliedschaften. Der Rückgang von 130 auf 120 Organisationen geht zu Lasten sowohl der Orthodoxen wie der Neuen Linken und betraf insbesondere kleinere Gruppen. Die Zahl der Mitgliedschaften ist gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Dies beruht in erster Linie auf einem Zuwachs im Bereich der DKP und der Marxistischen Gruppen, im übrigen auf einem verbesserten Erkenntnisstand. Zahl und Stärke von linksextremen und linksextrem beeinflußten Organisationen in Bayern: 1980 1981 1982 1983 1984 Zahl der Organisationen 138 140 140 130 120 Mitgliedschaften Orthodoxe Linke 9.300 9.800 10.000 10.200 11.000 Neue Linke 1.600 1.200 1.000 1.100 1.400 insgesamt 10.900 11.000 11.000 11.300 12.400 Die Gesamtzahl von 12.400 Mitgliedschaften für das Jahr 1984 läßt sich wie folgt weiter aufgliedern: Mitgliedschaften in orthodox-kommunistischen Kernund Nebenorganisationen 5.100 abzüglich erkannter Mehrfachmitgliedschaften in Kernund Nebenorganisationen 200 4.900 Mitgliedschaften in orthodox-kommunistisch beeinflußten Organisationen 5.900 10.800 Mitgliedschaften in Kernund Nebenorganisationen der Neuen Linken 1.200 abzüglich erkannter Mehrfachmitgliedschaften in Organisationen der Neuen Linken 100 1.100 Mitgliedschaften in beeinflußten Organisationen der Neuen Linken 200 1.300 Gesamtzahl (bekannte Mehrfachmitgliedschaften abgezogen) 12.100 12 Wie sich aus vorstehender Tabelle ergibt, sind Mehrfachmitgliedschaften nur jeweils innerhalb des Bereichs der Kernund Nebenorganisationen der Orthodoxen Linken und der Neuen Linken berücksichtigt. Über Mehrfachmitgliedschaften in beeinflußten Organisationen sowie Mehrfachmitgliedschaften in beeinflußten Organisationen einerseits und Kernund Nebenorganisationen andererseits liegen keine zuverlässigen Zahlen vor. In der Zahl der Mitgliedschaften in beeinflußten Organisationen sind auch Nichtextremisten enthalten; eine zahlenmäßige Aufgliederung ist nicht möglich. Durch eine Vielzahl von Aktionen, insbesondere im Zusammenhang mit Abrüstungsund Friedenskampagnen sowie durch eine anhaltend starke publizistische Tätigkeit versuchten die Linksextremisten auch 1984, ihrem Ziel näherzukommen. Dieses Ziel besteht unverändert - insoweit sind sich die moskauorientierten orthodoxen Kommunisten und die Anhänger und Gruppen der Neuen Linken einig - in der Errichtung eines kommunistischen Staates auf dem Weg über die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats. Zur Erreichung dieses Ziels bekennen sich die Gruppen der Neuen Linken, letzlich aber auch die der orthodoxen Kommunisten zur Gewalt, wobei 1984 auch die Anwendung von Gewalt zur Verwirklichung tagespolitischer Ziele propagiert wurde. Dieses Ziel aber und der Weg dorthin sind, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Verbot der KPD festgestellt hat, unvereinbar mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes. Der verfassungsfeindliche Charakter der kommunistischen Bewegung ist damit evident. Die Gruppen der Orthodoxen Linken stellten auch 1984 einen ideologisch festgefügten Block dar. Bei den Gruppen der Neuen Linken hielten die ideologischen Auseinandersetzungen an; von Fall zu Fall gab es gewisse Annäherungen. Gelegentlich kam es wieder zu Aktionsbündnissen von Gruppen der Dogmatischen Neuen Linken mit Gruppen der Orthodoxen Linken. Die undogmatischen Gruppen der Neuen Linken sind nach wie vor zerstritten; die Gegensätze zwischen gemäßigten und militanten Gruppen wurden nicht überbrückt. Bei der Europawahl am 17. Juni 1984 kam es zu einem Wahlbündnis von DKP, DFL) und Demokratischen Sozialisten. Diese "Friedensliste" erhielt bundesweit 313.108 Stimmen, was einem Anteil von 1,3 Prozent entspricht; gegenüber den Stimmenanteilen von 0,2 bis 0,4 Prozent, die die DKP bei anderen Wahlen erzielte, bedeutet das einen nicht unerheblichen Anstieg. Gruppen der Neuen Linken kandidierten nicht. Die bedeutendsten linksextremen Organisationen waren 1984: 1.1 Kommunistische Kernorganisationen Die kommunistischen Kernorganisationen verstehen sich als führende Kraft im Kampf für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats. Orthodoxe Linke Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 13 Neue Linke Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Kommunistischer Bund (KB) Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) -- im Februar 1985 aufgelöst Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) (KPD) Gruppe Internationaler Marxisten -- Deutsche Sektion der IV. Internationale (GIM) Marxistische Gruppen (MG) 1.2 Kommunistische Nebenorganisationen Die kommunistischen Nebenorganisationen sind organisatorisch selbständige Vereinigungen mit eigenen Satzungen und Führungsgremien, die sich jedoch der jeweiligen Kernorganisation unterordnen. Sie bekennen sich wie diese zum Kampf für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats. Maßgebende Führungsfunktionen dieser Vereinigungen sind mit Mitgliedern der Kernorganisationen besetzt. Die wesentlichen Nebenorganisationen waren 1984: Nebenorganisationen der DKP Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) Nebenorganisationen der MLPD Revolutionärer Jugendverband Deutschlands (RJVD) Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) Nebenorganisationen des AB Hote Schülerfront (RSF) Kommunistischer Hochschulbund (KHB) 1.3 Kommunistisch beeinflußte Organisationen Ein erheblicher Teil der Organisationen im linksextremen Bereich besteht aus Vereinigungen, die sich überparteilich oder unabhängig darstellen, tatsächlich aber unter einem mehr oder weniger starken Einfluß der kommunistischen Kernund/oder Nebenorganisationen stehen. Der Einfluß drückt sich insbesondere darin aus, daß sie - von diesen oder auf deren Initiative hin gegründet wurden, - wichtige Führungsfunktionen mit Kommunisten besetzen, - eng mit Kernund/oder Nebenorganisationen zusammenarbeiten, - Ziele verfolgen, die sich in Teilbereichen mit typisch kommunistischen Zielsetzungen decken. 14 Teilweise liegen mehrere dieser Merkmale vor, teilweise alle. Entsprechend stark ist dann der kommunistische Einfluß. So gibt es Gruppen, die keine wesentliche Entscheidung gegen den Willen der Kernund/oder Nebenorganisationen treffen können; andere haben trotz erheblichen kommunistischen Einflusses noch Raum für ein politisches Eigenleben. Die wichtigsten Organisationen, die unter maßgebendem kommunistischen Einfluß standen, waren 1984: Von der DKP beeinflußte Organisationen: Deutsche Friedens-Union (DFU) Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegener (DFG-VK) Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) Demokratische Fraueninitiative (DFI) Sozialistischer Hochschulbund (SHB) als ständiger Bündnispartner des MSB Spartakus Vom AB beeinflußte Organisationen: Anti-Strauß-Komitee (ASKo) Bund Deutscher Pfadfinder im Bund Demokratischer Jugend - Landesverband Bayern (BDP/BDJ - Landesverband Bayern) Regensburger Bürgerkomitee (RBK) Von der KPD beeinflußte Organisation: Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) 1.4 Sonstige linksextreme Gruppen Eine Reihe autonomer Gruppierungen, die anarchistische, spontaneistische oder undogmatische Richtungen vertreten, wollen die verfassungsmäßige Ordnung revolutionär beseitigen, lehnen aber das dogmatische Konzept des Marxismus-Leninismus ab. Diese Gruppen sind häufig kleine, lose und kurzlebige Zusammenschlüsse. 2. Orthodoxer Kommunismus 2.1 Überblick In der Bundesrepublik Deutschland und damit auch in Bayern sind die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und ihre Nebenorganisationen sowie - mit Einschränkungen - die von der DKP und/oder ihren Nebenorganisationen beeinflußten Organisationen Sammelbecken für die orthodoxen Kommunisten. Sie stellen einen festgefügten Block dar, sind vor allem im Funktionärsbereich eng verflochten und finanziell sehr gut ausgestattet. 15 Die orthodoxen Kommunisten bekennen sich zum Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung und damit, auch wenn sie es zur Verschleierung ihrer wahren Ziele nicht offen aussprechen, zur sozialistischen Weltrevolution und zur Diktatur des Proletariats; dabei werden diese Begriffe vielfach mit "revolutionärer Weltprozeß" bzw. "Herrschaft der Arbeiterklasse" umschrieben. Das Grundmodell dieser "sozialistischen Ordnung" sehen die orthodoxen Kommunisten in der Sowjetunion und der DDR verwirklicht. Deshalb betonen sie die feste Verbundenheit mit den kommunistischen Parteien der Sowjetunion, der DDR und anderer sozialistischer Länder. In ideologischer und politischer Hinsicht folgen sie bedingungslos der Linie der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der DDR. Sie verstehen sich als Teil der kommunistischen Weltbewegung, der die Führungsrolle bei der revolutionären Umgestaltung der kapitalistischen in die sozialistische Gesellschaftsordnung zukommt. Innerhalb der kommunistischen Weltbewegung hat nach ihrer Überzeugung das "sozialistische Weltsystem" mit der KPdSU an der Spitze die Vorbildund Führungsrolle. Einigendes Band ist der "proletarische Internationalismus", der die "Gesamtheit der Interessen und die Solidarität der Arbeiterklasse und der Werktätigen aller Länder, ihre Geschlossenheit und Aktionseinheit im Kampf um die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft" zum Ausdruck bringen soll. Der weltumspannende Führungsanspruch der KPdSU und der Sowjetideologie, der sich auch in einigen internationalen prosowjetischen Organisationen wie dem Weltfriedensrat (WFR), dem Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ) und der Federation Internationale des Resistants (FIR) manifestiert, wird uneingeschränkt anerkannt. Organisationsübersicht Orthodoxe Linke Deutsche Kommunistische Partei (DKP) SDAJ DFU - Hh - VVN-BdA MSB --SHB DFG-VK KFAZ . J JP VDJ DFI Komitees, beeinflußte Organisationen Initiativen Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis 16 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort Die DKP wurde am 26. September 1968 anstelle der im Jahre 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Sie ist nach wie vor die mit Abstand stärkste extremistische Partei in der Bundesrepublik Deutschland und nimmt hier die politische Führung der orthodoxen Kommunisten in Anspruch. Die DKP folgt bedingungsund kritiklos der Linie der KPdSU und der SED. Sie verurteilt jede davon abweichende Meinung als "Rechtsoder Linksopportunismus", sieht die "Haltung zur Sowjetunion" als "entscheidenden Prüfstein für jeden Kommunisten, für seine Treue zur Sache der revolutionären Arbeiterbewegung" und "erzieht ihre Mitglieder beständig im Geist fester Freundschaft zur Sowjetunion". Folgerichtig betrachtet sie auch das in der DDR herrschende Staatsund Gesellschaftssystem vorbehaltlos als Muster für die von ihr angestrebte Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Die Gründung der DDR markiere einen "Wendepunkt in der Geschichte unseres Volkes". Mit der "sozialistischen Revolution" in der DDR habe die deutsche Arbeiterbewegung ihren "größten Sieg" errungen. In der DDR würden die "besten revolutionären, demokratischen und nationalen Traditionen der deutschen Geschichte" verkörpert. Von einem solchen Staat hätten "Generationen von Kommunisten und Sozialisten" geträumt. Nur in einem solchen Staat könne es "wirkliche Volksherrschaft als Demokratie" geben. Diese Einstellung ist ein weiterer Beweis für die verfassungsfeindliche Zielsetzung der DKP, denn das Staatsund Gesellschaftssystem der DDR steht offenkundig im Widerspruch zu den Grundprinzipien der verfassungsmäßigen Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Aus Anlaß des 65. Jahrestages der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) - Jahreswende 1918/1919 - wies der DKP-Vorsitzende Mies darauf hin, daß die DKP heute wie seinerzeit die KPD die Verkörperung der sozialistischen Alternative zum krisengeschüttelten kapitalistischen System sei. "Durchdrungen vom Geist des proletarischen Internationalismus, begeistert von der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution" werde auch die DKP ihre "freundschaftliche Verbundenheit" zur Sowjetunion, der DDR und den anderen sozialistischen Staaten bekräftigen. Ziel der DKP ist eine sozialistische und kommunistische Gesellschaftsordnung. Dies ergibt sich aus ihrem am 21. Oktober 1978 auf dem Mannheimer Parteitag beschlossenen Programm und aus einer Vielzahl ideologischer Schriften und Ausbildungsmaterialien. Danach ist "unverrückbares Ziel" der Sozialismus "als erste Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation". Diese "grundlegend neue Gesellschaftsordnung" baue auf der "revolutionären Überwindung der kapitalistischen Machtund Besitzverhältnisse" auf und könne nur "im harten Klassenkampf" durchgesetzt werden. Sie setze die Erringung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse im Bündnis mit den anderen Werktätigen voraus. Die Lehre von Marx, Engels und Lenin sei der "politische Kompaß der DKP und wissenschaftliches Fundament ihrer Politik". In "schöpferischer Anwendung" dieser Lehre entwickle die DKP Strategie und Taktik ihres Kampfes 17 um die Errichtung des Sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland. Sie sieht sich als die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse in der Bundesrepublik Deutschland"'.'Als die Partei des "Klassenkampfes" und des "Sozialismus" bekennt sie sich zu den Grundsätzen einer bolschewistischen "Partei neuen Typus", die gekennzeichnet ist durch die Anerkennung der Leninschen Normen der Parteimitgliedschaft und des Parteiaufbaues sowie der Diktatur des Proletariats. Die DKP geht aufgrund marxistisch-leninistischer Analyse davon aus, daß die Gegenwart "die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus im Weltmaßstab" sei. Der "staatsmonopolistische Kapitalismus" habe sich in der Bundesrepublik Deutschland voll entwickelt und befinde sich jetzt in der Krise. Jene "besonderen Faktoren" hätten aufgehört zu wirken, die die langanhaltende, "viele Gebrechen der kapitalistischen Ordnung überdeckende Nachkriegskonjunktur" ermöglicht und in breiten Bevölkerungskreisen tiefe Illusionen über die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse erweckt hätten. Daher sei die "Hauptzielsetzung der DKP in der gegenwärtigen Etappe", das Kräfteverhältnis zugunsten der Arbeiterklasse und der "anderen demokratischen Kräfte" zu verändern und die "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt herbeizuführen". Sie erachtet es als möglich und im Interesse der Arbeiterklasse für erstrebenswert, daß dieser Kampf in eine "antimonopolistische Demokratie" einmündet. Darunter versteht die DKP eine Periode "grundlegender Umgestaltungen", in der eine von der "Arbeiterklasse und den anderen demokratischen Kräften getragene antimonopolistisch-demokratische Staatsmacht" geschaffen werden soll. Dabei sieht die DKP die antimonopolistische und sozialistische Umwälzung als miteinander verbundene Entwicklungsstadien eines "einheitlichen revolutionären Prozesses des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus". Die Formulierungen "sozialistische Umwälzung" und "politische Macht der Arbeiterklasse" sind gleichbedeutend mit den marxistisch-leninistischen Kernbegriffen "sozialistische Revolution" und "Diktatur des Proletariats". Im Programm der DKP findet sich der "wissenschaftliche Terminus" "Diktatur des Proletariats" zwar nicht, denn er sei heute für große Teile des arbeitenden Volkes mißverständlich. Die DKP bekennt sich in ihrem Programm jedoch "unmißverständlich" zur politischen Macht der Arbeiterklasse. Diese Begriffsmanipulation dient der DKP ebenso zur Verschleierung ihrer wahren verfassungsfeindlichen Zielsetzung wie ihre Beteuerung, sie "wirke auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland" und erstrebe die "grundlegende Umgestaltung auf der Basis der demokratischen Prinzipien und Rechte des Grundgesetzes". In Wirklichkeit sieht die DKP im Grundgesetz nur eine disponible Basis für ihren Kampf. Die Grundrechte versteht sie nicht als Garantie eines Freiheitsraumes für jeden Bürger, sondern als Legitimation und Auftrag für die Arbeiterklasse, die bestehende Ordnung zu beseitigen und den Sozialismus und eine sozialistische Verfassung zu erkämpfen. Ihr Eintreten für "Demokratie" ist nur vor dem Hintergrund des marxistisch-leninistischen Demokratieverständnisses zu sehen. Entsprechendes gilt bezüglich des Eintretens der DKP für die Erhaltung und Sicherung des Friedens, für die Einhaltung der Prinzipien der "friedlichen Koexistenz" und ihren Kampf gegen "Faschismus und Rechtsentwicklung". 18 Die Systemüberwindung will die DKP unter den gegenwärtigen Umständen mit systemkonformen Mitteln und grundsätzlich auf friedlichem Weg erreichen. Gleichwohl betont sie im Programm, daß es von der Kraft der Arbeiterklasse, der Stabilität ihrer Bündnisse mit anderen "demokratischen Kräften", der Stärke ihrer revolutionären Partei, insbesondere aber von den "Formen des Widerstandes der Reaktion" abhänge, wie sich dieser Weg konkret gestalten werde. Die vorliegenden Äußerungen der DKP lassen erkennen, daß auch weiterhin von einer prinzipiellen Gewaltbereitschaft der DKP auszugehen ist. Der DKP-Vorsitzende Mies hatte bereits 1981 erklärt: "Das demokratische Widerstandsrecht, das Grundrecht der arbeitenden Menschen, ihre Interessen zur Geltung zu bringen und die entsprechenden Kampfformen zu wählen, entspricht vollauf den demokratischen Prinzipien des Grundgesetzes ... Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Wo Macht vor Recht geht, da muß man sich gegen die Macht des Unrechts wehren ... Da fragt man nicht lange: Darf man denn das? Da sollte man in der Tat wahre Demokratie wagen". Nach Auffassung des Mitglieds des DKP-Parteivorstandes Beate Landefeld im theoretischen Organ der DKP "Marxistische Blätter" bedeutet Gewalt "Ausübung von Druck" und sei ein "spezifisches Mittel zur Durchsetzung von Klasseninteressen". Je nach Ziel und Inhalt der Gewaltausübung gebe es "reaktionäre und fortschrittliche Gewalt" und zugleich "friedliche und nichtfriedliche Formen der Gewalt". In manchen Situationen - wie z.B. im Kampf gegen den "Terror der Reaktion" - seien "militärische Formen des Klassenkampfes" notwendig, um größere Opfer der "fortschrittlichen Kräfte" zu vermeiden. Entscheidend für die Bewertung von Gewalt sei, ob sie den "materiellen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der arbeitenden Menschen" nütze oder die "Macht der Ausbeuterklasse" erhalte. Eine "gewaltund herrschaftsfreie Gesellschaft" könne sich erst nach Überwindung von "Ausbeutung und Klassenspaltung" entwickeln. Aus diesen Aussagen geht deutlich hervor, daß für die DKP Gewaltanwendung eine Frage politischer Opportunität ist. Die Zurückhaltung der DKP bei gewalttätigen Aktionen beruht lediglich auf dem Bestreben, sich im Rahmen der von ihr verfolgten Bündnispolitik "koalitionsfähig" zu machen. In Reden und Beschlüssen auf dem 7. Parteitag, der vom 6. bis 8. Januar in Nürnberg stattfand, wurde auf die wachsende Bedeutung der Bündnispolitik für die DKP hingewiesen. Der DKP-Vorsitzende Mies erklärte, die DKP werde "mit ganzer Kraft" die Maßnahmen und Aktionen der Friedensbewegung unterstützen. Zur Diskussion um Aktionsformen meinte Mies, gegenüber "Kriegsvorbereitungen" dürfe es keinen Gehorsam geben. Vielmehr müsse der demokratische und friedliche Widerstand intensiviert werden. Da die DKP davon ausgeht, daß es auch "friedliche Formen von Gewalt" gibt, liegt darin ein kaum verschleiertes Bekenntnis auch zu gewaltsamen Aktionen. Damit in Übereinstimmung steht die Äußerung von Mies, die Unterstützung des Kampfes gegen die Raketenstationierung fange bei "der Unterschriftensammlung an" und gehe "bis hin zur Unterstützung von direkten Aktionen gegen die Stationierung, auch gegen die Raketenbasen. Da klammern wir nichts aus." Aus den Aussagen auf dem 7. Parteitag der DKP ergibt sich, daß sich an der verfassungsfeindlichen Zielsetzung der DKP nichts geändert hat. Sie will nach wie vor in einem revolutionären Prozeß die freiheitliche demokratische Grund19 Ordnung beseitigen und an ihrer Stelle ein diktatorisches System nach dem Vorbild des "realen Sozialismus" errichten. Die Partei stellte sich erneut als "Teil einer weltumspannenden revolutionären Bewegung", als zuverlässige Kraft des "proletarischen Internationalismus" dar. 2.2.2 Anforderungen an das DKP-Mitglied Die DKP-Mitglieder sind nach dem Parteistatut verpflichtet, die Grundsätze der Partei anzuerkennen, sich für die Verwirklichung der beschlossenen Politik einzusetzen und sie im gesellschaftlichen Leben aktiv zu vertreten. Die DKP sieht sich als einheitlich und solidarisch handelnde "Kampfgemeinschaft", deren innerparteiliches Leben von der "marxistischen Weltanschauung und der Gemeinschaft der politischen Ziele" geprägt werde. "Kommunist ist man überall: am Arbeitsplatz, im Wohngebiet, in der Familie". Als richtige Haltung der Kommunisten sieht es die DKP an, offen und konsequent den kommu20 nistischen Standpunkt zu vertreten, initiativreich und geduldig die Politik der Aktionseinheit zu verfechten, in Bündnissen "aktiv, initiativ und partnerschaftlich" zu wirken, sich als "die besten, entschiedensten, uneigennützigsten Vertreter des Volksinteresses" zu erweisen und "aktiv bei der Gewinnung neuer Mitglieder und der Verbreitung und Gestaltung der DKP-Presse mitzuwirken". Kommunist sein heiße, aus Klassenbewußtsein ein disziplinierter Kämpfer der Partei der Arbeiterklasse zu sein, heiße qualitativ gut, gewissenhaft, diszipliniert am Arbeitsplatz, in der Schule, in den Hochschulen, in der Elternvertretung, in der parlamentarischen Vertretung, "im sogenannten normalen Leben" zu sein. Bereits in der kapitalistischen Gesellschaft erwerbe der Genosse in der Gemeinschaft der Partei eine eigene "proletarische Klassenmoral", die im Gegensatz zur "bürgerlichen Moral" stehe, welche "heuchlerisch", "doppelbödig" und "menschenfeindlich" sei. Die Erfüllung dieser hohen Anforderungen an die "proletarische Moral" wird u.a. im Rahmen einer von Zeit zu Zeit stattfindenden Umtauschaktion der Mitgliedsbücher überwacht. Vor der letzten Ausgabe neuer Mitgliedsbücher 1983 wurden mit jedem "Genossen" intensive und individuelle Gespräche geführt, um das Mitglied voll auf die Linie der Partei einzuschwören. Bei dem vom 7. Parteitag beschlossenen "Ernst Thälmann-Aufgebot" zur Mitgliederund Abonnentenwerbung läßt sich die DKP vom "Vermächtnis" des in einem Konzentrationslager umgekommenen KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann leiten: - "Kommunisten wirken unermüdlich für die Aktionseinheit der Arbeiterklasse, ohne die sie keine durchgreifenden Erfolge erringen können; - Kommunisten wirken unermüdlich für das Zustandekommen und Erstarken eines breiten Bündnisses all jener Kräfte, die ihre gemeinsamen Interessen nur im gemeinsamen Handeln gegen das Monopolkapital durchsetzen können; - Kommunisten bringen stets ihre ganze Kraft im Kampf für die nationalen Interessen ihres Volkes, gegen die reaktionärsten und aggressivsten Kreise des Großund Rüstungskapitals und seiner politischen Statthalter ein; - Kommunisten wirken leidenschaftlich dafür, die Arbeiterklasse, alle arbeitenden Menschen, für ein freundschaftliches, klassenmäßiges Verhältnis zu jenem Land zu gewinnen, in dem die Arbeiterklasse sich als erste die Macht erkämpfte: zur Sowjetunion; - Kommunisten verlieren niemals aus den Augen, daß die Stärkung ihrer Partei ein unverzichtbares Erfordernis für den Erfolg der Kämpfe der Arbeiterklasse, der Friedensbewegung, aller demokratischen Kräfte ist". 2.2.3 Bündnispoiitik Die sogenannte Bündnispolitik ist zentraler Bestandteil der Gesamtpolitik der DKP und ihrer Nebenorganisationen. Sie beruht auf marxistisch-leninistischer Strategie und Taktik. Die DKP geht aufgrund ihrer Analyse der Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung davon aus, daß sich der "staatsmonopolistische Kapitalismus" in der Bundesrepublik Deutschland voll entwickelt habe. Wegen der dadurch eingetretenen Polarisierung zwischen der "kleinen Gruppe von Konzernherren und Multimillionären" und der "überwältigenden Mehrheit des Volkes" sei die Zusammenfassung aller "antimonopolistischen" Kräfte um die Arbeiter21 ^^sassa L ^ ^ 1 der DKP für! 1 Frieden und Arbeit 1 Wi fflj! Sofidaritäts S ^ 5500 j -- ^ 5000 f -V 4500 i- X 4000 * V 3500 f *^ 3000 -- * \ i^ 2500 -- f X ^ 2000 --l ^^** _ ^ 1500 -4 -- " ^ ^ 1000 4 -^^!^= 500 f 101 seit 1971 innehat. Seine Stellvertreter sind der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern Walter Bachmann, der Generalsekretär der Partei Walter Seetzen und der Vorsitzende des Landesverbandes BadenWürttemberg Jürgen Schützinger. Der Landesverband Bayern mit Sitz in München zählt rund 1.200 Mitglieder (ohne JN und NHB). Er gliedert sich in sieben Bezirksund rund 60 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aktiv ist. Als Organ der NPD erscheint im parteieigenen Verlag in Stuttgart die Zeitung "Deutsche Stimme" mit einer durchschnittlichen monatlichen Auflage von rund 100.000 Exemplaren (1983: 75.000). Die Bezugsgebühr ist im Mitgliedsbeitrag eingeschlossen. Zur Ergänzung des Verbandsorgans und als Argumentationshilfe für die Mitglieder gibt der Parteivorstand die Flugschriften "NPD-Info-Blitz" und "NPD-aktuell" heraus. Die Schriftenreihe "Profil" wurde 1984 nicht mehr festgestellt. Die Öffentlichkeitsarbeit in Bayern wird darüber hinaus mit der vom Landesverband aus aktuellem Anlaß jeweils in Flugblattform herausgegebenen Schrift "Die deutschen Nationaldemokraten informieren" sowie mit dem ebenfalls unregelmäßig erscheinenden Mitteilungsblatt "Bayern-Stimme" betrieben. Der "NPD-Frankenspiegel" des Bezirksverbandes Mittelfranken hat nur regionale Bedeutung. r D A S G A N Z E D E U T S C H L A N D S O L L ES S F. 1 N * BAYERN L. MITTE LUNGSBLATT STIMME DES N P D - L A N DESVERBAN 0 E S (säi BAYERN V-j In ihrem Ende Oktober 1984 veröffentlichten Rechenschaftsbericht nach dem Parteiengesetz wies die NPD für 1983 Gesamteinnahmen von rund 1,5 Millionen DM (1982: 1,5 Mio. DM) aus, von denen 36,3 % (1982: 39 %) auf Mitgliedsbeiträge und 57,9 % (1982: 52,5 %) auf Spenden entfielen. Beim Landesverband Bayern sind für 1983 Gesamteinnahmen von 265.732,DM (1982: 341.388,DM) ausgewiesen, davon 22,7% (1982: 19,2%) Mitgliedsbeiträge und 71 % (1982: 73,6 %) Spenden. Die Situation der NPD ist nach wie vor durch personelle und organisatorische Schwächen sowie durch das aus der geringen Resonanz in der Öffentlichkeit resultierende allgemeine Desinteresse der Mitglieder gekennzeichnet. Dennoch sieht sich die Partei nach vielen Jahren stetigen Wählerund Mitgliederschwundes wieder im Aufwind. So konnte sie mit der Wahlkampfkostenerstattung aus der Europawahl in Höhe von rund 1,8 Millionen DM ihre Schulden aus früheren Wahlkampfkostenvorauszahlungen tilgen. Damit hat sich die finanzielle Lage der Partei zumindest auf Bundesebene stabilisiert. Auch ist es der NPD gelungen, personelle Einbußen durch Neuaufnahmen zu ersetzen sowie den Mitgliederbestand zu verjüngen und in Teilbereichen sogar zu vergrößern. 102 2.3. Aktivitäten Unter dem Moto "Weiter vorwärts für Deutschland - 20 Jahre Nationaldemokraten" hielt die NPD am 3./4. November in München ihren 18. Ordentlichen Bundesparteitag ab. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Rechenschaftsbericht des Parteivorsitzenden Martin Mußgnug, der insbesondere die Erfolge der NPD bei der Wahl zum Europäischen Parlament am 17. Juni und bei den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 28. Oktober hervorhob und erklärte, die NPD werde nun versuchen, 1987 in den Deutschen Bundestag einzuziehen. Dazu verwies er auf das überraschende Ergebnis der französischen "Nationalen Front" bei der Europawahl, das eine beginnende "Rückbesinnung auf die Werte der Nation" in Europa signalisiere und die NPD zur Fortsetzung ihrer politischen Arbeit ermutige. Des weiteren kritisierte er die seiner Meinung nach verfehlte Ausländerpolitik der Bundesregierung. Ferner warf er den Regierungsparteien mangelnde Bereitschaft zur Wiedervereinigung Deutschlands vor. Bei einem anschließenden Festakt zum zwanzigjährigen Bestehen der Partei wandte sich der Generalsekretär Walter Seetzen gegen Behauptungen politischer Gegner, die NPD sei eine Nachfolgeorganisation der ehemaligen NSDAP. Der Bundesparteitag befaßte sich ferner mit zahlreichen Anträgen zu Themen wie "Waldsterben", "Hochzinspolitik" und "Ausländerfrage". Im Schlußwort stellte der Parteivorsitzende als politisches Ziel der NPD die Wiedervereinigung Deutschlands in seinen historischen Grenzen "von der Maas bis an die Memel" heraus. Gegen die Durchführung des Parteitages protestierten am 3. November vor dem Tagungslokal zeitweise bis zu 300 Personen, darunter auch Teilnehmer einer vorangegangenen Gegendemonstration, zu der die DKP-beeinflußte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) aufgerufen hatte. Die Polizei, die einige Personen vorläufig festnahm, verhinderte tätliche Auseinandersetzungen. Der NPD-Landesverband Bayern führte am 15. Juli in München unter dem Leitspruch "Weiter vorwärts für Deutschland - NPD" seinen 18. Ordentlichen Landesparteitag durch. Der wiedergewählte Landesvorsitzende Walter Bachmann betonte in seinem Rechenschaftsbericht, daß die "Nationaldemokratie" keine "Abschrift vergangener Systeme" sei, sondern sich als "seriöse demokratische Erneuerungsbewegung mit dem Verlangen nach sozialer Gerechtigkeit und nationaler Einheit" verstehe. Er warf der Bayerischen Staatsregierung vor, sich im Kampf gegen die "verfassungstreuen" Nationaldemokraten der Praktiken des "linken Verleumdungskartells" zu bedienen. Die NPD werde daher in Zukunft vermehrt auch rechtliche Schritte gegen "verfassungsfeindliche Volksverhetzer" einleiten. Der Parteivorsitzende Martin Mußgnug und der Generalsekretär Walter Seetzen erklärten, nach dem Erfolg der NPD bei der Wahl zum Europäischen Parlament gelte es nun, die nächsten Schritte der Aufwärtsentwicklung sorgfältig vorzubereiten. Nahziel sei die Teilnahme an den Landtagswahlen 1985 im Saarland mit einem von der Gesamtpartei geführten Wahlkampf. Die künftige Öffentlichkeitsarbeit werde sich vor allem auf die Forderung nach Wiederherstellung der deutschen Souveränität durch Abzug der "Besatzungsmächte" USA und UdSSR, die Rückführung der Gastarbeiter und den Abbau der Ar103 beitslosigkeit durch Verwirklichung der sozialpolitischen Thesen der NPD konzentrieren. Am 17. November fand in Staffelstein, Landkreis Lichtenfels, eine Festversammlung des NPD-Bezirksverbandes Oberfranken zum zwanzigjährigen Bestehen der Partei statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Ehrung von 35 Gründungsmitgliedern sowie eine Grundsatzrede des Parteivorsitzenden, der vor rund 250 Besuchern darauf hinwies, daß die NPD ihren Tiefstand in der Wählergunst überwunden habe und nun antrete, Deutschlands Zukunft zu gestalten. Des weiteren veranstaltete die bayerische NPD in Landshut, München und Nürnberg Versammlungen aus Anlaß des Tages der Reichsgründung (18. Januar 1871), einen "Politischen Aschermittwoch" am 7. März in Vilshofen, vier Kundgebungen zum 1. Mai, zwei Sonnwendfeiern am 23. Juni und zahlreiche öffentliche Wahlveranstaltungen zur Europawahl, so z.B. eine "Rottalaktion" am 7. April in Eggenfelden, einen "Ostbayerntag" am 26. Mai in Straubing und eine "Bayerwaldaktion" am 9. Juni in Viechtach. 