Verfassungschutzbericht B AYE R N 1979 Bayerisches Staatsministerium des Innern M lfepfassunosscliutzbepicht Bayern 1979 I i t I i Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium des Innern, Odeonsplatz 3, 8000 München 22 RB Nr. 03A/80/01 Gesamtherstellung: Emil Mühl, Bayreuth Die Bayerische Verfassung und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland haben als Reaktion auf die unmittelbaren Erfahrungen mit einer menschenverachtenden Diktatur eine wertgebundene demokratische Staatsordnung geschaffen, die ausdrücklich und uneingeschränkt durch das Merkmal der Freiheit des Bürgers geprägt wird. Damit sie nicht von den Feinden dieser Ordnung noch einmal ausgenutzt und mißbraucht werden kann, wurde sie streitbar und abwehrbereit ausgestaltet. In diesem Rahmen wird der Verfassungsschutz tätig, der ausdrücklich im Grundgesetz verankert ist und dessen Aufgaben und Befugnisse durch Gesetze näher festgelegt sind. Die Tätigkeit des Verfassungsschutzes ist auf Beobachtung und Auswertung beschränkt. Polizeiliche Befugnisse stehen ihm nicht zu. Diese Trennung von Beobachtung und exekutivem Einschreiten ist Ausdruck der Anforderungen, die unsere freiheitliche demokratische Grundordnung an eine rechtsstaatliche Organisation der Sicherheitsbehörden stellt. Der Verfassungsschutz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung und Erhaltung unserer freiheitlichen Demokratie. Hierbei ist er auf das Vertrauen und die Unterstützung der Bürger angewiesen. Mit dem Verfassungsschutzbericht will das Bayerische Staatsministerium des Innern dazu beitragen, das Verständnis für die Aufgaben und die Notwendigkeit der Arbeit des Verfassungsschutzes zu fördern und den Blick für extremistische und sicherheitsgefährdende Bestrebungen zu schärfen. Den Mitarbeitern, die im Bereich des Verfassungsschutzes tätig sind, gilt unsere besondere Anerkennung und unser Dank für ihre schwierige und verantwortungsvolle Arbeit. München, im Mai 1980 Knut*/ )^^u^y Gerold Tandler Staatsminister Franz Neubauer Staatssekretär Inhalt 1. Abschnitt Allgemeiner Überblick 11 2. Abschnitt Linksextremismus 13 1. Allgemeines 13 1.1 Kommunistische Kernorganisationen 14 1.2 Kommunistische Nebenorganisationen 14 1.3 Kommunistisch beeinflußte Organisationen 15 1.4 Sonstige linksextreme Gruppen 16 2. Orthodoxe Kommunisten 16 2.1 Überblick 16 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 18 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort 18 2.2.2 Organisation 21 2.2.3 Publikationen 24 2.2.4 Schulung 26 2.2.5 Betriebsarbeit 26 2.2.6 Teilnahme an der Europawahl 27 2.2.7 Sonstige Aktivitäten 27 2.3 Nebenorganisationen der DKP 29 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 29 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) 31 2.3.3 Junge Pioniere-Sozialistische Kinderorganisation (JP) 32 2.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen 32 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) 33 2.4.2 Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) 34 2.4.3 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) 36 2.4.4 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) 37 2.4.5 Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) 38 2.4.6 Demokratische Fraueninitiative (DFI) 38 2.4.7 Komitees und Initiativen gegen die "Berufsverbote" 39 3. Neue Linke 39 3.1 Überblick 39 3.2 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) 42 3.2.1 Ideologisch-politischer Standort 42 3.2.2 Organisation 42 3.2.3 Aktivitäten 44 3.2.4 Nebenorganisationen des KBW 47 3.3 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 48 3.3.1 Ideologisch-politischer Standort 48 3.3.2 Organisation 48 3.3.3 Aktivitäten 49 3.3.4 Nebenorganisationen der KPD 50 3.3.5 Liga gegen den Imperialismus 50 3.4 Kommunistischer Bund (KB) 51 3.5 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) 53 3.6 Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) 53 3.6.1 Ideologisch-politischer Standort 53 3.6.2 Organisation 55 3.6.3 Aktivitäten 56 3.6.4 Nebenorganisationen der KPD/ML 56 3.6.5 Volksfront 57 3.7 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) 57 3.8 Trotzkistische Gruppen 60 3.9 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 60 3.9.1 Allgemeines 60 3.9.2 Kollektiv Rote Hilfe München (KRH) 61 3.9.3 Knastgruppe Nürnberg (KN) 61 3.9.4 Sozialistisches Büro Offenbach (SB) 62 3.9.5 Verlage und Schriften 62 3.10 Einflußnahme der Neuen Linken auf die Anti-Kernkraft-Bewegung 63 3. Abschnitt Rechtsextremismus 64 1. Allgemeines 64 1.1 Rechtsextreme Kernorganisationen 65 1.2 Rechtsextreme Nebenorganisationen 65 1.3 Sonstige (ausgenommen neonazistische) rechtsextreme Organisationen 65 1.4 Neonazistische Organisationen 65 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 66 2.1 Ideologisch-politischer Standort 66 2.2 Organisation 67 2.3 Aktivitäten 68 2.4 Nebenorganisationen der NPD 70 3. Deutsche Volksunion (DVU) 71 3.1 Ideologisch-politischer Standort 71 3.2 Organisation 72 3.3 Aktivitäten 72 4. Sonstige (ausgenommen neonazistische) rechtsextreme Organisationen 73 4.1 Aktion Deutsche Einheit (AKON) 73 4.2 Deutscher Block (DB) 73 4.3 Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) 74 4.4 Wiking-Jugend (WJ) 76 4.5 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) 76 4.6 Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) 77 4.7 Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) 77 5. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 78 5.1 Allgemeines 78 5.2 Neonazistische und antisemitische Vorfälle 78 5.3 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) 80 5.4 Deutsche Bürgerinitiative (DBI) 81 5.5 Kampfbund Deutscher Soldaten (KDS) 82 5.6 Aktionsgemeinschaft Nationales Europa (ANE) 82 5.7 Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) 83 6. Organisationsunabhängige Publizistik 83 7. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus 85 4. Abschnitt Gewalt und Terror 88 1. Allgemeine Lage 88 2. Terroristische Gruppen und ihre Ziele 89 2.1 Rote Armee Fraktion (RAF) 89 2.2 Bewegung 2. Juni 90 2.3 Revolutionäre Zellen (RZ) 90 3. Lage in Bayern 91 4. Terroristisches Umfeld 91 5. Abschnitt Extremismus im Bildungsbereich 93 1. Allgemeines 93 2. Extreme Studentengruppen 94 2.1 Orthodoxe Kommunisten 94 2.2 Neue Linke 94 2.3 Rechtsextreme Gruppen 94 2.4 Sonstige Gruppen 94 3. Orthodox-kommunistische Hochschulgruppen 95 3.1 DKP-Hochschulgruppen 95 3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) 95 4. Sozialistischer Hochschulbund (SHB) 96 5. Studentengruppen der Neuen Linken 97 6. Marxistische Gruppen (MG) 98 7. Vereinigte Deutsche Studentenschaft e.V. (VDS) 100 8. Aktivitäten 101 9. Wahlen an Hochschulen 102 10. Weiterführende Schulen 103 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst 104 1. Allgemeines 104 2. Bayerische Praxis 105 2.1 Extremisten im öffentlichen Dienst 105 2.2 Einstellungsüberprüfungen 106 7. Abschnitt Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 108 1. Allgemeines 108 2. Afghanische Gruppen 109 3. Afrikanische Gruppen 110 4. Arabische Gruppen 112 5. Griechische Gruppen 113 6. Iranische Gruppen 114 7. Italienische Gruppen 116 8. Jugoslawische Gruppen 118 9. Lateinamerikanische Gruppen 120 10. Ostemigration 120 11. Pakistanische Gruppen 120 12. Spanische Gruppen 121 13. Türkische Gruppen 121 8. Abschnitt Spionageabwehr 125 1. Allgemeine Erfahrungen 125 2. Die Rolle der Nachrichtendienste in kommunistischen Staaten 125 3. Werbungen, Werbungsversuche und Werbungsmethodik 126 4. Aufträge 127 5. Die Nachrichtendienste der DDR 128 6. Die tschechoslowakischen Nachrichtendienste 129 7. Nachrichtendienste der übrigen kommunistischen Staaten 130 8. Beurteilung 130 Anlage 1 Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1974 131 Anlage 2 Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst 135 Anlage 3 Übersicht über die Auflagenstärke regelmäßig erscheinender extremistischer Publikationen 139 Abkürzungsverzeichnis 143 1- Abschnitt Allgemeiner Überblick Der Verfassungsschutzbericht Bayern 1979 gibt - wie schon seine drei Vorgänger - einen zusammenfassenden Überblick über Ziele, Art und Umfang extremistischer und anderer sicherheitsgefährdender Bestrebungen, soweit hierüber offen verwertbare Erkenntnisse vorliegen. Der Bericht ist beschränkt auf den Freistaat Bayern. Dies kann in Einzelfällen im Vergleich zu Verfassungsschutzberichten des Bundes oder anderer Länder zu unterschiedlichen Beurteilungen führen. Der politische Extremismus stellte auch 1979 keine akute Gefahr für unser freiheitliches demokratisches Staatswesen dar. Trotz unvermindert großer Aktivitäten und hohen Aufwandes der extremistischen Gruppen ist ihre Resonanz bei der Bevölkerung nach wie vor gering. Das demokratische Bewußtsein der weit überwiegenden Zahl der Bürger in unserem Land zeigt eine gesunde Immunität gegen verfassungsfeindliche Argumentationen. Wenn auch gegenwärtig von den extremistischen Organisationen keine akute Gefahr für den Staat ausgeht, sollte nicht übersehen werden, daß diese in der weitaus überwiegenden Zahl eine Langzeitstrategie entwickelt haben, die sich auch im "Marsch durch die Institutionen" ausdrückt und die in einer Krisensituation zu einer echten Sicherheitsgefährdung führen kann. Daneben zeigt sich eine kleine Zahl anarchistischer und terroristischer Gruppen aktuell zu Gewaltanschlägen entschlossen. Das Spektrum der extremistischen Gruppen hat sich, von einzelnen Verschiebungen abgesehen, nicht verändert. Das stärkste Potential im Bereich des Linksextremismus stellen nach wie vor die Orthodoxen Kommunisten dar. Die leitende Funktion nimmt unter ihnen die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) wahr, die sich bei ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen auf aktive Nebenorganisationen sowie ein Netz von ihr beeinflußter Organisationen stützen kann. Ihre erheblichen Aktivitäten kann die DKP letztlich nur deshalb entfalten, weil hinter ihr die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) und die Sozialistische Einheitspartei Deutschland (SED) der DDR mit massiver ideologischer und materieller Hilfe stehen. Hinter der Maske des alleinigen Garanten für Demokratie und Frieden versucht sie vor allem durch ihre Volksfrontpolitik, Anhänger für ihre revolutionären und totalitären marxistisch-leninistischen Ziele zu gewinnen. Darin liegt die spezifische Gefährlichkeit der Orthodoxen Kommunisten. 11 Bei den Gruppen der nicht moskau-orientierten Neuen Linken zeichnen sich teilweise Umorientierungen und Auflösungserscheinungen ab, die sowohl ideologische als auch finanzielle Gründe haben. Davon scheint nur der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW) ausgenommen. Die rechtsextremen Gruppen, die keine einheitliche Strategie verfolgen und organisatorisch zersplittert sind, verloren weiter an Bedeutung. Allerdings stiegen auch 1979 die neonazistischen und antisemitischen Vorfälle, in der Mehrzahl vermutlich Aktionen von Einzelgängern, erheblich an. Herausragende terroristische Anschläge hat es auch 1979 nicht gegeben. Raubüberfälle, Sprengstoffund Brandanschläge und Spuren, die in konspirativen Wohnungen entdeckt wurden, zeigen, daß die terroristische Bedrohung andauert. Erfreulicherweise blieb Bayern auch 1979 von Gewaltund Terroraktionen von Rechtsextremisten verschont. Wie in den vergangenen Jahren verhielt sich der ganz überwiegende Teil der rund 650 000 in Bayern lebenden Ausländer gesetzestreu. Von den extremistischen Ausländern entwickelten, ausgelöst durch die Entwicklungen in ihren Heimatländern, iranische, türkische und jugoslawische Gruppen vermehrt Aktivitäten. Auch sie stellen jedoch keine konkrete Gefährdung der inneren Sicherheit dar. Nach wie vor hält die Spionagetätigkeit von Staaten des kommunistischen Machtbereichs an. Hauptträger war 1979 wieder die DDR, bei der vermehrte Werbungsversuche, Werbungen und Spionageaufträge festgestellt wurden. 12 2. Abschnitt Linksextremismus 1. Allgemeines 1979 gab es in Bayern 156 linksextreme Organisationen und Gruppen mit knapp 11 000 Mitgliedern. Während die Mitgliederzahl gegenüber dem Vorjahr fast konstant blieb, sank die Zahl der Organisationen erheblich. 1978 konnten noch 192 linksextreme Organisationen festgestellt werden. Von diesem Rückgang war sowohl die Orthodoxe wie die Neue Linke betroffen. Im Bereich der Orthodoxen Linken kann die Verringerung der Zahl der Organisationen auf die Auflösung einiger kommunistisch beeinflußter Bürgerinitiativen und auf Konzentrationen innerhalb der "Friedensbewegung" zurückgeführt werden. Bei der Neuen Linken hatten die durch die geänderte Politik der Volksrepublik China nach dem Tode von Mao Zedong ausgelösten ideologischen Auseinandersetzungen sowie das Fehlen spektakulärer Anlässe, die Anhänger zu mobilisieren vermocht hätten, zu Austritten von Mitgliedern geführt. Die dadurch erforderlich gewordene Zusammenlegung von Organisationen wurde vielfach mit Effektivitätssteigerung begründet. Bedingt durch die Diskussion über eine ideologische Neuorientierung und im Blick auf die Bundestagswahl 1980 sind Bemühungen um die Bildung neuer Massenorganisationen im Bereich der dogmatischen Neuen Linken erkennbar. Bei den undogmatischen Gruppen war eine zunehmende Perspektivlosigkeit festzustellen. Es gibt Anzeichen, die auf eine Vertiefung der Kluft zwischen den gemäßigten und den militanten Gruppen hindeuten. Wenn auch die Mitgliederzahl im Bereich des Linksextremismus insgesamt etwa gleich geblieben ist, waren doch bei der Orthodoxen und der Neuen Linken Änderungen zu verzeichnen. Die Mitgliederzahl der Orthodoxen Linken stieg von rund 8 700 im Vorjahr auf etwas über 9 000; der Zuwachs war im wesentlichen bei von der DKP beeinflußten Organisationen festzustellen, die die "Friedensbewegung" tragen. Die Neue Linke nahm gegenüber 1978 um über 500 Mitglieder ab und stützte sich 1979 auf annähernd 1 800 Mitglieder. Bei diesen Zahlen sind jedoch zahlreiche Doppelmitgliedschaften zu berücksichtigen. Die Linksextremisten setzten 1979 ihren politischen Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland unvermindert fort. Durch zahlreiche Aktionen sowie durch eine starke publizistische Tätigkeit versuchten sie, ihrem Ziel, die gesellschaftspolitischen Verhältnisse zu verändern, näher zu kommen. In diesem Ziel sind sich die moskau-orientierten orthodoxen 13 Kommunisten und die Gruppen der Neuen Linken einig, auch wenn sie sich gegenseitig bekämpfen. Auf dem Wege über die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats wollen sie die bestehende freiheitliche demokratische Grundordnung beseitigen und an ihrer Stelle einen kommunistischen Staat errichten. Sie unterscheiden sich darin nur in der Methode. Während die orthodoxen Kommunisten nach außen den Eindruck der formalen Übereinstimmung mit der Verfassung zu erwecken versuchen, bekennen sich die Neuen Linken offen zur revolutionären Gewalt. Die bedeutendsten linksextremen Organisationen und Gruppen sind: 1.1 Kommunistische Kernorganisationen Die kommunistischen Kernorganisationen wirken im Sinne des Marxismus-Leninismus und verstehen sich als führende Kraft im Kampf für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats. 1.1.1 Orthodoxe Linke Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 1.1.2 Neue Linke Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) Kommunistischer Bund (KB) Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Gruppe Internationale Marxisten - Deutsche Sektion der IV. Internationale (GIM) 1.2 Kommunistische Nebenorganisationen Die kommunistischen Nebenorganisationen sind organisatorisch selbständige Vereinigungen mit eigenen Satzungen und Führungsgremien, die sich jedoch der jeweiligen Kernorganisation unterordnen. Sie bekennen sich wie diese zum kämpferischen Marxismus-Leninismus. Maßgebende Funktionen der Vereinigungen sind mit Mitgliedern der Kernorganisation besetzt. 1.2.1 Nebenorganisationen der DKP Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) 1.2.2 Nebenorganisationen des KBW Kommunistische Jugendbünde (KJB) Kommunistische Hochschulgruppen (KHG) Vereinigung für revolutionäre Volksbildung/Soldaten und Reservisten (VRV/SR) 14 1.2.3 Nebenorganisationen der KPD Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (KJVD) Kommunistischer Studentenverband (KSV) 1.2.4 Nebenorganisation des KB KB-Studenten 1.2.5 Nebenorganisationen des KABD Revolutionärer Jugendverband Deutschlands (RJVD) Kommunistische Studentengruppen (KSG) 1.2.6 Nebenorganisationen der KPD/ML Rote Garde (RG) Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten (KSB/ML) Rote Hilfe Deutschlands (RHD) Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) Revolutionäre Landvolkbewegung (RLVB) 1.2.7 Nebenorganisationen des AB Rote Schülerfront (RSF) Kommunistischer Hochschulbund (KHB) 1.2.8 Nebenorganisationen der GIM GIM-Hochschulgruppen 1.3 Kommunistisch beeinflußte Organisationen Ein großer Teil der 156 linksextremen Organisationen und Gruppen sind Vereinigungen, die sich meist überparteilich oder unabhängig darstellen, tatsächlich aber unter einem mehr oder weniger starken Einfluß der kommunistischen Kernund Nebenorganisationen stehen. Der Einfluß drückt sich insbesondere darin aus, daß sie - von ihnen oder auf ihre Initiative hin gegründet wurden, - in ihrer Mitgliedschaft und besonders in wichtigen Führungsfunktionen von Kommunisten unterwandert sind, - eng mit den Kernoder Nebenorganisationen zusammenarbeiten, - Ziele verfolgen, die sich in Teilbereichen mit typisch kommunistischen Zielsetzungen decken. Teilweise liegen mehrere oder alle diese Merkmale vor. Entsprechend stark ist dann der kommunistische Einfluß. So gibt es Gruppen, die keine wesentliche Entscheidung gegen den Willen der Kernoder Nebenorganisationen treffen können; andere haben trotz erheblichen kommunistischen Einflusses noch Raum für politisches Eigenleben. 15 Die wichtigsten kommunistisch beeinflußten Organisationen sind: Deutsche Friedens-Union (DFU) Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) Demokratische Fraueninitiative (DFI) Einzelne Komitees und Initiativen gegen "Berufsverbote", "Kernkraftwerke" und "Antifaschismus" Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg - Für Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Frieden (Volksfront) Anti-Strauß-Komitees (ASKo) Liga gegen den Imperialismus 1.4 Sonstige linksextreme Gruppen Daneben gibt es noch eine Reihe von autonomen Gruppierungen, die anarchistische, spontaneistische oder undogmatische Richtungen vertreten. Sie wollen die verfassungsmäßige Ordnung revolutionär beseitigen, lehnen jedoch das dogmatische Konzept des Marxismus-Leninismus ab. Diese Gruppen sind häufig kleine, lose und kurzlebige Zusammenschlüsse. 2. Orthodoxe Kommunisten 2.1 Überblick Die orthodoxen Kommunisten bekennen sich zum Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung und folgen bedingungslos der ideologischen und politischen Linie der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) der DDR. Sie sehen in der Sowjetunion und in der DDR den "realen Sozialismus" verwirklicht. Sie verstehen sich als Teil der kommunistischen Weltbewegung. Nach dem Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung hat die kommunistische Weltbewegung die Führungsrolle bei der revolutionären Umgestaltung der kapitalistischen in die sozialistische Gesellschaft. Sie gliedert sich in drei "Hauptabteilungen". Diese sind das "sozialistische Weltsystem", d. h. die Staaten, in denen eine "siegreiche" sozialistische Revolution stattgefunden hat, die Arbeiterklasse der kapitalistischen Länder unter der Führung ihrer marxistisch-leninistischen Partei und die "nationale Befreiungsbewegung" der Völker in den Gebieten der ehemaligen "kolonialen und halbkolonialen Welt". Dem "sozialistischen Weltsystem" und insbesondere der KPdSU kommt innerhalb der kommunistischen Weltbewegung die Vorbildund Führungsrolle zu. Einigendes Band ist der "proletarische Interna16 tionalismus", der die "Gesamtheit der Interessen und die Solidarität der Arbeiter klasse und der Werktätigen aller Länder, ihre Geschlossenheit und Aktionseinheit im Kampf um die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft zum Ausdruck" bringen soll. Unter den gegenwärtigen Bedingungen wird der "Kampf gegen Antikommunismus und Antisowjetismus" sowie gegen rechten und linken "Revi sionismus" und gegen den Nationalismus weiterhin als "wichtige Aufgabe" ange sehen. Der internationale, weltumspannende Führungsanspruch der KPdSU und der Sowjetideologie kommt nicht zuletzt auch in einigen internationalen prosowjeti schen Organisationen zum Ausdruck, wie dem Weltfriedensrat (WFR), dem Welt bund der Demokratischen Jugend (WBDJ) und der Föderation Internationale des Resistants (FIR). Organisationsübersicht Orthodoxe Linke Deutsche Kommunistische Partei (DKP) * 1 1 SDAJ DFU - * ! * - VVN-BdA 1 1 1 MSB --SHB DFG-VK -T- 1 KFAZ 1 JP 1 DFI VDJ -T" 1 iMeDenorganisationen Komitees, _ _ beeinflußte Organisationen Initiativen Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis In der Bundesrepublik Deutschland und damit auch in Bayern sind die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und deren Nebenorganisationen Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) und Junge Pioniere-Sozialistische Kinderorganisation (JP) sowie-mit Einschrän kungen - von der DKP und ihren Nebenorganisationen beeinflu ßte Organisationen Sammelbecken für die orthodoxen Kommunisten. Sie bilden nach wie vor einen festgefügten Block, sind vor allem im Funktionärsbereich eng verflochten und finanziell sehr gut ausgestattet. Jedenfalls die Kernund Nebenorganisationen werden nach dem marxistisch-leninistischen Organisationsprinzip des "demokrati schen Zentralismus" geführt. Auch wenn es die orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik aus Gründen der Tarnung nicht immer offen aussprechen, beken nen sie sich zur sozialistischen Revolution und zur Diktatur des Proletariats. Das Grundmodell ihrer "sozialistischen Ordnung" sehen sie in den sozialistischen Ländern, insbesondere in der DDR, verwirklicht. Unterstützung finden die orthodoxen Kommunisten vor allem bei Teilen der sog. Friedensbewegung sowie bei anderen Organisationen unterschiedlicher Zielset zung, die vielfach von ihnen beeinflußt sind. Hierzu zählen vor allem die Deutsche 1'/ Friedens-Union (DFL)), die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), das Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ), die Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ), die Demokratische Fraueninitiative (DFI), der Sozialistische Hochschulbund (SHB) sowie mehrere Komitees gegen die "Berufsverbote". 2.2 Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 2.2.1 Ideologisch-politischer Standort 2.2.1.1 Allgemeines Die DKP wurde am 26. September 1968 anstelle der im Jahre 1956 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Sie nimmt für sich die politische Führung der orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch. Auch 1979 war sie mit Abstand die stärkste extremistische Partei. Sie folgte bedingungslos und kritiklos der Linie der KPdSU und der SED. Auch wenn die DKP übereinstimmend mit der Sowjetideologie davon ausgeht, in "schöpferischer Anwendung" der Lehren des Marxismus-Leninismus einen eigenen Weg zur Verwirklichung des Sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln, so ordnet sie ihr taktisches Vorgehen dem Prinzip des proletarischen Internationalismus unter. Sie verurteilt jede Art von "Rechtsund Linksopportunismus", sieht die "Haltung zur Sowjetunion" als "entscheidenden Prüfstein für jeden Kommunisten, für seine Treue zur Sache der revolutionären Arbeiterbewegung" und "erzieht ihre Mitglieder beständig im Geiste fester Freundschaft zur Sowjetunion". Übereinstimmend mit der Sowjetpresse sprach die DKP im Zusammenhang mit dem chinesisch-vietnamesischen Grenzkonflikt von einer "Aggression Pekings" und bezeichnete das sowjetische Eingreifen in Afghanistan als "Hilfeleistung". Das Ziel der DKP, eine sozialistische und kommunistische Gesellschaftsordnung zu verwirklichen, ergibt sich aus ihrem am 21. Oktober 1978 auf dem Mannheimer Parteitag beschlossenen Programm und aus einer Vielzahl ideologischer Schriften und Ausbildungsmaterialien. Danach sei "unverrückbares Ziel" der Sozialismus "als erste Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation". Diese "grundlegend neue Gesellschaftsordnung" baue auf der "revolutionären Überwindung der kapitalistischen Machtund Besitzverhältnisse" auf und könne nur "im harten Klassenkampf" durchgesetzt werden. Sie setze die Erringung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse im Bündnis mit den anderen Werktätigen voraus. Dieser revolutionäre Prozeß sei von allgemeinen Gesetzmäßigkeiten geprägt, wie sie der Marxismus-Leninismus darlege und wie sie durch die "Praxis der Oktoberrevolution wie auch aller nachfolgenden sozialistischen Umwälzungen" bestätigt worden sei. Die DKP bezeichnet sich als "die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse in der Bundesrepublik Deutschland". Die "Lehre von Marx, Engels und Lenin" ist der "politische Kompaß der DKP und wissenschftliches Fundament ihrer Politik". In 18 "schöpferischer Anwendung" dieser Lehre entwickelt die DKP Strategie und Taktik ihres Kampfes um die Errichtung des Sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei geht die DKP aufgrund der marxistisch-leninistischen Gegenwartsanalyse davon aus, daß die jetzige historische Epoche "die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus im Weltmaßstab" sei. Der "staatsmonopolistische Kapitalismus" habe sich voll entwickelt. Daher sei "den objektiven Notwendigkeiten" entsprechend und den "Realitäten unseres Landes Rechnung tragend", die "Hauptzielsetzung der DKP in der gegenwärtigen Etappe", das Kräfteverhältnis zugunsten der "Arbeiterklasse" und der anderen "demokratischen Kräfte" zu verändern und die "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt herbeizuführen". Sie erachtet es als möglich und im Interesse der Arbeiterklasse erstrebenswert, daß dieser Kampf um die Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt in eine "antimonopolistische Demokratie" einmündet. Unter der "antimonopolistischen Demokratie" versteht die DKP eine Periode "grundlegender Umgestaltungen", in der eine von der "Arbeiterklasse und den anderen demokratischen Kräften getragene antimonopolistisch-demokratische Staatsmacht" geschaffen werden soll. Dabei sieht die DKP die antimonopolistische und die sozialistische Umwälzung als miteinander verbundene Entwicklungsstadien eines "einheitlichen revolutionären Prozesses des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus". Die Formulierungen "sozialistische Umwälzung" und "politische Macht der Arbeiterklasse" sind gleichbedeutend mit den unverzichtbaren marxistisch-leninistischen Begriffen "sozialistische Revolution" und "Diktatur des Proletariats". Diese Begriffsmanipulation dient ebenso der Verschleierung der wahren verfassungsfeindlichen Zielsetzung der DKP wie ihre Beteuerung, sie "wirke auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland" und erstrebe die "grundlegende Umgestaltung auf der Basis der demokratischen Prinzipien und Rechte des Grundgesetzes". In den Grundrechten, zu denen sie sich nur mit Einschränkungen bekennt, sieht die DKP vornehmlich ein Instrument der Arbeiterklasse im Kampf um den Sozialismus. Ihr Eintreten für "Demokratie", gegen "Faschismus und Neonazismus" und vor allem für die Einhaltung der Prinzipien der "friedlichen Koexistenz" ist in der Interpretation des Marxismus-Leninismus zu verstehen. Die Systemüberwindung will die DKP nach ihren eigenen Aussagen mit systemkonformen Mitteln auf friedlichem Weg erreichen. Gleichwohl betont sie im Programm, daß es von der Kraft der Arbeiterklasse, der Stabilität ihrer Bündnisse mit anderen "demokratischen Kräften", der Stärke ihrer revolutionären Partei, insbesondere aber von den " Formen des Widerstandes der Reaktion" abhinge, wie sich dieser Weg konkret gestalten werde. Sozialistische Revolution und Diktatur des Proletariats als Weg und sozialistische und kommunistische Gesellschaftsordnung als Ziel der DKP sind, wie das Bundesverfassungsgericht im Urteil über das Verbot der KPD festgestellt hat, mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes unvereinbar. Die verfassungsfeindliche Zielsetzung der DKP ergibt sich aber auch aus ihrer vorbehaltlosen Identifizierung mit dem in der DDR herrschenden Staatsund 19 Gesellschaftssystem. Dort würden unter der Führung der SED die Arbeiter und Bauern, das ganze Volk der DDR die entwickelte sozialistische Gesellschaft gestalten und auf deutschem Boden den "realen Sozialismus", "die grundlegende Alternative zur kapitalistischen Ausbeuterordnung", stärken. Sie sieht dort "die besten revolutionären, demokratischen und nationalen Traditionen der deutschen Geschichte" verkörpert. Von einem solchen Staat hätten "Generationen von Kommunisten und Sozialisten" geträumt. Nur in einem solchen Staat könne es "wirkliche Volksherrschaft, also Demokratie", geben. Das Staatsund Gesellschaftssystem der DDR ist aber mit den unverzichtbaren Elementen unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar. Wie in den vergangenen Jahren reisten 1979 zahlreiche Funktionäre der DKP einzeln oder in Delegationen zu Gesprächen in die DDR, wie umgekehrt zahlreiche SEDund andere DDRFunktionäre in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Zum 60. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) - 31. Dezember 1918/1. Januar 1919 - erklärte der DKP-Parteivorsitzende Mies im DKP-Zentraiorgan UZ, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), die Sozialistische Einheitspartei Westberlins (SEW) und die DKP seien die Nachfolger der KPD. Die KPD wurde 1956 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt und verboten. 2.2.1.2 Anforderungen an das DKP-Mitglied Die DKP bezeichnet sich als einheitlich und solidarisch handelnde "Kampfgemeinschaft", deren innerparteiliches Leben von der "marxistischen Weltanschauung und der Gemeinschaft der politischen Ziele" geprägt werde. "Kommunist ist man überall: am Arbeitsplatz, im Wohngebiet, in der Familie". Als richtige Haltung der Kommunisten sieht die DKP es an, offen und konsequent den kommunistischen Standpunkt zu vertreten, initiativreiche, geduldige Verfechter der Politik der Aktionseinheit zu sein, in Bündnissen "aktiv, initiativ und partnerschaftlich" zu wirken und sich als "die besten, entschiedensten, uneigennützigsten Vertreter des Volksinteresses" zu erweisen und aktiv bei der Gewinnung neuer Mitglieder und der Verbreitung und Gestaltung der DKP-Presse mitzuwirken. Kommunist sein heiße, aus Klassenbewußtsein ein disziplinierter Kämpfer der Partei der Arbeiterklasse zu sein, heiße qualitativ gut, gewissenhaft, diszipliniert am Arbeitsplatz, in der Schule, in den Hochschulen, in der Elternvertretung, in der parlamentarischen Vertretung, "im sogenannten normalen Leben" zu sein. Der Kontrolle dieser hohen Anforderungen an das einzelne Mitglied - der "proletarischen Moral" - und dessen Aktivität diente auch der 1979 abgeschlossene "Mitgliedsbuchumtausch", der das Ziel gehabt habe, "die Partei ideologisch, politisch und organisatorisch zu festigen". Dabei sei festgestellt worden, daß der Anteil der "Arbeiter" gegenüber dem der "Intelligenz" in der Kaderstatistik abgenommen habe. 2.2.1.3 Bündnispolitik Die sog. Bündnispolitik ist ein fundamentales Prinzip der Politik der DKP und ihrer Nebenorganisationen. Sie beruht auf marxistisch-leninistischer Strategie und Taktik. Aufgrund ihrer Analyse der Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung sieht die 20 DKP in der Bundesrepublik Deutschland den staatsmonopolistischen Kapitalismus als voll entwickelt an. Wegen der dadurch eingetretenen Polarisierung sei die Zusammenfassung aller "antimonopolistischen" Kräfte um die Arbeiterklasse objektiv möglich, aber auch "unerläßlich" für die Durchsetzung des "gesellschaftlichen Fortschritts", also für die Erreichung ihres sozialistischen Zieles. Nicht zuletzt wegen ihrer vergleichsweise geringen Mitgliederzahl und ihres schwachen Wählerpotentials ist die DKP bestrebt, "Bündnisse" mit nichtkommunistischen Kräften in der "Aktionseinheit der Arbeiterklasse" und in einem "breiten, antimonopolistischen Bündnis" zu schaffen. Für eine erfolgreiche Politik der "Aktionseinheit und des demokratischen Bündnisses" ist es für die DKP "von erstrangiger Bedeutung", die "tiefe Kluft" zwischen der "objektiven Lage der vom Monopolkapital ausgebeuteten und bedrängten Klassen und Schichten einerseits und ihrer Erkenntnis durch die Betroffenen andererseits" zu überwinden. "Kernstück" der Politik der DKP ist die Herstellung der "Aktionseinheit der Arbeiterklasse". Damit versucht sie, ein Zusammenwirken von "Arbeitern, Angestellten und Beamten, deutschen und ausländischen Kollegen, sozialdemokratischen, kommunistischen, christlichen und parteilosen Arbeitern" zu erreichen. Mit Nachdruck hat die DKP im Programm ihre Bemühungen um eine Zusammenarbeit mit Mitgliedern und Anhängern der SPD sowie mit der SPD als Partei herausgestellt. Besonderes Gewicht legt sie auf die Arbeit in den Gewerkschaften. Sie tritt für die Stärkung der Gewerkschaften ein und betont, daß es für jeden kommunistischen Arbeiter, Angestellten und Beamten "selbstverständliche Pflicht" sei, "ein aktiver Gewerkschafter zu sein". Sie setzt sich dafür ein, "daß sich die innergewerkschaftliche Demokratie entfaltet, daß dem Antikommunismus in den Gewerkschaften kein Raum gegeben wird und die Grundsätze der Einheitsgewerkschaften strikt beachtet werden". Mit diesen Forderungen versucht die DKP, Einfluß in den Gewerkschaften zu gewinnen. Bei ihren Bemühungen, ein "breites antimonopolistisches Bündnis", eine sog. Volksfront zu bilden, wendet sich die DKP vor allem an Intellektuelle, an bürgerliche Kreise bis hin zu mittleren Unternehmern und an Landwirte. Sie will diese Personenkreise in Bündnisse, und seien sie auch "sachlich und zeitlich noch so begrenzte", gegen das "Monopolkapital" einbeziehen. Sie bemüht sich, Bündnispartner davon zu überzeugen, daß es notwendig sei, "punktuelle Bündnisse zu umfassenderen demokratischen Bündnissen zu erweitern". Daher arbeitet sie "aktiv in demokratischen Bewegungen, Bürgerinitiativen und Bündnissen" mit. Im Rahmen dieser "Volksfrontpolitik" greift die DKP Forderungen auf, die auch von demokratischen Gruppen vertreten werden, und inszeniert Kampagnen. Zu ihrer Durchsetzung bedient sie sich vor allem von ihr beeinflußter Organisationen (zu den beeinflußten Organisationen vgl. Nr. 2.4). 1979 waren dies insbesondere Kampagnen gegen die sogenannten "Berufsverbote", gegen Neonazismus und Faschischmus sowie für Frieden und Abrüstung. 2.2.2 Organisation Die von der DKP auf ihrem Mannheimer Parteitag 1978 genannte Zahl von mehr als 46000 Mitgliedern ist überhöht. Die tatsächliche Mitgliederzahl dürfte 1979 den bisherigen Stand von etwa 42000 unterschritten haben. In Bayern konnte sich die 21 DKP auch 1979 auf etwa 2600 bis 3000 Mitglieder stützen. Zur Hebung der Mitgliederzahl und zur "Sicherung der sozialen Zusammensetzung" der Mitgliedschaft und der Vorstände verkündete die DKP am 1. Dezember 1979 ein neues Parteiaufgebot: "Tausende Betriebsarbeiter für die Partei gewinnen". Entwicklung der Mitgliederzahlen der DKP in Bayern Mitglieder 1968 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 - 3000 - -- dbOU - ^UUU -- .. ^no Die organisatorische Struktur der DKP blieb 1979 im wesentlichen unverändert. Parteivorsitzender ist Herbert Mies, stellvertretender Parteivorsitzender Hermann Gautier. Die DKP gliedert sich in 12 Bezirksorganisationen, die in Kreisbzw. Gebietsorganisationen unterteilt sind, welche die Grundeinheiten, das sind Ortsverbände, Stadtteil-, Wohngebiets-, Betriebsund Hochschulgruppen, zusammenfassen. Bayern ist in die beiden Bezirksorganisationen Nordund Südbayern aufgeteilt. Nach wie vor sind im Bezirk Nordbayern Herbert Stiefvater Vorsitzender und Anka Konhäuser stellvertretende Vorsitzende; im Bezirk Südbayern sind dies Hans Schneider und Richard Scheringer. In ihrem Ende 1979 veröffentlichten Rechenschaftsbericht gemäß SS 23 Parteiengesetz wies die DKP für 1978 insgesamt Einnahmen in Höhe von 13,6 Mio DM (1977:13,3 Mio DM) aus, davon 3,6 Mio DM (= 26,6 %) an Mitgliedsbeiträgen, 5,6 Mio DM (= 41,4 %) an Spenden und 3,1 Mio DM (= 23,3 %) an Einnahmen aus Veranstaltungen, dem Vertrieb von Druckschriften und Veröffentlichungen und sonstiger Tätigkeit. In dem Spendenbetrag sind 11 Einzelspenden von 20 000 DM 22 Organisationsstruktur der DKP Parteitag Parteivorstand Präsidium A 1 Sekretariat Delegierte 1 Bezirksorganisationen 1 Bezirksdelegierten*-^ konferenz Bezirksvorstand - \ ^ *t Sekretariat .9>i 0)| 1 Kreis-/ Gebietsorganisationen Kreisdelegierten*." konferenz "** -- Kreisvorstand Sekretariat pf .2>l 55'' Ä51 Ol 1 Grundeinheiten Jahreshaupt*-^ versammlung " _ Vorstand * * Wahl des Vorsitzenden, > bindende Beschlüsse Stellvertreters und weiterer Vorstandsmitglieder - * Rechenschaftspflicht Stand: 31.12.1979 23 und mehr (SS 25 Parteiengesetz) mit einem Gesamtbetrag von mehr als 400000 DM ausgewiesen. Die größte Spende mit 164512 DM stammte aus Bayern. Darüber hinaus sollen die Parteimitglieder Sach-, Werkund Dienstleistungen im Wert von 3,5 Mio DM erbracht haben. Für die Bezirksorganisation Nordbayern sind für 1978 512832 DM Gesamteinnahmen (1977: 542520 DM) ausgewiesen, von denen auf Mitgliedsbeiträge 152026 DM (1977: 144399 DM), auf Spenden 178199 DM (1977: 220193 DM) und auf Einnahmen aus Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften etc. 153957 DM (1977: 152068 DM) entfielen. Die Bezirksorganisation Südbayern verfügte über 673740 DM Gesamteinnahmen (1977: 706038 DM), in denen 129643 DM (1977:117654 DM) Mitgliedsbeiträge, 296186 DM (1977: 274719 DM) Spenden und 111917 DM (1977: 217997 DM) Einnahmen aus Veranstaltungen, Druckschriftenvertrieb und anderem enthalten waren. Zwar behauptet die DKP, sie stütze ihre Finanzierung ausschließlich auf diese Einnahmequellen. Tatsächlich war sie auch 1979 nicht annähernd in der Lage, die Ausgaben für den aufwendigen Parteiapparat, die zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen sowie die umfangreiche publizistische Agitation aus dem eigenen Parteiaufkommen zu finanzieren. Es liegen Anhaltspunkte vor, daß die DKP auch 1979 für die Finanzierung ihrer Parteiarbeit, für ihre Nebenorganisationen und für die von ihr geförderten Verlage, Publikationen usw. Zuschüsse von mehr als 50 Mio DM aus der DDR erhalten hat. Nach wie vor nutzen DKP und SED als Geldquelle auch den Ost-West-Handel, wobei sie sich auf ein Netz kommunistisch gelenkter Firmen stützen. 