Verfassungsschutzbericht \Baden-Württemberg 1984 Terrorismus Linksextremismus Rechtsextremismus een Ausländerextremismus Spionageabwehr UVUTLIAISSIETREOSEIT Verfassungsschutzbericht . Baden-Württemberg 1984 Vorwort Der Bestand der Verfassung ist in erster Linie eine Frage ihrer eigenen Stärke. Dies bedeutet: Der Fortbestand der verfassungsmäßigen Ordnung hängt zu allererst davon ab, ob und inwieweit sie von der Bevölkerung als verbindlich anerkannt und mitgetragen wird. Der Konsens der Bevölkerung muß die in der Verfassung niedergelegten Grundwerte und die wesentlichen Organisationsstrukturen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates umfassen. Gerät diese Gemeinsamkeit in Gefahr, so läßt sich die freiheitliche Grundordnung auch nicht mit den Mitteln der Verfassungsschutzorgane aufrechterhalten. Es ist notwendig, daß die Bevölkerung und die Organe des Verfassungsschutzes. bei der Sicherung und Aufrechterhaltung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zusammenwirken. Dies setzt voraus, daß die Öffentlichkeit auf die Gefahren hingewiesen wird, die durch Terrorismus, polititschen Extremismus und Spionage drohen. Diese Information will der vorliegende Verfassungsschutzbericht geben. Er will so zur geistig -- politischen Auseinandersetzung mit den verfassungsfeindlichen Bestrebungen in unserem Lande anregen. Die Beobachtungen der Verfassungsschutzbehörden zeigen -- insbesondere angesichts der Existenz extremistischer und menschenverachtender terroristischer Gruppierungen -- wie notwendig ein wirksamer Schutz der Verfassung ist. Den Mitarbeitern des baden-württembergischen Landesamtes für Verfassungsschutz danke ich für die Erfüllung ihrer schwierigen und verantwortungsvollen Tätigkeit. Die Erfolge ihrer Arbeit lassen sich naturgemäß nur in begrenztem Umfang in der Öffentlichkeit darstellen. Um so mehr verdient ihre Arbeit besondere Anerkennung. no: Dietmar Schlee, MdL Innenminister des Landes Baden-Württemberg Herausgeber: Innenministerium Baden-Württemberg, Dorotheenstraße 6, 7000 Stuttgart 1 Gesamtherstellung: Präzis-Druck GmbH, 7500 Karlsruhe 51 Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers ISSN 0720-3381 2 19 1: Allgemeiner Überblick 19 2. Linksextremistischer Terrorismus 22 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 22 2 "Note Armee Fraktion" (RAF) - Kommandoebene 22 2.1.2 Unterstützerbereich der RAF 26 2.1.2.1 RAF-Umfeld in Baden-Württemberg 28 2.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) 38 Organisationen der "Neuen Linken" 43 3.1 Marxistisch-Leninistische Organisationen 43 3.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 43 Sal-det Ideologisch-politischer Standort 43 3:1.1.2 3:1.1.3 Publikationswesen 45 3.1.1.4 Aktivitäten 47 Slal.o Die "Massenorganisationen" der MLPD 48 3.1.2 "Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" -KPD49 3.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 3.1.4 "Kommunistischer Bund" (KB) 54 3.2 Revolutionär-marxistische Organisationen 54 32.1 "Marxistische Gruppe" (MG) 54 3.2.2 "Kommunistischer Bund Westdeutschland" (KBW) 56 3.3 Trotzkistische Organisationen 57 3.3.1 "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) on 3.3.2 Sonstige trotzkistisch orientierte Vereinigungen 57 3.4 Anarchistische Gruppen 9% 105 1. Allgemeiner Überblick 105 2. Neonazistische Bestrebungen 107 2.1 NS-Gruppen im Bundesgebiet 107 2a. Ehemalige "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) 107 2.1.2 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 114 2.1.3 NS-Gruppe Curt MÜLLER 115 2.1.4 "Deutsche Bürgerinitiative" (DBl) 115 2E1:8 "Bürger - und Bauerninitiative" (BBl) 116 2.2 Neonazistische Aktivitäten in Baden-Württemberg 116 2.3 Gesetzesverletzungen mit rechtsextremem Hintergrund 125 2.4 Maßnahmen gegen rechtsextreme Aktivisten 127 2.5 Internationale Verflechtungen des Rechtsextremismus 128 Nationaldemokratische Organisationen 131 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 131 3.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 137 3.3 "Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 139 "National-Freiheitliche Rechte" 139 Sonstige rechtsextreme Vereinigungen 144 5.1 "Deutsche Freiheitsbewegung" (DDF) 145 5.2 "Wiking -- Jugend" (WJ) 145 5.3 "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) 149 Rechtsextreme Publizistik 149 151 1. Allgemeiner Überblick 151 2. Türken 154 3.4.1 Anarcho-syndikalistische Gruppen 57 3.4.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 61 3:5, Autonome Gruppen 63 Organisationen der "Alten Linken" 66 4.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 66 4.1.1 Ideologisch-politischer Standort 66 4.1.2 Organisation, Mitgliederentwicklung und Finanzierung 69 4.1.3 Publikationswesen und Schulung 72 4.1.4 Verlage und Druckereien 78 4.1.5 Parteitag 78 4.1.6 Beteiligung an Wahlen 80 4.1.6.1 Landtagswahl am 25. März 1984 in Baden-Württemberg 81 4.1.6.2 Europawahl am 17. Juni 1984 83 4.1.6.3 Kommunalwahlen am 28. Oktober 1984 84 in Baden-Württemberg 4.1.7 Schwerpunkte der Agitation 85 4.2 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 89 4.3 "Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) 93 4.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen 95 4.4.1 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) 95 4.4.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) 96 Linksextreme Bestrebungen an den Hochschulen des Landes 97 9.1 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB Spartakus) 99 5.2 "Sozialistischer Hochschulbund" (SHB) 100 9.3 "Marxistisch -- Leninistischer Schülerund Studentenverband" (MLSV) 100 5.4 "Kommunistische Studenten" (KS) 101 5.5 "Marxistisch -- Reichistische Initiative" (MRI) 102 5.6 "Arbeitsgemeinschaft für Revolutionäre Hochschulpolitik" 102 A. Rechtliche Grundlagen 1. Grundgesetz Art. 73 Nr. 10 Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über ... . die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder... zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) ... Art. 87 Abs. 1 Satz 2 Durch Bundesgesetz können... Zentralstellen ... zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 2. Gesetz über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg (Landesverfassungsschutzgesetz -- _ LVSG) vom 17. Oktober 1978 (GBI. S. 553) $1 Zweck des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder. 2a Organisationen der türkischen "Neuen Linken" 155 2 Orthodox-kommunistische türkische Organisationen 162 2.3 Linksextreme kurdische Gruppierungen 163 2.4 Türkische islamisch-nationalistische Vereinigungen 165 2.5 Türkische rechtsextreme Vereinigungen 170 9. Araber 170 4. Jugoslawen 174 4.1 "Kroatischer Nationalrat" (HNV) 174 4.2 "Kroatische Staatsbildende Bewegung" (HPD) 176 4.3 Kosovo - albanische Organisationen 180 .IV. Zur Situation auf dem Gebiet der Spionagebekämpfung 181 1 Allgemeiner Überblick 181 24 Nachrichtendienstliche Aktivitäten * der Ostblockstaaten 183 3. Werbung von Agenten 186 4. Erfolge der Spionagebekämpfung 189 5: Allgemeine Hinweise 190 Si Geheimschutz 190 5:2 Reisen in kommunistisch regierte Länder 192 9:3 Verhaltensregeln bei nachrichtendienstlichen Kontakten 194 V. Anhang 195 Übersicht der Mitgliederentwicklung der wichtigsten extremistischen Gruppierungen 195 Gruppen-, Organisationsund Publikationsregister 198 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimzuhaltenden Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, 4. auf Anforderung der Einstellungsbehörde bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben, sowie auf Anforderung der Beschäftigungsbehörde bei der Überprüfung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei denen der auf Tatsachen beruhende Verdacht besteht, daß sie 'gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. 54 Befugnisse des Verfassungsschutzes (1) Bestehen Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des $ 3 Abs. 1, ist das Landesamt für Verfassungsschutz innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken berechtigt, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die nachrichtendienstlichen Mittel anzuwenden, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. (2) Dem Landesamt für Verfassungsschutz und seinen Angehörigen stehen polizeiliche Befugnisse nicht zu. $5 Amtshilfe und Auskunftserteilung (1) Die Behörden und Einrichtungen des Landes, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte des Landes und das Landesamt für Verfassungsschutz leisten sich gegenseitig Rechtsund Amtshilfe. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist, von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. (3) Die in Absatz 1 genannten Stellen unterrichten von sich aus das Landesamt für Verfassungsschutz über alle Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder dahin gehende Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind; die Polizeidienststellen und -behörden übermitteln darüber hinaus auch alle ihnen bekannten Tatsachen und Unterlagen über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des$3 Abs. 1Nr. 1. 11 $2 Zuständigkeit (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Amt hat seinen Sitz in Stuttgart; es untersteht dem Innenministerium und ist ausschließlich für die Wahrnehmung dieser Aufgaben zuständig. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Die Zuständigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleibt unberührt. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. $3 Aufgaben des Verfassungsschutzes (1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im Öffentlichen Interesse geheimzuhaltende Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens -- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 10 3. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBl. S. 682), geändert durch Gesetz vom 7. August 1972 (BGBl. I S. 1382) $1 (1) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (2) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. $2 (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern errichtet der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des Innern. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund bestimmt jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. 53 (1) Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der nach 82 Abs. 2 bestimmten Behörden ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Ferner wirken das Bundesamt für Verfassungsschutz und die nach $ 2 Abs. 2 bestimmten Behörden mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkennt13 86 Weitergabe von Erkenntnissen an Dritte Das Landesamt für Verfassungsschutz darf seine Erkenntnisse nicht an andere als staatliche Stellen weitergeben, es sei denn, daß dies zum - Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist. Die Entscheidung über die Weitergabe trifft der Innenminister oder sein ständiger Vertreter. 87 Parlamentarische Kontrolle (1) Das Innenministerium unterrichtet den Ständigen Ausschuß des * Landtags über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes halbjährlich sowie auf Verlangen des Ausschusses und aus besonderem Anlaß. (2) Art und Umfang der Unterrichtung des Ständigen Ausschusses werden unter Beachtung des notwendigen Schutzes des Nachrichtenzuganges durch die politische Verantwortung der Landesregierung bestimmt. (3) Die Mitglieder des Ständigen Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes im Ständigen Ausschuß bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ständigen Ausschuß oder aus dem Landtag. (4) Die Unterrichtung umfaßt nicht Angelegenheiten, über die das Innenministerium das Gremium nach Artikel 10 Grundgesetz zu unterrichten hat. $8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung der vorläufigen Regierung über die Errichtung eines Landesamts für Verfassungsschutz vom 10. November 1952 (GBl. S. 49) außer Kraft. 12 B. Verfassungsschutz durch Aufklärung Vorträge und Diskussionen zu Themen des politischen Extremismus und des Verfassungsschutzes. Der Schutz unserer Verfassungsordnung wird nicht nur dadurch erreicht, daß die Verfassungsschutzbehörden Aktivitäten verfassungsfeindlicher Parteien und Organisationen beobachten, auswerten und Regierung und Parlament davon unterrichten, sondern insbesondere auch dadurch, daß die Bürger selbst über Strategie und Taktik extremistischer Vereinigungen informiert werden. Die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus kann auf lange Sicht wirkungsvoll nicht nur repressiv vom Staat, sie muß auch geistigpolitisch von den Bürgern geführt werden. Dies setzt qualifizierte Information voraus. Von dieser Überlegung ausgehend beschloß die Innenministerkonferenz am 9. Dezember 1974 die Konzeption "Verfassungsschutz durch Aufklärung". Sie umfaßt Information und Aufklärung über -- die Verfassung, insbesondere über die Rechte, Pflichten und politischen Beteiligungsmöglichkeiten, die sie den Bürgern einräumt, -- extremistische Strategien und Aktionen, verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Sinne der Verfassungsschutzgesetze und ihre ideologischen Hintergründe, -- gesetzliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation, Arbeitsweise und Probleme des Verfassungsschutzes. In Baden-Württtemberg werden die Aufgaben des Verfassungsschutzes durch Aufklärung vom Referat "Verfassungsschutz" im Innenministerium wahrgenommen. Im Rahmen dieser Konzeption bietet das Innenministerium an, einen Referenten zu Vorträgen und Diskussionen über Themen . des politischen Extremismus und des Verfassungsschutzes zu entsenden. Die entstehenden Kosten trägt das Innenministerium. Das Angebot richtet sich an alle Träger der politischen Bildungsarbeit, an Lehrer, 15 nisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Kontrollbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Zur Wahrung seiner Aufgaben nach Absatz 1 und Absatz 2 ist es befugt, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden. Das Amt darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (4) Die Gerichte und Behörden und das Bundesamt für Verfassungsschutz leisten sich gegenseitig Rechtsund Amtshilfe (Artikel 35 GG). 4 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die in jedem Lande gemäß $ 2 Abs. 2 bestimmte Behörde über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. (2) Die in den Ländern bestimmten Behörden unterrichten das Bundesamt über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen sie Kenntnis erhalten und die für den Bund, die Länder oder eines von ihnen von Wichtigkeit sind. (3) Istgemäß $ 2 Abs. 2 eine andere als die Oberste Landesbehörde bestimmt, so ist die Oberste Landesbehörde gleichzeitig zu benachrichtigen. $5 (1) Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäBige Ordnung des Bundes erfolgt, den Obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. (2) Der Bundesminister des Innern kann im Rahmen des $ 3 den nach & 2 Abs. 2 bestimmten Behörden Weisungen für die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erteilen. & 4 Abs. 3 gilt sinngemäß. 86 Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 14 Interessenten für Vorträge oder Diskussionen können sich an die nachstehend angegebene Kontaktanschrift wenden: ! Innenministerium Baden-Württemberg Referat 'Verfassungsschutz' Postfach 277, 7000 Stuttgart 1 Tel: 0711/20 72 37 68 oder 20 72 37 43 17 Studenten und Schüler, an Einrichtungen der Erwachsenenund Jugendbildung, an politische Parteien, Gewerkschaften, Berufsund Wirtschaftsverbände sowie an kirchliche Institutionen. Vorschläge für Vortragsbzw. Diskussionsthemen: @(r) Verfassungsschutz im demokratischen Rechtsstaat Verfassungsschutz und .die Konzeption der wehrhaften Demokratie Verfassungsschutz und Grundrechte Rechtsgrundlagen, Aufgaben,Organisation und Arbeitsweise der Ämter für Verfassungsschutz Das Landesverfassungsschutzgesetz vom 17. Oktober 1978 Die Befugnisse der Ämter für Verfassungsschutz und ihre politische, parlamentarische und gerichtliche Kontrolle Verfassungsschutz und Datenschutz Verfassungsschuzt und Amitshilfe linksextremer Terrorismus rechtsextremer Terrorismus Organisation Orthodoxer Kommunismus politische K-Gruppen Strategien und undogmatische Neue Linke ideologische alte Rechte Hintergründe neonazistische Gruppen Ausländerextremismus Bündhnispolitik der kommunistischen Parteien und Organisationen Verhältnis des orthodoxen Kommunismus zum Eurokommunismus Analyse rechtsextremer Propagandaund Agitionsmuster Verfassungstreue im öffentlichen Dienst: Rechtslage und Durchführung des Beschlusses der Landesregierung Spionageabwehr 16 I. Linksextremistische Bestrebungen 1. Allgemeiner Überblick Die "Rote Armee Fraktion" (RAF) hat im Jahre 1984 durch personelle und logistische Maßnahmen die Voraussetzungen für die erneute Begehung schwerer Terroranschläge geschaffen. Der von den Terroristen angekündigte.gemeinsame Kampf von "Guerilla -- Widerstand -- Gefangenen" gegen die "Militärmaschine" und den "Repressionsapparat" konzentriert sich auf folgende Anschlagsziele: -- US-, NATOund Bundeswehreinrichtungen sowie deren Repräsentanten, - Firmen mit rüstungsrelevantem Produktionsprogramm, -- Objekte und führende Vertreter des "Justizund Knastapparats". In Verfolgung dieser Planung versuchte am 18. Dezember 1984 ein "Kommando Jan RASPE" einen Sprengstoffanschlag auf die Bundeswehrverwaltungsschule IV (NATO-Schule) in Oberammergau. Am 1. Februar 1985 wurde der Vorstandsvorsitzende der "Motorenund Turbinen-Union" (MTU), Dr. Ernst ZIMMERMANN, in seinem Wohnhaus in Gauting bei München kaltblütig ermordet. Zu dem Anschlag bekannte sich ein "Kommando Patsy O'HARA" der RAF. Im Vorfeld dieser neuen Terrorserie waren ab dem 4. Dezember 1984 über 30 einsitzende terroristische Gewalttäter in einen Hungerstreik getreten. Parallel dazu kam es wenig später im gesamten Bundesgebiet zu einer Vielzahl von Anschlägen und Anschlagsversuchen, mit denen militante RAF-Unterstützer ihre Solidarität mit den Inhaftierten bekundeten. Die Forderung der zwei unmittelbar handelnden Ebenen der RAF (der destterroristischen Umfelds und der der illegalen Kader) nach einer gemeinsamen "Front" wurde damit zumindest in Ansätzen verwirklicht. Den seit Jahren aktiven Unterstützergruppen kommt gesteigerte Bedeutung zu. Aus diesem Potential wurden im Jahre 1984 erneut mindestens zehn Personen für'den Untergrundkampf rekrutiert. Die in der Illegalität operierende Kommando-Ebene dürfte damit wieder auf mehr als 15 Personen angewachsen sein. 19 Ein wenig geschlossenes Bild bieten seit Jahren die vielfältig aufgesplitterten Organisationen der "Neuen Linken". Unter ihnen haben die sogenannten autonomen sowie die anarchistisch orientierten Gruppierungen und Zirkel weiter an Bedeutung gewonnen. Der Umstand, daß sie häufig nur auf örtlicher Ebene organisiert sind und in der Regel nur über wenige Mitglieder verfügen, hindert sie nicht daran, auf aktuelle Problembereiche, die sie zum Ziel ihrer Angriffe erklären, rasch, planvoli und nicht selten gewalttätig zu reagieren. Ein wenigstens 350 Personen umfassendes Potential gewaltbereiter Störer ist nach wie vor in unserem Lande aktiv. Zahlreiche Anschläge, Ausschreitungen, Schmieraktionen und Sachbeschädigungen gehen auf sein Konto. Im Schatten dieser militanten Zirkel agieren die bereits Anfang der siebziger Jahre gegründeten sogenannten K-Gruppen, also die maoistisch, albanisch und trotzkistisch orientierten Vereinigungen. Ihr Bestreben ging dahin, wenigstens den ohnehin stark reduzierten Mitgliederbestand der Vorjahre zu halten. Dies gilt vor allem für den "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) und für die "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD). Der früher äußerst virulente "Kommunistische Bund Westdeutschland" (KBW) verschob seine im Grundsatz bereits feststehende Auflösung noch einmal auf das Jahr 1985. Allein die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) und die "Marxistischen Gruppen" (MG) nahmen eine andere Entwicklung. Die MLPD vermochte die Zahl ihrer Angehörigen bundesweit auf 1.100 (Baden-Württemberg: 550), die MG sogar auf 1.500 (Baden-Württemberg: 60) zu erhöhen. Die stärkste Organisation der moskauorientierten "Alten Linken", die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP), bemühte sich mit unterschiedlichem Erfolg, das Gewicht der Partei zu erweitern und das Mitgliederpotential zu vergrößern. Obschon sie mit all ihren personellen und materiellen Möglichkeiten versuchte, Einfluß auf aktuelle Themen wie "Friedensbewegung" und Tarifauseinandersetzungen zu nehmen, führte dies letztlich zu keinem nennenswerten Sympathiegewinn der Partei, wenngleich sie immer häufiger als Gesprächsund Bündnispartner akzeptiert wird. Zwar gelang der DKP eine leichte Steigerung ihrer Mitgliederzahl, die jetzt bei knapp über 40.000 (Baden-Württemberg: 2.850) liegt, der Stimmenrückgang bei Wahlen setzte sich insgesamt jedoch fort. 2i ssemirde, der |politischenGehngenen| j Aufkleber zum Hungerstreik Die Gruppierungen des RAF-Umfelds haben inzwischen im Vergleich zu früher eine neue Qualität erreicht. Sie verstehen sich als Teil einer "bewaffneten antiimperialistischen Widerstandsfront" gegen die angeblichen Kriegsvorbereitungen der NATO-Staaten sowie gegen die behauptete zunehmende Repression nach innen. Ausmaß und Militanz der den Hungerstreik der Inhaftierten begleitenden Gewaltakte der "Szene" unterstreichen die akute Gefährlichkeit dieser Gruppen. Die Aktivität der "Revolutionären Zellen" (RZ) hat bundesweit erheblich nachgelassen. Wurden im Jahre 1983 noch 25 Anschläge oder Anschlagsversuche registriert (1982: 39), so blieb es 1984 bei 10 Anschlägen (oder Versuchen), die indes erheblichen Sachschaden verursachten. Allerdings ist das zahlenmäßige Zurückgehen spektakulärer Aktionen keinesfalls schon ein Anzeichen für eine fortschreitende Lähmung der Schlagkraft der RZ. Vielmehr deutet dies auf interne grundsätzliche Überlegungen in bezug auf das künftige Vorgehen hin. Für diese Annahme sprechen auch die stärkeren publizistischen Bemühungen der RZ sowie das Eingeständnis des Scheiterns eines Zusammenwirkens mit sogenannten gewaltfreien Gruppen. Räumliche Kristallisationspunkte der RZ-Aktivitäten sind weiterhin Berlin, das Rhein-Main-Gebiet und Nordrhein-Westfalen. Für die Existenz "Revolutionärer Zellen" in Baden-Württemberg gibt es nach wie vor keine konkreten Anhaltspunkte. 20 fangreiches, teilweise verschlüsseltes Schriftmaterial, das sowohl auf weitere, den Sicherheitsbehörden bisher nicht bekannte Depots als auch auf zahlreiche, bereits ausgespähte Zielobjekte der RAF hinwies. Im Sommer 1984 festgenommene terroristische Gewalttäter -- Am 14. Juli 1984 wurde in Karlsruhe ein weiteres Quartier der RAF entdeckt. Offensichtlich war die Wohnung von einigen deram 2. Juli 1984 in Frankfurt am Main festgenommenen mutmaßlichen Terroristen genutzt worden. Möglicherweise hatten sich diese über mehrere Monate in Karlsruhe aufgehalten. Diese Erfolge der Sicherheitsbehörden haben zwar die illegale Kommandoebene der RAF geschwächt, gleichzeitig aber zu der Erkenntnis geführt, daß der Kaderbereich angesichts einer Reihe von abgetauchten Personen wieder personell stärker ist als allgemein angenommen. Die über das ganze Jahr 1984 andauernden Neurekrutierungen wurden offenbar nicht mehr nur nach den in der Vergangenheit üblich gewesenen Kriterien betrieben: während früher nahezu ausnahmslos langjährig "bewährte" und erfahrene Angehörige von RAF-Unterstützergruppen in die Illegalität abberufen wurden, sind in jüngster Zeit auch Personen zu den Kommandos gestoßen, denen bislang im terroristischen Umfeld keine 23 2. Linksextremistischer Terrorismus 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 2.1.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) --Kommandoebene Die terroristische "Rote Armee Fraktion" (RAF) hat nach einer relativen Ruhephase, die sich auf den Zeitraum seit September 1981 erstreckte, eine erneute "Offensive" begonnen. Diese sich abzeichnende neue Aktionsphase ist um so bemerkenswerter, als den Sicherheitsbehörden noch im Frühsommer 1984 mehrere bedeutsame Schläge gegen die illegale Kommandoebene gelungen waren: -- Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung war am 22. Juni 1984 in der Nähe von Deizisau, Kreis Esslingen,eine zunächst unbekannte weibliche Person, die später als Manuela HAPPE identifiziert wurde, festgenommen worden. Die dem Berliner Unterstützerkreis der RAF zuzurechnende junge Frau hatte bei einer Ausweiskontrolle mit einer großkalibrigen Waffe auf zwei Polizeibeamte geschossen, die sie jedoch schließlich überwältigen konnten. Die Begleitumstände der Festnahme sowie die bei Frau HAPPE sichergestellten Unterlagen ließen erkennen, daß die ehemalige Umfeldangehörige sich inzwischen der illegalen Kommandoebene angeschlossen hatte. Bei ihr aufgefundene Notizen machten deutlich, daß sie den Auftrag hatte, den in der Nähe des Festnahmeorts wohnhaften Vorsitzenden Richter des Oberlandesgerichts Stuttgart im Strafverfahren gegen die mutmaßlichen Terroristen Brigitte MOHNHAUPT und Christian KLAR auszuspähen. -- In den Abendstunden des 2. Juli 1984 konnten in einer konspirativen Wohnung der RAF in Frankfurt am Main die mit Haftbefehl gesuchten mutmaßlichen Terroristen Christa ECKES Stefan FREY Ingrid JAKOBSMEIER und Helmut POHL in Begleitung von Barbara ERNST und Ernst STAUB festgenommen werden. In der Wohnung fanden sich unter anderem sechs großkalibrige Waffen, Handgranaten, Funkgeräte, eine größere Summe Bargeld, zahlreiche inund ausländische Ausweise sowie um- ten würde, ließ sich den in der konspirativen Wohnung Frankfurt am Main, Berger Straße 344, gefundenen Unterlagen bereits entnehmen: "Die entscheidende Situation ist: Die Angriffsstruktur muß jetzt in eine Offensive kommen. Wenn nicht: Möglichkeit in der BRD erstmal vorbei..." Nach den Erfahrungen der Vergangenheit bei vergleichbaren Zugriffen konnte schwerlich damit gerechnet werden, daß die Festnahmen mehrerer Kommandomitglieder im Juni/Juliu 1984 mehr als eine zeitlich begrenzte Verzögerung geplanter Anschläge bewirken würden. Dies liegt augenscheinlich in einem Festhalten der RAF an einmal gefaßten "operativen" Entschlüssen begründet, welches inzwischen üblicherweise mit dem Begriff "Planungstreue" gekennzeichnet wird und bei Einschätzungen möglicher terroristischer Aktionen oder Reaktionen im illegalen Kommandbobereich stets in Rechnung gestellt werden muß. Eine fortdauernde Gültigkeit der im (ebenfalls in Frankfurt am Main gefundenen) "Aktionspapier" vom 22. April 1984 formulierten Positionen ist deshalb anzunehmen: "+ " DIE PRAKTISCHE VORSTELLUNG, DIE WIR MIT AM BESTEN FINDEN, IST, DASS WIR - DIE FRONT DRAUSSEN - DIE OFFENSIVE BEGINNEN MIT DEN ANGRIFFEN GEGEN DIE INFRASTRUKTUR IHRER MILITÄRMASCHINE UND DASS DANN DIE GEFANGENEN IHREN ANGRIFF -- HS (Anm.: Hungerstreik) ---MACHEN. UNSERE ÜBERLEGUNG UND VORSTELLUNG IST, DASS, WEIL UNSERE OFFENSIVE DIE GANZE SITUATION VERÄNDERN WIRD,DAS GANZ UNMITTELBAR AUCH DIE AUSGANGSBASIS/DIE BEDINGUNGEN UNSERER GEFANGENEN VERÄNDERT.WEIL DIE SCHWEINE DANN AUCH IN DER SITUATION DES HS DAMIT RECHNEN MÜSSEN, DASS DIE FRONT-WIR-WEITERANGREIFEN ... -.. WIR DENKEN, DASS EINE WICHTIGE ANGRIFFSLINIE DANN DER JUSTIZ-, KNAST-, COUNTERINSURGENCY-APPARAT IST. PFEILER, STÜTZEN, INSTITUTIONEN ... . . . DIE ZWEITE ANGRIFFSLINIE IST DIE FORTFÜHRUNG DER ANGRIFFE GEGEN IHRE MILITÄRMASCHINE! WO WIR GANZ UNMITTELBAR IN DAS KRÄFTEVERHÄLTNIS BEFREIUNG - IMPERIALISMUS EINGREIFEN KÖNNEN ..." 25 erkennbar maßgebliche Bedeutung zukam. Es muß dementsprechend angenommen werden, daß neben mehreren Angehörigen des terroristischen Umfelds noch weitere Personen, die den Sicherheitsbehörden bislang nicht bekannt waren, in die Kommandoebene rekrutiert wurden. Die RAF ist nach alledem noch unberechenbarer geworden als in früheren Jahren, vor allem was die Zahl der noch immer oder erst neuerdings im Untergrund operierenden Mitglieder sowie den Grad der Gefährlichkeit der von ihr geplanten Anschläge angeht. Bereits im Frühjahr 1984 ließ sich allerdings erkennen, daß die RAF bestrebt war, sich auch im logistischen Bereich (wo sie durch die Entdekkung mehrerer Erddepots im Spätjahr 1982 einen schweren Einbruch erlitten hatte) wieder zu konsolidieren: -- Am 26. März 1984 erbeuteten vier bewaffnete Personen bei einem Raubüberfall auf eine Bank in Würzburg Bargeld in Höhe von 171.000,DM. Die Gesamtumstände der Tatvorbereitung und -ausführung ließen schon sehr frühzeitig eine Urheberschaft der RAF vermuten. Bestätigt wurde diese Annahme, als bei der im Juni 1984 festgenommenen Manuela HAPPE Geld aus diesem Überfall sichergestellt werden konnte. -- Am5. November 1984 wurde in Maxdorf bei Ludwigshafen ein Waffengeschäft überfallen. Die beiden männlichen Täter erbeuteten 21 großkalibrige Faustfeuerwaffen, zwei Vorderschaftrepetierflinten und 2.850 Schuß Munition. Im Zusammenhang mit dem Überfall wurden zwei Fahrzeuge verwendet, die unter falschen Namen in Mannheim angemietet und nicht zurückgegeben worden waren. Die bei der Anmietung der Fahrzeuge verwendeten (gestohlenen) Personalpapiere waren in Unterlagen aufgelistet, die im Juli 1984 in der konspirativen Wohnung der RAF in Frankfurt am Main hatten sichergestellt werden können. Insgesamt ist festzustellen, daß die RAF sowohl personell als auch logistisch wieder in der Lage ist, schwere Terroranschläge auszuführen. Sichere Anhaltspunkte gibt es ferner für eine Zusammenarbeit mit mehreren westeuropäischen Guerillagruppen, was der aktuellen Bedrohung einen zusätzlichen Akzent verleiht. Durch die exekutiven Zugriffe im Frühsommer des Jahres 1984 wurde noch einmal unterstrichen, daß Baden-Württemberg unverändert als bevorzugte Operationsbasis der RAF anzusehen ist. Das nachgewiesene Auftreten von Kadermitgliedern im hiesigen Bereich dürfte vor allem auf die räumliche Konzentration hochrangiger Kommandostellen und Stäbe der NATO sowie zentraler staatlicher Institutionen, die gleichermaßen als potentielle Zielobjekte dieser Terroristengruppe gelten müssen, zurückzuführen sein. Daß die Gefährdung dieser militärischen und zivilen Einrichtungen im Laufe des Jahres 1984 wieder in ein konkretes Stadium tre24 ger Unterstützerin Barbara ERNST, die am 2. Juli 1984 in Frankfurt am Main zusammen mit mehreren Kadermitgliedern ergriffen werden konnte. Des weiteren ist sehr wahrscheinlich, daß auch die Stuttgarter RAFUmfeldangehörige Eva HAULE-FRIMPONG sich den illegalen Kadern angeschlossen hat. Sie hatte zu den im Juni und Juli 1984 festgenommenen RAF-Angehörigen bereits Verbindungen unterhalten und wird seit Juli 1984 mit Haftbefehl gesucht. Es gibt dringende Gründe für die Annahme, daß noch weitere Personen aus der "politischen" Ebene, darunter auch einige Aktivisten aus Baden-Württemberg, inzwischen zum illegalen Kommandobereich der RAF gestoßen sind. In Betracht kommt ferner die Unterstützung im logistischen Bereich. Zumindest bei der Beschaffung konspirativer Wohnungen für die Illegalen dürfte erprobten Umfeldangehörigen eine vermittelnde Aufgabe zukommen. Als Wohnungsgeber tritt dann eine Person ohne extremistischen Vorlauf auf, die den Sicherheitsbehörden noch nicht bekannt ist. Auf diese Taktik war bereits in einem im Jahre 1980 in einer konspirativen Wohnung der RAF in Heidelberg aufgefundenen "StrategiepaPier" hingewiesen worden: "Nur die, die cool sind, können z. B. Buden zur Verfügung stellen." Schließlich muß die Zusammenstellung von Informationsmaterial für die Illegalen als wichtige Aufgabe angesehen werden. In der im Juli 1984 in Frankfurt am Main aufgefundenen Wohnung fanden sich Aufzeichnungen über militärische Einrichtungen, Justiz, Sicherheitsbehörden, Wirtschaft und Politik. Hierzu hieß es in dem oben zitierten "Strategiepapier": ". . . Ein weiterer Job der Leg. (Legalen): der Aufbau eines Archivs, das sich auf op. (operatives) Wissen über Typen u. Institut. (Institutionen) aus allen Bereichen beschränkt..." 27 Die Ankündigung von Brigitte MOHNHAUPT und Christian KLAR am 4. Dezember 1984 in der Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, in den Hungerstreik zu treten, dem sich innerhalb weniger Tage nahezu alle inhaftierten mutmaßlichen und abgeurteilten Terroristen sowie mehrere "Gefangene aus dem antiimperialistischen Widerstand" anschlossen, mußte als Versuch, die erwartete "Offensive" der RAF zu begleiten, gewertet werden. Der durch die Aufmerksamkeit mehrerer Soldaten verhinderte Sprengstoffanschlag auf die Bundeswehrverwaltungsschule IV ("NATO-Schule") in Oberammergau am 18. Dezember 1984 markierte den Anfang des "militärischen Angriffs" der Illegalen, während nahezu gleichzeitig "militante Aktionen" der Unterstützerszene einsetzten. Damit hat die RAF zum Jahresende 1984 - vermutlich unter Einsatz all ihrer Kräfte und Möglichkeiten -- die geplante terroristische "Offensive" gleichsam "planungstreu" begonnen. 2.1.2 Unterstützerbereich der RAF Die Entwicklung der RAF im Jahre 1984 hat erneut den hohen Stellenwert des terroristischen Umfelds für die Lebensfähigkeit dieser sich als Guerilla verstehenden Gruppierung unter Beweis gestellt. Seit Jahren wird von den zwei unmittelbar handelnden Ebenen der RAF (der des terroristischen Umfelds und der des illegalen Untergrunds) die Forderung nach einer (gemeinsamen) Front erhoben. Dieser Gedanke scheint zumindest in Ansätzen verwirklicht zu sein, so daß nicht mehr in jedem Fall sicher beurteilt werden kann, inwieweit Umfeldangehörige noch dem "politischen" oder bereits dem "militärischen" Bereich der RAF zugerechnet werden müssen. Denkbar ist, daß einige Aktivisten noch in der Legalität leben, obwohl sie -- zumindest zeitweise -- bereits nahe am Kommandobereich operieren. Hinzu kommt, daß inzwischen sehr viel häufiger als früher Anschläge auch von Angehörigen der Unterstützerszene begangen werden. Trotz dieses zunehmend zu beobachtenden Verschwimmens der bisherigen Konturen bleibt bezüglich der Aufgaben der Unterstützergruppen der RAF folgendes festzustellen: - Der RAF-Unterstützerbereich dient nach wie vor als Rekrutierungsbasis für die illegalen Kader. Aktuelle Beispiele hierfür sind die am 22. Juni 1984 in Deizisau, Kreis Esslingen, festgenommene Manuela HAPPE - sie gehörte früher dem RAF-Umfeld in Berlin und Hannover an - sowie die ehemalige Hambur26 Rein zahlenmäßig sind 1984 die öffentlichen Aktionen dieses Personenkreises insgesamt spürbar zurückgegangen. Hierfür dürfte vor allem in der ersten Jahreshälfte eine gewisse Orientierungslosigkeit der einzelnen Gruppierungen des terroristischen Umfelds ursächlich gewesen sein, wie sie beispielsweise in einem Flugblatt der "Muniticnstransport-Initiative" in Mannheim artikuliert wurde: ". . . die letzten monate plagte uns ein personeller schrumpfungsprozess, nach dessen ende wir unsere treffen weiterhin in erster linie mit der austragung persönlicher konflikte nebst wenigen, aber umso ätzenderen perspektivdiskutierereien zubrachten. solchermaßen restlos entnervt, waren wir nahe dran, den ganzen krempel hinzuschmeißen. als das in einem gemeinsamen kraftakt überstanden war, ging's wieder aufwärts: wir haben gemerkt, daß aufzuhören doch nur bedeutet hätte, neuerlich in den altbekannten kreislauf reinzurutschen (neue Gruppe + neues thema > übertriebene hoffnungen + ungeduld > mißerfolg $ übertriebene niedergeschlagenheit $ erholungsphase $ neue gruppe...etc" resignation).. ." Wegen dieser zeitweiligen internen Probleme (die allerdings spätestens mit dem Beginn des Hungerstreiks der einsitzenden "Gefangenen aus der RAF und dem antiimperialistischen Widerstand" am 4. Dezember 1984 einer allgemeinen neuen Aufbruchstimmung wichen) wandten sich einzelne Aktivisten der Unterstützerszene in Baden-Württemberg wieder in stärkerem Maße militantem, konspirativem Handeln zu. So wurden im ersten Halbjahr 1984 zwei Aktionen durchgeführt, die offenbar unter Beweis stellen sollten, daß die Angehörigen des RAF-Umfelds durchaus zu selbständigen "kämpferischen Aktionen" bereit und in der Lage sind: -- In den Morgenstunden des 11. Mai 1984 wurde auf vier BundeswehrLastkraftwagen, die auf dem Gelände der Mackensen-Kaserne in Karlsruhe abgestellt waren, ein Brandanschlag verübt. Die Fahrzeuge brannten völlig aus. Es entstand ein Sachschaden von etwa 150.000,DM. In dem schriftlichen Tatbekenntnis wurde die Aktion wie folgt begründet: ". . . Es ist ja klar, daß die BRD mächtiger Teilhaber an der weltweiten Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen durch den Imperialismus ist. Militärisch stützt sie sich dabei auf die Bundeswehr, auch wenn ihre Einflußnahme bisher nur indirekt war... Ganz zu schweigen von der Rolle der Bundeswehr, die sie zur Aufrechterhaltung der 'Inneren Sicherheit' spielen soll. Grund genug, ihre Einrichtungen, nicht die Soldaten, mit Sabotage und Anschlägen zu beehren .. ." 29 Mehrere der im Sommer 1984 sichergestellten Schriften wurden von RAF-Umfeldangehörigen erstellt oder von diesen verbreitet. -- Neben dieser direkten Unterstützung illegaler Kader versuchen die Personen des terroristischen Umfelds, RAF-spezifische Themen in die Öffentlichkeit zu tragen. Zum einen sollen dadurch die Forderungen und Ziele der RAF verbreitet werden, zum anderen ist die Absicht unverkennbar, durch entsprechende Agitation auf bestimmte potentielle Angriffsobjekte aufmerksam zu machen, um damit "Szene" und Öffentlichkeit indirekt auf gewaltsame Aktionen vorzubereiten. Im Mittelpunkt solcher polemisch eingefärbter Zielansprachen standen im vergangenen Jahr besonders die "NATO-Militärmaschine" und der "staatliche Repressionsapparat". Parole des RAF-Umfeldes 2.1.2.1 RAF-Umfeld in Baden-Württemberg Das kaum exakt abzugrenzende Unterstützerpotential der RAF konzentriert sich in Baden-Württemberg nach wie vor auf die Städte Karlsruhe, Heidelberg, Mannheim und Stuttgart. Während die Gruppen im Raum Heidelberg / Mannheim gegenüber den Vorjahren an Gewicht eingebüßt haben, konnten sich die der terroristischen Randszene zuzurechnenden Zirkel in Freiburg und Tübingen weiter verfestigen. 