Verfassung^ schütz Linksextremistische Bestrebungen bericht Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen 1991 von Ausländern Spionageabwehr ISSN: 0177-0357 y 3 Vorwort des Bundesministers des Innern Der jährliche Verfassungsschutzbericht ist ein wichtiger Beitrag zur Information der Bürger und ein wesentlicher Bestandteil praktizierter wehrhafter Demokratie. Unser freiheitlicher Rechtsstaat verfügt über ein Instrumentarium, um die Wiederholung einer Entwicklung zu verhindern, in der Grundprinzipien der Verfassung von ihren Gegnern angegriffen und ausgehöhlt werden konnten. In dem Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen ihre Feinde zu verteidigen, sieht die Bundesregierung eine wichtige Aufgabe und ist bereit, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts auch offensiv zu führen. Sie setzt dabei - in Übereinstimmung mit ihren Vorgängern und den Regierungen in den Ländern - auf die Überzeugungskraft der geistig-politischen Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Ordnung einräumt. Die Erhaltung des demokratischen Rechtsstaats kann nicht allein von staatlichen Behörden geleistet werden. Sie ist vielmehr Aufgabe aller Bürger. Deren Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungschutz. Hierfür müssen der Öffentlichkeit die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Der Information bedarf es auch deshalb, weil die Gegner unserer Verfassung nicht selten ihre wahren Ziele verschleiern, Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz ablegen oder durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen vermeintlich als Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. 4 Vorwort des Bundesministers des Innern Die Kriterien für die Grenzziehung zwischen Extremisten und Demokraten beschreibt SS 4 Bundesverfassungsschutzgesetz. Zu den fundamentalen Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zählen vor allem: - die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung - die Volkssouveränität - die Gewaltenteilung - die Verantwortlichkeit der Regierung gegenüber der Volksvertretung - die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - die Unabhängigkeit der Gerichte - das Mehrparteienprinzip - die Chancengleichheit für alle politischen Parteien - und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausbildung einer Opposition. Bis 1973 wurden solche Bestrebungen zuweilen als "radikal" bezeichnet. Der Begriff "extremistisch" trägt demgegenüber der Tatsache Rechnung, daß politische Aktivitäten oder Organisationen nicht schon deshalb verfassungsfeindlich sind, weil sie eine bestimmte, nach allgemeinem Sprachgebrauch "radikale", d. h. an die Wurzel einer Fragestellung gehende Zielsetzung haben. Sie sind "extremistisch" und damit verfassungsfeindlich im Rechtssinne nur dann, wenn sie sich gegen den oben umschriebenen Grundbestand unserer freiheitlichen rechtsstaatlichen Verfassung richten. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1991 zusammen. Er kann keinen erschöpfenden Überblick geben; er unterrichtet über die wesentlichen Erkenntnisse und analysiert und bewertet die Entwicklungen und Zusammenhänge. Er ist als Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung, nicht als abschließende juristische Würdigung zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der von verfassungsfeindlichen Kräften beeinflußten Organisationen. Die Erwähnung einer Organisation im Bericht allein läßt noch keine Rückschlüsse auf die Verfassungstreue der einzelnen Mitglieder solcher Vereinigungen zu. Rudolf Seiters 5 INHALTSVERZEICHNIS Überblick 11 Linksextremistische Bestrebungen 17 I. Übersicht in Zahlen 18 1. Organisationen und Mitgliederstand 18 2. Verlage und Publikationen 20 3. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 21 II. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 23 1 "Rote Armee Fraktion" (RAF) 24 1.1 Kommandobereich und "Militante" der "Roten Armee Fraktion" 25 1.2 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" 28 1.3 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" 30 2. "Revolutionäre Zellen" (RZ)/"Rote Zora" 31 3. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen 33 4. Internationale Verflechtungen 34 IM. Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre 35 1. Autonome 38 1.1 Gewaltdebatte 38 1.2 Ansatzpunkte für militante Aktionen 40 1.2.1 Proteste gegen den Golfkrieg 40 1.2.2 Kampf gegen "Umstrukturierung" 40 1.2.3 Antifaschismus/Antirassismus 41 2. Anarcho-syndikalistische und anarcho-kommunistische Gruppen 44 3. Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 45 IV. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten 46 1. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 47 1.1 DKP 47 1.2 Umfeld der DKP 50 2. Linksextremistischer Einfluß in der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) 53 3. "Marxistisch-leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) 53 4. "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 55 5. "Kommunistischer Bund" (KB) 56 6 Inhaltsverzeichnis 6. "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) 57 7. "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 58 8. "Radikale Linke" (RL) 58 9. Trotzkistische Gruppen 59 10. "Marxistische Gruppe" (MG) 62 V. Erläuterungen und Dokumentation 64 VI. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 66 Inhaltsverzeichnis 7 Rechtsextremistische Bestrebungen 71 I. Übersicht in Zahlen 72 1. Organisationen und sonstige Zusammenschlüsse sowie Mitgliederstand .... 72 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste 74 3. Periodische Publikationen 74 II. Terroristische und andere Gewaltakte mit rechtsextremistischem Hintergrund 74 1. Eskalation der Gewalt 74 2. Übersicht über die gewalttätigen Gesetzesverletzungen 76 2.1 Tötungsdelikte 77 2.2 Brandund Sprengstoffanschläge 77 2.3 Sonstige Gewalttaten 82 3. Analyse der mutmaßlichen Gewalttäter 83 4. Strafverfahren 84 4.1 Urteile 84 4.2 Durchsuchungen 86 III. Sonstige Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund (außer Gewalttaten) 87 1. Überblick 87 2. Beweggründe 88 IV. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 90 1. Zielsetzung 90 2. Zahlen 90 3. Neonationalsozialistische Personenzusammenschlüsse 91 3.1 Skinheads 91 3.2 "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) 92 3.3 "Deutsche Alternative" (DA) 95 3.4 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 96 3.5 "Nationale Offensive" (NO) 98 3.6 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V." (HNG) 99 3.7 "Nationalistische Front" (NF) 100 3.8 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 103 3.9 "Neonationalsozialistenkreis um Curt MÜLLER" 103 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) 103 3.11 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) 104 V. "National-Freiheitliche"/"Nationaldemokraten" 105 1. Ideologische Standorte 105 2. Aktivitäten 107 3. "Deutsche Volksunion" (DVU) 107 8 Inhaltsverzeichnis 3.1 Zielsetzung 107 3.2 Teilnahme an der Wahl in Bremen 109 3.3 Organisation 110 3.4 Finanzen 110 3.5 Sonstige Aktivitäten 110 4. "National-freiheitliche" Verlage 111 5. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 111 5.1 Zielsetzung 111 5.2 Wahlenthaltsamkeit der NPD 112 5.3 Organisation 112 5.4 Finanzen 112 6. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 112 VI. "Deutsche Liga für Volk und Heimat" (Deutsche Liga) 114 1. Parteigründung 114 2. Zielsetzung 114 3. Teilnahme an Wahlen 115 4. Organisation 116 VII. Sonstige rechtsextremistische Gruppen 116 VIII. Jugend-und Studentenorganisationen 117 1. Überblick 117 2. "Wiking-Jugend e.V." (WJ) 117 2.1 Organisation 117 2.2 Zielsetzung 118 2.3 Aktivitäten 118 IX. Organisationsungebundene Verlagsund Vertriebsdienste 119 1. Zeitschriftenverlage 119 1.1 "Verlag Diagnosen" 119 1.2 "Nation Europa - Verlag GmbH" 119 2. Buchverlage und Vertriebsdienste 120 2.1 "Verlagsgemeinschaft Berg" 120 2.2 Verlag Karl Waldemar SCHÜTZ 120 2.3 Versandhandel HOCHEDER und Co KG 120 3. Computerspiele 121 X. Verbindungen zu ausländischen Rechtsextremisten 121 1. Militante internationale Verbindungen 121 2. Internationaler Revisionismus ,122 3. Weitere internationale Treffen 123 4. Neonationalsozialistisches Propagandamaterial aus dem Ausland 124 XI. Erläuterungen und Dokumentation 125 XII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 128 Inhaltsverzeichnis 9 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern 133 I. Übersicht in Zahlen 134 1. Organisationen und Mitgliederstand 134 1.1 Überblick 134 1.2 Organisationen 136 1.3 Mitglieder 137 2. Publizistik 137 3. Sicherheitslage, Gewaltaktionen und sonstige Gesetzesverletzungen 137 II. Mitgliederentwicklung und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 139 1. Araber 139 1.1 Mitgliederentwicklung 139 1.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 139 2. Kurden 143 2.1 Mitgliederentwicklung 143 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 143 3. Türken (ohne Kurden) 146 3.1 Mitgliederentwicklung 146 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 146 3.2.1 Überblick 146 3.2.2 Linksextremisten 147 3.2.3 Islamische Extremisten 151 3.2.4 Extreme Nationalisten 151 4. Iraner 152 4.1 Mitgliederentwicklung 152 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 152 4.2.1 Überblick 152 4.2.2 Anhänger der iranischen Regierung 152 4.2.3 Gegner der iranischen Regierung 153 5. Europäische Gruppen 154 5.1 Iren/Nordiren 154 5.2 Jugoslawen 154 5.3 Basken 156 6. Sonstige Gruppen 156 6.1 Sikhs 156 6.2 Tamilen 158 IM. Erläuterungen und Dokumentation 159 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 164 10 Inhaltsverzeichnis Spionageabwehr 169 1. Das Jahr 1991 - Spionage im politischen Wandel 170 2. Nachrichtendienste der ehemaligen Sowjetunion 170 2.1 Turbulenzen bei den sowjetischen Nachrichtendiensten -- das Ende des KGB 170 2.2 Aktivitäten der sowjetischen Nachrichtendienste in der ehemaligen DDR und im vereinten Deutschland 173 2.2.1 Zusammenarbeit zwischen KGB und MfS 174 2.2.2 Eigenständige Aktivitäten des KGB in der DDR 176 2.2.3 Aktivitäten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR 177 2.2.4 Tätigkeit der sowjetischen Nachrichtendienste aus Legalen Residenturen heraus 177 3. Nachrichtendienste ehemaliger Satellitenstaaten 179 3.1 Nachrichtendienste der Republik Polen 179 3.2 Nachrichtendienste der CSFR 180 3.3 Nachrichtendienste Rumäniens 180 3.4 Nachrichtendienste Bulgariens 180 4. Aktivitäten sonstiger Nachrichtendienste 181 5. Erkenntnisse durch die Aufarbeitung der DDR-Nachrichtendienste 182 5.1 Zwischenbilanz 182 5.2 Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) 184 5.3 Aktive Maßnahmen der HVA 187 5.4 Das Kapitel MfS 189 6. Festnahmen und Verurteilungen 190 Anhang 191 Abkürzungsverzeichnis 192 Sachwortregister 195 Strukturdaten 200 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes .. 201 Bundesverfassungsschutzgesetz 201 MAD-Gesetz 210 BND-Gesetz 213 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes 216 Überblick I. Linksextremistische Bestrebungen Die Bedrohung der inneren Sicherheit durch gewalttätige linksextremistische Gruppierungen war auch 1991 beachtlich. Die "Rote Armee Fraktion" (RAF) hat ihre terroristischen Aktivitäten mit zwei Anschlägen fortgesetzt: Mitte Februar, während des Golfkrieges, beschoß ein Kommando der RAF das Gebäude der Botschaft der USA in Bonn mit Schnellfeuergewehren. Mit einem Mordanschlag auf den Leiter der Treuhandanstalt, Dr. Rohwedder, am 1. April setzte die RAF-Kommandoebene ihren seit 1990 proklamierten Kampf gegen die neuentstandene "großdeutsche/westeuropäische Weltmacht" fort. Gruppierungen des RAF-Umfeldes versuchten im Sommer eine neue Kampagne für die Zusammenlegung der Inhaftierten aus RAF und Widerstand in Gang zu bringen. "Revolutionäre Zellen" (RZ) haben ihre terroristischen Aktivitäten gegenüber 1990 verstärkt. Mit sieben Brandund vier Sprengstoffanschlägen äußerten sie Protest u. a. gegen den Golfkrieg, gegen die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern sowie gegen die Asylund Flüchtlingspolitik. Zugleich gab es in den Reihen der RZ Anzeichen wachsender Unsicherheit über Sinn und Zweckmäßigkeit ihrer bisherigen "revolutionären Politik". Die Zahl der von den übrigen terroristischen Kleingruppierungen und von Zusammenschlüssen militanter Autonomer verübten Brandanschläge hat wieder zugenommen. Opfer terroristischer Gewalttäter wurde im Juni ein Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltung für Bauund Wohnungswesen. Er starb beim Öffnen einer Briefbombe, die ihm als Vergeltungsaktion für städtebauliche Umstrukturierung zugesandt worden war. Autonome erhielten neuen Auftrieb; auch in vielen Städten der neuen Bundesländer haben sich autonome Szenen herausgebildet. Auf das Konto der Autonomen ging -- bei zunehmender Militanz -- die Mehrzahl der stark angestiegenen Gewalttaten mit linksextremistischem Hintergrund. Der tiefgreifende Wandel des organisierten Linksextremismus in den westlichen Bundesländern ist noch nicht abgeschlossen. Das vielschichtige Spektrum der revolutionär-marxistischen Gruppierungen versucht verstärkt, den historischen Niedergang des realen Sozialismus und die Vereinigung Deutschlands ideologisch-politisch zu verarbeiten. Übereinstimmend und unverändert geblieben ist die Feindschaft der Linksextremisten gegen die freiheitliche demokratische 12 Überblick Grundordnung. Zum Kampf gegen den "triumphalistischen" Kapitalismus suchen sie nach neuen revolutionären Strategien und Taktiken. An diesen Diskussionen beteiligten sich aktiv auch Teile der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS). Von dem einschneidenden Ereignis des Jahres, dem Zerfall der Sowjetunion und der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU), war die orthodoxe "Deutsche Kommunistische Partei"(DKP) -jahrzehntelang bedingungslos der KPdSU folgend - am stärksten betroffen. Sie beharrt jedoch auf ihrem dogmatischen Kurs als revolutionäre Partei der Arbeiterklasse in ganz Deutschland. Bei weiteren Mitgliederverlusten und ohne funktionsfähige Apparate ist die Handlungsund Kampagnenfähigkeit der DKP weitgehend geschwunden. Wie die DKP suchten auch andere revolutionär-marxistische Gruppen -- einige zerfielen, einzelne formierten sich neu -- nach ihrer Rolle im vereinten Deutschland und bemühten sich, in den neuen Bundesländern Fuß zu fassen. Die Bereitschaft der unterschiedlichen linksextremistischen Gruppierungen, im Kampf gegen den Kapitalismus zusammenzuarbeiten, nahm weiter zu. Dabei wurden auch militante Autonome nicht ausgeschlossen. II. Rechtsextremistische Bestrebungen Die Asylbewerberproblematik bestimmte im Berichtsjahr die Aktivitäten der Rechtsextremisten. Die Ausländerzuwanderung nach Deutschland benutzten sie als Agitationsfeld, auf dem sie Ängste vieler Bürger vor angeblichen sozialen Nachteilen und Überfremdung wecken und schüren konnten. Schwere Gewalttaten und Brutalitäten waren die Folge einer von rassistisch motiviertem Fremdenhaß diktierten, menschenverachtenden Geisteshaltung in der neonazistischen Szene. Das ungelöste Asylbewerberproblem war auch ein ausschlaggebendes Moment für den Wahlerfolg der "Deutschen Volksunion" (DVU) bei der bremischen Bürgerschaftswahl im September 1991. "Großdeutscher" und übersteigerter Nationalismus war die weitere wesentliche Triebfeder, die die Aktivitäten der Rechtsextremisten bestimmte. Die Wiedervereinigung, verbunden mit der Anerkennung der Westgrenze Polens, löste unter den Rechtsextremisten eine vehemente Agitation für das Ziel eines weit größeren Deutschlands aus. In ganz Deutschland existiert ein rechtsextremistisches Gewaltpotential von rund 4.400 Neonationalsozialisten, davon allein etwa 4.200 neonazistische Skinheads. Ungefähr 3.000 dieser Skins wohnen in den neuen Bundesländern. Der Politisierungsgrad der Neonationalsozialisten, insbesondere der Skinheads, ist dort besonders hoch. Überblick 13 Teile dieses Aktivistenpotentials haben sich schon zu DDR-Zeiten als nationalsozialistische Opposition gegenüber dem kommunistischen System empfunden. Die Zahl der militanten neonazistischen Skinheads ist in den neuen Bundesländern weit mehr als doppelt so groß wie in der alten Bundesrepublik. Dagegen verhält sich die Zahl der Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation gerade umgekehrt. Drei Tote und über 700 zum Teil lebensgefährlich verletzte Opfer gingen 1991 auf das Konto gewalttätiger rechtsextremistischer Fanatiker. Die entstandenen Sachschäden beliefen sich auf mehrere hunderttausend DM. Die erhebliche Zunahme der Zahl der Rechtsextremisten hat neben dem starken Anstieg des neonationalsozialistischen Gewaltpotentials vor allem ihre Ursache darin, daß die DVU ihre Mitgliederzahl durch Zugewinne in den neuen Bundesländern auf insgesamt etwa 24.000* steigern konnte, und mit der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" eine weitere rechtsextremistische Partei gegründet wurde. Rechtsextremistische Bestrebungen sind ideologisch durch einen völkischen Nationalismus gekennzeichnet, dessen Triebfeder ein elitäres Rassedenken ist. Nicht die Gemeinsamkeiten der Geschichte, der Kultur und insbesondere der Sprache bestimmen nach dieser Weltanschauung die Zugehörigkeit zu einem Volk und zu einer Nation, sondern allein die biologische Abstammung (Rassevolk, Rassenation). Das ideologische Feindbild wird deshalb maßgeblich durch Fremden-, insbesondere Rassenhaß gegen ethnische Minderheiten, geprägt. Diese Feindbilder standen auch 1991 hinter den brutalen Übergriffen gegen Asylbewerberheime, Einrichtungen der ehemals sowjetischen Armee und Judenfriedfhöfe. Die Neonationalsozialisten streben einen dem Programm der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei" von 1920 entsprechenden Führerstaat an. Soweit sie in Hitler ihr Leitbild sehen, entspricht das "Dritte Reich" ihrer Systemvorstellung. Die "Nationalrevolutionäre" unter den Neonationalsozialisten streben hingegen ein NS-Staatsmodell mit stärkerer sozialistischer Ausprägung an. "Nationaldemokraten" kleiden ihre völkisch-kollektivistischen Systemvorstellungen in Begriffe wie "Volksgemeinschaft" und "Volksganzes", wobei sie -- wie die "National-Freiheitlichen" -- trotz aller Wortbekenntnisse zum Grundgesetz die Freiheitsrechte des Individuums gegenüber den Interessen der Volksgesamtheit geringschätzen. Sie lassen dadurch erkennen, daß sie autoritäre bzw. totalitäre Strukturen befürworten. * Dr. Frey nennt höhere Zahlen. 14 Überblick III. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die Bedrohung der inneren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland durch Gewaltaktivitäten international operierender extremistischer Ausländervereinigungen hält an. Die Zahl der Gewaltakte ausländischer Extremisten nahm deutlich zu. Eine Person wurde getötet, zahlreiche andere wurden zum Teil schwer verletzt. Daneben waren im Bundesgebiet lebende extremistische Ausländer in Terroraktionen außerhalb der Grenzen unseres Landes verstrickt. Nach wie vor betätigt sich aber nur eine kleine Minderheit -- deren Gesamtzahl weiter abnahm -- der über fünf Millionen ausländischen Mitbürger extremistisch. Der durch die irakische Annexion Kuwaits ausgelöste Golfkonflikt hatte eine Reihe von Verwerfungen im Nahen und Mittleren Osten zur Folge, deren sicherheitsmäßige Auswirkungen auf unser Land noch nicht abzusehen sind. Der Irak scheidet als Anlehnungsstaat palästinensischer oder schiitischer Terrorgruppen mangels eigener Kraft vorerst aus. Die übrigen nahund mittelöstlichen Sponsorstaaten haben aufgrund ihrer vorsichtigen Annäherung an den Westen derzeit andere Interessen, verfolgen aber gleichwohl ihre im Ausland lebenden Dissidenten. Die im Zusammenhang mit dem Golfkrieg auch in Europa erwartete Terrorwelle blieb aus. Mit dazu beigetragen haben dürften die vielfältigen Gegenmaßnahmen der westlichen Sicherheitsbehörden. Die in Deutschland tätigen palästinensischen Widerstandsorganisationen, die sich vom irakischen Staatspräsidenten SADDAM HUSSEIN eine Lösung der Palästina-Frage in ihrem Sinn erhofft hatten, zeigten sich durch die schnelle Niederlage des Irak entmutigt. Entsprechend gering waren ihre Aktivitäten. Der 1991 besonders starke Druck türkischer Sicherheitskräfte bzw. des Militärs auf separatistische Kurden, insbesondere die "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK), und linksextremistische Türken, namentlich die Gruppe "Devrimci Sol" (Revolutionäre Linke), führte in Deutschland zu verstärkten Agitationsund Demonstrationsaktivitäten dieser Gruppierungen und ihrer Anhänger mit teilweise gewaltsamem Verlauf. Die stark angewachsene Zahl von Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen in Deutschland ist ein Zeichen dieser Entwicklung. Weiteres Agitationsthema dieser Organisationen war die Stationierung von NATO-Verbänden, darunter deutscher Einheiten, in der Türkei im Zusammenhang mit der Golfkrise. Das Scheitern kommunistischer Regime in den Ländern des bisherigen Ostblocks hat den schon seit Jahren zu beobachtenden Niedergang der bislang auf den Kommunismus Moskauer Prägung orien- Überblick 15 tierten Ausländerorganisationen, insbesondere im türkischen und im iranischen Bereich, weiter beschleunigt. Die "Provisional Irish Republican Army" (PIRA) hat 1991 - anders als in den Vorjahren -- im Bundesgebiet keine Terroranschläge durchgeführt. Mit weiteren Gewaltakten, gerade auch in Deutschland, ist angesichts der nach wie vor ungelösten Konfliktsituation in Nordirland und der starken Präsenz des britischen Militärs im Bundesgebiet aber zu rechnen. Im Gefolge der Eskalation nationalistischer Gewalt im ehemaligen Jugoslawien kam es 1991 auch im Bundesgebiet zu Tätlichkeiten zwischen Angehörigen unterschiedlicher Volkszugehörigkeit. Außerdem waren Sachbeschädigungen und eine zunehmende Zahl von Gewaltandrohungen zu verzeichnen. Daneben mehrten sich Hinweise, wonach kroatische Extremisten und deren Sympathisanten sich auch in Deutschland um Waffen für den Kampf im Heimatland bemühen. Erstmals waren 1991 Terrorakte spanisch-baskischer Separatisten in Deutschland zu verzeichnen. Ziel der Sprengstoffanschläge waren die spanischen Generalkonsulate in München und Düsseldorf. Auch in diesem Bereich zeichnet sich eine zunehmende Internationalisierung der terroristischen Bestrebungen ab. Die politische Arbeit ausländischer Extremisten in den fünf neuen Bundesländern bewegte sich noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Dies dürfte im wesentlichen an dem dort nach wie vor verhältnismäßig geringen Ausländeranteil liegen. IV. Spionageabwehr Die dramatischen politischen Ereignisse in der ehemaligen Sowjetunion (der Putschversuch im August 1991 sowie der Zerfall der UdSSR und die Gründung der GUS im Dezember 1991) haben bis zur Jahreswende 1991/92 noch keine Auswirkungen auf die Aufklärungsarbeit des vormals sowjetischen Nachrichtendienstapparates erkennen lassen. Trotz weitgehender Ungewißheit über die künftigen Organisationsstrukturen der ehemals sowjetischen Dienste erfolgte insbesondere in den neuen Bundesländern eine Anpassung der Stützpunktnetze an die veränderte Situation. Bemühungen, die dort günstigeren Rahmenbedingungen zum Aufbau eines stabilen Quellennetzes zu nutzen, waren unverkennbar. Die Umstrukturierung der übrigen ostund südosteuropäischen Nachrichtendienste dauert noch an. Die Notwendigkeit der Auslandsaufklärung wird dabei in all diesen Ländern nicht in Frage gestellt. Erkennbar ist jedoch die Tendenz, die Auslandsaufklärung nicht mehr an ideologischen Maximen auszurichten, sondern nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen. \jT\ H B ^L .^fl * * m M * ^f * I " SS M K *w m K *W J i t * Bestrebungen 18 Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Gefüge des LinksDas Gefüge des organisierten Linksextremismus im westlichen Teil extremismus in der Bundesrepublik Deutschland ist weiter in Bewegung. Die Bewegung Gesamtzahl linksextremistischer Parteien und Gruppierungen sank leicht -- einzelne Organisationen zerfielen, andere formierten sich neu. Die Mitgliederverluste gingen im wesentlichen auf das Konto der "Deutschen Kommunistischen Partei" (DKP) und ihrer Vorfeldorganisationen. Im Bereich der Anarchisten und sonstigen Sozialrevolutionäre war wie in den Vorjahren -- bei zurückgehender Zahl der Zusammenschlüsse -- ein Zulauf an Mitgliedern festzustellen. Über die Zahl von Linksextremisten -- etwa von militanten Autonomen -- in den neuen Bundesländern können keine zuverlässigen Angaben gemacht werden. Entsprechende Anhaltspunkte deuten jedoch darauf hin, daß sich auch dort in vielen Städten eine autonome Szene herausgebildet hat. Ein relevanter Teil des linksextremistischen Potentials, das die jahrzentelange kommunistische Herrschaft in der ehemaligen DDR hinterlassen hat -- wie ehemals privilegierte kommunistische Kader im Parteiund Staatsapparat, inzwischen teilweise sozial deklassiert und ohne Perspektive --, sieht weiterhin in "der Partei", nunmehr "Partei des Demokratischen Sozialismus"(PDS), seine politische Heimat. Die "Kommunistische Plattform" in dieser Partei hat anscheinend mehr Anhänger als die DKP und vergleichbare Organisationen zusammen. Insofern gibt die nachstehende Übersicht keinen vollständigen Aufschluß über das gesamte linksextremistische Potential in Deutschland. Linksextremistische Bestrebungen 19 Mitglieder linksextremistischer und linksextremistisch beeinflußter Organisationen - nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften - 70000 50000 30000 26500 I Mitglieder in I linksextremistischen Organisationen Marxisten-Leninisten und andere Revolutionäre Marxisten 20000 8000 10000 /Deutsche /Kommunistische Partei (DKP) 4800 ' Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre 1982 1983 1984 1985 19 1987 1988 1989 1990 1991 20 Linksextremistische Bestrebungen 1989 1990' 1991* Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder MarxistenLeninisten und andere revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 33 34.200 30 25.200 30 21.800 Nebenorganisationen 21 7.200 14 900 10 700 beeinflußte Organisationen" 64 54.600 35 26.500 34 20.000 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre"' 69 4.000 61 4.100"" 57 4.300"" Summe 187 45.900 54.600 140 30.700 26.500 131 27.300 20.000 Nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften und Kinderca. ca. ca. ca. ca. ca. organistionen 41.000 40.000 29.500 20.000 26.500 15.000 " Ohne die neuen Bundesländer " Da den beeinflußten Organisationen auch Mitglieder angehören, die keine Kommunisten sind, wurden die Mitgliederzahlen in einer eigenen Spalte aufgeführt. " * Erfaßt sind nur Gruppen, die festere Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. Das Mobilisierungspotential der "Szene" umfaßt zusätzlich mehrere tausend Personen. " " Einschließlich der Autonomen aus dem ehemaligen Bereich Berlin (Ost). 2. Verlage und Publikationen In den alten Bundesländern gab es Ende 1991 mehr als 40 von Linksextremisten gesteuerte Verlage und Vertriebsdienste (1990: mehr als 60), die linksextremistische Zeitungen, Zeitschriften und Bücher verbreiteten. Die Gesamtzahl der 1991 von Linksextremisten und linksextremistisch beeinflußten Organisationen herausgegebenen periodischen Publikationen betrug wie 1990 etwa 350. Die Jahresauflage ging jedoch von mehr als 13 Mio. Exemplaren auf ungefähr 5 Mio. Exemplare zurück. Starke Einbußen waren im Bereich der DKP und ihres Umfeldes festzustellen; signifikant wirkte sich auch die Entscheidung der "Marxistischen Gruppe" (MG) aus, ihre umfangreiche öffentliche Agitation einzustellen. Linksextremistische Bestrebungen 21 3. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund Die nachfolgende Statistik gibt das tatsächliche Ausmaß linksextreZahl der Gewaltmistischer Gewalt nur unvollkommen wieder; ein Vergleich mit der taten und sonstigen GesetzesverÜbersicht im Bereich des Rechtsextremismus ist wegen der oftmals letzungen stark ungleichen Ausprägung der Gewalt -- auf der einen Seite linksextreangestiegen mistische Straßenmilitanz, auf der anderen Seite rechtsextremistische Angriffe auf Einzelpersonen -- nur bedingt möglich. Aus statistischen Gründen wurde jede gewaltsame Aktion nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand oder von mehreren Tätern gemeinsam begangen wurde. Dies bedeutet, daß z. B. die Krawalle von Linksextremisten nach der Demonstration "Keine weiteren Pogrome" am 3. Oktober in Berlin (60 verletzte Polizisten, erhebliche Sachschäden) nur als eine Gewalttat -- nämlich als ein Fall von Landfriedensbruch -- gezählt wurden. Bei militanten Aktionen mit linksextremistischem Hintergrund wurden über 450 Polizeibeamte verletzt. Die Zahl der übrigen Verletzten -- insbesondere bei Überfällen von Linksextremisten auf Rechtsextremisten -- ist nicht zuverlässig zu ermitteln; nach einer groben Schätzung dürfte allein die Zahl der verletzten Rechtsextremisten bei mindestens 150 liegen. In der Statistik nicht enthalten ist die unübersehbare Fülle von Farbsprühund Schmieraktionen mit linksextremistischem Hintergrund. 22 Linksextremistische Bestrebungen Die Zuordnung vieler Anschläge beruht auf Rückschlüssen aus Anschlagszielen und Begleitumständen der Tatbegehung. Abweichungen von anderen statistischen Erhebungen sind deshalb möglich. I^^^^HHHH ^*B HHHHHI aa ."fJwMp* *-* "---"'" ' ' ^ A ^ . \ VBi' P^ipYn" * --* - - V **% Linksextremistische Bestrebungen 23 1990' 1991 Ost West Gesamt Tötungsdelikte 1 0 2 2 Schußwaffenanschläge 0 0 1 1 Sprengstoffanschläge 7 0 7 7 Brandstiftung/-anschläge 67 7 124 131 Landfriedensbruch 63 33 94 127 Sonstige Aktionen mit Körperverletzungen 34 4 32 36 Widerstandshandlungen 31 1 37 38 Raubüberfälle/Diebstähle 2 0 7 7 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luftoder Straßenverkehr 6 0 13 13 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 376 6 429 435 Gewalttaten insgesamt 587 51 746 797 Gewaltandrohungen 13 5 46 51 Sonstige Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 157 38 177 215** Gesamt 757 94 969 1.063 * Die Vergleichszahlen für 1990 beziehen sich nur auf die alten Bundesländer. ** In der Zahl sind 150 Fälle von Hausfriedensbruch und Besetzungen enthalten. II. Deutscher linksextremistischer Terrorismus Der Zusammenbruch des "realen Sozialismus" hat bei vielen linksEntwicklung der extremistischen Organisationen zu Selbstzweifeln und Nachdenken kommunistischen über bisherige politische Ansätze geführt; linksextremistische TerroriWelt 1991 ohne sten haben solches 1991 noch nicht erkennen lassen. Einfluß auf "Rote Armee Fraktion" Die Bedrohung der inneren Sicherheit durch diese Gruppen, insbesondere durch die "Rote Armee Fraktion" (RAF), durch die terroristischen "Revolutionären Zellen" (RZ) sowie durch kleine gewalttätige anarcho-kommunistische Zusammenschlüsse, insbesondere in der autonomen Szene, ist unverändert geblieben, Linksextremistische Terroristen haben 1991 in Verfolgung ihrer politischen Ziele zwei Menschen ermordet; sie haben sieben Sprengstoffanschläge und mehr als 130 Brandanschläge mit Sachschäden in Millionenhöhe verübt. 24 Linksextremistische Bestrebungen 1. "Rote Armee Fraktion" (RAF) Die RAF ist die älteste, aggressivste und nach der Zahl ihrer Anhänger größte linksextremistische Terrororganisation in der Bundesrepublik Deutschland. Die ideologische Basis dieser Gruppe, die sich Ende der 60er Jahre parallel zu militanten anarchistischen Gruppierungen und den marxistisch-leninistischen Bünden und Parteien der "Neuen Linken" entwickelte, war von Beginn an schmal und widersprüchlich. Offene Diskussionen über weltweite politische Entwicklungen, gesellschaftliche Veränderungen und die Zweckmäßigkeit der eigenen Strategie, wie sie sonst in der "Neuen Linken" und selbst bei orthodoxen Kommunisten gängig sind, wurden nicht geführt. Das letzte umfangreichere Positionspapier der RAF stammt aus dem Jahre 1988. Selbst die Unterstützer und langjährigen Anhänger der RAF erfahren nur aus den "Kommandoerklärungen" nach den Mordanschlägen der Gruppe, warum ein Mensch aus dem Hinterhalt liquidiert wurde -- im Jargon der RAF ist dies "bewaffneter Kampf" --, warum ein bestimmtes Ziel angegriffen wurde. RAF wechselt In den zurückliegenden Jahren hat die RAF ihre aktuellen "Angriffsliimmer wieder nien" mehrfach gewechselt: gegen "US-Imperialismus" und NATO, "Angriffslinien" gegen den "Militärisch-industriellen Komplex", gegen den ökonomischen und politischen Zusammenschluß Europas und zuletzt, gegen die Einheit Deutschlands, das "imperialistische Großdeutschland"; daneben fordert sie beständig die Freilassung ihrerfestgenommenen und inhaftierten Mitglieder und Anhänger. Das strategische Ziel der RAF ist seit mehr als 20 Jahren unverändert: Zerschlagung des Imperialismus, der "imperialistischen Staatenkette", insbesondere Beseitigung des angeblich faschistischen und imperialistischen Staatsund Gesellschaftssystems der Bundesrepublik Deutschland. Dazu sei ein bewaffneter Kampf aus dem Untergrund erforderlich. Bei diesem sieht sich die RAF als verlängerter Arm von Befreiungsbewegungen in der Dritten Welt; sie müsse den Imperialismus in seinem Zentrum, in den kapitalistischen Metropolen angreifen. Seit Beginn der 80er Jahre propagiert die RAF eine gemeinsame antiimperialistische Front der revolutionären Kräfte in Westeuropa und bemüht sich zu diesem Zweck, Verbindungen zu terroristischen Gruppen in anderen europäischen Ländern aufzubauen oder zu intensivieren. Die RAF hat bisher in keiner ihrer Grundsatzschriften dargelegt, wie ihre "bessere" Gesellschaftsordnung nach gewaltsamer Zerstörung der bestehenden Verhältnisse aussehen soll; dies ist ihr auch offensichtlich selbst nicht klar und soll sich wohl erst aus den Entwicklungen im "revolutionären Prozeß" ergeben. Linksextremistische Bestrebungen 25 Im Laufe der Jahre hat sich ein mehrstufiges Geflecht der RAF herRAF: ein mehrausgebildet: Dem Kommandobereich, der mit seinen "militärischen" stufiges Geflecht Angriffen auf die Tötung von Menschen abzielt, gehörten jeweils - in unterschiedlicher Zusammensetzung -- bis zu 15 bis 20 im Untergrund lebende Personen an. Die "Militanten" der RAF leben nicht im Untergrund; sie sollen aus dem in der Legalität lebenden Umfeld heraus den "antiimperialistischen Kampf" mit Brandund Sprengstoffanschlägen voranbringen. Die Personen im RAF-Umfeld betreiben offene Agitation für die Ziele der RAF und betreuen die Festgenommenen und die RAF-Mitglieder im Strafvollzug. Die Inhaftierten der RAF sehen sich auch in der Haft als "revolutionärer Zusammenhang". 1.1 Kommandobereich und "Militante" der "Roten Armee Fraktion" Der Kommandobereich der RAF, der Ende 1989 mit dem Attentat auf den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Dr. HERRHAUSEN, eine neue Akttonsphase eingeleitet hatte, verübte auch 1991 zwei Anschläge. Am 13. Februar, während des Golfkrieges, beschossen Mitglieder des Anschlag auf die Kommandobereiches die Botschaft der Vereinigten Staaten in BonnUS-Botschaft in Bad Godesberg von der gegenüberliegenden Rheinseite aus mit Bonn automatischen Waffen. Menschen kamen nicht zu Schaden. Mit dieser Aktion wollte sich die RAF in die von zahlreichen Gruppierungen, darunter auch Linksextremisten, organisierten Proteste gegen den Krieg zur Vertreibung der irakischen Trupppen aus Kuwait einreihen. Die Täter ließen eine Erklärung eines "Kommandos Vincenco Spano"1) zurück; darin sprachen sie von einem angeblichen "Vernichtungskrieg" gegen das irakische Volk unter Führung der USA. Den imperialistischen westlichen Staaten diene der militärische Einsatz am Golf nur zur Durchsetzung einer neuen Weltordnung nach Ende des "Kalten Krieges". Die Entsendung einer Einheit der Bundeswehr in die Türkei belege, daß das vereinigte Deutschland sich zu einem neuen "Großdeutschland" entwickele und wieder militärische Stärke anstrebe. Die Taterklärung wiederholte außerdem bekannte Forderungen, u. a. nach Zusammenlegung der RAF-Inhaftierten, und Aufrufe zur Solidarität mit den "politischen Gefangenen" in Spanien, Frankreich und den USA. Am 1. April verübte ein "Kommando Ulrich Wessel"2' einen MordanHeimtückische schlag auf den Leiter der Treuhandanstalt, Dr. Detlev Karsten ROHErmordung von WEDDER. Die Täter schössen aus etwa 60 Meter Entfernung von Dr. ROHWEDDER einem Gartengelände aus auf Dr. ROHWEDDER, der sich bei erleuchtetem Fenster im Arbeitszimmer seines Wohnhauses in Düsseldorf aufhielt. Er wurde tödlich getroffen, seine Ehefrau verletzt. 26 Linksextremistische Bestrebungen Anschläge der Kommandoebene der "RAF" seit 1984 27.07.1990, Bonn 13.02.1991, Bonn 01.04.1991, Düsseldorf Versuchter Schußwaffenanschlag Mordanschlag auf Mordanschlag auf auf US-Botschaft Dr. Rohwedder Staatssekretär Neusei 20.09.1988, Bonn Versuchter Mordanschlag auf Staatssekretär Dr. Tietmeyer 10.10.1986, Bonn Mordanschlag auf Ministerialdirektor Dr. von Braunmühl 30.11.1989, Bad Homburg Mordanschlag auf Dr. Herrhausen 08.08.1985, Wiesbaden Mordanschlag auf US-Soldaten Pimental 08.08.1985, Frankfurt a.M. Sprengstoffanschlag auf US-Air-Base Anfang März 1990 18.12.1984, 01.02.1985, 09.07.1986, Oberammergau Gauting Straßlach Beabsichtigtes, aber nicht durchgeführtes Versuchter Mordanschlag auf Mordanschlag auf Attentat auf Sprengstoffanschlag Dr. Zimmermann Prof. Beckurts Bundesminister auf NATO-Schule Kiechle Linksextremistische Bestrebungen 27 <** ** ***%"^ it l* -.<** "^ ö?d9" <Ö* **** .^ *$*' v"-' fit deg%*# ,"* * ^ S>* <** ^ TSP & & *""PS ^ tf^ Ausriß aus einem ^ < ^ * < " * ^ Selbstbezichtigungsschreiben der terroristischen *d"" C - -^ ^ "Roten Armee Fraktion" iP1^ In einer Taterklärung bezichtigte die RAF Dr. ROHWEDDER, als Leiter der Treuhandanstalt "Statthalter" Bonns in Ost-Berlin mit dem Auftrag zu sein, den Zusammenbruch der ökonomischen und sozialen Strukturen der ehemaligen DDR zu organisieren und diese so dem Diktat des Kapitals zu unterwerfen. Er sei als einer der "Architekten Großdeutschlands" verantwortlich für die reaktionäre Entwicklung in der ehemaligen DDR, für Arbeitslosigkeit, Rassismus, Frauenfeindlichkeit und zunehmenden Faschismus im täglichen Leben. In der Taterklärung kündigte die RAF vergleichbare weitere Angriffe RAF kündigt veran; sie werde künftig auch vermehrt in aktuellen gesellschaftlichen mehrte "taktische Auseinandersetzungen intervenieren. Als Beispiel nannte sie den Aktionen" an Anschlag auf die Botschaft der USA in Bonn am 13. Februar. Weitere "taktische Aktionen" blieben jedoch 1991 aus. Nach Presseberichten mit Hinweisen, die Inhaftierten aus der RAF seien aus den Haftanstalten heraus an Terroraktionen beteiligt, meldete sich die Kommandoebene mit einer weiteren Erklärung, datiert 28 Linksextremistische Bestrebungen Kommandoebene auf den 23. Juni. Die Bundesanwaltschaft, so behauptete die RAF, wendet sich gewolle mit einer Kampagne unter dem Stichwort "Zellensteuerung" die gen Vorwurf einer 1989 mit dem Hungerstreik erkämpften Verbesserungen in den Haft"Zellensteuerung" bedingungen wieder rückgängig machen. Alle, die den Hungerstreik 1989 solidarisch begleitet hätten, seien nun gefordert, einen neuen Anlauf zur Durchsetzung der Zusammenlegung der Häftlinge zu unternehmen. Das RAF-Umfeld verstand diese Erklärung als Anweisung und Signal für eine neue Zusammenlegungskampagne (vgl. Ziff. 1.2). Ansehensverluste Ansehensverluste bei den eigenen Anhängern, bei anderen Linksexwegen Stasitremisten und auch Rückschläge bei ihren internationalen Kontakten Beziehungen befürchtete die RAF-Kommandoebene aufgrund der bekanntgewordenen engen Beziehungen zum "Ministerium für Staatssicherheit" (MfS) der ehemaligen DDR. Aussagen der 1990 in der DDR festgenommenen "RAF-Aussteiger" belegen inzwischen, daß auch Aktive aus der Kommandoebene in der DDR eine Ausbildung in Waffenund Sprengstofftechnik in Anspruch genommen, finanzielle Zuwendungen erhalten und regelmäßig die vom MfS kontrollierten und abgedeckten Einund Ausreisemöglichkeiten genutzt haben. Gleichwohl bestritt die Kommandoebene besondere Beziehungen zum MfS und behauptete, sie sei nicht "an der langen Leine der Stasi" gelaufen. Der RAF-Anspruch, eine autarke selbstbestimmte revolutionäre Gruppierung zu sein, geriet auch bei langjährigen Sympathisanten in Zweifel. "Militante" weiter Die "Militanten" der RAF -- die für die Durchführung von Brandund inaktiv Sprengstoffanschlägen zuständige "zweite kämpfende Ebene" -- blieben 1991 inaktiv. Bereits im Jahr zuvor hatten sie in schriftlichen Verlautbarungen von strukturellen Problemen und personeller Schwäche gesprochen. 1.2 Umfeld der "Roten Armee Fraktion" RAF-Umfeld Die Zahl der Personen, die dem engeren Umfeld der RAF zuzurechweiterhin etwa nen sind, blieb mit etwa 250 konstant. Diese Personen nehmen inner250 Personen halb des RAF-Gefüges verschiedene unterstützende Aufgaben wahr. Dazu gehört vor allem, für die Ziele der Kommandoebene und die Interessen der festgenommenen und inhaftierten RAF-Mitglieder in der Öffentlichkeit zu werben. Zur Forderung der Inhaftierten nach Zusammenlegung im Strafvollzug sollen sie mit Aufrufen, Demonstrationen und Kundgebungen Druck auf staatliche Stellen erzeugen. Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet sieht das engere RAF-Umfeld in der Betreuung der Häftlinge; mit diesen wird über Besuche und Schriftverkehr ständig Verbindung gehalten; gewissenhaft wird ihnen über Vorhaben und Entwicklungen in der linksextremistischen Szene berichtet, ihr Urteil eingeholt, ihre Weisungen beachtet. Linksextremistische Bestrebungen 29 Einzelne Personen aus dem engeren RAF-Umfeld nehmen konspirativ besondere Verbindungsfunktionen zum Kommandobereich wahr. Das engere RAF-Umfeld dient auch als Reservoir für die Rekrutierung neuer Kommandomitglieder. Personen des RAF-Umfeldes haben zu anderen Linksextremisten, insbesondere zu Anhängern anarchistischer autonomer Gruppierungen Kontakte. Mit diesen unterhalten sie z. T. gemeinsame Trefforte, benutzen dieselben Info-Läden, arbeiten in Szenepublikationen zusammen und unterstützen sich als Bündnispartner bei öffentlichen Kampagnen und Aktionen. Bemühungen des engeren RAF-Umfeldes, sich als "revolutionärer Widerstand" innerhalb der von der RAF propagierten "antiimperialistischen Front" zu einer eigenständigen Kraft zu entwickeln, sind 1991 nicht vorangekommen. Der Zusammenbruch des "realen Sozialismus" in Osteuropa hat auch bei RAF-Unterstützern Fragen nach den Perspektiven revolutionärer linker Politik aufkommen lassen. Die Meldungen über das Ausmaß der Beziehungen der RAF-Kommandoebene zum ehemaligen MfS führten zusätzlich zur Verunsicherung Verunsicherung des RAF-Unterstützerbereichs. Auch wurden erneut Spannungen im und OrientierungsVerhältnis zu den Inhaftierten deutlich; beide Seiten begegneten sich schwäche des mit überzogenen Erwartungen. So beklagten die Häftlinge u. a. manRAF-Umfeldes gelnde Aktivitäten des Umfeldes für die Zusammenlegungsforderung. Auf Fragen des Umfeldes nach Orientierung für den "revolutionären Widerstand" sprachen die Inhaftierten nur unbestimmt von notwendiger Neubestimmung oder Weiterentwicklung revolutionärer Politik. Die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten des RAF-Umfeldes blieben 1991 schwächer als in den früheren Jahren. Zu Jahresbeginn stand für RAF-Untersützer der Golfkonflikt im Mittelpunkt des Interesses. Sie beteiligten sich an zahlreichen Protestveranstaltungen anderer GrupBeteiligung des pierungen und Initiativen gegen das militärische Eingreifen der USA RAF-Umfeldes an und ihrer Verbündeten. Dabei nutzten sie alle Gelegenheiten, die der Kampagne gegen den Aktionen der RAF als antiimperialistischen Kampf herauszustellen Golfkrieg und für die Forderung nach Zusammenlegung der inhaftierten RAFMitglieder zu werben. Bei Ausbruch der Golfkrise hatte das RAF-Umfeld noch gezögert, sich offen auf die Seite des Diktators SADDAM HUSSEIN zu stellen. Solche Bedenken wurden mit Beginn der Kampfhandlungen zur Vertreibung der irakischen Truppen aus Kuwait zurückgestellt; sie wichen aggressivem Antiamerikanismus und ausgeprägt israelfeindlicher Agitation. Zugleich verstärkten RAF-Unterstützer ihre Solidaritätsbekundungen für Palästinenser und auch für Kurden. Nach dem Golfkrieg steigerte das RAF-Umfeld seinen Einsatz für die Unterstützung der von den RAF-Inhaftierten erhobenen Forderungen 30 Linksextremistische Bestrebungen nach Zusammenlegung, freier Kommunikation mit gesellschaftlichen Gruppen und nach Freilassung der angeblich haftunfähigen Gefangenen. Zusammen mit Anwälten und Angehörigen der Inhaftierten vereinbarten RAF-Unterstützer Ende April einige öffentlichkeitswirksame Aktionen, darunter Mahnwachen vor Haftanstalten und eine bundesweite Demonstration in Bonn möglichst mit Blockade des Bundeskanzleramtes. Vom Juni bis Anfang August fanden einige Aktivitäten statt: so ein mehrtägiges "Knastkamp" vor der Justizvollzugsanstalt in Aichach und demonstrative Besetzungen von Zeitungsredaktionen in Hannover und Wiesbaden sowie des Frankfurter Römers. Mit einer Besetzungsaktion in der Renault-Bank in Köln wollten RAF-Unterstützer ihre Solidarität mit den Inhaftierten der französischen Terrorgruppe "Action Directe" bekunden. Vor diesem Hintergrund wird auch ein Brandanschlag auf eine Renault-Vertretung in Brühl Personen aus dem RAF-Umfeld zugerechnet. Am 9. Juli erschien in der "tageszeitung" (taz) -- ähnlich wie vor der Zusammenlegungskampagne 1988/89 -- ein Aufruf "Freiheit für alle politischen Gefangenen", der von zahlreichen Personen -- auch außerhalb der linksextremistischen Szene -- unterzeichnet war. Mit einem zweiten Aufruf in der taz vom 3. Oktober sollte der Eindruck erweckt werden, die RAF-Forderung finde zunehmende Resonanz. ZusammenTatsächlich kam die Kampagne für eine Zusammenlegung der Inhaflegungskampagne tierten jedoch nicht in Gang. Erst im Dezember gelang es dem RAFkam nicht in Gang Umfeld, eine zweite "Mahnwache" (vor der JVA Bruchsal) zu organisieren. Die geplante Demonstration in Bonn wurde auf einen unbestimmten Termin im Jahre 1992 verschoben. Offensichtlich fand das RAF-Umfeld für das Thema "Haftbedingungen" bei anderen Linksextremisten kein Gehör. Das Interesse dort galt der Solidaritätsarbeit für Ausländer und Asylsuchende und dem "antifaschistischen Kampf". Auch RAF-Unterstützer engagierten sich zunehmend bei "antifaschistischen Aktionen" gegen Skinheads und militante Neonazis. Auf Presseberichte Ende Dezember über Verfahren zur Prüfung einer Strafaussetzung zur Bewährung für mehrere RAF-Inhaftierte reagierten die Gruppierungen im Umfeld zunächst überrascht, dann mit vorsichtigem Optimismus; zugleich fürchteten sie, der Staat könne ihnen ihr zentrales Agitationsthema aus der Hand nehmen. 