2.2.3 Publikationen Wichtigstes Publikationsorgan ist das täglich erscheinende Zentralorgan der DKP "Unsere Zeit. Die Zeitung der arbeitenden Menschen - Zeitung der DKP" (UZ). 1979 konnte die UZ ihr 10jähriges Bestehen feiern. Nachdem sie anfangs als Wochenzeitung erschien, wird sie seit Oktober 1973 als Tageszeitung herausgegeben. Nach Auffassung der DKP ist die UZ "nicht nur ein kollektiver Propagandist und kollektiver Agitator, sondern auch ein kollektiver Organisator". Vom 22. bis 24. Juni 1979 veranstaltete die DKP in Essen unter der Bezeichnung "UZ-Volksfest 79" das Pressefest ihres Zentralorgans. An ihm nahmen rund 400000 Besucher aus allen Bundesländern teil. Die finanzielle Belastung für die DKP war erheblich. Allein der Mietpreis für das Gruga-Gelände betrug 500000 DM. Die "Hausdruckerei" der DKP ist nach wie vor die Plambeck & Co Druck und Verlag GmbH in Neuss, die die UZ verlegt und die Mehrzahl aller Publikationen der Orthodoxen Linken druckt. Der DKP-Verlag "Marxistische Blätter" in Frankfurt/M. gibt das gleichnamige theoretische Organ der DKP heraus. In den 10 Jahren seines Bestehens gab er darüber hinaus rund 500 Buchtitel zu Themen der marxistischen Theorie und Praxis heraus. 24 Publikationen der Orthodoxen Linken unsere zeit D K P - Zeitung für dieGRUNDIG-Belegschaft,W7 NR.f/79 Walter Kurowski: "Indianer spielen nicht Geige" (Seite 8) Deutsche Woclienzeitung für demokratischen Fortschritt Die demokratischen Bewegungen zu Beginn der 80er Jahre / Seite 13-17 i 1979 5 Jahrgang Zivilcourage Antimilitaristische Zeitschrift 25 Große Bedeutung mißt die DKP ihren Kleinzeitungen bei. Die Zahl der in Bayern bisher bekannt gewordenen Kreis-, Orts-, Stadtteilund Wohngebietszeitungen der DKP stieg 1979 um 6 auf 118 an. Viele erschienen jedoch nur gelegentlich. An Betriebszeitungen wurden 1979 27 bekannt, von denen 4 nur sporadisch erschienen. Auch die beiden Bezirksorganisationen in Bayern geben Kleinzeitungen heraus. Als Anleitung für die Abfassung der Kleinzeitungen erstellt der Parteivorstand den "infodienst - Für DKP-Betriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen". 2.2.4 Schulung Der Verwirklichung des Prinzips der kommunistischen Partei als einer "Gemeinschaft von Gleichgesinnten" dient die intensive Schulung der DKP-Mitglieder. Diese umfaßt Schulungsabende und Studienzirkel in den Parteigruppen, Kurse der "Marxistischen Abendschulen" (MASCH) und der "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen der DKP" sowie Kurse und Lehrgänge an der Karl-Liebknecht-Schule der DKP in Leverkusen. Der Terminplan dieser Schule enthielt 1979 ein Angebot von über 30 einund zweiwöchigen Grundund Speziallehrgängen, die von zahlreichen DKP-Mitgliedern besucht wurden. Ausgewählte Funktionäre werden an der eigens zur Schulung von Angehörigen der DKP eingerichteten SEDParteischule "Franz Mehring" in Berlin (Ost) und am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der KPdSU in Moskau fortgebildet. Die "Marxistische Arbeiterbildung-Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus" (MAB), die die DKP seit 10 Jahren unterhält, arbeitet mit über 100 Bildungsgemeinschaften zusammen, die mit Unterstützung aller DKP-Parteiorganisationen die "Marxistischen Abendschulen" (MASCH) betreiben. Ihre Kurse, die das Studium der marxistischen politischen Ökonomie und des "wissenschaftlichen Sozialismus" umfassen, stehen auch Nichtparteimitgliedern offen. Die MAB gibt umfangreiches Schulungsmaterial heraus. Als gesellschaftsund sozialwissenschaftliches Institut der DKP ist das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V." (IMSF) anzusehen, das seit 1968 vom DKP-Parteivorstandsmitglied Prof. Dr. Josef Schleifstein geleitet wird. Es veröffentlichte zahlreiche Publikationen und veranstaltete Seminare und Vorträge. MAB und MASCH haben zusammen mit dem IMSF die Aufgabe, "den originären Marxismus, die Theorie von Marx, Engels und Lenin zu verbreiten und schöpferisch auf die Bedingungen des Klassenkampfes in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden". 2.2.5 Betriebsarbeit Die DKP sah auch 1979 in den Betriebsgruppen die "wichtigsten Organisationen der Partei". Den Betriebsgruppen, besonders in den großen Konzernen, soll deshalb die Unterstützung der ganzen Partei gehören. Die Partei sieht die Stärkung ihrer Betriebsgruppen, die Bildung neuer Betriebsgruppen, die Qualifizierung und regelmäßige Herausgabe der Betriebszeitungen, die Verbesserung der ideologischen Arbeit in den Betriebsgruppen und die Orientierung aller Vorstände und Grundorganisationen auf die Unterstützung der Arbeit in den Betrieben als "unabdingbare Voraussetzung für die Erweiterung des Einflusses unserer Partei in 26 der Arbeiterklasse" an. Zur Verbesserung der Betriebsarbeit wurden bei den DKPBezirksvorständen die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen der DKP" als Abendschulen eingerichtet. Ihre Hauptaufgabe ist die intensive Schulung von Mitgliedern, die in Betrieben und Gewerkschaften wichtige Funktionen ausüben oder erlangen sollen. Die "Marxistische Betriebsarbeiterschule Südbayern - MASCH - Hans Beimler" in München führte 1979 ihren 5. Jahreslehrgang in zweimal wöchentlich gehaltenen Abendkursen durch. Die DKP hat sich auch 1979 weiter auf die Großbetriebe konzentriert. Die Zahl der bekannten Betriebsgruppen verringerte sich infolgedessen 1979 auf 30 (1978:46). Die Mitgliederzahien der Betriebsgruppen schwankten zwischen 5 und 30 Personen. Auch die Zahl der Betriebszeitungen ging wegen der Konzentration stark zurück. Konnten 1978 noch 61 Betriebszeitungen festgestellt werden, so waren dies 1979 nur mehr 27, von denen 4 sporadisch erschienen. 2.2.6 Teilnahme an der Europawahl 1979 kandidierte die DKP in Bayern zur ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament am 10. Juni. Von den 78 Kandidaten der Bundesliste waren 12 Kandidaten aus Bayern. Mit dem Wahlaufruf "Für ein Europa des Friedens, des Fortschritts, der Solidarität aller arbeitenden Menschen" warb die DKP um Stimmen. In Bayern wurden nur zwei größere Wahlveranstaltungen im Mai in München und Nürnberg bekannt. Das Wahlergebnis in Bayern blieb mit insgesamt 10574 abgegebenen Stimmen (= 0,2 %) im Vergleich zur Bundestagswahl 1976 mit 13511 Stimmen (= 0,2 %) prozentual gleich. Es erfüllte die Erwartungen der DKP nicht. Ihr bestes prozentuales Ergebnis erzielte sie im Regierungsbezirk Mittelfranken mit 2291 Stimmen (= 0,4 %), davon in den kreisfreien Städten Nürnberg 1151 und Fürth 233 Stimmen (= jeweils 0,6 %). In München erreichte sie mit 2049 Stimmen einen Anteil von 0,5 %. Ein Mandat im Europäischen Parlament konnte sie nicht erringen. Die DKP machte für ihr schlechtes Abschneiden die "undemokratische 5 %-Klausel" sowie die "antikommunistische Hetze" verantwortlich. 2.2.7 Sonstige Aktivitäten Agitationsschwerpunkte der DKP waren 1979 die Kampagne gegen den "Neonazismus" und die "Rechtsentwicklung" in der Bundesrepublik Deutschland, die Kampagne für Abrüstung und für die "Friedensinitiative der UdSSR", die Kampagne gegen die "Berufsverbote" und insbesondere gegen die Nominierung des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. h. c. Franz Josef Strauß zum Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Großen Raum nahmen 1979 über einen längeren Zeitraum hinweg die Aktivitäten der DKP aus Anlaß des 30. Jahrestages der Gründung der DDR (7. Oktober 1949) ein. Bereits im Juli 1979 hielt sich eine vom DKP-Bezirk Südbayern organisierte Reisegesellschaft von 70 Teilnehmern in Berlin (Ost) auf. Neben der offiziellen Vertretung des Parteivorstandes der DKP beim Festakt am 6. Oktober in Berlin (Ost) reisten Delegationen der DKP-Bezirksorganisationen in die DDR, um an den 27 Feiern ihrer jeweiligen "Patenbezirke" teilzunehmen. So hielten sich Vertreter der Bezirksorganisation Nordbayern in Suhl/DDR auf. In München fand vom 19. bis 25. Oktober eine Filmkunstwoche mit Filmen aus der DDR statt, die von der DKP vorbereitet und unterstützt wurde. Noch im November führte die DKP im Bezirk Südbayern mehrere Veranstaltungen unter dem Motto "Unser Nachbar ist 30 geworden - DDR-Bürger berichten" durch. Rege Aktivitäten entfaltete die DKP auch im Zusammenhang mit der Nominierung des Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Als Hilfestellung zur Durchführung von Diskussionen in den Vorständen und Mitgliederversammlungen brachte der DKPBezirksvorstand Nordbayern ein mehrseitiges Positionspapier heraus mit dem Thema "Was bedeutet die Kanzlerkandidatur von Strauß - Wie führen wir den Kampf um eine friedliche und demokratische Entwicklung der BRD - Wie stoppen wir Strauß?". Der DKP-Kreisverband Nürnberg führte am 19. Oktober 1979 in Nürnberg eine Veranstaltung unter dem Motto "Aktionseinheit - Stoppt Strauß" durch, für die in Ansbach, Fürth und Nürnberg sowie im Kreis Nürnberger Land mit Plakaten geworben wurde. An der Veranstaltung nahmen rund 400 Personen teil, überwiegend Mitglieder der DKP und der Deutschen Friedens-Union (DFU). Zur "Woche der DKP" vom 20. bis 28. Januar fanden Veranstaltungen u. a. in München, Nürnberg, Würzburg, Regensburg, Schwandorf, Landshut, Ingolstadt und Erlangen statt. Unter dem Motto "Wissenschaftlich-technischer Fortschritt - Fluch oder Segen?" veranstaltete die DKP im Februar 1979 Diskussions-Foren in Erlangen, Schweinfurt und Regensburg mit dem Parteivorstandsmitglied und Mitherausgeber der "Marxistischen Blätter" Dr. Robert Steigerwald. Dieser betonte in seinen Referaten, daß die DKP grundsätzlich für den wissenschaftlich-technischen Fortschritt und die friedliche Nutzung der Kernenergie sei. Sie lehne aber den Bau weiterer Kernkraftwerke und anderer kerntechnischer Anlagen zur Energieerzeugung in der Bundesrepublik Deutschland ab, solange die Gefahr des Mißbrauchs für Zwecke großkapitalistischer Profitmacherei und imperialistischer Machtpolitik bestehe und die Sicherheit der Bevölkerung und ein ausreichender Umweltschutz nicht gewährleistet, eine "demokratische" Kontrolle nicht durchgesetzt und der Nachweis nicht erbracht seien, daß der Strombedarf durch andere Energieträger nicht gedeckt werden könne. Im April 1979 hielt die DKP-Südbayern in Ingolstadt und München je eine Festveranstaltung mit dem Thema "60 Jahre Münchner Räterepublik" ab, an denen rund 60 bzw. rund 150 Personen teilnahmen. Am 22. Mai führte der DKP-Parteivorstand in Bonn-Bad Godesberg eine Veranstaltung "30 Jahre Grundgesetz - 30 Jahre Bundesrepublik" durch. Der Parteivorsitzende Mies erklärte, die Verkündung des Grundgesetzes bleibe ein "antinationaler Akt". Die Arbeit am Grundgesetz sei aber Ausdruck des "Ringens um die Verankerung antifaschistisch-demokratischer Verfassungsgrundsätze", die die Kommunisten verteidigten. In München störten Mitglieder der DKP am 9. bzw. 24. Oktober eine Beratung des Finanzausschusses bzw. eine Vollversammlung des Münchner Stadtrats, in denen es um die Tariferhöhung des Münchner Verkehrsund Tarifverbundes ging. 28 Außerdem veranstaltete die DKP am 13. Oktober im Zusammenhang mit der Fahrpreiserhöhung einen "Autokorso" durch die Münchner Innenstadt. 2.3 Nebenorganisationen der DKP Die DKP stützte sich auch 1979 bei ihrer politischen Arbeit in weiten Bereichen auf ihre Nebenorganisationen. Diese sind organisatorisch selbständige Vereinigungen mit eigenen Satzungen und Führungsgremien. Sie ordnen sich politisch der DKP unter und bekennen sich wie diese zum Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung. Maßgebende Funktionen sind bei ihnen mit DKP-Mitgliedern besetzt. Nebenorganisationen sind wie bisher die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB) und die Jungen Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP). 2.3.1 Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 2.3.1.1 Ideologie und Organisation Die SDAJ wurde am 475. Mai 1968 in Essen gegründet. Sie war auch 1979 die bedeutendste und mitgliederstärkste Nebenorganisation der DKP. Mit dieser kämpft sie gemeinsam für eine "sozialistische Ordnung" in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Vorbild der DDR. In ihrem auf dem VI. Bundeskongreß am 576. Mai 1979 in Hamburg verabschiedeten aktualisierten "Aktionsprogramm für die fünf Grundrechte der Jugend" will die SDAJ die "sozialistische Bundesrepublik" im "entschiedenen Klassenkampf" erreichen. Sie bekennt sich zu einem Sozialismus nach den Ideen von Marx, Engels und Lenin und will die revolutionären Traditionen der Arbeiterjugendbewegung fortsetzen. Sie betont ihre "freundschaftliche Verbundenheit" zum Komsomol der Sowjetunion (sowjetische Jugendorganisation) und zur "Freien Deutschen Jugend" der DDR. Zu ihrer Taktik gehört es, sich an Jugendvertretungswahlen in Betrieben zu beteiligen sowie in Jugendringen Mitgliedschaften und Funktionen zu erlangen. Die Mitgliederzahl der SDAJ lag 1979 im Bundesgebiet bei etwa 14000 bis 15000. In Bayern betrug sie Ende 1979 rund 1000 gegenüber 1100 bis 1200 im Vorjahr. Entwicklung der Mitgliederzahlen der SDAJ in Bayern Mitglieder 1968 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 -- 1200 -- 1000 -- 800 -- 600 -- 400 -- 200 29 Die organisatorische Struktur der SDAJ hat sich 1979 in Bayern nicht verändert. Nach dem Vorbild der DKP untergliedert sie sich in die Landesverbände Franken/ Oberpfalz und Südbayern, die ihrerseits in Kreisverbände und Ortsgruppen unterteilt sind. Zum neuen Bundesvorsitzenden wurde auf dem VI. Bundeskongreß am 5./6. Mai 1979 das Mitglied des DKP-Parteivorstandes Werner Stürmann gewählt. Die SDAJ ist "eine der aktivsten Mitgliedsorganisationen" des Weltbundes der Demokratischen Jugend (WBDJ). Sprachrohr der SDAJ ist "elan - das Jugendmagazin". Es erscheint monatlich in einer Auflage von etwa 40000 Exemplaren. Darüber hinaus wurden 1979 in Bayern 20 SDAJ-Kleinzeitungen bekannt. Die erneuten Bemühungen der SDAJ, in Bayern in einen Jugendring auf Stadt-, Kreisoder Landesebene aufgenommen zu werden, blieben erfolglos. Auf der Wahrburg - Gut Wahrberg bei Aurach im Landkreis Ansbach, der zentralen Ausbildungsstätte für SDAJ-Mitglieder, die auch von der DKP genutzt wird, fanden wie im Vorjahr zahlreiche Seminare statt. 2.3.1.2 Aktivitäten Auch 1979 versuchte die SDAJ, Schüler, Lehrlinge und junge Arbeitnehmer für die kommunistischen Ziele und Forderungen zu gewinnen. Großen Raum nahm 1979 die Agitation der SDAJ gegen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU ein. Wegen des beleidigenden Inhalts untersagte das Landgericht München I durch eine einstweilige Anordnung die weitere Verbreitung eines Aufklebers. Wie in den früheren Jahren veranstalteten die SDAJ-Landesverbände Franken/ Oberpfalz und Südbayern während der Pfingstfeiertage sogenannte Pfingstcamps. Bereits Wochen vorher hatten die Landesverbände dafür intensiv mit Flugblättern, Zeitungsanzeigen und Plakaten geworben. Die Veranstaltungen des Landesverbandes Franken/Oberpfalz auf der Naabinsel bei Schwandorf wurde von etwa 500, die des Landesverbandes Südbayern auf dem Campingplatz Isarhorn bei Mittenwald von etwa 600 Personen besucht. In ihrer zentralen "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" fand vom 22. bis 29. Juli das 3. "Victor-Jara-Treffen" statt, an dem rund 180 Personen teilnahmen. Nach einem Bericht im DKP-Zentralorgan UZ wurden Themen wie die "demokratische" Jugendbewegung, Jugendkultur und gewerkschaftliche Jugendarbeit sowie die "modellhafte Ausarbeitung eines Kulturprogramms zum Antikriegstag" behandelt. Der SDAJ-Bundesvorstand forderte in einem Aufruf zum Schuljahr 1979/80 dazu auf, "konsequente Interessenvertreter" in die Schülervertretungen zu wählen. Er erklärte, das vergangene Schuljahr sei eines der erfolgreichsten der "demokratischen Schülerbewegung" gewesen. Als Klassensprecher, Schülersprecher oder Landesschülersprecher hätten SDAJ-Mitglieder zu dieser Entwicklung beigetragen. Am 13./14. September führte die SDAJ auf dem Marienplatz in München eine Informationsveranstaltung zum Thema "Jugendarbeitslosigkeit" durch. Im Rahmen dieser Aktion traten fünf Mädchen in den Hungerstreik, um gegen das "man30 gelnde Angebot qualifizierter Lehrstellen" in der bayerischen Landeshauptstadt zu protestieren. 2.3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Der im Oktober 1971 gegründete MSB Spartakus behielt auch 1979 seine politische Linie bei. Als stärkster orthodox-kommunistischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland bekennt er sich zum Marxismus-Leninismus und kämpft mit der DKP und der SDAJ für die sozialistische Revolution. Er propagiert den "realen Sozialismus" der DDR als grundsätzliche Alternative zum "kapitalistischen System". Er setzte seine bisherige Bündnispolitik im Hochschulbereich fort, um die Studentenbewegung zu einer "antimonopolistischen Kraft" gegen die "Herrschenden" zu entwickeln. Die Studenten sollen in Verbindung mit dem Marxismus und den Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung in der Aktion politisches Bewußtsein entwickeln, sich bewußt und konsequent auf die Seite der Arbeiterklasse stellen und die "geistige Manipulation" durch die "bürgerliche Wissenschaft" durchbrechen. Sein Ziel will der MSB Spartakus insbesondere durch eine Politik der "gewerkschaftlichen Orientierung" erreichen, indem er in enger Anlehnung an die Gewerkschaften an soziale und hochschulpolitische Tagesforderungen der Studenten anknüpft und seine Forderungen mit gewerkschaftlichen Kampfmitteln wie "Urabstimmung" und "Streiks" durchzusetzen versucht. Er fordert seine Mitglieder auf, in Gewerkschaften einzutreten. Bei seinen Aktivitäten stützte sich der MSB Spartakus auch 1979 auf seine Bündnispartner. Nach wie vor ist der Sozialistische Hochschulbund (SHB) - vgl. im einzelnen zum SHB 5. Abschnitt Nr. 4 - sein zuverlässigster Bündnispartner. Aus aktuellem Anlaß bildete er auch mit Gruppen der Neuen Linken im Hochschulbereich sogenannte "Aktionseinheiten", an denen sich mitunter auch demokratische Studentenorganisationen beteiligten. Auch gelang es ihm, Unorganisierte einzubeziehen. Die Arbeit des MSB Spartakus wurde auch 1979 von den DKP-Hochschulgruppen (Grundorganisationen der DKP) gesteuert und überwacht - näheres 5. Abschnitt Nr. 3.1. Bundesvorsitzender des MSB Spartakus ist Uwe Knickrehm, der auf dem 6. Bundeskongreß am 13./14. Oktober 1979 neu gewählt wurde. An dem Kongreß nahm eine Delegation der DKP unter Leitung ihres Parteivorsitzenden teil. Das Organ des MSB Spartakus nennt sich "rote blätter". In Bayern gehörten 1979 wie im Vorjahr etwa 100 Mitglieder dem MSB Spartakus an. Zu den bisherigen Gruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen/Nürnberg, München, Regensburg, Schweinfurt und Würzburg kam 1979 eine neue Gruppe in Coburg hinzu. Der MSB Spartakus entfaltete auch 1979 seine Aktivitäten in der Hauptsache im Bildungsbereich - vgl. im einzelnen 5. Abschnitt Nr. 3.2. Lediglich im Mai förderte die Ortsgruppe Würzburg durch eine kulturelle Veranstaltung den Europawahlkampf der DKP und warb für das UZ-Pressefest der DKP in Essen. 31 2.3.3 Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) Die Jungen Pioniere wurden 1974 auf Initiative der DKP nach dem Vorbild der Staatsjugendorganisationen der sozialistischen Länder für Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren gegründet. Sie kämpfen gemäß ihrer Satzung für den Sozialismus und betrachten sich als Teil der weltweiten kommunistischen Pionierbewegung. Sie dienen der SDAJ und der DKP als Basis für den Nachwuchs. DKP, SDAJ und MSB Spartakus unterstützen die JP in der Erwartung, daß sie die Kinder kommunistisch erziehen und damit einen Beitrag zum "gesellschaftlichen Fortschritt" leisten. Die JP gliedern sich in Gruppen, Ortsverbände, Landesausschüsse und den Bundesverband. Bundesvorsitzender ist Achim Krooß (DKPund SDAJ-Mitglied). In Anlehnung an die Organisationsform von DKP und SDAJ bestehen in Bayern die Landesausschüsse Franken/Oberpfalz und Südbayern. Die Zahl der Mitglieder beträgt im Bundesgebiet etwa 2500, in Bayern zwischen 350 und 400 gegenüber 450 bis 500 im Vorjahr. Die Bundesleitung der JP veröffentlicht die zentrale Kinderzeitung "Willibald" und ihre "Pionierleiterinformation". Die Jungen Pioniere veranstalten Spielund Singnachmittage, Ausflüge, Gruppenabende und Kinderfeste. Höhepunkte der "Pionierarbeit" waren auch 1979 die von DKP und JP organisierten Kinderferienaktionen, bei denen JP-Mitgliedern und -Anhängern unter dem Motto "Wir fahren in ein kinderfreundliches Land" preisgünstige Ferienaufenthalte in der DDR angeboten wurden. Mitte August reisten von Bayern aus etwa 200 Kinder und 21 Betreuer zu Ferienaufenthalten in die DDR. 2.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen Die DKP bemüht sich nach den Grundsätzen ihrer Bündnispolitik (vgl. oben Nr. 2.2.1.3), bei zahlreichen Organisationen Einfluß zu gewinnen bzw. ihren Einflußzu erhalten. Der Einfluß der DKP und auch ihrer Nebenorganisationen kann sich insbesondere darin zeigen, daß diese beeinflußten Organisationen von ihnen oder auf ihre Initiative hin gegründet wurden, in wichtigen Führungspositionen, aber auch in der Mitgliedschaft von Kommunisten unterwandert sind und eng mit der DKP oder ihren Nebenorganisationen zusammenarbeiten. Sie verfolgen Ziele, die in Teilbereichen mit typisch kommunistischen Zielsetzungen übereinstimmen und unterstützen damit die Bestrebungen der DKP. Häufig liegen mehrere, gelegentlich auch alle diese Merkmale vor. Entsprechend stark ist dann der kommunistische Einfluß. In einigen dieser Organisationen sind wesentliche Entscheidungen gegen den Willen der DKP oder ihrer Nebenorganisationen nicht möglich. Bei anderen ist trotz erheblichen DKP-Einflusses noch Raum für politisches Eigenleben; die kommunistische Beeinflussung ist dann für das einfache Mitglied nicht immer leicht erkennbar. Zu den von der DKP beeinflußten Organisationen zählen insbesondere - d i e Deutsche Friedens-Union (DFU), - die Vereinigung der Verfolgten des NaziregimesBund der Antifaschisten (VVNBdA), 32 - d i e Deutsche FriedensgesellschaftVereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), - das Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ), - d i e Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ), - die Demokratische Fraueninitiative (DFI), - Komitees und Initiativen, die insbesondere die Protestbewegung gegen die "Berufsverbote" tragen. Diese kommunistisch beeinflußten Organisationen nahmen auch 1979 aktiv an den Kampagnen der DKP gegen die Bundesrepublik Deutschland teil. Ihre organisatorische und politische Lage hat sich 1979 nicht wesentlich verändert. 2.4.1 Deutsche Friedens-Union (DFU) Die DFU wurde 1960 auf kommunistisches Betreiben als "Volksfrontpartei" gegründet. Ihr Ziel ist eine "reale Demokratie, in der der antifaschistische, antimonopolistische und antimilitaristische Auftrag des Grundgesetzes und der Länderverfassungen verwirklicht ist". Sie sieht es als unerläßlich an, den "Ungeist des Antikommunismus in der Bundesrepublik" zu überwinden. Ihre Tätigkeit besteht fast ausschließlich in der Förderung kommunistischer Vorstellungen. Sie ist Mitglied im prosowjetischen Weltfriedensrat (WFR). Ein nicht unerheblicher Teil der Mitglieder des Direktoriums und des Bundesvorstandes sind ehemalige KPDMitglieder. Die DFU wird auf Bundesebene vom Bundesvorstand geleitet, dessen Vorsitz ein "Direktorium" innehat, das aus 7 Mitgliedern besteht. Sie gliedert sich in 9 Landesverbände, die weiter untergliedert sind. Vorsitzender des Landesverbandes Bayern ist seit 1977 Gerhard Bitterwolf. Die Zahl der Mitglieder in Bayern lag 1979 bei etwa 500. Organisatorisch bestanden Bezirksverbände in Augsburg, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg. In ihrem Rechenschaftsbericht nach dem Parteiengesetz, der im Herbst 1979 veröffentlicht wurde, wies die DFU 1978 2640749 DM Einnahmen aus. Davon entfielen auf Mitgliedsbeiträge 287501 DM und auf Spenden 2 248 618 DM. Für den DFU-Landesverband Bayern sind in dem Bericht Gesamteinnahmen von 92053 DM ausgewiesen, davon an Mitgliedsbeiträgen 45 816 DM und an Spenden 35916 DM. Sprachrohr der DFU ist die "Deutsche Volkszeitung" (DVZ). Der Publikation ihrer Ideen dienen auch der "Pressedienst", der im Abstand weniger Tage erscheint, die "Materialien zu Fragen der Abrüstung", die etwa halbjährlich verbreitet werden, sowie sporadisch erscheinende "Mittelstandsbriefe - Neue Perspektiven". Durch die Veranstaltung sogenannter "Stammtischgespräche" versucht die DFU, einen größeren Bevölkerungskreis im Sinne ihrer Politik zu beeinflussen. Einen sichtbaren Erfolg konnte sie dabei jedoch nicht verzeichnen. Schwerpunkte der politischen Aktivitäten der DFU waren 1979 die Abrüstungskampagne, vor allem die Agitation gegen die Nachrüstung der NATO auf dem Sektor der Mittelstreckenraketen, der Kampf gegen den "Antikommunismus", die 33 Kampagnen gegen "Berufsverbote", den "Abbau sozialer Rechte" und den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Mit ihren Aktivitäten wandte sie sich - wie bisher - nicht in erster Linie an die Arbeiter, sondern an Studenten, Lehrer und Vertreter des Mittelstandes. Die DFU entwickelte auch 1979 auf internationaler Ebene Aktivitäten. Sie nahm im Januar an der internationalen "Konferenz gegen Berufsverbote" in Darmstadt, im Februar an der Tagung des Friedensrates der DDR in Berlin (Ost) teil und führte im April mit Verhandlungspartnern der Wiener Konferenz über die Reduzierung von Truppen und Rüstungen in Europa Gespräche. Anläßlich des 18. Deutschen Evangelischen Kirchentages führte der Bezirksverband Nürnberg am 16. Juni vor etwa 80 Teilnehmern eine Veranstaltung zum Thema "Christen für das Leben in einer Welt ohne Krieg - Schluß mit dem Wettrüsten" durch. 2.4.2 Vereinigung der Verfolgten des NaziregimesBund der Antifaschisten (VVN-BdA) Die seit über 30 Jahren bestehende VVN-BdA ist eine der größten kommunistisch beeinflußten Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland. Die VVN-BdA führte vom 25. bis 27. Mai 1979 in Dortmund ihren Bundeskongreß durch. Der DKP-Vorsitzende Herbert Mies sicherte in einem Grußwort der VVNBdA als dem "antifaschistischen und demokratischen Gewissen unseres Landes" die zuverlässige Unterstützung der DKP zu. Bei den Neuwahlen des 82köpfigen Präsidiums traten keine wesentlichen Änderungen ein. Präsident der VVN-BdA ist Dr. Joseph C. Rossaint. Der Posten des Geschäftsführers wurde in "Generalsekretär" umbenannt. Er ist weiterhin mit Hans Jennes besetzt. Beide Funktionäre sind Träger der vom Präsidium des Obersten Sowjet der UdSSR verliehenen Leninmedaille. Der Kongreß verabschiedete ein neues "Orientierungsund Aktionsprogramm" sowie eine Satzungsänderung. Nach dem Programm bedeutet "antifaschistische Politik" das Eintreten für die "wirksame und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Demokraten im gemeinsamen Handeln gegen Reaktion und Neofaschismus" und heute, in einer "Zeit der massiven Einschränkung demokratischer Freiheiten, die Verteidigung dieser in den Länderverfassungen und im Grundgesetz enthaltenen antifaschistischen Forderungen und Aufträge". Als Schwerpunkte der Aktivitäten für die nächste Zeit wurden der Kampf für die Aufhebung der Verjährung der NSVerbrechen, die Auflösung der SS-Verbände und die Unterbindung jeglicher NSPropaganda genannt. Nach der geänderten Satzung schließen sich die in der Bundesrepublik bestehenden Landesverbände in einer "Arbeitsgemeinschaft" zusammen. Die Vereinigung ist der "Föderation Internationale des Resistants" (FIR), einer prosowjetischen Organisation, angeschlossen. Sprachrohr der VVN-BdA ist die "die tat - antifaschistische Wochenzeitung". 34 Am 24725. März 1979 hielt der VVN-BdA-Landesverband Bayern in München seine 16. ordentliche Landesdelegiertenkonferenz ab. Die bisherigen Landesvorsitzenden Alfred Haag und Kreszenz Herker wurden wiedergewählt. DKP und SDAJ übermittelten zur Konferenz "solidarische Kampfesgrüße". Der Mitgliederstand von etwa 10000 auf Bundesebene und etwa 1000 in Bayern hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Mit einer im September 1979 angelaufenen Mitgliederwerbeaktion will die VVN-BdA innerhalb eines Jahres auf Bundesebene 2500, davon in Bayern 250, neue Mitglieder gewinnen. Im Februar führte die VVN-BdA mehrere Veranstaltungen in Bayern zur Fernsehsendung "Holocaust" durch. Die größte Veranstaltung fand am 11. Februar 1979 in München statt. Vor rund 400 Personen sprachen neben dem VVN-BdA-Präsidenten Dr. Rossaint und dem Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern der VVNBdA Alfred Haag auch der stellvertretende Vorsitzende der DKP-Bezirksorganisation Südbayern Richard Scheringer. Den Schlußpunkt der Veranstaltungsreihe bildete eine Kundgebung am 17. Februar 1979 in München, an der etwa 250 Personen teilnahmen. Rege Aktivitäten entfaltete die VVN-BdA zur Vorbereitung und Unterstützung der "Internationalen Antifaschistischen Kundgebung für die Nichtverjährbarkeit der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, für die Auflösung der SS-Verbände und für die Unterbindung jeglicher Nazipropaganda" am 21. April 1979 in Straßburg, die von einer internationalen Initiative veranstaltet wurde. Sie verteilte umfangreiches Propagandamaterial und wies in Versammlungen auf die Kundgebung hin. Presseberichten zufolge nahmen an der Kundgebung etwa 10000 Anhänger von 120 Organisationen aus über 20 Nationen teil. Die Zahl der Teilnehmer aus Bayern lag bei etwa 300. Anläßlich des Landesparteitages der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) am 22. Juli 1979 in Augsburg forderte die Kreisvereinigung München der VVN-BdA dazu auf, eine für diesen Tag angekündigte Protestkundgebung des "Komitees gegen den NPD-Parteitag" zu unterstützen. Nachdem der Veranstalter die Kundgebung abgesagt und statt dessen zur Teilnahme an einer Gedenkstunde am Mahnmal für die Opfer des Faschismus aufgerufen hatte, protestierten etwa 300 Personen, überwiegend Anhänger der DKP, SDAJ, VVNBdA und der Neuen Linken sowie zahlreiche türkische Gastarbeiter vor der Kongreßhalle gegen den NPD-Landesparteitag. Zu der am selben Abend durchgeführten Veranstaltung "Rock gegen rechts - Nazis raus aus Augsburg" erschienen etwa 100 Personen. Zur Teilnahme an dem "Rock-Konzert" hatten u. a. die VVNBdA, der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt, die Deutsche FriedensgesellschaftVereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK), die SDAJ und die Augsburger "Initiative gegen Berufsverbote" aufgerufen. "Zum Gedenken der Opfer des faschistischen Terrors" fand am 9. September 1979 in Berlin (Ost) eine Kundgebung statt, an der auch eine Delegation der VVNBdA teilnahm. Bei der anschließenden Zusammenkunft im "Palast der Republik" nahm der Präsident der VVN-BdA neben Gästen aus der UdSSR, Polen und der CSSR am Tisch des Staatsratsvorsitzenden der DDR Erich Honecker und des DDR-Ministerpräsidenten Willi Stoph Platz. 35 2.4.3 Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) Die DFG-VK ging am 24. November 1974 aus der Fusion der Deutschen Friedensgesellschaft - Internationale der Kriegsdienstgegner (DFG-ldK) und dem Verband der Kriegsdienstverweigerer (VK) hervor. Die sich als "antimilitaristischer Kampfverband" verstehende KriegsdienstgegnerOrganisation kämpft vor allem gegen "Antikommunismus" und "Militarismus" sowie gegen die "Berufsverbote". Ihre zentrale Aufgabe sieht sie im "Kampf für das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung". Ihr Programm ist durch Formulierungen gekennzeichnet, die eine auffällige Übereinstimmung mit solchen der DKP aufweisen. Sie unterstützt die ihr nahestehende "Selbstorganisation der Zivildienstleistenden" (SOdZDL). Enge Kontakte bestehen mit dem kommunistisch beeinflußten Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ). Führende Funktionen im Bundesvorstand nehmen orthodoxe Kommunisten wahr. So leitet das SDAJ-Bundesvorstandsmitglied Bernd Kehrer das Referat Organisation. Das DKP-Mitglied Rolf Breuch ist Referent für Abrüstung. Der Bundesvorsitzende Klaus Mannhardt ist Mitglied des Büros des KFAZ und gehört dem prokommunistischen Weltfriedensrat (WFR) an. Die DFG-VK ist nach wie vor die mitgliederstärkste kommunistisch beeinflußte Organisation, wobei jedoch nur ein geringer Teil aktiv für die Organisation tätig wird. Der DFG-VK-Landesverband Bayern stützt sich nach eigenen Angaben auf etwa 2000 Mitglieder. Die DFG-VK verfügt in Bayern über 12 aktive und 4 Gruppen, die zumindest Beratung von Wehrdienstverweigerern ("KDV-Beratung") betreiben; hinzu kommen in 6 Orten DFG-VK-Initiativkreise, in 4 Orten KDV-Arbeitskreise und in 3 Orten Friedensinitiativgruppen. Aktivste bayerische Gruppe war auch 1979 die Gruppe Nürnberg, deren Geschäftsführer der Landesvorsitzende der DFG-VK und Mitglied des Bundesvorstandes Heinrich Häberlein ist. Publikationsorgan der DFG-VK ist die Monatszeitschrift "Zivilcourage". Am 3./4. November 1979 fand der Landeskongre ß des DFG-VK-Landesverbandes Bayern in Augsburg statt. Der bisherige Landesvorsitzende Heinrich Häberlein wurde wiedergewählt. Erstmals hielt sich 1979 eine Delegation der DFG-VK auf Einladung des sowjetischen Friedenskomitees in Moskau und Leningrad auf. Unter dem Motto "Kriegsdienstverweigerer stellen sich vor" führte die DFG-VK seit Anfang April 1979 eine sogenannte "KDV-Aktion" in mehreren Städten Bayerns durch. Mit Informationsund Diskussionsveranstaltungen sowie Kurzfilmen und Kurzreferaten wurden Wehrdienstverweigerer auf die Möglichkeiten einer intensiven Beratung durch die DFG-VK hingewiesen. Seit Juni 1979 läuft eine Unterschriftensammlung der DFG-VK gegen das Prüfungsverfahren für Wehrdienstverweigerer. Sie hat nach eigenen Angaben bisher ca. 20000 Unterschriften in Bayern erbracht. Mitte 1980 sollen die gesammelten Unterschriften dem Deutschen Bundestag als Petition zugeleitet werden. 36 Am 18. September 1979 protestierten in Nürnberg etwa 400 Personen, darunter Anhänger der Orthodoxen und Neuen Linken, mit Trillerpfeifen, Sprechchören und Transparenten gegen die Vereidigung von Bundeswehrsoldaten vor der Lorenzkirche. Die Polizei drängte den harten Kern der Störer ab. Das von der DFG-VK und der ihr nahestehenden SOdZDL herausgegebene Flugblatt "Nürnberg gestern & heute" führte 15 Organisationen auf, die gegen das öffentliche Gelöbnis protestierten. Neben linksextremen Gruppierungen sind in dem Flugblatt auch demokratische Organisationen aufgeführt. Während der Veranstaltung wurden Flugblätter der DKP, der SDAJ, des Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands (KABD) und der Marxistischen Gruppe Erlangen verteilt, die sich gegen die Bundeswehr und das Gelöbnis richteten. 2.4.4 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) Zur Propagierung ihrer "Friedensund Abrüstungspolitik" nutzte die DKP 1979 wiederum vor allem das von ihr beeinflußte KFAZ. Das KFAZ entstand 1974 unter maßgeblicher Beteiligung orthodox-kommunistischer Organisationen. Das Komitee hat keine feste Organisation. Es unterhält örtliche Komitees und Initiativen. Die eigentliche Arbeit, insbesondere die organisatorische Vorbereitung häufig bundesweiter Aktionen, wird vom "Büro des KFAZ" als dem Leitungsgremium des KFAZ besorgt. Der überwiegende Teil der Mitglieder des Büros gehört kommunistisch beeinflußten deutschen Organisationen oder dem prosowjetischen Weltfriedensrat (WFR) an. Im Vordergrund der Aktivitäten standen 1979 die Kampagnen gegen das "Wettrüsten" und gegen die geplante Stationierung neuer Mittelstreckenraketen in Westeuropa. Im Rahmen der "Mai-Aktions-Wochen" veranstaltete die "Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung" als örtliche Gruppe des KFAZ am 19. Mai 1979 einen Aktionstag. Er stand unter dem Motiv "Kinder brauchen Frieden - Beendet das Wettrüsten - Nein zur Neutronenbombe". Zu Beginn der Veranstaltung hatten sich etwa 350 Teilnehmer eingefunden. Bei der Abschlußkundgebung nach dem Demonstrationszug durch die Münchner Innenstadt waren es rund 1200. Der Schwerpunkt der Aktivitäten des KFAZ lag in der Vorbereitung und Durchführung der bundesweiten Demonstration am 1. September 1979-dem "Antikriegstag" - in Bonn, an der rund 12000 Personen, davon etwa 150 aus Bayern, teilnahmen. Sie stand unter dem Motto: "Den Frieden sichern - Das Wettrüsten beenden". Mit dieser Aktion ist es dem KFAZ gelungen, in weit größerem Ausmaß als bisher bekannte Persönlichkeiten aus den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Lebens zu mobilisieren. Die DKP hat nicht nur ihre Mitglieder zur "aktiven Teilnahme" aufgefordert, sondern auch an den umfangreichen Vorarbeiten mitgewirkt. An dem "Friedensfest" der "Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung" am 1. September 1979 beteiligten sich rund 1000 Personen. Auch die DKP, die SDAJ, der MSB Spartakus und die VVN-BdA hatten dabei Informationsstände errichtet. Darüber hinaus verteilten Mitglieder des Arbeiterbundes für den Wieder37 aufbau der KPD (AB) und des Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands (KABD) Schriftmaterial. Die "Nürnberger Initiative für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" führte zum "Antikriegstag" keine eigenen Veranstaltungen durch, sondern rief zur Teilnahme an den örtlichen DGB-Veranstaltungen und an der bundesweiten Demonstration in Bonn auf. Daraufhin schlossen sich rund 150 Angehörige der Orthodoxen Kommunisten und der Neuen Linken dem vom DGB am 31. August 1979 in Nürnberg veranstalteten Fackelzug an. Die "Münchner Bürgerinitiative für Frieden und Abrüstung" rief mit einem Flugblatt zu einem Aktionstag am 7. Dezember 1979 auf. Der Aktionstag, der unter den Leitsätzen "Weihnachtsbescherung der NATO - neue Atomraketen" und "Verhandeln - statt hochrüsten" stand, endete mit einem Fackelzug und einer Schlu ßkundgebung, an der sich etwa 500 Personen beteiligten. Zur Teilnahme an dem Aktionstag hatten auch die DKP und die DFG-VK aufgerufen. 