28 Rassismus sowie gegendie Stationierung amerikanischer Mittelstrekkenraketen in Mutlangen protestieren. Abschließend wurde gefordert: "KRIEG DEM IMPERIALISTISCHEN KRIEGI! ZUSAMMENLEGUNG DER GEFANGENEN AIS RAF UND WIDERSTAND!! SOFORTIGE VERLEGUNG VON BERND RÖSSNER IN DIE GRUPPE NACH CELLEI! DIE PROLETARISCHE GEGENMACHT AUFBAUEN! DIE ANTIIMPERIALISTISCHE FRONT ORGANISIEREN!! VIEL LIEBE UND KRAFT ALLEN UNSEREN GEFANGENEN GENOSSEN UND GENOSSINNEN!I!" Obwohl sich zu dem Anschlag eine "Revolutionäre Zelle" bekannte, bestehen dennoch erhebliche Zweifel an der Urheberschaft einer solchen. Allein im Hinblick auf Aussage und Diktion des Bekennerschreibens erscheint ein Handeln des RAF-Umfelds naheliegender. Die Anschläge in Karlsruhe und Lorch sind augenscheinlich im Zusammenhang mit der seit Jahren sowohl vom Kommancobereich der RAF als auch von deren Umfeld erhobenen Forderung nach einer Front zu sehen. Wie weit diese Vorstellung der Verbindung von bewaffnetem Kampf, militantem Widerstand und "politischer Umsetzung" inzwischen Wirklichkeit wurde, zeigen die Ereignisse nach Beginn des neuerlichen bundesweiten Hungerstreiks seit 4. Dezember 1984. Insbesondere die Umfeldgruppen in Baden-Württemberg versuchten, rasch und auf vielfältige Weise (unter Einbeziehung auch von Gewaltakten) die Forderungen der Gefangenen einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln. Den "politischen" Bemühungen folgten -- entsprechend dem Konzept der gemeinsamen Front -- dann auch militante Aktionen der Unterstützerszene, die in Baden-Württemberg am 25. Dezember 1984 mit dem Anschlag auf das Regionale Rechenzentrum in Reutlingen und am 30. Dezember 1984 mit einem Sprengstoffanschlag auf eine Sendeanlage der amerikanischen Armeein FOINgERD bei Mannheim erste Höhepunkte erreichten. Es ist nicht zu übersehen, daß diese aktuelle Entwicklung, die teilweise mit geradezu euphorischen Erwartungen verknüpft wurde, den Umfeldgruppen der RAF neuen Auftrieb gegeben hat. Diese, das Jahresende 1984 beherrschende Stimmungslage der "Szene" unterscheidet sich freilich wesentlich von der "Routine" der Umfeldarbeit im abgelaufenen Jahr: 31 Die Bekennung schloß mit den Forderungen: "BRD raus aus der NATO, NATO zerschlagen" und "Freiheit für alle pol. Gefangenen". -- Am 13. Juni 1984 ging einer Zeitungsredaktion in Stuttgart ein Bekennerschreiben zu einem (bis dahin nicht bekanntgewesenen) Sprengstoffanschlag auf die NATO-Pipeline bei Lorch/Kreis Schwäbisch Gmünd zu. Im Zuge der daraufhin eingeleiteten polizeilichen Ermittlungen wurde in einer Waldschneise bei Lorch ein etwa ein Meter tiefer und drei Meter breiter Sprengtrichter entdeckt, der durch die Explosion einer unkonventionellen Sprengvorrichtung entstanden war. Die Pipeline wurde zwar geringfügig beschädigt, ein Leck entstand jedoch nicht. In dem von einer angeblichen "Revolutionären Zelle" gezeichneten Tatbekenntnis wurde der Anschlag damit begründet, daß das militärische Treibstoffnetz "Teil der imperialistischen Kriegsvorbereitungen" sei. Mit der Aktion wolle man ferner gegen Automatisierung, Sexismus und 30 Plakataufruf zur Solidarität mit den "Gefangenen der RAF" 33 So orientierten sich die Kampagnen des terroristischen Umfelds über weite Teile des Jahres 1984 an Themen, die die "politischen Gefangenen" und deren "unmenschliche Haftsituation" betrafen. Zum Jahresanfang bildete die "Grußaktion für politische Gefangene" einen Schwerpunkt in der "Szenenarbeit". Zur Umgehung "staatlicher Restriktionen" in den Vollzugsanstalten war bereits im Spätjahr 1983 beschlossen worden, "durch Aktivierung einer breiten Basis der praktizierten Kontaktsperre ... (entgegenzutreten)". Hierzu sollte eine Vielzahl sogenannter Info-Pakete an Gefangene versandt werden. In einem Aufruf zu dieser "Grußaktion" wurde indes -- neben der vorgeblich humanitären Absicht -- der eigentliche Hintergrund für das Vorhaben sichtbar: "der kampf gegen die isolationsfolter ist ein kampf für die revolution". In einer seit August 1984 verbreiteten Publikation mit dem Titel "Aufarbeitung der Grußaktion an alle politischen Gefangenen" wurde denn auch offen bekannt: " " . 88 geht also nicht darum, was 'für' die gefangenen zu machen, sondern zusammen mit den gefangenen zu kämpfen... den einen pfeiler: 'illegales informationssystem' aus dem ganzen projekt des staates, seiner inneren aufstandsbekämpfung, sich rauszunehmen und anzugehen, ist ja richtig. man darf dabei aber nicht den blick für das ganze verlieren, weil man sonst den blick dafür verliert, was wir insgesamt kippen wollen und um welchen fight es geht." Trotz einer breit angelegten Kampagne verfehlte die Aktion das angestrebte Ziel, die Vollzugsanstalten mit einer Vielzahl von Publikationen und Infromationen an die Gefangenen zu "überschwemmen" und dadurch die angebliche Kontaktsperre zu durchbrechen. Zwar hatten sich neben linksextremen auch mehrere linksorientierte Gruppierungen bereitgefunden, Informationsmaterial zu versenden, jedoch wollten diese in aller Regel nicht in eine dauernde Kommunikation mit den Gefangenen eintreten. Ihre Kritik bezog sich in erster Linie darauf, daß die Aktion zu sehr auf die "Gefangenen aus der RAF" ausgerichtet sei. So fanden auch mehrere von Angehörigen des RAF-Umfelds aus diesem Anlaß initiierte Treffen und Veranstaltungen kaum Resonanz. Traditioneller Schwerpunkt der Arbeit des RAF-Umfelds blieb die Betreuung inhaftierter Terroristen sowie die Agitation im Zusammenhang mit aktuellen Strafverfahren gegen mutmaßliche terroristische Gewalttäter. 32 Vor Beginn des ersten Verhandlungstages hatten die dem Mehrzweckgebäude in Stuttgart-Stammheim zustrebenden Besucher -- darunter zahlreiche Angehörige des RAF-Unterstützerbereichs aus dem gesamten Bundesgebiet -- sich geschlossen vor dem Eingang versammelt und in Sprechchören unter anderem die "Zusammenlegung der Gefangenen aus Guerilla und Widerstand" gefordert. Mit besonderem Interesse wurden vom RAF-Umfeld die Zeugenaussagen anderer inhaftierter Terroristen sowie die angekündigten "politischen Erklärungen" der Angeklagten erwartet. Die vermutlich selbst für die "Szene" schwer verständlichen Erklärungen von Brigitte MOHNHAUPT und Christian KLAR wurden freilich ohne besondere Reaktionen seitens der sympathisierenden Zuhörer aufgenommen. Seit dem 11. Oktober 1983 wird vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen die mutmaßlichen Terroristen Adelheid SCHULZ und Rolf Clemens WAGNER verhandelt. Sie sind unter anderem angeklagt, im Jahre 1977 an der Entführung und Ermordung von Dr. Hanns-Martin SCHLEYER und seiner vier Begleiter beteiligt gewesen zu sein. In Frankfurt am Main begann am 10. Mai 1984 vor dem dortigen Oberlandesgericht die Hauptverhandlung gegen Gisela DUTZI. Die ehemalige RAF-Umfeldangehörige aus Mannheim hatte sich vermutlich im Jahre 1980 der illegalen Kommandoebene angeschlossen. Ihr wird zur Last gelegt, der RAF als Mitglied angehört zu haben und am 15. September 1982 an einem bewaffneten Banküberfall in Bochum beteiligt gewesen zu sein. Am 7. Mai 1984 verkündete das Oberlandesgericht Stuttgart nach 15monatiger Verhandlungsdauer das Urteil im Strafverfahren gegen Peter Jürgen BOOCK. Das Gericht befand den Angeklagten für schuldig, an der Ermordung von Jürgen PONTO, Dr. Hanns-Martin SCHLEYER und seiner vier Begleiter sowie an dem versuchten Anschlag auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe (alle diese Gewaltakte waren im Jahre 1977 verübt worden) beteiligt gewesen zu sein. Gegen Peter Jürgen BOOCK wurden dreimal eine lebenslange und eine weitere 15jährige Frei'heitsstrafe verhängt. Im Gegensatz zu der durch engagierte Teilnahme gekennzeichneten Situation während der Strafverfahren gegen KLAR/MOHNHAUPT, SCHULZ/WAGNER und DUTZI fand die Hauptverhandlung :gegen den beim RAF-Umfeld als "Verräter" geltenden Peter Jürgen BOOCK in der "Szene" kaum Interesse. 35 So wurde im Februar 1984 in der Stuttgarter Alternativzeitschrift "s'Blättle" der Aufruf zum Besuch von Hauptverhandlungen wie folgt begründet: ". . . Inden Prozessen können wir direkt viel von den Gefangenen mitkriegen, gerade dazu, wie wir mit ihnen die Zusammenlegung durchsetzen können. In die Prozesse zu gehen, hieße dann auch, das, was die Gefangenen sagen, nicht bloß öffentlich zu machen, sondern es auch in den eigenen Kampf einzubeziehen." Am 1. Februar 1984 begann vor dem Oberlandesgericht Stuttgart die Hauptverhandlung gegen Brigitte MOHNHAUPT und Christian KLAR. Den Angeklagten wird unter anderem vorgeworfen, im Jahre 1977 an den Mordanschlägen auf Generalbundesanwalt BUBACK, auf den Bankier Jürgen PONTO und auf Dr. Hanns-Martin SCHLEYER beteiligt gewesen zu sein. Solidarität mil den Gef inden (So-RÜer-Knrästen I eg er ammizp: Ir > BE} xx : N u) 34 Deutsche Bundesbahn Bundesbahndirektion Stuttgart Wenn Sie weitere Fragen an uns haben, wählen sie die Nr. 0711/2092-1 und verlangen Sie das Dezernat Eisenbahn der Verkehrskommandatur des Wehrbereichskommandos V. Agitation gegen Munitionstransporte 37 Fortgesetzt wurde 1984 vom RAF-Umfeld in Baden-Württemberg die ursprünglich weitgehend von linksextremistischen Kreisen in Norddeutschland getragene bundesweite Kampagne gegen die "NATO-Munitionstransporte". Der "Kampf gegen die Bombenzüge" war bereits 1983 als "ein neuer angriffspunkt . . . entdeckt (worden), von dem man sich die konkrete behinderung des militärischen apparats versprach, um so der erkannten kriegsvorbereitung mal was effektives entgegensetzen zu können." Allerdings gingen die Aktivitäten allmählich zurück, da man dem eigentlichen Ziel, die Transporte zu behindern und schließlich zu verhindern, kaum näher kam. Anders als im norddeutschen Raum, wo es mehrfach zu massiven Blockadeaktionen gegen Munitionsschiffe und -züge kam, gelang es den süddeutschen Gruppen nicht, auf den Ablauf der Transporte Einfluß zunehmen. So konzentrierte man sich vornehmlich auf Agitation: Im März 1984 wurden in Nahverkehrszügen im Großraum Stuttgart den "Zugbegleitern" der Deutschen Bundesbahn nachempfundene Faltblätter ausgelegt, die auf die Munitionstransporte aufmerksam machen sollten. Unter dem Motto: "Die Bahn informiert: unser System Munitionstransporte" wurde darin in polemischer Form auf den Transport militärischen Materials auf dem Schienenwege hingewiesen: ". . ". Splitterbomben, Granaten, Napalm, Phosphor oder gar Raketen und radioaktives Material, wir vertrauen voll unseren Kunden und transportieren alles nach der Devise: schnell, diskret undtodsicher! .. Selbstverständlich gehören auch die Bundeswehr und die französische und die britische Armee zu unserem treuen Kundenkreis. Jahr für Jahr werden uns hunderttausende Tonnen Kriegsgerät, Panzer, Kanonen, Militär-LKW's und eine erhebliche Anzahl von NATO-Soldaten anvertraut. Ob von Bremerhaven (Hauptumschlagplatz für militärisches Gerät) nach Nordoder Süddeutschland und umgekehrt, oder kreuz und quer von Kaserne zu Kaserne und Truppenübungsplatz, die Bahn fährt Tag und Nacht!" Gewaltakte der RZ und ihrer Frauengruppe "Rote Zora" ist allerdings im Vergleich zu denen der vergangenen Jahre deutlich zurückgegangen. Waren etwa im Jahre 1983 bundesweit noch 25 Anschläge oder Anschlagsversuche registriert worden, so blieb es 1984 bei 10 Anschlägen (oder Versuchen), die allerdings zum Teil erheblichen Sachschaden verursachten. Freilich darf dieser zahlenmäßige Rückgang keinesfalls als Anzeichen für eine fortschreitende Lähmung der Schlagkraft der RZ gewertet werden. Vielmehr weist dieses Verhalten eher auf eine Phase interner Neuorientierung dieser terroristischen Kleingruppen hin, was mit den seit einiger Zeit festzustellenden verstärkten publizistischen Aktivitäten in Richtung auf eine grundsätzliche theoretische Aufarbeitung aktueller Probleme zusammenhängen dürfte. Nachdem den "Revolutionären Zellen" in den vergangenen Jahren insbesondere von "autonomen" Gruppen mehrfach der Vorwurf gemacht worden war, sich zu sehr als Avantgarde zu verstehen, haben sie es in ihren jüngsten Papieren strikt vermieden, wie früher "Rezepte" und Anleitungen für Widerstandsformen aufzuzeigen. Sie geben nun stattdessen vor, das "Bewußtsein für den Klassenkampf" fördern zu wollen. In ihren seit 1983 herausgegebenen Schriften bekennen die Verfasser, die Versuche der RZ, mit sogenannten gewaltfreien Gruppen zusammenzuarbeiten -- etwa beim Bau der "Startbahn West" des Frankfurter Flughafens oder im Rahmen der "Friedensbewegung" --, seien gescheitert. So heißt es in einem seit Januar 1984 zirkulierenden "Diskussionspapier" der "Revolutionären Zellen / Rote Zora" mit dem Titel "In Gefahr und höchster Not, bringt der Mittelweg den Tod. Krise -- Krieg -- Friedensbewegung'": "Solange eine radikale Massenbewegung nicht in Sicht ist, die im Widerstand gegen die imperialistischen Vernichtungsstrategien zugleich die Machtfrage stellt, bleibt uns keine andere Wahl: unsere Politik muß weiterhin auf eine Stärkung der Linken, auf ihre Radikalisierung und erweiterte Militanz abzielen. Sie darf sich nicht auf Ausschnitte der gesellschaftlichen Wirklichkeit angesichts einer vermeintlichen 'Hauptgefahr' begrenzen, sondern muß das System in seiner Totalität angreifen und die Verbindungslinien zwischen Krise und Krieg, zwischen sozialer Verarmung in den Metropolen und Verelendung und Vernichtung in der 3. Welt, zwischen Sexismus und Rassismus, zwischen technologisch vermitteltem Angriff von oben und ökologischer Verödung ziehen... ." 39 An anderer Stelle heißt es: "Auch wenn wir zu unserem Bedauern zur Zeit viele Nebenstrecken für den Personenverkehr schließen und die Fahrpreise ständig erhöhen müssen, unsere Angebote für Kriegstransporte bauen wir weiter aus. Der steigende Bedarf an Munition und Kriegsgerät ist für uns richtungsweisend für die 9Der Jahre. Leider gibt es in letzter Zeit immer mehr Menschen, die dies nicht verstehen wollen und uns in unserer zukunftsweisenden Arbeit behindern wollen. Wir können Ihnen aber versichern, daß die Polizei, Justiz und die deutsch/amerikanischen Geheimdienste nichts unversucht lassen werden, diese Gruppen zu beseitigen und zu gefährlichen Kriminellen abzustempeln. Diese unbequemen Menschen rufen doch allen Ernstes zum Widerstand gegen die NATO und ihre Kriege auf! ...." In einem im April 1984 verbreiteten Flugblatt der Mannheimer "Initiative gegen Munitionstransporte* kamen die Verfasser -- nach dem Eingeständnis, von dem ursprünglich gesetzten Ziel, Munitionstransporte zu behindern, "noch immer weit entfernt" zu sein -- zu dem Schluß, daß es sich lohne, sich auch weiterhin mit den Munitionstransporten zu beschäftigen, da "der militärapparat mit den uns zur verfügung stehenden aktionsmöglichkeiten noch am ehesten bei (munitions-) nachschub gestört werden kann..." Am 27. Juli 1984 wurden in Mannheim fingierte Postwurfsendungen der "Stadt Mannheim - Amt für Zivilschutz" verbreitet, durch die die Öffentlichkeit auf die angeblich ständig zunehmenden Munitionstransporte der US-Armee aufmerksam gemacht werden sollte. 2.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) Die terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ) setzten auch im Jahre 19834, überwiegend aus der "Legalität" heraus, ihre an aktuellen gesellschaftspolitischen Themen orientierten Aktivitäten fort. Die Zahl der 38 IN GEFAHR UND Höchster Nor, BRINGT ER Mrrisiwes zen To> Krise Krieg Friedensvewegung Bewegung ist nicht Alles I Dis "Problemedes US -Imperialiemus und die "Wunderwatte" Di BRD - "Gase oder die Ar. 2 der NATO Imperialismus und 3. Walt: Der Pankrett nationaler Entwicklungemodslle Der Osthlock - ein blinder Flack in derpolitischen Cfeographis dar "Linken Dis Entspannungspolitik - sinLeshrbeispiel politökensmischer Ruinierung Neus Formen der Rsichtumsukkmulation und Herrschaftsicherung Lauer btarbit - und Kalter Winter ? Fragen keins Razepts nung Diskussionspapier Revolutionäre Zellen Rote Zora RZ-Schrift 41 An anderer Stelle des Papiers wird ausgeführt: "+. . Daß die neuen sozialen Bewegungen keinen Schutz darstellen, in dessen Schatten sich Militanz organisieren läßt, hat die Friedensbewegung hinlänglich bewiesen. Eine radikale Linke, deren Selbstverständnis darin besteht, Widerstand immer wieder zu ermöglichen, muß sich eigene Strukturen von Subversion und Illegalität schaffen, um unberechenbar, unfaßbar, unbesiegbar zu bleiben." In einer weiteren Schrift, die erstmals im März 1984 festgestellt wurde, griffen die "Revolutionären Zellen" die Diskussion um die "35-StundenWoche" auf. In der mit "Wolf im Schafspelz" überschriebenen Publikation wird die Forderung der Gewerkschaften nach einer umfassenden Arbeitszeitverkürzung abgelehnt und die Gewerkschaftsführung im Grundsätzlichen kritisiert. Die "Linke" wird gewarnt, sich in dieser Frage auf eine Aktionseinheit mit Kräften einzulassen, denen gar nichts an der Bekämpfung des "Systems" in seiner Gesamtheit gelegen sei, sondern deren eigentliches Anliegen die Entschärfung des "allerorts diagnostizierten sozialen Sprengstoffs" sei. In der Zeitschrift "Emma" Nr. 6 vom Juni 1984 äußerte sich die Frauengruppe der "Revolutionären Zellen", die "Rote Zora", zu ihrem Selbstverständnis. Der Beitrag, in dem Entstehung, Struktur und Zielsetzung der Gruppe dargelegt werden, enthält unter anderem auch Ausführungen über das Verhältnis der "Roten Zora" zu den RZ: "Rote Zora soll... ausdrücken, daß wir die gleichen grundsätze wie die rz's haben, dieselbe konzeption, illegale strukturen aufzubauen..." Unter dem Leitsatz "Radikaler Frauenkampf und Gesetzestreue -- das geht nicht zusammen"! wird ausgeführt: ". .. . wir halten es für eine absolute notwendigkeit, die ausbeutung der frau... aus dem privatbereich herauszureißen und mit feuer und flamme unsere wut und unseren zorn darüber zu zeigen... wir beschränken uns allerdings nicht auf strukturen direkter, d.h. augenscheinlicher frauenunterdrückung. Als frauen sind wir ebenso von den gesellschaftlichen gewaltverhältnissen insgesamt betroffen ... wir wollen keine linke' arbeitsteilung nach dem motto: die frauen für die frauenfragen, die männer für allgemeinpolitische themen .. ." 40 Insgesamt dürfte es den "Revolutionären Zellen" im Jahre 1984 nicht gelungen sein, die zahlenmäßige Stärke ihrer terroristischen Kleingruppen zu vergrößern. Vor allem in Baden-Württemberg gibt es nach wie vor keine konkreten Anhaltspunkte für die Existenz einer "Revolutionären Zelle". So gab es in diesem Jahr keinen eindeutig einer solchen Gruppe zuzurechnenden Anschlag in unserem Land. Die weiter ansteigende Gewaltbereitschaft militanter "autonomer" Gruppen zeigt jedoch, daß die Taktik der RZ unverändert Anklang findet und nachgeahmt wird. 3. Organisationen der "Neuen Linken" 3.1 Marxistisch-Leninistische Organisationen 3.1.1. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die im Jahre 1982 aus dem "Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) hervorgegangene "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) blieb die bei weitem stärkste Kraft im Bereich der dogmatischen "Neuen Linken", wenn auch eine gewisse Stagnation in der Parteiarbeit eintrat. 3.1.1.1. Ideologisch-politischer Standort Die MLPD bekennt sich nach wie vor ohne jede Einschränkung zu den Lehren von MARX, ENGELS, LENIN und STALIN und behauptet, als "einzige Partei in der BRD" an den Ideen MAO TSETUNG ss festzuhalten. Insbesondere dessen Vorstellung von der "Großen Proletarischen Kulturrevolution (als) höchste Form des Klassenkampfes" zeige den Arbeitern auf der ganzen Welt, daß "sie nicht nur ihre eigene politische Herrschaft errichten, sondern sie auch erfolgreich verteidigen" können. Unverändert scharf kritisiert die Organisation indes die derzeitige politische Führung der Volksrepublik China, die sie als "kapitalistische Bürokratenclique" bezeichnet, welche die Wiederherstellung des Kapitalismus in China zu verantworten habe. In ihrem offenkundig übersteigerten Selbstverständnis sieht sich die MLPD als "Teil der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung" und als "Erbe der revolutionären Tradition des deutschen Proletariats und seiner großen Führer Karl LIEB43 Um die Öffentlichkeit über die in der Gesellschaft angeblich permanent betriebene Anwendung von Gewalt gegen Frauen "aufzuklären" -- so die "Rote Zora" --, ".. . sabotieren, boykottieren wir, fügen schaden zu, rächen uns für erfahrene gewalt und erniedrigung, indem wir die verantwortichen angreifen. . . . wir denken nicht, daß das in den formen ablaufen muß, die wir gewählt haben ..... Unser traum ist, daß es überall kleine frauenbanden gibt... frauenpower überall..." meint ihr, nun HERRSCHT NUNE " 1ANB? PS u Bu Aus einem "Diskussionspapier" der "Revolutionären Zellen/Rote Zora" 42 Einschneidende Änderungen an der Organisationsstruktur der MLPD, deren Führungsgremien sich in Essen befinden, sind 1984 nicht vorgenommen worden. In Baden-Württemberg gliedert sich die Partei nach wie vor in die drei Bezirksverbände Baden, Südund Nordwürttemberg. Die in die Öffentlichkeit hineinwirkende Tätigkeit der MLPD sowie die Unterhaltung ihres organisationseigenen Apparates werden ausschließlich aus den Beiträgen und Spenden ihrer Mitglieder und Anhänger bestritten. Hinweise über eine Fremdfinanzierung liegen nicht vor. Daß sich die Gruppierung im August 1984 veranlaßt sah, unter der Losung "Stärkt die MLPD" eine neue Spendenkampagne zu starten, die bis zum "Il. Parteitag" mindestens eine Million DM erbringen soll, deutet freilich auf gewisse finanzielle Schwierigkeiten hin. 3.1.1.3 Publikationswesen Die Herausgabe einer Vielzahl von Zeitschriften und Broschüren macht unverändert einen wesentlichen Teil der Parteiarbeit aus. Druck und Vertrieb des Materials erfolgen über den Verlag "Neuer Weg GmbH" in Stuttgart sowie über die "Ernst THÄALMANN-Buchhandlungen" in Stuttgart und Essen. Zu ihren wichtigsten Publikationen rechnet die Organisation die insbesondere für Mitglieder bestimmten Zeitschriften "Der Revolutionäre Weg" und "Lernen und kämpfen" sowie das wöchentlich erscheinende Zentralorgan "Rote Fahne", das in einer Auflage von etwa 10.000 Exemplaren verbreitet wird. Ferner versucht die MLPD mit Nachdruck, die Zahl der von ihr herausgegebenen Betriebs-, Branchenund Stadtzeitungen weiter zu erhöhen. Für Baden-Württemberg ergab sich Ende 1984 folgender Stand: Zahl der MLPD-Kleinzeitungen in Baden-Württemberg Betriebszeitungen | Branchenzeitungen Stadtzeitungen 32 1 6 45 KNECHT, Rosa LUXEMBURG und Ernst THÄLMANN". Ihr erklärtes Ziel ist langfristig der "Sturz des Imperialismus" und die "Errichtung der Diktatur des Proletariats", wodurch der Weg zur klassenlosen kommunistischen Gesellschaft geebnet werden soll. Dabei läßt die MLPD keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie ihre Vorstellungen notfalls auch mit Gewalt durchsetzen will. Dies hat sie erneut in einem Beitrag im internen Organ "Lernen und kämpfen" (Januar 1984) deutlich gemacht: ". . . Der Übergang zum Sozialismus wird nicht ohne den entschiedenen Widerstand der Ausbeuter vor sich gehen, die die kapitalistische Barberei ihrer Entmachtung vorziehen... Es ist Aufgabe des revolutionären Proletariats und seiner proletarischen Partei, diesen Prozeß so zu beschleunigen, daß der Überlebenskampf des staatsmonopolistischen Kapitalismus nicht zum Untergang beider kämpfenden Klassen, nicht zum Untergang der Menschheit führt... ." 3.1.1.2 Mitgliederentwicklung, Organisation und Finanzierung Der MLPD gelang im Jahre 1984 eine weitere Aufwärtsbewegung. Sie verfügt jetzt bundesweit über ein Mitgliederpotential von rund 1.100 Personen (1983: 1.000), davon sind allein etwa 550 Angehörige (1983: 500) in Baden-Württemberg organisiert. Außerdem kann sie sich auf einen zahlenmäßig nur schwer eingrenzbaren Kreis von Anhängern stützen. So beteiligten sich beispielsweise an der Großveranstaltung zur Kommunalwahl am 20. Oktober 1984 in Stuttgart immerhin etwa 1.300 Personen. 1,00DM 27.Oktober 1984/15.JnkrgangNr.43 E3B3C Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Rote Fahne = Zentralorgander Marxistisch-Leninisti Redaktion:4300Essen I,ReltinghauserStraße334, Postfach Partei Deutschlands 1031 12,Telefon:(0201) 259 11 schen -- MLPD et 2219090 BLZ:42050001 Zentralorgan der MLPD 44 3.1.1.4 Aktivitäten Im Jahre 1984 versuchte die MLPD zielstrebig, die unter diesem Namen noch recht junge Organisation mehr als bisher "in das Bewußtsein der Massen (zu) rücken". Dieser Absicht diente vor allem die überraschende Beteiligung an den Kommunalwahlen am 30. September 1984 in Nordrhein-Westfalen und am 28. Oktober 1984 in Baden-Württemberg. Mit der Kandidatur von MLPD-Angehörigen in Gelsenkirchen und Stuttgart stellte sich die Organisation erstmals einer Wahl. Noch bei der Bundestagswahl am 6. März 1983 hatte sie die Empfehlung ausgegeben, "ungültig zu stimmen". Die neue Taktik begründete der MLPD-Vorsitzende wie folgt: ". ... Parlamentsreden haben noch nie die Welt verändert, das kann nur der Kampf der Volksmassen selbst. Trotzdem ist der parlamentarische Kampf wichtig. LENIN nannte Parlamentswahlen außer in Zeiten entwickelter Massenkämpfe das wichtigste Mittel zur Gewinnung der werktätigen Massen für den Sozialismus . .." Die Hoffnung, in beiden Städten über den engeren Anhängerkreis hinaus eine größere Zahl weiterer Stimmen zu erringen, erfüllte sich indes nicht. Trotz eines unter dem Motto "Für Arbeit, Frieden und Schutz der natürlichen Umwelt -- Vorwärts zum Sozialismus" relativ aufwendig geführten Wahlkampfes konnte die MLPD nur äußerst bescheidene Stimmanteile erzielen. In Gelsenkirchen entfielen auf sie 0,3 %, in Stuttgart lediglich 0,2 % der abgegebenen Stimmen, obschon sie in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs 58.000 Stadtzeitungen und 50.000 Wahlprogramme verteilt sowie 1.400 Hausbesuche durchgeführt haben will. Dennoch versuchte man, dem Ausgang der Kommunalwahlen auch einen positiven Aspekt abzugewinnen. Im Zentralorgan "Rote Fahne", Nr. 44 vom 3. November 1984, hieß es dazu: ".. . Zwar konnte die MLPD in Stuttgart und Gelsenkirchen ... kein politisch aufsehenerregendes Wahlergebnis erzielen. Aber in ihrer Wahlkampagne hat sich die MLPD mit ihrem Programm breit unter den Werktätigen bekannt gemacht und Hunderte Kontakte zu fortschrittlichen Menschen geknüpft... ." In Zukunft gelte es, diesen Einfluß systematisch zu festigen und auszubauen durch "geduldige Kleinarbeit in Betrieben und Wohngemeinschaften". 47 a zen m=u:rr waee h(r). (c) m Bere PER SER a an en De a MED an ee er Srajee en wec ger h ne a SR PolitikundWirtschaft a0 nasche "% Gen den. Fo, Int tn Fahne318 Overbausen (Arber ein Karol nach ner Omen Se han eure) once eine im Sozialismus wird vorgebeugt! mie Kapta Dirlin, 23. Bu (Arber Am und 1mhefrmmen Met m ch Wa shlcheYar,_Giftkandal ohnegle in pupmadige Ge auf, dal bei mindeot MLPD-Zeitungen 46 "Kommunistischen Studentengruppen" (KSG) aufgingen. Die Aufgabe dieser Schülerund Studentenorganisation umriß das Zentralkomitee der MLPD im Juli 1984 wie folgt: "=. Um auch auf Jugendliche in nichtproletarischen Schichten Einfluß zu gewinnen, muß der MLSV Transmissionsriemen der Partei unter Oberschülern und Studenten sein. Die schwierige Aufgabe, hier Bündnispartner und Mitstreiter für die Sache der Arbeiterklasse zu gewinnen, ohne sich von kleinbürgerlichen Anschauungen beeinflussen zu lassen, kann der MLSV nur unter der festen Hand der Partei lösen." 3.1.2 "Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)* --KPDDie bereits Ende 1968 gegründete, seit 1978 proalbanisch orientierte "Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" - KPD - befürwortet nach wie vor die gewaltsame Beseitigung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung als Voraussetzung für die "Schaffung eines vereinten, unabhängigen, sozialistischen Deutschlands". Die politische Führung soll dann ausschließlich in den Händen von "Räten" liegen, die das Land nach den Prinzipien der "sozialistischen Planwirtschaft" lenken. Um diesem Ziel näherzukommen, versucht die KPD mit allen Mitteln der Agitation, etwa durch abwertende Kritik am Grundgesetz, die von einer weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung immer wieder bewiesene positive Einstellung zu den Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates allmählich zu erschüttern. Trotz ihrer aggressiven, häufig diffamierenden Angriffe dürfte auch den Funktionären dieser Splitterpartei der "Neuen Linken" inzwischen klar geworden sein, daß die Lage, in der sich die KPD befindet, ihr immer weniger Chancen läßt, ihre programmatischen Ziele jemals zu verwirklichen. Mit Sicherheit verlor die KPD weiter an Resonanz: zwar dürfte sie bundesweit noch über etwa 400 Mitglieder verfügen (in Baden-Württemberg höchstens 50), die von ihr ausgehende Aktivität blieb indes weitgehend wirkungslos. Die Partei beschränkt sich im wesentlichen auf das Verbreiten des Zentralorgans "Roter Morgen" sowie auf die Herausgabe von Betriebszeitungen und Flugschriften zu aktuellen Themen. Hierzu gehörte im Jahre 1984 vor allem der Tarifkonflikt in der Druckund der Metallindustrie um den Einstieg in die 35-Stunden-Woche. 49 Zi Damit ist der Bereich angesprochen, den die Organisation bereits seit langem als eigentlichen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ansieht und dem sie sich mit großer Beharrlichkeit und unter weitgehender Abschirmung gegenüber der Öffentlichkeit zugewandt hat: die verdeckte Betriebsund Gewerkschaftsarbeit. Nach außen hin lassen sich diese Aktivitäten häufig nur durch das Verbreiten von Flugblätttern und Betriebszeitungen erkennen, die von den 32 in unterschiedlichem Maße verfestigten Betriebsgruppen der MLPD erstellt werden. Daneben widmete sich die MLPD einer Reihe von tatsächlichen oder vorgeblichen Problemen aus den Bereichen der Innen-, der Verteidigungs-, der Wirtschaftsund der Sozialpolitik. In die Tarifauseinandersetzungen vom Frühjahr 1984 und in die Kampagne gegen die NATO-Nachrüstung versuchte sie vor allem publizistisch einzugreifen. Allerdings erschöpfte sich die Einflußnahme im wesentlichen in programmatischen Aufrufen: "Die MLPD muß im Kampf gegen den Atomtod, gegen Massenarbeitslosigkeit und Demontage der sozialen politischen Rechte der Werktätigen die Arbeiterklasse und die übrigen werktätigen Schichten gegen den neudeutschen Imperialismus in die Offensive führen. Kriegsgefahr und Kriege wird es geben, solange der Imperialismus existiert. Die MLPD läßt sich deshalb vom Ziel leiten, die Arbeiterklasse für den Sozialismus zu gewinnen, der Kriege und Krisen beseitigen wird." 3.1.1.5 Die "Massenorganisationen" der MLPD Um die Einflußmöglichkeiten weiter auszudehnen und zusätzliche Zielgruppen anzusprechen, verstärkt die MLPD die Tätigkeit ihrer sogenannten Massenorganisationen: -- "Revolutionärer Jugendverband Deutschlands" (RJVD), -- "Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband" (MLSV) und - "Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller" (MLBI). Die Partei mußte allerdings im Jahre 1984 einen Teil ihrer Energie gegen die in einigen Organisationen "spontan aufkommenden Strömungen der Loslösung" einsetzen. Sichtbares Zeichen für die durch diese Vorgänge erzwungene "Reorganisation" der Vorfeldgruppierungen der MLPD war die Neubildung des "Marxistisch-Leninistischen Schülerund Studentenverbandes" (MLSV), in dem die seit den siebziger Jahren aktiven 48 un, Trotz ihres insgesamt recht desolaten Zustands hat die KPD bisher nur zögernd Bestrebungen unterstützt, die einem Teil des organisierten Linksextremismus über eine engere Kooperation wieder mehr Schlagkraft zu verleihen bestimmt sind. Einen von mehreren diesbezüglichen Ansätzen bildet der Anfang 1984 beschlossene Vertrieb einer neuen Publikation, die seit April 1984 gemeinsam von der KPD, dem "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) und einigen anarcho-syndiakalistischen Gruppen vierteljährlich herausgegeben und den Zentralorganen der beteiligten Gruppen jeweils beigelegt wird. Im Anschluß an den im Dezember 1983 abgehaltenen V. Parteitag hat die KPD ihre Organisationsstruktur erheblich verändert. Das "Zentralkomitee" der KPD ist jetzt nur noch für die Organisation "in der BRD und Westberlin" zuständig, während die angeblich in der DDR existente Gruppe von der Partei im Bundesgebiet unabhängig sein soll. Unverändert blieben die KPD-Landesverbände Nord, Mitte und Süd. Der letztgenannten Organisationseinheit ist weiterhin ein Landesbezirksverband BadenWürttemberg (Sitz: Stuttgart) nachgeordnet, der sich freilich nur noch auf wenige arbeitsfähige örtliche Zirkel stützen kann. ; Im Vorfeld der KPD waren auch 1984 mehrere Hilfsund Nebenorganisationen existent, die indes keine nennenswerte Aufmerksamkeit mehr auf sich zu lenken vermochten: -- "Kommunistische Jugend Deutschlands" (KJD), -- "Kommunistische Studenten" (KS), -- "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD) und -- "Revolutionäre Gewerkschaftsopposition" (RGO). In der im Jahre 1979 mit Unterstützung der KPD gebildeten "VOLKSFRONT gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) arbeiten mittlerweile auch Mitglieder und Funktionäre des BWK mit. Die "VOLKSFRONT" ist mit derzeit etwa 1.200 Mitgliedern im Bundesgebiet zahlenmäßig eine der stärksten Gruppierungen im Bereich der "Neuen Linken". 3.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Der "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK), der sich zu der maboistischen Fortentwicklung des Marxismus-Leninismus bekennt, übte im Jahre 1984 harsche Kritik an den aktuellen politischen Verhältnissen in 51 Unternehmer und Regierung Batdasmit | zen, zetensievon Politik und Der IG Metall Pal und le Ideologie nichts | Ideolo seht es mit der 35-Stundenzutun. Auch die Megierung | _Tasächlichverhäkensich Wochegar nicht um die Intersuellt sich selbstverständlich | so: Rationalisierung, Ar essen ihrer Mitglieder. Sie ganz unpoliisch und ideolo- | beitsplatzvernichtung, Mas will den Kampf gegen die Befre auf die Seite der | senarbeitslosigkeit zwingen Regierung. Esgeht um IdeoUnternehmer. Aberwenndie | jezt jeden Arbeiter, Angelogie und Politik. Arbeiter, and und sueten,Gewerkschalterzum Merke: Wenn die Unterihre Gewerksc ampf -- ganz unabhängig Extrablatt Mai 1084 | nemer rationalisieren und Rationalisierung, Be hmBi politischenÜberArbeitslosigWehr set- | zeugus Siemens, Flick, Esser, Kohl, Lambsdorff, Strauß -- siealle rufeneuch auf, gegen die 35-Stunden-Woche und gegen den Streik zu stimmen. Sie wollen den Aufschwung der Profiteaufdem Rückender Arbeiter und Angestellten, auf dem Rücken der Arbeitsiosen. Wenn es nach ihrem Willen ht, haben wir in einigen Jahren über Millionen Ai rbeitslose. den Streik für die 35Wir aber brauchen die 35-StundenWoche bei vollem Lohn: zur Sicherung unserer Arbeits@; umdurch mehrErhoizeitdenimmer Die Unternehmer haben inden mehr als | Wenderegierung im Rücken fühlen sie schnelleren Verschleiß unserer Ar70 Verhandlungsrunden und zwei Spit- | sich in der Offensive. Sie spekulieren beitskraft zu stoppen; icheneindeutigbekundet: sie | darauf, daß uns die Sorgeum denArnicht an Maß- | bei i da um möglichst viele gegen daß wir die d und g iteii ? Abnicht gen, um bau der Arbeitslosigkeit zu erzwinfür die 35-Stunden-Woche bei vollem gen! Massena eit ist ihr Ge- | Lohnausgleich zu streiken. schäft: Jeder A densiewegSeit Monaten wollen die UnternehDeshalb kann es für uns in der Urabrationalisieren, bedeutet für sie mehr mer uns mit dubiosen -- und von ihnen stimmung nur eine Entscheidung Profit. Je größer das Heer der Arbeitsbezahlten -- Umfi issen ver. geben: 'ößer die lichkeiten unsichern.Jetztsind wiranderReihe. Nein zur Massenarbeitslosigkeit! JA zum Streik für die 35-StundenWoche bei vollem Lohni 1äßtjanursichseibstimStich! NEIN zur Massenarbeitslosigkeit! 50 Proketarier ale her ". Zeitschrift des Bundes Westdeutsc mn Nelnnehenverm enunt, Me 1alon TasT, Pre Ads Publikationen der "NEUEN LINKEN" der Volksrepublik China. Vor allem die neue Wirtschaftspolitik, die dem einzelnen wieder mehr Raum für eigenständiges Handeln zubilligt, widerspreche der sozialistischen Tradition des Landes. Gerade auf dem Lande seien faktisch alle Schranken gegen eine erneute kapitalistische Entwicklung beseitigt worden. Wie weit sich die Organisation von den der Politik der derzeitigen chinesichen Führung zugrundeliegenden Zielen und Überlegungen entfernt hat, offenbart eine Kommentierung der jüngsten Entwicklung der Volksrepublik Chinain den "Politischen Berichten" des BWK, Nr. 1/84: "Nach der putschartig vollzogenen Entmachtung des Flügels um die sog. 'Viererbande' im Herbst 1976 leitete die Führung der KP Chinas eine Politik ein, die eine weitgehende Abkehr von dem von Mao Zedong entwickelten und jahrzehntelang verfolgten Konzept des sozialistischen Aufbaus bedeutete und die gesellschaftlichen Verhältnisse in der VR China umwälzte... ." Das strikte Festhalten des BWK an den "unverrückbaren Grundsätzen des Marxismus-Leninismus" fußt auf der Überzeugung, daß allein diese Lehre den Weg zur gewaltsamen Zerschlagung unserer Staatsund Verfassungsordnung sowie zur Errichtung einer sozialistischen Räterepublik auf der Grundlage der "Diktatur des Proletariats" aufzeigt. Da freilich der BWK von der Verwirklichung seiner Fernziele offenkundig weit entfernt ist, konzentrieren sich seine Bemühungen offensichtlich darauf, der Organisation wenigstens in bescheidenem Maße öffentliche Beachtung zu verschaffen. Dies versuchte man vornehmlich mit aktuellen . Flugschriften und Broschüren sowie mit der parteieigenen Zeitschrift "Politische Berichte", deren Auflage allerdings im Jahre 1984 leicht (auf etwa 1.400 Exemplare) zurückging. Weder die im April 1984 abgehaltene 4. ordentliche Delegiertenkonferenz in Hannover noch die intensive Mitarbeit von BWK-Funktionären in der von der KPD gesteuerten "VOLKSFRONT gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) vermochten die rückläufige Entwicklung der Partei zu stoppen. Dies fand sichtbaren Ausdruck in dem schmaler werdenden Mitgliederbestand: Ende 1984 waren bundesweit nur noch rund 400 (1983: 450) Personen im BWK organisiert, davon allein in BadenWürttemberg etwa 100. Die Folge davon waren auch Verengungen des finanziellen Spielraums, was die Möglichkeiten der Organisation, eine wenigstens in Ansätzen effektive politische Arbeit in ihrem Sinne zu leisten, zwangsläufig weiter reduzierte. 52 Staat" unterstützend wirken könnte. So lehnt sie etwa eine Teilnahme an Parlamentswahlen grundsätzlich ab. Nr. 12 Dezember 1984 DM 2.50 B 5045 E MSZ-dieKosten der Freiheit BELIZE i 0, ER BELMOPHAN & * Trujillo a nn SAN SALVADOR. EL SALVADORTS N ur Corintoa8a Puerto SandinoX & y DS-Haupfquartier) ---MAN p "Südliche 2 N Streitkräfte" Banamak \cotö x 'olon Kanalzoneg, -- ee SA) (USA) >I Sa panam PANAMAZY 0 Die demokratischeLösung Organ der MG 55 3.1.4 "Kommunistischer Bund" (KB) Auch der im November 1971 in Hamburg gegründete "Kommunistische Bund" (KB) konnte 1984 einen weiteren Mitgliederschwund nicht verhindern. Ihm dürften derzeit bundesweit noch etwa 400 Personen (1983: 500) angehören, wovon der überwiegende Teil nach wie vor im Hamburger Raum aktiv ist. In Baden-Württemberg verfügt die Organisation über Stützpunkte und Kontaktstellen mit insgesamt höchstens 20 Mitgliedern in Stuttgart, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe und Baden-Baden. Die Zeitung "Arbeiterkampf", deren Auflagenhöhe allerdings ebenfalls rückläufig ist, erscheint noch regelmäßig monatlich. Im übrigen beschränkt sich der KB in unserem Bundesland auf eine anlaßbezogene Mitarbeit in verschiedenen Aktionsbündnissen. 