1.3 Inhaftierte der "Roten Armee Fraktion" Die etwa 30 "Gefangenen" aus der RAF und dem "antiimperialistischen Widerstand" bemühten sich weiterhin um ihre Zusammenlegung in ein oder zwei große Gruppen; dies sei unverzichtbare Voraussetzung für ihr seit 1989 propagiertes Dialogprojekt. Ziel dieses Projektes sei es, mit allen "gesellschaftlichen Gruppen" in eine politische Diskussion einzutreten. Dabei gehe es darum, über die Auseinander- Linksextremistische Bestrebungen 31 setzung mit der Geschichte der RAF Perspektiven für die Weiterent"Dialogprojekt" wicklung "revolutionärer Politik" zu erarbeiten. Ein echter Dialog kam der Inhaftierten aufgrund politischen und taktischen Lavierens der RAF-Inhaftierten kam nicht voran auch 1991 nicht in Gang. Erneut wurde mangelnde Bereitschaft der Inhaftierten deutlich, offen und selbstkritisch über Zweckmäßigkeit und Berechtigung des "bewaffneten Kampfes" zu diskutieren. Gesprächswünsche der Inhaftierten konzentrierten sich auf Personen und Gruppen, die selbst für radikale Umwälzungen eintreten. Gesprächsbereite Gruppen, auch mit linksextremistischen Bezügen, zeigten sich zudem deutlich irritiert, als die langjährigen Kontakte zwischen der RAF und dem ehemaligen MfS bekannt wurden. Kritiker sprachen von politisch-moralischer Verkommenheit derjenigen RAFMitglieder, die sich mit diesem menschenverachtenden Repressionsapparat eingelassen hätten. RAF-Mitglied Helmut POHL, als Sprecher der Inhaftierten, versuchte das Anfang Juli in einem Presseinterview3' abzuwiegeln. Presseberichte über ein im März 1990 festgestelltes verdecktes Kommunikationssystem zwischen den Inhaftierten und Vermutungen, darüber erfolge aus den Haftanstalten heraus eine Beteiligung an Terroranschlägen, versuchten die RAF-Inhaftierten agitatorisch aufzufangen. Sie bezeichneten die Berichte als "Staatsschutzkampagne", die darauf abziele, quasi eine "Endlösung" der Gefangenenfrage herbeizuführen. Im Sommer, nach dem Start einer neuen ZusammenlegungskampaUneinigkeit über gne durch das RAF-Umfeld, diskutierten die Häftlinge ZweckmäßigHungerstreik keit und Aussichten eines neuen gemeinsamen Hungerstreiks. Dabei bildeten sich zwei Linien. Eine Minderheit war der Auffassung, dem Staat könnten nur durch Druck Zugeständnisse in der Frage der Zusammenlegung abgerungen werden. Sie favorisierten einen neuen Hungerstreik. Andere plädierten für eine "Politik der kleinen Schritte" zur Verbesserung der Haftbedingungen. Die drei in der Justizvollzugsanstalt Celle inhaftierten RAF-Mitglieder traten vom 23. September bis 4. Oktober in einen Hungerstreik und wiesen dabei lediglich auf die eigene Haftsituation hin. Die "hardliner" unter den Inhaftierten mißbilligten diese Aktion scharf als unsolidarisch und eigensüchtig. Ein gemeinsames Konzept entwickelte sich in der Zusammenlegungskampagne nicht. 2. "Revolutionäre Zellen" (RZ)/"Rote Zora" Die "Revolutionären Zellen", die ihre terroristischen Aktivitäten 1973 aufnahmen, verstehen sich als Sozialrevolutionäre. Mit ihren militanten Aktionen wollen sie an aktuelle, in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierte Themen anknüpfen. Sie hoffen, dadurch ein breites Pro- 32 Linksextremistische Bestrebungen testpotential zu ähnlichen Straftaten motivieren zu können. Als Aktionsform bevorzugen sie Brandund Sprengstoffanschläge. 1977 bildete sich eine Frauengruppe in der RZ, die unter dem Namen "Rote Zora" bevorzugt frauenspezifische Themen aufgreift. Anschlagsaktivitä"Revolutionäre Zellen" verübten 1991 vier Sprengstoffanschläge ten der RZ (davon ein Versuch) und sieben Brandanschläge. Damit war im Vergleich zu den fünf Anschlägen des Vorjahres ein deutlicher Anstieg der RZ-Aktivitäten zu verzeichnen. Regionaler Anschlagsschwerpunkt war mit fünf Terrorakten Berlin. Die Frauengruppe "Rote Zora" war -- wie in den Jahren 1989 und 1990 -- inaktiv. Aufhänger für fünf Anschläge --darunter ein Sprengstoffanschlag auf die Siegessäule in Berlin -- war zu Beginn des Jahres der Golfkrieg. Mit diesem Krieg hätten die westlichen, vermeintlich imperialistischen Staaten eine neue Weltordnung nach dem Ende des Kalten Krieges durchsetzen wollen. In der Taterklärung zu einem Brandanschlag auf ein Berliner Kaufhaus wurde zudem die Berichterstattung in den Medien über diesen Krieg kritisiert. Vier Terroraktionen stellten die Täter in einen Zusammenhang mit den Folgen der Vereinigung der beiden deutschen Staaten sowie der wirtschaftlichen Entwicklung in den fünf neuen Bundesländern und der Stadtentwicklung Berlins. So bezeichneten die RZ einen Brandanschlag am 12. Juni auf die Ausstellung zur deutschen Geschichte im Berliner Reichstagsgebäude wenige Tage vor der Entscheidung des Deutschen Bundestages über den zukünftigen Regierungssitz als "Entscheidungshilfe". Einer westdeutschen Warenhauskette und einer Großbank warfen "Revolutionäre Zellen" ihre Aktivitäten während des Dritten Reiches vor. Sie seien jetzt wieder dabei, groß in der DDR Einzug zu halten. Einer der drei Brandanschläge mit diesem Begründungszusammenhang richtete sich gegen den Rohbau eines auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Ravensbrück geplanten Supermarktes; mit diesem Bauvorhaben sei -- so die Täter -- das Ansehen vieler "Antifaschistlnnen" für den "neuen deutschen Konsumwahn" in den Dreck getreten worden. Mit einem versuchten Sprengstoffanschlag auf die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalens in Düsseldorf im Januar und einem Sprengstoffanschlag auf eine Ausländerbehörde in Böblingen im August griffen "Revolutionäre Zellen" ihr langjähriges Anschlagsthema Asylund Flüchtlingspolitik auf, zu dem sie seit 1986 eine Vielzahl von terroristischen Aktivitäten entfaltet haben. In der Taterklärung zu dem Anschlag auf die Staatskanzlei forderten die Verfasser ein Bleiberecht für Roma und Sinti. Der Landesregierung wurde vorgehalten, Nordrhein-Westfalen und später auch die Bundesrepublik Deutschland "zigeunerfrei" machen zu wollen. Allgemein sei -- so die Böblinger Täter -- die Ausländerund Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland das Instrument, sich gegen die Flüchtlingsströme aus der Dritten Welt und Osteuropa abzuschotten. Die anderen westeuropäischen Staaten nähmen sich diese deutsche Politik zum Maßstab. Linksextremistische Bestrebungen 33 Die Aktionen "Revolutionärer Zellen" auf die Siegessäule und den MeinungsverReichstag in Berlin stießen selbst in den eigenen Reihen nicht auf schiedenheiten ungeteilte Zustimmung. In einem in dem autonomen Szeneblatt über Einsatz revolutionärer Gewalt "INTERIM" veröffentlichten Positionspapier übte eine "Gruppe aus dem Traditionszusammenhang der Revolutionären Zellen" scharfe Kritik an diesen Aktionen, aber auch an dem Schußwaffenanschlag der RAF auf die Botschaft der USA (vgl. Ziff. 1.1) und an dem tödlichen Briefbombenattentat auf einen Mitarbeiter der Berliner Senatsbauverwaltung (vgl. Ziff. 3). Die Verfasser lassen allerdings keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie militante Aktionen weiterhin als ein unverzichtbares Mittel politischer Intervention betrachten. Im Dezember erschien in "INTERIM" (Nr. 174) ein offener Brief "Revolutionärer Zellen" zur Ermordung ihres ehemaligen Genossen Gerd ALBARTUS; dieser sei durch eine Gruppierung aus dem palästinensischen Widerstand als Verräter verurteilt und erschossen worden. Die Kritik an eigenem Verfasser nehmen diese Mordtat zum Anlaß, ihr früheres "internatio"internationalistinalistisches" Engagement kritisch zu beschreiben und Gewalttaten schen" Engagement auch innerhalb revolutionärer Organisationen anzuklagen. 3. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen Für die überwiegende Zahl (etwa 90 %) der linksextremistisch motivierten schweren Straftaten - insbesondere Brandund Sprengstoffanschläge ohne Personenschäden --waren auch 1991 Täter aus der autonomen anarchistischen Szene verantwortlich (vgl. Kap. III). Erstmals kam bei einem Briefbombenanschlag von Linksextremisten Toter durch -- vermutlich aus den Reihen kleiner anarcho-kommunistischerGrupBriefbombe 34 Jnksextremistische Bestrebungen pierungen -- ein Mensch ums Leben. Opfer dieses im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung Berlins stehenden Attentats war der Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltung für Bauund Wohnungswesen, Hanno KLEIN: Er erlitt am 12. Juni beim Öffnen einer präparierten, an ihn adressierten Postsendung tödliche Verletzungen. In einer Erklärung behaupteten die Täter, die Umgestaltung der Berliner Innenstadt orientiere sich vornehmlich an den Interessen des nationalen und internationalen Kapitals. Dadurch würden die "Kiezbewohner" aus ihrem angestammten Lebensraum vertrieben. Ein Anschlag mit Todesfolge sei zwar nicht beabsichtigt gewesen, angesichts der gewalttätigen Dimension des Umstrukturierungsprozesses gleichwohl angemessen. Die Beteiligten hätten ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit verwirkt. 4. Internationale Verflechtungen 4.1 Der "Roten Armee Fraktion" ist es auch 1991 nicht gelungen, funktionsfähige Bündnisse mit Terrorgruppen aus anderen westeuropäischen Ländern aufzubauen. Es muß jedoch davon ausgegangen werden, daß die RAF ihre Bemühungen fortsetzt, um die von ihr seit Anfang der 80er Jahre propagierte "antiimperialistische Front in Westeuropa" voranzubringen. Eine Allianz mit den italienischen "Brigate Rosse -- PCC" (BR-PCC), existiert nur in der Propaganda dieser beiden Gruppen. So versuchten in Bologna/Italien vor Gericht stehende Mitglieder der "Brigate Rosse" im April, eine Solidaritätserklärung zum RAF-Anschlag auf Dr. ROHWEDDER zu verlesen. Bemühungen der Die erheblichen Anstrengungen der RAF aus dem Jahre 1990, die RAF um Zusamspanische Terrorgruppe GRAPO für eine Zusammenarbeit zu gewinmenarbeit mit der nen, könnten erste Früchte getragen haben. So läßt u. a. ein 1991 GRAPO bekanntgewordenes Interview mit dem Generalsekretär der "rekonstituierten" Kommunistischen Partei Spaniens -- PCE(r), die als politische Partei die Aktionen der GRAPO stützt, eine Annäherung zur RAF erkennen. Darin wird -- neben der Zusammenlegung der Inhaftierten -- der Bekämpfung des Finanzkapitals zentrale Bedeutung beigemessen; dies deckt sich mit der Zielsetzung der RAF. Auch wird deutlich, daß innerhalb der PCE(r) die Vorstellung der RAF von einer "antiimperialistischen Front in Westeuropa" diskutiert wird, wenn auch zum Teil kontrovers. Der Generalsekretär der PCE(r) hält eine solche Front bei Beachtung der Unabhängigkeit der beteiligten Gruppen für möglich und räumt ein, auf politisch/ideologischer Ebene über Beziehungen zum RAF-Spektrum zu verfügen. Diese Äußerungen finden Bestätigung in einem im gleichen Zeitraum geführten Interview mit drei Mitgliedern der GRAPO. Den Sprengstoffanschlag der RAF auf Staatssekretär NEUSEL im Juli 1990 mit Solidaritätsbekundung für einen Häft- Linksextremistische Bestrebungen 35 ling, der bei dem Hungerstreik der GRAPO/PCE(r) in Spanien ums Leben gekommen war, bewerten sie als einen Akt von hohem moralischem Wert. Das RAF-Umfeld zeigte im vergangenen Jahr gesteigertes Interesse RAF-Solidarität für an der Situation "politischer Gefangener" in den USA. Ausgangs"politische Gefangene" in den USA punkt war die Teilnahme von RAF-Unterstützern an einem internationalen Tribunal zu diesem Thema vom 7. bis 10. November 1990 in New York. Im Juli 1991 setzten sich die Kontakte fort. Angehörige des "Puertorikanischen Widerstandes" und ein aus der Straf haft entlassener Angehöriger der ehemaligen "Black Panther-Bewegung" aus den USA reisten in die Bundesrepublik Deutschland, sprachen auf Veranstaltungen des engeren RAF-Umfeldes und besuchten inhaftierte Mitglieder der RAF. Auch der Kommandobereich der RAF forderte in seiner Taterklärung zu dem Schußwaffenanschlag auf die US-Botschaft zur Solidarität mit den "politischen Gefangenen" in den USA auf. Besonders intensiv war 1991 die Reisetätigkeit von Angehörigen des RAF-Umfeldes nach Frankreich. Im Mittelpunkt standen dabei Besuche bei den inhaftierten Mitgliedern der französischen "Action Directe". 4.2 "Revolutionäre Zellen" berichteten im Dezember in einem offenen Brief, daß sie sich seit Jahren aus internationalistischen Aktivitäten zurückgezogen hätten. Ihre Erfahrungen in der Unterstützung revolutionärer Bewegungen in der Dritten Welt hätten dazu geführt, mit allen Facetten des leninistisch-stalinistischen Verständnisses nationaler Befreiung zu brechen; sie seien auf die nationalen und sozialen Bewegungen im eigenen Land orientiert. III. Anarchisten, Autonome und sonstige Sozialrevolutionäre Die Entwicklung im Anarchismus blieb uneinheitlich: Traditionelle Gruppen -- anarcho-syndikalistische und anarcho-kommunistische Zusammenschlüsse -- fanden nur geringes Interesse, die Resonanz anarchistischer "Gewaltfreier Aktionsgruppen" ging zurück. Dagegen erhielten die militanten Autonomen weiteren Auftrieb, auf ihr Konto Militante Autogingen etwa 90 Prozent der Körperverletzungen sowie der Brandnome für die meianschläge und sonstigen Sachbeschädigungen mit linksextremististen Gewalttaten verantwortlich schem Hintergrund. Ansatzpunkte für "klandestine" Aktionen (Anm.: heimliche Anschläge) und Straßenmilitanz fanden sie insbesondere in den Themen "Golfkrieg", "Umstrukturierung" sowie "Antifaschismus/Antirassismus". 36 Jnksextremistische Bestrebungen Zur Kommunikation innerhalb der "Szene" und zur Mobilisierung dienten wiederum ein bundesweites Infotelefon (Delmenhorst) und örtliche Infoläden, außerdem -- z. T. konspirativ verbreitete -- Szeneblätter. Sogenannte Infoläden gibt es in mehr als 50 Städten, viele sind international vernetzt. Sie verfügen über eine eigene Zeitung: "CLASH - Zeitung für den Widerstand in Europa" (in deutscher und englischer Sprache). Neben "CLASH" erschienen etwa 30 bedeutendere Szeneblätter; zu den wichtigsten zählen neben "INTERIM" (Berlin, jedoch mit bundesweiter Ausstrahlung): "Ausbruch" (Freiburg), "SWING -- Autonomes Rhein-Main-Info", "Südwind" (Region mittle- Linksextremistische Bestrebungen 37 rer Neckar), "Land unter" (Norddeutschland), "UNFASSBA" (Münster), "AGITARE BENE" (Köln) sowie die Untergrundzeitschrift "radikal", die unter wechselnden ausländischen Deckadressen verbreitet wird. Diese Blätter veröffentlichten wiederum u. a. Selbstbezichtigungen terroristischer und autonomer Gruppen; "radikal" gab darüber hinaus Anleitungen zum Bau elektronischer Zeitzünder, zur Herstellung von Molotowcocktails, zum Aufbrechen und Kurzschließen von Kraftfahrzeugen, zur Herstellung von "Klautaschen" (um Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern zu überlisten) sowie "Tips und Trix zur kostenlosen Aneignung von Gas und Strom". 38 Linksextremistische Bestrebungen 1. Autonome Zahl militanter Die Zahl der militanten Autonomen in den alten Bundesländern (einAutonomer steigt schließlich Gesamtberlin) ist auf etwa 2.700 angewachsen (1990: 2.300). Hinzu kommt ein beträchtliches Potential latent Gewaltbereiter, die sich bei besonderen Anlässen und "Reizthemen" mobilisieren und gern zu Gewalttätigkeiten hinreißen lassen. Schwerpunkte liegen in den großen Ballungszentren wie Berlin, Hamburg, Frankfurt/M. sowie mehreren Städten im Ruhrgebiet und kleineren Universitätsstädten (z. B. Göttingen) Über die Zahl von Autonomen in den neuen Bundesländern können keine zuverlässigen Angaben gemacht werden; Gruppenbezeichnungen wie "Autonome Antifa" sowie militante Auseinandersetzungen mit Rechtsextremisten und linksextremistiAutonome Szenen sche Parolen, z. B. an besetzten Häusern, lassen jedoch erkennen, auch in den neuen daß sich dort in fast allen Großstädten, aber auch zahlreichen MittelBundesländern und Kleinstädten autonome Szenen herausgebildet haben. Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept, sondern folgen verschwommenen anarchistischen, bisweilen auch nihilistischen Vorstellungen. Weil sie formelle Organisationen mit hierarchischen Strukturen ablehnen, schließen sie sich in lockeren örtlichen Kleingruppen zusammen: Gangs, Banden und Cliquen seien eine Möglichkeit, sich ohne Kontrolle zu organisieren; erst dadurch entstehe die Fähigkeit zum offensiven Vorgehen4'. Bei Straßenkrawallen treten sie oftmals in einheitlichem "Outfit" -- als "schwarzer Block" und mit "Haßkappen" vermummt -- auf, um so "Distanz und Unversöhnlichkeit mit diesem Staat und seinen Bullen"51 zu demonstrieren. Ihre "actions" bewegen sich auf drei Ebenen; ein Autonomer erläuterte: "Die erste Ebene bezieht sich darauf, mit vielen anderen auf Demos zu gehen, politische Kampagnen zu organisieren, d. h. völlig legal politische Arbeit zu machen. Als zweite Ebene verstehe ich, mit vielen anderen nachts lozuziehen, Schlösser zukleben, halt eine Art Massenmilitanz. Und ein dritter Teil... sind dann die klandestinen militanten Aktionen, wie Brandsätze deponieren etc."6' 1.1 Gewaltdebatte Autonome In ihrem Haß auf Staat und Gesellschaft befürworten Autonome propagieren grundsätzlich die Anwendung von Gewalt; gestritten wurde jedoch -- Gewalt wie in den Vorjahren -- über Art, Zeitpunkt und Angriffsziele. Einige propagierten die Einheit aller Kampfformen: Ein Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung werde es erst geben, wenn die Macht des imperialistischen Systems von unten gebrochen sei. Dabei müßten politische Bewegungen, militante Aktionen und Angriffe auf Leben und Eigentum der Repräsentanten dieses Systems zusammenwirken71. Vereinzelte Nadelstiche gegen die Bonzen seien wenig effektiv. Linksextremistische Bestrebungen 39 in der Masse seien sie aber "sehr nervig für die Schweine" '. Andere Autonome begrüßten ausdrücklich den Mordanschlag der RAF auf den Präsidenten der Treuhandanstalt, Dr. Detlev Karsten ROHWEDDER (1. April vgl. Kap. Il, Ziff. 1.1): Sein Tod habe mehr als nur klammheimliche Freude ausgelöst, er sei ein echtes "Spitzenschwein" gewesen, "wir ernennen ihn hiermit zur Leiche des Jahres"9'. In der Regel wurde politischer Mord an Repräsentanten des "SchweiDiskussion über nesystems" jedoch abgelehnt, wenn auch bisweilen nur aus takti"politischen M sehen Erwägungen. Symptomatisch für die "Gewaltdebatte" waren degrd" Auseinandersetzungen um das Positionspapier einer "Gruppe aus dem Traditionszusammenhang der Revolutionären Zellen"101; darin waren der Schußwaffenanschlag der RAF auf die US-Botschaft in Bonn (13. Februar), die Anschläge "Revolutionärer Zellen" (RZ) gegen die Berliner Siegessäule (16. Januar) und das Reichstagsgebäude (12. Juni) sowie das Briefbombenattentat auf den Berliner Baustadtrat Hanno KLEIN (12. Juni) heftig kritisiert, gleichzeitig aber betont worden, militante Aktionen seien unverzichtbar. Autonome hielten dagegen: lediglich das Attentat auf Hanno KLEIN sei zu verurteilen; jedoch nicht, weil "dieses Schwein plattgemacht" worden sei, sondern wegen der Beliebigkeit des Umgangs mit Menschenleben. Die anderen Anschläge seien prinzipiell gut und richtig. Dies gelte insbesondere für die Schüsse auf die US-Botschaft, zu denen die RAF eine "verdammt gute und verständliche Erklärung" geschrieben habe (vgl. Kap. Il, Ziff. 1.1). Der Anschlag vermittle sich aus sich selber: als symbolischer Ausdruck internationaler Solidarität mit den Menschen im Trikont. Ob dabei "Blut von den Schweinen gespritzt" sei, sei unwichtig111. Auch Frauen aus der "radikak-Redaktion kritisierten den Anschlag auf Hanno KLEIN: jedoch gebe es politische Morde, die "voll und ganz richtig" seien. So müßten die Verantwortlichen für die Haftbedingungen damit rechnen, zur Rechenschaft gezogen zu werden; der Preis müsse für die "Schweine ganz persönlich" in die Höhe getrieben werden. Bei "Bestrafungsaktionen" bestehe generell das Restrisiko einer unbeabsichtigten Tötung. In diesem Falle müßten die Strukturen so dicht sein, daß keiner Aussagen mache12'. Andere aus diesen Kreisen schrieben: unzweifelhaft gebe es politische Notwendigkeiten für bewaffnete Aktionen; wichtig sei es jedoch, Kriterien dafür zu entwickeln, ein Minimalkonsens, die Gefährdung Unbeteiligter auszuschließen, sei zu wenig. Durch politischen Mord werde der Herrschaftsapparat keineswegs angeknackst, sondern lediglich eine Person durch eine andere ersetzt; der ROHWEDDER-Mord sei der letzte Beleg. Auch die positiven Aspekte des Mordes, so die Verunsicherung der Verantwortlichen und punktuelle Aufhebung der eigenen Ohnmachtsgefühle, könnten dies nicht aufwiegen131. 40 Jnksextremistische Bestrebungen 1.2 Ansatzpunkte für militante Aktionen 1.2.1 Proteste gegen den Golf krieg Golfkrieg als Häufiger Ansatzpunkt für Anschläge und Straßenmilitanz war zu JahAnsatzpunkt für resbeginn der Golfkrieg. Autonome mobilisierten mit Parolen wie Straßenmilitanz "Demonstrieren, Blockieren, Desertieren, Sabotieren -- Kein ruhiges und Anschläge Hinterland den Kriegstreibern "und erklärten: Wir stehen zu unserem Anti-Amerikanismus. Dieser richte sich gegen das Amerika der Bosse und Banker, der Konzerne und Kriegstreiber, der Imperialisten und weltweiten Ausbeuter. Ein solcher Anti-Amerikanismus ziele letztlich auch auf die Herrschenden hier. Konzerne wie Daimler, Siemens, Hoechst und Bayer seien mitverantwortlich. Frieden könne es erst geben, wenn diesen das Handwerk gelegt sei14'. Das Szeneblatt "INTERIM" veröffentlichte eine Liste von etwa 20 Wirtschaftsunternehmen, die angeblich Rüstungsgüter und Giftgas in den Irak exportieren, mit dem Hinweis: "Die Schuldigen des Krieges sitzen auch in der BRD, ziehen wir sie zur Rechenschaft!"15' Aus Protest gegen den "imperialistischen Krieg" verübten militante Autonome mehr als 50 Brandanschläge (nicht eingerechnet Brandstiftungen bei Straßenkrawallen) und weit mehr als 200 andere Sachbeschädigungen gegen öffentliche und militärische Einrichtungen, Banken, Kaufhäuser sowie Wirtschaftsund Mineralölunternehmen; dabei entstanden Schäden in Millionenhöhe. So gingen "militante Antimilitaristlnnen" am 2. Februar mit Brandsätzen gegen den Neubau der Bundeswehr-Standortverwaltung in Wuppertal vor. In einer Selbstbezichtigung agitierten sie: "Feuer und Flamme für die Bundeswehr -- Kein Krieg außer Klassenkrieg". Am Rande und nach Abschluß einer Demonstration am 17. Januar in Berlin randalierten etwa 300 Störer. Sie bewarfen Polizeibeamte mit Brandflaschen, Feuerwerkskörpern und Steinen; 44 Beamte wurden verletzt, an Schaufenstern und Kraftfahrzeugen entstanden erhebliche Sachschäden. 1.2.2 Kampf gegen "Umstrukturierung" Erneut waren Maßnahmen zur Stadtsanierung und zur Strukturverbesserung innerstädtischer Wohnviertel Ansatzpunkt für eine Vielzahl von Brandanschlägen und sonstigen Sachbeschädigungen. VielfaBerlin Ziel vieler ches Agitationsund Angriffsziel wurde Berlin als Hauptstadt und militanter Regierungssitz ("Reichshauptstadt") sowie als potentielle OlympiaAnschläge stadt. Am 17. Juni beteiligten sich etwa 1.000 Personen, überwiegend Anhänger der autonomen Szene, an einer "Anti-Hauptstadt-Demonstration" in Berlin. Sie skandierten Parolen wie "Hanno KLEIN wird nicht der letzte sein" (vgl. Kap. Il, Ziff. 3) und "Bomben und Benzin für den Regierungssitz Berlin"; vereinzelt warfen sie Feuerwerkskörper und Steine. Schon zum Auftakt der "revolutionären 1. Mai-Demo" in Berlin -- durch Angriffe militanter Linksextremisten wurden während des Aufzuges und im Anschluß daran 85 Polizeibeamte verletzt -- hatten Autonome gedroht, gewaltsam gegen die Verlegung des Linksextremistische Bestrebungen 41 Regierungssitzes nach Berlin vorzugehen: "Wenn ihr da oben das macht, dann versprechen wir euch, dann gibt es jedes Wochenende ein heiteres Abgeordneten-Klatschen in und um Berlin"16'. Nach einem Straßenfest unter dem Motto "Solidarität mit den politischen Gefangenen, gegen Umstrukturierung der Stadtteile, gegen Rassismus und Sexismus - gemeinsam sind wir stärker" am 14. September in Berlin-Kreuzberg kam es zu massiven Ausschreitungen; das Ausmaß der linksextremistischen Straßenmilitanz illustriert ein "Erfolgsbericht" in der Zeitschrift "radikal": "Dabei wurden die anwesenden Bullen haufenweise mit Mollis eingedeckt; so daß mehrere Wannen (Polizeifahrzeuge) und auch Bullen zeitweilig brannten. Die ganze Sache war mit brennenden Barris, Firmenautos, Krähenfüßen und Drahtseilen gut abgesichert, so daß auch 2 Supermärkte angegangen werden konnten"17' Autonome besetzten wieder zahlreiche Häuser und bauten sie zu "Zellen des "Zellen des Widerstandes"18' aus. Sie agitierten: Täglich werde billiWiderstandes" in ger Wohnraum vernichtet, um Platz zu schaffen für Luxuswohnunbesetzten Häusern gen, Wirtschaftspaläste und Schicki-Micki-Läden. Sozial Schwache würden in Ghettos abgedrängt. So würden Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke von revoltierenden Menschen wegsaniert. Die Städtebaupolitik sei ein Instrument der sozialen Kontrolle und der Aufstandsbekämpfung. Dieser brutalen Umstrukturierung müsse militanter Widerstand entgegengesetzt werden19': "Organisieren wir uns also gegen Hausbesitzer, Miethaie, Makler und anderes Pack! Machen wir ihre Schweinereien öffentlich, plakatieren wir ihre Fressen an die Wände, besuchen wir sie in ihren Villengegenden, lassen wir sie sich nicht mehr ungeschoren durch unsere Wohnviertel bewegen! (...) Eröffnen wir eine Kampagne, greifen wir sie an!"20' 1.2.3 Antifaschismus/Antirassismus Ausländerfeindliche Übergriffe von Rechtsextremisten und Skin"Antifaschismus" heads gaben dem militanten Antifaschismus neue Nahrung. als Hebel für "antiimperialistische" Autonome sehen seit eh und je im Antifaschismus die Möglichkeit, Politik stärkere Resonanz zu erlangen und ihre Strukturen zu festigen. So schrieben Autonome aus Göttingen in einem "Diskussionspapier zur autonomen Organisierung" (August 1991): Die Stärke des autonomen Antifaschismus liege in dessen großer Mobilisierungsfähigkeit. Über die "antifaschistische Selbsthilfe" werde militante Praxis in den eigenen Reihen verankert und von anderen Menschen als legitim akzeptiert. Die Auseinandersetzungen mit Nazis führten zwangsläufig zur Auseinandersetzung mit der Staatsmacht, den "Bullen"; damit erreiche der Kampf neue Dimensionen. Autonomer Antifaschismus sei der beste Hebel, antiimperialistische Politik zu vermitteln. 42 Linksextremistische Bestrebungen DIE ANTIFASCHISTISCHE SELB5THILFE ORGANISIEREN! Was mit "antifaschistischer Selbsthilfe" gemeint ist, verdeutlichte die (undatierte) Broschüre "Die antifaschistische Selbsthilfe organisie"Antifaschistische ren". Darin forderten autonome Antifaschisten zu Angriffen auf Selbsthilfe" beRechtsextremisten auf. Ein erster Schritt sei, Bilder und Adressen von deutet Angriffe Faschisten zu veröffentlichen; damit würden diese erkennbar, beobauf Rechtsextremisten achtbar und angreifbar. Es sei wichtig, ihre Verbindungen, Treffpunkte, Wohnungen, Druckereien, Autos usw. zu kennen; dadurch könne ihnen "die Ruhe genommen werden". Faschistische Organisierung sei ohne Gewalt letztlich nicht zu verhindern. Keinen Fußbrei WA FW F- U"? MA&" w///'-'/&e "* mw und- Linksextremistische Bestrebungen 43 Bei Zusammenstößen von Linksund Rechtsextremisten ging die Gewalt in aller Regel von Linksextremisten aus; diese befanden sich zumeist deutlich in der Überzahl. Die autonome Parole "Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft!" wurde zunehmend durch die Aufforderung "Trefft die Faschisten, wenn ihr sie schlagt!" ergänzt; die Brutalität der Angriffe nahm zu. Bei Überfällen von autonomen Antifaschisten erlitten die Angegriffenen z. T. schwerste Verletzungen. So griffen etwa 20 "Antifas" am 31. Oktober in Troisdorf (Nordrhein-Westfalen) vier Personen an; zwei von ihnen wurden erheblich verletzt, einer erlitt einen Schädelbruch. Nach einem Überfall auf einen Neonazi erklärten "autonome antifaschistische Aktivistinnen" aus Berlin: "Wir hoffen, daß die Verletzungen so schwer sind, daß dieses Oberschwein da lange Probleme mit hat"21'. Am 26. Oktober griffen etwa 60 Vermummte, die sich selber als "autonome Antifaschistlnnen" bezeichneten, eine "Schulungsveranstaltung" des österreichischen Rechtsextremisten Karl POLACEK in Mackenrode/Göttingen an. In einer Selbstbezichtigung nannten sie den Angriff erfolgreich: "Die Nazis hatten 15 Verletzte zu beklagen, wir keinen einzigen. In Agitation und Aktion wurde das Thema "Antifaschismus" fast Verknüpfung von durchgängig mit dem Thema "Antirassismus" verknüpft. In einem "Antifaschismus" und "AntirassisAufruf zu einer "Antifa-Demo" am 2. November in Berlin erklärten mus" Autonome zudem: Es gehe nicht nur darum, gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit zu demonstrieren, sondern um den "Angriff auf dieses System". Symptomatisch für die Begründung militanter "antirassistischer" Aktionen war die Selbstbezichtigung von Autonomen, die in der Nacht zum 19. November in Wuppertal Steine und gefüllte Farbflaschen gegen die Wohnhäuser von Kommunalbeamten geschleudert und deren Kraftfahrzeuge beschädigt hatten: Die Angegriffenen seien Schreibtischtäter; sie trügen mit ihrem dreckigen Job zum reibungslosen Funktionieren der Abschiebungsmaschinerie dieses "Scheißlandes" bei. Dafür würden sie zur Rechenschaft 44 Linksextremistische Bestrebungen gezogen. Der Angriff solle den Ausländerbehörden erschweren, neue "Mittäter" zu rekrutieren. "Antirassistische" Anschläge verursachten z. T. erhebliche Sachschäden. So setzte eine autonome "Antirassistische Gruppe" in der Nacht zum 17. Oktober in Berlin mehrere Reisebusse in Brand, mit denen Asylbewerber in die neuen Bundesländer verlegt werden sollten; es entstand Sachschaden von etwa 4 Millionen DM. Das autonome "ANTIFA-JUGENDINFO"22' - nach Angaben der Redaktion überwiegend durch das "Bundestagsbüro der PDS/Linke Liste" finanziert - rechnete den Anschlag zu den "Aktivitäten, die Mut machen". 2. Anarcho-syndikalistische" und anarcho-kommunistische Gruppen Anarcho-SyndikaDie anarcho-syndikalistische "Freie Arbeiterinnen und Arbeiter listen propagieren Union" (FAU-IAA) versteht sich als umstürzlerische Klassenkampf"direkte AktioOrganisation. Sie ist Sektion der "Internationalen Arbeiter Assozianen" in Betrieben tion" (IAA), die das Ziel verfolgt, "die gegenwärtigen politischen und ökonomischen Systeme zu vernichten" (Statut). Die FAU-IAA will revolutionäre Arbeit in den Betrieben leisten und propagiert dazu "direkte Aktionen", z. B. Besetzungen, Boykotts, Streiks, Sabotage231. Bewaffneten Kampf lehnt sie jedoch ab, da dieser leicht militärisch zerschlagen werden könne24'. Die Arbeit der FAU-IAA wurde durch Flügelkämpfe beeinträchtigt. Auf dem traditionellen Pfingstkongreß (18. bis 20. Mai in Moers) kam es zu einer Spaltung. Kritiker, die die FAU-IAA verließen, warfen der " Anarcho-Syndikalisten streben eine Staatsund klassenlose Ordnung durch revolutionäre Gewerkschaftsund Betriebsarbeit an. Linksextremistische Bestrebungen 45 Organisation vor, sich vom originären Anarcho-Syndikalismus abgewandt zu haben und zu einer anarchistischen Föderation zu verkommen. Zum Jahresende umfaßte die FAU-IAA in den alten Bundesländern noch mehr als 20 Ortsgruppen und Kontaktstellen, in den neuen Bundesländern bestanden zeitweise mehr als zehn Stützpunkte (u. a. in Dresden, Potsdam, Halle). Anarcho-kommunistische Gruppen wie die "Freie Arbeiter Union/ Anarchistische Partei" (FAU/AP) mit ihrer "Massenorganisation", der "SCHWARZEN GARDE", gebärdeten sich in ihren Publikationen wieder äußerst aggressiv. So gaben sie Anleitungen zur "Volksbewaffnung" mit Waffen aus Beständen der ehemaligen "Nationalen Volksarmee" (NVA). 3. Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" Zur anarchistischen "Graswurzelbewegung" zählen in den alten Bun"Gewaltfreie Aktidesländern etwa 80 "Gewaltfreie Aktionsgruppen" und Kollektive. onsgruppen" proOrganisatorischer Kern ist die "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppagieren Gewalt gegen Sachen pen" (FÖGA). Diese ruft dazu auf, Gesetze bewußt zu mißachten und "massenhaften zivilen Ungehorsam" zu leisten, um so den staatlichen Herrschaftsund Gewaltapparat zu zerstören. Versuche, in den neuen Bundesländern Strukturen auszubauen, fanden nur geringe Resonanz. Die "Gewaltfreien Aktionsgruppen" verkehren den Begriff der Gewaltfreiheit ins Gegenteil; sie lehnen zwar personenverletzende Gewalt ab, nicht jedoch Gewalt gegen Sachen: "Sachen erleiden keine Gewalt. Sabotage an kriegsrelevanten Gütern als direkte gewaltfreie Aktion ist daher ein legitimes Mittel"25'. Angesichts des Golfkrieges intensivierten "Gewaltfreie Aktionsgruppen" ihren "antimilitaristischen Kampf": Man dürfe nicht bei appellativen Massendemonstrationen stehenbleiben, erforderlich seien direkte Aktionen gegen die Zentralen der Kriegstreiber aus Staat, Armee und Kapital26'. Demgemäß beteiligten sie sich an Blockaden militärischer Einrichtungen. Durch die Forderung, auch die Pflege verwundeter US-Soldaten in der Bundesrepublik Deutschland zu behindern27', relativierten sie ihre Ablehnung personenverletzender Gewalt. Um die Truppe zu "zersetzen", propagierten und praktizierten sie Blockaden von Rekrutenzügen und riefen Bundeswehrsoldaten zu Desertion auf28'. 46 Linksextremistische Bestrebungen IV. Marxisten-Leninisten und sonstige revolutionäre Marxisten Niedergang des Auch 1991 wirkte sich der historische Niedergang des realen Sozialisrealen Sozialismus mus stark auf die deutschen revolutionär-marxistischen Organisatiound deutsche nen aus; diese mühten sich, die Entwicklung ideologisch-politisch zu revolutionäre-marxistische Organiverarbeiten und sich organisatorisch auf die neue Situation im vereinsationen ten Deutschland einund umzustellen. Von dem gescheiterten Staatsstreich in der ehemaligen Sowjetunion und dem Zerfall der "Kommunistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU) war die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) am meisten berührt. Sie hatte jahrzehntelang bedingungslos die Linie der KPdSU übernommen -- allerdings war nach ihrer Ansicht die Politik der Perestrojka der vergangenen Jahre zu einer "Politik des Rückschritts in den Kapitalismus"291 verkommen. Die Hoffnung auf eine Wende im "Lande Lenins" zugunsten einer traditionell kommunistischen Perspektive zerbrach. Andere linksextremistische Gruppierungen, die nicht dem moskau-orientierten Lager zuzurechnen waren, sahen sich in ihrer Kritik am realen Sozialismus erneut bestätigt. Gemeinsam ist diesem vielschichtigen revolutionär-marxistischen Spektrum nach wie vor die Feindschaft gegen den freiheitlich-demokratisch verfaßten Staat. Organisierte und nicht (mehr) organisierte Linksextremisten aus allen Bundesländern diskutierten verbissen Diskussion über über neue, wirkungsvollere revolutionäre Strategien und Taktiken zur neue revolutioBekämpfung des "triumphalistischen" Kapitalismus und suchten näre Strategien nach neuen Alternativen zu der als "bürgerlich" und "formalistisch" diffamierten Demokratie. Bei dieser Diskussion wirkte auch die "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) aktiv mit. Die Bereitschaft der unterschiedlichen revolutionär-marxistischen Organisationen, im Kampf gegen die freiheitliche Demokratie zusammenzuarbeiten, nahm weiter zu. Am 21. April formierten in Berlin Vertreter der "Kommunistischen Plattform" in der PDS, der --noch in der ehemaligen DDR gegründeten - "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD), der revolutionär-marxistischen Partei "Die NELKEN", der "Unabhängigen Sozial"Ständiger Rat demokratischen Partei Deutschlands" (USPD) einen "Ständigen Rat Marxistischer Marxistischer Parteien" (SRMP). Inzwischen arbeiten darin u.a. der Parteien" formiert "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) mit; Vertreter des "Bundes Westdeutscher Kommunisten" (BWK) und der trotzkistischen "Gruppe Revolutionärer Sozialistinnen" (GRS) sowie der DKPBerlin/Brandenburg nehmen als Beobachter an Sitzungen teil. Ziel des SRMP ist es, die Kommunikation und Koordination der Marxisten Deutschlands in Theorie und Praxis zu fördern30'. Linksextremistische Bestrebungen 47 1. "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und Umfeld 1.1 DKP Themen wie die Rolle der Partei im vereinten Deutschland, ihre Organisationsform und ihre finanzielle Krise bestimmten 1991 die Auseinandersetzungen in der DKP. Das Ende der KPdSU und der Zerfall der Sowjetunion verschärften die interne Debatte über neue Strategien und Taktiken. Die DKP bekräftigte auf ihrem 11. Parteitag (10. bis 12. Mai in Bonn) DKP bekräftigt ihren Anspruch, revolutionäre Partei der Arbeiterklasse in DeutschAnspruch als revolutionäre Partei land--also auch in den neuen Bundesländern -- zu sein. In einer Richder Arbeiterklasse tungsentscheidung zu einem neuen Parteiprogramm (das geltende in Deutschland stammt von 1978) betont sie: "Angesichts der gegenwärtigen politischen Prozesse in der Folge des Anschlusses der DDR und des Zusammenbruchs sozialistischer Länder und einer drohenden imperialistischen Weltordnung wird deutlich, wie dringend die arbeitenden Menschen in Deutschland eine kommunistische Partei brauchen." (Präambel des Beschlusses: "Aufgabenstellung für die Erarbeitung eines neuen Parteiprogramms") Sie beharrt auf ihrem dogmatischen, gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Kurs: Sie will konsequent antikapitalistisch bleiben, für den Sozialismus kämpfen und sieht im Klassenkampf die zentrale Triebkraft der Geschichte und in der Arbeiterklasse die entscheidende soziale Kraft; theoretische Grundlagen seien die wissenschaftlichen Lehren von Marx, Engels und Lenin31'. Diejenigen Aktivisten, welche die "Parteifrage" generell offen lassen wollten, unterlagen32'. Ihnen wurde später vorgeworfen, die schleichende Liquidierung der DKP als eigenständige politische Kraft zugunsten etwa einer Verbindung mit der PDS zu betreiben. Nach dem Staatsstreich in der ehemaligen Sowjetunion (19. bis 21. August) -- von der DKP-Führung mit unverhohlenem Verständnis aufgenommen und auch nach dem Scheitern grundsätzlich positiv bewertet -- brach der Streit zwischen den beiden Linien erneut auf. Das Verhältnis der DKP zur PDS war von kritischer Solidarität geprägt. Verhältnis der Vielfältige Beziehungen - Delegationsreisen, gemeinsame VeranstalDKP zur PDS von tungen und Redneraustausch - entwickelten sich in der Regel auf kritischer Solidarität geprägt Bezirksund Kreisebene. Mit der "Kommunistischen Plattform" in der PDS vereinbarte die DKP regelmäßige Treffen auf Bundesebene33'. Mit der Führung der noch in der ehemaligen DDR "wiedergegründeten" KPD verhandelte die DKP zunächst erfolgversprechend über einen Zusammenschluß. Die Vereinigung kam jedoch bisher nicht zustande, ein Grund dafür waren Widerstände der KPD-Basis. 48 Linksextremistische Bestrebungen Aus Protest gegen das Verhalten der DKP-Führung zum Putsch in der Sowjetunion, aus Resignation und aus Ratlosigkeit verließen wieder viele Mitglieder die Partei, ohne ihr persönliches Selbstverständnis als Kommunisten aufzugeben. Nur wenige Anhänger traten ihr bei, etwa in Berlin und in einigen Städten der neuen Bundesländer. Im November gründete die Partei für Berlin/Brandenburg eine eigene Bezirksorganisation. Zum Jahresende dürften der DKP insgesamt weniger als 8.000 Mitglieder angehört haben (Ende 1990: etwa 11.000). Ausschließlich auf Beiträge und Spenden ihrer Anhänger angewiesen, konnte sich die DKP nur noch wenige hauptamtliche Mitarbeiter und einen kleinen Apparat leisten. Eine DKP-Untersuchungskommission bestätigte in ihrem Bericht an den Parteitag, daß die Partei finanziell völlig abhängig von der früheren SED gewesen war. In der DKP DKP-Unterhabe die Auffassung geherrscht, SED und DKP seien letztlich eine nur suchungskommisvorübergehend getrennte Partei -- mit der SED als der führenden sion bestätigt Kraft. Zuletzt Anfang 1990 hatte die DKP noch einen Betrag von mehfinanzielle Abhängigkeit von reren Millionen DM -- nunmehr von der SED-Nachfolgerin PDS -- der SED erhalten; zur gleichen Zeit soll sie auch von der KPdSU eine einmalige namhafte Spende bekommen haben. Der gem. SS 25 Parteiengesetz vorgelegte Rechenschaftsbericht der DKP für 1990 weist lediglich Einnahmen von insgesamt 4,9 Millionen DM aus. Ihr Zentralorgan "Unsere Zeit" (14tägig) konnte die DKP weiter zu günstigen Bedingungen in einem Unternehmen der "Kommunistischen Partei Luxemburgs" drucken lassen. Die Auflage der Zeitung, die im Sinne Lenins an ihrer Rolle als kollektiver Propagandist, Agitator und Organisator festhält34', ging jedoch um etwa die Hälfte auf rund 10.000 Exemplare zurück; für eine Werbekampagne auch in den östlichen Bundesländern leistete sich die DKP einige tausend Exemplare zusätzlich. Ohne ideologisch-politischen und materiellen Rückhalt sowie ohne funktionierende Apparate ist die früher sehr ernstzunehmende Handlungsund Kampagnenfähigkeit der DKP weitgehend geschwunden. DKP-Mitglieder wurden jedoch in Bündnissen aktiv. Dazu betonte die Parteiführung, nur wenn alle kommunistischen, sozialistischen und anderen Kräfte zusammenwirkten, könne eine Gegenstrategie zur expansiven imperialistischen Politik mit den sich verstärkenden Klassengegensätzen und Konflikten entwickelt werden 35 '. Zum Engagement von Mitgliedern in Bündnissen und bei Protestaktionen gegen den Golfkrieg äußerten sich Funktionäre intern überwiegend zufrieden. Die DKP sah im Golfkrieg ein "Signal für die fortdauernde Aggressivität des Imperialismus"; in Flugblättern hieß es, gegen den von der Bundesregierung unterstützten "schmutzigen Krieg" seien auch unkonventionelle Formen des Protestes erforderlich'. Ende des Jahres sprach sich die DKP dafür aus, zum Weltwirtschaftsgipfel (Anfang Juli 1992 in München) eine "Gegenaktion" der Linken zustande zu bringen37'. ze it |Gerresheimer DKP forget? Thomas A, Vetter (CDU) muß sofort zurücktreten |Bezirkavortreter und Schiedemann im Zwielicht 50 Linksextremistische Bestrebungen Verstärkte SolidaGerade angesichts des Zusammenbruchs der Sowjetunion plädierte rität mit verbliedie DKP für verstärkte Solidarität mit den noch verbliebenen sozialistibenen sozialistischen Staaten, von Kuba bis China, Nordkorea und Vietnam, damit schen Staaten deren Überleben gesichert werde381. Für das Projekt "Ein Schiff für Kuba", das vor allem von der "Französischen Kommunistischen Partei" (FKP) initiiert worden war, will die DKP bis gegen Jahresende 100.000 DM Spenden gesammelt haben. Zur Unterstützung der Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) in Nicaragua bereitete sie einen weiteren Brigadeeinsatz vor und bemühte sich ihrerseits bei Besuchen in Kuba und China um Unterstützung durch die "Bruderparteien". 