2.4. Wahlbeteiligung Unter dem Motto "Nationaldemokraten in die Kommunalparlamente" nahm die NPD bei den Kommunalwahlen in Bayern am 18. März in acht von 25 kreisfreien Städten, in neun von 71 Landkreisen und in zehn von 2.026 kreisangehörigen Städten und Gemeinden teil. Sie kandidierte mit elf eigenen Listen und beteiligte sich an 16 gemeinsamen Wahlvorschlägen. Vereinzelt bewarben sich NPDMitglieder auch auf Listen parteifreier Wählergruppen um Mandate. Bedenken aus den Mitgliederkreisen hinsichtlich der Erfolgsaussichten war die Partei mit dem Hinweis begegnet, daß die bei Landtagsund Bundestagswahlen bestehende Fünf-Prozent-Klausel nicht zur Anwendung komme und im übrigen nur dort kandidiert werde, wo Erfolge möglich seien. Finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten waren auch bei dieser Wahl bestimmend für die Ende Februar einsetzende Wahlwerbung, die sich überwiegend auf die Verteilung von Propagandamaterial an Informationsständen, Flugblattaktionen und die Durchführung von rund 20 öffentlichen Wahlveranstaltungen beschränkte. Nach dem vom Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung erstellten gewichteten Wahlergebnis erzielte die NPD bei den Kommunalwahlen einen Anteil von 0,1 %. Dieses Resultat lag deutlich unter dem Ergebnis der Kommunalwahl von 1978 (0,4%). Gleichwohl zogen acht (1978: sechs) NPD-Mitglieder in die kommunalen Vertretungskörperschaften ein, davon drei auf Listen parteifreier Wählergruppen. An der Wahl zum Europäischen Parlament am 17. Juni beteiligte sich die NPD mit dem Ziel, einen Anspruch auf Erstattung von Wahlkampfkosten zu erwerben. Ihr Wahlvorschlag, an dessen Spitze der Parteivorsitzende Martin Mußgnug stand, umfaßte 38 Kandidaten, darunter fünf aus Bayern. Der im April einsetzende, überwiegend mit publizistischen Mitteln geführte Wahlkampf stand unter dem Motto "Ein Herz für Deutschland", das offensichtlich auf eine Aktivierung des Nationalgefühls zielte. Wahlkampfthemen waren insbesondere die "Türkeninvasion", die bei der Assoziierung der Türkei an die Europäische Gemeinschaft (EG) zu erwarten sei, und die Rolle der Bundesrepublik Deutschland 104 als "Zahlmeister der EG". In einer Wahl-Sonderausgabe des Parteiorgans "Deutsche Stimme" erklärte die NPD, die zum "Ersatzvaterland" hochstilisierte Europäische Gemeinschaft habe sich längst zu einem "Musterbeispiel nationalegoistischer Interessenwirtschaft" entwickelt. Daher wolle die NPD eine Revision der EG-Verträge erzwingen, die "uns seit Jahren zum Ausbeutungsobjekt der westeuropäischen 'Nachbarn' erniedrigt" hätten. Ferner trete sie für eine ersatzlose Streichung der Freizügigkeitsklausel der EG-Verträge ein, um "einen Zuzug weiterer Ausländer zu verhindern". Mit Wahlversammlungen, Informationsständen, Flugblattund Plakataktionen sowie Rundfunkund Fernsehwahlsendungen versuchte die NPD, sich dem Wähler als "deutsche Alternative" gegenüber den "Eurokraten und Euroschwätzern" darzustellen. Eine Zielgruppenwerbung wandte sich vor allem an Landwirte, Heimatvertriebene und an die Jugend. Mit 198.633 Stimmen erzielte die NPD bei der Wahl zum Europäischen Parlament bundesweit einen Anteil von 0,8 %. Sie erreichte damit ihr Wahlziel, durch die Wahlkampfkostenerstattung von rund 1,8 Millionen DM ihre Finanzen sanieren zu können. Der relativ hohe Stimmenanteil der NPD ist auf die geringe Wahlbeteiligung zurückzuführen, aber auch darauf, daß es der Partei gelang, ihre Stimmenzahl im Vergleich zur letzten Bundestagswahl mehr als zu verdoppeln. In Bayern stimmten 34.681 Wähler (0,9 %) für die NPD. Die besten Ergebnisse erzielte die Partei im Landkreis Kitzingen (2,3 %) und in der Stadt Kaufbeuren (1,9%). In einer Stellungnahme zum Wahlausgang erklärte die Partei, die "neuformierte NPD" stehe "gefestigt in der sich zügig verändernden Parteien-Landschaft der Bundesrepublik Deutschland" und werde von dieser Ausgangsposition aus "den Kampf um den Einzug in die deutschen Parlamente mit neuer Kraft führen". Der bayerische Landesvorsitzende Walter Bachmann wertete das Wahlergebnis als Hinweis auf das sinkende Vertrauen der Bürger zu den staatlichen Institutionen. "Signalhafte Bedeutung" komme auch dem Erfolg der "Nationalen Front" in Frankreich zu, die mit ihren Forderungen nach Verbrechensbekämpfung und Abbau der Gastarbeiterzahl einen Stimmenanteil von über 11 % erreicht habe. Der Pressesprecher Dieter Bauer äußerte, die NPD sehe im Wahlausgang "eine Bestätigung ihrer seit der letzten Bundestagswahl anhaltenden Aufwärtsentwicklung". Da die Partei ihr Wählerpotential in Bayern "noch lange nicht ausgeschöpft" habe, werde sie ihre Arbeit in den nächsten zwei Jahren "auf einen Erfolg bei der Landtagswahl 1986 konzentrieren mit dem Ziel des Wiedereinzuges in den Landtag und die Bezirkstage". 2.5 Junge Nationaidemokraten (JN) Die Jungen Nationaldemokraten als Jugendorganisation der NPD bekennen sich nach ihrem Statut in Ideologie und Zielsetzung zum Programm der Mutterpartei. Sie sind zur aktiven Mitarbeit in den Gremien der NPD verpflichtet, kritisieren aber deren Kurs als zu wenig kämpferisch. Ihr Verhalten ist durch eine erheblich aggressivere Argumentation gekennzeichnet. In Teilbereichen ließen sie neonazistische Ansätze erkennen. Dieses äußere Erscheinungsbild wird von der Mutterpartei nur bedingt toleriert. Aus vorwiegend taktischen Gründen versucht die NPD, die Jugendorganisation zu disziplinieren und ihren Konfrontationskurs zu entschärfen. 105 Bundesvorsitzender der JN ist seit Oktober 1983 Hermann Lehmann aus Uehrde/Niedersachsen. Den Landesverband Bayern leitet Ralf Ollert aus Nürnberg, der auf dem Landeskongreß am 12. Mai in Landshut als Landesvorsitzender bestätigt wurde. Entwicklung der Mitgliederzahlen der JN in Bayern 1968 1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 350 300 250 200 150 100 50 1984 konnten die JN im Bundesgebiet wiederum einen geringen Zuwachs auf 550 (1983: 530) Mitglieder verzeichnen. In Bayern, wo sie wie im Vorjahr etwa 120 Mitglieder zählen, entwickelten nur die Bezirksverbände Mittelund Unterfranken Aktivitäten. Der wegen seiner Kontakte zur neonazistischen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) im Juli 1983 vom JNBundesvorstand aufgelöste Kreisverband München wurde Anfang 1984 neu gegründet. Ein weiterer Kreisverband entstand im Raum Altötting/Traunstein. Der JN-Bundesvorstand gibt anstelle der Broschüre "Mauerspringer-Zeitung im geteilten Deutschland" nunmehr das Mitteilungsblatt "Junge Stimme" heraus. Neu erschienen ist auch die Schrift "JN-Konkret", die Berichte aus der Arbeit der JN enthält. Weitere Publikationen des Bundesvorstands sind der "JN-Orgblitz" und der "JN-Pressedienst". Der "JN-SZ-Info-Dienst" wurde 1984 nicht mehr festgestellt. Das unregelmäßig herausgegebene Nachrichtenblatt des Landesverbandes Bayern "JN-Bayern-Info" enthält Mitteilungen des Landesvorstandes, Presseerklärungen sowie Berichte und Termine der bayerischen Verbände. Dem Mitteilungsblatt "JN-Info" des Bezirksverbandes Mittelfranken kommt nur regionale Bedeutung zu. Die Führungsschwäche der JN-Spitze spiegelt sich in der geringen Motivation der Mitglieder wider. So beschränkten sich die öffentlichen Aktivitäten in Bayern im wesentlichen auf die Errichtung von Informationsständen und die Unterstützung von Aktionen der NPD. Anläßlich einer Wahlveranstaltung der JN am 9. März in Nürnberg, zu der etwa 70 Besucher erschienen, führte die DKPbeeinflußte VVN-BdA eine Protestkundgebung mit rund 800 Teilnehmern durch. 2.6 Nationaidemokratischer Hochschulbund (NHB) Der Nationaldemokratische Hochschulbund mit Sitz in München wurde 1967 als Studentenorganisation der NPD in Tübingen gegründet. Er steht in "kritischer 106 Solidarität" zur NPD und vertritt nach seiner Satzung die nationaldemokratische Grundhaltung an den deutschen Universitäten und Hochschulen. Mit dem Beitritt zum NHB ist die Verpflichtung verbunden, dessen Zielsetzung anzuerkennen und zu unterstützen. Der in Hochschulgruppen gegliederte NHB zählt im Bundesgebiet wie im Vorjahr etwa 30 Mitglieder. Bundesvorsitzender ist seit Dezember 1983 Karl-Heinz Sendbühler aus München. In Bayern bestehen Hochschulgruppen in Erlangen und München. Publikationsorgan des NHB ist der "NHB-Report". Die Zeitschrift erschien 1984 insgesamt zweimal mit einer Auflage von jeweils etwa 1.600 Exemplaren. Außerhalb der Universitäten trat der NHB nicht in Erscheinung. Hinsichtlich des Hochschulbereichs wird auf Abschnitt 5 verwiesen. 2.7 Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) Die von der NPD gesteuerte "Bürgerinitiative Ausländerstopp" wurde Anfang 1980 von NPD-Funktionären in Bochum gegründet. Mit ihren gegen die Integration der Ausländer gerichteten Forderungen verfolgt sie das Ziel, die fremdenfeindliche Agitation der NPD zu unterstützen und dadurch neue Mitglieder und Wähler für die Partei zu gewinnen. 107 Die BIA wird von der NPD personell, publizistisch und organisatorisch unterstützt. "Vertrauensmann" der BIA ist der Vorsitzende des NPD-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen. "Kontaktadresse" des "Regionalverbandes Süd" ist die Anschrift des NPD-Landesverbandes Bayern. In Bayern trat die BIA durch die Verteilung ihrer zweimonatlich herausgegebenen Druckschrift "Deutsche Zukunft" in Erscheinung. Darin wandte sie sich gegen die am 1. Dezember 1986 in Kraft tretenden "wahnwitzigen EG-Bestimmungen", die "Millionen Türken" die Möglichkeit einer Niederlassung im Bundesgebiet eröffneten, was "auf jeden Fall verhindert werden" müsse. Zum selben Thema verbreitete der "Regionalverband Süd" in München Flugblätter mit der Überschrift "Freundschaft mit allen Völkern - aber Deutschland den Deutschen", in denen er zur Unterstützung einer Petition der BIA an den Deutschen Bundestag aufrief. Ferner reichten die NPD und die BIA unter der Bezeichnung "NPD-Münchner Initiative für Ausländerstopp" für die Kommunalwahlen am 18. März in München einen gemeinsamen Wahlvorschlag ein, auf den 0,5 % der abgegebenen Stimmen entfielen. 3. Deutsche Volksunion (DVU) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Die DVU, die keine politische Partei ist, entspricht ideologisch weitgehend der NPD. Ihre Aussagen sind in vielen Fällen themengleich mit denen der NPD, jedoch aggressiver und mehr tagespolitisch bezogen. Im Gegensatz zur NPD und einigen anderen rechtsextremen Organisationen steht sie nationalistischneutralistischen Bestrebungen, die auf eine Loslösung der Bundesrepublik Deutschland aus dem westlichen Verteidigungsbündnis hinauslaufen, ablehnend gegenüber. Zu den Schwerpunkten ihrer Agitation gehörte auch 1984 eine auf völkisch-biologische Thesen gestützte Kampagne gegen die Integration von Ausländern, insbesondere von Türken. Kennzeichnend für die Fremdenfeindlichkeit der DVU waren Schlagzeilen wie "Bald mehr Ausländer als Deutsche?" und "Was sich Ausländer in Deutschland anmaßen". Insbesondere verwies die DVU auf die Folgen der für Dezember 1986 geplanten Freizügigkeitsregelung in der Europäischen Gemeinschaft, die etwa "zwei Millionen auswanderungswilligen Türken" eine Niederlassung im Bundesgebiet ermögliche, und warnte vor einer "Überflutung unseres Volkes mit Fremden". Sie stellte einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Ausländeranteil und der Kriminalitätsrate her, indem sie betonte, daß sich in allen Städten mit größeren türkischen Gastarbeiterzahlen die "Untaten türkischer Schlägerbanden gegen einheimische Mitbürger" häuften. So seien die "Türkenviertel in Westberlin" nach Einbruch der Dunkelheit und manchmal sogar schon am Tage ein "unsicheres Pflaster für Deutsche". Daneben wandte sich die DVU gegen die Gleichbehandlung von Ausländern und Deutschen, wobei sie insbesondere einen "Vorrang für Deutsche" bei der Vergabe von Arbeitsplätzen forderte. Ferner kritisierte sie die Ausländerpolitik der Bundesregierung, die "Milliarden für die ohnehin zum Scheitern verurteil108 te Integration von Orientalen" aufwende, deutsche Ubersiedler aus Ostblockländern hingegen "stiefmütterlich" behandle. Mit Schlagzeilen wie "Die wahren Schuldigen am Zweiten Weltkrieg - Historiker entlastet Deutschland" versuchte die DVU, die NS-Zeit zu rechtfertigen. So behauptete sie, Hitler sei durch die "von Roosevelt betriebene Einkreisung Deutschlands" schließlich "zum Angriff auf Polen gezwungen" worden. Breiten Raum nahm die Verherrlichung von Rudolf Heß ein, dessen 90. Geburtstag die DVU in ihren Veranstaltungen und Publikationen propagandistisch zu nutzen versuchte. Sie erklärte, daß Heß mit seinem "wagemutigen Flug nach England" am 10. Mai 1941 "den Krieg beenden wollte" und seitdem "unter unmenschlichen Bedingungen eingekerkert" sei. Da er "nachgewiesenermaßen unschuldig" auf der Anklagebank des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses gesessen habe, hätte "sein Nachbar wenigstens niemand anderer sein müssen als Churchill". Ziel des Nürnberger Verfahrens sei es gewesen, in einem "Schauprozeß der Siegermächte" die "Alleinschuld Deutschland am Ausbruch des Polenkrieges und der Ausweitung des europäischen Konfliktes zum Weltkrieg fortzuschreiben". Damit die Jugend ein völlig falsches Bild von den historischen Vorgängen bekomme, würden von den "Umerziehern" wesentliche Umstände "bewußt verschwiegen". Solcher "Manipulation" zum Trotz könne "das Geschichtsbild der Sieger auf Dauer dennoch nicht aufrechterhalten werden". Wie überall werde "auch hier die historische Wahrheit eines Tages über die Geschichtslüge siegen". Auch 1984 setzte die DVU die Diffamierung demokratischer Institutionen und ihrer Repräsentanten fort, wobei sie pauschal von "Umerziehungs-Politikern" und "roten Bonzen" sprach und der gesamten Opposition eine kommunismusnahe Haltung unterstellte. Der Bundesregierung warf sie wegen ihrer angeblichen Neigung, vor dem "Mob der Straße" zurückzuweichen, eine "Selbstverstümmelung unserer Bundesrepublik" vor. Die antijüdische Haltung der DVU tarnte sich durchwegs als Kritik am Staate Israel. So äußerte die DVU, ein auch von "israelitischer Seite" bzw. "Zionisten" gefordertes "Sondergesetz gegen unbequeme Geschichtsschreibung" bedrohe die Meinungsfreiheit, während "winzige, ohnehin bevorrechtigte Minderheiten strafrechtlichen Sonderschutz genießen". Anlaß dazu war die öffentliche Diskussion um die Frage, wie die Leugnung der NS-Verbrechen bei der Judenverfolgung strafrechtlich bewertet werden soll. 3.2 Organisation Die DVU wurde im Jahre 1971 in München als Auffangbecken für ehemalige NPD-Anhänger gegründet. Nach ihrer Satzung haben die Mitglieder außer der Zahlung monatlicher Beiträge keine weiteren Verpflichtungen. Die DVU zählt derzeit im Bundesgebiet zusammen mit ihren Aktionsgemeinschaften rund 12.000 (1983: 11.000) Mitglieder, davon etwa 2.000 in Bayern. Zur personellen Stärkung der DVU hat vor allem die intensive Werbung für die Aktionsgemeinschaften beigetragen. Bundesvorsitzender ist der im März 1984 auf der Bundesversammlung in München wiedergewählte Verleger Dr. Gerhard Frey aus München. Seine Stellver109 treter sind Dr. Bernhard Steidle und Dr. Fritz von Randow. Die DVU unterhält in allen Bundesländern formell Bezirksverbände, deren Vorsitzende nicht gewählt, sondern von Dr. Frey bestimmt werden. Die in Bayern bestehenden Untergliederungen entwickelten nach wir vor kaum eigene Initiativen. Wie deutsche Kriegsverbrechen erfunden werden s Deutscher Anzeiger Freiheitliche Wochenzeitung s s : "WO Manchen 80 ' Wie deutsche Gefallene verhöhnt werden Das offizielle Presseorgan der DVU ist der "Deutsche Anzeiger" (DA) mit einer wöchentlichen Auflage von über 25.000 Exemplaren. Erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen sind dabei nicht eingerechnet. Dr. Frey ist auch Herausgeber der mit dem DA etwa zur Hälfte inhaltsgleichen "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), die im Regelfall wöchentlich in einer Auflage von über 85.000 Exemplaren erscheint. 3.3 Aktivitäten Neben der publizistischen Propagandatätigkeit lag der Schwerpunkt der Aktivitäten der DVU in der Durchführung öffentlicher Veranstaltungen, vorwiegend aus Anlaß des 90. Geburtstages von Rudolf Heß. So verband die DVU ihre Mitgliederversammlung am 10. März in München mit einer Großkundgebung unter dem Motto "Freiheit für Rudolf Heß". Dr. Frey forderte vor rund 1.000 Zuhörern die Freilassung von Heß und eine Generalamnestie für alle noch inhaftierten Kriegsverbrecher. Der britische Schriftsteller David Irving behauptete in seinem Referat, "neuen Erkenntnissen" zufolge hätten britische Vernehmungsoffiziere den "nach England gelockten" Rudolf Heß einer medizinischen Folterung unterzogen. Die Tatsache, daß die damaligen Vernehmungsprotokolle erst im Jahre 2015 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, belege, daß England befürchte, als der wahre Schuldige am Zweiten Weltkrieg entlarvt zu werden. Im Rahmen einer im Juni durchgeführten Vortragsreihe der DVU zum Thema "Das Geheimnis um Rudolf Heß" sprach David Irving in Würzburg und Lindau (Bodensee) vor rund 80 bzw. 100 Besuchern. In Würzburg demonstrierten vor dem Veranstaltungslokal etwa 15 politische Gegner, meist Angehörige der DKPbeeinflußten VVN-BdA. Am 4. August hielt die DVU in Passau ihre alljährliche Großkundgebung ab. Vor rund 1.100 Teilnehmern, darunter etwa 300 Österreichern und Südtirolern, verlieh Dr. Frey dem stellvertretenden Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes Jörg Pircher den mit 10.000 DM dotierten "Andreas-Hofer110 Preis" des DVU-Organs "Deutscher Anzeiger". Die Laudatio auf den Preisträger hielt der frühere österreichische Nationalrat Dr. Otto Scrinzi, der Pirchers Einsatz im Südtiroler "Freiheitskampf" hervorhob. David Irving sprach als Hauptredner zum Thema "Das Martyrium von Rudolf Heß und seine wahren Hintergründe". Er verurteilte Churchills "hinterhältige kriegstreibende Politik" und erklärte, daß Heß versucht habe, den Zweiten Weltkrieg abzuwenden. Eine Protestkundgebung von rund 600 politischen Gegnern verlief ohne Zwischenfälle. Unter den Demonstranten befanden sich Mitglieder der DKP, SDAJ, VVNBdA, DFG-VK, MLPD und des BWK. 3.4 Aktionsgemeinschaften der DVU Die von der DVU geschaffenen Aktionsgemeinschaften, deren Mitgliedsbeiträge vom DVU-Vorstand festgelegt werden, sind integrierte Bestandteile der DVU. Ihre Veröffentlichungen erscheinen im DVU-Organ "Deutscher Anzeiger". Der Beitritt zu einer Aktionsgemeinschaft begründet kraft Satzung gleichzeitig die Mitgliedschaft in der DVU. Durch die Gründung solcher Aktionsgemeinschaften mit attraktiv niedrigen Beiträgen hat sich die DVU zur mitgliederstärksten rechtsextremen Organisation im Bundesgebiet entwickelt. Die Wirksamkeit und Gefährlichkeit dieser Propagandainstrumente der DVU beruht insbesondere darauf, daß sich ihre Forderungen auf einzelne Themen rechtsextremer Agitation konzentrieren und auf diese Weise auch auf solche Personen zielen, die nur in diesen Teilbereichen für rechtsextremes Gedankengut empfänglich sind. Für Deutschlands Rechte DEUTSCHE VOLKSUNION (DVU) die führende überparteiliche Bewegung der verfassungstreuen Rechten und freiheitlichen Mitte (Vorsitzender Dr. Gerhard Frey) V Ehrenbund Rudel Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten Aktion deutsche Einheit (AKON) setzt sich für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands ein Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) arbeitet für ein Ende der Kriegsverbrecherprozesse gegen Besiegte des II. Weltkriegs Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) will die Interessen des deutschen Volkes bei diesen Medien durchsetzen Initiative für Ausländerbegrenzung (I. f. A.) verteidigt den deutschen Charakter Deutschlands Schutzbund für Leben und Umwelt kämpft für den Erhalt des Lebens und der Heimat Die Ende 1979 von Dr. Frey in München gegründete Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) will den Gedanken einer Generalamnestie für bisher ungesühnte NS-Verbrechen verbreiten. Sie wendet sich gegen die "pharisäerhaft m einseitige Vergangenheitsbewältigung", die in "Schauprozessen gegen die Besiegten des Zweiten Weltkriegs" zum Ausdruck komme, während die Sieger ihre "millionenfachen Morde am deutschen Volk" längst amnestiert hätten. 1984 verbreitete die VOGA in einigen Städten Bayerns Aufkleber mit der Aufschrift "Freiheit für Rudolf Heß". Die Aktion Deutsche Einheit (AKON) entstand 1962 in Darmstadt unter der Bezeichnung "Aktion Oder-Neiße" (AKON) als selbständige Organisation. 1979 wählten die Mitglieder den DVU-Funktionär Dr. Bernhard Steidle zum Vorsitzenden. Mit der anschließenden Ernennung des DVU-Vorsitzenden zum geschäftsführenden Vorsitzenden der AKON geriet die Organisation völlig unter den Einfluß von Dr. Frey. 1980 beschlossen die Mitglieder eine neue Satzung, in der die AKON ihre Selbständigkeit aufgab und sich der DVU als Aktionsgemeinschaft anschloß. Die AKON, die nach ihrer Satzung die "Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit innerhalb gerechter Grenzen" fördern möchte, agitiert vor allem in ostpolitischen Fragen. So lehnt sie die Ostverträge, soweit sie über eine Gewaltverzichtserklärung hinausgehen, als "null und nichtig" ab und wendet sich gegen Versuche, durch die "Schaffung sogenannter Staatsnationen die volkliche Einheit der deutschen Nation zu zerstören". Die im Dezember 1980 gegründete Initiative für Ausländerbegrenzung (I.f.A.) knüpft mit der Devise "Deutschland soll deutsch bleiben" an die von der NPD verbreitete Parole "Ausländer-Stopp - Deutschland den Deutschen" an. 1984 erklärte sie, es sei unerträglich, daß Deutsche aus dem Osten, die über Jahrzehnte treu zu ihrem Volkstum gestanden hätten, arbeitslos seien, während Ausländer Arbeitsplätze hätten. Hier müsse ganz konsequent das Prinzip "Vorrang für Deutsche" gelten. Die seit Januar 1982 bestehende Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) will dem "Mißstand" abhelfen, daß Rundfunk und Fernsehen "in zunehmendem Maße gegen die Lebensinteressen des deutschen Volkes agitieren". Sie wendet sich gegen die "systematische Verteufelung" der deutschen Geschichte, die "Herabwürdigung des deutschen Soldaten" und die "Minimalisierung der Verbrechen am deutschen Volk" in Rundfunk und Fernsehen, "in denen Randgruppen Abwegigkeiten ohne jede Rücksicht auf den Mehrheitswillen verbreiten". Der im Januar 1983 gegründete Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten (ER) wendet sich "gegen die Diffamierung untadeliger Soldaten" und will "über Taten und Leiden auch der Besiegten der Wahrheit die Ehre geben". Er trat 1984 durch Verbreitung von Aufklebern in Erscheinung. Mitte November 1984 riefen der DA und die DNZ zum Eintritt in den Schutzbund für Leben und Umwelt auf, der als "überparteiliche Vereinigung verantwortungsbewußter Deutscher" unter Vorsitz von Dr. Frey für "Maßnahmen zum Schutz des deutschen Waldes" eintrete und Forderungen wie "Kampf dem Abtreibungsmißbrauch", "Ausbau des Zivilschutzes" und "Bürgerschutz vor Kriminalität" erhebe. 112 Wie im Vorjahr agitierten diese Aktionsgemeinschaften, die mit eigenständigen Initiativen kaum an die Öffentlichkeit traten, fast ausschließlich im DA und in der DNZ. In ihren dort abgedruckten "Meinungsumfragen" suchten sie Zustimmung für Thesen wie "Man sollte endlich Schluß machen mit der unentwegten Verteufelung des deutschen Volkes", "Es muß endlich aufhören, daß wir Deutsche Zahlmeister der EG sind, die anderen aber kassieren", "Die Fernseh-Gewaltigen sollten vom Volk gewählt, nicht von Parteien ausgekungelt werden" und "Die Schändung von Soldaten-Ehrenmalen muß härter verfolgt werden". Die Leserumfragen enthielten gleichzeitig Beitrittserklärungen zu den Aktionsgemeinschaften und Bestellscheine für den DA und die DNZ. Die Veröffentlichung solcher als "Meinungsumfragen" getarnter Anzeigen kennzeichnet die Taktik, mit der Dr. Frey rechtsextreme Agitation und Werbung für seine Organisationen und Verlagserzeugnisse miteinander verbindet. 4. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 4.1 Allgemeines Der Neonazismus (neuer Nationalsozialismus) umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus darstellen und auf die Errichtung eines dem NS-Staat vergleichbaren oder ähnlichen Systems gerichtet sind. Die Zahl der Neonazis im Bundesgebiet ist gegenüber dem Vorjahr von rund 1.400 auf 1.350 zurückgegangen, darunter etwa 150 (1983: 180) in Bayern. Etwa 1.150 (1983: 1.100) von ihnen sind den neonazistischen Organisationen als Mitglieder zuzurechnen, davon rund 50 (1983: 60) in Bayern. Bei den übrigen 200 (1983: 300) handelt es sich um "Einzelgänger", die durch neonazistische Aktivitäten in Erscheinung traten, ohne sich an eine bestimmte Gruppe zu binden. Eine nennenswerte Zahl von Personen, die - ohne Mitglied zu sein - an solche Gruppen Spenden leisten, war auch 1984 nicht feststellbar. Zum Rückgang der Mitgliederzahl gegenüber 1983 dürfte das konsequente behördliche Vorgehen gegen neonazistische Bestrebungen maßgeblich beigetragen haben. Die 34 (1983:16) erkannten neonazistischen Zusammenschlüsse im Bundesgebiet sind in der Regel lose Gesinnungsund Kampfkader, deren Anhänger sich zum Teil auch in anderen Gruppen engagieren. Klare organisatorische Strukturen sind meist nicht erkennbar; regelmäßig dominiert jedoch ein "Führer", von dem auch der Bestand der Gruppe abhängt. In der Gesamtzahl sind 12 frühere Aktivistenkreise der 1983 verbotenen ANS/NA enthalten, die jetzt unter anderem Namen auftreten. Die Agitation der neonazistischen Gruppen ist vor allem durch unverhohlenen Antisemitismus und sonstigen Rassismus, Verharmlosung und Leugnung der NS-Verbrechen sowie durch Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitler-Diktatur gekennzeichnet. Teilweise ist auch eine Orientierung an der nationalrevolutionären Frühform des Nationalsozialismus zu beobachten. Eine geistige Durchdringung der eigenen Ziele und Methoden findet kaum statt. Die Auseinandersetzung mit den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen beschränkt sich auf die meist kritiklose Übernahme von Parolen 113 der ehemaligen NSDAP. Gewalt wird emotional bejaht und angewendet, wo es sich ergibt und zweckmäßig erscheint. Am 12. September begann vor dem Landgericht Nümberg-Fürth die Hauptverhandlung gegen den ehemaligen Leiter der 1980 verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) Karl-Heinz Hoffmann und seine Lebensgefährtin Franziska Birkmann wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord an dem jüdischen Verleger Shlomo Lewin und dessen Lebensgefährtin Frida Poeschke am 19. Dezember 1980 in Erlangen. Mit dem Hauptverfahren verbunden wurden ein gegen Hoffmann anhängiges Verfahren wegen Geldfälschung, Freiheitsberaubung, Bedrohung, Strafvereitelung, Anwerben für einen fremden Wehrdienst, Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Waffen-, Sprengstoffund Kriegswaffengesetz sowie eine weitere gegen Frau Birkmann erhobene Anklage wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten, Beihilfe zur Geldfälschung und gefährlicher Körperverletzung. 4.2 Verbotene Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten (ANS/NA) Mit Verfügung vom 24. November 1983 stellte der Bundesminister des Innern im Benehmen mit den lnnenministern/-senatoren der Länder fest, daß sich die ANS/NA einschließlich ihrer Teilorganisationen Aktion AusländerrückführungVolksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung (AAR) und Freundeskreis Deutsche Politik (FK) gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und deshalb verboten sei. Er ordnete die Auflösung und den Einzug des Vermögens an. Gegen die Verbotsverfügung erhob die ANS/NA am 3. Januar 1984 Anfechtungsklage beim Bundesverwaltungsgericht. Beim Vollzug des Vereinsverbots am 7. Dezember 1983 erklärte der bisherige Organisationsleiter Michael Kühnen, die ANS/NA werde schon Anfang 1984 mit einer neuen politischen Konzeption wieder an die Öffentlichkeit treten. Noch im Dezember 1983 setzte Kühnen die Herausgabe der bisher für den ANS/NA-Führungskader bestimmten Schrift "Das Korps" unter dem neuen Namen "Die Kameradschaft" fort und gab anstelle der bis dahin an die Mitglieder und sonstigen Anhänger verteilten Schrift "Die Innere Front" den Rundbrief "Die Neue Front" (NF) heraus. Beide Schriften sollten zum Zusammenhalt der früheren Funktionäre und Mitglieder im gemeinsamen Kampf für eine "Neue Ordnung" beitragen. Kühnen rief darin alle "ehemaligen politischen Leiter" auf, in ihrem Kameradenkreis Leser für die NF zu werben und in NF-Leserkreisen zusammenzufassen. Er bekannte sich weiter offen zum Nationalsozialismus und kündigte an, "schon bald wieder politisch in die Offensive" zu gehen. Gegen Versuche, die neonazistischen Bestrebungen der verbotenen Organisation in einer losen "Gesinnungsund Kampfgemeinschaft" fortzusetzen, schritten die Behörden mehrmals ein. So wurden am 7. Januar in Oldersum/Niedersachsen zwölf Personen vorläufig festgenommen, die sich zur Gründung eines Leserkreises getroffen hatten, darunter Michael Kühnen und ein Teilnehmer aus München. Bei einer Zusammenkunft des aus der früheren ANS/NA-Kameradschaft Frankfurt hervorgegangenen "Freundeskreises Germania" am 13. Januar in Frankfurt a.M. nahm die Polizei 43 ehemalige Mitglieder und Sympathi114 PSxKnUUUB SOZIALIST" 8 TDfbtcftunti wr\y UNSER EUROPA SEPTEMBER 1 9 8 4 / 9 5 M F Nr. 17 Oktober 198A Freiheit für ! Schluss mit den Busitzungszusüiniianl Ä! NS-VERBOT AUFHEBEN! Beschlagnahmtes Propagandamaterial der verbotenen Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationaler Aktivisten 115 santen der ANS/NA, darunter auch drei Personen aus Würzburg, vorübergehend fest. In gleicher Weise ging die Polizei gegen 34 Personen vor, die am 21. Januar in Rüsselsheim eine "Deutsche Frauenfront" (DFF) gründeten. Unter den Festgenommenen befanden sich Michael Kühnen, vier Teilnehmer aus dem Raum München und die ehemalige Führerin des ANS/NA-Mädelbundes Andrea Krön, die erklärt hatte, die DFF werde kämpfen wie die ANS/NA. In allen Fällen leiteten die zuständigen Behörden ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz ein. Der im Dezember 1983 als NF-Leserkreis gegründete Unabhängige Wählerkreis Würzburg - Arbeiskreis für Wiedervereinigung und Volksgesundheit (UWK), der im wesentlichen die Ziele der verbotenen AAR weiterverfolgte und sich in Würzburg an der Kommunalwahl 1984 beteiligen wollte, wurde vom Bayerischen Staatsministerium des Innern im Februar 1984 als Ersatzorganisation der AAR bestandskräftig verboten und aufgelöst. Am 19. März setzte sich Kühnen in das westliche Ausland ab, um sich einem bevorstehenden Strafverfahren wegen des Verdachts der Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen zu entziehen. Er reiste in die Schweiz, nach Frankreich und Spanien und hielt sich mehrere Monate in Frankreich auf. In "Briefen aus dem Exil" teilte er seinen Anhängern mit, daß er Deutschland "mit Wissen und Zustimmung der wichtigsten Führungskameraden" verlassen habe, um einen Zusammenschluß nationalsozialistischer Gruppen Europas zu organisieren. Er verwies auf angeblich bereits erzielte Erfolge wie die Gründung einer "Auslands-ANS" und den Beitritt neonazistischer Gruppen des Auslands zu der von ihm propagierten "Europäischen Bewegung". Mit diesen Behauptungen wollte er den sich abzeichnenden Zerfall der "Gesinnungsgemeinschaft" verhindern und gegenüber seinen Anhängern die These seines "ehrenvollen Exils" erhärten, obwohl es ihm nicht gelungen war, im westlichen Ausland ernstzunehmende politische Kontakte zu knüpfen und neue Gruppen zu gründen bzw. bereits bestehende zu einer einheitlichen Organisation unter seiner Leitung zusammenzufassen. Am 4. Oktober wurde Kühnen in Paris festgenommen und einen Tag später in die Bundesrepublik Deutschland überstellt. Wegen seiner von Frankreich aus fortgesetzten neonazistischen Aktivitäten hatte das französische Innenministerium eine Ausweisungsverfügung erlassen. Er wurde auf Grund eines Haftbefehls in die Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf eingeliefert. In einer Sonderausgabe des Informationsbriefes "Die Neue Front" äußerte Kühnens Stellvertreter Thomas Brehl zur Abschiebung Kühnens, der "Führer unserer Gesinnungsgemeinschaft" sei "das Opfer einer sonst nur in Gangsterkreisen üblichen Komplizenschaft niederträchtiger Elemente mit diversen Behörden" geworden. Da ihm "keine kriminellen Handlungen vorgeworfen werden" könnten, sei er "politischer Gefangener". Während in einigen Fällen anderen "Schubhäftlingen" die Möglichkeit eingeräumt worden sei, in ein Land ihrer Wahl abgeschoben zu werden, habe "der hochkarätigste Nationalsozialist wahrscheinlich der ganzen Welt" hingegen "im wahrsten Sinne des Wortes eine Sonderbehandlung" erfahren. Ein weiterer Beitrag enthielt die Ankündigung, in den kommenden Monaten würden sich "sämtliche aktiven Gruppen" unter dem 116 Motto "Freiheit für alle NS-Kämpfer, Hände weg von Michael Kühnen!" an der "größten zentralen Propagandaaktion beteiligen, die unsere Gesinnungsgemeinschaft jemals durchgeführt hat". In Bayern gründeten ehemalige Aktivisten der ANS/NA nach dem Verbot einen NF-Leserkreis in München, der seit Frühjahr 1984 unter der Bezeichnung Nationale Basisgruppen in Erscheinung trat. Die Aktivitäten dieser Gruppe, die vereinzelt auch Kontakte zu Skinheads und Fußballfans unterhielt, beschränkten sich im wesentlichen auf interne Zusammenkünfte und die Verbreitung von drei Ausgaben ihrer Publikation "Die Standarte - Zeitung der Nationalen Basisgruppen". Darin stellte sich die Gruppe als Zusammenschluß junger Leute dar, die "nicht mehr an die Macht von Abstimmungen und anderem demokratischen Firlefanz glauben". Zur Zielsetzung der Nationalen Basisgruppen war in der Schrift ausgeführt, die Gruppierung erstrebe "die Aufhebung des Verbotes der NSDAP", kämpfe "für ein Deutschland ohne Marxisten und Demokraten" und wolle "die Zahl der hier lebenden Ausländer und Juden auf ein erträgliches Maß reduzieren", das "sehr, sehr niedrig ausfallen" werde. Ihre politischen Aktionen messe sie "nicht daran, möglichst wenig Gesetze zu überschreiten, sondern möglichst effektiv das System unter geringem Risiko zu bekämpfen". Die Gesetze dienten nämlich nur der Aufrechterhaltung einer Ordnung, die uns "von den Siegern des Krieges aufgezwungen" worden sei und "den vitalen Lebensinteressen unseres Volkes" widerspreche. Die Nationalen Basisgruppen sähen ihre Rolle "im Geflecht internationaler faschistischer und nationalsozialistischer Organisationen". Ihr besonderes Interesse gelte der "Revolutionierung der deutschen Jugend". Nur durch eine "Aktionseinheit aller deutschen Jugendlichen" könne man "Polizei und Linken, Ausländern und Staatsanwälten so auf die Füße treten, wie sie es verdienen", und "unser Land" vor dem "geistigen und rassischen Ende" bewahren. Ferner glorifizierte die Schrift die ehemalige WaffenSS als "Elite-Armee von Freiwilligen", die "in besonderer Weise auf Adolf Hitler und den Nationalsozialismus eingeschworen" gewesen sei, und propagierte die "legale Neugründung der NSDAP". In den Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verunglimpfung des Staates und Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen ordnete das Amtsgericht München die Beschlagnahme der im April, Mai und August erschienenen Publikationen und der zur Herstellung verwendeten Druckunterlagen an. Gegen einen im süddeutschen Raum verbreiteten Aufkleber der Nationalen Basisgruppen, auf dem ein Adler mit dem Radkranz der ehemaligen nationalsozialistischen "Deutschen Arbeitsfront" abgebildet war, erließ das Amtsgericht München im April 1984 ebenfalls einen Beschlagnahmebeschluß. In einer Pressemitteilung vom 29. Mai bekannten sich die Nationalen Basisgruppen offen "zum Nationalsozialismus des Führers". In einerweiteren Mitteilung vom 30. August hieß es, einem Staat, der dem "nationalen Sozialismus" feindlich gegenüberstehe, würden "keinerlei Konzessionen" gemacht. Die Druckschriften, auf denen ein Reichsadler mit Hakenkreuz abgebildet war, endeten mit den Worten "Heil Hitler!". Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein. 117 Um organisatorisch wieder Fuß fassen zu können, strebten ehemalige Aktivisten der ANS/NA auch eine Zusammenarbeit mit anderen Gruppierungen an. Insbesondere versuchten sie, die bis Ende 1983 bedeutungslose Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP) mit Sitz in Stuttgart zu unterwandern, um sie für die Ziele der ANS/NA umfunktionieren zu können. Schon bei einem Treffen am 17. März 1984 in Baden-Württemberg hatte Michael Kühnen seine Anhänger dazu aufgerufen, ihre Anstrengungen auf den Aufbau der FAP zu konzentrieren, wobei er betonte, daß diese zur "politischen Heimat" ehemaliger ANS/NA-Aktivisten geworden sei. Inzwischen hat die zuvor im Raum Stuttgart tätige FAP unter Mitwirkung ehemaliger Mitglieder und Funktionäre der ANS/NA in mehreren Bundesländern Gebietsverbände gegründet. In Bayern entstanden Kreisverbände in München und Bad Neustadt a.d.Saale. Ein Anfang Dezember in München verbreitetes Flugblatt der FAP endete mit der Forderung "Dies ist unser Land! Nach und nach müssen alle Ausländer raus hier!". Gegen frühere Anhänger der ANS/NA waren 1984 auch in Bayern mehrere Strafverfahren anhängig. So verhängte das Amtsgericht Würzburg im Juli gegen einen ehemaligen ANS/NA-Anhänger eine Geldstrafe von 900 DM wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Der Angeklagte und drei anderweitig verfolgte Mittäter hatten am 6. Februar bei einer Flugblattaktion des UWK in Würzburg gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung getragen. Das Amtsgericht Würzburg verurteilte ferner einen ehemaligen Aktivisten der ANS/NA im Oktober wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung. Der Beschuldigte hatte am 10. Februar bei einer Flugblattaktion des UWK in Würzburg einen Passanten tätlich angegriffen. 4.3 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) Die HNG mit Sitz in Frankfurt a.M. wurde 1979 von Neonazis gegründet. Sie betreut inhaftierte Gesinnungsgenossen finanziell und ideell, um deren "Kampfmoral" zu erhalten. Daneben sollte es von Anfang an Aufgabe der HNG sein, den von Exekutivmaßnahmen betroffenen Gesinnungsgenossen ein ihrer neonazistischen Anschauung entsprechendes politisches Kontaktund Aktionsfeld zu bieten. Wegen ihrer gruppenübergreifenden Betätigung hat sich die HNG zu einem Sammelbecken neonazistischer Bestrebungen und zugleich zu einer Schaltstelle für Kontakte zu ausländischen Gesinnungsgenossen entwickelt. Sie unterhält enge Verbindungen zu zahlreichen neonazistischen Gruppen im Inund Ausland. Insbesondere war eine rege Zusammenarbeit mit der von französischen Neonazis gegründeten Schwesterorganisation "Comite Objectif entraide et solidarite avec les vicitimes de la Repression Antinationaliste" (COBRA) festzustellen. Der HNG gehören im Bundesgebiet etwa 250 (1983: knapp 400) Mitglieder und Förderer an. Anfang 1984 vollzog sich in der HNG nach einem erbitterten Machtkampf eine Kräfteverschiebung zugunsten ehemaliger ANS/NA-Anhänger. So wurde bereits am 7. Januar dem früheren ANS/NA-Funktionär Christian Worch mit tatkräftiger Unterstützung Michael Kühnens das Amt des Schriftlei118 ters der HNG-Publikation "Nachrichten der HNG" (vordem: Information der HNG) übertragen. Am 25. Februar erfolgte die Wahl der ehemaligen ANS/NAAktivistin Christa Goerth zur neuen Vorsitzenden. Damit nahmen zwei Aktivisten der verbotenen ANS/NA Schlüsselpositionen in dem fünfköpfigen Vorstand ein. Die Ankündigung der neuen Vorsitzenden, die HNG werde ihre politischen Aktivitäten im Stil der ANS/NA forcieren, signalisiert einen bedeutsamen Richtungswandel in der Zielsetzung der HNG. Die HNG veröffentlichte in ihrem monatlich erscheinenden Mitteilungsblatt regelmäßg Listen, Anschriften und Briefe von "nationalen politischen Gefangenen", darunter auch von rechtsterroristischen Gewalttätern. Anläßlich des 90. Geburtstages von Rudolf Heß am 26. April versuchte die HNG bundesweit, durch das Verteilen von rund 12.000 Plakaten Aufmerksamkeit zu erregen. Am 13. Oktober trafen sich in München rund 30 Anhänger Michael Kühnens aus mehreren Bundesländern, darunter auch Aktivisten der neonazistischen "Nationalen Basisgruppen", zu einer Sympathiekundgebung der HNG für den inhaftierten ehemaligen ANS/NA-Leiter. Als zwei Teilnehmer am Nachmittag in der Innenstadt Flugblätter der HNG verteilten, griff die Polizei ein und stellte die Schriften wegen Verdachts eines Verstoßes gegen Strafvorschriften sicher. Bei Fahrzeugdurchsuchungen fanden die Beamten umfangreiches Propagandamaterial, darunter rund 11.500 Plakate der HNG mit der Überschrift "Michael Kühnen entführt!" und etwa 500 Flugblätter mit der Forderung "Freiheit für alle NS-Kämpfer!". Ferner beschlagnahmten sie drei Schußwaffen, zwei Schlagstöcke, Sprühdosen mit Tränengas und Gegenstände mit NS-Emblemen. Während des Einsatzes nahm die Polizei neun Personen zur Identitätsfeststellung vorübergehend fest. Gegen die Waffenbesitzer, die Flugblattverteiler und den für die Schriften presserechtlich Verantwortlichen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. 4.4 Nationale Volksfront (NVF) Die NVF ging Anfang 1984 aus zwei nach dem Verbot der ANS/NA entstandenen NF-Leserkreisen in Mainz und Rüsselsheim hervor, die sich von Michael Kühnens Konzept zunehmend distanzierten. In ihrem Sprachrohr "Eiserne Faust" forderte die NVF den "Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Israel", die "Wiederzulassung der NSDAP, die durch Besatzerwillkür unter Bruch international gültigen Völkerrechts verboten wurde", die "Aufhebung des Verbotes von SA und SS" sowie ein "Verbot aller kommunistischen Banden". Im Zuge der Ausweitung des Aktionsraumes wurden Ortsgruppen in RheinlandPfalz, Hessen und Bayern gegründet. Die bayerische Gruppe in Sulzbach-Rosenberg, Landkreis Amberg-Sulzbach, führt die Bezeichnung "Stoßtrupp Theodor Eicke"*. Sie sieht neben der allgemeinen politischen Arbeit für den nationalen Sozialismus ihre Hauptaufgabe in der Förderung des wehrsportlichen Gedankens. *) Theodor Eicke war während des Dritten Reiches "Führer der SS-Totenkopfverbände und Konzentrationslager". 119 4.5 Nationalistische Front (NF) Die im September 1983 in München als Nationale Front - Bund Sozialrevolutionärer Nationalisten (NF-BSN) gegründete und später in Nationalistische Front umbenannte Organisation setzt sich u.a. aus Anhängern der 1982 verbotenen neonazistischen Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) zusammen. Sie fordert in ihrem Grundsatzprogramm die "antiimperialistische Nationale Befreiung von fremder Macht und ihren deutschen Handlangern" und tritt für eine "gesamtdeutsche Neutralität" ein. Ferner wendet sie sich gegen "weitere fremdvölkische Einwanderung" und propagiert eine "lebensrichtige Neue Ordnung" in einer dem "Volksinteresse" dienenden "Volksgemeinschaft der Zukunft". Mitglieder der NF verteilten im Juni, September und Dezember in München Flugblätter mit der Überschrift "Daß Deutschland wieder Deutschland wird", die Forderungen wie "Fremde Truppen raus aus Deutschland" und "Alle Ausländer heim" sowie einen Aufruf "Deutscher steh auf! Komm zu uns. Nationalistische Front" enthielten. 4.6 Deutsche Bürgerinitiative (DBI) Der 1982 als Rädelsführer der terroristischen "Deutschen Aktionsgruppen" (DA) zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilte ehemalige DBI-Leiter Manfred Roeder verfaßte in der Haft weiterhin die Schriften "Der Fackelträger" und "Deutscher Jahrweiser" sowie "Rundbriefe" der "Europäischen Freiheitsbewegung". In den auch in Bayern verbreiteten Schriften propagierte er ein wiedervereinigtes "Großdeutsches Reich". Ferner bezeichnete er die Bundesrepublik Deutschland als "perfektesten Unterdrückungsstaat der westlichen Welt", in dem eine "Parteiendiktatur" gegen den Willen des Volkes herrsche, weshalb ein "Sieg unter Demokraten" schlimmer als eine Niederlage unter Hitler sei. Außerdem verherrlichte er die Zustände im Dritten Reich, in dem es nur "angebliche" Rechtsverletzungen gegeben habe, und setzte mit der Parole "Ein Volk, ein Reich, ein Führer" Bestrebungen der ehemaligen NSDAP fort. Im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verunglimpfung des Staates und Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen ordnete das Amtsgericht Frankfurt im Oktober 1984 die Beschlagnahme der Publikationen und der zur Herstellung bestimmten Vorrichtungen an. Am 5. Dezember durchsuchte die Polizei in Rodach b. Coburg das Anwesen eines Druckers, der Roeders Schriften vervielfältigte, und stellte rechtsextremes Propagandamaterial sowie zahlreiche Druckplatten sicher. 4.7 Neonazistische, antisemitische und sonstige rassistische Vorfälle Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen neonazistischen, antisemitischen und sonstigen rassistischen Vorfälle in Bayern stieg 1984 mit insgesamt 513 gegenüber 493 im Vorjahr leicht an, wobei in 114 Fällen (1983: 116) ein entsprechendes Motiv fehlte oder nicht erkennbar war. Zu diesen allgemeinen Verdachtsfällen (rund 22 %) gehörte z.B. das Verwenden von NS-Symbolen als Mittel des Protestes gegen anderweitige politische Bestrebungen. Allein in München und Nürnberg ereigneten sich mit 169 (1983: 113) bzw. 15 (1983: 46) rund 3 0 % (1984: 42 %) aller Vorfälle (ohne allgemeine Verdachtsfälle). Meist handelte es sich um Schmierund Klebeaktionen, bei denen Hakenkreuze und SS-Runen 120 * . , - : * - * M k/'An 11 rf' i " g i ? **'*-** 121 gesprüht oder Parolen wie "Heil Hitler", "Juda verrecke", "ANS lebt" und "Türken raus" angebracht wurden. Anlässe für Ermittlungsverfahren waren auch das Tragen von NS-Abzeichen, die Beschädigung jüdischer Gedenkstätten sowie anonyme Beleidigungen und Bedrohungen aus rassistischen, insbesondere antisemitischen Motiven. Eine Aufklärung gelang in 186 Fällen (1983:106). Unter den ermittelten 254 Tätern (1983: 146) befanden sich 52 (1983: 44) Minderjährige. Die Staatsanwaltschaften stellten 57 Verfahren ein. In 27 Fällen wurden die Täter verurteilt. Die Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten dauerten Ende 1984 noch an. Eine Gesamtsteuerung der Aktionen durch eine oder mehrere extremistische Gruppen war nicht erkennbar. Die polizeilichen Ermittlungen wegen des neonazistisch geprägten Verhaltens von Skinheads und Fußballfans, die "Sieg Heil" riefen, den Hitlergruß zeigten oder SS-Runen an der Kleidung trugen, erbrachten vereinzelt auch Hinweise auf eine dem äußeren Erscheinungsbild entsprechende politische Motivation der Täter. Ein gruppenbezogenes Zusammenwirken von Skinheads und Fußballfans einerseits und Neonazis andererseits war hingegen in Bayern nicht feststellbar. 5. Sonstige rechtsextreme Organisationen 5.1 Deutscher Block (DB) Der 1947 in München gegründete Deutsche Block (DB) bekennt sich zur "Führung des Staates durch eine Elite", hält "Demokratie mit dem Führertum für vereinbar" und lehnt "rassischen Mischmasch" ab. Ferner identifizierte er sich mit der These, das deutsche Volk, das nicht mehr Unheil verursacht habe als andere Völker, gleiche "jenem Sündenbock", der "in grauer Vorzeit von einem Nomadenvolk mit der Schuld dieses Volkes beladen als unschuldiges Opfertier in die Wüste getrieben wurde, um das Volk zu versöhnen". Der DB mit Sitz in Memmingen zählt im Bundesgebiet noch rund 30 Mitglieder (1983: 40), davon etwa 15 (1983: 15) in Bayern. "Reichsvorsitzender" ist Richard Etzel, der zugleich die unbedeutende Jugendorganisation des DB "Jugendbund Adler" (JBA) leitet. Als Publikationen des DB erscheinen die Zeitschriften "Unsere Arbeit" und "Der Adlerführer" in geringer Auflage. Neben der alljährlichen "Schlageter-Gedenkfeier" bei Kleinwendern im Fichtelgebirge führte der DB regelmäßig Vortragsveranstaltungen auf Kreisverbandsebene durch. Ferner setzte er sich an Informationsständen sowie mit Flugblattund Plakataktionen in verschiedenen Städten für die Freilassung von Rudolf Heß ein. 5.2 Wiking-Jugend (WJ) Die 1952 gegründete Wiking-Jugend (WJ) ist eine straff nach dem Führerprinzip geleitete "volkstreue nordländische" Jugendorganisation, die sich als "heranzubildende Elite" versteht. Sie bekennt sich zu einer "Lebensgemeinschaft auf völkischer Grundlage" und betrachtet das Gesetz der "Auslese alles Starken und Gesunden" als "entscheidende Kraft im Leben". Entsprechend ihrer These "Was unserem Volk nützt, ist gut" kritisierte sie die "Unterwerfungspolitiker", 122 .,; die mit "unrechtlichen Teilverträgen die Fremdherrschaft über unsere Nation anerkannten". Ferner wandte sie sich gegen die "Überfremdung unseres Volkes" und die "Entfremdung der hier lebenden Fremdarbeiter aus ihrer völkischen Identität". Außerdem forderte sie die "Lösung Deutschlands aus den Blöcken" als Voraussetzung für ein "vereinigtes freies wehrhaftes Deutschland". In Teilbereichen waren deutliche neonazistische und militante Ansätze erkennbar. Die in Gaue und Horste gegliederte WJ mit Sitz in Stolberg/Nordrhein-Westfalen zählt im Bundesgebiet rund 400 (1983: 350) Mitglieder, davon etwa 60 (1983: 60) in Bayern, von denen jedoch ein Großteil inaktiv ist. Bundesführer ist Wolfgang Nahrath aus Stolberg. In Bayern bestehen die Gaue "Bayern" in Freising und "Franken" in Stockstadt, Landkreis Aschaffenburg, sowie Horste im Raum Landshut, München und Nürnberg. Publikationsorgan des Bundes ist die vierteljährlich erscheinende Schrift "Wikinger". Das WJ unterhält Kontakte zu Jugendgruppen gleichen Namens und gleicher Zielsetzung in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Spanien und den Niederlanden. Der Gau Bayern veröffentlicht seine Nachrichten und Mitteilungen im "Odalbrief" und in der Schrift "Der Münchner Spießerschreck". In der Märzausgabe dieser Schrift hieß es zur Frage, ob Gewalt als legitimes politisches Mittel eingesetzt werden dürfe, daß die Demokratie auf untauglichen Kompromissen auf123 baue, während "volkstreue und heimatliebende Menschen" nur die "Gesetze der Natur" anerkennen würden. Diese Gesetze verböten nicht Militanz und Gewalt, sondern machten sie zur "Grundbedingung eines jeden Lebens überhaupt". Gewalt sei daher der "Schlüssel zum Erfolg" für eine rebellische Jugend, die sich nicht an die "lächerlichen Spielregeln der Demokraten hält.". Schon Hitler habe erkannt, daß das Parlament der "Tod jeder Bewegung" sei. Dieselbe Ausgabe enthielt die Notiz "Auch wir glauben an das Kreuz, doch bei uns hat alles einen Haken!". Vier Vertreter der WJ, darunter zwei Funktionäre aus Bayern, beteiligten sich am 26. März im Rahmen der Fernsehsendung "Live aus dem Alabama" an einer Diskussion zum Thema "Rechtsradikalismus in Deutschland - Der Traum vom starken Staat". Dabei wandte sich ein Funktionär aus Bayern mit emotionell vorgetragenen rassistisch-nationalistischen Thesen gegen Ehen von Angehörigen verschiedener Rassen und vertrat die Auffassung, mongoloide Kinder seien keine Menschen. Unter dem Motto "Da tritt kein anderer für dich ein - Sei wehrhaft frei!" veranstaltete die WJ vom 8. bis 11. Juni in Iphofen, Landkreis Kitzingen, die "30. Tage volkstreuer Jugend". An dem Pfingstlager nahmen rund 180 Mitglieder und Sympathisanten aus dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland teil, darunter auch Angehörige der neonazistischen "Nationalistischen Front". Das Programm bestand aus Wettkämpfen, Volkstanz und Lagerfeuerrunden. Die Veranstaltung endete mit einer Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal in Iphofen. Das Treffen verlief ohne Störungen. Die WJ hatte den Ort des Lagers geheimgehalten und vorgegeben, es finde in der Rhön statt. Dort versammelten sich am 9. Juni in Hilders, Landkreis Fulda, etwa 100 politische Gegner zu einer Protestkundgebung. Neben sonstigen Zeltlagern und Fahrten führte die WJ in Bayern einige Flugblattund Plakataktionen durch, wobei sie Forderungen wie "Fremde Truppen raus aus Deutschland!" und "Arbeitslager für Drogendealer!" erhob. Am Volkstrauertag fanden sich auf dem Friedhof der Justizvollzugsanstalt in Landsberg a. Lech Angehörige verschiedener rechtsextremer Organisationen, darunter auch WJ-Mitglieder, ein. Sie legten an Gräbern, in denen wegen NSVerbrechen hingerichtete Personen bestattet sind, Blumengebinde und einen Kranz mit Odalsrune und der Aufschrift "Heil Euch - Wiking-Jugend" nieder. 5.3 Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) Die 1960 in Frankfurt a.M. von ehemaligen SSund NSDAP-Angehörigen gegründete GfP stellt vor allem ein Podium für rechtsextreme Publizisten dar. Sie will "geistige Waffen schmieden", damit deutsche Politik wieder "zu deutschem Nutzen ausgerichtet wird". So bezeichnete sie den Begriff "Gesellschaft" als "Zersetzungswort der linken Ideologen", die damit zielbewußt das "Wissen um die Gemeinschaft des Volkes" verdrängten. Ferner wandte sie sich gegen die "Tabuisierung der Zeitgeschichte" und kritisierte die Bundesregierung, die am "längst widerlegten Geschichtsbild der Umerziehung" festhalte, anstatt "Mut zum Bruch mit lieben Gewohnheiten der letzten Jahrzehnte wie dem Besiegtund Schuldigseinwollen" zu zeigen. 124 Die Vereinigung, die ihren Sitz in München hat, zählt im Bundesgebiet wie im Vorjahr rund 390 Mitglieder. Vorsitzende ist seit 1983 Dr. Holle Grimm. Als Publikationsorgan der GfP erscheint vierteljährlich die Schrift "Das Freie Forum". Unter dem Motto "Mut zur geistigen Wende" veranstaltete die GfP vom 28. bis 30. September in Kassel ihren Jahreskongreß. Dabei kritisierten die Redner die "systematische Umerziehung", die "uns mit dem Verlust unseres Geschichtsbewußtseins die nationale Identität nehmen" wolle, und erklärten, eine "nationale Politik für morgen" erfordere "eine grundlegende Reform des heutigen demokratischen Parteistaates". Die "egalitär-plebiszitare Massendemokratie" arbeite auf "Beseitigung unseres menschlichen Grundrechts auf Ungleichheit" hin. Hauptanliegen nationaler Politik sei die Aufwertung der "volksspezifischen Grundwerte", die "in unserer Wunscherfüllungsund Unlustvermeidungsdemokratie allzusehr von den Grundrechten überwuchert worden" seien. Reformen aus "nationaler Sicht" hätten insbesondere bei einer Änderung des derzeitigen Wahlrechts anzusetzen, das sich zur "absoluten Gleichheit bekenne und in unlösbaren Widerspruch zu einer "organischen Lebensordnung" geraten müsse, in der nur die charakterlich und fachlich Besten Zugang zu den Schaltstellen des öffentlichen Lebens hätten. Kritik galt auch der Ausländerpolitik der Bundesregierung, die zur "Überfremdung" geführt habe, sowie dem "Interessenkartell der Integrationisten", dessen Bedarf an einem "Ersatzproletariat" sich hinter "hehren Phrasen" verberge. Es sei eine Tragödie, wie sich das deutsche Volk durch die "ständige Zufuhr von volksfremden Elementen" selbst umbringe. 5.4 Freundeskreis Ulrich von Hütten Der im Februar 1982 von Rechtsextremisten gegründete Freundeskreis Ulrich von Hütten mit Sitz in Starnberg vertritt vor allem nationalistische und rassistische Forderungen, die auf der Überzeugung von der "Notwendigkeit einer neuen gesunden Lebensordnung auf der Grundlage gewachsener Völker" beruhen. So erhob die Vereinigung den Vorwurf, die Kultur des deutschen Volkes werde "systematisch aufgelöst", sein Boden "Angehörigen fremder Völker zur Einwanderung ausgeliefert" und der "Volkskörper dem genetischen Volkstod preisgegeben". Der Freundeskreis zählt bundesweit rund 300 Mitglieder. Vorsitzende der Organisation ist die Präsidentin der rechtsextremen Deutschen Kulturgemeinschaft (DKG) in Österreich Lisbeth Grolitsch. 2. Jahrgang April 1984 Folge 2 125 Die Aktivitäten des Freundeskreises bestanden 1984 hauptsächlich in der Herausgabe und Verbreitung des Publikationsorgans "Huttenbriefe - Für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Recht", das Rudolf Heß als "Symbol des geteilten, gedemütigten und unfreien Deutschlands" sowie als Opfer der Angst der "Siegermächte" vor seiner "Zeugenschaft gegenüber der Welt" glorifizierte. 5.5 Die Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) Die DDF wurde am 1. April 1983 auf Initiative ihres derzeitigen Vorsitzenden, des früheren Generalmajors der Wehrmacht Otto Ernst Remer, nach dessen Trennung vom Freundeskreis Ulrich von Hütten gegründet. Der Sitz der etwa 70 Mitglieder zählenden Gruppierung befindet sich in Kaufbeuren. Die DDF verfolgt rassistische und sonstige rechtsextreme Bestrebungen. So lehnt sie die Integration von Ausländern ab, die bereits zur inneren "Zerstörung der Lebenssubstanz vieler Völker" geführt habe. Ferner wendet sie sich mit der Forderung, die "deutsche Vergangenheit und Kultur" dürfe nicht weiterhin "von den Siegern von 1945 und ihren etablierten Mitläufern" als "Wiedergutmachungsgut verramscht werden", gegen das "Verdikt der Politik und der Massenmedien", die gegenüber "Regungen einer unabhängigen deutschen Geschichtsdarstellung" eine "geistespolitische Zensur" ausübten. Nach Ansicht der DDF kommen in den Massenmedien "nur jene zu Wort, die für alle Übel der Vergangenheit ausschließlich das deutsche Volk verantwortlich machen und für wiedergutmachungspflichtig bis ins 30. und 40. Glied erklären". Daneben propagiert die DDF neutralistische Vorstellungen, indem sie für einen Austritt aus der NATO und eine Abkehr von der Europäischen Gemeinschaft eintritt. Darüber hinaus strebt sie eine "Allianz mit Moskau" an, da sich die "Existenz des deutschen Volkes" nur in einer "deutsch-russischen Schicksalsgemeinschaft" sichern lasse. Remer, der als Kommandeur der Wacheinheiten in Berlin maßgeblich an der Niederschlagung des Aufstandes gegen Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt war, verherrlichte Adolf Hitler bei Vorträgen und in seinem 1981 veröffentlichten Buch "Verschwörung und Verrat um Hitler". Er diffamierte die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, rechtfertigte pauschal das NS-Regime und leugnete die deutsche Kriegsschuld. Die DDF führte 1984 in Bayern einige Vortragsveranstaltungen durch. 5.6 Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung (GfbAEV) Die 1962 gegründete Vereinigung, die 1972 ihre heutige Bezeichnung erhielt, ließ rassistische und ausländerfeindliche Ziele erkennen. So hieß es in einem Beitrag zur Ausländerfrage: "Die Gastarbeiter gehören nun ganz überwiegend Rassen an, die hier nicht zu Hause sind. Sie passen - biologisch betrachtet - nicht in die mittelund nordeuropäische Landschaft. Aus diesem weiteren Grunde ist ihnen hier keine Bleibe auf Dauer zuzubilligen". Mischlinge wurden als minderwertig betrachtet und Negern positive Charaktereigenschaften abgesprochen. 126 Vorsitzender der Gesellschaft ist der Hamburger Rechtsextremist Jürgen Rieger. Als Publikationsorgan erscheint die vierteljährlich herausgegebene Zeitschrift "Neue Anthropologie". In Bayern ist nur in München ein "Anthropologischer Arbeitskreis" tätig, der Vortragsveranstaltungen und monatliche Arbeitsabende durchführt. 5.7 Arbeitskreis für Zeitgeschichte und Politik Der 1980 erstmals aufgetretene Arbeitskreis für Zeitgeschichte und Politik in Fürth wird von Hans-Jürgen Witzsch maßgeblich geleitet. Er wendet sich publizistisch und bei Vortragsveranstaltungen gegen eine "einseitige Vergangenheitsbewältigung" und ein verzerrtes Geschichtsbild, das durch Umerziehungspraktiken und Nachrichtenlenkung der Siegermächte entstanden sei. Nach Auffassung des Arbeitskreises sind die "bisherigen Behauptungen über die Judenvernichtung" durch weitergehende Zeitgeschichtsforschung zum großen Teil "als Kriegspropaganda erkannt". Er fordert daher u. a. eine internationale Ächtung der "Greuelpropaganda" sowie die strafrechtliche Verfolgung von antideutscher Hetze im Inund Ausland durch falsche zeitgeschichtliche Darstellung als Volksverhetzung. Die SPD und einige "Führer" des Zionismus verdächtigte er im Zusammenhang mit dem geplanten 21. Strafrechtsänderungsgesetz, politisch Andersdenkende mit Hilfe der Justiz mundtot machen zu wollen, da begründete sachliche Einwände gegen die bisherigen Darstellungen über Art und Ausmaß der Judenverfolgung in der NS-Zeit nicht hätten entkräftet werden können. 5.8 Wehrsportgruppen Seit dem Verbot der Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) im Jahre 1980 wurden in Bayern zahlreiche Gruppen bekannt, die sich mit Wehrsport oder ähnlichen Übungen befaßten. In den meisten Fällen handelte es sich um Kleinstgruppen, die sich inzwischen selbst aufgelöst oder ihre Tätigkeit nach polizeilichem Zugriff eingestellt haben. Teilweise waren bei diesen Vereinigungen rechtsextreme Bestrebungen bzw. Kontakte zu rechtsextremen Organisationen festzustellen, so z.B. im Jahre 1981 bei der "Kampfsportgruppe Vorposten" im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen und bei der "Braunen Aktionsfront" in Rosenheim, die auch durch Hakenkreuzschmierereien in Erscheinung trat. Eine im Sommer 1983 in Kempten bekanntgewordene Gruppe stand mit der inzwischen verbotenen ANS/NA, der "Kampfgruppe Priem e.V. Berlin" und dem "Asgard-Bund e.V. Berlin" in Verbindung. Ehemalige Angehörige dieser inzwischen nicht mehr bestehenden Gruppe, die im August 1983 Hakenkreuzaufkleber der NSDAP-AO vervielfältigt hatten, wurden im August 1984 wegen gemeinschaftlich begangenen Herstellens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen vom Amtsgericht Kempten verwarnt. 6. Organisationsunabhängige Publizistik Die auf rechtsextreme Literatur spezialisierten 11(1983: 11 ) Verlage, Vertriebsund Buchdienste in Bayern entwickelten 1984 wiederum eine beachtliche Tätigkeit. Die Auflage der periodisch herausgegebenen Druckschriften betrug mo127 natlich etwa 420.000 (1983: 400.000) Exemplare, wobei erhöhte Auflagen zu besonderen Anlässen nicht eingerechnet sind. Darüber hinaus wurden Bücher rechtsextremen Inhalts angeboten. Wirkungsvollstes Propagandainstrument des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland ist weiterhin die Druckschriftenund Zeitungsverlags GmbH in München unter der Leitung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erscheint neben dem DVU-Organ "Deutscher Anzeiger" (vgl. Nr. 3.2) die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) mit einer Wochenauflage von über 85.000 Exemplaren. Bei Werbeaktionen wird die Auflage beträchtlich erhöht. Dem Verlag ist ein Buchdienst angeschlossen. Dr. Frey ist Geschäftsführer der Freiheitlichen Zeitungsverlags GmbH (FZVerlag) in München, die in der DNZ Goldund Silbermedaillen "großer Deutscher" anbietet. Kennzeichnend für die Berichterstattung der DNZ war auch 1984 eine sensationell wirkende Schlagzeilentaktik, wobei die in den Überschriften aufgestellten Behauptungen im Text meist nicht oder nur unzureichend belegt wurden. Einen Schwerpunkt bildeten Angriffe auf ethnische Minderheiten. Wie in den Vorjahren richtete sich die fremdenfeindliche Agitation der DNZ vor allem gegen die Integration von Ausländern fremder Kulturkreise, die nach Meinung der DNZ die Gefahr einer "Ayatollisierung unseres Landes" bedingt. Unter Hinweis auf die Ende 1986 geplante Freizügigkeitsregelung in der Europäischen Gemeinschaft warnte die DNZ vor einer neuen "Türken-Lawine" und forderte "Gesetze und Maßnahmen für eine dauerhafte Ausländerbegrenzung", da andernfalls "eine gewaltige Ausländerschwemme" drohe. Mit der Forderung "Deutsche haben Vorrang" wandte sie sich ferner gegen die von ihr als "Diskriminierung der Einheimischen" empfundene Gleichbehandlung von Ausländern und Deutschen. Durch eine tendenziöse, auf negative Meldungen beschränkte Berichterstattung schürte die DNZ auch Vorurteile gegen Sinti und Roma, die ihre strafunmündigen Kinder zum "Einbrechen und Stehlen" anleiteten. Die antisemitische Haltung der DNZ äußerte sich verdeckt als Kritik an der Politik des "Judenstaates", der gegenüber Nachbarstaaten ein aggressives Verhalten zeige und sich "beim Waffenexport in allen Krisenzonen unseres Planeten um keine Moral" schere. Daneben betonte die DNZ, daß Israel das Schuldgefühl der Deutschen ständig ausnütze. Ein "von einer unheilbar wirkenden NSNeurose" verursachter "Souveränitätsdefekt" erlaube es den Deutschen offenbar nicht, auch die Lebensrechte der Araber zu achten und "auch nur ein einziges Mal israelischem Ansinnen zu widerstehen". Wer es dennoch wage, die "Exklusivität jüdischen Verfolgungsschicksals" anzuzweifeln, müsse "heilfroh sein, wenn 'nur' seine Karriere vernichtet" werde. Breiten Raum nahmen wiederum die Entlastungsund Rechtfertigungsversuche für die NS-Zeit ein. So würdigte die DNZ Rudolf Heß als Politiker, der "unter Einsatz seines eigenen Lebens zum Feind flog, um ihm den Frieden anzubieten". Der "europäische Konflikt" hätte sich nicht "zum Weltkrieg ausgeweitet", wenn der Mission von Heß Erfolg beschieden gewesen wäre. Der Zweite Weltkrieg sei 1944 nicht mehr ein deutscher Eroberungsfeldzug, sondern nur noch "ein Verteidigungskrieg Deutschlands gegen die anstürmenden Alliierten, vor 128 Organisationsunabhängige rechtsextreme Publizistik Ewig büßen für Majdanek Die üble Rolle des Fernsehens /&, 5 National" Zeitung Mr:i"""i,Ä(tm)a * i.M0"/,D.-Qs freihettlich" unabhängig *Überparteilich SSKSr^.a'IIKi(tm) ^ ^ 7 Deutsche Kriegsverbrechen erfunden Gab Hitler den Auftrag für die Friedensmission von Rudolf Heß? (Seite 7) 27. Jahrgang. Nr. 17 RoMTftetm. 07. Apn: IBM P r e * S - DM - OstoTOKb IB,OS *1343 C Unser Gruß nach Spandau Der einsame Gefangene ist zum Symbol der durch fremde Gewalt verfügten Teilung Deutschlands und seiner Besetzung geworden ** DaitfditUlonotsliE für Kultur un J 3257 FX Folge 4/1984 DM5,LUenk mit! iManji,ijM.mi,auj,i.u.iii.i.nmi,ii (tm)W(tm) Nachrichtenblatt der Unabhängigen Jbiuit NATION EUROPA Monatsschrift im Dienst der europäischen Neuordnung 129 allem gegen die mordende, vergewaltigende und brandschatzende Rote Armee" gewesen. Nicht die "vielmillionenfachen ungesühnten Morde an Deutschen" interessierten aber heute die gesamte "veröffentlichte Meinung", sondern "immer neue Variationen deutscher Alleinschuld und deutscher Schandtaten". Diese "Umerziehungspropaganda, die seit 40 Jahren als eine Art Gehirnwäsche auf die Deutschen losgelassen wird", bezwecke offenbar die Entrechtung des deutschen Volkes. Der "wahre Sinn" der "Vergangenheitsbewältigung" bestehe darin, den "toten" Nationalsozialismus zu bekämpfen, damit "der höchst lebendige und immer mächtigere Sowjetimperialismus freie Bahn" bekomme. Die DNZ setzte die Diffamierung demokratischer Institutionen und ihrer Repräsentanten fort. So bezichtigte sie Vertreter der Opposition, die "Drähte des Ostens" zu ziehen und "zu Verbrechen mannigfacher Art bis hin zum Massenmord" gehetzt zu haben. Ferner erklärte sie, ein Teil der Opposition wolle, daß "die Sowjets in der Lage bleiben, die Deutschen jederzeit restlos ausrotten zu können". Dieses ungeheuerliche Anliegen werde nur noch von der Dreistigkeit übertroffen, mit der dieser "Exzeß an Verantwortungslosigkeit" als "Friedenspolitik" ausgegeben werde. Die Deutsche Verlagsgesellschaft mbH (DVG) in Rosenheim unter der Leitung des ehemaligen NPD-Bundesvorstandsmitglieds Waldemar Schütz gibt die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) heraus. Die wöchentliche Auflage stieg 1984 auf rund 15.000 Exemplare (1983: 11.000). In der DWZ hieß es, die "angloamerikanischen Kriegstreiber" hätten Hitlers "Friedensplan" abgelehnt. Rudolf Heß sei bei seinem "Friedensflug" nach England "in die Falle von Kriegsverbrechern" gelaufen. Die DWZ druckte das Schlußwort von Heß vor dem "Nürnberger Tribunal der Sieger" ab und bezeichnete ihn als "Symbolfigur" für alle Deutschen, die "in Gesinnung und Charakter noch nicht verlumpt" seien. Seit fast einem halben Jahrhundert liege Deutschland "ausgeplündert und mit der Kriegsschuldlüge erpreßt" darnieder. Gleichwohl sei der "Tiefpunkt der Selbstbesudelung und Würdelosigkeit offenkundig noch immer nicht erreicht". Ferner wandte sich die DWZ gegen "die Unterwanderung und die Zersetzung unseres Volkskörpers durch fremden Geist und fremdes Blut". Inder 1953 gegründeten Nation Europa Verlags GmbH in Coburg erscheint die Monatszeitschrift "Nation Europa" (NE) in einer Auflage von etwa 10.000(1983: 9.300) Exemplaren. Der Verlag wird von dem 1954 gegründeten Verein "Nation Europa-Freunde" finanziell unterstützt. Gesellschafter des Verlags und Herausgeber der NE sowie Vorsitzender des Unterstützungsvereins ist der NPDFunktionär Peter Dehoust. Die Schrift warf dem früheren amerikanischen Präsidenten Roosevelt vor, er habe das amerikanische Neutralitätsgesetz von 1936 unterlaufen, um Amerika in den Krieg zu ziehen. Ferner verherrlichte sie Einsatz und Geist der ehemaligen Waffen-SS und erklärte, die "jungen europäischen Freiwilligen" hätten gefühlt, daß nur Hitler "imstande war, Europa zu erbauen" und die "Weltbedrohung des Kommunismus" zu beseitigen. 