3.2 Revolutionär-marxistische Organisationen 3.2.1 "Marxistische Gruppe" (MG) Die "Marxistische Gruppe" (MG), die im Jahre 1977 aus den an zahlreichen Hochschulen tätig gewesenen "Roten Zellen" hervorgegangen ist, hat sich inzwischen zur mitgliederstärksten Organisation der "Neuen Linken" entwickelt. Diese Tendenz ist umso bemerkenswerter, als die Gruppierung bis heute weder über ein ausformuliertes Statut noch über ein in sich geschlossenes Programm verfügt. Die verschiedenen Erklärungen und Äußerungen der MG machen es aber offenkundig, daß die Gruppe sich als marxistische Organisation versteht. Auf andere kommunistische Klassiker wie etwa LENIN beruft sie sich dagegen nur dann, wenn dies aus taktischen Gründen opportun erscheint. So haben zweifellos LENINS Kriterien für eine Kaderpartei die Struktur der "Marxistischen Gruppe" und das Verhältnis der Mitglieder zur Organisation geprägt: zu deren charakteristischen Elementen gehören hierarchischer Aufbau, straffe Disziplin und strenge Abschottung nach außen. Die in zahlreichen Dokumenten verstreuten programmatischen Aussagen der MG belegen deren linksextreme Zielsetzung. Unverhüllt propagiert sie als den eigentlichen Zweck ihrer Tätigkeit, den Staat zu zerschlagen. Da dies auf parlamentarischem Wege nicht zu verwirklichen sei, müßten "die Massen" von der Notwendigkeit überzeugt werden, ihn "funktionsunfähig" zu machen. Als ersten Schritt, dies zu erreichen, fordert die MG ihre Anhänger immer wieder auf, nichts zu tun, was für den "bürgerlichen 54 3.3 Trotzkistische Organisationen 3.3.1 "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) Die im Jahre 1969 als deutsche Sektion der trotzkistischen IV. Internationale gegründete "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) wurde 1984 von dem leichten Aufwärtstrend, durch den das Vorjahr gekennzeichnet war, nicht weiter begünstigt. Die Gesamtmitgliederzahl von etwa 250 Personen (Baden-Württemberg: rund 50) hat sich nicht erhöht. Die GIM, die sich unbeirrt für die "proletarische Revolution" und für die Errichtung einer "Rätedemokratie" einsetzt, konzentrierte 1984 ihre Aktivitäten auf den Aufbau einer eigenen Jugendorganisation. Im Oktober 1984 wurde in Köln nach längerer Vorbereitungszeit die "Revolutionär Sozialistische Jugendorganisation -- Roter Maulwurf" (RSJ - Roter Maulwurf) gegründet. Die GIM erwartet von der Tätigkeit dieser neuen Gruppe eine gewisse Belebung ihrer Arbeit. Ferner beteiligte sich die Organisation an dem von zahlreichen linksextremistischen Gruppen getragenen "Marsch gegen Rassismus und ausländerfeindliche Politik", der im Oktober 1984 durch das Bundesgebiet führte. Während des Tarifkonflikts um die Einführung der 35-Stunden-Woche versuchte die GIM wie fast alle anderen Parteien und Vereinigungen der extremen Linken, durch verstärkte Agitation sich bei den Streikenden in Erinnerung zu bringen: sie gab deshalb während des Ausstands ihr ansonsten vierzehntäglich erscheinendes Organ "was tun" als wöchentliche "Aktionszeitung" heraus. Die von der Organisation erhoffte positive Resonanz blieb freilich aus. 3.3.2 Sonstige trotzkistisch orientierte Vereinigungen Auf die Existenz weiterer, durchweg mitgliederschwacher Vereinigungen des organisierten Trotzkismus wie der "Trotzkistischen Liga Deutschlands" (TLD), des "Bundes Sozialistischer Arbeiter" (BSA), der "Sozialistischen Arbeitergruppe" (SAG), der "Internationalen Sozialistischen Arbeiterorganisation" (ISA) und der "Sozialistischen Liga" wiesen in Baden-Württemberg gelegentlich verbreitete Flugschriften hin. 3.4 Anarchistische Gruppen 3.4.1 Anarcho-syndikalistische Gruppen Im Bundesgebiet sind mehrere anarcho-syndikalistisch orientierte Gruppen tätig. Seit Jahren aktiv ist die "Freie Arbeiter-Union" (FAU), die sich 57 Die "Marxistische Gruppe" findet mit ihren politischen Vorstellungen vor allem unter linksorientierten Studenten und Intellektuellen wachsenden Zuspruch: im Jahre 1984 konnte sie ihr Mitgliederpotential von 1.300 auf 1.500 vergrößern; hinzuzurechnen sind noch einige tausend, in "Sympathisantenplena" fest eingebundene Anhänger. Die Mehrzahl der MG-Angehörigen ist nach wie vor in den Bundesländern Bayern, Hessen und Bremen wohnhaft und aktiv. Allerdings hatte die Gruppe auch in BadenWürttemberg Erfolge zu verzeichnen: es gelang ihr, die Zahl ihrer aktiven Anhänger in Baden-Württemberg von 30 im Jahre 1983 auf nunmehr mindestens 60 zu erhöhen. Zudem war festzustellen, daß öffentliche Aktivitäten der MG, die 1984 häufiger waren als früher, auch auf stärkere Resonanz stießen. Einigermaßen verfestigte Gruppen der MG in Baden-Württemberg arbeiten gegenwärtig in Tübingen und in Stuttgart; in beiden Städten sind auBerdem Buchläden eröffnet worden. Das regelmäßige Auftreten von MGAktivisten wurde ferner in Sindelfingen, Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Konstanz und Karlsruhe beobachtet. In diesen Städten versuchte die Vereinigung, neben Öffentlichen Veranstaltungen vor allem durch das Verteilen zahlreicher örtlicher Betriebsund Hochschulzeitungen sowie der politischen Monatsschrift "Marxistische Zeitung" (MSZ) auf sich aufmerksam zu machen. 3.2.2 "Kommunistischer Bund Westdeutschland" (KBW) Der "Kommunistische Bund Westdeutschland" (KBW), vor Jahren noch die militanteste und mitgliederstärkste Gruppierung der "Neuen Linken", blieb im Jahre 1984 fast untätig. Nachdem er aus eigenem Entschluß schon 1983 auf die Rechtsstellung als Partei verzichtet hatte, steht nun die Selbstauflösung des KBW zu erwarten. Ursprünglich sollte sie im Dezember 1984 beschlossen werden, die Entscheidung wurde dann aber auf das Jahr 1985 verschoben. Bis dahin sollen vertragliche Regelungen getroffen werden, die das Weiterbestehen der vor Jahren aufgebauten Geschäftsbetriebe des KBW einschließlich der wirtschaftlichen Nutzung der ehemaligen Parteizentrale in Frankfurt am Main gewährleisten. Die Herausgabe der Monatszeitschrift "Kommune -- Forum für Politik und Ökonomie" ist eine der letzten sichtbaren Aktivitäten des KBW. 56 Trotz der Namensgleichheit gehört die FAU-Gruppe in Heidelberg dieser Organisation nicht an. Die Heidelberger Vereinigung sieht sich als "selbständige Organisation revolutionärer Anarchisten" und als "proletarische Avantgardeorganisation". Ihr Ziel ist der Aufbau einer bundesweiten anarchistischen Partei. Wie andere anarchistische Gruppen fordert sie eine freie Gesellschaft und lehnt deshalb jede Art von Staatsgewalt nach der "bewaffneten Zerschlagungdes jetzigen bürgerlichen Staates" strikt ab. Ihre Ziele glaubt sie durch Streik, Boykott, Sabotage und notfalls durch einen Generalstreik verwirklichen zu können. Publizistisch tritt die FAU Heidelberg durch die sporadisch verbreitete Zeitung "Fanal" in Erscheinung, die von ihrer Studentenorganisation FAUST zugleich als Hochschulblatt herausgegeben wird. Darüber hinaus sind im Bundesgebiet weitere anarchistische Zirkel aktiv, in denen aber insgesamt nicht mehr als etwa 150 Personen organisiert sind. Hierzu gehört beispielsweise die 1982 durch Zusammenschluß mehrerer Gruppen im Rhein-Main-Gebiet gebildete "Föderation Anarchistischer Initiativen" (FAl), die in Baden-Württemberg allerdings nur über eine Kontaktadresse in Stuttgart verfügt. Ferner weisen Flugblätter auf die angebliche Existenz einer "Anarchistischen Gruppe Stuttgart" und eines "Bundes Karlsruher Anarchisten" (BKA) hin, ohne daß sonstige Aktivitäten erkennbar geworden wären. - Im Jahre 1984 waren wieder vereinzelte Bemühungen festzustellen, der unübersehbaren Zersplitterung im anarchistischen Bereich zu begegnen. So trafen sich im März und September 1984 in Stuttgart Vertreter süddeutscher anarchistischer Gruppen aus Heidelberg, Heilbronn, Stuttgart und Tübingen sowie aus München und Nürnberg, um über Möglichkeiten einer verbesserten Zusammenarbeit und über eine gemeinsame Beteiligung an "antiimperialistischen Aktionen" zu sprechen. Man .verständigte sich auf die Herausgabe einer gemeinsamen Zeitung der "Südgruppen". Im Vergleich zu den Vorjahren wurden in Baden-Württemberg 1984 deutlich weniger anarchistische Publikationen verbreitet. Von einer gewissen Bedeutung, auch über die Region hinaus, ist allenfalls noch die in Reutlingen hergestellte anarchistische Vierteljahreszeitschrift "schwarzer FADEN", die sich jedoch nicht als Sprachrohr einer bestimmten Gruppe versteht. 59 im Jahre 1983 nach heftigen internen Auseinandersetzung en neu formiert hatte. Sie verfügt bundesweit über 19 Kontaktstell en, darunter eine in Stuttgart, und zählt insgesamt etwa 150 Mitglieder. Die vergessene Revolution 21936 n SPANIEN TROTZ & TRAUME versuchen eine musikails 29.JUNI - JZ MITTE 'WERKSTATT & KULTUR 19.30 UHR (EINLASS) HOHE STR.9S Graswurzelrevolution Stgt /GSG 1 Freie Arbeiter Union /Anarcho - Syndikalisten @(r)narchistische Gruppe Stgt Aufruf anarchistischer Gruppen zu einer Veranstaltung in Stuttgart 58 3.4.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" Die ebenfalls anarchistisch ausgerichtete bundesweit tätige "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen " (FöGA) unterscheidet sich von den son'stigen anarchistischen Vereinigungen im wesentlichen darin, daß sie die "Revolution" durch angeblich "gewaltfreie" Aktionen herbeiführen will. Durch die "Macht von der Basis her" soll eine "tiefgreifende gesellschaftliche Umwandlung" eingeleitet und schließlich "Gewait und Herrschaft" zugunsten einer gewaltfreien und herrschaftsiosen Gesellschaft abgeschafft werden. Auf den ersten Blick könnte durch die von der FöGA propagierte "Gewaltlosigkeit" der Eindruck erweckt werden, als befürworte die Gruppe ausschließlich gesetzestreue und friedliche Aktionsformen. Die Praxis zeigt jedoch, daß es der Vereinigung -- vorgeblich unter Ausschluß menschengefährdender Gewalt -- zunehmend auf eine unerbittliche "Konfrontation mit dem Staat" ankommt, die "Kampfformen" wie massiven öffentlichen Protest, zivilen Ungehorsam durch bewußte Mißachtung von Gesetzen, Verweigerung jeder Zusammenarbeit durch Streik und Boykott, aber auch Besetzungen, Blockaden und Sabotage einschließt. Andere als diese Mittel seien, so heißt es, nicht geeignet, bestimmte Pläne der Herrschenden zu durchkreuzen und "revolutionäre Entwicklungen" auszulösen. Der Versuch des Angehörigen einer "Gewaltfreien Aktionsgruppe" aus Baden-Württemberg, durch vorsichtige, in erster Linie taktisch angelegte Kritik an terroristischen Anschlägen die Position seiner eigenen Organisation zu verschleiern, wirkt allzu durchsichtig: "... Sabotage (ist) die vorsätzliche Zerstörung, Beschädigung oder das Unbrauchbarmachen von Waffen, Maschinen, Werkzeugen, Transportwegen, Gebäuden, Installationen o. ä. Wenn die Gefährdung von Menschenleben dabei ausgeschlossen ist und auch nicht damit gedroht wird, ist es irreführend, solche Aktionen als gewalttätig zu bezeichnen... Die Sprengstoffund Brandanschläge dieser Gruppen (gemeint sind Revolutionäre Zellen) führen kaum zur Enttarnung der zerstörerischen Politk und zum solidarischen Zusammenschluß gegen diese, sondern lösen diffuse Ängste und Aggressionen aus." Der FöGA sind im Bundesgebiet 90 örtliche Gruppen (in Baden-Württemberg etwa 9) in mehr oder weniger loser Form angeschlossen. Sie verfügt damit über eine Anhängerschaft von insgesamt etwa 900 Personen (1983: 1.000); Sprachrohr der Vereinigung ist das Organ "graswurzelrevolution". 61 7 RNR.15 3/84 4.-DM schwarzer ADEN Anarchistische Zeitschrift 60 m nme ana sense See 3.5 Autonome Gruppen Seit Jahren sind im Bundesgebiet zahlreiche diffuse Gruppen und Zirkel aktiv, die sich selbst als "autonom" verstehen und die damit die Forderung nach "Freiräumen" außerhalb der "Zwänge dieses Systems" verbinden. Ihr Entstehen war tendenziell gegen die in den siebziger Jahren im linksextremen Bereich dominierenden dogmatischen Parteien und Organisationien gerichtet; sie lehnen durchweg deren politisch-elitären Führungsanspruch und deren programmatische, an den kommunistischen Klassikern ausgerichtete starre Grundsätze ab. Mit den anderen linksextremen Vereinigungen teilen die Autonomen die Überzeugung, daß der freiheitliche demokratische Rechtsstaat zu vernichten, das gegenwärtige "System" entscheidend zu verändern ist. Dabei äußern sie ihre extremistischen Absichten und Positionen in-unverblümter Offenheit. So rief im September 1984 eine militante Gruppe in ihrem Bekennerschreiben, das nach einem Anschlag auf ein Auslieferungslager einer Hamburger Firma veröffentlicht wurde, dazu auf, wie folgt vorzugehen: "Bildet Banden, sammelt Waffen, um denStaat jetzt abzuschaffen! Es gibt viel zu tun, zerstören wir dieses System!" Eine andere "autonome" Gruppe formulierte ihre Zielvorstellungen ähnlich: "Das Ziel von allen unseren Kämpfen ist die Überwindung des kapitalistischen Systems, der Kampf für eine herrschaftsfreie, klassenlose Gesellschaft." In die gleiche Richtung zielten in Stuttgart angebrachte Farbschmierereien: "Feuer und Flamme für diesen Staat!" Flugschriften, die im Zusammenhang mit einer im Oktober 1984 in Freiburg erfolgten Hausbesetzung verteilt wurden, gaben den kompromißlosen Willen zur Konfrontation kaum weniger deutlich zu erkennen: "Wir sind die Borkenkäfer im massiven Gebälk der Macht, wir sind der Hallimasch im Dickicht der Städte. Auch wir kennen den Weg, an uns kommt keiner vorbei!" 63 Nr. 89, 9/84 November 1984 C 4025 E rAswurzel revolution Für eine gewaltireie, herrschaftslose Gesellschaft Aktionsherbst '84Die NATO übt nicht ungetrübt Gorleben: Kein Tag wie jeder andere Anarchistischer Kongreß in Venedig Sprachrohr der größten anarchistischen Gruppierung im Bundesgebiet 62 Schmieraktionen, Zubetonieren von Sprengschächten, Durchschneiden von Kabeln und Beschädigung von Antennen, Entfernen militärischer Hinweisschilder, Anschläge auf Firmen, Pipelines und Fernmeldeeinrichtungen sind nur einige Beispiele für die um sich greifenden Gewaltakte anonymer Gruppen. Allein während des begrenzten Zeitraums (September / Oktober 1984), in dem die NATO-Herbstmanöver stattfanden, wurden bundesweit über 300 solcher strafbarer Handlungen einschließlich zahlreicher Blockaden und Eingriffe in den Bahn-, Luftund Straßenverkehr festgestellt. Immer häufiger wird mit dem Argument operiert, nurnoch mit Gewalt könne gegen die "Kriegstreiberei" vorgegangen werden. In diesem Sinne äußerten sich auch "Betonierende Zellen", die sich zu dem Anschlag auf einen Manöversender bei Tübingen in der Nacht zum 12. Juli 1984 bekannten: "Da die Regierenden bisher nicht mit konkreten Abrüstungsmaßnahmen auf Aktionen der Friedensbewegung geantwortet haben, begnügen wir uns nicht mehr mit symbolischen Aktionen wie zum Beispiel Blockaden, Mahnwache usw. Im Zusammenhang mit den großen Herbstmanövern finden im Schönbuch zur Zeit Alarmübungen statt. D. h. die Amerikaner üben den 'Ernstfall' mit Atomsprengköpfen. Um die reibungslosen Kriegsvorbereitungen zu stören, werden wir auch weiterhin gezieltere Maßnahmen ergreifen, z. B. "gewaltfrei' betonieren." Ähnlicher Rechtfertigungsversuche bediente sich eine Gruppe "Rebellierende Zellulose", die sich allerdings mit einer "Malaktion" an Markierungspfosten entlang der NATO-Pipeline in den Kreisen Reutlingen und Tübingen zufrieden gab. In einem Bericht der Stuttgarter Alternativzeitung "s'Blättle", Nr. 96 vom November 1984, hieß es: "Wir wollen damit auf die Kriegsvorbereitung in unserer Region hinweisen und zeigen: DIREKTER WIDERSTAND GEGEN DEN STAAT UND BEHINDERUNG DER NATO-KRIEGSMASCHINERIE IST ANGESAGT!" Besonderer Aufmerksamkeit bedarf ferner die Praxis einiger Gruppen, gezielt Informationen über mögliche Angriffsobjekte zu sammeln und sie anderen gewaltbereiten Zirkeln zugänglich zu machen. Beispielhaft hierfür ist eine im Sommer 1984 in Reutlingen verbreitete Broschüre, in der unter anderem eine genaue Beschreibung der Lage 65 Farbschmiererei Über derartige Absichtserklärungen und Aufforderungen hinaus ist diese militante "Szene" offenkundig bemüht, ihre aggressiven Ziele in die Praxis umzusetzen, was geradezu zwangsläufig zur Gewaltanwendung führt. Eine auffällige Zunahme von Brandanschlägen und Sabotageakten dokumentiert dies unübersehbar. Zu solchen Aktionen bekannten sich Gruppen wie "Revolutionäre Autonome", "Autonome revolutionäre Aktion", "Revolutionäre anarchistische Zelle" oder "Betonierende Zellen"; sie orientieren sich offensichtlich an den Methoden terroristischer Zirkel. Die Aktivitäten der militanten Autonomen richteten sich im Jahre 1984 vor allem gegen die NATO-Nachrüstung sowie gegen die Herbstmanöver, insbesondere im sogenannten Fulda Gap. Während jedoch die Mehrzahl der linksextremen Organisationen ihren Protest durch Teilnahme an gewaltfreien öffentlichen Demonstrationen zum Ausdruck brachte, versuchten verschiedene autonome Gruppen von Anfang an, ihr Verständnis von "Widerstand" durch zahlreiche, oftmals gewaltsame und überraschende Aktionen zu verdeutlichen: 64 "+. Wir können stolz darauf sein, einer Partei anzugehören, die Teil der weltumspannenden kommunistischen Bewegung ist, die freundschaftliche Beziehungen zur Kommunistischen Partei der Sowjetunion, zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, zu den kommunistischen und Arbeiterparteien sozialistischer und kapitalistischer Länder und zu nationalen Befreiungsbewegungen unterhält..." Weitaus kämpferischer artikulierte ein Präsidiumsmitglied diese "unverbrüchliche Solidarität und Freundschaft" der DKP auf der Festveranstaltung zum 67. Jahrestag der Oktoberrevolution am 2. November 1984 in Ludwigshafen: ". . . WirKommunisten wehren uns mit aller Kraft dagegen, wenn Vorstellungen auftauchen und vorgebracht werden -- von wem auch immer --, die die Arbeitermacht der Sowjetunion und ihr friedliebendes Wirken gleichsetzen mit der imperialistischen Konfrontationsund Unterdrückungspolitik .. . " Als "untrennbarer Bestandteil der internationalen kommunistischen Kampfgemeinschaft" sieht sich die DKP den Grundsätzen und dem Geist des "proletarischen Internationalismus" verpflichtet. Die gesamte nationale Tätigkeit der moskauorientierten Partei umriß Herbert MIES in einer Rede auf der zentralen Konferenz für Parteibildung des Parteivorstandes der DKP am 24. März 1984 in Bochum wie folgt: ".. . Die ideologische Arbeit der DKP steht unter den gegenwärtigen Bedingungen auf fünf Säulen. Da ist erstens die Propaganda für den Frieden, zweitens die Propaganda für das Recht auf Arbeit, drittens die Anti-rechts-Propaganda, viertens die Sozialismuspropaganda und fünftens die Propaganda für die Partei. Frieden, Arbeit, Kampf gegen rechts, Propagierung des Sozialismus und Stärkung der Partei -- das sind gleichsam die fünf Zacken des roten Sterns unserer Parteipropaganda und -bildung. Diese fünf Säulen gründen sich auf das feste Fundament der Lehren von Marx, Engels und Lenin, unseres Parteiprogramms...." Dieses bereits im Jahre 1978 in Mannheim verabschiedete Parteiprogramm sieht die DKP nach wie vor als den "Bauplan für die Errichtung der sozialistischen Gesellschaftsordnung" in der Bundesrepublik Deutschland an. "Unverrückbares Ziel" ist hiernach der Sozialismus, der nach den Vorstellungen der orthodoxen Kommunisten "die grundlegendste Alter67 von Sprengschächten, der Verlauf einer Pipeline sowie Hinweise auf Einrichtungen und Firmen, die angeblich direkt oder indirekt mit der "Rüstungspolitik" und der "Kriegsvorbereitung" zutun haben, enthalten sind. Anlaß zu gewalttätigem Vorgehen waren für die autonomen Gruppen aber auch andere Themen. Hierzu gehörten etwa die Kampagne gegen die Einführung des neuen Personalausweises, die Eröffnung der "Startbahn West" des Frankfurter Flughafens im April 1984 sowie der Beginn der Atommüll-Transporte nach Gorleben. Dagegen hat das ehemals wichtigste Aktionsfeld der "Autonomen", der "Häuserkampf", weiter an Bedeutung eingebüßt. Lediglich in Freiburg kam es im Spätjahr nochmals zu Auseinandersetzungen: am 26. Oktober 1984 räumte die Polizei ein Gebäude, das sogenannte Weinschlössle, das einen Tag zuvor von etwa 300 Personen besetzt worden war. Der Einsatz der Beamten wurde mit der Errichtung von Barrikaden, dem Anzünden von Bauwagen und dem Einwerfen zahlreicher Fensterscheiden beantwortet. Im Gegensatz dazu hatte im Juli 1984 die Räumung eines seit drei Jahren besetzten Hauses in Stuttgart keinerlei Gegenreaktionen mehr ausgelöst. Die vielfältigen Aktionen, die von Angehörigen autonomer Gruppierungen in Baden-Württemberg zu verantworten sind, weisen eindeutig auf das Vorhandensein eines militanten Potentials hin, das gegenwärtig mindestens 350 Personen umfassen dürfte. Ortliche Kristallisationspunkte für die zumeist nur wenige Mitglieder zählenden Zirkel sind Freiburg, Stuttgart, Tübingen, Karlsruhe und Heidelberg. 4. Organisationen der "Alten Linken" 4.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 4.1.1. Ideologisch-politischer Standort Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) vertritt als "treue Fortsetzerin der besten Traditionen der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung" ohne jede Einschränkung die von der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) und der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) vorgegebene ideologische und politische Linie. Diese "brüderliche Verbundenheit" mit der kommunistischen Weltmacht unterstrich der Parteivorsitzende der DKP, Herbert MIES, erneut in seinem Bericht an den 7. Parteitag zu Beginn des Jahres 1984 in Nürnberg: 66 "".. Wir unterstützen alle Kampfformen, die dem Massencharakter des Friedenskampfes entsprechen und geeignet sind, neue Kräfte zu mobilisieren. Dazu sind Demonstrationen und Kundgebungen ebenso wie Volksbefragungen, Blockaden und Menschenketten geeignet. Schließlich äußerte MIES in seinem Rechenschaftsbericht an den 7. Parteitag, es dürfe gegenüber Kriegsvorbereitungen keinen Gehorsam geben. Gleichwohl versucht die DKP nach wie vor den Eindruck zu erwekken, sie handle -- trotz eindeutig verfassungsfeindlicher Zielsetzung -- konform mit dem Grundgesetz. Dazu ordnet sie üblicherweise den tragenden Elementen unseres demokratischen Rechtsstaates einen ihren eigenen Zielen entsprechenden Sinngehalt zu, um die Behauptung zu stützen, sie verteidige die im "Grundgesetz verankerten Prinzipien". 4.1.2 Organisation, Mitgliederentwicklung und Finanzierung Die moskauorientierte DKP hat sich seit ihrer "Neukonstituierung" am 26. September 1968 zur stärksten linksextremen Partei in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Der systematische Aufund Ausbau des Parteiapparates war nicht zuletzt der Mitwirkung ehemaliger Mitglieder der am 17. August 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verbotenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD) zu verdanken. Allerdings hat die DKP trotz über 15jähriger Anstrengungen den "entscheidenden Maßstab", nämlich den "Massencharaktereiner Arbeiterpartei" zu erlangen, bei weitem nicht erreicht. Dies gab Herbert MIES auf einer Tagung des Parteivorstandes der DKP im August 1984 zumindest indirekt zu: ".. . Undniemals dürfen wir übersehen: Die wichtigsten und bleibenden Schwerpunkte unserer Partei sind die Entwicklung unseres Einflusses in der Arbeiterklasse, die Entwicklung der Partei zu einer Partei mit größerem Masseneinfluß, die politische, ideologische und organisatorische Stärkung der Partei im Wechselverhältnis von Engagement in Bewegungen und Engagement für die Entwicklung des innerparteilichen Lebens..." Symptomatisch dafür, daß die DKP hinsichtlich ihres "Massencharakters" noch immer auf der Stelle tritt, ist ihre Mitgliederentwicklung: der zunächst recht steile Anstieg flachte Mitte der siebziger Jahre merklich 69 native zum staatsmonopolistischen Herrschaftssystem" und zugleich eine Etappe auf dem Weg zum Kommunismus darstellt. Um diese "sozialistische Umwälzung" zu erreichen, baut die DKP auf die "entscheidende gesellschaftsverändernde Kraft", die Arbeiterklasse, ebenso wie auf breite "demokratische Bündnisse", mit denen sie den "unvermeidlichen Widerstand des Großkapitals" brechen und ein "Übergewicht der zum Sozialismus strebenden Kräfte" schaffen will. Gegenwärtig versucht die DKP, "Übergangsforderungen und Übergangsstufen zu entwickeln und zu erstreben", die im Parteiprogramm vorsichtig als "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt" bezeichnet werden. Auf dem 7. Parteitag der DKP in Nürnberg (6. bis 8. Januar 1984) wurde hierzu festgestellt: "... Das strategische Ziel unseres Kampfes ist und bleibt eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt. Kampf um die Schaffung von Voraussetzungen für eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt -- das muß jetzt und in der überschaubar nächsten Zeit heißen, nächstliegende Schritte zu gehen..." Dabei gibt sich die DKP in bezug auf die Erreichung dieses "Kampfzieles" zuversichtlich: "... Seit unserem 6. Parteitag sind die Kräfte für solche Kämpfe sichtbarer in Erscheinung getreten. Der Prozeß der Formierung der Kräfte, die willens und fähig sind, in der Bundesrepublik eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt herbeizuführen, ist ein Stück vorangekommen ..." Aus ihrem Selbstverständnis als "marxistische Kampfpartei" heraus bekennt sich die DKP -- wenn auch gelegentlich verschleiert -- zur "revolutionären Gewalt" als Mittel der "sozialitischen Umwälzung". Insbesondere in der "Arbeiterund Friedensbewegung" lassen die orthodoxen Kommunisten ein zunehmend aggressives Verhalten erkennen. Führende Funktionäre der Partei tolerieren nicht nur von anderen Gruppen getragene rechtswidrige Aktionen, sondern rufen ihre Anhänger immer unverhüllter zur aktiven Teilnahme daran auf. In einem Referat zum Thema "Die neuen Kampfbedingungen nutzen" anläßlich der 3. Tagung des Parteivorstandes am 25. August 1984 in Düsseldorf erklärte der DKP-Vorsitzende MIES, seine Partei sei bereit, auch an "breiten" und "radikalen" Aktionen teilzunehmen: 68 Entwicklung des Mitgliederbestandes der DKP 50.482 4 nasssnussnnnnnnnneneree Soehho 1 u RR Te MB ana a PR . z- 47.000 + > 46.40 Fe .... Ed P7 + * * + . Ye J srsrsssnanssssnnnnensenunnunnnn, 7 40,000 Hd onsorsosnnnnsnuunnegpee 39.500 4 sosososonsnunnnnndenneesene 36.00 + 33.50 30.000 233.000 - ' T T v T T T T T T T T T r T FR 1969 1970 1911 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 Zeichenerklärung: von den Verfassungsschutzbehörden geschätzt: men nach eigenen Angaben der Partei . oo... Entwicklung des Mitgliederbestandes der DKP 71 ab. Inzwischen hat sich die Mitgliederzahl bei 40.000 eingependelt. Im Jahre 1984 konnte die DKP diese Marke geringfügig überschreiten (vergleiche Übersicht). Allerdings veröffentlicht die DKP nach wie vor deutlich überhöhte Zahlen: so behauptete der wiedergewählte DKP-Vorsitzende MIES in seinem Rechenschaftsbericht an den 7. Parteitag, der Partei gehörten jetzt 50.482 Mitglieder an. Inzwischen will die DKP nach Abschluß des neuerlichen Mitgliederwettbewerbs "Jugendkampagne" (1. Januar bis 31. August 1984) weitere 5 % hinzugewonnen haben. Nach gesichterten Erkenntnissen entsprechen diese geschätzten Zahlen jedoch nicht dem tatsächlichen Mitgliederbestand der Partei (knapp über 40.000). Die DKP-Mitglieder sind unverändert straff in die 12 Bezirksorganisationen eingebunden, die von der Parteizentrale in Düsseldorf angeleitet und geführt werden. Der für Baden-Württemberg zuständigen Bezirksorganisation mit Sitz in Stuttgart sind 23 Kreisorganisationen, diesem wiederum insgesamt 164 (1983: 168) Grundeinheiten (Wohngebiets-, Betriebsund Hochschulgruppen) nachgeordnet: Zahl der Grundeinheiten der DKP in Baden-Württemberg (Zahlen in Klammern: Stand 1983) WohngebietsBetriebsHochschulgruppen gruppen gruppen 116 (116) 41 (41) 7) Mit Ausnahme des Hochschulbereichs blieb die Zahl der DKP-Grundeinheiten in Baden-Württemberg konstant. Insgesamt konnte die Partei hier einen geringfügigen Zuwachs erzielen und zählt nun etwa 2.850 Mitglieder (1983: 2.750). Die DKP hielt auch im Jahre 1984 an ihrer dogmatischen Position fest, innerparteiliche Abweichungen bereits im Ansatz zu unterbinden. So leitete die Partei im September 1984 gegen drei Redakteure der neuen Zeitschrift "Düsseldorfer Debatte" ein Parteiordnungsverfahren mit dem Ziel des Auschlusses ein, weil sie "gegen den Willen der Führung der DKP" die erste Ausgabe dieser Publikation verbreitet hatten, in der "unübersehbar... unverzichtbare kommunistische Grundpositionen" angegriffen worden seien. Ein Mitglied des Präsidiums des Parteivorstandes begrün70 OUIENS FÜR DKP-BETRIEBSZEITUNGEN, WOHNGEBIETS -UND HOCHSCHULZEITUNGEN Publikationen der DKP 73 dete in dem Organ "Unsere Zeit" (UZ), Nr. 190 vom 29. September 1984, die Disziplinierungsmaßnahme: ".. . Die politisch-ideologische und organisatorische Einheit der Partei ist ein unverzichtbarer Grundsatz der revolutionären Arbeiterbewegung... Die Notwendigkeit der Einheit und Geschlossenheit der Partei ist ein Prinzip, dessen Unverzichtbarkeit alle Erfahrungen jahrzehntelanger Klassenkämpfe der Arbeiterbewegung belegen. Die Geschichte beweist: 'Eine revolutionäre Umgestaltung der Welt ist nur mit einheitlich organisiert handelnden Kräften erreichbar.'" Die notwendigen finanziellen Mittel flossen der DKP wieder zu einem erheblichen Teil aus der DDR zu. Die Unterstützungsleistungen bewegen . sich in einer Höhe von deutlich über 60 Millionen DM jährlich. Dadurch wird die relativ kleine DKP in die Lage versetzt, -- einen aufwendigen und kostspieligen Parteiapparat zu unterhalten, -- zahlreiche Funktionäre schon auf Kreisebene hauptamtlich anzustellen, -- die Herstellungsund Vertriebskosten unzähliger Druckschriften zu bestreiten, -- Agitationsschriften in hoher Auflage kostenlos zu verbreiten, --in großem Rahmen Parteitage,Zentralveranstaltungen, Volksund Pressefeste durchzuführen. Die auch für das Jahr 1984 aufgestellte Behauptung der DKP, sie finanziere sich aus "den Tausenden kleinerer und größerer Spenden" und aus den Beiträgen ihrer Mitglieder, ist nach wie vor unglaubwürdig. 4.1.3 Publikationswesen und Schulung Im Bereich der linksextremistischen Presse konnte die DKP ihre führende Stellung behaupten. Mit der angestrebten "Verbesserung der Massenwirksamkeit" ihrer Publikationen verfolgt sie beharrlich ihr erklärtes Ziel, über weiter steigende Auflagenzahlen zur "Entwicklung und Formierung der linken und demokratischen Kräfte" beizutragen. Das Sprachrohr der DKP, die Tageszeitung "Unsere Zeit" (UZ), soll nach Auffassung der Parteiführung das "unentbehrlichste Werkzeugfür jedes 72 zn men a man BR Pa -- schen IN REES na, a EL? ZRIE keten Prykonamg, de Lan ee RE |7 BR a ea > Stadtzeitung der "eutschen Komm unistischen Partar Juni 1988 35-8td. 'Woc he dringend erfor derlich f Ortszeitungen der DKP 75 Mitglied und jeden Funktionär" sein. Dies verdeutlichte der DKP-Vorsitzende MIES noch einmal in einer Rede vor dem Parteivorstand: "... Kommunistische Führungsarbeit bedarf des täglichen Blickes auf den politischen und taktischen Kompaß der Partei. Dieser Kompaß ist die UZ..." Mit einer am 1. September 1984 begonnenen neuen "UZ-Aktion '84" will die DKP dem offenbar schwindenden Interesse an dieser Zeitung entgegenwirken und eine stärkere Verbreitung erreichen. Die Auflage der UZ, die täglich außer montags erscheint, stagniert seit längerem bei etwa 25.000 (Wochenendausgabe: etwa 50.000) Exemplaren. Vom DKP-Parteivorstand werden ferner herausgegeben: -- die Zweimonatszeitschrift "Marxistische Blätter" -- die Zeitschrift "praxis" -- der "DKP-infodienst" und -- die "DKP-landrevue". Daneben verbreitet in Baden-Württemberg der Bezirksvorstand der Partei -- das "DKP-INFO für Arbeiter und Angestellte" -- den "DKP-Pressedienst" und -- die DKP-Zeitung "Schrittmacher". Die örtlichen Parteieinheiten bemühten sich 1984 um eine weitere "Verbesserung der politischen Information und Argumentation" durch das häufigere Herausgeben sogenannter Kleinzeitungen. Diese Flugschriften, die vielfach als Ortsoder Stadtteilzeitungen firmieren, erscheinen zwar mancherorts nur unregelmäßig, nicht selten aber in hoher Auflage. So wurde während des Kommunalwahlkampfes in Mannheim das örtliche DKP-Organ "Mannheim konkret" in einer Stückzahl zwischen 50.000 und 100.000 Exemplaren verteilt. Die ungewöhnliche Steigerung der Zahl der DKP-Kleinzeitungen in Baden-Württemberg im Jahre 1984 (92 gegenüber 75 im Vorjahr) dürfte nicht zuletzt auf das zeitliche Zusammentreffen wichtiger Wahlen in diesem Bundesland (Wahlen zum Europaparlament und zum Landtag, Kommunalwahlen) zurückzuführen sein. 74 möglichkeiten an. In den örtlichen Grundeinheiten festigen die Mitglieder in regelmäßig stattfindenden Bildungsabenden unter Anleitung von sogenannten Bildungsverantwortlichen "kollektiv" ihre "weltanschauliche Klarheit und politisch-ideologische Überzeugungsstärke". Für das Bildungsjahr 1984/85 wurden hierfür folgenden Themen vorgegeben: -- "Warum Mitglied der Deutschen Kommunistischen Partei?" -- "Die DKP - die Partei des Sozialismus" -- "Der Weg zum Sozialismus" in der Bundesrepublik -- "Verstaatlichung bei demokratischer Kontrolle -- Grenzen und Möglichkeiten" -- "Die DKP-eine demokratische Partei. Zu den.Organisationsgrundsätzen", Für die Durchführung von "Betriebsarbeiterjahresschulen" verlangt die Partei gründlichere organisatorische und personelle Vorbereitungen. Als "bewährtes Instrumentarium" ihrer Parteibildungsarbeit wertet die DKP ferner die auf verschiedenen Organisationsebenen abgehaltenen "Parteizirkel" und Wochenendseminare. Bildungspolitische Unterstützung leistet seit mehr als 15 Jahren die überregional organisierte "Marxistische Arbeiterbildung" (MAB), die den Mitgliedern und Anhängern der DKP "in den wichtigen Arbeiterzentren des Landes aktuelle Angebote für das Kennenlernen und das Studium des wissenschaftlichen Sozialismus unterbreitet". Nach Ansicht des DKPParteivorsitzenden haben ferner die öffentlichen Foren mit Referenten aus der DDR zur "konkreten und überzeugenden Darstellung des realen Sozialismus" Wesentliches beigetragen. Deshalb soll eine jährlich wiederkehrende "Woche des realen Sozialismus" neu organisiert werden. Besonders geeigneten und geförderten Mitgliedern und Funktionären wird der Besuch folgender Schulungsstätten ermöglicht: -- "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." (IMSF) in Frankfurt am Main -- "Karl-LIEBKNECHT-Schule" der DKP in Leverkusen - "Friedrich-ENGELS-Zentrum" in Wuppertal -- "SED-Parteischule "Franz MEHRING" in Ost-Berlin -- "Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim Zentralkomitee der KPdSU in Moskau. ZU Besonderes Gewicht mißt die DKP auch den zahlreichen Betriebszeitungen bei, die sie als die "schärfsten Waffen der politischen, ideologischen und ökonomischen Aufklärungsarbeit" bezeichnet. Diese Form der Agitation betrachten die moskauorientierten Kommunisten deshalb als vorrangig, weil der Betrieb nach deren Auffassung "das wichtigste Feld des Klassenkampfes" ist, wo "politisches und sozialistisches Bewußtsein" vermittelt werden kann. Zahl der DKP-Kleinzeitungen in Baden-Württemberg (Zahlen in Klammern: Stand 1983) Ortsund Stadtzeitungen 51 (88) Betriebszeitungen 33:.:(92) Hochschulzeitungen 6.2 (0) Im Mittelpunkt der "ideologischen und weltanschaulichen Bildungsund Erziehungsarbeit" der DKP steht seit Jahren das Bemühen um eine "zukunftsweisende sozialistische Erziehung": "... Wer geistig etwas bewegen will, muß selbst einen festen Standpunkt haben. Er muß sich immer gründlicher die wissenschaftliche Theorie von MARX, ENGELS und LENIN aneignen. Er muß lernen, diese Theorie auf die neuen Bedingungen des Klassenkampfes anzuwenden..." Führende Funktionäre bringen die Verpflichtung zur ideologischen Weiterbildung auf das Motto "Lesen ist Klassenkampf", räumen aber zugleich ein, daß die ideologische Arbeit noch nicht den gewünschten Stand erreicht hat. So erklärte Herbert MIES auf einer Konferenz zur Bildungsarbeit am 24. März 1984 in Bochum: "... Unsere Bildungsund Überzeugunsarbeit hält aber -- und auch das müssen wir sehen und klar aussprechen -- mit den wachsenden Anforderungen des politischen und ökonomischen Klassenkampfes, mit den Erfordernissen einer wesentlichen Stärkung unserer Partei noch nicht Schritt..." Neben umfangreicher "marxistischer Literatur" bietet die DKP insbesondere ihren Neumitgliedern eine Vielzahl von Bildungsund Schulungs76 "treu zum Marxismus-Leninismus" stehe und als eine der "kampferprobten Abteilungen der kommunistischen Weltbewegung ... (am) proletarischen Internationalismus" festhalte. DKP-Aufkleber 79 4.1.4 Verlage und Druckereien Gemeinsam mit einigen von ihr beeinflußten Organisationen unterhält die DKP seit Jahren zum Zwecke der Einwirkung auf die politische Meinungsund Willensbildung 'der Bevölkerung eine umfangreiche Verlagsproduktion. Maßgebenden Anteil an der Herstellung und Verbreitung vorrangig linksextremistischer Literatur hat hierbei die seit dem Jahre 1969 existente "Arbeitsgemeinschaft sozialistischer und demokratischer Verleger und Buchhändler", der bundesweit mehr als ein Dutzend Verlage oder verlagsähnliche Einrichtungen sowie 26 "collectiv"-Buchhandlungen angeschlossen sind. Vier dieser Buchhandlungen werden in BadenWürttemberg betrieben (Stuttgart, Mannheim, Freiburg und Heidelberg) ; sie sind Niederlassungen der "Brücken-Verlag GmbH" in Düsseldorf. Die DKP und ihre Vorfeldorganisationen werden - nicht allein aufgrund geschäftlicher Verbindungen - von weiteren Verlagen dieser "Arbeitsgemeinschaft" unterstützt: als "Hausdruckerei" der DKP stellt die "PLAMBECK & CO. Druck und Verlag GmbH" beispielsweise das Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ) und die "Deutsche Volkszeitung / die tat" (DVZ / die tat) her; letztere wird seit September 1983 von den beiden DKP-beeinflußten Organisationen "Deutsche Friedens-Union" (DFU) und "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA,) als gemeinsames Sprachrohr herausgegeben. Aus der Reihe weiterer der DKP nahestehender Firmen seien der "Pahl-Rugenstein-Verlag" in Köln und der "Verlag Marxistische Blätter" in Frankfurt am Main genannt. 4.1.5 Parteitag Der in der Zeit vom 6. bis 8. Januar 1984 in Nürnberg abgehaltene 7. Parteitag der DKP, der unter dem Leitsatz "Der Frieden muß siegen!" stand, verdeutlichte einmal mehr die enge politische Anbindung an die kommunistischen Parteien der Länder des "real existierenden Sozialismus". Insgesamt 35 sogenannte Bruderparteien und 4 nationale Befreiungsbewegungen hatten offizielle Delegationen zum Parteitag entsandt. Als Gäste waren ferner Angehörige von 11 Botschaften sozialistischer Länder anwesend, darunter der Botschafter der UdSSR in der Bundesrepublik Deutschland, und der Leiter der Ständigen Vertretung der DDR. Wie schon bei früheren Parteitagen nahmen die von Spitzenfunktionären angeführten Delegationen der KPdSU und der SED einen besonderen Rang ein. Die Anwesenheit führender Vertreter dieser beiden Parteien unterstrich erneut deren Bemühen, ihre kleine "Bruderpartei" politisch aufzuwerten. Sie bescheinigten der DKP zum wiederholten Male, daß sie 78 Unübersehbar sind allerdings punktuelle Erfolge im kommunalen Be reich. 