1.2 Umfeld der DKP Bemühung um Auch traditionelle Nebenund Bündnisorganisationen der DKP, die Standortden Zusammenbruch der Partei überstanden haben, bemühten sich, ihren Standort neu zu bestimmen und ihre Existenz zu sichern. Dazu suchten einige die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Kräften aus den neuen Bundesländern. Jugendarbeit Die "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) bekräftigte auf ihrem Bundeskongreß Mitte Dezember ihren Anspruch als revolutionäre sozialistische Arbeiterjugendorganisation. Vorrangige Aufgabe der SDAJ sei es, sozialistisches Klassenbewußtsein unter Jugendlichen zu verbreiten. Die revolutionäre Gesamtstrategie müsse auf den wissenschaftlichen Lehren von Marx, Engels und Lenin sowie anderer marxistischer Theoretiker basieren39'. Die SDAJ war bestrebt, einen bundesweiten Dachverband linker, sozialistischer Jugendverbände -- besonders unter Einbeziehung der "Freien Deutschen Jugend" (fdj)--zu bilden. Die Resonanz auf den im Juni verabschiedeten gemeinsamen "Aufruf zur Diskussion über die Bildung einer bundesweiten linken föderativen Jugendstruktur" war bisher gering. Die SDAJ konnte jedoch wieder neue Mitglieder gewinnen; die Gesamtzahl stieg auf etwa 300. Auch in den neuen Bundesländern bildeten sich einzelne SDAJ-Gruppen. Mit Unterstützung des Kommunistischen Jugendverbandes Kubas wurden erstmals SDAJ-Mitglieder - zusammen mit Anhängern anderer westeuropäischer "Bruderverbände" -- auf Kuba geschult. Linksextremistische Bestrebungen 51 Deutschland alles was ein Land braucht... WIDERSTAND, DKP-Mitglieder betätigten sich auch maßgeblich in Einrichtungen, die weiter kommunistische Propaganda und Agitation betreiben: Die "Marx-Engels-Stiftung e. V." (MES) in Wuppertal -- im Vorstand Wissenschaftliche dominierten langjährige, zum Teil früher in führenden Funktionen Untermauerungstätige DKP-Aktivisten -- veranstaltete u. a. mehrere Tagungen zum versuche Werk der marxistischen Klassiker angesichts der historisch veränderten Situation. Zu Referenten und Gästen gehörten auch Wissenschaftler der PDS. Vertreter der MES bemühten sich verstärkt um eine engere Zusammenarbeit mit der PDS, offensichtlich auch finanzielle Unterstützung erwartend. Im März gründeten DKP-Mitglieder in Frankfurt/M. den "Verein Wissenschaft und Sozialismus". Dieser will sich den Werken von Marx, Engels und Lenin widmen und die marxi- 52 Linksextremistische Bestrebungen stische Theorie neu vermitteln. Er führte erste regionale Veranstaltungen durch und veröffentlichte mehrere Publikationen. Das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V." (IMSF) in Frankfurt/M., das zwei Jahrzehnte solche Aufgaben für die DKP wahrgenommen hat. versteht sich nunmehr als DKP-unabhängiges "offenes und plurales marxistisches Diskussionsprojekt"40' in enger Anlehnung an die PDS. Eine "große Hilfe"41' leistet in den Augen der Parteiführung das Institut "isw -- sozial-ökologische Wirtschaftsforschung München e. V.". Gründer und Publizisten des isw, das zu "antikapitalistischer Wirtschaftsanalyse" beitragen will, sind überwiegend Mitglieder und Funktionäre der DKP sowie sonstige Linksextremisten. Bündnisarbeit der Um einen neuen Ansatz für eine alternative sozialistische Gesellschaft Kommunisten zu eröffnen, hält die DKP an der Strategie des gemeinsamen antimonopolistischen Kampfes der Arbeiterbewegung und aller linken und demokratischen Kräfte fest42'. Bei ihrer Bündnisarbeit haben Kommunisten, selbst wenn sie sich für Forderungen einsetzen, die für sich genommen unverfänglich sind oder zumindest auch von Demokraten akzeptiert werden können, stets ihre weitergehende revolutionäre Zielsetzung im Auge 43 '. WN-BdA weiter Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes -- Bund der Antifamitgliederstärkste schisten" (WN-BdA) blieb die mitgliederstärkste kommunistische BündnisorganisaBündnisorganisation. Auf Bundeswie auf Länderebene hatten Komtion munisten weiterhin einflußreiche Positionen inne. In der Bewertung des Putsches in der Sowjetunion folgte die Mehrheit des "Bundesausschusses" intern -- entgegen der offiziellen Darstellung -- dem DKP-Kurs. Ein prominenter Kommunist der WN-BdA sah gerade angesichts der internationalen Entwicklung die "antifaschistischen" Aufgaben wachsen. Die WN-BdA suchte die engere Kooperation mit "antifaschistischen" Organisationen in den neuen Bundesländern, z. B. durch die wechselseitige Teilnahme an Beratungen. Selbstkritisch stellte sie fest, daß ihre Mobilisierungsund Handlungsfähigkeit unzureichend sei. Sie sah sich jedoch insbesondere bei den Aktionen zum 9. November (Jahrestag der "Reichskristallnacht") als "integraler Bestandteil von Bündnissen" fast überall akzeptiert; in vielen Fällen seien WN-BdAMitglieder in Vorbereitung und Durchführung einbezogen gewesen und zu Wort gekommen '. Die "Deutsche Friedens-Union" (DFU), ehemals zentrale Bündnisorganisation der DKP und mit SED-Geldern finanziert, zerfiel weiter und entfaltete nach außen kaum noch Aktivitäten. Wie in früheren Jahren wirkten jedoch DFU-Funktionäre bei den "Ostermärschen" maßgeb- Linksextremistische Bestrebungen 53 lieh mit. Bei Kontakten der DFU mit Vertretern des "Deutschen Friedensrates" (früher "Friedensrat der DDR") wurden auch Ansätze zu gemeinsamem Handeln sondiert. 2. Linksextremistischer Einfluß in der "Partei des Demokratischen Sozialismus" (PDS) Die Verdachtsmomente, daß von der PDS verfassungsfeindliche Bestrebungen ausgehen, wurden auch im Jahr 1991 nicht entkräftet45'. Die PDS beansprucht juristische Identität sowie organisatoriPDS in Kontinuität sehe und historische Kontinuität mit der--totalitären -SED. Als "Strömit der SED mungspartei" bündelt die PDS unterschiedliche Richtungen46', darunter Linkssozialisten, Trotzkisten und sonstige Marxisten-Leninisten. Die marxistisch-leninistische Ausrichtung der "Kommunistischen Plattform" in der PDS begründet Verdachtsmomente, die eine Prüfung, ob tatsächliche Anhaltspunkte gemäß SS4 Bundesverfassungsschutzgesetz vorliegen, gesetzlich vorschreiben. Trotz ihres gesamtdeutschen Anspruchs ist die Partei nach wie vor faktisch eine Regionalpartei der neuen Bundesländer. Von den Ende des Jahres etwa 180.000 Mitgliedern kommen nur wenige hundert aus den westlichen Ländern. Fast alle PDS-Mitglieder in den östlichen Bundesländern gehörten bereits der SED an. Zudem ist die PDS stark mit hauptamtlichen und inoffiziellen ehemaligen Mitarbeitern des "Ministeriums für Staatssicherheit" (MfS) -- früher "Schwert und Schild der SED" - durchsetzt. Die Landesverbände im Westen werden von Personen dominiert, die aus linksextremistischen Organisationen hervorgegangen sind. Ein endgültiges Urteil, ob die PDS als eine Organisation mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung anzusehen ist, kann aber noch nicht getroffen werden: Die PDS ist noch eine Partei im Umbruch. 3. "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die MLPD bekannte sich zum Marxismus-Leninismus in seiner WeiMLPD kritisiert terentwicklung durch Stalin und Mao Tsetung47'. Sie begrüßte das "Revisionismus" Scheitern der KPdSU, das im Revisionismus, der Verfälschung des Marxismus-Leninismus, begründet sei48'. Als politisch vordringlichste Aufgabe bezeichnete die MLPD die Herstellung der Arbeitereinheit in Ost und West gegen das Monopolkapital 49 '. Der "moderne Revisionismus" der SED, der über Jahrzehnte in der DDR geherrscht und dort eine entsprechende Verseuchung hinterlassen habe, stelle das größte Hindernis für den Parteiaufbau dar50'. Kritik übte die MLPD an DKP und PDS, die immer wieder versuchten, der untergegangenen Stasi-Diktatur doch noch positive Sei- 54 Linksextremistische Bestrebungen ten abzugewinnen und sie als "Sozialismus" auszugeben. Sie verurteilte beide Parteien als "die Hauptträger des modernen Revisionismus und modernen Antikommunismus innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung"51'. Parteiaufbau Um die Organisation zu straffen und die Kräfte insbesondere für den in den neuen Parteiaufbau in den neuen Bundesländern neu zu formieren, traf die MLPD - mit weiterhin etwa 1.500 Mitgliedern - einige einschneidende Veränderungen: Sie faßte die bisher 16 Bezirke in nunmehr 8 zusammen. Mit Beschluß des IV. Parteitages (Ende Dezember) löste die MLPD den "Marxistisch-Leninistischen Bund Intellektueller" (MLBI) auf; dessen Mitglieder sollen in die Partei integriert werden. Femer entschied der Parteitag, die beiden Jugendverbände, "Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studenten-Verband" (MLSV) und "Arbeiter Jugendverband/Marxisten-Leninisten" (AJV/ML), zu einem neuen Verband zusammenzulegen. Dieser neue "revolutionäre Jugendverband der MLPD" müsse mit seinem proletarischen Stil und Linksextremistische Bestrebungen 55 Denken Ausstrahlungskraft auf die Jugend ausüben und so dem Sozialismus wieder zu einem neuen Ansehen verhelfen521. Für den Parteiaufbau in den neuen Bundesländern -- dort existierten bereits einige Stützpunkte - will die MLPD 10 Prozent ihrer Aktivisten freistellen5^'; zur Finanzierung des Aufbaus hat sie eine Spendenkampagne eingeleitet, die 1 Million DM erbringen soll. Als "Internationales Friedensund Freundschaftsfest" hatte die MLPD ihr traditionelles Pfingstjugendtreffen am 18./19. Mai in Essen ausgerichtet. Unter den etwa 3.000 Besuchern waren Gäste aus Peru, Griechenland und der Türkei sowie erstmals auch Jugendliche aus den neuen Bundesländern54'. Um ihre Isolation innerhalb des linksextremistischen Spektrums zu Initiativen zur überwinden, betrieb die MLPD weiter den Aufbau von "antiimperialiÜberwindung der stischen Initiativen". Die Steuerung dieser -- nach eigenen Angaben Isolation über 30 -- örtlichen Bündnisse "gegen die Europaund Großmachtpläne der Bundesrepublik Deutschland" lag beim "Zentralen Koordinierungsausschuß" unter der Leitung eines Mitglieds des Zentralkomitees der MLPD. Positiv und als Erweiterung ihres politischen Umfeldes wertete die MLPD die Arbeit mit dem "Frauenverband Courage", der sich Anfang des Jahres gegründet hatte; die maßgeblichen Funktionen des Verbandes liegen in Händen der MLPD. Die politische Arbeit in Betrieben und Gewerkschaften blieb das wichtigste Aktionsfeld. Die MLPD mußte jedoch einen Rückgang der Gewerkschaftsarbeit einräumen, der zwangsläufig eine negative Rückwirkung auf die Betriebsarbeit habe und die Möglichkeiten für die marxistisch-leninistische Kampftaktik einenge55'. Sie setzte daher auf "beständige Kleinarbeit" über Betriebszeitungen und -gruppen. 4. "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) Der BWK, 1980 als Abspaltung des damaligen "Kommunistischen BWK propagiert Bundes Westdeutschland" (KBW) entstanden, propagierte weiterhin "revolutionäre "revolutionäre Politik" und setzte sich dafür ein, die "Front gegen Politik" Imperialismus und Reaktion" zu stärken56'. Kommunistische Politik könne gegenwärtig nicht mehr in einer einheitlichen Partei, sondern müsse im Bündnis von Organisationen, Vereinigungen usw. betrieben werden57'. Entsprechend dieser Orientierung beteiligten sich BWK-Mitglieder als Beobachter am "Ständigen Rat Marxistischer Parteien" (SRMP) in Berlin58' und an den "Roten Tischen*". Ferner betätigten sich BWK-Mitglieder in "antiimperialistischen" und "antifaschistischen" Aktionsbündnissen und Initiativen; dabei konnten sie sich wieder auf die "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg (VOLKSFRONT) stützen. Engagiert arbeiteten BWK-Aktivisten auch in * "Rote Tische" sind örtliche, regionale und bundesweite Gesprächskreise, an denen sich überwiegend linksextremistische Organisationen beteiligen, um strategische und taktische Fragen abzustimmen. 56 Linksextremistische Bestrebungen alternativen Wahlbündnissen auf Kommunalebene, in denen -- neben Nichtorganisierten -- auch Mitglieder von VSP, DKP sowie der PDS mitwirkten. Neuer HerausgeAls neuer Herausgeber für das bisherige BWK-Zentralorgan "Politiber für bisheriges sche Berichte" wurde im April unter Beteiligung des "KommunalpoliBWK-Zentralorgan tischen Forums bei der PDS" und der VOLKSFRONT ein "Arbeitskreis Politische Berichte" gegründet. Das Kurdistan-Komitee sagte seine Unterstützung zu. Der Arbeitskreis will "Kooperation und Zusammenarbeit" mit anderen in der "sozialistischen und revolutionären Publikationstätigkeit"591 fördern. Als Verlag fungiert weiter die BWK-Firma "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte m. b. H." (GNN), die in "Landesgesellschaften" mit Büros in Hamburg, Hannover, Berlin, Köln, Frankfurt/M., Stuttgart, München und Schkeuditz (bei Leipzig) organisiert wurde. Die GNN stellte auch 1991 verschiedensten linksextremiBWK im publizistischen Gruppierungen ihre Informationsdienste und ihren Service stischen Bereich zur Verfügung. Neben den BWK-Publikationen und den "Antifaschiunverändert aktiv stischen Nachrichten" der "VOLKSFRONT" verlegte sie u. a. den "Kurdistan-Rundbrief", an dem Anhänger der militanten "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) mitwirken. Auch das von "Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD" herausgegebene "Angehörigen-Info" und die Reihe"Dokumentation zur Zeitgeschichte" mit Texten ausländischer terroristischer Organisationen wurden von der GNN verlegt. 5. "Kommunistischer Bund" (KB) Auflösung des KB Die zuletzt noch etwa 180 aktiven Mitglieder des KB beschlossen am 20. April in Hamburg, die 1971 gegründete Organisation aufzulösen. Der KB hatte in der Vergangenheit wegen seiner unorthodoxen Interpretation des Marxismus-Leninismus relativ erfolgreich in der Ökologie-, in Teilen der "Friedens"-Bewegung und der grün-alternativen Bewegung mitgewirkt. Der Auflösung waren Auseinandersetzungen über die Aufgaben revolutionärer Marxisten im vereinten Deutschland vorausgegangen, insbesondere zur Frage Mitgestaltung -- orientiert an der PDS -- oder Verweigerung. "Ex-KB-Mehrheit" Die "Ex-KB-Mehrheit" (knapp 100 Mitglieder) versucht, an die strateversucht, an stragische Tradition des KB -- die"Interventionsfähigkeit" -- anzuknüpfen. tegische TraditioÜberleben könnten kleinere Organisationen nur, so Aussagen führennen des KB anzuknüpfen der Vertreter, durch die Fähigkeit zur Bündnispolitik in "allen Bereichen des Widerstandes". Grundlage aber bleibe das Bewußtsein über die grundsätzliche Notwendigkeit zur Überwindung dieser Gesellschaft601. Die Mitarbeit in der PDS war in der "Ex-KB-Mehrheit" zuletzt nicht mehr unumstritten611. Weiterhin arbeiteten einzelne ihrer Anhänger auf wichtigen Positionen innerhalb der PDS; so kommen zwei Mitglieder des Deutschen Bundestages der PDS/Linke Liste aus der "Ex-KB-Mehrheit". Linksextremistische Bestrebungen 57 Die "Ex-KB-Minderheit" gründete am 6./7. Juli in Dortmund die "Ex-KB-Minder"Gruppe K" (ca. 80 Mitglieder). Nach ihrer Gründungserklärung defiheit" gründet niert sie sich als Teil der "antikapitalistischen, nichtreformistischen "Gruppe K" Linken" mit dem Ziel einer "herrschaftsfreien Gesellschaft", des Kommunismus62' -- auch wenn es gegenwärtig keine Aussicht auf eine massenhafte Verankerung nichtreformistischer Politik63' gebe. Mitglieder der "Gruppe K" engagierten sich in der Kampagne gegen die Einheit Deutschlands und in der antiparlamentarischen "Radikalen Linken". Protagonisten der "Gruppe K" nutzten die linksextremistische Monatsschrift "konkret" als publizistisches Forum. 6. "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Der VSP, 1986 durch den Zusammenschluß der trotzkistischen Weiterhin Diffe"Gruppe Internationaler Marxisten" (GIM) und der damaligen stalinirenzen in der VSP stisch-proalbanischen "Kommunistischen Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten" (KPD) entstanden, ist es nicht gelungen, mit ihrem Konzept "vereinigen statt spalten" Anziehungskraft auf andere revolutionär-sozialistische Kräfte auszuüben. Die Zahl ihrer Anhänger sank weiter auf etwa 300. 7. "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Die 1990 erfolgte Spaltung des AB in zwei Fraktionen hat sich vertieft. Die PDS-orientierte Gruppierung, welche die Mehrheit der AB-Mitglieder umfaßt, trat dem "Ständigen Rat Marxistischer Parteien" (SRMP) als Vollmitglied bei. Sie begann mit den Vorbereitungen, 1992 PDS-orientierte erneut das Brecht-Gedicht "Anachronistischer Zug oder Freiheit und Gruppe des AB Democracy" zu inszenieren. Das Propagandaspektakel soll diesmal will erneut "Anachronistischen von Berlin nach Prag führen (zuletzt 1990 von Bonn nach Berlin). Die Zug" inszenieren Mehrheitsfraktion des AB gewann u. a. die PDS zur Mitarbeit. Die stalinistisch-orientierte Minderheitsgruppe des AB schart sich um das ehemalige Zentralorgan "Kommunistische Arbeiterzeitung" (KAZ); sie will insbesondere damit die "Illusion der Klassenversöhnung und eines dritten Weges zwischen Kapitalismus und Sozialismus bekämpfen". 8. "Radikale Linke" (RL) Die linksextremistische Sammlungsbewegung RL, die den ParlamenRL büßt Aktionstarismus und den Kapitalismus bekämpfende Kräfte zu bündeln verund Mobilisiesucht, hat 1991 ihre Aktionsund Mobilisierungsfähigkeit weitgehend rungsfähigkeit ein eingebüßt. Im Jahrzuvor hatte sie aus ihrer prinzipiell "antideutschen" Position heraus eine aktive Rolle in der Kampagne gegen die Einheit Deutschlands gespielt. Ihre Ankündigung, auch nach der Vereinigung eine konsequente "Anti-Deutschland-Politik" zu betreiben, blieb ohne nennenswerte Resonanz. 58 Jnksextremistische Bestrebungen Interne Diskussionen und Spannungen hielten an. Die Mehrheit des trotzkistischen Flügels setzte sich dafür ein, zusammen mit Trotzkisten in den neuen Bundesländern - v o r allem mit der Anfang 1991 gegründeten "Gruppe Revolutionärer Sozialistinnen (IV. Internationale)" (GRS) -- eine gesamtdeutsche Sektion der trotzkistischen"IV Internationale (Vereinigtes Sekretariat)" aufzubauen. Auf der 4. ordentlichen Delegiertenkonferenz (25. bis 28. April und 15. Juni in Köln) hatte die VSP dagegen mehrheitlich bekräftigt, ihr Ziel bleibe eine breite Einheit Arbeit in den revolutionärer und sozialistischer Kräfte; für die Arbeit in den neuen neuen BundesBundesländern hatte sich die VSP zugunsten einer engen Kooperation insbesondere mit der "Vereinigten Linken" (VL) -- bis hin zu einer "gemeinsamen Organisierung"-ausgesprochen651. Selbstverständlich würden VSP-Mitglieder auch weiterhin Aktionseinheit mit der PDS praktizieren661. Ende des Jahres beschloß das Führungsgremium ("Zentrales Komitee") der VSP, offensichtlich um einer Abspaltung des trotzkistischen Flügels entgegenzuwirken, sich auch als Partei auf die neuen Bundesländer auszudehnen671. Gegen Rassismus und Faschismus Linksextremistische Bestrebungen 59 Gruppen der RL wirkten noch in etwa 10 Städten - im wesentlichen als Diskussionszirkel; überregionale Strukturen zerfielen. Zu einem Perspektivkongreß im Juni in Frankfurt/M. konnte die RL nicht einmal 100 Besucher mobilisieren. Frühere Anhänger des radikalökologischen Flügels bei den Grünen, die zu den Trägern der RL gehört hatten, beteiligten sich maßgeblich an der Gründung der "Ökologischen Linke/Alternativen Liste" (ÖkoLi/ AL) als Partei Anfang Dezember in Frankfurt/M.; diese versteht sich als antikapitalistisch, radikalökologisch, basisdemokratisch und antistaatlich. 9. Trotzkistische Gruppen Die meisten der mehr als ein Dutzend Gruppen und Zirkel des stark Mitgliederzuzersplitterten trotzkistischen Spektrums, die sich überwiegend einer wachs trotzkistischer Gruppen der konkurrierenden Richtungen des internationalen Trotzkismus angeschlossen haben, konnten sich 1991 personell behaupten oder sogar neue Anhänger gewinnen (insgesamt etwa 1.100 Mitglieder). Sie bemühten sich, besonders in den neuen Bundesländern Fuß zu fassen, zumal sie sich durch den Zerfall des realen Sozialismus in ihrer Kritik an den "stalinistischen Bürokratien" bestätigt sahen. Einige der Gruppen beteiligten sich aktiv an der Kampagne gegen "Neofaschismus" und Ausländerfeindlichkeit. Die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA) -- mit inzwischen etwa 250 Mitgliedern -- betreibt in besonderem Maße verdeckten "Entrismus" gegenüber der SPD und den Gewerkschaften, d. h., ihre Mitglieder versuchen, dort unerkannt für revolutionäre Ziele zu wirken. ISA-Anhänger traten überwiegend unter dem Namen scheinbar unabhängiger "Arbeitskreise" der bundesweiten Koordination "Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik" (VAA) auf. Die ISA knüpfte schon in den 80er Jahren Kontakte zu einzelnen oppositionellen Personen in der ehemaligen DDR. Nach Öffnung der Mauer baute sie dort nach eigenen Angaben in mehreren größeren Städten "Arbeitskreise" auf und veranstaltete gesamtdeutsche "Arbeiterund Jugendkonferenzen". Um ihre gesamtdeutsche Ausrichtung zu betonen, verlegte die ISA Ende 1990 ihre Zentrale von Köln nach Berlin. Die Gruppe "VORAN zur sozialistischen Demokratie e. V" (VORAN) -- etwa 250 Mitglieder -- betreibt ebenfalls entristische Arbeit in den Gewerkschaften und der SPD, insbesondere bei den Jungsozialisten. Sie empfahl den Juso-Linken, möglichst viele Genossen der PDS, die eine sozialistische, kämpferische Organisation wollten, in ihre Reihen aufzunehmen68'. Da das kapitalistische System aus "Strukturen und 60 Linksextremistische Bestrebungen Machtzusammenhängen" bestehe, so eine VORAN-Funktionärin, bedürfe es der "organisierten Kraft von Millionen", um sie zu zerschlagen691. Die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) nutzte ihre zahlreichen Veranstaltungen (regelmäßig in bis zu 20 Städten) im gesamten Bundesgebiet, um neue Mitglieder zu werben (inzwischen insgesamt etwa 150). Nach dem Zusammenbruch des realen Sozialismus kooperierte Hqyisnswnda und BreSKftKNOE Aktionen g e g e n Ansländemtse Zeitung der Marxisten in SPD, Jusos und Gewerkschaften Wohnungen und Arbeitsplätze Gegen Ausländerhetze Der Zweck der ganzen Hetzkampagne &- gen ausländische KoUegfauicn und KoUegen ist in enter Linie das Verschleiern "*""*#* ZZZZPSPSiEPSiPS^ JUfh^AtMEdm^ua der Ursachen sozialer Probleme In der Hbn^AnAmii**** BRD. Die Unzufriedenheit in der B e r " - "J^^L, *w-- (tm) * J " (tm) t * i r . - ^ g kerung soll auf /rdie Ausländer" gelenkt "zEZfnrv^ werden. Diese "Bedrohung von auSen" IMMtWai.llU soll endhdi EWgkrfl tan deutschen VMk * S S Ä S Ü PS T S "**""' T " ^ ^fcgSjTT.i < i iduffen. Doch es wird Zeil, K ü i h e i t b i ^.-.^STZZSZ.*. y" ZTffX.PS"2~*' I S " die Voturlrile zu bringen! <-***""* ^ ! - " " -- - - ~ J b . J . ^ M a -- ."**,**rJ-----"^jj; - - - - - - " J ^ * " * * " " " ! ! ! " " - |EiWM*Jl*"*"n"pW aualr **"* ffnnj * * " * ! * * ****Y=**"9K -- 6 " "** .IVirAo^itWrtM-cfMit "Dir Amdamerr mkmm ftiH-- i r f f t I t i i i m i n.fcl * " a t > M M M a to-M. - a l * *"* .lillti i im Hi < -- ( l a * * * * .1*". "*"* " * " * - * ' ' *""'"Y=.""*'"1>twMEinWilH-]i-t^-i"ir1li I t . * " . . " * . A . " h , a . "BJ m i i t * """ *- L - r " * " * r b . a " " " * i " " ^ ' -- ' f i m i h u i m MB J-MJ^J"1~Jjftwif * * * P " M ** * * " ' H a i a S t l i K M *J* I T f l i p "il i l m n m p - a H H i "i-i-a-ji Uaii"- i f * * *"*** " " "***--- Linksextremistische Bestrebungen 61 die SAG zunächst eng mit der "Vereinigten Linken" (VL) auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Da sich ihre Erwartungen, die VL an sich zu ziehen, nicht erfüllten, baute die SAG mehrere eigene Stützpunkte auf. Mehr Erfolg hatte die SAG bei der Kooperation mit der türkischen trotzkistischen Gruppe "Socialist Isci" (Sl). Im Juni vereinbarten beide Organisationen eine enge Zusammenarbeit; die Leitung von "SociaKlasse" Was Marx wirklich gesagt hat ...Seit* 6 Führte Lenin zu Stalin? ...Seite 7 Sozialisier! und Nationalismus ...Serie 6 Jugoslawien: Warum dis EG kein Frieden n IfcahMi. 'ut IntarnrtoMlen Soiiaflamj"! schatten kann ...Seite 9 N.M"Ok1ofcor9t ' 1 DU Wehret den Anfangen! Kampf leWili "H wüOVU--d m leekt dk kMMnadYt KfhnH < * w " * " Meine." aber Lieber . r i . i i i i r i l e e i li^izcrar dem ie auf Seilen da Antik In Hayenwerdi w HB Ziel *nrttfct: Die "Mi" O H i f ein trooer Sann Neckden Überfälle " f n U * Aoftkca und die Inf(tm)Flüchtlinfiheime In den Jett*traktv in dkeem Ghetto lind Wochen abeolui n-telmJe*"""eJ..SFD m l Ge-crk Rassismus fUr die Aneternuni der Dienu wndier. Sie fahren die Menden N i i a in dir Südl kl ^ *****" ^ " W *(tm)n*"""n *MW*"!fach Anpt und end enchrok TntffascliEnsciie^ji^^ utkmä0k FrtaeWctietr. 1*5, "-*ern". N i c k -- Tink inenliirTm u m t o b e t . 1 1 * . Ukr i" 62 Linksextremistische Bestrebungen list Isci" empfahl ihren Anhängern, der SAG beizutreten -- was zu einer zunehmenden Mitarbeit türkischer Staatsangehöriger bei der SAG führte. 10. "Marxistische Gruppe" (MG) MG gab Auflösung Die MG-entstanden Anfang der 70er Jahre aus den "Roten Zellen" und ohne erkennbare Krisen oder Austrittswellen - gab Ende Mai unvermittelt ihre "Auflösung" bekannt. In einer "Erklärung" vom 20. Mai behauptete sie mit der ihr eigenen Realitätsferne, die Angriffe des Staates und der Sicherheitsbehörden auf die Organisation und die berufliche Existenz ihrer Anhänger ließen ihr keine andere Wahl. Zugleich machte die "Erklärung" deutlich, daß mit der "Auflösung" kein Abrücken der MG von ihren verfassungsfeindlichen Zielen verbunden war: "Nein, wir nehmen nichts zurück von der kommunistischen Kritik, die wir verbreitet und immer vertreten haben. (...) Wir geben nicht auf, weil wir wegen mangelnder Nachfrage nach kommunistischer Kritik an unseren Ansichten Zweifel bekommen hätten. Wir geben auch nicht auf, weil die Welt den Kommunismus für tot erklärt. Wir lösen uns auf, weil uns der freiheitliche demokratische Rechtsstaat mit seinem Verfolgungswahn keine Wahl läßt"70). Die MG verfügte zuletzt über mehr als 10.000 fest eingebundene Anhänger; zusätzlich mehrere Tausend besuchten regelmäßig Schulungen und Teach-in's. Zu Jahresbeginn hatte die MG noch zahlreiche öffentliche Veranstaltungen ausgerichtet, auch in den neuen Bundesländern. Ihre Anhänger hatten, vor allem zum Thema "Golfkrieg", auflagenstarkes Agitationsmaterial verteilt. Darin hatte die MG in der ihr typischen zynischen Manier sowohl die kriegsführenden Parteien als auch den "friedensbewegten Protest"711 angegriffen. Von Anfang Februar bis Mitte März hatte die Gruppe alle öffentlichen Aktivitäten eingestellt; die angespannte internationale Lage -- so die Begründung -- könne Maßnahmen der Sicherheitsbehörden gegen die MG auslösen. Die Ende Mai erschienene letzte Ausgabe des MG-Zentralorgans "MSZ -- Marxistische Streitund Zeitschrift gegen die Kosten der Freiheit" (Nr. 4/91) befaßte sich ausschließlich mit einer Broschüre des BMI "Themen zur Inneren Sicherheit: Die 'Marxistische Gruppe' (MG) Ideologie, Ziele und Arbeitsmethoden eines kommunistischen Geheimbundes". Mit dieser Broschüre, so versuchte die MG ihren Anhängern auch auf zahlreichen Versammlungen klar zu machen, habe die staatliche Repression eine neue Qualität gewonnen. Die Gruppe habe diese Vernichtungsstrategie begriffen. Linksextremistische Bestrebungen 63 Agitation, Teach-in's und Schulungen wurden eingestellt; Schulungsstätten, Buchläden und sonstige Objekte weitgehend aufgegeben. Die von MG-Anhängern betriebenen Unternehmen oder Firmenketten sowie Wohngemeinschaften bestehen dagegen weiter, Zumindest ein Teil der MG-Mitglieder, die in der Gruppe ähnlich fest eingebunden waren wie in religiösen oder weltanschaulichen Sekten, will auch künftig politisch aktiv werden*. " Anfang 1992 haben sich Hinweise darauf verstärkt, daß die MG die Auflösung letztlich nur vorgetäuscht hat; sie wollte mit dieser Aktion die Sicherheitsbehörden täuschen und ihre Beobachtung aus dem weiteren Interessentenkreis - von dem sie sich getrennt hat - heraus verhindern. 64 Linksextremistische Bestrebungen V. Erläuterungen und Dokumentation 1. Bei der Auswahl der Kom16. "INTERIM" Nr. 146 vom 9. 5. mandobezeichnung "Vincenco 1991 Spano" war der RAF ein Fehler 17. "radikal" Nr. 144/Oktober 1991 unterlaufen; sie hatte den 18. "radikal" Nr. a. a. 0. Namen eines noch lebenden 19. "Land unter" Nr. 4/1991 Terroristen der "Action Directe" 20. "radikal" a. a. 0. gewählt, der in Frankreich 21. "INTERIM" Nr. 167 vom 31. 10. inhaftiert ist. Am 24. Februar 1991 schob sie eine Erklärung nach 22. Erste bundesweite Ausgabe und räumte ein, das KomEnde 1991 mando habe eigentlich den 23. "Prinzipienerklärung" der FAUNamen des 1983 im "revolutioIAA; "direkte aktion" Nr. nären Kampf" gefallenenen 89/1991 "Märtyrers Ciro Rizatto" (Anm.: 24. "direkte aktion" Nr. 90/1991-92 dieser wurde 1983 bei einem 25. "graswurzelrevolution" Nr. Bankraub in Frankreich getötet) 153/Februar 1991, S. 17 tragen sollen. Zu der Verwechs26. ebenda, S. 11 lung sei es gekommen, weil 27. ebenda, S. 17 entsprechende Unterlagen 28. ebenda nicht verfügbar gewesen seien. 29. DKP-Information vom 28. 8. 2. Der RAF-Terrorist Ulrich WES1991 SEL wurde bei dem Überfall auf 30. UZ vom 3. 5. 1991, "Neues die Deutsche Botschaft in Deutschland" (ND) vom 10. und Stockholm am 24. 4.1975 töd11/12.5. 1991, Entwurf eines lich verletzt, als mehrere von Statuts der SRMP den Terroristen im Gebäude der 31. Präambel des Beschlusses: Botschaft gelegte Sprengsätze "Aufgaben für die Erarbeitung explodierten. eines neuen Parteipro3. Frankfurter Rundschau vom 2. gramms"/11. Parteitag Juli 1991 32. vgl. "Marxistische Blätter" Nr. 4. "ANTIFA-JUGENDINFO" Nr. 37 3/91, S. 9 ff. 5. "wie weiter" Nr. 39/1991 33. DKP-Pressedienst vom 26. 4. 6. "radikal" Nr. 144/Oktober 1991 1991 und "Unsere Zeit" (UZ) 7. "INTERIM" Nr. 141 vom 4. 4. vom 4. 10. 1991 1991 34. vgl. UZ vom 13. 12. 1991 8. "INTERIM" Nr. 158 vom 15. 8. 35. Rolf PRIEMER, Referat der 1991 Sprecherinnen und Sprecher 9. "CLASS WAR" Nr. 6, April/Mai auf dem 11. Parteitag der DKP, 1991 Unkorrigiertes Manuskript, S. 4. f. 10. "INTERIM" Nr. 155 vom 11. 7. 36. Beschluß des 11. Parteitages der 1991 DKP "Vorschläge für eine poli11. "INTERIM" Nr. 157 vom 1. 8. tische Handlungsorientierung 1991 1991/92"; Flugblätter der DKP - 12. "radikal" Nr. 144/Oktober 1991 Kreis Düsseldorf 13. "INTERIM" Nr. 160 vom 13. 9. 37. UZ vom 13. 12. 1991 1991 38. Rolf PRIEMER, Referat auf der 14. Redebeitrag von Marburger 2. Tagung des Parteivorstandes Autonomen auf einer Antider DKP am 7./8. 9. 1991 kriegsdemonstration am 12. 2. 39. "Analyse und Aussagen der 1991 SDAJ", Beschluß des 11. Bun15. "INTERIM" Nr.131 vom 24. 1. deskongresses der SDAJ am 1991 14/15. 12. 1991 Linksextremistische Bestrebungen 65 40. IMSF-Rundbrief an alle Spen56. Ergebnisse und Materialien 1/91 der und Unterstützer vom 27.9. zur 11. ordentlichen Delegier1991. S. 4 tenkonferenz des BWK, S. 12 41. Diskussionsbeitrag von Heinz 57. ebenda STEHR auf der 9. Tagung des 58. Ergebnisse und Materialien Parteivorstandes der DKP am 2/91 zur 11. ordentlichen Dele16./17. 3. 1991 giertenkonferenz des BWK 42. Rolf PRIEMER, Referat der 59. Politische Berichte 10/91, S. 11 Sprecherinnen und Sprecher 60. "ak" Nr. 330 vom 6. 5.1991, S. auf dem 11. Parteitag der DKP, 31 Unkorrigiertes Manuskript, S. 4 61. vgl. ebenda und "ak" Nr. 333 43. vgl. ebenda, S. 5 vom 26. 8. 1991, S. 39 44. "antifa-rundschau" (hrsg. vom 62. "ak" Nr. 333 vom 26. 8.1991, S. Bundesausschuß der W N - 39 BdA) Nr. 7, Dezember 1991/ 63. ebenda Januar 1992, S. 3 64. ebenda, S. 2 45. Antwort der Bundesregierung 65. "SOZ-Magazin" Nr. 14-15/Juli in der Fragestunde des Deut1991, S. e und f schen Bundestages am 22. 66. ebenda, S. d und e Januar 1992 (Plenarprotokoll 67. "SOZ" vom 5. 12. 1991, S. 14 12/72, S. 6052) 68. Zentralorgan "VORAN" Nr. 46. Im Mai 1991 schätzte der stell133/September 1991, S. 2 vertretende PDS-Vorsitzende 69. "VORAN" Nr. 130/Mai 1991, S. 3 Andre Brie vorsichtig: Die Hälfte 70. "MSZ-Marxistische Streitund bis zwei Drittel der PDS-MitglieZeitschrift gegen die Kosten der der dächten nach wie vor konFreiheit" Nr. 4/91 servativ, "verhaftet der alten 71. Flugschrift "Zum Krieg am Golf" SED-Theorie" (Deutsches All-- "Fragen an den friedensbegemeines Sonntagsblatt vom wegten Protest" 10. 5. 1991); Arbeitsmaterial 7 zur 2. Tagung des 2. Parteitages vom 21. bis 23. 6. 1991, S. 24. Auf der 2. Tagung ihres 2. Parteitages verbreitete die PDS die Ergebnisse einer soziologischen Untersuchung im Landesverband Sachsen (Erhebungszeitraum Februar/März 1991). Danach "stimmen 70% (der Befragten) mit den Auffassungen der DKP und 69% mit den Auffassungen der (neugegründeten) KPD überein" (Arbeitsmaterial 7, S. 27). 47. Rechenschaftsberichtsentwurf zum 4. Parteitag, S. 93 48. "Rote Fahne" (RF) Nr. 36 vom 31. 8. 1991, S. 3 49. RF Nr. 49 vom 30.11.1991, S. 8. 50. ebenda 51. ebenda, S. 9 52. RF Nr. 39 vom 21. 9. 1991, S. 8 53. RF Nr. 49 vom 30.11.1991, S. 8 54. RF Nr. 22 vom 25. 5.1991, S. 6 55. Rechenschaftsberichtsentwurf zum 4. Parteitag, S. 71 66 Linksextremistische Bestrebungen VI. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -- einschl. Sitz (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1991 (1990) Auflagen - z. T. geschätzt) 1. Marxisten-Leninisten und andere revolutionäre Marxisten Arbeiterbund für 200 (200) Kommunistische den Wiederaufbau Arbeiterzeitung der KPD (AB) -- unregelmäßig -- -- München -- - 1 . 5 0 0 (2.000)Bund Sozialistischer Neue Arbeiterpresse Arbeiter (BSA) -- wöchentlich -- -- Essen -- -800Bund Westdeutscher 300 (350) Politische Berichte Kommunisten (BWK) -- vierzehntäglich -- (8 Landesverbände) - 1 . 2 0 0 (1.200)- - Köln - BWK-beeinflußte Organisation: Volksfront gegen 500 (500) Antifaschistische Reaktion, Faschismus Nachrichten und Krieg -- vierzehntäglich (VOLKSFRONT) - 600 (600) - - Köln - Volksecho -- vierteljährlich -- - 800 (800) - Deutsche Kommuniunter Unsere Zeit (UZ) stische Partei 8.000 (11.000) - vierzehntäglich - (DKP) (13 Bezirks- - 10.000 (20.000)organisationen, Kreisorganisationen Marxistische Blätter und Grundorganisationen) - zweimonatlich -- -- Essen -- - 4.000 (5.000) Vorfeldorganisationen der DKP: Sozialistische über (250) positon - magazin der Deutsche Arbeiter300 SDAJ jugend (SDAJ) -- zweimonatlich -- (Landesverbände, - über 600 (600) - Kreisverbände und Gruppen) -- Essen -- Linksextremistische Bestrebungen 67 Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1991 (1990) Auflagen -- z. T. geschätzt) Vereinigung der Verfolgten über (unter antifa-rundschau des Naziregimes -- 10.000 11.000) -- unregelmäßig Bund der Antifaschisten in der Bundesrepublik Deutschland (WN-BdA) (10 Landesvereinigungen. Kreisund Ortsvereinigungen) - Frankfurt/M. - Deutsche Friedens-Union (unter Podium (DFU) 500 1.000) -- zweimonatlich - Mainz - - unter 1.000 - Marx-Engels-Stiftung e. V -- Wuppertal -- Ex-KB-Mehrheit knapp (-) Kassiber -- Hamburg -- 100 -- unregelmäßig ak -- monatlich -- - 5.000 (7.500) - vgl. Gruppe K (früher: ak. Arbeiterkampf, Zeitung des Kommunistischen Bundes -- KB) Gruppe K ca. 80 (--) Bahama News -- Hamburg -- unregelmäßig -- ak (vgl. Ex-KB-Mehrheit) Internationale 250 Freie Tribüne für Sozialistische Arbeitnehmerpolitik Arbeiterorganisation (ISA) -- wöchentlich -- -- Berlin -- - 1.000Sozialistische Arbeiterzeitung/Internationale Tribüne (SAZ/IT) -- monatlich -- - 1.000 - Kommunistische Partei Roter Morgen Deutschlands (2 Ausgaben) (Marxisten/Leninisten) -- monatlich -- (KPD) (3 rivalisierende Roter Blitz Gruppen) -- monatlich -- 68 Jnksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen -- einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1991 (1990) Auflagen -- z. T. geschätzt) Marxistische Gruppe (über (MG) 10.000) -- München -- (nach eigenen Angaben im Mai aufgelöst) Marxistisch1.500 (1.500) Rote Fahne leninistische Partei -- wöchentlich -- Deutschlands (MLPD) - 5.000 (6.000) - (8 Parteibezirke, über 100 Ortsgruppen lernen und kämpfen und Stützpunkte) (luk) -- Essen -- -- monatlich -- - 1 . 0 0 0 (1.000)MLPD-Nebenorganisationen: ARBEITERJUGENDVERBAND/ Marxisten-Leninisten (AJV/ML) (mit der Kinderorganisation Rotfüchse) Marxistisch-leninistischer Schülerund Studentenverband (MLSV) MLPD-beeinflußte Organisation: Frauenverband Courage Sozialistische 150 Klassenkampf Arbeitergruppe (SAG) -- monatlich -- -- Hannover -- - 3.400 - Vereinigte (unter Sozialistische Zeitung Sozialistische 300 350) (SoZ) Partei -- vierzehntäglich -- (VSP) - 2.500 (2.500) - - Köln - Soz-Magazin -- unregelmäßig -- - 2.500 - VORAN zur 250 VORAN sozialistischen -- monatlich -- Demokratie -- 1.000- - Köln - Marxistische Hefte -- unregelmäßig -- Linksextremistische Bestrebungen 69 Organisation Mitglieder Publikationen -- einschl. Sitz (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und 1991 (1990) Auflagen - z. T. geschätzt) Rote Hilfe e. V. (RH) 700 (800) Die Rote Hilfe (linksextremistisch -- vierteljährlich - beeinflußt) - 2.000 (2.000) - Kiel - 2. Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre Autonome 2.700' (2.300*) unregelmäßig erscheinende "Szene"-Blätter - u. a. CLASH, INTERIM, SWING, radikal Einschließlich 3i Autonomen aus dem ehemaligen Bereich Berlin (Ost) Föderation Gewaltfreier graswurzelrevolution -- Aktionsgruppen FÜR EINE GEWALTFREIE, (FöGA) HERRSCHAFTSLOSE GESELL(KoordinierungsSCHAFT stelle der anarchi-- monatlich -- stischen "Graswur- - 4.000 (4.000) - zelbewegung" mit ca. 80 "Gewaltfreien Aktionsgruppen" und "Kollektiven") Freie Arbeiterinnen direkte aktion und Arbeiter Union -- zweimonatlich (FAU-IAA) - 3.000 - - Frankfurt/M. - Freie Arbeiter-Union/ Fanal Anarchistische Partei -- vierteljährlich (FAU/AP) -- Heidelberg -- Rethts extremisiisdte mr jr s* / / Bestrebungen 72 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen Organisationen und sonstige Zusammenschlüsse sowie Mitgliederstand Zahl der RechtsEnde 1991 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 76 rechtsextreextremisten in mistische Organisationen und sonstige Zusammenschlüsse. InsgePersonenzusamsamt gehörten ihnen nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften rund menschlüssen nimmt zu 39.800 Personen (1991: 32.300 für Westdeutschland) an1), darunter rund 4.200 neonationalsozialistische Skinheads in zahlreichen meist strukturarm augestalteten Personenzusammenschlüssen auf regionaler und lokaler Ebene. Organisationen 1989 199021 1991 und sonstige Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Zusammenschlüsse der der Org. der der Org. der der Org. Gruppen MitgliedGruppen MitgliedGruppen Mitgliedschaften schaften schaften Zusammen-- -- -- -- -- 4.200 3 ' schlüsse neonazistischer Skinheads Sonstige 23 1.500 27 1.400 30 2.100 neonationalsozialistische Gruppen "National-" 3 25.000 3 22.000 3 24.000 freiheitliche Organisationen "National- 5 8.000 5 7.300 5 6.700 demokratische" urganisanonen Sonstige 39 3.200 34 2.900 38 3.950 Vereinigungen Summe 70 37.700 69 33.600 76 40.950 Zahl der Mitglieder nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften 35.900 32.200 39.800 Die Erhöhung der Organisationsund Mitgliederzahlen ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß erstmals auch die neuen Bundesländer in die Statistik einbezogen wurden. Rechtsextremistische Bestrebungen 73 Entwicklung der Zahl der Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Personenzusammenschlüssen 11 45000 40950 Mitgliedschaften in rechtsextremistischen Personenzusammenschlüssen (ohne Abzug von Mehrfachmitgliedschaften) X39800 Mitglieder (nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften) 25000 24000 Mitgliedschaften in "national-freiheitlichen" Organisationen (Dr. FREY gibt höhere Zahlen an) 20000 6700 Mitgliedschaften *nationaldemokratischer" Organisationen 10000 4200 Mitgliedschaften in Zusammenschlüssen neonazistischer Skinheads 3950 Mitgliedschaften in 5000 sonstigen rechtsextremistischen Vereinigungen 2100 Mitgliedschaften in sonstigen oinn neonazistischen 21 ?deg Gruppen 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1 ) Bei den Zahlenangaben sind erstmals die fünf neuen Bundesländer einbezogen 74 Rechtsextremistische Bestrebungen Auch der starke Anstieg des neonationalsozialistischen Gewaltpotentials -- fast ausschließlich Skinheads (rund 1.200 in Westdeutschland und 3.000 in Ostdeutschland) - beeinflußt die Gesamtzahlen. Die Mitgliederzahl bei der "Deutschen Volksunion" (DVU) stieg von 22.000 auf 24.000. Während die Entwicklung in den alten Bundesländern leicht rückläufig war, betrug der Zugewinn im Beitrittsgebiet rund 2.5004). Bei den "Nationaldemokraten" sank die Mitgliederzahl trotz erfolgreicher Mitgliederwerbung in den neuen Bundesländern von 7.300 auf 6.700. Die Steigerung der Mitgliedschaften bei den sonstigen Organisationen ist vor allem auf die Gründung der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (rund 800 Mitglieder) zurückzuführen, durch die besonders die NPD betroffen sein dürfte. 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste 1991 gab es 30 (1990: 34) rechtsextremistische organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste. Im einzelnen handelt es sich hierbei um 8 Buchverlage (1990:11), 13 Zeitungsund Zeitschriftenverlage (1990: 14) und 9 Vertriebsdienste (1990: 9). 