Vbrfassungsschutzbericht 1978 Baden-Württemberg Terrorismus Linksextremismus Rechtsextremismus Ausländerextremismus BadenWürttemberg s" VJ.A INNENMINISTERIUM Vorwort Der Verfassungsschutz ist ein rechtsstaatliches Organ unseres Staates und keine Institution am Rande der Legalität. Die Väter des Grundgesetzes haben ihn als Instrument einer "abwehrbereiten Demokratie" ausdrücklich gewollt. Der Verfassungsschutz hat keine polizeilichen Befugnisse, er klärt vielmehr auf, sammelt Informationen und wertet diese aus. Damit leistet er einen wesentlichen Beitrag zur Abwehr der Gefahren, die unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch den politischen Extremismus, den politisch motivierten Terrorismus und die Spionage drohen. Mit dem neuen Landesverfassungsschutzgesetz vom 17. Oktober 1978 hat der Landtag von Baden-Württemberg dem Landesamt für Verfassungsschutz einen klaren gesetzlichen Auftrag erteilt. Die Landesregierung sorgt dafür, daß der Verfassungsschutz diesen Auftrag erfüllen kann und daß er ihn rechtsstaatlich korrekt erfüllt. Hierbei ist der Verfassungsschutz auf das Vertrauen und die Unterstützung der Bürger angewiesen. Es darf nicht gelten: Vertrauen zu den Verfassungsfeinden und kein Vertrauen zu den Verfassungsschützern. Den Mitarbeitern des Landesamts für Verfassungsschutz danke ich für die Erfüllung ihrer schwierigen und verantwortungsvollen Tätigkeit. Ihre Erfolge lassen sich naturgemäß nur in begrenztem Umfang in der Öffentlichkeit darstellen. Umso mehr verdient ihre Arbeit besondere Anerkennung. Inhalt Seite A. Rechtliche Grundlagen 1. Grundgesetz 5 2. Gesetz über den Verfassungsschutz in Baden-Württem- 5 berg 5 3. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes 8 B. Verfassungsschutz durch Aufklärung 11 C. Bericht I. Linksextremistische Bestrebungen 13 1. Allgemeiner Überblick 13 1.1 Terrorismus 13 1.2 Linksextreme Gruppierungen 16 2. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 17 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) und Unterstützerbe17 reich 2.1.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 17 2.1.2 Unterstützerbereich der RAF 19 2.1.3 Versuchte ,,Basiserweiterung" in Baden-Württem22 berg 2.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) 24 3. Organisation der dogmatischen "Neuen Linken" 28 3.1 "Kommunistischer Bund Westdeutschland" (KBW) 28 3.1.1 Organisation 30 3.1.2 Mitgliederbewegung 31 3.1.3 Publikationswesen 32 3.1.4 Aktivitäten 33 3.1.5 Die "Massenorganisationen" des KBW 34 3.2 "Kommunistische Partei Deutschlands/Marxi35 sten-Leninisten" (KPD/ML) 3.3 "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) 40 3.4 "Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands" 43 (KABD) 3.5 "Kommunistischer Bund" (KB) 45 3.6 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" 45 (AB) 3.7 Aktivitäten trotzkistisch orientierter Organisationen 46 4. Organisationen der "Alten Linken" 47 4.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 47 4.2 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 53 4.3 "Junge Pioniere -- Sozialistische Kinderorgani55 sationen" (JP) 4.4 Von der DKP beeinflußte Organisationen 56 5. Zur Situation an den Hochschulen des Landes 57 5.1 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB) 57 5.2 "Sozialistischer Hochschulbund" (SHB) 57 5.3 "Kommunistische Hochschulgruppe" (KHG) 58 5.4 "Kommunistischer Studentenverband" (KSV) 58 5.5 "Kommunistische Studentengruppen" (KSG) 58 5.6 "Kommunistischer Studentenbund/Marxisten59 Leninisten" (KSB/ML) II. Rechtsextremistische Bestrebungen 62 1. Allgemeiner Überblick 62 2. Neonazismus 64 2.1 Allgemeiner Überblick 64 2.2 Neonazistische Aktionen in Baden-Württemberg 71 2.2.1 "Deutsch-Völkische Gemeinschaft" (DVG) 72 2.2.2 "Kampfgruppe PRIEM e.V." (KGP) 75 2.2.3 "NS-Gruppe Neufeld" > 75 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" 76 (NPD) 3.1 "Junge Nationaldemokraten" (JN) 81 4. "National-Freiheitliche Rechte" 83 5. Rechtsextremistische Jugendorganisationen 85 5.1 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) 85 5.2 Wiking Jugend (WJ) 85 6. Rechtsextremistische Publizistik 86 III. Aktivitäten politisch extremer Ausländer 88 1. Allgemeiner Überblick 88 2. Araber 90 3. Türken 93 4. Iraner 95 5. Griechen 96 6. Italiener 97 7. Jugoslawen 98 IV. Zur Situation auf dem Gebiet der Spionage101 bekämpfung 1. Allgemeiner Überblick 101 2. Umfang des gegnerischen Agenteneinsatzes, 101 Werbungsmethoden und Werbungsmittel 3. Führungs-und Verbindungswesen 102 4. Briefansprachen 102 5. Aussiedler als Ziel nachrichtendienstlicher Wer102 bung 6. Legale Residenturen 103 7. Die Ziele der Spionage 103 Gruppenund Organisationsregister A. Rechtliche Grundlagen 1. Grundgesetz Art. 73 Nr. 10 Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über... die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder... zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) ... Art. 87 Abs. 1 Satz 2 Durch Bundesgesetz können ... Zentralstellen ... zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, eingerichtet werden. 2. Gesetz über den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg (Landesverfassungsschutzgesetz - LVSG) Vom 17. Oktober 1978 (GBl. S.553) SS 1 Zweck des Verfassungsschutzes Der Verfassungsschutz dient dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder. SS2 Zuständigkeit (1) Die Aufgaben des Verfassungsschutzes werden vom Landesamt für Verfassungsschutz wahrgenommen. Das Amt hat seinen Sitz in Stuttgart; es untersteht dem Innenministerium und ist ausschließlich für die Wahrnehmung dieser Aufgaben zuständig. (2) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur im Einvernehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden. Die Zuständigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz bleibt unberührt. (3) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen 5 Dienststelle nicht angegliedert werden. SS3 Aufgaben des Verfassungsschutzes (1) Die Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes 'oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimzuhaltende Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Überprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensoder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimzuhaltenden Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte, 4. auf Anforderung der Einstellungsbehörde bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben, sowie auf Anforderung der Beschäftigungsbehörde bei der Überprüfung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei denen der auf Tatsachen beruhende Verdacht besteht, daß sie gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. SS4 Befugnisse des Verfassungsschutzes (1) Bestehen Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen oder Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1, ist das Landesamt für 6 Verfassungsschutz innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken berechtigt, bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben die nachrichtendienstlichen Mittel anzuwenden, die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinen. (2) Dem Landesamt für Verfassungsschutz und seinen Angehörigen stehen polizeiliche Befugnisse nicht zu. SS 5 Amtshilfe und Auskunftserteilung (1 ) Die Behörden und Einrichtungen des Landes, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie die Gerichte des Landes und das Landesamt für Verfassungsschutz leisten sich gegenseitig Rechtsund Amtshilfe. (2) Das Landesamt für Verfassungsschutz kann über alle Angelegenheiten, deren Aufklärung zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist, von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte und die Übermittlung von Unterlagen verlangen, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. (3) Die in Absatz 1 genannten Stellen unterrichten von sich aus das Landesamt für Verfassungsschutz über alle Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder dahin gehende Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind; die Polizeidienststellen und -behörden übermitteln darüber hinaus auch alle ihnen bekannten Tatsachen und Unterlagen über Bestrebungen und Tätigkeiten im Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1. SS 6 Weitergabe von Erkenntnissen an Dritte Das Landesamt für Verfassungsschutz darf seine Erkenntnisse nicht an andere als staatliche Stellen weitergeben, es sei denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes erforderlich ist. Die Entscheidung über die Weitergabe trifft der Innenminister oder sein ständiger Vertreter. SS7 Parlamentarische Kontrolle (1) Das Innenministerium unterrichtet den Ständigen Ausschuß 7 des Landtags über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes halb- jährlich sowie auf Verlangen des Ausschusses und aus besonderem Anlaß. (2) Art und Umfang der Unterrichtung des Ständigen Ausschusses werden unter Beachtung des notwendigen Schutzes des Nachrichtenzuganges durch die politische Verantwortung der Landesregierung bestimmt. (3) Die Mitglieder des Ständigen Ausschusses sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Tätigkeit des Verfassungsschutzes im Ständigen Ausschuß bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus dem Ständigen Ausschuß oder aus dem Landtag. (4) Die Unterrichtung umfaßt nicht Angelegenheiten, über die das Innenministerium das Gremium nach Artikel 10 Grundgesetz zu unterrichten hat. SS8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung der vorläufigen Regierung über die Errichtung eines Landesamts für Verfassungsschutz vom 10. November 1952 (GBl. S.49) außer Kraft. 3. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBl. S.682), geändert durch Gesetz vom 7. August 1972 (BGBI.I S.1380) SS i (1) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zusammenzuarbeiten. (2) Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. SS2 (1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit den Ländern errichtet der Bund ein Bundesamt für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Es untersteht dem Bundesminister des Innern. (2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund bestimmt jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. 8 SS3 (1) Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der nach S 2 Abs. 2 bestimmten Behörden ist die Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen über 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern verfassungsmäßiger Organe des Bundes oder eines Landes zum Ziele haben, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Gesetzes für eine fremde Macht, 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. (2) Ferner wirken das Bundesamt für Verfassungsschutz und die nach SS 2 Abs. 2 bestimmten Behörden mit 1. bei der Überprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können, 2. bei der Oberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebensund verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen, 3. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. (3) Polizeiliche Befugnisse oder Kontrollbefugnisse stehen dem Bundesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Zur Wahrung seiner Aufgaben nach Absatz 1 und Absatz 2 ist es befugt, nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden. Das A m t darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (4) Die Gerichte und Behörden und das Bundesamt für Verfassungsschutz leisten sich gegenseitig Rechtsund Amtshilfe (Artikel 35 GG). SS4 (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet die in jedem Lande gemäß SS 2 Abs. 2 bestimmte Behörde über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungs- 9 schutzes erforderlich ist. (2) Die in den Ländern bestimmten Behörden unterrichten das Bundesamt über alle Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, von denen sie Kenntnis erhalten und die für den Bund, die Länder oder eines von ihnen von Wichtigkeit sind. (3) Ist gemäß SS 2 Abs. 2 eine andere als die Oberste Landesbehörde bestimmt, so ist die Oberste Landesbehörde gleichzeitig zu benachrichtigen. SS5 (1) Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf die verfassungsmäßige Ordnung des Bundes erfolgt, den Obersten Landesbehörden die für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund auf dem Gebiete des Verfassungsschutzes erforderlichen Weisungen erteilen. (2) Der Bundesminister des Innern kann im Rahmen des SS 3 den nach SS 2 Abs. 2 bestimmten Behörden Weisungen für die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erteilen. SS 4 Abs. 3 gilt sinngemäß. SS6 Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. 10 B. Verfassungsschutz durch Aufklärung Notwendigkeit der geiDer Schutz unserer Verfassungsordnung wird nicht nur dadurch stig-politischen Auserreicht, daß die Verfassungsschutzbehörden Aktivitäten verfaseinandersetzung mit sungsfeindlicher Parteien und Organisationen beobachten, ausdem Extremismus. werten und Regierung und Parlament davon unterrichten, sondern insbesondere auch dadurch, daß die Bürger selbst über Strategie und Taktiken extremistischer Vereinigungen informiert werden. Die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus kann auf lange Sicht wirkungsvoll nicht nur repressiv vom Staat, sie muß auch geistig-politisch von den Bürgern geführt werden. Dies setzt qualifizierte Information voraus. Von dieser Überlegung ausgehend beschloß die Innenministerkonferenz am 9. Dezember 1974 die Konzeption "Verfassungsschutz durch Aufklärung". Sie umfaßt Information und Aufklärung über - die Verfassung, insbesondere über die Rechte, Pflichten und politische Beteiligungsmöglichkeiten, die sie den Bürgern einräumt, - extremistische Strategien und Aktionen, über verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Bestrebungen im Sinne der Verfassungsschutzgesetze und ihre ideologischen Hintergründe, - gesetzliche Grundlagen, Aufgaben, Organisation, Arbeitsweise und Probleme des Verfassungsschutzes. Die Konzeption wurde durch die Beschlüsse der Innenministerkonferenz vom 1./2. Dezember 1976 und vom 172. Februar 1979 fortgeschrieben. In Baden-Württemberg werden die Aufgaben des Verfassungsschutzes durch Aufklärung vom Referat "Verfassungsschutz" im Innenministerium wahrgenommen. Seine Arbeit wird ergänzt durch die Öffentlichkeitsarbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz. Das Informationsangebot des Innenministeriums richtet sich an alle Träger der politischen Bildungsarbeit, an Lehrer, Studenten und Schüler, an Einrichtungen der Erwachsenenund Jugendbildung, an politische Parteien, Gewerkschaften, Berufsund Wirtschaftsverbände sowie an kirchliche Institutionen. Schwerpunkte für Vortragsthemen, die den vorliegenden Verfassungsschutzbericht teils vertiefen,teils darüber hinausreichen, sind: * Die Konzeption der abwehrbereiten Demokratie im Grundgesetz * Rechtsgrundlagen, Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise der Ämter für Verfassungsschutz 11 * Das Landesverfassungsschutzgesetz vom 17. Oktober 1978 * Befugnisse und parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes * Verfassungsschutz und Datenschutz * Verfassungsschutz und Staatsschutz * Extremistenbeschluß: Rechtslage und Durchführung * Spionageabwehr der Ämter für Verfassungsschutz * Strategie und Taktiken der einzelnen extremistischen Parteien und Vereinigungen - Terrorismus - K-Gruppen - Undogmatische Neue Linke - Orthodoxer Kommunismus - Alte Rechte - Neonazistische Gruppen - Ausländerextremismus. 12 C. Der Bericht I. Linksextreme Bestrebungen 1. Allgemeiner Oberblick 1.1 Terrorismus Die Bedrohung der inDas Ausbleiben erneuter schwerer terroristischer Anschläge soneren Sicherheit durch wie die Fahndungserfolge im Jahre 1978 dürfen nicht darüber terroristische Gewalttähinwegtäuschen, daß ein zwischenzeitlich wiedergefestigterzahter hält unvermindert lenmäßig kleiner, aber "harter Kern" von Terroristen zu jedem an. Gewaltverbrechen fähig und bereit ist. Dabei haben Mitglieder der "Roten Armee Fraktion" (RAF) ihre Gefährlichkeit durch rück13 sichtslosen Schußwaffengebrauch erneut unter Beweis gestellt. Zugleich fielen weitere Belege für die personelle Stärke, die logistische Vorbereitung und die operativen Möglichkeiten dieser terroristischen Gruppierung an. Eine zuverlässige Lagebeurteilung wird dadurch erschwert, daß die Grenzen zwischen dem sogenannten harten Kern, den Unterstützern und dem terroristischen Umfeld seit längerem in nur schwer zu kontrollierendem Maße fließend sind. Das bedeutet, daß immer wieder Aktivisten aus der Unterstützerund Sympathisantenszene zum "harten Kern" vorstoßen und damit diesen "inneren Kreis" rücksichtsloser und entschlossener Terroristen verstärken. Eine weitere Komponente erhält der deutsche linksextremistische Terrorismus durch seine enge Verflechtung mit internationalen Terroristengruppen. Die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" durch ein palästinensisches "Kommando Martyr Halimeh" am 13. Oktober 1977 im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Präsidenten der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Hanns-Martin SCHLEYER, sowie die Festnahme mehrerer deutscher Terroristen im vergangenen Jahre im westlichen, östlichen und außer-europäischen Ausland lassen die Fortsetzung der Bemühungen erkennen, durch "Druck von außen" das unveränderte taktische Nahziel, die "Befreiung der inhaftierten Kader", zu erreichen. Mittelfristig zumindest ebenso gefährlich wie das teilweise blindwütige Vorgehen der RAF erscheint das in seiner Militanz abgestufte taktische Konzept der terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ). Es hat inzwischen in vielfach publizierten Anleitungen zu "militantem Widerstandsverhalten" eine weite Verbreitung im Sinne des propagierten Prinzips der "Guerilla als Massenperspektive" gefunden. Die "Revolutionären Zellen", die sich trotz konzeptioneller Gemeinsamkeiten strikt von der angeblich nur noch geringen "revolutionären Wirksamkeit" der RAF abgrenzen, verstehen sich vornehmlich als Teil einer "sozial-revolutionären Bewegung" und fordern dazu auf, "Aktionen primär unter dem Gesichtspunkt der Vermassung" durchzuführen. So knüpfen sie mit ihren terroristischen Aktivitäten an vermeintliche "Massenbedürfnisse" an und versuchen damitzugleich, ihre personelle Basis zu verbreitern. Diesem Ziel soll auch der vielfach propagierte Aufruf "Schafft viele Revolutionäre Zellen!" dienen. Insgesamt verbinden die "Revolutionären Zellen" mit ihrer Strategie die Hoffnung, "daß sich Gegenmacht in kleinen Kernen organisiert, die autonom in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen arbeiten, kämpfen, intervenieren, ... die Teil von der politischen Massenarbeit sind. Und irgendwann einmal, wenn wir ganz viele Kerne sind, ist die Stoßrichtung für die Stadtguerilla als Massenperspektive geschaffen". Die Anschläge der RZ, deren Zahl erheblich zugenommen hat, richteten sich bisher vor allem gegen Sachobjekte wie Gebäude, 14 Fahrkartenautomaten und Kraftfahrzeuge. Eine Schädigung von Personen wurde dabei allerdings häufig in Kauf genommen. In den programmatischen Erklärungen der "Revolutionären Zellen", die in der seit Mai 1975 in fünf Ausgaben erschienenen Zeitung "Revolutionärer Zorn" publiziert wurden, werden auch schwerste terroristische Gewaltakte als Mittel des "revolutionären Kampfes" nicht ausgeschlossen. Nachdem in den vergangenen Jahren das Rhein-Main-Gebiet ein deutlicher Schwerpunkt der Aktivität der weitgehend unabhängig voneinander operierenden terroristischen Zellen war, kam es 1978 auch in Baden-Württemberg zu mehreren Anschlägen. Mit einer Fortsetzung der stark ideologisch motivierten Praxis der "Revolutionären Zellen" muß schon deshalb gerechnet werden, weil dieses für viele ideologische Strömungen offene terroristische Programm in militanten Bereichen der extremistischen Linken verstärkt Zustimmung findet. Die Lage auf dem Gebiet des Terrorismus hat sich für die Bundesrepublik Deutschland nach alledem keineswegs entspannt Sie ist 15 stattdessen differenzierter und damit komplizierter geworden. Die frühzeitige Erkennung und Bekämpfung terroristischer Planungen und Aktionen durch die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern beansprucht daher weiterhin oberste Priorität. Die von den "Kommandos" und "Zellen" ausgehende unmittelbare Gefährdung der inneren Sicherheit wird erst dann unter Kontrolle gebracht und schließlich beseitigt werden können, wenn die Kräftezufuhr für die handelnden Kader aus dem weiterhin schwer zu umgrenzenden Umfeld durch umfassende, teils sofort wirksame, teils mittelfristig angelegte Maßnahmen unterbrochen sein wird. 1.2 Linksextreme Gruppierungen Die dogmatisch fixierten Gruppierungen der "Neuen Linken" beDie im Bundesgebiet kundeten auch 1978 offen, daß sie dieses Ziel über die gewaltagierenden linksextresame "Zerschlagung des Staatsapparates" und die "soziale Revomen Organisationen lution" ansteuern wollen. Dagegen versuchte die "Deutsche halten an ihrer erklärKommunistische Partei" (DKP) als größte Organisation der"Alten ten Absicht fest, die Linken" mit Parteieigenschaften erneut, dem auch von ihr unverfreiheitliche demokratihohlen angestrebten Ziel, die "Machtund Besitzverhältnisse resche Grundordnung der volutionär umzugestalten", den Anschein der Legalität zu geben. Bundesrepublik Das neue Parteiprogramm von 1978, das die aus dem Jahre 1969 Deutschland zugunsten stammende Grundsatzerklärung abgelöst hat, fordert als Zugeeiner kommunistischen ständnis an die derzeitige Kräftesituation zunächst die "soziale Staatsund GesellWende", die dann in die "antimonopolistische Demokratie" einschaftsordnung zu münden soll, deren Zweck es ist, die Beteiligung der DKP an einer beseitigen. Koalitionsregierung zu ermöglichen. Die errungene Machtbeteiligung soll dann die Voraussetzung für das unveränderte programmatische Kernziel der DKP schaffen: Die Übernahme der staatlichen Macht als Vorbedingung für die "revolutionäre Umwälzung". Die Aktivitäten der DKP im Bundesgebiet wurden 1978 von 46480 Mitgliedern getragen. Obwohl diese-auf parteieigenen Angaben beruhende -- Zahl leicht überhöht ist, konnte die Partei die Zahl ihrer Angehörigen gegenüber 1977 geringfügig erhöhen. In den Grundeinheiten der Partei in Baden-Württemberg sind etwa 3150 Mitglieder organisiert. Die DKP ist damit nach wie vor die stärkste linksextreme Organisation in der Bundesrepublik Deutschland. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung zeigte sich hiervon freilich -- wie insbesondere die Ergebnisse der Landtagswahlen 1978 belegen -- unbeeindruckt. Im Gegensatz zu den in ihrem personellen Bestand gefestigten Organisationen der "Alten Linken" mußten alle dogmatischen Gruppierungen der "Neuen Linken" trotz der nach wie vor intensiv betriebenen Agitation teilweise erhebliche Mitgliederverluste hinnehmen: - Die Zahl der Mitglieder des "Kommunistischen Bundes Westdeutschland" (KBW), der noch immer stärksten Gruppierung der "Neuen Linken", sank im Bundesgebiet auf etwa 2300. In Baden-Württemberg ging der Mitgliederbestand der Partei von 800 auf rund 450 zurück. Die übrigen überregional bedeutsamen Organisationen -- vor allem die "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD), die "Kommunistische Partei Deutschlands/Marxi16 sten-Leninisten" (KPD/ML) und der "Kommunistische Bund" (KB) - wurden vom Verlust an personeller Substanz noch stärker getroffen, da ihr Mitgliederbestand gegenüber dem des KBW ohnehin schon immer schwächer war. - Die Aussichten für den in den vergangenen Jahren mit wechselnder Intensität angestrebten Zusammenschluß mehrerer Organisationen zu einer ,,Kommunistischen Partei" haben sich 1978 aus der Sicht der betroffenen Gruppen weiter verschlechtert. Während der KBW und die KPD immerhin noch in der Linientreue gegenüber der Volksrepublik China übereinstimmen, hat die KPD/ML inzwischen mit Peking endgültig gebrochen und sich völlig der ideologischen Position Albaniens untergeordnet. Der "Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) blieb zwar maoistisch orientiert, lehnt aber die Politik der neuen chinesischen Führung grundsätzlich ab. Der "Kommunistische Bund" (KB) hielt an seiner Distanz gegenüber Peking und Moskau fest. - Die Lage des organisierten Trotzkismus ist unverändert durch die Existenz einer Vielzahl eigenständiger Vereinigungen gekennzeichnet. Obwohl zwischen diesen -- im Gegensatz zu den chinesisch und albanisch orientierten Parteien-keine grundsätzlichen ideologischen Meinungsverschiedenheiten bestehen, gelang es auch 1978 nicht, dem erklärten Ziel näher zu kommen, im Wege des Zusammenschlusses größere Einheiten zu bilden. Der bereits im Frühjahr 1978 von der "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM), der noch immer bedeutendsten trotzkistischen Gruppierung, und der "Kommunistischen Liga" (KL) eingeleitete Vereinigungsprozeß war bis zum Jahresende nicht nennenswert vorangekommen. Die ständige weitere Abspaltung von Fraktionen aus bestehenden Organisationen und deren anschließende Akkumulation in neuen Gruppierungen trug insgesamt eher zu einerweiteren Zersplitterung des trotzkistischen Lagers bei. 2. Deutscher linksextremistischer Terrorismus Hauptträger terroristiTrotz gemeinsamer ideologischer Wurzeln, ist eine gemeinsame scher Aktionen in der Strategie aller drei terroristischen Gruppierungen bislang nicht zuBundesrepublik stande gekommen. Vielmehr unterscheiden sie sich nicht nur in Deutschland sind uneiner Reihe von ideologischen Positionen, etwa in der Frage der verändert die "Rote sogenannten Massenbezogenheit der terroristischen Praxis, sonArmee Fraktion" (RAF), dern auch in der Struktur und im operativen Vorgehen. Diese die im wesentlichen in weithin ideologisch bedingte tatsächliche Aufspaltung der TerroBerlin operierende ristenszene in der Bundesrepublik Deutschland kompliziert zu"Bewegung 2. Juni" gleich auch deren Aufklärung. und die "Revolutionären Zellen" (RZ). 2.1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) und Unterstützerbereich 2.7.7 "Rote Armee Fraktion" (RAF) Die "Rote Armee Fraktion" hat sich in den letzten Jahren von ihrem ursprünglich "revolutionären Konzept", mit dem sie durch 17 terroristische Aktionen - gleichsam als Initialzündung - eine Soli- "DER BEWAFFNETE/ KAW1 PF IST EINE TECHNISCHE ANGELEG EVlH E I T UND ERFORDERT DESHALB T 1 " : H N I S V ; H E K E N N T N I S S E : AUSBILDUNG, KAMPFMORAL UND SCHLIESSLICH PRAXIS. AUF DIESEM l I I 11^_ I y ,111 rill ITII II i'l VISATIOrj VII I r ^ M F ^ S ( ^ E f t i l PS * E N ^ U l > t t X DIE^jPSPOJ^^^|T*^ M M A T W ) E ^ - J E N Ä B W ^ ^ ^ r Ä ^ Ä a T v O " DER REVOREHN IST E^T^HKlrEi(tm)E^(VH EINE AUSREDE OMRTBTEHT DWlV SICH IN DER ENTSCH/EIDENDEW PHUPE V E S K L A S S E N K A M P F E S A*?F D*EIMPROVISATION ZU VERLASSEN. JE#E AVANTO5Sßpis\lSCHE BEWEGUNG /MUS^; WENN SIE IMN^NVSCHEIDEN - DEN AUGENBLICK DES KAMPFES SICH* SELBST TREU BLEIBEN WILL, EINGREIFEN UND ES VERSTEHEN, DIE GEWALT DES VOLKES GEGEN DIE UNTERDRÜCKUNG TECHNISCH IN D_IE RICHTIGENi BAHNEN ^ U . H . g N K p ^ A l Ö X l U ^ DAS ZIEL MIT M ^ c E l C H S T WENIG VERLUSTEN ERREICHT W IIRRDD. "^ ^ ^ D KLASSENKAMPF STADTGUERILLA darisierung der,,Massen" und schließlich eine Revolutionierung von Staat und Gesellschaft erreichen wollte, immer weiter entfernt. Sie praktiziert stattdessen, wie die Terroranschläge von ,,RAF-Kommandos" auf Generalbundesanwalt BUBACK und seine Begleiter (7. April 1977), die Ermordung des Vorstandssprechers der Dresdner Bank, Hans Jürgen PONTO (30. Juli 1977) und der Anschlag auf Dr. Hanns-Martin SCHLEYER und seine Begleitpersonen (5. September 1977) belegen, kaum noch anderes als Aktionen mit dem Ziel, den Staat durch Angriffe gegen wichtige Organe und führende Repräsentanten zu erschüttern. Für diese "Kommando-Aktionen" hat die RAF eine straff geführte einheitliche Organisation mit - soweit dies in der Vergangenheit erkennbar wurde - teilweise hierarchischen Strukturen entwickelt, die aus der Illegalität heraus operiert. Dem illegalen Aktionsbereich stehen auf der "legalen" Ebene Unterstützerund Sympathisantenkreise zur Seite. Diese fördern den Informationsfluß zwischen den inhaftierten "Kadern" und den "legalen" Gruppen, initiieren und tragen die publizistische Unterstützungskampagnen und liefern schließlich auch den Nachwuchs für die illegalen "Kader". Im Jahre 1978 konnten die Sicherheitsbehörden im Inund Ausland 52 Personen unter dem Verdacht, einer terroristischen Vereinigung angehört oder diese unterstützt zu haben, festnehmen. Darunter waren 11 Personen, die aus Baden-Württemberg stammen oder die längere Zeit in unserem Lande gelebt haben. Ende 1978 waren 99 dem terroristischen Bereich zuzuordnende Aktivisten inhaftiert, davon 16 in Baden-Württemberg. Zum gleichen Zeitpunkt wurden 45 mutmaßliche Terroristen mit Haftbefehl gesucht, darunter erstmals auch 5, die den "Revolutionären Zellen" zugeordnet werden müssen. 2.1.2 Unterstützerbereich der RAF Die Grenzen zwischen Die "legale Ebene" des vorgeblich "antiimperialistischen Kampdem sog. "harten fes" der RAF wird gegenwärtig weitgehend von den sogenannten Kern", den UnterstütAntifaschistischen (Antifa-)Gruppen repräsentiert. Als Informazern und dem terroritionsmittler zwischen den "Gefangenen aus der Guerilla" und stischen Umfeld sind zunehmend fließend geworden. *>* dem militanten "Teil der linken und antifaschistischen Bewegung in der BRD" rufen diese Gruppen offen dazu auf, "den Kampf der gefangenen Kämpfer draußen aufzugreifen" und die "Politik (zu) bewaffnen". Den "Antifa"-Gruppen ist ein nur schwer zu umgrenzender, auf 19 mehreren Ebenen arbeitender Personenkreis unter anderem in den Städten Hamburg, Berlin, Frankfurt/Wiesbaden, Kaiserslautern, S t u t t g a r t und H e i d e l b e r g / M a n n h e i m zuzurechnen. Ihre Argumentation wird erkennbar militanter. Neben die bisherige "politische Arbeit" - vor allem die Betreuung inhaftierter RAF-Angehöriger und das ständige Bemühen, deren angeblich unmenschliche Haftsituation (,,Isolationsfolter") einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln -- tritt in wachsendem Maße die Forderung, eine ,,neue Front als Teil des antiimperialistischen Kampfes (zu) eröffnen" und den ,,Kampf offensiv (zu) führen". Beispielhaft für diese neue Taktik des RAF-Unterstützerbereichs war die Besetzung des Frankfurter dpa-Büros am 6. November durch mindestens 15 Angehörige verschiedener "Antifa"-Gruppen. Mit dieser Aktion wollten die Besetzer auf die angeblich drohende "physische Vernichtung ... der Gefangenen aus der RAF ... Karl Heinz DELLWO und Werner HOPPE" durch den "Staatsschutzvollzug" hinweisen, um damit "das staatlich sanktionierte schweigen, die informationssperre, die als feste einrichtung die bedingungen für jederzeit vollstreckbare hinrichtung schafft (zu) brechen". In einer "Erklärung zur dpa-Aktion" der RAF-,,Kommandos Michael KNOLL und Willy Peter STOLL" bekennen die Besetzer, von denen 11 festgenommen werden konnten: i " . . . unsere aktion geht aus von der einheit des Widerstandes ... der widerstand der gefangenen ist unser kämpf, unsere aktion zum schütz der gefangenen meint den imperialistischen Staat als ganzes, ist teil des antiimperialistischen kampfes, in dem sich für uns die notwendigkeit stellt, die angriffe der guerilla auf allen ebenen mit allen denkbaren formen des offensiven Widerstands aufzugreifen und weiterzuentwickeln, den antiimperialistischen kämpf offensiv führen - die politik bewaffnen! den kämpf der gefangenen kämpfer draußen aufgreifen - die guerilla aufbauen." Die Aktion wurde innerhalb des Unterstützerbereiches allgemein als "Signal" für den beginnenden "offensiven Widerstand" gewertet. So heißt es in einem im Dezember 1978 in Heidelberg verteilten Flugblatt "Solidarität mit den dpa-Besetzer-Kommandos": " . . . der angriff auf die dpa-zentrale ist ein signal für uns alle - ein politischer sieg, daß es möglich ist, auch für uns, überall da, wo flugblätter, Veranstaltungen und parolen keine Wirkung mehr haben, die grenzen, die der Staat uns gesetzt hat, offensiv zu durchbrechen." 20 Solidarität mit den DPA-&e$ez(r)m for** Kampf aufhehmeh und oflensfv weikr-fuhret) TreA(r)lassang di&r M und Vferr&r KoppeJ Ver Kampf cter Guerilla fcV ^-auch un""."Kampf j ^ - A(r) keine jBy^fevv Jabotferfc a n dA(r)e 1 1 WsJ2g9& a,. Diese wachsende Militanz des ,,Antifa"-Bereiches, gekennzeichnet unter anderem durch den Aufruf zum "offensiven Widerstand gegen das Schweinesystem" und gestützt durch Hungerund Durststreikkampagnen der inhaftierten "Kämpfer aus der RAF", weist diese Gruppen in besonderem Maße als den in der "Legalität" operierenden Teil der "Roten Armee Fraktion" aus. Sie setzen damit die Tätigkeit der Anfang der siebziger Jahre aktiv gewesenen Gruppen der autonomen "Roten Hilfe" und der seit etwa 1972/73 virulent gewordenen "Komitees gegen die Folter an politischen Gefangenen in der BRD" fort, aus deren Reihen in den vergangenen Jahren zahlreiche Angehörige zum "harten Kern" der terroristischen "Kommandos" abgetaucht sind. Mehrere der im vergangenen Jahr wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung festgenommenen Personen sind dem Bereich der ,,Antifa"-Gruppen zuzurechnen, die damit das eigentliche Rekrutierungspotential für die illegale Ebene der RAF 21 darstellen. 2.1.3 Versuchte "Basiserweiterung" in Baden-Württemberg Mit unverminderter Intensität wurde von den dem terroristischen Umfeld zuzurechnenden Gruppierungen die publizistische Unterstützungskampagne für den ,,bewaffneten antiimperialistischen Kampf" betrieben. Nachdem die vom Büro Dr. CROISSANT/ MÜLLER/NEWERLA bis 1977 wahrgenommene Steuerungsfunktion der offenen, "politischen Arbeit" der RAF nach der Verhaftung der Anwälte nicht mehr weiter ausgeübt werden konnte, kam dem um die Druckerei "Fantasia" in S t u t t g a r t sich gruppierenden Personenkreis wachsende Bedeutung zu. Mehrere Angehörige dieses Wohnobjektes, von denen einige enge Kontakte zum Büro Dr. CROISSANT und den früher dort tätigen, teilweise abgetauchten, teilweise verhafteten Personen unterhalten hatten, übernahmen in der Folgezeit Funktionen in der Öffentlichkeitsarbeit der RAF. In einer Selbstdarstellung heißt es: " . . . wir von fantasia begreifen uns als teil der linken und antifaschistischen bewegung in der brd ... wir arbeiten als kollektiv nicht nur in der druckerei zusammen, sondern machen auch Öffentlichkeitsarbeit zu den gefangenen aus dem legalen und dem bewaffneten, antiimperialistischen widerstand, dazu gehört auch, daß wir erklärungen von diesen gefangenen drucken ..." Am 18. Mai 1978 wurden auf Antrag der Bundesanwaltschaft die Räume der ,,Fantasia"-Druckerei durchsucht und gegen drei Angehörige des "Druck-Kollektivs" wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung Haftbefehle erlassen. Dies wie auch die Beschlagnahme einer Druckmaschine am 17. August 1978 führte zu einer mehrere Monate andauernden Solidaritätskampagne "mit den Leuten von Fantasia-Druck". Bereits unmittelbar nach der Durchsuchung der Druckerei hatte sich ein "Fantasia-Solidaritätskomitee" gebildet, das von einigen sogenannten Alternativzeitungen unterstützt wurde und das die Durchsuchung der Räume und die Verhaftung mehrerer Personen als den "vorläufigen Höhepunkt ... in einer ganzen Reihe von Schikanen und Repressionen seitens der Behörden gegen die Druckerei Fantasia" kritisierte. Damit war es der Stuttgarter Gruppe gelungen, unter geschickter Einengung der Argumentation wenigstens zeitweise Unterstützung aus dem Bereich der sogenannten Alternativbewegung zu erlangen und so dem immer wieder propagierten Ziel der "Basiserweiterung" einen Schritt näher zu kommen. Einen ähnlichen Einfluß wie auf das "Fantasia-Solidaritätskomitee" hatte der Personenkreis um die "Fantasia"-Druckerei vorher bereits auf die "Antirepressionsgruppe Stuttgart" gewonnen. Seit Ende des Jahres 1977 griff die Gruppe in teilweise öffentlichen Veranstaltungen Themen auf wie: -- "Morde und Folterungen in den bundesdeutschen Vollzugsanstalten an politischen Gefangenen" - "Zerschlagung des Büros CROISSANT" 22 -- "Kampf gegen das Kontaktsperregesetz" -- "Verhinderung der Verteidigung politischer Gefangener". In einem vorallem im Großraum S t u t t g a r t verteilten "Merkblatt zu Hausdurchsuchungen im Rahmen der .Terroristenfahndung' " gab die "Antirepressionsgruppe" Verhaltensempfehlungen bei polizeilichen Durchsuchungen: ämten sich über sämtliche Vor- " . . , macht euch klar, daß die beamten > ersuchen werden, euch ar schriften hinwegsetzen und versuchen angst und Unsicherheit einzujagen, euch zu provozieren und zu demütigen, verhaltet euch in diesem fall ganz ruhig, beobachtet alles so genau wie möglich, sagt absolut nichts..." Ähnlich wie im Stuttgarter Bereich ist es Gruppen des terroristischen Umfeldes auch in anderen Städten Baden-Württembergs, soin Karlsruhe, Heidelberg und M a n n h e i m , imVerlaufdes Jahres 1978 gelungen, "Alternativzeitungen" als Forum für Angriffe gegen den freiheitlichen Rechtsstaat und seine Organe zu mißbrauchen. Neben heftiger Kritik an tatsächlichen oder vermeintlichen Arbeitsmethoden der Sicherheitsbehörden finden sich Anleitungen zu Gegenobservationen und zu konspirativem Verhalten. In wachsendem Maße werden auch Beiträge zum "bewaffneten antiimperialistischen Kampf" und Bekennerschreiben terroristischer "Kommandos" oder "Zellen" abgedruckt. 23 2.2 "Revolutionäre Zellen" (RZ) Mit der teilweise deutlichen Kritik an der immer schwächer ausKonzept der "Stadtgeprägten "revolutionären Wirksamkeit" der RAF verbinden die guerilla als Massenper"Revolutionären Zellen" ihr eigenes Konzept der "Stadtguerilla als spektive". Massenperspektive". Dieses Konzept prägt auch die Organisationsform dieser terroristischen Gruppierung: Im Gegensatz zur RAF vereinen die Mitglieder der offensichtlich nur durch lose Kontakte miteinander verbundenen -- im übrigen aber selbständig operierenden --"Zellen" die "legale" bürgerliche Existenz mit der illegalen terroristischen Praxis. Das bedeutet zugleich, daß bei den RZ ein dem RAF-Organisationsprinzip vergleichbarer "legaler" Unterstützerbereich fehlt. Demzufolge sind die Träger der "legalen" und der illegalen Tätigkeit - zumindest nach derzeitigem Erkenntnisstand - identisch. Die "Revolutionären Zellen" agieren damit seit Jahren nach dem Prinzip, das die führenden "Kader" der RAF zunächst ebenfalls propagiert, bereits 1971 aber wieder aufgegeben hatten: Unser ursprüngliches Organisationskonzept beinhaltete die Verbindung von Stadtguerilla und Basisarbeit. Wir wollten, daß jeder von uns gleichzeitig im Stadtteil oder im Betrieb in den dort bestehenden sozialistischen Gruppen mitarbeitet, den Diskussionsprozeß mit beeinflußt, Erfahrungen macht, lernt. Es hat sich gezeigt, daß das nicht geht... Daß der einzelne die legale Arbeit nicht mit der illegalen verbinden kann." So hießt es in der 1971 erschienen RAF-Kampfschrift "Das Konzept Stadtguerilla", und damit war die immer größer werdende Distanz der RAF zur "Massenbasis" bereits vorgezeichnet. Den Angehörigen der "Revolutionären Zellen" ist es dagegen inzwischen in Ansätzen gelungen, ihrem Ziel einen Schritt weit näherzukommen, einen möglichst engen ideologischen und personellen Kontakt zu einem erhofften "revolutionären Potential" herzustellen. Die mehrfach erklärte Absicht, die "Stadtguerilla" als "Massenbasis" in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zu verankern, spiegelt sich erneut in der im Januar 1978 auch in Baden-Württemberg verbreiteten 4. Ausgabe der im Untergrund hergestellten "Zeitung" der RZ, "Revolutionärer Zorn" wider: "...Zur Lösung des Widerspruchs gehört weiterhin, daß wir in der Anti-AKW-Front, der Frauenbewegung, in Bürgerinitiativen und Betriebsgruppen mitkämpfen. Nicht zum Zwecke der .Rekrutierung', denn es kann nicht darum gehen, die Militanten aus allen Bereichen abzuziehen und sie gesondert zu organisieren, sondern sie in ihren Bereichen zu unterstützen und zusammen wie die Hefe im Teig zu wirken. Das meint auch die Parole .Schafft viele Revolutionäre Zellen'..." Dabei hat dieses taktische Konzept des "verdeckten, klandestinen Kampfes" nicht n u r - s o die Verfasser-eine politische, son24 dem auch eine sicherheitspolitische Dimension. Denn nur eine Organisation, die auf selbständig operierenden Gruppen aufbaue, habe in einem totalitären Überwachungsstaat die Chance, nicht aufgerollt und zerschlagen zu werden. "Dafür liefern wir seit 5 Jahren den Beweis." Das von den "Revolutionären Zellen" propagierte Modell terroristischer Praxis sieht damit-im Unterschied etwa zum Konzept der RAF --vor, daß die "Militanten" nicht aus der Illegalität des Untergrundes herausoperieren, sondern von einer "sicheren Ebene" aus, mit legaler Verankerung - etwa durch einen bürgerlichen Beruf. Für die "terroristische Praxis" bedeutet dies in der Sprache der"Szene": " . . . Man kann also ohne großartige Beschaffungsaktionen, Logistik usw. allein, zu zweit, zu dritt mit dem Widerstand anfangen... Der Widerstand fängt nicht beim Bombenlegen an. Er kennt tausend Ebenen..." 25 Dieses Prinzip der "tausend Ebenen" heißt auch - je nach individueller Bereitschaft des einzelnen Aktivisten - die Anwendung graduell abgestufter Militanz. Auf diese Weise wird, je nach "Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit", ein Weg in die Guerilla vorgezeichnet, der über einen "leichten Einstieg" in einfache militante Aktionen bis zur Ausübung schwerster terroristischer Gewalt führen kann. Als Beispiel für eine Aktion mit niederer Einstiegsschwelle kann der in der Nacht zum 2. Dezember 1978 im Stadtgebiet von S t u t t g a r t durchgeführte Anschlag auf etwa 50 Fahrkartenautomaten des städtischen Verkehrsverbundes gewertet werden. SVuLTURIT FUR AÜE I k a p u t t g a r t e r hSrt nal a l l e her denn 6ache i s t der t e u r e stra^enbahnverlcehr das fahren k o s t e t uns zu v i e l wir durchschauen euer p r o f l t s p i e l für euren üblen a u t o n a t e n s c h r o t t verdient i h r nur unseren ksg s o t t deshalb wird geklebt und geschmiert weil i h r nur nach der kohle g i e r t i h r bosse vca verkehrsverbuad 3 e t 2 t fahrn wir schwarz dann g e h t s r a l rund wenns a l l e machen das w ä r * t o l l daaa p i 3 t i h r euch die hocen v o l l i i r l i e b e n k a n t r o l l e u r e eh icb-S vergesse h ö r t s c h l e u n i g s t auf sonst g i b t s in. die fresse r e v o l u t i o n ä r e grüße von der krach und spaß g u e r i l l a Durch Verkleben der Geldeinwurfschlitze und Einsprühen einer klebrigen Flüssigkeit wurden die Geräte unbrauchbar gemacht, was hohen Sachschaden verursachte. Am 4. Dezember 1978 ging beim dpa-Büro in S t u t t g a r t ein - für die RZ typisches - sogenanntes Bekennerschreiben einer Gruppe ein, die sich als "RZ -- krach und spaß guerilla" bezeichnete. In Form eines Gedichtes mit dem Motto "Nulltarif für alle!" versuchten die Verantwortlichen, ihre angeblich politische Motivation sowie die mit der Aktion erstrebten Ziele zu rechtfertigen. 