2.4.5 Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ) Die VDJ wurde auf Initiative der DKP gegründet, um die Rechtsund Justizpolitik in ihrem Sinn zu beeinflussen. Sie versteht sich als "Teil der Friedenskräfte in der Welt" und wirkt als "nationale Sektion" in der kommunistisch gesteuerten Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen (IVDJ) mit Sitz in Brüssel mit. In der VDJ sind Kommunisten maßgebend tätig. Ende 1979 zählte sie wie im Vorjahr rund 600 Mitglieder. Die VDJ ist in Regionalgruppen, davon 2 in Bayern, gegliedert. Der bisherige Vorsitzende Prof. Dr. Gerhard Stuby wurde zum Generalsekretär der IVDJ gewählt. Prof. Dr. Norman Paech ist seit Dezember 1979 Vorsitzender der VDJ. Größere Aktivitäten der VDJ wurden in Bayern 1979 nicht bekannt. 2.4.6 Demokratische Fraueninitiative (DFI) Die DFI wurde 1975 mit Unterstützung der DKP als "Initiative Internationales Jahr der Frau 75" gegründet und 1976 in DFI umbenannt. Sie versucht, die Aktivitäten "fortschrittlicher" Frauengruppen zu koordinieren und im Sinn der DKP zu lenken. Zur politischen Bedeutung und Einschätzung hieß es im Bericht des Parteivorstandes der DKP auf dem Mannheimer Parteitag 1978: "Wir halten es für gut, daß sich mit der Demokratischen Frauen-Initiative erfolgreich ein Anziehungspunkt und Aktivposten fortschrittlicher Frauenpolitik entwickelt und daß viele Genossinnen hier in einem demokratischen Bündnis ihren Platz einnehmen." Die DFI verfügt bundesweit über etwa 50 Gruppen, darunter auch einige in Bayern. Deren Arbeit wird von einem " Zentralen Arbeitskreis" in Köln koordiniert. Die "Demokratische Fraueninitiative München" rief zu einer Großveranstaltung mit kulturellem Rahmenprogramm am 10. März 1979 in München auf, an der etwa 200 Personen teilnahmen. Zu Veranstaltungen verschiedener bayerischer DFI-Gruppen kam eine sowjetische Frauendelegation angereist; das Thema der Veranstaltungen lautete: "Die Sowjetfrau heute". 38 2.4.7 Komitees und Initiativen gegen die "Berufsverbote" Die Komitees und Initiativen "gegen die Berufsverbote" und für die "Verteidigung der Grundrechte" setzten 1979 ihre Kampagne gegen den Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 über die Verfassungstreue im öffentlichen Dienst (in Bayern: Bekanntmachung der Bayer. Staatsregierung vom 27. März 1973) fort. Bundesweit sollen nach eigenen - offensichtlich übertriebenen Angaben - 350 Initiativen bestehen. Die Koordination ihrer Tätigkeit für das Bundesgebiet liegt nach wie vor beim "Arbeitsausschuß" der DKPbeeinflußten überregionalen "Initiative Weg mit den Berufsverboten" mit Sitz in Hamburg. In Bayern bestanden 1979 12 Bürgerinitiativen und Bürgerkomitees "gegen die Berufsverbote" und "für die Verteidigung der Grundrechte". Wie im Vorjahr nahm das orthodox-kommunistisch beeinflußte Nürnberger "Bürgerkomitee Verteidigung der Grundrechte - Aufhebung der Berufsverbote" unter ihnen die führende Rolle ein. Einige der 1978 aktiven Komitees und Initiativen zeigten 1979 keine Aktivitäten. Neben dem Komitee in Nürnberg sind die Initiative in München und das Komitee in Bamberg orthodox-kommunistisch beeinflußt. Um die Aktionen und Publikationen für Ende 1979/Anfang 1980 abzustimmen, fand am 10. November 1979 in Nürnberg unter Leitung des Nürnberger Komitees ein Meinungsund Erfahrungsaustausch bayerischer Bürgerkomitees und Initiativen statt. Höhepunkte der "Berufsverbotskampagne" waren eine internationale Konferenz am 27728. Januar 1979 in Darmstadt, eine Demonstration am 31. März 1979 in Bonn und die bundesweite "Herbstkampagne gegen Berufsverbote", die vom "Arbeitsausschuß" geplant und durchgeführt wurden. An der Demonstration in Bonn nahmen rund 15000 Personen, darunter auch Vertreter ausländischer "Komitees gegen Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland", teil. Aus Bayern beteiligten sich rund 800 Personen. Unter dem Titel "Das gewerkschaftliche Umfeld warnen" veröffentlichte die "Münchner Bürgerinitiative gegen Berufsverbote" Ende Juni 1979 eine Dokumentation, in der behauptet wurde, die staatlichen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten vom öffentlichen Dienst bedrohten die Gewerkschaften. Im Juli 1979 wurde eine Dokumentation der Augsburger Initiative mit dem Titel "Ja zur Demokratie - Nein zum Berufsverbot" verteilt. Zum "Tag der Menschenrechte" am 10. Dezember 1979 übergab die Münchner Initiative an die Fraktionen im Bayerischen Landtag ein Flugblatt mit dem Titel "Für die Anwendung der Menschenrechte in Bayern". 3. Neue Linke 3.1 Überblick Bei den Neuen Linken handelt es sich um linksextreme Organisationen und Gruppen, die den Kommunismus sowjetischer Prägung ablehnen. Sie werfen diesem vor, "revisionistisch", "bürokratisch" und "sozialimperialistisch" entartet zu sein. In ihrer Ideologie orientieren sich die dogmatischen Organisationen überwie39 gend am Marxismus-Leninismus in der Weiterentwicklung durch Mao Zedong oder durch die gegenwärtige Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Einige Gruppierungen folgen den Lehren von Trotzki oder richten sich nach dem Kurs der Partei der Arbeit Albaniens (PAA). Bei den ebenfalls zur Neuen Linken zählenden undogmatischen Gruppen reicht die ideologische Bandbreite von der revolutionär-marxistischen bis zur anarchistischen Einstellung. Die Mehrzahl der Gruppen der Neuen Linken bekennt sich offen zur revolutionären Gewalt. Der gewaltsame Umsturz soll den Weg zur Diktatur des Proletariats öffnen. Endziel ist-und darin sind sie sich mit den orthodoxen Kommunisten einig - die kommunistische Gesellschaft. Unterschiede zu den orthodoxen Kommunisten bestehen vor allem in der Taktik. Während diese ihr Ziel grundsätzlich über eine friedliche Systemveränderung erreichen wollen, ohne allerdings bei günstiger Lage die revolutionäre Gewalt auszuschließen, halten die Neuen Linken den gewaltsamen Umsturz für unvermeidlich. In zunehmendem Maß mußte die Neue Linke feststellen, daß ihr seit dem Einmarsch Vietnams in Kambodscha, dem chinesischen Angriff auf Vietnam und der Aufkündigung der wirtschaftlichen Beziehungen und Freundschaftsverpflichtungen Chinas gegenüber Albanien weitgehend die Möglichkeit ihrer Identifikation genommen war. Ihre gesellschaftlichen Vorbilder des Sozialismus (China, Albanien und Vietnam) zeigten ausgerechnet die von der Neuen Linken verurteilten Schwächen. Zur weiteren Verunsicherung und Ratlosigkeit trug auch der von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) nach dem Tode von Mao Zedong vollzogene Kurswechsel bei. Diese Begleitumstände führten innerhalb der Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken zu einem weiteren Auseinanderrücken ihrer ideologisch-politischen Standorte und teilweise zum Verlust der charakteristischen Zuordnungsmerkmale (Maoisten). Der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) orientierten sich weiterhin an der politischen Linie der KPCh, die sie allerdings unterschiedlich auslegen. Die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML) verurteilte nicht nur die politische Entwicklung in China, sondern auch die Lehren von Mao Zedong. Der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD) und der Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) kritisierten den Kurswechsel in China als "Rechtsputsch" und traten für die "unantastbaren" Lehren Mao Zedongs ein; neuerdings nimmt der AB im Streit um die richtige Auslegung der Ideen Mao Zedongs eine abwartende Haltung ein. Auch der Kommunistische Bund (KB) verurteilte die innenpolitischen Vorgänge in China, hält aber an den Lehren Mao Zedongs fest und versucht, eine neue "revolutionäre Linie" zu finden. Insgesamt mußte die Neue Linke 1979 Rückschläge hinnehmen. Für die stagnierenden bzw. abnehmenden Mitgliederzahlen waren die ideologischen Unsicherheiten, die persönliche und finanzielle Überforderung der Mitglieder sowie das Nichterreichen der gesetzten Ziele ausschlaggebend. Interne Differenzen führten inzwischen zur Auflösung einer bundesweiten Organisation (KPD) sowie eines Landesverbandes (KABD) und zum Ausschluß ganzer Fraktionen (KB). 40 Organisationenübersicht Neue Linke Antisowjetischer Marxismus-Leninismus Undogmatische Gruppen neue Peking-Linie AlbanienKeiner bes. KPalte Linie MaoZedongs orientiert Linie zugehörig Trotzkisten KBW KPD KB KABD KPD/ML AB GIM - GIM/HG SB - KJB - KJVD SSB RJVD RG - RSF Spartakusbund KRH KHG - KSV KB-Stud. KSG - KSB/ML KHB VRV-SR L_ VKV - RGO i-ASK BSA - SJB KN - * Komitees LIGA - RLVB . Nebenorganisation L * Komitees RHD . beeinflußte Organisation i Abkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis i-Volksfront Für die Bundestagswahl 1980 streben einige Gruppierungen der dogmatischen Neuen Linken die Bildung von Sammlungsbewegungen an. So wollen der KBW mit einer "Arbeitereinheitsfront" und die KPD/ML mit der bereits auf Bundesebene gegründeten VOLKSFRONT an den Wahlen teilnehmen. Während die inzwischen aufgelöste KPD eine Alternative zu Strauß und Schmidt propagierte, plant der AB eine Aktionseinheit aufzubauen. Wegen der bestehenden ideologischen Differenzen kam es bisher noch zu keinen Zusammenschlüssen. 3.2 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) 3.2.1 Ideologisch-politischer Standort Der aus dem Zusammenschluß mehrerer örtlicher kommunistischer Bünde im Jahr 1973 entstandene KBW ist die mitgliederstärkste, finanzkräftigste und aktivste Parteiorganisation der Neuen Linken in der Bundesrepublik Deutschland. Er bekennt sich zur "proletarischen Revolution" und zur "Diktatur des Proletariats" im marxistisch-leninistischen Sinne und propagiert offen die "Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates". Nach Auffassung des KBW gibt erst der zerschlagene Staatsapparat den Weg für die "Eroberung der politischen Macht" frei. Zur Erringung dieser Macht ist der vorhandene "Widerstand der Ausbeuter" unter Anwendung von Gewalt zu brechen. Das Programm des KBW führt hierzu aus: "Solange die Bourgeoisie über bewaffnete Formationen zur Verteidigung des kapitalistischen Eigentums verfügt, wird das Proletariat die politische Macht mit Waffengewalt bekämpfen müssen." Vorbild des KBW ist nach wie vor die Volksrepublik China. Im Dezember 1979 besuchten der Sekretär des Zentralen Komitees (ZK) des KBW Gerhard Schmierer und ein weiteres ZK-Mitglied die Volksrepublik China, um die Beziehungen des KBW zur Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) weiter zu vertiefen. Anläßlich des Besuches des chinesischen Parteiund Regierungschefs Hua Guofeng in der Bundesrepublik Deutschland erklärte der KBW, "Hua werde einige Wahrheiten über die internationale Lage sagen. Der Bundeskanzler werde versuchen wegzuhören, die Arbeiterklasse und die Volksmassen hätten dafür jedoch ein offenes Ohr". 3.2.2 Organisation Der KBW setzte auch 1979 seine organisatorische Umgliederung mit dem Ziele fort, leistungsfähigere Parteieinheiten zu schaffen. Die Zellen als Grundeinheiten des KBW wurden in den Ballungsräumen, darunter in München und Nürnberg, zu Kreisgruppen zusammengefaßt. Neue Zellen entstanden in Dachau, Selb und Traunstein. Der KBW verringerte die Bezirksverbände im Bundesgebiet auf 37 (1978: 40), die in drei Regionalverbänden (Nord, Mitte und Süd) zusammengeschlossen sind. In Bayern wurden der bisherige Bezirksverband Niederbayern dem Bezirksverband Mittlere Donau in Regensburg und der Bezirksverband Schwaben dem Bezirksverband Oberbayern in München zugeteilt. Neugegründet wurde der Bezirksverband Bayerisch-Oberland in Rosenheim. Der KBW verfügt damit in Bayern, das mit Baden-Württemberg und Gebietsteilen von RheinlandPfalz die Region Süd bildet, über 6 Bezirksverbände (1978: 7). Diese Bezirksver42 Organisationsstruktur des KBW in Bayern Zentralkomitee Ständiger Ausschuß Sekretariat Hauptverbindungsbüro Regionalleitung SÜD Bezirksgruppe SÜD/SÜDOST Bezirksgruppe SÜD/NORDOST Verbindungsbüro Verbindungsbüro nBU c CD S -0 ^3 CO PS rla CD CD s J= S n eitung O ezirk eitung O) 1 oi ö) Ö> n/ PS ^ <0 c c C d C C zirk sieitu zirk sieitu yern-Sc to PS co egen burg/Mi co C043 55'0 o U3 - C CO jrzt urg/ sieitu jth/ anke rnb erg/ m -E .O _* c c iede ayern terf ranke 1elf ranke ezir ezir ünc ber ose aye N > 0 0 5 c 0 co 5 0 == = CD^O merz cütr on cocoO CD 5 = 3 OQZS _l K:reisKreis gruppe gruppe r ^L Ädeglen Ädeglen Zellen Zellen Zellen Zellen len len CD CD 0 0 N N N N Stand: 31.12.1979 43 bände sind in zwei Bezirksgruppen mit der Bezeichnung Süd-Nordost und SüdSüdost zusammengefaßt. Die in München und Nürnberg errichteten Geschäftsstellen wurden mit modernen bürotechnischen Mitteln ausgestattet. Nach eigenen Angaben zählte der KBW zum Jahresende im Bundesgebiet 2410 Mitglieder. In Bayern stützte er sich wie 1978 auf annähernd 320 Anhänger, unter denen sich zahlreiche nach hierher delegierte außerbayerische Mitglieder befinden. Die seit 1977 anhaltenden Austritte von Mitgliedern konnte der KBW durch Zugänge aus seinen Nebenorganisationen ausgleichen. Die Mitglieder des KBW sind verpfichtet, das Programm und das Statut anzuerkennen, aktiv mitzuarbeiten und den Mitgliedsbeitrag zu zahlen. Vor Aufnahme in die Organisation hat sich der Kandidat sechs Monate lang politisch zu bewähren. Während dieser Zeit wird er durch Schulungskurse in die Arbeit bei einer Grundeinheit eingeführt. Bei Verletzung des Statuts kann das Mitglied ausgeschlossen werden. Das Zentralorgan des KBW ist die wöchentlich erscheinende "Kommunistische Volkszeitung" (KVZ) mit einer Gesamtauflage von rund 32000 Exemplaren. Die Zusammenfassung der Bezirksverbände führte auch zu einer Umstrukturierung des bisher auf Bezirksebene erscheinenden Zentralorgans, das seit April 1979 für die Bezirksgruppen herausgegeben wird. Daneben werden von den Bezirksverbänden und den Stadtzellen eigene Ausgaben der KVZ für einzelne Wirtschaftszweige, Firmen, Universitäten und Krankenanstalten erstellt. Mit "Extrablättern" und "Eilnachrichten" versucht die Partei, aktuelle Probleme rasch aufzugreifen und agitatorisch umzusetzen. Die Theorie-Zeitschrift "Kommunismus und Klassenkampf" erscheint monatlich mit einer Auflage von rund 10000 Exemplaren. Ferner publiziert der KBW einen "Spezialnachrichtendienst". 3.2.3 Aktivitäten Zu den Agitationsschwerpunkten des KBW gehörten 1979 wiederum die Auseinandersetzungen bei den Tarifverhandlungen. Er kritisierte die von den Tarifpartnern erzielten Ergebnisse als nicht ausreichend und verlangte eine weitere Nachzahlung. Zum 1. Mai 1979 führte der KBW nur wenige eigene Veranstaltungen durch. Seine Anhänger beteiligten sich weisungsgemäß an den gewerkschaftlichen Veranstaltungen. Der vom ZK des KBW veröffentlichte Mai-Aufruf stand unter dem Motto "Die Einheit stärken und demonstrieren". Ein weiterer Schwerpunkt in der Agitation war der "Kampf gegen den USund Sozialimperialismus". So forderte der KBW mehrfach den Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus der NATO, den Abzug aller fremden Truppen aus der Bundesrepublik und Westberlin sowie die Kündigung der "Römischen Verträge" über die Bildung der EG. Er sprach sich femer für einen Boykott der EuropaWahlen aus und versuchte, Wahlveranstaltungen demokratischer Parteien durch Sprechchöre, zeigen von Transparenten und Verteilung von Flugblättern zu stören. Mit zahlreichen Aktionen stellte sich der KBW auch 1979 hinter "Freiheitsbewegungen" und widmete sich in besonderem Maße dem "Freiheitskampf" der Völker im Südlichen Afrika und Südostasiens. Die bereits 1978 eingeleitete Spendenkam44 pagne für eine Druckausrüstung der "Zimbabwe African National Union" (ZANU) wurde am 1. Mai 1979 abgeschlossen. Sie brachte nach eigenen Angaben 1/2 Million DM ein. Die für diesen Betrag erworbene Druckausrüstung wurde Ende April mit einem Charterflugzeug nach Maputo/Mozambique gebracht, wo sich bereits 5 KBW-Mitglieder aufhielten, um die Anlage zu installieren. Zwischenzeitlich besuchte auf Einladung der ZANU eine mehrköpfige Delegation des KBW Maputo. Anschließend startete der KBW eine groß angelegte Kampagne zur politischen und materiellen Unterstützung des "Demokratischen Kampuchea" (Pol-PotRegime). In zahlreichen Veranstaltungen und bei einer Vielzahl von Informationsständen forderte er den "sofortigen Abzug der vietnamesischen Aggressionstruppen aus Kampuchea". Eine vom KBW am 25. Juli 1979 in München durchgeführte "Kampuchea-Solidaritätsveranstaltung" besuchten rund 350 Personen. Delegierte des KBW nahmen ferner an dem Vorbereitungstreffen am 30. Juni 1979 in Paris und an der "Internationalen Kampuchea-Konferenz" am 17./18. November 1979 in Stockholm teil. Nach Angaben des KBW waren bis 30. Oktober 1979 für die Unterstützung Kampucheas 238650 DM sowie 23000 Unterschriften gesammelt worden. Der KBW strebte engere Beziehungen zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) an. Auf Einladung der PLO reiste Anfang 1979 eine Delegation des Zentralen Komitees (ZK) zu einem Meinungsaustausch in den Nahen Osten. Die Unterstützung der PLO soll über "Palästinaund Nahostkomitees" erfolgen, die aber bisher in Bayern keine nennenswerten Aktivitäten entwickelten. Der KBW nutzte 1979 die Erhöhung der Tarife des Münchner Verkehrsund Tarifverbundes (MW) für eigene Agitationszwecke. Er verteilte massenweise Flugschriften mit dem Motto "Weg mit den Fahrpreiserhöhungen beim M W ! Nieder mit der Plünderungspolitik des Münchner Stadtrats! Die Kapitalisten sollen zahlen". Daneben errichtete er in der Münchner Innenstadt zahlreiche Informationsstände zu diesem Thema und führte mehrere Protestkundgebungen durch. Als weiteres Aktionsfeld nutzte der KBW auch 1979 die Kampagne gegen die Kernkraftwerke. Dabei setzte er seine Bemühungen fort, verstärkten Einfluß auf die Bürgerinitiativen zu gewinnen, um diese in seinem Sinne steuern zu können. Trotz der nachlassenden Aktivitäten des Kommunistischen Bundes (KB), der in diesem Bereich bisher eine dominierende Stellung einnahm, waren die Bemühungen des KBW nicht sehr erfolgreich. 1979 setzte der KBW seine Polemik gegen die Steuerund Bildungspolitik sowie gegen die Sicherungsorgane in Bund und Ländern fort. Er agitierte ferner gegen Strafverfahren, in denen sich KBW-Funktionäre wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, Volksverhetzung, Billigung von Straftaten, Beleidigung führender Persönlichkeiten sowie wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten mußten. In zahlreichen Städten führte er gegen diese Verfahren Versammlungen durch und errichtete Informationsstände. Dabei verteilte der KBW Flugblätter mit der Aufschrift "Die Staatsschutzverfahren der bayerischen Landesregierung müssen eingestellt werden". 45 KBW-Plakat Proletarier aller Länder vereinigt euch! Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch! Kommunistische Volkszeitung Zentralorgan des Kommunistischen Bundes Westdeutschland ( K B W ) - Ausgabe Süd VERANSTALTUNG Die^ VKutzveMmre hutzvenjkren mül Hg pgestellte st eilt vM w l r Be den! Die AoJgabenV r Arbeifl rklasse erfordern den Aufbau ihr P a r t e i ! Freitag, den 6. April 1979, 20 Uhr ,0***>* Regensburg..-' # hFigolstadt Passau 1 Landshut [^ Augsburg \ \ rDachau ''*-**.... { 1 . /" * \ * München S * y * Traunstein/ IKempten/ / I Rosenheim Berchtesgad ^Memmingen * LandJ f * KBW-Zellen 4> bedeutendere KPD-Ortsgruppen * KPD/ML-Ortsgruppen oder Initiativen A AB-Gruppen Reg. Bezirksgrenzen 54 "Überwindung linkssektiererischer Abweichungen" im Zentralkomitee, sondern der Säuberung des Programms und des Statuts von den "schädlichen Einflüssen Mao Zedongs und des chinesischen Revisionismus". Hierbei waren für die KPD/ ML die "engen brüderlichen Beziehungen" zur "ruhmreichen Partei der Arbeit Albaniens (PAA) mit dem Genossen Enver Hoxha an der Spitze" eine "unschätzbare Hilfe". Die KPD/ML veröffentlichte in ihrem Zentralorgan "Roter Morgen" vom 31. August 1979 erstmals als "Waffe und Wegweiser der Partei im Klassenkampf" ein Aktionsprogramm, das überwiegend wirtschaftspolitische Forderungen enthält und in dem sie die "Abschaffung der Berufsverbote", das "Verbot aller faschistischen Organisationen" und den Austritt der Bundesrepublik Deutschland aus NATO und EG verlangt. Zum Thema "Kommunismus in der Krise?" äußerte sich der vom Zentralkomitee des IV. Parteitages wieder bestellte Erste Vorsitzende Ernst Aust im Zentralorgan " Roter Morgen" vom 18. Mai 1979. Danach habe sich "angesichts der Niederlagen des Weltproletariats durch den Verrat der modernen Revisionisten, der Zersplitterung der linken Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland" und der "mitgliedermäßigen Schwäche" der KPD/ML "bei einigen Genossen eine Resignation" breitgemacht. Die KPD/ML wisse aber worauf es ankomme: "Auf die Errichtung einer eisernen Diktatur des Proletariats gegen alle Feinde des Sozialismus". 3.6.2 Organisation Führungsgremium der KPD/ML ist das Zentralkomitee. Die laufende Arbeit verrichtet das Politbüro in Dortmund. Die Partei gliedert sich in die Sektionen "Deutsche Bundesrepublik" (DBR), Berlin (West) und DDR. In der Bundesrepublik Deutschland unterhält sie 3 Landesverbände (Nord, Mitte und Süd) und 12 Landesbezirksverbände. In Bayern bestehen KPD/ML-Gruppen oder-Initiativen in Amberg, Augsburg, Bamberg, Coburg, Kempten, München, Nürnberg, Regensburg und Würzburg. Die KPD/ML zählte Ende 1979 rund 500 (1978: 600) Mitglieder, davon etwa 40 (1978:100) in Bayern. Interne Auseinandersetzungen und die Überforderung der Aktivisten waren Ursache für den Mitgliederrückgang, der nunmehr durch großzügigere Aufnahmebedingungen aufgefangen werden soll. Nach dem Anfang 1980 gemäß SS 23 des Parteiengesetzes veröffentlichten Rechenschaftsbericht für das Jahr 1978 nahm die KPD/ML insgesamt 1387145 DM ein (1977: 935190 DM). Die Mitgliedsbeiträge stiegen um etwa 18 % von 564573 DM auf 668023 DM. Die Spenden erhöhten sich um 91 % von 341408 DM auf 679034 DM. Von den Gesamteinnahmen entfielen rund 48 % auf Mitgliedsbeiträge, 49 % auf Spenden und der Rest von 3 % auf sonstige Einnahmen. Das Sekretariat des KPD/ML-Zentralkomitees gab 1979 das 1. Heft eines parteiinternen Funktionärsorgans "Der Kommunist" heraus, das die "leitenden Genossen" mit "Beschlüssen, Richtlinien, Direktiven und Ausrichtungen der Zentrale" vertraut machen soll. Diese Ausgabe enthielt auch Erläuterungen zum "Aufbau einheitlicher Kampftrupps" und Richtlinien zur "Arbeit der Partei in den Naturfreunden". 55 Auf einer Veranstaltung am 11. Mai 1979 in Kiel rügte der Erste Vorsitzende der KPD/ML die "Unart", Parteibeschlüsse zu diskutieren, anstatt sie auszuführen. Anordnungen der Partei seien zunächst zu befolgen und dann erst zu kritisieren. Nach eigenen Angaben geben die KPD/ML und ihre Nebenorganisationen insgesamt 94 Zeitungen und Schriften heraus, davon 53 Betriebszeitungen, 14 Stadt-, Stadtteilund Jugendzeitungen, 13 Schulund Hochschulzeitungen, 11 Krankenhausund 2 Bauernzeitungen sowie 1 Soldatenzeitung. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl der Publikationen um rund ein Drittel verringert. Besonders auffallend ist der Rückgang der Kleinzeitungen im Schulund Hochschulbereich, der die eingetretenen Mitgliederverluste deutlich widerspiegelt. Zentralorgan der KPD/ML ist der "Rote Morgen", der wöchentlich in einer Auflage von etwa 6000 Exemplaren (1978: 10000) erscheint. Theoretisches Organ der KPD/ML ist der "Weg der Partei". 3.6.3 Aktivitäten Die KPD/ML und ihre Nebenorganisationen entwickelten 1979 nur geringe Aktivitäten. Sie beschränkten sich im wesentlichen auf die Herausgabe und Verbreitung von Zeitschriften und Propagandamaterial. In einer "Erklärung zur Energiepolitik" bezeichnete die KPD/ML die Energiekrise als ein "Problem des Kapitalismus". Da die Bonner Energiepolitik u. a. durch die Verschwendung von Milliarden an Steuergeldern für ein wirtschaftlich unsinniges Kemenergieprogramm gekennzeichnet sei, forderte die KPD/MLdie Stillegung der Kernkraftwerke. In einem Flugblatt zum "Roten Antikriegstag 1979" trat die KPD/ML für den Abzug aller fremden Truppen aus ganz Deutschland ein. Sie verlangte die Abschaffung der stehenden Heere in beiden deutschen Staaten und ihre Ersetzung durch die "allgemeine Volksbewaffnung unter proletarischer Führung". Ende 1979 erschien im parteieigenen Verlag "Roter Morgen" die Broschüre "Stoppt Strauß", in der die KPD/ML gegen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU agitiert. 3.6.4 Nebenorganisationen der KPD/ML Nebenorganisationen der KPD/ML sind der Jugendverband "Rote Garde" (RG) mit dem Publikationsorgan "Roter Rebell", die "Revolutionäre Gewerkschaftsopposition" (RGO) mit dem Verbandsorgan "RGO-Nachrichten", die "Revolutionäre Landvolkbewegung" (RLVB) mit der Zeitung "Freies Landvolk" und die "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD) mit der Informationsschrift "Die Rote Hilfe". Der "Kommunistische Studentenverband Deutschlands/Marxisten-Leninisten" (KSB/ML) wurde Mitte 1979 aufgelöst. Einfluß und Aktivitäten der Nebenorganisationen gingen 1979 weiter zurück. Die am 15./16. November 1978 auf Bundesebene gegründete "Revolutionäre Gewerkschaftsopposition" (RGO) veröffentlichte in einer 1979 herausgegebenen Broschüre mit dem Titel "Arbeitereinheit gegen Bosse und Bonzen" ihre Gründungsdokumente (Gründungserklärung, Aktionsprogramm, Statut). Danach hat 56 die RGO die Aufgabe, innerhalb der Gewerkschaften die Opposition gegen die "reaktionäre" Gewerkschaftsführung zu organisieren, um deren Einfluß zu brechen. Im Aktionsprogramm fordert die RGO die Beseitigung des Betriebsverfassungsund Personalvertretungsgesetzes, die Legalisierung spontaner Streiks und die freie politische und gewerkschaftliche Betätigung in den Betrieben. 3 6 5 Volksfront Am 6. Oktober 1979 gründeten in Dortmund "Antifaschisten und Demokraten" die "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg, für Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Frieden" (VOLKSFRONT) und wählten einen neunköpfigen Vorstand. In einem hierzu ergangenen Aufruf wurde ausgeführt, daß die Gründung erforderlich gewesen sei, um den wachsenden "Widerstand in unserem Volke" gegen "Aussperrungsterror", "brutale Polizeieinsätze", "Naziprovokation" und "nicht zuletzt die Kanzlerkandidatur von F. J. Strauß" bundesweit zu organisieren. Ende 1979 verfügte die VOLKSFRONT auf Bundesebene bereits über vier Landesverbände, die sich in Kreisverbände und Ortsgruppen gliedern. Der Landesverband Bayern wurde am 3. November 1979 in Nürnberg unter Beteiligung der KPD/ ML gegründet. Die programmatischen Zielsetzungen, die personellen Verflechtungen und die Gründungsvorgänge lassen den Schluß zu, daß die VOLKSFRONT als eine von der KPD/ML beeinflußte und von ihr gesteuerte Organisation einzustufen ist. Nach einer im KPD/ML-Organ "Roter Morgen" abgedruckten Presseerklärung will die VOLKSFRONT an der Bundestagswahl 1980 teilnehmen. Bei ihrer Wahlkampagne wird sie von der KPD/ML unterstützt ("Roter Morgen" vom 21. 12. 1979). In Bayern führte die VOLKSFRONT im November und Dezember 1979 mehrere Gründungsversammlungen auf Ortsund Kreisebene sowie andere Veranstaltungen durch. Die Referate, Filmvorträge und Diskussionsbeiträge richteten sich vorwiegend gegen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. 3.7 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) Der AB entstand 1973 aus dem Zusammenschluß mehrerer örtlich tätiger maoistisch-orientierter Zirkel in Bayern. Er beruft sich in seinen programmatischen Aussagen auf den Marxismus-Leninismus und Mao Zedongs Ideen. Er strebt die Beseitigung der "herrschenden Ausbeuterklasse" und die "Errichtung einer Diktatur des Proletariats" an. Endziel ist die Verwirklichung des Kommunismus in einer "klassenlosen Gesellschaft". Der AB bekennt offen, daß er seine Ziele nur mit Gewalt erreichen kann. Er rechtfertigt die " revolutionäre Gewalt", weil die "herrschende Klasse" nicht freiwillig auf ihre Macht verzichte. Neuerdings nimmt er im Streit um die richtige Auslegung der Ideen Mao Zedongs eine abwartende Haltung ein. In seinem Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ) vom 13. November 1979 nahm der AB zum Programmkongreß der "Grünen" in Offenbach Stellung. Er führte hierzu aus: "Wer auf sie hofft und sich ihnen anschließt, der entzieht seine Kraft dem konsequenten antifaschistischen Kampf und dem revolutionären Weg der Arbeiter". 57 Der AB ist vorwiegend in Bayern tätig. Seine intensiven Bemühungen, im übrigen Bundesgebiet weiter Fuß zu fassen, blieben 1979 nicht ganz erfolglos. Im Vergleich zu der Entwicklung anderer Gruppen der Neuen Linken konnte der AB seinen vorjährigen Mitgliederstand mit rund 300 halten. In Bayern bestehen Gruppen in Augsburg, Kelheim, München, Nürnberg und Regensburg. Neben diesen AB-Gruppen sind in München und Regensburg "Freundeskreise" vorhanden, die den AB finanziell unterstützen sollen. Außerhalb Bayerns verfügt der AB über Sympathisantengruppen in Aachen, Berlin, Bochum, Bremen, Goslar, Hamburg und Mainz. Die führenden Funktionäre des AB sind nach wie vor Thomas Schmitz-Bender und Helge Sommerrock, die auch presserechtlich für die in München herausgegebene "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ), das Zentralorgan des AB, verantwortlich zeichnen. Die KAZ erschien 1979 14tägig in einer Auflagenhöhe von knapp 4000 Exemplaren. Ab Januar 1980 wird sie nur mehr monatlich herausgegeben. Im Bildungsbereich wird der AB von seinen Nebenorganisationen, der Roten Schülerfront (RSF) und dem Kommunistischen Hochschulbund (KHB) unterstützt. Diese zählen zu den einflußreichsten und aktivsten linksextremen Gruppen an bayerischen Schulen und Hochschulen. Hauptbetätigungsfeld des AB waren die Betriebe. Insgesamt wurden 14 verschiedene Betriebszeitungen herausgegeben. Darüber hinaus richteten sich die Aktivitäten des AB 1979 auf die Herausgabe von Propagandaund Agitationsmaterial sowie auf die Durchführung von Veranstaltungen gegen den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Anläßlich der Wahl von Professor Carstens zum Bundespräsidenten am 23. Mai organisierten linksextreme Gruppierungen, linksorientierte Vereinigungen und Einzelpersonen unter Federführung des AB und seiner Nebenorganisation KHB einen Demonstrationszug in Bonn mit dem Thema "Der anachronistische Zug oder Freiheit und Democracy". An der Demonstration beteiligten sich rund 1 500 Personen, davon etwa 300 aus Bayern. Im Jahre 1972 gründeten Mitglieder der Roten Schülerfront, der Sozialistischen Betriebsgruppe und Angehörige der Arbeiterbasis-Gruppen in den Städten Passau, Regensburg und München jeweils ein Anti-Strauß-Komitee (ASKo). Nach dem Zusammenschluß der in Bayern bestehenden Arbeiterbasisund Betriebsgruppen 1973 zum Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) übernahmen AB-Aktivisten die Führung der Anti-Strauß-Komitees. Nach der 1972 ausgearbeiteten "Plattform", die auch heute noch Gültigkeit besitzt, haben die Komitees die Aufgabe, den "Sturz des rechten Führungskaders und dessen ideologischen Führers" vorzubereiten und "alle faschistischen Organisationen" zu bekämpfen. In dem Gründungsaufruf wurde der jetzige bayerische Ministerpräsident als "Volksfeind Nr. 1" bezeichnet, der mit Unterstützung der Großbanken, der Großindustrie und der "schwärzesten Kreise in diesem Land" an die Macht kommen wolle. Das ASKo in Passau wurde 1976 aufgelöst. Heute bestehen ASKo noch in Regensburg und München, die vom AB stark beeinflußt werden. Der Mitgliederstand in München liegt bei ca. 40, in Regensburg bei rund 55. 58 Publikationen der Neuen Unken etarier aller Länder vereinigt euch! Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch! Kommunistische Volkszeitung Zcmralorgan des Kommunistischen Bundes Westdeutschland (KBW) - Ausgabe Süd ' Protetarier aller Länder, unterdrückte Völker und Nationen, Fragen an R. Bahro ROTEFAHNE WOCHENZEITUNG WSäR Kampuchea: Ein Volk kämpft ums Leben S. 39 iArbeiterkampf Jg. 9 Nr. 164 15.10.79 Arbeiterzeitung des Kommunistischen Bundes DM2,PROLETARIER ALLER LÄNDER UND UNTERDRÜCKTE VÖLKER, VEREINIGT EUCH ! Rotä&rah/ii StahlarbeiterstreikPeking will Wie dervereinigung ROTER btreiMvorBciinndnSlreil" mit dem I SPSSSMPSS.'MPS D i n n Erwbni. IWWrKtwWfl Taiwan-Regime vargekgien _ LQsjw/ot- k A ("daft U Ädeg? ,1 'p't MORGEN immmmmu.wm*mm**m 2. Jihrgana lu ll ls,rc,i i l " " '' deg ""tc""" Gorleben: PROLETARIER A t l I R LÄNDER UND UNTERDRÜCKTE VÖLKER VEHEINIGT EUCH gan des Arbaitgrbund" % den Wiederaufbau der KPD ISSN 0170-3404 Preis 0,50 DM 10. Jhg. 11. Dezember 1979 KAZ Nr. 179/1BQ D 1818 CX 59 Nach der Nominierung des bayerischen Ministerpräsidenten zum Kanzlerkandidaten der CDU/CSU nahmen die Aktivitäten der ASKo beträchtlich zu. Ihr Angebot an Propagandamaterial umfaßt neben Dokumentationen, Plakaten, Flugblättern, Schauund Plakattafeln auch Aufkleber, Wandbilder und Dia-Reihen. Aus Anlaß des 40. Jahrestages des deutschen Angriffes auf Polen fanden am 1. September 1979 zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt. Der AB und die AntiStrauß-Komitees erklärten den von anderen Organisationen als "Antikriegstag" bezeichneten Tag zum "Anti-Strauß-Tag" und forderten ihre Mitglieder zur Teilnahme an den gewerkschaftlichen Veranstaltungen auf, um diese Foren für die Anti-Strauß-Propaganda zu nutzen. 3.8 Trotzkistische Gruppen Mehrere Gruppen im Bundesgebiet berufen sich auf die Lehren Trotzkis. Die bedeutendste ist die im Mai 1969 gegründete "Gruppe Internationale Marxisten - Deutsche Sektion der IV. Internationale" (GIM). Ihr gehören etwa 500 der insgesamt rund 1 000 organisierten deutschen Trotzkisten an. Neben der GIM bestehen noch zwei weitere nennenswerte Zusammenschlüsse deutscher Trotzkisten: der Spartacusbund und der Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA), dem der Sozialistische Jugendbund (SJB) angegliedert ist. Die Programmatik der Trotzkisten fußt auf der Lehre von der "permanenten Revolution", um die "Diktatur des Proletariats" in der Staatsform einer Räteherrschaft errichten zu können. Sie bejahen dabei die Anwendung "revolutionärer Gewalt". In Bayern bestehen Ortsgruppen der GIM in München und Nürnberg. Das Zentralorgan der GIM ist die 14tägig erscheinende Zeitschrift "Was tun" mit einer Auflage von knapp 3000 Exemplaren (1978: 4200). Die GIM polemisierte 1979 in ihren Publikationen gegen den "Auslandsurlaub" des Schah, die geplanten Wiederaufbereitungsanlagen in Gorleben sowie anläßlich der Europawahlen für ein "sozialistisches Europa". Im Zusammenhang mit der Verhaftung von "Genossen" der Sozialistischen Arbeiterpartei - Iranische Sektion der IV. Internationale demonstrierten am 29. August GIM-Anhänger vor der iranischen Botschaft in Bonn und dem Generalkonsulat in Hamburg. Ähnlich trat am 14. September eine deutsch/iranische Gruppe vor dem Generalkonsulat in München auf. 3.9 Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 3.9.1 Allgemeines Zum Bereich der Neuen Linken zählen auch die sogenannten undogmatischen Gruppen, die die bestehende Staatsund Gesellschaftsordnung, zum Teil in einer langfristigen Strategie der Verwirklichung von Teilzielen, revolutionär beseitigen wollen. Sie lehnen dabei den dogmatischen Marxismus-Leninismus ab und treten für Autonomie, Spontaneität und Selbstorganisation der "Unterdrückten" ein. 60 Das Spektrum dieser undogmatischen Linksextremisten reicht von revolutionärmarxistischen bis hin zu anarchistischen Vereinigungen im Vorfeld des Terrorismus. Sie haben sich vielfach in Wohngemeinschaften zusammengeschlossen, treten häufig mit kleinen, schwer überschaubaren Gruppen in Hochschulen und Wohngebieten auf und versuchen, an der "Basis" den Widerstand gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung voranzutreiben. 3.9.2 Kollektiv Rote Hilfe München (KRH) Das Kollektiv Rote Hilfe München, dem rund 40 Personen angehören, grenzt sich deutlich von der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) der KPD/ML ab. Es hat sich zum Ziel gesetzt, die "Isolation der Gefangenen zu durchbrechen" und "Aufklärungsarbeit über die Mißstände in den Knasten" zu leisten. Nach einer Mitte des Jahres 1978 verbreiteten Selbstdarstellung bezeichnet sich das KRH als autonome unabhängige Vereinigung undogmatischer Linker ohne organisatorische oder personelle Verbindung zu irgendeiner Partei oder Organisation. Seine politischen Ziele sieht das KRH in einer Veränderung des Systems, die gleichzeitig eine Veränderung des Bewußtseins mit sich bringen soll. Es sucht deshalb nach neuen Formen der "Basisdemokratie" und einer Gesellschaft ohne Herrschaft, Ausbeutung und autoritäre Struktur. Das KRH erarbeitete 1979 gemeinsam mit den Berliner Knastgruppen einen Forderungskatalog, den die Verfasser als "Magna Charta" für den "Knast" bezeichnen und der mithelfen soll, die Stagnation in der "Knastarbeit" zu überwinden. Als Sofortmaßnahmen werden für alle Gefangenen u. a. die freie Arbeitswahl, Ansprüche auf Urlaub und Ausgang sowie Abschaffung der Einzelisolation gefordert. Das KRH veranstaltete am 16. März in München ein "Frühlings-Knastfest", an dem rund 2000 Personen teilnahmen. Eigenen Angaben zufolge wurde der Reingewinn für die "Knastarbeit" verwendet. 3.9.3 Knastgruppe Nürnberg (KN) Die seit 1978 bestehende Knastgruppe Nürnberg, der etwa 20 Personen angehören, wird vorwiegend von Anhängern der undogmatischen linksextremen Richtung getragen. Sie ist keine feste Organisation und hat weder Statut noch Programm. Sie konzentriert ihre Tätigkeit auf die Gefangenenbetreuung im nordbayerischen Raum. Die Knastgruppe Nürnberg forderte 1979 in verstärktem Maße die Freilassung von ehemaligen Mitgliedern der "Schwarzen Hilfe Nürnberg" und der "Gefangenengruppe Nürnberg", die wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung inhaftiert wurden. Außerdem setzte sie die Kampagne zur "Aufklärung" der Umstände, die zum Tod des Strafgefangenen Günther Braun geführt hatten, fort. In diesem Zusammenhang wurden am 5. September Mitglieder der ehemaligen "Gefangenengruppe Nürnberg" und der "Knastgruppe Nürnberg" wegen Verleumdung zu Freiheitsund Geldstrafen mit Bewährung verurteilt. 61 An dem bundesweit angekündigten Treffen von "Knastgruppen" am 22V23. September in Nürnberg nahmen Angehörige von "Knastgruppen" aus Berlin, Hamburg, München und Nürnberg sowie von Antifa-Gruppen (Antifaschistische Gruppen) aus Berlin, Frankfurt, Salzgitter und Wiesbaden teil. Wegen kontroverser Positionen kam ein nennenswertes Ergebnis nicht zustande. 