130 Breiten Raum nahmen Ausfuhrungen zur Auslanderfrage ein. So hieß es, die "zunehmende afro-asiatische Invasion" verändere das Gesicht unseres Kulturkreises. Es sei daher geboten, die nichteuropäischen Zuwanderer in ihre Heimatländer zurückzuführen. Nur gemeinsam könnten sich die europäischen Völker "der Überfremdung erwehren". Deshalb müsse auf die "inländerfeindlichen Abtreibungsund Überfremdungsparteien" im Sinne der "Erhaltung unseres Volkes" eingewirkt werden. Deutschland solle dem Beispiel der französischen "Nationalen Front" folgen, die "wahrhaft europäisch" sei, weil sie die Integration ablehne und die "Überfremdung" bekämpfe. Der Druffel-Verlag* in Berg am Starnberger See, der von dem ehemaligen Vorsitzenden der Gesellschaft für freie Publizistik Dr. Gert Sudholt geleitet wird, bietet Bücher an, in denen "Schwerpunktfragen des Gesamtdeutschtums" mit dem Maßstab "nationaldeutscher Kritik" erörtert werden. In der Verlagswerbung ist die Rede von der Widerlegung der These, während des Zweiten Weltkrieges seien von deutscher Seite "sechs Millionen Juden vergast" worden. Der 1977 von Dr. Gert Sudholt übernommene Türmer-Verlag in Berg am Starnberger See will einen "Beitrag zum Geistesleben des "nicht umerzogenen" Teiles unseres Volkes" leisten. Er gibt seit 1982 die "Deutschen Monatshefte" in einer Auflage von rund 6.000 (1983: 5.000) Exemplaren heraus. Darin hieß es zur Kriegsschuldfrage, daß die Alliierten "die Verwicklungen bei der Revision des Versailler Friedensdiktates eskalativ bis zum Ausbruch der Kampfhandlungen trieben, um das Deutsche Reich zu zerstückeln". Nach der "sogenannten Befreiung" im Jahre 1945 sei die politische Tätigkeit in Deutschland den "Hilfswilligen und Werkzeugen der Besatzungsmächte" vorbehalten gewesen, die das deutsche Volk in der Frage der Wiedervereinigung bis heute hintergangen hätten. In der Verfassungswirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland seien "zahlreiche Souveränitätsdefekte zu erkennen". So sei es den deutschen Historikern nicht erlaubt, in Fragen des Kriegsausbruches und der Kriegsverbrechen eine "unabhängige deutsche Position" aufzubauen und zu vertreten. Auch fehle wegen der "Ausgrenzung der Rechte des deutschen Volkes im Grundgesetz" der Bundesregierung die Unabhängigkeit, das "Heer der Gastarbeiter" in wirtschaftlich schwieriger Zeit in ihre Länder zurückzuschicken. Dem Oppositionsführer im Deutschen Bundestag wurde vorgeworfen, er habe es versäumt, gegenüber einer "amerikahörigen und europasüchtigen" Regierung "deutsche Interessen wahrzunehmen". Auch habe er nichts gegen die "flagellantenhaften Anträge" eines Fraktionskollegen unternommen, die in "jenem ominösen Gesetz, das auch Stammtischzweifel an der legendären Zahl von der Judenvernichtung ahnden soll", den "christlichliberalen Nationalmasochismus" noch überträfen. *) Zu den Verfassungsschutzberichten Bayern 1977 und 1978 wurde am 17. Juli 1984 vor dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof folgender Vergleich abgeschlossen: Die Wertung in den Verfassungsschutzberichten Bayern 1977 und 1978 des Bayer. Staatsministeriums des Innern, der Druffel-Verlag "gibt überwiegend (bzw. vielfach) rechtsextreme Literatur heraus", wird für beide Verfassungsschutzberichte durch folgende Fassung ersetzt: "... gibt Literatur heraus mit dem angestrebten Verlagsziel, sowohl zeitgeschichtliche Quellen für eine spätere Geschichtsforschung zu sichern als auch gegen Umerziehung und Gehirnwäsche mit geistig-literarischen Waffen zu kämpfen." 131 Der Verlag Hohe Warte - Franz von Bebenburg KG in Pahl, Landkreis Weilheim, gibt die Schrift "Mensch und Maß" heraus, die monatlich zweimal in einer Auflage von etwas über 1.000 Exemplaren erscheint. Die Schrift enthielt Beiträge, die sich mit der "Umerziehung durch die Siegermächte" befaßten und die Ansicht vertraten, der "behauptete Völkermord an den Juden" sei ebenso wie die Kriegsschuldfrage wissenschaftlich noch im Streit. Insbesondere hätten Wissenschaftler des Inund Auslandes mit guten Gründen "die technische Möglichkeit der 'millionenfachen Judenmorde' in Zweifel gezogen". Zur Ausländerpolitik hieß es, daß die Zukunft des deutschen Volkes durch nichts so belastet und behindert werde wie durch "eine große Zahl von Ausländern aus fernen Kulturen". Kaum wage noch jemand zu sagen, daß Völker "auch Vererbungsgemeinschaften sind" und daß ein Volk "ein Wert an sich" sei, den es zu schützen gelte. Das Gebot der Stunde laute daher "Volkserhaltung". Der Ederer-Verlag in München bot auch 1984 Publikationen an, in denen die NS-Verbrechen verharmlost werden. In den Prospekten hieß es, daß die "Holocaust-Giftspritzen ein Teil einer großangelegten Reparationszahlungsstrategie" seien, und "das schmutzige Geschäft mit den jüdischen Leiden" zwischen "Zionisten und servilen Bonner Politikern auf Kosten des in der BRD lebenden deutschen Volksteiles abgewickelt" werde. Im Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung ordnete das Amtsgericht München am 16. Mai die allgemeine Beschlagnahme des im Verlag erschienenen Buches "Sündenböcke" an, das die Behauptung enthält, die Judenverfolgung im Dritten Reich sei hauptsächlich von "zionistischen" Juden initiiert worden, die Israel besiedeln wollten und mit den Machthabern des Dritten Reiches paktiert hätten. Im Denk mit-Verlag in Nürnberg erscheint in einer Auflage von etwa 1.000 Exemplaren alle zwei Monate die von Klaus Huscher herausgegebene Schrift "Denk mit!", in der Beiträge abgedruckt waren, die sich gegen die "Gesetze für den Schutz der Greuelpropaganda" wandten und die Judenverfolgung im Dritten Reich verharmlosten. Die Schrift verherrlichte ferner Rudolf Heß als "Märtyrer des deutschen Volkes" und "lebendiges Zeugnis" des "arischen Geistes". Die Rechtsprechung, die den Nationalsozialismus als "Sack" prügle, aber den deutschen "Esel" meine, wurde als "systemimmanente Pervers(j)ustiz" bezeichnet, die in verfassungswidriger Weise versuche, den "jüdischen Auserwähltheitsdünkel über die Hintertreppe in die bundesrepublikanische Gesetzgebung einzubringen". Der Eigenverlag des Robert Dollinger in Bubenreuth, Landkreis ErlangenHöchstadt, verbreitete unter den Bezeichnungen "Bürgerinitiative zur Rettung des deutschen Volkes" und "Weltbund gegen Geschichtsfälschung" Flugblätter und offene Briefe, in denen zum Ausdruck kam, daß "die Nazis die Juden aus Deutschland heraus haben" wollten, "von einer Vernichtung" aber "keine Rede" gewesen sei. Die Zahl der in Gaskammern umgekommenen Juden sei "absolut falsch". Es gebe eine erdrückende Menge von Material wider die "zionistische Greuelpropaganda". Niemand könne den Nachweis von Gaskammern liefern. 132 Ausländisches rechtsextremes Propagandamaterial NS KAMPFRUF KAMPFSCHRIFT DER NATIONALSOZIALISTISCHEN DEUTSCHEN ARBEITERPARTEI AUSLANDS - UND AUFBAUORGANISATION SOMMER 19B4 (96) Das Vierte Reich "MGI DEUTSCHE-WEHRT EUCH! ^ "*'' a W (tm) Z 1 ' 8 5 ' F ' , B Z Ü S 1 1 E U 'MJE33 J f t Streitet für die Gerechtigkeit *reib"uo-lnland 150,-öS/Ausland 300.-öS/DM 20, 133 7. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus Der Einfluß des ausländischen Rechtsextremismus auf Bayern zeigte sich insbesondere in der Einfuhr und Verbreitung vorwiegend neonazistischer und antisemitischer Druckschriften. 1984 wurden in Bayern 40 (1983: 46) verschiedene, meist deutschoder englischsprachige Druckschriften, Flugblätter, Rundbriefe und Klebezettel festgestellt, die überwiegend aus Österreich, Kanada, Frankreich und den USA stammten. Mit besonderer Vehemenz setzte sich die neonazistische NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) des Gary Rex Lauck aus Lincoln/Nebraska (USA) in ihrem Publikationsorgan "NS Kampfruf" für die "Ausschaltung des jüdischen Einflusses" und die Verwirklichung der "Lehre Adolf Hitlers" ein. Endziel sei die "Schaffung eines nationalsozialistischen Staates in einem freien, souveränen und neuvereinigten Großdeutschen Reich und die Errichtung einer Neuen Ordnung auf einer rassischen Grundlage in der gesamten arischen Welt". Die Schrift bezeichnete die Bundesrepublik Deutschland als "Bonner Verratsregime" und "Besatzungsregime im Dienst der alliierten Siegermächte". Daneben wurden in Bayern Hakenkreuzaufkleber der NSDAP-AO mit Aufschriften wie "NS-Verbot aufheben", "Wir sind wieder da" und "Kauft nicht bei Juden" verbreitet. Herkunft ausländischen rechtsextremen Propagandamaterials Sonstige Kanada USA Frankreich Schweiz Österreich 134 Der Inhaber des in Toronto/Kanada ansässigen Verlags Samisdat Publishers Ltd. Ernst C F . Zündel, der seit Jahren gegen den "6-Millionen-Schwindel" und "antideutsche Haßpropaganda" agitiert, verbreitete in seinen in der Regel monatlich erscheinenden Rundbriefen wiederum antisemitisches Gedankengut. Anläßlich des gegen ihn in Kanada anhängigen Strafprozesses wegen seiner dortigen rechtsextremen Aktivitäten erklärte er, daß er wegen seiner "Arbeit gegen die Lügen der Vergangenheit über unser Volk" von den "Zionisten" angeklagt werde, weil er "den Holocaust-Rummel als Schwindel und Erpressung des deutschen Volkes bezeichnet" habe. Gleichzeitig rief er seine Anhänger zu Spenden auf, mit denen er "Experten" als Zeugen vor Gericht aussagen lassen will, um das "Lügengebäude von Holocaust hinwegzureißen". Der Rechtsextremist Walter Ochensberger aus Österreich verbreitete auch 1984 den "Nachrichten-Austausch-Dienst (NAD) und die Zeitschrift "Sieg", die zum "Widerstand" gegen das "Völkerchaos in Deutschland" aufrief und behauptete, daß das Problem der "Ausländer-Überfremdung" von den "volksverachtenden Systemschergen immer mehr gemieden und in den Hintergrund gedrängt" werde. Desgleichen wurde die Judenvernichtung im Dritten Reich als Lüge hingestellt, die unser Volk auch für die nächsten Generationen "erpreßbar" machen solle. Der französische "Faisceaux Nationalistes Europeens" (F.N.E.) griff in ihrer auch in Bayern verbreiteten Schrift "Notre Europe" die demokratische Staatsform an. Die Demokratie lebe von Lügen, wie die "große geschichtliche Lüge der Gaskammer von Dachau" zeige. 135 4. Abschnitt Gewalt und Terror I.Allgemeines Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch politisch motivierte Gewalttäter hielt auch 1984 an. Schwerpunkt der Gewalttaten mit linksterroristischem Bezug waren erneut Brandund Sprengstoffanschläge; jedoch sank die Gesamtzahl bundesweit gegenüber dem Vorjahr (1983: 215, 1984: 148). Bevorzugte Ziele waren Einrichtungen der US-Armee, der Bundeswehr sowie Banken und Firmen, die an der Erstellung von Großbauprojekten (z.B. Kernkraftwerken, Ausbau von Großflughäfen) beteiligt sind. Weitere Angriffsobjekte waren Unternehmen der Mikroelektronik-Branche. Die Rote Armee Fraktion (RAF), die 1983 weder terroristische Aktionen durchgeführt noch politische Erklärungen abgegeben hatte, bewies 1984 mit zwei Beschaffungsstraftaten sowie einem versuchten Sprengstoffanschlag am 18. Dezember auf die NATO-Schule in Oberammergau erneut ihre Gefährlichkeit. Ihre durch Festnahme mehrerer Mitglieder bedingten personellen Verluste sind inzwischen offenbar ausgeglichen. Weiter zurückgegangen sind die terroristischen Aktivitäten der Revolutionären Zellen (RZ) und ihrer Frauenguppe "Rote Zora", denen bundesweit 11 (1983: 27) vollendete oder versuchte Brandund Sprengstoffanschläge zuzurechnen waren. Wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem Linksterrorismus wurden drei Personen zu Freiheitsstrafen verurteilt, davon keine in Bayern. Gegen 32 mutmaßliche linksterroristische Gewalttäter bestehen Haftbefehle. Für die Existenz einer rechtsterroristischen Vereinigung im Bundesgebiet gibt es derzeit keine Hinweise. In Bayern wurden 1984 lediglich 2 (1983:11) Gewalttaten und 24 (1983: 53) Gewaltandrohungen aus rechtsextremen bzw. vermutlich rechtsextremen Motiven begangen. Die Gewaltandrohungen enthielten Forderungen wie "Deutschland den Deutschen", "Ausländer raus - tötet die Ausländerkinder" und "Tötet alle Türken und Ausländer - Türken raus". In fünf Fällen gingen die meist mit Beleidigungen und Verunglimpfungen verbundenen Drohungen Juden und jüdischen Einrichtungen zu. Am 24. Mai erhob der Generalbundesanwalt Anklage gegen Hans-Peter Fraas, Dieter Sporleder und Helge Blasche, die im Verdacht standen, als Mitglieder 136 einer terroristischen Vereinigung um Walter Kexel und Odfried Hepp im Jahr 1982 an Mordanschlägen auf US-Soldaten und bewaffneten Banküberfällen beteiligt gewesen zu sein. Mit dem Verfahren wurde die spätere Anklage gegen Walter Kexel und Ulrich Tillmann verbunden, die im Februar 1983 in Großbritannien festgenommen worden waren und sich bis zu ihrer Überstellung am 7. Juni 1984 in Auslieferungshaft befanden. Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. verurteilte die Angeklagten am 15. März 1985 zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Odfried Hepp wurde im April 1985 in Paris festgenommen. Die Zahl der versuchten oder vollendeten Terrorund sonstigen schweren Gewaltakte extremistischer Ausländer blieb 1984 im Bundesgebiet gegenüber dem Vorjahr mit 9 gleich. 2. Terroristische Gruppen und ihre Ziele 1984 bestanden in der Bundesrepublik Deutschland als terroristische Gruppen die Rote Armee Fraktion (RAF) und die Revolutionären Zellen (RZ). Diese linksterroristischen Gruppierungen verfolgen als Endziel ihres "bewaffneten Kampfes" die gewaltsame Beseitigung der bestehenden staatlichen Ordnung und den Aufbau einer neuen, nicht näher definierten sozialistischen Gesellschaft. Diese terroristischen Kreise, die sich, zumindest was die RAF betrifft, auch als "revolutionäre Avantgarde" verstehen, halten Gewalt und Terror als Mittel des subversiven Kampfes für erlaubt und geeignet, um die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu verschärfen, das staatliche Machtmonopol zu erschüttern und eine revolutionäre Situation zu schaffen. 2.1 Rote Armee Fraktion (RAF) Die RAF entstand Ende der 60er Jahre um Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof. Sie verfolgt das Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und im "strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und eine revolutionäre Situation herbeizuführen. Als "Gegner" in ihrem "antiimperialistischen Kampf" sieht die RAF vor allem die USA und die Bundesrepublik Deutschland als die beiden bedeutendsten Repräsentanten des "Imperialismus". Bedroht sind in erster Linie führende Persönlichkeiten aus der Politik, dem Militärund Sicherheitsbereich sowie Spitzenvertreter der Wirtschaft. Potentielle Anschlagsziele sind insbesondere Einrichtungen der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte sowie internationale Konzerne. Die 1982 durch die Entdeckung zahlreicher Erddepots und die Festnahme führender Kommandomitglieder logistisch und personell geschwächte RAF trat 1983 in eine Konsolidierungsund Planungsphase, in der ihr Kernbereich neue propagandistische und terroristische Aktionen vorbereitete. Am 26. März 1984 erbeuteten vier maskierte Täter, vermutlich zwei Frauen und zwei Männer, bei einem Raubüberfall auf die Städtische Sparkasse in Würzburg rund 170.000 DM. Die Art der Tatausführung und die personelle Zusammensetzung 137 der Tätergruppe verwiesen auf eine Beschaffungsaktion der RAF. Diese Annahme bestätigte sich, als die Polizei am 22. Juni Manuela Happe aus dem RAFUmfeld nach einem Schußwechsel bei Deizisau, Landkreis Esslingen/Neckar, festnahm und bei ihr eine Banknote aus dem Würzburger Bankraub fand. Ein weiterer Fahndungserfolg gelang den Sicherheitsorganen am 2. Juli in Frankfurt a.M., wo in einer konspirativen Wohnung sechs RAF-Mitglieder aus dem Kernund engeren Unterstützerbereich festgenommen werden konnten, darunter die mit Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen terroristischen Gewalttäter Stephan Frey, Helmut Pohl, Christa Eckes und Ingrid Jakobsmeier. Neben mehreren Schußwaffen und gefälschten Personaldokumenten stellte die Polizei auch einen Teil des in Würzburg geraubten Geldes sicher. Ein Hinweis aus der Bevölkerung führte Mitte Juli zur Entdeckung einer weiteren konspirativen Wohnung in Karlsruhe. Die Auswertung des in beiden RAF-Unterkünften gefundenen Schriftmaterials belegte die Ausspähung von Angehörigen der Justiz sowie Einrichtungen der NATO, der US-Armee, der Bundeswehr und der Wirtschaft durch die RAF. Ein Diskussionspapier vom April 1984 verwies ferner auf einen geplanten Hungerstreik inhaftierter RAF-Mitglieder, der durch Anschläge der RAF und ihres terroristischen Umfelds unterstützt werden sollte. Die exekutiven Erfolge der Sicherheitsorgane konnte die Gefährlichkeit der RAF gleichwohl nicht entscheidend mindern. So erbeuteten zwei mutmaßliche RAFMitglieder am 5. November bei einem Raubüberfall auf ein Waffengeschäft in Maxdorf bei Ludwigshafen 22 großkalibrige Faustfeuerwaffen, zwei Repetierflinten und rund 3.000 Schuß Munition. Mit einem am 4. Dezember begonnenen bundesweiten Hungerstreik verfolgten rund 30 inhaftierte Mitglieder und Unterstützer der RAF sowie Angehörige des "antiimperialistischen Widerstandes" vordergründig das Ziel, eine Verbesserung ihrer Haftsituation zu erreichen. Konkret forderten sie vor allem die Zusammenlegung in "große Gruppen" und eine Behandlung nach den Mindestforderungen der Genfer Konvention für Kriegsgefangene. Tatsächlich verstand die RAF jedoch die Hungerstreikaktion in erster Linie als mobilisierenden Faktor für die Bildung einer "antiimperialistischen Front" aller gewaltbereiten Kräfte gegen das "herrschende System". Diese Zielsetzung entspricht den Kerngedanken der RAF im Diskussionspapier vom April 1984. Darin hieß es, daß mit Angriffen des Kommandobereichs der RAF und ihrer Anhänger gegen die "Militärmaschine" und den "Justiz-, Knast-, Counterinsurgency-Apparat" sowie dem gleichzeitigen Hungerstreik der Gefangenen nicht nur die Zusammenlegung "als wichtigstes Nahziel" durchgesetzt werden könne, sondern auch "die (antiimperialistische) Front" dann existieren werde. Die RAF erhoffte eine Wechselwirkung in dem Sinne, daß der Hungerstreik eine Einigung aller Kräfte des "Widerstands" bewirken werde und die Vielzahl von Terrorakten den Staat zum Nachgeben in der Frage der Haftbedingungen zwingen könne. Diesen Vorstellungen entsprechend sind alle zur Unterstützung des Hungerstreiks verübten terroristischen und propagandistischen Aktionen als Bestandteil einer einheitlichen, von der RAF entwickelten Gesamtstrategie zu sehen. Teil des von der RAF vorgegebenen Gesamtkonzeptes waren deshalb auch alle übrigen den Hungerstreik begleitenden Aktivitäten, so z.B. zahlreiche von Anhängern und Angehörigen der RAF-Häftlinge organisierte öffentliche Solidaritätsund'Dis138 kussionsveranstaltungen, Demonstrationen in mehreren Städten, Besetzungsaktionen sowie eine Vielzahl von Schmier-, Sprühund Plakataktionen. Die während des Hungerstreiks verübten Gewalttaten, so z.B. ein Brandanschlag am 17. Dezember in Augsburg, sind weitgehend dem terroristischen Umfeld der RAF zuzurechnen. Sie richteten sich insbesondere gegen militärische Einrichtungen von Bundeswehr und NATO, diplomatische Vertretungen ausländischer Staaten in der Bundesrepublik, mit der Entwicklung von Rüstungsgütern befaßte Wirtschaftsunternehmen und gegen Rechenzentren von Verwaltung und Wirtschaft. Der Kommandobereich der RAF bewies seine Planungstreue mit dem versuchten Sprengstoffanschlag am 18. Dezember auf die NATO-Schule in Oberammergau. Unterlagen über die Ausspähung dieses Objekts waren nach den Festnahmen vom 2. Juli in der konspirativen Wohnung in Frankfurt a.M. sichergestellt worden. Der Anschlag war Beginn einer weiteren Phase, in der - wie schon in früheren Jahren - selbst vor der gezielten Vernichtung von Menschenleben nicht mehr zurückgeschreckt wurde. Dies zeigte auch der Mordanschlag der RAF auf den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Motorenund TurbinenUnion (MTU) Dr. Ernst Zimmermann in seiner Wohnung in Gauting bei München am 1. Februar 1985. Nach diesem Mord, zu dem sich ein "Kommando Patsy O'Hara" der RAF bekannte, wurde der Hungerstreik beendet. Die Erklärung zum Abbruch der Aktion ließ erkennen, daß die RAF ihre "Offensive" mit weiteren Mordanschlägen fortführen will und auch mit Sprengstoffund Brandanschlägen ihrer Anhänger weiterhin gerechnet werden muß. Trotz der 1984 erzielten Fahndungserfolge hält daher die von der RAF und ihrem Umfeld ausgehende Bedrohung der inneren Sicherheit in verstärktem Umfang an, zumal inzwischen auch Anhaltspunkte für eine Zusammenarbeit der RAF mit terroristischen Gruppierungen des Auslands, insbesondere mit der französischen "Action directe", vorliegen. Am 7. Mai 1984 verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart das ehemalige RAFMitglied Peter-Jürgen Boock zu drei lebenslangen Freiheitsstrafen und zusätzlich zu 15 Jahren Freiheitsstrafe. Das Gericht befand den Angeklagten für schuldig, als eine Führungsperson der RAF im Jahre 1977 an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto, an der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer, an der Ermordung von vier Begleitern des Arbeitgeberpräsidenten und an einem versuchten Raketenwerferanschlag auf die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein. Nach eigener Darstellung hatte sich Boock im Jahre 1980 wegen Aussichtslosigkeit des Kampfes von der RAF getrennt. Am 1. Februar 1984 begann vor dem Oberlandesgericht Stuttgart die Hauptverhandlung gegen die RAF-Mitglieder Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar. Beide wurden Anfang April 1985 zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. 2.2 Revolutionäre Zellen (RZ) Die RZ einschließlich einer autonomen Frauengruppe in der RZ, der "Roten Zora", sind neben der RAF die gefährlichste terroristische Vereinigung in der Bun139 desrepublik Deutschland. Sie unterscheiden sich von der RAF in Taktik und Strategie nach wie vor dadurch, daß ihre Mitglieder aus einem bürgerlichen Leben heraus operieren. Dieser Umstand und der Zusammenschluß in kleine unabhängige Zellen erschweren das Erkennen und Bekämpfen. Langfristig verfolgen die RZ das Konzept des permanenten Guerillakampfes. Ihr Ziel ist, eine möglichst breite personelle und materielle Basis für ihren "antiimperialistischen Kampf" zu schaffen und damit die Voraussetzung einer revolutionären Situation in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Die terroristischen Anschläge orientieren sich an aktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Protestthemen. Dadurch sollen Unentschlossene aus der "legalen" Protestbewegung zur Solidarität gegen behauptete Mißstände motiviert und ihre Mitwirkung oder zumindest Sympathie erlangt werden. Den RZ ist es durch die Anschläge und zahlreiche öffentliche Erklärungen im Zusammenhang damit gelungen, ein latent vorhandenes Potential von Militanz freizusetzen. Deshalb achten die RZ stark darauf, daß ihre Aktionen der "Masse" vermittelbar erscheinen. Bislang wurden im wesentlichen folgende Schwerpunkte dieser breitgefächerten Anknüpfungsstrategie der RZ erkannt und durch ein Positionspapier der RZ, das im August 1983 im Raum Frankfurt a.M. verbreitet wurde, bestätigt: Fahrpreiserhöhungen, Großbauprojekte (Startbahn West in Frankfurt a.M., Ausbau von Großflughäfen, Rhein-Main-Donau-Kanal, Kernkraftwerke u.a.), Stadtsanierungen (Bodenspekulation), Jugendarbeitslosigkeit, Einrichtungen des Bundeswehr und der US-Streitkräfte sowie Unternehmen der Verteidigungswirtschaft. Die Aktionen der RZ umfassen eine Palette verschiedenster Straftaten. Dazu gehören insbesondere Brandund Sprengstoffanschläge, Sachbeschädigungen, Farbschmierereien, Verkleisterungen, Säureanschläge und das Verbreiten von Schriften mit strafbarem Inhalt. 1984 verübten die RZ und die "Rote Zora" im Bundesgebiet 11 (1983: 27) Brandund Sprengstoffanschläge, davon keinen (1983: fünf) in Bayern. Zum Rückgang dieser terroristischen Aktivitäten hat wohl in erster Linie der durch die Reduzierung der Hausbesetzungen in Berlin und die Inbetriebnahme der Startbahn West in Frankfurt a.M. bedingte Wegfall überregional bedeutsamer Anknüpfungspunkte beigetragen. Auch stieß die Strategie der RZ innerhalb der militanten Linksextremisten zunehmend auf Kritik; ihnen wurde vorgeworfen, sie wollten sich zur Avantgarde entwickeln und agierten nicht mehr "aus der Bewegung heraus", sondern eigenständig. In diesem Zusammenhang ist auch der Rückgang von Anschlägen örtlicher "Resonanzzellen" der RZ zu sehen. Diesen Kreisen waren 1984 noch 7 (1983: 14) Brandund Sprengstoff anschlage zuzuordnen. Anfang Januar 1984 verbreiteten die RZ und die "Rote Zora" bundesweit von Berlin aus ein 20seitiges Diskussionspapier mit dem Titel "Krise, Krieg, Friedensbewegung". Darin erklärten die Verfasser, sie würden Zeitpunkt, Ort und Form ihrer Aktionen selbst bestimmen und nicht von einem "behördlich verordneten Datum", nämlich dem "Heißen Herbst", abhängig machen. Ferner kritisierten sie die "Friedensbewegung", die frühzeitig auf Gewaltanwendung verzichtet und die umfassenden "imperialistischen" Zusammenhänge bei der Behandlung des Themas Nachrüstung vernachlässigt habe. 140 Anfang März 1984 brachten die RZ eine zwölf Seiten umfassende Publikation mit der Überschrift "Wolf im Schafspelz" in Umlauf, die zur Einführung der 35-Stunden-Woche Stellung nahm und vor allem die Gewerkschaften angriff, die sich vor den "Karren einer Strategie zur kapitalistischen Herrschaftssicherung" spannen ließen. 3. Politisch motivierte Gewaltaktionen in Bayern Die Zahl der Gewaltakte, bei denen das angegriffene Ziel, die Tatausführung oder eine Tatbekennung auf politische Motive hindeuteten, ging 1984 auch in Bayern zurück. Insgesamt wurden 2 Sprengstoff anschlage (1983: 2) und 13 Brandanschläge (1983: 26) verübt oder versucht. Bemerkenswert war die deutlich rückläufige Tendenz in den bayerischen Großstädten. So waren in München nur noch 3 Anschläge (1983: 14), in Nürnberg keiner (1983: 6) zu verzeichnen. Der überwiegende Teil der Straftaten war linksextremen Täterkreisen zuzuordnen, darunter auch ein Bankraub in Würzburg und ein versuchter Sprengstoffanschlag in Oberammergau, die beide vom Kommandobereich der RAF verübt wurden. Ein rechtsextremer Tathintergrund war bei einer von einem Neonazi am 12. März begangenen Körperverletzung erkennbar. Die Ermittlungen zum Brandanschlag auf eine Diskothek in München am 8. Januar ergaben, daß sich die Tat wohl in erster Linie gegen den "Sittenverfall" richtete und etwaige rechtsextreme Motive von untergeordneter Bedeutung waren. Im wesentlichen sind folgende Gewaltaktionen zu nennen: Zwischen dem 29. Dezember 1983 und 2. Januar 1984 zündeten unbekannte Täter auf dem Gelände eines geplanten Munitionslagers der Bundeswehr bei Stetten, Landkreis Mühldorf a. Inn, einen Brandsatz, der einen Sachschaden von 4.000 DM verursachte. In der Nacht zum 4. Januar versuchten unbekannte Täter, eine BundeswehrSprengmittelkammer im Bereich von Kronach in Brand zu setzen. Zu dem Anschlag bekannte sich Ende Januar eine bisher unbekannte "Revolutionäre Front" mit dem Hinweis, ihre Aktion habe sich gegen die "Nachrüstung" gerichtet. In der Nacht zum 8. Januar wurden bei einem Brandanschlag auf eine Diskothek in München mehrere Personen verletzt. Am 19. Januar ging dem Mailänder Büro einer italienischen Nachrichtenagentur ein in runenähnlicher Schrift verfaßtes Bekennerschreiben zu, das im Briefkopf die Bezeichnung "Ludwig" sowie einen Hoheitsadler mit Hakenkreuz trug. Das Schreiben enthielt einen - zutreffenden - Hinweis auf die Seriennummer eines am Tatort sichergestellten Weckers, über den die Medien bisher nicht berichtet hatten. Der Tat verdächtig sind ein Deutscher und ein Italiener, die am 5. März in Mantua/Italien beim Versuch, dort eine Diskothek in Brand zu setzen, festgenommen wurden. Eine Angestellte des Münchner Lokals erlag Ende April 1984 ihren Verletzungen. Unter der Bezeichnung "Ludwig" waren in den vergangenen Jahren Bekennerschreiben zu mehreren Gewalttaten innerhalb Italiens verfaßt worden. Bei einem Brandanschlag auf einen PX-Markt der US-Siedlung am Perlacher Forst am 23. Januar in München entstand ein Sachschaden von 10.000 DM. 141 Oben: Versuchter Sprengstoffanschlag der RAF auf die NATO-Schule in Oberammergau Rechts: Bankraub der RAF in Würzburg 142 143 Am 12. März verletzte ein Neonazi den Hauptredner einer Versammlung zum Thema "Gleichberechtigung Homosexueller" in München durch einen Schuß aus einer Gaspistole. Vier maskierte und bewaffnete Täter überfielen am 26. März eine Zweigstelle der Städtischen Sparkasse in Würzburg und erbeuteten etwa 170.000 DM. Der Tat dringend verdächtig sind Angehörige der RAF. Am 7. April wurde ein in Herzogenaurach, Landkreis Erlangen-Höchstadt, abgestellter Privat-Pkw eines US-Soldaten in Brand gesetzt. Der Sachschaden wird auf 5.000 DM geschätzt. Bei einem Brandanschlag am 30. Mai gegen das Eisstadion in Kempten entstand an einer Eingangstür geringfügiger Sachschaden. Im Stadion fand noch am selben Tag eine Veranstaltung zur Europawahl statt. Unbekannte Täter verübten in der Nacht zum 15. Juni einen Brandanschlag auf die NPD-Landesgeschäftsstelle in München, der einen Sachschaden von rund 10.000 DM verursachte. In der Nacht zum 17. Dezember warfen unbekannte Täter einen Molotowcocktail in die Geschäftsstelle der "Augsburger Allgemeinen". Da der Bandsatz nicht explodierte, entstand nur geringer Sachschaden. An einer Fensterscheibe wurde die Schmierschrift "Politische Gefangene im Hungerstreik" festgestellt. Ein als amerikanischer Soldat verkleideter Täter stellte am 18. Dezember einen Pkw mit US-Kennzeichen vor dem Hauptgebäude der NATO-Schule in Oberammergau ab. Beim Verlassen des bewachten Schulbereichs fiel er einem Offizier auf. Dieser veranlaßte die Überprüfung aller geparkten Fahrzeuge. Als sich dabei herausstellte, daß der Pkw mit einem entwendeten Kennzeichen versehen war, wurde die Polizei verständigt. Ein Delaborierungstrupp fand im Kofferraum des Fahrzeugs einen Sprengsatz und entschärfte ihn. Der aus einem Plastikrohr bestehende Sprengkörper, der infolge Versagens der Zeitzündeinrichtung nicht explodiert war, enthielt 25 kg brisanten Sprengstoff. Ferner befanden sich im Kofferraum gebündelte Sprengstoffpatfonen, drei Camping-Gasbehälter und rund 10 kg Schrauben, Muttern und Sprengringe, die vermutlich die Sprengwirkung verstärken sollten. In einem als authentisch zu bewertenden Schreiben an eine Münchner Zeitungsredaktion bekannte sich ein "Kommando Jan Raspe" der RAF zu dem mißlungenen Anschlag. Die Verfasser brachten das Vorhaben in einen gesamtstrategischen Zusammenhang mit dem seinerzeitigen Hungerstreik inhaftierter terroristischer Gewalttäter und der von der RAF propagierten Offensive der "revolutionären Front in Westeuropa". 