26 Insgesamt haben die ,,Revolutionären Zellen" mit ihrem in Theorie und Praxis für Anhänger verschiedenster ideologischer Strömungen einleuchtenden und "nachmachbaren" terroristischen Programm in jüngster Zeit in militanten Bereichen insbesondere der undogmatischen "Neuen Linken", also in einem Teil der Spontiund der Alternativbewegung, verstärkt Zustimmung gefunden. Der teilweise Abdruck von Schriften und "Bekennerschreiben" der RZ in mehreren "Alternativzeitungen" zeigt, daß das Konzept dieser terroristischen Gruppen aufgegriffen und weiterverbreitet wird und daß der Aufruf "Schafft viele Revolutionäre Zellen!" bereits zunehmend seine Wirkung entfaltet. 27 3. Organisationen der dogmatischen "Neuen Linken" 3.1 "Kommunistischer Bund Westdeutschland" (KBW) Der,.Kommunistische Bund Westdeutschland" (KBW) hat sich in KBWden wenigen Jahren seit seiner Gründung im Juni 1973 zur aktivbedeutendste Organisten, mitgliederund finanzstärksten Organisation im Bereich der sation der dogmatidogmatischen ,,Neuen Linken" entwickelt. Sein Mitgliederbeschen "Neuen Linken". stand im Bundesgebiet betrug Ende 1978 - trotz zahlreicher Austritte als Folge parteiinterner Auseinandersetzungen -- noch immer etwa 2300 Personen (1977: 2500). Mitgliederentwicklung des KBW im Bundesgebi et 1973 1974 1975 1976 1977 1978 900 1700 2000 2500 2500 2300 Der rasche Aufbau der heutigen Partei war um so bemerkenswerter, als an der Konstituierung zunächst lediglich sechs örtlich tätige maoistisch orientierte ,,Zirkel" -- darunter in Baden-Württemberg die ,,Kommunistische Gruppe/Neues Rotes Forum" (KG/NRF) Mannheim - Heidelberg und der ,,Bund Kommunistischer Arbeiter" (BKA) Freiburg -- beteiligt waren. Bis heute hat der KBW zwar an seiner von Anfang an proklamierten Auffassung festgehalten, nur,,Parteiansatz" sein zu wollen, dem -- etwa durch Förderung der Kooperation mit anderen kommunistischen Organisationen -- die Aufgabe gestellt ist, die "Vereinigung der westdeutschen Kommunisten in einer Partei" voranzutreiben und dadurch erst den ,,Wiederaufbau der Kommunistischen Partei" in die Wege zu leiten. Andererseits ließ der KBW nie Zweifel darüber aufkommen, daß er sich als marxistisch-leninistische ,,Avantgarde"-Organisation versteht, die willens und imstande ist, die "westdeutsche Arbeiterklasse" auf der Grundlage ihres Programms zur "sozialen Revolution (zu) führen". Trotz diesem programmatisch-ideologischen Selbstverständnis begreift sich der KBW als politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes. Dies dürfte vorrangig taktisch bedingt sein, um in den Genuß des Parteienprivilegs -- insbesondere wegen der gegenüber der Regelung im Vereinsgesetz wesentlich strengeren Voraussetzungen für ein Verbot-zu gelangen. Seit seiner Gründung propagiert der KBW in betont aggressiver Weise die Forderung, den "bürgerlichen Staat" im Wege einer "sozialen Revolution" zu beseitigen. Voraussetzung für den offen angestrebten Umsturz ist danach die "Zerschlagung des Staatsapparates", die den Weg freimacht für die "Eroberung der politischen Macht". In dieser Phase wird es nach Auffassung des KBW notwendig sein, den noch vorhandenen "Widerstand der Ausbeuter" auch unter Anwendung von Gewalt zu brechen. Im Parteiprogramm wird hierzu unzweideutig erklärt: 28 ,,... Solange die Bourgeoisie über bewaffnete Formationen zur Verteidigung des kapitalistischen Eigentums verfügt, wird das Proletariat die politische Macht mit Waffengewalt erkämpfen müssen." Auf dieses langfristige Ziel waren auch 1978 die-teilweise erfolglosen - Bemühungen des KBW abgestellt, die Organisationskraft der Partei auf Bundesebene weiter zu festigen, die Zahl der Mitglieder und Anhänger zu erhöhen sowie mit erheblichem agitatorischem Aufwand möglichst große Teile der "Massen" zu erreichen. Hierbei beschränkte sich der KBW-wie bereits in den Vorjahrennicht auf die Mittel bloßer Propaganda, Indoktrination und Werbung. Die Partei bedient sich vielmehr unverändert auch aggressiver Kampfformen, die inzwischen fester Bestandteil ihrer zielgerichteten kämpferischen Strategie geworden sind. Der KBW - w i e auch die übrigen Organisationen der dogmatischen ,,Neuen Linken" -- befürwortet im Grundsatz nahezu jedes Mittel zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Strukturelle Gliederung Zentrale Delegiertenkonferenz des KBW "Kommunismus Sitz: Frankfurt/Main und ^ Sekretariat Mainzer Landstr. 147 Klassenkampf" Zentrales Komitee (Theoretische Zeltschrift) "Kommunistische Ständiger Volkszeitung" (KVZ) ^_ ('Zentralorgan, Ausgabe auf ^ Ausschuß Bezirksebene) Regionale Verbindungsbüros des ZK Regionalverband NORD Regionalverband SUD Regio naiverband MITTE Regionalleitung: Regionalleitung: Regionalleitung: Sitz: Hannover Sitz; München, .Kapuzinerstr. 9 Sitz: Köln HindenburgstraBe 15 Neusserstr. 27-29 Baden-Württemberg/ Bayern BezirksBezirksBeztrksBezirksBezirksBezirksBezirksverband verband verband verband verband verband verband RheinMittlerer UlmSüdbaden Franken Mittlerer KonstanzNeckarNeckar Bodensee Oberrhein SüdschwarzPfalz wald Sitz: Sitz: Sitz: Sitz: Sitz: Sitz: Sitz: Mannheim Stuttgart Ravensburg Freiburg Heilbronn Karlsruhe Konstanz J7, 14 GutenbergHerrenPostPfühlNebeniusWollmatingerstr.2 str. 41 str. 5 str. 60 str. 12 Str. 131 Nebenund beeinflußte Organisationen: (GUV) Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskampfe (KJB/ Kommunistischer Jugendbund / KJV) Kommunistischer Jugendverband Stadt-, Orts-, Stadtteil-, (KHG) Kommunistische Hochschulgruppe Betriebszellen (SRK) Soldatenund Reservisten komm itee Komitee gegen den SS 218 StGB 29 3.7.7 Organisation Die Grundeinheiten des KBW sind die Zellen, die jeweils einem Bezirksverband als nächsthöherer Führungseinheit zugeordnet sind. Die derzeit in der Bundesrepublik Deutschland agierenden 39 Bezirksverbände sind in den drei Regionalverbänden : ,Nord" mit Sitz in Hannover,,, Mitte" mit Sitz in Köln und "Süd" mit Sitz in München zusammengefaßt. In Baden-Württemberg, das mit Bayern und mit Gebietsteilen von Rheinland-Pfalz die Region "Süd" des KBW bildet, bestehen 7 Bezirksverbände. Die FühKBW-Bezirksverbände in BadenWürttemberg 0 Sitz des Bezirksverbandes rungsgremien der Partei, das Zentrale Komitee (ZK) und der Ständige Ausschuß des ZK, dessen Sekretär seit 1973 unverändert Hans Gerhart SCHMIERER ist, befinden sich seit 1977 in Frankfurt/Main in einem vgm KBW-Verlag "Kühl KG" für 2,7 Millionen DM erworbenen sechsstöckigen Gebäude. Seit dem Jahre 1977 ist die Parteizentrale mit einem Teil der Leitungsgremien der KBW-Bezirksverbände über ein modernes Nachrichtenübermittlungssystem (Textund Datenfernübertragung) verbunden. Im Jahre 1978 wurden die 10 im Bundesgebiet eingerichteten "Geschäftsstellen", die vor allem mit der Herstellung und Verbreitung des Zentralorgans "Kommunistische Volkszeitung" (KVZ) befaßt sind, ebenfalls an das System der Textund Datenfernübertragung angeschlossen. Die Höhe der Kosten, die dem KBW durch den Kauf der modernen Redactronund Compugraphik-Geräte 30 sowie durch die Einrichtung von vier "Auslandsbüros" in Brüssel, Rom, Wien und London entstanden sind, belaufen sich auf nahezu 2 Millionen DM. Erhebliche Beträge waren außerdem aufzubringen für die Ausstattung der 1976/1977 gebildeten Bezirksund Regionalverbände der Partei. Die Finanzierung dieses Aufwands erfolgte zum Teil über die monatlich abzuführenden Beiträge der Mitglieder, deren Höhe häufig den Mindestsatz von 30 DM pro Monat um ein Vielfaches übersteigt. Weitere Einnahmen ergeben sich regelmäßig aus Spenden. Sie werden von Parteiangehörigen erwartet und darüber hinaus -- nach öffentlichen Aufrufen -- auch von Nichtmitgliedern erhofft. Außerdem veranlaßte der KBW seine Mitglieder, Sparbücher und Bausparverträge aufzulösen und die Geldbeträge sowie die Erträge aus Erbschaften und aus dem Verkauf von Immobilien der Partei zu überlassen. In besonderen Situationen werden Mitglieder auch aufgefordert, persönliche Kredite aufzunehmen und der Partei zur Verfügung zu stellen. 3.1.2 Mitgliederbewegung Die im Jahre 1978 allgemein deutlich gewordene rückläufige Mitgliederbewegung des KBW war in Baden-Württemberg aus mehrerlei Gründen spürbarer als in den meisten anderen Bundesländern. In den in unserem Lande bestehenden 7 KBW-Bezirksverbänden waren Ende 1978 noch rund 450 Mitglieder organisiert -- davon allein 200 im Bezirksverband Rhein-Neckar-Pfalz (Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen) -- gegenüber etwa 800 im Jahre 1977. Den Nebenund Hilfsorganisationen der Partei gehörten noch ungefähr 250 Personen an. Für diese Entwicklung waren unter anderen die folgenden parteiinternen Gründe maßgeblich: Der ideologisch orientierte "Kampf zweier Linien", der in den Jahren 1976 und 1977 innerhalb der Organisation erhebliche Unruhe ausgelöst hatte, wirkte auch 1978 noch fort. Zahlreiche, teilweise langjährige Parteiangehörige wurden "revisionistischer Abweichungen" beschuldigt und aus dem KBW ausgeschlossen. Andere resignierten und verließen die Partei in der Überzeugung, daß insbesondere das Zentrale Komitee des KBW nicht willens sei, einmal gefaßte Grundsatzbeschlüsse, die sich --ihrer Auffassung nach -- als nicht realisierbar herausgestellt hatten, zu revidieren. Ein ehemaliger Funktionär erhob in diesem Zusammenhang sogar den Vorwurf, der KBW unterdrücke die Diskussion und behindere damit die Meinungsbildung in der Organisation. Die ständig abverlangte Einsatzbereitschaft, die geforderten erheblichen finanziellen Opfer sowie die Reglementierung und Disziplinierung des einzelnen Parteimitglieds bis in den privaten Bereich hinein, veranlaßten zudem viele Mitglieder, der Partei den Rücken zu kehren. Andererseits "verlor" die Parteiorganisation in Baden-Württemberg auch deshalb Mitglieder, weil diese aufgrund der von den Führungsgremien angeordneten "Kräfteverteilung" an Bezirksverbände außerhalb des Landes, insbesondere in Bayern, oder zur Stärkung der personellen Ausstattung der Führungsgremien in 31 Frankfurt/Main abgegeben werden mußten. 3.7.3 Publikationswesen Der KBW hat in den vergangenen Jahren sein breit gefächertes Publikationswesen erheblich modernisiert und rationalisiert. Die gesamte Parteipublizistik sowie die Nachdrucke kommunistischer "Klassiker" werden in der Firma "Kühl KG" gedruckt und über die "Hager Buchvertrieb GmbH" verbreitet. Beide KBW-Firmen befinden sich in Frankfurt/Main. Die wichtigste Partei-Publikation, das wöchentlich herausgegebene Zentralorgan "Kommunistische Volkszeitung" (KVZ), das in 39 Bezirksausgaben erscheint, konnte trotz der Anwendung moderner Drucktechniken und einer aktuelleren Gestaltung des vierseitigen Bezirksteils seine bereits seit Jahren bei 32 000 Exemplaren liegende Auflage nicht weiter steigern. Die Auflage der monatlich erscheinenden theoretischen Zeitschrift "Kommunismus und Klassenkampf" (KuK) blieb mit 10000 Exemplaren ebenfalls konstant. Zur Unterstützung seiner Betriebsarbeit gab der KBW wiederum zahlreiche Betriebszeitun32 gen heraus. Mit "Extrablättern" und "Eilnachrichten" versuchte die Partei außerdem, aktuelle Probleme rasch aufzugreifen und agitatorisch umzusetzen. 3.7.4 Aktivitäten Zu den Agitationsschwerpunkten des KBW gehörten im Jahre 1978 vor allem Probleme im Zusammenhang mit Tarifauseinandersetzungen, Fragen der Bildungspolitik, die angebliche "Entrechtung im öffentlichen Dienst" und die "Ausplünderung durch das gegenwärtige Steuersystem". Ferner setzte der KBW seine Polemik gegen die Sicherheitsorgane in Bund und Ländern unvermindert heftig fort. So wurden der im Sicherheitsplan II vorgesehene Ausbau der Polizei in Baden-Württemberg als "hektische Aufrüstung der Bürgerkriegsarmee", die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz als "Teil der staatlichen Unterdrükkung" bezeichnet. Den vom Landtag von Baden-Württemberg verabschiedeten Staatshaushaltsplan für das Jahr 1978 apostrophierte der KBW als "großes Plünderungsprogramm". Proletarier aller I rrneka verenme eneh: l J ! e k u i k a alles Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch! Kommunistische Volkszeitung l .U-.;;ic"iv.-!il:;K-.i ..iCfiW) Lohnsenkung und Einreißen aller Schranken des Normalarbeitstages für den Höchstprofit Akkordhetze in Westdiiutscliianel - HungeiiÖhriE für afrikanische Arbeiter Schluß mit den dauernden Lohnsenkungen! Verbot von Nacht-, Schichtund Akkordarbeit! 1500 DM Steuerfreibetrag! Kommunistischer 33 &KBW Westdeutschland Bund Während der Arbeitskämpfe in der Metallindustrie sowie im Druckund Verlagsgewerbe, in die sich die Partei mit in hoher Auflage verbreiteten Flugblättern einzuschalten versuchte, attakkierte der KBW die ,,Regierungssozialdemokraten" und die "reformistischen Gewerkschaftsfürsten" und forderte die ,,Arbeiterklasse" zum organisierten Streik auf. Die mit großem publizistischem Aufwand betriebene Agitation des KBW setzte sich in einer Vielzahl von Kundgebungen und Demonstrationen sowie in zahlreichen, teilweise nicht angemeldeten Informationsständen fort. Häufig kam es im Verlauf dieser Aktionen zu Widerstandshandlungen gegen einschreitende Polizeibeamte. Wiederholt mußte der KBW allerdings auch feststellen, daß - trotz intensiver öffentlicher Werbung - seinen Aufrufen nicht mehr in dem in früheren Jahren üblich gewesenen Umfang Folge geleistet wurde. So blieb beispielsweise die Aufforderung an die ,,Besetzer" des Collegium Academicum in Heidelberg, der polizeilichen Räumung am 28. Februar 1978 "massiven Widerstand" entgegenzusetzen, praktisch ohne Wirkung. Auch im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zur beabsichtigten Vereitelung des NPD-Landesparteitages am 17. September 1978 in Mannheim konnte der KBW nicht verhindern, daß sich die Mehrzahl der linksextremen Organisationen zu einer "Aktionseinheit" ohne ihn zusammenfand. Bei der "Gegendemonstration", in deren Verlauf es zu schweren Ausschreitungen kam, konnte die "Aktionseinheit" mit fast 3000 Personen weit mehr Anhänger mobilisieren als der getrennt marschierende KBW. Auch im Jahre 1978 unterstützte die Partei wieder intensiv,.revolutionäre Befreiungsbewegungen" in der Dritten Welt. Nach eigenen Angaben wurden rund 1 Million DM an Spenden für die afrikanische Untergrundorganisation ZANU in Rhodesien aufgebracht. Die vom KBW und anderen linksextremen Gruppierungen durchgeführte Sammlung zugunsten der "Ausrüstung einer vollmotorisierten Kompanie derZANU" wurde vom Regierungspräsidium Tübingen mit Verfügung vom 7. März 1978 untersagt. An das zugleich ausgesprochene Verbot, die Sammelaktion fortzuführen, hielt sich die Partei nicht. 3.1.5 Die "Massenorganisationen" des KBW Der KBW bedient sich seit Jahren mehrerer Nebenund Hilfsorganisationen, deren Zweck es ist, einerseits durch vielfältige Aktivitäten den eigenen politischen Aktionsradius zu vergrößeren und zum anderen durch Beteiligung an KBW-Aktionen die Partei selbst nachhaltig zu unterstützen. Es handelt sich um folgende überregional tätige, zumeist in Bezirksverbänden organisierte Vereinigungen: - "Kommunistische Hochschulgruppe" (KHG) - "Kommunistischer Jugendbund" (KJB) - "Gesellschaft zur Unterstützung der Volkskämpfe" (GUV) - "Komitee gegen den SS 218" - "Soldatenund Reservistenkomitee" (SRK). Wie die übrigen "Massenorganisationen" bereits im Jahre 1977, 34 so mußten 1978 auch die "Soldatenund Reservistenkomitees" feststellen, daß eine weitere personelle und organisatorische Stärkung gegenwärtig nicht zu erreichen ist. Die sieben in Baden-Württemberg bestehenden SRK-Bezirksverbände konnten die Mitgliederzahlen ihrer örtlichen Stützpunkte nicht weiter erhöhen. Die Bemühungen um die Erfüllung der den "Komitees" vom Strukturelle Gliederung des KBW-Regionalver- c Nebenund beeinflußte Organisationen bandes Süd Regionalleitung KJB/ Komitee Ständiger Ausschuß KJV gg. SS218 Bezirke in Bezirke in Bezirke ir Bezirke in Bezirksverbände in BadenBadenBadenBadenBaden-Württemberg WürttemWürttemWürttemWürttemWürttemberg berg^^ berg^^ berg berg KonstanzSüdschwarzwald Mittlerer KonstanzKonstanzOberrhein/ SüdSüdschwarzUlmBodensee Nordschw. schwarzwaid wald wald Mittlerer Oberrhein/ Nordschwarzwald Mittlerer UlmUlmNeckar Bodensee Mittlerer Neckar RheinMittlerer Mittlerer Mittlerer NeckarOberrhein/ Oberrhein* Oberrhein/ Pfalz Nordschw. Nordschw. Nordschwarzwald wald wald Mittlerer Neckar Rhein-NeckarPfalz RheinRheinRheinNeckarNeckarNeckarPfalz Pfalz Pfalz KBW gestellten Aufgabe, "Polizei, stehendes Heer, bewaffnete Geheimund Spitzelorganisationen zu zerschlagen" und die "bewaffnete Volksmacht" aufzubauen, blieben erfolglos. Größere Veranstaltungen führten die "Soldatenund Reservistenkomitees" lediglich im Zusammenhang mit den vom 26. bis 31. Dezember 1978veranstalteten,,Musiktagen" in Berlin, Mainz und München (mit 200 Teilnehmern aus Baden-Württemberg und Bayern) durch. 3.2 "Kommunistische Partei Deutschlands/MarxistenLeninisten" (KPD/ML) KPD/ML - Die am 31. Dezember 1968 auf Initiative des ehemaligen Funktiomilitante Kadergruppe närs der,,alten" KPD und heutigen Parteivorsitzenden Ernst AUST mit albanischer Ausin Hamburg gegründete KPD/ML-die älteste Gruppe der,, Neuen richtung. Linken" -- bekennt sich zu den Lehren von MARX, ENGELS, LENIN und STALIN, seit 1978 jedoch nur noch eingeschränkt zu den theoretischen Grundsätzen und Positionen MAO TSE-TUNGS. Die bereits im Jahre 1977 sich abzeichnende Belastung der Beziehungen zur Volksrepublik China unter der Führung von HUA KUO-FENG führte 1978 zum völligen Bruch und gleichzeitig zu einer bedingungslosen Anlehnung der KPD/ML an die "Partei der Arbeit Albaniens" (PAA). Ausschlaggebend für den grundsätzli35 chen Kurswechsel der KPD/ML dürfte letztlich der Entzug jegli- cher politischer und wirtschaftlicher Unterstützung Albaniens durch die Volksrepublik China gewesen sein. Auch wird die von MAO entwickelte und von Peking unverändert vertretene "Theorie der 3 Welten" von der KPD/ML mittlerweile als "konterrevolutionär" und "revisionistisch" abgelehnt. Die offene Kritik der ehemals maoistisch orientierten Partei an MAO TSE-TUNG gipfelte in dem Beschluß des Zentralkomitees der KPD/ML, ihn nicht mehr als "Klassiker des Marxismus-Leninismus" zu betrachten. Seinen äußerlichen Niederschlag fand dieser Kurswechsel in der Änderung der Titelleiste des Zentralorgans "Roter Morgen", aus der das Bildnis MAOs, das über Jahre hinweg neben denen von MARX, ENGELS, LENIN und STALIN zu sehen war, entfernt wurde. Die Distanzierung von den Lehren MAO TSE-TUNGs wurde schließlich von der Partei auch dadurch verdeutlicht, daß auf dem Ende des Jahres 1978 unter weitgehender Geheimhaltung durchgeführten 4. Parteitag ein neues Programm verabschiedet wurde, dessen Text gegenüber den bisherigen Aussagen-unter,, Beibehaltung des korrekten marxistisch-leninistischen Inhalts" - von den "Einflüssen der MAO TSE-TU NG-Ideen und des chinesischen Revisionismus" befreit wurde. Ähnliche Korrekturen erfuhr das Parteistatut. Die von der KPD/ML vollzogene Abwendung von China und die Anlehnung an Albanien änderte jedoch nichts an der verfassungsfeindlichen Zielsetzung der Partei. Nach wie vor setzt sie sich unzweideutig für den "gewaltsamen Sturz der Bougeoisie" und für die "Errichtung der Diktatur des Proletariats" ein. Mit Beginn des Jahres 1978 hat die KPD/ML - wie der KBW bereits 1976/77 - eine Neuorganisation ihrer neben den Sektionen "Westberlin" und "DDR" bestehenden Sektion "Deutsche Bundesrepublik" vorgenommen. Anstelle der bisherigen, nunmehr aufgelösten sechs Landesverbände sind jetzt flächenmäßig größere Landesverbände Nord, Mitte und Süd gebildet worden. Dem Landesverband Süd unterstehen dabei die örtlichen Parteigruppen in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und im Saarland. Dem inzwischen organisierten Landesbezirksverband Baden-Württemberg, dessen Sitz in S t u t t g a r t ist, obliegt die Anleitung der 10 Ortsund Stützpunkte in unserem Bundesland. Die Gründefürdie Neugliederung dürften hauptsächlich in dem Willen der Partei zu suchen sein, die Organisation noch mehr als bisher zu straffen. Trotz der Umorganisation konnte die KPD/ML allerdings nicht verhindern, daß auch ihre Mitgliederzahl im Jahre 1978 bundesweit rückläufig war und der Partei Ende 1978 nur noch etwa 600 Personen gegenüber 800 im Jahre 1977 angehörten. Hinzu kommen noch mehrere hundert Mitglieder der Nebenund Hilfsorganisationen, deren Bestand ebenfalls zurückgegangen ist. In Baden-Württemberg verfügen KPD/ML und ihre Nebenund Hilfsorganisationen noch über ein Mitgliederpotential von insgesamt etwa 130 Personen (1977: 150-180). Nach eigenen Angaben geben die KPD/ML und die von ihr gesteuerten Organisationen im Bundesgebiet insgesamt 140 Publikationen heraus, darunter 64 Betriebs-, 27 Stadt-, Stadtteilund Jugendzeitungen sowie 33 Schulund Hochschulzeitungen. Ver36 stärkte Anstrengungen zur Steigerung der Auflage des wöchentlich erscheinenden Zentralorgans,,Roter Morgen" blieben erfolglos. Nach wie vor werden etwa 10000 Exemplare gedruckt. Zur Finanzierung ihrer Tätigkeit standen der Partei wie im Vorjahr etwa 900 000 DM zur Verfügung; allein mehr als die Hälfte davon stammte aus den sehr hohen Mitgliedsbeiträgen, deren Höhe vom Einkommen der Parteiangehörigen abhängig ist. Im RechenPublikationen der "Neuen Linken", insbev:-. sondere der KPD/ML und ihrer NebenorganisaArbeiterkampf tionen StfFEEI* -.