3.9.4 Sozialistisches Büro Offenbach (SB) Das Sozialistische Büro in Offenbach erhebt den Anspruch, ein Sammelbecken für Linkssozialisten und ein Forum der Diskussion und der Propaganda sozialrevolutionärer Theorien und Praktiken zu sein. Es ist durch eine besonders lockere Organisationsform gekennzeichnet, die zahlreiche undogmatische Gruppen und rund 1200 Einzelmitglieder umfaßt. Das Sozialistische Büro fordert die "revolutionäre Umwälzung", die es nach seinen Thesen auf parlamentarischem Wege und unter Ausnutzung des "bürgerlichen Staatsapparates" nicht für erreichbar hält. Als Publikationsorgane des SB erscheinen die "Links-Sozialistische Zeitung" und die "Express-Zeitung für sozialistische Betriebsund Gewerkschaftsarbeit". In Bayern bestehen Gruppierungen des SB, die sich zum Teil als Sozialistische Zentren bezeichnen, in Bamberg, Erlangen, München und Würzburg mit insgesamt 50 Anhängern, die überwiegend aus der Studentenschaft kommen. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Aktivitäten des SB war die Unterstützung der Kampagne "Gegen die Pressezensur". Diese Kampagne richtete sich gegen ein Strafverfahren, in denen leitende Funktionäre des Kommunistischen Bundes (KB) wegen der Herausgabe des Russell-Buches Nr. 5 "Nach Schleyer: Sonderkommandos in der BRD - Zügiger Aufbau der neuen GeStaPo" angeklagt waren. Zu dem vom SB im September 1979 in Frankfurt/M. durchgeführten "Anti-KriegsKongreß" erschien eine Broschüre des "SB-Arbeitsfeldes Antimilitarismus". Unter dem Leitsatz "Antimilitaristische Soldatenarbeit - Thesen, Analysen, Strategien" kam die Arbeitsgruppe zu der Feststellung, die Bundeswehr sei ein charakteristischer Bestandteil des "kapitalistischen Herrschaftssystems der BRD" und somit "ein wichtiges Instrument des Kapitals, seine Herrschaft zu sichern". Der von der Bundeswehr ausgeübte "Militarismus als integraler Bestandteil der bürgerlichen Ordnung" könne nur "mit deren Aufhebung beseitigt werden". 3.9.5 Verlage und Schriften Zur undogmatischen Szene der Neuen Linken gehören auch Verlage, die von Anhängern dieser Richtung geführt werden, sowie Publikationen, die über terroristische Aktionen informieren oder Stellungnahmen und Beiträge zum politisch motivierten Terrorismus enthalten. Hierzu gehören der Trikont-Verlag, München, die Basis-Buchhandlung München, der "Trampelpfad" München, die "Bücherkiste" Nürnberg, "Blatt-Stadtzeitung für München", das in einer Auflage von 18000 Exemplaren erscheint, die in Westberlin herausgegebene "Tageszeitung" (TAZ) und der wöchentlich in Frankfurt 62 erscheinende "Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nachrichten" (ID). Hinzu kommen noch viele "Alternativzeitungen", die sich oft nur kurze Zeit behaupten können. 3.10 Einfluß von Gruppen der Neuen Linken auf die Anti-KernkraftBewegung Entsprechend ihrer allgemeinen Strategie nutzen die Gruppen der Neuen Linken die Besorgnis weiter Teile der Bevölkerung über denkbare von Kernkraftwerken ausgehende Gefahren zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Ihre Aktionen waren teilweise von Gewaltakten begleitet. Erkennbar ging es ihnen nur vordergründig um die Verhinderung möglicher Gefahren. Ihr Ziel war vielmehr die Schwächung der Demokratie und des Rechtsstaates und die Schaffung einer vorrevolutionären Situation. An der 1979 fortgeführten Kampagne gegen Kernkraftwerke waren von den Gruppen der Neuen Linken der Kommunistische Bund Westdeutschland (KBW), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (KPD/ML), der Kommunistische Bund (KB) und der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD) maßgeblich beteiligt. Auch Gruppen der undogmatischen Neuen Linken unterstützten die Kampagne. Einer massiven Beeinflussung waren vor allem die Bürgerinitiativen ausgesetzt. Von den in Bayern vorhandenen Bürgerinitiativen und Aktionsgruppen gegen den Bau von Kernkraftwerken war bei 15 Initiativen eine Einflußnahme linksextremer Gruppierungen erkennbar, wobei der Grad der Beeinflussung unterschiedlich ist. Mehrere Bürgerinitiativen waren gleichzeitig Einflußversuchen verschiedener linksextremer Gruppen ausgesetzt. Die Tätigkeit dieser Gruppen konzentrierte sich hauptsächlich in den bayerischen Ballungsräumen, regional aber auch dort, wo Kernkraftwerke bestehen oder geplant sind. Neuen Auftrieb erhielt die seit 1978 stagnierende Anti-KKW-Bewegung auch in Bayern durch die im März 1979 begonnenen Voruntersuchungen (Probebohrungen) zum Projekt "Gorleben" und den fast auf den gleichen Zeitpunkt fallenden Reaktorunfall in Harrisburg/USA, der weltweites Aufsehen erregte. Aus diesen Anlässen beteiligten sich am 31. März neben bayerischen Anti-AKW-Bürgerinitiativen auch zahlreiche Anhänger linksextremer Gruppierungen an der Großdemonstration "Treck Gorleben - Hannover". An einer vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) am 14. Oktober in Bonn durchgeführten "Großdemonstration gegen das Atomprogramm" nahmen über 55000 Kernkraftgegner teil, die aus dem gesamten Bundesgebiet und dem angrenzenden Ausland anreisten. Aus Bayern beteiligten sich rund 1 500 Personen, davon etwa 400 Anhänger der Orthodoxen Linken (DKP, SDAJ, DFG-VK) und der Neuen Linken (KBW, KPD, KPD/ML, KABD, AB, Spontis). 63 3. Abschnitt Rechtsextremismus 1. Allgemeines Die Bestrebungen rechtsextremer Organisationen sind im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß sie die Grundlagen der Demokratie ablehnen und - aus taktischen Gründen meist nicht offen erklärt - eine totalitäre Regierungsform unter Einschluß des Führerprinzips verlangen. Bestimmende Merkmale des Rechtsextremismus sind vor allem - die pauschale Überbewertung der Interessen einer rassistisch verstandenen "Volksgemeinschaft" zu Lasten der Interessen und Rechte des einzelnen (völkischer Kollektivismus), - ein den Gedanken der Völkerverständigung mißachtender, vielfach mit rassistischen und antisemitischen Thesen verbundener Nationalismus, - die immer wiederkehrenden Versuche, das NS-Regime zu rechtfertigen und seine Verbrechen zu verharmlosen oder sogar zu leugnen, - die planmäßige Bekämpfung und Diffamierung der bestehenden Staatsform und ihrer Repräsentanten. Diese Merkmale sind nicht gleichmäßig bei allen rechtsextremen Organisationen zu beobachten. Manchmal sind nur Teilaspekte bestimmend; auch die Intensität und die Mittel des Kampfes gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind unterschiedlich. Wie im Vorjahr verfolgten die rechtsextremen Organisationen und Gruppen keine einheitliche Strategie. Organisatorische Zersplitterung, das Fehlen ausreichender finanzieller Mittel, der Mangel einer geschlossenen Ideologie, Gruppenund Führungsstreitigkeiten sowie entschiedene Ablehnung durch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ließen den Rechtsextremismus in Bayern keinen größeren Einfluß gewinnen. Im Jahr 1979 betätigten sich in Bayern 35 rechtsextreme Organisationen und Gruppen mit rund 4600 Mitgliedern und Anhängern. Ende 1978 waren es 38 Organisationen mit etwa 4700 Mitgliedern. Die im Vergleich zum Vorjahr geringere Zahl der Organisationen beruht im wesentlichen darauf, daß sich einige Gruppen aufgelöst oder ihre Aktivitäten eingestellt haben (z. B. Nationaldemokratische Schülergemeinschaft Würzburg, Bund Albert Leo Schlageter). 64 Innerhalb des organisierten Rechtsextremismus stellten die NPD und ihre Nebenorganisationen mit insgesamt rund 2050 Mitgliedern weiterhin den größten Anteil. Die "Deutsche Volksunion" (DVU) mit etwa 1000 Mitgliedern in Bayern gewann infolge der vermehrten Einflu ßnahme ihres Vorsitzenden Dr. Gerhard Frey auf die "Aktion Deutsche Einheit" (AKON) und durch die Neugründung der "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA) etwas an Bedeutung. Die zerstrittene und zahlenmäßig unbedeutende "Neue Rechte" zeigte in Bayern keine öffentlichen Aktivitäten. Hingegen war bei den antisemitischen und neonazistischen Vorfällen gegenüber dem Vorjahr eine erhebliche Zunahme zu verzeichnen, wobei auch der Anteil des aus dem Ausland stammenden und in Bayern verbreiteten neonazistischen Propagandamaterials anstieg. Insbesondere löste die Ausstrahlung der Fernsehserie "Holocaust" zahlreiche neonazistische Aktionen aus. Eine Vielzahl von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren und gerichtlichen Verurteilungen trug dazu bei, daß diese Straftaten im zweiten Halbjahr 1979 deutlich zurückgingen und Ansätze zur Bildung neonazistischer Gruppen unterbunden wurden. Beachtlichen Umfang erreichte wiederum die rechtsextreme Publizistik der in Bayern ansässigen organisationsunabhängigen Verlage und Vertriebsdienste. In Bayern traten 1979 im wesentlichen folgende Organisationen und Gruppen in Erscheinung: 1.1 Rechtsextreme Kernorganisationen Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) Deutsche Volksunion (DVU) 1.2 Rechtsextreme Nebenorganisationen Junge Nationaldemokraten (JN) - NPD - Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) - NPD - Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) - DVU - 1 3 Sonstige (ausgenommen neonazistische) rechtsextreme Organisationen Aktion Deutsche Einheit (AKON) Deutscher Block (DB) Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) Wiking-Jugend (WJ) Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) 1.4 Neonazistische Organisationen Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) Deutsche Bürgerinitiative (DBI) Kampfbund Deutscher Soldaten (KDS) Aktionsgemeinschaft Nationales Europa (ANE) Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) 65 2. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 2.1 ideologisch-politischer Standort Obwohl die NPD in ihrem Programm betont, sie trete für die freiheitliche demokratische Grundordnung ein, steht sie wesentlichen Verfassungsgrundsätzen ablehnend gegenüber. Erklärtes Ziel der NPD ist die Verwirklichung der "Einheit von Volk und Nation" durch Errichtung einer "Nationaldemokratie", in der die Interessen der Gemeinschaft vor den Interessen des Einzelnen stehen und das Wohl des eigenen Volkes für jedermann oberstes Gesetz ist. Diese "neue Ordnung" geht davon aus, daß das Volk ein Organismus ist, in dem "jedes Einzelmitglied für den Bestand und die Funktion des Ganzen seine notwendige Aufgabe zu erfüllen hat". Durch die Eingliederung des Individuums in die "natürliche Lebensgemeinschaft" des Volkes soll unsere "lebensfremde Gesellschaftsordnung" überwunden und dem "durch den Liberalismus falsch ausgelegten Freiheitsbegriff" ein neuer Inhalt gegeben werden. Diese pauschale Überbewertung der "Volksgemeinschaft" (völkischer Kollektivismus) knüpft an ein Leitbild an, das wesentlicher Bestandteil der nationalsozialistischen Ideologie war, und zielt letztlich auf eine totale Unterordnung des Einzelnen unter die nicht näher definierten Gemeinschaftsinteressen. Hinter dieser "Gemeinschaftsordnung" verbirgt sich - langfristig gesehen und aus taktischen Erwägungen nicht offen ausgesprochen - eine nationalistische Diktatur. Daneben klingen in den Veröffentlichungen der Partei nach wie vor rassistische Zielsetzungen und Denkweisen an. So begründet die NPD ihren Volksbegriff unter Berufung auf den 1962 verstorbenen früheren NS-ldeologen Kolbenheyer vor allem biologisch und fordert die "Erhaltung der Art und der arteigenen Kultur". Ihr "lebensrichtiges Bild der Menschen und Völker" leitet sie aus der im wesentlichen erblich bedingten "Ungleichheit der Menschen" ab. Die nicht offen ausgesprochene Überzeugung von der Höherwertigkeit der eigenen Rasse zeigt sich insbesondere in einer Kampagne gegen die "Überfremdung des deutschen Volkes", in der die NPD vor einer durch die "Ausländerinvasion" drohenden biologischen und kulturellen Vernichtung der Deutschen warnt. Auch hat sich die NPD bis heute nicht von den rassebiologischen Thesen ihrer Gründungsjahre distanziert. Nach eigener Darstellung betrachtet die NPD weder die Weimarer Republik noch das Dritte Reich als ihr Vorbild. Gleichwohl sucht sie das NS-Regime zu rechtfertigen, indem sie Hitler als einen Politiker würdigt, der mit seiner Berufung zum Reichskanzler gewaltige ideelle Kräfte in Deutschland geweckt und erst mit der Annahme des Ermächtigungsgesetzes durch alle "sogenannten bürgerlichen Parteien" diktatorische Vollmachten erhalten habe. Die demokratiefeindliche Einstellung der NPD zeigt sich schließlich in einer ständigen pauschalen Diffamierung des politischen Gegners und einer maßlosen Kritik der gesellschaftlichen Institutionen, an der das innere Verhältnis der NPD zum Grundsatz der Chancengleichheit und Betätigungsfreiheit für entgegengesetzte politische und soziale Kräfte erkennbar ist. So bezeichnet sich die NPD als "einzige Alternative gegenüber den Bonner Volkszerstörern", deren "Emanzi66 pationsfimmel" zur Vernichtung der geistigen und biologischen Werte unseres Volkes führe. Nur in einer NPD-Fraktion in Bonn liege die Chance, das "korrupte Bonner System" aufzubrechen, dessen "etablierte Kartellparteien (CDU/CSU, SPD/FDP)" die willigen Werkzeuge der internationalen Finanzund Wirtschaftskräfte seien und deren Interessen gegen das Volk verträten. Auch die Innenminister des Bundes und des Freistaates Bayern, die nach Darstellung der NPD "rechtsund verfassungsfeindliche" Methoden anwenden und bei der "politischen Verfolgung" von NPD-Mitgliedern Gerichtsentscheidungen über die "Verfassungsmäßigkeit" der NPD ignorierten, wurden in die Diffamierungskampagne einbezogen. Verstärkt haben sich schließlich auch die Angriffe gegen die Gewerkschaften, denen die NPD vorwirft, sie seien heute zu einer "weitgehend bonzokratisch-kapitalistischen Funktionärsmacht verkommen, die nicht mehr für soziale Gerechtigkeit, sondern für reine Machtinteressen ihrer Bonzokratie unter Mißbrauch verführter Arbeiter fechten". 2.2 Organisation Die am 28. November 1964 in Hannover von Funktionären der Deutschen Reichspartei (DRP) gegründete NPD zählte 1979 im Bundesgebiet rund 8000 Mitglieder. Der Beitritt zur NPD ist mit der Verpflichtung verbunden, monatliche Beiträge zu entrichten, Satzung und Programm der NPD als verbindlich zu akzeptieren und sich zu den Zielen der Partei zu bekennen. Entwicklung der Mitgliederzahlen der NPD in Bayern Mitglieder 1965 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 6000 500 5000 500 4000 500 3000 500 2000 500 1000 500 Gegenüber dem Vorjahr haben sich keine wesentlichen organisatorischen Änderungen ergeben. Parteivorsitzender ist der im Dezember 1979 auf dem 13. Bundesparteitag wiedergewählte Rechtsanwalt Martin Mußgnug. Seine Stellver67 treter sind der Vorsitzende des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen Karl-Heinz Lindner, der Bundesgeschäftsführer Karl Feitenhansl und der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern Walter Bachmann. Der Landesverband Bayern mit Sitz in München gliedert sich in 7 Bezirksund rund 70 Kreisverbände, von denen aber mehr als die Hälfte nicht aktiv ist. Auch in Bayern ist die NPD mit rund 1 800 Mitgliedern die größte rechtsextreme Organisation, obwohl der Mitgliederbestand gegenüber 1978 um rund 100 Personen sank. Als Organ der NPD erscheint im parteieigenen Verlag in Stuttgart die Zeitung "Deutsche Stimme" mit einer durchschnittlichen monatlichen Auflage von 100000 Exemplaren. Ihre Bezugsgebühr ist im Mitgliedsbeitrag eingeschlossen. Als Argumentationshilfe für die Mitglieder gibt der Parteivorstand im Rahmen seiner "Nationaldemokratischen Schriftenreihe" das unregelmäßig erscheinende Heft "Profil" sowie die "Nationaldemokratische Propagandadepesche" mit einer geschätzten Auflage von 1 000 Exemplaren heraus. Träger der publizistischen Öffentlichkeitsarbeit in Bayern ist das Informationsblatt des Landesverbandes Bayern "Nationaldemokraten informieren", das unregelmäßig in Form eines Flugblattes mit einer Auflage von rund 12000 Exemplaren erscheint. Daneben gibt der Landesverband Bayern das Mitteilungsblatt "BayernStimme" heraus, das meist über die Arbeit der bayerischen Verbände berichtet und durchschnittlich alle zwei Monate in einer Stückzahl von rund 2000 Exemplaren gedruckt wird. Das in geringer Auflage erscheinende Mitteilungsblatt "Frankenspiegel" des Bezirksverbandes Mittelfranken hat nur regionale Bedeutung. Der seit Jahren fortschreitende Niedergang der NPD ist durch schwindende Resonanz in der Öffentlichkeit, interne Differenzen und die angespannte finanzielle Lage der Partei bedingt. Zunehmende Proteste und Störaktionen politischer Gegner ließen die Mitglieder resignieren und führten zu allgemeinem Desinteresse an der Parteiarbeit. Gegenstand interner Kritik sind die Entscheidungsschwäche und Hilflosigkeit des engeren Führungskreises. Die Meinungsverschiedenheiten über die Eignung der Vorstandschaft führten zur Bildung einer oppositionellen Gruppe um den ehemaligen stellvertretenden Parteivorsitzenden Günter Deckert, die dem absehbaren weiteren Substanzverlust der NPD durch eine Erneuerung der Parteispitze begegnen will. Dieser Organisationsverfall war auch am Umfang und Verlauf aller öffentlichen Parteiveranstaltungen erkennbar. Dennoch beabsichtigt die Partei, sich 1980 an der Bundestagswahl mit Landeslisten zu beteiligen. Der Verzicht auf die Nominierung von Wahlkreiskandidaten läßt auf personelle Schwierigkeiten schließen. Entscheidend für die Teilnahme dürfte die Absicht sein, die Partei als Organisation zu erhalten in der Hoffnung, daß ihr eine veränderte politische Gesamtsituation wieder Wähler zuführt. 2.3 Aktivitäten Der 13. Bundesparteitag der NPD am 8./9. Dezember 1979 in Ketsch bei Mannheim war wegen der Kandidatur Deckerts für das Amt des Parteivorsitzenden intern als "Parteitag der Entscheidung" angekündigt worden. Bei den Vorstands68 neuwahlen setzte sich dann aber wie erwartet der gemäßigte Flügel um den wiedergewählten Parteivorsitzenden Mußgnug durch. Zum Wahlausgang erklärte Deckert, eine Mehrheit aus "trägen Veteranen und Möchtegern-Politikern" habe die innere Erneuerung der NPD verhindert. Zugleich warnte er vor überstürzten Schritten, mit denen der "unfähigen Veteranenriege" und den "kaputten Existenzen" des engeren Kreises um Mußgnug nur ein Gefallen erwiesen würde. Diese Reaktion deutet auf eine weitere Verschärfung der bisherigen Gegensätze hin. Gegen den Parteitag protestierten zeitweise bis zu 3000 Demonstranten, die vorübergehend die Zufahrtsstraße zum Tagungslokal blockierten. Der 12. bayerische Landesparteitag fand am 22. Juli 1979 in Augsburg statt. Die Delegierten befürworteten die Beibehaltung der Verjährung von Kriegsverbrechen und sprachen sich gegen die Integration von Ausländern und die Abtreibung aus. Der Landesvorsitzende Bachmann kritisierte in seiner Rede die "verleumderischen Angriffe der Linken und ihrer feigen politischen Mitläufer", die sich "am Rande verfassungsfeindlicher Volksverhetzung" bewegten, und bezeichnete die NPD als einzige Alternative zum "Bonner Parteienestablishment". Vor dem Tagungslokal demonstrierten rund 300 Personen, überwiegend Anhänger der DKP, SDAJ, VVN-BdA sowie zahlreiche Türken, gegen den Landesparteitag. Mit einer landesweiten Flugblattaktion protestierte die bayerische NPD gegen die zu Beginn des Jahres ausgestrahlte Fernsehserie "Holocaust", die nach der "Büß-, Sühneund Gedenkorgie" zum Jahrestag der Reichskristallnacht nur als "Gedächtnisstütze" gesendet worden sei, um "uns für Generationen bußfertig zu halten". Bei der Verteilung der Flugblätter kam es gelegentlich zu Gegendemonstrationen. In Flugblättern, die zum Boykott der Wahl zum Europäischen Parlament aufriefen, bezeichnete die NPD die Wahl als "Volksbetrug" und "politische Augenwischerei, die den Deutschen das letzte Gefühl für ihre nationale Einheit rauben soll". Diese Haltung dürfte jedoch vor allem durch die schlechten Ergebnisse der zurückliegenden Wahlen bedingt gewesen sein. Daneben hielt die NPD in Bayern aus Anlaß des Tages der Reichsgründung (18. 01. 1871) einige Kundgebungen ab, die zum Teil Protestaktionen auslösten. Insgesamt rund 350 Personen fanden sich zu den Maifeiern in Siegsdorf, Kreis Traunstein, und Kulmbach ein. Auch die Sonnwendfeiern und die Gedenkveranstaltungen zum Bau der Berliner Mauer (13.08.1961) waren nur von jeweils 70 -90 Teilnehmern besucht. Das alljährliche zentrale "Deutschlandtreffen" der NPD, das am 16. Juni 1979 mit rund 6000 Teilnehmern in Frankfurt/M. stattfinden sollte, wurde verboten, als von den erwarteten 30000 Gegendemonstranten gewaltsame, nicht mehr in Grenzen zu haltende Übergriffe auszugehen drohten. Daraufhin fuhren am Nachmittag des 16. Juni rund 2000 NPD-Anhänger zu einer nicht angemeldeten Ersatzkundgebung nach Alzenau, Kreis Aschaffenburg. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen jugendlichen Teilnehmern und der Polizei. In einer "Dokumentation" zu den Vorgängen in Frankfurt/M. suchte der Parteivorstand aufzuzeigen, wie "der gesetzliche Gedenktag an die Opfer des 17. Juni 1953 in eine Verhöhnung der Opfer durch den roten Mob umfunktioniert" worden sei. 69 Als im September 1979 in Bayern gegen einen Beamten wegen seiner Aktivitäten für die NPD ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, nannte der Landesverband Bayern diese Maßnahme einen "willkürlichen und einschlägigen Gerichtsurteilen Hohn sprechenden Gewaltmißbrauch der bayerischen Staatsregierung" und kündigte die Ausschöpfung aller Rechtsmittel an, um der "verfassungsfeindlichen Verfolgung von Nationaldemokraten Einhalt zu gebieten". 2.4 Nebenorganisationen der NPD Die "Jungen Nationaldemokraten" (JN) als Jugendorganisation der NPD bekennen sich nach ihrem Statut in Ideologie und Zielsetzung zum Programm der Mutterpartei. Sie sind zur aktiven Mitarbeit in den Gremien der NPD verpflichtet, halten aber deren Kurs für zu wenig kämpferisch. Ihr Verhalten ist durch aggressiveres Auftreten und eine erheblich schärfere Argumentation gekennzeichnet. Neonazistische Tendenzen in Teilbereichen, Neigungen zu militantem Gehabe bis hin zur bewußten Konfrontation mit dem politischen Gegner konnten manchmal nur durch Parteiausschlüsse unterbunden werden. Die zunehmenden und zum Teil unüberbrückbaren Gegensätze zur NPD zeigten sich auch bei der Neuwahl des Parteivorstandes im Dezember 1979, als die JN die oppositionelle Gruppe um den ehemaligen JN-Vorsitzenden Deckert offen unterstützten. Entwicklung der Mitgliederzahlen der JN in Bayern Mitglieder 1965 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 50 300 50 200 50 100 50 Im Bundesgebiet hatten die JN mit rund 1 400 Mitgliedern gegenüber dem Vorjahr einen Verlust von etwa 100 Anhängern zu verzeichnen. Hingegen konnte der Landesverband Bayern, der rund 250 Mitgliederzählt, den Stand von 1978 halten. Nach der Gründung des Bezirksverbandes Niederbayern im März 1979 sind die JN in allen bayerischen Regierungsbezirken mit Ausnahme Schwabens organisatorisch vertreten. Die Bezirksverbände und die wenigen, meist nur nominell bestehenden Kreisverbände zeigten jedoch keine nennenswerten Aktivitäten. Die 1977 vom Bezirksverband Unterfranken gegründete "Nationaldemokratische Schülergemeinschaft Würzburg" besteht nicht mehr. Bundesvorsitzender der JN istGösta Thomas; den Landesverband Bayern leitet Helmut Pastel. 70 Der JN-Bundesvorstand gibt das Schulungsblatt "JN-Report" und das vierteljährlich erscheinende Mitteilungsblatt "Junge Stimme" heraus, die in einer Auflage von jeweils rund 2000 Exemplaren gedruckt werden. Der Kontaktpflege mit ausländischen rechtsextremen Gruppen dient das neu erschienene Informationsblatt "JNGlobal". Publikationsorgan des Landesverbandes Bayern ist die sporadisch erscheinende Schülerzeitung "Frontal", deren Auflage auf 4000 Exemplare geschätzt wird. Dem vom Bezirksverband Mittelfranken in geringer Stückzahl verbreiteten Mitteilungsblatt "JN-Info" sowie einer Reihe von Informationsblättern im Bereich von Nürnberg, Weiden, Gauting und Weilheim kommt nur regionale Bedeutung zu. In der Oberpfalz besteht seit Anfang 1978 der "Spielmannszug Nordgau HansUlrich Rudel", der in Amberg auf Initiative örtlicher JN-Mitglieder gegründet wurde und Veranstaltungen der NPD unterstützt. Der vom Bezirksverband Unterfranken aufgestellte Fanfarenzug "Peter Fechter" trat 1979 kaum noch in Erscheinung. Die JN konnten in Bayern eigene Aktionen aus personellen Gründen nur in beschränktem Umfang durchführen und boten daher den politischen Gegnern weniger Angriffsflächen. Beim Landeskongreß der JN, der am 5. Mai 1979 in Iphofen, Kreis Kitzingen, tagte, standen die vor allem in Unterfranken festgestellten Abwerbungsversuche anderer rechtsextremer Gruppen im Mittelpunkt der Diskussionen. Als Auftakt des Kongresses fand in Kitzingen ein Aufzug statt, an dem sich rund 60 Mitglieder der NPD und JN beteiligten. Gegen die Kundgebung protestierten etwa 30 Anhänger des KBW und der "Roten Garde". Am 11. August 1979 veranstalteten die JN in Ansbach eine "Landesaktion" anläßlich des Jahrestages der Errichtung der Mauer in Berlin. An der Demonstration nahmen rund 200 Personen teil, darunter etwa 40 JN-Angehörige aus BadenWürttemberg. Weitere Kundgebungen waren nur schwach besucht und fanden in der Öffentlichkeit keine Beachtung. Der "Nationaldemokratische Hochschulbund" (NHB), der in "kritischer Solidarität" zur NPD steht, wurde 1967 als Studentenorganisation der NPD in Tübingen gegründet. Er zählt im Bundesgebiet nur noch etwa 30 Mitglieder (1978: 60). Bundesvorsitzender ist der im Dezember 1979 in Göttingen gewählte Thor von Waldstein aus München. Der NHB konnte im Hochschulbereich keinen Einfluß gewinnen und blieb bedeutungslos. Versuche, mit der Gründung der Arbeitskreise "amnestie national" und "Kultur alternativ" die Stagnation zu überwinden, kamen über die Herausgabe einiger Flugblätter nicht hinaus. 3. Deutsche Volksunion (DVU) 3.1 Ideologisch-politischer Standort Die Deutsche Volksunion (DVU) entspricht ideologisch in wesentlichen Punkten der NPD. Sie ist jedoch keine politische Partei. In ihrer Agitation, die in vielen Fällen themengleich mit der NPD, jedoch wesentlich aggressiver und mehrtagespolitisch bezogen ist, verleumdet sie führende Politiker der Bundesrepublik Deutschland. Sie versucht, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu leugnen oder zu ver71 harmlosen und für diese Straftaten eine Generalamnestie durchzusetzen. Darüber hinaus wendet sie sich in polemischer Weise gegen Israel und seine Politik. 3.2 Organisation Die DVU wurde im Jahre 1971 in München als Auffangbecken für ehemalige NPDAnhänger gegründet. Nach ihrer Satzung haben die Mitglieder außer der Zahlung monatlicher Beiträge keine weiteren Verpflichtungen. Die von Dr. Gerhard Frey geleitete DVU zählt im Bundesgebiet rund 5000 Mitglieder (1978: 4500), davon etwa 1000 in Bayern. Sie unterhält in allen Bundesländern Bezirksverbände, deren Vorsitzende nicht gewählt, sondern von Dr. Frey bestimmt werden. In Bayern bestehen Bezirksverbände in München, Niederbayern, Ober-, Mittelund Unterfranken. Der vom DVU-Vorsitzenden Dr. Frey herausgegebene "Deutsche Anzeiger" (DA) mit einer wöchentlichen Auflage von durchschnittlich 10000 Exemplaren ist das offizielle Presseorgan der DVU. Dr. Frey ist auch Herausgeber der mit dem DA weitgehend inhaltsgleichen "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), die wöchentlich in einer Auflage von etwa 90000 Exemplaren erscheint. Die DVU ist die bedeutendste der im "Freiheitlichen Rat" (FR) vertretenen Organisationen. Der 1972 vom DVU-Vorsitzenden Dr. Frey gegründete und geleitete FR ist ein Koordinierungsgremium, dem außerdem die Vorsitzenden der "Aktion Deutsche Einheit" (AKON, vgl. 4. 1), des "Deutschen Blocks" (DB, vgl. 4.2), der "Wiking-Jugend" (WJ, vgl. 4. 4) sowie der "Gemeinschaft Ostund Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter" (GOG) angehören. Bei Veranstaltungen der DVU übernimmt häufig die "Wiking-Jugend" den Saalschutz. 3.3 Aktivitäten Seit April 1979 betrieb die DVU eine bundesweite Kampagne für eine Generalamnestie der NS-Verbrechen. Dabei versandte sie Postkarten an Bundestagsabgeordnete und veröffentlichte im "Deutschen Anzeiger" einen Aufruf mit 1 500 Unterschriften. Außerdem veranstaltete sie mehrere öffentliche Kundgebungen unter dem Motto "Deutschland braucht Verjährung". Bei einer Versammlung am 5. Mai in Fürstenfeldbruck versuchten etwa 50 Gegendemonstranten, die 350 Besucher am Betreten des Veranstaltungslokals zu hindern. Rund 300 Personen, darunter zahlreiche Österreicher, kamen zu einer Kundgebung der DVU, die am 11. August in Passau zum Gedenken an den Bau der Berliner Mauer stattfand. Im Rahmen einer bundesweiten Vortragsreihe der DVU sprach der in Argentinien lebende Publizist Wilfred von Oven, der Adjutant und Pressereferent des ehemaligen Reichspropagandaministers Dr. Goebbels war, Ende September 1979 in Augsburg und München zum Thema "Wie der Kommunismus überwunden werden kann - warum Deutschland nicht verloren ist". Die Veranstaltungen fanden in der Öffentlichkeit nur geringe Beachtung. 72 Am 1. Dezember 1979 gründete der Vorsitzende Dr. Frey im Rahmen einer außerordentlichen DVU-Jahreshauptversammlung in München die "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA). Als eine in die DVU integrierte Aktionsgemeinschaft soll die VOGA den Gedanken einer Generalamnestie für bisher ungesühnte NS-Verbrechen verbreiten und dadurch eine "tief gestaffelte Widerstandsfront gegen die zur antideutschen Einseitigkeit entartete Vergangenheitsbewältigung" formieren. Inzwischen hat Dr. Frey in seinen Zeitungen die Namen von etwa 500 Personen veröffentlicht, die der politischen Zielsetzung der VOGA zustimmen. 4 Sonstige (ausgenommen neonazistische) rechtsextreme Organisationen 4.1 Aktion Deutsche Einheit (AKON) Die AKON wurde 1962 in Darmstadt unter der Bezeichnung "Aktion Oder-Neiße" (AKON) gegründet. Sie hat ihren Sitz in München und änderte in den letzten zwei Jahren mehrmals ihren Namen, zuletzt 1979 in "Aktion Deutsche Einheit" (AKON). Die in Landesverbände gegliederte Vereinigung zählt im Bundesgebiet rund 800 Mitglieder, davon etwa 150 in Bayern. Die Bundesversammlung, die am 6. Oktober 1979 in Aschaffenburg tagte, wählte den stellvertretenden DVU-Vorsitzenden Dr. Bernhard Steidle aus Bonn zum neuen Bundesvorsitzenden. Stellvertreter und zugleich geschäftsführender Vorsitzender der AKON wurde der DVU-Vorsitzende Dr. Frey. Der durch die Neubesetzung der Vorstandschaft gestiegene Einfluß Dr. Freys dürfte für die Verdoppelung der Mitgliederzahl gegenüber dem Vorjahr ausschlaggebend gewesen sein. Die AKON ist im "Freiheitlichen Rat" (FR) vertreten, dessen Gründer und Leiter ebenfalls Dr. Frey ist. Ihre Mitteilungen veröffentlicht sie im "Deutschen Anzeiger", dem offiziellen Organ der DVU. Die AKON, deren Aktivitäten infolge interner Streitigkeiten bis vor kurzem weitgehend zum Erliegen gekommen waren, wandte sich auch 1979 in Flugblättern gegen den "verderblichen Einfluß unserer Regierung und ihre landesverräterische Ostpolitik", gegen die "Teilungsmanipulationen von SPD und FDP" und gegen das "Verbrecherregime in Mitteldeutschland und seine Komplicen in der Bundesrepublik". Zur wirkungsvolleren Steuerung der einzelnen Aktionen errichtete sie in München eine zentrale Flugblattstelle. 4 2 Deutscher Block (DB) Der 1947 in München gegründete DB war in den ersten Nachkriegsjahren eine der bedeutenderen Rechtsparteien, die sich mit teilweise beachtlichen Erfolgen besonders an Kommunalwahlen beteiligte. Zur Zielsetzung des DB gehören insbesondere die Abschaffung des Listenwahlsystems und die Errichtung eines Volksstaates "frei vom Abklatsch irgendeiner ausländischen Vorlage". 1979 zählte der DB im Bundesgebiet rund 100 Mitglieder, von denen etwa 30 in Bayern wohnen. Der Sitz des DB befindet sich in Memmingen. "Reichsvorsitzender" ist Richard Etzel, der den DB im "Freiheitlichen Rat" (FR, vgl. 3.2) vertritt und auch die unbedeutende Jugendorganisation des DB "Jugendbund Adler" (JBA) leitet. Von den anfangs zahlreichen Untergliederungen des DB ist lediglich der Kreisverband München übrig geblieben. 73 Die Mitteilungen des DB erscheinen in den Zeitschriften "Unsere Arbeit" und "Der Adlerführer", die in geringer Auflage gedruckt werden. Wegen seiner untergeordneten Bedeutung führt der DB kaum noch eigene Aktionen durch, sondern tritt als Mitveranstalter von Versammlungen anderer rechtsextremer Gruppen auf. Gelegentlich beteiligt er sich auch an Feiern von Traditionsverbänden. 4.3 Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG) Die 1974 von dem Werbegrafiker Karl-Heinz Hoffmann aus Heroldsberg/Mittelfranken gegründete WSG bezeichnete sich als "straff geführter Freiwilligenverband" mit einer "dem regulären Militär entsprechenden hierarchischen Führerstruktur". Ansätze zur Gründung einer Partei kamen über Absichtserklärungen nicht hinaus. Die ideologische und politische Zielsetzung der WSG ergab sich aus einem bei Hoffmann aufgefundenen "Manifest" und dem dazugehörigen Programm, das die Zerschlagung der bestehenden Gesellschaftsstrukturen zugunsten einer der "Volksgemeinschaft" dienenden Staatsform forderte, in der das Wahlsystem abgeschafft ist und die Regierungsgewalt von einer anonymen, nach dem Leistungsprinzip ausgewählten Führungsgruppe ausgeht. In letzter Zeit waren bei der WSG vermehrt neonazistische Tendenzen festzustellen. Der gewaltsamen Verwirklichung ihres Zieles dienten vor allem "Wehrsportübungen", die in Kampfanzügen und Feldausrüstung, meist mit funktionsunfähigen Waffen, durchgeführt wurden. Zuletzt zeigte die WSG eine wachsende Militanz und zunehmende konspirative Tätigkeit. So wies Hoffmann seine Anhänger an, "Verhaltensformen zu entwickeln, die in gewisser Weise dem Verhalten einer im Untergrund arbeitenden Vereinigung gleichen". Der Anhängerkreis der WSG zählte im Bundesgebiet rund 400 Personen. In Bayern trat die WSG wie bisher mit einer Kerntruppe im Raum Nürnberg/Fürth/ Erlangen und in Ermreuth, Kreis Forchheim, auf. Untergruppen bestanden in Ingolstadt und Neuburg a. d. Donau. An den Übungen und Treffen der WSG nahmen im Jahre 1979 rund 100 Anhänger aktiv teil (1978:70), die durch freiwillige Dienstleistungen auch zur materiellen Förderung der WSG beitrugen. Die übrigen Anhänger unterstützten die WSG als Sympathisanten vorwiegend ideell, aber auch durch Spenden. Für eine "WSG-Mädchengruppe" warb Hoffmann ohne erkennbaren Erfolg. Im Bundesgebiet unterhielt Hoffmann Verbindungen zum Vorsitzenden der neonazistischen "Bürgerund Bauerninitiative" (BBI)ThiesChristophersen in SchleswigHolstein. Seit Ende 1977 benutzte Hoffmann ein verfallendes Schloß in Ermreuth, das als neues "Hauptquartier" der WSG vorgesehen war. Die Renovierungsarbeiten, die Hoffmann und seine Anhänger mit eigenen Mitteln durchführten, dauerten 1979 an. Die WSG hielt im Januar und August 1979 zwei größere Übungen im Raum Heroldsberg und Ermreuth ab, wobei die rund 50 bis 60 Teilnehmer ein offenes Auftreten nach Möglichkeit zu vermeiden suchten. Bei einer öffentlichen Ver74 Sammlung der WSG am 17. März in Heroldsberg sprach Hoffmann vor rund 200 Zuhörern zum Thema "Die neue Ordnung kommt". Gegen eine weitere Veranstaltung der WSG am 19. Mai in Nürnberg, zu der rund 130 Besucher erschienen, demonstrierte das "Nürnberger Komitee gegen Neonazismus" mit rund 300 Personen. Gegen die Aktivitäten der WSG wandte sich ferner die "Antifaschistische Aktionseinheit gegen die Wehrsportgruppe Hoffmann". Seit Januar 1979 gab Hoffmann als "Zeitung der WSG für den europäischen Freiwilligen" das Heft "Kommando" heraus, von dem fünf Ausgaben erschienen. In der Zeitschrift wurden die Ausrüstung und die Dienstgradabzeichen der WSG sowie Bilder von WSG-Übungen veröffentlicht. Die Illustrationen sollten den Eindruck einer starken und schlagkräftigen Truppe erwecken. Durch Beiträge in englischer und französischer Sprache suchte Hoffmann der WSG au ßerdem einen internationalen Anstrich zu geben. Gegen Hoff mann und einige WSG-Anhänger waren 1979 mehrere Ermittlungsverfahren wegen verbotenen Uniformtragens, gefährlicher Körperverletzung und anderer Delikte anhängig. Am 20. September verhängte das Amtsgericht Erlangen gegen zwei WSG-Aktivisten wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot Geldstrafen von je 2000,-DM. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte Hoffmann am 29. November 1979 wegen fortgesetzten verbotenen Tragens einer Uniform in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Vergehen gegen das Waffengesetz zu einem Jahr Freiheitsstrafe mit vierjähriger Bewährung und 3000,-DM Geldbuße. Gegenstand der Verhandlung war das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 7. März 1978, das der Bundesgerichtshof auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin zu erneuter Verhandlung zurückverwiesen hatte. Das Landgericht Tübingen, das Hoffmann im Oktober 1977 wegen eines am 4. Dezember 1976 in Tübingen begangenen Landfriedensbruches zu 10 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt hatte, verhandelte in derselben Sache erneut seit 11. Oktober 1979, nachdem die Revision der Staatsanwaltschaft zur Zurückverweisung an das Landgericht geführt hatte. Am 14. März 1980 wurde Hoffmann zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten 2 Wochen verurteilt; die Strafe wurde auf 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Mit Verfügung vom 16. Januar 1980 ordnete der Bundesminister des Innern im Benehmen mit den Ländern nach SS 3 des Vereinsgesetzes die sofortige Auflösung der WSG an. Zur Begründung führte er aus, daß sich die WSG gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und ihr Ziel in kämpferisch-aggressiver Form zu verwirklichen suche. Die Tätigkeit der WSG, die das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zunehmend belaste, könne auch wegen der Signalwirkung auf das gesamte rechtsextreme Lager nicht länger hingenommen werden. Die Verbotsverfügung wurde am 30. Januar 1980 vollzogen. Dabei stellte vor allem die bayerische Polizei zahlreiche Kraftfahrzeuge, Waffen, Uniformen, Ausrüstungsgegenstände sowie NS-Literatur sicher. 