4.1.6.1 Landtagswahl am 25. März 1984 in Baden Württemberg An der Wahl zum 9. Landtag von Baden-Württemberg am 25. März 1984 beteiligte sich die DKP in allen 70 Wahlkreisen mit insgesamt 133 Bewerbern. Der Versuch der Kommunisten, ein Wahlbündnis "aller demokratischen und linken Kräfte" zu schaffen, scheiterte abermals an der Ablehnung der angesprochenen Parteien. Für das Zustandekommen einer solchen gemeinsamen Liste hatte die DKP folgende Vorschläge unterbreitet: "... DieDKP... würde jedoch auf eine eigene Kanidatur verzichten, wenn es gelänge, eine gemeinsame Plattform zu finden. Diese müßte u.a. die Verhinderung der Raketenstationierung, Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsund Ausbildungsplätze, Abwehr von Rotstiftpolitik, Ausbau demokratischer Rechte, Verhinderung des Bonner Atomprogramms (KKW Wyhl) und Durchsetzung wirkungsvoller Maßnahmen für den Umweltschutz beinhalten..." Mit ihrem Wahlkampfmotto "Arbeitsplätze statt Raketen" wollte die DKP "den Nerv der gegenwärtigen Probleme" treffen. Hauptforderungen ihres "realitischen Programms zur Sicherung und Schaffung von 300.000 Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg" waren -- "die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnund Personalausgleich" und -- "ein Beschäftigungsprogramm, mit dem dringend notwendige Aufgaben vom sozialen Wohnungsbau über Umweltschutz bis zur Verbesserung sozialer Einrichtungen finanziert werden könnten". Weiter versprach die DKP ihren Wählern, -- "die Macht des Großkapitals" zurückzudrängen und zu beseitigen, und eine i -- "Gesellschaft ohne Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung und Krieg" schaffen zu wollen. 81 Wie das Parteitagsmotto und das als "Richtlinie" für die kommende Tätigkeit beschlossene "Aktionsprogramm '84 der DKP für Frieden und Arbeit" ausweisen, will die DKP erwartungsgemäß ihre bisherigen politischen Schwerpunkte beibehalten. Sie darf sich nierbei einer weitreichenden Unterstützung des "sozialistischen Lagers" sicher sein. Die Delegierten wählten Herbert MIES erneut "einmütig" zum Vorsitzenden und Hermann GAUTIER zu dessen Stellvertreter. Dem neuen 89köpfigen Parteivorstand gehören aus Baden-Württemberg insgesamt sieben Funktionäre an. In die anderen Leitungsgremien der DKP -- Präsidium -- Sekretariat -- Zentrale Schiedskommission -- Zentrale Revisionskommission wurden keine Parteimitglieder aus Baden-Württemberg gewählt. Die Struktur der DKP-Bundesführung hat sich im Vergleich zum 6. Bundesparteitag (29. bis 31. Mai 1981) nur geringfügig verändert. Noch immer sind etwa zwei Drittel der Funktionäre bereits Mitglieder der 1956 verbotenen KPD gewesen. Fast die Hälfte absolvierte im Laufe der Jahre mehrmonatige Lehrgänge an Parteischulen in der DDR und der Sowjetunion. Das Durchschnittsalter liegt weiterhin bei knapp 50 Jahren. Der Anteil der Frauen stieg inzwischen auf etwas mehr als ein Viertel. 4.1.6 Beteiligung an Wahlen Auch wenn der "außerparlamentarische Kampf" für die moskauorientierte DKP das entscheidende Mittel zur Veränderung des Kräfteverhältnisses "zugunsten der Arbeiterklasse und der anderen demokratischen Kräfte" darstellt, sucht sie doch durch "konsequente Schwerpunktarbeit" auf allen politischen Ebenen die Voraussetzungen dafür zu verbessern, auch in den Parlamenten wirksam zu werden. Allerdings hat sie hierbei weder auf Bundesnoch auf Landesebene den erstrebten Durchbruch erzielen können. Ihr schlechtes Abschneiden bei solchen Wahlen hat die DKP im Heft 1 zum Bildungsjahr 1984/85 wie folgt kommentiert: "- ".. Wäre unser Einfluß in den Volksbewegungen unseres Landes auf diese 0,2 oder 0,3 Prozent beschränkt, so würde man entweder von uns keine Notiz nehmen oder sich der Lächerlichkeit preisgeben, wenn man dennoch solchen Lärm schlüge..... " 80 Landtagswahl Landtagswahl Landtagswahl am 4. April 1976 am 16. März 1980 am 25. März 1984 Kandidatur Kandidatur Kandidatur in56 der 70 in 64 der70 in allen 70 Wahlkreise Wahlkreise Wahlkreisen absolut 18.762 0,4% absolut 11.738 0,3% absolut 13.620 0,3% 83 ARBEITSPLÄTZE STATT RAKETEN Aufkleber der DKP 82 didaten eine gewisse Resonanz zu verschaffen. Trotz eines aufwendig geführten Wahlkampfes mußte die DKP aber teilweise empfindliche Stimmenverluste hinnehmen. Insbesondere in Tübingen und in Stuttgart verlor sie einen Großteil ihrer früheren Wähler. Die einzige Ausnahme von dem landesweiten Trend bildete Mannheim ' wo sie sogar einen geringen Stimmenzuwachs erzielen konnte. Relativ gut schnitt sie auch dort ab, wo sich ihre Kandidaten, ohne ihre DKP-Zugehörigkeit offenzulegen, auf einer alternativen Liste zur Wahl stellten. Insgesamt errang die DKP sechs Mandate (1979/80: acht), davon fünf über eigene Listen und eines über eine alternative Liste: In Heidenheim und Tübingen verlor sie je einen Sitz im Gemeinderat, in Esslingen das Kreistagsmandat der Listenverbindung DKP/FWE. In Waiblingen gelang ihr der Einzug in das Stadtparlament über die "Alternative Liste" (ALi). Mandatsträger der DKP in Gemeindeund Kreisparlamenten: Vertreter im Gemeinderat: Tübingen 2 Mannheim 1 Heidenheim 1 Waiblingen 1 Mandat im Kreistag: . Tübingen 1 4.1.7 Schwerpunkte der Agitation Als selbsternannte Vertreterin der "Gesamtinteressen der Arbeiterklasse" plädierte die DKP auch im Jahre 1984 für "tiefgreifende Richtungsänderungen in der Wirtschafts-, Sozial-, Umwelt-, Mieten-, Kommunal-, Jugendund Frauenpolitik" und versuchte "grundlegende antimonopolistische Alternativen" anzubieten. Der Parteivorsitzende MIES faßte dies im "=. . Jeder ökonomische, jeder politische Kampf istimmer auch ideologischer Kampf. Jeder ökonomische, jeder politische Kampf ist immer auch eine geistige Auseinandersetzung -- eine Auseinandersetzung, bei der es darum geht, Menschen mit Argumenten zu überzeugen, sie für den Kampf und für die Partei zu gewinnen..." Bei ihren vielfältigen Initiativen war die DKP bestrebt, tatsächliche oder vorgebliche Probleme zu überzeichnen oder zu verzerren. Im kommuna85 Knapp die Hälfte der insgesamt 89 Kandidaten (davon 44 Ersatzbewerber) der "Friedensliste" übt Funktionen in der DKP oder in einer ihrer Vorfeldorganisationen aus. Nach dem amtlichen Wahlergebnis erzielte die "Friedensliste" bundesweit 313.108 Stimmen = 1,3% in Baden-Württemberg 43.380 Stimmen = 1,4% In Baden-Württemberg konnte die "Friedensliste" nicht nur den Bundesdurchschnitt geringfügig übertreffen, sie erreichte in einigen Stadtund Landkreisen sogar relativ hohe Stimmenergebnisse. Bei der ersten Wahl zum Europäischen Parlament am 10. Juni 1979 hatte die DKP folgende Stimmanteile errungen: bundesweit 112.055 Stimmen = 0,4% in Baden-Württemberg 12.828 Stimmen = 0,3%. 4.1.6.3 Kommunalwahlen am 28. Oktober 1984 in Baden-Württemberg Bei der Wahl der Kreisund der Gemeinderäte in Baden-Württemberg am 28. Oktober 1984 kandidierten DKP-Mitglieder in -- 14 Gemeinden und5 Kreisen mit eigenen Listen -- 4 Gemeinden und 1 Kreis auf der Listenverbindung DKP/FWE ("Freie Wählervereinigung Esslingen") -- 13 Gemeinden auf sonstigen Wahlvorschlägen (ohne Kenntlichmachung der DKPMitgliedschaft) Unter dem Motto "Arbeitsplätze statt Raketen" versuchte die DKP, "den Wahlkampf vor und in die Betriebe und in die Arbeiterwohngebiete zu tragen" und sich an "die Arbeiterfamilien, die Arbeiterfrauen und die Arbeiterjiugend" zu wenden. Sie konzentrierte sich dabei besonders auf die Städte Mannheim und Tübingen sowie auf die Kreise Heidenheim und Esslingen, wo sie ihre 1979/1980 gewonnenen acht Mandate verteidigen wollte. Mit Wahlkampfthemen, die "den Leuten auf den Nägeln brennen", und mit der Bildung von Wählerinitiativen versuchte die Partei, ihren Kan84 versuchte sie mit all ihren personellen und materiellen Möglichkeiten, Einfluß auf das breite Spektrum der "Friedensbewegung" zu nehmen. Obwohl die Ergebnisse dieser Bemühungen unterschiedlich waren, die DKP auch immer wieder Rückschläge hinnehmen mußte, wares doch von groBer Bedeutung für die Partei, daß sie erstmals mit einigem Gewicht in Gremien mitwirken konnte, in denen auch zahlreiche nichtextremistische Gruppen vertreten sind. Trotz gelegentlicher Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Flügeln wurde die DKP im großen und ganzen nicht nur geduldet, sondern hatte verschiedentlich die Chance, ihre Vorstellungen einzubringen. Allerdings regte sich 1984 gerade in Baden-Württemberg wachsender Widerstand gegen den Einfluß der DKP. Sichtbarster Ausdruck war die zum Jahresbeginn 1984 nicht mehr zu verhindernde faktische Spaltung der "Friedensbewegung". Auf der "13. Landesberatung der baden-württembergischen Friedensinitiativen" am 22. Januar 1984 in Stuttgart lehnten die Vertreter der DKP und der ihr nahestehenden Vereinigungen die Beschlußfassung über eine von mehreren nichtextremistischen Gruppen vorgelegte "erweiterte Arbeitplattform" entschieden ab, weil sie die Forderungen nach "blockübergreifender Friedensbewegung" und der Gleichsetzung der Atomrüstung der USA und der UdSSR enthielt. Daraufhin erklärte die Mehrzahl der nichtextremistischen Gruppen ihren Austritt aus der "Landesberatung" und schloß sich zum "Friedensforum Südwest" zusammen. Trotz dieser Abspaltung blieb die nun stark von linksextremen Organisationen getragene "Landesberatung der baden württemberischen Friedensinitiativen" überaus aktiv. Bei nahezu allen Öffentlichkeitswirksamen Veranstaltungen der Friedensbewegung im Lande hatte sie maßgeblichen Anteil. Eindeutige Höhepunkte der im Berichtsjahr durchgeführten "Friedensaktivitäten" waren die "Herbstaktionen" und hierbei insbesondere die "Aktionswoche '84". Unter starker Beteiligung des DKP-Spektrums folgten mehrere Tausend den Aufrufen zu den Auftaktsveranstaltungen am 20. Oktober in Ulm, Stuttgart, Mutlangen, Heilbronn und Mannheim sowie zu der für den gleichen Tag in Stuttgart organisierten zentralen Kundgebung. Allerdings war gerade bei diesen Aktionen nicht zu übersehen, daß es nicht mehr in gleichem Maße wie im Herbst 1983 gelang, große Massen zu mobilisieren. Der von der DKP in vielfältiger Weise genutzte Protest gegen die NATO-Nachrüstung verlor an Anziehungskraft. 87 len Bereich prangerten ihre Grundeinheiten wiederum Tariferhöhungen bei Gas, Strom und Wasser an, stellten öffentliche Bauvorhaben in Frage, kritisierten angebliche behördliche Fehlplanungen, verlangten die Senkung von Mieten, wiesen auf mögliche Umweltschutzverstöße hin, befürworteten weitere finanzielle Zuwendungen an Jugendhäuser, engagierten sich für die Schaffung außerbetrieblicher Ausbildungszentren und beantragten, ihre Heimatgemeinde zur atomwaffenfreien Zone erklären zu lassen. All diese Aktionen wurden indes von dem "unumstößlichen Vorsatz" der DKP überlagert, der NATO-Nachrüstung auch nach Beginn der Stationierung der neuen Raketen weiterhin "massenhaften Widerstand" entgegenzusetzen. Schon zu Jahresbeginn 1984 erklärte hierzu der DKPVorsitzende: ". . . Niemals werden wir uns mit dem Willkürakt der Raketenstationierung abfinden. Wir werden nicht ruhen und rasten, bis die USAAtomraketen wieder verschwunden sind... " MIES forderte zugleich alle Mitglieder der Partei auf, das Jahr 1984 zu einem neuen "Kampfund Aktionsjahr" zu machen. Wörtlich sagte er: "+. . Laßt uns das Jahr 1984 zu einem neuen Kampfund Aktionsjahr machen. Das heißt für die DKP: Wir werden alle bereits beschlossenen Maßnahmen und Aktionen der Friedensbewegung mit ganzer Kraft unterstützen. Wir denken an den Protesttag am 30.1.1984, den Jahrestag der faschistischen Machtergreifung. An die Ostermärsche '84. An alle Manifestationen, Demonstrationen, Blockaden und Aktionen, die geeignet sind, den Widerstand gegen die Raketen zu verbreitern. Wir werden daran mitwirken, bereits gewonnene Friedenskräfte zu weiterem Kampf zu ermutigen und neue Friedenskräfte hinzuzugewinnenz...Gemeinsam mit mehreren ihrer Vorfeldorganisationen, darunter die - "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ), - "Deutsche Friedens-Union" (DFU), -- "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA), -- "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK), und das -- "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ), Selbst wenn die unmittelbare Resonanz des Einsatzes der DKP in der "Friedensbewegung" und in den "sozialen Kämpfen" des Jahres 1984 nur schwer abschätzbar ist, dürfte die Partei zumindest mittelfristig daraus Vorteile ziehen. Sie hat aus dem "aktivsten Kern der Kräfte" neue Mitglieder gewonnen, sie hat sich Verbindungen -- auch in den demokratischen Bereich hinein -- geschaffen und sie ist erstmals seit ihrem Bestehen auf breiterer Front als Bündnispartner akzeptiert worden. Es war nur konsequent, daß die DKP-Führung inrealistischer Einschätzung ihrer Möglichkeiten bei der Bewertung des Jahres 1984 eine positive Bilanz gezogen hat. 4.2 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die 1968 gegründete SDAJ versteht sich als "konsequent sozialistischer Arbeiterjugendverband", der unter der unbestrittenen Führung der DKP die "sozialistische Bundesrepublik Deutschland" errichten will. An der "engen Freundschaft" mit der DKP läßt der formal selbständige Verband weder in seinen programmatischen Aussagen noch in seiner politischen Tätigkeit irgendwelche Zweifel aufkommen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SDAJ stellte dies in den "Jugendpolitischen Blättern" (August 1984) erneut fest: "... Die SDAJ arbeitet eng mit der marxistischen Partei der Arbeiterklasse unseres Landes, der DKP, zusammen. Mit ihr ist sie durch gemeinsame Weltanschauung, Kampferfahrungen und viele Kommunisten, die im Verband arbeiten, verbunden. SDAJler haben erfahren, daß auf Kommunisten Verlaß ist, im Betrieb, im Stadtteil und im Verband. Deshalb wirkt die SDAJ an der Stärkung der DKP mit..." Die SDAJ hat in den letzten Jahren ihre Agitation innerhalb der jungen Generation vor allem auf die Bereiche Bildung und Ausbildung konzentriert. Insbesondere versuchte sie, mit Schlagworten wie "Arbeit statt Raketen!", "Bildung statt Bomben!" oder "Wohnungen statt Kasernen!" Sympathisanten für ihre extremistischen politischen Ziele zu gewinnen. Dabei ist nicht zu übersehen, daß die gegen den angeblichen Abbau demokratischer Rechte oder gegen die "Rotstiftpolitik" zielenden (häufig gut organisierten und aufwendigen) Kampagnen vor allem diejenigen jungen Menschen ansprechen sollen, die den ideologisch-extremistischen Hintergrund des Protestes nicht erkennen können oder die sich darüber gar nicht klarwerden wollen. Andererseits macht der Verband in bestimmten Situationen gar keinen Hehl aus seiner über den konkreten Anlaß hin89 In dieser Situation versuchten die orthodoxen Kommunisten, auch andere Problembereiche mit dem "Friedenskampf" zu verknüpfen. Herbert MIES erklärte dazu auf der 3. Tagung des Parteivorstandes im August 1984: "+. Wirtragen zu einer engeren Verbindung von Arbeiterund Friedensbewegung, von sozialem und Friedenskampf bei!" Hauptgegner der oftmals äußerst polemischen Agitation der DKP blieben die Bundesregierung und die sie tragende "Rechtskoalition aus CDU/ CSU/FDP", die mit den "reaktionärsten Kräften des Großkapitals" in direkte Verbindung gebracht wurden. Als vorrangigstes Ziel der DKP wurde es bezeichnet, die "Wende nach rechts" zu stoppen und zu korrigieren. Nach alledem konnte nicht überraschen, daß die Partei alle ihr möglichen und geeignet erscheinenden Anstrengungen unternahm, um den im Frühsommer ausgetragenen Tarifkonflikt in der Metallindustrie und im Druckgewebe für ihre Zwecke zu nutzen. Der DKP-Vorsitzende MIES stellte hierzu fest: "+. . Die DKP unterstützt mit ganzer Kraft die gewerkschaftlichen Aktionen zur Durchsetzung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit, für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, für die Rechte und Interessen der Arbeitslosen, für die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich -- das ist höchste Klassenpflicht. Das ist und bleibt die zentrale Aufgabe der wirtschaftsund sozialpolitischen Tätigkeit unserer marxistischen Arbeiterpartei, aller Kommunistinnen und Kommunisten..." Die durchsichtige Absicht der DKP war es, sich den Streikenden als einzig konsequente Interessenvertreterin zu empfehlen. Zu diesem Zweck verbreitete sie während des Ausstands große Mengen von Propagandaschriften, betätigten sich viele ihrer Funktionäre und Mitglieder als Streikposten, versuchte sie durch Versorgung der Steikenden mit Erfrischungen sowie durch Übergabe von Geldund Sachspenden klarzumachen, auf welcher Seite der "Barrikade" die Kommunisten während des Streiks, der "Schule des Klassenkampfes", stehen. tig Mitglieder der SDAJ sind. 91 ausreichenden orthodox-kommunistischen Perspektive. So erklärte er zu der Kampagne gegen Jugendarbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel: ". . . Die SDAJ geht als marxistischer Jugendverband davon aus, daß die Forderung nach dem Recht auf Arbeit und Ausbildung endgültig erst im Sozialismus durchgesetzt werden kann..." Trotz punktueller Erfolge ist allerdings die Behauptung der SDAJ, sie sei heute ein "jugendpolitischer Faktor", an dem niemand mehr vorbeikomme, völlig wirklichkeitsfremd. Immerhin bleibt festzustellen, daß sie an "Schlagkraft" gewonnen hat, was nach ihrer eigenen Einschätzung an - der "Aktionsorientiertheit" der SDAJ liegt. Zugleich bietet die "Aktionseinheitsund Bündnispolitik", die der Taktik der DKP entlehnt ist, die Möglichkeit, den härter gewordenen "Kampf um Tagesforderungen" mit dem "Kampf für den Sozialismus in der Bundesrepublik Deutschland" zu verbinden. Ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit der Jugendorganisation war 1984 die massive Unterstützung der DKP-Kandidaten bei den anstehenden Wahlen. Wie zielgerichtet und bekennerisch sie gestaltet war, unterstreicht etwa der Wahlaufruf zu den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg: ".. . deshalb rufen wir jetzt zur Gemeinderatswahl auf, DKP zu wählen. JarichtigDKP! Die mit dem 'K' -- Kommunisten... " Obwohl nicht zu leugnen ist, daß die Agitation der kommunistischen Jugendgruppe eine wenngleich begrenzte Resonanz findet, ist es der Organisation andererseits nicht gelungen, die Zahl ihrer aktiven Mitglieder im Bundesgebiet nennenswert zu erhöhen: sie beläuft sich -- wie 1983 -- auf etwa 15.000. Der Landesverband Baden-Württemberg der SDAJ umfaßte Ende 1984 20 Kreisverbände, denen etwa 210 örtliche Gruppen (1983: 200) mit unverändert rund 1.100 Mitgliedern zuzuordnen sind. Nach wie vor versucht die Organisation, mit der monatlich erscheinenden Zeitschrift "elan -- das Jugendmagazin" und mit zahlreichen, meist unregelmäßig herausgegebenen Kleinzeitungen auf die junge Generation publizistisch einzuwirken. Als ein weiteres Vehikel zur Einflußnahme auf junge Menschen dient den moskauorientierten Kommunisten seit Jahren der bundesweit organisierte "Motorradclub Kuhle Wampe" (MC Kuhle Wampe). In Baden90 4.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Die DKP sieht seit Jahren in der intensiven Förderung der ihr eng verbundenen Vereinigung "Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorganisation" (JP) eine wesentliche Aufgabe kommunistischer Kaderbetreuung. Die JP, Träger kommunistischer Kinderarbeit, arbeiten dementsprechend auf allen Ebenen eng mit der DKP und der SDAJ zusammen. Dies wird, wie einem Beschluß der 4. JP-Bundeskonferenz zu entnehmen ist, auch offen bekannt: ". . . Viele von uns sind in der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDA)J) organisiert, die genauso konsequent die Interessen der Jugend vertritt wie sie den Kindergruppen der Jungen Pioniere hilft. Viele von uns arbeiten eng mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) zusammen, die sich überall mit ganzer Kraft für die Rechte der Kinder und für den Frieden einsetzt. Viele von uns sind selber Kommunisten ... ." Der eigentliche Auftrag der JP ist die geschickte Verquickung von Freizeitgestaltung und erster ideologischer Berührung in den örtlichen Gruppen. Damit sollen schon Sechsbis Vierzehnjährige perspektivisch an die Partei herangeführt werden. Wochenendfahrten, Kinderfeste, Spielund Singnachmittage verfolgen den Zweck, das kollektive Erlebnis der Kinder zu fördern, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Gruppe zu stärken und noch unsichere Kinder schneller zu integrieren. Ein weiteres Mittel der Beeinflussung besteht seit Jahren darin, möglichst viele Kinder zur Teilnahme an Ferienlagern in der DDR zu bewegen. Diese besonders preisgünstigen Reisen, die traditionell unter dem Motto "Wir fahren in ein kinderfreundliches Land" angeboten werden, bieten erfahrungsgemäß unverfängliche Ansatzpunkte für die Gewinnung neuer Interessenten und künftiger Mitglieder. Auch bei den "Jungen Pionieren" steht die "Friedensarbeit" seit einiger Zeit im Mittelpunkt der Wegweisung für ihre beginnende politische Arbeit. Die Vereinigung sieht die "Friedenserziehung" im kommunistischen Sinne als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an. Die Kinder sollen "erkennen lernen", daß der Frieden nur von den "Bossen" bedroht werde, die in ihrem "Kampf gegen den Sozialismus" sogar bereit seien, einen atomaren Weltkrieg zu riskieren. Deshalb sei es unerläßlich, daß auch Kinder an der Seite ihrer Eltern an Aktionen und Demonstrationen für den Frieden teilnehmen. Die Gesamtmitgliederzahl der "Jungen Pioniere" blieb im Jahre 1984 mit etwa 4.000 nahezu konstant. Auch in Baden-Württemberg war kein nen93 Plakat der SDAJ 92 4.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen Neben der Stärkung der Partei durch neue Mitglieder ist für die DKP die Erweiterung ihres Einflusses eine Schlüsselfrage für ihr "ganzes weiteres Vorankommen im Kampf um den Frieden, für die Verteidigung und den Ausbau sozialer und demokratischer Rechte und letztlich für die Veränderung des Kräfteverhältnisses zugunsten der Arbeiterklasse". Bei der Verfolgung dieses Zieles kann sich die DKP seit Jahren auf ein ganzes Spektrum von Organisationen und Vereinigungenstützen, die -- je nach dem Grad der Beeinflussung und der Steuerung -- mehr oder weniger kritiklos die Politik der DKP unterstützen und, wenn dies taktisch geboten erscheint, an ihrer Stelle vertreten. Hierzu zählen insbesondere -- die "Deutsche Friedens-Union" (DFU), -- die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) und - das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ). Während der Einfluß der DKP auf diese formal selbständigen Organisationen eher noch spürbarer geworden ist, hat beispielsweise der Landesverband Baden-Württemberg der als Gesamtorganisation ebenfalls kommunistischer Beeinflussung unterliegenden "Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) seine Bemühungen um einen größeren politischen Spielraum fortgesetzt. 4.4.1 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) Die "Deutsche Friedens-Union" (DFU) ist seit Jahren für die DKP ein überaus verläßlicher Partner und ein konsequenter Träger kommunistischer Bündhispolitik. Gerade im "Friedenskampf" ist dies für die DKP nach eigener Einschätzung von besonderem Wert. Die unverkennbar moskauorientierte Haltung der DFU verdeutlichte deren Bundesvorstand erneut in einem Appell, der in der organisationseigenen Zeitung "Abrüstungsinfo" (Ausgabe 4/1984) abgedruckt war: "+. . Die DFU richtet, wie in der Vergangenheit, ihre Aufmerksamkeit auf die befreienden Möglichkeiten, die die friedliche Koexistenz gerade für ein Land wie das unsere bietet. Von Anfang an sind wir der Auffassung, daß Frieden und Sicherheit nicht gegen die Sowjetunion 95 nenswerter Zuwachs zu verzeichnen: hier dürften der Organisa tion knapp 150 Mitglieder angehören. Das ist ne' tolle Sache: Kinderferien inderDDR Aufruf der "Jungen Pioniere" 94 "Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) ist ein Zusammenschluß von Demokraten unterschiedlicher politischer und weltanschaulicher Herkunft. Auch in Weinheim haben sich Parteilose, Mitstreiter der Friedensund der Alternativbewegung als auch Kommunisten und Gewerkschafter zusammengefunden, um das Erbe des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus zu bewahren, an die jüngere Generation weiterzugeben und sich den Aufgaben.der heutigen Zeit zu stellen. Dazu gehören... der Kampf gegen Neofaschismus und Ausländerfeindlichkeit sowie die Aufklärung über die Ursachen von Krieg und FaschisMUS.n.z Der überwiegende Teil der Veranstaltungen und der publizistischen Tätigkeit der VVN-BdA war auch im Jahre 1984 von der Kritik an den angeblich ständig wachsenden entspannungsfeindlichen und undemokratischen Tendenzen in der Bundesrepublik Deutschland geprägt. "Friedenspolitik" und "Kampf gegen Neonazismus und Ausländerhaß" zählt sie deshalb unverändert zu ihren politischen Schwerpunktaufgaben. 5. Linksextreme Bestrebungen an den Hochschulen des Landes Obwohl sich die Situation an den Hochschulen des Landes im Vergleich zu den frühen siebziger Jahren spürbar entspannt hat, bestehen dort weiterhin eine Anzahl fast ausnahmslos linksextremer Studentenvereinigungen. Die von ihnen ausgehenden Aktivitäten zielen vor allem darauf ab, staatliches Handeln generell zu diskreditieren, um dadurch die Staatsund Verfassungsordnung im ganzen zu treffen. Ihre Angriffe konzentrierten sich 1984 einmal auf aktuelle innenpolitische Probleme, zum anderen auf die behauptete zunehmende Verschärfung der Studienbedingungen. Überlagert wurde diese häufig polemische Agitation aber unverändert von dem verbreiteten Engagement dieser Gruppen in der "Friedensbewegung'". Der stärker sich äußernde Anti-Amerikanismus linksextremer Hochschulgruppen zeigte sich auch in zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen, die sich mit Problemen der Länder der Dritten Welt, insbesondere mit der aktuellen Lage in Nicaragua, befaßten. 97 und gegen die sozialistischen Nachbarstaaten zu erzielen sind, sondern nur mit ihnen. Für diese Einsicht, für die Weiterentwicklung der Entspannungspolitik, wird die DFU verstärkt eintreten. Dabei geht es ihr vorrangig darum, die begonnene Stationierung zu stoppen und wieder rückgängig zu machen..." Auch der DFU-Landesvorstand Baden-Württemberg bestätigte in einem Rundschreiben vom 12. September 1984 die traditionelle enge Zusammenarbeit mit kommunistischen Organisationen: ". . .Dadie Zusammenarbeit für uns einen sehr hohen Stellenwert hat, sehen wir uns als Freunde und Bundesgenossen der Andersdenkenden in der Friedensbewegung, mit denen wir gerne zusammen demonstrieren, blockieren und diskutieren. Diese Haltung gilt für uns auch selbstverständlich gegenüber einer Zusammenarbeit mit den Kommunisten in der Friedensbewegung, denn es gibt für uns keinen Grund, den Wunsch nach Frieden und Abrüstung bei Kommunisten geringer zu schätzen als bei den anderen Menschen und Gruppen in der Friedensbewegung...." Mit Wirkung vom 31. Mai 1984 hat die seit Jahrzehnten als Partei wirkende DFU, der bundesweit kaum mehrals tausend Mitglieder angehören, ihr Organisationsstatut geändert und ihren Parteistatus aufgegeben. Sie will künftig als politische Vereinigung für die "Stärkung und Einigung der Bewegung für Frieden, Abrüstung und soziale und demokratische Erneuerung" eintreten. 4.4.2 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten"(VVN-BdA) Die bereits 1947 gegründete VVN-BdA zählt inzwischen zu den mitgliederstärksten prokommunistischen Organisationen. Bundesweit sind in der Vereinigung etwa 13.000 Mitglieder (davon knapp 2.000 im Landesverband Baden-Württemberg) zusammengeschlossen. Die DKP hat seit Jahren die Möglichkeiten erkannt, die sich ihr über die VVN-BdA bieten. Sie hat deshalb ihre Positionen innerhalb der Organisation kontinuierlich ausgebaut und übt inzwischen auf den Kurs und die Aktivitäten der Vereinigung bestimmenden Einfluß aus. Dieser findet auch in dem Flugblatt einer Gliederung auf Ortsebene seinen Ausdruck: 96 Trotz der vielfältigen Aktionen, die häufig von massiven Flugblattkampagnen begleitet waren, ist die Bedeutung der politisch extremen Studentengruppen weiter zurückgegangen. An den baden-württembergischen Hochschulen waren im Jahre 1984 folgende linksextreme Vereinigungen aktiv: 5.1 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB Spartakus) Der im Jahre 1971 gegründete "Marxistische Studentenbund Spartakus" (MSB Spartakus) gehört noch immer zu den wichtigsten Multiplikatoren orthodox-kommunistischer Politik an den Hochschulen. Er stützt sich bundesweit auf eine Mitgliederzahl von etwa 6.000 Personen (in Baden-Württemberg rund 200) und ist damit unangefochten der mitgliederstärkste extremistische Studentenverband. In zahlreichen Erklärungen bekräftigte er seine Absicht, sich - in enger Anlehnung an die DKP - für den Aufbau des Sozialismus marxistisch-leninistischer Prägung in der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen. Um diesem Ziel näher zu kommen, ist nach Auffassung des MSB Spartakus zunächst eine "Strategie gegen rechts" notwendig, die den Aufbau breiter Bündnisse auf der Basis "autonomer außerparlamentarischer Bewegungen" und schließlich die Herausbildung einer "antimonopolistischen Gegenmacht" erfordere. Auf einer Sitzung von Funktionären örtlicher MSB-Spartakus-Gruppen am 13./14. Oktober 1984 in Dortmund wurde dies noch einmal unterstrichen: "Wir setzen uns... in allen Bewegungen dafür ein, bewußt das Bündnis mit der Arbeiterbewegung zu suchen. Um innenpolitische Wirkung zu erzielen, brauchen wir ein antimonopolistisches Kraftzentrum. Für seine Entwicklung steht das Wirken von DKP, SDAJ und MSB Spartakus." Dieses Bekenntnis zur DKP wurde 1984 in zahlreichen Varianten erneuert. Für den MSB Spartakus ist sie die einzige Partei, die für eine "grundlegende gesellschaftliche Veränderung" eintritt. In zahlreichen Flugschriften und Wahlaufrufen wurde von den MSB-Funktionären, die nicht selten gleichzeitig Mitglied der DKP sind, die Führungsrolle der Partei vorbehaltlos anerkannt. 99 Mposerapnm ncex erpan. conaunnärac) Apaserapmnver AP nn -- Rn (r) ru Er "e ud =SSE= we-"an. &) s Teen. . ME Er gefhlichman u NL _ (ger 2 Fi ee > Äste Wr= eu Atomare a Tübingens Gemeinderat br re "cher Sitzung Anträge aus 'EINDERAT Ta0 6.88, 09 16.16n8 SITZUNG Ir am.iaht an die Stelle der Ende November 1983 aufgelösten "Kommunistischen Studentengruppen" (KSG). Meinungsverschiedenheiten über die Aufgabe der alten Studentenorganisation als "Instrument, Reservoir und Vorschule der Partei" sowie angebliche Tendenzen, sich von der gemeinsamen Strategie und Taktik der MLPD zu entfernen, hatten während des unter konspirativen Umständen durchgeführten 5. Zentralen Delegiertentags der KSG im November 1983 zu deren Auflösung geführt. In Publikationen der MLPD verlautete hierzu, mit diesem Schritt sei eine "Fehlentwicklung in den KSG" gestoppt und die politische Rückorientierung der Mitglieder eingeleitet worden. Die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) ist jetzt bemüht, die Tätigkeit der neuen Vereinigung einer straffen Kontrolle zu unterziehen. Im Parteiorgan "Rote Fahne" Nr. 1/84 waren an ihre Adressen denn auch unmißverständliche Hinweise und Vorgaben gerichtet: ".. . Im MLSV sind Schüler und Studenten organisiert, die von ihrer Klassenlage kleinbürgerliche Intellektuelle sind ... ... Die MLPD verlangt... von den intellektuellen Genossen in ihren Nebenorganisationen, daß sie sich bewußt in der bescheidenen Verbindung mit der Arbeiterklasse umerziehen, um ganz ihren Standpunkt einzunehmen... . ... Nicht zuletzt ist der MLSV gefordert, den Einfluß der Arbeiterklasse an Schulen und Hochschulen entschieden zu verstärken... . . . Unter der Voraussetzung, daß wir ernsthaft um die Verschmelzung mit der Arbeiterklasse kämpfen wollen und dies auch tun, können die Mitglieder des MLSV einen wertvollen Beitrag für den Kampf um den Sozialismus/Kommunismus leisten." Der "Marxistisch-Leninistische Schülerund Studentenverband" entwikkelte bisher nur in wenigen Bundesländern eigene Aktivitäten. In BadenWürttemberg bestehen kleine örtliche Gruppen an nahezu allen Universitäten, jedoch konnten lediglich an den Hochschulen in Stuttgart und Tübingen häufiger öffentliche Aktionen beobachtet werden. 5.4 "Kommunistische Studenten" (KS) Die Gruppe "Kommunistische Studenten" (KS) war im Mai 1981 als Studentenverband der albanisch orientierten "Kommunistischen Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" -KPDgegründet worden. Die Vereinigung sieht sich jedoch nicht als "eine bloße 'Nebenorganisation'" 101 Ferner setzte der Studentenverband seine Bemühungen fort, zusammen mit seinem langjährigen Verbündeten, dem "Sozialistischen Hochschulbund" (SHB), demokratische Jugendorganisationen für gemeinsame politische Aktivitäten zu gewinnen. 5.2 "Sozialistischer Hochschulbund" (SHB) Der überregional tätige "Sozialistische Hochschulbund" (SHB) konnte an den Hochschulen in unserem Lande kaum noch größere Aufmerksamkeit auf sich lenken. Ihm dürften bundesweit noch knapp 2.000 Mitglieder (Baden-Württemberg: 40 bis 50) angehören. Die bereits seit Jahren bestehende enge Zusammenarbeit mit dem orthodox-kommunistischen MSB Spartakus hat die politischen Konturen des SHB zusehends verwischt und seine Eigenständigkeit mitunter fraglich werden lassen. Die Vereinigung will dieses Erscheinungsbild aber ersichtlich nicht korrigieren; im Rechenschaftsbericht des Bundesvorstands des SHB zur 24. ordentlichen Bundesdelegiertenversammlung im Oktober 1984 wurde der "hohe Stellenwert", den die Aktionseinheit mit dem MSB Spartakus habe, ausdrücklich bekräftigt. Gerade durch die Kooperation beider Gruppierungen, so wurde betont, sei vielerorts die "Hegemoniefähigkeit" erlangt worden. Die eigene Standortbestimmung des SHB im Sinne einer marxistischen Organisation fußt auf der "Grundsatzerklärung" und dem Grundsatzprogramm, die beide im Jahr 1972 verabschiedet worden sind. Die dort aufgezeigten Positionen gelten, wie eine Informationsbroschüre für Studienanfänger zum Wintersemester 1984/85 erkennen läßt, unverändert weiter: "... Der SHB ist ein links-sozialdemokratischer Studentenverband, der von einem marxistischen Grundsatzprogramm ausgehend für die sozialistische Umgestaltung der BRD kämpft." 5.3 "Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband" (MLSV) Der "Marxistisch-Leninistische Schülerund Studentenverband" (MLSV), eine Nebenorganisation der maoistisch orientierten "Markistisch-Leninistischen Partei Deutschlands" (MLPD), trat organisatorisch 100 publizistischer Tätigkeit nicht, ihre Position zu festigen. Offenbar haben ihre geringe Attraktivität, interne Auseinandersetzungen in der FAU sowie die nur noch halbherzige Mitarbeit der KS die "Arbeitsgemeinschaft" in ihrer Entwicklung auf der Stelle treten lassen. Als programmatische Grundlage dient dem Dachverband nach wie vor die Ende 1982 verabschiedete Plattform, derzufolge der "bürgerliche Staatsapparat" in einer "sozialistischen Revolution gewaltsam zerschlagen" werden soll. Seine Tätigkeit konzentriert sich in Baden-Württemberg auf die Universitäten Freiburg, Heidelberg und Konstanz. 103 Partei, sondern gibt vor, "an den Hochschulen ernsthaft eine eigene kommunistische Politik" entwickeln zu wollen. In einem im Zentralorgan der KPD, "Roter Morgen", Nr. 33 vom 17. August 1984, veröffentlichten Bericht über ihren Ill. Kongreß, der vom 30. Juni bis 1. Juli 1984 in Hessen abgehalten wurde, unterstrich die Hochschulgruppe erneut ihr "Grundanliegen": die Beteiligung an den "Kämpfen" der Studenten und die Mitarbeit in den gewählten Organen der Verfaßten Studentenschaft als Voraussetzung für eine "revolutionär-sozialistische Einflußnahme auf die Studentenbewegung". Die Organisation hat freilich seit ihrer Gründung nur mäßige Fortschritte erzielen können, obwohl sie die "Zusammenarbeit revolutionärer Linker vor Ort" ständig propagiert. In Baden-Württemberg waren 1984 nur an der Universität Karlsruhe Aktivitäten der KS zu erkennen. 5.5 "Marxistisch-Reichistische Initiative" (MRI) Die noch im Jahre 1983 erklärte Absicht der MRI, in weiteren Bundesländern eigene Gruppen aufzubauen, konnte offensichtlich nicht realisiert werden. Die Organisation verfügt mit der straff geführten Zelle in Freiburg über die derzeit einzige Gruppe im Bundesgebiet. Gleichwohl bekräftigte sie in einem im Mai 1984 verbreiteten Flugblatt zur Auflösung der nur vorübergehend aktiv gewesenen "Ortsgruppe Tübingen" noch einmal ihren politischen Anspruch: "Wie der Name schon andeutet, war -- und ist! -- die MRI die einzige Organisation, die an den Erkenntnissen und Zielen von MARX und ENGELS ohne jeden Abstrich festhält, und zu diesem Zweck, nämlich um sie tatsächlich wirksam werden zu lassen, die Hilfe der unverwässerten Psychoanalyse, d. h. der authentischen Lehre Sigmund FREUDs in Anspruch nimmt." 5.6 "Arbeitsgemeinschaft für Revolutionäre Hochschulpolitik" Der linksextremen "Arbeitsgemeinschaft für Revolutionäre Hochschulpolitik", einem gemeinsam von Angehörigen des "Bundes Westdeutscher Kommunisten" (BWK), der "Kommunistischen Studenten" (KS), der anarchistischen "Freien Arbeiter-Union" (FAU) sowie von Unorganisierten getragenen Zusammenschluß, gelang es trotz gesteigerter 102 ll. Rechtsextremistische Bestrebungen 1. Allgemeiner Überblick Der deutsche Rechtsextremismus bleibt geprägt von einem betonten Antiamerikanismus und einer immer stärker werdenden Ausländerfeindlichkeit. Die Serie rechtsterroristischer Anschläge gegen Personal und Einrichtungen der amerikanischen Streitkräfte konnte jedoch gestoppt werden: mit der Zerschlagung der neonazistischen HEPP/KEXEL-Gruppe wurden die rechtsterroristischen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland zweifellos nachhaltig geschwächt. Gleichwohl gibt die wachsende Gewaltbereitschaft zahlreicher Neonazis Anlaß zur Sorge. Im neonazistischen Bereich zeigte das vom Bundesminister des Innern mit Wirkung vom 7. Dezember 1983 angeordnete Verbot der "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) Wirkung. Gleichzeitig mit der ANS/NA war auch die aus rein taktischen Überlegungen heraus gegründete vorgebliche Partei "Aktion Ausländerrückführung -- Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung" (AAR) verboten und aufgelöst worden. Ihr blieb infolgedessen die (beabsichtigte) Teilnahme an der baden-württembergischen Landtagswahl am 25. März 1984 versagt. Um die Verbotsmaßnahme zu unterlaufen und auch weiterhin über einen "parteipolitischen Arm" zu verfügen, begannen Neonazis zunächst in Baden-Württemberg, später auch im übrigen Bundesgebiet, die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) zu unterwandern. Zugleich wurden die ehemaligen ANS/NA-,Kameradschaften" und "-Stützpunkte" in "Leserkreise" umgewandelt, die mit unterschiedlichem Erfolg versuchten, die Arbeit der verbotenen Organisation im Rahmen des Möglichen fortzusetzen. In Baden-Württemberg konnten im Laufe des Jahres 1984 sechs solcher Zirkel erkannt werden. Daß Michael KÜHNEN, der Leiter der früheren ANS/NA, im März 1984 auch für den "Kameradenkreis" völlig überraschend die Bundesrepublik verließ und sich ins westliche Ausland begab, führte indes zu einer spürbaren Verunsicherung der neonazistischen Szene, die die immer deutli105 wärtsentwicklung. Ihr Mitgliederbestand ist erneut (auf nunmehr 6.100) angewachsen. Der geringfügige Aufschwung der Partei läßt sich auch am Stimmengewinn bei mehreren Wahlen des Jahres 1984 erkennen: bei der Wahl zum Europaparlament am 17. Juni 1984 konnte sie mit bundesweit 0,8 % der abgegebenen gültigen Stimmen ein relativ günstiges Ergebnis erzielen; außerdem gelang es ihr, bei den Kommunalwahlen in BadenWürttemberg am 28. Oktober 1984 ihren Stimmenanteil in einigen Kreisen Die zur sogenannten "National-Freiheitlichen Rechten" zählende "Deutsche Volksunion" (DVU) und ihre "Aktionsgemeinschaften" stellen nach wie vor das zahlenmäßig stärkste Potential der deutschen extremen Rechten dar. Insgesamt weist die Entwicklung der Mitgliederzahlen im rechtsextremistischen Bereich eine leicht zunehmende Tendenz auf. 2. Neonazistische Bestrebungen 2.1 NS-Gruppen im Bundesgebiet 2.1.1 Ehemalige "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) Unter den 21 im Jahre 1984 im Bundesgebiet tätigen NS-Gruppen zeigten die mit der ehemaligen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) sympathisierenden Neonazi-Zirkel die größte Virulenz. Die ANS/NA war durch Verfügung des Bundesministers des Innern vom 24. November 1983 mit Wirkung vom 7. Dezember 1983 verboten und aufgelöst worden. Zum damaligen Zeitpunkt umfaßte die von dem Neonazi Michael KUHNEN aufgebaute Organisation bundesweit etwa 270 Mitglieder, die in 32 sogenannten Kameradschaften organisiert waren. Bereits unmittelbar nach dem Verbot erklärte KÜHNEN: "... Eine Organisation kann man verbieten, aber man kann keine Idee verbieten, und schon gar nicht die Menschen, die hinter dieser Idee stehen!" 