-;PS*: 1*5* *** Schaftsbericht für das Jahr 1977 hatte die Partei ihre Gesamteinnahmen auf 935190,67 DM (1976: 827342,44 DM) beziffert. Gegenüber dem Jahr 1976 war dabei der Anteil der Mitgliedsbeiträge um 23% auf 564 5 7 3 - DM gestiegen, während sich das Spendenaufkommen um 4,2% auf 341 408,DM verringert hatte. Die Parteizentrale in Dortmund erhielt von den Gesamteinnahmen des Jahres 1977 5 4 4 8 1 1 - DM (58%). Auch im Jahre 1978 stützte sich die KPD/ML wieder bundesweit 37 auf eine Reihe von Nebenund Hilfsorganisationen: - "Rote Garde" - "Kommunistischer Studentenbund/Marxisten-Leninisten" (KSB/ML) die Mitglieder dieses Verbandes wurden im Frühjahr 1978 in die "Rote Garde" überführt. -- "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD) -- "Revolutionäre Gewerkschaftsopposition" (RGO) -- "Revolutionäre Landvolkbewegung" (RLB) Der Jugendverband "Rote Garde" verabschiedete auf seinem "I. ordentlichen Kongreß" im Mai 1978 ein "Kampfprogramm" sowie ein Statut, das formal die organisatorische Unabhängigkeit feststellt. Politisch identifziert sich die "Rote Garde" jedoch nach wie vor mit der revolutionären Zielsetzung der KPD/ML. Die 1975 gegründete "Rote Hilfe Deutschlands" (RHD) war bestrebt, mit der Verabschiedung einer neuen Satzung, die den Beitritt zur Organisation "erleichtern" soll, ihrer sinkenden Anziehungskraft entgegenzuwirken. Diesem Ziel sollen auch die "in einfachen Worten" abgefaßten "Leitsätze" dienen, die das bislang geltende Programm ablösten. 38 Besondere Beachtung widmete die KPD/ML wieder der Tätigkeit der gegen die Gewerkschaften gerichteten ,,Revolutionären Gewerkschaftsopposition" (RGO). Die weitgehend publizistischen Aktivitäten der RGO waren in den vergangenen Jahren direkt von der Partei getragen worden, weil die Organisation zunächst über keinen eigenen Apparat verfügte. Erst im November 1978 kam es dann auf Betreiben der KPD/ML zur überregionalen Gründung der RGO. Nach eigenen Angaben haben an dem Gründungskongreß angeblich 100 Delegierte aus 50 RGO-Betriebsgruppen teilgenommen. Die nunmehr bundesweit operierende Vereinigung bezeichnet sich als "gewerkschaftliche Kampforganisation", deren erklärtes Nahziel es ist, in den Gewerkschaften gegen die "reaktionäre DGB-Führung" zu kämpfen. Langfristig sieht sie-so heißt es in der Satzung --ihren Zweck darin, durch Errichtung einer,.sozialistischen Gesellschaft" die "Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse völlig zu beseitigen". Die KPD/ML hatte sich offenbar zum raschen Aufbau der RGO entschlossen, nachdem im Frühjahr 1978 bei den Betriebsratswahlen RGO-Listen und der Partei nahestehende Tarn-Listen teilweise erhebliche Stimmengewinne erzielen konnten. So erreichte ein KPD/ML-Angehöriger in einem Heilbronner Betrieb 62,4% der Stimmen. In Anlehnung an die bereits in der Weimarer Republik bestehende Organisation betrieb die KPD/ML 1978 den Aufbau einer,.Revolutionären Landvolkbewegung" (RLB), in der sie "Bauern, Winzer, Gärtner und Fischer" organisieren will. Einen Programmentwurf für die RLB hat die Partei bereits vorgelegt, als RLB-Organ erscheint inzwischen die Zeitung "Freies Landvolk". Die öffentliche Aktivität der KPD/ML in Baden-Württemberg war auch im Jahre 1978 gering. Die wenigen von der Partei und ihren Hilfsund Nebenorganisationen durchgeführten Veranstaltungen, Plakataktionen und Informationsstände konzentrierten sich erneutauf die Räume S t u t t g a r t , Reutlingen und Singen.Größere Versammlungen, für die die KPD/ML vor Jahren noch bis zu 400 Personen aktivieren konnte, waren 1978 nicht mehr zu verzeichnen. An den zentralen Kundgebungen der Partei zum 1. Mai 1978 in S t u t t g a r t und Mannheim haben nur etwa 200 beziehungsweise 60 Personen teilgenommen. Trotz der massiven Agitation gegen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland und dem ständigen Versprechen, die Lage der Arbeiterklasse durch die "sozialistische Revolution" mit Sicherheit zu verbessern, mußte die KPD/ML feststellen, daß ihre Resonanz in der Bevölkerung erheblich schwächer geworden ist. Bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft im Juni 1978 erhielt sie nur noch 911 Stimmen gegenüber 3001 im Jahre 1974. 39 KPD und KPD/ML in BadenWürttemberg Q KPD-Ortsleitungen (Parteikomitees) O KPD-Stützpunkte * KPD/ML-Ortsgruppen 3.3 "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) Die KPD ist im Juli 1971 aus der von ehemaligen Funktionärendes Die "neue" KPD - "Sozialistischen Deutschen Studentenbundes" (SDS) gegründenach Peking orientierte ten "KPD-Aufbauorganisation" (KPD/AO) hervorgegangen. Sie Kaderpartei. erhebt seit Beginn ihrer Tätigkeit den Anspruch, "die Partei in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin" zu sein, deren grundlegendes Ziel es ist, im Bundesgebiet sowie - nach der erwarteten Wiedervereinigung -- in ganz Deutschland die "klassenlose, kommunistische Gesellschaft" einzuführen. Dies setzt - so bekennt die KPD freimütig - zunächst die Auslösung der "proletarischen Revolution" voraus, um dann über die "Diktatur des Proletariats" in den Besitz des staatlichen Gewaltmonopols zu gelangen. Die Partei verhehlt dabei nicht, daß die von ihr angestrebte Umwälzung auch nach ihrer Vorstellung nur mit Gewalt möglich ist. In ihrem Programm erklärt sie hierzu: "Die Ablösung des bürgerlichen Staates durch den proletarischen ist ohne Gewalt nicht möglich." Die KPD gehört zu den maoistisch-orientierten Parteien in der Bundesrepublik Deutschland. Im Gegensatz zu der im Jahre 1956 verbotenen "alten" KPD bekennt sie sich zum Marxismus-Leninismus chinesischer Prägung und lehnt jede Zusammenarbeit mit deutschen und ausländischen orthodox-kommunistischen Par40 teien, etwa der,,Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) und der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU), ab. Die stattdessen seit Jahren enger werdende politische Anlehnung der KPD an die chinesische Führung wurde insbesondere dadurch erneut unterstrichen, daß im Juni 1978 eine Delegation des Zentralkomitees (ZK) bei ihrem Besuch der Volksrepublik China sogar vom Vorsitzenden der KP Chinas, HUA KUO-FENG, empfangen wurde. Der Delegation gehörten unter anderen der KPD-Vorsitzende Christian SEMLER und der Vorsitzende des Regionalkomitees Baden-Württemberg, Dr. Dietrich KREIDT, Stuttgart, an. Organisatorisch ist die KPD seit Jahren in sechs Regionalkomitees gegliedert, denen 18 Ortsleitungen und etwa 60 Zellen angePublikationen der "Neuen Linken", insbesondere der KPD und ihrer Nebenorganisationen T "I.IHWIM'JWP.ÜI.i.i.nii * KPD Stahlarbeiter im Streik * * PS . " * < Hfifi m Mir werden "Wir Ulanian *fairnhlt.l' durchha"' . " * < - . <,*"'"' 1 St*!" "b * i i i w e * um! 16 Ij^B^Mjjfc. AtKSÖLkmmx um awa "m iMTEamisiTi wm, vtmm BKB t * SS" *--**IT1 --1 i " ' a 3 | schlossen sind. Die zentralen Führungsgremien der Partei, das Zentralkomitee und das Politbüro, befinden sich in Köln. Zur Durchsetzung ihrer Politik bedient sich die Partei folgender 41 ebenfalls überregional tätiger Nebenund Hilfsorganisationen: - ,,Kommunistischer Jugendverband Deutschlands" (KJVD) mit dem Organ "Kämpfende Jugend" - "Kommunistischer Studentenverband" (KSV) mit dem Organ "Dem Volke dienen" - "Liga gegen den Imperialismus" mit dem Organ "Internationale Solidarität", dessen Vertrieb Ende 1978 eingestellt wurde - "Rote Hilfe e. V." (RH) mit dem Organ "Rote Hilfe" - "Vereinigung Kultur und Volk" (VKV) mit dem Organ "Spuren" - "Forum neue Erziehung" mit dem Organ "Neue Erziehung". Die KPD konnte ihre Organisation im Bundesgebiet auch 1978 nicht weiter ausbauen. Ähnlich wie beim KBWwardie Mitgliederentwicklung sogar deutlich rückläufig: Ende 1978 zählte die KPD noch etwa 550 Angehörige (1977: 700). Von einem teilweise erheblichen Mitgliederschwund waren auch die Nebenund Hilfsorganisationen der Partei betroffen; zwei von ihnen, die "Liga gegen den Imperialismus" und die "Rote Hilfe e. V.", sind sogar der Auflösung nahe. Die 1978 eingetretene Schwächung der Partei machte sich auch in Baden-Württemberg bemerkbar: Dem Regionalkomitee der KPD in S t u t t g a r t , dem die Bezirksleitung in Freiburg sowie acht Ortsbeziehungsweise Sympathisantengruppen unterstellt sind, gehören gegenwärtig - einschließlich der Nebenund Hilfsorganisationen - noch etwas mehr als 100 Mitglieder an (1977 rund 200). Einzelne Veranstaltungen der Partei fanden jedoch noch immer das Interesse von mehreren hundert Personen. Im Mittelpunkt der vor allem publizistisch geführten Agitation der KPD stand unverändert das Bemühen, durch Aufgreifen aktueller Probleme das "Interesse der Werktätigen" zu wecken. Diesem Ziel diente beispielsweise die während der Tarifverhandlungen in der Metallindustrie und im Druckgewerbe massiv geführte Kampagne gegen die Arbeitgebervertreter und die Gewerkschaftsführer. Ferner hoffte die KPD, von der in der Öffentlichkeit überaus kontrovers geführten Diskussion über Vorund Nachteile des Baus von Atomkraftwerken dadurch zu profitieren, daß sie das Energieprogramm der Bundesregierung fortwährend als "volksfeindlich" anprangerte. Der Entschluß der Volksrepublik China, Kernkraftwerke zu bauen, löste jedoch Unsicherheit unter den Mitgliedern aus, ob die Partei ihren ablehnenden Standpunkt noch weiter aufrecht erhalten könne. Die interne Diskussion hierüber ist offenbar noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus kritisierte die KPD alle Maßnahmen, mit der die staatlichen Organe die Bedrohung der inneren Sicherheit abzuwehren versuchten und stellte diese als rechtswidrigen "Abbau demokratischer Rechte" dar. So unterstellte sie der Polizei, willkürlich zu handeln. Der Tod des mutmaßlichen terroristischen Gewalttäters Willy Peter STOLL am 6. September 1978 wurde im Parteiorgan "Rote Fahne" vom 13. September 1978 wie folgt kommentiert: "Das ganze riecht nach Hinrichtung... Wenn irgendwo ein I Flick oder ein Krupp von .terroristischen Entführungsplänen bedroht erscheint, heißt es nunmehr, ,Feuer frei'!" 42 Das bereits gewohnte Bild der öffentlichen Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen machte wiederum einen nicht unwesentlichen Teil der Partei-Aktivitäten aus. Anlaß hierzu boten etwa der 10. Jahrestag der Besetzung der CSSR durch die Streitkräfte der Warschauer-Pakt-Staaten, der 40. Jahrestag des Münchner Abkommens und der Besuch des sowjetischen Parteichefs BRESCHNEW in der Bundesrepublik Deutschland. Die 1. Mai-Veranstaltung der KPD in S t u t t g a r t besuchten immerhin noch rund 500 Personen. An den Versammlungen, die von der KPD und der von ihr beeinflußten "Vereinigung Kultur und Volk" zum 10. Jahrestag der Besetzung der CSSR in Karlsruhe, M a n n h e i m , S t u t t g a r t und Tübingen durchgeführt oder mitgetragen wurden, nahmen insgesamt etwa 600 Personen teil. Im Vergleich zu früheren Jahren hat die KPD unverkennbar an Wirkung eingebüßt. Ansätze für einen erneuten politischen Aufschwung sind gegenwärtig nicht erkennbar. 3.4 "Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands" (KABD) KABDDer maoistisch orientierte, der derzeitigen politischen Führung maoistisch ausgerichteder Volksrepublik China jedoch distanziert gegenüberstehende te, besonders konspiraKABD wurde im August 1972 durch Zusammenschluß der bis dativ agierende Funktiohin selbständigen Organisationen "Kommunistischer Arbeiternärsgruppe bund/Marxisten-Leninisten" - KAB/ML - und "Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten (Revolutionärer Weg)" - KPD/ML (RW) - gegründet. Der KABD läßt sich vom Marxismus-Leninismus und - unbeschadet seiner Kritik an der neuen chinesischen Führung-von den Ideen MAO TSE-TUNGs leiten und sieht sich als "politische Vorhutorganisation der deutschen Arbeiterklasse", deren "grundlegendes Ziel" der "Sturz des kapitalistischen Ausbeuterund Unterdrückersystems" und die "Errichtung der Diktatur des Proletariats" ist. Bundesweit verfügt der KABD über etwa 400 Mitglieder (1977: 500), die überwiegend im südund südwestdeutschen Raum sowie in Nordrhein-Westfalen organisiert sind. Dem Landesverband Baden-Württemberg, dem mehrere Ortsgruppen unterstehen, gehören etwa 80 Personen an. Schwerpunktmäßig tritt die Organisation in S t u t t g a r t , Ulm, Heilbronn, Reutlingen und Böblingen auf. Die Führungsgremien des KABD befinden sich in Haan (Nordrhein-Westfalen), das Zentralorgan "Rote Fahne", das vierzehntägig erscheint, wird nach wie vor im Verlag "Neuer Weg" in S t u t t g a r t herausgegeben. Der KABD, dessen Jugendorganisation "Revolutionärer Jugendverband Deutschlands" (RJVD) und die ihm eng verbundenen "Kommunistischen Studentengruppen" (KSG) gehörten auch 1978 zu den am konspirativsten auftretenden Organisationen der "Neuen Linken" im Bundesgebiet. Nahezu alle von diesen Vereinigungen verbreiteten Publikationen enthielten ein falsches Impressum. Die Gruppen hielten ferner an der Praxis fest, die personelle Zusammensetzung der zentralen und regionalen Führungs43 gremien geheim zu halten. Diese Verhaltensweise war - neben ef\OAAAUAA lentukwdeai!I KOLLEGEN! Die Unternehmer wollen mit allen Mitteln die Metaller in die Knie zwingen. Nach der Aussperrung in Nordbaden/Nordwürttemberg wird mit offenen Repressalien gegen streikende Arbeiter vorgegangen: * Streikposten werden gefilmt * Zum Streikbruch werden Angestellte aufgehetzt * Streikposten werden mit Gerichtsklagen bedroht und mit Fahrzeugen angegriffen. Hinter diesen Angriffen verbirgt sich die wirtschaftliche und politische Macht einer kleinen Handvoll Monopolherren, die in den Unternehmerverbänden ihre Schaltzentrale haben. In unserem theoretischen Organ REVOLUTIONÄRER WEG Nr. 17 "Der staatsmonopolistische Kapitalismus in der BRD" haben wir zur Wirtschaft Eichen Machtkonzentration festgestellt: "Während von 1970 -- 75 der Umsatzanteil der Gruppe der Unternehmen mit einem Umsatz bis 1 Milliarde DM von 22,9 auf 15,1 % und die der zweiten Gruppe mit einem Umsatz zwischen 1 und 5 Milliarden DM von 29,2 auf 24,6 % zurückging, erhöhte sich der Umsatzanteil der größten Konzerne mit über 5 Milliarden DM Umsatz von 47,9 auf 60,3 % des gesamten Umsatzes der 250 Monopolgesellschaften." Diese Großkonzerne sind die eigentlichen Drahtzieher der Monopoloffensive. Wir schrieben weiter: "Diese Zahlen zeigen nicht nur das starke Übergewicht der Großbetriebe, sondern auch die wirtschaftliche Machtzusammenballung einer Handvoll Monopole mit ihren Entscheidungszentren in der Wirtschaft." KOMMUNISTISCHER ARBEITERBUND DEUTSCHLANDS J PS3KABD anderen gleichfalls taktischen Erwägungen - der Grund, warum der KABD auch 1978 sich nicht zur Teilnahme an Landtagsoder Kommunalwahlen entschließen konnte und nur selten größere öffentliche Veranstaltungen durchführte. Zu den wenigen Ausnahmen gehörten die im November 1978 in Dortmund und Nürnberg aus Anlaß des 10jährigen Erscheinens des RJVD-Organs "Rebell" veranstalteten Kundgebungen. Unter den etwa 1000 Personen, die nach Nürnberg gekommen waren, befanden sich auch zahlreiche KABD-, RJVDund KSG-Angehörige aus Baden-Württemberg. Damit konnten diese Organisationen, wie bereits in früheren Jahren, erneut einen Personenkreis mobilisieren, der an Zahl den eigenen Mitgliederbestand bei weitem übertrifft. Im Mittelpunkt der öffentlichen Aktivität des KABD und des RJVD stand wiederum die im "Interesse der Arbeiterklasse" betriebene Agitation gegen die Gewerkschaftsführung und die Wirtschaft. Diese wurde auch 1978 begleitet von der Aufforderung beider Organisationen an ihre Mitglieder und Anhänger, sich aktiv --jedoch 44 in weitgehend verdeckter Form-in den Gewerkschaften und Betrieben zu betätigen, um damit die Betriebsarbeit zu intensivieren. 3.5 "Kommunistischer Bund" (KB) Der 1971 von maoistischen Gruppen in Norddeutschland, Berlin und Frankfurt/M. gegründete "Kommunistische Bund" (KB), der bisher über kein geschriebenes Programm verfügt, beruft sich in seinem Status auf den Marxismus-Leninismus und dessen Weiterentwicklung durch MAO TSE-TUNG. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, die chinesische Theorie vom ,,Sozialimperialismus der Sowjetunion" und die außenpolitische Annäherung der Volksrepublik China an die USA heftig zu kritisieren. Der KB steht aber auch der Sowjetunion und den von ihr abhängigen osteuropäischen Staaten distanziert gegenüber. Wie alle Gruppen der "Neuen Linken" betrachtet der "Kommunistische Bund" den Einsatz von Gewalt als legitimes Mittel des politischen Kampfes. Seine Anhänger waren wiederholt in vorderster Reihe an militanten Aktionen im Rahmen der teilweise von linksextremen Gruppen mitbeeinflußten Kampagne gegen den Bau von Kernkraftwerken beteiligt. Trotz breiter Aktivität mußte auch der KB im Jahre 1978 personelle Verluste hinnehmen: Ende des Jahres zählte er bundesweit noch etwa 1400 tätige Anhänger gegenüber 1700 im Vorjahr. Die Mehrzahl seiner Aktivisten ist noch immer in Norddeutschland, vor allem in Hamburg, organisiert. In Baden-Württemberg verfügt die Vereinigung über fünf Stützpunkte und Kontaktadressen in Freiburg, S t u t t g a r t , Heidelberg, Pforzheim und Karlsruhe, denen höchstens 30 Personen zuzurechnen sind. Der KB ist allerdings bemüht, seine Organisation in Baden-Württemberg künftig verstärkt auszubauen. Um dies zu erreichen ist beabsichtigt, zunächst den Verkauf des Zentralorgans "Arbeiterkampf" zu steigern, um dadurch weitere Interessenten zu gewinnen. 3.6 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Der "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) entstand 1973 aus dem Zusammenschluß mehrerer örtlich tätiger maoistisch-orientierter Zirkel in Bayern. Er bekennt sich in seinen programmatischen Erklärungen zum Marxismus-Leninismus und zu den Lehren von MAO TSE-TUNG. Er will --wie die übrigen dogmatisch fixierten linksextremen Organisationen - im "revolutionären Kampf" gegen die "herrschende Ausbeuterklasse" die Diktatur des Proletariats errichten. Die Tätigkeit dieser Gruppe konzentriert sich noch immer überwiegend auf Bayern. Versuche, in anderen Bundesländern organisatorisch Fuß zu fassen, blieben auch 1978 weitgehend erfolglos; dies gilt auch für Baden-Württemberg. Zwar führte der "Arbeiterbund" aus Anlaß seines 10jährigen Bestehens eine durch eine landesweite Plakataktion vorbereitete Veranstaltung in S t u t t g a r t sowie Diskussionsabende in weiteren Städten des Landes durch; 45 der Aufbau von Stützpunkten gelang jedoch bisher nicht. 3.7 Aktivitäten trotzkistisch orientierter Organisationen "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) und "Kommunistische Liga" (KL) Der Bereich des organisierten Trotzkismus in der Bundesrepublik Trotzkistische GruppieDeutschland ist seit vielen Jahren durch die Existenz einer Vielzahl rungen mit dem Ziel von in der Regel mitgliederschwachen Vereinigungen gekennder "Diktatur des Prozeichnet, deren Konkurrenz untereinander meist auf taktische und letariats" in der Staatsweniger auf ideologische Auffassungsunterschiede zurückgeht. form einer RäteherrIm Jahre 1978 wurde erneut versucht, durch eine engere Koopeschaft. ration wenigstens zweier Organisationen der Zersplitterung entgegenzuwirken: Im April haben sich die seit 1968 bundesweit tätige "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) und die erst im März 1978 gegründete ,,Kommunistische Liga" (KL), die sich hauptsächlich aus ehemaligen Mitgliedern einer 1977 vom ebenfalls trotzkistischen "Spartacusbund" abgespaltenen Fraktion zusammensetzt, zunächst auf die "Einleitung eines Vereinigungsprozesses mit dem Ziel der Bildung einer einheitlichen gemeinsamen Organisation" geeinigt. Beide Gruppierungen gehen dabei übereinstimmend von der "Notwendigkeit... einer Weltpartei der sozialistischen Revolution" aus und machen sich damit vorbehaltlos die von TROTZKI entwickelte Lehre von der "permanenten Revolution", deren Endziel die Errichtung einer "Dikatur des Proletariats" in der Staatsform einer Räteherrschaft ist, zu eigen. Die GIM ist mit etwa 450 Mitgliedern (1977: 500) nach wie vor mit Abstand die bedeutendste trotzkistische Organisation im Bundesgebiet. Die Führungsgremien, die sich in Frankfurt/M. befinden, geben das wöchentlich erscheinende Organ "was tun" sowie die theoretische Zeitschrift "die internationale" heraus. Hergestellt werden diese und andere Veröffentlichungen der Organisation im Verlag "Internationale Sozialistische Publikationen" (ISP), Frankfurt/M., dessen Gesellschafter GIM-Funktionäre sind. In Baden-Württemberg dürfte die Vereinigung ihren Mitgliederbestand des Vorjahres von etwa 80 Angehörigen, die in 8 unterschiedlich starken Ortsgruppen und Stützpunkten organisiert sind, im wesentlichen gehalten haben. Die örtlichen Aktivitäten dieser Gruppen beschränkten sich weitgehend auf die Verbreitung von Publikationen und die gelegentliche Durchführung öffentlicher Veranstaltungen. Deutlicher trat auch 1978 wiederum die GIM an den Universitäten T ü b i n g e n , Freiburg und Heidelberg in Erscheinung. Im Mittelpunkt der vor allem publizistisch geführten Agitation standen Probleme der "Massenarbeitslosigkeit" und die angeblich zunehmende "staatliche Repression", die nach Auffassung der GIM vor allem in den "Berufsverboten" zum Ausdruck kommt. In diesem Zusammenhang setzte sich die GIM auch intensiv für die Durchführung des "III. Internationalen RUSSELL-Tribunals zur Situation der Menschenrechte in der BRD" Ende März 1978 in Frankfurt/M. ein. Die Bemühungen der GIM, wenigstens auf örtlicher Ebene verdeckt Einfluß auf Gewerkschaften und Betriebe zu gewinnen, blieben auch weiterhin ohne nennenswerten Erfolg. 