75 4.4 Wiking-Jugend (WJ) Die 1952 gegründete WJ ist eine straff nach dem Führerprinzip geleitete "volkstreue" Jugendorganisation, die sich als "heranzubildende Elite" und als "Grundstock zur Reinerhaltung der Nordlandrasse" betrachtet. Sie will den "Reichsgedanken" fördern und bekennt sich zum Soldatentum und zu einer "Lebensgemeinschaft auf völkischer Grundlage". Ferner leugnet oder verharmlost sie die NSVerbrechen. Den gemeinsamen Feind sieht sie in "all jenen zerstörenden Kräften", die sich in letzter Zeit unter dem Deckmantel der "Liberaldemokratie" breit gemacht hätten. Die in Gaue und Horste gegliederte WJ zählt im Bundesgebiet rund 400 Mitglieder, davon etwa 80 in Bayern. Bundesführer ist Wolfgang Nahrath aus Stolberg/ Nordrhein-Westfalen, der die WJ auch im "Freiheitlichen Rat" (FR, vgl. 3.2) vertritt. In Bayern bestehen die Gaue "Bayern" in Freising und "Franken" in Stockstadt, Kreis Aschaffenburg, sowie Horste im Raum München und Nürnberg. Die Nachrichten und Mitteilungen des Bundes erscheinen in der von der Bundesführung vierteljährlich herausgegebenen Zeitschrift "Wikinger". Die WJ führt nach einem Fahrtenplan regelmäßig Zeltlager und Fahrten durch, an denen sich gelegentlich auch Angehörige anderer rechtsextremer Gruppen aus dem Inund Ausland beteiligen. Bei den Zeltlagern wird häufig Geländeausbildung und sonstige der Wehrertüchtigung dienende Schulung wie Kleinkaliberschießen betrieben. 1979 veranstaltete die WJ in Bayern mehrere kleine Wochenendzeltlager und ein Herbstlager im Raum Nürnberg. Ein Fanfarenzug der WJ wirkte bei einer Kundgebung der "Deutschen Volksunion" (DVU) am 5. Mai 1979 in Fürstenfeldbruck mit. In letzter Zeit stieg innerhalb der WJ die Tendenz zu politisch motivierten Gewalttaten erheblich an. 1979 erhielten einige leitende WJ-Funktionäre außerhalb Bayerns wegen Gewaltverbrechen mehrjährige Freiheitsstrafen. 4 5 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) Der 1962 in Nürnberg gegründete BHJ erstrebt eine Gesellschaftsordnung, in der "die Stellung des Einzelnen durch seine Leistung für die Gemeinschaft bestimmt wird". Er lehnt die derzeitige Staatsordnung ab, die "durch Betrug, Korruption und Fraktionszwang geprägt wird", und sucht die Zeit des Nationalsozialismus zu rechtfertigen, indem er die Erfolge Hitlers einseitig hervorhebt, das Ausmaß der Judenverfolgung in Frage stellt und den Nürnberger Kriegsverbrecherprozeß nur als "Racheakt der Siegermächte" ansieht. Der BHJ ist eine nach dem Führerprinzip geleitete und in Leitstellen, Standorte und Stützpunkte gegliederte Jugendorganisation mit etwa 400 Mitgliedern im Bundesgebiet, davon rund 50 in Bayern. Bundesführer ist Gernot Mörig aus Braunschweig, Leitstellenführer Süd Wolf Degner aus Stuttgart. In Bayern bestehen Stützpunkte in München, Nürnberg und Kolbermoor, die der Leitstelle Süd in Stuttgart unterstellt sind. Publikationsorgan ist das vierteljährlich erscheinende Informationsblatt "Der Trommler". 76 Der BHJ gehört dem "Arbeitskreis Volkstreuer Verbände" (AVV) an, einem 1964 von einem ehemaligen Angehörigen der obersten SA-Führung gegründeten Dachverband rechtsextremer Gruppen. Er entsendet regelmäßig eine Delegation zu den alljährlichen Yserturm-Gedenkfeiem nach Diksmuide/Belgien, einem Treffen militanter Neonazis und sonstiger Rechtsextremisten. Wie die "Wiking-Jugend" führt auch der BHJ Zeltlager und Fahrten für Kinder und Jugendliche durch. Die Teilnehmer tragen dabei überwiegend uniformähnliche Kluft und verwenden einheitliche Ausrüstungsgegenstände, die über eine der Bundesführung unterstellte "Abteilung Beschaffung" bezogen werden können. Neben den von den einzelnen Stützpunkten in Bayern durchgeführten kleineren Wochenendlagern und Heimabenden veranstaltete die Leitstelle Süd ein Sommerlager bei Kitzingen und ein Herbstlager bei Donauwörth. Dabei wurden die Jugendlichen einer als "Überlebenstraining" bezeichneten militärischen Nachtausbildung unterzogen. Die teilnehmenden Mädchen hatten als Härtetest einen Marsch über eine Strecke von 100 km zurückzulegen. Bei den Sonnwendfeiern des BHJ wurde die "besondere Erlebnisfähigkeit des nordischen Menschen" herausgestellt. 4.6 Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) Das DKEG wurde 1950 von dem inzwischen verstorbenen ehemaligen SA-Dichter Dr. Herbert Böhme zur Pflege nationalistischen Kulturgutes gegründet. Es hat seinen Sitz in München und ist in "Pflegstätten" gegliedert. Infolge Abspaltung mehrerer norddeutscher Untergliederungen verlor das DKEG 1979 weiter an Bedeutung. In Bayern bestehen noch Pflegstätten in München und Nürnberg, die im Verlauf des Jahres rund zehn öffentliche Veranstaltungen mit durchschnittlich 55 Teilnehmern durchführten. Dabei suchten Redner aus dem rechtsextremen Lager die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg abzustreiten. Daß diese Vorstellungen auch vom DKEG geteilt werden, zeigte sich bei den "Tagen deutscher Kultur" im Oktober 1979 in Planegg, wo ein führender Funktionär des DKEG vor allem England für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verantwortlich machte und den 1946 hingerichteten früheren NS-ldeologen Alfred Rosenberg als "aufrechten und persönlich untadeligen Mann" bezeichnete. Weiter führte er aus, daß der "dekadente Westen bzw. der nach den "verderblichen ,One-World-Gedanken' der Herren Coudenhove-Kalergi und Rockefeller bewußt gezüchtete Bevölkerungsbrei" unfähig seien, den Irrlehren des Kommunismus zu begegnen. Bei den "Tagen deutscher Kultur" im März 1979 in Lüneburg trat ein wegen Schändung eines jüdischen Friedhofs verurteilter Rechtsextremist als Redner auf. 4.7 Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) Die GfP wurde 1960 in Frankfurt/M. von ehemaligen SSund NSDAP-Angehörigen gegründet. Sie stellt vor allem ein Podium für rechtsextreme Schriftsteller, Publizisten, Funktionäre und Dichter des Inund Auslandes dar. Bei den Versammlungen der GfP treten ferner häufig Rechtsextremisten als Redner auf, so z. B. Wilfred von Oven, der Adjutant und Pressereferent des ehemaligen Reichspropagandaministers Dr. Goebbels war. Die Vereinigung, die neuerdings auch regionale Arbeitskreise unterhält, zählt im Bundesgebiet rund 700 Mitglieder. Der Sitz befindet sich in Neustadt an der 77 Weinstraße, das Sekretariat in Berg am Starnberger See. Dem Vorstand gehören mehrere Rechtsextremisten an. Der Vorsitzende Dr. Gert Sudholt leitet den Druffel-Verlag (vgl. 6.), der vielfach rechtsextreme Literatur herausgibt. Thematischer Schwerpunkt der Vortragstätigkeit im Jahr 1979 war die "Kriegsschuldlüge". Die Referenten versuchten nachzuweisen, daß die Alliierten den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs energisch und zielbewußt vorbereiteten. Der Einmarsch in Polen sei nichts anderes als eine durch einen "übergesetzlichen Notstand" gerechtfertigte "Polizeiaktion gegen Terroristen" gewesen, die von den "internationalen Kriegstreibern" geradezu brennend erwartet worden sei, um später den "umerzogenen Deutschen" einbleuen zu können, der Aggressor Deutschland habe das friedliebende Polenvolk vorsätzlich und brutal überfallen. Nach dem Sieg über Polen habe Hitler mit seinem Friedensangebot an England und Frankreich den "stärksten Beweis des Friedenswillens der Weltgeschichte" geboten. 5. Neonazistische Organisationen und Vorfälle 5.1 Allgemeines Der Neonazismus umfaßt alle Aktivitäten und Bestrebungen, die ein offenes Bekenntnis zur Ideologie des Nationalsozialismus des Dritten Reiches darstellen und auf die Errichtung eines dem NS-Staat vergleichbaren oder ähnlichen Systems gerichtet sind. Die Agitation neonazistischer Gruppen ist durch unverhohlenen Antisemitismus, Verniedlichung und Verleugnung der NS-Verbrechen und durch Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitlerdiktatur gekennzeichnet. Den 26 erkannten NS-Gruppen im Bundesgebiet gehören rund 1400 Personen an, von denen etwa 300 als Aktivisten anzusehen sind. Etwa 200 von ihnen waren bereits an der Vorbereitung oder Durchführung von Gewalttaten beteiligt, die fast ausschließlich außerhalb Bayerns begangen wurden. Terroristische Anschläge waren in Bayern nicht zu verzeichnen. 5.2 Neonazistische und antisemitische Vorfälle 1979 war in Bayern, besonders in der ersten Jahreshälfte, ein erheblicher Anstieg neonazistischer und antisemitischer Vorfälle zu verzeichnen, der vor allem mit der Ausstrahlung der Fernsehsendung "Holocaust" im Januar 1979 zusammenhing. Die Gesamtzahl der bekanntgewordenen Straftaten betrug 246, gegenüber 127 im Jahr 1978. Allein auf München (42 Vorfälle) und Nürnberg (45 Vorfälle) entfielen 35 Prozent aller neonazistischen und antisemitischen Ausschreitungen in Bayern. Dabei handelte es sich oft um Schmierund Klebeaktionen, bei denen Hakenkreuze und SS-Runen gemalt oder Aufschriften wie "Heil Hitler", "NSDAP", "Juda verrecke" angebracht wurden. Auch wegen gewerblichen Vertriebs von NSLiteratur und Gegenständen mit NS-Symbolen waren Ermittlungsverfahren anhängig. Eine Aufklärung gelang in 126 Fällen (1978: 73). Unter den ermittelten 198 Tätern befanden sich 54 Minderjährige. Die Staatsanwaltschaften stellten 22 Verfahren ein. In acht Fällen verhängten die Gerichte Geldstrafen. Die Verfahren gegen die übrigen Beschuldigten dauerten Ende 1979 noch an. 78 " Antisemitische und neonazistische Vorfälle 1979 in Bayern * Antisemitische Vorfälle A Neonazistische Vorfälle * Allgemeine Verdachtsfälle + Schändung jüdischer Grabund Gedenkstätten 79 Ein politischer Tathindergrund war nicht immer erkennbar. So warfen im Mai 1979 vier Jugendliche auf dem israelitischen Friedhof in Krumbach, Kreis Günzburg, aus reinem Übermut 94 Grabdenkmäler um. Beträchtliches Aufsehen erregten unbekannte Täter, die am 29. April 1979 den Parkplatz der Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Dachau mit Hakenkreuzen, SS-Runen und den Worten "Juden raus" beschmierten. Wegen wiederholter antisemitischer Äußerungen leitete die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen einen CB-Funker aus Bayreuth ein und beschlagnahmte die Funkanlage. Im Zusammenhang mit der Fernsehsendung "Holocaust" wurden der israelitischen Kultusgemeinde, dem Bayerischen Rundfunk, einer Zeitungsredaktion in München und der Evangelischen Bildungsstelle in Würzburg Bombenanschläge angedroht. Eine weitere Drohung richtete sich gegen eine Dienststelle der bayerischen Polizei. Mit ihren Aktivitäten erreichten die Neonazis eine Publizität, die in umgekehrtem Verhältnis zu ihrer zahlenmäßigen und politischen Bedeutung steht. Eine Gesamtsteuerung der Aktionen durch eine oder mehrere Gruppen war nicht erkennbar. Trotz der erheblichen Zunahme dieser Vorfälle besteht noch kein Grund zu größerer Beunruhigung, da die Ideen und Handlungen der Neonazis in der breiten Öffentlichkeit auf entschiedene Ablehnung stoßen. Eine intensive Beobachtung der neonazistischen Bestrebungen ist jedoch weiterhin zwingend geboten. 5.3 Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit (VSBD/PdA) Die VSBD/PdA wurde 1971 in Krefeld als Partei der Arbeit (PdA) gegründet und erhielt 1975 in München ihre heutige Bezeichnung. Sie fordert die "Umwandlung der bestehenden Gesellschaftsordnung durch Schaffung eines ersten radikaldemokratischen und antiimperialistischen Staates auf deutschem Boden" und die "Revision des Nürnberger Kriegsverbrecher-Urteils". Die VSBD/PdA, die sich als Partei betrachtet, hat bisher lediglich an Kommunalwahlen teilgenommen, jedoch ohne Erfolg. Der Bundesverband mit Sitz in München gliedert sich in je einen Landesverband in Nordrhein-Westfalen und in Bayern. Ein Kreisverband besteht in München. Die Gesamtzahl der Mitglieder beträgt im Bundesgebiet rund 70, davon etwa 50 in Bayern. Die Aktivitäten der Vereinigung beschränkten sich in Bayern auf den Raum München und gingen vor allem vom Bundesvorsitzenden Friedhelm Busse und seinem Stellvertreter Alfred Nusser aus. Insbesondere Busse zeigte bei den öffentlichen Versammlungen, Informationsständen und Stammtischtreffen der VSBD/PdA und durch seine Kontakte zu gleichgesinnten Kreisen wiederholt seine eindeutig neonazistische Einstellung. So bekannte er sich am 16. Oktober in München bei einer Feier der VSBD/PdA zum Gedenken an die 1946 in Nürnberg hingerichteten NS-Verbrecher offen zu Adolf Hitler, den er als herausragende historische Erscheinung würdigte. Aus gleichem Anlaß demonstrierte er am 80 20. Oktober mit Anhängern der neonazistischen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS, vgl. 5.7) auf dem "Reichsparteitagsgelände" in Nürnberg. In Flugblättern protestierte die VSBD/PdA gegen die Verurteilung des ANS-Leiters Michael Kühnen aus Hamburg durch das Oberlandesgericht Celle am 13. September 1979. Eine Gruppe von rund 15 Jugendlichen um den ehemaligen VSBD/PdA-Kreisvorsitzenden Willibald Kraus aus München verübte von April bis Juni 1979 zahlreiche neonazistische und antisemitische Ausschreitungen im Stadtgebiet Münchens. Unter Führung von Kraus schmierte sie im Juni 1979 in einer Münchner Gaststätte Hakenkreuze und NS-Parolen. Ein Mitglied der Gruppe schoß im Oktober 1979 in der gleichen Gaststätte mit einer Gaspistole auf Gäste. Gegen den flüchtigen Kraus erging Haftbefehl. Als Nachfolgeorganisation der neonazistischen Kraus-Gruppe tritt seit August eine "Junge Front" (JF) mit etwa 20 Mitgliedern auf, die Uniform tragen, paramilitärische Übungen abhalten und die Zielsetzungen der VSBD/PdA durch Teilnahme an deren Veranstaltungen und Verteilung von Flugblättern unterstützen. Im Rahmen von Ermittlungsverfahren stellte die Polizei bei ihnen NS-Propagandamaterial und NS-Embleme sicher. Das Amtsgericht München verurteilte Busse am 1. Oktober 1979 wegen Volksverhetzung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung und 1 500,-DM Geldbuße. Im Herbst 1979 leitete die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht München I gegen Busse ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung ein, weil er einen Nachdruck des 1924 erschienenen Buches "Der Talmudjude" zum Kauf anbot. Mit Verfügung vom 30. August 1979 wurde der Justizsekretär Alfred Nusser aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen mit der Begründung, daß er als stellvertretender Bundesvorsitzender der VSBD/PdA deren rechtsextreme Ziele an führender Stelle öffentlich vertreten, sich mit ihnen identifiziert und dadurch seine politische Treuepflicht nachhaltig verletzt habe. 5.4 Deutsche Bürgerinitiative (DBI) Die 1971 von dem Rechtsanwalt Manfred Roeder gegründete DBI ist ein Aktionsund Kaderkreis ohne feste Organisation. Ihr Sitz ist Schwarzenborn/Hessen. Roeder, dem inzwischen die Ausübung seines Berufs untersagt wurde, betrachtet sich als Nachfolger des Großadmirals Dönitz. Er strebt die Fortsetzung der Regierung des "Großdeutschen Reiches" an. Wegen neonazistisch motivierter Straftaten wurde er mehrmals verurteilt. Nachdem er sich Anfang 1978 dem Strafvollzug durch Flucht ins Ausland entzogen hatte, erging gegen ihn Haftbefehl. Die DBI trat in Bayern lediglich durch "Briefe" ihres Vorsitzenden Roeder mit dem Titel "Europäische Freiheitsbewegung" in Erscheinung, die neben rassistischem und antisemitischem Gedankengut scharfe Angriffe gegen die Bundesrepublik Deutschland enthielten. So erklärte Roeder, es sei "niemals unsere Aufgabe, einem minderwertigen Rassengemisch das Überleben und Wohlbehagen zu 81 sichern". Er kämpfe weiter um die "Befreiung der Völker vom jüdischen Joch" und befinde sich im "Kriegszustand" mit diesem Staate, zu dessen Beseitigung jedes Mittel recht sei. Gegen einen Rechtsextremisten in Oberfranken, der beim Druck von Roeders Publikationen mitgewirkt hatte, wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zum Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eingeleitet. 5.5 Kampfbund Deutscher Soldaten (KDS) Der KDS, eine neonazistische Gruppe ohne feste organisatorische Struktur, wurde 1975 von seinem jetzigen Vorsitzenden Erwin Schönborn gegründet. Er zählt im Bundesgebiet etwa 50 Anhänger. Sein Sitz ist Frankfurt/M. Der KDS fordert wie die DBI die Wiedererrichtung des "Reiches" und die Rehabilitierung der NS-Verbrecher. In Bayern erregte der KDS wie im Vorjahr vor allem im Nürnberger Raum Aufsehen durch Verbreitung von Flugblättern, die insbesondere die Judenvernichtung leugneten und jeden, der noch von den Vergasungen in deutschen Konzentrationslagern überzeugt sei, als "Dummkopf oder Verbrecher" bezeichneten. Schönborn, der sich als radikaler Gegner des Staates Israel und des Zionismus bekennt und wegen seiner neonazistischen Aktivitäten schon mehrfach vorbestraft ist, wurde am 21. Juni 1979 vom Amtsgericht Frankfurt/M. wegen Beleidigung, übler Nachrede und Nötigung sowie am 19. November 1979 vom Amtsgericht Hamburg wegen Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu Freiheitsstrafen von achtzehn bzw. acht Monaten ohne Bewährung verurteilt. 5.6 Aktionsgemeinschaft Nationales Europa (ANE) Die am 1. Oktober 1977 auf Initiative des Vorsitzenden des Kampfbundes Deutscher Soldaten (KDS) Erwin Schönborn in Fürth gegründete ANE besteht nur aus wenigen Funktionären und Mitläufern. Nach den Vorstellungen ihres Vorsitzenden Schönborn führt sowohl der "liberalistische Kapitalismus" als auch der "bolschewistische Terror" zu einem weltweiten Chaos, das nur durch einen "modernen Nationalsozialismus" verhindert werden könne. Ziel der ANE war die Teilnahme an den Europawahlen 1979. in einer Pressekonferenz im März 1979 wurde eine Bundesliste der ANE-Kandidaten veröffentlicht, ein Wahlvorschlag aber schließlich nicht eingereicht. Daneben trat die ANE hauptsächlich im Großraum Nürnberg durch die Herausgabe und Verbreitung von Flugblättern in Erscheinung, in denen die Verbrechen an Juden im Dritten Reich geleugnet wurden. Gegen den Verteiler dieser Schriften verhängten das Amtsgericht Fürth am 6. Februar eine Geldstrafe von 1 800,-DM, das Landgericht Nürnberg-Fürth am 18. Mai eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und das Amtsgericht Fürth am 31. Oktober eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth verurteilte Schönborn am 13. Dezember wegen Verunglimpfung des Staates und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Weitere Ermittlungsverfahren sind anhängig. 82 5.7 Aktionsfront Nationaler Sozialisten (ANS) Die 1977 in Hamburg von Michael Kühnen gegründete und von einem Gericht als Nachfolgeorganisation der NSDAP eingestufte ANS zählt im Bundesgebiet rund 40 Aktivisten, die in der Öffentlichkeit in schwarzer Uniform auftreten. Publikationsorgan ist der "Hansa-Kurier". Versuche zur Gründung eines Gaues Mainfranken der ANS durch einen Rechtsextremisten in Würzburg und zur Aufstellung einer Gruppe in München durch den inzwischen mit Haftbefehl gesuchten Willibald Kraus (vgl. 5.3) schlugen fehl. Im November 1979 entführten und mi ßhandelten Anhänger der ANS einen Journalisten wegen seiner Berichterstattung über rechtsextreme Aktivitäten im Würzburger Raum. 6. Organisationsunabhängige Publizistik Die auf rechtsextreme Literatur spezialisierten Verlage und Buchdienste, deren Zahl in Bayern gegenüber dem Vorjahr auf 12 zugenommen hat, entwickelten 1979 wiederum eine beachtliche Tätigkeit. Anzahl und Auflage der periodisch herausgegebenen Schriften stiegen leicht an. Neben den regelmäßig erscheinenden Publikationen mit einer monatlichen Auflage von zusammen über 510000 Exemplaren wurden - meist durch verlagseigene Vertriebsdienste - Bücher rechtsextremen Inhalts in hoher Auflage angeboten. Wirkungsvollstes Propagandainstrument des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland ist nach wie vor die Druckschriftenund ZeitungsverlagGmbH München unter Leitung von Dr. Gerhard Frey. Im Verlag erscheinen die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und der "Deutsche Anzeiger" (DA), das offizielle Organ der DVU, mit einer Wochenauflage von zusammen etwa 100000 Exemplaren. Der Verlag bot zudem durch einen Buch-Dienst über 200 Buchtitel an. In den von Dr. Frey herausgegebenen Zeitungen werden die NS-Verbrechen und der Schuldanteil des Dritten Reiches am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verharmlost, die Existenz von Gaskammern in Dachau und Auschwitz bestritten, rassistische Thesen vertreten und judenfeindliche Äußerungen abgedruckt. So bezeichnete die DNZ die Fernsehserie "Holocaust" als "großen Betrug", "antideutsche Greuelpropaganda", "Jahrhundertlüge" und "Paradebeispiel für Volksverhetzung und Geschichtsklitterung" und bestritt, daß der Begriff "Endlösung" eine Totalausrottung der Juden bedeutete. Sie wandte sich gegen den "Raubbau an der ethnischen Substanz unseres Volkes" und nannte die "Anti-Verjährungsinitiative" eine "große Stunde der Israel-Lobby". Die Deutsche Verlagsgesellschaft mbH (DVG) in Rosenheim gibt unter der Leitung des ehemaligen NPD-Bundesvorstandsmitglieds Waldemar Schütz die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ) mit einer wöchentlichen Auflage von rund 25000 Exemplaren heraus. Das Angebot des dem Verlag angegliederten Buchdienstes umfaßte 1979 über 100 Bücher. Die DWZ rechtfertigte in zahlreichen Beiträgen die NS-Zeit, bezeichnete Hitler als "große geschichtliche Erscheinung" und sprach im Zusammenhang mit den NS-Verbrechen an Juden von der "Millionen-Legende". 83 Rechtsextreme Publikationen Volksverhetzung gegen Deutschland * Wieviele Milliarden sollen Deutsche letzt zahlen? DEUTSCHE Vorweg gesagt, Holocaust ist ein Hollywood-Seh ml erstiick übelster Sorte. Wir Nationaldemokraten sprechen diesen Schreibt! sc h- STIMME HATia NAL DEMOKRATISCHE ZEITUNG Tätem der Volks Verhetzung gegen Deutschland fede moralische und sittliche Qualifikation ab. Den gei^S m Handlangern in West^ü^ü^ü^ü^ü^ü^ü^Bi^HH deutschland gebührt die gleiche Verachtuno. ^ s G A N Z E OEUTSC BAYERN STIMME Kein Jude in Deutschland veraast Sensationelle Enthüllungen /s.eu.7 National+Zeitung N,.i5/29.j.h^,Rt 0 1^0DU/TU.-D" freiheitlich* u n a b h ä n g i g * überparteilich ^M.*.I(tm)IM^.H^M. " ^ ^ Ueutfrijerpnjriger FREIHEITLICHE WOCHENZEITUNG Beut|tt)ElDotI)En3atung DEUTSCHE NACHRICHTEN tmmmmmmmm NS KAMPFRUF 84 In der "Nation-Europa-Verlags-GmbH" in Coburg erscheint die Monatszeitschrift "Nation Europa" (NE) in einer Auflage von knapp 10000 Exemplaren. Der Verlag, dem ein Buchdienst angeschlossen ist, wird von dem 1954 gegründeten Verein "Nation Europa-Freunde" finanziell unterstützt. Geschäftsführer des Verlags und Vorsitzender des Vereins ist der NPD-Funktionär Peter Dehoust. Die Monatsschrift enthielt auch rassistische, antidemokratische und die NS-Verbrechen leugnende oder verharmlosende Aussagen. So stellte sie die "praktische Überlegenheit der hellen Rasse des Nordens über die dunkle des Südens" heraus und bezeichnete den Fernsehfilm "Holocaust" als Hetzfilm einer "jüdischen Mafia". Ferner wandte sie sich gegen "die reine Parteien-Demokratie mit ihrem geistlosen, rein mechanischen Mehrheitsprinzip". Der Druffel-Verlag in Berg am Starnberger See, der von dem ehemaligen NPDMitglied und jetzigen Vorsitzenden der "Gesellschaft für freie Publizistik" Dr. Gert Sudholt geleitet wird, gibt vielfach rechtsextreme Literatur heraus. In den Büchern und Prospekten ist von der "6-Millionen-Lüge", der "Verleumdung der Deutschen mit der alleinigen Kriegsschuld" und von "Kollektivschuld-Lügen" die Rede. Der 1977 von Dr. Gert Sudholt übernommene "Türmer-Verlag" in Berg am Starnberger See gibt die Monatsschrift "Klüter Blätter" heraus, in der die Zahl der während des Dritten Reiches umgekommenen Juden als "Legende" und der Fernsehfilm "Holocaust" als "Horrorschocker", "Schwindel" und "Hetzstreifen" bezeichnet wird. Der am gleichen Ort ansässige Kurt-Vowinkel-Verlag, dessen Inhaber ebenfalls Dr. Gert Sudholt ist, bietet Bücher rechtsextremen Inhalts an, die u. a. die "Formel von der alleinigen deutschen Schuld" am Zweiten Weltkrieg als widerlegt darstellen. Im "Denk-mit-Verlag" in Nürnberg erscheint monatlich die Zeitschrift "Denk mit!" in einer Auflage von rund 1200 Exemplaren. Der Herausgeber Klaus Huscher leitet den neonazistischen "Freundeskreis Denk mit", einen politischen Vortragskreis ohne feste Organisation, der 1979 nicht aktiv in Erscheinung trat. Der Ederer-Verlag in München gibt überwiegend antisemitische, die Verbrechen des NS-Regimes verharmlosende Schriften heraus, in denen den Juden die Hauptbzw. Mitschuld an ihrer Verfolgung im Dritten Reich angelastet wird, die Existenz von Gasund Verbrennungsanlagen zur physischen Vernichtung der Juden bestritten, die Zahl der im Dritten Reich umgekommenen Juden als "Legende", "Ladenhüter für Erpressungen", "Greuelgeschichte" und "Lügenpropaganda" bezeichnet, der "zerstörerische Geist", die "Verschlagenheit" und der "Händlergeist" der Juden hervorgehoben und die Unterstützung Israels durch die Bundesregierung als "Zionistenkult" hingestellt werden. Gegen den Autor der im Verlag erschienenen Druckschrift "Maidanek in alle Ewigkeit?" ist ein Strafverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung anhängig. 7. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus Der Einflu ß ausländischer Rechtsextremisten auf Bayern zeigte sich in der Verbreitung vorwiegend neonazistischer und antisemitischer Druckschriften und in Kontakten bayerischer Rechtsextremisten zu gleichgesinnten Gruppen und Einzelpersonen im Ausland. 85 r Aus NS-KAMPFRUF Nr. 35, Dezember 1979 mm AUFKLEBER UND MINIPLAKATE KAMPF DEN Schluss mit den Besatzungszuständenl JUDENPARTEIEN NS-VERBOT KPD SPD CDU AUFHEBEN! CSU FDP NSDAP-AO NSDAP-AO Box 6414, Lincoln,NE 68506 USA Box 6414, Lincoln, NE 68506 USA KAUFT NICHT ROTFRONT BEI JUDEN! VERRECKE! NS-VERBOT AUFHEBEN! (r) JETZT WIR SIND NSDAP! WIEDER DA! 86 Etwa 60 verschiedene, meist deutschund englischsprachige Druckschriften gingen rund 30 Adressaten in Bayern vorwiegend aus den USA, Kanada und Österreich zu. Davon sind wegen des strafbaren Inhalts insbesondere die Hakenkreuzaufkleber und -plakate der neonazistischen "NSDAP-Auslandsorganisation" (NSDAP-AO) des Gary Rex Lauck aus Lincoln/Nebraska (USA), das Organ der NSDAP-AO "NS-Kampfruf" sowie die Druckschriften des "Samisdat-Verlags" in Toronto (Kanada) zu erwähnen. Die Aufkleber der NSDAP-AO enthielten Aufdrucke wie "NS-Verbot aufheben", "Jetzt NSDAP!", "Kauf nicht bei den Juden!". Der "NS-Kampfruf" forderte mehrfach zur Rache und Vergeltung für die Verfolgung der "Nationalsozialisten" durch die deutschen Justizund Sicnerheitsbehörden auf und propagierte den "totalen Angriff" sowie den "Übergang von der Theorie zur Aktion bzw. Provokation", um "diesem System aus dem Untergrund heraus das Leben zur Hölle zu machen". Ein vom Inhaber des "Samisdat-Verlags" Ernst Zündel versandter "Aufruf zu AntiHolocaust-Demonstrationen" bezeichnete die Fernsehserie "Holocaust" als das "dreckigste und gemeinste Machwerk". Wegen dieses Aufrufs und der öffentlichen Verbreitung von NSDAP-AO-Klebezetteln und -Plakaten in München, Kaufbeuren und Würzburg leiteten die Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten München I und II, Würzburg, Kempten, Nürnberg/Fürth, Schweinfurt, Bamberg und Augsburg Ermittlungsverfahren gegen Zündel, einen Rechtsextremisten in Würzburg und gegen Unbekannt ein. In zwei Fällen waren Postsendungen durch Zollämter nach dem Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und sonstiger Verbringungsverbote angehalten worden. Rechtsextreme Gruppen und Personen in Bayern unterhielten Kontakte zur "Aktion Neue Rechte" (ANR), zur "Nationaldemokratischen Partei" (NDP) und zur "Deutschen Kulturgemeinschaft" (DKG) in Österreich, zur "Vlaamse Militante Ordre" (VMO) in Flandern und zu rechtsextremen Organisationen in England. 87 4. Abschnitt Gewalt und Terror 1. Allgemeine Lage Die Bundesrepublik Deutschland blieb wie im Vorjahr von größeren terroristischen Attentaten, wie sie insbesondere in den Jahren 1975 bis 1977 zu verzeichnen waren, verschont. Die Aktivität der terroristischen Gruppen hielt aber auch 1979 an. Dies zeigte sich in einer Reihe schwerer Anschläge wie auch in Bestrebungen zum Ausbau der Logistik. Gegenüber 1978 wurden bundesweit vermehrt Brandund Sprengstoffanschläge gegen öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsunternehmen verübt, wobei Sachschäden in Höhe von mehreren Millionen DM entstanden. Bei Banküberfällen in Berlin, Darmstadt, Nürnberg und in Zürich erbeuteten Terroristen über eine halbe Million DM. Mehrere konspirative Wohnungen konnten entdeckt werden. Die in diesen Wohnungen gesicherten Spuren geben Anlaß zu der Vermutung, daß die an der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer beteiligten Terroristen sich nur vorübergehend ins Ausland abgesetzt hatten und wieder zum großen Teil in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt sind. Nach wie vor bestehen internationale Beziehungen der deutschen Terroristen. Vom harten Kern der Terroristen konnten am 9. Juni Rolf Heißler in Frankfurt/M. in einer konspirativen Wohnung und am 19. November Rolf Clemens Wagner in Zürich nach einem Banküberfall festgenommen werden. Elisabeth von Dyck starb an einer Schußverletzung, die sie im Zusammenhang mit ihrer Festnahme am 4. Mai 1979 erlitten hatte. 1979 wurden im Bundesgebiet über 20 Personen wegen Straftaten im Zusammenhang mit dem linksextremen Terrorismus zu teilweise langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. In vier Fällen - Irmgard Möller, Angelika Speitel, Christine Kuby, Ilse Jandt - sprachen die Gerichte lebenslange Freiheitsstrafen aus. Die linksextremen Terroristen wurden wie im Vorjahr von Gruppen aus dem terroristischen Umfeld, so den "Antifaschistischen Gruppen" (Antifa-Gruppen) unterstützt. Im Bereich des Rechtsextremismus kam es erstmals Ende 1977 in Norddeutschland zu terroristischen Gewalthandlungen. Am 13. September 1979 verurteilte das 88 Oberlandesgericht Celle vier daran beteiligte Neonazis wegen verschiedener schwerer Straftaten, die sie im Rahmen einer terroristischen Vereinigung begangen hatten, zu hohen Freiheitsstrafen. In Bayern waren auch 1979 vergleichbare terroristische Aktivitäten von Rechtsextremisten nicht zu verzeichnen. 2. Terroristische Gruppen und ihre Ziele Der Terrorismus in der Bundesrepublik wird nach wie vor von den drei guerillaartig organisierten und operierenden Gruppen - Rote Armee Fraktion (RAF), - Bewegung 2. Juni und - Revolutionäre Zellen (RZ) verkörpert. In ihren Fernzielen sind sich diese Gruppen einig. Sie wollen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland mit den Mitteln des bewaffneten Kampfes beseitigen. Über die dabei anzuwendenden Methoden bestehen unterschiedliche Auffassungen. Für die Zeit nach dem angestrebten revolutionären Umsturz sind genaue politische Zielvorstellungen nicht erkennbar. Sicher ist nur, daß diese Gruppen solche Vorstellungen auf der Grundlage einer der verschiedenen Ausprägungen der kommunistischen Ideologie entwickeln würden. 2 1 Rote Armee Fraktion (RAF) Die RAF entstand Ende der 60er Jahre um Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler und Ulrike Meinhof. Sie erhob den Führungsanspruch unter den terroristischen Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Ziel, als Avantgarde des revolutionären Kampfes durch terroristische Aktionen der "Stadtguerilla" im "antiimperialistischen Kampf" und "im strategischen und taktischen Zusammenwirken mit den Befreiungskämpfen der unterdrückten Nationen" eine Solidarisierung der Massen und die Entstehung einer revolutionären Bewegung zu entfachen, ist in jüngerer Zeit in den Hintergrund gerückt. Das aktuelle Nahziel der RAF ist die Befreiung inhaftierter Mitglieder. Um dies zu erreichen, ist sie bereit, gegen wichtige Organe und führende Repräsentanten aus den Bereichen der Politik, Polizei, Justiz und Wirtschaft Terror, Gewalt und Mord anzuwenden. Für ihre Aktionen hat die RAF eine straff organisierte Organisation entwickelt, die aus der Illegalität heraus arbeitet. Diesem illegalen Kern stehen Unterstützerund Sympathisantenkreise zur Seite, die auf der Grundlage einer legalen bürgerlichen Existenz Hilfsfunktionen wahrnehmen. In konspirativen Wohnungen entdeckte Spuren lieferten Anhaltspunkte dafür, daß sich die in den letzten Jahren reduzierte Kernmannschaft der RAF wieder neu formiert hat. Nach dem Mord an Dr. Hanns-Martin Schleyer waren fast nur noch Aktivitäten der RAF zu verzeichnen, die dem Aufbau der mehrfach von der Polizei entscheidend gestörten Logistik dienten, vor allem die Anmietung konspirativer Wohnungen und die Beschaffung von Geldmitteln durch Banküberfälle. Allerdings zeigen die 1979 89 entdeckten Bemühungen um die Herstellung eines verbesserten Raketenflächenschußgerätes, daß auch in Zukunft schwere terroristische Gewaltanschläge durch die RAF nicht ausgeschlossen werden können. 2.2 Bewegung 2. Juni Die Bewegung 2. Juni entstand Anfang 1972 in Berlin aus Mitgliedern anarchistischer Gruppen. Sie leitet ihren Namen vom Todestag des Studenten Benno Ohnesorg ab, der bei einer Demonstration gegen den Schahbesuch 1967 in Berlin ums Leben kam. Zwischen der "Bewegung 2. Juni" und der RAF wurde einige Zeit um den Führungsanspruch im terroristischen Bereich gerungen. Nachdem sie ebenso wie die RAF durch Fahndungserfolge geschwächt worden war, liegen Anhaltspunkte vor, die darauf hindeuten, daß sich einige Mitglieder der "Bewegung 2. Juni" in den letzten Jahren der RAF angeschlossen haben. Ein anderer Teil, dem die inhaftierten Terroristen Fritz Teufel, Gerald Klöpper, Ralf Reinders und Ronald Fritsch angehören, bezeichnet sich als "Revolutionäre Guerilla-Opposition aus der Konkursmasse der Bewegung 2. Juni". Seit der Befreiung von Till Meyer im Mai 1978 aus einer Berliner Haftanstalt sind keine Terrorakte bekanntgeworden, die eindeutig der Bewegung 2. Juni zugerechnet werden können. Eine Beteiligung von Mitgliedern der Bewegung an Aktionen der RAF kann aber nicht ausgeschlossen werden. 2.3 Revolutionäre Zellen (RZ) Die Revolutionären Zellen, etwa seit 1973 aktiv, unterscheiden sich in Strategie und Taktik von der RAF. Während die RAF ihren Kampf nur aus dem Untergrund heraus führt, führen die Mitglieder der RZ solange wie möglich ein bürgerliches Leben. Dies und das Operieren in kleinen voneinander getrennten Gruppen (= Zellen) erschweren das Erkennen von Mitgliedern der RZ. Im Bundesgebiet haben es die RZ bisher vermieden, Gewalt gegen Personen anzuwenden. Allerdings waren RZ-Mitglieder im Zusammenwirken mit PLO-Mitgliedern im Ausland auch an schwersten Straftaten gegen Personen beteiligt, z. B. am Überfall auf die OPEC-Zentrale in Wien. Das Hauptgewicht ihrer Aktivitäten lag im Bundesgebiet auf der Verübung von Brandund Sprengstoffanschlägen, bisher insgesamt rund 70. 1979 gingen im Bundesgebiet außerhalb Bayerns auf das Konto der RZ mindestens drei Brandanschläge, zwei Sprengstoffanschläge und ein versuchter Sprengstoffanschlag. Zur ideologischen Begründung ihrer Anschläge greifen die RZ aktuelle gesellschaftliche und wirtschaftliche Probleme auf. In ihren Bekennerbriefen werben sie um Verständnis für die Aktionen und versuchen damit, eine Basis in bestimmten Bevölkerungsgruppen zu gewinnen. In ihren ideologischen Erklärungen zeigen sich, was das Ziel betrifft, Verbindungen zum Marxismus der Neuen Linken. Dies ergibt sich aus Zielen wie "Kampf dem Imperialismus und Zionismus", "Kampf den multinationalen Konzernen" insbesondere im Bereich der Kernforschung und des Reaktorbaus und in der Einbeziehung der "Massen" gegen Staat und Gesellschaft durch Aktionen gegen Fahrpreiserhöhungen und dergleichen. Die ideologischen 90 Ansichten der RZ schlagen sich vor allem in der unregelmäßig auftauchenden Publikation "Revolutionärer Zorn" nieder. Dort werden auch Anleitungen für Anschläge abgedruckt. Die ideologische Grundlage, das taktische Kampfkonzept sowie die konspirative Tätigkeit und Autonomie der einzelnen Zellen sind besonders geeignet, Nachwuchs zu rekrutieren. 3. Lage in Bayern Im Freistaat Bayern wurden auch 1979 keine schweren Terroranschläge verübt. Einige Aktivitäten von Terroristen zeigten jedoch wiederum, daß auch Bayern vor Anschlägen nicht sicher ist. Am 17. April 1979 verübten vier bewaffnete Täter, unter ihnen zwei Frauen, einen Raubüberfall auf eine Bank in Nürnberg und konnten mit ihrer Beute von 210000 DM entkommen. Täterzusammensetzung und Tatausführung ließen Zusammenhänge mit einem am 19. März 1979 in Darmstadt von Terroristen verübten Bankraub erkennen. Bereits einige Tage nach der Tat gelang es der Polizei, in Nürnberg den Unterschlupf der Täter aufzufinden. Die entdeckte konspirative Wohnung war, was hinterlassene Spuren bewiesen, von den Terroristen Rolf Heißler, Christian Klar, Werner Lotze, Adelheid Schulz, Elisabeth von Dyck und Monika Helbing, die der RAF zuzurechnen sind, benutzt worden. Am 4. Mai 1979 konnte Elisabeth von Dyck beim Betreten dieser Wohnung gestellt werden. Beim Versuch der Festnahme durch die Polizei zog sie eine großkalibrige Pistole. Die Polizeibeamten machten von der Schußwaffe Gebrauch. Von Dyck wurde schwer verletzt in ein Nürnberger Krankenhaus gebracht, wo sie kurz darauf verstarb. Die Terroristin war direkt aus München gekommen, wo sie sich intensiv um die Anmietung einer konspirativen Wohnung bemüht hatte. In ihrem Besitz fanden sich Aufzeichnungen, die auf eine geplante Entführung hindeuteten. Am 26. April 1979 wurden bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland in Passau zwei Angehörige der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO) festgenommen. Bei ihnen wurden 40 kg Sprengstoff militärischer Herkunft und dazu gehörige Zünder sowie mehrere gefälschte Pässe, die auf zwei weitere Kommandomitglieder hinwiesen, gefunden. Diese konnten am 29. April 1979 in Elten bei der Einreise aus Holland festgenommen werden. Sichergestellte Unterlagen, vor allem Kartenmaterial, gaben Anlaß zur Vermutung, daß das PLOKommando den Auftrag hatte, Sprengstoffanschläge auch auf Ölraffinerien in Bayern zu verüben. Die Terroristen wurden im Juli zu Freiheitsstrafen von 2 Jahren 6 Monaten bzw. 4 Monaten verurteilt. 4. Terroristisches Umfeld Eine besondere Rolle im terroristischen Umfeld kommt den "Antifaschistischen Gruppen" (Antifa-Gruppen) in verschiedenen Städten des Bundesgebietes einschließlich Berlin (West) zu. Sie setzen den bewaffneten Kampf der RAF auf "legaler Ebene" fort, indem sie politische Vorstellungen der RAF in propagandisti91 sehen Kampagnen und Aktionen verbreiten. Einzelne Mitglieder dieser Gruppen sind in den letzten Jahren untergetaucht und zum harten terroristischen Kern gestoßen. Zunehmend ist auch in Bayern ein Einfluß von Antifa-Gruppen auf Gruppen festzustellen, die Gefangene betreuen. Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, daß Personen aus dem Bereich der undogmatischen Neuen Linken in Nürnberg auf den Kurs des "legalen RAFBereichs" eingeschwenkt sind. So wurden Willi Piroch und Gabriele Hartwig - beide gehörten der 1978 aufgelösten "Gefangenengruppe Nürnberg" an - von der italienischen Polizei zusammen mit zwei italienischen Terroristen am 20. Februar 1979 in Parma/Italien festgenommen. Sie führten Schußwaffen und größere Mengen Sprengstoff mit sich. Beide wurden zwischenzeitlich zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Zum terroristischen Umfeld zählen auch Personen, die mit Schmierparolen für terroristische Vereinigungen, insbesondere für die RAF, werben. Derartige Schmieraktionen waren 1979 vor allem in München, Nürnberg, Augsburg, Amberg, Ingolstadt und Kempten zu verzeichnen. Die Zahl von "Alternativzeitschriften", die terroristische Zielsetzungen erkennen lassen oder den Terrorismus befürwortende Beiträge ohne Einschränkungen abdrucken, ist 1979 zurückgegangen. Bezeichnend hierfür ist ein Artikel im "BlattStadtzeitung für München" Nr. 149 vom 26. Juni 1979, in dem es heißt: "Oft genug fliegen Repressions/Knast-Sachen raus aus dem Blatt, weil andere Sachen .wichtiger' sind und wir auch oft genug gehört haben, daß es doch keiner mehr liest. Oft genug fallen Hungerstreikoder sonstige Erklärungen oder Kommandomeldungen unter den Tisch, nicht nur weil uns die Sprache stört und manche Sachen nicht mehr vermittelbar erscheinen, auch weil Verbindungen abgerissen sind". 92 5. Abschnitt Extremismus im Bildungsbereich 1. Allgemeines Der Bildungsbereich war auch 1979 ein bevorzugtes Aktionsfeld linksextremer Gruppen, die vor allem die an den Hochschulen vorhandenen Möglichkeiten für verfassungsfeindliche Aktivitäten nutzten. Sie fanden in der Studentenschaft eine breitere Resonanz als in der übrigen Bevölkerung. Darüber hinaus besaßen diese Gruppen in den Gremien der Hochschulen weiterhin einen größeren Einfluß, als das ihrer zahlenmäßigen Stärke entsprach. Insgesamt hat sich die Situation im Hochschulbereich gegenüber den Vorjahren leicht entspannt. Die Anhängerschaft der bestehenden linksextremen Gruppierungen blieb nahezu konstant. Lediglich die Marxistischen Gruppen (MG) konnten aufgrund ihrer intellektuellen Ausstrahlung eine größere Zahl von Mitgliedern und Sympathisanten gewinnen. Auch bei den Wahlen der Studentenvertreter war nur eine unbedeutende Kräfteverschiebung zu verzeichnen. An einzelnen Hochschulen mußte der orthodox-kommunistische Block von DKP-Hochschulgruppen, MSB Spartakus und SHB, der bisher über ein stabiles Wählerpotential unter der Studentenschaft verfügte, zugunsten "Unorganisierter" leichte Stimmeneinbußen hinnehmen. Hauptthemen für Propaganda und Agitation der Linksextremisten bildeten der Kampf gegen das Ordnungsrecht und die "Raumverbote", die Forderung nach Wiedereinführung der Verfaßten Studentenschaft mit politischem Mandat, der Kampf gegen die Regelstudienzeit und Exmatrikulation, die neue Lehrerprüfungsordnung, für höhere BAFöG-Sätze und bessere Berufsaussichten. Die Streikaktionen und Großdemonstrationen erfüllten 1979 nicht die von den Linksextremisten in diese Aktionen gesetzten Erwartungen. Ursachen hierfür waren die veränderten Studienbedingungen, die fehlende Einigkeit der extremen Studentengruppen untereinander sowie der offenbar schwächer gewordene Einfluß der Vereinigten Deutschen Studentenschaften e.V. (VDS) auf die studentischen Organisationen. Außerdem lassen sich die Studenten in zunehmendem Maße nicht mehr für Vorhaben mobilisieren, bei denen ihre Anliegen nur vordergründig vertreten werden. Von einer Normalisierung im Hochschulbereich kann aber noch nicht gesprochen werden. Die linksextremen Gruppen werden weiter versuchen, die soziale Lage vieler Studenten, die zum Teil ungünstigen Studienbedingungen und die Unsicherheit über die Berufsaussichten für ihre verfassungsfeindlichen Aktivitäten zu nutzen. 93 2. Extreme Studentengruppen Im Bildungsbereich nehmen die orthodoxen Kommunisten nach wie vor eine starke Stellung ein. Die Marxistischen Gruppen haben 1979 in zunehmendem Umfang Anklang gefunden. Der Rechtsextremismus ist im Hochschulbereich nur durch den Nationaldemokratischen Hochschulbund (NHB) vertreten, der jedoch ohne Bedeutung ist. Die meisten extremistischen Studentengruppen ordnen sich Kernorganisationen unter; nur einzelne Gruppen gehören keiner solchen Organisation an. Von den im bayerischen Hochschulbereich auftretenden extremistischen Studentengruppen sind nennenswert: 2.1 Orthodoxe Kommunisten DKP-Hochschulgruppen Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) - siehe auch 2. Abschnitt Nr. 2.3.2 - 2.2 Neue Linke KWB: Kommunistische Hochschulgruppen (KHG) KPD: Kommunistischer Studentenverband (KSV) KPD/ML: Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten (KSB/ML) - Mitte 1979 aufgelöst - KB: KB - Studentengruppen KABD: Kommunistische Studentengruppen (KSG) AB: Kommunistischer Hochschulbund (KHB) GIM: GIM - Hochschulgruppen 2.3 Rechtsextreme Gruppe Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) - siehe 3. Abschnitt Nr. 2.4 - 2.4 Sonstige Gruppen (keiner extremistischen Organisation untergeordnet) Sozialistischer Hochschulbund (SHB) - Ständiger Bündnispartner des MSB - Marxistische Gruppen (MG) Undogmatische Gruppen der Neuen Linken 94 3. Orthodox-kommunistische Hochschulgruppen Die orthodox-kommunistischen Hochschulgruppen sind die DKP-Hochschulgruppen und der Marxistische Studentenbund Spartakus (MSB). 3 1 DKP-Hochschulgruppen Die DKP-Hochschulgruppen sind Grundeinheiten der DKP, denen alle an einer Hochschule tätigen DKP-Mitglieder (Lehrpersonal, Mitarbeiter der Verwaltung und Studenten) angehören. Sie sollen im Bildungsbereich die Voraussetzungen für einen etappenweisen Übergang von der parlamentarischen Demokratie zum Sozialismus kommunistischer Prägung schaffen. Sie steuerten wie bisher die Aktionen des MSB Spartakus, der diese Ziele unter den Studenten durchsetzen soll; ein Teil der Mitglieder der DKP-Hochschulgruppen gehört gleichzeitig dem MSB Spartakus an. DKP-Hochschulgruppen bestanden in Bamberg, Erlangen-Nürnberg, München, Regensburg und Würzburg. Die Zahl ihrer Mitglieder blieb 1979 unverändert bei 50. Organ der DKP-Hochschulgruppen ist die Zeitung "Kommunist". Unter diesem Titel erschienen auch ihre Flugschriften. Darüber hinaus verbreiteten die DKPHochschulgruppen in unregelmäßigen Abständen örtliche Publikationen mit ähnlichen Titeln. Die DKP-Hochschulgruppen agitierten vorrangig gegen das "studentenfeindliche Bayerische Hochschulgesetz", das die Organe der "Verfaßten Studentenschaften" von jeglicher Mitverantwortung ausgeschlossen habe. Daneben wurden wiederum Themen wie "Berufsverbote", "Ordnungsrecht", "Studienplatzabbau", "Faschisierung" und die "Einflußnahme auf die Gewerkschaften" behandelt. Diskussionsthemen waren auch die offiziellen Gremienwahlen, wobei die DKPHochschulgruppen an den bayerischen Hochschulen nicht auf eigenen Listen kandidierten, sondern die Bewerber des MSB Spartakus auf den Listen "AStA und Fachschaften" unterstützten. 3.2 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB) Als Nebenorganisation der DKP - vgl. 2. Abschnitt Nr. 2.3.2 - hat der MSB Spartakus die Aufgabe, kommunistische Vorstellungen in den Hochschulbereich einzubringen und die Studenten hierfür zu mobilisieren. Entsprechend dieser Taktik bot sich der MSB Spartakus anderen Studentengruppen als "Bündnispartner" zur Bildung einer "Volksfront" an. Bündnispartner des MSB waren vor allem der SHB und Unorganisierte. Aus aktuellem Anlaß bildete der MSB auch mit Gruppen der dogmatischen und undogmatischen Neuen Linken im Hochschulbereich sogenannte "Aktionseinheiten", an denen sich mitunter auch demokratische Studentenorganisationen beteiligten. Zu den an den Hochschulorten Augsburg, Bamberg, Erlangen/Nürnberg, München, Regensburg, Schweinfurt und Würzburg bestehenden Gruppen des MSB Spartakus kam eine neue Gruppe in Coburg hinzu. Die Gruppen entfalteten 1979 rege Aktivitäten. Sie inszenierten wiederholt Aktionen für die materielle Besserstellung der Studenten, für eine "demokratische" Studienreform unter Abschaffung 95 von Regelstudienzeit und Zwangsexmatrikulation, für die Wiedereinführung der Verfaßten Studentenschaft mit politischem Mandat und Finanzhoheit in Bayern und gegen die staatlichen Maßnahmen zur Fernhaltung von Extremisten aus dem öffentlichen Dienst. Außerdem beteiligte sich der MSB aktiv an der Vorbereitung und Durchführung bundesweiter Streikaktionen, die sich gegen das Hochschulrahmengesetz und die Länderhochschulgesetze richteten. Gruppen des MSB Spartakus organisierten mit anderen linksextremen Gruppen erneut sogenannte "AStAWahlen", mit denen die offiziellen Gremienwahlen an den Hochschulen unterlaufen werden sollten. Der MSB Spartakus veranstaltete am 11. Dezember 1979 in der Universität München eine Autorenlesung mit dem Schriftsteller und DKP-Mitglied Franz Xaver Kroetz, an der sich etwa 400 Personen beteiligten. Wegen der Planung einer ähnlichen Veranstaltung hatte es 1978 öffentliche Auseinandersetzungen zwischen Universität und MSB gegeben. In Flugblättern und bei der nunmehr durchgeführten Dichterlesung kritisierte deshalb der MSB in scharfer Form die Handhabung der vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus erlassenen Richtlinien für die Raumvergabe an den Hochschulen. Bei der am 24. April durchgeführten Ortsdelegiertenkonferenz in München, an der auch Funktionäre des DKP-Bezirksvorstandes Südbayern und der DKP-Hochschulgruppe München teilnahmen, erhob ein MSB-Funktionär den Vorwurf, das gegenwärtige Hochschulrecht trage zur "Kriminalisierung" von Studenten und Studentenvertretern bei. 4. Sozialistischer Hochschulbund (SHB) Als zuverlässigster Bündnisparner des MSB Spartakus erwies sich auch 1979 wieder der Sozialistische Hochschulbund (SHB), der wie die DKP auf der Grundlage des "wissenschaftlichen Sozialismus" für eine "antimonopolistische Demokratie" und für die sozialistische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland kämpft. Als Publikationsorgane setzt der SHB das sozialistische Studentenmagazin "frontal" und die Zeitschrift "offensiv" ein. Bei der Bundesdelegiertenversammlung am 27./28. Oktober 1979 in Oldenburg vertraten rund 160 Delegierte die 1600 Mitglieder des Verbandes. Unter den Gästen befanden sich Vertreter zahlreicher kommunistischer und kommunistisch beeinflußter Organisationen des Inund Auslandes. Der Bundesvorstand des SHB bekannte sich im Rechenschaftsbericht zu den "revolutionären Traditionen der Sozialdemokratie" und zum Bündnis mit den Kommunisten. Die SHB-Mitglieder seien die einzigen organisierten "marxistischen Sozialdemokraten" in der Bundesrepublik Deutschland. Die "Arbeit in der Sozialdemokratie" sei auch weiter Bestandteil der Politik des SHB. Der Bundesvorstand hob besonders die Zusammenarbeit des SHB mit den linksextrem beeinflußten "Vereinigten Deutschen Studentenschaften e.V." (VDS) hervor und erklärte, der SHB werde auch künftig die bundesweiten Streikund Aktionstage der Lehramtsund Fachhochschulstudenten unterstützen und in der "demokratischen Anti96 Strauß-Bewegung" mitarbeiten. Er begrüße die "Breschnew-Friedens-Initiative" und erwarte von der Bundesregierung ein "klares Nein" zur Stationierung neuer Mittelstreckenraketen. Der bisherige Bundesvorsitzende Rolf Berghorn wurde von den Delegierten in seinem Amt bestätigt. Dem SHB-Landesverband Bayern gehörten unverändert etwa 50 Mitglieder an, die sich auf Orts-, Fachund Initiativgruppen sowie Arbeitskreise in Bamberg, Erlangen-Nürnberg, München und Regensburg verteilten. Daneben stützte sich der SHB noch auf eine größere Anhängerschaft, die sich gegenüber dem Vorjahr leicht verringerte. Unter dem Motto "Droht ein neuer Faschismus?" führte der SHB München gemeinsam mit dem SPD-Kreisverband München 2 am 10. Mai in der Universität München eine Veranstaltung durch, an der sich etwa 500 Personen beteiligten. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Mitglieder des MSB Spartakus, der Marxistischen Gruppe und des KBW. Dabei griff der Hauptsprecher Professor Reinhard Kühnl aus Marburg, Mitglied des Bundesvorstandes des DKP-beeinflußten "Bundes demokratischer Wissenschaftler" (BdWi), auch die Sicherheitsbehörden an und meinte, die "Repression" des Staates, die der unschuldige Bürger zu spüren bekomme, nehme von Tag zu Tag zu. Während der Veranstaltung kam es zu tumultartigen Szenen, weil Angehörige der Marxistischen Gruppe die Vorträge sowie die von einer Songgruppe dargebotenen "antifaschistischen Lieder" störten. 5. Studentengruppen der Neuen Linken Die meist militanten Studentengruppen der Neuen Linken konnten 1979 ihren Einfluß und ihre Stellung an den Hochschulen in Bayern nicht verstärken. Sie fanden wegen ihrer überzogenen und unrealistischen Forderungen nur schwer Bündnispartner und waren auch untereinander zerstritten. Die Gruppen der Neuen Linken lehnten die von den orthodox-kommunistischen Gruppierungen praktizierte Strategie der "gewerkschaftlichen Orientierung" ab und verfolgten mit ihren Aktionen für hochschulpolitische Forderungen eine betont "revolutionäre Linie". Sie agitierten vorrangig gegen die "bürgerliche Wissenschaft", die Hochschulgesetze und das "reaktionäre Ordnungsrecht" sowie gegen die "Berufsverbote". Die überwiegend kleinen Gruppen der Neuen Linken stützten sich 1979 in Bayern auf eine Mitgliederzahl von insgesamt 150 Personen. Bei einzelnen Aktionen konnten sie jedoch eine größere Anzahl von Sympathisanten mobilisieren. Studentische Gruppen der Neuen Linken bestanden in Augsburg, Bamberg, ErlangenNürnberg, Landshut, München, Regensburg, Schweinfurt und Würzburg. Neben den dogmatischen Studentengruppen der Neuen Linken traten auch Anhänger undogmatischer Gruppen der Neuen Linken auf. Sie entfalteten 1979, insbesondere im Zusammenhang mit den offiziellen Gremienwahlen, an den Universitäten Bamberg (Sozialistisches Büro - SB -, Sozialistische Hochschulinitiative), Erlangen-Nürnberg (Basisgruppen, ehemalige Fachschaftsinitiativen) und München (einige Fachschaftsinitiativen) rege Aktivitäten. Die Wahlergebnisse zeigten, daß der Einfluß der undogmatischen Gruppen im Bereich der bayerischen Hochschulen zugenommen hat. 97 6. Marxistische Gruppen (MG) Die Marxistischen Gruppen, die im Bundesgebiet bereits an 39 Hochschulen vertreten sind, entwickelten sich aus den Ende der 60er Jahre entstandenen "Roten Zellen". In Bayern waren 1979 Gruppen in Augsburg, Bamberg, ErlangenNürnberg, München, Regensburg und Würzburg vorhanden. Die Zahl ihrer Mitglieder nahm beachtlich zu. Gegen Ende 1979 konnten sich die Marxistischen Gruppen auf insgesamt 300 Mitglieder (1978: 200) und auf rund 3000 Sympathisanten stützen. Die bedeutendste Gruppe ist nach wie vor die MG München, die faktisch eine Führungsfunktion ausübt. Kommunikationsund Bildungszentren sind der "Laden" des "Vereins zur Förderung des studentischen Pressewesens" und der "Resultate-Verlag" in München sowie die "MG-Läden" in Erlangen, Nürnberg und Würzburg. Die Marxistischen Gruppen führen die revolutionäre, marxistisch-kommunistisch orientierte Politik der Roten Zellen fort. Sie wollen dazu beitragen, daß die kapitalistische Gesellschaft überwunden und aufgehoben wird. Nach ihrer Ideologie ist eine grundlegende Änderung des Gesellschaftssystems nur durch eine totale Zerschlagung des Kapitalismus herbeizuführen. Die Durchsetzung dieses Zieles erfordert zunächst als Schwerpunkt die Schulung von Intellektuellen im sogenannten "wissenschaftlichen Sozialismus", damit diese dem Proletariat, das für seinen revolutionären Auftrag noch nicht reif sei, die entwickelte revolutionäre Theorie vermitteln können. Gliederung und leitende Gremien der Marxistischen Gruppen werden weitgehend geheim gehalten. Ein straffer Führungsstil der zentralen Leitung und die stete Bewährung des einzelnen als Mitglied oder Kandidat bewirken das Funktionieren dieser Organisation. Die Finanzierung der Marxistischen Gruppen erfolgt durch sehr hohe Mitgliedsbeiträge, die nach einem vom Einkommen abhängigen Schlüssel berechnet werden. Bei einem monatlichen Einkommen von 1000 DM sind beispielsweise 70 DM zu entrichten. Die von den Marxistischen Gruppen herausgegebene "Marxistische Studentenzeitung" (MSZ) wurde auf Bundesebene an zahlreichen Hochschulen angeboten. Daneben erscheinen seit November 1979 die vom "Verein zur Förderung des studentischen Pressewesens e.V." herausgegebenen "Münchner", "Regensburger" und "Würzburger" Hochschulzeitungen sowie die "Hochschulzeitung für Erlangen-Nürnberg". Das theoretische Organ der Marxistischen Gruppen erscheint unter dem Titel "Resultate". Auch 1979 konnten die Marxistischen Gruppen ihren Einfluß im Hochschulbereich weiter ausdehnen. Ihre "teach-ins" waren immer gut besucht. Sie genießen aufgrund ihres vergleichbar hohen Niveaus in Argumentation und Stil bei den Studenten ein gewisses Ansehen. In der Durchsetzung ihrer Ziele treten sie rigoros auf. Die Marxistischen Gruppen lehnen aus ideologischen Gründen die übrigen linksextremen Hochschulgruppen ab. Dennoch zeigten sie 1979 Interesse an einer teilweisen Zusammenarbeit mit einigen Gruppierungen, soweit diese die dominierende Rolle der MG nicht zur Disposition stellten. Bei der offiziellen Gremienwahl an der Ludwig-Maximilians-Universität München kandidierte die Marxistische Gruppe wiederum unter der Listenbezeichnung "Verein zur Förderung des studen98 Extreme P jsbereich Veriährungsdebalte: Wallstreet und der Sektentod Sozialismustorscliung: i Massaker in Kalvarlta s In Joneslown smx Bürokratie D M loiialitrtochc SludenttiiriuigMIii Nr. 2 ApriJ 1979 * Sozialistischer Hochschulbund, SHB Nr. 39 Mai 1979 7. Jahrgang: : Roter Pfeil Organ der Kommunistischen Studentengruppen-KSG iz79 Nr. 5 8.Jahrgang Preis 1 C Nr. 31/31. Oktober 1979 Marxistische MSZ MARXISTISCHE GRUPPE (MG) Studenten Zeitung 99 tischen Pressewesens e.V.". Gleichzeitig forderte sie ihre Anhänger auf, die Kandidaten der "Aktionseinheitsliste/Liste Unabhängiger Fachschaften" (AEL/ LUF) zu wählen. Diese Listenverbindung gilt als Zweckbündnis linksextrem orientierter Fachschaftsinitiativen und dogmatischer Gruppen. An den inoffiziellen "AStA"-Wahlen in Bayern im Wintersemester 1978/79 beteiligten sich die Marxistischen Gruppen nicht. Mit der"Marxistischen Arbeiterzeitung" (MAZ), die vor Großbetrieben in Augsburg, München und Nürnberg verteilt wurde, versuchten die Marxistischen Gruppen, Stützpunkte auch im Arbeitnehmerbereich aufzubauen. Zu diesem Zweck haben die Marxistischen Gruppen einen eigenen Kader für Betriebsarbeit gebildet, der über Einzelpersonen oder kleine Aktionsgruppen die Politik der Marxistischen Gruppen in die Betriebe tragen soll. Die Schulung der Arbeiter ist praxisbezogen und nicht wissenschaftlich. Um auch Gastarbeiter anzusprechen, erschien die MAZ zeitweise in türkischer, jugoslawischer und griechischer Sprache, 7. Vereinigte Deutsche Studentenschaften e.V. (VDS) Die linksextrem beeinflußten Vereinigten Deutschen Studentenschaften gingen im Mai 1975 aus der Vereinigung des Verbandes Deutscher Studentenschaften e.V. (VDS) und des Verbandes der Studentenschaften an Fachhochschulen und höheren Fachschulen (SVI) hervor. Sie gelten als der studentische Dachverband in der Bundesrepublik Deutschland. Die Mitgliederversammlung vom 7. bis 8. April 1979 in Münster bestätigte die bisherige Zusammensetzung des VDS-Vorstandes, der aus je einem Vertreter des Marxistischen Studentenbundes Spartakus (MSB Spartakus), des Sozialistischen Hochschulbundes (SHB), der Jungsozialisten-Hochschulgruppen (Juso-HG), des Liberalen Hochschulverbandes (LHV) und der Basisgruppen, einer losen Vereinigung der Neuen Linken, besteht. Für die Basisgruppen, die wegen einer von ihnen behaupteten Benachteiligung vor der Stimmabgabe abgereist waren, wurde ein Vorstandssitz kommissarisch besetzt. Die Mitgliederversammlung verabschiedete ein Aktionsprogramm, das Initiativen für eine Neufassung des Hochschulrahmengesetzes ankündigte, die durch bundesweite Aktionen unterstützt werden sollen. Gefordert werden ferner Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Lage der Studenten und die Finanzierung der VDS aus Bundesmitteln. Die VDS wollen weiterhin in der Initiative "Weg mit den Berufsverboten" mitarbeiten und Aktionen gegen die Neutronenwaffen sowie die Aktivitäten des "Komitees für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) unterstützen. Die VDS steuern die bundesweiten studentischen Protestaktionen, die im bayerischen Hochschulbereich in der Regel von den linksextrem beeinflußten inoffiziellen ASten und einer Landesastenkonferenz (LAK) umgesetzt werden. Die VDS forderten Mitte Mai an mehreren Universitätsstädten des Bundesgebietes zu Protestaktionen auf, um der Forderung nach Erhöhung der BAFöG-Sätze Nachdruck zu verleihen. Dieser Aufforderung kamen in Bayern lediglich 17 Studenten der Universität Regensburg nach, die am 17. Mai in der Regensburger Fußgängerzone einen Sitzstreik durchführten. 100 Die inoffiziellen ASten veranstalteten am 12. Mai im Rahmen einer Landesastenkonferenz in München ein Hearing zu den angeblichen Formierungsbestrebungen in den Fachbereichen Sozialarbeit und Sozialpädagogik an bayerischen Fachhochschulen. An dem Hearing nahmen rund 300 Personen teil. 8. Aktivitäten Der von linksextremen Organisationen beeinflußte Sprecherrat der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München führte am 18. Januar 1979 in der Universität ein teach-in zum Thema "RaumverbotKampf für die Verfaßte StudentenschaftKritikverbot" durch. An der Veranstaltung beteiligten sich knapp 1000 Personen. Zur Teilnahme an dem teach-in hatten der Sozialistische Hochschulbund (SHB), der Kommunistische Hochschulbund (KHB), die Marxistische Gruppe (MG) und die Aktionseinheitsliste (AEL), in der Mitglieder des KSV, KBW und KB organisiert sind, aufgerufen. Im Anschluß an die Veranstaltung kam es im Hauptgebäude der LMU zu Handgreiflichkeiten und Streitereien. Einige Demonstranten drangen in Vorlesungsräume ein und versuchten das Auditorium Maximum zu besetzen. Am 24. Januar protestierte der Sprecherrat der LMU München mit einer Demonstration, an der sich etwa 1100 Studenten beteiligten, wiederum gegen das angebliche "Raumund Kritikverbot". Die Leitung hatten Funktionäre der Marxistischen Gruppe München. Bei dieser Protestaktion wurden Transparente und Fahnen mitgeführt, die Aufschriften trugen wie "Anfangs KPD-Verbot-jetzt gegen alle Demokraten" und "Brecht das Raumverbot - Brecht das Ordnungsrecht". Das Sozialistische Zentrum Erlangen und die Fachschaftsinitiativen der FriedrichAlexander-Universität (FAU) Erlangen-Nurnberg führten am 24. Januar eine Demonstration unter dem Motto "Staatlicher Terror im Iran sowie gegen die Billigung dieser Methoden durch die Bundesregierung" durch. Vor Beginn der Demonstration fand im Redoutensaal in Erlangen eine Vorveranstaltung statt, an der etwa 500 Personen, darunter rund 200 Iraner, teilnahmen. In Sprechchören wurden Forderungen erhoben wie "Amis raus aus dem Iran" und "Kampf dem Bakhtiar-Regime". Die Marxistische Gruppe, das Sozialistische Zentrum und die Conföderation Iranischer Studenten - National-Union (CISNU) verteilten Schriften und Flugblätter. In Erlangen protestierte der "Arbeitskreis gegen Überwachungsstaat und das neue Polizeiaufgabengesetz" mit einer Veranstaltung am 6. Februar im Auditorium Maximum der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. An der Protestversammlung beteiligten sich etwa 450 Personen. Im Rahmen des Vortrags griffen die Referenten die Sicherheitsbehörden an und behaupteten, "Tag für Tag bekämen unschuldige Bürger, die lediglich ihre demokratischen Rechte wahrnehmen würden, die Repressionen des Staates zu spüren". Am 22. Februar störten 6 maskierte Personen eine Vorlesung in der Universität München. Als Angehörige der Hausverwaltung die Störer festhalten wollten, kam es zu einem Handgemenge und zu Sachbeschädigungen. Zum Thema "Harrisburg an Main und Donau" veranstaltete die Marxistische Gruppe am 10. Mai in der Universität Erlangen ein teach-in, an dem etwa 350 bis 400 Personen teilnahmen. Der Sprecher der MG wandte sich gegen den Bau von 101 Kernreaktoren. Er versuchte, die KKW-Gegner mit ihren Plaketten "Atomkraft? Nein danke!" lächerlich zu machen und hob lobend die Gewalttätigkeiten von Demonstranten bei früheren Anti-KKW-Demonstrationen in Brokdorf und Grohnde hervor. Jeder KKW-Gegner habe damals die Möglichkeit zur Abrechnung mit diesem Staat gehabt. Am 21. Mai führte die Marxistische Gruppe München ein teach-in zum Thema "Dreißig Jahre Grundgesetz" durch. Als Redner traten Funktionäre der MG und des KSV auf. Der MG-Sprecher befaßte sich mit der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland und griff hierbei in beleidigender Weise den Bundespräsidenten an. Im Rahmen der "Aktionswoche gegen Lehrerprüfungsordnung" vom 18. bis 21. Juni veranstaltete der von Gruppierungen der orthodoxen Kommunisten getragene inoffizielle AStA der Universität München am 21. Juni in München eine Demonstration, an der rund 60 Personen teilnahmen. Unter den Teilnehmern befanden sich auch Studenten aus Bamberg, Erlangen, Nürnberg und Regensburg. Die Vereinigten Deutschen Studentenschaften (VDS), ASten und orthodox-kommunistisch orientierte Studentenorganisationen riefen - wie in vergangenen Jahren - zu bundesweiten Streikund Aktionstagen vom 26. November bis 7. Dezember 1979 auf. Höhepunkt dieser Aktion war eine von den inoffiziellen ASten der Universität, der Fachhochschule und Stiftungsfachhochschule München durchgeführte zentrale Demonstration am 6. Dezember in München unter dem Motto "Für das Recht auf Arbeit und Bildung - gemeinsam gegen Rechts" und "Apokalyptischer Zug - Student 79". An der Demonstration beteiligten sich etwa 1100 Studenten. Die DKP/HG Würzburg führte am 7. Dezember im Festsaal der alten Mensa eine Veranstaltung zum Thema "Dreißig Jahre DDR" durch. Zu dieser Veranstaltung kamen rund 50 Personen, meist Angehörige der DKP/HG und des MSB Spartakus. Als Referenten traten zwei DDR-Wissenschaftler auf. 9. Wahlen an den Hochschulen Bei den 1979 durchgeführten Wahlen für die Kollegialorgane gelang es wiederum linksextremen Gruppen, ihre Positionen an einzelnen bayerischen Hochschulen mit Hilfe "Unabhängiger" weiter auszubauen; an anderen verloren sie zugunsten demokratischer Studentengruppen an Einfluß. Wie im Vorjahr tarnten sich linksextreme Gruppen hinter Listenverbindungen und unverfänglichen Bezeichnungen. Insbesondere bildeten der MSB Spartakus und der SHB unter Listenbezeichnungen wie "Gewerkschaftlich Orientierte Liste" (GOL) oder "Liste AStA-Fachschaften" (LAF) Wahlplattformen mit demokratischen Gruppen und versuchten so, Wähler zu täuschen. Mit dieser Taktik erreichte auch die Neue Linke an der LMU München über "Listen der Unabhängigen Fachschaften" (LUF) und "Aktionseinheitslisten" (AEL) mehr Einfluß auf Studentischen Konvent und Sprecherrat. Der orthodox-kommunistische Block von DKP-Hochschulgruppen, MSB Spartakus und SHB erlitt 1979 an einzelnen Hochschulen zugunsten "Unorganisierter" leichte Stimmeneinbußen. 102 Die Beteiligung an den Gremienwahlen lag durchwegs unter dem vom Bayerischen Hochschulgesetz gesetzten Quorum von 50% der Studenten, so daß diese nicht die gesetzlich mögliche Anzahl der studentischen Sitze erhielten. Die studentischen Gremien vermitteln deshalb kein zuverlässiges Spiegelbild der politischen Struktur der Studentenschaft an den bayerischen Hochschulen. An einigen Hochschulen fanden auch 1979 wiederum "AStA-Wahlen" statt. Bei diesen nicht im Hochschulgesetz vorgesehenen Wahlen kandidierten vorwiegend linksextreme Studentengruppen. Die Wahlbeteiligung lag mit Ausnahme von Bamberg und Regensburg jeweils unter 10%. 10. Weiterführende Schulen Im Bereich der weiterführenden Schulen, den erfahrungsgemäß auch schulfremde Organisationen als Agitationsfeld nutzen, traten 1979 folgende linksextreme Schülerund Jugendorganisationen auf: Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) - Jugendorganisation der DKP - Kommunistischer Jugendbund (KJB) - Schülerorganisation des KBW - Kommunistischer Jugendverband Deutschlands (KJVD) - Jugendorganisation der KPD - Rote Garde (RG) - Jugendorganisation der KPD/ML - Sozialistischer Schülerbund (SSB) - Schülerorganisation des KB - Revolutionärer Jugendverband Deutschlands (RJVD) - Jugendorganisation des KABD - Rote Schülerfront (RSF) - Schülerorganisation des AB - Bund Deutscher Pfadfinder/Bund Demokratischer Jugend (BDP/BDJ) - vom Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD (AB) beeinflu ßte Jugendorganisation Marxistische Gruppe (MG) Die linksextremen Gruppen konnten auch 1979 ihren Einfluß nicht erweitern. Die Propaganda konzentrierte sich schwerpunktmäßig auf schulische Themen. Die insgesamt weiter nachlassenden Aktivitäten beschränkten sich auf einzelne Aktionen sowie auf das Verbreiten von Flugschriften. 103 6. Abschnitt Verfassungstreue im öffentlichen Dienst 1. Allgemeines Ungeachtet der seit Jahren geleisteten Öffentlichkeitsarbeit, die Aufschluß über das Mitwirkungsverfahren des Verfassungsschutzes bei der Überprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst geben soll, hält die Kampagne der Extremisten gegen die angeblichen "Berufsverbote" in der Bundesrepublik Deutschland unvermindert an. Sie wird vielfach durch von Kommunisten beeinflußte Komitees und Initiativen (vgl. Abschnitt 2 Nr. 2.4.7) getragen und hat sich international ausgeweitet. Diese Aktivitäten diffamieren nicht nur das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland, sondern versuchen auch im Inland Unbehagen über und Mißtrauen gegen die Tätigkeit des Verfassungsschutzes zu säen. Es ist deshalb notwendig, wieder und wieder Fehlinformationen zu korrigieren, durch die ein falsches Bild vermittelt wird. "Der freiheitliche Rechtsstaat kann und darf sich nicht in die Hände seiner Zerstörer geben", so hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem vielzitierten Beschluß vom 22. Mai 1975 formuliert. Dies ist eine Konsequenz aus der vom Grundgesetz gewollten wehrhaften Demokratie. Die Beamtengesetze des Bundes und der Länder schreiben deshalb von Anfang an vor, daß in das Beamtenverhältnis nur berufen werden darf, wer die Gewähr der Verfassungstreue bietet. Damit soll verhindert werden, daß staatliche Ämter mit ihren erheblichen Gestaltungsmöglichkeiten in die Hände von Gegnern der Freiheit und Demokratie gegeben werden und die freiheitliche demokratische Grundordnung so von innen heraus gefährdet würde. Insbesondere müssen die Justiz als Trägerin der Dritten Gewalt sowie die Polizei und die Schule vor der Unterwanderung durch linksund rechtsextreme Kräfte, vor dem "Marsch durch die Institutionen" geschützt werden. Der Verfassungsschutz hat hierbei die gesetzliche Aufgabe, bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffenlichen Dienst bewerben, mitzuwirken (vgl. Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz, abgedruckt als Anlage 1). Das hierbei anzuwendende Verfahren, das sowohl effektiv ist, als auch dem Bewerber alle rechtsstaatlichen Garantien bietet, ist in der Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 (Anlage 2) geregelt. Danach hat die jeweilige Einstellungsbehörde vor der Einstellung eines Bewerbers beim Staatsministerium des Innern mittels eines Formblattes anzufragen ("Karteian104 frage"), das dann die beim Verfassungsschutz bereits vorhandenen gerichtsverwertbaren Erkenntnisse über Tatsachen, die Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers begründen können, der Einstellungsbehörde mitteilt. Ermittlungen werden zu diesem Zweck nicht geführt. Erkenntnisse, die länger als 5 Jahre zurückliegen oder die Zeit vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Bewerbers betreffen, werden nur mitgeteilt, wenn sie entweder Teil einer fortgesetzten Entwicklung sind und ihnen deshalb noch Bedeutung zukommt oder wenn sie nach Art und Schwere nicht als bloße "Jugendsünden" angesehen werden können. Die Einstellungsbehörde hat nach der Anhörung des Bewerbers selbständig über das Einstellungsgesuch zu entscheiden. 2. Bayerische Praxis 2.1 Extremisten im öffentlichen Dienst Da nicht in allen Fällen im Zeitpunkt der Einstellung gerichtsverwertbare Erkenntnisse vorliegen, gelingt es auch Extremisten, in den öffentlichen Dienst zu gelangen. Der Verfassungsschutz erfaßt als Extremisten im öffentlichen Dienst Bedienstete, die in den letzten 5 Jahren als Mitglieder oder aktive Anhänger extremer Parteien und Organisationen oder sonst mit erheblichen extremistischen Aktivitäten in Erscheinung getreten sind. Ende 1979 waren dies (in Klammern die Vergleichszahlen für 1978): Unksextremisten: Gesamtzahl davon DKP DKP-NebenNeue Linke und beeinflußte Organisationen Landesdienst 75 ( 90) 16 (27) 30 (16) 29 (47) Kommunaldienst 92 (106) 49 (55) 5 ( 7) 38 (44) sonst, öffentl. Einrichtungen 8 ( 5) 4 ( 3) - (-) 4 ( 2) zusammen 175 (201) 69 (85) 35 (23) 71 (93) Von den linksextremen Landesbediensteten waren beschäftigt: 39 (41) als Lehrer an Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien 11 (11) als wissenschaftliches und sonstiges Personal an Hochschulen 13 (16) im Justizdienst 12 (22) in sonstigen Verwaltungszweigen. Von den linksextremen Kommunalbediensteten waren beschäftigt: 35 (39) als Bedienstete in städtischen Krankenhäusern 4 (6) in städtischen Verkehrsbetrieben 21 (29) in sozialpäd. Berufen wie Sozialarbeiter, Jugendheimleiter etc. 6 ( 9) als Lehrer an städtischen Schulen 26 (23) in sonstigen Verwaltungszweigen. 105 Rechtsextremisten: " " " ' * - ' ' " - Gesamtzahl davon NPD Landesdienst 28 (36) 21 (30) 17 (20) 11 (15) sonst, öffentt Einrichtungen 3 ( 1) 1 ( D zusammen 48 (57) 33 (46) Von den rechtsextremen Landesbediensteten waren beschäftigt: 8 ( 7) als Lehrer an Grund-, Haupt-, Realschulen und Gymnasien 1 ( 1 ) als wissenschaftliches oder sonstiges Personal an Hochschulen 10 (16)* im Justizund Polizeidienst 9 (12)* in sonstigen Verwaltungszweigen. Von den rechtsextremen Kommunalbediensteten waren beschäftigt: 2 ( 2) als Lehrer an städtischen Schulen 15 (18) in sonstigen Verwaltungszweigen. * Die beiden Zahlen waren im Bericht 1978 versehentlich vertauscht. 2.2 Einstellungsüberprüfungen In der Zeit seit Einführung des Verfahrens (1. April 1973 - 31. Dezember 1979) bearbeitete das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz 162921 Anfragen (1979: 22257) der Einstellungsbehörden. In 1767 Fällen (1979: 179) teilte das Landesamt dem Bayer. Staatsministerium des Innern Erkenntnisse mit. In 1157 Fällen (1979:92) gab das Bayer. Staatsministerium des Innern diese Erkenntnisse an die Einstellungsbehörden weiter. Hiervon betrafen 1099 Fälle (1979: 86) Erkenntnisse aus dem linksextremen und 58 (1979:6) solche aus dem rechtsextremen Bereich. Die Mitteilungen führten bisher in 104 Fällen (1979:9) zur Ablehnung des Bewerbers durch die Einstellungsbehörde. In den übrigen Fällen konnten die Bewerber die zunächst bestehenden Zweifel an ihrer Verfassungstreue ausräumen. Diese Zahlen beweisen eindeutig, daß die Prüfung der Einstellungsbewerber in Bayern zwar mit der durch Verfassung und Gesetz gebotenen Gründlichkeit, aber entgegen aller Polemik und Panikmache keinesfalls kleinlich durchgeführt wird. 61 noch nicht rechtsbeständige Ablehnungen sind in unterschiedlichen Verfahrensstadien anhängig. Höchstrichterliche Entscheidungen liegen noch nicht vor. In 6 Fällen, in denen die Bewerber in der Berufungsinstanz obsiegt hatten, hat das Bundesverwaltungsgericht inzwischen auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Freistaats Bayern hin die Revision gegen die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zugelassen. Die Revisionsverfahren sind noch anhängig. 106 Die folgenden Übersichten geben die Entwicklung der Anfragen, Erkenntnismitteilungen und Ablehnungen seit dem 1. April 1973 wieder. Jahre ["aNjdetij.f BLfV an .. . StMl an illiliil Ablehnungen durch die Anfragen StMl Einsteilungsbehörden EinstellungsLinksextr. Recntsextr. behörden 4 Q 7 0 151 oft.,, -V87 53 7 6 29 742 185 t# 7 1975 26 530 w&ßM 355 232 6 1976 206 9 H&afl 19 h|sH 1977 6 16 1978 BSSPSi2 266 149 8 : 14 1979 179 * 3 9 insaesam 17ß7 1099 58 104 * * * **'* Ressort gflinksrechtsdavon rechts'**":* ** * m . BsfffiBgTCffi beständig links rechts 1. 4,1973 13 StlvTJ-?S^ 5 bis StMUK: 84 83 31.12.1979 StMF: 1 i * ' - * ' * ; ' i i 04 102 2 42 1 davon 1979 StMUK: 9 9 Besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit erregten seit Jahren Fälle der Ablehnung von Bewerbern des orthodox-kommunistischen Sozialistischen Hochschulbundes (SHB) sowie einiger orthodox-kommunistisch beeinflußter Organisationen. Die folgende Übersicht zeigt, daß entgegen wiederholten Behauptungen die Mehrzahl der Bewerber aus diesen Organisationen die zunächst bestehenden Zweifel an ihrer Verfassungstreue ausräumen konnten und eingestellt wurden. 1. 4.1973 - 31.12.1979 Organisation Erkenntntedavon mitteilungen eingestellt abgelehnt DFU 8 8 WN-BdA 1 1 DFG-VK 11 8 3 VDJ 2 1 1 SHB 53 42 11 insgesamt: 75 60 15 107 7. Abschnin Sicherheitsgefährdende Bestrebungen von Ausländern 1. Allgemeines Am 30. September 1979 hielten sich im Freistaat Bayern rund 652300 Ausländer auf, darunter 182000 Türken 122300 Jugoslawen 78900 Italiener 76400 Österreicher 50500 Griechen und 13000 Spanier. Im Vergleich zum Jahr 1978 hat die Gesamtzahl der Ausländer um etwa 27400 Personen zugenommen. Die meisten der hier lebenden Ausländer verhielten sich im Gastland gesetzestreu. Nur eine verschwindend geringe Minderheit (0,46%) hat sich extremistischen Gruppen angeschlossen oder neigte - ohne organisiert zu sein - aus politischer Motivation zu extremistischen bzw. sicherheitsgefährdenden Aktivitäten. Ursachen dieser Bestrebungen waren vielfach Ablehnung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den Heimatländern oder Konfliktsituationen in der internationalen Politik. Dabei fanden ausländische Extremisten auch bei linksextremen Gruppen des Inlands Unterstützung. Die durch die angespannte Beschäftigungslage oder Integrationsschwierigkeiten bedingten sozialen Probleme ihrer Landsleute boten ihrer Agitation weitere Anknüpfungspunkte. Mitunter richteten sich die extremistischen Aktivitäten der Ausländer aber auch unmittelbar gegen die Bundesrepublik Deutschland, wobei Gefahren für die innere Sicherheit nicht nur von hier lebenden Ausländern, sondern auch von kurzfristig einreisenden Tätergruppen ausgingen. Die Zahl der in Bayern in Erscheinung getretenen ausländischen Vereinigungen mit extremen politischen Zielen sank von 75 im Jahre 1978 auf 71 im Jahre 1979, da sich einige linksextreme griechische, italienische und jugoslawische Gruppen nicht mehr aktiv betätigten. 