107 - cher sich abzeichnende Wirkung des Vereinsverbots noch verstärkte. Trotz einer um sich greifenden Desorientierung im neonazistischen Lager ist allerdings nicht zu übersehen, daß inzwischen ein zahlenmäßig kleiner Kreis zumeist junger Neonazis aktiv ist, der sich offenbar auch durch vereinsrechtliche und Strafverfolgungsmaßnahmen nicht mehr von seiner weitgehend emotional gestalteten, wenig reflektierten neonazistischen Grundeinstellung abbringen läßt. Die ANS/BA ist verboten und aufgelöst! Ra_ und ?! Deutsch e, die ANS/SA känpfte für die Wiederzulassung &der für die Rüct"" der Ausländer=-"ars Parole von Neonazis Andere, ehemals sehr aktive neonazistische Gruppen wie die "Deutsche Bürgerinitiative e. V." (DBl) oder die "Bürgerund Bauerninitiative" BBl) haben weiter an Bedeutung verloren. Dies gilt auch für die "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG), die zwar die zahlenmäßig stärkste Gruppierung im neonazistischen Lager blieb, sich aber infolge interner Auseinandersetzungen nicht wieder zu stabilisieren vermochte. Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD), die ebenso wie die neonazistischen Gruppierungen seit einigen Jahren eine nationalneutralistische Linie vertritt, erlebte eine noch anhaltende leichte Auf- Mit einer Vielzahl solcher stark suggestiver Erklärungen versuchte KÜHNEN, die Schockwirkung des Verbots zu begrenzen. Daneben ordnete er an, die seitherigen "ANS/NA-Kameradschaften" in sogenannte Leserkreise (für den von ihm als Ersatz für das bisherige Publikationsorgan "INNERE FRONT - Informationsbriefe zur Lage der Bewegung" verbreiteten Informationsbrief "Die Neue Front") umzubenennen. Anfang Februar 1984 verstieg sich KÜHNEN zu der Behauptung, bundesweit seien inzwischen "knapp tausend Deutsche" in 41 "Leserkreisen" zusammengefaßt worden: "... In diesen Leserkreisen sind etwa 300 Aktivisten zusammengefaßt. Hinzu kommen etwa hundert Förderer und ungefähr 500 Sympathisanten und Interessenten -- alles zusammen unverändert knapp tausend Deutsche, die zu unserer Gesinnungsgemeinschaft gehören. Und das alles mit wachsender Tendenz trotz des Verbots!..." Widerftand Inforsationstrief ; Bersusreter: zur Lage Kicraei Kitner der Bewegung ; Fostfach 1365 2000 hacburg 60 Die Neue Front Ar. 9 Februar 1984 / 94 Jar 2. Jahrgang In eigener Sache: Die NEUE FRONT {NF) ist keine Fublikation ie Sinne des Pressegesetzes, sondern ein vervielfältigter Runibrief an seine politischen Freunde und Kameraden. Die NF dient nicht der Aufrechte rhalturg oder dem Aufbau einer politischen Organisation, sondern ist dar"tizst ehrliches und ungeschminktes Bild , der politi- " este "aligr Bewer Genr ni nen. Informationsbrief der verbotenen ANSINA 109 Gestützt auf einige Kommentare in den Medien, in denen die RechtmäBigkeit der Einbeziehung der "Aktion Ausländerrückführung - Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung" (AAR) in das Verbot in Frage gestellt wurde, leitete KÜHNEN unverzüglich Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts seiner "Bewegung" ein. Vor allem durch mehrere, in schneller Folge herausgegebene "Informationsbriefe" wurden einmal Verhaltensregeln erteilt und zum anderen übertriebene "Erfolgsberichte" mit dem Inhalt, der Zusammenhalt der örtlichen Kameradschaften sei eher gewachsen und der Zulauf bisher Außenstehender zur ANS/NA habe sich weiter verstärkt verbreitet. KUHNEN konnte damit bei einigen seiner verunsicherten Anhänger zunächst den Eindruck erwecken, die Verbotsmaßnahme habe ihr Ziel verfehlt. In der Dezember-Ausgabe 1983 des internen Informationsbriefes "Die Kameradschaft" äußerte er dazu: "+. . Unmittelbar nach dem Verbot rief ich die Deutsche Presse-Agentur an und gab meine erste Erklärung ab: Damit konnte ich schon Stunden nach dem Verbot dokumentieren, daß das Verbot wirkungslos ist und daß wir in keiner Weise beeindruckt, überrascht oder gar niedergeschlagen sind! .... Bis zur Stunde habe ich keinen Überblick über die Gesamtlage - diese Zeilen sind am Tag nach dem Verbot geschrieben --, aber ich gehe davon aus, daß wir keinen entscheidenden Schlag einstecken mußten. Die nationalsozialistische Bewegung hat Schlimmeres überstanden:-; Einen Monat später, in der Ausgabe Januar 1984 der "Kameradschaft" äußerte sich KUHNEN "zur Lage der Bewegung" noch immer geradezu euphorisch: "Das Verbot der ANS/NA hat nicht zu einer Lähmung unserer politischen Arbeit beigetragen. Im Gegenteil: Unsere Bewegung funktioniert immer am besten angesichts einer Herausforderung! Das Verbot aber war die größte Herausforderung, die sich zur Zeit denken läßt. Wir haben sie angenommen und bestanden! ... Zwar gibt es jetzt keine einheitliche Organisation mehr, aber die Bewegung besteht als Gesinnungsgemeinschaft fort -- und eine Gesinnung kann nicht verboten werden. Unsere Gesinnungsgemeinschaft ist heute stärker und gefestigter als vor dem Verbot. Darauf können wir stolz sein!" 108 Während diese von KÜHNEN angedeutete "Möglichkeit" überregional immer häufiger "genutzt" wurde, gingen von der FAP in Baden-Württemberg nach der Landtagswahl 1984 fast keine Aktivitäten mehr aus. Der noch Wochen nach dem Verbot überaus optimistisch auftretende Michael KÜHNEN setzte sich überraschend am 19. März 1984 ins westliche Ausland ab. Zu diesem Zeitpunkt bestand kein Haftbefehl gegen ihn. Noch am 17. März 1984 hatte KÜHNEN an einer öffentlichen Veranstaltung in Baden-Württemberg teilgenommen. Dieser auch für seine Gefolgschaft unerwartete Entschluß, Deutschland auf unbestimmte Zeit zu verlassen, stand im Widerspruch zu Erklärungen, die er noch im Juni 1983 in der von dem Neonazi Thies CHRISTOPHERSEN herausgegebenen Publikation "Die Bauernschaft" (Nr. 2/83) abgegeben hatte. Auf die Frage, ob er in ein Land gehen werde, in dem "politische Propaganda für NS-Gedankengut" nicht verboten sei, hatte er beteuert: "-.. Nein! Ich lehne es grundsätzlich ab, in den Untergrund oder ins Exil zu gehen. Lieber gehe ich für meine Überzeugung ins Gefängnis. In der augenblicklichen Situation sind Vorbilder wichtiger als Exilpolitiker oder Untergrundkämpfer...." In einem "1. Brief aus dem Exil" versuchte er nun, im engeren Kameradenkreis um Verständnis für seine Entscheidung zu werben: "Für fast alle Kameraden völlig überraschend überschritt ich am Montagnachmittag am 19.3. bei Schaffhausen die Grenze zur Schweiz. Damit bin nun auch ich ein Flüchtling -- wie vor mir schon so mancher andere Nationalsozialist der Nachkriegszeit. Zunächst bitte ich alle Kameraden um Verständnis, daß ich vorher nicht meine Absicht bekanntgeben konnte, ins Exil zu gehen... Mein Auslandsaufenthalt ist zeitlich und sachlich begrenzt -- nach Durchführung dieses Auftrages werde ich zurückkehren und meine Haft absitzen!..." Die ersten Reaktionen der neonazistischen Szene auf die Flucht KÜHNENs waren zwiespältig: auf der einen Seite war das Bemühen erkennbar, sich mit dem "Führer" und seinen Motiven zu solidarisieren; auf der anderen Seite wurden schon frühzeitig -- und mit zunehmender zeitlicher Distanz zu diesem Schritt verstärkt -- Kritik und Zweifel am Verhalten KÜHNENs laut. Sehr rasch stellte sich eine gewisse Orientierungsund Ratlosigkeit im neonazistischen Lager ein, die durch den offenkundigen an Tatsächlich dürfte jedoch die Gesamtzahl der Anhänger deutlich weniger betragen haben. Um trotz des Verbots der ANS/NA und der AAR auch weiterhin an Wahlen teilnehmen zu können, begannen Einzelmitglieder der ehemaligen ANS/ NA Anfang 1984 die "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) zu unterwandern. Die bis dahin völlig bedeutungslose FAP war am 17. März 1979 von Martin PAPE gegründet und mit Wirkung vom 2. Mai 1979 durch den Bundeswahlleiter in das Parteienregister aufgenommen worden. Die geringfügigen Aktivitäten der Partei erstreckten sich in den folgenden Jahren ausschließlich auf den engeren Stuttgarter Raum. Nachdem Angehörige der ANS/NA bereits kurze Zeit nach dem Verbot ihrer Organisation Kontakt zu dem FAP-Vorsitzenden aufgenommen hatten, gab dieser schließlich im Januar 1984 seine Zustimmung zur Gründung eines ersten Kreisverbands der FAP in Ulm. Dieser offensichtliche Versuch, die FAP für die Ziele der verbotenen ANS/NA zu mißbrauchen, wurde in den folgenden Monaten bundesweit fortgesetzt. Nach und nach entstanden weitere Untergliederungen der Partei in den Ländern Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Obwohl der Bundesvorsitzende der FAP, Martin PAPE, gelegentlich vorsichtige Versuche unternommen hat, das öffentliche Auftreten von bekannten ANS/NA-Aktivisten bei Veranstaltungen der FAP zu unterbinden, konnte er die faktische Unterwanderung seiner Partei durch Neonazis nicht verhindern. Längst bilden ehemalige ANS/NA-Anhänger die Mehrheit in der FAP, obwohl zwischen den in dem "Arbeitsprogramm" von 1979 niedergelegten Zielen der FAP und denen der früheren ANS/NAwenig Übereinstimmung besteht. Zu der formal nochimmer gültigen Zielsetzung der FAP äußterte sich KÜHNEN überaus kritisch: "... Trotz des ähnlich klingenden Namens ist die FAP nicht jene DEUTSCHE ARBEITERPARTEI, die uns für die Zukunft vorschwebt. Die FAP ist keine nationalsozialistische Bewegung und kann es auch weder programmatisch noch von der personellen Struktur der Bundesführung und ihres Vorsitzenden Martin PAPE her sein. Im Programm stehen für Nationalsozialitsten so unverdauliche Dinge wie Bekenntnis zur Demokratie, Treue zur NATO, Ablehnung jeglichen Antisemitismus.... Ich selber kann und werde der FAP niemals beitreten, .... Aber ich habe Verständnis dafür, wenn Kameraden - wie in Ulm oder jetzt auch im Gau Rhein-Westfalen -- die Möglichkeit nutzen, um politisch legal zu arbeiten." 110 in du ) Aare NUMERO SPECIAL HIVER 84 "26 Parole französischer Neonazis zur Inhaftierung KÜHNEN's 113 Mangel an Führungsqualitäten in der Person des KÜHNEN-Stellvertreters Thomas BREHL aus Fulda zumindest mitverursacht wurde. Nach kurzen Aufenthalt in der Schweiz (19. bis 21. März), in Mailand (22. bis 28.März) und in Südtirol (29. März bis 7. April) ließ sich KUHNEN dann ab Anfang April 1984 -- mit einer kurzen Unterbrechung aus Anlaß einer Spanienreise -- in der Nähe von Paris nieder. Während seines insgesamt rund sechsmonatigen Auslandsaufenthalts wurde er mehrfach von deutschen Journalisten aufgespürt und interviewt. Dabei versuchte er regelmäßig, die Medien zu einer Öffentlichkeitswirksamen Darstellung seiner Person und seiner Ideen zu mißbrauchen. So nutzte er im Mai 1984 ein Fernsehinterview, um sich als scheinbar erfolgreicher Organisator einer im Aufbau begriffenen westeuropäischen nationalsozialistischen Bewegung darzustellen. Tatsächlich hatte KÜHNEN seinen Auslandsaufenthalt von Anfang an mit der Aufgabe begründet, den Zusammenschluß der nationalsozialistischen Gruppen in Europa zu einer "europäischen Bewegung" voranzutreiben und einen Kreis von Spendern aufzubauen, der langfristig die Finanzierung dieser neuen Organisation sicherstellen sollte. Im April 1984 gab er den angeblichen Neubeginn der Arbeit der ANS/NA "außerhalb der Grenzen der BRD" unter der Bezeichnung "Auslands-ANS" mit den (fiktiven) Sektionen DEUTSCHLAND und AUSLAND bekannt. Dabei sollte die Sektion DEUTSCHLAND Gesinnungsgenossen deutscher Abstammung im Ausland erfassen, während die Sektion AUSLAND als Dachorganisation für alle Gliederungen konzipiert war, die von ausländischen Gesinnungsgenossen getragen werden. Mit diesen vorgeblichen Erfolgen versuchte KÜHNEN die Tatsache zu kaschieren, daß er weder in bezug auf die "Einigung" der neonazistischen Szene Westeuropas nennenswerte Fortschritte erzielt hatte, noch potentielle Geldgeber hatte gewinnen können. Bereits am 30. Juni 1984 hatte das französische Innenministerium eine Ausweisungsverfügung gegen ihn erlassen, die jedoch -- da KÜHNEN sich in wechselnden Quartieren aufhielt -- zunächst nicht zugestellt werden konnte. Am 5. Oktober 1984 wurde KÜHNEN schließlich nach fünfmonatigem Aufenthalt in der Nähe von Paris von den französischen Behörden ergriffen, in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben und am gleichen Tag auf dem Köln-Bonner Flughafen festgenommen. Kurze Zeit nach der Abschiebung tauchte im Bundesgebiet eine Sonderausgabe der "Neuen Front" (Nr. 17) auf, die auf der Titelseite zwei Hände in Ketten zeigt und mit der Forderung "Freiheit für Michael KÜHNEN" überschrieben ist. 112 Zu Beginn des Jahres 1984 war der:langjährige Vorsitzende der HNG, Henry BEYER, von seiner Funktion entbunden und an seiner Stelle die ehemalige ANS/NA-Aktivistin Christa GORTH aus Bielefeld zur neuen 1. Vorsitzenden gewählt worden. Zugleich wurde ein enger Vertrauter KÜHNEN's, Christian WORCH aus Hamburg, zum verantwortlichen Redakteur des Mitteilungsblattes "Informationen der HNG" (seit Anfang 1984 "Nachrichten der HNG") bestellt. Obwohl es den ANS/NA-Kräften damit gelungen war, zwei wesentliche Funktionen in der HNG zu besetzen, vermochten es die Neonazis um KÜHNEN dennoch nicht, diese zu einer Art Auffangbecken umzufunktionieren. Die HNG sieht ihre Aufgabe nach wie vor in der politischen und finanziellen Unterstützung inhaftierter Rechtsextremisten. 2.1.3 NS-Gruppe Curt MÜLLER Auch im Jahre 1984 fanden auf dem Grundstück des Ehepaars Curt und Ursula MULLER in Mainz-Gonsenheim die seit 1974 veranstalteten Sommerund Wintersonnwendfeiern statt. Das Gelände der Familie MÜLLER hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Trefforte von Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet entwickelt. 2.1.4 "Deutsche Bürgerinitiative" (DBl) Nach der inzwischen rechtskräftigen Verurteilung des Initiators und langjährigen Leiters der "Deutschen Bürgerinitiative e. V." (DBl), Manfred ROEDER, zu einer 13jährigen Freiheitsstrafe hat dessen Ehefrau Gertraud ROEDER Ende 1983 die Führung der Organisation übernommen. Sie versucht seitdem, das Fortbestehen sowohl der DBl mit Hilfe von "Freundes treffen" auf dem sogenannten Reichshof in Schwarzenborn/Hessen als auch des im März 1984 von ihr geschaffenen "Hilfswerks Manfred ROEDER" zu gewährleisten. Häufige Spendenaufrufe in den "Rundbriefen" sowie in dem neuen, unregelmäßig erscheinenden Organ "Fackelträger -- für Freiheit, Recht und Ehre" sollen die finanzielle Basis der DBI, nicht zuletzt aber auch den Lebensunterhalt der Familie ROEDER sicherstellen. Trotz seiner Inhaftierung nutzt Manfred ROEDER die "Rundbriefe" der DBl noch immer für verbale Angriffe gegen staatliche Instituionen. Durch das Amtsgericht Frankfurt am Main wurde deshalb 1984 die Einziehung der "Rundbriefe" Nr. 43 und 45 wegen Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole ($ 90a StGB) angeordnet. So beschwerte sich ROEDER in einem "Offenen Brief" an den hessischen Justizminister (vgl. "Rundbrief" Nr. 43) über seine Haftbedingungen: 115 Darin verlangte KÜHNENs Stellvertreter BREHL von allen Anhängern "gerade in dieser Stunde... absoluten Gehorsam und Vertrauen in die Person Michael KÜHNENS". Sein Appell gipfelte in der Aussage: "Deutschland darf alles von uns fordern, notfalls das Leben". Dennoch kam es im Zusammenhang mit der Abschiebung und Inhaftierung KÜHNENSs lediglich zu einer einzigen Veranstaltung am 13. Oktober 1984 in München. An ihr beteiligten sich indes nur rund 30 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet, darunter auch einige aus Baden-Württemberg. Insgesamt gesehen sind seit dem Verbot der ANS/NA im Dezember 1983, insbesondere seit dem Weggang KÜHNENs im März 1984 die Aktivitäten der ehemaligen "Kameradschaften" spürbar zurückgegangen, wenngleich es bisher noch nicht gelungen ist, die "Bewegung" gänzlich zu zerschlagen. Andererseits wurden Auflösungstendenzen verschiedentlich sogar von führenden Aktivisten eingeräumt, die darüber hinaus eine zunehmende Disziplinlosigkeit im "Kameradenkreis" beklagen. Am 25. Januar 1985 wurde Michael KÜHNEN vom Landgericht Frankfurt am Main unter anderem wegen Verbreitens von NS-Propagandamitteln und Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt; die bürgerliches Ehrenrechte wurden ihm auf fünf Jahre aberkannt. Gleichzeitig wurde der mitangeklagte Neonazi Arnd-Heinz MARX zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt; ihm wurden die bürgerlichen Ehrenrechte für die Dauer von drei Jahren aberkannt. Ob KÜHNEN nunmehr versuchen wird, aus der Haft heraus seine Gesinnungsgenossen erneut zu sammeln, muß derzeit offenbleiben. 2.1.2 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) Die im Jahre 1979 gegründete "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) hat seit dem Auf- _ stieg der zwischenzeitlich verbotenen ANS/NA an Bedeutung verloren. Zwar blieb sie im Jahre 1984 die zahlenmäßig stärkste Gruppierung im neonazisitschen Lager, sie konnte sich aber wegen immer wieder aufflammender Streitigkeiten nicht stabilisieren. 114 Der Sackelträger & für Freiheit-Necht und Ehre Nr.5 Hilfswerk Manfred Reder DEZEMBER 1984 r x " für Manfred Roeder ZUSAMMENGESTELLT VON TRAUDEL ROEDER Neonazistische Publikationen 117 "... Dreckiger, gemeiner und feiger hat sich noch kein Regime in Deutschland benommen. Aber man kann sich nie genug tun in Empörung über angebliche Rechtsverletzungen im 3. Reich. Dabei istjedem Menschen längst klar, daß die ganze antideutsche Propaganda nur die Nebelwand ist, hinter der das heutige Regime die totale Entmündigung und Überwachung des Bürgers durchführt ... Dieser sog. demokratische Rechtsstaat ist zum Alptraum für die ganze Menschheit geworden. Seine Polypenarme reichen bis in die entlegensten Gebiete der Erde." 2.1.5 "Bürgerund Bauerninitiative" (BBi) Am 15. August 1984 wurde der Leiter der überregional aktiven "Bürgerund Bauerinitiative e.V." (BBl), Thies CHRISTOPHERSEN, nach VerbüBung einer mehrmonatigen Freiheitsstrafe aus der Haft entlassen. Auch während der Inhaftierung CHRISTOPHERSEN's hatte die BBl ihre neonazistische Agitation unvermindert fortgesetzt. Das vierteljährlich erscheinende Organ "Die Bauernschaft" behielt seine Funktion als Sprachrohr der Gruppe. Seit seiner Haftentlassung ist CHRISTOPHER- * SEN erneut bei verschiedenen Veranstaltungen rechtsextremer Aktivisten aufgetreten. 2.2 Neonazistische Aktivitäten in Baden-Württemberg Wie im gesamten Bundesgebiet, so gingen auch in Baden-Württemberg im Jahre 1984 die nachhaltigsten Aktivitäten von Angehörigen der in der Nachfolge der verbotenen ANS/NA tätigen Gruppierungen aus. Daneben sind aber erneut auch neonazisitsche Einzelaktivisten aufgetreten, die keiner bestimmten Organisation zugerechnet werden können. Von dem bis ins Jahr 1982 aktiv gewesenen "Motorradclub 'Stander Greif' und den "Motorradfreunden 'Werwolf' Tuttlingen e. V." sind im Jahre 1984 keine rechtsextremistischen Bestrebungen mehr ausgegangen. Dagegen blieben Kontakte zwischen Neonazis und den zumeist von starker Ausländerfeindlichkeit geprägten jugendlichen Randgruppen, vor allem Skinheads und Mitglieder einiger Fußballclubs, weiter bestehen. So konnten bei einer Gruppengründung im Raum Reutlingen Skinheads festgestellt werden, die als ein die Neonazis unterstützender Block auftraten. Die Entwicklung in diesem Bereich erfordert weiterhin die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden. Von dieser Schrift, die ursprünglich alle zwei Monate erscheinen sollte, konnte freilich keine weitere Ausgabe festgestellt werden: GerzngeifpJahrgang 1 Ausgabe O Februar 84 Neonazistische Publikation 119 Dem frühen Appell KÜHNENs, die örtlichen "Kameradschaften" der verbotenen ANS/NA als "Leserkreise" oder unter anderen Bezeichnungen fortzuführen, wurde auch in unserem Lande rasch Folge geleistet. Bereits Anfang 1984 wurden die Umbenennung der ehemaligen "Kameradschaft 15" der ANS/NA in "Leserkreis Ulm", die der "Kameradschaft Stuttgart" in "Leserkreis Stuttgart" bekannt. Die alte ANS/NA-,Stammkameradschaft 3 Nagold" nannte sich ab Frühjahr 1984 "Stoßtrupp Nagold", aus der ehemaligen "Stammkameradschaft 4 Karlsruhe wurde im März 1984 die "Karlsruher Front" in dem Mitteilungsblatt "Die Neue Front" Nr. 9 vom Februar 1984 wurde die Gründung eines weiteren "Leserkreises" in Renchen bekanntgegeben, der sich seit April 1984 ebenfalls als "Stoßtrupp" bezeichnet. Der "Stoßtrupp Nagold" gab im Frühjahr 1984 die Null-Nummer einer Publikation mit dem Titel "Der Angriff" heraus. Darin wurden "programmatische" Forderungen dieses aus wenigen Personen bestehenden Zirkels veröffentlicht, die sich an frühe Erklärungen der NSDAP aus dem Jahre 1920 anlehnen: "1. Wir fordern eine wahre Volksgemeinschaft, hervorgehend aus der Kameradschaft, innerhalb der deutschen Grenzen. 2. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen, auf Grund des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Also in erster Linie die Wiedervereinigung Deutschlands. 3. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist, Volksgenosse kann nur sein, wer deutscher Abstammung ist. 4. Jede weitere Einwanderung Nichtdeutscher ist zu verhindern. Wir fordern Rückführung der Gäste in ihre Heimatländer. 5. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte und Pflichten haben. Wir fordern den Kampf gegen die, die das Gemeininteresse des Volkes schädigen! 6. Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppe durch ein gesundes Volksheer. 7. Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. 8. Abschaffung des arbeitsund mühelosen Einkommens. GEMEINNUTZ GEHT VOR EIGENUTZ!" 118 Unter den insgesamt etwa 50 Teilnehmern befanden sich mehrere Aktivisten der verbotenen ANS/NA aus dem gesamten Bundesagebiet, darunter auch Michael KÜHNEN. Trotz des provozierenden Auftretens nahm die Bevölkerung jedoch kaum Notiz von den jungen Neonazis. Es kam lediglich zu einer ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufenen spontanen Gegendemonstration. Zur Unterstützung ihrer Wahlkreiskanditaten traten Mitglieder des FAPKreisverbandes Ulm mehrmals bei Flugblattaktionen in verschiedenen Städten des Alb-Donau-Kreises in Erscheinung. In einer der dabei verteilten Schriften wurden unter der Titelzeile "Dies ist MEIN Land" mit polemisch überzeichnenden Begründungsversuchen einige durchweg gegen Ausländer gerichtete Forderungen erhoben: "Wir haben es satt, Westdeutschland zum Tummelplatz für türkische Rauschgiftbanden und italienische Mafiosi verkommen zu lassen. Wir wollen nicht länger zusehen, wie unsere Innenstadt sich in ein KleinIstanbul verwandelt. Und es gefällt uns ganz und gar nicht, daß sich nach jedem Buschkrieg in Afrika ein weiterer Negerstammm in der Bundesrepublik niederläßt mit der Behauptung, sie seien 'politisch Verfolgte'. Wir fordern: Sofort -- Getrennte Schulklassen für Deutsche und Ausländer -- Abschiebung aller illegalen und kriminellen Fremden. Und zwar lieber heute als morgen! -- Schluß mit dem Scheinasylantentum! Kein Nichtdeutscher erhält einen Personalausweis -- Kein freies Zuzugrecht nach Westdeutschland. Dann --RÜCKKEHR ALLER AUSLÄNDER IN IHRE HEIMATLÄNDER." Bei den Landtagswahlen am 25. März 1984 erhielt die FAP insgesamt 338 Stimmen (0,0 %). Davon entfielen auf den -- Wahlkreis2 -- Stuttgart Il 93 Stimmen = 0,1 % -- Wahlkreis 65 -- Ehingen 244 Stimmen = 0,4 %. Nach der Wahl gingen allerdings weder vom "Leserkreis Ulm" noch von dem Kreisverband Ulm der FAP irgendwelche weitere Aktivitäten aus. 121 Wie bereits erwähnt, nahm mindestens zu Beginn des Jahres 1984 die ehemalige "Kameradschaft 15" der ANS/NA -- Ulm - eine Sonderstellung ein: wegen des Verbots sowohl der Organisation als auch der "Aktion Ausländerrückführung -- Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung" (AAR) war es unmöglich geworden, sich -- wie zunächst geplant -- unter Verwendung der Organisationsbezeichnung AAR an der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 25. März 1984 zu beteiligen. Um das Vorhaben in anderer Weise doch noch verwirklichen zu können, gründete am 7. Januar 1984 der Führer der ehemaligen ANS/NA-Kameradschaft Ulm zusammen mit weiteren früheren Kameradschaftsmitgliedern den Kreisverband Ulm der FAP. Wahlveranstaltung der FAP mit KÜHNEN 120 Die neonazisitschen "Stoßtrupps" Renchen und Nagold sind 1984 ebenso wie die "Karlsruher Front" mehrfach, unter anderem im April des Jahres aus Anlaß des 90. Geburtstags von Rudolf HESS, durch Flugblattverteilungen öffentlich in Erscheinung getreten. Im Oktober 1984 wurden in mehreren Städen Baden-Württembergs Flugschriften mit der Parole "Kühnen für Deutschland" verteilt. Darin wurde auch der bundesweit erhobenen Forderung "FREIHEIT FÜR ALLE NSKÄMPFER!" Ausdruck verliehen. Insgesamt fällt auf, daß die zumeist jungen Neonazis inzwischen offener, häufig provozierender auftreten und durchweg fanatischer argumentieren als noch vor einigen Jahren. Im Frühjahr 1984 ergaben Ermittlungen eindeutige Hinweise darauf, daß in Reutlingen ein Stützpunkt der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei --Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) entstanden war. Die nur wenige Personen umfassende Gruppierung bestand offenbar bereits seit Herbst 1982. Einige ihrer Mitglieder hatten damals Kontakte zu der NSDAP-AO in Lincoln/Nebraska (USA) aufgenommen und waren in der Folgezeit mit neonazistischem Informationsund Propagandamaterial beliefert worden. Einzelne Angehörige dieses Zirkels unterhielten auch Kontakte zu Michael KÜHNEN. Zahlreiche Schmierund Klebeaktionen (NSDAP-AOAufkleber) in Reutlingen und Umgebung gingen nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen auf das Konto dieser Gruppe. Bei Wohnungsdurchsuchungen konnte unter anderem auch umfangreiches Propagandamaterial sichergestellt werden. Im Oktober 1984 gründeten aus verschiedenen Teilen Baden-Württembergs angereiste Neonazis in Reutlingen einen Kreisverband der " Freiheitlichen Deutschen Arbeiterjugend" (FAJ), der Jugendorganisation der unter dem Einfluß von Mitgliedern der verbotenen ANS/NA stehenden FAP. Vor Beginn dieser Gründungsversammlung kam es zu handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Neonazis aus Nagold, Karlsruhe und Stuttgart, Skinheads sowie Angehörigen eines Fußballfanclubs auf der einen und etwa 70 teilweise linksextremen Gegendemonstranten auf der anderen Seite. Die zumeist uniformähnlich gekleideten und zum Teil stark alkoholisierten Neonazis skandierten Parolen wie "Ausländer raus", "Deutschland den Deutschen" und "Rotfront verrecke". Ferner wurden Flugschriften ausländerfeindlichen Inhalts, hergestellt von der neonazisitschen Gruppe "KARLSRUHER FRONT", an Passanten verteilt. 123 Rudolf Hess - Der Märtyrer des Friedens. Am 3. Sept. 1939 erklären England und Frankreich Deutschland den Krieg. W. Churchill sagt dazu im englischen Rundfunk: Dieser Krieg ist Englands Krieg. Sein Ziel ist die Vernichtung Deutschlands. Endlich war erreicht, was Churchill schon 1936 angedeutet hatte: Wir werden Hitler den Krieg aufzwingen, ob er will oder nicht ! Um dennoch den Frieden zu retten, flog am 10. Mai 1941 Rudolf Hess, der damalige Stellvertreter Hitlers, in einem wagemutigen Allsinflug nach England zum Zwecke von Friedensverhandlungen. England lehnte ab und nahm Rudolf Hess gefangen. Rudolf Hess wurde vom Nürnberger Militärtribunal wegen "Vorbereitung eines Angriffskrieges" verurteilt. Würde dieser eigens für Nürnberg geschaffene "Straftatbestand" auch heute noch für Politiker aus Ost und West gelten, so wären die 600 Zellen des Spandauer "Kriegsverbrecher" Gefängnisses nicht bis auf eine leer, sondern die Zellen reichten nicht aus für die vielen amtierenden oder in "Ehren" pensionierten Politund Kriegsverbrecher unserer Tage mit doppelter Moral und Blut an den Händen.... Noch heute hält man die Akten über den Hess-Flug in England unter Verschluß. Wer von der Lüge lebt - muß die Wahrheit fürchten ! V.i.S.d.P.: Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V Stoßtrupp Renchen Crista Goerth, Postfach 14.04 12 - 4800 Bielefeld 14 Wie in vergleichbaren Fällen kam es nach der Gründung dieses ersten FAJ-Kreisverbands bislang zu keinen weiteren Öffentlichen Auftritten. Allerdings deutet die sprunghafte Zunahme neonazisitischer Farbschmierereien in Reutlingen und Umgebung nach der Abschiebung KÜHNENs in die Bundesrepublik Deutschland auf die Virulenz mehrerer Neonazis in dieser Region hin. 2.3 Gesetzesverletzungen mit rechtsextremen Hintergrund Die anhaltende Aktivität rechtsextremer, insbesondere neonazistischer Gruppen führte 1984 auch in Baden-Württemberg zu einem weiteren Anstieg der Zahl der Gesetzesverletzungen mit rechtsextremem Hintergrund. Während 1983 noch insgesamt 96 Vorkommnisse registriert wurden, stieg diese Zahl zwischenzeitlich auf 123 an, was einer Zunahme von etwa 28 % entspricht. Dabei handelte es sich bei der Mehrzahl der Gesetzesverletzungen um Schmierund Klebeaktionen, deren Anteil sich von 66 auf 78 erhöhte. Dagegen gingen 1984 die Aktionen gegen jüdische Mitbürger und Einrichtungen in Baden-Württemberg zurück (4 gegenüber 8 im Jahre 1983). Neben 40 (1983: 22) sonstigen Vorkommnissen (z. B. Versand von neonazistischem Propagandamaterial und von Drohbriefen) war 1984 auch ein Fall von Gewaltanwendung zu verzeichnen: anläßlich einer Wahlkundgebung des neonazistischen Kreisverbands Ulm der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) am 17. März 1984 in Langenau wurde ein Journalist von Rechtextremisten tätlich angegriffen und verletzt. Schwerpunkte rechtsextremer Agitation und damit verbundener Gesetzesverletzungen waren 1984 die Räume Karlsruhe und Tübingen / Reutlingen. Während in Karlsruhe der kleine Kreis ehemaliger Angehöriger der verbotenen ANS/NA mit Flugblattaktionen auf sich aufmerksam zu machen suchte, wurden im Raum Reutlingen mehrere Jugendliche aktiv, die Kontakte zu der "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) in den USA aufgenommen hatten. Sie bezogen von dort umfangreiches Propagandamaterial, vor allem Klebezettel mit Hakenkreuzen und NS-Parolen, die sie bei zahlreichen Schmierund Klebeaktionen verwendeten. Der Leiter der Gruppe, gegen die die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Stuttgart inzwischen Anklage erhoben hat, richtete im April 1984 einen Drohbrief an die Redaktion des "Reutlinger GeneralAnzeigers". 125 Einladung zur Gründungsversarnlung der FREI:ZITLICKHEN DEUTSCHEN ARDEITERJUGEND, (FAJ) der Ortssruppe Reutlingen. Treffpunkt: Am Samstag, 20. Oktober 1984 um 16 Uhr ai TÜBINGER-TOR ( Stadtzentrum ) Reutlingen Wir werden vou hier aus eine kleine Flugblattaktion mit Sprecuchören im Zentrus durchführen. Danac, finden wir uns im Gasthaus Rebstöckle, in der Cartenstrawe zur G ründuugsversaxnnlung ein. Kaneraden die zu spät komsen, sollen sich im Gasthaus Rebstückle gleicu einfinden. wir werden unser Zusammentreffen mit einen gemütlichen Kaueradschaftsabend beenden. Jeder der diese Einladung erhalten hat, sollte Kameraden, Freunde und Interessenten zu dieser Versamulung mitbringen. Für kostenlose Übernachtung im Knast kann gesorgt"erden. ( hä,nä,hä ) Hit Kameradschaftlichen Grüßen Guver Steffen HEIL DEUTSCHLAND!!! Jugend in der Berangforderung u 4326 53 71212 Verantwortlich: Steppen Fell en 3 er 31tr.R1:0 Gründungsaufruf der FAJ 124 2.4 Maßnahmen gegen rechtsextreme Aktivisten Die im Jahre 1984 erneut gestiegene Zahl rechtsextrem motivierter Gesetzesverletzungen führte zu einer weiteren Zunahme der gegen Rechtsextremisten eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Eine größere Anzahl dieser Verfahren -- vor allem im Zusammenhang mit neonazistischen Schmierund Klebeaktionen -- mußte allerdings wegen Nichtermittlung der Täter eingestellt werden. Am 4. Juni 1984 hat die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Stuttgart Anklage gegen zehn Anhänger der verbotenen ANS/NA aus Nagold und Umgebung sowie aus Stuttgart erhoben. Ihnen werden Straftaten wie Verbreiten von Propagandamitteln und Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole, Volksverhetzung, Aufstachelung zum Rassenhaß, Sachbeschädigung sowie Vergehen gegen das Waffengesetz und das Versammlungsgesetz zur Last gelegt. Außerdem wurden im November 1984 von der gleichen Staatsanwaltschaft neun Mitglieder der Ortsgruppe der "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) Reutlingen angeklagt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, neonazistisches Propagandamaterial in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt und verbreitet zu haben. Ferner sind einige der Angeschuldigten der Nötigung und der Volksverhetzung verdächtig. Die Anklagebehörde sieht in den teilweise noch jugendlichen NSDAP-AO-Mitgliedern die mutmaßlich Verantwortlichen für zahlreiche Schmierund Klebeaktionen in Reutlingen und Umgebung. Vom 22. Juni bis 20. Juli 1984 fand vor dem Oberlandesgericht Stuttgart die erneute Hauptverhandlung gegen Sibylle VORDERBRÜGGE, Mitglied der 1980 zerschlagenen rechtsterroristischen "Deutschen Aktionsgruppen".(DA), statt. Sie war 1980 an mehreren Sprengstoffund Brandanschlägen auf Ausländerwohnheime in Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg beteiligt, bei denen zwei Menschen den Tod fanden und weitere zum Teil schwer verletzt wurden. Am 28. Juni 1982 war sie deshalb wegen Mordes und anderer schwerer Straftaten zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Auf die Revision der Angeklagten hatte der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht Stuttgart zurückverwiesen. Dieses hielt der Angeklagten nunmehr zugute, sich bei Begehung der Straftaten in einem Zustand politischer Verblendung befunden zu haben, 127 "WENN IHR NICHT SOFORT EURE STRIKTE HETZERISCHE ANTIHALTUNG IN BEZUG AUF BERICHTERSTATTUNG UBER 'NEONAZISMUS' AUFGEBT, MUSSEN WIR GEGENMASSNAHMEN ERGREIFEN! WENN WIR NATIONALSOZIALISTEN ÖFFENTLICH ZU EUREM VERFÄLSCHTEN GESUDEL STELLUNG NEHMEN WÜRDEN, WÜRDE AUF UNS DISKRIMINIERUNG, VERFOLGUNG UND HAFT WARTEN! WIR MÖCHTEN SCHON GERNE ÖFFENTLICH ARBEITEN, ABER UNTER DIESEN IMMER NOCH GELTENDEN BESATZUNGSRECHTSZUSTÄNDEN IST DIES NICHT MÖGLICH. DESHALB ZIEHEN WIR EURER 'FREIHEITLICHEN DEMOKRATIE' DEN UNTERGRUND VOR. 'MEINUNGSFREIHEIT' GILT JA BEI EUCH NUR FÜR JUDEN UND KOMMUNISTEN. UNS NATIONALSOZIALISTEN VERSUCHT MAN MIT ALLEN MITTELN MUNDTOT ZU MACHEN, DENN WIR KÖNNTEN JA DAS VOLK ÜBER EURE ÜBLEN MACHENSCHAFTEN AUFKLÄREN. WER DEN NATIONALSOZIALISMUS UNSERES FÜHRERS ADOLF HILTER IN DEN DRECK ZIEHEN WILL, MUSS MIT FOLGEN RECHNEN! ROTFRONT VERRECKE! SIEG HEIL GEZ. DER LEITER DER NSDAP-AO, REUTLINGEN" Diese steigende Zahl von Gesetzesverletzungen offenbart die gewachsene Bereitschaft vor allem junger Rechtsextremisten, ihre politisch extremen Ziele öffentlich zu vertreten. Bei ihrem zunehmend provozierenden Auftreten schrecken sie auch nicht vor der Begehung von Straftaten zurück. 126 der verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivsten" (ANS/NA), Michael KUHNEN, der sich 1984 fast fünf Monate lang bei Gesinnungsgenossen in Frankreich aufhielt. Ende 1984 hat der französische Staatsrat das am 3. September 1980 wirksam gewordene Verbot der neonazistischen "Federation d'Action Nationale et Europ&ene" (F.A.N.E.) aus formellen Gründen aufgehoben. Besonders in den Jahren 1979/80 hatten Angehörige der F.A.N.E. unter den westeuropäischen NS-Aktivisten einen Führungsanspruch geltend gemacht und zu deutschen Neonazis enge Beziehungen unterhalten. Ein führendes Mitglied der im Oktober 1981 zerschlagenen elsässischen Separatistengruppe "Schwarze Wölfe" hat seit Anfang 1984 erneut Kontakte zu Gleichgesinnten in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, um den eigenen Kreis zu reaktivieren. Unter der neuen Organisationsbezeichnung "Rat der Frankreich-Deutschen" präsentierte sich die Gruppe am 26. Mai 1984 mit einer Kundgebung am Denkmal des französischen Marschalls Henry de TURENNE (1611 -- 1675) in Sasbach/Ortenaukreis erstmals der Öffentlichkeit. Unter den etwa 100 Teilnehmern befanden sich Angehörige der "Wiking-Jugend", der verbotenen ANS/NA und anderer rechtsextremer Organisationen. Als Redner trat neben anderen auch Otto-Ernst REMER, der Vorsitzende der "Deutschen Freiheitsbewegung" (DDF), auf. Dem "Rat der Frankreich-Deutschen" soll zu Publikationszwecken ein Mitteilungsblatt mit dem Titel "Freundeskreis Karl ROOS Elsaß-Lothringen -- Kampfblatt für Muttersprache und Heimatrecht" dienen, von dem bisher allerdings nur eine Ausgabe erschienen ist. Belgien Der belgische "Vlaamse Militanten Orde" (VMO) hat gegenüber früheren Jahren, als er noch Veranstalter internationaler Rechtsextremistentreffen war, stark an Bedeutung verloren. Dagegen übt die jährlich stattfindende flämische Volkstumsveranstaltung "lizerbedevaart" in Diksmuide eine unverändert große Anziehungskraft auf Aktivisten aus mehreren europäischen Ländern aus. Waren 1983 rund 200 deutsche Neonazis und andere Rechtsextremisten nach Belgien gekommen, so nahmen 1984 bereits etwa 350 Personen, zumeist Neonazis, aber auch Vertreter der NPD, der "Jungen Nationaldemokraten", der "Wiking-Jugend" und anderer Gruppen, die Gelegenheit wahr, sich mit Gesinnungsgenossen aus anderen Ländern zu treffen. 