3. Periodische Publikationen Gesamtauflage Die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Publikationen blieb mit 71 rechtsextremistigegenüber dem Vorjahr gleich. Davon erschienen 57 mindestens scher Publikatioviermal im Jahr. Diese 57 Schriften erzielten 1991 eine Gesamtaufnen 7,1 Mio. gegenüber 8,5 Mio. lage von rund 7.171.000 Exemplaren (1990: 53 Publikationen mit im Jahr 1990 einer Gesamtauflage von rund 8.551.000). Bis zum Jahresende lagen keine Hinweise vor, daß im Beitrittsgebiet periodisch erscheinende rechtsextremistische Schriften verlegt wurden. Terroristische6' und andere Gewaltakte mit rechtsextremistischem Hintergrund 1. Eskalation der Gewalt Welle von GewaltDie Ausländerproblematik, insbesondere die zunehmende Zahl von taten gegen Asylbewerbern, war auch 1991 das beherrschende Agitationsthema Ausländer, der Rechtsextremisten. Die Verschärfung der Asylfrage führte zu insbesondere Asylbewerber einer Welle von über 300 Brandund Sprengstoffanschlägen gegen Asylbewerber und von rund 900 anderen Gewalttaten gegen Ausländer. Im Spätsommer kam es zu einer sprunghaften Kulmination der Ausschreitungen. Gegen Ende des Jahres gingen die Gewalttaten wieder etwas zurück; dies dürfte u. a. zurückzuführen sein auf die polizeilichen Schutzmaßnahmen, das entschlossene Durchgreifen der Sicherheitsorgane und eine konsequent und zeitnahe Ahndung der Taten. Rechtsextremistische Bestrebungen 75 Diesen fremdenfeindlichen Gewalttaten liegt in der Regel auch eine rassistische Motivation zu Grunde. Wer Angehörigen ethnischer Minderheiten, insbesondere Andersfarbigen und Ausländern aus osteuropäischen Staaten, nur wegen ihres "Andersseins" nach dem Leben oder der Gesundheit trachtet oder zumindest in Kauf nimmt, daß diese an Leben oder Gesundheit geschädigt werden, offenbart durch sein Verhalten, daß er die Zielpersonen seiner Angriffe für lebensunwert hält. Er stellt sich damit außerhalb der demokratischen und freiheitlichen Werteordung. Diese Geisteshaltung entspricht dem ideologischen Grundmuster jener Art von Rassismus, der den Skinheads auch durch die Fanzines und aufputschende Rock-Texte vermittelt wird (vgl. Kap. IV Ziff. 3.1). Eine Steuerung der fremdenfeindlichen Anschläge der örtlichen bzw. Keine überregiostadtteilbezogenen Skinheadzusammenschlüsse sowie sonstiger nale Steuerung neonationalsozialistischer Gewaltkader durch überregionale Zirkel ist der Gewalttaten bei keinem der Vorfälle des Jahres 1991 bisher erkennbar. Von August bis Oktober stiegen die Gewalttaten, insbesondere Sprunghafter Andie Brandund Sprengstoffanschläge, sprunghaft an. Waren es bis stieg der GewaltMärz rund 30 Gewalttaten pro Monat, so ereigneten sich allein taten von August bis Oktober im August 84, im September 224 und im Oktober 490 Gewalttaten. Der Anstieg steht im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in Hoyerswerda (17. bis 22. September) und dem Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober). Tatzeiten zu den Gewalttaten Gewalttaten 3.10. Tag der deutschen Einheit Westdeutschland Ostdeutschland Januar Februar März April Mai Juni Juli August Sept. Okt. Nov. Dez. 76 Rechtsextremistische Bestrebungen Schwerpunkt der Während ab Ende April die Zahl der Gewalttaten in Ostdeutschland Gewalttaten leicht über der in Westdeutschland lag, war ab August eine drastische Schwerpunktverlagerung der Übergriffe auf Ausländerunterkünfte von den neuen in die alten Bundesländer, insbesondere in das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem die meisten Asylbewerber untergebracht sind, feststellbar. Tatlandanalyse (Schwerpunkte) 198 / 71 144 ii r^=Pl Nord~rNiederSachsen BrandenBadenSachsenHessen MecklenBayern Thüri rheinSachsen burg WürtAnhalt burgWestfalen temVorberg pommern 2. Übersicht über die gewalttätigen Gesetzesverletzungen6'7' Im Jahre1991 wurden beim Bundesamt für Verfassungsschutz 1.483 Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender8' rechtsextremistischer Motivation erfaßt. Diese Gewalttaten gliedern sich wie folgt: Gesamt Ost West 1990 9) Tötungsdelikte 3 1 2 2 Brandund 383 123 260 47 Sprengstoffanschläge Sachbeschädigungen 648 171 477 119 mit erheblicher Gewaltanwendung Körperverletzungen 449 198 251 102 Gesamt 1.483 493 990 270 Rechtsextremistische Bestrebungen 77 Die Gewalttaten sind in den alten Bundesländern gegenüber dem Erhebliche SteigeVorjahr auf nahezu das Vierfache gestiegen. Ein Vergleich für Ostrung der Gewaltdeutschland ist wegen fehlender Vorjahreszahlen nicht möglich. taten in den alten Bundesländern Entwicklung der Gesetzesverletzungen * 1991 1600 - * 1990 1400 - 1200 * 1000 - 800 - 600 - 400 - 200 - 0 * Gewalttaten sonstige Gesetzesverletzu ngen 2.1 Tötungsdelikte Opfer der Tötungsdelikte waren drei Ausländer: Drei Todesopfer - Am 31. März griffen der örtlichen Skinheadszene in Dresden angehörende Neonationalsozialisten einen Mosambikaner in einer Straßenbahn an. Beim Sturz aus dem Waggon erlitt dieser tödliche Verletzungen. - In Friedrichshafen (Baden-Württemberg) erstach am 15. Juni ein Skinhead einen Angolaner. - Durch einen am 19. September gelegten Brand in einem Asylbewerberwohnheim in Saarlouis wurde ein Ghanaer getötet. Zwei Nigerianer verletzten sich beim Sprung aus dem brennenden Gebäude. 2.2 Brandund Sprengstoffanschläge 1991 wurden --außer dem unter Ziffer 2.1 genannten Brandanschlag in Saarlouis -- weitere 380 Brandund 3 Sprengstoffanschläge erfaßt, 260 in Westdeutschland und 123 in Ostdeutschland101. 78 Rechtsextremistische Bestrebungen Anteil der Brandund Sprengstoffanschläge gegen Ausländer in den Bundesländern Ä SchleswigHolstein 12 MecklenburgVorpommern 24 Hamburg' 4 Bremen B ~^E?' Brandenburg CZ3 Niedersachsen 40 19 Sachsen-* .* Anhalt Berlin 5 19 Nordrhein-Westfalen 107 * Sachsen Hessen Thüringen 33 22 7 RheinlandPfalz 9 i Saarland Bayern 3< 15 BadenWürttemberg 29 * Rechtsextremistische Bestrebungen 79 Bei zahlreichen Anschlägen muß davon ausgegangen werden, daß die Täter den Tod von Menschen beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen haben. 354 Brandund 2 Sprengstoffanschläge (ca. 93%) richteten sich gegen Ausländer, deren Unterkünfte oder deren Hab und Gut. Beispiele: -- In Bad Krotzingen-Schlatt (Baden-Württemberg) wurde am 30. März das Dachgeschoß eines Wohnhauses, in dem auch Asylbewerber untergebracht waren, durch Brand vernichtet. Bereits Tage zuvor waren in dem Anwesen zwei Feuer ausgebrochen. 80 Rechtsextremistische Bestrebungen -- In Großenhain (Sachsen) warfen unbekannte Täter in der Nacht zum 18. Juli eine Brandflasche durch ein geschlossenes Fenster in die Wohnung eines Vietnamesen, der durch Glassplitter verletzt wurde. Der Brandschaden beträgt rund 15.000 DM. -- In Schwarze Pumpe (Brandenburg) setzten am 24. August mehrere Täter, die zum Teil vermummt waren, ein Wohnheim für rumänische Asylbewerber in Brand. Das Wohnheim wurde vollständig zerstört. -- In Gelsenkirchen-Hüllen schössen unbekannte Täter am 1. September Signalmunition in ein Zimmer eines Asylbewerberwohnheims. Ein in dem Zimmer befindliches Kinderbett, in dem ein Kind schlief, geriet in Brand. Das sofortige Eingreifen der Bewohner verhinderte ein Ausbreiten des Feuers. -- Vom 17. bis 22. September kam es zu mehreren massiven Ausschreitungen von Skinheads vor in Wohngebieten liegenden Ausländerwohnheimen in Hoyerswerda (Sachsen). Mehrere hundert Personen -- meist Anwohner -- erklärten sich mit den Gewalttätern solidarisch und wandten sich lautstark gegen den Polizeieinsatz zur Unterbindung der Störungen. Polizeibeamte, die mehrere Personen vorläufig festnahmen, wurden mit Stahlkugeln beschossen; Molotowcocktails wurden geworfen. Um den wei- Rechtsextremistische Bestrebungen 81 teren Schutz der Asylbewerber zu gewährleisten, wurden diese nach Entscheidung der sächsischen Landesregierung in Unterkünften anderer Städte untergebracht, -- Am 3, Oktober 1991 verübten drei Skinheads einen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Hünxe (NordrheinWestfalen), bei dem zwei libanesische Kinder im Alter von 5 und 9 Jahren erhebliche Brandverletzungen erlitten. Bei der Durchsuchung der Wohnungen der Tatverdächtigen wurden Aufkleber der FAP und der NSDAP-AO festgestellt. 82 Rechtsextremistische Bestrebungen * In Bremen warfen drei Heranwachsende am 3. Oktober zwei Brandsätze in eine Asylbewerberunterkunft. Drei Bewohner waren zeitweilig von den Flammen eingeschlossen. Sie konnten von Feuerwehrleuten befreit werden. 2.3 Sonstige Gewalttaten Im Jahre 1991 wurden 648 Sachbeschädigungen und 449 Körperverletzungen mit Gewaltanwendung erfaßt. Beispiele: Am 24. Februar verwüsteten rund 30 Jugendliche, die mit Eisenrohrstücken, Zaunlatten und Ziegelsteinen bewaffnet waren, ein von rund 70 Asylbewerbern bewohntes Ausländerwohnheim in Leisnig (Sachsen). Die festgenommenen Tatverdächtigen gaben übereinstimmend als Tatmotiv massive Ausländerfeindlichkeit an. Anläßlich der Einführung des visafreien Verkehrs mit Polen am 8. April kam es entlang der von den Rechtsextremisten abgelehnten polnischen Westgrenze zu zahlreichen gewalttätigen Aktionen von Neonationalsozialisten. Mehrere zum Teil vermummte Jugendliche zündeten in Frankfurt/Oder Rauchbomben und begingen Sachbeschädigungen. Durch Steinwürfe auf einen polnischen Reisebus wurden zwei Polen verletzt. In Hamburg-Bergedorf kam es am 20. Juli zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Skinheads und Türken. Ein Türke wurde durch Fußtritte gegen den Kopf lebensgefährlich verletzt. Am 8. August verwüsteten Skinheads in Leipzig den Wohnwagen einer Prostituierten und rammten mit ihren Autos vier weitere Wohnwagen. Vier Zuhälter wurden in ihren Autos von unbekannten Skinheads beschossen; zwei der Zuhälter erlitten Schußverletzungen. Am 5. Oktober überfielen rund 20 Rechtsextremisten in Brühl (Baden-Württemberg) drei Nigerianer, die zum Teil schwer verletzt wurden. Der Anführer der Schläger war Mitglied des NPDOrtsverbandes Brühl. Er gab bei seiner Vernehmung an, sie hätten aus Haß gegen Ausländer und Asylbewerber gehandelt. In Hagen (Nordrhein-Westfalen) griffen zwei unbekannte Täter am 2. November einen albanischen Asylbewerber an und verletzten ihn durch einen Stich in den Bauch schwer. Rechtsextremistische Bestrebungen 83 -- Am 17. November wurde in Dresden ein 34jähriger von Skinheads aufgefordert, den Hitlergruß zu zeigen und "Heil Hitler" zu rufen. Als dieser sich weigerte, wurde er von vier Skinheads über die Brüstung der Marienbrücke in die die Elbe geworfen. Dabei zog er sich lebensgefährliche Verletzungen zu. Von den im Berichtszeitraum erfaßten Sachbeschädigungen richteten sich 562 (86,7%) und von den Körperverletzungen 336 (74,8%) insbesondere gegen Ausländer sowie deren Unterkünfte bzw. deren Hab und Gut. Die Schwerpunkte dieser fremdenfeindlichen Gewalttaten lagen in: Nordrhein-Westfalen: 273 Niedersachsen: 112 Sachsen: 78 Brandenburg: 59 3. Analyse der mutmaßlichen Gewalttäter Im Zusammenhang mit den im Jahre 1991 erfaßten Gewalttaten mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation wurden 1.088 Personen als mutmaßliche Täter oder Tatbeteiligte erfaßt. Ihre Altersstruktur ergibt folgendes Bild: 16-17 Jahre 21,2% 18-20 Jahre 47,8% 21-30 Jahre 28,3% 31-40 Jahre 2,2% 41 und älter: 0,5% Der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden beträgt fast Anteil der mut70%, lediglich 2,7% der Tatbeteiligten sind über 30 Jahre alt. Nur 3% maßlichen Täter der Tatbeteiligten sind weiblichen Geschlechts. oder Tatbeteiligten bis 20 Jahre fast 70% Zu 199 der 1.088 namentlich bekannten mutmaßlichen Tatbeteiligten 19% der mutmaß(rund 19%) lagen bereits verfassungsschutzrelevante Erkenntnisse lichen Tatbeteiligvor: ten dem Verfassungsschutz bereits bekannt, -- 150 Personen -- davon zumindest 126 Skinheads -- hatten bereits jedoch nur 4 % als eine oder zwei rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten verübt; Mitglieder oder Anhänger rechts- - 28 Personen - fast ausschließlich Skinheads - sind als Mitglieder extremistischer bzw. Anhänger einer rechtsextremistischen Organisation, insbeGruppen sondere der FAP, bekannt gewesen; 84 Rechtsextremistische Bestrebungen Altersstruktur der mutmaßlichen Tatbeteiligten B 18-20 Jahre * 2 1 - 3 0 Jahre * 41 und älter -- bei 12 weiteren Personen waren Mehrfachmitgliedschaften im neonationalsozialistischen Bereich bekannt, 10 dieser Personen waren als Skinheads bekannt; -- 37 Personen waren als Teilnehmer an Veranstaltungen rechtsextremistischer Organisationen bekannt; -- 71 Personen hatten rechtsextremistische Gesetzesverletzungen ohne Gewaltanwendung, z. B. Propagandadelikte, begangen. 4. Strafverfahren 4.1 Urteile Wegen der Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung verurteilte das Amtsgericht Memmingen am 30. Januar und 4. Februar drei Skinheads im Alter zwischen 17 und 21 Jahren unter anderem zu Freiheitsstrafen zwischen 11/2 Jahren und 10 Monaten. Sie hatten am 12. Mai 1990 in Türkheim (Bayern) den KZ-Friedhof geschändet. Der militante Neonationalsozialist Thorsten HEISE (22) wurde am 5. Juli vom Landgericht Göttingen unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. HEISE war unter anderem angeklagt, im Mai Rechtsextremistische Bestrebungen 85 1990 in Nörten-Hardenberg (Niedersachsen) versucht zu haben, einen libanesischen Asylbewerber zu überfahren. Wegen Verabredung zum Mord, versuchter Brandstiftung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Störung der Totenruhe u. a. verurteilte das Landgericht Stuttgart am 8. Februar vier Skinheads im Alter zwischen 17 und 21 Jahren zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten. Die Verurteilten hatten am 13. Oktober 1990 die jüdischen Friedhöfe in Vaihingen an der Enz und in Markgröningen-Unterriexingen (Baden-Württemberg) geschändet, in der Nacht vom 13. auf den 14. Oktober 1990 einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberwohnheim in Großsachsenheim (Baden-Württemberg) geplant und versucht, eine Bahnhofsgaststätte in Sersheim (Baden-Württemberg) in Brand zu setzen. Bei drei der Täter stellte das Gericht einen dumpfaggressiven, unreflektierten Haß auf Ausländer, insbesondere auf Asylbewerber, fest. Das Jugendschöffengericht Trier verurteilte am 2. Dezember fünf Skinheads im Alter zwischen 18 und 21 Jahren in unterschiedlicher Tatbeteiligung wegen schwerer Körperverletzung, Beleidigung, Volksverhetzung, Landfriedensbruchs und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu Freiheitsstrafen zwischen 21 und 10 Monaten. Die Verurteilten hatten am 22. Oktober farbige Omnibuspassagiere beleidigt und Fahrgäste eines Linienbusses zusammengeschlagen, die sie deshalb zurechtweisen wollten. Bei den Tätern wurde neonationalsozialistisches Propagandamaterial sichergestellt. Das Landgericht Bochum verurteilte am 3. Dezember sechs Skinheads im Alter von 17 bis 22 Jahren wegen versuchter schwerer Brandstiftung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung zu Jugendstrafen bzw. einer Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr und vier Jahren. In wechselnder Tatbeteiligung hatten die Täter im November und Dezember 1990 in Herten (Nordrhein-Westfalen) u. a. einen Brandanschlag auf eine Moschee verübt und versucht, eine Asylbewerberunterkunft in Brand zu setzen. Sie gaben Ausländerhaß als ihr Hauptmotiv an. Das Kreisgericht Bautzen (Sachsen) verurteilte am 3. Dezember einen 19jährigen Neonationalsozialisten aufgrund seiner Teilnahme an den fremdenfeindlichen Ausschreitungen Mitte September in Hoyerswerda (vgl. Ziff. 2.2) wegen Landfriedensbruchs in einem schweren Fall, Volksverhetzung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt zu 15 Monaten Jugendstrafe und 70 Stunden gemeinnütziger Arbeit. 86 Rechtsextremistische Bestrebungen Das Landgericht Göttingen verurteilte am 19. Dezember den 18jährigen Skinhead und Aktivisten der neonationalsozialistischen FAP, Oliver S., der am 1. Januar in Rosdorf bei Göttingen einen Bundeswehrsoldaten erstochen hatte, wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge zu sechs Jahren Jugendstrafe und einen mitangeklagten gleichaltrigen Skinhead zu vier Wochen Dauerarrest. Das Amtsgericht Essen verurteilte am 19. Dezember den 24jährigen Thomas T. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 6 Monaten ohne Bewährung. Er hatte am 25. September eien Molotowcocktail gegen ein Asylbewerberwohnheim in Essen geworfen. 4.2 Durchsuchungen111 Am 16. Oktober durchsuchte die Polizei in Sachsen die Wohnungen von 44 Personen, die dortigen örtlichen Skinheadzusammenschlüssen angehören. Die Betroffenen werden verdächtigt, am 24. August gewalttätige Ausschreitungen gegen ausländische Händler in Meerane (Sachsen) begangen zu haben. Bei den Durchsuchungen wurden mehrere Waffen, neonationalsozialistisches Propagandamaterial sowie gefälschte Reisepässe sichergestellt. Gegen vier der Tatverdächtigen erließ das Kreisgericht Chemnitz am 17. Oktober Haftbefehl wegen schweren Raubes. Am 3. Dezember durchsuchte die Polizei insgesamt 114 Objekte in sieben Bundesländern mit Schwerpunkt in Sachsen. Die Maßnahmen richteten sich gegen 107 meist der Skinheadszene angehörende Personen, die im Verdacht stehen, Anschläge auf Asylbewerberund sonstige Ausländerunterkünfte, Körperverletzungen zum Nachteil von Ausländern sowie andere Straftaten begangen zu haben. Es konnten eine große Anzahl rechtsextremistischer Schriften, Aufkleber und Hakenkreuzfahnen sowie zahlreiche Waffen sichergestellt werden. Am 18. Dezember durchsuchte die Polizei in Chemnitz, Wittgensdorf, Burgstädt und Markersdorf (Sachsen) die Wohnungen von zwölf Skinheads sowie eine Discothek, die als Treffpunkt der Skinheadszene bekannt ist. Dabei konnten über 100 Hiebund Schlagwaffen beschlagnahmt werden. Die Betroffenen werden verdächtigt, am 24. November in Wittgensdorf ein Wohnheim für Vietnamesen überfallen und am 17. November in Chemnitz Wohnwagen von Prostituierten angegriffen zu haben. Sie gestanden die Taten. Rechtsextremistische Bestrebungen 87 III. Sonstige Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund (außer Gewalttaten)12' 1. Überblick Außer den 1.483 Gewalttaten (vgl. Kap. II. Ziff. 2) wurden 2.401 weitere Gesetzesverletzungen'31 mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation erfaßt, die sich wie folgt aufschlüsseln: 1990141 1991 Gewaltandrohungen 75 351 Propagandadelikte 1.232 1.624 (u. a. Schmier-, Klebe-, Plakat-, Flugblattaktionen, Zeigen des Hitlergrußes) Sonstige Gesetzesverletzungen 271 426 (u. a. Beleidigungen, Verunglimpfungen) Gesamt 1.578 2.401 Zusammenfassung aller Gesetzesverletzungen mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation: 199014) 1991 Gewalttaten 270 1.483 (vgl. Kap. Il, Ziff. 2) Sonstige Gesetzesverletzungen 1.578 2.401 Gesamt 1.848 3.884 Rechtsextremistische Bestrebungen Tatarten der Gesetzesverletzungen sonstic Gesetzesverletzungen (u. a. Beleidigungen, illeg. Waffenbesitz) 2. Beweggründe Von den 3.884 Gesetzesverletzungen mit erwiesener oder zu vermutender rechtsextremistischer Motivation hatten 2.598 (66,8%) fremdenfeindliche Bezüge151. Bei insgesamt 226 Gesetzesverletzungen war "Haß auf Linke" als Motiv erkennbar. Schändung jüdi367 dieser 2.598 Gesetzesverletzungen (rund 14,1%) hatten antisescher Friedhöfe mitischen Charakter. In insgesamt 84 Fällen kam es zu Schändungen und anderer jüdischer Friedhöfe, Synagogen und sonstiger Baulichkeiten sowie Einrichtungen sowie von Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus, wobei in 40 FälGedenkstätten len eine rechtsextremistische Motivation der Täter sehr wahrscheinlich ist. Von den 40 Friedhofsschändungen erfolgten fünf in Ostdeutschland. In 10 Fällen deuten tatsächliche Anhaltspunkte auf eine Täterschaft von Rechtsextremisten hin. Herausragend ist die erneute Schändung des jüdischen Friedhofes in Ihringen (Kreis BreisgauHochschwarzwald) in der Nacht zum 15. Januar: Unbekannte Täter stießen - wie im August 1990 -- wieder zahlreiche Grabsteine um und besprühten Innenund Außenmauern des Friedhofes sowie ein- 90 Rechtsextremistische Bestrebungen IV. Neuer Nationalsozialismus (Neonazismus) 1. Zielsetzung NeonationalsoziaDie politischen Forderungen der Neonationalsozialisten entsprechen listen streben im wesentlichen dem Parteiprogramm der NSDAP aus dem Jahre großdeutschen 1920. Die Neonationalsozialisten von heute propagieren einen totaliFührerstaat an tären Staat auf der Grundlage des Eliteund Führerprinzips, der die eigene Rasse als höherwertig gegenüber anderen einschätzt und daher das deutsche Volk vor rassisch "minderwertigen" Ausländern, insbesondere vor einer "Volksvermischung" bewahren will. Diese Haltung schließt eine Feindlichkeit auch gegen Juden und überhaupt gegen eine "multikulturelle" Gesellschaft ein. So berief sich der im April 1991 verstorbene Michael KÜHNEN auf das Programm der NSDAP: "Das 25-Punkte-Programm der NSDAP vom 24.2.1920 ist das Grundgesetz der nationalsozialistischen Bewegung schlechthin!... Entsprechend der nationalsozialistischen Weltanschauung können in der Regel nur Volksgenossen die Staatsangehörigkeit eines nationalsozialistischen deutschen Staates erwerben bzw. behalten. Den Begriff des deutschen Volksgenossen und die notwendigen Maßnahmen zum Schutz des deutschen Volkstums vor rassischer Überfremdung klären die Nürnberger Rassegesetze des Jahres 1935 ..." (Michael KÜHNEN "Die 25 Punkte des Programms der NSDAP - Neu kommentiert", S. 1. 10). "NationalrevoluNoch vor rund zehn Jahren bildeten HITLER und das von ihm reprätionäre" werfen sentierte "Dritte Reich" die einzige Idealvorstellung deutscher NeonaHITLER Verrat am tionalsozialisten. Danach mehrten sich auch neonationalsozialistische Nationalsozialismus vor Stimmen, die HITLER wegen dessen Pakt mit dem kapitalistischen Bürgertum rückblickend Verrat an der wahren revolutionären Idee des Nationalsozialismus vorwarfen. Die Vertreter der frühen ideologischen Phase des nationalrevolutionären Sozialismus, die Brüder Dr. Otto und Gregor STRASSER, Ernst NIEKISCH als Nationalbolschewist und der SA-Stabschef Ernst RÖHM16', verdrängten in der Folgezeit vielerorts HITLER aus seiner Leitbildfunktion. 2. Zahlen Zahl der NeonatioVon den rund 5.900 Neonationalsozialisten in den alten Bundeslännalsozialisten dern (1990:1.200) sind etwa 5.700 (1990:1.050) losen Personenzusteigt aufgrund sammenschlüssen zuzuordnen. Die großen Zahlenunterschiede zum des hohen Anteils von Skinheads vor Vorjahr sind vor allem dadurch bedingt, daß erstmals der Versuch allem in den neuen gemacht worden ist, trotz unvollkommener Informationen die neonaLändern stark an tionalsozialistischen Skinheads in Ost und West in die Schätzungen mit einzubeziehen. GewaltbereitMindestens 4.400 Neonationalsozialisten sind militant. Der weit schaft nimmt überwiegende Teil davon (4.200) sind Skinheads (1990: 500), die erheblich zu entweder klar neonationalsozialistisch agieren oder zumindest deutli- Rechtsextremistische Bestrebungen 91 che Anhaltspunkte für eine neonationalsozialistische Gesinnung erkennen lassen. Es handelt sich regelmäßig um Personen, die Gewalttaten begangen, sich an Gewalttaten beteiligt haben, wegen ihrer Gewaltbereitschaft bekannt sind oder illegal Waffen, Munition oder in einigen Fällen auch Sprengstoff besessen haben. 3. Neonationalsozialistische Personenzusammenschlüsse 3.1 Skinheads Skinheads betätigen sich regelmäßig in regionalen, lokalen und stadtteilbezogenen, meist äußerst strukturarmen Personenzusammenschlüssen. Die Gruppierungen bestehen überwiegend aus Jugendlichen und Heranwachsenden, die mit ihrem sozialen Umfeld im Konflikt stehen, die Gewaltanwendung als Konfliktloser ansehen und das durch die Gruppeneinbindung entstehende Wir-Bewußtsein als ein Mittel zur Steigerung des Selbstwertgefühls empfinden. Während die Skinheadszene in Westdeutschland sich aus einer Skinheads im unpolitischen Subkulturbewegung entwickelte und ihre Politisierung Osten stärker in offenbar noch nicht alle Skinheadgruppen erreicht hat, haben sich die neonationalsozialistisches GedanSkinheads in Ostdeutschland bereits zu DDR-Zeiten als nationalsoziakengut eingebunlistische Opposition gegen den kommunistischen Apparat empfunden als im Westen den. Ihr Politisierungsgrad ist demgemäß höher und die Einbindung in neonazistisches Gedankengut stärker ausgeprägt, als dies bei ihren Gesinnungsgenossen in Westdeutschland der Fall ist. Unpolitische und damit nicht rechtsextremistische Skinheads sind in den neuen Bundesländern eher die Ausnahmeerscheinung. Etwa 1.200 der rund 3.500 Skinheads in Westdeutschland sind nach Zahl der neonatiobislang noch unvollständigen Erkenntnissen der Neonationalsozialinalsozialistischen Skinheads in Oststenszene zuzurechnen. Nach dem gegenwärtigen, ebenfalls noch deutschland bruchstückhaften Erkenntnisstand ist das neonationalsozialistische wesentlich höher Gewaltpotential für Ostdeutschland, das fast ausschließlich aus Skinals in Westheads besteht, auf mindestens 3.000 Aktivisten anzusetzen. deutschland Zielpersonen der Gewaltaktivitäten der Skinheads sind vor allem Gewaltaktivitäten Asylbewerber, insbesondere Andersfarbige und Ausländer aus ostvor allem gegen europäischen Staaten, aber auch "linksorientierte" Deutsche, HomoAsylbewerber sexuelle, Prostituierte und Stadtstreicher wegen ihres angeblich "undeutschen Wesens". Zahlreiche Übergriffe lassen erkennen, daß auch die ehemals sowjetischen Stationierungssoldaten und deren Einrichtungen ein weiteres Ziel darstellen. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen SkinheadgrupPolitische Gewalt pen und militanten linksextremistischen Gruppen bzw. Ausländerzwischen Rechtsgangs nehmen bedrohlich zu; die politische Gewalt schaukelt sich und Linksextremisten bzw. Auslänhoch. dergangs schaukelt sich hoch 92 Rechtsextremistische Bestrebungen NeonationalsoziaUnverhüllter neonationalsozialistischer Rassismus und Nationalismus listischer Rassisder Skinheads kommen in deren Songs zum Ausdruck. So wird in mus und Nationadem "Kanacken-Song" der Gruppe "Endsieg" dazu aufgerufen, Türlismus in Songs ken in Konzentrationslager zu stecken, ihre Kinder zu töten und türkiund Magazinen der Skinheads sche Frauen zu schänden. Die Gruppe "Störkraft" ruft in dem Lied "Deutschland" zum Rassenkampf auf: "Ja eines Tages da wacht ihr alle auf, rettet die Rasse, die man einst verkauft, denn ich weiß in jedem Deutschen da steckt ein Mann, der das Verderben noch verhindern kann." Ihr Bekenntnis zum Nationalsozialismus dokumentiert die Gruppe "Noie Rasse" mit dem Refrain: "Adolf Hitler, das Deutsche Reich, all das lieben wir." Die Band "Störkraft" sieht die Skinheads als "echte Polizei" an, die die Straßen "türkenfrei" mache. In ihrem "Söldner-Lied" idealisiert sie die Skins als "mordende faschistische" Söldner. Solche Texte fördern bei den häufig alkoholisierten Skinheads deren ohnehin schon vorhandene Bereitschaft zur brutalen Gewaltanwendung. Anläßlich von Rock-Konzerten der Skinheadbands kam es immer wieder zu gewaltbetonten Ausschreitungen. Einzelne Täter gaben an, durch diese Art von Musik "total aufgeputscht" worden zu sein. Die Machwerke der Skinheads und deren Mitglieder werden in zahlreichen Skinmagazinen, sog. Fanzines, vorgestellt. In diesen Schriften werden die Skinheads aufgefordert, die Rasse reinzuhalten. So heißt es in dem Magazin "Schlachtruf": "Skinhead zu sein, bedeutet Nationalist zu sein, der sein Vaterland liebt, der jederzeit für Stolz und Ehre kämpft. Es ist wichtig, für die eigene Rasse, Kultur und Sitten. Dafür unterstützen wir alle Organisationen, welche für eine reine Rasse kämpfen." ("Schlachtruf" 3/1991) Skin-Songs und Skin-Fanzines sind in der Skinheadszene fest integriert und akzeptiert. 3.2 "Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front" (GdNF) Anhänger der GdNF Die Anhänger des am 25. April 1991 verstorbenen Neonationalsoziawollen NSDAP neu listen-Führers Michael KÜHNEN, deren Zahl durch Neuzugänge in gründen den östlichen Bundesländern auf etwa 400 angewachsen ist, sind in der weitgehend strukturlosen GdNF zusammengeschlossen. An ihrem Ziel, die NSDAP neu zu gründen und ein "Viertes Reich" zu errichten, halten die Aktivisten unbeirrt fest17'. Die GdNF sieht -- nach siegreich durchgeführter "Zweiter Revolution" -- eine neue Ära heraufziehen, die Rechtsextremistische Bestrebungen 93 "die Machthaber und Nutznießer des Regimes vernichten,... eine Volkswirtschaft auf der Basis von Volksgemeinschaft und Korporativismus errrichten, ... Gesundheitsund Rassenpflege auf genetischer Basis betreiben,... eine artund naturgemäße Kultur schaffen, ... Rassengesetze aufstellen und alle fremdrassigen Elemente erbarmungslos ausweisen" werde. (GdNF-Broschüre "Was ist eigentlich Nationalsozialismus?", S. 134 f.) Der Golfkrieg bot der GdNF einen willkommenen Anlaß zur propaSolidarität gandistischen Selbstdarstellung in den Medien. Mitglieder bekundemit SADDAM ten öffentlich ihre Solidarität mit SADDAM HUSSEIN. Sie gaben vor, HUSSEIN mit 500freiwilligen Kämpfern den irakischen "Freiheitskampf" gegen die angeblichen Aggressoren USA und Israel unterstützen zu wollen. Diese Ankündigung war allerdings ausschließlich als Medienspektakel gedacht, um die GdNF in die Diskussion zu bringen. Nach KÜHNENS Tod wurde zunächst der Österreicher Gottfried KÜSSEL (33) als Nachfolger präsentiert. Er sah sich aber schon bald zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt (u. a. Vorwurf des arroganten Auftretens und der Phrasendrescherei). Zudem war er infolge eines bereits im Mai durch den Bundesminister des Innern erlassenen Einreiseverbots und seiner im Januar 1992 erfolgten Verhaftung 181 in seinen Aktionen erheblich behindert. Als treibende Kraft, insbesondere bei der Organisation überregionaler Veranstaltungen, erwies sich inzwischen verstärkt der Hamburger Neonationalsozialist und Funktionär der "Nationalen Liste" (NL) Christian WORCH (35). Die GdNF entfaltete auch unter Aktionsnamen wie "Freie GewerkSchwerpunkte der schaftsbewegung", "Aktion Lebensschutz" oder "Volksbund Rudolf Aktivitäten in den Hess" Aktivitäten. Dabei verlagerte sie ihre Auftritte -- wie schon im neuen Bundesländern Vorjahr -- überwiegend in die neuen Bundesländer: Anhänger der GdNF veranstalteten Anfang Mai und Ende Juni öffentlichkeitswirksame Auftritte in Cottbus (Brandenburg) und beteiligten sich an der Großdemonstration am 15. Juni in Dresden anläßlich der Ermordung des dortigen Neonationalsozialisten-Führers Rainer SONNTAG. Am 17. August nahmen sie in Bayreuth an der Protestkundgebung gegen das Verbot der Gedenkveranstaltung zum Todestag von Rudolf Hess in Wunsiedel teil. Mitte 1991 begann die GdNF mit der Gründung neuer LandesparGründung neuer teien. Dadurch sollen die früher bundesweit aktive "Deutsche AlternaLandesparteien tive" (DA) abgelöst und staatliche Verbote erschwert werden. Neben soll staatliche Verbote erschweren der bereits seit März 1989 bestehenden Hamburger Landespartei "Nationale Liste" (NL), die von den Neonationalsozialisten Christian WORCH (35) und Thomas WULFF (28) repräsentiert wird, wurden gegründet: 94 Rechtsextremistische Bestrebungen Nr.-O 3. Jahmaii! INDEX Hm-Auiirj'W yn 20.10 '90 " Ofnden.rtrn"i lux. Chriiwn Worth. V"cti*l & h n n u"d GcKffitd Kitt" Michael Kühnen i s t tot! -- "Deutsches Hessen" (DH) am 8. Juni als hessische Landespartei, die zugleich den ehemaligen KÜHNEN-treuen Landesverband Hessen der "Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei" (FAP) ablöste, -- "Nationaler Block" (NB) am 6. Juli als bayerische Landespartei, -- "Volkstreue Liste" (VL) am 25. August als Landespartei für BadenWürttemberg, -- "Sächsische Nationale Liste" (SNL) am 31. August als Landespartei für Sachsen und Rechtsextremistische Bestrebungen 95 "Der Deutsche Weg" (DW) am 20. Oktober als Landespartei für Nordrhein-Westfalen. Die GdNF hatte mit diesen Parteien bei Wahlen keinen Erfolg: Im GdNF blieb bei Januar erzielte Heinz REISZ (53), Aktivist der GdNF in Hessen, anläßWahlen chancenlos lich der Landtagswahl als Einzelkandidat der Liste "Deutsches Hessen" nur 301 Stimmen (0,5% in seinem Wahlkreis). Die "Nationale Liste" (NL) schnitt bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 2. Juni mit 432 Stimmen (0,1%) noch schlechter ab. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/M. erhob im Frühjahr 1991 Anklage Anklage gegen gegen führende Aktivisten der GdNF wegen des Verdachts, die 1983 führende Aktiviverbotene "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" sten wegen des Verdachts, die (ANS/NA) fortgeführt zu haben. Die Tatverdächtigen sollen als verbotene ANS/ Rädelsführer i. S. d. SS 85 StGB gehandelt haben. NA fortzuführen Die vom Bundesminister des Innern am 9. Februar 1989 gegen die von Anhängern des Neonationalsozialisten Michael KÜHNEN gegründete "Nationale Sammlung" (N.S.) verhängte Verbotsverfügung ist rechtskräftig. Nach Rücknahme der gegen das Verbot gerichteten Klage durch die N.S. stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 4. Dezember 1991 das Verfahren ein. 3.3 "Deutsche Alternative" (DA) Die 1989 gegründete DA verstand sich als parteipolitischer Arm der Aktionszentrum GdNF bzw. deren Vorgängerin "Die Bewegung". Ihr gelang es, in den der DA in Cottbus neuen Bundesländern, vor allem in Brandenburg und Sachsen sowie im Großraum Berlin, ansatzweise auch in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, Fuß zu fassen. Cottbus wurde zum Aktionszentrum der DA. Die etwa 300 Mitglieder (1990: ca. 140) zählende Organisation verdankt ihren Zuwachs insbesondere den Neuzugängen in den östlichen Bundesländern. An einigen Veranstaltungen der DA im Raum Cottbus beteiligten sich bis zu 250 Personen, darunter auch zahlreiche Skinheads. Seit Mitte des Jahres wurde die DA mehr und mehr durch die neugeStillstand der gründeten Landesparteien (vgl. Ziff. 3.2) abgelöst. Dies führte zu einer Parteiarbeit in den erheblichen Reduzierung der Aktivitäten in Westdeutschland. Nachalten Bundesländern dem der Bundesvorstand im September zurückgetreten war, sind DA-Funktionäre eigentlich nur noch in Brandenburg unter der Führung von Frank HÜBNER (25, Cottbus) aktiv. Die Agitation der DA weist Ähnlichkeiten mit den Parolen der GdNF Agitation der DA auf. Sprüche wie "Rassenmischung ist Völkermord"191 und "die mit den Parolen der GdNF idenAnsiedlung von Menschen fremdartiger Kulturen und Rassen wird tisch immer unverblümter durchgesetzt"201 sind an der Tagesordnung. Die DA sieht die "Überfremdung der Deutschen" als "tödliche Gefahr", 96 Rechtsextremistische Bestrebungen verursacht u. a. durch eine "Asylbetrüger-Sintflut"21'. Der angeblichen "Ausrottungsstrategie" will sie Widerstand entgegensetzen, weil ansonsten "45 Jahre nach Kriegsende ... die Feinde des deutschen Volkes zum Todesstoß ansetzen". 3.4 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) FAP verliert weiter Die 1979 gegründete und derzeit von Friedhelm BUSSE (62) geleitete Mitglieder FAP befindet sich seit 1990 in einem maßgeblich durch Führungsschwächen bedingten Niedergang; die Mitgliederzahl sankweiterauf 2 . Jahrgang - Nr. 1 - Januar 1991 - 1,50 DM a^F^^^a^^aB L^f NEUE HOTSJHT VOLKSTREUE ZEITUNG FUR DEUTSCHLAND _ ^ 1J"AB"W "Missionseifer" überhaupt beSTERBEN rechtigt, einen verbrecherischen "Kreuzzug" gegen die FÜR DIE JUDEN ? Araber zu entfesseln? Wir fragen weiten von German, cus Darf ein Moslem "seine" Moralvorstellungen in dieser Welt auch gewaltsam durchDem aufmerksamen Beobachter unserer politischen Lage wird setzen? Dürfen die Araber immer klarer, daß die "Sieger von 1945" und starke interauch ein arabisches Ölnationale Hintergrundkräfte, massiv versuchen, das deutsche Monopol anstreben oder Volk mit scheinheiligen Vorgaben in den ablaufenden "Dritten nicht? Weltkrieg" am Golf zu verwickeln. Sind die Atombomben der Diese sogenannten "SiegerSoldaten *ür jüdisch-amerikaIsraelis "sauberer" als die mächte" haben uns noch keinische Interessen immer unAtombomben der Iraker? nen "Friedens ver trag" angeverschämter vom deutschen Wir fragen: botenund auch die "FeindVolk verlangt. staatenklausei" der UNO Was kommt nach einem "ge"The Germans to the front?" wonnenen" Krieg? gegen Deutschland gilt nach oder was bedeutet die Festwie vor. stellung der Juden vom 25. Ehemalige Soldaten des DeutJanuar 1991: schen Reiches werden noch "Israel verlangt immer immer als "angeblinicht nur Geld"? che Kriegsverbrecher" verfolgt oder sitzen als "LebensHandelt es sich am Golf längliche" weiter in ehr"nur" um einen lokalen Konloser Haft, flikt oder ist dort bereits der "Dritte Weltkrieg" ausgeAm 1k. Januar 1991 wurde brochen? Verteidigen die von der Kammer des SchwurUSA dort etwa die Freiheit gerichts in Siegen der 71 - der Meere und garantieren jährige Ernst König in einem damit den freien (Ol-)Han-70 Verhandlungstage währendel? Decken sich die Interden Prozeß zu lebenslanger essen der zahlungsunfähig geHaft verurteilt. wordenen USA mit denen Er soll, was er bestreiteL, im Deutschlands? Ist ein derKL Auschwitz-Birkenau als artiger Krieg ökologisch noch ehemaliger "Blockwart" angebvertretbar, oder bedroht er lich drei Zigeuner getötet bereits die gesamte Menschheit? Ein nachdenklicher "Genthaben "...und bei der Massenvergasung von zwei Menleman-Ki Her" und "Kriegsschen behilflich gewesen Wir fragen: Sind die westverbrecher". Denkt George lichen "Moral Vorstellungen" Bush an seine "Schandfür die übrige Welt bintaten" und an den "NürnTrotzdem wird die Forderdend? Sind die Vereinigten berger Galgen"? ung nach Einsatz deutscher Staaten in ihrem blinden Rechtsextremistische Bestrebungen 97 rund 150 (1990: rund 200). Viele Ortsund Landesverbände wurden inaktiv und aufgelöst. Nur noch der Landesverband Nordrhein-Westfalen unter seinem Landesvorsitzenden Siegfried BORCHARDT (38) hielt 1991 regelmäßige Treffen ab. Die Aktivitäten der Gesamtpartei beschränkten sich auf die gelegentliche Herausgabe ihrer Publikation "Neue Nation", auf interne Zusammenkünfte und die Durchführung einiger Kundgebungen. Die Bemühungen zum Aufbau von Ortsgruppen in den östlichen Bundesländern führten nicht zu dem erhofften Erfolg. Politisches Ziel der FAP bleibt die Verwirklichung des NationalsozialisFAP will Nationalmus: sozialismus verwirklichen und "Es wird jetzt endlich Zeit für eine rechte Alternative. Zeit für eine Partei mit einem sowohl nationalen als auch sozialistischen Konzept." ("Neue Nation" 1/91. S. 4) Hohen Stellenwert haben für die FAP auch rassistisch unterlegte agitiert gegen fremdenfeindliche Parolen: Ausländer, "Wir haben als nationale Sozialisten absolut nichts gegen Ausländer ... Wir wehren uns aber gegen jene unerwünschten Ausländer, die aus unserem Land eine volksund sittenzerstörende Oase machen wollen und uns nichts anderes zu bieten haben als negroide und orientalische Gesänge, die unserem Volkstum fremd sind." (Neue Nation" 3/91, S. 1) Anläßlich einer FAP-Versammlung am 15. Juni im Raum Leipzig gegen das Parlabekannte sich BUSSE zu einem "befreiungsnationalistisch-völkischen ment und gegen Sozialismus". Er sprach vom Kriegszustand mit den Herrschenden". die Bundesregierung Das Parlament sei der faulste Betrieb aller Betriebe in der Bundesrepublik; die Bundesregierung und der Bundestag seien eine kriminelle Vereinigung. Ihnen gehe es nur um persönliche Bereicherung und Gewinnsucht22'. Die Kreisverwaltung Göttingen ordnete im Oktober 1991 die sofortige Ausweisung des Ausweisung des Vorsitzenden des FAP-Landesverbandes NiederNeonationalsozia sachsen, des Österreichers Karl POLACEK (57), aus der Bundesrepulisten POLACEK blik Deutschland an. Die Behörde sieht POLACEK in Verbindung mit seinen neonationalsozialistischen Aktivitäten als ein Risiko für die öffentliche Sicherheit und Ordnung an. POLACEK war nach mehreren strafrechtlichen Verurteilungen zuletzt am 19. August 1991 wegen gefährlicher Körperverletzung einer politischen Gegnerin zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden (Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). POLACEK hat gegen die Ausweisungsverfügung die Verwaltungsgerichte angerufen"'. POLACEK wurde am 22. Januar 1992 nach Österreich abgeschoben 98 Rechtsextremistische Bestrebungen Eröffnung des In einem seit 1987 anhängigen Ermittlungsverfahren wegen des VerHauptverfahrens dachts nach SS 85 StGB, die 1983 verbotene "Aktionsfront Nationaler gegen FAP-AktiviSozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) fortgeführt zu haben, sten wegen des Verdachts, die wurde am 5. Februar 1991 das Hauptverfahren gegen einen Neonaverbotene ANS/ tionalsozialistenkreis eröffnet, der maßgeblich aus FAP-Aktivisten um NA fortzuführen den früheren FAP-Generalsekretär Jürgen MOSLER (36) besteht bzw. bestand. 3.5 "Nationale Offensive" (NO) Sammelbecken Die NO hat sich seit ihrer Gründung im Juli 1990 als Sammelbecken für ehemalige ehemaliger FAP-Mitglieder vor allem in Bayern erwiesen. Aber auch FAP-Aktivisten vor in den östlichen Bundesländern konnten neue Aktivisten hinzugeallem in Bayern wonnen werden. Unter dem Bundesvorsitzenden Michael SWIERCZEK (30), dem ehemaligen Vorsitzenden des FAP-Landesverbandes Bayern, baute die Partei ihren Mitgliederbestand auf rund 100 Aktivisten aus. TUdits Ttoüihal nichtig In ihrer programmatischen Zielsetzung erwartet die NO, daß ihre "Weltanschauung zum staatstragenden Gedanken im gesamten deutschen Sprachraum" wird, "um so die Zukunft unseres Volkes zu sichern". ("Der politische Soldat" 1/91, S. 3) Die Partei soll "zu einer wahrhaft revolutionären Gesinnungsund Kampfgemeinschaft" werden mit dem Ziel der "Erkämpfung der politischen Macht in Deutschland." ("Der politische Soldat" 1/91, S. 5) Rechtsextremistische Bestrebungen 99 Die Kernpunkte ihres politischen Wollens richten sich gegen AuslänNO agitiert gegen der. So fordert die NO Ausländer und "Einwanderungsstopp und schrittweise Rückführung der Ausländer in ihre Heimatländer -- Kulturvermischung ist Völkermord" und die "sofortige Ausweisung aller kriminellen und arbeitslosen Ausländer". (Programm der NO, Ziffer 6, 7, 8) statt tmmmß&mfjmm Klasse In der Öffentlichkeit trat die NO mit Solidaritätsbekundungen für den bekundet vor dem Landgericht Stuttgart wegen KZ-Verbrechen angeklagten Solidarität mit ehemaligen SS-Angehörigen Josef SCHWAMMBERGER hervor. ehemaligen SS-Angehörigen 3.6 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) Die 1979 gegründete HNG blieb mit rund 200 Mitgliedern eine der zahlenmäßig stärksten Organisationen im neonationalsozialistischen Lager. Ihre Bedeutung steht mangels entsprechender Aktivitäten und wegen interner Zwistigkeiten aber in keinem Verhältnis zur Mitgliederzahl. Ziel der HNG ist vor allem die Betreuung von "nationalen politischen HNG unterstützt Gefangenen". Sie versteht sich als inhaftierte Neonationalsozialisten "parteiund organisationsübergreifend, weil auch die politische Verfolgung in unserem Lande nicht vor Parteiund Organisationsgrenzen halt macht". ("Nachrichten der HNG" 130/71. S. 16) Die HNG will Neonationalsozialisten aus unterschiedlichen Gruppen integrieren: 100 Rechtsextremistische Bestrebungen "Die HNG ist immer das geblieben, was sie bei den Staatsschützern extrem unbeliebt machte und worauf der 'Verfassungsschutz' bei jeder sich bietenden Gelegenheit immer wieder hinweist -- 'Ein Sammelbecken für Neonationalsozialisten aller Richtungen'!" ("Nachrichten der HNG" 130/91, S. 5) Der Rücktritt der langjährigen Vorsitzenden Christa GOERTH (55) war die Konsequenz unüberbrückbarer interner Meinungsverschiedenheiten. Nachfolgerin wurde Ursula MÜLLER (58) aus Mainz. Ihr Ehemann Curt MÜLLER (61) wurde zum Beisitzer im Vorstand gewählt. 3.7 "Nationalistische Front" (NF) NF erzielt MitglieErstmalig seit ihrer Gründung im Jahre 1985 nahm die NF an einer derzuwachs, ist Wahl teil. Sie erzielte bei der Bremer Bürgerschaftswahl am 29. Sepaber bei Wahlen tember allerdings nur 106 Stimmen (0,03%). Die Mitgliederzahl chancenlos erhöhte sich auf etwa 130 (1990: rund 80). Die von Meinolf SCHÖNBORN (36) geführte "Kaderorganisation" ist mit Schwerpunkten in Nordrhein-Westfalen, Berlin, Bayern und Bremen aktiv. Einige Ortsgruppen bzw. Stützpunkte existieren auch in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Das ehemalige "Zentrum" der NF in Bielefeld wurde aufgegeben. Die Aktivitäten verlagerten sich daraufhin auf ein Geländeareal in Detmold-Pivitsheide (Kreis Lippe). DIE EINHEIT DER NATION j - NATIONALISTISCHE FRONT Rechtsextremistische Bestrebungen 101 NF-Aktivisten und andere Rechtsextremisten aus dem Inund Ausland wollten im Juni eine revisionistische Kundgebung in Roding (Kreis Cham) durchführen. Die Veranstaltung wurde verboten, eine dennoch durchgeführte Ersatzveranstaltung polizeilich aufgelöst. Nach dem Vorbild der Brüder STRASSER aus der Weimarer Zeit (vgl. NF verfolgt natioZiff. 1) strebt die NF die Errichtung eines Nationalstaates241 auf der nalrevolutionäre Basis einer sozialistischen Volksgemeinschaft25' an, deren SchwerZiele punkte wie folgt umschrieben werden: -- Genossenschaftliche Selbstorganisation der Schaffenden in den Betrieben, -- Verstaatlichung der Schlüsselindustrie und Enteignung des Großkapitals, -- Brechung der Zinsknechtschaft und Stärkung des Bauerntums sowie kleiner und mittelständischer Betriebe. (Aktionsprogramm der NF, Ziff. 1, 2; -.Aufbruch" 11/91, S. 5) Darüber hinaus fordert die NF mit Nachdruck die "Rückführung aller NF agitiert gegen Ausländer in ihre Heimatländer, beginnend bei den Kriminellen, IlleAusländer und galen und Arbeitslosen"26'. Die Ermordung von Juden im Dritten stellt den Holocaust in Frage Reich wird durch die revisionistische These "Macht Schluß mit Schwindel und Heuchelei! Schluß mit den HolocaustVorwürfen!"27' in Frage gestellt. 102 Rechtsextremistische Bestrebungen NF plant den "poGegen Ende des Jahres veröffentlichte die NF den Aufruf eines von litischen Kampf ihr gebildeten "Nationalen Einsatzkommandos" (NEK), das die "Aufauf der Straße" stellung kadermäßig gegliederter hochmobiler Verbände ... für den politischen Kampf auf der Straße" sowie die "Planung und Koordinierung von überraschend durchgeführten zentralen Aktionen" vorbereiten soll. üewattkrlmlMlttät in deutschen Städten: Augen zu und nähr zureden? Rechtsextremistische Bestrebungen 103 3.8 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei -- Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) Die NSDAP-AO verfügt im Bundesgebiet weiterhin über zahlrei"Stützpunkte" der che, meist nur aus Einzelpersonen bestehende "Stützpunkte", NSDAP-AO verdie auch 1991 von der "Auslandszentrale" in Lincoln/Nebraska breiten NS-Propagandamaterial aus (USA) umfangreiches neonazistisches Propagandamaterial den USA bezogen. Diese in den USA straffrei hergestellten Schriften, Aufkleber und Handzettel werden von den deutschen Gesinnungsgenossen bei ihren zahlreichen Schmier-, Klebeund Verteilaktionen verwendet. Der US-Bürger Gary Rex LAUCK (38), der seit Jahren als "Propagandaleiter" der NSDAP-AO auftritt, gibt auch das unregelmäßig erscheinende NSDAP-AO-Organ "NS Kampfruf" heraus. Das Blatt dient in deutschen Neonationalsozialistenkreisen als wichtiges Propagandamittel. Es veröffentlichte u. a. mehrere Artikel KÜHNENS. 