46 Sonstige trotzkistische Vereinigungen Der 1974 gegründete trotzkistische "Spartacusbund", der noch im Jahre 1976 an den Landtagswahlen in Baden-Württemberg teilgenommen hatte, hat zwischenzeitlich seine Tätigkeit im Bundesgebiet fast völlig eingestellt. Die Ursachen dafür waren unüberbrückbare politische Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Organisation, die zunächst zur Abspaltung von Fraktionen führten, deren Anhänger sich schließlich in neuen Vereinigungen und Gruppierungen zusammenschlossen. Aus einer dieser Fraktionen entstand 1978 die "Kommunistische Liga" (KL), die bisher in Baden-Württemberg nur in K a r l s r u h e mit ersten Flugblattaktionen in Erscheinung trat. Der in mehreren Bundesländern tätige " B u n d Sozialistischer Arbeiter" (BSA) und dessen Jugendgruppe,.Sozialistischer Jugend- b u n d " (SJB), die zusammen etwa 150-200 Mitgliederzählen, waren 1978 in Baden-Württemberg nicht mehr aktiv. Die früheren Stützpunkte in R e u t l i n g e n und S t u t t g a r t dürften aufgelöst sein. Neu Fuß fassen in Baden-Württemberg will dagegen die trotzkistische "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG). Nach Hinweisen in ihrem Zentralorgan "Sozialistische Arbeiterzeitung" (SAZ) verfügt s i e - v o n Zellen im norddeutschen Raum abgesehen - auch über Kontaktstellen im Raum M a n n h e i m / L u d w i g s h a - f e n / H e i d e l b e r g und in H e i l b r o n n . Außer der gelegentlichen Verteilung des Zentralorgans sind jedoch bis Ende 1978 keine weiteren Aktivitäten dieser Organisation im Lande festgestellt worden. 4. Organisationen der "Alten Linken" 4.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) DKPUnmittelbar nach dem Verbot der "Kommunistischen Partei "Feste Verbundenheit" Deutschlands" (KPD) durch das Bundesverfassungsgericht am mit der Sowjetunion 17. August 1956 begann derauf die Illegalität vorbereitete "Appaund der DDR. rat" der " a l t e n " KPD mit der verdeckten Arbeit, die in den folgenden Jahren in enger Einbindung in die Direktiven aus Ost-Berlin weitergeführt wurde. Mit Beginn des Jahres 1967 glaubte die sich 47 in der DDR aufhaltende Führung der illegalen Partei einen für sie und die unverändert weiter erhobene Forderung nach Wiederzulassung der KPD günstigen Trend in der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik Deutschland feststellen zu können. Sie reagierte daher offiziell zunächst noch ablehnend auf die zunehmende Diskussion um die Neugründung einer Kommunistischen Partei. Um so überraschender war es, daß man im September 1968, vor allem wohl aufgrund der bei führenden Funktionären inzwischen gereiften Erkenntnis, die Aufhebung des Verbots der KPD werde nicht zu erreichen sein, die "Neukonstituierung" der,,Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) beschloß, deren organisatoriDeutsche Kommunistische iFestveran staltung 60JAHRE ftwatth;,. ^ÜRE " K P D * 10 JAHRE scher Aufbau in den Bundesländern rasch in Angriff genommen wurde. Die orthodox-kommunistisch ausgerichtete DKP konnte sich seitdem - nicht zuletzt aufgrund der zum Zeitpunkt ihrer Gründung noch vorhandenen "Kaderreserve" aus der "illegalen" Zeit - zur mitgliederund finanzstärksten linksextremen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland entwickeln, die von Düsseldorf aus vom Parteivorstand und dessen Präsidium straff geführt wird. In wenigen Jahren konnte sie im Bundesgebiet 12 Bezirksorganisationen bilden, die in zahlreiche Kreisorganisationen untergliedert sind, denen wiederum mit den Wohngebiets-, Betriebsund Hochschulgruppen die eigentlichen Grundeinheiten der DKP unterstehen. Nach eigenen Angaben zählte die Partei im Bundesgebiet zum Zeitpunkt des Parteitages im Oktober 1978 46480 Mitglieder, das sind 4027 mehr als im Jahre 1976. Allein im Jahre 48 1977 will sie durch eine mit erheblichem Aufwand betriebene Werbekampagne rund 5000 neue Mitglieder gewonnen haben. Tatsächlich dürften in der Partei gegenwärtig etwa 42 000-43000 Mitglieder organisiert sein, nur wenig mehr als im Jahre 1977. Die DKP vermied es auch 1978 sorgfältig der von ihr regelmäßig bekanntgegebenen Zahl der Neuaufnahmen jene der Parteiaustritte Der Organisationsaufbau der DKP RevisionsSchiedskommission kommission Bezirksorganisation / RevisionsSchiedskommission kommission Kreisorganisation Grundorganisation - Wahl - Rechenschaftspflicht * Anleitung Wohngebietsgruppe Hochschulgruppe und -ausschlüsse gegenüberzustellen. Denn seit 1976 sieht sie sich in einigen Grundeinheiten immer wieder kritischen, die strikte Parteidisziplin ignorierenden Mitgliedern gegenüber, deren Aktivität die Partei teilweise nur noch durch Ausschlüsse unterbinden konnte. Ein im Januar 1978 in Heidelberg ausgeschlossenes Mitglied veröffentlichte in diesem Zusammenhang folgende Kritik an der Partei: "Die DKP ist kein monolithischer Block... Die dogmatische Minderheit hat fast alle Leitungsgremien okkupiert und jedes Mittel ist ihr recht, diese Positionen zu halten: Selektive Information der Parteibasis, massives Durchpeitschen von oben 49 geraachter Wahlvorschläge, Diffamierung von Kritikern. Neueste Zeichen von Schwäche sind die zahlreichen Parteiausschlüsse von Kritikern... ... Kritikunfähige Kommunisten machen aus dem wissenschaftlich-sozialistischen Gedankengebäude eine Leichenhalle..." Die in einigen DKP-Grundeinheiten in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr erfolgten Austritte und Ausschlüsse von Mitgliedern konnte die Partei jedoch durch eine intensiv geführte Werbung insgesamt wieder wettmachen. Ihr Mitgliederbestand hat sogar leicht zugenommen und dürfte sich nunmehr auf etwa 3150 Personen (1977: 3000) belaufen. Diese sind in 120, den 23 Kreisorganisationen nachgeordneten Grundeinheiten organisiert: Zahl der Grundeinheiten der DKP in Baden-Württemberg (Zahlen in Klammern: Stand 1977) WohngebietsBetriebsHochschulgruppen gruppen gruppen 89 (80) 18 (11) 13 (13) Die Zunahme der Zahl der DKP-Grundeinheiten in unserem Bundesland von 104 auf 120 ist teils auf Neugründungen, teils auf die Aufspaltung mitgliederstarker Ortsgruppen zurückzuführen. Ferner sind mehrere Betriebsgruppen, die 1977 untätig waren, reaktiviert worden. Dagegen gelang es der Partei nicht, die Zahl ihrer Orts-, Stadt-, Betriebsund Hochschulzeitungen in Baden-Württemberg weiter zu steigern. Dies lag vor allem daran, daß mehrere Stadtteilzeitungen zugunsten der Herausgabe einer einheitlichen Stadtzeitung eingestellt wurden: Zahl der DKP-Zeitungen in Baden-Württemberg (Zahlen in Klammern: Stand 1977) Ortsund StadtBetriebsHochschulzeitungen zeitungen zeitungen 24 (33) 14(14) 9(9) Zu den wichtigsten auch in Baden-Württemberg verbreiteten Parteipublikationen zählt unverändert das Zentralorgan,.Unsere Zeit" (UZ), das täglich erscheint und dessen Wochenendausgabe eine Auflage von rund 60000 Exemplaren erreicht. Die DKP ist jedoch mit der verkauften Auflage der UZ noch immer unzufrieden; denn selbst Parteimitglieder sind den wiederholten Aufforderungen führender Funktionäre, die Zeitung zu abonnieren, nicht oder nur zögernd nachgekommen. 50 Die DKP versuchte auch im Jahre 1978 - wie indessen die Wahlergebnisse bei Bundestagsund Landtagswahlen zeigen, weitgehend erfolglos - durch Aufgreifen aktueller politischer, wirtschaftlicher und sozialer Probleme sich als,,echte Interessenvertreterin der Werktätigen" darzustellen. Die intensive Beschäftigung der Partei mit kommunalen Problemen diente gleichfalls diesem Ziel. Den Schwerpunkt ihrer nach außen sichtbaren Tätigkeit widmete die Partei bundesweit den sogenannten Berufsverboten, die s i e - ganzauf der Linie ihrer bisherigen Polemik-als "verfassungswidrig" bezeichnete und mit "polizeistaatlichen Praktiken" gleichsetzte. Ihre "vom Berufsverbot betroffenen Genossen" stellte die DKP als Opfer der angeblich "zunehmend eingeschränkten Freiheitsrechte" dar und versuchte in zahlreichen Stellungnahmen den Eindruck zu erwecken, daß sie, die "revolutionäre Partei der Arbeiterklasse", als Hüterin demokratischer Freiheiten und Rechte mit "aller Konsequenz" gegen die angebliche "Aushöhlung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen" kämpfe. Dabei fand sich die DKP in den zehn Jahren seit ihrer Gründung le51 diglich bereit, zu erklären, sie "wirke ... auf dem Boden des Grundgesetzes". Sorgsam vermied sie hingegen ein eindeutiges Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland. Das im Oktober 1978 auf dem 5. DKP-Parteitag in Mannheim verabschiedete neue Parteiprogramm, das die aus dem Jahre 1969 stammende Grundsatzerklärung abgelöst hat, hält an der verfassungsfeindlichen Zielsetzung der DKP unverändert fest. Danach versteht sich die DKP weiterhin als "revolutionäre Partei", deren Ziel es ist, über die "Errichtung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse" den Sozialismus einzuführen. Dies erfordereso bekennt die Partei unverhohlen - zunächst die "grundlegende Umgestaltung" und die "revolutionäre Überwindung der Machtund Besitzverhältnisse" in einem "harten Klassenkampf". Die DKP räumt ein, daß sie zumindest solange auf Bündnispartner angewiesen sei, wie die angeblich notwendige "Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt" noch nicht zur,.antimonopolistischen Demokratie" geführt habe. Diese Phase bezeichnet sie als die "Periode grundlegender Umgestaltungen", in der sodann eine von ihr mitgetragene Koalitionsregierung gebildet werden könne. Diese Regierung hätte - so die DKP-den "Einfluß neonazistischer und militaristischer Kräfte" in Armee, Polizei, Justiz und im Verwaltungsapparat sowie in den Massenmedien auszuschalten. Bezeichnenderweise vermeidet die Partei eine präzisere Umschreibung dessen, was sie unter "neonazistischen und militaristischen Kräften" verstanden wissen will. Damit ist einer willkürlichen Auslegung nach dem naheliegenden Muster der "Länder des realen Sozialismus" von vorneherein Raum gelassen worden. Daß die DKP nach Festigung ihres politischen Einflusses bei der Entmachtung ihrer Gegner jedenfalls nicht zögerlich zu verfahren gedächte, belegt etwa der Passus im Programm, wonach der Bundestag von "jeglicher großkapitalistischer Einflußnahme" zu "befreien" sei. Die "feste Verbundenheit" der DKP mit der Sowjetunion und der DDR ist weiterhin ungebrochen: "Entscheidender Prüfstein für jeden Kommunisten" - so heißt es auch im neuen Programm - "ist die Haltung zur Sowjetunion." Mit dem Bekenntnis zur "Geschlossenheit der kommunistischen Weltbewegung" kritisiert die Partei überdies auch sehr energisch die eurokommunistischen Bestrebungen in Südund westeuropäischen kommunistischen Parteien. Dennoch mußte auch die DKP zur Kenntnis nehmen, daß in einigen ihrer Grundeinheiten die starre Bindung an die Sowjetunion mißbilligt wird. Auf dem Parteitag in Mannheim wurden immerhin vier von DKP-Grundeinheiten vorgelegte Anträge deshalb nicht berücksichtigt, weil sie --so ein Funktionär --geeignet waren, das "positive Verhältnis zur Sowjetunion abzuschwächen". Zur Finanzierung ihrer umfangreichen Parteiarbeit konnte die DKP auch im Jahre 1978 wieder auf erhebliche finanzielle Mittel zurückgreifen, deren Höhe mindestens den 1977 erzielten Einnahmen entsprach. Im Rechenschaftsbericht für das Jahr 1977 hatte die Partei zwar insgesamt lediglich 13348000 DM an Einnahmen nachgewiesen. Nach gesicherten Erkenntnissen mußte jedoch 52 Einnahmeentwicklung der DKP (nach den im Bundesanzeiger veröffentlichten Rechenschaftsberichten 1970-1977). Die Einnahmen setzen sich zusammen aus: Mitgliedsbeiträgen; Beiträgen von "Fraktionsmitgliedern"; Einnahmen aus Vermögen, Veranstaltungen, Vertrieb von Druckschriften u. a.; Spenden; Krediten; Erstattungsbeträgen nach dem vierten Abschnitt des Parteiengesetzes; sonstigen Einnahmen. schon 1977 und muß unverändert auch 1978 davon ausgegangen werden, daß die DKP und ihre Hilfsund Tarnorganisationen mehr als 50 Millionen DM an Zuwendungen aus der DDR erhalten haben, ohne die der aufwendige Parteiapparat nicht hätte finanziert werden können. 4.2 "Soziaiistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) SDAJ-Junge Pioniere - Die SDAJ wurde bereits im Mai 1968, also wenige Monate, ehe orthodox-kommunistidie DKP entstand, konstituiert. Auf dem Gründungskongreß in Essche Jugendarbeit. sen waren zahlreiche spätere DKP-Mitglieder anwesend, darunter der heutige Parteivorsitzende Herbert Mies. Die schon damals deutlich sich abzeichnende enge Zusammenarbeit dieser,,sozialistischen Jugendorganisation" mit der DKP besteht unverändert. Zahlreiche SDAJ-Mitglieder gehören der Partei an, ihr Bundesvorsitzender ist bereits seit Jah ren Mitglied des DKP-Partei Vorstandes. Die "freundschaftliche Verbundenheit" der DKP mit der SDAJ, aber auch mit der Hochschulgruppe MSB Spartakus und der Kinder-Organisation ,,Junge Pioniere", wurde im neuen DKP-Parteiprogramm erneut bekräftigt. Wie die DKP erstrebt auch die SDAJ eine "sozialistische Bundesrepublik Deutschland", wobei sie die Führung der "Partei der Arbeiterklasse" in diesem Kampf vorbehaltlos anerkennt. Weltanschaulich bekennt sich die Jugendorganisation ebenfalls zu den Lehren von MARX, ENGELS und LENIN. Die eindeutig kommunistische Ausrichtung hindert die SDAJ freilich nicht daran, mit der Behauptung, ihre Tätigkeit bewege sich auf dem "Boden des Grundgesetzes", in der Öffentlichkeit den Eindruck uneingeschränkter Verfassungstreue erwecken zu wollen. Die Zahl der aktiven SDAJ-Mitglieder im Bundesgebiet dürfte sich entgegen den weit höher liegenden eigenen Angaben der Organi53 sation auf etwa 14000 belaufen. Trotz der auch 1978 betriebenen 4000 Düsseldorf 1 Mals/78 1,-DM F 2835 E umfangreichen Propagandaarbeit und der massiven Unterstützung durch die DKP konnte die SDAJ ihren Mitgliederbestand in Baden-Württemberg nur unwesentlich auf etwa 1 100 Personen erhöhen (1977: 1 000). Der Landesverband Baden-Württemberg umfaßt gegenwärtig etwa 56 örtliche Gruppen, darunter mehrere Stadtteilgruppen, die in 6 Kreisverbänden zusammengefaßt sind. Besondere Beachtung widmete die Jugendorganisation der Herausgabe von Zeitungen im örtlichen Rahmen, die jedoch häufig nur unregelmäßig erschienen sind. Als überregionales Organ verbreitet die SDAJ das Jugendmagazin "elan", dessen moderne Gestaltung, insbesondere die bewußt unverfängliche Aufmachung der Titelseite, möglichst viele Jugendliche zum Kauf und zur Lektüre bewegen soll. Die SDAJ setzte ihre Bemühungen um Aufnahme in weitere Stadtund Kreisjugendringe in unserem Lande fort. Sie ist jetzt in 15 Stadtjugendringen, nämlich in Baden-Baden, E t t l i n g e n , Geislingen, H e i d e l b e r g , H e i d e n h e i m , Heilbronn, Konstanz, Lahr, M a n n h e i m , P f o r z h e i m , Reutlingen, 54 Schwäbisch Hall, S t u t t g a r t , T u t t l i n g e n und W e i n h e i m , und in den 3 Kreisjugendringen H e i d e n h e i m , Heilbronn und Konstanz vertreten. DerVersuch, in den Bundesjugendring aufgenommen zu werden, war letztmals im Jahre 1977 gescheitert. Schwerpunktmäßig konzentrierte sich die SDAJ unverändert auf die Agitation zum Thema "Arbeitsund Lebensverhältnisse der Jugend". Bedingt durch den Rückgang der Zahl der arbeitslosen Jugendlichen richtete sie ihr Hauptaugenmerk vermehrt auf Schulprobleme. Die bereits seit Jahren bestehenden engen Kontakte zu anderen kommunistischen Jugendorganisationen, insbesondere zum sowjetischen ,,Komsomol" und zur "Freien Deutschen Jugend" in der DDR, wurden verstärkt. Gleichzeitig war die SDAJ aber auch um eine Vertiefung der Kontakte zu demokratischen Jugendorganisationen bemüht, um dadurch ihren Einfluß auf Jugendliche --ganz im Einklang mit der von der DKP propagierten und verfolgten Bündnispolitik - verstärken zu können. 4.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Die DKP verfolgt seit Jahren das Ziel, neben Jugendlichen und Studenten als künftige "Kaderreserve" auch Kinder organisatorisch zu erfassen. Dies zu verwirklichen ist die Aufgabe der im Jahre 1974 gegründeten Kinderorganisation "Junge Pioniere" (JP). Zur Notwendigkeit der Gründung dieser Vereinigung erklärte die DKP damals in ihrem theoretischen Organ "Marxistische Blätter" Nr. 3/1974: "Die Tradition sozialistischer Erziehung wird jetzt in der BRD fortgesetzt und frühere Ansätze werden aufgegriffen. Der bürgerlichen Klassenerziehung, der Kinderfeindlichkeit des Imperialismus wird eine sozialistische Organisation der Arbeiterkinder entgegengesetzt. Die Arbeiterkinder sind Kinder ihrer Klasse." Die Gründungskonferenz des Jahres 1974 hatte die noch heute gültige Satzung, ferner die "10 Grundsätze des Jungen Pioniere" sowie eine Erklärung "Für die Rechte der Kinder" beschlossen. Die Führung der DKP ist bestrebt, die Kinder an die SDAJ und-auf längere Sicht --auch an die DKP heranzuführen. Diesem Ziel dient mittelbar die Durchführung zunächst weitgehend "unpolitischer" Spielund Singnachmittage, Gruppenabende und Kinderfeste. Erst allmählich, etwa durch die Teilnahme an Jugendlagern der SDAJ, werden die Kinder stärker mit dem "sozialistischen" Zweck vertraut gemacht. Für die Zeit der jährlichen Schulferien organisieren DKP und SDAJ regelmäßig Ferienaufenthalte in der DDR. Als Auftakt zum "Internationalen Jahr des Kindes" veranstalteten die JP am 9. Dezember 1978 in Essen eine Kinderkonferenz zum Thema "Kinder berichten -- so leben, spielen und lernen wir". An der Veranstaltung beteiligten sich etwa 200 Kinder und zahlreiche 55 sogenannte Pionierleiter. Gäste waren unter anderem der DKP- Vorsitzende Herbert MIES und der SDAJ-Bundesvorsitzende Wolfgang GEHRKE. Der JP-VorsitzendeAchim KROOSS, Mitglied der DKP und der SDAJ, bezeichnete in seiner Rede die "großen Bosse" als,,Kinderfeinde Nr. 1 " und kritisierte, daß die JP nicht in der von Bundesministerin Antje HUBER geleiteten Kommission zum Jahr des Kindes vertreten sind. In Baden-Württemberg bestehen gegenwärtig 17 JP-Gruppen mit etwa 150 organisierten Kindern gegenüber 12 Gruppen mit etwa 100 Kindern im Jahre 1977, die von einer "Landesverantwortli- c h e n " in S t u t t g a r t betreut werden. Zur Information und Werbung wird - neben einigen JP-Mitteilungsblättern - das von der JP-Bundesleitung herausgegebene Organ "Willibald" verbreitet. Die Tätigkeit dieser Gruppierungen erschöpft sich weitgehend in einer mehr oder weniger einseitigen Kommentierung und Interpretation von Plänen und Maßnahmen der Bundesregierung und der Landesregierungen etwa auf dem Gebiet der Verteidigungs-, Bildungs-, Mittelstandsund Sicherheitspolitik. Stereotyp warnen sie ferner vor den angeblich ständig wachsenden "neonazistischen und antikommunistischen Tendenzen" in der Bundesrepublik Deutschland und werden den demokratischen Parteien vor, diesen Erscheinungen gegenüber wissentlich untätig zu verharren. Diese Agitationsthemen werden in gleicher Weise und kontinuierlich auch von der DKP aufgegriffen. Kritische Äußerungen der Leitungsgremien dieser Vereinigungen über Vorgänge und Zustände in kommunistischen Ländern wurden dagegen kaum bekannt, ebensowenig abgrenzende oder distanzierende Erklärungen gegenüber der DKP. 4.4 V o n der DKP beeinflußte Organisationen Die DKP ist seit ihrer Gründung intensiv bemüht, ihren Einfluß Bündnispolitk - über den eigenen Mitgliederund Anhängerkreis und den ihrer wichtiger Bestandteil Hilfsorganisationen hinaus auszudehnen. Dieses Ziel verfolgt sie kommunistischer Stramit der scheinbar unverfänglichen Forderung nach Herstellung eitegie. nes "breiten Bündnisses der demokratischen Kräfte". Darunter versteht sie die Initiierung von und die aktive Mitarbeit in "demokratischen Bewegungen, Bürgerinitiativen und Bündnis- s e n " , deren Zweck für die DKP häufig allein darin besteht, in aktuellen, in der Bevölkerung umstrittenen Fragen in der Öffentlichkeit agitieren zu können, ohne daß der steuernde Einfluß der DKP für Außenstehende und für die Mitglieder dieser Gruppierungen ohne weiteres erkennbar würde. Zu diesen " B e w e g u n g e n " zählen insbesondere die zahlreichen, fast ausschließlich im Zusammenhang mit der Kampagne gegen die sogenannten Berufsverbote auftreteden " K o m i t e e s " und "Initiativen". Im Rahmen dieser "Bündnispolitik" stützt sich die DKP auch auf von ihr - in unterschiedlichem Maße - beeinflußte und teilweise bereits seit Jahren bestehende Organisationen. Einige dieser Gruppen sind von