129 der durch ihre persönliche Beziehung zum Rädelsführer der "Deutschen Aktionsgruppen", dem ehemaligen Rechtsanwalt Manfred ROEDER, bis ins Extrem verstärkt worden sei, und billigte ihr aufgrund dieser hochneurotischen Verfassung verminderte Schuldfähigkeit zu. Anstelle der ursprünglich verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe wurde nun auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren erkannt. 2.5 Internationale Verflechtungen des Rechtsextremismus Im Rahmen der seit Jahren bestehenden Verbindungen zwischen deutschen Rechtsextremisten und ihren Gesinnungsgenossen, vor allem im westeuropäischen Ausland und in den Vereinigten Staaten von Amerika, stand 1984 -- wie schon in den Vorjahren -- die Zusammenarbeit neonazistischer Aktivisten im Vordergrund. Von aktueller Bedeutung sind dabei insbesondere die Kontakte deutscher Neonazis nach Frankreich und Belgien, wo ihnen -- wenn sie sich durch Flucht dem Zugriff der deutschen Strafverfolgungsbehörden zu entziehen versuchen -- duch Gleichgesinnte immer wieder Unterschlupf und Unterstützung gewährt wird. In einigen Ländern haben sich inzwischen "Hilfsorganisationen" für strafrechtlich verfolgte Neonazis nach dem Vorbild der deutschen "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) gebildet. Frankreich Durch Exekutivmaßnahmen gegen führende Mitglieder geschwächt, entfaltet die französische neonazistische Organisation "Faisceaux Nationalistes Europ&ens" (F.N.E.) gegenwärtig nur geringe Aktivitäten, die sich im wesentlichen auf die Herausgabe der monatlich erscheinenden Schrift "Notre Europe" beschränken. Die früher von der F.N.E. wahrgenommene Koordinierungsfunktion übernahm zwischenzeitlich eine Anzahl nichtorganisierter Nazis, die sich zunehmend konspirativer verhalten. Das von Angehörigen der F.N.E. im Jahre 1982 gegründete "Comite Objectif entraide et solidarite avec les victimes de la R&pression Antinationaliste" (COBRA) arbeitet noch immer eng mit der deutschen HNG zusammen. Laut Satzung der HNG sind deren Mitglieder gleichzeitig COBRA-Angehörige und haben Anspruch auf Unterstützung durch beide Organisationen. Hiervon profitiete auch der "Organisationsleiter" 128 stehen hierbei Hakenkreuzaufkleber und Kleinplakate, die häufig bei Klebeaktionen verwendet werden. Daneben findet der "NS-KAMPFRUF", die sogenannte Kampfschrift der NSDAP-AO, eine weite Verbreitung. Schriftleiter dieser Publikation ist seit Jahren der deutschstämmige Amerikaner Gary (Gerhard) Rex LAUCK, der gleichzeitig als "Organisationsund Propagandaleiter" der NSDAPAO fungiert. Die Zeitung, die vierteljährlich erscheint, wurde 1984 vor allem zum Abdruck der von Michael KÜHNEN verfaßten Schrift "Das vierte Reich" genutzt. Dagegen haben die Verlage des Deutsch-Amerikaners George P. DIETZ ("The Liberty Bell Publications" inn Reedy und "White Power Publications" in Reedy und "White Power Publications" in Liverpool, West Virginia/USA) aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ihre Tätigkeit weitgehend eingestellt. Kanada Der in Toronto/Kanada ansässige, aus Wildbad-Calmbach stammende Rechtsextremist Ernst ZÜNDEL konnte die Krise seines Selbstverlags weitgehend überwinden. Er beliefert seine deutschen Anhänger wieder regelmäßig mit "Rundbriefen", die dazu dienen sollen, den "6-MillionenSchwindel" und die Kriegsschuldfrage "zu klären" und der "antideutschen Haßpropaganda" entgegenzuwirken. ZÜNDEL verbindet die Verbreitung seiner Pamphlete stets mit der Bitte um Spenden; neuerdings appelliert er an seine Bezieher, ihn im Rahmen testamentarischer Verfügungen zu bedenken. Das deutsche Generalkonsulat in Toronto versagte ZÜNDEL bereits Anfang 1983 die Verlängerung seines Reisepasses mit der Begründung, durch seine nachhaltige und systematische Verbreitung antisemitischer Äußerungen gefährde er das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland. Das in dieser Sache anhängige Verwaltungsstreitverfahren ist noch nicht abgeschlossen. 3. Nationaldemokratische Organisationen 3.1 "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Der organisierte Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland wird seit Jahren vor allem durch die "Nationaldemokratische Partei 131 Österreich Seit Jahren beliefert der Österreicher Walter OCHSENBERGER das gesamte "national gesinnte Lager" in der Bundesrepublik Deutschland mit Druckerzeugnissen seines Verlages "SIEG Aktuell -- Jugend-PresseDienst" und des von ihm bereits 1979 initiierten "Nachrichten-AustauschDienstes" (NAD). In der Zeitschrift "SIEG" wurden wiederholt scharfe Angriffe vor allem gegen die-USA, aber auch gegen die Sowjetunion veröffentlicht. Immer häufiger wird in jüngster Zeit für das geteilte Deutschland "Neutralität statt Bruderkrieg! -- Raus aus der NATO, raus aus dem Warschauer Pakt -- damit Europa eine Zukunft hat!" gefordert. Die bereits 1967 gegründete österreichische "Nationaldemokratische Partei" (NDP) verfügt nach wie vor über vielfältige Kontakte in die Bundesrepublik Deutschland. Ihr monatlich erscheinendes Publikationsorgan "KLARTEXT - Zeitung für nationale Politik" wird auch in der Bundesrepublik Deutschland verbreitet. Schweiz Seit Jahren bemüht sich -- wenn auch ohne nennenswerten Erfolg -- der Schweizer Gaston Armand AMAUDRUZ in Lausanne in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der "Europäischen Neuordnung" (ENO) um den Zusammenschluß der rechtsextremen Organisationen und Einzelaktivisten in ganz Europa. In ihrem Organ "Courrier du Continent" leugnet oder verharmlost die ENO nationalsozialistische Verbrechen. Die in Winterthur erscheinende Zeitung "Eidgenoß - Informationsblatt zur eidgenössischen und europäischen Besinnung" kursiert ebenfalls unter deutschen Rechtsextremisten. In dem organisationsunabhängigen Blatt werden unter anderem -- mit deutlich erkennbarer Tendenz -- Besprechungen von Büchern über die Zeit des "Dritten Reiches" veröffentlicht. So wird Adolf HITLER als der Staatsmann der Weltgeschichte bezeichnet, der "mit am meisten mit Schmutz und Haß überschüttet (wurde)". Er sei " inzwischen "zum größten Arbeitgeber einer haßerfüllten und auf dem tiefsten Niveau angesiedelten Journaille und Publizistik" geworden. Vereinigte Staaten von Amerika Die "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) mit 'Sitz in Lincoln, Nebraska/USA, beliefert die deutsche Neonazi-Szene noch immer mit umfangreichem Propagandamaterial. An erster Stelle 130 _ Arbeitslosigkeit und = Wirtschaftspieiten Wahlplakat der NPD 133 Deutschlands" (NPD) repräsentiert. Diese bereits 1964 in Hannover gegründete Partei hatte in den ersten Jahren ihres Bestehens einen überraschend starken Zulauf zu verzeichnen (Mitgliederstand 1969: 28.000). Ab 1970 nahm dann das Mitgliederund Wählerpotential kontinuierlich ab, bis die Partei schließlich Ende 1982 infolge interner Richtungskämpfe, mangelnder politischer Attraktivität und anhaltender Wahlniederlagen mit 5.900 Mitgliedern ihren Tiefpunkt erreichte. Die im Jahre 1983 sichtbar gewordene leichte Aufwärtsentwicklung (1983: 6.000 Mitglieder) setzte sich auch 1984 weiter fort: gegenwärtig gehören der NPD bundesweit etwa 6.100 Mitglieder an. Der geringfügige Aufschwung der Partei läßt sich auch an dem Stimmenzuwachs bei mehreren Wahlentscheidungen erkennen. Dieser ist zumindest teilweise auf die seit einiger Zeit angewandte Taktik der NPD zurückzuführen, nicht mehr um jeden Preis und überall an Wahlen teilzunehmen. Dort, wo sie sich immerhin einen gewissen Erfolg versprechen kann, tritt sie zur Wahl an, in den anderen Fällen verzichtet sie darauf, um Kräfte und Mittel zu sparen. Diesem Grundsatz entsprechend nahm die NPD an der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg am 25. März 1984 nicht teil; stattdessen konzentrierte sie sich auf die Wahl zum Europaparlament am 17. Juni 1984. Mit bundesweiten 0,8 % (in Baden-Württemberg 1,1 %) der abgegebenen gültigen Stimmen erzielte sie bei der Europawahl ein---auch für die Parteiführung -- überraschendes Ergebnis. Den höchsten Stimmenanteil errang im Landkreis Schwarzwald-Baar der NPD-Landesvorsitzende von Baden-Württemberg, Jürgen SCHÜTZINGER, mit 2,4 %. Wahlergebnisse der NPD Europawahl Bundestagswahl 1984 1983 Stimmen % Stimmen % Bund 198.633 0,8 91.095 0,2 Baden-Württemberg 35.959 4,1 18.305 0,3 Für die Partei war dies nicht zuletzt deshalb ein überaus positives Ergebnis, weil sie dadurch in den Genuß einer Wahlkampfkostenerstattung in Höhe von zirka 1,8 Millionen DM kam. Damit war sie in der Lage, Schulden aus den frühen siebziger Jahren in Höhe von rund 700.000,-DM zu tilgen. 132 In der gleichen Ausgabe schrieb der Parteivorsitzende Martin MUSSGNUG unter der Überschrift "Mit neuer Kraft vorwärts!": "Nach diesem Wahltag des 17. Juni 1984 kann jetzt die NPD mit neuer Kraft, neuem Mut und gefestigtem Selbstvertrauen in den nächsten Abschnitt ihrer politischen Arbeit eintreten: für das ganze, einheitliche Deutschland und für eine neue Ordnung sozialer Gerechtigkeit für alle Deutschen! In diesem Kampf um und fürDeutschland und das deutscheVolk kann es keine Pause geben: VORWÄRTS, NATIONALDEMOKRATEN!" Dieses insgesamt etwas günstigere Erscheinungsbild der NPD dürfte auch dem in den letzten Jahren konsequent durchgehaltenen Bemühen der Führung zuzuschreiben sein, alle Parteitage und größeren Veranstaltungen -- soweit und solange möglich -- gleichsam unter konspirativen Umständen abzuhalten, um Konfrontationen mit politisch Andersdenkenden zu vermeiden. Solche teilweise spektakulären Zusammenstöße mit dem polititschen Gegner, wie sie in den vergangenen Jahren regelmäßig bei vorzeitigem Bekanntwerden des jeweiligen Tagungsortes zu beobachten waren, hatten dem Ansehen der NPD in der Öffentlichkeit jahrelang geschadet und ihr Negativ-Image verfestigt. In die gleiche Richtung zielt der jetzt deutlicher als in der Vergangenheit erkennbare Versuch, den schon im Jahre 1978 gefaßten Beschluß des Parteivorstands über die Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft in der NPD oder den JN mit der gleichzeitigen Zugehörigkeit zu neonazistischen Gruppen durchzusetzen. Noch immer ist aber solchen Maßnahmen anzumerken, daß sie vorrangig taktischen Erwägungen entspringen und nicht primär aus Überzeugung getroffen werden. In Baden-Württemberg hat sich die Mitgliederzahl der NPD seit rund zwei Jahren bei etwa 950 eingependelt. Von den noch bestehenden 36 Kreisverbänden sind allerdings nur etwa 20 aktiv. Der NPD-Landesverband Baden-Württemberg hielt am 8. April 1984 in Villingen-Schwenningen seinen 19. ordentlichen Parteitag ab. An der Veranstaltung, die unter dem Motto "Heimat -- Vaterland --Europa" stand, nahmen etwa 170 Personen, davon 70 Delegierte, teil. Der bisherige Landesvorsitzende Jürgen SCHÜTZINGER wurde erneut auf zwei Jahre mit - der Führung des Landesverbandes betraut. 135 Der NPD, die sich erstmals an einer Europawahl beteiligte, war es offensichtlich gelungen, mit dem Wahlslogan "Ein Herz für Deutschland" neue Wähler zu mobilisieren. Daneben dürfte ihr auch die zum wiederholten Male in den Vordergrund gestellte Parole "Ausländerstopp!" Stimmen eingebracht haben. Während des Europawahlkampfes hatte die Partei ihre Öffentlichkeitsarbeit insgesamt erheblich verstärkt; andere Aktivitäten traten dagegen weitgehend zurück. In hoher Stückzahl wurden Flugschriften, Plakate, Aufkleber und andere Propagandamittel verbreitet. Als wählerwirksame Plattform trat ein sogenanntes NPD-Forum in Erscheinung, das jeweils für die Dauer eines Monats ein vom Parteivorstand vorgegebenes Schwerpunktthema behandelte: Januar Arbeitslosigkeit durch die EG Februar -- EG: Wirtschaftwichtiger als das Leben? März -- Europa -- souveräne Völker oder Vasallen? April -- Für Deutschland und Europa: Ausländerstopp - jetzt! Mai -- Europawahl: "Ein Herz für Deutschland" Juni _ Ba am 17. Juni 1984: "Nur wer handelt, wird veränern". Dieses "Forum" wurde von der NPD über den Wahltag hinaus beibehalten. Die unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses in den Reihen der Partei-Funktionäre sich ausbreitende Euphorie schlug sich bereits in der ersten Nach-Wahl-Ausgabe des Partei-Organs "Deutsche Stimme" nieder: "ES GEHT VORAN! Die NPD dankt ihren Wählerinnen und Wählern! Von der Bundestagswahl 1980 bis zur Bundestagswahl 1983 nahm die Zahl der nationaldemokratischen Wähler um rund 33 Prozent zu. In den 14 Monaten seit der Bundestagswahl 1983 stieg die Zahl der NPD-Wähler nunmehr um rund 117 Prozent: von 90.901 auf 198.370. Das ist ohne Frage ein Erfolg der Nationaldemokraten, für den wir uns bei unseren Wählerinnen und Wählern herzlich bedanken!" 134 3.2 "Junge Nationaldemokraten" (JN) Die im Jahre 1969 gegründeten "Jungen Nationaldemokraten (JN) bilden die Jugendorganisation der NPD. Laut Satzung ist die Mitgliedschaft in den JN nach Vollendung des 14. Lebensjahres möglich, nach Erreichung des 21. Lebensjahres ist zusätzlich der Eintritt in die Mutterpartei vorgesehen. Spätestens mit dem 27. Lebensjahr endet die Zugehörigkeit zu den JN. Das Mitgliederpotential bei den JN war jahrelang - entsprechend dem der Mutterpartei -- kontinuierlich rückläufig und hält sich bundesweit erst seit 1982 konstant bei rund 500. Der Landesverband BadenWürttemberg, der zeitweise in einem besonders desolaten Zustand war, hat sich stabilisieren können. Mit nunmehr etwa 80 Mitgliedern konnte er im Vergleich zu 1983 (75) sogar einen -- wenn auch minimalen - Zuwachs verzeichnen. JN-Mitgliederbestand 1980| 1981 | 1982 | 1983| 1984 Bund: 1000| 750 | 500 | 500| 500deg Baden-Württemberg: 1201.80: 2001, 70: |.:-60 Nach jahrelangen -- zum Teil generationsbedingten -- Konflikten mit der NPD hat sich das Verhältnis zwischen der Partei und ihren Nachwuchskräften insgesamt leicht entspannt. Allerdings machen JN-Mitglieder der NPD-Führung nach wie vor Laschheit zum Vorwurf, da sie deren politische Linie für zu wenig kämpferisch halten. Die bei vielen JN-Mitgliedern offensichtliche Bereitschaft zu militanterem Vorgehen, das gelegentlich bis zur Gewaltanwendung reicht -- was die Mutterpartei des Öfteren zu dämpfen versucht -- führt immer wieder dazu, daß JN-Angehörige Kontakte zu neonazistischen Gruppen aufnehmen. Dieser anhaltenden Entwicklung versucht die NPD einerseits entgegenzuwirken, andererseits beeilt sie sich vorrangig aus taktischen Erwägungen, sich in nicht mehr bestreitbaren Fällen von gewaltbereiten Mitgliedern der JN zu trennen. Ihren 13. ordentlichen Bundeskongreß hielten die "Jungen Nationaldemokraten" am 13. und 14. Oktober 1984 in Darmstadt-Arheilgen/Hessen, ab. An ihm nahmen rund 130 Personen teil. Die insgesamt schwachen Aktivitäten der JN in Baden-Württemberg gehen in erster Linie vom Kreisverband Stuttgart aus. Kennzeichnend 137 Am 28. Oktober 1984 beteiligte sich die NPD an den baden-württembergischen Kommunalwahlen. Sie hatte allerdings lediglich in insgesamt sechs Städten und Gemeinden sowie in zwei Landkreisen eigene Wahlvorschläge eingereicht. Immerhin konnte sie bei dieser Wahl zwei Mandate im Gemeinderat von Villingen-Schwenningen (bisher ein Mandat), ein Kreistagsmandat im Landkreis Schwarzwald-Baar sowie ein Mandat im Ortschaftsrat des Ortsteils Tannheim der Großen Kreisstadt Villingen-Schwenningen erringen. In Weinheim an der Bergstraße, wo der ehemalige NPD-Funktionär Günter DECKERT nach seinem Austritt aus der Partei ab 1982 sein Mandat im Gemeinderat als "Parteiloser" beibehielt, trat unter seiner Führung die "Deutsche Liste" (DL) zur Wahl an. Über diese gelang es DECKERT, erneut in den Gemeinderat der Stadt Weinheim einzuziehen. Beteiligung der NPD und der "Deutschen Liste" an den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg am 28. Oktober 1984 Ort Stimmenin%' | Sitze! Gemeinderat Mannheim 0,7 (0,3) er Oberrot/Kreis Schwäbisch Hall 1,0 (-) =: (m) Singen/Hohentwiel 0,9: 2:6) 209 Stuttgart 0,8 (-) =...(-) Tuttlingen 2,590 eh: Villingen-Schwenningen 4,2 (2,3) 2: (1) Weinheim ("Deutsche Liste") 7 ee 13 f1)e Kreistag Schwäbisch Hall 0,1 (-) - (-) Schwarzwald-Baar 3.0 rn) Rhein-Neckar-Kreis ("Deutsche Liste") 0,4 (-) - () 1 in Klammern Ergebnis 1979/80 2 NPD 136 hierfür ist, daß der auf dem 13. ordentlichen Landeskongreß der badenwürttembergischen JN am 18. Februar 1984 in Stuttgart-Uhlbach gewählte fünfköpfige Landesvorstand sich ausnahmslos aus Aktivisten des JN-Kreisverbandes Stuttgart zusammensetzt. Allerdings 'vermochte auch dieser neue Landesvorstand der Organisation keine nennenswerten Impulse zu geben. Seine Bemühungen konzentrierten sich darauf, bei der "Europawahl '84" für die NPD ein gutes Ergebnis zu erzielen. 3.3 "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) Der bereits im Jahre 1967 in Tübingen gegründete "Nationaldemokratische Hochschulbund" (NHB) ist die Studentenorganisation der NPD. Seit Jahren ums Überleben kämpfend, zählt der NHB bundesweit nicht mehr als 30 Mitglieder, die zumeist im Umkreis bayerischer Universitäten organisiert sind. In Baden-Württemberg gibt es fast keine NHB-Mitglieder mehr, die einem Studium nachgehen. Der NHB konnte damit nicht von dem leichten Aufwärtstrend profitieren, der bei der NPD zu beobachten ist. Lediglich die Verbandspublikation "NHB-Report" erscheint weiterhin in kostspieliger Aufmachung in einer Auflage von immerhin 1.500 Exemplaren. 4. "National-Freiheitliche Rechte" Als "National-Freiheitliche Rechte" bezeichnet man jenes Organisationsgeflecht, das sich um die im Jahre 1971 gegründete Kernorganisation, die "Deutsche Volksunion" (DVU), gruppiert. Gründer und einigende Kraft der sogenannten National-Freiheitlichen Organisationen ist der Herausgeber der rechtsextremen "Deutschen-National-Zeitung" (DNZ), Dr. Gerhard FREY aus München. Die DVU und die ihr angegliederten "Aktionsgemeinschaften" stellen unverändert den zahlenmäßig stärksten Bestand der deutschen extremen Rechten dar. Die schon seit einiger Zeit sich abzeichnende leicht zunehmende Mitgliederentwicklung hat sich auch im Jahre 1984 fortgesetzt. Die im Vergleich zu anderen rechtsextremen Organisationen relativ hohen Mitgliederzahlen kommen freilich vor allem dadurch zustande, daß jeder Beitritt zu einer der sechs "Aktionsgemeinschaften" des Dr. FREY gleichzeitig zu einer Mitgliedschaft in der "Deutschen Volksunion" führt. Hinzu kommen die zu entrichtenden relativ niedrigen Beiträge, die insbesondere älteren und finanziell weniger potenten Bürgern den Eintritt in eine der lose organisierten Gruppierungen erleichtern. 139 Flugschrift der JN 138 Neben der "Deutschen National-Zeitung" gibt Dr. FREY als offizielles Organ der DVU den "Deutschen Anzeiger" (DA) heraus. Beide Wochenzeitungen schüren seit Jahren die Fremdenfeindlichkeit. In einer stark polemisierenden Weise wird gegen Juden und den Staat Israel, aber auch gegen Repräsentanten unseres Staates agitiert. Daneben werden, häufig verzerrend, tagespolitische Themen abgehandelt. Die DVU und ihre "Aktionsgemeinschaften" lehnen - im Unterschied zum gesamten neonazistischen Lager und auch zu den "nationaldemokratischen" Organisationen -- die Neutralitätsbestrebungen, die in den vergangenen Jahren im rechtsextremen Lager zunehmend an Bedeutung gewonnen haben, nach wie vor entschieden ab. -- Als erste "Aktionsgemeinschaft" entstand 1979 die "Volksbewegung für Generalamnestie" (VOGA), die eine Amnestie für "jedwedes behauptete oder tatsächliche Unrecht" im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg fordert. Im März 1984 würde in den von Dr. FREY herausgegebenen Zeitungen wiederum eine Leserumfrage der VOGA veröffentlicht, die dieses Mal unter dem Motto "Gerechtigkeit für Deutschland -- Generalamnestie" stand. Darin wurde die Freilassung des ehemaligen "Führer-Stellvertreters" Rudolf HESS gefordert. Auch die Bundesversammlung der DVU im März 1984 in München stand unter dem Motto "Freiheit für Rudolf HESS". Parallel zu dieser Kampagne der VOGA, die wie alle diese "Umfragen" vorrangig der Mitgliederwerbung diente, organisierte Dr. Gerhard FREY im April 1984 in mehreren Städten der Bundesrepublik Deutschland Vortragsveranstaltungen mit dem brititschen Publizisten David IRVING. Ende 1984 machte die "Aktionsgemeinschaft" mit einer "Meinungsumfrage" zu dem Thema "Kollektivverantwortung statt NS-Sippenhaft?" auf sich aufmerksam. Eine der mit "ja" oder "nein" zu beantwortenden (Suggestiv-)Fragen lautete: "WIR DEUTSCHEN zahlen weit über 100 Milliarden 'Wiedergutmachung'. Doch das ewige Büßen muß endlich aufhören, und es ist unmoralisch, die abstoßende NS-Sippenhaft heute in einer Kollektivverantwortung des ganzen deutschen Volkes, ungeborene Generationen gar eingeschlossen, ausweiten zu wollen." 141 Für Deutschlands Rechte DEUTSCHE VOLKSUNION (DVU) BA die führende überparteiliche Bewegung der verfassungstreuen Rechten und freiheitlichen Mitte (Vorsitzender Dr. Gerhard Frey) Ehrenbund Rudel Gemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten => Aktion deutsche Einheit (AKON) setzt sich für die Wiedervereinigung Gesamtdeutschlands ein Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) EN arbeitet für ein Ende der Kriegsverbrecherprozesse gegen Besiegte des Il. Weltkriegs Aktion. deutsches Radio und Fernsehen (ARF) will die Interessen des deutschen Volkes bei diesen Medien durchsetzen oa Initiative für Ausländerbegrenzung (Il. f. A.) verteidigt den deutschen Charakter Deutschlands Schutzbund für Leben und Umwelt kämpft für den Erhalt des Lebens und der Heimat Stärken Sie die DVU und ihre Aktionsgemeinschaften durch Beitritt! Bitte einsenden an: DEUTSCHE VOLKSUNION,Postfach445, 8033 Planegg Beltrittsantrag für DVU U] Ehrenbund Rudel [] AKON[]J Name Vorname VOGAUT) ARFT 14A.D = Schutzbund U] eburtsdatum Geburtsort Monatlicher Beitrag: Adresse mit Postleitzahl DVU + AKON DM 3,-Ehrenbund Rudel, VOGA, ARF, "Beruf If.A., Schutzbund DM 1,-Ich abonniere d. DEUTSCHEN Welcher Partei oder Vereinigung gehören Sie in welcher Form an? ANZEIGER, der die Veröffentlichungen der DVU und ihrer Welcher gehörten Sie in den letzten 10 Jahren in welcher Form an? Aktionsgemeinschaften vornimmt, zu mtl. DM 6,65 DO - Ich abonniere die NATIONAL re ZEITUNG monatl. DM 6,65 []J Unterstützen Sie unsere Aktionen durch Spenden ih DVU-.Konten: Postgiroamt München Nr. 256626-808; Münchner Bank, München, Zwgst. Passauer Str., Nr. 60555 - Österr. Postsparkasse, Wien, Nr. 7125.919 "Aktionsgemeinschaften" des Dr. FREY 140 SCHUTZBUND FÜR LEBEN UND UMWELT Der SCHUTZBUND FÜR LEBEN UND UMWELT tritt ein für den Schutz des ungeborenen Lebens für den Ausbau des Zivilschutzes für Bürgerschutz vor Kriminalität für Jugendschutz vor Rauschgift für verstärkten Umweltschutz. Unterstützen auch Sie die Ziele des unabhängigen und überparteilichen SCHUTZBUNDES. Denn unsere Kinder und Enkel haben ein Recht auf eine lebenswerte Zukunft. Neugegründete "Aktionsgemeinschaft" 143 -- Eine gewisse Sonderstellung unter den "Aktionsgemeinschaften" nimmt die "Aktion deutsche Einheit" (AKON) ein. Sie war bereits im Jahre 1962 unter der Bezeichnung "Bund für Deutsche Einheit -- Aktion-Oder-Neiße e.V."(AKON) entstanden. Ab 1980 geriet die Organisation völlig unter den Einfluß von Dr. FREY, gab schließlich ihre Selbständigkeit auf und gliederte sich der DVU unter neuem Namen als "Aktionsgemeinschaft" an, wobei sie ihre ursprüngliche Kurzbezeichnung beibehielt. Die AKON agiert im Sinne Dr. FREYs vor allem in ostpolitischen Fragen. -- Die im November 1980 von Dr. FREY ins Leben gerufene "Initiative für Ausländerbegrenzung'" (l.f.A.) fordert seitdem eine wirksame "Eindämmung des Scheinasylantentums" und die rasche "Beschränkung des Ausländeranteils". Ihre häufig fremdenfeindliche Agitation wird überwiegend von der "Deutschen National-Zeitung" und dem "Deutschen Anzeiger" getragen. -- Im Dezember 1981 initiierte Dr. FREY die "Aktion deutsches Radio und Fernsehen" (ARF), die sich gegen die "systematische Verteufelung der deutschen Geschichte, die Herabwürdigung des deutschen Soldaten, die Minimalisierung der Verbrechen am deutschen Volk... in Rundfunk und Fernsehen" wendet. Mit einer breit angelegten Indoktrinierungsund Werbeaktion, eingekleidet in eine Umfrage, wandte sich die ARF im Juli 1984 an die Leser der "Deutschen National-Zeitung" und des "Deutschen Anzeigers". Suggestiv formulierte "Feststellungen", auf die wiederum nur die Antwort "ja" oder "nein" erwartet wurde, lauteten beispielsweise: -- "Das Fernsehen stellt die deutsche Geschichte zu einseitig dar, meistens wird Deutschland belastet." -- "Die Fernseh-Gewaltigen sollten vom Volk gewählt, nicht von Parteien ausgekungelt werden." --Der "EHRENBUND RUDELGemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten" (ER) formierte sich im Januar 1983. Er wendet sich "gegen die Diffamierung untadeliger Soldaten" und will "über Taten und Leiden auch der Besiegten der Wahrheit die Ehre geben." -- Wie früher bereits mehrfach praktiziert, hat Dr. FREY auch zum Jahresende 1984 eine neue "Aktionsgemeinschaft" ins Leben gerufen. Im November 1984 gründete er -- unter geschickter Anknüpfung an aktu142 zung, von denen in Baden-Württemberg nur die nachstehend erwähnten von einer gewissen Bedeutung sind: 5.1 "Die Deutsche Freiheitsbewegung" (DDF) Die von Otto Ernst REMER, Kaufbeuren, im Jahre 1983 in Eberbach/Nekkar gegründete "Deutsche Freiheitsbewegung" (DDF) tritt nach wie vor für eine Abkehr der Bundesrepublik Deutschland vom Westen und für eine Annäherung an die Sowjetunion bei gleichzeitiger Schaffung einer "deutsch-russischen Allianz" ein. Im August 1984 erschien das "MANIFEST II* der DDF unter dem Leitthema "Gegen die unwissenschaftlichen Dogmen der UNO - von der: Menschengleichheit für eine lebensrichtige Politik". Darin werden die Bereiche Rassenkunde, Abstammunggslehre, Verhaltensforschung und Genetik abgehandelt. Innerhalb des rechtsextremen Lagers hat diese Publikation indes nur geringe Beachtung gefunden. Die von REMER mit der Gründung der neuen Organisation verbundene Hoffnung, ein Sammelbecken für alle nationalneutralistischen Kräfte zu schaffen, hat sich nicht erfüllt. 5.2 "Wiking-Jugend" (WJ) Zu den ältesten rechtsextremen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland zählt die im Jahre 1952 gegründete "Wiking-Jugend" (WJ). Sie versteht sich als "national-bündische" Gruppe in der Tradition der "HITLER-Jugend", die sie als "größte einheitliche, von einem ungeheuren Idealismus getragene Jugendbewegungaller Zeiten" feiert. Die Organisation tritt seit Ende der siebziger Jahre zunehmend militanter auf und bildet heute ein wichtiges Rekrutierungspotential für neonazistische Zirkel. Wie bereits in den vergangenen Jahren bot die Führung der "Wiking-Jugend" ihren Mitgliedern auch im Jahre 1984 ein reichhaltiges Programm an. Neben mehreren Wochenendschulungslagern, dem Osterlager und Sonnwendfeiern fanden einige überregional besuchte Großveranstaltungen statt. Der Bundesfahrtenführer rief im "Fahrtenplan 1984", der unter dem Motto "...da tritt kein andrer für dich ein! Sei wehrhaft frei!" stand, "alle nationalen Freunde und Kameraden auf, ein erkennbares Fanal gegen die Zersplitterung des volkstreuen Lagers (zu setzen)". 145 elle Probleme dieses Jahres -- einen "Schutzbund für Leben und Umwelt", der unter anderem fordert: -- "Schutz des ungeborenen Lebens", -- "Ausbau des Zivilschutzes", -- "Bürgerschutz vor Kriminalität", -- "Jugendschutz vor Rauschgift", -- "verstärkter Umweltschutz". Mit dem Gründungsaufruf, der seit Herbst 1984 sowohl in der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ) als auch im "Deutschen Anzeiger" (DA) veröffentlicht wurde, startete Dr. FREY einen weiteren Versuch, breitere Bevölkerungsgruppen anzusprechen, um auf diese Weise neue Anhänger und Spender für seine Organisationen, aber auch Abonnenten für die genannten Zeitungen zu gewinnen. Die DVU hat im Jahre 1984 wieder mehrere Vortragsveranstaltungen durchgeführt, von denen dieses Mal auch Städte in Baden-Württemberg betroffen waren. Der seit Jahren im Rahmen öffentlicher Versammlungen Dr. FREYs auftretende englische Publizist David IRVING sprach dabei über das Thema "Das Geheimnis um Rudolf HESS". Im "Deutschen Anzeiger", in dem zum Besuch der Veranstaltungen aufgerufen wurde, hieß es dazu: "Neueste Erkenntnisse des berühmten britischen Historikers in seiner aufsehenerregenden Vortragsreihe über den seit mehr als 4 Jahrzehnten eingekerkerten 90jährigen." Die Vortragsreihe IRVINGs, die im Juni 1984 Baden-Württemberg berührte und durch die Städte Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim und Baden-Baden führte (im September 1984 folgte noch Freiburg) konnte wegen zahlreicher Protestkundgebungen politisch Andersdenkender nur unter erschwerten Umständen stattfinden. Einige Termine mußten abgesagt werden. 5. Sonstige rechtsextreme Vereinigungen _ Neben den neonazistischen, den nationaldemokratischen und den national-freiheitlichen Gruppierungen bestehen in der Bundesrepublik Deutschland noch weitere Organisationen mit rechtsextremer Zielset144 SEE TE ..dann kein andrer 8. für Dich ein!II iiTa76 wehrhaft Fahrtenplan der Wiking-Jugend 147 DEUTSCHE FREIHEITSBEWEGUNG DER BISMARCK-DEUTSCHE Deutsche! Euer Land eine Atomwüste? Seit Jahrzehnten hammert man uns ein: Deutsche. waren kriegslüstern. Schluß mit dieser Lüge. Wir wollen Frieden. Was kümmert uns der amerikanische Dollar-Imperialismus? Was kümmert uns der Bolschewismus? Wir sind weder Dollar-Imperealisten noch Kommunisten! Ohne uns! Sollen Amerikaner und Engländer die Suppe allein auslöffeln, die Roosevelt und Churchill ihnen eingebrockt haben. Keine deutschen Soldaten für fremde Interessen.. Keine deutschen Frauen und Männer, kein deutsches Kind als Opfer des sich anbahnenden atomaren Holocaust. DIE DEUTSCHE FREIHEITSBEWEGUNG DER BISMARCK-DEUTSCHE für eine DEUTSCH-RUSSISCHE ALLIANZ 146 5.3 "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V." (GFP) Die "Gesellschaft für Freie Publizistik e.V." (GFP) wurde 1960 in Frankfurt am Main von rechtsextrem orientierten Schriftstellern, Publizisten und Verlegern gegründet, die teilweise bis zum Jahre 1945 auch eng mit dem Nationalsozialismus verbunden gewesen waren. Bei einem im wesentlichen unveränderten Mitgliederbestand von etwa 400 Personen (Baden-Württemberg: rund 40) stellt die GFP nach wie vor den aktivsten Zusammenschluß teils rechtsextremer teils rechtsgerichteter Intellektueller dar. Allerdings sind -- nicht zuletzt aufgrund der Überalterung der Mitglieder -- gewisse Verfallserscheinungen nicht zu übersehen. In deutlicher Anlehnung an den politischen Standort der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) liegt der Schwerpunkt der GFPAktivitäten traditionell in der Durchführung von Vortragsveranstaltungen, deren Themen (wie z. B. "Ausländisierung Westdeutschlands und Westberlins") häufig für sich sprechen. Auch die Auswahl der Gastreferenten, darunter der ehemalige NPD-Parteivorsitzende Adolf von THADDEN, der am 18. Oktober 1984 in Hechingen auftrat, unterstreicht die Einbindung in die extreme Rechte. Das Organ der GFP, "Das Freie Forum", erscheint vierteljährlich in einer Auflage von durchschnittlich 1.500 Exemplaren. In Baden-Württemberg gab es im Jahre 1984 noch etwa fünfzehn Zusammenkünfte der GFP, unter anderem in Weinheim, Eschelbronn, Balingen und Hechingen, an denen jeweils bis zu 85 Personen teilnahmen. Das der GFP nahestehende "Deutsche Kulturwerk Europäischen Geistes e.V." (DKEG), dessen Mitgliederzahl weiter stagniert, trat 1984 lediglich noch mit zwei Veranstaltungen in Tübingen und Hechingen an die Öffentlichkeit. Das DKEG, einst zweitstärkste rechtsextreme Organisation, ist damit nahezu bedeutungslos geworden. 6. Rechtsextreme Publizistik Eine nicht zu unterschätzende Rolle als Multiplikator rechtsextremen Gedankenguts spielt seit jeher die rechtsextreme Publizistik. Weit überwiegend steht sie entsprechenden Parteien oder Organisationen nahe, 149 Zu den von der "Wiking-Jugend" abgehaltenen "Julfeiern", "Winterlagern" und anderen Treffen gehören in der Regel sowohl musikalische und folkloristische Darbietungen als auch sportliche und wehrsportliche Wettkämpfe. Das Leitmotiv bildet dabei die Grundsatzerklärung, in der es heißt: ". - - Die Wiking-Jugend ist eine Gemeinschaft jugendbewegter Menschen, die in einer Zeit der politischen Bedrohung von außen und des geistig-seelischen Verfalls von innen nach verbliebenen und neuen Werten sucht." Wie das vorgeblich werterhaltende und wertschöpferische Anliegen der "Wiking-Jugend" heute in praktische Jugendarbeit umgesetzt wird, zeigt das Schreiben des Bundesführers der WJ, Wolfgang NAHRATH, das dieser aus Anlaß des vom 27. Dezember 1984 bis 1. Januar 1985 in der Rhön durchgeführten Winterlagers an alle (derzeit etwa 350) Mitglieder gerichtet hatte: "Liebe Kameraden, in der Anlage übersende ich Euch einen Artikel, der in der Fuldaer Zeitung erschien. Die kommunistische 'Antifa' versucht mit allen Mitteln, in diesem Jahr unsere Mahnfeuerrunde zu verhindern. Aufgrund der gegebenen Kampfsituation ergeht an jeden Wikinger die Weisung, sich am 30. oder spätestens am 31.12. bei derangegebenen Leitstelle einzufinden. Es darf nicht so etwas geschehen wie in Geesthacht, wo unsere Jungen u. Mädel an Zahl u. Kraft den roten Chaoten unterlegen waren. Es muß sich bei diesen Banditen festigen und herumsprechen, daß wir uns nichts gefallen lassen. Bringt stämmige Kameraden und Gesinnungsfreunde mit, aus welchen Gruppen und Verbänden sie auch kommen mögen." Bei dem "Mahnfeuer" an der innerdeutschen Grenze bei Hilders standen dann etwa 80 Mitglieder der WJ zusammen mit rund 100 Neonazis über 100 Gegendemonstranten gegenüber. Tätliche Auseinandersetzungen zwischen beiden Lagern konnten durch ein starkes Polizeiaufgebot verhindert werden; so blieb es bei Pfeifkonzerten und lautstarken gegenseitigen Beschimpfungen. Vorbereitung und Ablauf der Aktion unterstrichen einmal mehr die Bereitschaft der "Wiking-Jugend" zur Zusammenarbeit mit neonazistischen Gruppierungen und die wachsende Neigung, Gewalt mit Gegengewalt zu beantworten. 148 Il. Aktivitäten politische extremer Ausländer 1. Allgemeiner Überblick Die Zahl der in Baden-Württemberg wohnhaften Ausländer war im Jahre 1984 leicht rückläufig. Diese Tendenz ließ sich bei nahezu allen Nationalitätengruppen beobachten. Mitgliederstärke ausländischer Extremistengruppen in Baden-Württemberg (Zahl in Klammern: Stand 1982) orthodoxNeuainkel rechtsextrem nationalistisch kommunistisch Isozialrevolutionär Blamisch1984Brass|masa) Araber 190 (190) 460 (460) 650| (650) Griechen 5200 (5200) 30 0) | 220 (180) 5450 | (5410) Iraner 40 (40) 70 (0) 80 (100) 40 (40) | 230 | (250) Italiener 2200 (2300) 1000 (1000) 3200 | (3300) Jugoslawen 100 (40) | 300 (450) 400 | (490) Pakistaner 480 (480) 480 | (480) Portugiesen 150 (150) 150 | (150) Spanier 200 (200) 200 | (200) Türken 1350 (1750) | 1270 (1600) | 2300 (2300) | 2700 (2000) | 7620 | (7650) Sonstige 150 | (150) Insgesamt 9530 (9830) | 2410 (2680) | 3900 (4030) | 2740 (2040) | 18530 |(18730) 151 ein Teil behauptet, unabhängig zu sein. Am bekanntesten dürfte noch immer die von Dr. Gerhard FREY, München, herausgegebene "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) sein, die zusammen mit dem Organ der "Deutschen Volksunion" (DVU), dem "Deutschen Anzeiger" (DA), in einer durchschnittlichen Auflage von wöchentlich 110.000 Exemplaren erscheint. Wie die Rote Armee mordete Ungesühnte Verbrechen an Deutschen. ss R2SC National+Zeitung Soc Komm @ mom/n-u ke freih N unabhlingig eitli Mliberpartei ch lich Ser." sen 7080 4 | Ar Y300 Pen. / Austr. 1, 8A / Belg.25 ir / Dün.ddr / Finnl.5,-Ps / Orloch. &9 Dr. /Heil,2,25 5 / Mal. 708 Li / Kam. 1,20 6 / Port. 30Ess. / Span, 125Pin / Kanaren150Pin / Sädelr. 1,.R / Türk.7OTL/USA 1200 Lügen gegen Waffen-SS widerlegt Hauptorgan des Dr. FREY Die "Deutsche Wochenzeitung" (DWZ), die ursprünglich der NPD nahegestanden und seit einiger Zeit kontinuierlich an Bedeutung verloren hatte, konnte 1984 ihre Auflage wieder um 4.000 auf nunmehr 15.000 Exemplare steigern. Sie liegt damit freilich noch immer weit hinter der Auflagenhöhe des Jahres 1978 (25.000 Exemplare) zurück. Auch die "Deutsche Stimme" (DS), das Parteiorgan der NPD, vermochte offensichtlich neue Leserkreise zu erschließen und ihre Auflage, die jahrelang bei etwa 75.000 Exemplaren stagniert hatte, im Jahre 1984 auf rund 100.000 zu erhöhen. Daneben wurden im Zusammenhang mit der Europawahl am 17. Juni 1984 und der Landtagswahl im Saarland am 10. März 1985 mehrere Tausend Sonderexemplare zusätzlich verbreitet. Die rechtsextremistische Monatsschrift "NATION EUROPA" wird gegenwärtig in einer Auflage von rund 10.000 Exemplaren (1983: 9.300) hergestellt. Ein gleichbleibend begrenztes Interesse findet die im "Grabert-Verlag", Tübingen, erscheinende Vierteljahresschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" (etwa 2.500 Exemplare). Auch die Zahl der in Ausländervereinigungen mit extremistischer oder terroristischer Zielsetzung organisierten Personen ging -- wenngleich nur geringfügig -- zurück: in solchen Gruppierungen waren noch 18.530 (1983: 18.730) Ausländer aktiv. Die Sicherheitslage ist, soweit sie vom Ausländerextremismus beeinflußt wird, durch zwei unterschiedliche Entwicklungen gekennzeichnet: einerseits ist die propagandistische Tätigkeit vieler Gruppen deutlich schwächer geworden, andererseits wurde in den letzten Monaten des Jahres 1984 offenkundig, daß die Neigung zu gewaltsamen Auseinändersetzungen, die sich zeitweise etwas abgeschwächt hatte, wieder spürbar gewachsen ist. Nach wie vor ist allerdings festzustellen, daß die große Mehrheit der in unserem Lande lebenden Ausländer sich gesetzestreu verhält. Außerdem bleibt zu berücksichtigen, daß nicht alle Mitglieder extremistisch orientierter Ausländervereinigungen deren Zielsetzung vorbehaltlos unterstützen. Vielmehr treten manche Ausländer solchen Gruppierungen nur deshalb bei, weil sie sich dadurch landsmannschaftliche Kontakte und eine gewisse Unterstützung erhoffen. Besonders bei den mitgliederstarken türkischen, griechischen und italienischen "Betreuungsorganisationen" sind diese Beweggründe nicht zu übersehen. Als aktuelle Schwerpunkte des Ausländerextremismus sind vorrangig zu nennen: -- Innerhalb des arabischen Extremismus sind Terroranschläge palästinensischer Gruppen weiterhin zu befürchten. Mögliche Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern des Vorsitzenden der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO), Yassir ARAFAT, könnten die Sicherheitslage verschärfen. Die latente Gefährdung amerikanischer und israelischer Einrichtungen besteht fort. Arabische islamisch-nationalistische Extremisten traten mit ihren Aktivitäten kaum ins Licht der Öffentlichkeit. Gleichwohl ist aufgrund ihrer Verwicklung in Terrorakte im Ausland ihre Bedeutung auch für die Sicherheit unseres Landes nicht zu übersehen. -- Die international operierenden armenischen Kommandos hatten zeitweilig ihre Stützpunkte im Libanon infolge der Kriegshandlungen verloren. Nach der inzwischen eingetretenen oberflächlichen Beruhigung der Lage in einigen Landesteilen kann eine Wiederaufnahme der Anschläge gegen türkische Diplomaten nicht ausgeschlossen werden. 