1991 standen 72 Gesetzesverletzungen im Zusammenhang mit Aktivitäten der NSDAP-AO. 3.9 "Neonationalsozialistenkreis um Curt MÜLLER" Das Ehepaar Curt und Ursula MÜLLER (vgl. Ziff. 3.6) stellte wie in den Anlaufund Komvergangenen Jahren sein Grundstück in Mainz-Gonsenheim inund munikationsstelle ausländischen Neonationalsozialisten für Treffen und gemeinsame für Neonationalsozialisten Feiern zur Verfügung. Im April fanden eine "Hitler-Geburtstagsfeier", im Juni und im Dezember "Sonnwendfeiern" statt. Diese alljährlichen Veranstaltungen haben für die aus unterschiedlichen Gruppen stammenden Neonazis die Bedeutung eines zentralen Treffens zur gegenseitigen Kommunikation und Selbstdarstellung. 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) Der Vorsitzende der DBI, der ehemalige Rechtsanwalt Manfred ROEDER ROEDER (62), hielt wie in den Vorjahren "Freundestreffen" auf seinem verbreitet neonaAnwesen in Schwarzenborn (Schwalm-Eder-Kreis) ab, zu denen zistische, insbesondere antisemiRechtsextremisten aus dem Inund Ausland anreisten. In den regeltische Parolen mäßig erscheinenden DBI-Publikationen "Deutscher Jahrweiser" und "Deutsche Bügerinitiative e. V.--weltweit" verbreitet ROEDER neonationalsozialistische, insbesondere antisemitische Parolen. So warnt er vor einer "amerikanisch-jüdischen Weltherrschaft, die zu errichten das eigentliche Ziel der Judäo-Angloamerikaner ist und wozu der Golfkrieg letztlich geführt wird". ("Deutsche Bürgerinitiative e.V. -- weltweit" 2/91, S. 2) 104 Rechtsextremistische Bestrebungen Er verherrlicht Leitfiguren der NS-Zeit und diskreditiert Repräsentanten der westlichen Demokratien als "Schlangenund Otterngezücht"28'. Asylsuchenden wird pauschal unterstellt, sie wollten "gar kein Asyl, sondern ... gefüttert werden"291. Der Bundesregierung wirft ROEDER vor, "Asylbetrüger ins Land gepumpt" zu haben30'. Die demokratischen Parteien werden diffamiert: "Der Bonner Parteienstaat ist nicht unser Staat. Die Funktionäre sind internationale wurzellose Gesellen. Ihre Heimat ist die Partei, nicht Deutschland. Sie vertreten nicht das Volk, sondern nur ihre Partei." (DBI-Flugblatt "Die Bonner Parteien haben uns belogen") 3.11 "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) Die Anhängerschaft der 1983 gegründeten DDF besteht überwiegend aus Lesern des von ihrem Vorsitzenden Georg Albert BOSSE (64) herausgegebenen Organs "Recht und Wahrheit". Großen Einfluß auf die DDF-Anhänger übt immer noch der Gründer und Ehrenvorsitzende, der Ex-Generalmajor der Wehrmacht Otto-Ernst REMER (79), aus, der die Flugblattserie "Remer-Depesche" herausgibt. Zitate aus den "Remer-Depeschen": "Über Jahre hinweg krochen Sie (gemeint ist Bundespräsident von Weizsäcker) ganz speziellen Judenlügnern zu Kreuze, was viele anständig gebliebene Deutsche zum Erbrechen brachte... was stören Sie schon Tausende in ihrem eigenen Land von israelischen Besatzern bestialisch abgeschlachtete Palästinenser? Millionen höllisch getöteter Vietnamesen durch Ihr Boehringer-Dioxin störten Sie ja auch nicht." ("Remer-Depesche", 3/91, S. 1 -- zitiert aus einem offenen Brief REMERs an v. Weizsäcker). Im Monat Oktober ist die Zahl der in unser Land eindringenden Asylanten erneut gewaltig gestiegen. In normalen Zeiten wäre die Wehrmacht eingeschritten. ... Die von den Siegern eingesetzten Lizenzpolitiker haben mit den Lizenzmedien eine gemeinsame Front gegen das deutsche Volk gebildet. ... Angeführt werden diese deutschfeindlichen Attacken von Juden-Galinski und Konsorten." ("Remer-Depesche", 4/91, S. 2). DDF leugnet den Die DDF zeigte sich in ihrer Agitation als beredte Verfechterin der Holocaust Leugnung des Holocaust. Es wird eine Revision des Geschichtsbildes gefordert, das die Sieger des Zweiten Weltkrieges einseitig aufgezeigt hätten. "Auschwitz -- Aus für die Gaskammern" "Es gab keine Gaskammern. Es gab keinen Völkermord an Juden" (Remer-Depesche 2/91, S. 1) Rechtsextremistische Bestrebungen 105 Hierzu erläutert REMER: "Ich arbeite derzeit mit Fachleuten an der Erstellung weiterer naturwissenschaftlicher Gutachten wider die Gaskammern. Die Lüge muß kippen. Deutschland muß frei werden. Millionen und Abermillionen Eindringlinge überfluten unser Land und ergreifen von unserer Väter Erde Besitz. Hinnehmen müssen wir den Verlust unseres Landes angeblich wegen Auschwitz. Um uns vor dem Untergang zu retten, müssen wir die Lüge zertrümmern." ("Remer-Depesche" 2/91, S. 4) BOSSE hierzu: "Ich vertrete die Ansicht, daß der uns Deutschen angedichtete 'Holocaust' am jüdischen Volk nicht stattgefunden hat und deshalb eine Propagandalüge ist... Der uns Deutschen immer wieder vorgeworfene 'blutige Antisemitismus' ... ist im Vergleich zu den Judenverfolgungen..., die in den letzten zweihundert Jahren in Osteuropa, besonders in Rußland und Polen, stattgefunden haben, als fast harmlos zu bezeichnen -- die sogenannte 'Reichskristallnacht' miteingeschlossen.("Recht und Wahrheit" 7 + 8/91, S. 16) V. "National-Freiheitliche"/ "Nationaldemokraten " 1. Ideologische Standorte Die ideologisch-politische Ausrichtung der "Nationaldemokratischen Partei Deutschlands" (NPD) und der "nationalfreiheitlichen" Organisationen des Dr. Gerhard FREY (58), allen voran der "Deutschen Volksunion" (DVU), läuft nicht -- wie bei den Neonationalsozialisten -- zwangsläufig auf einen elitären Führerstaat nationalsozialistischer Prägung hinaus. Dennoch stellen die genannten Organisationen -- trotz aller öffentlichen Lippenbekenntnisse zum Grundgesetz -- die freiheitliche demokratische Grundordnung in Frage. "Nationaldemokraten" streben einen Volksstaat mit einer von völNPD und DVU kisch-kollektivistischen Vorstellungen bestimmten "Volksgemeinverfolgen verfasschaft" an, in dem die Interessen des Volksganzen und des Volkswohsungsfeindliche Ziele les Vorrang vor den Freiheitsrechten des einzelnen haben. Auch 1991 waren bei der NPD wiederum zahlreiche Anhaltspunkte für deren verfassungsfeindliche Zielsetzung feststellbar31'. Die "nationalfreiheitlichen" Organisationen haben bislang systematisierte weltanschauliche und ideologische Konzepte nicht erkennen lassen. Die Publikationen ihres Bundesvorsitzenden Dr. FREY greifen regelmäßig Tagesthemen auf und ordnen diese den von ihnen langjährig entwickelten rechtsextremistischen Feindbildern zu. Im Mittelpunkt der Agitation von NPD und DVU stand auch 1991 eine rassistisch gefärbte Anti-Ausländerkampagne, die sich insbesondere gegen Asylbewerber richtete. 106 Rechtsextremistische Bestrebungen ik Nationaldemokratin im Fernsehen 'ii .*SöS Einzelpreis 2.80 DM DEUTSCHE 20.ÖS "^lw*B"* ff 1 STIMME "SS !3S %&PS u Asylbetrug, Ausländerkriminalität, Überfremdung ohne Ende? l\^l t*e' Die NationaldemokrateD (NPD) fordern: ENDLICH EINE INLÄNDERFREUNDLICHE POLITIK! "er"" j mmmwmwm , " ...jung-Unabhängigst . erfunden werden ^ND DEN DEUTSCHEN J g g p FOBHATIOHW-E MUT.*"! S e i f e t " -- !lrts(W i i -- " ^ S J ?- "j ti U ,d e7 ^ n ? D sch an ^^e-ÄÄSr5 Rechtsextremistische Bestrebungen 107 2. Aktivitäten Das 1987 zwischn NPD und DVU geschlossene Wahlbündnis NPD und DVU bestand zwar formal noch bis zur Bundestagswahl 1990. unterstützen sich Das Verhältnis zueinander war jedoch bereits vorher merklich abgebei Wahlen kühlt. Zum Jahresbeginn 1991 näherten sich beide Parteien wieder an. Die NPD unterstützte die DVU wieder bei der Wahl zur bremischen Bürgerschaft am 29. September. Beide Parteien verfolgten damit das Ziel, in Wahlkämpfen alle nationalistischen Kräfte zu bündeln und einer weiteren Zersplitterung des "rechten Lagers", wie sie sich in der Gründung der "Deutschen Liga für Volk und Heimat" (Deutsche Liga) manifestierte, entgegenzuwirken. Dr. FREY versäumte nicht, wiederum auf die führende Rolle der DVU hinzuweisen. Es gehe jetzt darum, diese Partei als heute schon mit weitem Abstand größte rechte Kraft in der vereinigten Bundesrepublik zu stärken32'. NPD und DVU verstärkten ihre Anstrengungen, ihre Organisationen in DVU erzielte Mitden neuen Bundesländern weiter auszubauen. Vor allem die DVU gliedergewinne in konnte deutliche Mitgliedergewinne in Ostdeutschland erzielen. Der den neuen Bundesländern Aufbau verlief dort aber zunächst schleppend. Ursache hierfür ist, daß geeignete Führungspersönlichkeiten und finanzielle Mittel fehlen, Vorbehalte gegenüber westdeutschen Funktionären bestanden und in der Bevölkerung eine Zurückhaltung feststellbar ist, sich nach vierzig Jahren politischer Zwangsorganisierung überhaupt wieder politisch zu betätigen. Beide Parteien befinden sich im Aufwind, was im Falle der DVU durch den aufsehenerregenden Wahlerfolg bei der Bürgerschaftswahl in Bremen, bei der NPD durch die Wahl des neuen Bundesvorsitzenden Günter DECKERT (51) und die Verbesserung der Finanzlage bedingt war. Die Erfolgsbilanz der NPD wird allerdings relativiert durch Mitgliederabwanderungen zur "Deutschen Liga". 3. "Deutsche Volksunion" (DVU) 3.1 Zielsetzung Die faktisch als Sprachrohre der DVU dienenden Wochenzeitungen DVU agitiert Dr. FREYs, die "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und die "Deutsche gegen einzelne Wochen-Zeitung/ Deutscher Anzeiger" (DWZ/DA), gaben ihrer Ausländergruppen rassistisch gefärbten Agitation gegen einzelne Ausländergruppen, insbesondere gegen Sinti und Roma, breiten Raum. Immer mehr Deutsche fragten sich angeblich, warum "viele Zigeuner ihre althergebrachte Bezeichnung meiden wie der Teufel das Weihwasser". Dabei genüge doch ein kurzer Blick in die Gesichter dieser Menschen, um sie unschwer als das zu erkennen, was sie immer waren: Zigeuner!33' 108 ^^^i^f^Bestrebunge . verbrechen trei erfunden Btut ? R T 9 C H n ^ L ^ ^ " * Ewig zahlen &r\ Israel? W i e d e r J u d e n s t a a t a b k a s s i e r t (Saiten 3u."| Btutjd)ttl)ott)tn3eituna Deutscher Anzeiger FOR NATIONALE POLITIK * KULTUR UND WIRTSCHAFT Gefahr durch Ausländer Deutschland an allem schuld? Kriminalität ufert a u s W: WtfflahrtKMfi.Gagaroin MATWHALttmjNG*"WinT^J". Im Verlauf des Golfkrieges verübte "Devrimci Sol" auch Sprengstoffanschläge auf Einrichtungen der USA und deren Verbündeter in der Türkei. In einem Mitte März veröffentlichten deutschsprachigen Flugblatt kritisierte sie heftig die Haltung der Türkei im Golfkrieg und verurteilte den Einsatz alliierter Kampfflugzeuge von türkischen Stützpunkten aus. Der Kampf gegen den Imperialismus im Nahen Osten sei noch nicht beendet. Die USA sollten nicht annehmen, daß mit dem Sieg über den Irak der Krieg vorbei sei; sie würden zur Rechenschaft gezogen, wie die 'Bestrafung' eines amerikanischen Oberstleutnants zeige18'. Ende Februar hatten unbekannte Täter in der Türkei den Offizier bei einem Schußwaffenanschlag schwer verletzt. DAHAGÜCÜJ ^ ATILIMLAR iQIN SENDEACATIL!... Übersetzung des Bildtextes: DEVRIMCI SOL Setze auch Du Dich für noch stärkere Angriffe ein! Am 12. Juli stürmten türkische Sicherheitskräfte einen Stützpunkt der Gewaltaktivitäten "Devrimci Sol" in Istanbul. Dabei wurden zehn Mitglieder der Gruppe der verbotenen getötet und 12 festgenommen. An den folgenden Tagen führten Mit"Devrimci Sol" glieder und Sympathisanten der Organisation in mehreren deutschen Städten -- zum Teil gewaltsame -- Protestaktionen durch. So warfen am 13. Juli etwa 25 Demonstranten Farbbeutel gegen eine Außen- 148 Sicherheitsgefährdende und extremistische KIZILDERE'DE APSILAN TARiyTEjFATSA'DA TA$INAN BAYRAK,YARIN Y t N E DALGALANACAK DEVRIMCI Übersetzung des Bildtextes: Die Flagge, die in KIZILDERE entfaltet wurde, die in TARIS und FATSA getragen wurde, wird morgen wieder wehen stelle des türkischen Generalkonsulats in München und verbrannten Sägemehl auf der Straße. Etwa 50 Personen warfen am 14. Juli Steine und Molotowcocktails auf das türkische Generalkonsulat in Hamburg. Am 15. Juli erfolgte ein Brandanschlag auf eine türkische Bank in Bremen. Auf einem zurückgelassenen Transparent hieß es in türkischer Sprache: "Die Mörder der Revolutionäre werden zur Rechenschaft Bestrebungen von Ausländern 149 gezogen -- Devrimci Sol". Am selben Tag verübten unbekannte Täter einen Brandanschlag auf eine türkische Bank in Hannover. Es entstand erheblicher Sachschaden. Auch diese Tat ist vermutlich Anhängern der "Devrimci Sol" zuzurechnen. Auch die Anhänger der "Türkischen Kommunistischen Partei/MarxiTürkische sten-Leninisten" (TKP/M-L) entfalteten in der Bundesrepublik Linksextremisten Deutschland wieder gewalttätige Aktivitäten. Anhänger der TKP/M-L stören gewaltsam Veranstaltung und der Gruppe "Devrimci Isci" (Revolutionärer Arbeiter) störten am extrem-nationali23. Februar in Duisburg gewaltsam eine Veranstaltung der extremstischer Türken nationalistischen "Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V." (ADÜTDF). Die Demonstranten warfen Steine auf Polizeibeamte; sechs Beamte wurden verletzt. Am 13. August protestierten etwa 15 Personen vor einer türkischen Bank in Berlin gegen Angriffe des türkischen Militärs auf kurdische Stellungen im Nordirak. Die zum Teil vermummten Demonstranten warfen Pflastersteine, Steinplatten und Stützbolzen durch die Fensterfront des Gebäudes, in dem sich mehrere Angestellte und Kunden aufhielten. Die Täter flüchteten und hinterließen eine angebrannte türkische Fahne sowie mehrere Stofftransparente mit der Aufschrift "TKP/M-L". Am 17. August versammelten sich etwa 20 Personen vor dem türkischen Generalkonsulat in Berlin. Die teilweise vermummten Demonstranten warfen Farbbeutel gegen das Gebäude und befestigten ein Spruchband der TKP/M-L. Im Juni bzw. Oktober wurden zwei Angehörige der TKP/M-L wegen Anhänger der Erpressung zu Freiheitsstrafen verurteilt. Sie waren für schuldig TKP/M-L erpresbefunden worden, von türkischen Geschäftsleuten Geld erpreßt zu sen Geld für ihre Organisation haben. Die deutschen Sicherheitsbehörden gehen von einer erheblichen Dunkelziffer vergleichbarer Straftaten aus, da mit hoher Wahrscheinlichkeit viele Geschädigte aus Angst vor Repressalien von Strafanzeigen absehen. Als Basisorganisationen der TKP/M-L in Deutschland gelten die "Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa" (ATIK) und die "Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V." (ATIF). Ein wesentliches Agitationsthema der "Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V." (DIDF) war die Ausländerpolitik der Bundesregierung19'. In einer Sonderausgabe ihrer Schrift "Tatsachen" rief die DIDF im Zusammenhang mit den o. a. exekutiven Maßnahmen am 12. Juli gegen die "Devrimci Sol" in Istanbul dazu auf, die Bundesregierung unter Druck zu setzen, damit diese ihre Hilfe und Unterstützung an die Türkei einstelle201. Das Scheitern des realen Sozialismus in den Ländern des früheren Niedergang der Ostblocks hat den schon seit Jahren festgestellten Niedergang der bislang moskaubislang moskautreuen linksextremistischen türkischen Organisatiotreuen türkischen Organisationen nen weiter beschleunigt. Teilweise sind diese nur noch publizistisch beschleunigt sich aktiv und widmen sich zunehmend sozialpolitischen Themen. 150 Sicherheitsgefährdende und extremistische VET ^. v *r 1412 Hicri Yilbasi BüyükToplantisi'na Bütün müslumanlar davetlidir islam Devleti'ne doeru ileri!.. Kemal izm bir gun ayaklar altinda MUTLAKA EZILECEKTIR!. Islami Cemaatler Birligi Ter! ip Kotnitesi Übersetzung des Bildtextes: Einladung Zu der großen Versammlung anläßlich des Neuen Jahres 141'2 nach der Hedschra werden hiermit alle Mohammedaner eingeladen. Vorwärts in Richtung zum islamischen Staat! Der Kemalismus wird gewiß eines Tages unter den Füßen zertreten! Organisationskomitee des Verbandes der islamischen Gemeinden Bestrebungen von Ausländern 151 3.2.3 Islamische Extremisten Die islamischen türkischen Extremistengruppen bilden den mitgliederstärksten Bereich des Ausländerextremismus. Die beiden größten Organisationen, der "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V, Köln" (ICCB) und die "Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V." (AMGT) verfügen zusammen über etwa 17.000 Mitglieder. Beide Gruppen zielen auf den Sturz des jetzigen türkischen Regierungsund Staatssystems, das durch ein islamisches System ersetzt werden soll. Wenn auch die öffentlichen Aktivitäten gering blieben, so agitierte der Türkische ICCB doch in verschärfter Form gegen Andersdenkende. So verunislamische Extreglimpfte er in seinem Organ "Ummet'i Muhammed" (Die Nation misten agitieren aggressiv gegen Mohammeds) vom 1. Juni den Staat Israel in massiver Form und Israel bezeichnete die Juden als Menschheitsplage, Schmarotzer und rücksichtslose Blutvergießer21'. Anläßlich des islamischen Neujahrsfestes organisierte der Verband am 15. September in Köln eine Großveranstaltung, an der etwa 5.000 Personen teilgenommen haben. Die AMGT veranstaltete am 19. Mai in Köln ihre Jahreshauptversammlung, zu der etwa 15.000 Muslime erschienen. Ehrengast und Redner war, wie in den Vorjahren, Prof. Necmettin ERBAKAN (Türkei), der in der Türkei die fundamentalistische "Wohlfahrtspartei" (RP) führt. Als Sprachrohr der AMGT, die ihre verbalen Attacken erheblich ausweitete, fungiert die türkische Tageszeitung "Milli Gazete" (Nationalzeitung). Im Rahmen einer Artikelserie veröffentlichte das Blatt Anfang Juli einen Aufsatz mit dem Titel "Zionismus und die Grausamkeit der Juden". Darin hieß es, der Zionismus sei gleichbedeutend mit Staatsterrorismus. Der Jude habe keine Gewissensbisse, unschuldige Kinder grausam zu töten und betrachte es als religiöse Pflicht, unschuldigen Palästinensern Nasen und Ohren abzuschneiden und die Augen auszustechen22'. 3.2.4 Extreme Nationalisten Die "Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V." (ADÜTDF) strebt ein "großtürkisches Reich" an. Am 19. Mai veranstaltete sie in Wiehl (Oberbergischer Kreis) ihren Jahreskongreß mit etwa 7.000 Teilnehmern. Ehrengast war Alparslan TÜRKES (Türkei), der die extrem nationalistische türkische "Partei der Nationalistischen Bewegung" (MHP) bis zu ihrer behördlichen Auflösung führte und seit den Oktoberwahlen Abgeordneter des türkischen Parlaments ist. Im Hinblick auf ihre Anhängerstärke entwickelte die ADÜTDF nur geringe Aktivitäten. Versammlungen der ADÜTDF in Deutschland wurden vereinzelt von gewaltsamen Ausschreitungen politischer Gegner begleitet. 152 Sicherheitsgefährdende und extremistische 4. Iraner 4.1 Mitgliederentwicklung in Kernin beeinflußten Insgesamt organiOrganisationen sationen 1991 (1990) 2.450 200 2.650 (3.000) 4.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 4.2.1 Überblick Vor dem Hintergrund großer wirtschaftlicher Probleme ist die iranische Regierung um Staatspräsident RAFSANDJANI weiterhin bemüht, die wirtschaftliche Öffnung zu den westlichen Industriestaaten voranzutreiben. Diese Politik wird von starken Kräften in der herrschenden iranischen Geistlichkeit angegriffen und als Abkehr vom Kurs des verstorbenen Revolutionsführers KHOMEINI gebrandmarkt. Einigkeit herrscht jedoch hinsichtlich der unversöhnlichen Feindschaft zum "großen Satan" USA und dem "Erzfeind aller Muslime" und "zionistischen Usurpator" Israel. Entsprechend lehnt der Iran die Nahost-Friedenskonferenz als "Verrat am Islam" ab. Im iranischen Parlament wurden vereinzelt sogar Stimmen für die Tötung aller Konferenzteilnehmer laut. Regimeanhänger Die zum Teil ungeklärten Begleitumstände von Anschlägen gegen irasetzen gewaltnische Oppositionelle in der ganzen Welt belegen, daß die gewaltsame Verfolgung same Verfolgung von Dissidenten fortdauert. Am 3. bzw. 17. Juli von Oppositionellen in Europa fort waren der italienische und der japanische Übersetzer Salman RUSHDIES "Satanischer Verse" Ziel von Attentaten. Shapour BAKHTIAR, letzter iranischer Ministerpräsident unter dem Schah, wurde am 6. August in Paris erstochen. Die bisherigen Ermittlungen deuten auf eine Urheberschaft iranischer Stellen. 4.2.2 Anhänger der iranischen Regierung Regimetreue Die "Union islamischer Studentenvereine in Europa" (U. I. S. A.) steht U. I. S. A. geprägt nach wie vor als einzige iranische Organisation im Bundesgebiet hinvon Richtungster der islamischen Revolution im Iran. Das Verhalten ihrer Mitglieder kämpfen im Iran war geprägt von den Machtkämpfen innerhalb der iranischen Geistlichkeit. Aus Anlaß des sogenannten Jerusalemtages, der die Muslime an ihre Verpflichtung zur "Befreiung Jerusalems von den Zionisten" erinnern soll, fand am 13. April in Bonn eine Kundgebung mit etwa 1.500 Muslimen unterschiedlicher Nationalitäten statt. Ein großer Teil der Demonstranten kam aus den Reihen der U. I. S. A. Bestrebungen von Ausländern 153 4.2.3 Gegner der iranischen Regierung Die politische Bedeutung der extremistischen iranischen Oppositionsgruppen ist weiter zurückgegangen. Die Opposition mußte erkennen, daß sich das theokratische System etabliert hat und mit einem raschen Machtwechsel nicht zu rechnen ist. Darüber hinaus sind die Oppositionsgruppen stark zersplittert und Iranische Opposiverzetteln sich in endlose Ideologieund Strategiediskussionen. Dies tionsgruppen zergilt nicht zuletzt für die bislang auf den Kommunismus Moskauer Präsplittert und in Strategiediskusgung orientierten Organisationen. Allein der für den Herbst geplante, sionen verzettelt aber dann verschobene Besuch des iranischen Staatspräsidenten RAFSANDJANI in Deutschland schien die hiesige Oppositionsszene mobilisiert zu haben. Die Bemühungen um eine politische Einigung der verschiedenen Gruppen blieben weiterhin erfolglos. Die meisten iranischen Oppositionsgruppen in Deutschland verfolgen revolutionär-marxistische Zielvorstellungen. Größte dieser Gruppierungen ist die "Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e. V." (IMSV), die hier die Interessen der "Organisation der Volksmojahedin Iran" (PMOI) vertritt. Am 21. Juni veranstaltete die IMSV in Bonn eine Kundgebung mit etwa 1.500 Teilnehmern. Die Demonstranten forderten, die Einladung der Bundesregierung an RAFSANDJANI zurückzunehmen. Anhänger der Volksmojahedin waren auch maßgeblich an den teilweise gewalttätigen Protesten anläßlich eines u. a. vom Kulturministerium des Iran veranstalteten "Iranischen Kulturfestivals" vom 11. September bis 13. Oktober in Düsseldorf beteiligt. In einer Presseerklärung bezeichnete die IMSV das Kulturfestival als Verhöhnung der Menschenwürde von Künstlern und der Bevölkerung des Iran. In Wahrheit würden in den iranischen Kulturzentren im Ausland Terrorakte gegen iranische Oppositionelle organisiert23'. Anlässe für Kundgebungen und Flugblattaktionen der verschiedenen Splittergruppen der "Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran (Volksfedayin-Minderheit)" (0. I. P. F. G.) bildeten insbesondere der Golfkrieg und der angekündigte Staatsbesuch RAFSANDJANls. Ansonsten blieben die öffentlichen Aktivitäten eher gering. Die Aktivitäten der im Dachverband "Rat der konstitutionellen MonarAktivitäten chie des Iran in der Bundesrepublik Deutschland" (R. K. M. I.) zusamiranischer Monmengeschlossenen monarchistischen Gruppen gingen weiter archisten lassen weiter nach zurück. Anhänger der Monarchiebewegung machten dafür unter anderem das Fehlen von politischen Impulsen durch den Schahsohn Reza PAHLEWI verantwortlich. Anläßlich der Ermordung Shapour BAKHTIARs demonstrierten am 17. August in Bonn etwa 250 Personen, darunter iranische Monarchisten. Am Rande der Kundgebung wurden Steine gegen das Gebäude der französischen Botschaft geworfen. 154 Sicherheitsgefährdende und extremistische 5. Europäische Gruppen 5.1 Iren/Nordiren Die "Provisional Irish Republican Army" (PIRA), die in den vergangenen Jahren für eine Reihe von Terrorakten im Bundesgebiet und dem benachbarten Ausland verantwortlich zeichnete, hat 1991 erstmals seit der Anschlagsserie 1987-1990 in Deutschland keine Anschläge durchgeführt. In Nordirland hingegen hält die Welle terroristischer Gewalt -- durch die PIRA immer wieder angefacht -- nach dem zeitweiligen Abbruch der Friedensgespräche im Jahr 1991 zwischen den politischen Parteien der Provinz (ohne die Sinn Fein) unvermindert an. Auch auf der britischen Hauptinsel waren erneut schwere Gewaltakte der Terrororganisation zu verzeichnen. So beschossen PIRA-Mitglieder am 7. Februar den Amtssitz des britischen Premierministers in London mit Granaten. Von der PIRA gelegte Sprengsätze explodierten am 18. Februar in zwei Londoner Bahnhöfen; zwei Personen wurden getötet, 38 zum Teil schwer verletzt. Zwei Mitglieder eines Terrorkommandos der Organisation kamen am 15. November in der Nähe von London ums Leben, als eine von ihnen mitgeführte Sprengladung vorzeitig detonierte; Ziel des geplanten Anschlages war offenbar die Konzertveranstaltung einer britischen Militärkapelle. Insgesamt hat die PIRA allein 1991 94 Menschen getötet. Mit weiteren Gewaltakten bzw. Anschlagsvorbereitungen, gerade auch in Deutschland, ist daher im Hinblick auf die nach wie vor ungelöste Konfliktsituation in Nordirland und die Präsenz britischen Militärs im Bundesgebiet zu rechnen. Mutmaßliche Die niederländischen Behörden überstellten am 16. Juli bzw. 7. OktoPIRA-Terroristen ber drei mutmaßliche PIRA-Mitglieder an die deutsche Justiz. Die drei von den NiederIren waren in den Niederlanden aus Mangel an Beweisen von der landen an die Anklage freigesprochen worden, dort einen Schußwaffenanschlag deutsche Justiz überstellt verübt zu haben. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden werfen ihnen die Beteiligung an Attentaten gegen Einrichtungen und Angehörige der britischen Rheinarmee vor. Daneben dauerte der 1989 begonnene Strafprozeß gegen zwei weitere mutmaßliche PIRA-Mitglieder, denen in der Anklage u. a. Beteiligung an Sprengstoffanschlägen vorgeworfen wird, 1991 an. 5.2 Jugoslawen Die mit dem Nationalitätenkonflikt im ehemaligen Jugoslawien verbundenen innenpolitischen Kontroversen eskalierten 1991 zu einem verbissen geführten Bürgerkrieg zwischen Serben und Kroaten, der auf beiden Seiten Tausende Opfer forderte. In Deutschland kam es Bestrebungen von Ausländern 155 Provisional Irish Republican Army Anschläge der PIRA seit 1987 01.09.1989, Münster19.06.1989, Osnabrück 04.05.1990, Hannover Gremmendorf Sprengstoffanschlag 2 Sprengvorrichtungen Schußwaffenanschlag auf britische Kaserne am Unterkunftsgebäude 2 britische Soldaten Personen wurden nicht der Langenhagenverletzt verletzt Barracks Entschärfung 13.07.1988, Duisburg 28.08.1989, Hannover Sprengstoffanschlag Sprengvorrichtung auf britische Kaserne am Pkw eines 8 Personen verletzt britischen Soldaten Entschärfung 05.08.1988, Ratingen 02.07.1989, Hannover Sprengstoffanschlag Sprengstoffanschlag auf britische Kaserne 1 britischer Soldat 4 Personen verletzt getötet/ 5 Personen verletzt 23.03.1987, Mönchen14.06.1990, Hameln gladbach-Rheindahlen Sprengstoffanschlag Sprengstoffanschlag auf Unterkunft eines auf NORTHAGbrit. TruppenübungsHauptquartier platzes 31 Personen verletzt 26.10.1989, Wegberg03.05.1988. Bielefeld Wildenrath Sprengvorrichtung Schußwaffenanschlag am Pkw eines 1 britischer Soldat und britischen Offiziers 1 Kleinkind getötet Entschärfung 07.09.1989, Unna02.06.1990, Dortmund Massen Schußwaffenanschlag Schußwaffenanschlag 1 britischer Offizier 1 deutsche getötet Staatsangehörige getötet Sprengstoffanschlag Schußwaffenanschlag Stand: 31.12.91 156 Sicherheitsgefährdende und extremistische aus Anlaß dieser gewaltsamen Auseinandersetzungen zu zahlreichen Kundgebungen, die aber friedlich verliefen. Die Veranstaltungen richteten sich gegen die "chauvinistische" Politik Serbiens, das gewaltsame Vorgehen der serbisch dominierten jugoslawischen Bundesarmee und die Unterdrückung der Kosovo-Albaner. Eskalation des Unabhängig davon kam es hier jedoch zwischen unterschiedlichen NationalitätenVolkszugehörigen zu Tätlichkeiten und Bedrohungen. Ferner waren konflikts führt zu Sachbeschädigungen und eine zunehmende Zahl von Gewaltandroeinzelnen gewaltsamen Auseinanhungen zu verzeichnen. So verübten mutmaßliche serbische Extredersetzungen im misten am 17. April (Mittwoch) einen Sprengstoffanschlag auf eine Bundesgebiet von Kroaten sonntags genutzte Kirche in München. Es entstand Sachschaden in Höhe von etwa einer Million DM. Im Verlauf einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen etwa 30 Jugoslawen unterschiedlicher Volkszugehörigkeit erlitten am 8. September in Göppingen mehrere Personen Hiebund Stichverletzungen. Ein unbekannter Täter durchschoß in der Nacht zum 3. Oktober eine Fensterscheibe des jugoslawischen Konsulats in Nürnberg. Auf die Wand des Gebäudes sprühte er ein großes "U". Das Symbol steht offenbar für die "Ustascha" (Aufständische), die tragende politische Kraft im "Unabhängigen Staat Kroatien" (1941-1945). Die "Ustascha" entsprach in ihrem Aufbau einer faschistischen Partei. Daneben mehrten sich Hinweise, wonach kroatische Extremisten und deren Sympathisanten sich auch in Deutschland verstärkt um Waffen für den Kampf im Heimatland bemühen. 5.3 Basken Erstmals TerrorSpanische Einrichtungen in Deutschland waren 1991 erstmals von akte spanischAnschlägen baskischer Separatisten betroffen. In der Nacht zum baskischer 11. Juli verübte die Terrorgruppe "Baskenland und Freiheit" (ETA) Separatisten im Bundesgebiet nahezu zeitgleich Sprengstoffanschläge auf die spanischen Generalkonsulate in München und Düsseldorf; bei dem Attentat in München erlitten mehrere Polizeibeamte leichte Verletzungen. Ein dritter, vor einer spanischen Bank in München deponierter Sprengsatz konnte rechtzeitig entschärft werden. Offenbar verspricht sich die Terrorgruppe -- ähnlich wie die PIRA -- von Anschlägen außerhalb des eigentlichen Konfliktgebietes eine erhöhte Publizität ihrer Aktionen. 6. Sonstige Gruppen 6.1 Sikhs Die Welle terroristischer Gewalt im indischen Bundesstaat Punjab reißt nicht ab. Angehörige religiös-extremistischer Sikh-Organisationen verüben dort nach wie vor schwerwiegende Terrorakte, um damit ihrer Forderung nach einem unabhängigen Staat Nachdruck zu ver- 0 06 07.1990, Amsterdam Dublin Anschläge der ETA in den Niederlanden, Italien und der Bundesrepublik Deutschland k "T auf Banco * Bilbao - Vizcaya 11.06.1991. Mailand -> auf das Büro 24101989. Den Has * IBERIA L auf Kfz eines 03.08.1991, Mailand span. Diplomats "-> auf Banco V Exterior de Espana 27.101989, Den Hae ' auf spanische 03.08.1991 "~r (Versuch) auf Handelsvertretu * span. Reisebüro 27.10.1989, Den Ha; 11.06.1991, Bologna " ^ auf Spanische *7 auf spanisches * Botschaft * Kulturzentrum 23.08.199, Livorno 0612.1989, Den Haa *7 auf span. Schiff- ' ^ auf Residenz de * fahrtsgesellschaft span Botschafti 23.08.1991, Florenz *7 auf spanisches W Konsulat 31.12.1991, Hamburg 28.05.1991, Rom " ^ (Versuch) auf Sp. "7 auf spanische Generalkonsulat * Botschaft 11.07.1991, Düsseldorf 35.1991, Rom *T auf Spanisches auf Banco * Generalkonsulat Bilbao - Vizcaya 10.07.1991, München 35.1991, Rom 1 " i (Versuch) auf auf Büro der A Banco Exterior IBERIA 11 071991, München (6.1991, Rom A T L auf Spanisches (Versuch) auf ehern k * Generalkonsulat span. Reisebüro 07.1991, Rom auf span. Reisebus 5t r : :: :: - 1 7 )8,1991, Rom auf spanisches Kulturinstitut T* I 158 Sicherheitsgefährdende und extremistische leihen. Obwohl die indischen Sicherheitsbehörden zum Teil massiv gegen solche Bestrebungen vorgehen, gelingt es nicht, den Terrorismus einer kleinen Minderheit innerhalb der Bevölkerungsgruppe der Sikhs einzudämmen. Sikh-Funktionär Angehörige gewalttätiger Sikh-Gruppen sind auch in Deutschland Opfer eines aktiv. Bereits 1989 wurden zwei mutmaßliche Sikh-Extremisten Opfer Schußwaffenvon Mordanschlägen, die wahrscheinlich von Anhängern rivalisierenanschlags einer rivalisierenden der Gruppierungen verübt worden waren. Am 12. Mai feuerten unbeGruppierung kannte Täter in Frankfurt/M. mehrmals auf einen Funktionär einer extremistischen Sikh-Organisation, als dieser gerade den dortigen Sikh-Tempel verließ. Das Opfer erlag wenige Tage später seinen schweren Schußverletzungen. Ein aus vier Personen bestehendes Sikh-Terrorkommando versuchte am 20. August in Bukarest den indischen Botschafter in Rumänien zu erschießen. An den Vorbereitungen zu dem Attentat waren neben Sikh-Extremisten aus Großbritannien und der Schweiz wahrscheinlich auch solche aus Deutschland beteiligt. 6.2 Tamilen Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen (singhalesischen) Regierungstruppen und Einheiten der "Liberation Tigers of Tamil Eelam" (LTTE) im Norden Sri Lankas dauerten auch 1991 an. Die LTTE kämpft für einen unabhängigen, sozialistisch ausgerichteten Staat "Tamil Eelam". Zur Erreichung dieses Zieles schreckt die Organisation auch vor Terrorakten nicht zurück. So wurde am 2. März in Colombo der srilankische Verteidigungsminister Opfer eines Sprengstoffanschlages mutmaßlicher LTTE-Aktivisten. LTTE sammelt Anhänger der LTTE in Deutschland unterstützen den bewaffneten Spenden für miliKampf der LTTE propagandistisch und durch intensives Sammeln von tärischen Kampf Spenden. Am 6. Juli zogen etwa 1.800 Tamilen durch die Bonner im Heimatland Innenstadt zum Bundesministerium des Innern. Die Demonstration richtete sich gegen das neue deutsche Ausländerrecht und Maßnahmen der Regierung Sri Lankas; die Kundgebungsteilnehmer zeigten Transparente mit Parolen wie "In Sri Lanka leben zwei Nationen". Als Veranstalter fungierte die "World Tamil Movement" (WTM), die als Tarnorganisation der LTTE gilt. Bestrebungen von Ausländern 159 III. Erläuterungen und Dokumentation 1. Die Erkenntnislage in den sie nur als eine Gewalttat in der neuen Bundesländern ist noch Rubrik Körperverletzungen. sehr bruchstückhaft. Sind im Verlauf einer Aktion 2. Darunter werden hier solche mehrere der in den Rubriken Organisationen der im Bundesgenannten Gesetzesverletzungebiet lebenden Ausländer vergen (z. B. Körperverletzung standen, deren Bestrebungen und gleichzeitig Sachbeschädisich im Sinne von SS 3 Abs. 1 des gung) eingetreten, so wurde Gesetzes über die Zusammendie Aktion nur in der Rubrik des arbeit des Bundes und der Länschwerer wiegenden Verstoder in Angelegenheiten des ßes gezählt. Verfassungsschutzes und über 7. Terrorakte sind Anschläge, das das Bundesamt für Verfasheißt schwerwiegende Straftasungsschutz (Bundesverfasten, wie sie insbesondere in sungsschutzgesetz) gegen die SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzfreiheitliche demokratische buches genannt sind (vor Grundordnung oder --aus poliallem: Mord, Totschlag, tischen Motiven -- gegen die erpresserischer MenschenSicherheit des Bundes oder raub, Brandstiftung, Herbeifüheines Landes richten oder die rung einer Explosion durch durch Anwendung von Gewalt Sprengstoff) und andere oder darauf gerichtete VorbeGewalttaten, die der Vorbereireitungshandlungen auswärtung solcher Straftaten dienen, tige Belange der Bundesrepusofern diese Taten gezielt im blik Deutschland gefährden. Rahmen eines nachhaltig 3. Z. B.: Armenier, Äthiopier, Chilegeführten Kampfes für politinen, Inder, Iraker, Völker des sche Ziele begangen werden. ehemaligen Jugoslawien, LibaNicht hierunter fallen nesen, Libyer, Spanier, Tamilen Anschläge, die spontan, etwa und Organisationen mit natioaus gewalttätig verlaufenden nal gemischter Mitgliedschaft. Demonstrationsveranstaltungen 4. Extrem-nationalistische Grupheraus, durchgeführt werden. pen sind Vereinigungen, die 8. In der Zahl für 1991 ist ein Fall nationalistische Ziele in aktiv enthalten, bei dem es sich um kämpferischer, aggressiver ein "Demonstrationsereignis" Haltung verfolgen. im Zusammenhang mit einer 5. Islamisch-extremistische GrupKundgebung extremistischer pen sind Vereinigungen, die ein Türken handelt. islamisch fundamentalistisches 9. Sonstige Gesetzesverletzungen theokratisches Staatswesen in diesem Sinne sind Verstöße erzwingen wollen. gegen Strafund Bußgeldvor6. Die Übersicht enthält ausgeschriften in erkennbarem Zuführte bzw. versuchte oder vorsammenhang mit politisch-exbereitete Aktionen. Die Gewalttremistischer Tätigkeit (z. B. androhungen sind gesondert Verstöße gegen das Versammaufgeführt. Jede gewaltsame lungsgesetz, HausfriedensAktion und sonstige Gesetzesbruch, Sachbeschädigungen verletzung ist nur einmal u. ä.). Anders als bei der "Poligezählt. Sind zum Beispiel wähzeilichen Kriminalstatistik -- rend einer Demonstration Staatsschutzdelikte" (PKS-S) mehrere Körperverletzungen beziehen sich die Zahlenangabegangen worden, erscheinen ben -- ungeachtet des Zeit- 160 Sicherheitsgefährdende und extremistische Punktes der Einleitung und des lung wäre ein Hinweis an die Standes der ErmittlungsverfahTürkei und andere interessierte ren -- auf den Tatzeitpunkt im Mächte, daß die BRD den Kalenderjahr. nationalen Befreiungskampf 10. Die Zahlenangaben beruhen der Kurden in der Türkei nunauf Schätzungen. Veränderunmehr anerkennt und sich dagegen der Mitgliederzahlen gegen stellt, daß die Türkei den genüber dem Vorjahr können Krieg zum Vorgehen gegen die auch auf neuere Erkenntnisse Kurden nutzt, daß auch die BRD zurückzuführen sein, bedeuten insbesondere nicht bereit ist, daher nicht immer einen tatdie Türkei dabei zu unterstütsächlichen Mitgliederzuwachs zen, beispielsweise mit dem bzw. -verlust. Einsatz des zur Zeit in Erhac sta11. Flugblatt mit der Überschrift tionierten Alpha-Jets, bekannt"Solidarität mit dem Volksauflich einem Flugzeugtyp mit stand in Palästina! Sieg der Intikurzer Reichweite und zum fada! Aktionstage gegen den unterstützenden Einsatz in Deutsch-Israelischen StädteKämpfen von Bodentruppartnerschaftskongreß in Wuppen..." pertal vom 10.-12. Juni 1991" 13. Flugschrift der ERNK vom 1. (ohne Angabe der presserechtApril 1991 mit der Überschrift lich Verantwortlichen): "Solidarität mit dem Aufstand in "... Boykottiert die Politik des Kurdistan, Frieden für den mittStaates Israel auf allen Ebenen: leren Osten!":"... Wir erklären, -- Kauft keine israelischen daß es im Nahen Osten keinen Waren, Gemüse und Früchte Frieden geben kann, ohne eine -- Macht keinen Urlaub in Israel gerechte Lösung des kurdi-- Arbeitet nicht in Kubbuzim. schen Problems. Und diese denn die dadurch freigestellLösung kann auch keine 'Nahten Israelis werden als Soldaostfriedenskonferenz' sichern, ten in die besetzten Gebiete die den Völkern der Region geschickt irgendwelche Befriedigungs-- Gebt nicht euer Geld für projekte von außen aufzwingen eine menschenverachtende will. Eine gerechte Lösung im Politik Sinne der Interessen der Völker Stop der Siedlungspolitik -- der Region können nur die VölSchluß mit der Besatzung. Der ker der Region selber herbeiAufstand geht weiter bis zum führen. Aus diesem Grunde ist Ende der Besatzung. Kommt eine dringende Aufgabe der zahlreich zu den angekündigten Friedenssicherung und GerechVeranstaltungen und zur tigkeit, den Aufstand des kurdiDemonstration." schen Volkes in allen Teilen mit allen Mitteln zu unterstützen! 12. "Kurdistan-Rundbrief Extra", Solidarität mit dem Aufstand in Nr. 1 vom 30. Januar 1991, unter Kurdistan heißt Frieden für den der Überschrift "Celle: EinstelNahen Osten!" lungsantrag im Kurdenprozeß": "... Die Einstellung dieses Ver14. Flugblatt der ERNK vom fahrens auf diesem Hintergrund 7. November 1991 mit der des Krieges im Nahen Osten Überschrift "Erheben wir wäre ein Eintreten gegen den unsere Stimme, um dem neuen Krieg, ein Eintreten für Frieden, vom türkischen Staat in den ein Eintreten für den Schutz des Gefängnissen vorbereiteten am meisten unterdrückten und Massaker Einhalt zu gebieten!": am stärksten betroffenen Vol"... Und der Generalstabschef kes der dortigen Region, des Dogan Güres droht ... damit, kurdischen Volkes. Die Einsteldaß diese Massaker Massen- Bestrebungen von Ausländern 161 umfang annehmen werden. Die deur der Gendarmerie in der Kolonialisten haben sich ohneStadt Siirt, Brigadegeneral hin schon auf diesen Weg Temel CINGÖZ, wurden im begeben. Auf unser Volk in Rahmen unserer Kampagne Südkurdistan (Nordirak) wer'Schluß mit der Besatzung Kurden Napalmbomben abgewordistans, Kurdistan gehört dem fen, unzählige Zivilisten ermorkurdischen Volk' bestraft, weil det ... Der Faschismus der sie beide als Armee der AntiTürkei ist also gerade dabei, seiGuerilla in Kurdistan für unzähnen Plan eines neuen und großlige Verbrechen verantwortlich angelegten Massakers in sind. Mit dieser Bestrafung ... den Gefängnissen durchzuwill unsere Organisation noch führen..." einmal ein Zeichen dafür set15. "Kurdistan-Rundbrief" Nr. 14 zen, daß der Freiheitsund vom 4. Juli 1991 unter der ÜberUnabhängigkeitskampf des schrift "Kurdistan wird zum kurdischen Volkes unter allen Grab des Imperialismus werUmständen fortgesetzt wird... den"". .. Die USA benutzen ihre Alle, die das kurdische Volk Taktik, das Feuer mit der Zange unterdrücken, der Grausamkeit zu halten, indem sie die DPK/ unterwerfen, foltern und diskriIrak dem nationalen Befreiminieren, werden weiterhin ungskampf Kurdistans aufunser Ziel sein..." drückten. Heute ist die Realität, 18. Devrimci Sol Nachrichten-Buldaß die DPK/Irak in Südkurdiletin, Nr. 3 vom 1. März 1991, stan mit den Militärkräften der unter der Überschrift "Unser USA und dem Tagesbefehl der Territorium ist kein Stützpunkt USA agierte, klar erkennbar, für imperialistische Mörder": heute ist die DPK/Irak zu einer "Durch die von den StützpunkKraft geworden, die als Denunten Incirlik, Erhac und Batman in ziantenund Eingreiftruppe bei der Türkei gestarteten Flugder Erkundung und den Angrifzeuge der NATO und der USA fen auf Lager der ARGK-Guerilla wurden Tausende von Menvon den USund anderen schen im Irak getötet und die imperialistischen Militärkräften, Wirtschaft, die Kultur und die denen die Geographie KurdiReichtümer des Irak zerstört... stansfremd ist, benutzt wird..." Dieses Massaker... werden wir 16. Flugblatt der ERNK vom 11, Juli nie vergessen ... Die USA soll 1991:"... Laßt uns den revolunicht glauben, daß der Krieg zu tionären Widerstandskampf Ende ist. Der Krieg wird von den gegen den Sonderkrieg verstärVölkern im Nahen Osten noch ken! ... Laßt uns die Verbreheftiger fortgesetzt und sie werchen der Todestruppen' und den ihre Regierungen stürzen der Konterguerilla verfluchen ... Auch dafür, daß die Türkei und den Feind in seinem und Kurdistan Stützpunkte der eigenen Blut ertränken!" Imperialisten für die Massakrierung der Völker geworden sind, 17. Devrimci Sol Nachrichten-Bulwerden wir sie zur Rechenletin, Nr. 25 vom 24. Mai 1991, schaft ziehen! Zu diesem unter der Überschrift "Wir Zweck wurde der in Izmir haben zwei Kontraguerillas, die dienstleistende Oberleutnant Feinde des kurdischen Volkes Alvin Macke von unserer Orgawaren, bestraft!":"... Der komnisation bestraft -- Bewaffnete mandierende General des Revolutionäre Einheiten der Armeekorps für Ruhe und Devrimci-Sol.". Sicherheit im Ausnahmezustandsgebiet, Ismail SELEN, 19. Zeitschrift "Tatsachen", Nr. 8 und der Regimentskommanvom Sept./Okt. 1991, herausge- 162 Sicherheitsgefährdende und extremistische geben von der DIDF, unter der Nation Muhammeds) vom 1. Überschrift "Neonazis in Juni 1991 unter der Überschrift Deutschland. Auf welcher "Die Plage der Menschheit -- Grundlage organisieren sich die Die unruhestiftenden Juden": Faschisten? Wo nehmen sie "... Die Juden sind nicht nur der ihre Kraft und Unterstützung Unruheherd der gegenwärtiher?":"... Andererseits werden gen Welt, sondern sie waren die Brandanschläge auf auslänwährend der ganzen Gedische Geschäfte, Zusammenschichte die Plage der Menschschlagen und Erniedrigung von heit... Der Jude ist auch der Ausländer/innen auf offener Feind der Menschheit. Außer Straße von öffentlichen Diskrisich akzeptiert der Jude die Eximinierungen, Drohungen und stenz anderer Völker nicht... Er Ausweisungen tagtäglich besieht sich als der Herr und sie gleitet. ... Wie ist diese Ent(die anderen Menschen) als wicklung zu erklären? Woher Sklaven, als seine Lasttiere. ... nehmen die faschistischen ParSein Ziel besteht darin, einen teien den Mut und die Unterjüdischen Weltstaat zu grünstützung für ihre Überfälle? Auf den, den Zionismus zu verwirkwelcher Grundlage betreibt der lichen und das Blut der Mendeutsche Staat seine rassistischen wie ein Schmarotzer zu sche Ausländerund Asylpolisaugen... auf den Kriegsfeltik, ohne starke Proteste dagedern wird das Blut wie wildströgen hinnehmen zu müssen?... mendes Wasser vergossen, Und auch heute steckt der ohne dabei zwischen Frauen deutsche Staat in großen und Kindern zu unterscheiSchwierigkeiten. In einer Zeit, in den..." der die 'Großdeutschland'Träume sein Tun bestimmen 22. "Milli Gazete" vom 6./7. Juli wie noch nie ..." 