Kommunisten gegründet, andere erst später von diesen unterwandert worden. In mehreren Vereinigungen sind wesentliche Beschlüsse gegen den Willen der DKP nicht 56 durchzusetzen, in anderen bleibt trotz des Einflusses der Partei noch Raum für politisches Eigenleben. Zu diesen von der DKP beeinflußten Organisationen zählen bei unterschiedlicher Intensität der Einflußnahme unter anderen: - Die "Deutsche Friedensunion" (DFU) - Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) - Das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) - Die "Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) 5. Zur Situation an den Hochschulen des Landes Linksextreme StudenDie zahlreichen linksextremen Studentengruppen haben ihre Agitengruppen setzen ihre tation an den Hochschulen des Landes auch im Jahre 1978 fortgeAgitation unvermindert setzt. Nach wie vor stehen sie untereinander in einem teilweise fort. mit Schärfe geführten Wettbewerb um die Gunst der Studenten. Politische Gemeinsamkeiten sind allenfalls bei der von allen Organisationen gleichermaßen betriebenen Kampagne gegen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland festzustellen. Die gemäßigten Hochschulgruppen stehen dabei im Mittelpunkt kommunistischer Angriffe. Folgende linksextreme Vereinigungen sind an den baden-württembergischen Hochschulen besonders aktiv: 5.1 "Marxistischer Studentenbund Spartakus" (MSB) Der MSB Spartakus ist der stärkste überregional tätige Studentenverband, der an fast allen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland mit eigenen Gruppen vertreten ist. Geführt wird die Vereinigung vom Bundesvorstand in Bonn. Sie war im Mai 1971 durch Zusammenschluß von etwa 40 bereits seit 1969 arbeitenden Gruppen der "Assoziation Marxistischer Studenten - Spartakus" (AMS Spartakus) gegründet worden. Der MSB Spartakus ist zwar formal organisatorisch unabhängig, arbeitet jedoch seit seiner Konstituierung eng mit der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) zusammen. Er bekennt sich - wie die DKP - zum Marxismus-Leninismus und setzt sich offen für die "sozialistische Revolution" ein. Die enge Verbundenheit mit der DKP wird auch dadurch dokumentiert, daß zahlreiche Mitglieder dieses orthodox-kommunistischen Studentenverbandes gleichzeitig der Partei angehören und in dieserteilweise auch herausgehobene Funktionen ausüben. So ist die Bundesvorsitzende des MSB Spartakus auch Mitglied des Parteivorstands der DKP. 5.2 "Sozialistischer Hochschulbund" (SHB) Der SHB ist einer der mitgliederstärksten Studentenverbände in 57 der Bundesrepublik Deutschland. Seine zahlreichen örtlichen Gruppen sind in Landesverbänden zusammengeschlossen. Der Gesamtverband wird vom Bundesvorstand geleitet, der seinen Sitz in Bonn hat. DerSHB kämpft-so heißt es in seiner,,Grundsatzerklärung" von 1972 - auf der,,Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus um die sozialistische Umgestaltung der BRD". Die ,,marxistische Theorie" leiste hierbei einen Beitrag zum Sieg der "Arbeiterklasse" über die "Klasse des Monopolkapitals". Der Studentenverband unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von "Sozialisten und Kommunisten", die er seit Jahren in den studentischen Gremien zahlreicher Hochschulen mit dem MSB Spartakus tatsächlich auch praktiziert. 5.3 "Kommunistische Hochschulgruppe" (KHG) Die bereits seit 1971/72 an einigen Universitäten Baden-Württembergs agierenden "Kommunistischen Hochschulgruppen" (KHG) nahmen unmittelbar nach der Gründung des "Kommunistischen Bundes Westdeutschland" (KBW) im Juni 1973 ihre Arbeit als örtliche Studentenorganisation der Partei an nahezu allen Hochschulen des Landes auf. Seit 1976 sind mehrere lokale Gruppen des Studentenverbandes in "Bezirken" zusammengefaßt, deren Bereiche sich mit denen der Bezirksverbände des KBW decken. Die Mitglieder der KHG, die oft zugleich auch dem KBW angehören, agitieren an den Hochschulen "auf der Grundlage des Programms des KBW", für dessen "Verankerung in den studentischen Massen" sie sich vorbehaltlos einsetzen. Sie unterstützen damit unmittelbar die verfassungsfeindlichen Ziele des KBW wie "Zerschlagung des bürgerlichen Staatsapparates" und "Errichtung der Diktatur des Proletariats" als Vorbedingung zur Durchsetzung der "sozialen Revolution". Die KHG identifiziert sich außerdem mit der Absicht der Partei, die,.politische Macht mit Waffengewalt" zu erkämpfen. 5.4 "Kommunistischer Studentenverband" (KSV) Der KSV wurde im Mai 1971 von der maoistischen KPD als deren Studentenverband gegründet. Die örtlichen Gruppen eines Landes sind über Regionalleitungen mit der "Zentralen Leitung" des KSV in Köln verbunden. Die für Baden-Württemberg zuständige Regionalleitung hat ihren Sitz in S t u t t g a r t . Nach seinem Statut verfolgt der KSV das Ziel, "möglichst große Teile der Studenten für das Bündnis mit der Arbeiterklasse zu gewinnen". Zu diesem Zweck unterstellt sich der KSV der politischen Führung der KPD und propagiert wie diese die,.Zerschlagung" der verfassungsmäßigen Ordnung durch den bewaffneten Kampf, der zur Errichtung der "Diktatur des Proletariats und letztlich der "klassenlosen Gesellschaft" führen soll. 5.5 "Kommunistische Studentengruppen" (KSG) Am 16./17. Juni 1973 haben sich die an mehreren Universitäten im Bundesgebiet bestehenden "Kommunistischen Studenten58 Publikationen linksextremer Studentengruppen gruppen/Marxisten-Leninisten" (KSG/ML) "bundesweit" zusammengeschlossen und die "Kommunistischen Studentengruppen" (KSG) als Studentenorganisation des "Kommunistischen Arbeiterbundes Deutschlands" (KABD) gebildet. Die KSG bekennen sich eindeutig zu den Grundsätzen der kommunistischen Ideologie maoistischer Prägung. Gemeinsam mit dem KABD setzen sie sich für die gewaltsame Errichtung der "Diktatur des Proletariats" ein. 5.6 "Kommunistischer Studentenbund/ Marxisten-Leninisten" (KSB/ML) Nach der Gründung der KPD/ML am 31. Dezember 1968 nahm auch deren Studentenorganisation, der "Kommunistische Studentenbund/Marxisten-Leninisten" (KSB/ML) seine Arbeit auf. Er konnte jedoch in den zurückliegenden Jahren nur an wenigen Hochschulen organisatorisch Fuß fassen. Bis zum Beginn des Jahres 1978 trat der KSB/ML als "Sektion der Roten Garde", der Jugendorganisation der KPD/ML, auf und bildete damit eine Unterorganisation des Jugendverbandes. Im Mai 1978 wurde be59 schlossen, die "Bezeichnung KSB/ML" aufzugeben und die Mit- glieder der Studentengruppe in die nunmehr direkt an den Hochschulen agierende "Rote Garde" zu überführen. Die ,,Rote Garde" unterstützt vorbehaltlos das Ziel der KPD/ML, die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Bundesrepublik Deutschland durch einen revolutionären Umsturz zu beseitigen. Proteste gegen Universitätsgesetze Im Jahre 1978 war in Baden-Württemberg das am I.Januar 1978 in Kraft getretene "Gesetz über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg" (Universitätsgesetz) Gegenstand massiver Protestaktionen. Das Gesetz war im Anschluß an das vom Deutschen Bundestag beschlossene Hochschulrahmengesetz am 22. September 1977 vom Landtag von Baden-Württemberg verabschiedet worden. Die vor allem von linksextremen Hochschulgruppen ausgehende scharfe Kritik an diesem Gesetz entzündete sich in erster Linie an den Vorschriften über die Mitwirkung der Studenten. Unbeschadet ihrer Kritik am Universitätsgesetz haben sich verschiedene linksextreme Hochschulgruppen gleichwohl an den Wahlen zum Großen Senat im Jahre 1978 beteiligt, allerdings - wie sich zeigte - in der Absicht, entweder die Arbeit des AStA durch Untätigkeit ihrer Funktionäre lahmzulegen oder zumindest zu verhindern, daß Angehörige gemäßigter Studentengruppen in diesen Gremien Funktionen übernehmen können. Die an den 9 Universitäten des Landes im Jahre 1978 durchgeführten Wahlen zum Großen Senat zeigen, daß der organisierte Linksextremismus seine Stellung und seinen Einfluß an den Hochschulen des Landes nicht verstärken konnte. Nach wie vor ist er-trotz Übereinstimmung in den langfristigen Zielen des Kampfes gegen unsere Staatsund Verfassungsordnung -- in mehrere ideologisch verfeindete Gruppen gespalten, die sich eng an die ihnen jeweils verbundene Kommunistische Partei (DKP, KPD, KBW, KPD/ML) anlehnen. Den zahlreichen dogmatisch fixierten linksextremen Hochschulgruppen war zudem in den beiden vergangenen Jahren in den Zusammenschlüssen der sogenannten undogmatischen Neuen Linken eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen mit der Folge, daß die kommunistischen Studentengruppen bei den Studentenparlamentswahlen des Jahres 1977 teilweise erhebliche Stimmenverluste hinnehmen mußten. Aber auch 1978 konnten sie ihren Stimmenanteil nicht erhöhen, obwohl die Mehrzahl der undogmatischen Gruppierungen inzwischen ihre Tätigkeit wieder eingestellt beziehungsweise sich aufgelöst und deshalb an den Wahlen zum Großen Senat, etwa an den Universitäten Freiburg und H e i d e l b e r g , nicht mehr teilgenommen hat. Von allen linksextremen Hochschulgruppen vermochte sich weiterhin der MSB Spartakus, der an 8 von 9 Universitäten ausschließlich in Form von Listenverbindungen - zumeist vom SHB und "Unorganisierten" mitgetragen - auftrat, am besten zu behaupten. Diese "Bündnislisten" errangen 28 der insgesamt 116 zu vergebenden Mandate (9 ASten mit 116 Mitgliedern). Die in früheren Jahren überaus einflußreiche KBW-Studentenorganisa60 tion "Kommunistische Hochschulgruppe" (KHG) ist nur noch über die von ihr beeinflußte "Liste für den Aufbau von Fachschaften" im AStA der Universität H e i d e l b e r g vertreten. Die bereits erwähnten maoistisch orientierten Studentenvereinigungen der KPD, der KPD/ML sowie des KABD sind gegenwärtig ohne Sitz in den Allgemeinen Studentenausschüssen. Aus Protest gegen das Universitätsgesetz wurden an den Hochschulorten K a r l s r u h e , K o n s t a n z , F r e i b u r g und M a n n h e i m ungeachtet der neuen Rechtslage auch Wahlen, gleichsam auf privater Basis, zum nicht mehr vorgesehenen Studentenparlament und zum AStA (sogenannter Unabhängiger AStA = UStA) durchgeführt. An diesen Wahlen beteiligten sich sowohl linksextreme als auch gemäßigte Hochschulgruppen. 61 II. Rechtsextremistische Bestrebungen 1. Allgemeiner Überblick Im Jahre 1978 hat sich die bereits in den vergangenen Jahren erRückläufige Tendenz kennbar gewordene rückläufige Tendenz beim organisierten,,,albei der "alten" Rechten t e n " Rechtsextremismus -- repräsentiert im wesentlichen durch - zunehmende Aktividie,,Nationaldemokratische Partei Deutschlands" ( N P D ) - w e i t e r täten neonazistischer fortgesetzt. Zirkel. Im Zuge dieser bundesweiten Entwicklung ging in Baden-Württemberg die Zahl der aktiven rechtsextremistischen Vereinigungen einschließlich der Buchdienste und Verlage von 40 (1977) auf 36 zurück. Zugleich verringerte sich ihre Gesamtmitgliederzahl weiterauf nunmehr etwa 2 1 0 0 - 2 3 0 0 . Gegenwärtig verfügen nur noch die NPD sowie die unter der Bezeichnung,, National-Freiheitliche Rechte" auftretenden Kräfte um den Herausgeber der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), Dr. Gerhard FREY, München, über eine größere Anhängerschaft. Im Bereich des übrigen Rechtsextremismus ist ei ne weiter fortschreitende Zersplitterung in Kleinund Kleinstgruppen mit entsprechend niedrigen Mitgliederzahlen kennzeichnend. Gegenüber dem Vorjahr deutlich zugenommen haben die Aktivitäten neonazistischer Zirkel. Neben Schmierund Klebeaktionen sowie der Verbreitung zahlreicher Propagandamaterialien lassen sich erste rechtsextremistische gewalttätige Handlungen nachweisen. Ein Vergleich mit der vornehmlich im norddeutschen Raum auftretenden Häufung neonazistischerZusammenschlüsse und deren wachsender Militanz zeigt jedoch, daß Baden-Württemberg in den zurückliegenden Jahren kein Schwerpunkt dieser Entwicklung war. Vergleichbare Fälle neonazistischer Gewaltanwendung haben sich in unserem Land nicht ereignet. Gemein- s a m - w e n n auch in unterschiedlicher I n t e n s i t ä t - i s t allen rechtsextremistischen Organisationen das Ziel der Bekämpfung und der -- mitunter zügellosen - Diffamierung der freiheitlichen demokratischen Staatsund Verfassungsordnung. Ihre Agitation ist vielfach durch übersteigerte Betonung des ,,Volksganzen" und der "Volksgemeinschaft" auf Kosten der Rechte und Belange des einzelnen und durch die Verherrlichung des Dritten Reiches bei gleichzeitiger Verharmlosung oder Rechtfertigung nationalsozialistischen Unrechts geprägt. Bei den neonazistischen Gruppen kommt der offen erklärte Wille zur Beseitigung der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes und zur Errichtung eines dem nationalsozialistischen Führerstaat vergleichbaren Systems hinzu. Alle neonazistischen Gruppen unterhalten teilweise enge Kontakte zu gleichgesinnten ausländischen, im wesentlichen nazisti62 sehen oder extrem nationalistischen Kadern und Gruppierungen, vor allem in Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Spanien, in der Schweiz und den USA. Die "Neue Rechte", die im Gegensatz zur "alten" oder "konservativen Rechten" von volkssozialistischen und nationalrevolutionären Zielvorstellungen ausgeht, ist in Baden-Württemberg zur völligen Bedeutungslosigkeit abgesunken. Aus Absplitterungen der NPD hervorgegangen, haben sich die ab 1972 zur "Neuen Rechten" zählenden und in der Folgezeit als "Aktion Neue Rechte" (ANR), "Deutsche Sozialistische Volks-Partei" (DSVP), "Rechtsblock für Arbeiter, Bauern und Soldaten" (RB), "VolksblockNaturpolitische Volksbewegung", zuletzt als "Naturpolitische Volkspartei" (NPV), zeitweise aktiv gewordenen Organisationen inzwischen aufgelöst oder haben ihre politische Arbeit im wesentlichen eingestellt. Einige wenige noch tätige Restgruppen berufen sich neuerdings bei ihren politischen Forderungen unter anderem auf "die ewigen, ethnischen Naturgesetze"; darüber hinaus befassen sie sich mit Problemen des Umweltschutzes. In ihren programmatischen Aussagen sind rechtsextreme Tendenzen kaum mehr erkennbar. Die Finanzierung aller rechtsextremistischen Organisationen erfolgt im wesentlichen durch-oftmals nur schleppend eingehende - Mitgliedsbeiträge, spärlicher fließende Spenden ihrer Mitglieder und Anhänger, vereinzelt auch durch Zuwendungen gleichgesinnterausländischer Gruppen und Sympathisanten. Von den Vereinigungen um den Herausgeber der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ), Dr. FREY, abgesehen, befinden sich die Gruppierungen des organisierten Rechtsextremismus deshalb durchweg in einer mehr oder weniger prekären finanziellen Situation. 63 2. Neonazismus 2.1 Allgemeiner Oberblick Seit etwa 1973 ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur Offenes Bekenntnis zur eine allmählich ansteigende Verbreitung neonazistischen Gedan"Idee des Nationalsokenguts zu beobachten; es fanden sich darüber hinaus auch in zialismus". wachsendem Maße Personen und Gruppen bereit, in der Öffentlichkeit wieder für die Verwirklichung neonazistischer Ziele einzutreten. Inzwischen bestehen im Bundesgebiet etwa 25 neonazistische Gruppen und Kleinstzirkel mit rund 200 Aktivisten, zu denen noch annähernd 800 Sympathisanten hinzukommen. Bei den meisten dieser Gruppen handelt es sich um lose Zusammenschlüsse ohne feste Organisationsstruktur; zwischen ihren Führern und Mitgliedern bestehen jedoch Kontakte. Die Mehrzahl der zur Zeit aktiven Neonazis gehört Geburtsjahrgängen an, die das Dritte Reich nicht mehr bewußt, sondern nur im Kindesoder jugendlichen Alter erlebt haben oder die sogar erst nach Kriegsende geboren sind. Ältere Jahrgänge, insbesondere ehemalige NSDAP-Mitglieder, befinden sich inzwischen in der Minderzahl. Für die neonazistischen Gruppen steht die Wiedererrichtung eines dem NS-Staat vergleichbaren oder zumindest ähnlichen Systems im Vordergrund ihrer Tätigkeit. Sie bekennen sich deshalb offen zur "Idee des Nationalsozialismus". Ihr Ideologieverständnis ist dabei allerdings weniger vom Programm der NSDAP geprägt, zu dem sich einige Gruppen - wenn auch in modifizierter Form - verbal bekennen, sondern gründet vor allem auf der vom NS-Regime verkörperten totalitären Staatsmacht. Konsequenterweise ist daher ihre Agitation durch die Verherrlichung von Institutionen und Personen der Hitlerdiktatur, die Verharmlosung und Leugnung begangener NS-Verbrechen sowie durch einen unverhohlenen Antisemitismus gekennzeichnet. Sie fordern offen die Abschaffung der Demokratie und streben einen,,Machtwechsel" an, der nach ihrer Vorstellung zweifelsfrei zu einer Wiedergeburt des Nationalsozialismus hinführen würde. In den letzten Jahren ließ sich eine deutliche Zunahme rechtsextremistischer Ausschreitungen -- zumeist Hakenkreuzschmierereien, Friedhofsschändungen und sonstige Sachbeschädigungen -- feststellen. Hauptträger dieser Aktionen waren neben Einzelaktivisten und der von den USA aus agierenden ,,NSDAP -- Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) vornehmlich der ,,Kampfbund Deutscher Soldaten" (KDS), die "Deutsche Bürgerinitiative" (DBI), die "Bürgerund Bauerninitiative" (BBI) sowie eine Reihe sogenannter,,NS-Gruppen". Seit 1977 hat sich zudem - insbesondere im norddeutschen Bereich -- die Tendenz neonazistischer Aktivisten und Kleinstzirkel verstärkt, zur Gewaltanwendung überzugehen. So werden ein Banküberfall, mehrere Raubüberfälle sowie Diebstähle von Waffen und Munition neonazistischen Täterkreisen zugerechnet. Als erste rechtsextreme Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland, die bereits terroristische Züge tragen, sind die unter Führung von Michael KÜHNEN (Jahrgang 1955), Hamburg, und 64 DEUTSCHLAND WIR KOMMEN! Uwe ROHWER (Jahrgang 1937), Dörpstedt/Schleswig-Holstein, in Norddeutschland operierenden ,,NS-Gruppen" anzusehen: Nachdem KÜHNEN, der 1972/73 wenige Wochen den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) angehört hatte, im Frühsommer 1977 die in Hamburg unter den verschiedensten Bezeichnungen auftre65 tende NS-Gruppe übernommen hatte, gründete er im November 1977 die sehr rasch militant auftretende "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS). Die sich nach ihrer Satzung als "politische Stimme Großdeutschlands" verstehende Organisation fordert in ihrem "Kampfprogramm" den "Ersatz des abgewirtschafteten liberal-kapitalistischen Systems durch den ständisch organisierten starken Volksstaat" sowie die "Aufhebung des NS-Verbotes". KÜHNEN erklärte mehrfach offen seine Absicht, mit der ANS für die Erfüllung nationalsozialistischer Ziele kämpfen zu wollen. Publikationen neonazistischer Gruppierungen Kurze Zeit später, im Dezember 1977, bildete sich um ROHWER eine weitere, unter der Bezeichnung "Wehrsportgruppe Schleswig-Holstein" bekannt gewordene NS-Gruppe, die enge Kontakte zu KÜHNEN unterhielt. ROHWER war 1966 der NPD beigetreten und 1968 Kreisvorsitzender dieser Partei in Schleswig geworden. Von 1972 bis 1978 war er Führer des Gaues Schleswig-Holstein und Bundeskassenprüfer der "Wiking-Jugend" (WJ). 66 Beide NS-Gruppen sind verdächtig, vom November 1977 bis Februar 1978 mehrere schwere Straftaten begangen zu haben, um Waffen und Geld für die Durchsetzung ihrer neonazistischen Ziele zu erlangen. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat gegen KÜHNEN, ROHWER und andere deshalb am 1. Dezember 1978 Anklage erhoben. Den Angeschuldigten wird versuchter und vollendeter bewaffneter Raub, bewaffneter Raubüberfall auf ein Munitionsdepot der Bundeswehr und auf ein Biwaklager niederländischer Soldaten vorgeworfen. Daneben sieht sich die Öffentlichkeit seit einigen Jahren mit der teilweise überaus militant und provozierend vorgetragenen Agitation mehrerer neonazistischer Gruppen konfrontiert. Eine besondere Rolle unter den Wortführern und Initiatoren dieser neonazistischen Aktivitäten spielt Manfred ROEDER (Jahrgang 1929), Schwarzenbom/Hessen. Dieser seit Dezember 1976 mit einem vorläufigen Berufsverbot belegte Rechtsanwalt hat sich im Februar 1978 durch die Flucht ins Ausland der Vollstreckung einer in der Bundesrepublik Deutschland gegen ihn erkannten Freiheitsstrafe entzogen. ROEDER, in einer Reihe von Strafverfahren mehrfach mit Geldstrafen belegt, war am 27. Juni 1977 vom Landgericht Flensburg zu sechs Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung wegen Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und wegen Verunglimpfung des Staates rechtskräftig verurteilt worden. Mit der von ihm bereits 1971 gegründeten "Deutschen Bürgerinitiative e.V." (DBI), die keine eigentliche Mitgliederorganisation, sondern eherein Instrument zur Sammlung von Spenden für die Herausgabe rechtsextremistischer Pamphlete ist, agitierte ROEDER seit 1973 fanatisch für eine Rehabilitierung des NS-Regimes und den Fortbestand des "Deutschen Reiches". In den monatlich herausgegebenen "Briefen", die er seit seinem Abtauchen auch vom Ausland her verbreitet, wird sein immer distanzloseres und ungehemmteres Eintreten für die Ziele des Nazismus deutlich. In einem dieser Briefe bezeichnet er sein "offenes Bekenntnis zu Adolf Hitler als den Führer und das Vorbild unseres Volkes" als eine für ihn "befreiende Tat". In seinem "Bekenntnis zum Reich" vertritt ROEDER die Ansicht, durch die Verhaftung der letzten deutschen (Reichs-)Regierung sei das deutsche Volk seiner rechtmäßigen und gewählten Führung beraubt worden; danach sei das "schreckliche, das führerlose, das demokratische Zeitalter" angebrochen, das - in der Diktion ROEDERs-durch "Lüge, Rechtlosigkeit und Terror" gekennzeichnet ist. Als selbsternannter "Reichsverweser" nach dem früheren Großadmiral DÖNITZ will ROEDER deshalb die Regierung des "Großdeutschen Reiches" fortsetzen und damit die "Illegalität der Bundesrepublik Deutschland" dokumentieren. Der Agrarjournalist Thies CHRISTOPHERSEN (Jahrgang 1918), Mohrkirch/Schleswig-Holstein, der 1972 die neonazistische "Bürgerund Bauerninitiative e. V." (BBI) gegründet hatte, ist vor allem durch seinen Erlebnisbericht "Die Auschwitz-Lüge", zu dem ROEDER ein Vorwort beigesteuert hat, überregional be67 kanntgeworden. CHRISTOPHERSEN, der von Januar bis Dezem- ber 1944 im KZ Auschwitz als ,,Sonderführer für Pflanzenzucht" tätig war, bestreitet in der Broschüre die Vergasung von Juden in Auschwitz. Bei Aktionen und Veranstaltungen, ferner in der in seinem "Kritik-Verlag" erscheinenden Schriftenreihe "Kritik, die Stimme des Volkes" sowie in der unregelmäßig erscheinenden Zeitschrift "Die Bauernschaft" trat er mehrfach mit verharmlosenden Erklärungen zu den Judenvernichtungsaktionen der Nazis hervor. Der ehemalige RAD-Führer SCHÖNBORN (Jahrgang 1914), zunächst Sprecher eines "Frankfurter Kreises Deutscher Soldaten", wurde im April 1975 zum Vorsitzenden des "Kampfbundes Deutscher Soldaten" (KDS) gewählt, in den der Frankfurter Kreis umgebildet worden war. Der KDS leugnet in seinen Veröffentlichungen die Massenvernichtung von Juden und tritt für die BeenKampfbund Deutscher Soldaten Jo.ooo.J>Af zahlen wir für jede einwandfrei nachgewiesene "VER6A8UN8"*ln einer "GAS - KAMMER" eines deutschen KZ's. Wir akzeptieren keine KZ - Zeugen aus Polen, Israel oder den USA, die, wie in den NS - Prozessen, M E I N E I D E geschworen haben, ohne dafür belangt werden zu können. Wir b.nöligcn: * i NAME, VORNAME, WOHNORT, GEBURTSTAG, GEBURTSORT, I WO V E R H A F T E T , IN WELCHES KZ E I N G E L I E F E R T UNO IN I WELCHEM KZ " V E R G A S T " . VarantworlllcB! E R W I N S C H O N B O R N IKO") I, W N i U t M k r 68 *000 Frankfurt So digung der gegen mutmaßliche NS-Gewaltverbrecher anhängigen Verfahren ein. SCHÖNBORN organisierte wiederholt militante Demonstrationen, von denen zwei gegen die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in L u d w i g s b u r g gerichtet waren. Als "Wahlformation aller nationalen Gruppierungen der Bundesrepublik für die Europawahl" gründete SCHÖNBORN 1977 die "Aktionsgemeinschaft Nationales Europa" (ANE), die sich ursprünglich mit einer eigenen Liste an den Europawahlen beteiligen wollte. Als Kandidat war unter anderem Rudolf HESS vorgesehen. Sowohl Thies CHRISTOPHERSEN als auch Erwin SCHÖNBORN wurden bereits mehrfach wegen Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verunglimpfung des Staates und Beleidigung zu Freiheitsstrafen mit Bewährung sowie zu Geldstrafen verurteilt. Der FrührentnerWilhelmWÜBBELS (Jahrgang 1924) bemüht sich seit Jahren, in der Bundesrepublik Deutschland eine ,,neue NSDAP" aufzubauen. Zu diesem Zweck gründete er 1975 eine ,,NS-Gruppe", in der er alle anderen im Bundesgebiet existenten NS-Gruppen zusammenführen wollte. Seine Bemühungen blieben jedoch bisher erfolglos. Der Werbegraphiker Karl-Heinz HOFFMANN (Jahrgang 1937), Heroldsberg/Mittelfranken, gründete 1974 die nach ihm benannte "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG). Die Gruppe i s t - nach eigener Darstellung -- ein "nach militärischen Gesichtspunkten organisierter, straff geführter Freiwilligen-Verband" mit einer "dem regulären Militär entsprechenden hierarchischen Führerstruktur". Die aktiven Anhänger der Gruppe kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. In den vergangenen Jahren hat die WSG mehrfach-in den in-und ausländischen Medien stark beachtetegrößere "Übungen im Gelände" durchgeführt, in denen sie junge Männer in "Kampfausrüstung" durch Geländeund Nahkampfübungen ("Wehrsportertüchtigung") paramilitärisch ausbildet. Die politischen Ziele der "Wehrsportgruppe" sind in einem 19Punkte-Programm und in einem "Manifest" formuliert. Darin zeigt sich HOFFMANN "entschlossen", eine "radikale Veränderung der Gesamtstruktur herbeizuführen". Nur militante Kader als "kämpferische Speerspitze einer jungen Bewegung" seien dazu in der Lage, wobei der "Chef der WSG" vorgibt, an die "Möglichkeit (zu) glauben, dieses Ziel auch ohne den Einsatz der Waffen erreichen zu können". Gegen HOFFMANN, der Verbindungen zu rechtsextremistischen und neonazistischen Gruppierungen unterhält, haben die Behörden in den vergangenen Jahren wiederholt Maßnahmen eingeleitet. In Baden-Württemberg ist die WSG seit ihrem gemeinsamen Auftreten mit dem "Hochschulring Tübinger und Reutlinger Studenten e. V." am 4. Dezember 1976 in Tübingen, wobei es zu tätlichen Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern kam, nicht mehr aktiv geworden. Rechtsextremistische Einzelaktivisten sowie Angehörige verschiedener rechtsextremer Vereinigungen unterhalten jedoch weiterhin Kontakte zur WSG und nehmen auch 69 verschiedentlich an den sogenannten "Wehrsportübungen" teil. Neben den Hetzschriften dieser deutschen neonazistischen Gruppen haben die seit Jahren illegal ins Bundesgebiet eingeführten und weitgehend konspirativ verteilten "NS-Kampfschriften", Hakenkreuzaufkleber und -plakate der von den USA aus operierenden "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) in nicht unerheblichem Maße zum Erstarken und zur Ermunterung neonazistischer Kräfte in der Bundesrepublik Standorte der wichtigsten neonazistischen Gruppen in der Bundesrepublik Deutschland BBI = Bürgerund Bauerninitiative, Mohrkirch/Schleswig-Holstein ANS = Aktionsfront Nationaler Sozialisten, Hamburg NRAF = National-Revolutionäre Arbeiter-Front, Bremen NSDAP-AO = NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation UTK = Unabhängige Freundeskreise, Bochum DBI = Deutsche Bürgerinitiative, Schwarzenborn/Hessen KDS = Kampfbund Deutscher Soldaten, Frankfurt/Main KGD = Kampfgruppe Großdeutschland, Frankfurt DVG = Deutsch-Völkische Gemeinschaft, Karlsruhe KGP = Kampfgruppe Priem, Freiburg FK "Denk mit" = Freundeskreis "Denk mit!", Nürnberg ANE = Aktionsgemeinschaft Nationales Europa, Nürnberg NF = Nationale Front, München VSPD (PdA) = Volkssozialistische Bewegung Deutschlands (Partei der Arbeit), München WSG = Wehrsportgruppe HOFFMANN, Heroldsberg 70 Deutschland beigetragen. Die NSDAP-AO wird von dem Deutsch-Amerikaner Gary Rex LAUCK (Jahrgang 1953) in Lincoln, Nebraska/USA, geleitet. Er zeichnet auch verantwortlich für die "Kampfschrift" der Organisation, den ,,NS-Kampfruf". Zugleich ist er Herausgeber des im April 1978 erstmals erschienenen "Völkischen Beobachters". Die Aktivität der NSDAP-AO ist im Bundesgebiet in jüngster Zeit aufgrund mehrerer exekutiver Zugriffe spürbar zurückgegangen. Ein großer Teil der ersten Auflage des "Völkischen Beobachters" konnte sichergestellt werden. Gegen mehrere Aktivisten der NSDAP-AO im Bundesgebiet ermitteln die zuständigen Staatsanwaltschaften. 2.2 Neonazistische Aktionen in Baden-Württemberg Baden-Württemberg Obwohl die in Baden-Württemberg ansässigen neonazistischen kein Schwerpunktland Aktivisten bislang nicht die Militanz entwickelten, w i e sie den in neonazistischer AktiviNorddeutschland tätigen NS-Zirkeln eigen ist, war auch in unsetäten. rem Land im Jahre 1978 eine deutliche Zunahme neonazistischer Ausschreitungen festzustellen. Die Zahl der bekannt gewordenen Fälle stieg 1978 gegenüber dem Vorjahr von 24 auf 41 an: Regierungsbezirk Anzahl der Aktionen Stuttgart 11 Karlsruhe 18 Freiburg 9 Tübingen 3 Baden-Württemberg 41 Eine Aufschlüsselung der Aktionen ergibt folgendes Bild: RegierungsAktionsart bezirk Schmierund Aktionen gegen sonstige Klebeaktionen jüdische Aktionen wie Einrichtungen Versand von NS-Schriften u.a. Stuttgart 3 7 Karlsruhe Freiburg Tübingen 7 7 1 6 1 j Baden18 14 9 Württemberg Die erhebliche Zunahme neonazistischer Aktionen im Raum Karlsruhe ist auf die verstärkte Tätigkeit der im Berichtszeitraum einzigen in Baden-Württemberg aktiven NS-Gruppe, der "DeutschVölkischen Gemeinschaft" (DVG) in K a r l s r u h e , zurückzufüh71 ren. Zeichenerklärung: O Sonstige rechtsextremistische Aktionen (z. B. Versenden von * Schmierund Klebeaktionen NS-Propagandamaterial A Antisemitische Aktionen gegen Die Zahl in den Symbolen gibt die jüdische Einrichtungen (Friedhöfe) Anzahl der jeweiligen Aktionen an. Rechtsextremistische Aktionen in BadenWürttemberg 1978 2.2.1 "Deutsch-Völkische Gemeinschaft" (DVG), Karlsruhe Die DVG ist -- wie nahezu alle neonazistischen Zirkel -- keine Mitgliederorganisation. Sie rekrutiert sich vielmehr -- neben einem kleinen Kern von Aktivisten - aus zahlreichen Anhängern im ganzen Bundesgebiet, die vor allem bei der Verbreitung von Publikationen tätig werden. Die DVG war bereits 1973 von dem Bamberger Fuhrunternehmer Joachim FLOTH gegründet worden. Nach dessen Tod im Jahre 1976 übernahm Werner BRAUN (Jahrgang 1951), zunächst in Stutensee-Büchig, Kreis Karlsruhe, jetzt in Rastatt wohnhaft, die Leitung der Gruppe. Seitdem hat die Milita nz zumindest der Aktivisten deutlich zugenommen. Die Agitation in den Schriften der DVG wurde aggressiver. Als Mitteilungsblätter der DVG erschienen bis Mitte 1977 "Der Angriff", "Antikommunist" und ,,Die Wahrheit für Deutschland". Danach wurde nur noch "Der Angriff" in seiner ursprünglichen Form herausgegeben, während die übrigen Publikationen durch den "DeutschVölkischen Beobachter" ersetzt wurden. Wegendes Inhalts der in Massenauflage verbreiteten Schriften, die teilweise übelste neonazistische Hetzpropaganda enthalten, sind gegen BRAUN als dem Verantwortlichen außer in Baden-Württemberg auch in nahezu allen übrigen Bundesländern Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. 72 Neonazistische Schmierereien im HelmholtzGymnasium (Karlsruhe) Im März und April 1978 führten drei Angehörige der "DeutschVölkischen Gemeinschaft" mehrere Schmierund Klebeaktionen in Karlsruhe durch, wobei allein am Helmholtz-Gymnasium ein Sachschaden von DM 75 000,entstand. Anläßlich der bei den Tatverdächtigen daraufhin durchgeführten Hausdurchsuchungen konnten außer Propagandamaterial mehrere verrottete Handgranaten sowie Patronen für Handfeuerwaffen sichergestellt werden. Das Landgericht Karlsruhe verurteilte die DVG-Aktivisten am 7. Februar 1979 zu Jugendstrafen von einem Jahr bzw. von 10 73 Monaten. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Die Verurteilten erhielten die Auflage, den am Helmholtz-Gymnasium entstandenen Sachschaden wiedergutzumachen. Der Leiter der DVG, Werner BRAUN, wurde durch das Landgericht Karlsruhe bisher zweimal wegen Verwendens von Kennzeichen und Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (SSSS 86, 86a StGB) sowie einmal wegen Verunglimpfung des Staates (SS 90 a StGB) und versuchten Vergehens gegen das Waffengesetz rechtskräftig verurteilt. Im letzteren Falle hatte BRAUN im August 1978 versucht, durch einen Mittelsmann illegal vier Maschinenpistolen und 2 200 Schuß Munition zu erwerben. Seit der Verurteilung BRAUNsistdie DVG weitgehend inaktiv. Die Herausgabe der DVG-Schriften wurde inzwischen von Christian WORCH, Hamburg, einem führenden Funktionär der neonazistischen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten" (ANS), übernommen. Für die ANS hatte BRAUN bereits anläßlich der letzten Bürgerschaftswahlen in Hamburg Plakate gedruckt. Ferner hatten er und drei seiner Anhänger am 22. Juli 1978 an einer verbotenen OVG GEGEN KAPITALISMUS ZIONISMUS KOMMUNISMUS DVG FÜR VOLKSGEMEINSCHAFT ALLER DEUTSCHEN ! VOR ALLEM ANDEREN WOLLEN WIR ZUERST DEUTSCHE SEIN. DEUTSCHLAND DEN DEUTSCHEH - BESATZER RAUS ! L E H N SIE U N S " P I L W U A T T H U DEUTSCH - VÖLKISCHE GEMEINSCHAFT ( OVG ), WERNES I R A U N , POSTFACH 410 I M TWO KARLSRUHE 4 1 , POSTSCHECKKONTO KARLSRUHE I W * W . SPENDEN ERWÜNSCHT I 74 "Adolf-Hitler-Gedenkfeier" der ANS in Lentföhrden/SchleswigHolstein teilgenommen, wobei es zu tätlichen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. BRAUN und seine Begleiter waren dabei vorläufig festgenommen worden. Außer der ,,Deutsch-Völkischen Gemeinschaftr" traten in den Jahren 1974 bis 1977 in Baden-Württemberg die "Kampfgruppe Priem e.V." in Freiburg und die "NS-Gruppe Neufeld" in Mannheim durch neonazistische Aktionen in der Öffentlichkeit in Erscheinung. 2.2.2 "Kampfgruppe PRIEM e.V." (KGP), Freiburg i. Br. Im Juli 1974 gründete Arnulf Winfried PRIEM (Jahrgang 1948) in Freiburg i.Br, die nach ihm benannte "Kampfgruppe Priem e. V." (KGP). Sie zählte während ihrer aktivsten Zeit etwa 60-70 Mitglieder. Nach ihrem Programm wollte die Gruppe "Agitator und Vorkämpfer des nationalen Gedankens" sein. So wandte sie sich in Flugblättern gegen die Durchführung weiterer "Kriegsverbrecherprozesse" und forderte die Freilassung wegen NS-Verbrechen verurteilter Personen. In den Jahren 1974 bis 1976 trat die "Kampfgruppe Priem" mit mehreren spektakulären Aktionen an die Öffentlichkeit. So führte sie vom 1--8. November 1975 zusammen mit dem neonazistischen "Kampfbund Deutscher Soldaten" (KDS) in S t u t t g a r t einen Hungerstreik für die Freilassung von Rudolf HESS durch. Am 9./10. November 1975 beklebten mehrere Mitglieder der Gruppe in Freiburg ein neu errichtetes Mahnmal zum Gedenken an die Opfer der nazistischen Gewaltherrschaft mit Hakenkreuzaufklebern der "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAPAO) und beschmierten Häuser in der Nähe des Mahnmals mit NS-Parolen. PRIEM, der bei der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg am 4. April 1976 im Wahlkreis Freiburg II für die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) kandidierte, siedelte im August 1976 im Rahmen einer Berufsförderungsmaßnahme nach Berlin um und schloß sich dort einer "NSDAP-Ortsgruppe" an. Nach seinem Weggang aus Freiburg ging die Aktivität der "Kampfgruppe Prieme. V." spürbar zurück. Seit 1977 trat sie nicht mehr in Erscheinung. 2.2.3 "NS-Gruppe Neufeld", Mannheim Die "NS-Gruppe Neufeld", benannt nach ihrem Initiator Hans-Ulrich NEUFELD (Jahrgang 1944), M a n n h e i m , bildete sich Ende 1974 als loser Zusammenschluß von etwa 15 rechtsextremistischen Aktivisten. Öffentlich trat die Gruppe kaum in Erscheinung. Lediglich im Jahre 1975 wurden einige ihrer Angehörigen dabei betroffen, als sie in Mannheim und Ludwigshafen Plakate sowie Aufkleber der "NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) an Häuserwänden anbrachten und an mehreren Brücken der Bundesautobahn Mannheim-Frankfurt NS-Parolen und Hakenkreuze schmierten. Verdeckt unterhielt die Gruppe je75 doch enge Verbindungen zu anderen neonazistischen Zirkeln. So haben NEUFELD und seine Anhänger widerholt an Veranstaltungen der rechtsextremistischen "Deutschen Bürgerinitative e. V." (DBI) und des "Kampfbundes Deutscher Soldaten" (KDS) teilgenommen. Eine allmähliche Loslösung NEUFELDs von seiner Gruppe sowie die gegen ihn und mehrere seiner Anhänger wegen der genannten Schmierund Klebeaktionen durchgeführten Strafverfolgungsmaßnahmen bewirkten bereits 1976/1977 ein erkennbares Nachlassen der Aktivität der "NS-Gruppe" und schließlich ihre völlige Passivität. Die anderen in Baden-Württemberg festgestellten rechtsextremistischen Ausschreitungen, bei denen zum großen Teil Propagandamaterial der NSDAP-AO Verwendung fand, dürften im wesentlichen von konspirativ arbeitenden Einzeltätern oder von organisatorisch kaum verfestigten Zirkeln ausgeführt worden sein. 3. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) Die "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) wurde Kontinuierlich sinkende am 28. November 1964 in Hannover gegründet. Sie war das ErMitgliederzahl - Fordegebnis eines von der rechtsextremistischen "Deutschen Reichrung nach Umwandspartei" (DRP) nur zum Teil verwirklichten Versuchs, alle "nationalung in eine Kaderparlen" Splittergruppen in einer neuen Partei zu sammeln. Deshalb tei. bildeten auch über einige Jahre hin die alten DRP-Kader das organisatorische Rückgrat der NPD. Ihren größten, äußerlich meßbaren Erfolg errang die NPD bei den Landtagswahlen 1968 in Baden-Württemberg. Es gelang ihr, 9,8% der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich zu vereinigen und dementsprechend mit einer 12köpfigen Fraktion in den Landtag von Baden-Württemberg einzuziehen. Bereits nach der Bundestagswahl 1969, bei der die NPD die 5%Hürde nicht zu überspringen vermochte und sich mit einem Wahlergebnis von 4,3% begnügen mußte, wurden erste Anzeichen eines noch andauernden Zerfallsprozesses der Partei sichtbar. Die Mitgliederzahl sank seitdem kontinuierlich von etwa 28000 im Jahre 1969 auf nunmehr 8500. Selbst führende Funktionäre beurteilen heute die Lage der NPD wegen der "anhaltenden Führungskrisen" und der "Querelen innerhalb der Partei" sowie aufgrund "fehlender politischer Arbeit an der Basis" mit äußerster Skepsis; sie sei zu einer "Partei der Großväter und Enkel" geworden, in der die aktive mittlere Generation fehle. Aus diesen Gründen und wegen der schlechten Ergebnisse bei den Landtagsund Bürgerschaftswahlen 1978 in Bayern, Hessen, Niedersachsen und Hamburg fordern führende Funktionäre immer offener die Umwandlung der NPD von einer Wählerin eine kleine aber schlagkräftige Kaderpartei. Angesichts dieser sich weiter zuspitzenden Lage der NPD richteten sich die Bemühungen der Parteiführung im vergangenen Jahr 76 NPD-Mitgliederbewegung im Landesverband Baden-Württemberg vor allem auf die Oberwindung der durch anhaltenden Mitgliederschwund, durch Verknappung der finanziellen Mittel und durch zunehmende Resignation der verbliebenen Mitglieder gekennzeichneten Krise der Partei. Obgleich die NPD in ihrer Satzung vorgibt, "auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres politischen, geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens" zu stehen und sie im Gegensatz zu früheren Jahren ihre gegen die demokratische Staatsverfassung gerichteten Angriffe in der Öffentlichkeit mit mehr taktisch bedingterZurückhaltung vorträgt, dokumentiert die Partei unverändert ihre antidemokratische Einstellung durch einen der nationalsozialistischen Ideologie entliehenen völkischen Kollektivismus und durch die Diffamierung demokratischer Institutionen und Politiker. Darüber hinaus wird in Verlautbarungen der NPD immer wieder versucht, die von den NS-Machthabem begangenen Verbrechen zu verharmlosen oder zu beschönigen. Zudem zielt die pauschale Oberbewertung der,.Volksgemeinschaft" letztlich auf eine totale Unterordnung des Einzelnen unter die bezeichnenderweise nicht näher definierten Gemeinschaftsinteressen; eine derartige Position dürfte mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten schwerlich vereinbar sein. Das Bundesverfassungsgericht hat es in seinem Beschluß vom 29. Oktober 1975 denn auch für erlaubt gehalten, wenn die NPD als eine Partei mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung und Betätigung, als rechtsextrem und als Gefahr für die freiheitliche Grundordnung bezeichnet wird. Auf seiner Sitzung am 4./5. März 1978 hatte der Parteivorstand zwar beschlossen, den Mitgliedern der NPD und den "Jungen Nationaldemokraten" (JN) eine Mitgliedschaft in und jede Zusammenarbeit mit neonazistischen Gruppen oder Einzelaktivisten zu untersagen. Für den Fall des Verstoßes hiergegen war jedem Mitglied die Einleitung seines Schiedsgerichtsverfahrens mit dem 77 Ziel des Ausschlusses aus der NPD oder JN angedroht worden. Dreißig Jahre Bonner Politik haben die Teilung Deutschlands nicht überwunden, sondern festgeschrieben. Sie haben die Zukunft nicht sicherer gemacht, sondern ließen uns zu einem sterbenden Volk werden. Sterbende aber haben keine Zukunft! Daher Protest gegen das Bonner Parteienkartell der Schuldenmacher, der Sprüchemacher, der Ausverkäufer deutscher Interessen. Deshalb: Indessen blieb dieser Abgrenzungsbeschluß, der sowohl bei Funktionären und Mitgliedern der NPD als auch bei den "Jungen Nationaldemokraten" auf heftige Kritik gestoßen ist, auf den verschiedenen Organisationsebenen bislang wirkungslos. Vor allem Teile der JN sympathisieren aktiv mit neonazistischen Ideen und deren Wortführern. Seit 1971 wird die Partei von dem Rechtsanwalt Martin MUSSGNUG, T u t t l i n g e n , geführt. Seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden folgte Mitte 1972 die Verlegung der Bundesgeschäftsstelle von Hannover nach S t u t t g a r t , wo sie sich seither zusammen mit der Geschäftsstelle des Landesverbandes Baden-Württemberg der NPD befindet. Wie bereits in den Vorjahren, mußte die NPD auch 1978 weitere Mitgliedereinbußen hinnehmen. Während, wie bereits erwähnt, die Zahl der Mitglieder im Bundesgebiet auf 8500 (1977 = 9000) zurückging, zählt der NPD-Landesverband Baden-Württemberg noch etwa 950 gegenüber 1000 Mitgliedern im Jahre 1977. Von den in Baden-Württemberg bestehenden 37 Kreisverbänden der NPD, die in 10 Bezirksverbänden zusammengefaßt sind, war allerdings nur noch etwa ein Drittel aktiv. Diese Parteigliederungen 78 79 Strukturelle Gliederung der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) Parteivorstand