108 Nachstehende Übersicht zeigt die Entwicklung der in Bayern bestehenden extremen Ausländerorganisationen: 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 Linksextrem 55 58 51 43 49 59 57 54 Rechtsextrem 26 23 20 22 22 20 18 17 Gesamtzahl 81 81 71 65 71 79 75 71 Diese 71 Ausländerorganisationen verteilten sich im Jahre 1979 wie folgt: orthodoxNeue rechtsgesamt kommuLinke extrem nistisch Afrikaner - 4 - 4 Araber - 3 - 3 Asiaten 6 3 - 9 Griechen 7 1 - 8 Iraner - 6 - 6 Italiener 3 - 2 5 Jugoslawen - - 9 9 Lateinamerikaner - 2 -- 2 Ostemigration 1 - 4 5 Spanier 2 3 - 5 Türken 3 10 2 15 22 32 17 71 Diesen Organisationen gehörten wie im Vorjahr etwa 3000 Mitglieder an, wobei die Zahl der Linksextremisten rund viermal höher als die der Rechtsextremisten war. Detaillierte Zahlen können aus Sicherheitsgründen wegen der teilweise starken Konspiration einzelner Gruppen nicht genannt werden. Auch sind die Mitgliederzahlen infolge der Fluktuation der Ausländer, mitunter auch wegen des Fehlens straffer Organisationsformen in ständiger Bewegung. Im Jahr 1979 begingen ausländische Extremisten im Freistaat Bayern keine gravierenden Gewalttaten. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die innere Sicherheit durch ausländische Gruppen nicht akut gefährdet war. Dennoch ist weiterhin eine sorgfältige Beobachtung geboten, nicht zuletzt wegen der Verflechtungen mit der internationalen terroristischen Szene. 2. Afghanische Gruppen Die "Generalunion Afghanischer Studenten im Ausland" (GUAfS) wurde im Jahre 1971 mit dem Ziel gegründet, auf marxistischer Grundlage Volksbewegungen in Afghanistan zu unterstützen. Nach dem Umsturz in Afghanistan im April 1978 spaltete sich die GUAfS. Eine orthodox-kommunistische Minderheit sprach sich für das mit sowjetischer Unterstützung an die Macht gekommene Regime 109 Tarakis aus, während ihm die der dogmatischen Neuen Linken zuzurechnende Mehrheit ablehnend gegenüberstand. Die GUAfS verfügt im Bundesgebiet über mehrere örtliche Studentenvereine. Trotz bestehender Kontakte zu Gruppen der deutschen Neuen Linken richtet sich ihre Zielsetzung primär nicht gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auf die Verhältnisse in der Heimat. Die verstärkte Einflußnahme der Sowjetunion auf Afghanistan löste 1979 bei der ideologisch der Neuen Linken zuzurechnenden Gruppierung der GUAfS vermehrte Aktivitäten aus. Im Januar 1979 wurden in Erlangen Aufkleber mit den Parolen "Nieder mit dem sozialfaschistischen Regime in Afghanistan" und "Freiheit für die patriotischen politischen Gefangenen in Afghanistan" angebracht. Angehörige der GUAfS aus München beteiligten sich am 6. April 1979 an der Besetzung der afghanischen Botschaft in Bonn und am 28. April 1979 an einer Demonstration in Bonn gegen "die Sozialfaschisten in Afghanistan, den Sozialimperialismus der Sowjetunion und den Terror in Afghanistan". Als Anhänger der GUAfS erfuhren, daß die afghanische Botschaft mehrere Afghanen zur Rückkehr in die Heimat aufgefordert und ihre Pässe einbehalten habe, verteilten sie Anfang Juli in München Flugblätter mit der Überschrift "Sofortige Rückgabe der Pässe der oppositionellen Afghanen", die zur Teilnahme an einem Hungerstreik und Protestmarsch am 9. Juli 1979 in Bonn aufforderten. Nach dem Sturz Tarakis klebten sie Anfang November 1979 in München Plakate, die zur Beteiligung an einer Demonstration in Bonn gegen das Regime des neuen Machthabers Amin aufriefen. Die zunehmende sowjetische Präsenz in Afghanistan führte zu weiteren ideologischen Spaltungen innerhalb der beiden Gruppierungen der GUAfS. Ein vom "Marxistischen Studentenbund Spartakus" (MSB) unterstützter "Demokratischer Verein afghanischer Studenten in München" (DVASM) veröffentlichte im Oktober 1979 eine Broschüre, in der ausgeführt ist, daß der "Imperialismus und die Weltreaktion" zur Aufrechterhaltung ihrer "kurzfristigen Existenz" mit Hilfe des amerikanischen Nachrichtendienstes CIA maoistische Vereinigungen gründeten, um die Jugend von sozialen und gesellschaftlichen Problemen der verschiedenen Länder abzulenken. 3. Afrikanische Gruppen Für die Befreiung der äthiopischen Provinz Eritrea von der "faschistischen Militärjunta" Äthiopiens kämpfen vor allem die marxistisch orientierte "Eritreische Volksbefreiungsfront" (EPLF) und die Sozialrevolutionär-nationalistische "Eritreische Befreiungsfront" (ELF). Die vorwiegend in München und Nürnberg tätigen Gruppen der ELF veranstalteten 1979 mehrere Versammlungen, deren zentrales Thema die Situation in Eritrea war. Bei einer "Eritreischen Nacht" am 13. Januar 1979 in Nürnberg befanden sich unter den rund 200 Teilnehmern auch Angehörige des "Kommunistischen Bundes" (KB) und der KPD-beeinflußten "Liga gegen den Imperialismus". Rund 35 Eritreer aus dem gesamten Bundesgebiet berieten auf einer Versammlung am 10./ 11. März 1979 in Nürnberg über die Lage der ELF und bekundeten ihre anhaltende Verbitterung über die massive militärische Unterstützung des äthiopischen Militärregimes durch die Sowjetunion und ihre Verbündeten. 110 Die "Assoziation eritreischer Arbeiter in Europa" (AEWE) und die "Assoziation eritreischer Studenten in Europa" (AESE) unterstützen im Bundesgebiet die Ziele der EPLF. Beide Vereinigungen zeigten 1979 nur geringe Aktivitäten, die sich auf Spendensammlungen und Verbreitung von Propagandaschriften beschränkten. eritrea VEREINIGUNG ERITREANISCHER ARBEITER IN EUROPA DER 1. MAI UND DIE ERITREANISCHE REVOLUTION 111 4. Arabische Gruppen Die "Palästinensische Befreiungsorganisation" (PLO) wurde 1964 von den arabischen Regierungen als Koordinierungszentrum für die palästinensischen Flüchtlingsverbände gegründet. Sie entwickelte sich in der Folgezeit zur Dachorganisation der palästinensischen Befreiungsbewegungen. Die in der PLO lose zusammengefügten Guerillagruppen fordern die Auflösung des "zionistischen" Staates Israel, an dessen Stelle ein angeblich demokratischer palästinensischer Staat treten soll, in dem Christen, Juden und Moslems friedlich nebeneinander leben. Meinungsverschiedenheiten bestehen über die Mittel zur Verwirklichung dieses Zieles, zumal fast jede Gruppe einer anderen arabischen Regierung verpflichtet ist. So werfen die marxistisch-leninistische terroristische "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) und die orthodox-kommunistische "Demokratische Front zur Befreiung Palästinas" (DFLP) der PLO vor, den Befreiungskampf nicht energisch genug zu führen, und lehnen die Mitarbeit im Exekutivkomitee der PLO ab. Im Zusammenhang mit der Festnahme und Verurteilung von vier Palästinensern im April 1979 (s. 4. Abschnitt, Nr. 3) schwor die arabische Guerillaorganisation "Al Fatah" der Bundesrepublik Deutschland in einer in der deutschen Presse veröffentlichten Erklärung vom 21. Oktober 1979 "Rache" wegen angeblicher Folterung eines ihrer "Kämpfer". In den folgenden Tagen lenkte die PLO ein und gab bekannt, daß aufgrund der "Vorfälle" in den bayerischen Gefängnissen keine Vergeltungsschläge geplant seien und es der Bundesrepublik Deutschland überlassen bleibe, "aus gemachten Fehlern zu lernen". Wenig später setzte der Sicherheitschef der PLO in einem Interview mit einer libanesischen Zeitung die Einschüchterungstaktik der Palästinensergruppen fort. Er drohte der Bundesrepublik Deutschland wegen ihrer liberalen Asylgesetze mit Gewaltaktionen und erklärte, daß die "bewußte Verzögerung" der Asylverfahren nach Meinung der PLO dazu diene, die palästinensischen Asylanten möglichst lange vom "Befreiungskampf" fernzuhalten. Die Asylbewerber erlägen in der Zwischenzeit häufig den Anbahnungsversuchen ausländischer Geheimdienste oder den Verführungen der Drogenszene. In Bayern vertritt die "Union der fortschrittlichen Araber" (UfA), ein 1976 in München gegründeter Ausländerverein, die extremen Ziele der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP). In Absprache mit deutschen kommunistischen Gruppen bezeichnet die UfA die Bundesrepublik Deutschland auf Flugblättern als "imperialistisch" und "faschistisch". Der Verein zeigte 1979 nur geringe Aktivitäten, die sich meist auf die Verteilung von Propagandaschriften und die Errichtung von Informationsständen beschränkten. Auch in Bayern zeichnen sich Bestrebungen zur Gründung von Nachfolgeorganisationen der 1972, rechtskräftig seit Februar 1978, verbotenen "Generalunion palästinensischer Arbeiter" (GUPA) ab. Anhänger eines "Palästinensischen Arbeitervereins" (PAV) beteiligten sich am 30. Juni 1979 an einem "PalästinaAbend" der "Arabisch-Islamischen Vereinigung für München und Umgebung". Teilnehmer der Veranstaltung verurteilten insbesondere die Politik des ägyptischen Staatspräsidenten Sadat und gaben bekannt, daß die palästinensische Guerillaorganisation "Al Fatah" Kleidung, Fahrzeuge und Medikamente im Wert 112 von 30000 DM erhalten habe. Am 1. Dezember 1979 trafen sich in München PAVFunktionäre aus dem Bundesgebiet und berieten über die Durchführung der auf einem vorangegangenen GUPA-Kongreß in Damaskus beschlossenen organisatorischen Maßnahmen. 5. Griechische Gruppen Die Aktivitäten der extrempolitischen griechischen Gruppen in Bayern haben 1979 insgesamt leicht nachgelassen. Sie konzentrierten sich wie im Vorjahr vorwiegend auf die Großräume München und Nürnberg. Als mitgliederstärkste Organisationen agitierten die "Kommunistische Partei Griechenlands" (KKE-Ausland) und die "Kommunistische Partei Griechenlands" (KKE-Inland). Die KKE-Ausland ist der orthodox-kommunistische Teil der seit Februar 1968 gespaltenen Kommunistischen Partei Griechenlands. Ihr Sitz ist Athen. Im Gegensatz zur KKE-Inland erkennt sie die Hegemonie Moskaus an. Seit September 1974 ist sie in Griechenland als Partei zugelassen. Sie beruft sich auf die Tradition der griechischen Arbeiterbewegung und nimmt für sich in Anspruch, die "Kommunistische Partei Griechenlands" zu sein. Der Aufschwung, den die KKE-Ausland nach der erfolgreichen Teilnahme an den griechischen Parlamentswahlen im November 1977 zu verzeichnen hatte, hielt 1979 nicht an. Ebenso konnte ihre Jugendorganisation "Kommunistische Jugend Griechenlands" (K.N.E.) ihre Position nicht weiter ausbauen. Informationsorgane der KKE-Ausland und der K.N.E. sind "Risospastis" (Der Radikale) bzw. "Odigitis" (Wegweiser). Die enge Verbindung der KKE-Ausland zur "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) hat sich verstärkt. So reiste eine Abordnung der DKP, darunter der Vorsitzende Herbert Mies, auf Einladung des Zentralkomitees der KKE-Ausland vom 19. bis 21. März 1979 nach Griechenland. In einem gemeinsamen Kommunique bekundeten beide Organisationen ihre kämpferische Solidarität und versprachen sich gegenseitige Unterstützung beim "Kampf zur Verteidigung der sozialen, kulturellen und demokratischen Interessen der ausländischen Arbeiter in der Bundesrepublik Deutschland" und beim "Kampf der demokratischen Kräfte in der Bundesrepublik gegen Berufsverbote". Die Erklärung endete mit der Feststellung, daß die KKE-Ausland und die DKP "ihre engen Beziehungen der Freundschaft und Zusammenarbeit auf der Grundlage der Lehren von Marx, Engels und Lenin und des proletarischen Internationalismus zugunsten der Freundschaft und Zusammenarbeit der Völker beider Länder fortsetzen wollen". Auch auf regionaler Ebene war eine verstärkte Zusammenarbeit mit der DKP festzustellen. Zu einer Feier anläßlich des 61jährigen Bestehens der Partei, die am 10. November 1979 in Nürnberg stattfand, übermittelte die DKP eine Grußadresse. Am selben Tag veranstaltete die K.N.E. in München unter dem Motto "Frieden und Abrüstung" ihr 3. Festival, zu dem auch Vertreter der DKP und SDAJ erschienen. Die Mitglieder der KKE-Ausland sind nach wie vor bestrebt, einflußreiche Positionen in den Vorstandsgremien der griechischen Gemeinde-, Eltern-, Arbeiterund Studentenvereine zu besetzen, um ihrer Partei durch Arbeit an der Basis neue Anhänger zuführen zu können. Außerdem unterhält die KKE-Ausland Verbindungen zu anderen orthodox-kommunistisch ausgerichteten Ausländerorganisationen. 113 Die KKE-Inland ist der national-kommunistische Teil der früheren Kommunistischen Partei Griechenlands. Ideologisch ist sie der "orthodoxen Linken" zuzurechnen. Im Gegensatz zur KKE-Ausland erkennt sie jedoch die führende Rolle der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) nicht an und befürwortet den Anschluß Griechenlands an die Europäische Gemeinschaft (EG). Sie pflegt Kontakte zu den "eurokommunistischen" Parteien Spaniens (PCE) und Italiens (PCI). Die Beziehungen zum "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) haben sich abgekühlt. Trotz aller Bemühungen konnten die KKE-Inland und ihre Jugendorganisation, die "Panhellenische Jugendorganisation "Rigas Ferreos"", die im Vorjahr verlorene Basis nicht zurückgewinnen. Die Situation der KKE-Inland wird noch verschärft durch die angespannte finanzielle Lage, in der sich sowohl die Partei als auch ihr Organ "I Avgi" (Die Morgenröte) befinden. Die Ende 1978 einsetzende Stagnation der Parteiarbeit im Bundesgebiet konnte zwar abgefangen werden, die Gewinnung neuer Anhänger stieß jedoch auf erhebliche Schwierigkeiten. Neben der Erörterung interner Probleme und allgemeiner Anliegen der Gastarbeiter befaßten sich die Basisorganisationen der KKE-Inland vor allem mit den Schulproblemen griechischer Gastarbeiterkinder. Hier tritt die KKE-Inland - im Gegensatz zur KKE-Ausland - für die Beibehaltung der griechischen Nationalklassen ein und lehnt eine Integration der griechischen Schüler in das deutsche Schulsystem ab. Obwohl ein Großteil der griechischen Gastarbeiter diese Haltung teilt, konnten die Vertreter der KKE-Inland in den griechischen Gastarbeitervereinigungen keinen Einfluß gewinnen. Am 13. Oktober 1979 veranstaltete der Ausländerverein "Club der Freunde der Avgi" in Nürnberg seine alljährliche Feier zum Gedenken an eine Befreiungsbewegung, die 1941 von ^kommunistischen Widerstandskämpfern anläßlich der Besetzung Griechenlands durch die deutschen Truppen gegründet worden war. Dazu übermittelten die KKE-Inland und deren Jugendorganisation Grußbotschaften. 6. Iranische Gruppen Vor dem Umsturz im Iran verdeckte der gemeinsame Widerstand gegen das Schah-Regime die Gegensätze zwischen den oppositionellen iranischen Gruppen, die teilweise selbst innerhalb der gleichen ideologischen Richtung zersplittert sind. Nach der Abreise des Schah begannen sich im Iran Kontroversen zwischen den religiösen und "bürgerlichen" Gruppen einerseits und den von der Macht ausgeschlossenen Gruppen andererseits abzuzeichnen. Von den extrempolitischen Gruppen sicherte bisher lediglich die orthodox-kommunistische TudehPartei den neuen Machthabem ihre volle Solidarität zu. Die übrigen Gruppen gerieten immer mehr in Opposition zu Khomeini und gingen in den Untergrund. Auch unter den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Iranern beginnen sich diese Gegensätze zu verdichten. Während Anhänger der "Union der islamischen Studentenvereine in Europa" (UISA) die Politik Khomeinis unterstützen, sieht sich vor allem die "Conföderation Iranischer Studenten - NationalUnion" (CISNU) um den Erfolg ihres jahrelangen Kampfes gebracht. 114 Die international tätige CISNU wurde 1961 als Dachverband zahlreicher Vereinigungen iranischer Staatsangehöriger mit Sitz in Frankfurt/M. gegründet. Ziel der CISNU und der ihr angehörenden Vereinigungen - im Bundesgebiet die "Föderation Iranischer Studenten" (FIS) - war es, eine Änderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse im Iran herbeizuführen. Ideologische Richtungskämpfe haben seit Ende 1975 dazu geführt, daß der Dachverband und dementsprechend auch die FIS in mehrere rivalisierende Gruppierungen zerfielen, die sich allerdings zum Teil auch zu gemeinsamen Aktionen zusammenfanden. Zu einer förmlichen Auflösung des nur noch nominell bestehenden Dachverbandes ist es bisher nicht gekommen. Insgesamt haben sich sieben größere Gruppierungen gebildet, die kaum eine festgefügte Organisationsstruktur aufweisen und oft nebeneinander unter der Bezeichnung "CISNU" auftreten. Die bedeutendste Gruppe ist die Sozialrevolutionäre "CISNU-Frankfurt", in der sich vor allem die Mitglieder des alten Dachverbandes zusammenschlossen. In München besteht eine örtliche Untergliederung, deren Anhänger seit November 1979 unter der Bezeichnung "Iranischer Studentenverein München" auftreten. Die Linie der prochinesischen Mainzer "CISNU" vertritt im wesentlichen der 1972 gegründete Ausländerverein "Iranische Studentenvereinigung München" (ISVM), der sich seit November 1979 "Iranischer Studentenverein München - Mitglied der CISNU" nennt. Eine ideologisch gleichgesinnte Gruppe in Würzburg zeigte infolge Wegzugs führender Mitglieder keine Aktivitäten. Auch die örtlichen Untergliederungen der von der CISNU abgespaltenen prochinesischen "Conföderation Iranischer Studenten" (CIS) traten 1979 nicht in Erscheinung. In der Schlußphase der iranischen Revolution waren zahlreiche oppositionelle Iraner, darunter auch Anhänger der Münchener Gruppierungen, einem Aufruf der CISNU und CIS gefolgt und in die Heimat zurückgekehrt, um dort im "entscheidenden Stadium der revolutionären Entwicklung" mitzuwirken. Sie reisten nach kurzer Zeit in die Bundesrepublik Deutschland zurück. In zahlreichen kritischen Verlautbarungen zur politischen Entwicklung im Iran gaben CISNU und CIS zu verstehen, daß der Kampf der iranischen Opposition auch im westlichen Ausland fortgesetzt werden müsse. So hieß es in einer "Ersten offiziellen Stellungnahme der CISNU zur Khomeini-Theokratie", die islamische Regierung befinde sich in einem Widerspruch zwischen den "Forderungen der Massen", mit denen "die Revolution gemacht" worden sei, und dem "Festhalten an einer Interpretation des Islam, die das Eigentum der Großkapitalisten an Produktionsmitteln" nicht in Frage stelle. Sie habe sich für den "Fortbestand der kapitalistischen Ausbeutung mit Meinungsunterdrückung, Zensur, Einschränkung der Versammlungsfreiheit und Unterdrükkung der Gleichberechtigung der Frau entschieden und auf diese Weise die Revolution aufgehalten". Ein CIS-Funktionär erklärte Mitte Februar auf einer Veranstaltung in Hannover, nach dem "Sieg der Revolution" sei die Umwandlung der Islamischen Republik Iran in einen sozialistischen Staat anzustreben. Der Machtwechsel im Iran blieb auch für die in Bayern bestehenden iranischen Gruppen nicht ohne Auswirkungen. Ihre Aktivitäten erreichten jedoch nicht das Ausmaß früherer Jahre. Am 12. Februar 1979 betraten rund 25 Iraner, überwiegend Angehörige der CISNU, das "Kaiserlich Iranische Generalkonsulat" in München und übernahmen das Konsulat "im Namen der provisorischen Revolutionsre115 gierung". Wie sie erklärten, wollten sie mit dieser Aktion eine Beseitigung von "Geheimunterlagen" des ehemaligen iranischen Nachrichtendienstes SAVAK verhindern und die Namen von Mitarbeitern des SAVAK ermitteln. Ein von ihnen gebildeter Kontrollrat, dem auch Vertreter des Generalkonsulats angehörten, führte bis zu seiner Auflösung am 19. Februar 1979 die Dienstgeschäfte. Als ein "Komitee der Enthüllung" eine Liste von rund 360 angeblichen Mitarbeitern des SAVAK veröffentlichte, bildeten sich im Juli 1979 in mehreren Städten des Bundesgebietes "Khomeini-Tribunale", vor denen sich die Angeschuldigten "verantworten" mußten. Soweit sie "schuldig befunden" wurden, für den SAVAK gearbeitet zu haben, nahm man ihnen die Pässe ab und übergab diese den iranischen Konsulaten. Nach einem der örtlichen Presse zugespielten "Sitzungsprotokoll" soll sich bereits im Februar 1979 in München ein vergleichbarer Vorfall ereignet haben. Die zuständigen Staatsanwaltschaften nahmen Ermittlungen gegen die Mitglieder der "Khomeini-Tribunale" wegen Verdachts der Freiheitsberaubung und anderer Delikte auf. Rund 550 Anhänger des Islam aus der Türkei und dem Iran bekundeten bei einer Demonstration am 17. März 1979 in München ihre Solidarität mit der "Islamischen Revolution" im Iran. Dabei waren auch Parolen wie "Nieder mit dem Imperialismus" und "Nieder mit dem Zionismus" zu vernehmen. 7. Italienische Gruppen Die "Kommunistische Partei Italiens" (PCI), deren Parteiorgan die in Italien gedruckte Zeitschrift "L'Unita" ist, gliedert sich in der Bundesrepublik Deutschland in die Gebietsföderationen Köln (Nord), Stuttgart (Süd) und die im Jahr 1977 neu gebildete Gebietsföderation Frankfurt/M. (Mitte). In Bayern bestehen Bezirkskomitees in München und Nürnberg. Die geänderte Organisationsstruktur sollte dazu beitragen, den Mitgliederstand zu erhöhen oder zumindest zu halten. Dieses Ziel konnte die PCI in Bayern nur zum Teil verwirklichen, obwohl die Entwicklung im Bundesgebiet insgesamt eine allmählich ansteigende Tendenz zeigt. Während das der Gebietsföderation Frankfurt unterstehende Bezirkskomitee Nürnberg den Mitgliederstand annähernd halten konnte, war bei dem zur Gebietsföderation Stuttgart gehörende Bezirkskomitee München die Mitgliederzahl immer noch rückläufig. Das schon im Vorjahr festgestellte Desinteresse der Mitglieder an der Parteiarbeit hielt an und zeigte sich vor allem an der schwindenden Beteiligung der Mitglieder an Veranstaltungen der PCI. Auch der Versuch des Bezirkskomitees Nürnberg, durch eine organisatorische Gliederung des eigenen Bereichs in sogenannte Zellen eine bessere Betreuung der Mitglieder zu erreichen und weitere Mitglieder zu gewinnen, hatte nicht den erhofften Erfolg. Im Wahlkampf zur Wahl des Europäischen Parlaments versuchte die PCI ihre Mitglieder und Sympathisanten durch intensive Propaganda zu mobilisieren. Insgesamt fanden die Wahlveranstaltungen der PCI jedoch nicht die erhoffte Beteiligung. Mit einem Stimmenanteil von 29,2% im Bundesgebiet erreichte die PCI bei den Europawahlen ein ihren Erwartungen zwar nicht entsprechendes, im Vergleich 116 zu den anderen Parteien aber dennoch beachtliches Ergebnis. In Bayern erzielte die PCI in Nürnberg mit einem Stimmenanteil von rund 30 % ihr bestes Resultat. Der im Jahr 1970 in Frankfurt/M. gegründete "Verband italienischer Gastarbeiter und ihrer Familien" (FILEF) ist eine von der PCI gesteuerte Betreuungsorganisation, deren Mitglieder in aller Regel auch Anhänger der PCI sind. Die FILEF ist bestrebt, die Gastarbeiterprobleme auf politischer Ebene, und zwar durch Zusammenschluß der italienischen Gastarbeiter und ihrer Familien im Gastland, durch Unterstützung in sozialen und wirtschaftlichen Fragen, durch Teilnahme an Arbeitskämpfen im Gastland und durch die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zu lösen. So fordert sie für die im Bundesgebiet lebenden Ausländer die Berechtigung zur Teilnahme an Kommunalwahlen. Als Publikationsorgan der FILEF erscheint die Zeitschrift "Emigrazione". Der Verband ist im Bundesgebiet seit Mai 1978 der Organisationsstruktur der PCI entsprechend in drei Zonen (Nord, Mitte, Süd) gegliedert. Der Hauptsitz des Verbandes ist Stuttgart. In Bayern bestehen Ortsgruppen in Landshut, München und Nürnberg. Im Gegensatz zur PCI konnte die FILEF ihren Mitgliederstand sogar leicht erhöhen. Jedoch zeigte sich auch bei den Veranstaltungen und Versammlungen der FILEF, die-gemessen an der Zahl der ausgegebenen Mitgliedsausweise - nur dürftig besucht waren, das zunehmende Desinteresse der Mitglieder an der internen Verbandsarbeit. Die seit dem Jahre 1948 dem italienischen Parlament angehörende rechtsextreme "Movimento Sociale Italiano - Destra Nazionale" - MSI-DN - (Soziale Italienische Bewegung - Nationale Rechte) hat bisher auf eigene Präsenz in den europäischen Ländern verzichtet, um Konflikten mit den Gastländern aus dem Wege zu gehen. Bei der Wahl des Europäischen Parlaments trat sie erstmals mit Kandidaten aus dem Bundesgebiet in Erscheinung. Es gelang ihr jedoch nicht, einen dieser Kandidaten in das Europäische Parlament zu entsenden. Wie das Ergebnis der Wahlen zeigte, wohnen die Anhänger der MSI-DN in Bayern vorwiegend in München und Nürnberg. Die MSI-DN, die aus den genannten Gründen im Bundesgebiet noch nicht als Organisation vertreten ist, sucht die italienische Arbeiterschaft durch Unterstützung des eigenständigen "Tricolore-Komitees der Italiener in der Welt" (CTIM) in ihrem Sinne zu beeinflussen. MSI-DN und CTIM weisen ideologische Gemeinsamkeiten auf und sind in den Führungspositionen personell miteinander verzahnt. Das CTIM will sich jedoch als eigenständige, politisch und konfessionell unabhängige Betreuungsorganisation für Italiener verstanden wissen. Es ist nach seiner Satzung bestrebt, die Bindungen der im Bundesgebiet lebenden Italiener an ihre Heimat zu festigen und zur Lösung arbeitsund ausländerrechtlicher Probleme beizutragen. Nach wie vor steuert aber die MSI-DN über das CTIM ihre Propagandaaktionen. Die von ihr gelieferten Broschüren, Zeitschriften und Flugblätter liegen in den Räumlichkeiten des CTIM auf und werden auf Wunsch auch an Interessenten versandt. Die geringe Bedeutung der MSI-DN wirkte sich auch auf die Ortsvereine des CTIM in München und Nürnberg aus, deren Aktivitäten seit Jahren nahezu stagnieren. Auf dem Weg zur Gründung einer internationalen Ausländerorganisation im Bundesgebiet, die als "Gegenpol zu allen linken Gruppierungen" gedacht ist, hat das CTIM durch ein Abkommen über ständige Zusammenarbeit mit der "Fortschrittli117 chen Union der Griechen in Deutschland" (PEEG) einen Teilerfolg erzielt. Die Vereinbarung wurde im Organ des CTIM "Oltreconfine" (Über die Grenzen) auch in deutscher und griechischer Sprache veröffentlicht. Die Bemühungen, mit Unterstützung durch das CTIM auch Gastarbeitervereinigungen anderer Nationen für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, dauern an. 8. Jugoslawische Gruppen Innerhalb der jugoslawischen Emigration haben sich aus historisch-politischen Gründen vielfältige Bestrebungen entwickelt, die auf eine Änderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Jugoslawien abzielen. Die bedeutendste Rolle spielen die kroatischen Nationalistengruppen, für die der Freistaat Bayern auch 1979 ein bevorzugtes Betätigungsfeld war. Kennzeichnend für die Lage der kroatischen Emigration ist weiterhin eine Vielzahl konkurrierender Organisationen mit fast gleicher Zielsetzung, deren Anhänger vereinzelt auch zu radikalen Aktionen neigen. Dachorganisation der kroatischen Widerstandsbewegungen auf internationaler Ebene ist der im Februar 1974 in Toronto/Kanada gegründete "Kroatische Nationalrat" (HNV), eine politische Körperschaft, die sich aus kroatischen Organisationen und Institutionen zusammensetzt. Ziele des HNV sind - die Befreiung des kroatischen Volkes von der "Fremdherrschaft", - die Loslösung aus dem "unnatürlichen großserbischen" Jugoslawien und - die Bildung eines selbständigen nichtkommunistischen Staates Kroatien, in dem die frei gewählten Vertreter in einem Mehrparteiensystem über zwischenstaatliche Beziehungen und die innenpolitische und gesellschaftliche Struktur entscheiden. Oberstes Organ des HNV ist das im Turnus von zwei Jahren gewählte Parlament (SABOR). Weitere Organe sind der Exekutivausschuß, der die Ziele des HNV in die Tat umsetzen soll, sowie der Kontrollrat und das Ehrengericht. Als Basisinstitutionen des HNV bestehen im Bundesgebiet rund 35 Ortsausschüsse. Zur Koordinierung ihrer Arbeit wurde ein "Kroatischer Koordinationsausschuß der Gemeinschaft der Ortsausschüsse des Kroatischen Nationalrats in der Bundesrepublik Deutschland" (HKO) gegründet, der seinen Sitz von München nach Stuttgart verlegt hat. Die Wahl zum 3. SABOR im Herbst 1979 brachte keine wesentlichen Änderungen. Die nationalistisch-konservativen Altemigranten konnten ihre führende Position unerwartet deutlich behaupten. Die sozialistisch bis kommunistisch orientierten Anhänger des "Kroatischen Frühlings", einer oppositionellen kommunistischen Bewegung von Kroaten in Jugoslawien, deren Repräsentanten im Dezember 1971 entmachtet worden waren, erreichten nicht den erhofften Stimmenzuwachs. Das Wahlergebnis läßt eine Fortführung der bisherigen konservativen Politik des HNV erwarten. Dies schließt jedoch nicht aus, daß sich die Konkurrenzkämpfe und persönlichen Rivalitäten der HNV-Funktionäre verschärfen und die politischen Gegensätze zwischen den Altemigranten und den Anhängern des "Kroatischen 118 Frühlings", deren Mehrheit einen selbständigen Staat Kroatien mit sozialistischer Prägung anstrebt, vertiefen. Letztere haben sich im Sommer 1978 zur sogenannten "Busic-Gruppe" zusammengeschlossen. Als Organ dieser Gruppe, die nach dem 1978 in Paris ermordeten HNV-Funktionär Bruno Busic benannt ist, erscheint seit April 1979 die Zeitschrift "Hrvatski List" (Kroatisches Blatt). Sie propagiert Gewaltanwendung in jeder Form und polemisiert scharf gegen andersdenkende kroatische Emigrantengruppen, vor allem gegen die Altemigranten. Das im Jahr 1950 in München gegründete "Kroatische Nationalkomitee in Europa" (HNO) sollte die Grundlage für eine große Sammlungsbewegung der kroatischen Emigration sein. Wie in den Vorjahren trat es kaum selbständig in Erscheinung, sondern stimmte etwaige Aktionen mit denen des HNV ab. Entgegen der im Vorjahr vertretenen Auffassung, daß an den Zentren der kroatischen Emigration jeweils nur ein einziger HNV-Ortsausschuß bestehen sollte, gründete das HNO in München unter der Bezeichnung "10. April" einen dritten Ortsausschuß. Wie das HNO tritt auch die "Kroatische Republikanische Partei" (HRS) für die Wiederherstellung eines selbständigen und unabhängigen kroatischen Staates ein. Die konservativen Kräfte innerhalb der HRS sind bemüht, die Partei auf legalem und demokratischem Kurs zu halten. Jüngere HRS-Mitglieder, in deren Augen die derzeitige Parteispitze inaktiv und allzu konservativ ist, fordern schon seit längerer Zeit die Ablösung des Vorstandes. Die heranstehenden Neuwahlen wurden aber im Hinblick auf die Wahl des 3. SABOR im Herbst 1979 auf unbestimmte Zeit verschoben. Zu letzterer Wahl hatte die HRS keinen Kandidaten aus dem Bundesgebiet nominiert. Die HRS entwickelte keine eigenen Aktivitäten, war aber über die Ortsverbände des HNV an dessen Aktionen mittelbar beteiligt. Der "Bund der vereinigten Kroaten in Deutschland e.V." (UHNj) ist ein seit 1967 in München angemeldeter Ausländerverein. Er verfolgt laut Satzung neben kulturell-karitativen Zielen die Förderung der kroatischen nationalen Interessen. Seine Aktivitäten erstrecken sich vorwiegend auf den Raum Nordrhein-Westfalen, wo die Vorstandsmitglieder wohnen. Der UHNj hat sich wiederholt eindeutig von den Aktivitäten der Anhänger des "Kroatischen Frühlings" distanziert. Im Frühjahr 1979 betonte er in einem Rundschreiben auch die strenge ideologisch-politische Trennung von den "Vereinigten Kroaten in Europa" (UHE) in Frankfurt. Wie in jedem Jahr feierte die kroatische Emigration den Gründungstag des unabhängigen Staates Kroatien (10. April 1941). Bereits am 7. April 1979 fand in München eine Gedenkfeier des HNV und des HKO statt, an der rund 300 Personen teilnahmen. Als Redner traten der Parlamentspräsident des HNV Franjo Miculic aus Saarbrücken, der Präsident der UHE Bojo Dugec aus Stuttgart und der Vorsitzende des HNO Dr. Ivan Jelic aus Geretsried, Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen, auf. Das kroatische Emigrantenorgan "Nova Hrvatska" (Neues Kroatien) schilderte in einem Fortsetzungsbericht mit dem Titel "Geheimer Krieg der UDB gegen die Emigration" chronologisch die gegen die kroatische Emigration gerichteten angeblichen Aktionen des jugoslawischen Geheimdienstes. Offensichtlich soll diese Serie die Erinnerung an Gewalttaten gegen Kroaten wachhalten. 119 Am 3.November 1979 veranstaltete der HKO in München den "Ersten Kongreß ehemaliger politischer kroatischer Gefangener". Trotz persönlicher Einladung erschienen nur wenige Teilnehmer. Rund 20 ehemals inhaftierte kroatische Emigranten schilderten ihre Lebensgeschichte, ihre politischen Aktivitäten und ihre Erfahrungen in jugoslawischen Gefängnissen. Es ist geplant, die Berichte zu ergänzen und auch in deutscher Sprache zu veröffentlichen. 9. Lateinamerikanische Gruppen Aus Anlaß des 6. Jahrestages des Militärputsches in Chile (11. September 1973) führten Anhänger der "Unidad Popular" (UP) am 17. September 1979 in München eine Solidaritätsveranstaltung durch. Unter den rund 100 Teilnehmern befanden sich auch Mitglieder der DKP. Eine Vertreterin der DKP sprach die Eröffnungsworte. Es folgten politische Beiträge und Folkloredarbietungen. Die Sozialrevolutionäre UP ist ein Zusammenschluß der an der damaligen Volksfrontregierung Allendes in Chile beteiligten Parteien. Die Zweigstellen des Sozialrevolutionären "Lateinamerikanischen Studentenvereins" (AELA), der den Umsturz in ganz Lateinamerika anstrebt, entwickelten in Bayern keine nennenswerten Aktivitäten. 10. Ostemigration Von der weiterhin konsequent antikommunistisch eingestellten Ostemigration ging auch im Jahr 1979 keine Bedrohung der inneren Sicherheit in Bayern aus. Die hier bestehenden Organisationen traten - von einzelnen kroatischen Gruppen abgesehen - kaum in Erscheinung. Lediglich die "Organisation Ukrainischer Nationalisten" (OUN), deren Führer Stephan Bandera 1959 im Auftrag des sowjetischen Geheimdienstes ermordet wurde, warnte bei sich bietender Gelegenheit vordem Kommunismus und dem sowjetischen Imperialismus und wies darauf hin, daß der Widerstand der ukrainischen Nationalisten gegen die Besetzung der Heimat durch die sowjetischen Truppen noch lange nicht erloschen sei. Eine Bereitschaft zu aktivem Handeln ist aber bei der Ostemigration schon wegen der Überalterung der Mitglieder kaum noch vorhanden. Zudem führte die nach Auffassung der Emigranten allzu unentschlossene und nachgiebige Ostpolitik der westlichen Länder zu wachsender Resignation bezüglich der Erfolgsaussichten etwaiger Aktionen. 11. Pakistanische Gruppen Die politische Lage in Pakistan führte zur Beunruhigung unter den hier lebenden pakistanischen Asylbewerbern. Seit der Hinrichtung des ehemaligen Ministerpräsidenten Bhutto am 4. April 1979 und der Umwandlung Pakistans in eine islamische Republik erhält die vom derzeitigen Militärregime verbotene "Pakistan Peoples Party" (PPP) im Bundesgebiet verstärkt Zulauf. Die Anhänger der PPP haben sich in Bayern im "Pakistanischen Wohlfahrtsverein in der Bundesrepublik Deutschland" in Fürth zusammengeschlossen. Sie protestierten in mehreren öffentlichen Versammlungen gegen die Militärdiktatur in Pakistan und forderten die 120 Aufhebung der Pressezensur und die Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen, wobei sie auch den bewaffneten Untergrundkampf in Pakistan als ein Mittel zur Verwirklichung ihrer Ziele nicht ausschlossen. 12. Spanische Gruppen Von den in Bayern bestehenden spanischen extremistischen Organisationen war lediglich die "Kommunistische Partei Spaniens" (PCE) aktiv. Die im Jahre 1921 gegründete PCE ist ideologisch den orthodox-kommunistischen Parteien zuzurechnen. In Spanien wurde die PCE nach dem Regierungsantritt Franco's im Jahr 1939 verboten und erst 1977 wieder zugelassen. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Partei durch ein "Comitee Federal" (Bundeskomitee) geleitet. Das Bundesgebiet ist in die Zonen Nord, Rhein-Ruhr, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern aufgeteilt, denen etwa 60 örtliche Zweiggruppen angehören. In Bayern bestehen Zweiggruppen in München und Nürnberg. Als Publikationsorgan gibt die PCE die Wochenzeitschrift "Mundo Obrero" (Welt der Arbeit) heraus. Verbindungen bestehen zur Kommunistischen Partei Italiens (PCI) und zur "Kommunistischen Partei Griechenlands" (KKE-Inland). Die Jugendorganisation der PCE, die "Union der Kommunistischen Jugend Spaniens" (UJCE), wurde Anfang 1979 im Bundesgebiet aufgelöst. Die ehemaligen Mitglieder der UJCE erhielten Parteiausweise der PCE. Führende Funktionäre der PCE äußerten Besorgnis über stagnierende Mitgliederzahlen im Bundesgebiet, da viele Genossen nach Spanien zurückkehrten und Neuzugänge kaum zu verzeichnen sind. Die von der PCE beeinflußte "Zweite Bundeskonferenz spanischer Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland" fand vom 9. bis 11. März 1979 in Frankfurt/M. statt. Rund 120 Delegierte, darunter auch Teilnehmer aus Bayern, vertraten etwa 70 bis 80 spanische Einzelorganisationen. Der "Bundeskoordinator" Ramon Tiscar, Mitglied des PCE-Leitungsgremiums für die Bundesrepublik Deutschland, wurde wiedergewählt. Von den neugewählten Mitgliedern des "Koordinierungsausschusses" und des "Ständigen Sekretariats" gehören rund zwei Drittel der PCE an. In einer Presseerklärung forderten die Delegierten von der Bundesregierung das Kommunalwahlrecht für Ausländer, die Aufhebung des Ausländergesetzes, Hilfsmaßnahmen für ausländische Jugendliche und eine Erleichterung der Familienzusammenführung. 13. Türkische Gruppen Im Jahre 1979 fielen in der Türkei rund 1800 Personen terroristischen Anschlägen zum Opfer. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Ecevit im Herbst 1979 hat sich unter seinem Nachfolger Demirel die innenpolitische Situation in der Türkei weiter verschärft. Die starke Emotionalisierung der politischen Auseinandersetzung hat auch im Bundesgebiet die Gegensätze zwischen den extrempolitischen türkischen Gruppierungen vertieft und die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt gesteigert. 