1991 unter der Überschrift "Zionismus und die Grausamkeit 20. Zeitschrift "Tatsachen", Sonder Juden":"... Der Jude empderausgabe vom Juli 1991, herfindet große Erleichterung und ausgegeben von der DIDF, Freude über die Erfüllung der unter der Überschrift "HinrichErfordernisse des jüdischen tungen ohne Todesurteile":"... Gesetzes, so wie er keine Man hatte bei dieser Aktion Gewissensbisse empfand, als nicht die Absicht verfolgt, diese er in Palästina unschuldige KinMenschen festzunehmen. Die der grausam tötete, ihre Arme Absicht war ihre Erschießung und Beine durch Folter brachen ... Wir rufen die demokratische und die unschuldigen Kinder, Öffentlichkeit in Deutschland Frauen und Alten in Shatila im auf, sich gegen diese Morde Libanon und in den Flüchtlingseinzusetzen. Protestieren Sie lagern durch Raketen und Bomgegen die Verfolgung, Foltebardierungen aus der Luft verrung und Ermordung von nichteten. Er ist der ÜberzeuOppositionellen in der Türkei gung, daß er die religiöse Pflicht und Türkei-Kurdistan beim türerfüllt, wenn er die Nasen, kischen Staat! Setzen Sie die Ohren und Augen unschuldiger Bundesregierung unter Druck, Palästinenser abschneidet und damit sie ihre Hilfe an die Türkei aussticht und zerteilt. Zionisund die Unterstützung dieses mus ist --in gewisser HinsichtUnterdrückungssystems einStaatsterrorismus. ..." stellt! Helfen Sie mit, weitere 23. Presseerklärung der IMSV vom Morde an unschuldigen Men12. September 1991 mit der schen zu verhindern!" Überschrift "'Kulturfestival' der 21. "Ümmet'i Muhammed" (Die Mullahs. Die Folterer des Kho- Bestrebungen von Ausländern 163 meini-Regimes wurden in Düsseldorf zu 'Kunstliebhabern'": "... Die Bevölkerung und die Künstler des Iran betrachten das von diesem kulturfeindlichen Regime veranstaltete Festival als Farce und als Verhöhnung ihrer Menschenwürde, und so kam es auch gestern anläßlich der Eröffnungsveranstaltung in Düsseldorf zu heftigen Protesten von aufgebrachten Iranern, und der kriminelle Mullah Khatami und seine Kollegen fanden sich in einem Hagel von faulen Eiern wieder. Die gestrigen Proteste der Iraner in Düsseldorf zeigten erneut, wie sehr die iranische Bevölkerung das MullahRegime und seine Führer verabscheut, Khatami, der dieses 'Kulturfestival' eröffnete, ist zuständig für die sog. iranischen 'Kulturzentren' des Mullah-Regimes im Ausland, wo in Wahrheit die Terrorakte gegen iranische Oppositionelle und Staatsangehörige anderer Länder organisiert werden..." 164 Sicherheitsgefährdende und extremistische IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen -- einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1991 (1990) 1. Araber 2.950 (3.100) Volksfront für die Befreiung Al Hadaf (Das Ziel) Palästinas (PFLP) -- wöchentlich -- -- Bochum -- Democratic Palestine -- zweimonatlich -- Hizb Allah Al-Ahd (Die (Partei Gottes) Verpflichtung) -- wöchentlich -- 2. Kurden 4.750 (3.450) Arbeiterpartei Berxwedan (Widerstand) Kurdistans (PKK) -- vierzehntäglich -- Serxwebun (Unabhängigkeit) -- monatlich -- Kurdistan Rundbrief -- vierzehntäglich -- Kurdistan Report -- monatlich -- Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (FEYKA-Kurdistan) Nationale Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) 3. Türken (ohne Kurden) 29.550 (30.100) 3.1 Linksextremisten 5.650 (6.740) Devrimci Sol (Revolutionäre Linke) Bestrebungen von Ausländern 165 Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz -- (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1991 (1990) Türkische KommuPartizan nistische Partei/ - unregelmäßig - Marxisten-Leninisten (TKP/M-L) Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V. (AUF) -- Duisburg - Devrimci Isci Devrimci Isci (Revolutionärer (Revolutionärer Arbeiter) Arbeiter) -- unregelmäßig -- -- Hannover -- Türkei Information -- zweimonatlich -- Föderation der Tatsachen demokratischen -- unregelmäßig Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V. (DIDF) Föderation der ImmiBülten grantenvereine aus der (Bulletin) Türkei e. V. (GDF) -- halbjährlich 3.2 Islamische Extremisten 17.200 (16.730) Verband der Ümmet'i Muhammed islamischen Vereine und (Die Nation Mohammeds) Gemeinden e. V, Köln -- fünfzehntäglich -- (ICCB) - Köln - Vereinigung der neuen Milli Gazete Weltsicht in Europa (Nationalzeitung) e. V (AMGT) -- täglich -- - Köln - 166 Sicherheitsgefährdende und extremistische Organisation Mitglieder Publikationen -- einschl. Sitz * (z. f. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1991 (1990) 3.3 Extreme Nationalisten 6.700 (6.630) Föderation der türkischdemokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. (ADÜTDF) -- Frankfurt/M. -- 4. Iraner 2.650 (3.000) 4.1 Anhänger der iranischen Regierung Union islamischer 400 (400) Ghods (Jerusalem) Studentenvereine -- unregelmäßig/ in Europa deutsch -- (U. I. S. A.) 4.2 Gegner der iranischen Regierung Iranische Mosle800 (700) Freiheit für Iran mische Studenten-- unregelmäßig -- vereinigung BundesNashriyeh'e republik DeutschEttehadieyeh'e land e. V. (IMSV) Anjomanha'ye - Köln - Daneshjuyan'e Mosalman Kharej'e Kheswar (Veröffentlichung der Union der Moslemischen Studentenvereine im Ausland) -- unregelmäßig -- Najmu'e Khabari az Iran (Nachrichtenspiegel aus dem Iran) -- unregelmäßig/deutsch Organisation der 200 (200) Iran im Kampf iranischen Studenten -- unregelmäßig -- in der Bundesrepublik Iran Rundschau Deutschland, -- unregelmäßig -- Sympathisanten Resistance der Volksfedayin-- unregelmäßig/deutsch - Minderheit) GUJA (0. I. P. F. G.) -- unregelmäßig/persisch Bestrebungen von Ausländern 167 Organisation Mitglieder Publikationen - einschl. Sitz - (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise) 1991 (1990) Organisation 100 (100) Kar (Arbeit) iranischer Studenten, -- unregelmäßig -- Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin des Iran (Mehrheit) Rat der konstitu900 (1.000) Iran Forum tionellen Monarchie -- unregelmäßig -- des Iran in der Bundesrepublik Deutschland (R. K. M. I.) - Frankfurt/M. - ) l] [l] ] lliji "^M w^k abwehr 170 Spionageabwehr 1. Das Jahr 1991 -- Spionage im politischen Wandel Einer neuen politiEuropa befindet sich im Umbruch. Auf der politischen Landkarte schen Lage... Europas zeichnen sich neue Konturen ab. Das Ausmaß der Veränderungen in den Staaten des ehemaligen Ostblocks kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Zu sehr befinden sich die unterschiedlichen Demokratisierungsund politischen Neuorientierungsprozesse noch im Fluß. Sicher ist jedoch, daß sich mit den politischen Verhältnissen auch der Umgang der Staaten untereinander wandelt und dies erhebliche Auswirkungen auf die nachrichtendienstliche Bedrohungslage und die erforderliche Abwehrarbeit haben wird. Wie der politische und gesellschaftliche Wandel insgesamt, so dauert auch die Umstrukturierung derfrüherals Hauptgegnerzu betrachtenden ostund südosteuropäischen Nachrichtendienste derzeit noch an. Die Auslandsaufklärung, also die Spionage, wird dabei -- anders ... folgen neue als die innere Repression der früheren Staatssicherheitsdienste -- Nachrichtenweiterhin als ein für jeden Staat notwendiges Mittel der Politik angedienste ... sehen und nicht in Frage gestellt. Erkennbar ist jedoch die Tendenz, die Auslandsaufklärung nicht mehr an ideologischen, klassenkämpferischen Maximen einer Partei auszurichten, sondern nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen. ... mit geänderten Darüber hinaus dürfte sich die Arbeitsweise eines großen Teils der die Methoden Bundesrepublik Deutschland aufklärenden Dienste angesichts der politisch gewünschten Annäherung mit dem Endziel einer Integration in das "europäische Haus" künftig verstärkt an den Notwendigkeiten politischer Rücksichtnahme ausrichten. Aggressives Vorgehen wird vorsichtigem Agieren weichen. Diese Entwicklung ist bei den ehemaligen "Satellitendiensten" seit mehr als zwei Jahren zu beobachten. Sie läßt sich auch für die künftigen Dienste auf dem Boden der ehemaligen Sowjetunion prognostizieren. Daß es dort weiterhin Aufklärungsdienste geben wird, steht außer Zweifel: Noch inden Weihnachtstagen des Jahres 1991 hat der russische Präsident Boris JELZIN den Mitarbeitern seines neuen russischen Aufklärungsdienstes versichert, daß die geheimdienstliche Spionage auch in Zukunft unverzichtbar sei. Spionage gehört also keineswegs der Vergangenheit an. 2. Nachrichtendienste der ehemaligen Sowjetunion 2.1 Turbulenzen bei den sowjetischen Nachrichtendiensten -- das Ende des KGB Der Zerfall der Das unionsübergreifende KGB, der einst mächtigste StaatssicherUdSSR heitsapparat und die größte Geheimdienstorganisation der Welt hat Spionageabwehr 171 das Jahr 1991 nicht überlebt. Zu Jahresbeginn, als die KPdSU bereits Versuche, von Auflösungserscheinungen gezeichnet war und die allgemeine das KGB zu krisenhafte Entwicklung auch an der Roten Armee nicht vorüberging, reformieren schien das KGB fast die einzige Institution zu sein, die noch intakt war. Der von GORBATSCHOW eingesetzte KGB-Vorsitzende KRJUTSCHKOW hatte bereits große Anstrengungen unternommen, den Dienst -- medienwirksam öffentlich legitimiert und "kosmetisch erneuert" -- in die Zukunft nach der Perestroika hinüberzuretten: So war etwa die berüchtigte 5. Verwaltung der 2. Hauptverwaltung des KGB (zuständig u. a. für die Unterdrückung der innerstaatlichen Opposition; "Dissidenten") "aufgelöst" worden. Sie tauchte jedoch als vermeintlich reformierte "Verwaltung für Verfassungsschutz" mit dem faktisch gleichen Aufgabenbereich wieder auf. Zudem sollte die Tätigkeit des KGB zum ersten Mal auf eine rechtliche, parlamentarisch legitimierte Grundlage gestellt, seine Aufgaben und Befugnisse sollten in einem Gesetz genau definiert werden. Bislang waren die Aufgaben der im Jahr 1917 unter LENIN gegründeten "Tscheka" und ihrer Nachfolgeorganisationen -- seit 1954 das KGB -- weit über die klassische Spionage hinausgegangen: Die Geheimpolizei hatte den "Feind" im Inund Ausland auch mittels verdeckter Einflußnahme, Desinformation und Subversion bis hin zum Terror bekämpft. Das im März 1991 verabschiedete und veröffentlichte KGB-Gesetz sollte der Öffentlichkeit den Eindruck vermitteln, das KGB habe sich endgültig von seiner düsteren Vergangenheit gelöst. Tatsächlich wurden dem KGB aber auch in jenem Gesetz weitreichende Vollmachten eingeräumt, sein Aufgabenbereich wurde teilweise sogar noch erweitert. Geändert hatte sich lediglich, daß das "Organ" fortan nicht mehr den Weisungen der KPdSU unterlag, als dessen "Schild und Schwert" es bislang fungiert hatte, sondern dem Parlament und dem Präsidenten der UdSSR verantwortlich sein sollte. Boris JELZIN begann sofort nach seiner Wahl zum russischen Parlamentspräsidenten im Mai 1991 damit, in Rußland einen eigenen Sicherheitsdienst aufzubauen, um ein Gegengewicht zum zentralen KGB zu schaffen*. Nach dem gescheiterten Putschversuch vom 19. August, an dem fühDer Putschrende Persönlichkeiten des KGB wie der bis dahin amtierende KGBversuch Chef KRJUTSCHKOW maßgeblich beteiligt waren, versuchte GORBATSCHOW, den drohenden und unkontrollierten Zerfall des KGB aufzuhalten, indem er den Leiter der Auslandsaufklärung, Leonid SCHEBARSCHIN, zum Vorsitzenden des KGB ernannte. Gleichzeitig verkündete er die Einsetzung einer Untersuchungskommission. Der neue KGB-Chef SCHEBARSCHIN war erst einen Tag im Amt, als e r - auf Druck JELZINS -- bereits wieder abgelöst und durch den früheren sowjetischen Innenminister und Reformer Wadim BAKATIN ersetzt * in Rußland, dem Sitz der KGB-Zentrale. gab es, anders als in den übrigen Sowjetrepubliken, keine separate Republiks-KGB-Organisation (UKGB). 172 Spionageabwehr wurde. Dieser betonte gleich nach Amtsantritt das Recht eines jeden Staates auf einen eigenen Geheimdienst und forderte die für die Auslandsspionage zuständige 1. Hauptverwaltung (1. HV) des KGB auf, "weiter wie gewohnt" zu arbeiten. Er erklärte: "Spionage gibt es in allen Staaten. Wie werden kaum die Zeit erleben, in der Spionage nicht mehr existiert. Es wird in der gesamten Welt spioniert. Ich bin davon überzeugt, daß auch wir bei dieser Arbeit nicht zurückstehen sollten." (TASS vom 17. 9. 1991) Am 1. Oktober wurde der GORBATSCHOW-Vertraute Jewgeni PRIMAKOW zum Chef der Auslandsspionage des KGB ernannt. Bereits bei der Amtsübernahme erklärte er, daß er als Leiter der 1. KGB-Hauptverwaltung anstrebe, günstige Bedingungen für die Entwicklung des technologisch-wissenschaftlichen Fortschritts sicherzustellen. Die Abteilung Auslandsaufklärung solle soweit wie möglich demokratisiert und entideologisiert werden. Eine mögliche Abspaltung der Abteilung vom KGB kommentierte er damals nicht. Aufspaltung Aber noch im Oktober verfügte der sowjetische Staatsrat die Auflödes KGB sung des KGB und ordnete seine Aufspaltung in drei voneinander unabhängige Dienste an. Künftig sollte es einen -- zentralen Geheimdienst (Auslandsaufklärung, ehem. 1. HV des KGB), Leitung: Jewgeni PRIMAKOW, einen -- interrepublikanischen Sicherheitsdienst (Inlandsaufklärung, ehem. 2. HV des KGB), Leitung: Wadim BAKATlN, sowie ein -- Komitee zum Schutz der Staatsgrenzen der UdSSR (ehem. Grenztruppen des KGB), Leitung: llja KALINITSCHENKO, geben. Mit diesem Beschluß waren die Einheit des KGB und seine Monopolstellung im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit der Sowjetunion alter Prägung beendet. Neue NachrichDer weitere Zerfall der Sowjetunion in unabhängige Republiken und tendienste der die Spaltung des KGB in regionale Dienste waren nicht mehr aufzuzerfallenden halten. Die Republiken wollten die Sicherheitsdienststellen auf ihrem Sowjetunion Territorium, einschließlich der dort beschäftigten erfahrenen Mitarbeiter, unter ihren Befehl nehmen. Am weitesten schritt hierbei die Föderative Republik Rußland voran. Etwa Mitte Oktober wurde verkündet, daß mehr als die Hälfte der bislang der Zentrale in Moskau unterstellten KGB-Mitarbeiter vom neugegründeten Nachrichtendienst der Russischen Föderation übernommen würden. Es gelte das Spionageabwehr 173 Motto: "Nicht Auflösung, sondern Reform und Dezentralisierung". Ende November unterschrieb JELZIN einen Erlaß über die Hauptaufgaben des russischen Sicherheitsdienstes, der unter der Leitung von Generalmajor Viktor IWANIENKO als "Agentur für föderale Sicherheit" (AFB) firmierte. Demzufolge sollte sich der russische Geheimdienst künftig mit Aufklärung, Spionageabwehr, der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, der Korruption und des Terrorismus beschäftigen. Zur Möglichkeit der Schaffung russischer Aufklärungsstrukturen erklärte IWANIENKO, das hänge davon ab, wie sich die Beziehungen zu den Nachbarstaaten weiter entwickelten und inwiefern deren Nachrichtendienste eine Bedrohung für die Russische Föderation darstellten. Neben Rußland, das sich am 25. Dezember 1991 in Russische Föderation umbenannte, haben bis zur Jahreswende 1991/92 die Republiken Georgien, Moldau, Armenien, Usbekistan, Weißrußland und die Ukraine damit begonnen, eigene Sicherheitsorgane zu schaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten alle Republiken der Sowjetunion ihre Staatsbezeichnung geändert und sich außer der Russischen Föderation für unabhängig erklärt. Mit der Bildung der "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS) Die neue zum Jahresende 1991 hörte die UdSSR endgültig auf zu existieren. "Gemeinschaft Die Russische Föderation setzt die ehemalige Sowjetunion fort. Folunabhängiger Staaten" gerichtig bestimmte Präsident JELZIN am 26. Dezember per Erlaß den Leiter des bisher zentralen Aufklärungsdienstes der UdSSR, Jewgeni PRIMAKOW, zum Direktor des Auslandsnachrichtendienstes Rußlands "SLUSHBA WNESCHNEY RASWEKDI" (SWR)* und Auslandsaufbrachte dadurch den gesamten Aufklärungsapparat in ausschließlich klärung russische Hoheitsgewalt. Die übrigen Republiken sind damit gezwungen, eigene Auslandsaufklärungsdienste aufzubauen. Der zivile Inlandsnachrichtendienst wurde inzwischen als Ministerium für Sicherheit (MBR) Viktor BARANIKOW unterstellt. Völlig ungeklärt ist auch der künftige Status der militärischen AufkläMilitärische rung (GRU), die sich -- ähnlich wie der militärische Nachrichtendienst Aufklärung in der ehemaligen DDR sowie die entsprechenden Dienste in den anderen früheren Warschauer-Pakt-Staaten -- aus der öffentlichen Diskussion heraushalten konnte und zum Jahresende 1991 unverändert fortbestand. Ihr Schicksal dürfte an das der Streitkräfte insgesamt geknüpft sein. 2.2 Aktivitäten der sowjetischen Nachrichtendienste in der ehemaligen DDR und im vereinten Deutschland Trotz der Turbulenzen im und um das KGB setzten die sowjetischen Fortsetzung der Nachrichtendienste im Jahre 1991 ihre nachrichtendienstliche Arbeit Spionage * Vormals in der Presse auch mit der Abkürzung VRR = "Vneshnaya Razvedka Rossii" belegt. 174 Spionageabwehr in Deutschland unbeeindruckt fort. Der Fall des leitenden GRU-Mitarbeiters P., der bei einem nachrichtendienstlichen Treff in SachsenAnhalt am 18. November 1991 festgenommen wurde, verdeutlicht die anhaltenden Aktivitäten. P.s. Mitarbeiter, ein Oberstleutnant der GRU, hatte sich bereits seit langem bemüht, die noch aus den Zeiten vor der Wende in der DDR bestehenden Kontakte zu einem Angehörigen der Volkspolizei zu intensivieren. Nach mehreren Treffen mit dem Polizisten bat er diesen, künftig für die Sowjetunion zu arbeiten, da für diese das Wissen um die Veränderungen in der DDR von großem Interesse sei. Der Polizist sollte Unterlagen und Informationen aus dem Polizeibereich liefern und deutsche Personaldokumente beschaffen. Er erhielt eine nachrichtendienstliche Ausbildung, "Tote Briefkästen" (geheime Ablagen) anzulegen, um auf diese Weise künftig beschafftes Material sicher der Führungsstelle zu übermitteln. Ferner wurde ihm eine Funkausbildung angekündigt. P. wurde beim ersten Treffen mit dem Agenten von Beamten des Bundeskriminalamtes festgenommen. 2.2.1 Zusammenarbeit zwischen KGB und MfS Erst jetzt wird das ganze Ausmaß und die Qualität der Zusammenarbeit des MfS mit seinen "Bruderdiensten" und hier insbesondere mit dem KGB erkennbar, mit dem schon frühzeitig vertraglich die Perspektiven und Einzelheiten einer Kooperation festgelegt wurden. Wenngleich in einigen Vereinbarungen auch die Rechte des MfS in der UdSSR angesprochen worden waren, so waren diese im Vergleich zu den Rechten und Befugnissen des KGB in der damaligen DDR nur von untergeordneter Bedeutung. Deutlich mehr von der umfangreichen Zusammenarbeit profitierten die sowjetischen Nachrichtendienste. Die KGBEin wesentlicher Bestandteil der Kooperation war die Einrichtung Vertretung ejner "Vertretung des Komitees für Staatssicherheit beim Ministerrat der UdSSR" (KGB-Vertretung) beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR. Diese Vertretung in Berlin-Karlshorst, auch "Berliner Apparat" genannt, stellte ein verkleinertes Abbild der Moskauer Zentrale dar. Sie besaß Unterresidenturen in der damaligen sowjetischen Botschaft und der Handelsvertretung in Ostberlin sowie im vormaligen sowjetischen Generalkonsulat in Berlin (West). Die dort und in allen DDR-Bezirken angesiedelten KGB-Gruppen verfügten neben den Agentennetzen im (alten) Bundesgebiet auch über zahlreiche Informanten und inoffizielle Mitarbeiter in der DDR. Ein Großteil dieser Personen wurde mit Unterstützung des MfS geworben, das dem KGB zu diesem Zweck konspirative Wohnungen, Telefonanschlüsse und Fahrzeuge zur Verfügung stellte. Spionageabwehr 175 Die KGB-Vertretung hatte zudem in zahlreichen Diensteinheiten der Berliner MfS-Zentrale sowie in allen 15 ehemaligen MfS-Bezirksverwaltungen Verbindungsoffiziere installiert, die die Aufgabe hatten, "ständigen Arbeitskontakt" zu den MfS-Diensteinheiten zu halten. Wenngleich ehemalige MfS-Angehörige die Intensität der ZusamEnge Zusammenmenarbeit unterschiedlich beschrieben -- einige sprachen von tradiarbeit auf allen tionell guten Kontakten, andere schilderten die Beziehungen eher als Gebieten gespannt --, ließen sie insgesamt gesehen keinen Zweifel daran, daß die Kooperation zwischen beiden Nachrichtendiensten zwar einseitig (zugunsten des KGB), aber außerordentlich eng war. Die beschaffenden Diensteinheiten der HVA seien verpflichtet gewesen, dem KGB-Verbindungsoffizier grundsätzlich von allen Eingangsinformationen eine Kopie zuzuleiten. In bestimmten Bereichen der HVA, so in den Abteilungen IX (Gegenspionage) und X (Aktive MaßGegenspionage nahmen/Desinformation) habe man besonders eng mit dem KGB und Desinforzusammengearbeitet. Das KGB sei dort mit speziellen Repräsentatiomation nen neben den offiziellen Verbindungsoffizieren vertreten gewesen. Im Bereich der elektronischen Fernmeldeaufklärung und Funkabwehr hörten MfS und KGB die interessanten Frequenzen weitgehend arbeitsteilig ab. Die äußerst effektiv arbeitende Hauptabteilung III (HA FernmeldeIII) des MfS konzentrierte sich auf die Überwachung des zivilen Fernaufklärung und meldeverkehrs im Westen, während die sowjetischen Dienste (auch Funkabwehr die GRU) den militärischen Verkehr abhörten. Die gewonnenen Informationen flössen jedoch weitgehend einseitig an das KGB. Die Kooperation des MfS mit dem KGB bestand aber nicht nur in der Weitergabe von Informationen. Das MfS leistete darüber hinaus massive operative Hilfe. Bei der Beschaffung westlicher Technologie -- Operative Untereinem wichtigen Feld des Zusammenwirkens beider Dienste -- wurstützung den zur Verschleierung der nachrichtendienstlichen Operationen Firmen und technische Institute ins Leben gerufen und genutzt. Ferner war das MfS bei Werbungsmaßnahmen behilflich, gab Tips auf geeignete Zielpersonen und führte die erforderlichen Überprüfungen durch; es erlaubte dem KGB Zugang zu seinem Datenbestand und dem anderer DDR-Organe (z. B. dem der Paßund Meldebehörden sowie der Volkspolizei), und es übergab inoffizielle Mitarbeiter (IM) und Quellen. KGB-"Illegale" wurden vom MfS mit deutschen Legenden und deutschen Personaldokumenten ausgestattet. Diese Agenten des KGB haben in der Vergangenheit oftmals versucht, bei einer Festnahme gegenüber den Sicherheitsbehörden ihre Tätigkeit für einen sowjetischen Nachrichtendienst zu verheimlichen und behauptet, für das MfS zu arbeiten, um hierdurch größeres Aufsehen in den Medien weitgehend zu vermeiden und Schaden von der UdSSR abzuwenden. 176 Spionageabwehr 2.2.2 Eigenständige Aktivitäten des KGB in der DDR Neben den umfangreichen Informationen, die die sowjetischen Nachrichtendienste durch die Abschöpfung des MfS erlangten, verfügten sie in der DDR auch über Zugänge und Agentennetze, die vom MfS unabhängig waren. Wie der Fall des 39jährigen Berliner Polizeibeamten G., der am 28. November 1991 vorläufig festgenommen wurde, zeigt, setzte das KGB solche Quellen auch nach der Vereinigung der deutschen Staaten ein: G. war - nach einem kurzzeitigen Einsatz beim MfS -- Mitarbeiter der Kriminalpolizei in Berlin (Ost). Als solcher wurde er vom KGB als Informant geworben. Nach der Vereinigung wurde er in die (Gesamt)Berliner Polizei übernommen und war im Bereich Staatsschutz (Terrorismusbekämpfung) tätig. Sein KGB-Führungsoffizier aus der sich auflösenden KGB-Vertretung in Karlshorst verstärkte daraufhin seine Bemühungen, G. als Informationsgeber zu erhalten. Er verlangte und erhielt von G. Angaben zu anderen Polizeibeamten und Unterlagen aus seinem Arbeitsbereich. G. erhielt eine Agentenfunkverbindung, über die er Führungsanweisungen empfangen konnte, und die Möglichkeit, selber mittels kurzer Signale Treffaufforderungen zu bestätigen und Materiallieferungen anzukündigen. Die von ihm beschafften Informationen sollte er in "Toten Briefkästen" für seinen Führungsoffizier deponieren. G. war mit einem Kleinrechner ausgestattet, mit dem er Daten erfassen konnte, die er dann durch Diskettenaustausch dem KGB übermitteln sollte. Anders als G, der in der DDR lediglich als Informant für das KGB arbeitete, waren viele andere DDR-Bürger praktisch hauptamtlich für das KGB tätig; sie werden von der Spionageabwehr als "KGB-Helfer" bezeichnet. Das KGB führte diese Personen konspirativ wie Agenten. Sie kannten nur ihren jeweiligen Führungsoffizier, den sie in konspirativen Wohnungen trafen, von dem sie Aufträge erhielten und dem sie das von ihnen beschaffte Material übergaben. Hauptamtliche Einstieg in die Laufbahn eines "KGB-Helfers" war zunächst eine Helfer des KGB "nebenamtliche" Tätigkeit als "Inoffizieller Mitarbeiter" (IM) für das in der ehemaligen KGB, die später in eine hauptberufliche Tätigkeit umgewandelt DDR wurde. Mit Hilfe des MfS erhielten sie in der Regel offiziell gedeckte berufliche "Legenden" und konnten so z. B. vorgeben, Mitarbeiter des Ministeriums des Innern oder der Polizei zu sein. Diese Legenden verschafften ihnen Zugang zu relevanten Informationen. So konnten sie DDR-Bürger und Westdeutsche, die entweder die DDR besuchten Arbeitsschweroder dort beruflich tätig waren, für das KGB überprüfen. Das im Rahpunkt: Personenmen solcher Personenabklärungen beschaffte Material umfaßte abklärungen ... Informationen aus den Datenspeichern der Polizei und des ehemaligen MfS, aus meldepolizeilichen Unterlagen, aus dem Paßwesen Spionageabwehr 177 sowie Unterlagen der früheren NVA und Kaderakten. Auch Informationen aus Schulen, Universitäten, Parteiorganisationen und aus dem übrigen Staatsund Wirtschaftsapparat der DDR gehörten dazu. Konnte ein "KGB-Helfer" in bestimmten Bereichen nicht selbst recherchieren, so warb er unter einer Berufslegende eigene IM, von denen er mit Informationen versorgt wurde. Einige der "KGB-Helfer" hatten Aufträge im "feindlichen Operations... aber auch gebiet" durchzuführen. Diese Personen wurden nur in besonderen Arbeit im "OperationsEinzelfällen genutzt. Für ihre nur wenige Tage dauernden Einsätze, die gebiet" sie im Westen zu erledigen hatten, erhielten sie gefälschte Ausweise. Zu ihren Aufgaben gehörte es, Verbindung zu Zielpersonen aufzunehmen sowie Treffen abzusprechen und wahrzunehmen. Die nachrichtendienstlich geschulten "KGB-Helfer" sind als Agenten für die GUS-Nachrichtendienste noch immer von hohem Wert. Auch wenn sie nach der politischen Wende in der DDR ihre Abdeckung im Berufsleben verloren haben, dürfte die Mehrzahl von ihnen aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung und Kenntnisse beruflich bereits wieder Fuß gefaßt haben. 2.2.3 Aktivitäten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Die sowjetischen Nachrichtendienste waren 1991 in besonderem Günstiges Umfeld Maße bemüht, in den neuen Bundesländern Agentennetze aufzufür neue Agentenbauen, die die Grundlage für eine effiziente nachrichtendienstliche netze Arbeit nach Abzug der dort noch stationierten Westgruppe der sowjetischen Truppen (WGT) bilden sollen. Sie verfügen in Ostdeutschland nach wie vor über günstige nachrichtendienstliche Rahmenbedingungen, um mittelfristig neue, effektive Quellennetze aufzubauen. Die zahlreichen Einrichtungen der GUS-Streitkräfte bieten den Führungsoffizieren ideale Tarnpositionen für ihre operative Arbeit. Ihr Erkenntnisbild, das sowohl auf Informationen eigener, in der ehemaligen DDR geführten Quellen als auch auf Erkenntnissen aus der sehr engen Zusammenarbeit mit dem MfS beruht, ist eine hervorragende Ausgangslage für weitere Quellenwerbungen. 2.2.4 Tätigkeit der sowjetischen Nachrichtendienste aus Legalen Residenturen heraus Klassischer Ausgangspunkt für die Arbeit der sowjetischen Dienste Anstieg der operawaren stets deren Legale Residenturen*. Während hier in den vertiven Tätigkeit gangenen Jahren die operative Arbeit stagnierte oder leicht zurückging, konnte 1991 insgesamt ein leichter Anstieg der nachrichten- * Als Legale Residenturen bezeichnet man die getarnten Stützpunkte von Nachrichtendiensten in amtlichen oder halbamtlichen Auslandsvertretungen ihres Staates. 178 Spionageabwehr Schwerpunkte: dienstlichen Tätigkeit beobachtet werden. Die für die InformationsbeWissenschaft und schaffung im Bereich Wissenschaft und Technik zuständigen FühTechnik... rungsoffiziere zeigten sich besonders aktiv. Sie versuchten, mit Hilfe von Agenten und Personen ihres Vertrauens an sensible technische Informationen sowie Produkte aus den Bereichen Mikroelektronik und EDV-Software zu gelangen. ... Werbung von Auch die "Kultivierung" und Werbung von sogenannten PerspektivPerspektivagenten bildete wieder einen Arbeitsschwerpunkt. Studenten die agenten ... später möglicherweise in nachrichtendienstlich interessante Positionen aufsteigen werden und die damit für einen Nachrichtendienst von besonderem Interesse sind, wurden von Führungsoffizieren auf Veranstaltungen angesprochen und in vielen Gesprächen psychologisch geschickt auf eine spätere nachrichtendienstliche Werbung vorbereitet. ... politischer Während die Informationsbeschaffung im Bereich Wissenschaft und Bereich Technik sowie die Werbung von Perspektivagenten weitgehend unter Beachtung der Regeln nachrichtendienstlicher Konspiration erfolgte, arbeiteten die Residenturangehörigen bei der Gewinnung politischer Informationen meist offen. Sie nahmen im Rahmen ihrer offiziellen Tätigkeit Kontakte zu ihren Zielpersonen auf, z. B. als Mitarbeiter der politischen Abteilung in der Botschaft der Russischen Föderation (bis Ende 1991 sowjetische Botschaft). Die Intensität, mit der sich im weiteren Verlauf dieser Verbindung der jeweilige ND-Offizier um ein enges, vertrauliches Verhältnis zu seiner deutschen Zielperson bemühte (z. B. durch Geschenke, Einladungen zum Essen und durch häufige Treffen), ließ jedoch trotz des vermeintlich offiziellen Charakters des Kontaktes die dahinterstehende nachrichtendienstliche Absicht erkennen. Auch zukünftig Die Legalen Residenturen werden auch in Zukunft ihre Bedeutung als Agenten im diploklassische Basis für eine nachrichtendienstliche Arbeit der Aufklämatischen Dienst rungsdienste Rußlands und ggf. auch der anderen GUS-Staaten behalten. Zwar hatte noch im Herbst 1991 das damalige sowjetische Außenministerium gefordert, die Zahl der den Nachrichtendiensten zur Verfügung gestellten Tarndienstposten in den Vertretungen erheblich zu senken. Der derzeitige Außenminister Rußlands, KOSYREW, tat diese Ankündigung in einem Interview zur Jahreswende 1991/92 aber bereits als "populistische Äußerung" wieder ab. Eine "zivilisierte" Auslandsaufklärung, erklärte er, sei -- auch unter Ausnutzung des "diplomatischen Daches" -- eine notwendige Sache. Auf die Vorteile der Arbeit aus den Legalresidenturen, insbesondere auf den diplomatischen Schutz, den diese Abdeckung einem Operativ-Offizier bietet, werden die Nachrichtendienste Rußlands und der übrigen Staaten der GUS keinesfalls verzichten wollen. Eine zusätzliche abgetarnte Unterbringung von Nachrichtendienst-Angehörigen in anderen Bereichen, z. B. in "Gemischten Firmen", kann nicht ausgeschlossen werden. Spionageabwehr 179 3. Nachrichtendienste ehemaliger Satellitenstaaten Die politischen Umwälzungen im Osten und Südosten Europas haben es den ehemaligen Satellitenstaaten ermöglicht, sich weitgehend von der starken Beeinflussung und Bevormundung zu befreien, die die UdSSR im Bereich der Nachrichtendienste ausübte. Der von diesen Ländern meist konsequent hin zur Demokratie eingeNeue, auf schlagene Weg ging einher mit einer Neubestimmung innenund Eigenständigkeit außenpolitischerZiele. Neben einem organisatorischen und teilweise bedachte Dienste auch personellen Neubeginn mußten den jeweiligen Sicherheitsund Nachrichtendiensten Aufgaben zugewiesen werden, die mit dieser Kursänderung in Einklang standen. Die Repressionsapparate wurden zerschlagen oder traten wesentlich zurückhaltender auf, die bis dahin teilweise aggressiven Arbeitsmethoden auch der Auslandsaufklärung waren nunmehr unangemessen und mußten geändert werden. Gleichzeitig war das Beziehungsgeflecht zwischen bislang befreundeten "Bruderdiensten" zu überdenken. Das Erkenntnisbild zu den Diensten der ehemaligen Satellitenstaaten ist nach wie vor durch die aus der politischen Umbruchsituation resultierenden Unwägbarkeiten gezeichnet. Erkennbar ist jedoch, daß die Regierungen dieser Staaten aus nationalem Interesse heraus Auslandsaufklärungsdienste weiterhin für notwendig halten. 3.1 Nachrichtendienste der Republik Polen Tiefgreifend war die Umstrukturierung der Nachrichtenund Sicherheitsdienste der Republik Polen. Trotz der in der polnischen Öffentlichkeit vehement geführten Diskussion über die grundsätzliche Notwendigkeit neuer "Dienste" stand freilich bald außer Frage, daß Polen als mitteleuropäischer Staat in schwieriger geopolitischer Lage auch künftig nicht auf einen effizienten Nachrichtendienst -- insbesondere auf eine intakte Auslandsaufklärung -- verzichten würde. Allerdings wurde das seit Mai 1990 existierende "Amt für Staatsschutz" (polnische Abkürzung: UOP) erstmals einer parlamentarischen Kontrolle unterstellt. Zudem mußte sich das aus dem alten Dienst in das neue Amt zu übernehmende Personal einer Überprüfung unterziehen. Die Umstrukturierung des UOP scheint inzwischen weitgehend abgeschlossen zu sein. Der organisatorische Aufbau der für die Auslandsspionage zuständigen "Verwaltung Aufklärung" des UOP zeigt, daß die Bundesrepublik Deutschland zu einem bedeutsamen zivilen Auf klärungsziel erklärt worden ist. "Gerade über seine Freunde sollte man möglichst viel wissen," erklärte der derzeitige Leiter des UOP. 180 Spionageabwehr 3.2 Nachrichtendienste der CSFR Nach der "samtenen" Revolution in der CSFR im November 1989 wurde im Bemühen um eine demokratische Neuordnung des gesamten Staatswesens im Februar 1990 die personelle und institutionelle Neuordnung des inneren und äußeren Sicherheitsapparates öffentlich bekanntgegeben. Im Organisationserlaß des damaligen tschechoslowakischen Innenministers SACHER war u. a. die Gründung eines neuen Inlandsabwehrdienstes vorgesehen. Der Fortbestand der früheren Auslandsaufklärungsdienste (zivil und militärisch) wurde nicht in Frage gestellt. Inzwischen ist der Neuaufbau des tschechoslowakischen zivilen Inlandsnachrichtendienstes abgeschlossen; erträgt die Bezeichnung "Bundessicherheitsinformationsdienst" (FBIS). Personell wurde er -- im Vergleich zu früheren Zeiten--zurückhaltend ausgestattet und völlig neu aufgebaut. Er rekrutierte seine Mitarbeiter im wesentlichen aus den Reihen früherer Oppositioneller oder "Unbelasteter". Seine Aufgaben entsprechen denen westlicher Inlandsnachrichtendienste. Die Kontrolle des Dienstes übt ein spezieller Ausschuß der tschechoslowakischen Bundesversammlung aus. Der Auslandsaufklärungsdienst (UZCI) hat sich intern reorganisiert; wohin seine künftigen Aktivitäten ausgerichtet sein werden, bleibt abzuwarten. Es soll eine Weisung zu nachrichtendienstlicher Aufklärung aller Nachbarstaaten vorliegen. 3.3 Nachrichtendienste Rumäniens In Deutschland betreiben der zivile Auslandsnachrichtendienst "Serviciul de Informatii Externe" (SIE) und der militärische Nachrichtendienst "Directia de Informatii a Armatei" (DIA) weiterhin Auslandsaufklärung für Rumänien. Die Interessen von SIE liegen vor allem bei der Ausforschung der rumänischen Emigranten. Ferner versucht er, die Haltung von Parteien, Verbänden und maßgeblichen Entscheidungsträgern gegenüber Rumänien, insbesondere im Hinblick auf den rumänisch-ungarischen Minderheitenkonflikt, zu erkunden und womöglich zu beeinflussen. Im Bereich von Wissenschaft und Wirtschaft sind Mikroelektronik, Maschinenbau und Energietechnologie hervorgehobene Aufklärungsziele. Die Methoden der rumänischen Nachrichtendienste sind spürbar zurückhaltender geworden. 3.4 Nachrichtendienste Bulgariens Der bulgarische zivile "Nationale Dienst für Aufklärung" (NRS) ist nach der organisatorischen Auflösung des Staatssicherheitsdienstes aus der ehemaligen Hauptverwaltung I des bulgarischen Innenmini- Spionageabwehr 181 steriums (DS) hervorgegangen. Beim militärischen Aufklärungsdienst RUMNO sind organisatorische Veränderungen nicht bekannt geworden. Der Hauptschwerpunkt der politischen und militärischen Aufklärung lag für die bulgarischen Dienste schon seit jeher in der Ausforschung der Türkei. Auch in Deutschland zielten die nachrichtendienstlichen Aktivitäten in diese Richtung. Darüber hinaus interessierte die Beschaffung von Informationen aus Wissenschaft/Technik sowie der Erwerb embargogeschützter Hochtechnologie. 4. Aktivitäten sonstiger Nachrichtendienste Nachdrücklich verdeutlichte der Krieg am Persischen Golf der Öffentlichkeit, mit welch großem Aufwand sich Staaten des Nahen und des Mittleren Ostens um die illegale Beschaffung von Waffen und Hochleistungstechnologie bemüht haben. Daß hierin auch Nachrichtendienste eingebunden sind, steht außer Frage und zeigt, daß sich in diesem Bereich ein neuer Schwerpunkt der Spionageabwehr entwickelt. Doch diese Nachrichtendienste haben sich nicht nur mit der illegalen Beschaffung von Wirtschaftsund Rüstungsgütern befaßt; auch die klassische politische Spionage gehört zu ihrem Betätigungsfeld, wie der folgende Fall beweist: Anfang 1990 kam der hochverschuldete Registraturangestellte im Auswärtigen Amt (AA) in Bonn, Siegmund A., in Kontakt mit einem Offizier des irakischen militärischen Nachrichtendienstes. Das Gespräch verlief im Sinne des Irakers, und A. gab schließlich zu verstehen, an weiteren Begegnungen interessiert zu sein. In deren Verlauf erklärte sich A. wegen seiner finanziellen Probleme bereit, dem irakischen Dienst gegen entsprechendes Entgelt Informationen zu liefern. A. versorgte daraufhin seinen neuen Partner über mehrere Monate hinweg mit Unterlagen aus dem Auswärtigen Amt, die er sich sämtlich illegal beschaffte. Etliche dieser Dokumente waren als Verschlußsachen eingestuft und für den Irak von Bedeutung. Die zuletzt mehrfach in der Woche durchgeführten Treffen fanden unter klassischen konspirativen Umständen statt. Der "modus operandi" des irakischen Dienstes entsprach der bekannten Vorgehensweise der Nachrichtendienste des ehemaligen Ostblocks. Siegmund A. wurde Ende August 1990 festgenommen. Er wurde 1991 wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit rechtskräftig zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. 182 Spionageabwehr 5. Erkenntnisse durch die Aufarbeitung der DDR-Nachrichtendienste 5.1 Zwischenbilanz Die Entwicklungen in der DDR bewirkten die Zerschlagung und Auflösung eines der perfektesten Repressionsapparate der Welt, des "Ministeriums für Staatssicherheit" (MfS). Seither wird deutlich, in welchem Ausmaß und mit welcher Konsequenz dieser Apparat Informationen gesammelt und wie akribisch er diese in kilometerlangen Aktenreihen dokumentiert hat. Sind diese Zeugnisse einer nahezu totalen Überwachung der eigenen Bürger zum großen Teil erhalten geblieben, so wurden hingegen die Unterlagen über Agenten der Auslandsaufklärung des Staatssicherheitsund des Verteidigungsministeriums der DDR in der (alten) Bundesrepublik weitgehend vernichtet. Es bleibt die Aufgabe des Verfassungsschutzes, diese Agenten dennoch zu enttarnen, um die Gefahr zu beseitigen, daß sie künftig für einen anderen Staat ihre nachrichtendienstliche Arbeit fortsetzen. Hinweise auf Seit die Nachrichtendienste der DDR ihre Arbeit gegen die BundesreAgenten publik Deutschland eingestellt haben, hat die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes insgesamt 1.700 Spuren, also Hinweise auf Agenten, bearbeitet. Davon konnten in den Jahren 1990 und 1991 über 500 Spuren nach abgeschlossener nachrichtendienstlicher Sachverhaltsaufklärung an die Strafverfolgungsbehörden abgege- Spionageabwehr 183 ben werden. Diese haben 145 Personen wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Tätigkeit für DDR-Nachrichtendienste festgenommen. Auf der Grundlage der bisher ausgewerteten Spuren läßt sich erkennen, mit welcher Gewichtung die Auslandsaufklärung der DDR einzelne Zielbereiche bearbeitet hat: - Spionage gegen den Regierungsund Verwaltungsapparat (38%, davon über die Hälfte gegen Sicherheitsbehörden) - Militärspionage 30% (incl. BMVg) - Wirtschaftsspionage 16% (incl. Rüstungsindustrie) - Spionage gegen Parteien, Verbände, Presse, Kirche (16%) 5.2 Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) Zentrale Institution der Aufklärungsarbeit gegen die damalige Bundesrepublik Deutschland war die "Hauptverwaltung Aufklärung" (HVA), ein Teil des MfS. Die Diensteinheiten der Hauptverwaltung Aufklärung hatten festumrissene Zielbereiche (siehe Schaubild auf S. 184). Alle entscheidenden Gebiete des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens in Westdeutschland waren Gegenstand der Arbeit der "Staatssicherheit". Die Gesamtzahl der Agenten, die - wie es der MfS-Sprachgebrauch beschreibt -- in relevante politische oder gesellschaftliche Positionen eingeschleust oder dort geworben wurden, ist nicht bekannt. Es dürften jedoch mehrere tausend Personen gewesen sein. Einige im Jahre 1991 aufgeklärte Fälle sollen beispielhaft Vorgehen Agenten im und Methode der HVA im Rückblick beleuchten. Der folgende Fall aus Objekt einem klassischen Sektor nachrichtendienstlicher Aufklärung, der Militärspionage, ist exemplarisch für die Anwerbung und Führung eines Agenten "unter falscher Flagge": Im September 1991 wurde Margarete K. (55) vorläufig festgenomMilitärischer men. Sie war Mitarbeiterin der Bundeswehr und bei verschiedeBereich nen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO tätig gewesen. Die Vorgeschichte, die letztendlich zu ihrer nachrichtendienstlichen Verstrickung führte, nahm ihren Anfang 1960 und betraf zunächst ihre Schwester. Diese wurde damals von einer Freundin nach Berlin (West) eingeladen, angeblich um bei deren Verlobung mit einem skandinavischen Staatsbürger dabei zu sein. Man feierte und fuhr auch nach Ostberlin, wo man zwei Angehörige der "Militärkommission" des skandinavischen Landes kennenlernte. 184 Spionageabwehr HVA I Staatsapparat der Bundesrepublik -- Bundespräsidialamt, Bundeskanzleramt, BKA -- Auswärtiges Amt -- BMI, BMBau, BMWi. BMF, BMZ HVA II Parteien und gesellschaftliche Organisationen - CDU/CSU, JU, Konrad-Adenauer-Stiftung, Hans-Seidel-Stiftung und Kirchen Stellvertreter - FDP, Friedrich-Naumann-Stiftung - Republikaner, NPD - SPD, Friedrich-Ebert-Stiftung, Soz. Internat. - Gewerkschaften/DGB HVA XVI Operative Nutzung offizieller Kontakte in das westliche Ausland HVA IV Militärstrategische Aufklärung Stellvertreter der Bundesrepublik Aufklärung BMVg, Bundeswehr SWT Sektor Wissenschaft und Technik mit Diensteinheiten etwa für die Aufklärung der Bereiche Atomwissenschaft, Biologie, Stellvertreter Medizin, Mikroelektronik, Elektrotechnik, Metallund Maschinenbau sowie Auswertungsdiensteinheiten HVA IX Gegenspionage (insbesondere BND, BfV und Landesbehörden für Verfassungsschutz) unmittelbar dem Leiter zugeordnet HVA X Aktive Maßnahmen/Desinformation Spionageabwehr 185 Die Schwester, die damals in der Fernschreibstelle eines Ministeriums arbeitete, wurde von den beiden Herren auf eine nachrichtendienstliche Tätigkeit für deren angebliches Heimatland angesprochen, wozu sie sich schließlich auch bereit erklärte. Sie war in eine perfekte Falle geraten: Falsch waren nicht nur die beiden Herren von der"Militärkommission", die in Wirklichkeit für das MfS arbeiteten; auch die angebliche Verlobungsfeier war bereits eine Inszenierung, in der ein Inoffizieller Mitarbeiter des MfS die Rolle des skandinavischen Verlobten spielte. 