4. Terroristisches Umfeld Zum terroristischen Umfeld zählen Einzelpersonen und Gruppierungen, die terroristische Gruppen vorwiegend propagandistisch, aber auch mit Hungerstreik und sonstigen Aktionen bis hin zu Anschlägen unterstützen oder zu terroristischen Aktionen auffordern. Den bedeutendsten Faktor im linksterroristischen Umfeld stellen der engere und weitere RAF-Bereich dar. Beide unterscheiden sich im wesentlichen durch die jeweilige Nähe zu dem im Untergrund lebenden harten Kern der RAF. 144 Die Gruppierungen nennen sich zuweilen "legale Militante", "legale Antiimperialisten", "Anti-Imps" und verstehen sich als "legaler Arm" der RAF. Sie sehen ihre Aufgabe darin, Ideologie und Ziele der RAF öffentlich zu vertreten und für sie zu werben, inhaftierte Mitglieder der RAF zu betreuen, den Informationsfluß zwischen den verschiedenen Ebenen der RAF aufrechtzuerhalten und deren harten Kern logistisch (z.B. durch Beschaffen von Personalpapieren, Anmieten konspirativer Wohnungen) zu unterstützen. Letztlich stellt dieser Personenkreis auch das Rekrutierungspotential für die im Untergrund lebenden "illegalen" RAF-Mitgliederdar. So sind im Jahre 1984 rund zehn Personen aus diesem Umfeld untergetaucht und vermutlich zum harten Kern der RAF gestoßen. In Bayern konnten 1983 erstmals Gruppierungen des engeren RAF-Umfeldes mit Nürnberg und München als Schwerpunkten ausgemacht werden. Zu diesen "Anti-Imps" gehören etwa 25 bis 30 Personen. Die Gruppierungen unterhielten untereinander, aber auch zu ähnlichen Gruppen im Bundesgebiet enge Kontakte. Die Verbreitung einer "Hungerstreikerklärung und Erklärung zur Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF" im bayerischen Raum ist auf diese Kreise zurückzuführen. In Erlangen und Augsburg sind Ansätze erkennbar, die auf die Bildung gleichgesinnter Gruppen schließen lassen. Je eine Gruppe von "Anti-Imps" aus München und Nürnberg beteiligte sich Anfang 1984 an einer "Grußaktion an die politischen Gefangenen", die Angehörige des engeren RAF-Umfeldes im Rahmen einer Kampagne zur "Zusammenlegung der Häftlinge aus der RAF und dem antiimperialistischen Widerstand" im Herbst 1983 vorbereitet hatten. Dabei sollten möglichst viele Personen den Häftlingen "Grußtelegramme" oder Informationsmaterial über die in linksextremen Kreisen debattierten politischen Themen senden. Die Aktion, die zu einer breiten Mobilisierung der "antiimperialistischen Front" führen sollte, hatte nicht den erhofften Erfolg. Zur Unterstützung des Hungerstreiks inhaftierter terroristischer Gewalttäter kam es im Dezember 1984 bundesweit zu mehreren Brandstiftungen und Sprengstoffexplosionen mit zum Teil erheblichen Sachschäden. Die Anschläge sind überwiegend Angehörigen des RAF-Umfeldes zuzurechnen, darunter auch der Brandanschlag auf das Betriebsgebäude der "Augsburger Allgemeinen" am 17. Dezember. Gleichzeitig war eine sprunghafte Zunahme propagandistischer Unterstützungsaktionen zu verzeichnen. Überwiegend handelte es sich dabei um Forderungen nach einer "Zusammenlegung der Gefangenen aus RAF und Widerstand", die in Form von Schmierschriften, Transparenten oder auf Flugblättern öffentlich verbreitet wurden. So wurden in Coburg, Erlangen und Nürnberg Schriften ohne Impressum bekannt, die sich mit der Situation und den Zielen der inhaftierten Gewalttäter befaßten. Im Zuge der Ermittlungen zum versuchten Sprengstoffanschlag auf die NATO-Schule in Oberammergau fand die Polizei am 19. Dezember bei einer Wohnungsdurchsuchung in München 28 Exemplare einer "Hungerstreikerklärung und Erklärung zur Zusammenlegung der Gefangenen aus der RAF", die bereits absendefertig in Kuverts verpackt waren. Dem RAF-Umfeld ist auch ein am 24. Dezember in München sichergestelltes Transparent mit der Aufschrift "Ein Widerstand -- Eine Front - Gegen die NATO-Kriegspolitik -- Solidarität mit den Gefangenen im Hungerstreik, für ihre Zusammenlegung" zuzurechnen. 145 Ein Umfeld der RZ, das ähnlich strukturiert wäre wie das der RAF, war bisher nicht festzustellen, wenngleich Schmierschriften wie "Schafft viele Revolutionäre Zellen" auf die Existenz von RZ-Sympathisanten hindeuten. Überdies wird eine ideologische Zuordnung der jeweiligen Gruppierungen des linksterroristischen Umfelds zur RAF oder zu den RZ zunehmend problematischer, da weitgehend eine ideologische Übereinstimmung hinsichtlich des "antiimperialistischen Kampfes" besteht und immer mehr das Handlungskonzept der RZ übernommen wird. Dies gilt insbesondere für die ohne erkennbaren organisatorischen Zusammenhang agierenden "autonomen Gruppen", deren Anlehnung an die RZ durch Bezeichnungen wie "Betonierende Zellen", "Revolutionäre Autonome" oder "Revolutionäre Anarchistische Zellen" zum Ausdruck kommt. Aktuelles Konzept der "antiimperialistischen Front" scheint es zu sein, koordinierte militante Aktionen durchzuführen, ohne den elitären Anspruch des RAFKerns anzuerkennen. Es ist daher nicht auszuschließen, daß sich neben der RAF und den RZ in Teilen der "autonomen Bewegung" eine weitere Variante des Linksterrorismus entwickelt hat. Das Umfeld des Rechtsterrorismus bilden hauptsächlich neonazistische Gruppierungen. Insbesondere die NSDAP-AO (vgl. 3. Abschnitt Nr. 7) übt mit Gewaltund Terroraufrufen in ihrer Hetzschrift "NS Kampfruf" Einfluß auf die Gewaltbereitschaft militanter Neonazis aus. In der Nr. 54 des "NS Kampfrufes" war ausgeführt, daß die NSDAP-AO, "obwohl sie nicht offen arbeiten" könne, "überall in Deutschland Gruppen junger Revolutionäre" beeinflusse. Dem rechtsterroristischen Umfeld können auch die Urheber antisemitischer und sonstiger rassistischer Schmierschriften zugerechnet werden, die mit Parolen wie "Juden ins KZ", "Tötet alle Türken", "Juden, Türken und Neger gehören vergast" und "Juda verrecke" zur Gewaltanwendung aufrufen. 146 5. Abschnitt Extremismus im Bildungsbereich 1. Allgemeines Der Bildungsbereich war 1984 wiederum ein bevorzugtes Aktionsfeld extremistischer und extremistisch beeinflußter Gruppen, die vor allem an den Hochschulen rege Aktivitäten entfalteten. Sie fanden in der Studentenschaft eine breitere Resonanz als in der übrigen Bevölkerung. Darüber hinaus besaßen diese Gruppen in den Gremien der Hochschulen unverändert einen größeren Einfluß, als das ihrer zahlenmäßigen Stärke entsprach. Insgesamt hat sich die Situation im Hochschulbereich gegenüber dem Vorjahr nur wenig verändert. Weiterhin bedeutungslos blieb der rechtsextreme Nationaldemokratische Hochschulbund. Die Schwäche der studentischen Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken, die sich auf Kernorganisationen stützen, hielt weiter an. Die orthodox-kommunistischen Gruppen konnten ihren Einfluß behaupten. Dagegen gelang es den Marxistischen Gruppen, eine größere Zahl von Mitgliedern zu gewinnen und ihren Einflußbereich weiter auszubauen. Unverändert hoch blieb auch die Mobilisierbarkeit der Anhängerschaft linksextremer Stundentenorganisationen. Hauptthemen für die Propaganda und Aktionen der linksextremen und linksextrem beeinflußten Hochschulgruppen bildeten weiterhin der Kampf gegen das "studentenfeindliche bayerische Hochschulgesetz", die "Novellierung des Hochschulrahmengesetzes" und die "Rotstiftund Hochrüstungspolitik" der Bundesregierung. Sie forderten ferner die Wiedereinführung der "Verfaßten Studentenschaft" mit politischem Mandat in Bayern und agitierten gegen den "Abbau demokratischer Rechte", insbesondere gegen eine Verschärfung des Demonstrationsrechts, die Einführung fälschungssicherer Bundespersonalausweise, "Berufsverbote", "repressive Studienbedingungen", "Ausländerfeindlichkeit", gegen Abhängigkeit des Bildungswesens von der Industrie und Leistungskürzungen im BAFöG-Bereich. Anhänger linksextremer Studentenorganisationen beteiligten sich am 17. Juni an der "selbstorganisierten Volksbefragung" der "Friedensbewegung" zur Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland. Die orthodox-kommunistischen Studentengruppen unterstützten außerdem eine Spendensammlung der DKP zugunsten der kommunistisch orientierten "Sandinisten" in Nicaragua. Verschiedentlich kam es zu Störungen von Vorlesungen sowie zu Störversuchen bei Veranstaltungen demokratischer Organisationen. 147 Übersicht über extremistische Studentengruppen in Bayern O DKP-HG * MSB-Spartakus (r) SHB * dogmatische Neue Linke A undogmatische Neue Linke * Marxistische Gruppen X NHB Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis 148 Von den 1984 in Bayern aufgetretenen extremistischen und extremistisch beeinflußten Studentenorganisationen, die sich vielfach Kernorganisationen unterordnen, sind erwähnenswert: Orthodoxer Kommunismus DKP: DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) DKP: Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) Sozialistischer Hochschulbund (SHB) - ständiger Bündnispartner des MSB Spartakus Neue Linke MLPD: Marxistisch-Leninistischer SchülerundStudentenverband (MLSV) AB: Kommunistischer Hochschulbund (KHB) GIM: GIM-Hochschulgruppen Marxistische Gruppen (MG) Undogmatische Gruppen Rechtsextreme Gruppe NPD: Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) Übersicht über die Mitgliederzahlen in Bayern: 1980 1981 1982 1983 1984 DKP-HG 50 50 50 60 60 MSB Spartakus 150 170 200 250 250 SHB 60 60 60 70 70 MG 300 300 400 400 500 Sonstige Neue Linke 150 150 150 150 150 NHB 15 15 15 15 15 725 745 875 945 1.045 2. Orthodox-kommunistische Hochschulgruppen Zu den orthodox-kommunistischen Hochschulgruppen gehören die DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) und der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus). 2.1 DKP-Hochschulgruppen (DKP-HG) Die DKP-Hochschulgruppen sind Grundeinheiten der DKP, denen alle an einer Hochschule tätigen DKP-Mitglieder (Lehrpersonal, Mitarbeiter der Verwaltung und Studenten) angehören sollen. Ihre Aufgabe ist es, im Bildungsbereich die Voraussetzungen für einen etappenweisen Übergang von der parlamentarischen Demokratie zum Sozialismus kommunistischer Prägung zu schaffen. Grundlage ihres ideologischen Kampfprogrammes sind die revolutionären Theorien von Marx, Engels und Lenin. Die DKP-HG steuerten auch 1984 in den be149 deutsamen Bereichen die Aktionen des MSB Spartakus, der die Ziele unter den Studenten durchsetzen soll. Sie arbeiteten ferner mit anderen linksextremen Studentenorganisationen zusammen, die für "Mitbestimmung und Demokratisierung" der Hochschulen eintreten. DKP-Hochschulgruppen bestehen in Bamberg, Erlangen-Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg. Die Zahl ihrer Mitglieder lag 1984 unverändert bei 60, wobei ein Teil der Mitglieder gleichzeitig dem MSB Spartakus angehört. Organ der DKP-HG ist die Zeitung "Kommunist". Unter diesem Titel erschienen auch ihre Flugschriften. Darüber hinaus wurden in unregelmäßigen Abständen örtliche Publikationen mit ähnlichen Titeln verbreitet. Agitionsschwerpunkte der DKP-Hochschulgruppen bildeten 1984 erneut die "Rotstiftpolitik" der Bundesregierung und die Bindung des Darlehensteilerlasses nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) an qualifizierte Prüfungsergebnisse. Daneben wurden Themen wie "Frieden und Abrüstung", "Berufsverbote" und der "Arbeitskampf in der Metallindustrie" behandelt. Weitere Diskussionsthemen waren die offiziellen Gremienwahlen, wobei die DKPHG an den bayerischen Hochschulen nicht mit eigenen Listen kandidierten, sondern die Bewerber des MSB Spartakus auf den "Listen AStA und Fachschaften" (LAF) unterstützten. Die DKP-Hochschulgruppen traten in ihren Publikationen wiederholt für eine weiterhin verstärkte Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und der "Friedensbewegung" ein und riefen zur Teilnahme an den "Ostermärschen" und an den Aktionen im "Friedensherbst '84" auf. 2.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) Als Nebenorganisation der DKP - vgl. 2. Abschnitt Nr. 2.3.2 - obliegt dem MSB Spartakus die Aufgabe, kommunistische Vorstellungen in den Hochschulbereich einzubringen und die Studenten hierfür zu mobilisieren. Während die DKP-Hochschulgruppen die Politik der DKP an den Hochschulen offen vertreten, übt der MSB Spartakus aus taktischen Gründen vielfach eine größere Zurückhaltung, um sich anderen Studentengruppen als "Bündnispartner" anbieten zu können. Zuverlässigster Bündnispartner des MSB Spartakus war 1984 wiederum der SHB. Im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung verfolgt der MSB Spartakus eine Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung". Er versucht hierbei, seine hochschulpolitischen Forderungen mit gewerkschaftlichen Kampfmitteln wie "Urabstimmung" und "Streiks" durchzusetzen. In einem 1984 verbreiteten Bildungsheft erklärte hierzu der MSB Spartakus, "unsere .Gewerkschaft' ist quasi die Verfaßte Studentenschaft, unsere .Betriebsräte' sind Asten und Fachschaften". Gruppen des MSB Spartakus bestehen an den Hochschulorten Augsburg, Bamberg, Coburg, Erlangen-Nürnberg, Landshut, München, Regensburg und Würzburg. Die Gruppen des MSB Spartakus entfalteten 1984 wiederum rege Aktivitäten. Sie inszenierten wiederholt Aktionen gegen den "BAFöG-Kahlschlag" und den "Darlehensteilerlaß" nach dem BAFöG sowie für die Wiedereinführung der 150 "Verfaßten Studentenschaft" mit politischem Mandat und Finanzhoheit in Bayern. Anläßlich der Kommunalwahl am 18. März in Bayern unterstützte der MSB Spartakus die Kandidaten der DKP und bei der Europawahl am 17. Juni die Bewerber der orthodox-kommunistisch beeinflußten "Friedensliste". Er rief ferner zur Teilnahme an der "selbstorganisierten Volksbefragung" und den Aktionen im "Friedensherbst '84" auf. Anhänger des MSB Spartakus beteiligten sich aktiv an der Vorbereitung und Durchführung der von der Bundesschülervertretung initiierten bundesweiten "Aktionswoche" der Arbeiterjugend, Schüler und Studenten für das "Recht auf Arbeit und Bildung" und organisierten zusammen mit anderen linksextremen Gruppen die "AStA-Wahlen", mit denen die offiziellen Gremienwahlen an den Hochschulen unterlaufen werden sollen. Der MSB Spartakus wertete den "Kampf" gegen die geplante Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) als "Klassenkampf", der "breite Abwehrfronten" erfordere. Der Kampf gegen die HRG-Novelle müsse zum "Kristallisationskern allgemeinen Unmuts gegen die Regierungspolitik" und zum "elementaren Interessen kämpf" werden. Nur so könne er die notwendigen Dimensionen erreichen. 3. Sozialistischer Hochschulbund (SHB) Der SHB kämpft - wie die DKP - auf der Grundlage des "wissenschaftlichen Sozialismus" für die Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland. Er strebt die Errichtung einer "antimonopolistischen Demokratie" als "Öffnung des Weges zum Sozialismus" an. In der Praxis betreibt der SHB - wie der MSB Spartakus - eine Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung", wobei er für ein langfristiges strategisches Bündnis mit den orthodoxen Kommunisten eintritt. Die Übereinstimmung des SHB mit dem MSB Spartakus in Theorie und Praxis hatte auch 1984 wieder eine enge Zusammenarbeit beider Hochschulgruppen zur Folge. Vom 6. bis 7. Oktober fand in Münster die 25. Bundesdelegiertenversammlung statt, an der etwa 400 Personen teilnahmen. Unter den Gästen befanden sich Vertreter kommunistischer Organisationen des Inund Auslandes. In seinem Rechenschaftsbericht betonte der scheidende Bundesvorsitzende den "hohen Stellenwert" der "Aktionseinheit" zwischen SHB und MSB Spartakus. SHB-Mitglieder hätten als "fortschrittliche Sozialdemokraten" den Willen, in allen Bewegungen "Seite an Seite" mit Kommunisten, fortschrittlichen Christen und Liberalen "gegen rechts" zu kämpfen. Für die Zukunft seien Bündnisse von Arbeiterjugend, Schülern und Studenten und "schärfste Konfrontation" mit der "jugendfeindlichen" Bundesregierung angesagt. Daher begrüße der SHB den Vorschlag der "Bundesschülervertretung" zu einer gemeinsamen Aktionswoche "für die Rechte der arbeitenden und lernenden Jugend". Zum neuen SHB-Bundesvorsitzenden wurde Harald Weinberg aus Marburg gewählt. Dem SHB-Landesverband Bayern gehörten 1984 unverändert rund 70 Mitglieder an, die sich auf Orts-, Fachund Initiativgruppen sowie Arbeitskreise in Augsburg, Bamberg, Erlangen-Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg verteilten. Daneben konnte sich der SHB auf eine größere Anhängerschaft stützen. Als Publikationsorgane setzte der SHB das "sozialistische Studentenmagazin" "frontal" und die Zeitschrift "offensiv" ein. 151 Publikationen extremistischer Studentengruppen im Hochschulbereich Zeitung der DKP-Hochschulgruppe München STUDENTENMAGAZIN. JANUAR. NR. 1 , 1P"4. 2 P-MARK rote * ZEITUNG FÜR STUDENTEN DER UNIVERSITÄT BAMBERG I lÄcMAnr HERAUSGEBER: MSB SPARTAKUS GRUPPE UNI BAMBERG - Sozialistischer Hochschulbund SHB mm) offensiv Nr. 69 Juli 1934 12. Jahrgang 152 Im Mittelpunkt der Agitation standen beim SHB vorwiegend hochschulspezifische Themen wie der Darlehensteilerlaß nach dem BAFöG und die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG). Daneben wandte sich der SHB gegen die "US-Intervention" in Nicaragua und setzte sich für die Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ein. Im Rahmen des "Friedenskampfes" rief der SHB zur Teilnahme an den "Ostermärschen" und an der "selbstorganisierten Volksbefragung" am 17. Juni auf. 4. Studentengruppen der Neuen Linken Zu den Studentengruppen der Neuen Linken gehören die studentischen Nebenorganisationen von Gruppen der dogmatischen Neuen Linken sowie die Gruppierungen der undogmatischen Neuen Linken und die Marxistischen Gruppen (MG), die keiner Kernorganisation untergeordnet sind. 4.1 Marxistische Gruppen (MG) Die Marxistischen Gruppen - vgl. 3. Abschnitt Nr. 3.9 - führen die revolutionäre, marxistisch-kommunistisch orientierte Politik der "Roten Zellen" fort. Sie wollen damit zur Überwindung und zur Zerschlagung des "kapitalistischen Gesellschaftssystems" beitragen. Die Durchsetzung dieses Zieles erfordere zunächst als Schwerpunkt die Schulung von Intellektuellen im sogenannten "Wissenschaftlichen Sozialismus", damit diese dem Proletariat die entwickelte revolutionäre Theorie vermitteln können. Hauptbetätigungsfeld der MG, die im Bundesgebiet an über 40 Hochschulorten vertreten sind, war 1984 wiederum der Bildungsbereich. Die "MSZ-Marxistische Zeitung gegen die Kosten der Freiheit" wurde an zahlreichen Hochschulen des Bundesgebietes angeboten. Daneben erschienen für den Bayerischen Hochschulbereich die vom "Verein zur Förderung des studentischen Pressewesens e.V." herausgegebenen "Augsburger", "Erlanger", Münchner", "Nürnberger", "Regensburger" und "Würzburger" Hochschulzeitungen. Die Herausgabe der Hochschulzeitungen wurde von Fördervereinen mit der Bezeichnung "Verein zur Förderung der wissenschaftlichen Diskussion an der Hochschule e.V." finanziell unterstützt. An einigen Hochschulorten erschienen auch "Marxistische Schulzeitungen". In ihren Publikationen und bei zahlreichen "teach-ins" befaßten sich die MG insbesondere mit den Vorgängen in Nicaragua. Weitere herausragende Themen waren: "Die Angst vor dem bürgerlichen Staat", "Dreht die Republik durch?", "Was verteidigt die Bundeswehr?", "Rassismus und Demokratie" und "Das Kapital schafft Arbeitslose - Die Ökonomen erfinden Gründe dafür". Die MG konnten 1984 ihren Einflußbereich an den bayerischen Hochschulen weiter ausbauen. Sie lehnen aus ideologischen Gründen die übrigen linksextremen Hochschulgruppen ab, hielten jedoch 1984 dennoch lose Kontakte zu einigen Gruppierungen. In der Durchsetzung ihrer Ziele traten sie rigoros auf und beteiligten sich auch an Störaktionen. 4.2 Sonstige Studentengruppen der Neuen Linken Die meisten Studentengruppen der dogmatischen Neuen Linken, die wegen ihrer unrealistischen Forderungen nur schwer Bündnispartner fanden, verloren 153 Publikationen extremistischer Studentengruppen im Hochschulbereich Augsburger Hochschulzeitung M Np^bgigtH MARXISTISCHE G R U P P E (MG) Erlanger Hochschulzeitung vaiini.M.iiwfrfci der MARXISTISCHEN GRUPPE (MG) ^,*,"e A...^,, ' Münchner Hochschulzeitung Nürnberger Hochschulzeitung s..m;i.^.iiwn..)t.. der MARXISTISCHEN GRUPPE (MG) l i ^ Z Z ^ Z Regensburger Hochschulzeitung ",. ii e i . i / .s. " . i m d w MARXISTISCHEN GRUPPE (MB) Würzburger Hochschulzeitung m , . " der MARXISTISCHEN GRUPPE (MG) v - >..;*>. Marxistische Schulzeitung 1984 an den Hochschulen in Bayern weiter an Einfluß. Lediglich der KHB konnte seine Stellung behaupten. Die noch aktiven Gruppen der Neuen Linken lehnten die von den orthodox-kommunistischen Gruppen praktizierte Strategie der "gewerkschaftlichen Orientierung" ab und verfolgten mit ihren Aktionen für hochschulpolitische Forderungen eine betont "revolutionäre" Linie. Sie agitierten 1984 vorrangig gegen die "bürgerliche Wissenschaft", den "Abbau demokratischer Rechte" und die "Ausländerfeindlichkeit". In ihren Publikationen wandten sie sich ferner gegen die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik Deutschland. Neben den Studentengruppen der dogmatischen Neuen Linken, die sich auf Kernorganisationen stützen, traten 1984 an den bayerischen Hochschulen auch Anhänger von Gruppen der undogmatischen Neuen Linken auf. Hierbei handelt es sich meist um kleinere Zusammenschlüsse auf örtlicher Ebene ohne feste Organisationsformen und ohne Bindungen an ideologische Dogmen. Ihre politischen Positionen reichen von "Sozialrevolutionären" Vorstellungen bis hin zu einem undogmatischen "wissenschaftlichen Sozialismus". Alle diese Gruppen lehnen den "Staat als Ganzes" ab. Unverändert blieben ihre zentralen Forderungen wie die "Zerschlagung des Systems" und der "Aufbau einer herrschaftslosen Gesellschaft". Aktivitäten dieser Gruppen waren 1984 an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und München zu verzeichnen. Der Einflußbereich dieser Gruppen blieb gegenüber dem Vorjahr annähernd konstant. Die überwiegend kleinen Gruppen der Neuen Linken konnten sich 1984 in Bayern auf eine Mitgliederzahl von insgesamt 150 Personen stützen. Aktivitäten dieser studentischen Gruppen wurden in Erlangen, Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg festgestellt. 5. Vereinigte Deutsche Studentenschaften e.V. (VDS) Die Vereinigten Deutschen Studentenschaften e.V. (VDS) entstanden im Mai 1975 aus dem Zusammenschluß von zwei Verbänden. Sie verstehen sich als studentischer Dachverband und steuerten auch 1984 wiederum einige bundesweite studentische Protestaktionen. Diese wurden im bayerischen Hochschulbereich in der Regel von den linksextrem beeinflußten inoffiziellen Allgemeinen Studentenausschüssen (ASten) umgesetzt, in denen die orthodox-kommunistischen Gruppen dominieren. Vom 26. bis 30. März fand in Köln die 9. ordentliche Mitgliederversammlung der VDS statt, an der etwa 700 Studenten von 106 Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet teilnahmen. Die Mitgliederversammlung sprach sich für Aktionen gegen den "BAFöG-Kahlschlag" und gegen die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes aus. Als weitere Aktionsschwerpunkte wurden die Bereiche "Frieden und Abrüstung" sowie die Solidarität im "Kampf um die 35-StundenWoche" genannt. Die Mitgliederversammlung wählte ferner einen neuen VDSVorstand, dem je ein Vertreter des MSB Spartakus, des SHB, der Jungsozialisten - Hochschulgruppen (Juso-HG) und des Liberalen Hochschulverbandes (LHV) angehört. Der für die Basisgruppen-Fraktion (BG) im Vorstand vorgesehene Sitz blieb weiterhin unbesetzt. 155 Als Beitrag zum "Friedenskampf" unterstützten die VDS die "Ostermärsche" und die "selbstorganisierte Volksbefragung" der "Friedensbewegung". Bereits im Februar veröffentlichte der VDSVorstand eine Dokumentation über die als "Pilotprojekt" im Wintersemester 1983/84 an den Hochschulen durchgeführte "Volksbefragung" und rief zur Beteiligung an den Aktionen am 17. Juni auf. Als geschäftsführendes Mitglied des Bonner "Koordinationsausschusses der Friedensbewegung" wirkten die VDS auch bei der Vorbereitung und Durchführung der Aktionen im "Friedensherbst '84" mit. In einer Broschüre mit dem Titel "35-Stunden-Woche" forderten die VDS alle ASten, Fachschaften und Hochschulwissenschaftler auf, durch Veranstaltungen und Aktionen die gewerkschaftliche Forderung nach Einführung der "35-Stunden-Woche" bei vollem Lohnausgleich zu unterstützen. Etwa 50 Vertreter der ASten und der VDS übergaben Ende Juni im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft 45.000 Protestpostkarten, die im Rahmen der von den VDS initiierten Postkartenaktion gegen den "BAFöG-Kahlschlag" eingegangen waren. 6. Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) Der Nationaldemokratische Hochschulbund (NHB) mit Sitz in München - vgl. 3. Abschnitt Nr. 2.6 - unterhält in Bayern nur an den Hochschulorten in Erlangen und München arbeitsfähige Hochschulgruppen. Die Aktivitäten dieser Gruppen beschränkten sich 1984 vorwiegend auf die Verbreitung von Flugblättern zur Unterstützung der NPD im Europawahlkampf. Publikationsorgan des NHB ist der "NHB-Report". 7. Aktivitäten Der vom AB und vom KHB beeinflußte "Aktionsausschuß gegen Zwangsarbeit und Abschiebung in Sammellager" führte vom 9. bis 13. Januar vor der Mensa der Universität Regensburg eine Mahnwache durch, mit der auf den Freitod des türkischen Asylbewerbers Kemal Altun und auf die sechs Todesopfer des Brandes in einer Berliner Haftanstalt hingewiesen werden sollte. Aus demselben Anlaß verteilten im Januar mehrere Personen vor dem Haupteingang der LudwigMaximilians-Universität in München ein Flugblatt mit der Überschrift "In Trauer und Wut über die Toten von West-Berlin". Für das Flugblatt zeichnete ein Angehöriger des KHB presserechtlich verantwortlich. Am 17. Mai störten Mitglieder und Sympathisanten der MG, die von MG-Aktivisten aus außerbayerischen Universitätsstädten unterstützt wurden, eine Veranstaltung der "Demokratischunabhängigen Studentenvertreter" an der Universität Bamberg mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit Dr. Warnke. Die Störer versuchten, den Minister durch Sprechchöre und ständiges Klatschen am Reden zu hindern. Die anschließende Diskussion mußte in einen anderen Hörsaal verlegt werden. Am 22. Mai verteilten in München mehrere KHB-Angehörige Flugblätter, in denen zur Teilnahme an einer Veranstaltung des Rings Christlich-Demokratischer 156 Studenten (RCDS) mit Staatssekretär Dr. Stoiber in der Ludwig-MaximiliansUniversität aufgerufen wurde. Da die Druckwerke beleidigende Äußerungen über den Staatssekretär enthielten und mit einem Hakenkreuz versehen waren, wurden sie von der Polizei sichergestellt. Unter den rund 600 Zuhörern der RCDS-Veranstaltung befanden sich auch 50 Anhänger der MG und des KHB sowie etwa 20 Punker, die durch Zwischenrufe, Pfeifen, Klatschen und Trommeln die Rede des Staatssekretärs massiv störten. Am 26. Juni fand in der Ludwig-Maximilians-Universität München das 512. Stiftungsfest der Universität statt. Kurz vor Beginn der Festveranstaltung versammelten sich annähernd 500 Personen, die versuchten, die "Große Aula" zu stürmen. Dabei gelang es einer Gruppe von etwa 20 Personen, in den Festsaal einzudringen. Diese warfen Flugblätter und Buttersäurebeutel auf die dort anwesenden Gäste, wobei mehrere Personen verletzt wurden. Die mit falschem Impressum versehenen Flugblätter enthielten Parolen wie "Nieder mit der Wissenschaft, die für's Kapital nur schafft" und "Bei jeder Schweinerei im Geiste dabei: LMU". Unter den Störern befanden sich zahlreiche MG-Angehörige. Auf Einladung der DKP-HG Würzburg sprachen im Rahmen der Würzburger Friedenswoche am 19. Juli in der Mensa zwei Mitarbeiter der sowjetischen Botschaft in Bonn zum Thema "Stationierung von Pershing II und SS 20/21 - Gleichgewicht des Schreckens?". An der Veranstaltung beteiligten sich rund 100 Personen, überwiegend Anhänger linksextremer Gruppierungen. Die MLSV-Ortsgruppe München lud mit Flugblättern zu einer Filmveranstaltung für den 20. September in München ein. Hierbei wurde der 1951 in der DDR gedrehte Film "Rat der Götter" gezeigt, der auf den Protokollen des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses basiert. In den Einladungsflugblättern rief der MLSV zum "aktiven Widerstand gegen Militarismus und Atomkriegsvorbereitung" auf und forderte den sofortigen Verzicht auf die geplante Verlängerung der allgemeinen Wehrpflicht. Mehrere Gruppen der undogmatischen Neuen Linken, darunter "Antifa-Gruppen", "Antiimps" und "Autonome" sowie die MG Erlangen/Nürnberg, führten am 23. November in Erlangen eine Demonstration zum Thema "Gegen den Krieg des freien Westens in Nicaragua" durch. An der Demonstration, die offenbar unter straffer Führung der MG stand, beteiligten sich rund 700 Personen. Als Redner trat ein MG-Funktionär auf. Auf Initiative der Bundesschülervertretung und mit maßgeblicher Beteiligung von MSB Spartakus und SDAJ fand vom 26. November bis 1. Dezember unter dem Motto "Für das Recht auf Arbeit und Bildung -- Gemeinsam gegen rechts" eine bundesweite Aktionswoche von "Arbeitern, Schülern und Studenten" statt. Höhepunkte der Aktivitäten in Bayern waren die am 1. Dezember in München und Nürnberg durchgeführten Demonstrationen, an denen sich 350 bzw. 200 Personen beteiligten. Die mitgeführten Transparente trugen Aufschriften wie "Arbeit statt Raketen, Lehrstellen her -- SDAJ" und "Arbeit und Moneten -- Rotstift statt Raketen -- DKP". Als verantwortliche Leiterin des Aufzuges in München trat eine Funktionärin des MSB Spartakus auf. Stellvertretender Versammlungsleiter in Nürnberg war ein SDAJ-Funktionär. 157 8. Wahlen an den Hochschulen Bei den Wahlen für die Kollegialorgane gelang es linksextremen und linksextrem beeinflußten Gruppen 1984 teilweise, ihre Positionen mit Hilfe "Unabhängiger" weiter auszubauen. Wie im Vorjahr tarnten sich linksextreme und linksextrem beeinflußte Gruppen hinter Listenverbindungen und unverfänglichen Bezeichnungen. Insbesondere bildeten der MSB Spartakus und der SHB unter Bezeichnungen wie "Linke Liste" (LiLi), "Liste AStA und Fachschaften" (LAF) und "Fachschaftsinitiativen für die Verfaßte Studentenschaft" breite Wahlplattformen mit demokratischen Gruppen und versuchten so, Wähler zu täuschen. Diese gemeinsamen Listen erzielten bei den Gremienwahlen im Vergleich zum Vorjahr durchwegs bessere Ergebnisse. Die MG konnten die Zahl ihrer Sitze in den studentischen Konventen in Bayern im Vergleich zu 1983 leicht verbessern. Der rechtsextreme NHB verzichtete auf eine Kandidatur. An einigen Hochschulen fanden auch 1984 "AStA-Wahlen" statt. Bei diesen nicht im Hochschulgesetz vorgesehenen Wahlen kandidierten vorwiegend Studentengruppen des linksextremen Bereichs. Die Wahlbeteiligung lag im Durchschnitt bei 9,5% (Vorjahr 11 %). Die MG beteiligten sich nicht an diesen Wahlen. 9. Weiterführende Schulen Im Bereich der weiterführenden Schulen, den erfahrungsgemäß auch schulfremde Organisationen als Agitationsfeld nutzen, traten 1984 folgende extremistische Organisationen auf: Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) - Jugendorganisation der DKP - Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) - Schülerund Studentenorganisation der MLPD - Marxistische Gruppen (MG) Junge Nationaldemokraten (JN) - Jugendorganisation der NPD - Die Propaganda konzentrierte sich schwerpunktmäßig auf schulische Themen. Weitere Aktivitäten bezogen sich auf Bereiche wie "Frieden und Abrüstung", "Volksbefragung", "Jugendarbeitslosigkeit" und "Lehrstellengarantie". Darüber hinaus wurden wiederum vor Schulen zahlreiche Flugschriften verteilt. Die MG verbreiteten mehrere Ausgaben der "Marxistischen Schulzeitung". Die SDAJ versuchte durch Informationsstände vor weiterführenden Schulen in Bayern, die Schüler für ihre Ziele zu interessieren und sie als Mitglieder zu werben. Daneben führte sie vor einigen Schulen eine "Volksbefragung" zur Raketenstationierung durch. Im Zusammenhang mit den Schülervertretungswahlen forderte die SDAJ "alle Schülerinnen und Schüler" auf, "Rotstiftgegner und Friedenskämpfer" zu wählen. Die SDAJ verlange mehr Mitbestimmungsrechte der Schülervertretungen, um dem "Abbau demokratischer Rechte" und einer "Militarisierung unserer Schulen" entgegenzuwirken. Mehreren Schülerzeitungen gingen 1984 von dem in Toronto (Kanada) ansässigen "Verlag Samisdat Publishers Ltd." antisemitische Schriften zu. 158 Von den 1984 bei verschiedenen Anlässen festgestellten Schmieraktionen waren auch Schulgebäude betroffen. Dabei wurden wiederholt Außenfassaden mit dem anarchistischen Symbol, dem RAF-Emblem und dem Hakenkreuz verunstaltet. 159 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst Das öffentliche Dienstrecht fordert nach dem Grundgesetz, den Beamtengesetzen und den tarifvertraglichen Regelungen von den Angehörigen des öffentlichen Dienstes Treue zur Verfassung. Das Verfahren zur Prüfung dieser Einstellungsvoraussetzung sowie zur Feststellung von Verletzungen der Treuepflicht regelt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 (vgl. Anhang 2). 1. Einstellungsüberprüfung Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz wirkt bei der Überprüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst mit. Ungeachtet der seit Jahren geleisteten Öffentlichkeitsarbeit, die auch hierüber Aufschluß gibt, hält die Kampagne der Extremisten gegen angebliche "Berufsverbote" in der Bundesrepublik Deutschland an. Sie wird häufig durch von Kommunisten beeinflußte Komitees und Initiativen (vgl. 2. Abschnitt Nr. 2.4.1) getragen, ist international ausgeweitet und versucht Mißtrauen gegen die Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu säen. Es ist deshalb notwendig, erneut Fehlinformationen zu korrigieren, durch die ein falsches Bild vermittelt wird. Zu 18.507 Anfragen über Bewerber für den öffentlichen Dienst in Bayern im Jahre 1984 teilte das Landesamt für Verfassungsschutz dem Bayerischen Staatsministerium des Innern in 93 Fällen (92 Fälle aus dem linksextremen und ein Fall aus dem rechtsextremen Bereich) Erkenntnisse mit. In 55 Fällen (54 aus dem linksund einer aus dem rechtsextremen Bereich) gab das Staatsministerium des Innern Erkenntnisse an die Einstellungsbehörden weiter. Dies führte in drei Fällen zur Ablehnung durch die Einstellungsbehörde. Drei Bewerber für den juristischen Vorbereitungsdienst wurden, weil sie keine Gewähr für Verfassungstreue boten, nicht in das Beamtenverhältnis übernommen; sie können den Vorbereitungsdienst jedoch in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis ableisten. Zu der geringen Zahl von Ablehnungen ist zu bemerken, daß die meisten Bewerber, bei denen auf Grund ihres Verhaltens in der Vergangenheit Zweifel an der Verfassungstreue bestanden, diese Zweifel durch ein eindeutiges Abrücken vom Extremismus ausräumen konnten. Weiter ist davon auszugehen, daß manche Extremisten von einer Bewerbung für den öffentlichen Dienst Abstand nehmen, weil sie sich einer Überprüfung ihrer Verfassungstreue nicht stellen wollen. Auch dies sind, neben den Ablehnungen, Erfolge des bekannten und bewährten Verfahrens. 