153 Mitgliederentwicklung bei den ausländischen Extremistengruppen von 1979 -- 1984 20 000-I 19 500 bee SR 19 000-1 18 700 I ----4 18 500 13 000 17 600 17 wer 16 000-, 15 000-4 4 14 500 14 000-1 1979 1980 1931 1932 1983 1984 152 schließt freilich nicht aus, daß es im Bereich des türkischen Extremismus seit Herbst 1984 wieder vermehrt zu militanten Aktivitäten kommt. Zu erwähnen ist etwa der Versuch türkischer und kurdischer Linksextremisten, eine Veranstaltung türkischer Rechtsextremisten am 23. Dezember 1984 in Stuttgart durch Besetzung des Versammlungsraums zu verhindern. Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurden mehrere Personen erheblich verletzt und 151 Besetzer vorläufig festgenommen. Man wird nicht umhin können, diese Aktion im Zusammenhang mit einer Reihe minder schwerer Zusammenstöße der letzten Monate des Jahres 1984 zu sehen und einzuordnen. Die türkischen und kurdischen moskauorientierten Gruppierungen hatten im Jahre 1984 einen weiteren Rückgang der Zahl ihrer Anhänger um mehr als 20 Prozent zu verzeichnen. In etwa der gleichen Größenordnung bewegten sich die Verluste der militanten türkischen "Neuen Linken". Dagegen konnten die rechtsextremen Vereinigungen ihren Mitgliederbestand halten. In einer noch immer anhaltenden Aufwärtsentwicklung befinden sich schließlich die islamisch-nationalistischen Organisationen, die ihr Anhängerpotential um etwa 35 Prozent zu vergrößern vermochten. Vor allem linksextreme Vereinigungen entfalteten eine in das Bewußtsein der Öffentlichkeit dringende Aktivität; vielfach waren sie allerdings nur noch mit "solidarischer Unterstützung deutscher Genossen" handlungsfähig. Mehrfach unternommene Versuche, ein gemeinsames Vorgehen verschiedener linksextremer türkischer Gruppen zu ereichen, scheiterten mitunter bereits im Ansatz. Das 1982 von türkischen und kurdischen Linksextremisten gegründete "Antifaschistische Einheitskomitee im Ausland" (BIRKOM) zerfiel endgültig. Rechtsextreme und islamisch-nationalistische türkische Organisationen traten 1984 kaum Öffentlich in'Erscheinung. 2.1 Organisation der türkischen "Neuen Linken" 2.1.1 \Vom Mitgliederrückgang bei den Organisationen der türkischen "Neuen Linken" war die von der proalbanisch orientierten "Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten" (TKP/ML, Fraktion "PARTIZAN", beeinflußte "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e.V. (ATIF) am stärksten betroffen. Sie zählt zwar unverändert die meisten Anhänger innerhalb der türkischen "Neuen Linken", hat aber die Bedeutung vergangener Jahre verloren. 155 -- Gruppen der türkischen "Neuen Linken" gefährden die innere Sicherheit des Landes durch Demonstrationen und Besetzungen, die -- wie schon in der Vergangenheit -- weitere Ausschreitungen nach sich ziehen können. Einige dieser Organisationen tragen derzeit ebenso wie die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) interne Kontroversen über ihr Verhältnis zur Gewalt aus. Gelegentlich wird dieser Klärungsprozeß von Tätlichkeiten begleitet. Die türkischen islamisch-nationalistischen Zusammenschlüsse wachsen an Zahl und Bedeutung. Die Anzeichen dafür, daß die Bereitschaft zur Konfrontation mit militanten Gegnern aus dem Lager der türkischen extremen Linken wieder zugenommen hat, mehren sich. -- Jugoslawische Emigranten insbesondere kroatischer und albanischer Volkszugehörigkeit bekämpfen das politische System ihres Herkunftslandes unverändert mit großem Fanatismus. Dabei werden sie häufig selbst Opfer von Anschlägen der sie bekämpfenden politischen Kräfte. -- Die im Lande lebenden iranischen Extremisten schränkten ihre öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten weiter ein. Hierzu trug vermutlich die politisch aussichtslose Lage der im Iran lebenden Oppositionellen bei. Lediglich die orthodox-kommunistische "TUDEH-Partei" ließ in der zweiten Jahreshälfte Konsolidierungsbemühungen erkennen. -- Die von griechischen Rechtsextremisten 1983 in Baden-Württemberg gegründete "National-Politische Union" (E.P.EN.) konnte sich innerhalb kurzer Zeit im gesamten Bundesgebiet ausbreiten und organisatorisch verfestigen. Mitglieder der moskautreuen "Kommunistischen Partei Griechenlands" (KKE-Ausland) beteiligten sich an den Aktivitäten der deutschen "Friedensbewegung" und verstärkten ihre Kontakte zur "Deutschen Kommunistischen Partei". ihre Organisation war bemüht, in noch vermehrtem Umfange politischen Einfluß auf die "Griechischen Gemeinden" zu gewinnen, insbesondere Funktionäre in deren Vorstände wählen zu lassen. 2. Türken Besonderes Aufsehen erregende Aktionen extremer türkischer Organisationen waren im Vergleich zu früheren Jahren nicht mehr so häufig. Dies 154 Die Aktivität der ATIF beschränkte sich weithin auf Hetztiraden gegen die derzeitige türkische Regierung, richtete sich aber mitunter auch gegen die Bundesrepublik Deutschland. Zu welcher Art von Agitation sie sich dabei hinreißen ließ, zeigt ein "Kommentar" zur Ausländergesetzgebung: "So wird denn auch die Gegenwart und Zukunft der Ausländer durch die alten und neuen Gesetze der schmarotzerhaften Politiker bestimmt." Auch die Tarifauseinandersetzung im ersten Halbjahr 1984 nutzte die ATIF für propagandistische Zwecke: "...Alle Arbeiter und Werktätigen müssen sich am Kampf beteiligen, um diese Forderung zu ''verwirklichen' und diesen Kampf zu einem Teil des Kampfes gegen den westdeutschen Staat... um (zu) wandeln... Die Arbeitslosigkeit in Westdeutschland kann nur mit der Revolution, mit der Errichtung eines wahren sozialistischen Systems abgeschafft werden.... In allen Betrieben muß man die Gewerkschaftsvertreter mahnen, sie unter Druck setzen und die Gewerkschaftbosse bloßstellen und versuchen durchzusetzen, daß der Streik solange durchgeführt wird, bis die 'Rechte' zur Annahme gezwungen wird." An die Adresse der deutschen "Friedensbewegung" richtete die ATIF den Hinweis: "Ein wahrer und andauernder Frieden kann nur mit revolutionären Kriegen gesichert werden!" Bei all diesen Versuchen, sich in deutsche innenpolitische Auseinandersetzungen einzumischen, ließ sie indes keinen Zweifel an ihrem eigentlichen Ziel: "... Unser Ziel und das System, das wir errichten wollen, ist kurzfristig die demokratische Volksrevolution, langfristig die kommunistische Gesellschaft. Mit diesem Ziel ist unsere Partei, die TKP/ML, gegründet worden. Das endgültige Ziel ist der Kommunismus." In Baden-Württemberg bestehen örtliche ATIF-Gruppen in Heidelberg -- Walldorf, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Lauda, Ludwigsburg, Mannheim, Nürtingen, Schwäbisch Gmünd, Stuttgart und Ulm. 157 fasizmin iskence tezgahlarnda katledilisinin 11. yldönümünde; ,. .. komünist önder Ibrahim Kaypakkaya'y anyoruz ! N Am 11. Jahr seiner Ermordung in den Folterkammern des Faschismus gedenken wir an den kommunistischen Führer IBRAHIM KAYPAKKAYA T K &/ Mi Kommunistische ParteiderTürkei/Marxist-Leninist TURKIVE KOMUNIST PARTISE NLARASIST-LENINIST Plakat der TKP/ML 156 -- _ nu nn mn 2.1.2 Die sich betont konspirativ verhaltenden Anhänger der TKP/ML, Fraktion "PARTIZAN BOLSEVIK" (auch: "BOLSEVIK PARTIZAN"), sind rein zahlenmäßig unbedeutend; ihre militante und hetzerische Agitation wird jedoch von keiner anderen linksextremen türkischen Gruppe er-. reicht. In ihren Publikationen wird unausgesetzt zur "gewaltsamen Revolution" und zum Bürgerkrieg aufgerufen sowie der "Tod des westdeutschen Imperialismus" gefordert. So verteilten während des "Ostermarsches" 1984 in Schwäbisch Gmünd Anhänger von "PARTIZAN BOLSEVIK" Flugblätter, in denen dem "westdeutschen Imperialismus" vorgeworfen wurde, ein "eigenständiger Kriegsherd" zu sein, Kriege selbst vorzubereiten und zu exportieren. Gleichzeitig wurde dazu aufgerufen, diese Kriege durch "revolutionäre Kriege der Volksmassen" zu bekämpfen und deshalb "sich und andere rechtzeitig, sorgfältig und mit wissenschaftlicher Planung auf den illegalen Kampf mit allen Konsequenzen vor (zu) bereiten". Während des Streiks in der Metallindustrie wurden vor Streiklokalen Flugschriften von "PARTIZAN BOLSEVIK" verteilt, in denen die deutschen Arbeiter aufgestachelt werden sollten, "die imperialistische Bundeswehr, wie den ganzen Staatsapparat, von oben nach unten im bewaffneten Kampf für den Sieg des Sozialismus und Kommunismus (zu) zerschlagen". Dabei wurde der Streik als eine "Schule des Krieges" bezeichnet und bei Aussperrungen zu Fabrikbesetzungen aufgefordert. ". . . Für die Arbeiterklasse ist der westdeutsche Imperialismus nicht etwas zu Schützendes, sondern die Zielscheibe der Revolution." Aktivitäten dieser Gruppe konnten im Jahre 1984 in Horb, Nagold, Schwäbisch Gmünd und Stuttgart festgestellt werden. 2.1.3 Die Organisationen "HALKIN KURTULUSU" (Volksbefreiung) und "Föderation der Türkischen Demokratischen Arbeitervereine in Deutschland e. V." (DIDF) richteten sich ideologisch an der proalbanischen "Revolutionären Kommunistischen Partei der Türkei" (TDKP) aus. Sie vermochten es als einzige unter den türkischen Linksextremisten, die Zahl ihrer Anhänger weitgehend konstant zu halten. Die sich streng abschottende "HALKIN KURTULUSU" ist in unserem Lande mit örtlichen Sympathiesantengruppen vertreten, deren Anhänger in der Regel auch in der DIDF aktiv sind. Beide Vereinigungen unterhalten Kontakte zur "Kommunistischen Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten)" - KPD-. Diese bezeichnet "HALKIN KURTULUSU" als "Bruderorganisation" und gewährt ihr entsprechende Unterstützung. 159 r Sprengt die Ketten --reißtdie Mauemein, "Generalamnestie füralle Gefangenen x ATIF "Föraeration ger Arbeiter aus ger Türkei n ger BRD) JESTEKLEYEN: ISB Demwkrar Sanatsar Ziriäl) ATIF-Plakat 158 Die linksextreme DIDF ist bemüht, sich den Anschein einer demokratischen Organisation zu geben. Sie versteht sich als Dachverband "fortschrittlicher" türkischer Arbeitervereine und gibt vor, "die demokratischen und ökonomischen Rechte der türkischen Arbeiter (zu) verteidigen". Die Gruppe greift insbesondere tagespolitische Themen auf und wendet sich mit Parolen wie "Solidarität mit den politischen Gefangenen in der Türkei", "Wahlrecht für Ausländer" und "Gemeinsam gegen Ausländerfeindlichkeit" auch an die deutsche Bevölkerung. In Baden-Württemberg gehören der DIDF Mitgliedsvereine in Göppingen, Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart und Ulm an. Außerdem verfügen DIDF und "HALKIN KURTULUSU" über Anhänger in Esslingen, Heidelberg, Heilbronn, Konstanz, Ludwigsburg und Müllheim / Baden. 2.1.4 Mehrere Organisationen der türkischen "Neuen Linken", darunter die am 9. Februar 1983 vom Bundesminister des Innern verbotene und aufgelöste Gruppe "DEVRIMCI SOL" (Revolutionäre Linke)", ferner Avrupa 'da DEV GENC" (Revolutionäre Jugend in Europa) und "DEVRIMCI YOL" (Revolutionärer Weg), orientieren sich bei ihrer -- teils aus der Illegalität heraus weiterbetriebenen -- Arbeit an den Grundsätzen der terroristischen "Türkischen Volksbefreiungspartei-Front" (THKP-C), einerin der Türkei nahezu vollständig zerschlagenen, ideologisch zerstrittenen Vereinigung. Die Mitglieder der früheren "DEVRIMCI SOL" sowie die ihren Kurs fortsetzende "Avrupa 'da DEV GENC" befaßten sich vorrangig damit, die durch das Verbot teilweise verlorengegangenen Sympathisanten zu reaktivieren und im Rahmen des Möglichen eine organisatorische Erneuerung in Gang zu bringen. In einer Publikation der "DEVRIMCI SOL" hieß es dazu: ". . . Vergessen wir nicht, daß der revolutionäre Kampf in unserem Land auch den in Deutschland befindlichen Revolutionären eine wichtige Aufgabe überträgt. Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen wir das in Deutschland lebende Menschenpotential einsetzen..." Während "DEVRIMCI SOL" nach außen kaum Aktivitäten entfaltet, macht "Avrupa 'da DEV GENC" mit "revolutionären Volksabenden" sowie mit Publikationen, Plakatund Schmieraktionen auf sich aufmerksam. Das Strafverfahren gegen die Besetzer des türkischen Generalkonsulats in Köln (3./4. November 1982) im Frühjahr 1984 nahm "DEVRIMCI SOL? allerdings zum Anlaß, ihr extremistisches Gedankengut erneut der Öffentlichkeit zu vermitteln. So erklärte sie: 161 isbasna gelisinin 4. ylnda FASIST CUNTAVI LANETLEVELIM KAHROLSUN ASKERI FASIST DIKTATÖRLUK YASASIN HALKIMIZIN DEMOKRASI, BAGIMSIZLIK VE SOSYALLZM MÜCADELESI FARIH:8.Eylül.1984 yErcKöly. Ebertplatz Fr SR an + Demonstrationsaufruf der HALKIN KURTULUSU "FIDEF unterstützt die Ostermärsche, die Volksbefragungskampagne sowie andere Aktivitäten der Friedensbewegung und versucht, noch mehr ausländische Kollegen miteinzubeziehen .... Die Raketenbauer, Rotstiftpolitiker, Ausländerfeinde, Demokratieabbauer und Arbeitsplatzvernichter sind politisch identische Kreise. Deshalb kämpfen Deutsche und Ausländer gemeinsam für die 35-Stundenwoche, gegen Ausländerfeindlichkeit und Demokratieabbau." Besondere Bedeutung mißt die FIDEF nach wie vor auch der verdeckten Tätigkeit ihrer Funktionäre in deutschen Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden bei. In Baden-Württemberg arbeiten aktive Mitgliederorganisationen der FIDEF in Freiburg, Göppingen, Karlsruhe, Mannheim, Schwäbisch Gmünd, Stuttgart, Ulm und Weinheim. Als besonders militante Gruppe innerhalb des orthodox-kommunistischen Lagers treten die Anhänger der " Leninisten der Kommunisti-. schen Partei der Türkei" (TKP-L) auf, die auch unter dem Namen ihres Organs "Iscinin Sesi" (Stimme der Arbeiter) agitieren. Ihr Vorgehen ist durch aggressive Intoleranz sowohl gegenüber ihren politischen Gegnern als auch gegenüber Opponenten innerhalb ihres eigenen Organisationsund Einflußbereichs gekennzeichnet. So kam es in Mannheim am 19. Oktober 1984 in dem der TKP-L zuzurechnenden Verein "Fortschrittliche Einheit aus der Türkei in Mannheim" wegen ideologischer Meinungsverschiedenheiten zu einer Schlägerei, bei der mehrere Personen schwer verletzt wurden. Bereits im April 1984 hatten Anhänger desselben Vereins in Mannheim eine gewaltsame Auseinandersetzung mit einer Polizeistreife provoziert, wobei es ebenfalls einige Schwerverletzte gegeben hatte. 2.3 Linksextreme kurdische Gruppierungen Die kurdischen linksextrem orientierten Vereinigungen, die ebenfalls Mitgliederverluste hinnehmen mußten, propagieren unverändert den "nationalen Befreiungskampf" zur Errichtung eines autonomen Kurdenstaates. Türkische Linksextremisten zeigen sich dabei des öfteren solidarisch und leisten organisatorische und ideologische Unterstützung. Die orthodox-kommunistische "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) entwickelte sich im Jahre 1984 nicht nur zahlenmäßig zur mitgliederstärk163 "Die Revolutionäre, die bei diesem Verfahren auf die Anklagebank gesetzt und verurteilt werden sollen, werden beweisen, daß die eigentlich Schuldigen das faschistische Evren-Regime und der BRD-Imperialismus, der den Faschismus unterstützt und ihn nährt, sind, und sie werden diese auf die wirkliche Anklagebank setzen..." Bei Solidaritätsund Störaktionen in und am Rande der Hauptverhandlung taten sich auch Angehörige des deutschen linksterroristischen Umfelds hervor. In Baden-Württemberg wurden 1984 Aktivitäten von Anhängern der ehemaligen "DEVRIMCI SOL" und der "Avrupa 'da DEV GENO" in Heidelberg, Horb, Mannheim, Schwäbisch Gmünd und Stuttgart festgestellt. Die Gruppe "DEVRIMCI YOL" war im Berichtsjahr nicht nur durch den Verlust von Anhängern, sondern auch durch organisationsinterne Streitigkeiten in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Aktivitäten von "DEVRIMCI YOL" waren in Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Stuttgart und Ulm festzustellen. . 2.2 Orthodox-kommunistische türkische Organisationen Die seit mehreren Jahren anhaltende stark rückläufige Mitgliederentwicklung bei der von der moskautreuen "Kommunistischen Partei der Türkei" TKP) beeinflußten "Förderation der Türkischen Arbeitervereine in der Bundesrepublik De --"schland e. V." (FIDEF), welcher zu einem Verlust von fast zwei Dritteln der Anhänger führte, kam im Jahre 1984 zum Stillstand. So konnte die Organisation zwar ihre Stellung als zahlenmäßig stärkster Verband unter den linksextremen türkischen Organisationen knapp behaupten, hat aber durch diesen starken Mitgliederschwund erheblich an Bedeutung und Einfluß verloren. Symptomatisch hierfür ist die offenbar aus finanziellen und personellen Gründen notwendig gewordene Einstellung ihres deutschsprachigen Organs "Türkei-Informationen". Zwischen Vertretern des FIDEF-Bundesvorstands und Funktionären deutscher, ebenfalls orthodox-kommunistisch beeinflußter Organisationen finden regelmäßig Zusammenkünfte statt, bei denen über gemeinsame Aktionen beraten wird. In einem Flugblattaufruf der FIDEF an ihre Anhänger wurde das damit verfolgte Ziel erläutert: sten, sondern auch zu aktivsten, gefährlichsten und am wenigsten kompromißbereiten kurdischen Organisation. Sie schreckt selbst vor Mordanschlägen auf Abtrünnige in den eigenen Reihen nicht mehr zurück. Die Führung der Organisation versuchte dieses Vorgehen als Bestrafung von "Elementen" zu rechtfertigen, die von der Parteilinie abgewichen seien und denen keine Daseinsberechtigung mehr zuzuerkennen sei; Verrat und Vertrauensbruch würden nie verziehen. Die zunehmend militanter auftretende PKK nimmt für sich in Anspruch, politisch die alleinige Führerin des kurdischen Volkes zu sein und "den Unabhängigkeitsund Freiheitskampf auf der Basis der revolutionären Gewalt zu organisieren". Sie propagiert offen die bewaffnete Auseinandersetzung mit dem "kolonialistisch-faschistischen" türkischen Staat und betont in diesem Zusammenhang ihre Kontakte zu palästinensischen und armenischen Terrorgruppen. Von der PKK .beeinflußte Kurdenvereine im Bundesgebiet, darunter solche in Mannheim und Stuttgart, gründeten am 21. März 1984 die "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (FEYKA-Kurdistan), die ihre Zielsetzung in einem Flugblatt wie folgt umschreibt: "FEYKA-Kurdistan kümmert sich um die Probleme der aus Kurdistan stammenden Werktätigen, die die Verrichtung der niedrigsten Arbeiten des Kapitalismus übernommen haben und klärt diese hinsichtlich des Unabhängigkeitsund Freiheitskampfes Kurdistans auf. Sie sorgt für die Unterstützung des Nationalen Befreiungskampfes von seiten der Werktätigen aus Kurdistan. FEYKA-Kurdistan versucht, die revolutionär-patriotischen Intellektuellen und die Jugend aus der Sicht der Nationalen Befreiungsbewegung zu organisieren, auszubilden und in dieser Richtung zu aktivieren." Im Gegensatz zu dieser Entwicklung hat die orthodox-kommunistisch beeinflußte "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (KOMKAR) ihre frühere Bedeutung eingebüßt. Ein weiterer Rückgang der Mitgliederzahlen und nachlassende Aktivitäten kennzeichnen ihre Situation im Jahre 1984. In Baden-Württemberg agieren ihre Mitgliedsvereine noch in Konstanz, Mannheim und Stuttgart. 2.4 Türkische islamisch-nationalistische Vereinigungen Die den Ideen CHOMEINIs und seinen Vorstellungen von einemtheokrati-. schen Staatswesen verpflichteten islamisch-fundamentalistischen Tür165 Jahrgang: 2 Juni 1984 Nr: 8 Preis: 2 DM. Die Militärgerichte haben in den PKK-Prozessen 26 weitere Todesurteile verhängt! Die letzten politischen Entwicklungen in Kurdistan Publikation der PKK 164 "Da der westliche Mensch sich auf einem Niveau befand, welches sogar weit unter dem des östlichen Heidentums lag, zeigte er nicht etwa Interesse, an der Gerechtigkeit und der Wahrheit, sondern strebte in seinem Barbarentum und seiner geistigen Niveaulosigkeit die Ungerechtigkeit und Wertlosigkeit an und erreichte einen hervorragenden Rang auf dem Gebiet der Perversität... Die Rachsucht und Gier des Westens richtete sich vor allem gegen den Islam... Angesichts des minderwertigen Charakters und der geistigen Perversion des Westens wird der Osten, ob gewollt oder nicht, erneut seine in der Geschichte untilgbare Funktion zu vollziehen bereit sein. Mit den der östlichen Gesellschaftsstruktur innewohnenden Eigenschaften wir der westliche Mensch auf die ihm zustehende niedrige Stufe verwiesen werden und die menschlichen Werte, auf welchen dieser Aufstand beruhen wird, werden sehr bald offensichtlich werden. Denn der Islam lebt -- er ist die letzte göttliche Ordnung..." In ähnlicher Weise offenbart auch die "Türkische Union Europa. V." inihrer Zeitung "Avrupa "da Hicret" eine äußerst intolerante islamisch-fundamentalistische, häufig auch stark antisemitische Haltung. In einem besonders diskriminierenden Beitrag unter dem Titel "Der Jude und die Gottlosigkeit" ist zu lesen: "Begründer, Planer und Progammersteller der modernen Systeme der Gottlosigkeit und gottlosen Lehren ist der Jude. Dieses ehrlose Volk, von Gott verflucht, ist die Quelle von Zwietracht und Verderbtheit, von Haß und Neid -- die Schande der Menschheit... Es ist Grundstein und Propagandist jeder abwegigen Ideologie, jeder unglückbringenden Bewegung... Um seine ekelhaften Absichten zu verwirklichen, ist es dem Juden jetzt auch gelungen, auf die Tagespolitik Einfluß auszuüben, und die Staatsmänner, wie es ihm beliebt, zu dirigieren ... Wie könnten wir Gläubigen, die wir den Juden als Erzfeind kennen, dessen Ideologie, dessen System, dessen Ideen akzeptieren?.... Wie könnten wir jetzt noch den von Juden und Christen erfundenen Systemen und Ideen trauen? Bei jedem Gebetsabschnitt verfluchen wir den Juden und sollten dann die heidnischen Gesetze des Juden befolgen? So gedankenlos, so seelenlos kann man gar nicht sein. Ein derartiger Grad von Ignoranz ist gar nicht vorstellbar. Wenn wir Muslime sind -- wir sind es Gott sei Dank - können wir nichts anderes als den Islam, nichts, was dem Islam widerspricht, akzeptieren. Wir können uns nicht dem von den Juden oder ihren Knechten konstruierten "System der Gottlosigkeit' unterordnen ...." 167. ken konnten im Jahre 1984 bundesweit ihren Einfluß verstärken. Getragen von einer weltweiten Reislamisierungswelle wuchs die Mitgliederzahl derjenigen Vereinigungen, die das Gedankengut der in der Türkei verbotenen extremistischen "Nationalen Heilspartei" (MSP) propagieren, allein in Baden-Württemberg von etwa 2.000 auf nunmehr rund 2.700 Personen an. Die größte Bedeutung in diesem Spektrum kommt inzwischen der als Dachverband organisierten "Türkischen Union Europa e. V." zu, die sich auch "Islamische Union Europa" nennt. In enger Verbindung mit dieser Vereinigung operieren die "Organisation Nationaler Standpunkt Europa" (AMGT) und die "Islamische Jugend in Europa e. V." (AIGT). Auch dem "islamischen Zentrum Köln e. V." (IZ) gelang es, durch Gründung neuer Zweigstellen und den intensiven Einsatz politisch-religiös agitierender Funktionäre sein organisatorisches Gefüge ebenso wie seinen Wirkungskreis zu erweitern. Der ebenfalls islamisch-extremistisch " ausgerichteten, im Juni 1982 in Stuttgart gegründeten "Föderation Islamischer Vereine und Gemeinden im Lande Baden-Württemberg e. V." gehören inzwischen 12 Mitgliedervereine an. All diese zunehmend einflußreicher werdenden Organisationen verfechten mit Nachdruck (und teilweise mit Militanz) eine stark ideologisierte Auffassung vom Islam, wobei sie diesen als alleingültiges Fundament einer ganzheitlichen religiösstaatlichen Ordnung anpreisen. Sämtliche politisch-ökonomischen Systeme wie Kapitalismus, Kommunismus oder Faschismus werden als "Systeme des Unglaubens" strikt abgelehnt und geradezu verteufelt. Es ist danach nur konsequent, daß auch eine radikale Abkehr vom Werk des Gründers der modernen Türkei, Kemal ATATÜRK, gefordert wird. Das eigentliche Hauptziel dieser religiös-fanatischen Gruppierungen ist die Überwindung des Laizismus in der Türkei und die Schaffung eines theokratischen Staates nach dem Muster der Islamischen Republik Iran. Unter dem Deckmantel religöser Betätigung richteten geistliche Vertreter islamisch-extremistischer Vereinigungen vom Bundesgebiet aus mitunter heftige Angriffe gegen die derzeitige türkische Regierung. Auch gegen die westliche Kultur wurde mit Schärfe polemisiert. So hieß es etwa in einem Aufsatz über "Die Rebellion des Ostens", der in dem Organ des "Islamischen Zentrums Köln e. V.", "Hicret", veröffentlicht wurde: ADÜTDF-Organ = # (r) Hac Si e Kurban Ki deg OPEC jE (r) Put, Tagut ve ... H (r) Bize Ne Oldu?.. 3 (r) ji ji em | Vehaklan Meilen D2itbE JENE Organ des "Islamischen Zentrums Köln e.V." 168 den. Neben der weiterhin eigenständig operierenden sozial-revolutionären AL-FATAH des Yassir ARAFAT bildeten sich zwischenzeitlich neue mit. der AL-FATAH rivalisierende Lager: der "Demokratischen Allianz" (bestehend aus den orthodox-kommunistischen Organisationen "Demokratische Front für die Befreiung Palästinas" (DFLP), "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP), "Palästinensische Befreiungsfront" (PLF) und der "Palästinensischen Kommunistischen Partei") steht die von Syrien beeinflußte "Nationale Allianz" (bestehend aus der AL-FATAH-Dissidentengruppe unter Führung ABU MUSAs, der ALSAIQA, der "Palästinensischen Volkskampffront" (PPSF) und dem "PFLP-Generalkommando") gegenüber. Issue - I1 - Monday 22710/1984 Central Organ of the Palestine National Liberarion Movement WAEN Tr yon) au ls ae 2A Ze alu Zr. a ee el SER NETALIEIn N, c HHBLPublikation der FATAH-Dissidenten Diese internen Auseinandersetzungen zwischen den in der PLO zusammengeschlossenen Vereinigungen strahlten 1984 auch auf die im Bundesgebiet lebenden Anhänger palästinensischer Widerstandsorganisationen aus. In den hier tätigen Gruppen entwickelte sich die eher gemäBigte kompromißorientierte Politik Yassir ARAFATs nach dem Abzug der PLO-Einheiten aus dem Libanon, vor allem aber sein Zusammentreffen mit dem ägyptischen Staatspräsidenten MUBARAK, zu einem kontrovers behandelten Thema. Die Kontroverse ließ die Gräben zwischen den loyal zu ARAFAT stehenden Palästinensern und ihren Gegnern erneut aufbre171 2.5 Türkische rechtsextreme Vereinigungen im Gegensatz zum Aufschwung der orthodox-islamischen türkischen Organisationen ist bei der extrem nationalistischen "Förderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V." (ADÜTDF) die Mitgliederzahl praktisch konstant geblieben. Den ihr in Baden-Württemberg zuzurechnenden etwa 25 Vereinen gehören unverändert rund 2.300 Mitglieder an. Auch im Jahre 1984 führten die ADÜTDF-Mitgliederverbände wieder zahlreiche Kultur-, Folkloreund Jugendveranstaltungen durch, deren eigentlicher Zweck jedoch häufig in der politischen Indoktrination und der Werbung neuer Anhänger lag. Um nationalistisch gesinnte türkische Landsleute besser erreichen zu können, wurde bei den Veranstaltungen religiösen Themen ein bedeutender Platz eingeräumt und auch ein Koranlesewettbewerb in das Programm aufgenommen. Zur Verbesserung der offenbar angespannten finanziellen Lage der Organisation ergingen an die Mitglieder wiederholt Spendenaufrufe und Aufforderungen zur Aktivierung der Vereinsarbeit. Besondere Anstrengungen unternahm die Führung der ADÜTDF, um ihre ideologische Nähe zu der seit 1980 in der Türkei verbotenen und aufgelösten rechtsextremen "Partei der Nationalen Bewegung" (MHP) nach außen hin zu verschleiern und sich in der deutschen Öffentlichkeit als gemäßigte und demokratischen Prinzipien genügende Organisation darzustellen. Diese Absicht soll auch das seit Februar 1984 monatlich im föderationseigenen BURAKVerlag erscheinende Publikationsorgan "Anayurt" unterstützen. Neben politischen Fragen werden vorrangig kulturelle und religiöse Themen angesprochen sowie Nachrichten aus denMitgliedsvereinen veröffentlicht. 3. Araber Die von einigen Ländern des Nahen Ostens begünstigte offene Rebellion mehrerer Offiziere der nach wie vor größten und einflußreichsten palästinensischen Widerstandsorganisation, der AL-FATAH, verstärkte die Schwierigkeiten der in ihrer Existenz bedrohten "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO). Es gelang der seit Jahren durch innere Zerrissenheit gelähmten PLO bislang nicht, ihre anhaltenden internen Krisenerscheinungen zu überwin- ntya Organ extremistischer palästinensicher Gruppen 173 chen. Teilweise als unmittelbare Folge dieser Probleme, teilweise aber auch aufgrund bereits länger bestehender persönlicher Differenzen verlor die Arbeit in den "Palästinensischen Arbeitervereinen" (PAV) und in den Palästinensischen Studentenvereinen" (PSV) des Landes spürbar an Effizienz. Interne Flügelkämpfe der untereinander zerstrittenen politischen Fraktionen drohten die Aktivität einiger palästinensischer Vereinigungen sogar gänzlich zu lähmen. Anhängern der AL-FATAH-Dissidentengruppe gelang es offenbar wiederholt, den desolaten Zustand einiger Vereine auszunutzen, um neue Anhänger anzuwerben und damit ihren Einfluß zu verstärken. Der Erfolg der Bemühungen, neue Palästinenservereinigungen zu gründen, bleibt abzuwarten. Die orthodox-kommunistische DFLP intensivierte 1984 nach Jahren einerweitgehenden Passivität ihre Anstrengungen, die Zahl ihrer Sympathisanten wieder zu vergrößern. Den Auftakt hierzu bildete eine gemeinsam mit der ebenfalls moskauorientierten "Föderation der Demokratischen Arbeitervereine Kurdistans e. v." (KKDK) am 18. Februar 1984 in Stuttgart durchgeführte Veranstaltung anläßlich des kurdischen Newroz-Festes und des 15. Jahrestages der DFLP-Gründung. Die militante, konspirativ arbeitende PFLP widmete sich schwerpunktmäBig dem Ausbau ihrer verdeckt operierenden Zellen. Darüber hinaus intensivierte sie die Betreuung und die ideologische Schulung ihrer Mitglieder und bemühte sich um neue Anhänger. Die Aktivität der gemeinsam von deutschen und ausländischen linksextremen Organisationen getragenen "Palästina-Komitees" ging merklich zurück. Zwar kam es vereinzelt noch zu Flugblattaktionen sowie zur Aufstellung und Betreuung von Informationsständen, das Interesse an politischen Veranstaltungenließ indessen bei dem angesprochenen Personenkreis auffällig nach. Regionale Aktionsschwerpunkte politisch extremer Palästinenserorganisationen bildeten die Großräume Stuttgart, Karlsruhe, Heidelberg und Mannheim. Zahlreiche im Jahre 1984 im europäischen Ausland verübte politisch motivierte Attentate unterstreichen die anhaltende Gewaltbereitschaft im Nahen Osten beheimateter Terrororganisationen. Obwohl die Bundesrepublik Deutschland im Berichtsjahr von Anschlägen palästinensischer Kommandos verschont blieb, läßt die Sicherstellung von Foliensprengstoff in Palästinenserkreisen im Juli 1984 in Berlin den Schluß zu, daß auch mit künftig Gewaltaktionen einreisender Terroristen gerechnet werden muß. W V A I T S I K A, FIR S DRZAUN N DH > LDVH ! POKUSAJA 5 60*HE&6FFrSKr130A2UC$As(r)DBF104SF,SF0M5cIpS04rh. Zeitschrift nationalistischer Kroaten 175 4. Jugoslawen Jugoslawische Emigranten insbesondere kroatischer und albanischer Volkszugehörigkeit halten mit unverändertem Fanatismus an ihrem Kampf gegen das politische System ihres Heimatlandes fest. Allerdings ist in Baden-Württemberg die Zahl der teilweise aufsehenerregenden Aktionen früherer Jahre zurückgegangen. Auch erwiesen sich Befürchtungen als unbegründet, Extremisten könnten die Olympischen Winterspiele in Sarajewo zum Anlaß nehmen, mit spektakulären Anschlägen die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die "kroatische" und die "albanische Frage" zu lenken. Bereits seit Jahren ist die organisatorische Schwächung dertraditionellen Emigrantenvereinigungen unübersehbar; gleichzeitig sind jedoch zahlreiche konspirativ arbeitende Kleingruppen entstanden, von denen eine Gefährung der inneren Sicherheit des Landes ausgeht. Als Gründe für den Verfall der alten Strukturen läßt sich ein ganzes Bündel von Ursachen anführen: An erster Stelle sind die Zerwürfnisse innerhalb der und zwischen den einzelnen Organisationen zu nennen. Hinzu kommt eine sich allmählich ausbreitende Resignation nach langen Jahren letzlich erfolglosen "Kampfes". Zudem haben das nachdrückliche Einschreiten deutscher Strafverfolgungsbehörden und nicht zuletzt die Verhängung teilweise empfindlicher Strafen durch die zuständigen Gerichte ihre Wirkung nicht verfehlt. Schließlich ist auch eine gewisse Verunsicherung der Exiljugoslawen durch die Tätigkeit jugoslawischer Stellen nicht von der Hand zu weisen: kroatische und albanische Emigranten lasten diesen die in den vergangenen Jahren auf ihre Gesinnungsgenossen verübten Mordanschläge an. 4.1 "Kroatischer Nationalrat" (HNV) Die Gruppe der extrem nationalistischen und antikommunistischen Exilkroaten wird vom "Kroatischen Nationalrat" (HNV) repräsentiert, dem 1974 in Toronto gegründeten Dachverband der kroatischen Widerstandsbewegungen. Die Organisation strebt die Errichtung eines selbständigen Staates Kroatien in seinen ethnischen Grenzen an. Im gesamten Bundesgebiet wurden schon vor Jahren als organisatorischer Unterbau sogenannte Ortsausschüsse gebildet, deren Aktivitäten durch den "Kroatischen Koordinationsausschuß der Vereinigung der Ortsausschüsse des Kroatischen Nationalrats in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (HKO) mit Sitz in Stuttgart gesteuert werden. Im Jahre 1984 bemühte sich die HDP mit besonderem Nachdruck, durch massive Mitgliederwerbung insbesondere in Stuttgart und Karlsruhe einen stärkeren Einfluß auf Emigranten und jugoslawische Arbeitnehmer zu gewinnen. Gewisse Erfolge wurden insbesondere bei der jüngeren Generation, den Zwanzigbis Vierzigjährigen, erzielt, so daß von einer gestiegenen Anhängerzahl auszugehen ist. Eine organisatorische Verfestigung ist der HDP in Baden-Württemberg trotz wiederholter Anläufe aber nicht gelungen. Auch mehrere Versuche, durch Kontakte zu anderen Emigrantengruppen ihre fortdauernde Isolation zu durchbrechen, blieben ohne nennenswertes Ergebnis. Das in Australien herausgegebene Publikationsorgan der HDP, "HRVATSKI TJEDNIK" (HT), wird seit Beginn des Jahres 1984 von Stuttgart aus, wo sich das Büro der europäischen Redaktion befindet, vertrieben. Die wöchentlich erscheinende Zeitung versucht, dem Leser die kämpferischen Ziele der Organisation nahezubringen und zu erläutern. Daneben werden auch Berichte und Nachrichten aus Jugoslawien und der Emigration veröffentlicht. Registeredwith Australie Post; Publication(Camgory 8). Ragd. No. VBF 4776. the best selling ceroatian newspaper In australia HRVATSKI .0.Box 293; ST. ALBANS, VIC., 3021 Tel: 03/3674947 21. 2. 1984., Vol. VII, No. 321. PUBLISHED TUESDAYS DISTRIBUTED NATIONALLY PRICE $ 1.00 Jugoslavenskom ministru vanjskih poslova Lazaru Mojsovu, tokom sluZbene posjete Australiji, Hrvati su priredili "topao' docek. un Wacap 7 371 Im Januar 1984 richtete der HKO einen telefonischen Ansagedienst ein. Unter einer Stuttgarter Rufnummer können über einen automatischen Anrufbeantworter von HNV zusammengestellte, in unregelmäßigem Turnus (meist achtbis vierzehntäglich) wechselnde Nachrichten der Emigration sowie über wichtige Ereignisse in Jugoslawien abgerufen werden. In einem Rundschreiben an seine Ortsausschüsse vom 20. Februar 1984 warf der HNV der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vor, sie komme ihren internationalen Verpflichtungen gegenüber den im Bundesgebiet lebenden Kroaten und Albanern, die dem Terror des jugoslawischen Nachrichtendienstes ausgesetzt seien, nicht nach. Die jetzige Bundesregierung sei ebensowenig wie die frühere willens und in der Lage, dem vom jugoslawischen Staat veranlaßten und organisierten Terror mit diplomatischen oder wirtschaftlichen Sanktionen Einhalt zu gebieten. Wie schon in den vergangenen Jahren führte das HNV auch vor der UrlaubsZeit 1984 wieder eine Flugblattaktion durch. Unter der Überschrift "Jugoslawische Spezialitäten' für die Fremdenverkehrssaison 1984" wurde erneut versucht, deutsche Touristen von einem Urlaubsaufenthalt in Jugoslawien abzubringen. 4.2 "Kroatische Staatsbildene Bewegung" (HDP) In der in Lund/Schweden gegründeten linksnationalistischen "Kroatischen Staatsbildenden Bewegung" (HDP) haben sich vorwiegend Anhänger des "Kroatischen Frühlings", einer Anfang der siebziger Jahre aktiv gewäsenen oppositionellen Strömung kroatischer Kommunisten in Jugoslawien, zusammengeschlossen. Ihre führenden Köpfe waren in den Jahren 1971/72 im Zuge einer Säuberungskampagne aus dem "Bund der Kommunisten Jugoslawiens" (BdKJ) ausgeschlossen worden und groBenteils in westliche Länder emigriert. Die HDP strebt wie die meisten anderen Emigrantenvereinigungen die Errichtung eines selbständigen Staates Kroatien an. Im Gegensatz zu vielen dieser Gruppen schließt aber die HDP zur Erreichung dieses Zieles Gewaltakte und "bewaffneten Kampf" erklärtermaßen nicht aus. Auch die Möglichkeit einer mindestens zeitweiligen Unterstützung durch die Sowjetunion wird von diesem Personenkreis ernsthaft in Erwägung gezogen. -] ZERII -| KOSOVES Jusuf GERVALLA 179 | Die folgenden Auszüge verdeutlichen Strategie und Ziele der Vereinigung: "Wir wollen das, was unlängst die Londoner Times als Fraktur Jugoslawiens bezeichnet hatte, ähnlich der Fraktur eines Schädels, wenn dieser in seine Bestandteile zerlegt wird. Das wollen wir mit Jugoslawien... Es soll von der Erdkugel verschwinden, aus dieser Welt, aus diesem Europa .... Das wollen wir, daran arbeiten wir, dieses Ziel werden wir erreichen. Das ist die Politik, die wir... . begonnen haben und heute weiterführen, weil wir nicht erwarten, daß die kroatische Freiheit in westlichen oder östlichen Behörden und Agenturen erbettelt werden kann. Wir wissen, daß wir diese erkämpfen müssen, uns nur auf die eigenen Kräfte verlassend, mit der stolzen Entscheidung zum Kampf und unter Anwendung aller entsprechenden Kampfformen, so wie es jedem unterdrückten Volk zur Ehre gereicht, das die unwürdige Sklaverei beenden will." Die "HRVATSKI TJEDNIK" befaßte sich auch mit dem Mord an einem am 7. August 1983 in Karlsruhe erschossenen Asylbewerber. Nach Darstellung des Blattes soll der Getötete Informant des jugoslawischen Geheimdienstes gewesen sein. Der zusammen mit dem Täter am 1. Juni 1984 vom Landgericht Karlsruhe zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Anstifter schrieb regelmäßig Beiträge für das HDP-Organ. 4.3 Kosovo-albanische Organisationen IV. Zur Situation auf dem Gebiet der Spionagebekämpfung 1. Allgemeiner Überblick 1.1 Art und Umfang der gegen Baden-Württemberg gerichteten Spionage werden noch immer wesentlich bestimmt durch die als Folge des Zweiten Weltkriegs entstandene politische und militärische Konstellation in Europa mit der Teilung Deutschlands und der unmittelbaren Ost-West-Konfrontation. Die Bundesrepublik Deutschland steht allen Entspannungsbemühungen zwischen Ost und West zum Trotz weiter im Mittelpunkt intensiver Aktivitäten der Geheimdienste kommunistisch regierter Länder. 