121 Die orthodox-kommunistische "Türkische Kommunistische Partei" (TKP), die in der Türkei seit dem Jahre 1923 verboten ist, verfügt im Bundesgebiet über keinen eigenen Aufbau. Ihr Exilsitz ist Ostberlin. Bestrebungen der TKP, die Aufsplitterung der türkischen kommunistischen Vereinigungen im Bundesgebiet zu überwinden und dabei ihren Einfluß zu stärken, führten Ende Februar 1977 in Düsseldorf zum Zusammenschluß der national-kommunistischen "Föderation Demokratischer Arbeitervereine der Türkei in Europa" (TDF) und der orthodoxkommunistischen "Föderation türkischer Sozialisten in Europa" (ATTF) unter der Bezeichnung "Föderation der türkischen Arbeitervereine in der Bundesrepublik Deutschland e.V." (FIDEF). Diesem Dachverband gehören im Bundesgebiet etwa 80 Mitgliedsorganisationen mit insgesamt 18000 Mitgliedern an, darunter auch türkische Arbeitervereinigungen in Ingolstadt, Lohr a. Main, München und Regensburg. Verbindungen bestehen u.a. zur "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) und ihrer Nebenorganisation "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB) sowie zum "Sozialistischen Hochschulbund" (SHB). Als Organ der FIDEF erscheint monatlich die Schrift "FIDEF" in deutscher Sprache. Die "Federal Almanya Postasi" stellte ihr Erscheinen Mitte des Jahres ein. Am 24725. März 1979 fand in Duisburg der 3. FIDEF-Kongreß statt. Zu der Veranstaltung erschienen rund 1500 Teilnehmer, darunter 322 Delegierte der FIDEF-Mitgliedsorganisationen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Delegierten beschlossen, die politischen Aktionen der FIDEF gegen türkische Rechtsextremisten zu verstärken. Auch in Bayern war daraufhin eine Fortsetzung der Agitation gegen den "faschistischen" Terror in der Türkei, verbunden mit der Forderung nach einem Verbot aller rechtsextremen türkischen Organisationen, festzustellen. Die proalbanische "Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML) wurde im Jahr 1972 illegal in der Türkei gegründet. Für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland fand im Jahre 1974 die Gründungsversammlung statt. Ziel der TKP/ML ist die Beseitigung des politischen Systems in der Türkei zugunsten einer kommunistischen Ordnung im Sinne des Marxismus-Leninismus. Ihre Frontorganisation ist die "Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee" (TIKKO). Die konspirativ arbeitende TKP/ML unterhält in Bayern Stützpunkte in Augsburg, Lauf a.d. Pegnitz, München und Nürnberg/Fürth. Sie tritt vorwiegend durch Schmierund Plakataktionen sowie Verbreitung von Flugblättern in Erscheinung. Die proalbanischen Dachverbände "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATIF) und "Föderation der Studenten aus der Türkei in Deutschland e.V." (ATÖF) sind in erheblichem Maße von der TKP/ML beeinflußt. Das Organ der ATIF "Mücadele" (Kampf) ist in der Türkei verboten. Die ATÖF ist Mitgliedsorganisation der im Dezember 1978 gegründeten proalbanischen "Konföderation der Studenten aus der Türkei" (TÖK). Die ehemalige Zeitschrift der ATÖF "Birlik" (Einheit) ist jetzt Organ der TÖK. Am 20. Januar 1979 bekundeten ATIF und ATÖF bei einer Demonstration in Frankfurt/M. ihre Solidarität mit dem "sozialistischen Albanien". Zu der Kundgebung, an der sich neben zahlreichen Angehörigen der deutschen Neuen Linken rund 200 Türken beteiligten, reisten auch Mitglieder des "Vereins der Arbeiter und Jugend aus der Türkei in Nürnberg/Fürth und Umgebung e.V." 122 Das "Türkische Antifaschistische Solidaritätskomitee München" veranstal tete am 23. Juni in München eine Kundgebung, an der sich etwa 600 Personen, darunter rund 250 Mitglieder der ATIF und ATÖF aus dem Raum Stuttgart, beteiligten. Die Demonstranten forderten auf Transparenten ein Verbot der rechts extremen türkischen Gruppen im Bundesgebiet. Das genannte Komitee ist ein vom gesamten Spektrum der türkischen Linken getragener loser Zusammenschluß. Die rechtsextreme türkische "Nationale Heilspartei" (MSP) ist eine islamische Gruppierung, die mit dem arabischen Sozialismus sympathisiert. Ihre Anhänger schlossen sich in Bayern in der Organisation "Nationaler Standpunkt" zusam men. Als Publikationsorgane erscheinen die Zeitschriften "Milli Görüs" (Nationaler Standpunkt) und "Lider" (Führer). Am 2. Februar 1979 sprach der MSP-Vorsit zende Erbakan auf einer Versammlung der MSP in München vor rund 200 Zuhörern über die politische Lage in der Türkei und kritisierte die "Republikanische Volkspartei" (CHP) des damaligen Ministerpräsidenten Ecevit. Die rechtsextreme türkische "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP) hatte im Jahr 1976 aufgrund eines Beschlusses des türkischen Verfassungsgerichts ihre Zweigorganisationen im Bundesgebiet aufgelöst. Die Mitglieder und Sympathisan ten sammelten sich danach vielfach in den sogenannten türkischen "Idealisten vereinigungen" und in den "Islamischen Kulturvereinen". Am 18. Juni 1978 gründete die MHP-Zentrale in Ankara die "Föderation Demokratischer Türki scher Idealistenvereinigungen in Europa" (ADÜTDF) mit Sitz in Frankfurt/M. als Gegengewicht zu den linksextremen türkischen Dachverbänden. Im Bundesgebiet schlossen sich der ADÜTDF bisher etwa 100 türkische Organisationen mit insge samt rund 20000 Mitgliedern an, darunter Ausländervereine in Dillingen, Fürth, Ingolstadt, Kempten, München, Neu-Ulm und Nürnberg. Organder ADÜTDF ist die Zeitschrift "Vatana Hasret" (Sehnsucht nach dem Vaterland). Am 4. Februar 1979 veranstaltete die ADÜTDF in Schwarzenborn/Nordhessen ihren ersten Jahreskongreß. Über 500 Delegierte vertraten etwa 100 Mitgliedsver eine aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland. Als Gäste waren auch führende Vertreter der MHP erschienen. Am 6. Mai 1979 feierte der "Verein türkischer Idealisten e.V.", München, eine Mitgliedsorganisation der ADÜTDF, das "Fest der Türkisten". Es erschienen über 600 Besucher, darunter zwei Vertreter der ADÜTDF. Gegen die Veranstaltung protestierte das "Türkische Antifaschistische Solidaritätskomitee München" mit einer Kundgebung, an der rund 200 Demonstranten teilnahmen. In letzter Zeit häuften sich die Angriffe politischer Gegner gegen die MHP und ihre in der Türkei bestehende, auch unter der Bezeichnung "Graue Wölfe" bekannte Jugendorganisation. Ihr wurde vorgeworfen, sie unterhalte im Bundesgebiet "Ter rornester" und wende - wie in der Türkei - Gewalt gegen politisch Andersdenkende an. In Bayern haben sich bisher keine belegbaren Tatsachen für diese Anschuldi gungen ergeben. Allerdings mehren sich im Bundesgebiet die Anzeichen, daß türkische Rechtsextremisten aufgrund der gesteigerten, mit emotionsbedingten Tätlichkeiten verbundenen Agitation ihrer politischen Gegner die bisherige Zurück haltung aufzugeben beginnen. In verschiedenen Bundesländern kam es in letzter Zeit zu häufigeren Zusammenstößen zwischen linksund rechtsextremen Türken, 123 die - den Berichten zufolge - meist von den Linksextremisten provoziert worden sein dürften. Derartige Auseinandersetzungen größeren Ausmaßes waren in Bayern nicht zu verzeichnen. Auch Einschüchterungsversuche rechtsextremer Türken gegenüber Landsleuten konnten in Bayern bisher nicht festgestellt werden. Es ist aber nicht auszuschließen, daß vereinzelte Tätlichkeiten politisch motiviert waren. Weitere Angriffe türkischer Linksextremisten richteten sich gegen die "Islamischen Kulturzentren" als vermeintliche "Tarnorganisationen" der MHP. Diese Vereinigungen sind in Bayern bisher politisch nicht in Erscheinung getreten. Für die Vermutung, daß in den "Islamischen Kulturzentren" unter dem Deckmantel der Religion politische Agitation betrieben werde, gibt es daher keine konkreten Anhaltspunkte. 124 8. Abschnitt Spionageabwehr 1. Allgemeine Erfahrungen Wie bereits in den Vorjahren war auch 1979 die Bundesrepublik Deutschland bevorzugtes Ziel der Aktivitäten östlicher Nachrichtendienste. Welches Ausmaß die Spionagetätigkeit der Nachrichtendienste kommunistischer Staaten, insbesondere der DDR, gegen die Bundesrepublik Deutschland hat, machten auch die Angaben des ehemaligen Mitarbeiters des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR, Werner Stiller, deutlich. Werner Stiller war bis zu seinem Übertritt im Januar 1979 in die Bundesrepublik Deutschland Führungsoffizier im Sektor "Wissenschaft und Technik" bei der "Hauptverwaltung Aufklärung" (HVA) des MfS, dem Auslandsnachrichtendienst der DDR. Seine Angaben führten nicht nur zur Festnahme und Enttarnung zahlreicher spionageverdächtiger Personen, vorwiegend aus den Bereichen Industrie und Wissenschaft. Es wurde auch bekannt, daß sich 4 der 15 Abteilungen der HVA mit der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage beschäftigen. Dies zeigt, welche Bedeutung die DDR der nachrichtendienstlichen Ausforschung dieses Bereichs beimißt. Unabhängig davon galt 1979 das größte Interesse der politischen Spionage, nämlich der Ausforschung der politischen Entscheidungszentren des Bundes und der Länder. Die Wirtschaftsspionage hatte wie 1978 vor allem die elektronische Datenverarbeitung, die Elektround Elektronikindustrie sowie die Rüstungsindustrie zum Ziel. Bei der Militärspionage standen wie in den Vorjahren Objekte und Bewaffnung der Bundeswehr sowie der NATO-Truppen in der Bundesrepublik Deutschland im Mittelpunkt der gegnerischen Ausspähungsbemühungen. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte 1979 neun Personen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zu Freiheitsstrafen von 3 Monaten bis zu 2 Jahren und 6 Monaten. In acht Fällen waren Auftraggeber die Nachrichtendienste der DDR, in einem Fall ein CSSR-Nachrichtendienst. 2. Die Rolle der Nachrichtendienste in kommunistischen Staaten Die östlichen Nachrichtendienste verstehen sich selbst nicht nur als Institutionen der Informationsgewinnung, sondern zugleich als Wegbereiter der weltweiten kommunistischen Ideologie nach dem Vorbild der UdSSR. Als "sozialistische 125 Kundschafter an der unsichtbaren Front" sammeln sie systematisch alle Informationen auf militärischem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet, die auch nur entfernt geeignet sein könnten, die Ziele der sozialistischen Staaten zu fördern. Dazu zählen sogar Unterlagen, die jedermann zugänglich sind, wie Werbeschriften, amtliche Dokumentationen und Broschüren. 3. Werbungen, Werbungsversuche und Werbungsmethodik 1979 ist die erkannte Zahl der zur Spionagetätigkeit gegen Ziele in Bayern aufgeforderten Personen gegenüber 1978 um 20 %gestiegen. Die Steigerung geht ausschließlich auf die erhöhten Aktivitäten der Nachrichtendienste der DDR zurück, die ihre Ausspähungsbemühungen mit verstärkter Intensität fortsetzten. Mit 85 % stieg ihr Anteil an den Werbungen und Werbungsversuchen gegenüber 1978 um 26%. Danach folgten die Aktionen der CSSR-Nachrichtendienste mit 12 %. Die übrigen Aktivitäten gingen von den Nachrichtendiensten Polens, Rumäniens und Ungarns mit je 1 % aus. Über 82% (1978: 75%) der statistisch erfaßten nachrichtendienstlich angesprochenen Personen offenbarten den Sicherheitsbehörden die Werbungsversuche und lehnten eine nachrichtendienstliche Tätigkeit von vornherein ab. 16% der geworbenen Personen wurden für ihre Auftraggeber tätig; dies bedeutet gegenüber 1978 eine Steigerung um 100 %. Sie deutet darauf hin, daß trotz steigender Anforderungen an die Qualität der Agenten, insbesondere in den Bereichen Wissenschaft und Technik, die Quantität nicht abnehmen wird. Die große Zahl der erkannten Werbungsversuche im Jahre 1979 bekräftigt dies. Die übrigen Personen erklärten sich zwar aus den verschiedensten Gründen, zum Teil infolge von Zwangslagen, zur Mitarbeit bereit, wurden jedoch nicht tätig. Die meisten Ansprachen erfolgten im kommunistischen Machtbereich. Private und berufliche Reisen dienten hier als Kontaktanlaß. Auch das von der DDR praktiErkannte Werbungen und Werbungsversuche 126 zierte Aufenthaltsgenehmigungsverfahren mit dem Zwang, Antragsformulare auszufüllen, die alle wichtigen Daten des Besuchers enthalten, begünstigt diese Werbemethode und ermöglicht den Nachrichtendiensten gezielte und risikolose Ansprachen. Bei den Werbungsversuchen innerhalb Bayerns standen im Vordergrund der Werbebemühungen Personen, die über Zeitungsinserate neue Arbeitsplätze suchten oder sonstige Dienste anboten. Bei den brieflichen Ansprachen arbeiteten die östlichen Nachrichtendienste so geschickt und überzeugend, daß selbst versierte Kaufleute, Journalisten, Techniker und Wissenschaftler über den wahren Auftraggeber und dessen tatsächliche Absichten getäuscht wurden. Die Werbungsmethoden der Nachrichtendienste kommunistischer Staaten sind im wesentlichen unverändert geblieben. Täuschungen, Versprechen und Zusicherung von Vorteilen jeglicher Art, Drohung und Nötigung in offener oder versteckter Form sowie Ausnutzung menschlicher Bindungen und charakterlicher Schwächen bilden die Reihenfolge der Werbungsmittel. 4. Aufträge Die Zahl der 1979 erkannten Aufträge gegen Ziele in Bayern stieg im Vergleich zum Vorjahrum29%.74% der Aufträge gingen von den Nachrichtendiensten der DDR aus. 18% der Aufträge wurden von den CSSR-Nachrichtendiensten erteilt. 3% entfielen auf die Nachrichtendienste der UdSSR, 2 % auf die Nachrichtendienste Rumäniens und etwa 2 % auf die Nachrichtendienste Polens. Die restlichen Aufträge gaben die bulgarischen, ungarischen und jugoslawischen Nachrichtendienste. Das Schwergewicht der gegnerischen Aufträge lag 1979 in Bayern, im Gegensatz zum Bundesergebnis, bei der Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage (35%). Es folgten Aufträge vorbereitender und unterstützender Art mit 27%, der politischen Spionage mit 21 % und der militärischen Spionage mit 17%. Erkannte Aufträge 127 Über 57% der erteilten Aufträge wurden ausgeführt. Diese Zahl liegt über dem langjährigen Durchschnitt. Der Anstieg beruht neben der höheren Zahl der Werbungen und Aufträge auch auf den erfaßten Aktivitäten der 1979 festgenommenen Agenten. 5. Die Nachrichtendienste der DDR Auch 1979 waren die Nachrichtendienste der DDR mit einem Anteil von 85% der erkannten Werbungen und Werbungsversuche und 74% der erfaßten Aufträge Hauptträger der Spionagetätigkeit in Bayern. 1979 wurden im Vergleich zum Vorjahr 73 % mehr Werbungen und Werbungsversuche erkannt sowie 66 % mehr Aufträge der DDR-Nachrichtendienste erfaßt. Diese Zahlen dokumentieren die erheblichen Anstrengungen der DDR-Nachrichtendienste, die Verluste in den Reihen der "Kundschafter an der unsichtbaren Front" nicht nur auszugleichen, sondern durch Werbung neuer geheimer Mitarbeiter den Informationsgewinn zu erweitern. Die Bemühungen der Nachrichtendienste der DDR, den Reiseverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR für Werbungen zu nutzen, hielten 1979 unvermindert an. Neben Stelleninseraten nutzten die DDR-Nachrichtendienste ferner verstärkt Geschäftsanzeigen für ihre Anbahnungen. So bot ein Geschäftsmann in einer Zeitungsanzeige Hilfe bei der Vermittlung von Geschäften an. Daraufhin erhielt er u. a. einen Anruf aus Berlin (Ost). Der Anrufer erkundigte sich nach seinen Verbindungen zur Elektround Elektronikbranche und lud den Geschäftsmann zu einem Treffen nach Berlin ein. Bei diesem Treffen versuchte der Gesprächspartner erneut, seine Verbindungen zu erforschen und zeigte sich besonders an Beziehungen zu namhaften deutschen Firmen in Bayern interessiert. Bei einem weiteren Treffen fragte ihn der Gesprächspartner nach Informationen über Forschungsund Entwicklungsprojekte dieser Firmen; insbesondere wünschte er Auskünfte über militärische Projekte, z. B. den Kampfpanzer "Leopard". Für die Beschaffung dieser Unterlagen dürfe der Geschäftsmann "gute" Bezahlung erwarten. Als dem Geschäftsmann daraufhin der nachrichtendienstliche Charakter der angeknüpften Beziehung bewußt geworden war, nahm er einen weiteren bereits vereinbarten Treff nicht mehr wahr. Auch eine erneute telefonische Aufforderung, nach Berlin (Ost) zu kommen, lehnte er ab und brach die Verbindung mit dem Hinweis ab, die Geschäfte entsprächen nicht seinen Vorstellungen. Die Berichterstattung in den Medien über den Übertritt des MfS-Führungsoffiziers Stiller in den Westen und die aufgrund seiner Angaben ausgelösten Festnahmen führten zur Verunsicherung der Agentenszene. Offensichtlich aus Furcht vor Enttarnung setzte sich am 25. oder 26. August 1979 ein Sachbearbeiter für Reisepässe im Einwohnermeldeamt der Stadt Augsburg zusammen mit seiner Ehefrau überstürzt in die DDR ab. Die Ermittlungen ergaben, daß er seit Jahren geheimer Mitarbeiter des MfS war. Am 28. August 1979 teilte der Flüchtige seiner Dienststelle telefonisch mit, er halte sich wegen dringender familiärer Angelegenheiten für einige Tage in der DDR auf; er bitte, ihm diese Zeit als Urlaub anzurechnen. Bei der Durchsuchung der Wohnung wurden Unterlagen 128 gefunden, die darauf hindeuteten, daß er als Agent seine Aufträge mittels getarnter Radiosendungen im Kurzwellenbereich erhalten hatte. Aufgrund seiner Amtsstellung hatte der Sachbearbeiter Einblick in Einwohnerdaten und Dokumente und konnte Agenten mit Dokumenten versorgen. 1979 wurde in Bayern eine Reihe von Personen wegen Verdachts geheimdienstlicher Tätigkeit für einen Nachrichtendienst der DDR festgenommen. Nachfolgend werden einige dieser Fälle beispielhaft geschildert: Aufgrund der Angaben von Werner Stiller konnten am 19. bzw. am 20. Januar 1979 ein 44jähriger Diplom-Ingenieur und Unternehmensberater, ein 59jähriger DiplomPhysiker und ein 35jähriger Maschinenbauingenieur festgenommen werden. Letzterer wurde am 19. Oktober 1979 vom Bayerischen Obersten Landesgericht zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Nach umfangreichen Vorermittlungen von Sicherheitsbehörden des Bundes und des Freistaates Bayern wurde am 30; Januar 1979 ein Mitglied des Bayerischen Landtags unter dem Vorwurf festgenommen, seit Jahren zum MfS Kontakte unterhalten zu haben. Es erging Haftbefehl, dessen Vollzug am 20. Februar 1979 gegen Kaution ausgesetzt wurde. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Am 16. März wurde ein 35jähriger Koch unter dem Verdacht geheimdienstlicher Agententätigkeit festgenommen. Er gab zu, im Februar telefonisch mit dem MfS in Berlin (Ost) Kontakt aufgenommen und seine Mitarbeit angeboten zu haben. Er vermutete, daß das MfS infolge der Enttarnung zahlreicher Agenten in jüngster Zeit an der Anwerbung neuer Agenten interessiert sei. Durch eine Agententätigkeit hoffte er, seine beträchtlichen Schulden begleichen zu können. In der Folgezeit fanden mehrere Treffs mit seinem Führungsoffizier in einer konspirativen Wohnung in Berlin (Ost) statt. Ziel eines der Aufträge sei es gewesen, einen Bundeswehrsoldaten dem MfS zuzuführen. Für die Erledigung der einzelnen Aufträge habe er vom MfS insgesamt 10 000 DM erhalten. Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilte ihn am 10. August 1979 zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr. Von einer Grenzstreife der Bayerischen Grenzpolizei wurde am 25. September 1979 im Grenzgebiet zur DDR ein Mann aufgegriffen. Er führte einen DDRPersonalausweis mit sich. Die Ermittlungen ergaben, daß er im Auftrag einer MfSDienststelle im Landkreis Coburg über die "grüne Grenze" geschleust worden war mit dem Auftrag, die Örtlichkeiten des bayerischen grenznahen Gebietes für die Schleusung weiterer Agenten in die Bundesrepublik abzuklären. In einem Versteck in der Nähe der Schleusungsstelle hatte er einen total gefälschten Bundespersonalausweis verwahrt. Der Ermittlungsrichter beim Bayerischen Obersten Landesgericht erließ Haftbefehl. 6. Die tschechoslowakischen Nachrichtendienste Auch 1979 nahmen die CSSR-Nachrichtendienste bei den Ausspähungsbemühungen der Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten gegen Ziele in Bayern die zweite Stelle ein. Ihr Anteil an den erkannten Werbungsversuchen ist 1979 gegenüber 1978 auf die Hälfte gesunken. Auch der Anteil der erkannten Aufträge hat sich 1979 auf 18% gegenüber 26% im Vorjahr vermindert. Die 129 Nachrichtendienste der CSSR haben wie in den Vorjahren Aussiedlungen und den Reiseverkehr für ihre nachrichtendienstlichen Ziele genutzt. Das Schwergewicht ihrer Spionage lag in den Bereichen Politik und Wirtschaft. Daneben galt dem amerikanischen Sender "Radio Free Europe" besonderes Interesse. Nach umfangreichen Vorermittlungen wurde am 26. Juli 1979 in München ein aus der CSSR stammender freier Mitarbeiter bei "Radio Free Europe" (RFE) wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Tätigkeit für einen CSSR-Nachrichtendienst festgenommen. Der Mitarbeiter kam 1973 als Flüchtling in die Bundesrepublik Deutschland, nachdem er bis dahin in der CSSR im Justizdienst, zuletzt als Staatsanwalt für Wirtschaftsund Jugendsachen, tätig gewesen war. Er lebte seit 1976 in München, wo er neben seiner Tätigkeit bei RFE als Nachtpförtner in einem Münchner Kaufhaus arbeitete. Er konnte seit März 1978 bei konspirativen Treffs mit dem Leiter der Konsularabteilung der CSSR-Botschaft in Köln beobachtet werden. Die ersten beiden Treffs wurden von einem Sachbearbeiter der Konsularabteilung abgesichert. Die beiden Diplomaten waren zu diesem Zeitpunkt den Sicherheitsbehörden bereits als Nachrichtendienst-Offiziere bekannt; sie kehrten zwischenzeitlich in die CSSR zurück. Bei seinen Vernehmungen gab er die Treffs mit dem Leiter der Konsularabteilung zu. Am 13. Dezember 1979 verurteilte ihn das Bayerische Oberste Landesgericht zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten. 7. Nachrichtendienste der übrigen kommunistischen Staaten 1979 waren besonders hervorzuhebende Aktivitäten der Nachrichtendienste anderer kommunistisch regierter Staaten in Bayern nicht zu verzeichnen. Die Tätigkeit der polnischen Nachrichtendienste hat 1979 nachgelassen. Werbungen der Nachrichtendienste der UdSSR wurden nicht erkannt; 1978 betrug der Anteil der UdSSR noch 6% aller Werbungsversuche. Im übrigen macht diese Entwicklung die Arbeitsteilung unter den Nachrichtendiensten der Staaten des Warschauer Paktes und das Gewicht der DDR-Nachrichtendienste in der Spionage gegen die Bundesrepublik Deutschland deutlich. 8. Beurteilung Die Abwehrerfolge des Jahres 1979 belegen erneut die anhaltende Spionagetätigkeit kommunistischer Staaten gegen die Bundesrepublik Deutschland und damit auch gegen den Freistaat Bayern. Die Nachrichtendienste der DDR betreiben die Spionage noch intensiver als bisher und nutzen jede sich bietende Gelegenheit zum Informationsgewinn. Das besondere Interesse der östlichen Nachrichtendienste gilt der Ausspähung politischer Entscheidungszentren. Daneben verdient die vermehrte Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage innerhalb der nachrichtendienstlichen Tätigkeit der DDR und ihre Bedeutung für die Wirtschaft der DDR Beachtung. Die 1979 geleistete Abwehrarbeit zeigt, daß die Abwehrbehörden der verstärkten Spionagegefahr durch die Nachrichtendienste der kommunistischen Staaten wirksam begegnen können. 130 Anlage 1 131 K Gesetz über die Errichtung eines Landesamtes für Verfassungsschutz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1974 (GVBI S. 467) Art. 1 Zuständigkeit (1) In Bayern wird ein Landesamt für Verfassungsschutz errichtet. Es ist eine dem Staatsministerium des Innern unmittelbar nachgeordnete Behörde und ist ausschließlich für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Art. 2 zuständig. Nach Bedarf können Außenstellen des Landesamtes für Verfassungsschutz eingerichtet werden. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Art. 2 Aufgaben (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben; 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes für eine fremde Macht; 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 132 (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können; 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder beschäftigt werden sollen; 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte; 4. bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen es Kenntnis erhält und die für den Bund oder das betreffende Land von Wichtigkeit sind. Art. 3 Befugnisse Polizeiliche Befugnisse oder ein Weisungsrecht gegenüber Polizeidienststellen stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Art. 2 Abs. 1 und 2 ist das Landesamt für Verfassungsschutz befugt, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden. Art. 4 Amtshilfe und Auskunftserteilung (1) Die Behörden und Einrichtungen des Staates, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, die sonstigen der Aufsicht des Staates unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Gerichte und das Landesamt für Verfassungsschutz leisten einander Rechtsund Amtshilfe. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist, von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. (3) Darüber hinaus haben die in Absatz 1 genannten Stellen dem Landesamt für Verfassungsschutz alle Tatsachen und Unterlagen über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 unaufgefordert zu übermitteln. 133 Art. 5 Durchführungsbestimmungen Die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen erläßt das Staatsministerium des Innern. Art. 6 Inkrafttreten Das Gesetz ist dringlich. Es tritt am 1. November 1950 in Kraft*) *) Diese Vorschrift betrifft das Inkrafttreten des Gesetzes in der ursprünglichen Fassung vom 22. November 1950 (BayBS I S. 434). Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der späteren Änderungen ergibt sich aus den jeweiligen Änderungsgesetzen. 134 Ariane 2 I 135 Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 16/28. Jahrgang Amtliche Veröffentlichung 19. April 1973 Staatskanzlei Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. März 1973 NR. A I 3 -- 180-6-84 Die Bayerische Staatsregierung hat in ihrer Sitzung vom 27. März 1973 in Übereinstimmung mit dem Beschluß der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. Januar 1972 ihren Beschluß vom 25. April 1961 über verfassungsfeindliche Betätigung von Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 25. April 1961, StAnz Nr. 19) durch die folgende Bekanntmachung über die Pflicht zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst neu gefaßt: I. Die Regierungschefs des Bundes und der Länder haben am 28. Januar 1972 folgenden Beschluß gefaßt: 1. Nach den Beamtengesetzen in Bund und Ländern -- darf in das Beamtenverhältnis nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt; -- sind Beamte verpflichtet, sich aktiv innerhalb und außerhalb des Dienstes für die Erhaltung dieser Grundordnung einzusetzen. Es handelt sich hierbei um zwingende Vorschriften. 2. Jeder Einzelfall muß für sich geprüft und entschieden werden. Von folgenden Grundsätzen ist dabei auszugehen: 2.1 Bewerber 2.1.1 Ein Bewerber, der verfassungsfeindliche Aktivitäten entwickelt, wird nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt. 2.1.2 Gehört ein Bewerber einer Organisation an, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, so begründet diese Mitgliedschaft Zweifel daran, ob er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird. Diese Zweifel rechtfertigen in der Regel eine Ablehnung des Einstellungsantrages. 136 2.2 Beamte Erfüllt ein Beamter durch Handlungen oder wegen seiner Mitgliedschaft in einer Organisation verfassungsfeindlicher Zielsetzung die Anforderungen des SS 35 Beamtenrechtsrahmengesetz nicht, aufgrund derer er verpflichtet ist, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, so hat der Dienstherr aufgrund des jeweils ermittelten Sachverhalts die gebotenen Konsequenzen zu ziehen und insbesondere zu prüfen, ob die Entfernung des Beamten aus dem Dienst anzustreben ist. 3. Für Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten entsprechend den jeweiligen tarifvertraglichen Bestimmungen dieselben Grundsätze. II. Die Bayerische Staatsregierung hat die Verbindlichkeit dieser Grundsätze für alle öffentlich-rechtlichen Dienstherren und Arbeitgeber in Bayern mit Beschluß vom 18. April 1972 bestätigt. Zu ihrer Durchführung wird folgendes bestimmt: 1. Vor der Einstellung eines Bewerbers in den öffentlichen Dienst haben die Einstellungsbehörden zunächst beim Staatsministerium des Innern anzufragen, ob Tatsachen bekannt sind, die Bedenken gegen die Einstellung begründen. Das Staatsministerium des Innern ist verpflichtet, Anfragen dieser Art unverzüglich zu beantworten. Die Auskünfte sind auf Tatsachen zu beschränken, die gerichtsverwertbar sind. Die Anfrage nach Satz 1 entfällt, wenn bereits aufgrund anderer Vorschriften eine Überprüfung vor der Einstellung vorgesehen ist. 2. Beabsichtigt die Einstellungsbehörde nach Eingang der Auskunft des Staatsministeriums des Innern, den Bewerber einzustellen, so ist der Bewerber vor der Entscheidung über die Einstellung zunächst gemäß Anlage 1 * schriftlich zu belehren und zur Unterzeichnung der Erklärung gemäß Anlage 2* aufzufordern. 3. Bestehen auf Grund der vom Staatsministerium des Innern mitgeteilten oder anderweitig bekannt gewordener Tatsachen oder wegen der Weigerung, die vorbezeichnete Erklärung zu unterschreiben, Zweifel daran, daß der Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt, so ist ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Können die Zweifel nicht ausgeräumt werden, so darf er nicht in den öffentlichen Dienst eingestellt werden. 4. Wird die Einstellung in den öffentlichen Dienst deshalb abgelehnt, weil der Bewerber nicht die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt, so ist die Entscheidung dem Bewerber schriftlich unter Darlegung der Gründe mitzuteilen; betrifft sie die Übernahme in ein Beamtenoder Richterverhältnis, so muß sie außerdem eine Rechtsmittelbelehrung enthalten. 137 5. Nummern 1 bis 4 gelten auch für Bewerbungen um die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Widerruf. Dabei sind Ausbildungszweck und Ausbildungsweise zu berücksichtigen. 6. Besteht der Verdacht, daß ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstößt, so prüft seine Dienststelle, ob die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen sind, um ihn zur Erfüllung seiner Dienstpflichten anzuhalten oder ihn aus dem Dienst zu entfernen. Art. 70 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes ist zu beachten. 7. In den Fällen der Nummern 4 und 6 sind die zuständige oberste Dienstbehörde und die Staatsministerien des Innern und der Finanzen vor der Entscheidung zu unterrichten und über den Fortgang der Sache auf dem laufenden zu halten. III. Den Gemeinden, Gemeindeverbänden und sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterliegenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, nach den vorstehenden Bestimmungen zu verfahren. IV. Diese Bekanntmachung tritt am 1. April 1973 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 25. April 1961 (StAnz Nr. 19) außer Kraft. München, den 27. März 1973 Der Bayerische Ministerpräsident Dr. h. c. Goppel * nicht abgedruckt 138 Anlage 3 139 Übersicht über die Auflagenstärke regelmäßig erscheinender extremistischer Publikationen. Die Übersichten geben einen Überblick über die monatliche Auflagenstärke bedeutender linksund rechtsextremer Publikationen. Um vergleichbare Zahlen zu erhalten, sind die nicht monatlich erscheinenden Schriften auf eine durchschnittliche Monatsauflage umgerechnet worden. Orthodoxe Linke Neue Linke 8 n9 Linksextremismus 1 "Unsere Zeit" -- UZ (DKP) 2 "elan" (SDAJ) 3 "rote Blätter" (MSB) 4 "Kommunistische Volkszeitung" -- KVZ (KBW) 5 "Rote Fahne" (KPD) 6 "Roter Morgen" (KPD/ML) 7 "Arbeitskampf" (KB) 8 "Kommunistische Arbeiterzeitung" (AB) 9 "was tun" (GIM) 140 Rechtsextremismus 10000 Stück Rechtsextremismus 1 "Deutsche Nationalzeitung" (DNZ)-Gesamtausgabe mit "Deutscher Anzeiger" (DA) als Nebenausgabe 2 "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ) 3 "Deutsche Stimme" (NPD) 4 "Nation Europa" 141 Abkürzunosverzeichnis AAE Antifaschistische Aktionseinheit 52 AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD 57 ADÜTDF Föderation Demokratischer Türkischer Idealistenvereinigungen in Europa 123 AELA Lateinamerikanischer Studentenverband Deutschland 120 AEL Aktionseinheitsliste 101 , 102 AEL/LUF Aktionseinheitsliste/Liste unabhängiger Fachschaften 99 AESE Assoziation eritreischer Studenten in Europa 111 AEWE Assoziation eritreischer Arbeiter in Europa 111 AKON Aktion Deutsche Einheit 73 ANE Aktionsgemeinschaft Nationales Europa 82 ANR Aktion Neue Rechte 87 ANS Aktionsfront Nationaler Sozialisten 83 ASKo Anti-Strauß-Komitee 58 AStA Allgemeiner Studentenausschuß 103 ATIF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland 122 ATÖF Föderation der Studenten aus der Türkei in Deutschland 122 ATTF Föderation türkischer Sozialisten in Europa 122 AVV Arbeitskreis Volkstreuer Verbände 77 BBI Bürgerund Bauerninitiative 74 BDP/BDJ Bund Deutscher Pfadfinder/Bund Demokratischer Jugend 103 BHJ Bund Heimattreuer Jugend 76 BSA Bund Sozialistischer Arbeiter 60 eis Conföderation Iranischer Studenten 115 CISNU Conföderation Iranischer Studenten - National-Union 114 CTIM Trikolore-Komitee der Italiener in der Welt 117 143 DA Deutscher Anzeiger 72,83 DB Deutscher Block 73 DBI Deutsche Bürgerinitiative 81 DFI Demokratische Fraueninitiative 38 DFG-Idk Deutsche Friedensgesellschaft - Internationale der Kriegsdienstgegner 36 DFG-VK Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner 36 DFLP Demokratische Front zur Befreiung Palästinas 112 DFU Deutsche Friedens-Union 33 DKEG Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes 77 DKG Deutsche Kulturgemeinschaft 87 DKP Deutsche Kommunistische Partei 18 DKP/HG DKP-Hochschulgruppe 95 DNZ Deutsche National-Zeitung 72,83 DRP Deutsche Reichspartei 67 DVASH Demokratischer Verein afghanischer Studenten in Müncher i 110 DVG Deutsche Verlagsgesellschaft mbH 83 DVU Deutsche Volksunion 71 DVZ Deutsche Volkszeitung 33 DWZ Deutsche Wochen-Zeitung 83 ELF Eritreische Befreiungsfront 110 EPLF Eritreische Volksbefreiungsfront 110 FIDEF Föderation der türkischen Arbeitervereine in der Bundesrepublik Deutschland 122 FILEF Verband italienischer Gastarbeiter und ihrer Familien 117 FIR Föderation Internationale des Resistants 17,34 FIS Föderation Iranischer Studenten 115 FR Freiheitlicher Rat 72, 73,76 GfP Gesellschaft für freie Publizistik 77 GIM Gruppe Internationale Marxisten - Deutsche Sektion der IV. Internationale 60 GOL Gewerkschaftlich orientierte Liste 102 GOG Gemeinschaft Ostund Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter 72 GUAFS Generalunion Afghanischer Studenten im Ausland 109 GUPA Generalunion palästinensischer Arbeiter 112 GUV Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskämpfe 47 HKO Kroatischer Koordinationsausschuß der Gemeinschaft der Ortsausschüsse des Kroatischen Nationalrates in der Bundesrepublik Deutschland 118 HNO Kroatisches Nationalkomitee in Europa 119 HNV Kroatischer Nationalrat 118 HRS Kroatische Republikanische Partei 119 HVA Hauptverwaltung Aufklärung 125 144 ID Informationsdienst zur Verbreitung unterbliebener Nach richten 63 IMSF Institut für Marxistische Studien und Forschung 26 ISVM Iranische Studentenvereinigung München 115 IVDJ Internationale Vereinigung Demokratischer Juristen 38 JBA Jugendbund Adler 73 JF Junge Front 81 JN Junge Nationaldemokraten 70 JP Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation 32 KABD Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands 53 KAZ Kommunistische Arbeiterzeitung 58 KB Kommunistischer Bund 51 KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland 42 KDS Kampfbund Deutscher Soldaten 82 KFAZ Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit 37 KHB Kommunistischer Hochschulbund 58,94 KHG Kommunistische Hochschulgruppen 47,94 KJB Kommunistische Jugendbünde 47, 103 KJVD Kommunistischer Jugendverband Deutschlands 50, 103 KKE-Ausland Kommunistische Partei Griechenlands 113 KKE-lnland Kommunistische Partei Griechenlands 114 KN Knastgruppe Nürnberg 61 K.N.E. Kommunistische Jugend Griechenlands 113 KPCh Kommunistische Partei Chinas 40 KPD Kommunistische Partei Deutschlands 48 KPD/ML Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten 53 KPdSU Kommunistische Partei der Sowjetunion 16, 18 KRH Kollektiv Rote Hilfe München 61 KSB/ML Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten 56,94 KSG Kommunistische Studentengruppen 53,94 KSV Kommunistischer Studentenverband 50,94 KVZ Kommunistische Volkszeitung 44 LUF Listen der Unabhängigen Fachschaften 102 MAB Marxistische Arbeiterbildung 26 MASCH Marxistische Abendschulen 26 MAZ Marxistische Arbeiterzeitung 100 MfS Ministerium für Staatssicherheit der DDR 125 MG Marxistische Gruppe 98 MHP Partei der Nationalen Bewegung der Türkei 123 MIPO Münchner Initiative gegen das einheitliche Polizeigesetz 49 MSB Marxistischer Studentenbund Spartakus 31,95 MSI-DN Soziale italienische Bewegung - Nationale Rechte 117 MSP Nationale Heilspartei 123 MSZ Marxistische Studenten-Zeitung 98 145 NDP Nationaldemokratische Partei 87 NE Nation Europa (Monatszeitschrift) 85 NHB Nationaldemokratischer Hochschulbund 71,94 NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands 66 NSDAP-AO Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsorganisation 87 OUN Organisation ukrainischer Nationalisten 120 PAA Partei der Arbeit Albaniens 40,55 PAV Palästinensischer Arbeiterverein 112 PCE Kommunistische Partei Spaniens 121 PCI Kommunistische Partei Italiens 116 PdA Partei der Arbeit 80 PEEG Fortschrittliche Union der Griechen in Deutschland 118 PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas 112 PLO Palästinensische Befreiungsorganisation 112 PPP Pakistan Peoples Party 120 RAF Rote Armee Fraktion 89 RLVB Revolutionäre Landvolkbewegung 56 RG Rote Garde 56, 103 RGO Revolutionäre Gewerkschaftsopposition 56 RH Rote Hilfe 50 RHD Rote Hilfe Deutschlands 56 RJVD Revolutionärer Jugendverband Deutschlands 53, 103 RSF Rote Schüler-Front 58, 103 RZ Revolutionäre Zellen 90 SB Sozialistisches Büro Offenbach 62,97 SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend 29, 103 SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands 16, 18 SEW Sozialistische Einheitspartei Westberlins 20 SHB Sozialistischer Hochschulbund 31,96 SJB Sozialistischer Jugendbund 60 SOdZDL Selbstorganisation der Zivildienstleistenden 36 SRK Soldatenund Reservistenkomitees 47 SSB Sozialistischer Schülerbund 52, 103 SVI Verband der Studentenschaften an Fachhochschulen und höheren Fachschulen 100 TAZ "Tageszeitung" 62 TDF Föderation Demokratischer Arbeitervereine der Türkei in Europa 122 TIKKO Türkische Arbeiterund Bauernbefreiungsarmee 122 TKP Türkische Kommunistische Partei 122 TKP/ML Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten 122 TÖK Konföderation der Studenten aus der Türkei 122 146 UfA Union der fortschrittlichen Araber 112 UHE Vereinigte Kroaten in Europa 119 UHNj Bund der vereinigten Kroaten in Deutschland 119 UJCE Union der Kommunistischen Jugend Spaniens 121 UP Unidad Popular (Chile) 120 UISA Union der islamischen Studentenvereine in Europa 114 UZ Unsere Zeit (Zentralorgan der DKP) 24 VDJ Vereinigung Demokratischer Juristen 38 VDS Vereinigte Deutsche Studentenschaften 100 VK Verband der Kriegsdienstverweigerer 36 VKV Vereinigung Kultur und Volk 50 VMO Vlaamse Militante Ordre 87 VOGA Volksbewegung für Generalamnestie 73 VRV/SR Vereinigung für revolutionäre Volksbildung/Soldaten und Reservisten 47 VSBD/PdA Volkssozialistische Bewegung Deutschlands/Partei der Arbeit 80 VVN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten 34 WBDJ Weltbund der Demokratischen Jugend 17,30 WFR Weltfriedensrat 17,33, 36,37 WJ Wiking-Jugend 76 WSG Wehrsportgruppe Hoffmann 74 ZANU Zimbabwe Afrikan National Union 45,47 147