160 2. Extremisten im öffentlichen Dienst Als Extremisten im öffentlichen Dienst sind hier Bedienstete erfaßt, die in den letzten fünf Jahren als Mitglieder oder aktive Angehörige extremistischer Parteien und Organisationen oder sonst mit erheblichen extremistischen Aktivitäten in Erscheinung getreten sind. Da nicht in allen Fällen gerichtsverwertbare Erkenntnisse vorliegen, die die Ablehnung einer Bewerbung bzw. eine Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen, gelingt es auch Extremisten, in den öffentlichen Dienst zu gelangen und dort zu verbleiben. Ende 1984 waren dies (in Klammern die Vergleichszahlen für 1983): Linksextremisten: Gesamtzahl davon DKP DKP-NebenNeue und beeinLinke flußte Organisationen Landesdienst 132 (111) 26 (22) 31 (34) 75 (55) Kommunaldienst 102 (87) 65 (55) 13 (7) 24 (25) sonst, öffentl. Einrichtungen 10 (9) 7 (5) - (-) 3 (4) Zusammen: 244 (207) 98 (82) 44 (41) 102 (84) Von den linksextremen Landesbediensteten waren beschäftigt: 75 (55) als Lehrer an Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien 21 (22) als wissenschaftliches und sonstiges Personal an Hochschulen 18 (20) im Justizdienst 18 (14) in sonstigen Verwaltungszweigen. Von den linksextremen Kommunalbediensteten waren beschäftigt: 22 (22) als Bedienstete in städtischen Krankenhäusern 34 (29) in sozialpädagogischen Berufen wie Sozialarbeiter, Jugendheimleiter etc. 8 ( 8) als Lehrer an städtischen Schulen 38 (28) in sonstigen Verwaltungszweigen. Rechtsextremisten: Gesamtzahl davon NPD Landesdienst 9 (20) 2 (11) Kommunaldienst 11 (15) 6 (9) sonst, öffentliche Einrichtungen 1 (3) - (1) Zusammen: 21 (38) 8 (21) 161 Von den rechtsextremen Landesbediensteten waren beschäftigt: 3 ( 5) als Lehrer an Grund-, Haupt-, Realschulen, Gymnasien und Fachoberschulen 2 ( 6) im Justizund Polizeidienst 4 ( 9) in sonstigen Verwaltungszweigen Von den rechtsextremen Kommunalbediensteten waren beschäftigt: 11 (14) in sonstigen Verwaltungszweigen Während die Zahl der Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich abnahm, erreichte ihr Rückgang im vergangenen Jahr ein auffälliges Ausmaß, das sich zu Lasten der NPD auswirkt. Es hat seinen Grund zum Teil in Altersabgängen, zum Teil aber auch darin, daß sich einige Angehörige des öffentlichen Dienstes von der NPD distanzierten und dies durch Parteiaustritt dokumentierten, nachdem in mehreren Fällen Disziplinarverfahren eingeleitet worden waren und das Bundesverwaltungsgericht eindeutig die verfassungsfeindliche Zielsetzung der NPD festgestellt hatte. 162 7 Abschnitt Extremistische Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Am 30. September 1984 hielten sich in Bayern 666.300 Ausländer auf, darunter 194.100 Türken 120.700 Jugoslawen 76.900 Österreicher 71.800 Italiener 48.500 Griechen und 11.500 Spanier. Die bis zum Jahre 1982 stetig ansteigende Anzahl der Ausländer hat sich erstmals 1983 um 3,2 % verringert und ist 1984 erneut um rund 20.600 Personen ( = 3 %) zurückgegangen. Die weit überwiegende Mehrzahl der Ausländer verhielt sich nach wie vor loyal zum Gastland und widerstand den Versuchen ausländischer Extremisten, unter ihren Landsleuten weitere Anhänger für ihre extremistischen Ziele zu gewinnen. Nur eine geringe Minderheit (1,1 deg/o) der in Bayern lebenden Ausländer ist in extremistischen oder extremistisch beeinflußten Vereinigungen organisiert. Den letzteren Gruppen, die sich nach außen oft als "Betreuungsorganisationen" darstellen, gehören auch Mitglieder an, die nicht aus politischer Motivation beigetreten sind, sondern dort lediglich gesellige Kontakte oder Unterstützung bei der Bewältigung von Alltagsproblemen suchen. Dies schließt indes nicht aus, daß sie später als Folge des Einflusses von Funktionären deren extremistische Auffassungen übernehmen und vertreten. Die Aktivitäten der extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländergruppen waren weiterhin von den Konflikten und Krisen in den Heimatländern der Mitglieder, in zunehmendem Maße aber auch von der Situation der Ausländer im Bundesgebiet bestimmt. So agitierten ausländische Extremisten gegen die behauptete Ausländerfeindlichkeit der deutschen Bevölkerung sowie gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung und forderten die Einführung des Wahlrechts für Ausländer. Propagandistische Angriffe galten femer der ausländischen Staaten gewährten deutschen Wirtschaftshilfe. Mit Versuchen, politische Bestrebungen in den Heimatländern durch gewaltorientierte Aktionen vom Gastland her zu initiieren oder zu fördern, beeinträchtigten ausländische Extre163 misten auch auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Die angespannte Lage am Arbeitsmarkt und die Besorgnis, eine extremistische Betätigung könne wirtschaftliche oder ausländerrechtliche Nachteile zur Folge haben, wirkten sich indes wie schon in den Vorjahren dämpfend auf das Engagement ausländischer Extremisten aus. Linksextreme Ausländergruppen fanden 1984 in zunehmendem Maße die Unterstützung ideologisch gleichgesinnter deutscher Vereinigungen und Parteien. Bemerkenswert war auch ihre starke Beteiligung an Aktionen deutscher Linksextremisten. Die Zahl der in Bayern erfaßten extremistischen oder extremistisch beeinflußten Ausländergruppen stieg auf 155 (1983: 154). Nachstehende Übersicht zeigt die Entwicklung der in Bayern bestehenden extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländerorganisationen. Örtliche selbständige Gruppierungen sind dabei gesondert gezählt. 1980 1981 1982 1983 1984 Linksextrem 65 89 122 119 116 Rechtsextrem 26 32 36 35 39 Gesamtzahl 91 121 158 154 155 Diese 155 Ausländergruppierungen verteilten sich im Jahre 1984 wie folgt: orthodoxNeue rechtsgesamt kommuniLinke extrem stisch Äthiopier 2 2 -- 4 Afghanen -- 1 -- 1 Araber -- 7 -- 7 Griechen 31 1 -- 32 Iraner 4 4 3 11 Italiener 8 -- 2 10 Jugoslawen 1 -- 8 9 Kurden 11 -- -- 11 Pakistaner -- 5 -- 5 Spanier 2 -- -- 2 Türken 9 27 25 61 Sonstige 1 -- 1 2 gesamt 69 47 39 155 Die Mitgliederzahl der extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländergruppen in Bayern hat sich von etwa 7.000 im Jahre 1983 auf rund 7.400 erhöht und damit wieder den Stand von 1982 erreicht. 164 Eine latente Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steilen nach wie vor militante Gruppen der türkischen Neuen Linken dar, obwohl sie - wie auch die übrigen Organisationen türkischer Extremisten - in Bayern kaum noch öffentlichkeitswirksame Aktivitäten entwickelten. Auffallend zugenommen haben hingegen die Aktionen orthodox-kommunistischer kurdischer Vereinigungen, wobei in Teilbereichen eine wachsende Bereitschaft zur Gewaltanwendung erkennbar war. Die von palästinensischen Gruppen ausgehenden Sicherheitsrisiken sind trotz der Krise innerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) nicht gebannt. Nach wie vor besteht die Gefahr von Anschlägen abgesplitterter Terrorgruppen besonders gegen israelische und amerikanische Einrichtungen im Bundesgebiet. Innerhalb der jugoslawischen Emigration sind mehrere kroatische Extremistenorganisationen aufgrund personeller und finanzieller Schwächen in ihrem Bestand bedroht. Funktionäre sind bemüht, durch Zusammenschluß einzelner Gruppierungen die Dachorganisationen funktionsfähig zu erhalten. Obwohl 1984 keine spektakulären Aktionen jugoslawischer Extremisten bekannt wurden, sind konspirativ tätige Kleinstgruppen weiterhin bereit, mit gewaltsamen Mitteln gegen Einrichtungen und Repräsentanten des Heimatstaates vorzugehen. Anschläge auf Gegner des jugoslawischen Regimes waren 1984 nicht zu verzeichnen. 2. Äthiopische Gruppen Die Eritreische Befreiungsfront (ELF) und die Eritreische Volksbefreiungsfront (EPLF) wollen mit ihrem bewaffneten Kampf gegen die sozialistische äthiopische Regierung die Befreiung und Unabhängigkeit der äthiopischen Provinz Eritrea erreichen. Beide Gruppierungen konnten sich auch 1984 trotz übereinstimmender Zielsetzung nicht auf einen gemeinsamen Kurs einigen. Die EPLF lehnt eine Annäherung an Moskau ab, während die ELF bereit wäre, sich im etritreischen Befreiungskampf auch von der UdSSR unterstützen zu lassen. In Bayern traten Anhänger der EPLF vornehmlich im Raum Nürnberg-Erlangen mit Informationsveranstaltungen sowie "Eritrea-Abenden" mit Filmvorführungen, Vorträgen und Diskussionen an die Öffentlichkeit. An diesen Veranstaltungen nahmen auch Anhänger der ELF teil. 3. Afghanische Gruppen Die im Jahre 1971 gegründete Generalunion der Afghanischen Studenten im Ausland (GUAfS) unterstützte die marxistisch ausgerichtete Volksbewegung in Afghanistan. Nach dem Umsturz im April 1978 spaltete sich die GUAfS in zwei Gruppen. Die orthodoxkommunistische Minderheit, die weiterhin für die wachsende sowjetische Präsenz in Afghanistan eintrat, hat ihre Aktivitäten inzwischen eingestellt. Die der dogmatischen Neuen Linken zuzurechnende Mehrheit, die sich die Bezeichnung Generalunion der Afghanen und afghanischen Studenten e.V. (GUAfS) gab, lehnt die Einmischung der UdSSR in Afghanistan ab. Eine örtliche Untergliederung dieser Gruppierung ist der Verein der Afghanen und 165 afghanischen Studenten München - Mitglied der GUAfS e.V., der in seinem Statut den amerikanischen "Imperialismus", die chinesische "Reaktion", den russischen "Sozialimperialismus" sowie die "sozialfaschistische Regierung" in Afghanistan verurteilt. Der Verein veranstaltete am 3. März in München einen Kulturund Informationsabend, an dem rund 180 Personen teilnahmen. Am 29. Dezember führte die GUAfS anläßlich des 5. Jahrestages der sowjetischen Invasion in Afghanistan eine Demonstration in Köln durch, an der sich rund 600 Personen, darunter auch Anhänger der GUAfS aus Bayern, beteiligten. 4. Arabische Gruppen Die 1964 gegründete Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) ist die Dachorganisation der palästinensischen Befreiungsbewegung. Sie fordert die Auflösung des "zionistischen" Staates Israel, an dessen Stelle ein "demokratischer" palästinensischer Staat treten soll. Bei den in der PLO lose zusammengefügten Guerillagruppen bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die politische und militärische Strategie zur Verwirklichung dieses Zieles. Während der Leiter der zahlenmäßig stärksten Organisation Al Fatah Yassir Arafat eine Lösung des Palästinenserproblems auch auf dem Verhandlungswege erreichen will, stehen die orthodox-kommunistisch orientierten Organisationen Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) sowie Fatah-Dissidenten und weitere von Syrien abhängige PLO-Gruppierungen der relativ gemäßigten Haltung Arafats ablehnend gegenüber. So boykottierten die PFLP und die DFLP den 17. Kongreß des Palästinensischen Nationalrats in Amman/Jordanien, auf dem lediglich die Al Fatah offiziell vertreten war. Arafat's Gegner, die den "bewaffneten Kampf" als einziges Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele des palästinensischen Widerstandes betrachten, bemühten sich zunehmend, Einfluß auf Palästinensergruppen im Bundesgebiet zu gewinnen; sie fanden dort jedoch insgesamt nur wenig Rückhalt. Der auf Initiative der PLO gegründete Palästinensische Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (PAV) ist maßgeblich von der Al Fatah beeinflußt. Er hat die Aufgabe, die Al Fatah materiell und ideell zu unterstützen und für die Ziele der Palästinenser im Gastland zu werben. Örtliche Untergliederungen bestehen in München und Nürnberg. Der Palästinensische Arbeiterverband (PAV) in Nürnberg organisierte im März und November mit Unterstützung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) sowie anderer linksextremer deutscher und ausländischer Gruppierungen Solidaritätsveranstaltungen zum Thema "Palästina". Die Referate befaßten sich insbesondere mit der Situation palästinensischer Gefangener in Israel. Daneben wurden Filme über die Invasion Israels im Libanon im Jahre 1982 gezeigt. Beim Fest der "Nationalen Einheit" des PAV Nürnberg am 28. Juli sprach der Leiter der "Informationsstelle Palästina" in Bonn Dr. Abdallah Frangi über die Situation der PLO, wobei er für die Politik Arafats eintrat und Einigkeit innerhalb der PLO forderte. Das auf Initiative des PAV Nürnberg gegründete Palästina-Komitee Nürnberg informierte bei einem "Palästina-Abend" am 16. Juni in Nürnberg über die Entstehung und die derzeitige Lage der Al Fatah. 166 Eine örtliche Untergliederung des ebenfalls von der Al Fatah beeinflußten Palästinensischen Studentenverbandes in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (PSV) trat lediglich im Juli in München mit einer Folkloreveranstaltung an die Öffentlichkeit. 5. Griechische Gruppen Die extremistischen griechischen Gruppen in Bayern zeigten 1984 nur geringe Aktivitäten. Ihre Aktionen, die sich wie im Vorjahr überwiegend auf die Großräume München und Nürnberg konzentrierten, fanden in der Öffentlichkeit keine Resonanz. Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE-Ausland) ist der orthodoxkommunistische Teil der seit Februar 1968 gespaltenen Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) mit Sitz in Athen. Im Gegensatz zur KKE-Inland erkennt sie die Hegemonie Moskaus an. Seit September 1974 ist sie in Griechenland als Partei zugelassen. Sie beruft sich auf die Tradition der griechischen Arbeiterbewegung und nimmt für sich in Anspruch, die Kommunistische Partei Griechenlands zu sein. Organe der KKE-Ausland und ihrer Jugendorganisation Kommunistische Jugend Griechenlands (KNE) sind die auch im Bundesgebiet verbreiteten Schriften "Risospastis" (Der Radikale) bzw. "Odigitis" (Der Führer). Die seit Jahren bestehende enge Verbindung der KKE-Ausland zur Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hat sich weiter gefestigt. So nahmen Vertreter der DKP an mehreren Veranstaltungen der KKE-Ausland teil. Anläßlich des 7. Parteitages der DKP vom 6. bis 8. Januar in Nürnberg übermittelte ein Funktionär der KKE-Ausland eine Grußbotschaft und eine Spende. Die KKE-Ausland und ihre Jugendorganisation waren auch 1984 bestrebt, ihre Funktionäre und Mitglieder in die Vorstandschaften der griechischen Gemeinde-, Eltern-, Arbeiterund Studentenvereine wählen zu lassen, um ihren Einfluß zu erweitern. Sie setzten sich für das kommunale Wahlrecht, die Integration der Ausländer und eine bessere Ausbildung der Gastarbeiterjugend ein. Außerdem propagierten sie den Austritt Griechenlands aus der Europäischen Gemeinschaft und der NATO und die Auflösung der USMilitärbasen in Griechenland. Überregional bedienten sich dabei sowohl die KKE-Ausland als auch die KNE der Hilfe des Verbandes Griechischer Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (OEK) und des Verbandes Griechischer Studentenvereine in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin (OEFE). Diesen orthodox-kommunistisch beeinflußten Dachverbänden gehört der überwiegende Teil der in Bayern bestehenden griechischen Gemeinden und Studentenvereine an. Die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE-Inland) ist der nationalkommunistisch orientierte Teil der früheren Kommunistischen Partei Griechenlands. Im Gegensatz zur KKE-Ausland erkennt sie die führende Rolle der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) nicht an. Sie befürwortet grundsätzlich die Mitgliedschaft Griechenlands in der Europäischen Gemeinschaft. Als Organe der KKE-Inland und ihrer Jugendorganisation Griechische Kommunistische Jugend "Rigas Fereos" (E.KO.N. Rigas Fereos) erscheinen die auch 167 im Bundesgebiet verbreiteten Zeitschriften "I Avgi" (Die Morgenröte) bzw. "Thourios" (Kriegslied). Enge Kontakte bestehen zu den kommunistischen Parteien Spaniens (PCE) und Italiens (PCI). Die KKE-Inland und ihre Jugendorganisation befaßten sich auch 1984 vor allem mit aktuellen Gastarbeiterproblemen. Ihre Bemühungen, auf griechische Gastarbeitervereinigungen dadurch größeren Einfluß zu gewinnen, blieben indes erfolglos. 6. Iranische Gruppen 6.1 Linksextremisten 6.1.1 Orthodoxe Kommunisten Nach dem Verbot und der Auflösung der orthodox-kommunistischen TudehPartei am 4. Mai 1983 im Iran gingen die Aktivitäten ihrer Anhänger im Bundesgebiet zurück. Das Organ "Rahe Tudeh" (Weg der Tudeh) kündigte Mitte August 1984 an, sein Erscheinen einzustellen, da seine Aufgabe in der Übergangsphase der Partei gelöst sei. Die deutschsprachige Monatszeitschrift "Iran aktuell" der Tudeh-Partei enthielt vor allem Protesterklärungen gegen das Verbot der Partei und die Inhaftierung ihrer Funktionäre und Mitglieder im Iran. In Bayern trat die überwiegend konspirativ arbeitende Organisation 1984 nur durch die Verteilung von Flugblättern in Erscheinung, die sich mit der Hinrichtung von Parteimitgliedern im Iran befaßten. Die von der Tudeh-Partei beeinflußte Organisation Iranischer Studenten (O.I.S.) - Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) zeigte 1984 in Bayern keine öffentlichen Aktivitäten. 6.1.2 Neue Linke Die Mitte 1983 in München entstandene Ortsgruppe des "Koordinationskomitees der iranischen Demokraten", Frankfurt a.M., die sich aus Mitgliedern des im Vorjahr nahezu inaktiven Iranischen Studentenvereins München (ISVM) und Anhängern der in Bayern bedeutungslosen CISNU-Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran zusammensetzt, unterstützte Sammlungsbestrebungen der iranischen Neuen Linken. Sie beteiligte sich im April 1984 in Mainz an der Gründung eines Dachverbandes, der die zerstrittene iranische Opposition zusammenführen und - ähnlich wie die frühere CISNU - ein koordiniertes Vorgehen gegen die derzeitige Regierung des Iran ermöglichen soll. Der Dachverband will insbesondere die Kämpfe der revolutionären Kräfte im Iran unterstützen. Seine ideologische Ausrichtung ist wegen des noch andauernden internen Meinungsbildungsprozesses derzeit nicht einheitlich. Die der Neuen Linken zuzurechnende Münchner Untergliederung des Dachverbandes, die Kontakte zum Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) unterhält, führt seit Mai 1984 die Bezeichnung Organisation Iranischer Demokraten im Ausland -- Ortsgruppe München. Ihre Aktivitäten beschränkten sich weitgehend auf die Verbreitung von Flugblättern und interne Sitzungen. Das im März 1982 gegründete Aktionsbündnis Komitee fortschrittlicher Iraner in München, dem überwiegend Vertreter der iranischen Neuen Linken angehören, hat sich Anfang August 1984 aufgelöst. 168 6.2 Islamische Fundamentalisten Die Anhänger der im Iran tätigen Volksmojahedin haben sich im Bundesgebiet in den Moslemischen Studentenvereinigungen - Sympathisanten der Organisation der Volksmojahedin Iran (MSV - W. Germany) - MSV - zusammengeschlossen. Die Volksmojahedin, eine Organisation islamischer Fundamentalisten mit marxistischer Prägung, waren maßgeblich an der Revolution im Iran beteiligt. Nach dem Umsturz gerieten sie zunehmend in Opposition zu dem neuen Regime, das sie als "Mullah-Diktatur" verurteilten. Am 29. Juli 1981 begab sich ihr Generalsekretär Masoud Radjavi mit dem ehemaligen Staatspräsidenten Bani Sadr nach Frankreich ins Exil. Dort gründeten sie den "Nationalen Widerstandsrat" (N.W.R.), der sich das Ziel gesetzt hat, die Regierung des Iran zu stürzen. Ihm gehören auch die MSV an, deren Aktivitäten weiter zurückgingen. Sie traten nur einmal in München durch die Verbreitung eines Flugblattes in Erscheinung. Einige Aktivisten aus München beteiligten sich an einer Demonstration der MSV, die am 20. Juni unter dem Motto "13. Jahrestag des Widerstandes gegen das Khomeiniregime im Iran" in Bonn stattfand. 7. Italienische Gruppen Die Kommunistische Partei Italiens (PCI), deren Parteiorgan die in Italien gedruckte Zeitschrift "L'Unita" ist, gliedert sich in der Bundesrepublik Deutschland in die Gebietsföderationen Köln (Nord), Frankfurt a.M. (Mitte) und Stuttgart (Süd). In Bayern bestehen Bezirkskomitees in München und Nürnberg sowie Ortsgruppen in Augsburg und Kempten. Die Mitgliederzahlen und Aktivitäten waren weiterhin rückläufig. Das "Festa delia Donna" (Tag der Frau) am 11. März in München besuchten rund 70 Personen. Am 2. Juni fand in Nürnberg eine Veranstaltung der PCI zur Europawahl mit etwa 50 Teilnehmern statt. Zum alljährlichen "Festa dell'Unita" am 21. Oktober in München fanden sich rund 400 Mitglieder und Sympathisanten ein, darunter auch deutsche, griechische und türkische Linksextremisten. Der im Jahre 1970 in Frankfurt a.M. gegründete Italienische Verband der Gastarbeiter und ihrer Familien (FILEF) ist eine von der PCI beeinflußte Betreuungsorganisation, deren Mitglieder häufig auch Anhänger der PCI sind. Als Publikationsorgane der FILEF erscheinen die Zeitschriften "Emigrazione" und "Emigrazione Oggi" (Emigration heute). Der Verband ist im Bundesgebiet der Organisationsstruktur der PCI entsprechend in drei Zonen (Nord, Mitte, Süd) gegliedert. In Bayern bestehen Ortsgruppen in Landshut, München und Nürnberg, die 1984 keine öffentlichen Aktivitäten zeigten. Auch hier gingen die Mitgliederzahlen weiter zurück. Die rechtsextreme Movimento Sociale Italiano - Destra Nazionale - MSI-DN (Soziale Italienische Bewegung - Nationale Rechte), die 1980 mit dem Aufbau eines Parteiapparates im Bundesgebiet begonnen hatte, entwickelte auch 1984 in Bayern keine nennenswerten Aktivitäten. Ihre in Augsburg, München und Nürnberg entstandenen Ortsgruppen sind durch Mitgliederverluste geschwächt und treten schon seit Jahren nicht mehr öffentlich in Erscheinung. 169 8. Jugoslawische Gruppen Die Situation der jugoslawischen Extremistengruppen, die den gewaltsamen Sturz der Regierung in der Heimat anstreben, war 1984 vielfach durch zunehmende Resignation gekennzeichnet. Obwohl 1984 keine Mordanschläge auf Exiljugoslawen zu verzeichnen waren, führten die in den letzten Jahren verübten Attentate, die in Emigrantenkreisen dem jugoslawischen Geheimdienst angelastet werden, zu erheblicher Verunsicherung. Hinzu kamen finanzielle und personelle Schwierigkeiten, die auch die Aktivitäten der größeren kroatischen Dachverbände beeinträchtigten. Bestrebungen einzelner Gruppen, dem organisatorischen Niedergang durch eine engere Zusammenarbeit zu begegnen, hatten keinen nachhaltigen Erfolg. Jugoslawische Extremistengruppen versuchten auch 1984, die Wirtschaft des Heimatstaates mit publizistischen Aktionen zu schädigen. So verbreiteten sie anläßlich der Olympischen Winterspiele in Sarajewo im Februar 1984 zahlreiche Schriften, die unter Hinweis auf die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in Jugoslawien zum Boykott der Spiele aufriefen. 8.1 Kroatischer Nationalrat (HNV) Der im Februar 1974 in Toronto/Kanada gegründete Kroatische Nationalrat (HNV) versteht sich als Dachorganisation der kroatischen Widerstandsbewegungen auf internationaler Ebene. Sein Ziel ist die Wiederherstellung des "unabhängigen Staates Kroatien" in seinen ethnischen Grenzen. Oberstes Organ des HNV ist das im Turnus von zwei Jahren gewählte Parlament (SABOR). Weitere Organe sind der Exekutivausschuß, der die Ziele des HNV in die Tat umsetzen soll, sowie der Kontrollrat und das Ehrengericht. Als Basisinstitutionen des HNV bestehen im Bundesgebiet rund 25 Ortsausschüsse, deren Arbeit vom Koordinationsausschuß des Kroatischen Nationalrats (HKO) mit Sitz in Stuttgart gesteuert wird. Publikationsorgan des HNV ist die unregelmäßig erscheinende Zeitschrift "Vjesnik" (Bote). Auf der konstitutierenden Sitzung des 5. SABOR im Januar 1984 in London erörterte der HNV die "fundamentalen Fragen des kroatischen Volkes in seinem Freiheitskampf". Er stellte dazu fest, das kroatische Volk habe wie alle anderen Völker das Recht, auf eigenem Boden durch Revolution und bewaffneten Kampf seine nationale Freiheit und staatliche Unabhängigkeit zu verwirklichen. Am 7. April veranstaltete der HNV zusammen mit dem Kroatischen Nationalkomitee in Europa (HNO) anläßlich der Gründung des "Unabhängigen Staates Kroatien" (10. April 1941) in München eine Gedenkfeier, an der sich rund 400 Personen, darunter auch Vertreter kroatischer Emigrantenorganisationen aus Österreich, beteiligten. 8.2. Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP) Innerhalb des HNV hatte sich im Frühjahr 1980 eine lose oppositionelle Gruppierung gebildet. Sie bestand vorwiegend aus jüngeren Anhängern des sogenannten "Kroatischen Frühlings", einer oppositionellen kommunistischen Bewegung von Kroaten in Jugoslawien, deren Repräsentanten im Dezember 1971 entmachtet worden waren. Die Gruppierung konstituierte sich schließlich im Juni 1981 in Lund/Schweden als Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP). Pu170 blikationsorgan der HDP ist seit 1984 die Zeitschrift "Hrvatski Tjednik" (Kroatisches Wochenblatt), die unter Verantwortung eines zentralen Vertriebsbüros für Europa in Stuttgart verbreitet wird. Die HDP versteht sich als eine mit dem HNV konkurrierende Dachorganisation der kroatischen Emigration. Sie will den "Vielvölkerstaat" Jugoslawien mit allen Mitteln zerschlagen und einen eigenständigen Staat "Vereinigtes Kroatien" errichten. Durch Mitgliederwerbung ist die Zahl ihrer Anhänger im Bundesgebiet und in Westeuropa gestiegen. In Bayern sind keine Unterorganisationen der HDP bekannt. 8.3 Kroatische Gruppen in Bayern Das 1950 gegründete Kroatische Nationalkomitee in Europa (HNO) ist eine Mitgliedsorganisation des HNV mit Sitz in München. Als Organ erscheint die Zeitschrift "Hrvatska Drzava" (Kroatischer Staat). Infolge finanzieller Schwierigkeiten und rückläufiger Mitgliederzahlen ist der Bestand des Vereins in Frage gestellt. Aufgrund der bedenklichen Situation des HNO wurde anläßlich einer Gedenkveranstaltung für gefallene oder ermordete Kroaten am 3. November in München eine Zusammenarbeit des HNO mit dem 1984 nahezu inaktiven Bund der Vereinigten Kroaten in Deutschland e.V. (UHNj) und weiteren kroatischen Emigrantenorganisationen eingeleitet. 9. Kurdische Gruppen Der orthodox-kommunistischen Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (KOMKAR) mit Sitz in Köln gehören in Bayern Mitgliedsvereine in München und Nürnberg an. Am 6. Jahreskongreß der KOMKAR am 2.13. Juni in Köln nahmen zahlreiche Gäste aus dem Inund Ausland teil, darunter Vertreter linksextremer griechischer, türkischer und anderer kurdischer Organisationen. Hauptthemen des Kongresses waren u.a. die Ausländerpolitik der Bundesregierung sowie der "Kampf für den Frieden und gegen die imperialistische Aggression und Aufrüstung". In Nürnberg wurden im Januar Flugblätter der KOMKAR verbreitet, die zur Solidarität mit den Gefangenen im türkischen Militärgefängnis Diyarbakir aufriefen. Am 8. September veranstaltete die KOMKAR in Köln eine Kundgebung anläßlich des 4. Jahrestages der Machtübernahme durch die türkischen Streitkräfte. Daran beteiligten sich rund 3.000 Personen, darunter auch deutsche Linksextremisten sowie etwa 100 Anhänger der KOMKAR aus Bayern. Im Oktober veröffentlichte die KOMKAR bundesweit eine Presseerklärung, in der sie die seit 18. August stattfindenden "Militäroperationen in Türkisch-Kurdistan" verurteilte und alle "fortschrittlichen und demokratischen Menschen und Organisationen" aufrief, gegen den Einsatz türkischer Truppen im Grenzgebiet zum Iran und Irak zu protestieren. Die Kurdistan Arbeitervereinigung in Nürnberg e.V., ein Mitgliedsverein der KOMKAR, organisierte im Januar, Mai und September in Nürnberg Mahnwachen. Die Teilnehmer forderten die Freilassung politischer Häftlinge in der Türkei und den Abzug türkischer Truppen aus Kurdistan. 171 Die orthodox-kommunistischen Gruppierungen Kurdische Volkshäuser (KVH) und Fortschrittlich-Demokratische Arbeitervereine Kurdistans (KKDK) schlossen sich auf einem gemeinsamen Kongreß am 475. Februar in Frankfurt a.M. zur Föderation der Vereinigten Arbeitervereine Kurdistans (KURD-KOM) zusammen. Die orthodox-kommunistische KURD-KOM will insbesondere auf die "Terrorund Hungerpolitik" der türkischen "Junta" aufmerksam machen, die "Friedensaktivitäten" in Europa unterstützen und die "Kampfeinheit der Klassenbrüder in den Fabriken, Gewerkschaften und Arbeitsstätten" organisieren, um die "demokratisch-nationalen Kräfte" Kurdistans vor der Zersplitterung zu bewahren. In einer Erklärung rief die KURD-KOM alle "fortschrittlichen Revolutionäre und Patrioten" zur Unterstützung auf und betonte, sie sei zur Einheit mit allen kurdischen und türkischen "demokratischen" Organisationen entschlossen sowie bereit, im Kampf gegen die Unterdrückung und Ausbeutung noch breitere Bündnisse einzugehen. Die orthodox-kommunistische Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führte in Bayern mehrere Folkloreveranstaltungen mit politischem Hintergrund durch. Zu einer Feier aus Anlaß des kurdischen Neujahrstages am 5. Mai in München erschienen rund 500 Besucher. Die Redner berichteten über die bisherigen Aktivitäten der PKK und riefen zum verstärkten Kampf gegen die "faschistische Junta" auf. Bei einem Folkloreabend am 22. Juli in Ingolstadt erinnerte ein Redner die rund 70 Teilnehmer an Massaker, die türkische Soldaten unter den Kurden angerichtet hätten. Ferner kritisierte er die Zustände in türkischen Militärgefängnissen und forderte die Freilassung aller politischen Häftlinge. Am 8. September fand in Duisburg-Hamborn eine Demonstration der PKK gegen die "blutige Herrschaft des Kolonial-Faschismus in der Türkei" statt. Unter den rund 2.500 Teilnehmern befanden sich etwa 70 Mitglieder und Sympathisanten der PKK aus Bayern. Anläßlich des 7. Jahrestages ihrer Gründung führte die PKK am 1. Dezember in Köln eine "Veranstaltung des nationalen Widerstandes Kurdistans" durch. Daran beteiligten sich über 4.000 Besucher aus dem lnund Ausland, darunter auch rund 50 Personen aus Bayern. Den Höhepunkt bildete eine über Videogerät auf eine Großleinwand projizierte Rede des PKK-Vorsitzenden, der alle "revolutionären patriotischen Kräfte" aufforderte, sich am Befreiungskampf der Kurden zu beteiligen. Auf die Zunahme militanter Tendenzen innerhalb der PKK verweist die Mitte August erfolgte Gründung der Befreiungseinheiten Kurdistans (HRK), die sich in einem Flugblatt als Frontorganisation der PKK darstellten und den bewaffneten Kampf gegen den "Imperialismus" und den "faschistischen türkischen Kolonialismus" propagierten. Ziel ihrer Aktivitäten seien die "faschistischen kolonialistischen Meuchelmörder, Blutsauger, politischen und militärischen Tyrannen und Volksfeinde". Das Flugblatt endete mit Aufrufen zur Desertion aus der türkischen "faschistischen Armee". Mehrere Ortsvereine der PKK gründeten schon im März 1984 in Köln einen Verband unter der Bezeichnung Föderation der patriotischen Arbeiter-Kulturvereine Kurdistans in der Bundesrepublik Deutschland (Feyka-Kurdistan), der im Bundesgebiet die Ziele der PKK vertritt. 172 Die Ortsgruppen München und Nürnberg der orthodox-kommunistischen Vereinigung der Studenten Kurdistans im Ausland (AKSA) zeigten im Jahre 1984 keine Aktivitäten. 10. Pakistanische Gruppen Die Ende 1967 gegründete Sozialrevolutionäre Pakistanische Volkspartei (PPP) erstrebt die Abschaffung der Militärdiktatur und die Bildung einer islamisch-sozialistischen Volksmacht in Pakistan. Seit der Hinrichtung des ehemaligen Premierministers und Parteiführers Bhutto am 4. April 1979 und der Umwandlung Pakistans in eine islamische Republik erhielt die vom derzeitigen Militärregime verbotene PPP im Bundesgebiet vermehrt Zulauf. Unterschiedliche Auffassungen, ob die politischen Ziele der PPP mit gewaltsamen oder gewaltfreien Mitteln verwirklicht werden sollen, haben inzwischen zur Entstehung mehrerer rivalisierender Gruppen geführt. Seit 14. August ist die im Bundesgebiet bestehende nationale Unterorganisation der PPP unter der Bezeichnung Pakistan Peoples Party der Bundesrepublik Deutschland, Zentralverband e.V. (PPP.BRD) im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln eingetragen. In Bayern sind in Augsburg, Gemünden a.Main, München und Nürnberg örtliche Untergliederungen vereinsrechtlich angemeldet. In ihrem Organ "The Struggle" (Der Kampf) informiert die PPP über politische Ereignisse und Aktivitäten der Partei in Europa. Zum Gedenken an Bhuttos Hinrichtung veranstalteten die Ortsgruppen der PPP im April Kundgebungen in München und Nürnberg, an denen sich jeweils etwa 60 Personen beteiligten. Am 7. Juli fand in Bonn-Bad Godesberg eine Protestkundgebung der PPP anläßlich des 7. Jahrestages des Militärputsches in Pakistan (5. Juli 1977) statt. Die Demonstranten forderten auf Transparenten den Sturz der Militärregierung von General Zia Ul-Haq und die Freilassung aller politischen Gefangenen. Unter den rund 300 Teilnehmern befanden sich auch Anhänger der PPP aus Bayern. Die Ortsgruppe München der PPP führte am 28. Juli in München eine Versammlung zu den Themen "Politische Situation in Pakistan" und "Wiederherstellung der Demokratie in Pakistan" durch, an der sich rund 110 Personen beteiligten. Der Generalsekretär der PPP Dr. Ghulam Hussein sprach über die Spaltungstendenzen innerhalb der Organisation und griff den Leiter des Überseebüros der PPP in London Malik Ghulam Mustafa Khar an, wobei er sich gegen eine von Khar zur Stärkung seines politischen Einflusses angestrebte Neuwahl des Zentralen Exekutivkomitees aussprach. Bei einer Mitgliederversammlung der Ortsgruppe Augsburg der PPP am 29. Juli wiederholte Dr. Hussein vor rund 130 Zuhörern die Rede des Vortages. Unter dem Motto "Gegen Militärdiktatur - Für Ziele demokratischer Parteien" führten Mitglieder der PPP am 6./7. Oktober in Augsburg einen 24stündigen Hungerstreik durch. Sie zeigten Transparente und verteilten Flugblätter, die Forderungen wie "Wiederzulassung aller demokratischen Parteien", "Freilassung aller politischen Gefangenen" und "Einstellung aller Scheinprozesse" enthielten. 