1.2 Die Interessen dieser Nachrichtendienste konzentrieren sich auf fol gende Bereiche: -- Politik (Parteien, Gewerkschaften, Verbände, kirchliche Einrichtungen) -- Wirtschaft und Wissenschaft (Zukunftstechnologien, Grundlagenforschung) -- Militär (Bundeswehr, NATO). Die politische Spionage steht im Zusammenhang mit der Diskussion um den NATO-Doppelbeschluß seit einiger Zeit an erster Stelle. Ziel der gegnerischen Nachrichtendienste war es, Planungen und Entscheidungen im Vorfeld der Aufstellung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen in einem möglichst frühen Stadium zu erkunden, um so die eigene Verhandlungsposition zu verbessern. Zusätzlich wurde versucht, durch gesteuerte "Informationen" sowohl auf die öffentliche Meinung als auch auf das Handeln der Politiker Einfluß zu nehmen. Für Baden-Württemberg als bedeutendes Industrieland stellt die Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage eine Bedrohung dar. Die kommunistischen Staatshandelsländer sind im Vergleich mit den westlichen Industrienationen auf vielen Forschungsund Wissenschaftsgebieten, insbesondere bei den Zukunftstechnologien und der Gründlagenforschung, noch im181 politische und wirtschaftliche Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland für die Zwecke des eigenen Staates nutzbar zu machen. Hierdurch wird den Abwehrbehörden unseres Landes eine methodische und langfristig angelegte Arbeit erschwert. Als Beispiel für diese flexible Arbeitsweise kann die seit einiger Zeit gebräuchliche Einschaltung von Auskunfteien, Detekteien und Unternehmensberatungen angeführt werden. Diese Methode ist nicht nur deshalb besonders erfolgreich, weil solchen Geschäftspartnern die wahre Identität des Auftraggebers verborgen bleibt, sondern weil damit auch die Möglichkeit eröffnet wird, Vergleichsdaten in weitaus größerem Ausmaß zu beschaffen, als dies einem Einzelagenten in einem bestimmten Zielobjekt möglich wäre. 1.4 Nach gesicherten Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden macht sich das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) den Umstand, daß Übersiedler die DDR nur mit seiner Zustimmung verlassen dürfen, in erheblichem Umfang zunutze. Es ist deshalb davon auszugehen, daß sich unter den bundesweit rund 43.000 Zuwanderern des Jahres 1984 eine Anzahl ehemaliger DDR-Bewohner befindet, deren Ausreisegenehmigung von einer nachrichtendienstlichen Verpflichtung zur Mitarbeit - teilweise unter Anwendung von Druckmitteln -- abhängig gemacht wurde. Nicht selten werden ehemalige Zuwanderer auch bei späteren DDR-Reisen angesprochen. Das MfS nimmt solche Gelegenheiten wahr, um an vorangegangene Verpflichtungen zu erinnern, an frühere Anbahnungsversuche anzuknüpfen oder um eine erste Verbindung zu einer mittlerweile nachrichtendienstlich interessant gewordenen Person herzustellen. Eine immer häufiger zu beobachtende Variante des Einsatzes von Agenten in der Bundesrepublik Deutschland ist die Einschleusung sogenannter Inoffizieller Mitarbeiter (IM) des MfS, die -- nicht selten als Übersiedler getarnt -- nach einer gewissen Eingewöhnunggszeit aktiv werden sollen, um dann als "Kundschafter des Friedens" in sicherheitsempfindliche Bereiche einzudringen. Begünstigt wird deren berufliche Eingliederung und Karriere durch eine Arbeitsmarktlage, die Bewerbern mit hochqualifizierter Ausbildung nach wie vor Chancen eröffnet. 2. Nachrichtendienstliche Aktivitäten der Ostblockstaaten 2.1 Seitdem die westlichen Länder den Verkauf modernster Technologie in den Osten resiriktiver handhaben, sind die Ostblockstaaten ver183 mer im Rückstand, den sie allerdings in letzter Zeit -- nicht zuletzt aufgrund der Erfolge ihrer Ausspähungsbemühungen -- merklich verringern konnten. Dieses Ergebnis spornt die gegnerischen Nachrichtendienste zu einer weiteren Steigerung ihrer Aktivitäten an, um sowohl die Konkurrenzfähigkeit der jeweiligen Staaten auf dem Weltmarkt als auch deren militärische Schlagkraft zu verbessern. Um diesem Ziel möglichst kurzfristig näherzukommen, haben die Dienste der Warschauer-Pakt-Staaten ein kostenund personal intensives Beschaffungsprogramm gestartet, dasvorrangig die systematische Ausforschung der Sektoren Mikroelektronik elektronische Datenverarbeitung Energietechnik chemische Industrie Metallurgie und Werkstofftechnologie sowie Mikrobiologie und biochemische Technologie beinhaltet. Der der Bundesrepublik Deutschland hieraus erwachsende volkswirtschaftliche Schaden ist erheblich und dürfte sich, realistisch geschätzt, in Milliardenhöhe bewegen. 1.3 Die gegnerischen Spionagedienste gehen bei der Beschaffung ihrer Informationen mehrgleisig vor: zum einen wenden sie konspirative, das heißt nachrichtendienstliche Methoden an, zum anderen nutzen sie jedermann zugängliche Quellen. Diese Vorgehensweise wird begünstigt durch die für unsere offene Gesellschaft selbstverständliche Informationsund Pressefreiheit. Was in der Bundesrepublik Deutschland über die Medien verbreitet, was in Fachjournalen, Werkszeitungen, Prospekten und Jahrbüchern veröffentlicht, was anläßlich internationaler Fachveranstaltungen und Messen von Wissenschaftlern und anderen Fachleuten diskutiert wird oder im Wege der unauffälligen, aber gezielten Gesprächserkundung abfließt, ist geeignet, zusammen mit den Informationen, die von in Zielobjekten tätigen Agenten gewonnen werden, entscheidende Lücken zu schließen. Einerseits werden von den Nachrichtendiensten der Warschauer-PaktStaaten mit hohem finanziellen Aufwand die herkömmlichen Spionagemethoden verfeinert, andererseits versucht man, neue gesellschaftliche, schiedlich hohe Geschäftsanteile halten (sogenannte gemischte Firmen), spielen im Zusammenhang mit Embargoverstößen eine wesentliche Rolle. In anderen Fällen erwerben Nachrichtendienste über Scheinfirmen technologisch hochwertige, auch militärisch verwendbare Geräte, die den Ausfuhrbeschränkungen unterliegen. Diese Embargogüter werden dann unter Anwendung konspirativer Methoden in den kommunistischen Machtbereich verbracht. Oftmals werden die beschafften Güter auch direkt am Sitz der Scheinfirma analysiert und die dabei gewonnenen Erkenntnisse auf nicht kontrollierbarem Wege an den eigentlichen Auftraggeber weitergeleitet. Eine ebenfalls häufig praktizierte Vorgehensweise ist die Einholung eines Angebots: Firmenbeauftragte aus Staatshandelsländern stellen zum Schein einen lukrativen Geschäftsabschluß in Aussicht, um dadurch kostenlos in den Besitz der gesuchten, oft mit erheblichen Investitionen für Forschung und Entwicklung verbundenen Problemlösung zu gelangen. 2.4 Eine besondere Gefahr für die westlichen Industrienationen zeichnet sich auf einem speziellen Sektor der elektronischen Datenverarbeitung ab. Seit geraumer Zeit versuchen gegnerische Nachrichtendienste mit großem Nachdruck, in teilweise miteinander vernetzte Datenbanken einzudringen. Neben wissenschaftlich-technisch orientierten Programmen stehen besonders militärische Software und sogenannte Technologiedatenbanken, die bei verschiedenen Industrieund Handelskammern als Pilotprojekte im Rahmen der Mittelstandsförderung eingerichtet worden sind, im Mittelpunkt dieser Ausspähungsbemühungen. Aber selbst kleinere Datenspeicher, wie sie Versicherungen, Banken und Auskunfteien benutzen, können als Ansatzpunkte für die Gewinnung neuer Agenten von außerordentlicher Bedeutung sein. Datenbanken sind deshalb als in hohem Maße spionagegefährdet anzusehen. Welche Auswirkungen erfolgreiche Computerspionage und -sabotage haben können, läßt sich anhand der Möglicheiten, Störprogramme in EDV-Systeme einzuschleusen, besonders anschaulich verdeutlichen. Durch einen bestimmten Auslösemechanismus können zu jeder Zeit Manipulationen an Programmen vorgenommen oder gar der Ausfall eines weitverzweigten Computernetzes -- etwa im militärischen Bereich -- herbeigeführt werden. 2.5 Ausmaß und Komplexität der gegnerischen Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage sowie die Tatsache, daß sich auf diesem Felde nicht nur Ostagenten, sondern auch kriminelle Geschäftemacher bewegen, erschweren die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden. Sie sind des185 mehrt darauf angewiesen, sich die Ergebnisse westlicher Forschung auf illegalem Wege zu beschaffen. Ein besonderes Interesse besteht in diesem Zusammenhang an Informationen über Industrieerzeugnisse aus den wichtigsten NATO-Ländern und aus Japan, die vom COCOM (Coordinating Committee für East-West Trade Policy) als Embargogüter deklariert worden sind. Die Computertechnologie mit der Mikroelektronik steht hierbei an erster Stelle. 2.2 Besondere Anstrengungen zur Beschaffung militärisch nutzbarer Technologien werden vorrangig von der Sowjetunion unternommen. Der hohe Stellenwert dieser Bemühungen wird schon daran deutlich, daß die Koordinierung dieser Aufgabe in den Händen des Zentralkomitees der KPdSU liegt, wobei die Zuständigkeit auf eine Vielzahl von Abteilungen und Kommissionen verteilt ist, die sich mit der Forschung, Entwicklung oder Produktion auf dem Gebiet der Rüstungstechnik befassen. Die Aufgabe, rüstungstechnische Informationen aus den westlichen Industriestaaten zu beschaffen und nutzbringend umzusetzen, wird unterhalb dieser Ebene durch ein verzweigtes und kompliziertes, aber dennoch sehr wirkungsvolles System miteinander verknüpfter Stellen wahrgenommen. Die zentrale Institution ist das "Komitee des Präsidiums des sowjetischen Ministerrats für Angelegenheiten der Rüstungsindustrie" (VPK), das als oberste administrative Instanz der sowjetischen militärischen Führung bezeichnet werden kann. Dort werden Beschaffungsprogramme koordiniert und Prioritäten festgelegt, ehe den ausführenden Organen - im wesentlichen dem "Komitee für Staatssicherheit" (KGB), dem militärischen Nachrichtendienst GRU und dem "Staatskomitee für Wissenschaft und Technik" (GKNT) -- Einzelaufträge erteilt werden. Die Koppelung der Ausspähungsziele an den unmittelbaren Bedarf der Staatsindustrien und die Einbeziehung in die Fünfjahrespläne hat sich offenbar voll bewährt und zu nicht zu übersehenden technologischen Fortschritten geführt. Insgesamt gesehen wird der Anteil illegal transferierter Technologie bei militärischen Neuentwicklungen des Warschauer Paktes auf rund 70 % geschätzt. 2.3 Eine Methode der Nachrichtendienste der DDR bei der Beschaffung von Embargogütern ist die Verwendung von Briefkastenfirmen sowohl in der DDR als auch in westlichen Staaten. Sie dienen in erster Linie dazu, der unter "falscher Flagge" erfolgenden Kontaktierung von Geschäftsleuten einen seriösen Anstrich zu geben. Auch Handelsunternehmen in der Bundesrepublik Deutsch' 'nd, an denen Deutsche und deren Partner aus sozialistischen Star en unter- Der_Weg_eines Einreiseantrages_ durch die _DDR - Instanzen Ts nehuis Bee enehmigt! zumSREmpfang Un Visums PM 68 eines d zählkarte für Statistik) und Reiseservice F73/1-Teil E+A rklärungsbogen über! itgeführte Gegenst. u. Zahlungsmittel ZV 256 Überprüfung der Pers. Hauptabteilung (HA) > Speicherung der Andie einreisen will = VI des MfS tragskartei in EDV I jeher)nur on Fat, 1 ee y Entscheidung", |Per Post mit Absender] Entscheidungsebene ar nr 3 lkenolizeikreisum ==-(BV)des Bezirksverwaltung MfS-Abt. VII "Präsidium der Volkspolizei Berlin "Entscheidung 1026 Berlin Hans-BeimterStr. 27" Meldestelle der örtlichen Volkspolizei_(VP) ? Reisebüro : der - DDR Antragsformular Antrag stellen Antragstermular BESUEHEETD in sempfär bei Touristen PM 671 in _Mehrfachaust. Verwandte Bekannte Besuchsreisender in der BR Deutschland fragt junge Menschen zu Themen wie "Jugendprobleme in Ost und West" oder "Sicherung des Weltfriedens" und zahlt für das Interview : ein großzügiges Honorar. o Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Universität stellt einem Geschäftsreisenden aus der Bundesrepublik Deutschland seinen russischen Freund vor, der noch einige Unterlagen aus dem Westen für seine Doktorarbeit benötigt. Besonders deutlich wird das in den zurückliegenden dreißig Jahren stets praktizierte und vielfach variierte Vorgehen zur Gewinnung von Perspektivagenten, deren Wirken oft erst in ferner Zukunft dem gegnerischen Dienst zugute kommt, in folgendem Fall: 187 halb auf die aktive Unterstützung der Öffentlichkeit und die Wachsamkeit eines jeden Bürgers angewiesen. 3.. Werbung von Agenten 3.1 Die Werbung von Agenten durch die Nachrichtendienste fremder Mächte erfolgt nach wie vor nach dem klassischen und bewährten Schema tippen forschen werben verpflichten. 3.2 Die in allen Ländern des kommunistischen Machtbereichs geltenden strengen Einreisebestimmungen sowie die umfassenden Möglichkeiten der Überwachung (wie Kontrolle des Postund Fernmeldeverkehrs sowie Nachforschungen im näheren Bereich der Zielperson) erleichtern den Nachrichtendiensten dieser Staaten die gezielte Auswahl von Personen, die sich für eine Ansprache eignen. Hat die Abklärung des persönlichen Hintergrunds und der zu erwartenden Zugangsmöglichkeiten einer Zielperson ergeben, daß ein nachrichtendienstlicher Kontaktversuch erfolgversprechend sein könnte, wird ein geeigneter Anlaß gesucht, um den potentiellen Agenten im Werbungsgespräch für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. 3.3 Private oder geschäftliche Reisen in den kommunistischen Machtbereich sind nach wie vor der häufigste Kontaktanlaß, wobei gegenüber dem Bundesbürger in vielen Fällen durch die Verwendung einer Legende verschleiert wird, daß er für eine nachrichtendienstliche Tätigkeit gewonnen werden soll. Die nachfolgenden Beispiele spiegeln in Ansätzen die Vielfalt und die Raffinesse wieder, mit denen die Angehörigen der Nachrichtendienste der Warschauer-Pakt-Staaten ihre Werbungskonzeption in die Tat umsetzen: teuer. Unter Mitwirkung der Direktion und des Personals eines Hotels konnten Druckmittel (sogenannte Kompromate) geschaffen werden, die dem Geschäftsreisenden vorgehalten wurden. Da er sich unter dem Eindruck dieser Pressionen schließlich bereit erklärte, seinen Auftraggebern künftig Neuentwicklungen und Informationen aus seiner Firma zugänglich zu machen, wurde davon abgesehen, das durch versteckte Kameras und Mikrofone gewonnene kompromittierende Material der Ehefrau und seinem Arbeitgeber zuzuspielen. 3.5 Den Verfassungsschutzbehörden liegen auch Erkenntnisse darüber vor, daß Inoffizielle Mitarbeiter (IM) des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in das Bundesgebiet reisen, um hier Bundesbürger für eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit zu werben. In einem Fall suchte ein solcher IM nach vorherigen Erkundigungen in der Nachbarschaft eine Zielperson an ihrem Arbeitsplatz auf und behauptete unter Vorlage eines gefälschten Ausweises, als österreichischer Journalist freiberuflich für den britischen Geheimdienst zu arbeiten. Unter Hinweis auf die gemeinsamen Interessen der westlichen Länder und die Notwendigkeit, sich mit vereinten Kräften gegen kommunistische Spionageaktivitäten zur Wehr zu setzen, sollte der Bundesbürger dazu bewogen werden, diskret Verbindungen zu einflußreichen Personen zu vermitteln. 4. Erfolge der Spionagebekämpfung Eine der Aufgaben der Behörden für Verfassungsschutz ist es, die Angriffe gegnerischer Nachrichtendienste rechtzeitig zu erkennen und ihnen gezielt entgegenzuwirken. Dabei kommt es nicht, wie vielfach vermutet wird, stets und ausschließlich darauf an, die sofortige Festnahme eines erkannten Agenten zu ermöglichen. Vielmehr kann es in besonders gelagerten Einzelfällen sinnvoller sein, durch Observationen, methodische Untersuchungen oder gar Überwerbungen unbemerkt vom Gegner über eine gewisse Zeit neue Erkenntnisse über dessen Organisation, Struktur, Arbeitsweise und Ziele zu gewinnen. Dies schafft immer wieder erfolgversprechende Möglichkeiten, den kontinuierlichen Ausforschungsbemühungen der östlichen Seite auf breiterer Basis und damit noch wirksamer zu begegnen. Im August 1984 wurde von einem Gericht in Tampa, Florida/USA, der 44jährige E. F. aus Baden-Württemberg wegen Spionage zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, 189 BERGER bringt gegenüber dem Studenten vor, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Humboldt-Universität in Berlin (Ost) zu sein und derzeiteine Dokumentation über "Jugend und Sozialismus" zu erstellen. Dazu gehörten auch Fragen zum Weltfrieden, deren Beantwortung Erhebungen über die Meinungen von Studenten aus den nichtsozialistischen Ländern voraussetze. Unter Vortäuschung von Terminnöten wird das Gespräch vorläufig beendet und ohne Verwandte zu einem späteren Zeitpunkt in einem Hotel fortgesetzt, wo der Student großzügig zum Mittagessen eingeladen wird. Während des Gesprächs versucht der Anbahner, den westdeutschen Studenten auch über seine familiären und finanziellen Verhältnisse auszuhorchen. Nach vier bis fünf Stunden trennt man sich, nachdem zuvor ein weiteres Zusammentreffen vereinbart worden ist, daBERGER vorgibt, an zusätzlichen Hintergrundinformationen für seine Dokumentation interessiert zu sein. Wenige Tage später wird eine gemeinsame Stadtrundfahrt unternommen. Im Laufe des Nachmittags bittet BERGER seinen Gast beiläufig, bei der nächsten DDR-Reise frei zugängliche Unterlagen für seine AusarbeiVorschuß für Auslagenersatz und Reisespesen gewährt. Der Student hat jedoch die eigentliche Absicht des Anbahners durchschaut und den nachrichtendienstlichen Werbungsversuch nach Rückkehr ins Bundesgebiet dem Landesamt für Verfassungsschutz BadenWürttemberg offenbart. 3.4 Neben Werbungen "unter falscher Flagge" kommt es immer wieder auch zu direkten Ansprachen, die mit der unverhohlenen Aufforderung zur Mitarbeit verbunden werden. Solchen Werbungsversuchen können gelegentlich provozierte Verstöße gegen Strafbestimmungen (Zollund Devisenvergehen, Meldeund Verkehrsübertretungen u.ä.) des jeweiligen Landes vorausgehen, welche dem gegnerischen Dienst die Möglichkeit bieten, den Bundesbürger derart unter Druck zu setzen, daß er sich als Gegenleistung für einen Verzicht auf Strafverfolgung notgedrungen bereit erklärt, eine nachrichtendienstliche Verpflichtungserklärung zu unterschreiben. Je größer das Interesse der gegnerischen Seite an einem Bundesbürger ist, desto skrupellosere Werbungsmethoden werden oftmals angewandt. Als Beispiel hierfür kann das Erlebnis eines Kaufmann dienen, den Geschäftsreisen häufig in die CSSR führten: In Kenntnis seiner Vorliebe für Frauenbekanntschaften verwickelte ihn der tschechoslowakische Nachrichtendienst geschickt in amouröse Aben- Führungsstellen im Osten erhebliche Schwierigkeiten, da auch für sie der nachrichtendienstliche Grundsatz "die Sicherheit der Quelle geht vor" Priorität genießt. Zudem scheuen Agenten gegnerischer Nachrichtendienste das Risiko der Entdeckung, das bei der Überwindung von Sicherheitsschwellen sehr häufig unkalkulierbar wird. Dies erklärt auch die Verlagerung der Ausforschungsbemühungen in den nicht der formellen Geheimhaltung unterliegenden Bereich der Grundlagenforschung sowie in die Vorbereitungsphasen von Projektentwicklungen, da man hofft, dort relativ ungehindert vertrauliche Skizzen, Berechnungen, Analysen und Ausarbeitungen erlangen zu können. Angesichts dieser Erkenntnis und der zu erwartenden weiteren Zunahme der Spionageaktivitäten östlicher Dienste werden aus der Sicht des Landesamts für Verfassungsschutz auch solchen Unternehmen, die keine staatlichen, dem Geheimschutz unterliegenden Aufträge ausführen, personelle, materielle und organisatorische Geheimschutzmaßnahmen dringend empfohlen. 5.1.1. Derpersonelle Geheimschutz umfaßt alle Sicherheitsvorkehrungen, denen Beschäftigte der gewerblichen Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf den Zugang zu und den Umgang mit Verschlußsachen gleichermaßen unterworfen sind. In den einschlägigen Bestimmungen ist beispielsweise geregelt, daß empfindliche und schutzbedürftige Tätigkeiten und Informationen nur einem eng begrenzten Personenkreis anvertraut werden dürfen, wobei es vor allem auf charakterliche Eigenschaften wie Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit ankommt. Im Interesse der personellen Sicherheit eines jeden Unternehmens sollte deshalb nicht nur bei der Übertragung sicherheitsempfindlicher Aufgaben (elektronische Datenverarbeitung, Planung, Konstruktion, Personalwesen usw.), sondern auch bei der Einstellung neuer Mitarbeiter ein besonderes Augenmerk auf die Zuverlässigkeit gerichtet werden. Durch organisatorische Maßnahmen sollte sichergestellt werden, daß die Grundregel des personellen Geheimschutzes "Kenntnis nur, wenn nötig" eingehalten wird. Mit verschiedenen Aufgaben betraute Arbeitsbereiche müssen, sowohl was den Arbeitsplatz als auch die Aufbewahrung der Unterlagen angeht, voneinander getrennt sein. 5.1.2 Der personelle Geheimschutz ist nur dann wirkungsvoll, wenn er durch entsprechende materielle Sicherheitsmaßnahmen ergänzt wird, die eine Ausspähung wesentlich erschweren. Unter materiellem Geheim- . schutz sind alle Maßnahmen technischer Art zu verstehen, die der 191 daß der Autosattler -- zu seinen Kunden gehörten Soldaten einer in unserem Lande stationierten US-Infanteriedivision -- Informationen über die amerikanische Armee gesammelt und an einen Nachrichtendienst der DDR weitergegeben hatte. Die Festnahme des Agenten in den USA, der umfangreiche Vorermittlungen des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg und amerikanischer Dienststellen vorausgegangen waren, war bereits im März 1984 erfolgt. Seinerzeit war E. F.nach Tampa geflogen, um dort von einem Offizier der US-Luftwaffe geheime Militärdokumente zu kaufen. Unmittelbar nach Aushändigung der Unterlagen gegen eine Anzahlung in Höhe von 500 Dollar griffen Beamte des FBl zu. Am Lebenslauf des in Oberschlesien geborenen und nach Kriegsende in der DDR aufgewachsenen Spions ist auffällig, daß er nach seiner in den sechziger Jahren erfolgten Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland regelmäßig seine beiden geschiedenen Ehefrauen in der DDR besuchte, um angeblich Unterhaltsfragen zu regeln. Hierbei kam es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer Verpflichtung durch den DDR-Nachrichtendienst, der in den folgenden Jahren Verratsmaterial, das E. F. beschafft hatte, bei dessen häufigen Privatreisen in die DDR entgegennehmen konnte. 5. Allgemeine Hinweise 5.1 Geheimschutz Den umfassenden Spionageaktivitäten derkommunistisch regierten Länder und deren Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaft, auf die politischen Parteien, Organisationen und Verbände sowie auf die Bundeswehr kann nur durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Bundesund der Landesbehörden für Verfassungsschutz mit den Geheimschutzund Sicherheitsbeauftragten der Behörden und der Wirtschaft unter Einschluß der Bevölkerung erfolgreich begegnet werden. Durch geeignete personelle und materielle (technische) Geheimschutzmaßnahmen, die teilweise nur wenig Kosten und Aufwand verursachen, werden Ausspähungsversuche im Bereich der Industrie zumindest erschwert. Funktionierende Sicherungseinrichtungen bereiten den in einem Ostblockland die gesetzlichen Bestimmungen peinlich genau zu beachten. Scheinbar lukrativen Geschäftsaussichten, angenehmen Zufallsbekanntschaften sowie Gesprächen mit Personen, die sich als Journalisten, Meinungsforscher und Berufskollegen ausgeben, sollte mit Vorsicht begegnet werden. 5.2.2 Da die gegnerischen Spionageorganisationen erfahrungsgemäß Reisen in den kommunistischen Machtbereich häufig für eine Kontaktaufnahme nutzen, sollte folgendes beachtet werden: -- Machen Sie sich gründlich mit den jeweils geltenden Einund Ausfuhrbestimmungen vertraut. Einfuhrverbote gelten häufig auch für Gegenstände, die nach unseren Vorstellungen zum täglichen Gebrauch bestimmt sind wie Zeitungen, Musikkassetten und bestimmte Bücher. Ausfuhrverbote bestehen unter anderem für Kunstgegenstände, Antiquitäten, optische Geräte und Porzellan. -- Die meisten Staaten des kommunistischen Machtbereichs verbieten die Einfuhr der jeweiligen Landeswährung. Lassen Sie sich daher nicht auf private Wechselgeschäfte ein. Bewahren Sie Bankbelege über Ihren Geldumtausch auf. -- Verhalten Sie sich vorsichtig beim Filmen oder Fotografieren und vermeiden Sie mißverständliche Situationen. Fertigen Sie insbesondere keine Aufnahmen von militärischen Anlagen und Fahrzeugen, Bahnanlagen und Bahnhöfen, Brücken und Industrieanlagen. -- Lassen Sie sich nicht in kompromittierende Situationen hineinmanövrieren. Vor allem persönliche Neigungen und Schwächen des Reisenden bieten den Nachrichtendiensten eine ideale Angriffsfläche. -- Weisen Sie einen möglichen Versuch gegnerischer Nachrichtendienste, Sie für eine Mitarbeit zu gewinnen, bestimmt und höflich zurück. Ein deutliches Nein wird erfahrungsgemäß akzeptiert. Hinhaltendes Taktieren kann dagegen zu einer schwer lösbaren Versitrickung führen. -- Führen Sie in Ihren Reiseunterlagen auch die Anschrift und die Telefonnummer der diplomatischen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland in Ihrem Gastland mit, damit Sie im Notfall von dort Beratung und Hilfe erbitten können. 193 Behandlung und Aufbewahrung empfindlicher Arbeitsunterlagen dienen. Die langjährigen Erfahrungen der Spionageabwehr zeigen auf, wo der materielle Geheimschutz verbesserungsbedürftig ist: -- Durch eine sorgfältige Aufklärung und Sensibilisierung der Mitarbeiter kann das Bewußtsein für Sicherheitsprobleme geschärft und das Verständnis für Geheimschutzmaßnahmen geweckt und gefördert werden. Ein gutes Betriebsklima und die Loyalität der Mitarbeiter sind weitere Voraussetzungen für den Schutz vor Verrat und sichern Produktion und Arbeitsplätze: "Was verraten ist, kann nicht mehr verkauft werden". Die stichprobenweise Überprüfung des Arbeitsablaufs im Unternehmen und die damit verbundene Präventionswirkung erhöht den Schutz vor Ausspähung. --Zur Aufbewahrung empfindlicher Vorgänge empfehlen sich genormte Stahlschränke, die unbefugten Zugriff erschweren oder verhindern. Die dazugehörigen Schlüssel und die Kombinationszahlen dürfen Unberechtigten nicht zugänglich sein. Die Kombinationszahlen müssen in regelmäßigen Zeitabständen verändert werden. -- Auch der Firmenangehörige, der sicherheitsempfindliche, aber nicht dem formellen Geheimschutz unterliegende Dokumente auf eine Geschäftsreise, möglicherweise in den kommunistischen Machtbereich, mitnimmt, ist verpflichtet, diese Unterlagen ständig in persönlichem Gewahrsam zu halten. Es ist dringend davon abzuraten, diese in Verkehrsmitteln, Hotelzimmern oder Konferenzsälen unbeaufsichtigt zu lassen oder sie gar in Hotelsafes oder Gepäckschließfächern aufzubewahren. -- Zwischenmaterial wie Entwürfe, Skizzen, Stenoblöcke, Schreibmaschinenfarbbänder, Kohlepapier usw. müssen einer ordnungsgemäBen Vernichtung zugeführt werden. Der Papierkorb ist kein Aufbewahrungsort für Werksgeheimnisse! -- In Spionagefällen haben die Täter oftmals in unmittelbarer Nähe ihres Arbeitsplatzes aufgestellte unbeaufsichtigte Kopiergeräte zur Vervielfältigung des Verratsmaterials benutzt. Durch betriebsinterne Vorkehrungen kann verhindert werden, daß in bestimmten Arbeitsbereichen beliebig und unkontrolliert vervielfältigt wird. 5.2 Reisen in kommunistisch regierte Länder 5.2.1 Die bekannten Werbungsmethoden östlicher Nachrichtendienste legen die Empfehlung nahe, bei privaten und geschäftlichen Aufenthalten 1979 | 1980 | 1981 | 1982 | 1983 | 1984 KPD (früher KPD/ML) 500 500 500 500 400 400 KBW 2400 | 1480 990 500 300 H BWK (vom KBW abgespalten) - 600 | 570 500 | 450 | 400 KB 600 750 600 500 500 400 MLPD (früher KABD) 400 | 700 | 900 | 900| 1000| 1100 MG 400 500 700 | 1000| 1300| 1500 Insgesamt 4300 | 4530 | 4260 | 3900 | 3950 | 3800 * Auflösung am 16. Februar 1985 195 5.3 Verhaltensregeln bei nachrichtendienstlichen Kontakten 5.3.1 Haben sich bei Kontakten mit Personen oder Behörden des Gastlandes Auffälligkeiten ergeben, dann scheuen Sie sich auch in Zweifelsfällen nicht, nach Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland mit dem -- Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg -- Sicherheitsbeauftragten Ihres Betriebs -- Geheimschutzbeauftragten Ihrer Beschäftigungsbehörde in Verbindung zu treten. Dort kann die Angelegenheit geklärt und Ihnen möglicherweise aus einer schwierigen Situation geholfen werden. 5.3.2 Personen, die bereits von einem Nachrichtendienst angesprochen oder angeworben worden sind oder mit einem entsprechenden Auftrag versehen in die Bundesrepublik Deutschland übersiedeln durften, wird dringend empfohlen, ihre Verstrickung unverzüglich offenzulegen. Die Zusammenarbeit mit einem östlichen Geheimdienst führt nahezu zwangsläufig in die Ausweglosigkeit, aus der sich der einzelne ohne sachkundige Hilfe oft nicht mehr befreien kann. Dabei sollte auch in Betracht gezogen werden, daß ein Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern oder von einer Bestrafung absehen kann, wenn der Betroffene die nachrichtendienstliche Tätigkeit freiwillig aufgegeben und sein Wissen unverzüglich offenbart hat. 5.3.3 Mit dem Landesamt für Verfassungsschutz Taubenheimstraße 85A 7000 Stuttgart-Bad Cannstatt Telefon 0711 / 56 61 01 und ihrer Mitglieder 19381 -- 1984 1981 | 1982 | 1983 | 1984 1. Bundesrepublik Deutschland a) Organisationen 71 74 68 89 b) Mitglieder/Anhänger 20300| 19000| 20300| 22100 2. Baden-Württemberg a) Organisationen 23 24 23 28 b) Mitglieder/Anhänger 2550| 2700| 2900| 3150 in Baden-Württemberg (Zahl in Klammern: Stand 1982) orthodox- | Neuelinke/| echseyrem| Semischlei kommunistisch [sozialrevolutionär nationalistisch 1984 |(1983) Araber 190 (190) 460 (460) 650 | (650) Griechen 5200 (5200) 30 (80) | 220 (180) 5450 | (5410) Iraner 40 (40) 70 (70) 80 (100) 40 (40) | 280 | (250) Italiener 2200 (2300) 1000 (1000) 3200 | (3300) Jugoslawen 100 (40) 300 (450) 400 | (490) Pakistaner 480 (480) 480 | (480) Portugiesen 150 (150) 150 (150) Spanier 200 (200) 200 | (200) Türken 1350 (1750) | 1270 (1600) | 2300 (2300) | 2700 (2000) | 7620 | (7650) Sonstige 150 | (150) Insgesamt 9530 (9830) | 2410 (2680) | 3900 (4030) | 2740 (2040) | 18530 118730) 197 Mitgliederentwicklung der wichtigsten Gruppierungen der "Neuen Linken" in Baden-Württemberg 1979 | 1980 | 1981 | 1982 | 1983 | 1984 KPD (früher KPD/ML) 80 80 80 80 60 50 KBW 450 150 130 80 40 r, BWK (vom KBW abgespalten) - 1501359 1.180. |.100 12.100 KB 30 30 30 30 20 20 MLPD 79=.1.120(früher KABD) 80 130 250 350 500 550 MG - - - - 30 60 Insgesamt 630 | 530 | 640 | 670 | 750 | 780 * Auflösung am 16. Februar 1985 Mitgliederentwicklung der DKP im Bundesgebiet und in Baden-Württemberg 1979 | 1980 | 1981 | 1982 | 19383 | 1984 Bund 40000| 40000| 40000| 40000| 40000| 40000 Baden-Württemberg | 2900 | 2700| 2750| 2750| 2750| 2850 Seite Brücken-Verlag GmbH 78 Bürgerund Bauerninitiative e.V. (BBl) 106, 116 Bund der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) 176 Bund Karlsruher Anarchisten (BKA) 59 Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) 57 Bund Westdeutscher Kommunisten (BWK) BURAK-Verlag 170 c Collektiv-Buchhandlungen 78 Comite Objectifentraide et solidarite avec es victimes de la Repression Antinationaliste (COBRA) 128 Courrier du Continent 130 D Das Freie Forum 149 Demokratische Allianz 171 Demokratische Front für die Befreiung Palästinas (DFLP) 171 Der Angriff 118 Der Revolutionäre Weg 45 Deutsche Aktionsgruppen (DA) 127 Deutsche Bürgerinitiative e.V. (DBi) 106, 115. Deutsche Freiheitsbewegung (DDF) 129,147 Deutsche Friedensgesellschaft -- Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) 86,95 Deutsche Friedens-Union (DFÜ) 78,86, 95f. Deutsche Kommunistische Partei (DKP) 21,66 ff.,96 199 Seite A Abrüstungsinfo 95 Aktion Ausländerrückführung - Volksbewegung gegen Überfremdung und Umweltzerstörung (AAR) 105, 108, 120 Aktion deutsche Einheit (AKON) 140 Aktion deutsches Radio und Fernsehen (ARF) 142 Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ 105 ff., 123 Nationale Aktivisten (ANS/NA) 125, 129 AL-FATAH 170,172 AL-SAIQA 171 Anarchistische Gruppe Stuttgart 59 Anayurt 170 Antifaschistisches Einheitskomitee im Ausland (BIRKOM) 155 Arbeiterkampf 54 Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) 154, 163. Arbeitsgemeinschaft für Revolutionäre Hochschulpolitik 102. Autonome Gruppen 39, 43,63 ff. Autonomerevolutionäre Aktion 64 Avrupa 'daDEV GENC (Revolutionäre Jugend in Europa) 161f. Avrupa 'daHicret 167. B Betonierende Zellen 6Af. Bewegung für eine albanische 178 Seite Fanal 59 FAUST 59 129 Initiativen (FAI) 59 155ff. 165 172 170 162ff. 15971: (FEYKA Kurdistan) 165 61 166 in Mannheim 163 571.,103 123ff. 105, 110f., 120f. Friedensliste 83. 201 Seite Deutsche Liste (DL) 136 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 139, 150 Deutscher Anzeiger (DA) 142,150 Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes e.V. (DKEG) 149 Deutsche Stimme (DS) 134 Deutsche Volksunion (DVU) 107,139ff. Deutsche Volkszeitung / die tat (DVZ / diettat) 78 Deutsche Wochenzeitung (DWZ) 150 DEVRIMOCI SOL (Revolutionäre Linke) 161f. DEVRIMCI YOL (Revolutionärer Weg) 16TT. Die Bauernschaft 112,116 Die Neue Front 109 DKP-Infordienst 74 DKP-INFOfür Arbeiter und Angestellte 74 DKP-landrevue 74 DKP-Pressedienst 74 Düsseldorfer Debatte 70 EHRENBUND RUDELGemeinschaft zum Schutz der Frontsoldaten (ER) 142 Eidgenoß - Informationsblatt zur eidgenössischen und europäischen Besinnung 130 elan--das Jugendmagazin 90 EMMA 40 Ernst THÄLMANN-Buchhandlungen 45 Europäische Neuordnung (ENO) 130 F Fackelträger -für Freiheit, Recht und Ehre 115 128 Seite Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation (JP) 931. K Karlsruher Front 118,123 KLARTEXT -Zeitung für nationale Politik 130 Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit (KFAZ) 86,95 Kommune - Forum für Politik und Ökonomie 56 Kommunistische Jugend Deutschlands (KJD) 51 Kommunistische Partei der Türkei (TKP) 162 Kommunistische Partei Deutschlands (Marxisten-Leninisten) -KPD69, 80, 102, 159 Kommunistische Partei Griechenlands (KKE-Ausland) 154 Kommunistische Studenten (KS) 51, 101. Kommunistische Studentengruppen (KSG) 49,101 Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands (KABD) 43 Kommunistischer Bund (KB) 54 Kommunistischer Bund Westdeutschland (KBW) 21,56 Kroatischer Nationalrat (HNV) 174 ff. Kroatischer Koordinationsausschuß der Vereinigung der Ortsausschüsse des Kroatischen Nationalrates in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (HKO) 174. Kroatische Staatsbildende Bewegung (HDP) 176ff. L Leninisten der Kommunistischen Partei der Türkei (TKP-L) 163 Lernen und kämpfen darf. 203 Seite G Gesellschaft für Freie.Publizistik e.V. (GFP) 149 Grabert-Verlag 150 61 Griechische Gemeinden 154 Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) 57 H HALKIN KURTULUSU (Volksbefreiung) 159ff Hicret 166 Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V. (HNG) 106, 114 ff., 128 Hilfswerk Manfred ROEDER 115 HRVATSKI TJEDNIK (HT) 737, Initiative für Ausländerbegrenzung (l.f.A.) 142 Initiative gegen Munitionstransporte 38 INNERE FRONT - Informationsbriefe zur Lage der Bewegung 109 Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation (ISA) 9% Iscinin Sesi (Stimmeder Arbeiter) 163 Islamische Jugend in Europa e.V. (AIGT) 166 Islamisches Zentrum Köln e.V. (IZ) 166 J Jugendpolitische Blätter 89 Junge Nationaldemokraten (JN) 137 ff. Seite Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei -- Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) National-Politische Union (E.P.EN) 154 Neue Front 113 Neuer Weg GmbH 45 Notre Europe 128 NS-Gruppe Curt MÜLLER 115 NS-KAMPFRUF 131 oO Organisation Standpunkt Europa (AMGT) 166 pP Pahl-Rugenstein-Verlag 78 Palästina-Komitee 172 Palästinensische Befreiungsfront (PLF)173 Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) 153,170 Palästinensische Kommunistische Partei 171 Palästinensischer Arbeiterverein (PAV) 172 Palästinensischer Studentenverein (PSV) 72 Palästinensische Volkskampffront (PPSEF) 171 Partei der Nationalen Bewegung (MHP) 170 PARTIZAN 155 PARTIZAN BOLSEVIK 159 PLAMBECK & Co. Druck und Verlag GmbH 78 Politische Berichte 52 praxis 74 205 Seite M Mannheim konkret 74 Marxistische Arbeiterbildung (MAB) 77 Marxistische Blätter 74 Marxistische Gruppe (MG)21, 54 ff. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) 21,43ff., 101 Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) 48 Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) 48, 100. Marxistisch-Reichistische Initiative (MRI) 102 Marxistischer Studentenbund Spartakus (MSB Spartakus) 99f. Marxistische Zeitung (MSZ) 56 Motorradclub Kuhle Wampe (MC Kuhle Wampe) 90 Motorradclub "Stander Greif" 118 Motorradfreunde "Werwolf" Tuttlingen e.V. 118 N Nachrichten-Austausch-Dienst (NAD) 130 Nachrichten der HNG 115 Nationaldemokratische Partei Deutschlands 106f., 131ff., 150 Nationaldemokratischer Hochschulbund (NHB) 139 NATION EUROPA 150 Nationale Allianz 17a 166 Seite Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) 86, 89 ff., 99 Sozialistische Liga 5% Sozialistischer Hochschulbund (SHB) 100 - The Liberty Bell Publications 131 Trotzkistische Liga Deutschlands (TLD) 57 TUDEH-Partei 154 Türkei-Informationen 162 Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten (TKP/ML) 159T., 199 Türkische Union Europa e.V. 166 Türkische Volksbefreiungspartei-Front (THKP-C) 161 U Unsere Zeit (UZ) 72ff., 78 V Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) 78,86 Verlag Marxistische Blätter 78 Vlaamse Militanten Orde (VMO) 129 Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) 141 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 7Zan, VOLKSFRONT gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) 51 207 Seite R Rat der Frankreich-Deutschen 129 Rebellierende Zellulose 65 Revolutionäre anarchistische Zelle 64 Revolutionäre Autonome 64 Revolutionäre Gewerkschaftsopposition (RGO) 51 Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei (TDKP) 159 Revolutionäre Zellen (RZ) 20, 30f.,38 ff., 61 Revolutionärer Jugendverband Deutschlands (RJVD) 48 Rote Armee Fraktion (RAF) 191.,22 ff. Rote Fahne (RF) 45,47,101 Rote Hilfe Deutschlands (RHD) 51 Roter Maulwurf (RSJRoter Maulwurf) 97. Roter Morgen 49,102 Rote Zellen 54 RoteZora S3gff. Ss s'Blättle 34,65 Schrittmacher 74 Schutzbund für Leben und Umwelt 144 schwarzer FADEN 59 schwarze Wölfe 129 SIEG 130 SIEG Aktuell-Jugend-Presse-Dienst 130 Sozialistische Arbeitergruppe (SAG) 57 Seite W wastun 9. White Power Publikations S. 131 Mitte Wiking-Jugend (W)J) 129f., 145 ff. zZ ZeriiKosoves 178 Diese Informationsschrift wird von der Landesregierung von Baden-Württemberg im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von anderen Kandidaten oder Helfern während eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Mißbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, daß dies als Parteinahme der Herausgeberin zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist es jedoch den Parteien, die Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden. 208