Parteiorgan: DEUTSCHE STIMME Sitz: Stuttgart Nationaldemokratischer Nationaldemokratische Hochschulbund (NHB) Junge Nationaldemokraten Sitz: Tübingen Monatszeitung: (JN) Geschäftsstelle: München Verlag: DEUTSCHE STIMME Bundesvorstand Verlagsges. mbH, Stuttgart ; Landesverbände in Sitz: Markgröningen Schriftleiter: Werner Kuhnt Landesverbände in allen Bundesländern allen Bundesländern NPD-Landesverband JN-Landesverband Baden-Württemberg Baden-Württemberg Sitz: Stuttgart Sitz: Stuttgart Landesbereich I Landesbereich II Landesbereich III Landesbereich IV Landesbereich I Landesbereich II Landesbereich III Landesbereich IV Nordwürrtemberg Nordbaden Südbaden Südwürttemberg Nordwü rttem berg Nordbaden Südbaden Südwürttemberg Sitz: Stuttgart Sitz: Karlsruhe Sitz: Freiburg Sitz: Tübingen Sitz: Stuttgart Sitz: Karlsruhe Sitz: Freiburg Sitz: Tübingen Bezirke: Bezirke: Bezirke: Bezirke: Bezirke: Bezirke: Bezirke: Bezirke: - Heilbronn - Kurpfalz - Frei bürg - Tübingen - Heilbronn - Kurpfalz -- Frei bürg - Tübingen - Stuttgart - Karlsruhe - Konstanz - Ulm/Alb-Donau - Stuttgart - Karlsruhe - Konstanz - Ulm/Alb-Donau - Göppingen - Pforzheim - Göppingen - Pforzheim Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Kreisverbände: Heilbronn Mannheim Freiburg Tübingen Heilbronn Mannheim Lörrach Rottweil Hohenlohe Heidelberg Breisgau Reutlingen Ludwigsburg Rhein-Neckar Schwarzwald-Baar Reutlingen Schwäbisch Hall Rhein-Neckar Lörrach Zollernalb Ostalb Ortenau Ulm Tauberkreis Odenwald Waldshut Sigmaringen Stuttgart Karlsruhe Ortenau Rottweil Böblingen Bruchsal/KartsKonstanz Ulm/Alb-Donau Esslingen ruhe-Land Schwarzwald-Baar Biberach Ludwigsburg Rastatt Tuttlingen Ravensburg Rems-Murr Pforzheim Bodensee Nürtingen Göppingen Ostalb Heidenheim traten im wesentlichen durch teilweise öffentliche Mitgliederversammlungen, Informationsstände, Aktionen aus regionalen Anlässen sowie durch Veranstaltungen zum Thema "Wiedereinführung der Todesstrafe" in der Öffentlichkeit in Erscheinung. Überörtliche Bedeutung erlangten insbesondere die beiden Parteitage des NPD-Landesverbandes Baden-Württemberg: Der 13. ordentliche Parteitag am 15. April 1978 in H ei den heim/Brenz, auf dem Jürgen SCHÜTZINGER aus V i l l i n g e n - S c h w e n n i n - gen zum Nachfolger des auf eine erneute Kandidatur verzichtenden bisherigen Landesvorsitzenden Werner KUHNT, Biberach, gewählt wurde, mußte wegen Kündigung des Veranstaltungsraumes vorzeitig abgebrochen werden. Der daraufhin am 17. September1978in Mannheim durchgeführte außerordentliche Parteitag stieß auf heftigen und weitverbreiteten Unwillen. Bei Demonstrationen und Protestkundgebungen politisch Andersdenkender kam es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Einsatzkräften der Polizei und extremistischen Gruppen. Auf dem Parteitag nahm der Landesvorsitzende zu ,,grundsätzlichen Fragen nationaldemokratischer Politik" Stellung und übte dabei deutliche Kritik am Verhalten der Mitglieder. Viele hätten -- so SCHÜTZINGER-Angst, als "Nazi" verschrien zu werden und versteckten sich deswegen vor der Öffentlichkeit. Außerdem nehme die Neigung zu, sich wegen "Nebensächlichkeiten" parteiintern zu zerstreiten. Die Pressearbeit des NPD-Landesverbandes und seiner Untergliederungen beschränkte sich 1978 weitgehend auf Beiträge in dem vom Parteivorstand monatlich in einer Auflage von 100 000 Exemplaren herausgegebenen Parteiorgan "Deutsche Stimme", auf Leserzuschriften in Lokalzeitungen sowie auf die Verbreitung parteiinterner Rundschreiben. Versuche einzelner Kreisverbände, auf örtlicher Ebene mit eigenen Publikationen an die Öffentlichkeit zu treten, blieben wegen mangelnder Resonanz erfolglos. 80 3.1 "Junge Nationaldemokraten" (JN) Jugendorganisation der Die im Jahre 1969 gegründeten "Jungen Nationaldemokraten" NPD mit wachsender (JN) sind nach ihrem Statut "eine Gemeinschaft junger DeutMilitanz. scher, die --entsprechend dem Programm der NPD --eine staatliche Ordnung nach nationaldemokratischen Grundsätzen anstreben". Sie bilden damit die Jugendorganisation der NPD. Die Mitgliedschaft in den JN ist nach Vollendung des 14. Lebensjahres möglich; nach Erreichung des 21. Lebensjahres ist zusätzlich der Eintritt in die NPD vorgesehen. Mit dem 27. Lebensjahr Publikationen der NPD und der Jungen Nationaldemokraten endet die Zugehörigkeit zu den JN. Die JN, die einen "aggressiven Antikommunismus" propagieren, verfolgen zwar im Grundsatz die politische Linie der NPD, halten aber deren gegenwärtigen politischen Kurs fürzu wenig "kämpferisch". Das Selbstbewußtsein der "Jungen Nationaldemokraten" ist in den letzten Jahren durch ihre zunehmende Bedeutung innerhalb der NPD und die "erfolgreich bestandene Konfrontation" mit Linksextremisten beträchtlich gestiegen. Sie glauben, eine Disziplinierung durch die Parteiführung nicht mehr ohne weiteres hinnehmen zu müssen, da sie 81 angeblich den "aktiven Kern der Partei" verkörpern, auf den die NPD angewiesen und ohne den keine nennenswerte Parteiarbeit mehr möglich sei. So sind bisher auch alle Versuche der Parteiführung gescheitert, militante Strömungen innerhalb der Jugendorganisation zurückzudrängen. In Teilbereichen der JN sind zudem in wachsendem Maße neonazistische Tendenzen erkennbar. So haben JN-Angehörige wiederholt an Aktionen neonazistischer Gruppen mitgewirkt oder waren an sonstigen rechtsextremistischen Ausschreitungen beteiligt. Auslandskontakte unterhalten die JN vor allem zu dem ihnen ideologisch nahestehenden belgischen ,,Vlaamse Militante Orde" und zu der rechtsextremistischen spanischen Jugendorganisation "Fuerza Nueva". Im Bundesgebiet zählen die JN noch rund 1500 Mitglieder, in Baden-Württemberg etwa 250. In unserem Lande haben die Aktivitäten der JN mit zumeist lokalem Charakter wie die Errichtung von Informationsständen, Fackelzüge, Auto-Rallyes und ROTFRONT VERRECKE! Volksläufe zwar leicht zugenommen, beschränkten sich aber auf nur wenige aktive Kreise, insbesondere auf den Rhein-NeckarKreis, den Kreis Heilbronn, den Ostalbkreis, den Kreis Ulm und den Schwarzwald-Baar-Kreis. Im Vergleich zu den JN-Gruppen in Norddeutschland sind die in Baden-Württemberg aktiven JN-Kreisverbände bislang weniger militant aufgetreten. Anläßlich des NPD-Deutschlandtreffens am 17. Juni 1978 in Frankfurt/Main sind allerdings auch JN-Mitglieder aus Baden-Württemberg durch ihre Bereitschaft zur tätlichen Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner auffällig geworden. Seit der Wahl von Rudolf ENSSLEN zum Bundesgeschäftsführer befindet sich die Bundesgeschäftsstelle der JN in M a r k g r ö n i n - gen. Auf dem JN-Landeskongreß am 19./20. August 1978 in W e i n h e i m wurdeENNSLEN mitgroßer Mehrheit in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigt und auf dem JN-Bundeskongreß am 28./29. Oktober 1978 in Nürnberg-Buchenhain zum 1. stellvertretenden JN-Bundesvorsitzenden gewählt. 82 4. "National-Freiheitliche Rechte" Rechtsextremistische Die "National-Freiheitliche Rechte" umfaßt all jene rechtsextre- G r u p p i e r u n g e n u m den mistischen Gruppierungen, die dem Herausgeber der "DeutHerausgeber der schen National-Zeitung" (DNZ), Dr. Gerhard FREY, München, poli"Deutsche(n) IMatiotisch eng verbunden sind. Innerhalb dieses losen Zusammen- n a l - Z e i t u n g " Dr. Gerschlusses schuf sich Dr. FREY mit der von ihm 1971 gegründehard Frey. ten "Deutschen Volksunion" (DVU) eine organisatorische Basis für eine breite publizistische Tätigkeit. Als Koordinierungsinstrument für seine rechtsextremistische Agitation gründete er im Jahre 1972 zusätzlich den "Freiheitlichen Rat", dem außer ihm in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der DVU Repräsentanten folgender politisch weitgehend unbedeutender Organisationen angehören: "Aktion Oder Neiße" (AKON), "Deutscher Block" (DB), "Jugendbund Adler" (JBA), "Wiking-Jugend" (WJ) und "Gemeinschaft Ostund Sudetendeutscher Grundeigentümer und Geschädigter" (GOG). Lediglich die "Wiking-Jugend" hat in jüngster Zeit aufgrund der Nähe einiger ehemaliger Mitglieder zu neonazistischen Zirkeln wieder eine begrenzte Bedeutung gewonnen. Die Zahl der Mitglieder der der "National-Freiheitlichen Rechten" zuzurechnenden Organisationen dürfte im Bundesgebiet bei etwa 5000, in Baden-Württemberg bei rund 450 liegen, wobei die DVU den größten Anteil stellt. National+Zeitimg Hitler: Ich wollte den Krieg nicht Der "National-Freiheitlichen Rechten", insbesondere der "Deutschen Volksunion" (DVU) und dem Kreis um die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ), fehlt es weitgehend an einer eindeutigen ideologischen Ausrichtung. Ihre Agitation konzentriert sich vorrangig auf tagespolitische Themen, hat aber nicht selten auch verunglimpfende Angriffe gegen Institutionen und Repräsentanten unseres demokratischen Staates zum Gegenstand. Die Publikationen der "National-Freiheitlichen Rechten" verherrlichen das NS-Gewaltregime und offenbaren einen aggressiven Antisemitismus. Gleichsam geschäftsführend für die "National-Freiheitliche Rechte" führte die DVU in früheren Jahren eine Reihe von - publizistisch in der "Deutschen National-Zeitung" (DNZ) vorbereiteten--spektakulären Großveranstaltungen durch. Im Jahre 1978 fanden in Baden-Württemberg jedoch nur einige kleinere Vortragsabende statt, auf denen unter anderen auch der ehemalige 83 Pressereferent des NS-Reichspropagandaministers Dr. GOEB- BELS und heute in Argentinien lebende Wilfried von OVEN sprach. Geplante größere Veranstaltungen mußten an Ersatzorten außerhalb Baden-Württembergs abgehalten werden, da entsprechende Räumlichkeiten nicht zur Verfügung gestellt wurden. Organ der DVU ist der "Deutsche Anzeiger" (DA), der wie die "Deutsche Nationalzeitung" (DNZ) von Dr. FREY in der "DSZDruckschriftenund Zeitungsverlag GmbH", München, herausgegeben wird. Die Wochenauflage des DA beträgt etwa 10000, die der DNZ rund 90000 Exemplare. 84 5. Rechtsextremistische Jugendorganisationen Von den parteipolitisch ungebundenen rechtsextremistischen Jugendorganisationen traten nur der ,,Bund Heimattreuer J u g e n d " (BHJ) und die "Wiking J u g e n d " (WJ) zuweilen öffentlich in Erscheinung. Beide zählen zu den ältesten, seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland existierenden einschlägigen Vereinigungen. 5.1 Bund Heimattreuer Jugend (BHJ) Zunächst regional selbständige Bünde schlossen sich 1958 zum "Bund Heimattreuer J u g e n d " (BJH) zusammen, der sich nach einer Spaltung (1961) schließlich im Jahre 1962 unter Leitung eines ehemaligen Funktionärs der "Deutschen Reichspartei" (DRP) neu konstituierte. In seinen Grundsätzen bekennt sich der BHJ " z u m Reich aller Deutschen" und strebt eine gesellschaftliche Ordnung an, " i n der die Stellung des Einzelnen einzig von seiner Leistung für die Gemeinschaft bestimmt w i r d " . Er lehnt die demokratische Staatsverfassung ab und hält eine radikale Änderung für dringend notwendig. Er bekennt sich zum Führerprinzip. Da der BHJ in erster Linie politisch und nicht jugendpflegerisch tätig ist, hat der Bundesminister des Innern mit Verfügung vom 26. Februar 1962 den Mitgliedern des Bundes das Tragen gleichartiger Kleidungsstücke verboten. 5.2 Wiking Jugend (WJ) Die "Wiking J u g e n d " (WJ) entstand als "nationalbündische Jugendbewegung" 1952 durch Zusammenschluß mehrerer gleichgesinnter Jugendorganisationen, zu denen unter anderen auch die "Deutsche Reichsjugend", die Jugendorganisation der noch im gleichen Jahr verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP) gehörte. Die WJ ist nationalistisch-neutralistisch und antidemokratisch eingestellt. Sie will den "Volkstumsund Reichsgedanken" rechtsextremer Prägung fördern und bekennt sich zum "Sozialismus auf völkischer Grundlage". Der WJ wurde -- durch Verfügung des Bundesministers des Innern vom 29. Oktober 1962 -- ebenfalls das Tragen gleichartiger Kleidungsstücke untersagt. Beide Jugendorganisationen schulen und beeinflussen ihre Mitglieder auf Fahrten, in Lagern, Heimabenden und Feierstunden unter anderem auch im Sinne ihrer politischen Vorstellungen. In Baden-Württemberg veranstaltete der BHJ in A l p i r s b a c h , in W ö r t h und bei B i b e r a c h mehrtägige Lager, während die WJ in Genkingen/Kreis R e u t l i n g e n eine Sonnwendfeier und in Bad H e r r e n a l b ein Sommerlager abhielt. Verschiedentlich haben Vertreter ausländischer rechtsextremistischer Jugendgruppen an Veranstaltungen beider Organisationen teilgenommen. Bei der WJ sind in jüngerer Zeit auch neonazistische Anklänge er kenn bar. 85 Einige Aktivisten neonazistischer Zirkel entstammen im übrigen Vorwort zu den "FahrMeine Kameraden und Kameradinnen! tenplänen 1978" der Wiking-Jugend Nun sind bereits 25 Jahre verflossen, seit wir uns in Wilhelmshaven, dem Kriegshafen der Nordsee zusammenfanden, um im Rahmen einer imponierenden Kundgebung die Wiking - Jugend zu gründen. Wir, die neuen Wikinger, kannten uns in der Mehrzahl bereits sehr gut, da wir zusammen aus einer anderen nationalen Jugendorganisation, die den stolzen Namen "Reichs - Jugend" trug, hervorgegangen waren. - 1952 lag der große Krieg erst 7 Jahre hinter uns, und vielleicht pulste daher in jener Zeit noch der gehabte Glaube an den Sieg unserer Fahnen in den Herzen der Deutschen, Letzthin war dies der Glaube an die Lebenskraft der europäischen Völker. Das Epos des gemeinsamen Kampfes gegen die Horden der Steppe hatte uns ein stolzes europäisches Bewußtsein geschenkt.Inzwischen haben wir die Segnungen der gepriesenen Liberaldemokratie kennengelernt. Sie ist gekennzeichnet durch die feige Aufgabe aller überseeischen Besitzungen unseres Kontinents, die Domestizierung der kämpferisch veranlagten weißen Rasse und den sittlichen Verfall auf allen Lebensgebieten. Es nimmt nicht wunder, daß unsere gesunde und entschiedene Lebensart in dieser herabgewürdigten Umwelt schockieren muß. Schockieren wir weiter. Die Wikinger des Jahres 1000 wußten mit diesem Stil Reiche zu gründen. Es ist Rußland, das in der Sprachableitung (Etymologie) Reich der Wikinger bedeutet. Und es waren die Soldaten des Panzerkorps Wiking, welches aus Angehörigen aller europäischen Nationen gebildet war, das in diesem Geiste im 2. Weltkrieg an die Rückeroberung dieses Reiches ging. Das ist Europa und das ist Wikingergeist. Die Welt gehört dem Starken - b l e i b e n w i r s t a r k ! Heil Wiking Walter Mathaei Altbundesführer der WJ der "Wiking-Jugend". Der BHJ, der sich laut Satzung in Gaue, Leitstellen und Stützpunkte gliedert, hat im Bundesgebiet etwa 250, in Baden-Württemberg rund 40-50 Mitglieder. Die Zahl der Mitglieder der WJ, deren Organisationsstruktur allein Gaue und Horste kennt, ist für das Bundesgebiet mit rund 350 und für Baden-Württemberg mit etwa 40 zu veranschlagen. 6. Rechtsextremistische Publizistik Ein wesentlicher Faktor als Multiplikator rechtsextremen Gedankengutes ist seit jeher die rechtsextremistische Publizistik. Ihre teilweise erheblich schwankende Auflagenhöhe verlief nicht selten konträr zur Mitgliederentwicklung des organisierten Rechtsextremismus. Die bekanntesten überregionalen Druckerzeugnisse sind die schon erwähnte "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) des Dr. FREY, München, das Parteiorgan der NPD, die "Deutsche Stimme" und die "Deutsche Wochen-Zeitung" (DWZ). Die DWZ hält zwar zur NPD äußerliche Distanz, die Verantwortlichen dieses Organs zählen aber zu den Gründungsmit86 gliedern der NPD. Die DWZ erscheint in der,,Deutschen Verlagsgesellschaft mbH" in Rosenheim in einer Auflage von 25000 Exemplaren. Als Monatszeitschriften haben "MUT" (Auflage 8000), herausgegeben von Bernhard C. WINTZEK, Asendorf, und "Nation Europa" (Auflage9500), verantwortlich Peter DEHOUST, Coburg, eine über den organisierten Rechtsextremismus hinausreichende Bedeutung erlangt. Eine Vielzahl von organisationsgebundenen wie auch von parteipolitisch unabhängigen Publikationen erscheint in Kleinstauflagen und wird deshalb in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Hierzu zählen die meisten von neonazistischen Gruppen und Einzelaktivisten verbreiteten, zum Teil im Ausland hergestellten Pamphlete. Sie werden überwiegend nur einem bestimmten Empfängerkreis zugestellt. Eine Ausnahme bildeten die Druckschriften der "Deutsch-Völkischen Gemeinschaft (DVG) in Karlsruhe und die "Unabhängigen Nachrichten" in Bochum. Ihre oft hohen Auflagen zielten bewußt auf Breitenwirkung in der Öffentlichkeit ab. 87 III. Aktivitäten politisch extremer Ausländer 1. Allgemeiner Überblick Von den in Baden-Württemberg Ende des Jahres 1978 lebenden Anteil der Mitglieder 828300 Ausländern achtete die übergroße Mehrzahl Recht und ausländischer ExtremiGesetz des Gastlandes. Der Anteil der Mitglieder ausländischer stengruppen ist - geExtremistengruppen ist --gemessen an der Gesamtzahl der Ausmessen an der Geländerweiterhin gering, selbst wenn gegenüber dem Vorjahr samtzahl der Ausländer sowohl im Bundesgebiet als auch in unserem Land ein Anstieg der - weiterhin gering. Gesamtmitgliederzahlen bei gleichzeitiger Verengung des Kreises Zunehmende Militanz der politisch extremen Ausländergruppen zu verzeichnen ist. in der Auseinandersetzung um innerpolitiOrganisationsstand und Stärke ausländischer sche Probleme der Extremistengruppen Heimatländer. Bundesrepublik Deutschland Organisationen Mitglieder 1977 1978 1977 1978 187 146 57800 81500 Baden-Württemberg 1977 1978 1977 1978 130 92 12000 13500 Der Rückgang der Organisationszahlen gegenüber dem Vorjahr beruht auf strukturellen Veränderungen, denen der ausländische Extremismus ständig unterworfen ist. Während ein Teil derVereinigungen wegen Aufgabe seiner politisch extremen Zielsetzung nicht mehr der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden unterliegt, haben andere sich aufgelöst oder zusammengeschlossen. Die dennoch zu verzeichnende Zunahme der Gesamtmitgliederzahl ist vor allem auf den organisatorischen Ausbau aller ausländischen orthodoxund nationalkommunistischen Gruppierungen sowie insbesondere der türkischen rechtsextremistischen Vereinigungen und die damitverbundene intensivierte Mitgliederwerbung zurückzuführen. Die politische Aktivität extremistischer Ausländergruppen, vornehmlich derjenigen, die zur Gewalttätigkeit neigen, richtete sich 88 Prozentuale Aufgliederung der extremistischen Ausländervereinigungen in Baden-Württemberg "alien" vermehrt gegen die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in den jeweiligen Heimatländern. Die Machtkämpfe im Iran, die Unruhen in der Türkei sowie die Lage im Nahen Osten, insbesondere die Friedensverhandlungen zwischen Ägypten und Israel, boten den maoistischen und Sozialrevolutionären iranischen, den rechtsund linksextremistischen türkischen Vereinigungen sowie den arabisch-palästinensischen Gruppen hinreichende Ansatzpunkte für eine militante Agitation. Dabei gingen sicherheitsgefährdende Bestrebungen überwiegend von maoistisch und sozialrevolutionär orientierten Ausländern -- in der Mehrzahl von Studenten -- aus. Die immer wieder propagierte und praktizierte Solidarität mit gleichgesinnten deutschen Extremisten führte nicht nur zu gegenseitigen Unterstützungsaktionen in der Form gemeinsamer Veranstaltungen oder Protestaktionen, sondern auch zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Ordnungskräfte. Die orthodoxund national-kommunistischen Parteien Griechenlands, Italiens, Spaniens und der Türkei sowie die von ihnen beeinflußten mitgliederstarken Betreuungsorganisationen nutzten vor allem die durch die unverändert angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und durch Integrationsprobleme bedingten Schwierigkeiten ihrer Landsleute in der Bundesrepublik Deutschland propagandistisch aus. Die organisatorische und politische Tätigkeit ausländischer rechtsextremistischer Vereinigungen zeigte eine unterschiedliche Entwicklung. An Bedeutung weiter zugenommen haben vor 89 allem die Organisationen der türkischen Rechtsextremisten. Dies betrifft sowohl den Aufund Ausbau ihrer Vereinigungen als auch den weiteren Mitgliederzuwachs. Ihr Erstarken hat die gegen sie gerichtete Kampagne, die hauptsächlich von türkischen Linksextremisten getragen wird, neu entfacht. Innerhalb der jugoslawischen Emigration sind es unverändert vor allem die kroatischen Extremisten, die ihren ,,Kampf gegen Jugoslawien" und für die Errichtung eines selbständigen und unabhängigen Staates Kroatien mit großem Fanatismus und gleichbleibender Militanz führen. Im Bundesgebiet sind jedoch 1978 keine zweifelsfrei politisch motivierten Gewaltaktionen kroatischer Emigranten bekanntgeworden. Die sonstigen, aus anderen Gründen in Opposition zum heutigen Jugoslawien stehenden Emigrantenorganisationen treten demgegenüber deutlich zurück. Ballungszentren extremi- * Orte mit extremistischen stischer AusländerAusländervereinigungen vereinigungen Extremistische Ausländervereinigungen in BadenWürttemberg 2. Araber Die bestimmenden Ereignisse für die Aktivitäten der palästinensisch-arabischen Organisationen in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Baden-Württemberg waren die Friedensverhandlungen zwischen Ägypten und Israel sowie der Bürgerkrieg im Libanon. 90 Publikationen extremistischer arabisch-palästinensischer Organisationen