173 11. Spanische Gruppen Die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) wurde 1921 gegründet, nach dem Regierungsantritt Francos in Spanien im Jahre 1939 verboten und erst 1977 wieder zugelassen. Die PCE wird in der Bundesrepublik Deutschland durch ein "Comite Federal" (Bundeskomitee) geleitet. Das Bundesgebiet ist in die Zonen Nord, Rhein-Ruhr, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern gegliedert, denen über 50 örtliche Zweiggruppen angehören. In Bayern bestehen Ortsgruppen in München und Nürnberg, deren Mitgliederzahlen weiter zurückgingen. Publikationen der PCE sind die Zeitschrift "Mundo Obrero" (Welt der Arbeit) und das parteitheoretische Organ "Nuestra Bandera" (Unsere Fahne). Verbindungen bestehen zur Kommunistischen Partei Italiens (PCI), zur Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE-Inland) und zur Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Die geringen Aktivitäten der PCE richteten sich überwiegend gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung. 12. Türkische Gruppen Türkische Linksextremisten aller ideologischen Richtungen zielten mit ihrer Agitation nach wie vor insbesondere auf die Verhältnisse in der Heimat und die Situation der Ausländer im Bundesgebiet. Einer der Schwerpunkte ihrer Aktivitäten waren Solidaritätsaktionen für hungerstreikende Häftlinge in der Türkei. Daneben polemisierten türkische Linksextremisten vor allem gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung, die behauptete Ausländerfeindlichkeit der Deutschen und die Unterstützung der "faschistischen Junta" der Türkei durch westliche Bündnispartner. Die Bereitschaft türkischer Extremisten, politische Gegensätze unter Anwendung von Gewalt auszutragen, hielt an, obwohl 1984 in Bayern keine gravierenden Ausschreitungen zu verzeichnen waren. Rechtsextreme türkische Gruppen, deren Ideologie teils durch einen extremen Nationalismus, teils durch einen religiös begründeten politischen Fanatismus bestimmt ist, schränkten ihre Aktivitäten ein und waren bestrebt, sich der Öffentlichkeit als gemäßigte "demokratische" Organisationen zu präsentieren. 12.1 Linksextremisten 12.1.1 Orthodoxe Kommunisten Die Kommunistische Partei der Türkei (TKP), die in der Türkei seit dem Jahre 1923 verboten ist, steuert ihre konspirative Arbeit im Bundesgebiet von ihrem Exilsitz in Berlin (Ost) aus. Bestrebungen der TKP, die Aufsplitterung der türkischen kommunistischen Vereinigungen im Bundesgebiet zu überwinden und dabei ihren eigenen Einfluß zu stärken, führten Ende Februar 1977 in Düsseldorf zum Zusammenschluß der national-kommunistischen Föderation Demokratischer Arbeitervereine der Türkei in Europa (TDF) und der orthodoxkommunistischen Föderation türkischer Sozialisten in Europa (ATTF) unter der Bezeichnung Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (FIDEF). Diesem Dachverband gehören im Bundesge174 biet etwa 70 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 6.000 Mitgliedern an, darunter auch türkische Arbeitervereinigungen in Lohr a.Main und München. Die orthodox-kommunistisch beeinflußte FIDEF unterhält u.a. Verbindungen zur Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und ihren Nebenorganisationen Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) und Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) sowie zum Sozialistischen Hochschulbund (SHB). Als Organ der FIDEF erscheint die Monatsschrift "Türkei-Informationen" in deutscher Sprache. Am 7.IQ. April fand in Essen der 8. Jahreskongreß der FIDEF statt, an dem etwa 1.000 Personen teilnahmen. Als Gäste waren Vertreter deutscher, türkischer und kurdischer linksextremer Organisationen anwesend, darunter der Vorsitzende der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Herbert Mies. Die Delegierten beschlossen, die künftige Arbeit auf den Kampf für die 35-Stunden-Woche, die Unterstützung der "Friedensbewegung" und den Einsatz für eine Generalamnestie in der Türkei zu konzentrieren. 175 Anhänger der FIDEF forderten am 16. Juni in Augsburg auf Transparenten eine Amnestie für politische Gefangene in der Türkei. Der Türkische Arbeiterverein in München (M.I.DER), ein Mitgliedsverband der FIDEF, veranstaltete am 21. Januar in München das "Internationale Fest der Freundschaft - Gegen die Ausländerfeindlichkeit". Unter den rund 300 Teilnehmern befanden sich als Gäste auch Mitglieder der DKP. Die Redner übten heftige Kritik an den "Menschenrechtsverletzungen" der türkischen Regierung. Auch die Bundesregierung wurde angegriffen, weil sie die "Herrschenden in der Türkei" unterstütze. Beim Ostermarsch am 23. April in München stellte der M.I.DER am Ort der Abschlußkundgebung Informationstische auf. 12.1.2 Neue Linke Die proalbanische Türkische Kommunistische Partei/MarxistenLeninisten (TKP/ML) wurde im Jahre 1972 illegal in der Türkei gegründet. Im Jahre 1974 fand die Gründungsversammlung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland statt. Ziel der TKP/ML ist die Beseitigung des politischen Systems in der Türkei zugunsten einer kommunistischen Ordnung im Sinne des MarxismusLeninismus. Ihre "Frontorganisation" ist die "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO). Die konspirativ arbeitende TKP/ML unterhält in Bayern einige Stützpunkte, so z.B. in Augsburg, München und Nürnberg/Fürth. Sie trat vorwiegend mit Schmieraktionen sowie durch Verbreitung von Schriften in Erscheinung. Ideologisches Sprachrohr der Partei ist das Blatt "Isci Köylü Kurtulusu" (Arbeiter-Bauern-Befreiung). Der von der TKP/ML erheblich beeinflußte proalbanische Dachverband Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) hat sich nach ideologischen Auseinandersetzungen im Sommer 1981 gespalten. Anhänger der abgespaltenen Gruppe nennen sich jetzt "Bolsevik Partizan" (BP), während die in der ursprünglichen Organisation verbliebenen Mitglieder intern die Zusatzbezeichnung "Partizan" (P) führen. Von letzterer Gruppierung unterscheidet sich der abgespaltene Verband insofern, als er eine gewaltsame Durchsetzung seiner politischen Ziele in der Türkei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch als verfrüht ansieht. Er verbreitet die weiterhin erscheinenden Publikationen der TKP/ML und das Organ der ATIF "Mücadele" (Kampf) jeweils mit dem Zusatz "Bolsevik" (B). Die Gruppe "Partizan" der ATIF organisierte am 30. Juni in Augsburg einen "Folkloreabend". Daran beteiligten sich rund 450 Personen, die aus Bäumenheim/Landkreis Donau-Ries, Donauwörth, Ingolstadt, Kaufbeuren, München, Nürnberg, Stuttgart und Ulm angereist waren. Ein Redner forderte eine allgemeine Amnestie für alle politischen Gefangenen in der Türkei und äußerte, daß "faschistische" türkische Regierungsorgane die TKP/ML im Vergleich zu anderen linksextremen türkischen Organisationen mit besonderer Härte verfolgten. Anläßlich des Streiks in der Druckund Metallindustrie verbreitete die Gruppe "Partizan" im Juni ein Flugblatt, in dem es hieß, die 35-Stunden-Woche sei kein Mittel gegen die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Diese könne nur mit der "Revolution, mit der Errichtung eines wahren sozialistischen Systems abgeschafft werden". Da "Unterdrückung, Ausbeutung und Ungerech176 Publikationen extremistischer türkischer Organisationen " Y j * ^ [EWpEBYBLlZME , SOSYtt - EMPERYHliZME ve jjfMJjtj M R K KABSI | ÄTir ( Almanva Türkiye li Isciler Federasyonii ) Yayin Organi DEVRIMCI * * TürklyeMenGBilemler Malum Bir Anlayi; üierine * Ye;lfleitn Yabanalar Program Taslagi ISCl * * Yabanci Ijfiler Sorunu ve Bau Yakla$imlar * 35SairlMDcaaekulveBli Sayi 24 2 3 Haziran 1984 2,-DM MBsmaEBBBsssmMsmmiamssm A iSCi-KÖYLÜ KURTULUSU I TÜRKlYE KOMÜWJST PARTIS I/MA RHSiST-LENI WIST MEBKEZl YAVII. ORGAMI [ MarksistLeninist parti ve örgütterin 2. uiuslararasi konferansinda kurulan Devrimci Enternasyonalist Hareketi selamliyoruz! Devrimci Komünist Birlik {Dominik Cumhuriyeti) Devrimci Komünist Partisi/A BD Haiti Enternasyonal Devrimci Gmbu Hindis Un Devrimci Komünist Partisi Hindis tan Komünist Partisi/Markast-Leninist Metkezi Yeniden Örgtitlenme Komitesi Iran Komünistler Birügi I Sarbedaran) Kolombia Devrimci Komünist Grubu Kolombia Komünist Partisi ( Mark sist-Leninist) Mao Zedting Böige Komilesi Nepal Komünist Partisi (Macal) Nottingham/Stock port Komünist Gruplan (Britanya) Seylan Komünist Partisi Türkiye Komünist Partisi/Marksist-Leninist Yeni Zelanda Kizd Bayrak Grubu 177 tigkeit" solange andauerten, wie "dieses System" existiere, müsse der Streik zu einem Teil des Kampfes gegen den westdeutschen Staat umgewandelt werden. Die Spaltergruppe "Bolsevik Partizan" (BP) der ATIF polemisierte im Mai in einem bundesweit verbreiteten Flugblatt gegen die Ausländerpolitik der Bundesregierung. Sie bezichtigte die "Herrschenden" der "Schürung des Chauvinismus" und kündigte die "Zerschlagung des imperialistischen westdeutschen Staatsapparates durch die sozialistische Revolution" an. Der Verein der Arbeiter und Jugend aus der Türkei in Nürnberg/Fürth und Umgebung e.V., der die Ziele der Gruppe "Bolsevik Partizan" der ATIF vertritt, hielt am 6. Oktober in Nürnberg eine Gedenkfeier für den in der Türkei wegen Mordes zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilten und am 9. September in Paris im Exil verstorbenen türkischen Regisseur und Schauspieler Yilmaz Güney ab. Zu der Veranstaltung fanden sich rund 50 Personen ein, darunter auch Teilnehmer aus Bayreuth, Coburg und Landshut. Die Referenten betonten, der Verstorbene sei ein Sympathisant von "Bolsevik Partizan" gewesen. Die Sozialrevolutionäre Organisation Devrimci Yol (Revolutionärer Weg) hat sich von der in der Türkei verbotenen Türkischen Volksbefreiungspartei/-front (THKP/C) abgespalten. Ziel der konspirativ arbeitenden THKP/C ist der gewaltsame Umsturz in der Türkei. Am 18. Februar fand in Augsburg ein von der Gruppe Devrimci Yol organisierter "Folkloreabend" statt, zu dem sich rund 300 Besucher einfanden. Im Verlauf der Veranstaltung wurde ein Film über die Lage in der Türkei vor der Machtübernahme durch das Militär gezeigt, der die damaligen Auseinandersetzungen zwischen türkischen Linksund Rechtsextremisten schilderte. Mehrere Redner verurteilten die Zustände im türkischen Militärgefängnis Diyarbakir sowie die Hinrichtungen und Folterungen durch die "faschistische" Junta. Anhänger von Devrimci Yol veranstalteten am 29. Juli in München ein Bürgerfest, an dem sich rund 50 Personen, darunter auch Vertreter des Arbeiterbundes für den Wiederaufbau der KPD (AB), beteiligten. Dabei wurden Broschüren verteilt und Spenden für Solidaritätsaktionen zugunsten "politischer Gefangener" in der Türkei gesammelt. Die Sozialrevolutionäre Gruppierung Devrimci Sol (Revolutionäre Linke), die in der Türkei im Jahre 1978 aus einer Aufsplitterung der Organisation Devrimci Yol entstanden war, wurde am 9. Februar 1983 vom Bundesminister des Innern verboten. Während der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Köln gegen Anhänger von Devrici Sol, die am 3. November 1982 das türkische Generalkonsulat in Köln besetzt und über 30 Geiseln genommen hatten, kam es wiederholt zu Tumulten und tätlichen Angriffen auf die Polizei. Dabei wurden am 4. Januar 1984 auch zwei Angehörige von Devrimci Sol aus Ingolstadt und München vorübergehend festgenommen. Das Gericht verurteilte die Konsulatsbesetzer am 3. April 1984 zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Am 17. Februar durchsuchte die Polizei drei Wohnungen türkischer Staatsangehöriger in München. Sie konnte eine Rohrbombenattrappe und umfangreiches Schriftmaterial sicherstellen, das auf eine Fortführung der verbotenen Or178 * ALMAN EMPERYALiZMi DEVRiMCt SOL'U YARGILAYAMAZ *DER DEUTSCE IMPERIALISMUS KANN DEVRIMCi SOL NICHT VERURTEILEN *KÖLN KONSOLOSLUK EYLEMI TUTUKLULARI SERBEST BIRAKILMALIDIR *DIE KÖLNER KONSULATSBESETZER SOLLEN FREIGELASSEN WERDEN *SUCLU OLAN'FASIZME KARSI SAVASANLAR DEGIL, ONU UYGULAYANVE KORUYANLARDIR NICHT DIE ANGEKLAGTEN, DIE GEGEN DEN FASCHISMUS KÄMPFEN, SIND DIE SCHULDIGEN SONDERN DIE, DIE IHN DURCHFUHREN UND SCHÜTZEN. DEVRIMCI SOL 179 ganisation Devrimci Sol hindeutete. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Zuwiderhandlung gegen ein vollziehbares Vereinsverbpt ein. Unter dem Titel "Türkei Bulletin" erschien im März eine deutschsprachige Propagandaschrift von Devrimci Sol, in der die verbotene Gruppierung erklärte, sie wolle das Bewußtsein schaffen, daß die Befreiung des Volkes die Revolution sei, und auf diesem Weg eine bewaffnete Volksbewegung organisieren. Die Grundlinie dafür sei der "bewaffnete Kampf". Die Föderation der türkischen demokratischen Arbeitervereine in Deutschland e.V. (DIDF) und die Gruppe Halkin Kurtulusu (Befreiung des Volkes) propagieren das politische Gedankengut der proalbanischen, in der Türkei aufgelösten Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei (TDKP). Örtliche Untergliederungen bestehen auch in Bayern. Im Sommer 1984 brachte die DIDF eine Broschüre in Umlauf, in der sie die soziale und politische Gleichstellung der Ausländer mit den Deutschen, insbesondere das Wahlrecht für Ausländer, forderte. In einem Aufruf an "alle Antifaschisten und Demokraten" hieß es, man dürfe gegenüber der "sich jeden Tag verschärfenden Unterdrückung der ausländischen Arbeiter" und der "Ausländerfeindlichkeit" nicht länger schweigen. Die "Reaktion und der Faschismus in der Bundesrepublik" versuchten "auf hinterhältige Art und Weise, uns Ausländische zu Verantwortlichen der Arbeitslosigkeit und anderer Übel zu stempeln". Es liege auf der Hand, daß dies ein Weg sei, "die Einheit des Volkes zu spalten und es irrezuleiten". Daher gelte es, "Schulter an Schulter für unser Wahlrecht" zu kämpfen. 12.1.3 Aktionsbündnisse türkischer und kurdischer Linksextremisten Das Antifaschistische Komitee Nürnberg und Umgebung, ein Zusammenschluß von Anhängern türkischer und kurdischer Organisationen der Orthodoxen und Neuen Linken, errichtete am 13. Oktober in Nürnberg einen Informationsstand. Einige Teilnehmer trugen Leichentücher und Plakate mit den Aufschriften "Nein zur Todesstrafe", "Gegen Folter" und "Keine Todesurteile". Die Plakatträger zogen anschließend durch die Fußgängerzone und verteilten Flugblätter. Das im Frühjahr 1982 gegründete Antifaschistische Einheitskomitee im Ausland (BIRKOM), das den "revolutionären Kampf der Völker der Türkei und Kurdistans" unterstützen und eine gemeinsame Widerstandsfront gegen die "faschistische Staatsform" der Türkei aufbauen will, zeigte 1984 keine Aktivitäten. 12.1.4 Sonstige Aktionen türkischer Linksextremisten Rund 15 Anhänger linksextremer türkischer und kurdischer Gruppierungen organisierten am 5. Mai in München eine "Aktion für die Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei", um die deutsche Öffentlichkeit auf die Haftbedingungen in türkischen Gefängnissen aufmerksam zu machen. Fünf Teilnehmer hatten sich die Augen mit schwarzen Tüchern verbunden und sich aneinandergekettet. Auch lagen Unterschriftslisten auf, in denen gegen die türkische Regierung und gegen Folterungen in der Türkei protestiert wurde. 180 Aus Anlaß des 4. Jahrestages der Machtübernahme in der Türkei durch die türkischen Streitkräfte (12. September 1980) reisten am 8. September 1984 Anhänger linksextremer türkischer Gruppierungen aus dem gesamten Bundesgebiet zu Protestkundgebungen nach Köln. An einem Aufzug der Föderation der türkischen demokratischen Arbeitervereine in Deutschland e.V. (DIDF) beteiligten sich rund 3.000 Personen, darunter auch Demonstranten aus Bayern sowie Gruppen der Marxistisch-leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) und der von der Kommunistischen Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) - KPD - beeinflußten VOLKSFRONT. Am selben Tag nahmen in Köln rund 150 Personen, darunter etwa 30 Türken aus dem Raum Nürnberg, an einer Kundgebung der Gruppe Bolsevik Partizan der Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) teil. Die Demonstranten zeigten u.a. Transparente mit der Aufschrift "Tod dem westdeutschen Imperialismus". Beide Demonstrationen standen unter dem Motto "Nieder mit der faschistischen Junta und der Marionettenregierung Özal". Im Zusammenhang mit der vom "Frankfurter Appell" getragenen Kampagne gegen "Rassismus und Ausländerfeindlichkeit" (vgl. dazu 2. Abschnitt Nr. 2.4.3) veröffentlichte eine Reihe linksextremer türkischer Organisationen deutschsprachige Propagandaschriften, die das geltende Ausländergesetz und die Ausländerpolitik der Bundesregierung massiv angriffen. So unterstellte die Gruppe "Partizan" der ATIF den "schmarotzerhaften Politikern", mit "Scheindiskussionen" zu versuchen, "das Ausländergesetz zu verschärfen und die Ausländer zu modernen willigen Sklaven zu machen". Sie behauptete, Ausländerfeindlichkeit sei "Staatspolitik" und forderte, der "Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit" müsse sich "gegen den westdeutschen Imperialismus richten". Die Spaltergruppe "Bolsevik Partizan" der ATIF machte den "revanchistischen, militaristischen, westdeutschen Imperialismus" für die Ausländerfeindlichkeit verantwortlich, die dieser brauche, um "die Spaltung der Arbeiter und Werktätigen aufrechtzuerhalten". Die vom "Frankfurter Appell" durchgeführten Aktionen seien abzulehnen. Stattdessen müßten "Revolutionäre" den Kampf gegen die Ausländerfeindlichkeit mit dem Ziel einer "sozialistischen Revolution in Westdeutschland" revolutionär führen. Die DIDF bezeichnete die Ausländerfeindlichkeit als "Teil der staatlichen Politik der Bundesregierung", die von den "etablierten Parteien CDU/CSU/FDP bewußt geschürt" werde, und unterstellte dem Ausländergesetz "rassistische Eigenschaften". 12.2 Rechtsextremisten Die Bestrebungen der Islamischen Union Europa e.V. mit Sitz in Köln (vormals Türkische Union Europa e.V.) werden seit Anfang 1984 von dem mit ihr schon bisher organisatorisch und ideologisch verbundenen Islamischen Zentrum Köln e.V. (IZ) fortgesetzt. Das islamisch-extremistische IZ vertritt die politischen Ziele der in der Türkei verbotenen und aufgelösten Nationalen Heilspartei (MSP) und erstrebt die Reislamisierung der Türkei sowie deren Integration in die islamische Staatenwelt. Dem Dachverband gehören in Bayern Zweiggruppen mit unterschiedlichen Bezeichnungen an, die im Regionalverband Föderation Islamischer Vereine und Gemeinden im Land Bayern e.V. vereinigt sind. 181 "* ** ** DEMONSTRATION-YURUYUS Gegen Faschismus in der Türkei 182 Zu einer Großveranstaltung eines MSP-orientierten Ausländervereins am 26. Mai in München fanden sich rund 750 Teilnehmer ein. Der Hauptredner wandte sich gegen die derzeitige türkische Regierung, aber auch gegen die Demokratie im allgemeinen. Mit Zwischenrufen und Sprechchören feierten die Zuhörer den iranischen Revolutionsführer Khomeini und forderten die Bildung eines theokratischen Staates in der Türkei. Die 1978 gegründete Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt a.M. propagiert das Gedankengut der in der Türkei verbotenen und aufgelösten rechtsextremen Partei der Nationalen Bewegung (MHP). Sie gibt seit Februar anstelle ihres bisherigen Organs "Vatana Hasret" (Sehnsucht nach dem Vaterland) eine neue Monatszeitschrift mit dem Titel "Anayurt" (Heimat) heraus, die sich als "wahre Stimme und Vertreter der Türken fern der Heimat" bezeichnete. Dem Dachverband sind im Bundesgebiet über 80 türkische Organisationen mit rund 10.000 (1983: 15.000) Mitgliedern angeschlossen, darunter Ausländervereine in Fürth, Ingolstadt, Kempten, Lauingen/Landkreis Dillingen, München, Nersingen/Landkreis Neu-Ulm, Neu-Ulm, Nürnberg, Regensburg, Röthenbach a.d. Pegnitz und Würzburg. Die Türkische Gemeinschaft in Nürnberg e.V., ein Mitgliedsverein der ADÜTDF, veranstaltete am 3. März in Nürnberg einen "Folkloreabend" mit rund 400 Teilnehmern aus ganz Bayern. Der zweite Vorsitzende der ADÜTDF Öner Ihsan betonte in seiner Rede, die Türken hätten keinen Anlaß, ihre Herkunft zu verleugnen. Auch im Ausland sollten sie ihre Lebensweise nicht ändern und wie freie Türken und Mohammedaner leben. Gerade weil sie keine Europäer und Christen seien, würden sie in der Bundesrepublik Deutschland vielfach unterdrückt und mißachtet. Im Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung müsse man zur Erhaltung der eigenen Identität klarstellen, daß man hier nur in Ruhe leben und arbeiten möchte, ohne die überlieferten Sitten und Gebräuche aufzugeben. Bei einem Treffen des Unterfranken Türk Islam Kultur-Verein e.V., Würzburg, am 7. April in Schweinfurt sprach der erste Vorsitzende der ADÜTDF Dr. Ali Batman vor rund 300 Zuhörern über den "Wirtschaftsund Kulturimperialismus der Supermächte". Er verwies ferner auf wieder auflebende kommunistische Aktivitäten in der Türkei. Hauptaufgabe der ADÜTDF im Bundesgebiet sei die Betreuung Jugendlicher, die durch westliche Einflüsse wie Alkohol und Rauschgift besonders gefährdet seien. Der Verein türkischer Idealisten e.V. (MÜO), eine weitere Mitgliedsorganisation der ADÜTDF, führte am 27. Mai in München eine "Folkloreveranstaltung" mit Dr. Ali Batman als Redner durch, an der rund 600 Personen teilnahmen. Im Veranstaltungslokal waren Zitate und Abbildungen eines in der Türkei von Linksextremisten ermordeten MHP-Funktionärs angebracht. Porträts und Spruchbänder zu Ehren des in der Türkei inhaftierten M HP-Vorsitzenden Alparslan Türkes waren diesmal im Gegensatz zu früheren Veranstaltungen nicht festzustellen. 183 8. Abschnitt Spionageabwehr 1. Allgemeines Die Spionage östlicher Nachrichtendienste muß als Teil der Gesamtbestrebungen der Staaten des kommunistischen Machtbereichs gesehen werden, die westliche Gesellschaftsordnung als "kapitalistisches System" politisch, wirtschaftlich oder militärisch zu bezwingen. Spionageabwehr ist deshalb Schutz des Staates und seiner freiheitlichen Ordnung, seiner Verteidigungsfähigkeit und der Leistungsfähigkeit seiner Wirtschaft. Die Bundesrepublik Deutschland ist seit Jahren bevorzugtes Angriffsziel gegnerischer Nachrichtendienste. Die besondere geographische und politische Lage unmittelbar an der Grenze zum kommunistischen Machtbereich, die herausragende Stellung im Nordatlantischen Verteidigungssystem sowie die auf einer hochentwickelten Wissenschaft, Forschung und Industrie beruhende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sind im wesentlichen die Gründe für diese Spionagebemühungen. Die geographische Lage sowie die Wirtschaftsstruktur sind auch Anlaß für besondere Aktivitäten der Nachrichtendienste des kommunistischen Machtbereichs im Freistaat Bayern. Die stärkste Spionagebedrohung ging dabei auch 1984 wieder von den Nachrichtendiensten der DDR aus, auf die rund 50 % der erkannten Ausspähungsaufträge entfielen. An zweiter Stelle lag der Nachrichtendienst der CSSR mit etwa einem Drittel am Gesamtanteil der erkannten Aufträge. Nennenswerte Spionageaktivitäten gingen im übrigen von den Nachrichtendiensten Rumäniens, der UdSSR und Ungarns aus. Das Hauptinteresse der Nachrichtendienste des kommunistischen Machtbereichs galt 1984 der Militärund Wirtschaftsspionage. Die Hälfte aller erkannten Aufträge diente der Informationsgewinnung in diesen Bereichen. Der Militärspionage wird dabei nicht nur die Ausspähung von Kasernen, Raketenbasen und Flugplätzen zugerechnet, sondern auch die Beschaffung aller militärisch nutzbaren Informationen in westlichen Wirtschaftsunternehmen. Betroffen sind außer der Rüstungsindustrie vor allem die Elektronikindustrie, die Computertechnologie und die Energietechnik einschließlich der Kernenergie. Der Anteil der erkannten politischen Ausspähungsversuche war 1984 rückläufig. Hier lag das Schwergewicht bei der Gewinnung von Informationen über die Ostemigration sowie Landsmannschaften und Parteien. 184 Ein beachtlicher Teil der erkannten Aufträge war vorbereitender und unterstützender Art. Hier war häufigste Zielrichtung die Abklärung von Personen und Objekten. Gegnerische Nachrichtendienste erteilen diese Aufträge überwiegend zur Erprobung geworbener Agenten oder um weitere Personen ausfindig zu machen, die für eine spätere nachrichtendienstliche Zusammenarbeit geeignet erscheinen. Zielrichtung der erkannten Spionageaufträge Militär Politik Wirtschaft Sonstiges Wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit wurden 1984 durch das Bayerische Oberste Landesgericht zwei Personen (1983: drei) rechtskräftig zu Freiheitsstrafen von 22 bzw. 34 Monaten verurteilt. Auftraggeber waren die Nachrichtendienste der UdSSR und Jugoslawiens. 2. Informationsgewinnung Die Nachrichtendienste der Staaten des kommunistischen Machtbereiches sind bestrebt, Informationen über allgemein zugängliche Quellen (Presse, Rundfunk, Fernsehen, Fachzeitschriften, Prospekte, wissenschaftliche Ausarbeitungen und Angebote auf Messen), aber auch durch den Einsatz von Agenten zu beschaffen. Bei der sogenannten offenen Beschaffung aus allgemein zugänglichen Quellen profitieren sie von unserer "offenen Gesellschaft" und ihrem darauf beruhenden freiheitlichen Informationssystem. Der Vorteil für die Dienste liegt u.a. darin, daß sie weder konspirative Wege gehen noch nachrichtendienstliche Hilfsmittel mit ihren nicht völlig kalkulierbaren Risiken einsetzen müssen. Systematische Informationsbeschaffung für die Nachrichtendienste wird auch betrieben durch die sogenannten Legalen Residenturen in Botschaften, Konsulaten, Handelsmissionen sowie staatlichen oder teilweise staatlichen Firmen. Auch Informationsbesuche bei Firmen, Teilnahme an Fachtagungen oder Gespräche im Rahmen des wissenschaftlichen Erfahrungsaustausches sind in das System der Informationsbeschaffung einbezogen. Die Gesprächspartner aus 185 den Staaten des Ostblocks sind in aller Regel verpflichtet, nach Rückkehr in ihr Heimatland einen Bericht über die Gesprächspartner sowie die Gesprächsinhalte abzugeben. 3. Agentenwerbung Nach wie vor kommt dem Einsatz von Agenten große Bedeutung zu. Diese werden entweder systematisch in interessante Objekte eingeschleust oder als Angehörige solcher Einrichtungen zur Mitarbeit geworben. Bei der Werbung wird auch vor der Anwendung von Druckmitteln nicht zurückgeschreckt. Sehr interessiert sind die Nachrichtendienste an der Anwerbung von Studenten, die eine für nachrichtendienstliche Zwecke geeignete Fachrichtung studieren. Sie werden als sogenannte Perspektivagenten geführt, bis sie oft lange nach Beendigung ihres Studiums in einflußreiche Positionen gelangen. Werbungsansprachen erfolgen häufig bei Besuchsoder Geschäftsreisen von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland in ein Land des Ostblocks. Das Angebot günstiger Urlaubsaufenthalte sowie eine plötzliche Kontaktaufnahme durch nur flüchtig bekannte Personen kann die Vorbereitung zu einem Werbungsversuch sein. Bei Werbungsgesprächen erweist sich zur Zeit das Thema "Frieden" als besonders geeigneter Anknüpfungspunkt. Die nachfolgenden Fälle sollen beispielhaft aufzeigen, wie Nachrichtendienste kommunistischer Staaten durch Drohungen und Anbieten von Vergünstigungen Personen zur nachrichtendienstlichen Mitarbeit verpflichten. Die Gestattung bzw. Ablehnung von Besuchsreisen zu Angehörigen im kommunistischen Machtbereich ist dabei ein besonders oft angewandtes Lockbzw. Druckmittel: Im Zusammenhang mit privaten Reisen nach Ungarn wurde ein deutscher Geschäftsmann bei der Vorsprache in der örtlichen Ausländerpolizeibehörde von Angehörigen des Sicherheitsdienstes angesprochen und für Spionageaufträge in der Bundesrepublik Deutschland geworben. Als Gegenleistung wurden ihm Reiseerleichterungen zugesagt. Für den Fall seiner Weigerung wurde ihm angedroht, er dürfe nie mehr zu seiner Freundin und seinem Kind nach Ungarn reisen. Als ein in die Bundesrepublik Deutschland geflüchteter tschechoslowakischer Staatsangehöriger bei der Konsularabteilung seiner Botschaft im Bundesgebiet einen Antrag auf Entlassung aus dem Staatsverband der CSSR stellte, wurde ihm angeraten, stattdessen einen Konsularpaßzu beantragen. Dieser werde unverzüglich ausgestellt, um ihm, der inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, die baldige Reise zu seinen Verwandten in die CSSR mit vielen Vorteilen zu ermöglichen. Als er sich darauf einließ, wurde ihm einige Tage nach seinem Eintreffen in der CSSR deutlich zu verstehen gegeben, daß er nur dann erneut einreisen könne und man auf Strafverfolgung verzichten werde, "wenn er sich seinem Heimatland gegenüber dankbar erweise". In einem weiteren Fall hatte ein Rumäniendeutscher bereits in seiner früheren Heimat Informationen für den Nachrichtendienst beschafft und dafür mehrere Besuchsreisen in die Bundesrepublik Deutschland genehmigt erhalten. Als er auf seinen Antrag hin in das Bundesgebiet übersiedeln durfte, wurde er verpflichtet, nach Abschluß des Einbürgerungsverfahrens mit seinem Führungsoffi186 zier in Rumänien Kontakt aufzunehmen. Über einen Mittelsmann würden ihm die weiteren Einzelheiten für die künftige Zusammenarbeit mitgeteilt werden. Ist eine nachrichtendienstliche Verstrickung entstanden, hat derjenige nichts zu befürchten, der sich rechtzeitig offenbart. Es wird deshalb nachdrücklich darauf hingewiesen, daß sich alle Personen, die dem Staatssicherheitsdienst der DDR oder einem anderen Nachrichtendienst vor Übersiedlung, bei Besuchsoder Geschäftsreisen oder anläßlich von Urlaubsoder Studienaufenthalten ihre Mitarbeit zugesagt haben, der zuständigen Verfassungsschutzbehörde anvertrauen sollten. Nach dem in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht können sie auf diese Weise mit Straffreiheit oder Strafminderung rechnen. 4. Agentenführung Eine nachrichtendienstliche Verbindung erfordert funktionierende Weisungsstränge und Verbindungswege. Sie werden durch persönliche Kontakte des Agenten mit seinem Führungsoffizier im Ostblock oder mit sogenannten "operativen Reisekadern" im Bundesgebiet hergestellt. Ferner werden nachrichtendienstliche Hilfsmittel wie Container, verschlüsselte Funkdurchsagen, gefälschte Ausweise oder Geheimschriftverfahren benutzt. Die "operativen Reisekader" werden im Bundesgebiet als Instrukteure oder Kuriere eingesetzt. Instrukteure haben die Aufgabe, im Auftrag der Führungsstelle dem Agenten Weisungen zu erteilen, ihn fachlich und politisch anzuleiten und beschafftes Informationsmaterial zu übernehmen. Kuriere sind in der Regel nur für den Informationsaustausch über sogenannte "Tote Briefkästen" zuständig. "Operative Reisekader" reisen in das Bundesgebiet entweder unter einer Falschidentität mit gefälschten Reisepapieren ein oder treten als "offizielle Reisekader", z.B. als Wissenschaftler oder Monteure, mit dienstlichem Auftrag und entsprechenden dienstlichen Reisepapieren auf oder geben sich als private Besuchsreisende aus. Nach wie vor ist die häufigste Methode zur Übergabe nachrichtendienstlichen Materials und zur Versorgung des Agenten mit Anweisungen und Geld der persönliche Treff. Solche Begegnungen wurden von den Nachrichtendiensten der DDR aus Sicherheitsgründen vornehmlich im eigenen Machtbereich abgewickelt. Agenten und Führungspersonen kommen im westlichen Ausland in der Regel erst zusammen, wenn eine entsprechende Vertrauensbasis besteht und Reisen in den kommunistischen Machtbereich eine Gefährdung des Agenten bedeuten würden. Der freizügig gestaltete Reiseverkehr in die Bundesrepublik Deutschland und insbesondere das geteilte Berlin ermöglichen einen Übertritt von Ost nach West und umgekehrt relativ risikolos. Umgekehrt sichert das perfekte Überwachungssystem an der Grenze und am Aufenthaltsort dem östlichen Nachrichtendienst die Information über die Anwesenheit seines Agenten auch dann, wenn dieser in den betreffenden Staat einreist, ohne seinen Führungsoffizier hiervon zu unterrichten. Verratsmaterial und nachrichtendienstliche Hilfsmittel, wie gefälschte Ausweise oder Verschlüsselungsunterlagen, werden in aller Regel verdeckt transportiert und hinterlegt. Solche Transportbehältnisse oder Verstecke werden als Contai187 ner bezeichnet. Wie die folgenden Abbildungen zeigen, werden insbesondere Gebrauchsartikel als Container präpariert. Durch die Manipulation wird die Gebrauchsoder Funktionsfähigkeit des Gegenstandes kaum beeinträchtigt. So wurde z.B. eine mit echtem Fruchtsaft gefüllte Fruchtsaftdose mit doppeltem Boden, der mittels eines Linksgewindes abgeschraubt werden konnte, als Transportmittel für bespielte Tonbänder benutzt. Dem Transport von falschen Personalausweisen, Geld, schriftlichen Informationen oder nachrichtendienstlichen Hilfsmitteln dienen spezielle Mappen oder Taschen, die innen mit einem verschließbaren Geheimfach ausgestattet sind. Für Uneingeweihte ist im geschlossenen Zustand weder das Fach noch der Verschluß erkennbar. Die abgebildete Schreibmappe enthält ein durch Klebeverschluß verborgenes Geheimfach, in dem ein gefälschter Reisepaß transportiert wurde. Im Boden der abgebildeten Aktentasche befindet sich ein durch eine Metallplatte und einen Klettverschluß gesichertes Geheimversteck für eine Minox-Kamera. Zur Aufbewahrung von Verschlüsselungsunterlagen diente das abgebildete Geheimversteck, das auf der (nicht abgebildeten) Vorderseite als Intarsienbild ausgeführt ist. Durch Eindrücken zweier Nadeln an bestimmten Punkten wird ein Druckfederverschluß betätigt und das Geheimfach geöffnet, das die Verschlüsselungsunterlagen enthält. 188 189 5. Ausreisen aus dem kommunistischen Machtbereich Die Ausreise von Bewohnern der DDR in die Bundesrepublik Deutschland erreichte im Frühjar 1984 einen Höhepunkt. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren, als vor allem Rentner übersiedeln durften, kamen insbesondere Angehörige mittlerer und jüngerer Jahrgänge in das Bundesgebiet. Dabei fiel auf, daß sich unter diesen Übersiedlern erstaunlich viele gut ausgebildete Akademiker im Alter zwischen 25 und 45 Jahren befanden. Die DDRBehörden bewilligten im Gegensatz zur früheren Praxis eine große Anzahl von Anträgen innerhalb ganz kurzer Frist. 1984 zogen aus der DDR 40.000 Personen zu. Bis 1983 lag dagegen die jährliche Zahl der Übersiedler zwischen 10.000 und 13.000. Hinzu kamen 1984 rund 35.000 Aussiedler, die legal aus dem übrigen kommunistischen Machtbereich (außer DDR) ins Bundesgebiet einreisten, und weitere rund 35.000 Ausländer aus dem kommunistischen Machtbereich, die in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragten, so daß 1984 insgesamt rund 110.000 Personen aus dem kommunistischen Machtbereich in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Es steht fest, daß die Nachrichtendienste des Ostblocks auch die Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland dazu nutzen, Agenten einzuschleusen. Dabei arbeiten diese Nachrichtendienste auf lange Sicht, so daß "Erfolge" erst mehrere Jahre nach der Übersiedlung in das Bundesgebiet sichtbar werden, wenn sich der Geworbene im Bundesgebiet eingelebt und eine für den östlichen Nachrichtendienst interessante Position erreicht hat. 190 Die Einschleusung von Agenten im Wege der Übersiedlung ist für die Nachrichtendienste des Ostblocks relativ risikolos. In der DDR zum Beispiel läuft jeder Ausreiseantrag über das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Dabei wird geprüft, ob der Ausreisewillige für nachrichtendienstliche Zwecke geeignet erscheint. Häufig wird dann die Zwangslage der Antragsteller zur Verpflichtung für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit ausgenützt oder es werden die verschiedensten Vorteile nach einer Verpflichtung zur Spionagetätigkeit in Aussicht gestellt, zum Beispiel die beschleunigte Bearbeitung des Ausreiseantrages oder die Möglichkeit zu Verwandtenbesuchen nach der Ausreise. 6. Wirtschaftsspionage In den Ostblockstaaten läuft seit Jahren ein systematisches TechnologieBeschaffungsprogramm mit dem Ziel, den Vorsprung der westlichen Industrieländer in bestimmten Technologiebereichen aufzuholen und die militärische Rüstung zu unterstützen. Den hohen Stellenwert der Wirtschaftsspionage zeigt die im Jahre 1979 bekannt gewordene Selbsteinschätzung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS), wonach bei einem Aufwand von 5 Millionen Mark für Beschaffungskosten allein auf dem zivilen Sektor der Industrie jährlich etwa 300 Millionen Mark an Forschungsund Entwicklungskosten eingespart wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der durch die Wirtschaftsspionage verursachte Schaden für die Volkswirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland noch wesentlich höher ist als der Betrag der im Ostblock ersparten Forschungsund Entwicklungskosten. Die östlichen Nachrichtendienste sind in die Technologiebeschaffung miteinbezogen und verfügen über große Organisationseinheiten für Wirtschaftsspionage. In das sowjetische System der Beschaffung militärisch nutzbarer Informationen sind auch das Komitee für Staatssicherheit (KGB) und der militärische Nachrichtendienst GRU als Beschaffungsorgane eingebaut, die den vom "Komitee des Präsidiums des sowjetischen Ministerrates für Angelegenheiten der Rüstungsindustrie" (VPIK) erstellten Wunschund Auftragskatalog erhalten. Im Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) besteht ein sogenannter "Sektor Wissenschaft und Technik" der "Hauptverwaltung Aufklärung", der sich aus vier Abteilungen zusammensetzt. Zuständig für die Beschaffung im Bereich Wirtschaftsund Industriespionage sind die Abteilung XIII für Grundlagenforschung und Kerntechnik, die Abteilung XIV für Elektronik und die Abteilung XV für Maschinenund Fahrzeugbau. Die Auswertung der in diesen Abteilungen beschafften Erkenntnisse obliegt der Abteilung V. Die Wirtschaftsspionage der Ostblockstaaten erstreckt sich auf nahezu alle Wirtschaftsbereiche. Schwerpunkte sind die Rüstungsindustrie und ihre Zulieferfirmen, die Elektronikindustrie und die Mikroelektronik, die Computertechnologie, die Energietechnik einschließlich der Kernenergie, die Luftund Raumfahrttechnik sowie die chemische Industrie. Dabei konzentriert sich das Interesse auf leistungsfähige und militärisch nutzbare Technologien. Zur Informationsbeschaffung werden legale wie illegale Mittel eingesetzt. Neben der systematischen Auswertung allgemein zugänglicher Quellen (z.B. Prospekten, Fachliteratur, Forschungsberichten) und Abschöpfungsversuchen bei 191 Firmenbesuchen, Tagungen, Kongressen und wissenschaftlichen Veranstaltungen werden auch Agenten in die Wirtschaftsbetriebe eingeschleust. Einen wesentlichen Anteil an der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung hat der illegale Technologietransfer. Auf diese Weise wird insbesondere Spitzentechnologie beschafft, die in den NATO-Staaten gesetzlichen Ausfuhrbeschränkungen unterliegt, und unter Umgehung der Embargobestimmungen in den Ostblock verbracht. Mehrere Staaten des Ostblocks, insbesondere die Sowjetunion und die DDR, verfügen über ein gut organisiertes Händlernetz im Westen, das in der Lage ist, selbst hochtechnisierte militärische Geräte zu beschaffen. Dabei spielen die sogenannten gemischten Firmen - Kapitalgesellschaften, an denen neben westlichen Partnern osteuropäische Staatshandelsuntemehmen beteiligt sind - eine wichtige Rolle. Zur Überführung der Embargogüter werden die unterschiedlichsten Verschleierungsmittel benutzt, wie Fälschung der Ausfuhrpapiere, Einbau der Geräte in Waren, die nicht dem Ausfuhrverbot unterliegen, Täuschung über den Endverbleib oder Einschaltung mehrerer Zwischenhändler und Briefkastenfirmen. So werden Embargogüter z.B. unter falscher Deklarierung über Zwischenhändler in Länder ohne Ausfuhrbeschränkung (Schweiz, Österreich, Schweden) verbracht, von wo aus sie ungehindert in den Ostblock gelangen. Häufig wird auch der weitgehend kontrollfreie Ausreiseverkehr aus der Bundesrepublik Deutschland nach Berlin (West) über die Transitstrecken ausgenutzt. So werden kleinere Embargogüter als Handgepäck getarnt im Pkw in die DDR gebracht und auf Parkplätzen an den Transitstrecken übergeben. Bei großen Embargogütern erfolgt der Transport mit Lastkraftwagen, wobei sie meist als Umzugsgut deklariert werden. 7. Beispiele östlicher Spionage in der Bundesrepublik Deutschland 7.1 Rüstungsspionage Der Spionagefall Rotsch macht das bevorzugte Ziel östlicher Ausspähungsbemühungen deutlich: die Wirtschaftsunternehmen der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere im rüstungsindustriellen Bereich. Der jetzt 60jährige Manfred Rotsch wurde 1953, als er noch in der DDR lebte, vom sowjetischen KGB angeworben und umfassend nachrichtendienstlich ausgebildet. 1954 übersiedelte er in die Bundesrepublik Deutschland mit dem Auftrag, sich um eine Stelle in der Flugzeugindustrie zu bewerben. Ab 1955 arbeitete er bei verschiedenen Firmen. Schließlich fand er Anstellung bei der Firma Junkers Flugzeugbau, die später vom MBB-Konzern übernommen wurde. Seitdem lieferte Rotsch, zuletzt Abteilungsleiter im Bereich Flugzeugbau bei Messerschmitt-Bölkow-Blohm, bei zahlreichen konspirativen Treffen Informationen über Entwicklungsprojekte aus der Luftund Raumfahrt. Rotsch wurde am 20.09.1984 festgenommen. Die Ermittlungen werden im Auftrag des Generalbundesanwalts vom Bundeskriminalamt geführt. 7.2. Politische Spionage Am 31.07.1984 wurde der 63jährige Fregattenkapitän a.D. Reichenburg wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Tätigkeit für eine fremde Macht festge192 nommen. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte ihn inzwischen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in einem besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Reichenburg war kurz nach seinem Eintritt in die Bundeswehr von einem Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) mit dem Decknamen "Schneider" geworben worden. Seit etwa 1970 unterhielt Reichenburg regelmäßigen Kontakt zu Angehörigen des MfS und lieferte umfangreiches Material aus seinen Tätigkeitsbereichen. Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1978 war Reichenburg in der Bundeswehr vorwiegend als Spezialist für psychologische Verteidigung eingesetzt. Ferner arbeitete er für die "Deutsche Gesellschaft für Sozialbeziehungen e.V.", die hauptsächlich Soldaten der Nationalen Volksarmee betreut, die aus der DDR in den Westen flüchteten. Nach der Pensionierung betätigte er sich in einem Privatunternehmen zur Bekämpfung der Wirtschaftsspionage. Umfangreiche Vorermittlungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz führten im Juli 1984 zur Festnahme eines 42jährigen Pressefotografen. Zielrichtung der Ausspähungsbemühungen war in diesem Fall eine politische Partei. Bei seiner Festnahme während einer Reise nach Berlin (Ost) konnte belastendes Material sichergestellt werden. Der Agent wurde zwischenzeitlich vom Bayerischen Obersten Landesgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. 7.3 Werbung von Studenten Ein weiterer Spionagefall zeigt, daß Ost-Berlin sein Augenmerk vor allem auf die Gewinnung von Agenten richtet, die gute Voraussetzungen zum Aufstieg in Führungspositionen in Wirtschaft und Verwaltung bieten. Am 12.09.1984 wurde in Köln ein 42jähriger DiplomWirtschaftswissenschaftler aus Berlin (Ost) festgenommen, der fast 15 Jahre lang im Auftrag des MfS als Reisender und Werber im nördlichen Bundesgebiet unterwegs war. Er reiste regelmäßig unter wechselnden Falschnamen und mit gefälschten Ausweisen in die Bundesrepublik Deutschland ein, um in Universitätsstädten Studenten abzuklären und anzuwerben. Als angeblicher Marktforscher, Industrieberater oder Beauftragter interessierter Wirtschaftskreise vergab er über die studentische Arbeitsvermittlung an Studenten "Nebenbeschäftigungen", die insbesondere den Auftrag zum Sammeln statistischer Wirtschaftsdaten umfaßten. Dabei wurde den Studenten jeweils eine Erklärung zur Unterschrift vorgelegt, die zur Mitarbeit und Geheimhaltung verpflichten sollte und den Anschein einer arbeitsvertraglichen Bindung mit Zusage eines monatlichen Festbetrags erweckte. Ein Musterbeispiel für die Tätigkeit eines sogenannten Perspektivagenten bietet auch folgender Fall: Anläßlich eines Verwandtenbesuches in der DDR im Jahre 1970 wurde ein jetzt 35jähriger Beamter des höheren Dienstes als Student nachrichtendienstlich verpflichtet. Er erhielt den Auftrag, sich nach Abschluß seines Studiums um Einstellung bei einer Bundesbehörde zu bewerben. Diesem Auftrag entsprechend ließ er sich in den öffentlichen Dienst einstellen und war bis zu seiner Festnahme Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde. Aufgrund seiner zuletzt erreichten 193 Stellung hatte er erhebliche Zugangsmöglichkeiten zu internen Vorgängen im Sicherheitsbereich und konnte daher seine Auftraggeber umfassend unterrichten. Der Beamte war vom MfS in Ost-Berlin geheimdienstlich ausgebildet worden und verfügte über Hilfsmittel zur konspirativen Übermittlung von Informationen. Die Treffen mit dem gegnerischen Nachrichtendienst erfolgten sowohl im Bundesgebiet als auch in der DDR. Zu den Treffen in der DDR wurde er über die "grüne Grenze" geschleust, einmal auch in Bayern. 7.4 Nachrichtendienstliche Tätigkeit aus "legalen Residenturen" Im September 1984 bat ein rumänischer Geheimdienstoffizier, der der Botschaft seines Landes in Bonn angehörte, im Bundesgebiet um Asyl. Aufgrund seiner Angaben konnten mehrere Angehörige der rumänischen Botschaft als Offiziere des rumänischen Nachrichtendienstes enttarnt werden. Diesen werden insbesondere auch kriminelle Handlungen zur Last gelegt, u.a. die Auskundschaftung von Radio Free Europe in München und die Vorbereitung eines Sprengstoffanschlags auf den Sender. Nachdem ihnen die Ausweisung angedroht worden war, verließen sie im November 1984 die Bundesrepublik Deutschland. 194 Anhang1 Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1974 (GVBI S. 467) Art. 1 Zuständigkeit (1) In Bayern wird ein Landesamt für Verfassungsschutz errichtet. Es ist eine dem Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnete Behörde und ist ausschließlich für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Art. 2 zuständig. Nach Bedarf können Außenstellen des Landesamtes für Verfassungsschutz eingerichtet werden. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Art. 2 Aufgaben (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben; 195 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes für eine fremde Macht; 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können; 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder beschäftigt werden sollen; 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte; 4. bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen es Kenntnis erhält und die für den Bund oder das betreffende Land von Wichtigkeit sind. Art. 3 Befugnisse Polizeiliche Befugnisse oder ein Weisungsrecht gegenüber Polizeidienststellen stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Art. 2 Abs. 1 und 2 ist das Landesamt für Verfassungsschutz befugt, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden. Art. 4 Amtshilfe und Auskunftserteilung (1) Die Behörden und Einrichtungen des Staates, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, die sonstigen der Aufsicht des Staates unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Gerichte und das Landesamt für Verfassungsschutz leisten einander Rechtsund Amtshilfe. 196 (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist, von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. (3) Darüber hinaus haben die in Absatz 1 genannten Stellen dem Landesamt für Verfassungsschutz alle Tatsachen und Unterlagen über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 unaufgefordert zu übermitteln. Art. 5 Durchführungsbestimmungen Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen erläßt das Staatsministerium des Innern. Art. 6 Inkrafttreten Das Gesetz ist dringlich. Es tritt am 1. November 1950 in Kraft.*) *) Diese Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22. November 1950 (BayBS I S. 434). Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich aus den jeweiligen Änderungsgesetzen. 197 Anhang 2 Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 16/28. Jahrgang Amtliche Veröffentlichung 19. April 1973 Staatskanzlei Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 Nr. A I 3 - 180-6-84 Die bayerische Staatsregierung hat in ihrer Sitzung vom 27. März 1973 in Übereinstimmung mit dem Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 ihren Beschluß vom 25. April 1961 über verfassungsfeindliche Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 25. April 1961, StAnz Nr. 19) durch die folgende Bekanntmachung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst neu gefaßt: I. Die Regierungschefs des Bundes und der Länder haben am 28. Januar 1972 folgenden Beschluß gefaßt: 1. Nach den Beamtengesetzen in Bund und Ländern - darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt; - sind Beamte verpflichtet, sich aktiv innerhalb und außerhalb des Dienstes für die Erhaltung dieser Grundordnung einzusetzen. Es handelt sich hierbei um zwingende Vorschriften. 198 2. Jeder Einzelfall muß für sich geprüft und entschieden werden. Von folgenden Grundsätzen ist dabei auszugehen: 2.1 Bewerber 2.1.1 Ein Bewerber, der verfassungsfeindliche Aktivitäten entwickelt, wird nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt. 2.1.2 Gehört ein Bewerber einer Organisation an, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so begründet diese Mitgliedschaft Zweifel daran, ob er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird. Diese Zweifel rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages. 2.2 Beamte Erfüllt ein Beamter durch Handlungen oder wegen seiner Mitgliedschaft in einer Organisation verfassungsfeindlicher Zielsetzung die Anforderungen des SS 35 Beamtenrechtsrahmengesetz nicht, aufgrund derer er verpflichtet ist, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, so hat der Dienstherr aufgrund des jeweils ermittelten Sachverhalts die gebotenen Konsequenzen zu ziehen und insbesondere zu prüfen, ob die Entfernung des Beamten aus dem Dienst anzustreben ist. 3. Für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten entsprechend den jeweiligen tarifvertraglichen Bestimmungen dieselben Grundsätze. II. Die Bayerische Staatsregierung hat die Verbindlichkeit dieser Grundsätze für alle öffentlich-rechtlichen Dienstherren und Arbeitgeber in Bayern mit Beschluß vom 18. April 1972 bestätigt. Zu ihrer Durchführung wird folgendes bestimmt: 1. Vor der Einstellung eines Bewerbers in den öffentlichen Dienst haben die Einstellungsbehörden zunächst beim Staatsministerium des Innern anzufragen, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Einstellung begründen. Das Staatsministerium des Innern ist verpflichtet, Anfragen dieser Art unverzüglich zu beantworten. Die Auskünfte sind auf Tatsachen zu beschränken, die gerichtsverwertbar sind. Die Anfrage nach Satz 1 entfällt, wenn bereits aufgrund anderer Vorschriften eine Überprüfung vor der Einstellung vorgesehen ist. 2. Beabsichtigt die Einstellungsbehörde nach Eingang der Auskunft des Staatsministeriums des Innern, den Bewerber einzustellen, so ist der Bewerber vor der Entscheidung über die Einstellung zunächst gemäß Anlage 1* schriftlich zu belehren und zur Unterzeichnung der Erklärung gemäß Anlage 2* aufzufordern. * nicht abgedruckt 199 3. Bestehen auf Grund der vom Staatsministerium des Innern mitgeteilten oder anderweitig bekannt gewordenen Tatsachen oder wegen der Weigerung, die vorbezeichnete Erklärung zu unterschreiben, Zweifel daran, daß der Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt, so ist ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Können die Zweifel nicht ausgeräumt werden, so darf er nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt werden. 4. Wird die Einstellung in den öffentlichen Dienst deshalb abgelehnt, weil der Bewerber nicht die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt, so ist die Entscheidung dem Bewerber schriftlich unter Darlegung der Gründe mitzuteilen; betrifft sie die Übernahme in ein Beamtenoder Richterverhältnis, so muß sie außerdem eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. 5. Nummern 1 bis 4 gelten auch für Bewerbungen um die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf. Dabei sind Ausbildungszweck und Ausbildungsweise zu berücksichtigen. 6. Besteht der Verdacht, daß ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstößt, so prüft seine Dienststelle, ob die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen sind, um ihn zur Erfüllung seiner Dienstpflichten anzuhalten oder ihn aus dem Dienst zu entfernen. Art. 70 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes ist zu beachten. 7. In den Fällen der Nummern 4 und 6 sind die zuständige oberste Dienstbehörde und die Staatsministerien des Innern und der Finanzen vor der Entscheidung zu unterrichten und über den Fortgang der Sache auf dem laufenden zu halten. III. Den Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterliegenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, nach den vorstehenden Bestimmungen zu verfahren. IV. Diese Bekanntmachung tritt am 1. April 1973 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 25. April 1961 (StAnz Nr. 19) außer Kraft. München, den 27. März 1973 Der Bayerische Ministerpräsident Dr. h.c. Goppel 200 Anhang 3 Verzeichnis von Publikationen deutscher extremistischer und extremistisch beeinflußter Organisationen Titel zuzuordnen antifaschistischer jugenddienst VVN-BdA Antifaschistische Nachrichten VVN-BdA antifaschistische rundschau VVN-BdA Arbeiterkampf (AK) KB Argumentation, Information, Dokumentation (AID) VVN-BdA Augsburger Hochschulzeitung MG Bayern-Stimme NPD Blatt - Stadtzeitung für München undogmatische Neue Linke Das Freie Forum GfP Das Korps ANS/NA Demokratischer Informationsdienst (DID) ASKo Denk mit! Denk-mit-Verlag Der Adlerführer JBA Der Fackelträger DBI Der Kommunist KPD Der Münchener Spießerschreck WJ Deutsche Monatshefte Türmer-Verlag Deutsche National-Zeitung (DNZ) DSZ-Verlag 201 Titel zuzuordnen Deutsche Volkszeitung / die tat VVN-BdA/DFU Die Deutschen Nationaldemokraten informieren NPD Deutscher Anzeiger (DA) DVU Deutscher Jahrweiser DBI Deutsche Stimme NPD Deutsche Wochen-Zeitung (DWZ) Deutsche Verlagsgesellschaft Deutsche Zukunft BIA Die Innere Front ANS/NA Die Kameradschaft ANS/NA Die Neue Front (NF) ANS/NA Die Standarte - Zeitung der Nationale Basisgruppen Nationalen Basisgruppen die Tageszeitung (taz) undogmatische Neue Linke effektiv VVN-BdA Eiserne Faust NVF elan, das Jugendmagazin SDAJ Erlanger Hochschulzeitung MG freiraum AFS Friedenszeitung KFAZ frontal SHB Huttenbriefe für Volkstum, Kultur, Wahrheit und Freundeskreis Ulrich Recht von Hütten JN-Bayern Info JN -Info -Konkret -Orgblitz -Pressedienst -SZ-Info-Dienst Junge Stimme JN Kämpfende Jugend BDP/BDJ - LV Bayern Kommune - Forum für Politik und Ökonomie KBW 202 Titel zuzuordnen KOMMUNIST DKP-HG Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) AB Kommunistische Hefte KPD kürbiskern DKP-nahe Zeitschrift lernen und kämpfen (luk) MLPD Marxistische Arbeiterzeitung (MAZ) MG Marxistische Blätter DKP Marxistische Schulzeitung MG MSZ Marxistische Zeitung -gegen die Kosten MG der Freiheit Mauerbruch Autonome Nürnberg Mauerspringer - Zeitung im geteilten JN Deutschland Mensch und Maß Verlag Hohe Warte Münchner Hochschulzeitung MG NACHRICHTEN zur Wirtschaftsund SozialDKP-nahe Zeitschrift politik/Gewerkschaftsspiegel Nachrichten-Austausch-Dienst (NAD) Walter Ochensberger Nachrichten der HNG HNG Nation Europa (NE) NE-Verlag Neue Anthropologie GfbAEV NHB-Report NHB NPD-aktuell NPD - Frankenspiegel - Info-Blitz NS Kampfruf NSDAP-AO Nürnberger Hochschulzeitung MG Odalbrief WJ offensiv SHB Pazifix BIFA u.a. 203 Titel zuzuordnen Pionier JP Pionierleiterinformationen JP Politische Berichte BWK praxis DKP Profil NPD radikal Autonome Berlin (West) Rebell RJVD Regensburger Hochschulzeitung MG Resultate MG Revolutionärer Weg MLPD rote blatter MSB Spartakus Rote Fahne MLPD roter Maulwurf RSJ Roter Morgen KPD Roter Pfeil MLSV Rührt Euch ADS Sieg Walter Ochensberger taz (die tageszeitung) undogmatische Neue Linke tendenzen - Zeitschrift für engagierte Kunst DKP-nahe Zeitschrift Unsere Arbeit JBA Unsere Zeit (UZ) DKP-Zentralorgan Volksecho VOLKSFRONT was tun GIM Wikinger WJ Willibald JP Würzburger Hochschulzeitung MG Zivilcourage - Das antimilitaristische Magazin DFG-VK Zur Sache RBK 204 Abkürzungsverzeichnis AAR Aktion Ausländerrückführung - Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung 114 AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD 72, 156, 178 ADÜTDF Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa 183 ADS Arbeitskreis Demokratischer Soldaten 51 AFS Anarchistische Föderation Südbayern 83, 85 AG-FLV Arbeitsgemeinschaft freies Landvolk 69 AID Argumentation, Information, Dokumentation 59 AKON Aktion Deutsche Einheit 112 AKSA Vereinigung der Studenten Kurdistans im Ausland 173 ANS/NA Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Nationale Aktivisten 113,114,127 ARF Aktion deutsches Radio und Fernsehen 112 ASKo Anti-Strauß-Komitee 74 AStA Allgemeiner Studentenausschuß 155,158 ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland 176, 181 ATTF Föderation türkischer Sozialisten in Europa 174 BAF Bundeskongreß autonomer Friedensgruppen 87 BDP/BDJ Bund Deutscher Pfadfinder im Bund Demokratischer LV Bayern Jugend - Landesverband Bayern 74 BHJ Bund Heimattreuer Jugend 97 BIA Bürgerinitiative Ausländerstopp 107 BIFA Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung 57, 59, 64, 88 BIRKOM Antifaschistisches Einheitskomitee im Ausland 180 BP Bolsevik Partizan 176 BUF Bundeskongreß unabhängiger Friedensgruppen 87 BWK Bund Westdeutscher Kommunisten 76 CISNU Conföderation Iranischer Studenten - National Union 168 205 COBRA Comite Objectiv entraide et solidarite avec les victimes de la Repression Antinationaliste 118 DA Deutsche Aktionsgruppen 120 DA Deutscher Anzeiger 110 DB Deutscher Block 122 DBI Deutsche Bürgerinitiative 120 DDF Die Deutsche Freiheitsbewegung 126 DFF Deutsche Frauenfront 116 DFI Demokratische Fraueninitiative 64, 66 DFG-ldK Deutsche Friedensgesellschaft - Internationale Kriegsdienstgegner 61 DFG-VK Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner 61, 66, 87, 93 DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas 166 DFL) Deutsche Friedens-Union 56, 59, 64, 87, 88, 94 DID Demokratischer Informationsdienst 74 DIDF Föderation der türkischen demokratischen Arbeitervereine in Deutschland 180 DKEG Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes 97 DKG Deutsche Kulturgemeinschaft 125 DKP Deutsche Kommunistische Partei 16, 17, 52, 63, 64, 66, 86, 90, 94, 167, 174, 175 DKP-HG DKP-Hochschulgruppen 149 DNZ Deutsche National-Zeitung 110,128 DRP Deutsche Reichspartei 101 DVG Deutsche Verlagsgesellschaft mbH 130 DVU Deutsche Volksunion 108 DWZ Deutsche Wochen-Zeitung 130 E.KO.N. Griechische Kommunistische Jugend "Rigas Fereos" 167 Rigas Fereos ELF Eritreische Befreiungsfront 165 EPLF Eritreische Volksbefreiungsfront 165 ER Ehrenbund Rudel - Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten 112 FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei 118 FDJ Freie Deutsche Jugend 49, 52, 74 FeykaFöderation der patriotischen Arbeiter-Kulturvereine in der Kurdistan Bundesrepublik Deutschland 172 206 FG-BRDFreundschaftsgesellschaft BundesCuba e.V. republik Deutschland-Kuba 55 FG-BRDGesellschaft für die Freundschaft zwischen den Völkern Vietnam in der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam 56 FIDEF Föderation der Arbeitervereine der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland 174 FILEF Italienischer Verband der Gastarbeiter und ihrer Familien 169 FIR Federation Internationale des Resistants 16, 59 FK Freundeskreis Deutsche Politik 114 F.N.E. Faisceaux Nationalistes Europeens 135 FZ-Verlag Freiheitlicher Zeitungsverlag GmbH 128 GfbAEV Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung 126 GfP Gesellschaft für freie Publizistik 124 GIM Gruppe Internationale Marxisten - Deutsche Sektion der IV. Internationale 80 GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung mbH 76 GRU militärischer Nachrichtendienst der Sowjetunion 191 GUAfS Generalunion der Afghanischen Studenten im Ausland 165 GUAfS Generalunion der Afghanen und afghanischen Studenten 165 HDP Kroatische Staatsbildende Bewegung 170 HKO Koordinationsausschuß des Kroatischen Nationalrates 170 HNG Hilfsorganisation für nationale und politische Gefangene und deren Angehörige 118 HNO Kroatisches Nationalkomitee in Europa 170,171 HNV Kroatischer Nationalrat 170 HRK Befreiungseinheiten Kurdistans 172 l.f.A. Initiative für Ausländerbegrenzung 112 IMSF Institut für Marxistische Studien und Forschung 27, 36 ISVM Iranischer Studentenverein München 168 IVDJ Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen 65 IZ Islamisches Zentrum Köln 181 JBA Jugendbund Adler 122 JCC Jugendclub Courage 61 JN Junge Nationaldemokraten 105, 158 JP Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation 47, 52 KABD Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands 69 KAZ Kommunistische Arbeiterzeitung 173 207 KB Kommunistischer Bund 75 KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland 76, 77 KFAZ Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit 59, 61, 64, 87 KGB sowjetischer Nachrichtendienst 191 KHB Kommunistischer Hochschulbund 73, 155, 156 KKDK Fortschrittlich-Demokratische Arbeitervereine Kurdistans 172 KKEKommunistische Partei Griechenlands (Ausland) 167 Ausland KKEKommunistische Partei Griechenlands (Inland) 167 Inland KNE Kommunistische Jugend Griechenlands 167 KOMKAR Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland 171 KPCh Kommunistische Partei Chinas 67 KPD Kommunistische Partei Deutschlands 77 KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion 16, 41, 87, 167 KURD-KOM Föderation der Vereinigten Arbeitervereine Kurdistans 172 KVH Kurdische Volkshäuser 172 LAF Liste AStA und Fachschaften 150, 158 LiLi Linke Liste 158 MAB Marxistische Arbeiterbildung 35 MASCH Marxistische Abendschulen 35 MAZ Marxistische Arbeiterzeitung 81 MfS Ministerium für Staatssicherheit der DDR 191,193 MG Marxistische Gruppen 80, 153, 156, 158 MHP Partei der Nationalen Bewegung 183 M.I.DER Türkischer Arbeiterverein in München 176 MLBI Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller 72 MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands 69, 181 MLSV Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband 72, 149, 158 MSB Marxistischer Studentenbund Spartakus 47, 51, 56, 64, Spartakus 66, 149, 150, 175 MSI-DN Movimento Sociale Italiano - Destra Nazionale 169 MSP Nationale Heilspartei 181 MSV Moslemische Studentenvereinigungen 169 MSZ Marxistische Studentenzeitung 81,153 MÜO Verein türkischer Idealisten, München 183 NAD Nachrichten-Austausch-Dienst 135 NE Nation Europa (Monatszeitschrift) 130 208 NF Die Neue Front 114 NF Nationalistische Front 120 NF-BSN Nationale Front - Bund Sozialrevolutionärer Nationalisten 120 NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund 106, 156, 158 NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 99 NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei 117,120 NSDAP-AO NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation 127, 134, 156 NVF Nationale Volksfront 119 OEFE Verband Griechischer Studentenvereine in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 167 OEK Verband Griechischer Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 167 O.l.S. Organisation Iranischer Studenten (0.1.S.) - Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) 168 P Partizan 176 PAA Partei der Arbeit Albaniens 67 PAV Palästinensischer Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 166 PCE Kommunistische Partei Spaniens 168, 174 PCI Kommunistische Partei Italiens 167, 169 PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas 166 PKK Arbeiterpartei Kurdistans 172 PLO Palästinensische Befreiungsorganisation 166 PPP Pakistanische Volkspartei 173 PPP. BRD Pakistan Peoples Party der Bundesrepublik Deutschland, Zentralverband 173 PSV Palästinensischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin 167 RAF Rote Armee Fraktion 83, 136, 137 RBK Regensburger Bürgerkomitee 75 RHD Rote Hilfe Deutschlands 69 RJVD Revolutionärer Jugendverband Deutschlands 73 RSJ Revolutionär-Sozialistische Jugendorganisation 80 RSF Rote Schülerfront 73 RZ Revolutionäre Zellen 136, 139 SB Sozialistisches Büro Offenbach 83 SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend 47, 52, 64, 66, 158, 175 SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands 16,29,41,43,44 SEW Sozialistische Einheitspartei Westberlins 49 SHB Sozialistischer Hochschulbund 52,64,66,151,155,175 SOdZDL Selbstorganisation der Zivildienstleistenden 62 209 taz "die Tageszeitung" 85 TDF Föderation Demokratischer Arbeitervereine der Türkei in Europa 174 TDKP Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei 180 THKP/C Türkische Volksbefreiungspartei/-front 178 TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee 176 TKP Kommunistische Partei der Türkei 174 TKP/NIL Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten 176 UHNj Bund der Vereinigten Kroaten in Deutschland 171 UWK Unabhängiger Wählerkreis - Arbeitskreis für Wiedervereinigung und Volksgesundheit 116, 118 UZ Unsere Zeit (Zentralorgan der DKP) 30, 32 VDJ Vereinigung Demokratischer Juristen 65 VDS Vereinigte Deutsche Studentenschaften 155 VK Verband der Kriegsdienstverweigerer 61 VOGA Volksbewegung für Generalamnestie 111 VOLKSVolksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg 78, 181 FRONT VPIK Komitee des Präsidiums des sowjetischen Ministerrates für Angelegenheiten der Rüstungsindustrie 191 VrV Vereinigung für revolutionäre Volksbildung 69 VSBD/PdA Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/ Partei der Arbeit 120 VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten 24, 29, 56, 58, 61, 64, 66, 73, 87, 88, 94 WBDJ Weltbund der Demokratischen Jugend 16 WFR Weltfriedensrat 16,56,59,61,64,87 WJ Wiking-Jugend 122 WSG Wehrsportgruppe Hoffmann 114,127 210