1962 dann wurde Margarete K. von ihrer Schwester zu einem Wochenendausflug nach Wien zum Treffen mit einem Bekannten und dessen Freund eingeladen. Der Freund des Bekannten war jedoch wegen einer angeblichen Krankheit verhindert. Auf Einladung des Bekannten ihrer Schwester reiste Margarete K. in der Folgezeit mehrmals nach Wien, und bei einem dieser Besuche lernte sie schließlich den angekündigten Freund kennen. Dieser stellte sich nun gegenüber Margarete K. ebenfalls als Mitarbeiter des skandinavischen Dienstes vor. Bereits kurze Zeit später verpflichtete er Margarete K., die ihn sehr sympathisch fand, schriftlich zur konspirativen Mitarbeit. Auch hier hatte das MfS die Regie geführt: Der angebliche Mitarbeiter des skandinavischen Dienstes kam aus der DDR und war neben seinem Beruf als Schauspieler Inoffizieller Mitarbeiter des MfS. Er verlobte sich bald danach mit Margarete K" die bei einem Treffen im Sommer 1963 in dem skandinavischen Land sogar die angebliche Mutter ihres Verlobten und einen älteren Herrn kennenlernte, der ihr als "General" und Vorgesetzter ihres Verlobten vorgestellt wurde. Da Margarete K. zuvor den Wunsch geäußert hatte, aus Gewissensgründen ihre nachrichtendienstliche Tätigkeit einem katholischen Geistlichen zu beichten, arrangierte das MfS auch dies. Der"Beichtvater" war ein DDR-Bürger, der zu den "speziellen Reisekadern" einer Bezirksverwaltung des MfS gehörte. Die "Beichte" wurde in einer kleinen Kirche in der Hauptstadt des skandinavischen Staates "abgenommen". Auch im Jahr 1991 gelang den Verfassungsschutzbehörden die Aufdeckung einer ganzen Reihe von Angriffen des ehemaligen MfS gegen das politische Leben der (alten) Bundesrepublik. Zwanzig Jahre zurück führt die nachrichtendienstliche Anwerbung des Klaus F.: Im Jahr 1971 reiste F. - damals noch beschäftigt in einem KreisAufklärung der wehrersatzamt - nach Halle, um eine dort lebende Bekannte zu Politik besuchen. Als Reiseanlaß hatte er bei der Antragstellung den Besuch der Leipziger Messe angegeben, so daß seine Anwesenheit in Halle, die bei einer Kontrolle durch die Volkspolizei bekannt 186 Spionageabwehr wurde, den damaligen Aufenthaltsbestimmungen widersprach. Über seine Bekannte wurde er daraufhin von der Staatssicherheit zu einem Treffen aufgefordert. Dabei sagten ihm zwei MfS-Angehörige zu, Erleichterungen für seine Besuche in Halle zu schaffen, wenn er den Kontakt zum MfS aufrechterhalte. Hierzu erklärte sich F. bereit. Von 1972 bis 1975 lieferte er daraufhin Informationen aus seinem damaligen Arbeitsbereich beim Kreiswehrersatzamt, übergab Namensund Anschriftenlisten von Wehrpflichtigen, fertigte Ablichtungen von Einberufungsbescheiden. Später -- nach seiner Fortbildung zum Juristen -- beschaffte F. Erkenntnisse, die ihm als Rechtsschutzsekretär eines Berufsverbandes zugänglich waren. Auch seine Ehefrau wurde in die Verbindung zum MfS einbezogen. Deren Arbeitsgebiet war für die HVA sogar wesentlich interessanter, denn sie war ab 1975 in Bonn bei einer Partei als Sekretärin, später als Sachbearbeiterin beschäftigt, zuletzt in der Bundesgeschäftsstelle. Ab 1977 fotografierte Klaus F. das vorwiegend von seiner Ehefrau beschaffte Verratsmaterial und lieferte es über einen sogenannten Rollenden Toten Briefkasten (geheime Ablage in einem Zug) nach Berlin (Ost). Dieses Material umfaßte zum Beispiel Telefonund Adressenverzeichnisse von Institutionen der Partei, Parteivorstandsprotokolle sowie Hausinterna der Bundesgeschäftsstelle. Kontaktund Die HVA arbeitete jedoch nicht nur mit dem klassischen "Agenten im Abschöpfarbeit Objekt". Ihr Instrumentarium war breiter angelegt. Insbesondere die Abteilung II der HVA (Parteien der Bundesrepublik Deutschland etc.) bediente sich auch der sogenannten Kontaktund Abschöpfarbeit. Mit ihr sollten in den 80er Jahren Defizite ausgeglichen werden, die sich aus zwei für das MfS negativen Entwicklungen ergaben. Das eine Problem war politischer Natur. Je größer im Laufe der Jahre die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und der offiziell verkündeten "Sieghaftigkeit des real existierenden Sozialismus" vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaftsund Finanzpolitik wurde, desto schwieriger wurde die Werbung "klassischer" Agenten auf ideologischer Basis. Hinzu traten operative Schwierigkeiten. Praktisch jeder wichtige Agent im Operationsgebiet, also im Westen, hatte eine Kontaktperson, die die persönliche Verbindung zur Zentrale aufrechterhielt. Diese Kuriere und Instrukteure mußten von Ost nach West und zurück reisen und nutzen hierzu aus Sicherheitsgründen gefälschte Dokumente (zumeist der Bundesrepublik Deutschland). Fahndungsmaßnahmen der Polizei und nachrichtendienstliche Suchoperationen des Verfassungsschutzes machten es aber zunehmend notwendig, solche Reisen mit gefälschten Dokumenten erheblich aufwendiger abzusichern -- etwa durch Anreisen über Drittländer, unterbrochen durch mehrtägige Zwischenaufenthalte. Die konspirative Arbeit wurde damit komplizierter -- und sehr viel teurer. Spionageabwehr 187 Eine neue Chance bot jedoch die für die DDR-Staatssicherheit günstige Entwicklung, daß bei den Bundesbürgern gerade in den letzten Jahren eine erhöhte Bereitschaft zum offenen deutsch-deutschen Gespräch festzustellen war. Dies galt sowohl für Wissenschaftler als auch für Politiker. Die HVA nutzte diese Gesprächsbereitschaft zur Nachrichtengewinnung. Ziel war es dabei nicht, den Wissensträger (Bürger der Bundesrepublik) für die Agententätigkeit zu gewinnen, sondern einen Inoffiziellen Mitarbeiter (DDR-Bürger) in seine Nähe zu bringen, um so über private oder berufliche Kontakte relevante Informationen abschöpfen zu können. Zwar erbrachte diese Methode zumeist nur Teilinformationen, da die Gesprächspartner nicht ihr ganzes Wissen zu einem schutzbedürftigen Thema preisgaben. Durch die große Zahl der Meldungen ergab sich allerdings mosaikartig ein recht objektives Bild. Die Einrichtung der Abteilung XVI der HVA war das Ergebnis des Erfolges dieser Arbeitsweise. Die Abteilung hatte die Aufgabe, alle legalen Kontakte von Institutionen der DDR (Akademie der Wissenschaften, Kunsthochschulen etc.) zu Bundesbürgern zu nutzen, um von dieser Plattform aus mit geeigneten "inoffiziellen Kräften" Beziehungen zu Politikern, Wissenschaftlern und zu parteinahen Stiftungen aufzubauen und zu pflegen. 5.3 Aktive Maßnahmen der HVA Der HVA war jedoch nicht nur daran gelegen, Informationen zu sammeln. Sie betrieb darüber hinaus eine aktive Informationspolitik, die dazu beitragen sollte, außenpolitische Ziele der ehemaligen DDR zu verwirklichen. Unter Ausnutzung der westlichen Medien führte sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln Operationen durch, deren Ziel es war, das politische Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland zu beeinflussen. Dies ging bis zur Diskreditierung einzelner Politiker oder politischer Institutionen. Solche Aktionen wurden als "Aktive Maßnahmen" bezeichnet, waren aber letztlich nichts anderes als Desinformation. Zuständig für diese der Spionageabwehr schon lange bekannte, aber nur schwer belegbare Form der nachrichtendienstlichen Arbeit der HVA war die Abteilung X. Sie war organisatorisch nicht einem der Stellvertreter, sondern dem Leiter der HVA selbst (Markus WOLF, später Werner GROSSMANN) unterstellt. Dies hob nicht nur ihre besondere Bedeutung hervor, sondern war auch Ausdruck der außenpolitischen Ambitionen der HVA, die wesentlich auf Markus WOLF zurückgingen. Eine Form der politischen Einflußnahme durch die HVA X lag schlicht darin, selektierte und manipulierte Informationen für westliche Multi- 188 Spionageabwehr Lancierte plikatoren -- zumeist Journalisten -- bereitzustellen. Meist konnten Informationen diese den nachrichtendienstlichen Hintergrund nicht oder nur schwer erkennen: So ließ die HVA ihnen zum Beispiel ausgewählte Informationen unter der Legende des -- tatsächlich existierenden -- "Dokumentationszentrums des Ministeriums des Innern" zukommen. Zuweilen hielt die HVA zu Journalisten auch eine lockere Verbindung. Sie wurden nicht im technischen Sinne, z. B. als Inoffizieller Mitarbeiter der HVA X, in die nachrichtendienstliche Organisation integriert, sondern hatten nur den internen Status einer "Kontaktperson". Die Stabilität der Verbindung beruhte auf dem gemeinsamen Interesse am Informationsfluß: Die HVA war an den publizistisch-politischen Wirkungen interessiert, die Journalisten an den Informationen selbst. Zumeist begnügte sich die HVA jedoch nicht mit der Weitergabe von Informationen, sondern formte ihre "Nachrichten" selbst. Grundlage waren regelmäßig offen zugängliche Informationen aus dem politischen und gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland, beispielsweise über eine tatsächlich laufende innerparteiliche Diskussion, die beeinflußt werden sollte. Dieses Wissen wurde mit nachrichtendienstlich beschafften Fakten vermischt, die in ihrer originären Form oder abgewandelt dem politischen Ziel dienlich sein konnten. Geeignet hierzu waren insbesondere Erkenntnisse aus der Funküberwachung (Abhören von Telefongesprächen). Die nachrichtendienstlich gewonnenen Informationen -- dezent verwandt -- erweckten zudem den Eindruck von Authentizität, indem sie weitgehend zutreffende Einblicke in interne Verhältnisse (z. B. einer Partei) "offenbarten". Mit der gewünschten Tendenz versehen, wurde dann die neue Wahrheit in die Welt gesetzt. Ein Ergebnis solcher Arbeit waren Publikationen, die von der HVA in die Bundeswehr, aber auch in die Parteien lanciert wurden: So erfand die HVA X Anfang der 70er Jahre eine parteiinterne Informationsbroschüre, die sie ab 1973 etwa 3- bis 5mal jährlich in jeweils etwa 80 bis 100 Exemplaren anonym an "ausgewählte" Mitglieder einer Partei versandte. Ziel war es, von der DDR begrüßte politische Positionen innerhalb der Partei zu stärken. Als Herausgeber fungierten fiktive Arbeitskreise dieser Partei aus Bonn und Frankfurt am Main. Die Grundlage für diese Publikation bildeten neben offenem Material und Abhörerkenntnissen vor allem auch die von verschiedenen HVA-Agenten operativ aus der Partei beschafften Informationen. Um den Eindruck von Authentizität und Parteinähe der Publikationen noch zu steigern, wurde sie von Reisekadern des MfS in der Umgebung von Bonn auf den Postweg gegeben. Spionageabwehr 189 Auch wenn die Zielrichtung solcher Maßnahmen, die Schaffung eines für die DDR-Außenpolitik günstigen politischen Klimas, gleichblieb, so änderten sich doch Stil und Form im Laufe der Zeit. Aufgrund politischer Rücksichtnahmen seitens der DDR richteten sich -- von Ausnahmen abgesehen -- die Aktiven Maßnahmen immer weniger auf grobe Diffamierung und Diskreditierung. Wenn möglich, wurden Störungen des innerdeutschen Verhältnisses vermieden. Wo dieses jedoch nicht berührt erschien, war die HVA auch in den letzten Jahren wenig zimperlich: Eine Fälschung der Abteilung X war der im April 1988 aufgetauchte und im Herbst desselben Jahres von den Medien veröffentlichte angebliche Brief des verstorbenen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Dr. Uwe BARSCHEL an den Bundesminister Dr. STOLTENBERG. Durch seinen Inhalt sollte der Anschein erweckt werden, daß mit Wissen und Billigung von Dr. STOLTENBERG ein Privatdetektiv gegen den damaligen Oppositionsführer Björn ENGHOLM eingesetzt worden war. Der Brief war nach Genehmigung der Leitung der HVA in vier Exemplaren verschiedenen Medien in der Bundesrepublik anonym zugesandt worden. Die Unterschrift von Dr. BARSCHEL hatte die HVA X einem ihr vorliegenden Originaldokument entnommen. Die größte Sorge bereitete den Fälschern im Nachhinein der Umstand, daß die Unterschrift nicht wie sonst in der Bundesrepublik üblich links, sondern rechts unter den Text gesetzt worden war. 5.4 Das Kapitel MfS Es gilt, an dieser Stelle nochmals zu betonen: Die schädlichen Folgen nachrichtendienstlicher Aktivitäten gegen einen anderen Staat enden nicht zwangsläufig mit der Auflösung des verantwortlichen Dienstes. So wurde bereits 1990 festgestellt, daß in einer Reihe von Fällen die vom MfS angeworbenen und ausgebildeten Agenten von anderen Diensten übernommen werden sollten. Das konnte in Einzelfällen durch das Eingreifen der Verfassungsschutzbehörden verhindert werden. Aus dem Jahr 1991 liegen vergleichbare Erkenntnisse vor. 40 Jahre intensiver Zusammenarbeit zwischen dem KGB und dem MfS bei der Ausspähung deutscher Institutionen und Personen haben bei den sowjetischen Nachrichtendiensten ein ungeheures Wissen entstehen lassen, das bei ihren Nachfolgeorganisationen weiterhin vorhanden ist und von diesen in den kommenden Jahren Am Ende ist nicht zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt werden a | | e s 9"* kann. Um dies zu verhindern, kann die Spionageabwehr "das Kapitel MfS" noch nicht abschließen. 190 Spionageabwehr 6. Festnahmen und Verurteilungen Im Jahre 1991 wurden durch die Bundesanwaltschaft 1.239 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit eingeleitet, 38 Personen wurden von den Strafverfolgungsbehörden festgenommen. Gegen 32 Personen wurde Haftbefehl erlassen; davon waren 29 Personen von einem Nachrichtendienst der DDR sowie 3 von einem sowjetischen Nachrichtendienst angeworben worden. Im gleichen Zeitraum verurteilten Gerichte der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 14 Personen rechtskräftig wegen Straftaten im Bereich "Landesverrat und Gefährdung der äußeren Sicherheit" (SSSS 93 - 101 a StGB). 191 Anhang 192 Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis AB Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD ADÜTDF Föderation der türkisch-demokratischen Idealistenvereine in Europa e. V. AJV/ML Arbeiter Jugendverband/Marxisten-Leninisten AMGT Vereinigung der neuen Weltsicht in Europa e. V. ANS/NA Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten ARGK Volksbefreiungsarmee Kurdistans AUF Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland e. V ATIK Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa BR-PCC Brigate Rosse - PCC BWK Bund Westdeutscher Kommunisten DA Deutsche Allianz -- Heimatbündnis Rheinland-Pfalz DA Deutsche Alternative DBI Deutsche Bürgerinitiative e. V DDF Die Deutsche Freiheitsbewegung e. V DFLP Demokratische Front für die Befreiung Palästinas DFU Deutsche Friedens-Union DH Deutsches Hessen DIDF Föderation der demokratischen Arbeitervereine aus der Türkei in der Bundesrepublik Deutschland e. V DKP Deutsche Kommunistische Partei DNZ Deutsche National-Zeitung DPK/Irak Demokratische Partei Kurdistans/Irak DR Deutsche Rundschau DSt Deutsche Stimme DVU Deutsche Volksunion DW Der deutsche Weg DWZ/DA Deutsche Wochen-Zeitung/Deutscher Anzeiger ENO Europäische Neu-Ordnung ERNK Nationale Befreiungsfront Kurdistans FAP Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei FAU/AP Freie Arbeiter-Union/Anarchistische Partei FAU-IAA Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union fdj Freie Deutsche Jugend FEYKA-Kurdistan Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland e. V FFD Freundeskreis Freiheit für Deutschland FöGA Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen GdNF Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front GfbAEV Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung GFP Gesellschaft für Freie Publizistik GIM Gruppe Internationaler Marxisten Abkürzungsverzeichnis 193 GNN Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte m. b. H. GRS Gruppe Revolutionärer Sozialistinnen (IV. Internationale) HNG Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V HVA Hauptverwaltung Aufklärung IAA Internationale Arbeiter Assoziation ICCB Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e. V, Köln IMSF Institut für Marxistische Studien und Forschungen e. V. IMSV Iranische Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik Deutschland e. V ISA Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation JN Junge Nationaldemokraten KAZ Kommunistische Arbeiterzeitung KB Kommunistischer Bund KBW Kommunistischer Bund Westdeutschland KKK Ku Klux Klan KPD Kommunistische Partei Deutschlands KPD/ML Kommunistische Partei Deutschlands/ Marxisten-Leninisten LTTE Liberation Tigers of Tamil Eelam MES Marx-Engels-Stiftung e. V. MfS Ministerium für Staatssicherheit MG Marxistische Gruppe MHP Partei der Nationalistischen Bewegung MLBI Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller MLPD Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands MLSV Marxistisch-Leninistischer Schülerund Studenten-Verband NB Nationaler Block NEK Nationales Einsatzkommando NF Nationalistische Front NL Nationale Liste NO Nationale Offensive NPD Nationaldemokratische Partei Deutschlands N. S. Nationale Sammlung NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei NSDAP-AO NSDAP-Auslandsund Aufbauorganisation ÖkoLi/AL Ökologische Linke/Alternative Liste 0. I. P. F. G. Organisation der iranischen Studenten in der Bundesrepublik Deutschland, Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran (Volksfedayin-Minderheit) PDS Partei des Demokratischen Sozialismus 194 Abkürzungsverzeichnis PFLP Volksfront für die Befreiung Palästinas PFLP-GC PFLP-Generalkommando PIRA Provisional Irish Republican Army PKK Arbeiterpartei Kurdistans PLO Palästinensische Befreiungsorganisation PMOI Organisation der Volksmojahedin Iran RAF Rote Armee Fraktion R. K. M. I. Rat der konstitutionellen Monarchie des Iran in der Bundesrepublik Deutschland RL Radikale Linke RP Wohlfahrtspartei RZ Revolutionäre Zellen SAG Sozialistische Arbeitergruppe SDAJ Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SNL Sächsische Nationale Liste SRMP Ständiger Rat Marxistischer Parteien TKP/M-L Türkische Kommunistische Partei/ Marxisten-Leninisten U. I. S. A. Union islamischer Studentenvereine in Europa USPD Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands UZ Unsere Zeit VAA Vereinigung der Arbeitskreise für Arbeitnehmerpolitik VL Vereinigte Linke VL Volkstreue Liste VOLKSFRONT Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg VORAN VORAN zur sozialistischen Demokratie e. V VSP Vereinigte Sozialistische Partei WN-BdA Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten WJ Wiking-Jugend e. V Sachwortregister 195 Computerspiele, rechtsextremistiSachwortregister sche 121 D A DECKERT, Günter 107, 112 f., 118, Action Directe 30 122 f. AGITARE BENE 37 DEHOUST, Peter 119 Aktion Lebensschutz 93 Demokratische Front für die Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Befreiung Palästinas Nationale Aktivisten (DFLP) 140, 142 (ANS/NA) 95. 98 Demokratische Partei Kurdistans/ ALTERMANN, Hans 110 Irak (DPK/Irak) 145 ALTHANS, Ewald 122 Der Deutsche Weg (DW) 95 Anarchisten 18, 35 Deutsche Allianz -- Heimatbündnis Anarcho-kommunistische Rheinland-Pfalz (DA) 115 Gruppen 33, 44 f. Deutsche Allianz -- Vereinigte Anarcho-syndikalistische Rechte 114 f. Gruppen 44 Deutsche Alternative (DA) 93, Angehörigen-Info 56 95 ANTIFA-JUGENDINFO 44 Deutsche Bürgerinitiative e. V. Antifaschismus 4 1 , 43 (DBI) 103 Antifaschistische Nachrichten 56 Deutsche Bürgerinitiative e. V. -- Arbeiterbund für den Wiederaufweltweit 103 Deutsche Friedens-Union bau der KPD (AB) 46, 58 (DFU) 52 f. Arbeiter Jugendverband/MarxiDeutsche Kommunistische Partei sten-Leninisten (AJV/ML) 54 (DKP) 18, 20, 46 ff., 50 ff., 56 Arbeiterpartei Kurdistans Deutsche Liga für Volk und Hei(PKK) 56, 143 ff. mat (Deutsche Liga) 74, 107, Ausbruch 36 114 ff. Autonome 35, 38 ff., 43 Deutsche National-Zeitung (DNZ) 107, 109 Deutscher Friedensrat 53 B Deutscher Jahrweiser 103 BORCHARDT, Siegfried 97 Deutsche Rundschau (DR) 114 f. BOSSE. Georg Albert 104 f. Deutsches Hessen (DH) 94 f. Brandund Sprengstoffanschläge Deutsche Stimme (DSt) 111, 118 23, 25, 28, 30, 32 f., 34 f., 40, Deutsche Volksunion (DVU) 74, 74 ff., 8 1 , 137 f., 148 f., 156 105, 107, 109 ff., 114 f., 123 Brigate Rosse - PCC Deutsche Wochen-Zeitung/ (BR-PCC) 34 Deutscher Anzeiger Bund Westdeutscher Kommu(DWZ/DA) 107, 109 nisten (BWK) 46, 55 f. Devrimci Isci Bürgerschaftswahlen (Revolutionärer Arbeiter) 149 - Bremen 100, 107, 109,112 Devrimci Sol (Revolutionäre -- Hamburg 95 Linke) 147, 149 BUSSE, Friedhelm 96 f. Die Bauernschaft 124 Die Bewegung 95 Die Deutsche Freiheitsbewegung C e. V (DDF) 104 Die NELKEN 46 CHRISTOPHERSEN, Thies 124 Dokumentation zur CLASH - Zeitung für den WiderZeitgeschichte 56 stand in Europa 36 Druckschriftenund ZeitungsverCODE 119 lag GmbH (DSZ-Verlag) 111 196 Sachwortregister E G Eidgenoss 124 Germania-Rundschreiben 124 ERBAKAN, Prof. Necmettin 151 Gesellschaft für biologische Europäische Neu-Ordnung Anthropologie, Eugenik und (ENO) 123 Verhaltensforschung (GfbAEV) 116 Gesellschaft für Freie Publizistik F (GFP) 116 Fatah 140 Gesellschaft für NachrichtenFAURISSON, erfassung und NachrichtenProf. Dr. Robert 119, 122 verbreitung, Verlagsgesellschaft Föderation der Arbeiter aus der Politische Berichte m. b. H. Türkei in Deutschland e. V. (GNN) 56 (AUF) 149 Gesetzesverletzungen ausFöderation der demokratischen ländischer Extremisten 137 ff. Arbeitervereine aus der Gesetzesverletzungen mit linksexTürkei in der Bundesrepublik tremistischem Hintergrund 20 Deutschland e. V. (DIDF) 149 Gesetzesverletzungen mit rechtsFöderation der patriotischen extremistischem Bezug 76, Arbeiterund Kulturvereini87 f. gungen aus Kurdistan Gesinnungsgemeinschaft der in der Bundesrepublik Neuen Front (GdNF) 92 f., 95 Deutschland e. V. (FEYKAGewaltaktionen 21, 38, 74 ff., Kurdistan) 144 82 f., 87, 91, 137, 154 Föderation der türkisch-demoGewaltfreie Aktionsgruppen 35, kratischen Idealistenvereine in 45 Europa e. V. (ADÜTDF) 149, GOERTH, Christa 100 151 GRAPO 35 Föderation Gewaltfreier Graswurzelbewegung 45 Aktionsgruppen (FÖGA) 45 Gruppe Internationaler Marxisten Förderverein Vereinigte (GIM) 57 Rechte 114 Gruppe K 57 FRANKE-GRICKSCH, Gruppe Revolutionärer SozialistinEkkehard 119 nen (IV Internationale) Frauenverband Courage 55 (GRS) 46, 58 Freie Arbeiterinnen und Arbeiter Union (FAU-IAA) 44 f. Freie Arbeiter-Union/Anarchistische Partei (FAU/AP) 45 H Freie Deutsche Jugend (fdj) 50 Halt 124 Freie GewerkschaftsHauptverwaltung Aufklärung bewegung 93 (HVA) 184, 187 Freiheitliche Buchund HEISE, Thorsten 84 Zeitschriftenverlag GmbH Hilfsorganisation für nationale poli(FZ-Verlag) 111 tische Gefangene und deren Freiheitliche Deutsche ArbeiterAngehörige e. V (HNG) 99 f. partei (FAP) 83, 86, 94, 96 ff., Hizb Allah (Partei Gottes) 143 118 HOCHEDER und Co KG - Freundeskreis Freiheit für Versandhandel 120 Deutschland (FFD) 116 HONSIK, Gerd 124 FREY, Dr. Gerhard 105, 107, 110 f. HÜBNER, Frank 95 Friedensrat der DDR 53 HÜBSCHEN, Erhard 113 Sachwortregister 197 I Land unter 37 LAUCK, Gary Rex 103.124 Institut für Marxistische Studien Legale Residenturen 177 f. und Forschungen e. V. LEUCHTER, Fred 119.122 f. (IMSF) 52 Liberation Tigers of Tamil Eelam INTERIM 33, 36, 40 (LTTE) 158 Internationale Arbeiter Assoziation (IAA) 44 Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation (ISA) 59 M Iranische Moslemische StudentenVereinigung Bundesrepublik Marx-Engels-Stiftung e. V Deutschland e. V. (IMSV) 153 (MES) 51 IRVING, David 110, 116, 119, Marxisten-Leninisten 46 122 f. Marxistische Gruppe (MG) 20, isw -- sozial-ökologische 62 f. Wirtschaftsforschung München Marxistisch-Leninistische Partei e. V. 52 Deutschlands (MLPD) 53 ff. Marxistisch-Leninistischer Bund Intellektueller (MLBI) 54 J Marxistisch-Leninistischer SchülerJunge Nationaldemokraten und Studenten-Verband (JN) 112 f., 118 (MLSV) 54 Milli Gazete (Nationalzeitung) 151 Ministerium für Staatssicherheit K (MfS) 28 f., 31, 53,174 ff., KENDZIA, Rudolf 114 182, 189 Kommunalwahlen Mitgliederzahlen, Ausländer-- Niedersachsen 112 extremismus 134, 137, 139, Kommunistische Arbeiterzeitung 143,146,151 f. (KAZ) 58 Mitgliederzahlen, LinksextremisKommunistische Partei Deutschmus 18, 48, 50, 53 f., 56 f., lands (KPD) 46 f. 59 f. Kommunistische Partei DeutschMitgliederzahlen, Rechtsextremislands/Marxisten-Leninisten mus 72, 74, 96, 98 ff., 110, (KPD) 57 112, 116 f. Kommunistischer Bund MOSLER. Jürgen 98 (KB) 56 f. MSZ -- Marxistische Streitund Kommunistischer Bund Zeitschrift gegen die Kosten Westdeutschland (KBW) 55 der Freiheit 62 Konföderation der Arbeiter aus der MÜLLER, Curt 100, 103 Türkei in Europa (ATIK) 149 MÜLLER, Ursula 100,103 konkret 57 MUSSGNUG, Martin 112, 114,116 KOSIEK, Dr. Rolf 116 Ku Klux Klan (KKK) 121 KÜHNEN, Michael 90, 92 f., 95 N KÜSSEL, Gottfried 93 Kurdistan-Rundbrief 56 Nachrichtendienste - Bulgariens 180 - der CSFR 180 L - der ehemaligen DDR 182 Landtagswahlen - der ehemaligen -- Hessen 95 Sowjetunion 170.176 f. -- Rheinland-Pfalz 115 - der Republik Polen 179 - Rumäniens 180 198 Sachwortregister NAHRATH. Wolfgang 118 P NAHRATH, Wolfram 118 Palästinensische BefreiungsNationaldemokraten 72, 74, organisation (PLO) 142 105, 122 Partei der Nationalistischen Nationaldemokratische Partei Bewegung (MHP) 151 Deutschlands (NPD) 74, 105, Partei des Demokratischen 107, 109, 111 f., 114 ff, 118 Sozialismus (PDS) 18, 44, Nationale Befreiungsfront Kurdi46 ff., 51 ff., 56, 58 f. stans (ERNK) 144 f. PHILIPP, Karl 122 Nationale Liste (NL) 93, 95 POHL, Helmut 31 Nationale Offensive (NO) 98 f. POLACEK, Karl 43, 97 Nationaler Block (NB) 94 Politische Berichte 56 Nationale Sammlung (N. S.) 95 Provisional Irish Republican Army Nationales Einsatzkommando (PIRA) 154 (NEK) 102 Publikationen extremistischer National-Freiheitliche 72, 105 Ausländervereinigungen 137 Nationalistische Front Publikationen, (NF) 100 f., 118 linksextremistische 20 Nationalsozialistische Deutsche Publikationen, Arbeiterpartei (NSDAP) 90 rechtsextremistische 74 Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei -- Auslandsund Aufbauorganisation (NSDAP-AO) 103 Nation Europa -- Deutsche Monatshefte 119 R Nation Europa-Verlag GmbH 119 radikal 37, 39 Neonationalsozialisten 82, 85, Radikale Linke (RL) 57 ff. 90, 99,103, 105, 121 f., 124 Rat der konstitutionellen Neonationalsozialistenkreis um Monarchie des Iran in der Curt MÜLLER 103 Bundesrepublik Deutschland NEUBAUER, Harald 114, 116 (R. K. M. I.) 153 Neue Linke 24 Recht und Wahrheit 104 Neue Nation 97 REISZ, Heinz 95 NS Kampfruf 103, 124 Remer-Depesche 104 REMER, Otto-Ernst 104 f. Revisionisten 122 ff. Revolutionäre Marxisten 46 Revolutionäre Zellen (RZ) 23, 31 ff., 35, 39 O RIEGER, Jürgen 116 OCHENSBERGER, Walter 124 ROEDER, Manfred 103 f. Ökologische Linke/Alternative Liste ROQUES, Henri 122 (ÖkoLi/AL) 59 Rote Armee Fraktion Organisation der iranischen Stu(RAF) 23 ff., 27 ff, 33 ff., 39 denten in der Bundesrepublik - Inhaftierte der RAF 25, Deutschland, Sympathisanten 27 ff. der Volksfedayin Guerilla Iran - Kommandobereich 25, (Volksfedayin-Minderheit) 27 ff., 35 (O. I. P. F. G.) 153 - Militante der RAF 25, 28 Organisation der Volksmojahedin - RAF-Umfeld 25, 28 ff, 35 Iran (PMOI) 153 Rote Zora 31 f. Sachwortregister 199 S V Sächsische Nationale Liste Verband der islamischen Vereine (SNL) 94 und Gemeinden e. V, Köln SCHÖNBORN, Meinolf 100, 122 (ICCB) 151 SCHÜTZINGER, Jürgen 114, 116 Vereinigte Linke (VL) 58 SCHWARZE GARDE 45 Vereinigte Sozialistische Partei Sieg 124 (VSP) 56 ff. Skinheads 72, 74 f., 77, 80 ff., Vereinigung der Arbeitskreise 90 ff.. 95, 110, 117, 121 für Arbeitnehmerpolitik Socialist Isci (Sl) 61 (VAA) 59 Sozialistische Arbeitergruppe Vereinigung der neuen Weltsicht (SAG) 60 ff. in Europa e. V (AMGT) 151 Sozialistische Deutsche ArbeiterVereinigung der Verfolgten jugend (SDAJ) 50 des Naziregimes -- Bund Sozialistische Einheitspartei der Antifaschisten (WN-BdA) Deutschlands (SED) 48, 52 f. 52 Sozialrevolutionäre 18, 31, 35 Verein Wissenschaft und Sprengstoffund BrandanSozialismus 51 schläge 23, 25, 28. 30, 32 f., Verlag Diagnosen 119 34 f., 40. 74 ff., 81, 137 f., Verlage, linksextremistische 20 148 f, 156 Verlage, rechtsextremistische 74, Ständiger Rat Marxistischer 111, 119 f. Parteien (SRMP) 46, 55, 58 Verlag Karl Waldemar SUDHOLT, Dr. Gert 116, 119 f. SCHÜTZ 120 Südwind 36 Verlagsgemeinschaft Berg 120 SWIERCZEK, Michael 98 Volksbefreiungsarmee Kurdistans SWING - Autonomes Rhein(ARGK) 145 Main-Info 36 Volksbund Rudolf Hess 93 Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) 140 f. Volksfront für die Befreiung T Palästinas -- Generalkommando Tatsachen 149 (PFLP-GC) 142 Terrorismus 23 Volksfront gegen Reaktion, THADDEN, Adolf von 116 Faschismus und Krieg Trotzkisten 58 (VOLKSFRONT) 55 f. trotzkistische Gruppen 59 Volkstreue Liste (VL) 94 TÜRKES, Alparslan 151 VORAN zur sozialistischen Türkische Kommunistische Partei/ Demokratie e. V. (VORAN) Marxisten-Leninisten 59 (TKP/M-L) 149 W U WAHL, Dr. Max 124 WALENDY, Udo 122 Ümmet'i Muhammed (Die Nation Mohammeds) 151 Wiking-Jugend e. V. (WJ) 117 f. Wohlfahrtspartei (RP) 151 Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands WORCH, Christian 93 (USPD) 46 WULFF, Thomas 93 UNFASSBA 37 Union islamischer Studentenver- Z eine in Europa (U.I.S.A.) 152 Unsere Zeit (UZ) 48 ZÜNDEL, Ernst 122 ff. 200 Gesetzestexte Strukturdaten gemäß SS 16 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz 1. Bundesamt für Verfassungsschutz 2 Militärischer Abschirmdienst Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt Der Zuschuß aus dem Bundeshaushalt betrug 1991 214.226.882,28 DM (1990: betrug 1991 147.141.000,-DM (1990: 218.579.422,71 DM). 141.182.000,-DM). Das Bundesamt für Verfassungsschutz Der militärische Abschirmdienst hatte hatte 1991 2.432 Bedienstete (1990: 1991 1.834 Bedienstete (1990: 1.948). 2.435)* * In den kommenden Jahren werden über 400 Stellen abgebaut. Gesetzestexte 201 Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes v o m 2 0 . Dezember 1 9 9 0 Artikel 2 und Auswertung von Informationen, insbesondere von sachund personenbezogenen AusGesetz über die Zusammenarbeit des künften, Nachrichten und Unterlagen, über Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche über das Bundesamt für Verfassungsdemokratische Grundordnung, den Bestand schutz (Bundesverfassungsschutzgeoder die Sicherheit des Bundes oder eines setz - BVerfSchG) Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Erster Abschnitt Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haZusammenarbeit, Aufgaben ben. der Verfassungsschutzbehörden 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses SS1 Gesetzes für eine fremde Macht, Zusammenarbeitspflicht 3. Bestrebungen im Geltungsbereich dieses (1) Der Verfassungsschutz dient dem Schutz Gesetzes, die durch Anwendung von Gewalt der freiheitlichen demokratischen Grundordoder darauf gerichtete Vorbereitungshandnung, des Bestandes und der Sicherheit des lungen auswärtige Belange der BundesrepuBundes und der Länder. blik Deutschland gefährden. (2) Der Bund und die Länder sind verpflichtet, (2) Die Verfassungsbehörden des Bundes in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und der Länder wirken mit zusammenzuarbeiten. 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Perso(3) Die Zusammenarbeit besteht auch in genen, denen im öffentlichen Interesse gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung. heimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich SS2 verschaffen können, Verfassungsschutz behörden 2. bei der Sicherheitsüberprüfung von Perso(1) Für die Zusammenarbeit des Bundes mit nen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen den Ländern unterhält der Bund ein Bundesamt von lebensoder verteidigungswichtigen für Verfassungsschutz als Bundesoberbehörde. Einrichtungen beschäftigt sind oder werden Es untersteht dem Bundesminister des Innern. sollen. Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf einer polizeilichen Dienststelle nicht angeglie3. bei technischen Sicherheistmaßnahmen dert werden. zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Ge(2) Für die Zusammenarbeit der Länder mit genständen oder Erkenntnissen gegen die dem Bund und der Länder untereinander unterKenntnisnahme durch Unbefugte. hält jedes Land eine Behörde zur Bearbeitung von Angelegenheiten des Verfassungsschutzes. Besteht die Mitwirkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz an der SicherheitsüberprüSS3 fung nach Satz 1 lediglich in der Auswertung bereits vorhandenen Wissens der BeschäftiAufgaben der Verfassungschutzgungsstelle, der Strafverfolgungsoder Sicherbehörden heitsbehörden, ist es erforderlich und ausrei(1) Aufgabe derVerfassungsschutzbehörden chend, wenn der Betroffene von der Einleitung des Bundes und der Länder ist die Sammlung der Überprüfung Kenntnis hat. Im übrigen ist 202 Gesetzestexte die Zustimmung erforderlich, soweit gesetzlich (2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundnichts anderes bestimmt ist. In die Sicherheitsordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen: überprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der a) das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit dem Wahlen und Abstimmungen und durch beBetroffenen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, sondere Organe der Gesetzgebung, der vollmiteinbezogen werden. ziehenden Gewalt und der Rechtsprechung (3) Die Verfassungsschutzbehörden sind an auszuüben und die Volksvertretung in allgedie allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden meiner, unmittelbarer, freier, gleicher und (Artikel 20 des Grundgesetzes). geheimer Wahl zu wählen. b) die Bindung der Gesetzgebung an die verfasSS4 sungsmäßige Ordnung und die Bindung der Begriffsbestimmungen vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht, (1) Im Sinne dieses Gesetzes sind c) das Recht auf Bildung und Ausübung einer a) Bestrebungen gegen den Bestand des Bunparlamentarischen Opposition, des oder eines Landes solche politisch bestimmten, zielund zweckgerichteten Verd) die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verhaltensweisen in einem oderfür einen Persoantwortlichkeit gegenüber der Volksvertrenenzusammenschluß, der darauf gerichtet tung, ist, die Freiheit des Bundes oder eines Lane) die Unabhängigkeit der Gerichte, des von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu f) der Ausschluß jeder Gewaltund Willkürihm gehörendes Gebiet abzutrennen; herrschaft und b) Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bung) die im Grundgesetz konkretisierten Mendes oder eines Landes solche politisch beschenrechte. stimmten, zielund zweckgerichteten Verhaltensweisen in einem oderfüreinen PersoSS 5 nenzusammenschluß, der darauf gerichtet Abgrenzung der Zuständigkeiten ist, den Bund, Länder oder deren Einrichtunder Verfassungsschutzbehörden gen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen; (1) Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sammeln Informationen, Auskünfte, c) Bestrebungen gegen die freiheitliche demoNachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer kratische Grundordnung solche politisch Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie bestimmten, zielund zweckgerichteten Verdem Bundesamt für Verfassungsschutz und den haltensweisen in einem oderfür einen PersoLandesbehörden für Verfassungsschutz, soweit nenzusammenschluß, der darauf gerichtet es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Geltung zu setzen. darf in einem Lande im Benehmen mit der Landesbehörde für Verfassungsschutz InformatioFür einen Personenzusammenschluß handelt, nen, Auskünfte und Unterlagen im Sinne des SS 3 wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich sammeln. Bei Bestrebungen und Tätigkeiten im unterstützt. Vorraussetzung für die Sammlung Sinne des SS 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ist Voraussetzung und Auswertung von Informationen im Sinne daß des SS 3 Abs. 1 ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte. Verhaltensweisen von Einzelperso1. sie sich ganz oder teilweise gegen den Bund nen, die nicht in einem oderfüreinen Personenrichten, zusammenschluß handeln, sind Bestrebungen 2. sie sich über den Bereich eines Landes hinim Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwenaus erstrecken, dung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutz3. sie auswärtige Belange der Bundesrepublik gut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen. Deutschland berühren oder Gesetzestexte 203 4. eine Landesbehörde für Verfassungsschutz SS 7 das Bundesamt für Verfassungsschutz um Weisungsrechte des Bundes ein Tätigwerden ersucht. Die Bundesregierung kann, wenn ein Angriff auf Das Benehmen kann für eine Reihe gleichgedie verfassungsmäßige Ordnung des Bundes lagerter Fälle hergestellt werden. erfolgt, den obersten Landesbehörden die für (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund unterrichtet die Landesbehörden für Verfasauf dem Gebiete des Verfassungsschutzes ersungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntforderlichen Weisungen erteilen. nis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist. Zweiter Abschnitt Bundesamt für Verfassungsschutz SS6 Gegenseitige Unterrichtung SS 8 der Verfassungsschutzbehörden Befugnisse des Bundesamtes Die Verfassungsschutzbehörden sind verpflichfür Verfassungsschutz tet, beim Bundesamt für Verfassungsschutz zur (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Erfüllung der Unterrichtungspflichten nach SS 5 darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderligemeinsame Dateien zu führen, die sie im autochen Informationen einschließlich personenbematisierten Verfahren nutzen. Diese Dateien zogener Daten erheben, verarbeiten und nutzen, enthalten nur die Daten, die zum Auffinden von soweit nicht die anzuwendenden BestimmunAkten und der dazu notwendigen Identifizierung gen des Bundesdatenschutzgesetzes oder bevon Personen erforderlich sind. Die Speicherung sondere Regelungen in diesem Gesetz entgepersonenbezogener Daten ist nur unter der Vorgenstehen. aussetzungen der SSSS 10 und 11 zulässig. Der Abruf im automatisierten Verfahren durch ande(2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz re Stellen ist nicht zulässig. Die Verantwortung darf Methoden, Gegenstände und Instrumente einer speichernden Stelle im Sinne der allgezur heimlichen Informationsbeschaffung, wie meinen Vorschriften des Datenschutzrechts den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährsträgt jede Verfassungsschutzbehörde nurfürdie personen, Observationen, Bildund Tonaufvon ihr eingegebenen Daten; nur sie darf diese zeichnungen, Tarnpapiere und TarnkennzeiDaten verändern, sperren oder löschen. Die einchen anwenden. Diese sind in einer Dienstvorgebende Stelle muß feststellbar sein. Das Bunschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit desamt für Verfassungsschutz trifft für die gefür die Anordnung solcher Informationsbemeinsamen Dateien die technischen und schaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf organisatorischen Maßnahmen nach SS 9 des der Zustimmung des Bundesministers des InBundesdatenschutzgesetzes. Die Führung von nern, der die Parlamentarische KontrollkommisTextdateien oder Dateien, die weitere als die in sion unterrichtet. Satz 2 genannten Daten enthalten, ist unter den Voraussetzungen dieses Paragraphen nurzuläs(3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungssig für eng umgrenzte Anwendungsgebiete zur befugnisse stehen dem Bundesamt für VerfasAufklärung von sicherheitsgefährdenden oder sungsschutz nicht zu; es darf die Polizei auch geheimdienstlichen Tätigkeiten für eine fremde nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen Macht oder von Bestrebungen, die darauf geersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist. richtet sind, Gewalt anzuwenden oder Gewalt(4) Werden personenbezogene Daten beim anwendungen vorzubereiten. Die ZugriffsbeBetroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist rechtigung ist auf Personen zu beschränken, die der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffeunmittelbar mit Arbeiten in diesem Anwenne ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und dungsgebiet betraut sind; in der Dateienordbei einer Sicherheitsüberprüfung nach SS 3 Abs. nung (SS14) ist die Erforderlichkeit der Aufnahme 2 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstivon Textzusätzen in der Datei zu begründen. ge vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen. 204 Gesetzestexte (5) Von mehreren geeigneten Maßnahmen (3) Bei Erhebung nach Absatz 2 und solhat das Bundesamt für Verfassungsschutz diechen nach Absatz 1, die in ihrer Art und Schwere jenige zu wählen, die den Betroffenen vorauseiner Beschränkung des Brief-, Postund Fernsichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine meldegeheimnisses gleichkommen, wozu insMaßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, besondere das Abhören und Aufzeichnen des der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabnicht öffentlich gesprochenen Wortes mit dem sichtigten Erfolg steht. verdeckten Einsatz technischer Mittel gehören, ist SS9 Besondere Formen für Datenerhebung 1. der Eingriff nach seiner Beendigung dem Betroffenen mitzuteilen, sobald eine Gefähr(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz dung des Zweckes des Eingriffs ausgedarf Informationen, insbesondere personenbeschlossen werden kann, und zogene Daten, mit den Mitteln gemäß SS 8 Abs. 2 erheben, wenn Tatsachen die Annahme recht2. die Parlamentarische Kontrollkommission zu fertigen, daß unterrichten. 1. auf diese Weise Erkenntnisse über BestreDie durch solche Maßnahmen erhobenen Inforbungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 oder mationen dürfen nur nach Maßgabe des SS 7 die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erAbs. 3 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz forderlichen Quellen gewonnen werden könverwendet werden. nen oder SS 10 2. dies zum Schutz der Mitarbeiter, EinrichtunSpeicherung, Veränderung und gen, Gegenstände und Quellen des BundesNutzung personenbezogener Daten amtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Tätigkeiten erforderlich ist. darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn und nutzen, wenn die Erforschung des Sachverhaltes auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende 1. tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen Weise möglich ist; eine geringere Beeinträchtioder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 vorliegen. gung ist in der Regel anzunehmen, wenn die In2. dies für die Erforschung und Bewertung von formation aus allgemein zugänglichen Quellen Bestrebungen oder Tätigkeiten nach SS 3 Abs. oder durch eine Auskunft nach SS 18 Abs. 3 ge- 1 erforderlich ist oder wonnen werden kann. Die Anwendung eines Mittels gemäß SS 8 Abs. 2 darf nicht erkennbar 3. das Bundesamt für Verfassungsschutz nach außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzukläSS 3 Abs. 2 tätig wird. renden Sachverhaltes stehen. Die Maßnahme (2) Zur Aufgabenerfüllung nach SS 3 Abs. 2 ist unverzüglich zu beenden, wenn ihr Zweck erdürfen in automatisierten Dateien nur personenreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergebezogene Daten über die Personen gespeichert ben, daß er nicht oder nicht auf dieses Weise erwerden, die der Sicherheitsüberprüfung unterreicht werden kann. liegen oder in die Sicherheitsüberprüfung ein(2) Das in einer Wohnung nicht öffentlich gebezogen werden. sprochene Wort darf mit technischen Mitteln (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat nur heimlich mitgehört oder aufgezeichnet werdie Speicherungsdauer auf das für seine Aufgaden, wenn es im Einzelfall zur Abwehr einer gebenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken. genwärtigen gemeinen Gefahr oder einer gegenwärtigen Lebensgefahr für einzelne PersoSS 11 nen unerläßlich ist und geeignete polizeiliche Speicherung, Veränderung und Hilfe für das bedrohte Rechtsgut nicht rechtzeiNutzung personenbezogener Daten tig erlangt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend von Minderjährigen für einen verdeckten Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen und Bild(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz aufzeichnungen. darf unter den Voraussetzungen des SS 10 Daten Gesetzestexte 205 über Minderjährige vor Vollendung des 16. lung eines ordnungsgemäßen Betriebes einer Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten Datenverarbeitungsanlage gespeichert werden, nur speichern, verändern und nutzen, wenn dürfen nur für diese Zwecke verwendet werden. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Minderjährige eine der in SS 2 des Gesetzes SS 13 zu Artikel 10 Grundgesetz genannten Straftaten Berichtigung und Sperrung plant, begeht oder begangen hat. In Dateien ist personenbezogener Daten in Akten eine Speicherung von Daten oder über das Verhalten MinderjährigervorVollendungdes16. Le(1) Stellt das Bundesamt für Verfassungsbensjahres nicht zulässig. schutz fest, daß in Akten gepeicherte personenbezogene Daten unrichtig sind oder wird ihre (2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten Richtigkeit von dem Betroffenen bestritten, so Akten gespeicherte Daten über Minderjährige ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonsind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit stige Weise festzuhalten. der Speicherung zu überprüfen und spätestens nach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz nach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkennthat personenbezogene Daten zu sperren, wenn nisse nach SS 3 Abs. 1 angefallen sind. es im Einzelfall feststellt, daß ohne die Sperrung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden und die Dateien für seine SS12 künftige Aufgabenerfüllung nicht mehr erforBerichtigung, Löschung und Sperrung derlich sind. Gesperrte Daten sind mit einem personenbezogener Daten in Dateien entsprechenden Vermerk zu versehen; sie dür(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz fen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. hat die in Dateien gespeicherten personenbezoEine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn genen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen. sind. SS 14 (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Dateianordnungen hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speiche(1) Für jede automatisierte Datei beim Bunrung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die desamt für Verfassungsschutz nach SS 6 oder SS Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. 10 sind in einer Dateianordnung, die der ZustimDie Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der mung des Bundesministers des Innern bedarf, Annahme besteht, daß durch sie schutzwürdige festzulegen: Interessen des Betroffenen beeinträchtigt wür1. Bezeichnung der Datei, den. In diesem Falle sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung des Betrof2. Zweck der Datei, fenen übermittelt werden. 3. Voraussetzungen der Speicherung, Über(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz mittlung und Nutzung (betroffener Persoprüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach nenkreis, Arten der Daten), festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jah4. Anlieferung oder Eingabe, ren, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespei5. Zugangsberechtigung, cherte personenbezogene Daten über Bestre6. Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer, bungen nach SS 3 Abs. 1 Nr. 1 oder 3 sind spätestens zehn Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten 7. Protokollierung. gespeicherten relevanten Information zu Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz ist löschen, es sei denn, der Behördenleiter oder vor Erlaß einer Dateianordnug anzuhören. sein Vertreter trifft im Einzelfall ausnahmsweise eine andere Entscheidung. (2) Die Speicherung personenbezogener Daten ist auf das erforderliche Maß zu beschrän(4) Personenbezogene Daten, die ausken. In angemessenen Abständen ist die Notschließlich zu Zwecken der Datenschutzkonwendigkeit der Weiterführung oder Änderung trolle, der Datensicherung oder zur Sicherstelder Dateien zu überprüfen. 206 Gesetzestexte (3) In der Dateianordnung über automatischutz wenden kann. Dem Bundesbeauftragten sierte personenbezogene Textdateien ist die Zufür den Datenschutz ist auf sein Verlangen Ausgriffsberechtigung auf Personen zu beschränkunft zu erteilen, soweit nicht der Bundesminiken, die unmittelbar mit Arbeiten in dem Gebiet ster des Innern im Einzelfall feststellt, daß dabetraut sind, dem die Textdateien zugeordnet durch die Sicherheit des Bundes oder eines sind; Auszüge aus Textdateien dürfen nicht Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Bunohne die dazugehörenden erläuternden Unterdesbeauftragten an den Betroffenen dürfen lagen übermittelt werden. keine Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand des Bundesamtes für Verfassungsschutz zulassen, sofern es nicht einer weitergehenden AusSS 15 kunft zustimmt. Auskunft an den Betroffenen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz erteilt dem Betroffenen über zu seiner Person SS 16 gespeicherte Daten auf Antrag unentgeltlich Berichtspflicht des Bundesamtes für Auskunft, soweit er hierzu auf einen konkreten Verfassungsschutz Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt. (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichtet den Bundesminister des Innern (2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit über seine Tätigkeit. 1. eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung (2) Die Unterrichtung nach Absatz 1 dient durch die Auskunftserteilung zu besorgen auch der Aufklärung der Öffentlichkeit durch ist, den Bundesminister des Innern über Bestrebun2. durch die Auskunftserteilung Quellen gegen und Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1, die minfährdet sein können oder die Ausforschung destens einmal jährlich in einem zusammenfasdes Erkenntnisstandes oder der Arbeitssenden Bericht erfolgt. Dabei dürfen auch weise des Bundesamtes für Verfassungspersonenbezogene Daten bekanntgegeben schutz zu befürchten ist, werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhanges oder der Dar3. die Auskunft die öffentliche Sicherheit gestellung von Organisationen oder unorganisierfährden oder sonst dem Wohl des Bundes ten Gruppierungen erforderlich ist und die Interoder eines Landes Nachteile bereiten würde essen der Allgemeinheit das schutzwürdige Inoder teresse der Betroffenen überwiegen. In dem 4. die Daten oder die Tatsache der Speicherung Bericht sind die Zuschüsse des Bundeshaushalnach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wetes an das Bundesamt für Verfassungsschutz sen nach, insbesondeere wegen der überund den Militärischen Abschirmdienst sowie wiegenden berechtigten Interessen eines die jeweilige Gesamtzahl ihrer Bediensteten Dritten, geheimgehalten werden müssen. anzugeben. Die Entscheidung trifft der Behördenleiter oder ein von ihm besonders beauftragter Mitarbeiter. Dritter Abschnitt (3) Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich Übermittlungsvorschriften nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen. SS 17 (4) Die Ablehnung der Auskunftserteilung beZulässigkeit von Ersuchen darf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet (1)Wird nach den Bestimmungen dieses würde. Die Gründe der AuskunftsverweigeAbschnittes um Übermittlung von personenberung sind aktenkundig zu machen. Wird die zogenen Daten ersucht, dürfen nur die Daten Auskunftserteilung abgelehnt, ist der Betroffene übermittelt werden, die bei der ersuchten auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Behörde bekannt sind oder aus allgemein Begründung und darauf hinzuweisen, daß er zugänglichen Quellen entnommen werden könsich an den Bundesbeauftragten für den Datennen. Gesetzestexte 207 (2) Absatz 1 gilt nicht für besondere Ersuwenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestechen der Verfassungsschutzbehörden, des Milihen, daß die Übermittlung für die Erfüllung der tärischen Abschirmdienstes und des BundesAufgaben der Verfassungsschutzbehörde erfornachrichtendienstes um solche Daten, die bei derlich ist. Absatz 1 Satz 3 findet Anwendung. der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben (3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz bekannt werden. Die Zulässigkeit dieser besondarf zur Erfüllung seiner Aufgaben die Staatsanderen Ersuchen und ihre Erledigung regelt der waltschaften und, vorbehaltlich der staatsanBundesminister des Innern in einer Dienstanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Poliweisung. Er unterrichtet die Parlamentarische zeien sowie andere Behörden um Übermittlung Kontrollkommission über ihren Erlaß und erforder zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen derliche Änderungen. Satz 2 und 3 gilt nicht für Informationen einschließlich personenbezogedie besonderen Ersuchen zwischen Behörden ner Daten ersuchen, wenn sie nicht aus allgedesselben Bundeslandes. mein zugänglichen Quellen oder nur mit übermäßigem Aufwand oder nur durch eine den BeSS18 troffenen stärker belastende Maßnahme erhoben werden können. Unter den gleichen VorÜbermittlung von Informationen aussetzungen dürfen Verfassungsschutzbehöran die Verfassungsschutzbehörden den der Länder (1) Die Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffent1. Behörden des Bundes und der bundesunlichen Rechts, die Staatsanwaltschaften und, mittelbaren juristischen Personen des öffentvorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen lichen Rechts, Sachleitungsbefugnis, die Polizeien sowie der 2. Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der Zoll, soweit er Aufgaben nach dem Bundesstaatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefuggrenzschutzgesetz wahrnimmt, unterrichten nis, Polizeien des Bundes und anderer Länvon sich aus das Bundesamt für Verfassungsder um die Übermittlung solcher Informatioschutz oder die Verfassungsschutzbehörde des nen ersuchen. Landes über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder ge(4) Würde durch die Übermittlung nach Abheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde satz 3 Satz 1 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beMacht oder Bestrebungen im Geltungsbereich einträchtigt, darf das Bundesamt für Verfasdieses Gesetztes erkennen lassen, die durch sungsschutz bei der Wahrnehmung der AufgaAnwendung von Gewalt oder darauf gerichtete ben nach SS 3 Abs. 1 Nr. 2 und 3 sowie bei der BeVorbereitungshandlungen gegen die in SS 3 Abs. obachtung terroristischer Bestrebungen amtli- 1 Nr. 1 und 3 genannten Schutzgüter gerichtet che Register einsehen. sind. Über Satz 1 hinausgehende Unterrichtungspflichten nach dem Gesetz über den Mili(5) Die Ersuchen nach Absatz 3 sind aktentärischen Abschirmdienst oder dem Gesetz kundig zu machen. Über die Einsichtnahme über den Bundesnachrichtendienst bleiben unnach Absatz 4 hat das Bundesamt für Verfasberührt. Auf die Übermittlung von Informationen sungsschutz einen Nachweis zu führen, aus zwischen Behörden desselben Bundeslandes dem der Zweck und die Veranlassung, die erfindet Satz 1 keine Anwendung. suchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzube(2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltwahren, gegen unberechtigten Zugriff zu silich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungschern und am Ende des Kalenderjahres, das befugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnimmt, und der Bundesnachrichtendienst (6) Die Übermittlung personenbezogener dürfen darüber hinaus von sich aus dem BunDaten, die auf Grund einer Maßnahme nach desamt für Verfassungsschutz oder der VerfasSS 100 a der Straf prozeßordnung bekanntgeworsungsschutzbehörde des Landes auch alle anden sind, ist nach den Vorschriften der Absätze deren ihnen bekanntgewordenen Informatio1, 2 und 3 nur zulässig, wenn tatsächliche Annen einschließlich personenbezogener Daten haltspunkte dafür bestehen, daß jemand eine über Bestrebungen nach SS 3 Abs. 1 übermitteln. der in SS 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundge- 208 Gesetzestexte setz genannten Straftaten plant, begeht oder (4) Personenbezogene Daten dürfen an anbegangen hat. Auf die einer Verfassungsschutzdere Stellen nicht übermittelt werden, es sei behörde nach Satz 1 übermittelten Kenntnisse denn, daß dies zum Schutz der freiheitlichen deund Unterlagen findet SS 7 Abs. 3 und 4 des Gemokratischen Grundordnung, des Bestandes setzes zu Artikel 10 Grundgesetz entsprechende oder der Sicherheit des Bundes oder eines LanAnwendung. des erforderlich ist und der Bundesminister des Innern seine Zustimmung erteilt hat. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt über die SS 19 Auskunft nach Satz 1 einen Nachweis, aus dem Übermittlung personenbezogener Dader Zweck der Übermittlung, ihre Veranlassung, t e n durch das Bundesamt für Verfasdie Aktenfundstelle und der Empfänger hervorgehen; die Nachweise sind gesondert aufzubesungsschutz wahren, gegen unberechtigten Zugriff zu si(1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz chern und am Ende des Kalenderjahres, das darf personenbezogene Daten an inländische dem Jahr ihrer Erstellung folgt, zu vernichten. Behörden übermitteln, wenn dies zur Erfüllung Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur seiner Aufgaben erforderlich ist oder der Empzu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm fänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen übermittelt wurden. Der Empfänger ist auf die demokratischen Grundordnung oder sonst für Verwendungsbeschränkung und darauf hinzuZwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. weisen, daß das Bundesamt für VerfassungsDer Empfänger darf die übermittelten Daten, soschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur genommene Verwendung der Daten zu bitten. zu dem Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden. (2) Das Bundesamt für Verfassungsschutz SS 20 darf personenbezogene Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte übermitteln, soÜbermittlung von Informationen weit die Bundesrepublik Deutschland dazu im durch das Bundesamt für VerfassungsRahmen von Artikel 3 des Zusatzabkommens zu schutz an Strafverfolgungsund dem Abkommen zwischen den Parteien des Sicherheitsbehörden in Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung Angelegenheiten des Staatsund ihrer Truppen hinsichtlich der in der BundesreVerfassungsschutzes publik Deutschland stationierten ausländischen (1) Das Bundesamt für Verfassungsschutz Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. übermittelt den Staatsanwaltschaften und, vor1183,1218) verpflichtet ist. behaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachlei(3) Das Bundesamt für Verfassungsschutz tungsbefugnis, den Polizeien von sich aus die darf personenbezogene Daten an ausländische ihm bekanntgewordenen Informationen einöffentliche Stellen sowie an überund zwischließlich personenbezogener Daten, wenn schenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben die Übermittlung zur Verhinderung oder Verfoloder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsintergung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. essen des Empfängers erforderlich ist. Die Delikte nach Satz 1 sind die in SS SS 74 a und 120 Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Bedes Gerichtsverfassungsgesetzes genannten lange der Bundesrepublik Deutschland oder Straftaten sowie sonstige Straftaten, bei denen überwiegende schutzwürdige Interessen des auf Grund ihrer Zielsetzung, des Motivs des TäBetroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ters oder dessen Verbindung zu einer Organisaist aktenkundig zu machen. Der Empfänger ist tion tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, darauf hinzuweisen, daß die übermittelten Dadaß sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchstabe ten nur zu dem Zweck verwendet werden dür- b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das güter gerichtet sind. Das Bundesamt für VerfasBundesamt für Verfassungsschutz sich vorbesungsschutz übermittelt dem Bundesnachrichhält, um Auskunft über die vorgenommene Vertendienst von sich aus die ihm bekanntwendung der Daten zu bitten. gewordenen Informationen einschließlich per- Gesetzestexte 209 sonenbezogener Daten, wenn tatsächliche AnSS 23 haltspunkte dafür bestehen, daß die ÜbermittÜbermittlungsverbote lung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben Die Übermittlung nach den Vorschriften dieses des Empfängers erforderlich ist. Abschnitts unterbleibt, wenn (2) Die Polizeien dürfen zur Verhinderung von 1. für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, Staatsschutzdelikten nach Absatz 1 Satz 2 das daß unter Berücksichtigung der Art der InforBundesamt für Verfassungsschutz um Übermationen und ihrer Erhebung die schutzwürmittlung der erforderlichen Informationen eindigen Interessen des Betroffenen das Allschließlich personenbezogener Daten ersugemeininteresse an der Übermittlung überchen. Der Bundesnachrichtendienst darf zur Erwiegen, füllung seiner Aufgaben das Bundesamt ^ V e r - fassungsschutz um die Übermittlung der erfor2. überwiegende Sicherheitsinteressen dies erderlichen Informationen einschließlich persofordern oder nenbezogener Daten ersuchen. 3. besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen; die Verpflichtung SS21 zur Wahrung gesetzlicher GeheimhaltungsÜbermittlung von Informationen pflichten oder von Berufsoder besonderen durch die Verfassungsschutzbehörden Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlider Länder an Strafverfolgungschen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt. und Sicherheitsbehörden SS 24 in Angelegenheiten des StaatsMinderjährigenschutz und Verfassungsschutzes (1) Informationen einschließlich personen(1) Die Verfassungsschutzbehörden der Länbezogener Daten über das Verhalten Minderjähder übermitteln den Staatsanwaltschaften und, riger dürfen nach den Vorschriften dieses Gevorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachsetzes übermittelt werden, solange die Vorausleitungsbefugnis, den Polizeien Informationen setzungen der Speicherung nach SS 11 erfüllt sind. einschließlich personenbezogener Daten unter Liegen diese Voraussetzungen nicht mehr vor, den Voraussetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz 1 und bleibt eine Übermittlung nur zulässig, wenn sie 2 sowie Abs. 2 Satz 1. Auf die Übermittlung von zur Abwehr einer erheblichen Gefahr oder zur Informationen zwischen Behörden desselben Verfolgung einer Straftat von erheblicher BeBundeslandes findet Satz 1 keine Anwendung. deutung erforderlich ist. (2) Die Verfassungsschutzbehörden der Län(2) Informationen einschließlich personender übermitteln dem Bundesnachrichtendienst bezogener Daten über das Verhalten Minderjähund dem Militärischen Abschirmdienst Informariger vor Vollendung des 16. Lebensjahres dürtionen einschließlich personenbezogener Daten fen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht unter den Voraussetzungen des SS 20 Abs. 1 Satz an ausländische oder überoder zwischenstaat- 3 sowie Abs. 2 Satz 2. liche Stellen übermittelt werden. SS 25 SS22 Pflichten des Empfängers Übermittlung von Informationen durch Der Empfänger prüft, ob die nach den Vorschrifdie Staatsanwaltschaften und Polizeien ten dieses Gesetzes übermittelten personenbean den Militärischen Abschirmdienst zogenen Daten für die Erfüllung seiner AufgaFür Übermittlung von Informationen einschließben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, daß sie lich personenbezogener Daten durch die nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, wenn die Trennung von anderen Informationen, die Polizeien sowie den Zoll, soweit er Aufgaben die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nach dem Bundesgrenzschutzgesetz wahrnicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand nimmt, an den Militärischen Abschirmdienst finmöglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu det SS 18 entsprechende Anwendung. sperren. 210 Gesetzestexte SS 26 SS 4 des, Bundesverfassungsschutzgesetzes finNachberichtspflicht det Anwendung. Erweisen sich personenbezogene Daten (2) Darüber hinaus obliegt dem Militärischen nach ihrer Übermittlung nach den Vorschriften Abschirmdienst zur Beurteilung der Sicherheitsdieses Gesetzes als unvollständig oder unrichlage tig, so sind sie unverzüglich gegenüber dem 1. von Dienststellen und Einrichtungen im GeEmpfänger zu berichtigen, es sei denn, daß dies schäftsbereich des Bundesministers der Verfür die Beurteilung eines Sachverhalts ohne Beteidigung und deutung ist. 2. von Dienststellen und Einrichtungen der verbündeten Streitkräfte und der internationalen Vierter Abschnitt militärischen Hauptquartiere, wenn die Bundesrepublik Deutschland in internationalen Schlußvorschriften Vereinbarungen Verpflichtungen zur SicherSS 27 heit dieser Dienststellen und Einrichtungen übernommen hat und die Beurteilung der SiGeltung des Bundesdatenschutzcherheitslage im Einvernehmen zwischen gesetzes dem Bundesminister der Verteidigung und Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 3 durch den zuständigen obersten Landesbehörden das Bundesamt für Verfassungsschutz finden dem Militärischen Abschirmdienst übertradie SS SS 10 und 13 bis 20 des Bundesdatenschutzgen worden ist. gesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Fortdie Auswertung von Infromationen über die in entwicklung der Datenverarbeitung und des DaAbsatz 1 genannten Bestrebungen und Tätigkeitenschutzes keine Anwendung. ten gegen diese Dienststellen und Einrichtungen, auch soweit sie von Personen ausgehen Artikel 3 oder ausgehen sollen, die nicht dem Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung Gesetz angehören oder in ihm tätig sind. über den Militärischen Abschirmdienst (MAD-Gesetz-MADG) (3) Der Militärische Abschirmdienst wirkt mit SS 1 1. bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die dem Geschäftsbereich des BundesAufgaben ministers der Verteidigung angehören, in ihm (1) Aufgabe des Militärischen Abschirmtätig sind oder werden sollen und dienstes des Bundesministers der Verteidigung a) denen im öffentlichen Interesse geheimist die Sammlung und Auswertung von Informahaltungsbedürftige Tatsachen, Gegentionen, insbesondere von sachund personenstände oder Erkenntnisse anvertraut werbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unden, die Zugang dazu erhalten sollen oder terlagen, über ihn sich verschaffen können, oder 1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche deb) die an sicherheitsempfindlichen Stellen mokratische Grundordnung, den Bestand des Geschäftsbereichs des Bundesminioder die Sicherheit des Bundes oder eines sters der Verteidigung eingesetzt sind Landes gerichtet sind, oder werden sollen, 2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienst2. bei technischen Sicherheitsmaßnahmen im liche Tätigkeiten im Geltungsbereich dieses Geschäftsbereich des Bundesministers der Gesetzes für eine fremde Macht, Verteidigung zum Schutz von im öffentlichen wenn sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsagegen Personen, Dienststellen oder Einrichtunchen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen im Geschäftsbereich des Bundesministers gen die Kenntnisnahme durch Unbefugte. der Verteidigung richten und von Personen ausBesteht die Mitwirkung des Militärischen Abgehen oder ausgehen sollen, die diesem Geschirmdienstes an der Sicherheitsüberprüfung schäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind. nach Satz 1 lediglich in der Auswertung Gesetzestexte 211 bereits vorhandenen Wissens der BeschäftiPersonen ausüben, die dem Geschäftsbereich gungsstelle, der Strafverfolgungsoder Sicherdes Bundesministers der Verteidigung nicht anheitsbehörden, ist es erforderlich und ausreigehören oder nicht in ihm tätig sind. chend, wenn der Betroffene von der Einleitung der Überpüfung Kenntnis hat. Im übrigen ist die SS3 Zustimmung erforderlich, soweit gesetzlich Zusammenarbeit nichts anderes bestimmt ist. In die Sicherheitsmit den Verfassungsschutzbehörden überprüfung dürfen mit ihrer Zustimmung der Ehegatte, Verlobte oder die Person, die mit dem (1) Der Militärische Abschirmdienst und die Betroffenen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, Verfassungsschutzbehörden arbeiten bei der miteinbezogen werden. Erfüllung ihrer Aufgaben zusammen. Die Zusammenarbeit besteht auch in gegenseitiger (4) Der Militärische Abschirmdienst darf eiUnterstützung und Hilfeleistung. ner polizeilichen Dienststelle nicht angegliedert werden. (2) Zur Fortführung von Aufgaben nach SS 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (5) Der Militärische Abschirmdienst ist an die kann eine Verfassungsschutzbehörde, soweit es allgemeinen Rechtsvorschriften gebunden (Arim Einzelfall zwingend erforderlich ist, im Betikel 20 des Grundgesetzes). nehmen mit dem Militärischen Abschirmdienst Maßnahmen auf Personen erstrecken, die dem SS 2 Geschäftsbereich des Bundesministers der VerZuständigkeit in besonderen Fällen teidigung angehören oder in ihm tätig sind und der Zuständigkeit des Militärischen Abschirm(1) Zur Fortführung von Aufgaben nach SS 1 dienstes unterliegen. Dies ist nur zulässsig geAbs. 1 kann der Militärische Abschirmdienst, sogenüber Personen, bei denen tatsächliche Anweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, haltspunkte dafür bestehen, daß sie mit einer seine Befugnisse gegenüber Personen ausPerson aus dem Zuständigkeitsbereich der Verüben, die dem Geschäftsbereich des Bundesfassungsschutzbehörde bei Bestrebungen oder ministers der Verteidigung nicht angehören Tätigkeiten nach SS 3 Abs. 1 des Bundesverfasoder nicht in ihm tätig sind. Dies ist nur zulässig sungsschutzgesetzes zusammenarbeiten, und wenn anderenfalls die weitere Erforschung des 1. gegenüber dem Ehegatten oder Verlobten Sachverhalts gefährdet oder nur mit übermäßieiner in SS 1 Abs. 1 genannten Person oder gem Aufwand möglich wäre. dem mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft Lebenden, wenn angenommen werden (3) Der Militärische Abschirmdienst und das muß, daß Bestrebungen oder Tätigkeiten Bundesamt für Verfassungsschutz unterrichten nach SS 1 Abs. 1 auch von ihm ausgehen. einander über alle Angelegenheiten, deren 2. im Benehmen mit der zuständigen VerfasKenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforsungungsschutzbehörde gegenüber Persoderlich ist. nen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte SS4 dafür bestehen, daß sie mit einer in SS 1 Abs. 1 genannten Person bei Bestrebungen oder Befugnisse des Militärischen Tätigkeiten nach SS 1 Abs. 1 zusammenarbeiAbschirmdienstes ten, und wenn anderenfalls die weitere Erforschung des Sachverhalts gefährdet oder nur (1) Der Militärische Abschirmdienst darf die mit übermäßigem Aufwand möglich wäre. zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezoge(2) Zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtunner Daten erheben, verarbeiten und nutzen nach gen, Gegenstände und Quellen gegen sicherSS 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, soheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigweit nicht die anzuwendenden Bestimmungen keiten kann der Militärische Abschirmdienst in des Bundesdatenschutzgesetzes oder besonWahrnehmung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1, dere Regelungen in diesem Gesetz entgegensoweit es im Einzelfall zwingend erforderlich ist, stehen. Er ist nicht befugt, personenbezogene im Benehmen mit derzuständigen VerfassungsDaten zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 schutzbehörde seine Befugnisse gegenüber Abs. 2 zu erheben. SS 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 des 212 Gesetzestexte Bundesverfassungsschutzgesetzes findet AnAbs. 3 überprüft wird. Die Speicherung persowendung; die Zustimmung zur Dienstanweinenbezogener Daten über Minderjährige vor sung erteilt der Bundesminister der Verteidigung. Vollendung des 16. Lebensjahres in zu ihrer Person geführten Akten und Dateien ist unzulässig. (2) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse stehen dem Militärischen Abschirmdienst nicht zu; er darf die Polizei auch nicht im SS 7 Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, Berichtigung, Löschung und zu denen er selbst nicht befugt ist. Sperrung personenbezogener Daten (1) Der Militärische Abschirmdienst hat die in SS 5 Dateien gespeicherten personenbezogenen Besondere Formen der Datenerhebung Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren Der Militärische Abschirmdienst darf Informanach SS 12 des Bundesverfassungsschutzgesettionen, insbesondere personenbezogene Dazes. ten, nach SS 9 des Bundesverfassungsschutzge(2) Der Militärische Abschirmdienst hat persetzes erheben, soweit es sonenbezogene Daten in Akten zu berichtigen 1. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und zu sperren nach SS 13 des Bundesverfasund SS 2 Abs. 1 sowie zur Erforschung der sungsschutzgesetzes. dazu erforderlichen Quellen oder 2. zum Schutz der Mitarbeiter, Einrichtungen, SS8 Gegenstände und Quellen des Militärischen Dateianordnungen Abschirmdienstes gegen sicherheitsgefährDer Militärische Abschirmdienst hat für jede audende oder geheimdienstliche Tätigkeiten, tomatisierte Datei mit personenbezogenen Daauch nach SS 2 Abs. 2, ten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bundeserforderlich ist; SS 9 Abs. 2 und 3 des Bundesververfassungsschutzgesetzes zu treffen, die der fassungsschutzgesetzes findet Anwendung. Zustimmung des Bundesministers der Verteidigung bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsschutzgesetzes findet Anwendung. SS 6 Speicherung, Veränderung und Nutzung personenbezogener Daten SS9 (1) Der Militärische Abschirmdienst darf perAuskunft an den Betroffenen sonenbezogene Daten nach SS 10 des BundesDer Militärische Abschirmdienst erteilt dem Beverfassungsschutzgesetzes speichern, veräntroffenen über zu seiner Person gespeicherte dern und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner Daten Auskunft entsprechend SS 15 des BundesAufgaben erforderlich ist. Zur Erfüllung der Aufverfassungsschutzgesetzes; an die Stelle des gaben nach SS 1 Abs. 2 gespeicherte Daten über dort genannten Bundesministers des Innern tritt Personen, die nicht dem Geschäftsbereich des der Bundesminister der Verteidigung. Bundesministers der Verteidigung angehören oder in ihm tätig sind, dürfen für andere Zwecke nicht verwendet werden, es sei denn, die VerSS10 wendung wäre auch für die Erfüllung der AufgaÜbermittlung von Informationen ben nach SS 1 Abs. 1 zulässig. an den Militärischen Abschirmdienst (2) In Dateien oder zu ihrer Person geführten (1) Die Behörden des Bundes und der bunAkten gespeicherte Daten über Minderjährige desunmittelbaren juristischen Personen des öfsind nach zwei Jahren auf die Erforderlichkeit fenlichen Rechts unterrichten von sich aus den der Speicherung zu überprüfen und spätestens Militärischen Abschirmdienst über die ihnen benach fünf Jahren zu löschen, es sei denn, daß kanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgenach Eintritt der Volljährigkeit weitere Erkenntfährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten nisse nach SS 1 Abs. 1 oder SS 2 angefallen sind. für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Dies gilt nicht, wenn der Betroffene nach SS 1 Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen las- Gesetzestexte 213 sen, die durch Anwendung von Gewalt oder SS13 darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen geGeltung des gen die in SS 1 Abs. 1 Nr. 1 genannten Schutzgüter Bundesdatenschutzgesetzes gerichtet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte Bei der Erfüllung der Aufgaben nach SS 1 dafür bestehen, daß die Unterrichtung zur ErAbs. 1 bis 3 und SS 2 finden die SSSS 10 und 13 bis füllung seiner Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 und 2 20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Faserforderlich ist. sung des Gesetzes zur Fortentwicklung der (2) Der Militärische Abschirmdienst darf Datenverarbeitung und des Datenschutzes nach SS 18 Abs. 3 des Bundesverfassungsschutzkeine Anwendung. gesetzes jede Behörde um die Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen InArtikel 4 formationen einschließlich personenbezogener Daten ersuchen. Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (3) Würde durch die Übermittlung nach Ab(BND-Gesetz-BNDG) satz 2 der Zweck der Maßnahme gefährdet oder der Betroffene unverhältnismäßig beeinträchtigt, darf der Militärische Abschirmdienst bei SS 1 der Wahrnehmung der Aufgaben nach SS 1 Abs. 1 Organisation und Aufgaben Nr. 2 amtliche Register einsehen. Diese Ein(1) Der Bundesnachrichtendienst ist eine Bunsichtnahme bedarf der Zustimmung des Amtsdesoberbehörde im Geschäftsbereich des Chefs chefs des Amtes für den Militärischen Abdes Bundeskanzleramtes. Einer polizeilichen schirmdienst oder seines Vertreters. Dienststelle darf er nicht angegliedert werden. (4) SS 17 Abs. 1 sowie SS 18 Abs. 5 des Bundes(2) Der Bundesnachrichtendienst sammelt verfassungsschutzgesetzes sind entsprechend zur Gewinnung von Erkenntnissen über das anzuwenden. Ausland, die von außenund sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen InformatioSS11 nen und wertet sie aus. Werden dafür im Geltungsbereich dieses Gesetzes Informationen Übermittlung personenbezogener einschließlich personenbezogener Daten erhoDaten durch den ben, so richtet sich ihre Erhebung, Verarbeitung Militärischen Abschirmdienst und Nutzung nach den SSSS 2 bis 6 und 8 bis 11. (1) Der Militärische Abschirmdienst darf personenbezogene Daten nach SS 19 Abs. 1 bis 3 SS 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes übermitteln. Die Übermittlung an andere Stellen ist Befugnisse unzulässig. (1) Der Bundesnachrichtendienst darf die erforderlichen Informationen einschließlich per(2) Der Militärische Abschirmdienst übermitsonenbezogener Daten erheben, verarbeiten telt Informationen einschließlich personenbezound nutzen, soweit nicht die anzuwendenden gener Daten an Staatsanwaltschaften, Polizeien Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetund den Bundesnachrichtendienst nach SS 20 zes oder besondere Regelungen in diesem des Bundesverfassungsschutzgesetzes. Gesetz entgegenstehen 1. zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen siSS12 cherheitsgefährdende oder geheimdienstliVerfahrensregeln für die che Tätigkeiten, Übermittlung von Informationen 2. für die Sicherheitsüberprüfung von Personen, Für die Übermittlung von Informationen nach die für ihn tätig sind oder tätig werden sollen, diesem Gesetz finden die SSSS 23 bis 26 des Bun3. für die Überführung der für die Aufgabendesverfassungsschutzgesetzes entsprechende erfüllung notwendigen Nachrichtenzugänge Anwendung. und 214 Gesetzestexte 4. über Vorgänge im Ausland, die von außenSS 5 und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Berichtigung, Löschung und Bundesrepublik Deutschland sind, wenn sie Sperrung personenbezogener Daten nur auf diese Weise zu erlangen sind und für ihre Erhebung keine andere Behörde zustän(1) Der Bundesnachrichtendienst hat die in dig ist. Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, zu löschen und zu sperren (2) Werden personenbezogene Daten beim nach SS 12 des BundesverfassungsschutzgeBetroffenen mit seiner Kenntnis erhoben, so ist setzes. der Erhebungszweck anzugeben. Der Betroffene ist auf die Freiwilligkeit seiner Angaben und (2) Der Bundesnachrichtendienst hat persobei einer Sicherheitsüberprüfung nach Absatz 1 nenbezogene Daten in Akten zu berichtigen und Nr. 2 auf eine dienstund arbeitsrechtliche oder zu sperren nach SS 13 des Bundesverfassungssonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuschutzgesetzes. weisen. Bei Sicherheitsüberprüfungen ist SS 3 Abs. 2 Satz 2 bis 4 des BundesverfassungsSS 6 schutzgesetzes entsprechend anzuwenden. Dateianordnungen (3) Polizeiliche Befugnisse oder WeisungsbeDer Bundesnachrichtendienst hat für jede fugnisse stehen dem Bundesnachrichtendienst automatisierte Datei mit personenbezogenen nicht zu. Er darf die Polizei auch nicht im Wege Daten eine Dateianordnung nach SS 14 des Bunder Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu dedesverfassungsschutzgesetzes zu treffen, die nen er selbst nicht befugt ist. der Zustimmung des Chefs des Bundeskanzler(4) Von mehreren geeigneten Maßnahmen amtes bedarf. SS 14 Abs. 2 und 3 des Bundeshat der Bundesnachrichtendienst diejenige zu verfassungsschutzgesetzes ist anzuwenden. wählen, die den Betroffenen voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf SS 7 keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar auAuskunft a n den Betroffenen ßer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. Der Bundesnachrichtendienst erteilt dem Betroffenen auf Antrag Auskunft über zu seiner SS 3 Person nach SS 4 gespeicherte Daten entspreBesondere Formen der Datenerhebung chend SS 15 des BundesverfassungsschutzgeDer Bundesnachrichtendienst darf zur heimsetzes. An die Stelle des dort genannten Bundesministers des Innern tritt der Chef des lichen Beschaffung von Informationen einBundeskanzleramtes. schließlich personenbezogener Daten die Mittel gemäß SS 8 Abs. 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes anwenden, wenn Tatsachen die SS8 Annahme rechtfertigen, daß dies zur Erfüllung Übermittlung von Informationen an seiner Aufgaben erforderlich ist. SS 9 des Bunden Bundesnachrichtendienst desverfassungsschutzgesetzes ist entspre(1) Die Behörden des Bundes und der bunchend anzuwenden. desunmittelbaren juristischen Personen des öfSS4 fentlichen Rechts dürfen von sich aus dem BunSpeicherung, Veränderung und desnachrichtendienst die ihnen bekanntgeworNutzung personenbezogener Daten denen Informationen einschließlich personen(1) Der Bundesnachrichtendienst darf persobezogener Daten übermitteln, wenn tatsächlinenbezogene Daten nach SS 10 des Bundesverche Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die fassungsschutzgesetzes speichern, verändern Übermittlung für seine Eigensicherung nach SS 2 und nutzen, soweit es zur Erfüllung seiner AufAbs. 1 Nr.1 erforderlich ist. gaben erforderlich ist. (2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehalt(2) Die Speicherung, Veränderung und Nutlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungszung personenbezogener Daten über Minderbefugnis, die Polizeien sowie der Zoll, soweit er jährige ist nur unter den Voraussetzungen des SS 11 Aufgaben nach dem Bundesgrenzschutzgesetz des Bundesverfassungsschutzgesetzes zulässig. wahrnimmt, übermitteln dem Bundesnachrich- Gesetzestexte 215 tendienst von sich aus die ihnen bekanntgeSS10 wordenen Informationen einschließlich persoVerfahrensregeln für nenbezogener Daten, wenn tatsächliche Andie Übermittlung von Informationen haltspunkte dafür bestehen, daß die ÜbermittFür die Übermittlung von Informationen nach lung für seine Eigensicherung nach SS 2 Abs. 1 Nr. SSSS 8 und 9 sind die SSSS 23 bis 26 des Bundes- 1 erforderlich ist. verfassungsschutzgesetzes entsprechend an(3) Der Bundesnachrichtendienst darf nach SS zuwenden. 18 Abs. 3 des BundesverfassungsschutzgesetSS11 zes jede Behörde um die Übermittlung der zur Geltung des Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen InforBundesdatenschutzgesetzes mationen einschließlich personenbezogener Bei der Erfüllung der Aufgaben des BundesDaten ersuchen und nach SS 18 Abs. 4 des Bunnachrichtendienstes sind die SSSS 10 und 13 bis desverfassungsschutzgesetzes amtlich geführ20 des Bundesdatenschutzgesetzes in der Faste Register einsehen, soweit es zur Erfüllung sung des Gesetzes zur Fortentwicklung der seiner Aufgaben erforderlich ist. SS 17 Abs. 1 und Datenverarbeitung und des Datenschutzes SS 18 Abs. 5 des Bundesverfassungsschutzgenicht anzuwenden. setzes sind anzuwenden. (4) Für die Übermittlung personenbezogener SS12 Daten, die auf Grund einer Maßnahme nach SS Berichtspflicht 100 a der Strafprozeßordnung bekanntgeworDer Bundesnachrichtendienst unterrichtet denen sind, ist SS 18 Abs. 6 des Bundesverfasden Chef des Bundeskanzleramtes über seine sungsschutzgesetzes entsprechend anzuwenTätigkeit. Über die Erkenntnisse aus seiner Täden. tigkeit unterrichtet er darüber hinaus auch unmittelbar die Bundesminister im Rahmen ihrer SS9 Zuständigkeiten; hierbei ist auch die ÜbermittÜbermittlung von Informationen lung personenbezogener Daten zulässig. durch den Bundesnachrichtendienst (1) Der Bundesnachrichtendienst darf InforArtikel 6 mationen einschließlich personenbezogener DaInkrafttreten ten an inländische Behörden übermitteln, wenn (1) Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des Artidies zu Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist kels 1 am Tage nach der Verkündung1 in Kraft; oder wenn der Empfänger die Daten für Zwecke gleichzeitig tritt das Gesetz über die Zusammender öffentlichen Sicherheit benötigt. Der Emparbeit des Bundes und der Länder in Angeigenfänger darf die übermittelten Daten, soweit geheiten des Verfassungsschutzes vom 27. Sepsetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt tember 1950 (BGBl. I. S. 682), geändert durch wurden. das Gesetz vom 7. August 1972 (BGBl. I S. 1382), außer Kraft. (2) Für die Übermittlung von Informationen (2) Artikel 1 SS 10 Abs. 4 Satz 3 und 4 tritt am einschließlich personenbezogener Daten an anersten Tage des vierundzwanzigsten auf die dere Stellen ist SS 19 Abs. 2 bis 4 des BundesverVerkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. fassungsschutzgesetzes entsprechend anzuIm übrigen tritt Artikel 1 am ersten Tage des wenden; dabei ist die Übermittlung nach Absatz sechsten auf die Verkündung folgenden Kalen- 4 dieser Vorschrift nur zulässig, wenn sie zur dermonats in Kraft; gleichzeitig treten das GeWahrung außenund sicherheitspolitischer Besetz zum Schutz vor Mißbrauch personenbelange der Bundesrepublik Deutschland erforderzogener Daten bei der Datenverarbeitung vom lich ist und der Chef des Bundeskanzleramtes 27. Januar 1977 (BGBl. I S. 201), die Datenseine Zustimmung erteilt hat. schutzveröffentlichungsordnung vom 3. August (3) Der Bundesnachrichtendienst übermittelt 1977 (BGBl. I S. 1477), die DatenschutzgebühInformationen einschließlich personenbezogerenordnung vom 22. Dezember 1977 (BGBl. I ner Daten an die Staatsanwaltschaften, die PoliS. 3153) und die Datenschutzregisterordnung zeien und den Militärischen Abschirmdienst vom 9. Februar 1978 BGBl. IS. 250) außer Kraft. entsprechend SS 20 des Bundesverfassungs- 1 schutzgesetzes. Das Gesetz wurde am 29. 12. 1990 verkündet. 216 Gesetzestexte Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes Vom 11. April 1978 (BGBl I S. 453) (Zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung SS4 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle (1) Der Deutsche Bundestag wählt zu Beginn nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes und jeder Wahlperiode die Mitglieder der Parlamentarizur Änderung des Gesetzes zur Beschränkung des schen Kontrollkommission aus seiner Mitte. Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses vom 27. (2) Er bestimmt die Zahl der Mitglieder, die Mai 1992, BGBl 11992 Seite 997)* Zusammensetzung und die Arbeitsweise der Parlamentarischen Kontrollkommission. SS1 (3) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit (1) Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungssich vereint. schutz, des Militärischen Abschirmdienstes und (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Deutschen des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle Bundestag oder seiner Fraktion aus, so verliert es durch die Parlamentarische Kontrollkommission. seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen (2) Die Rechte des Bundestages und seiner Kontrollkommission; SS 5 Abs. 4 bleibt unberührt. Ausschüsse bleiben unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das gleiche gilt, wenn ein Mitglied (3) Die Kontrolle der Durchführung des aus der Parlamentarischen Kontrollkommission Gesetzes zu Artikel 10 des Grundgesetzes bleibt ausscheidet. den auf Grund von Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes vom Deutschen Bundestag bestellten Organen und Hilfsorganen vorbehalten. SS 5 (1) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder sind SS 2 zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflich(1) Die Bundesregierung unterrichtet die Parlatet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit in der Parlamentarimentarische Kontrollkommission umfassend über schen Kontrollkommission bekannt geworden die allgemeine Tätigkeit der in SS 1 Abs. 1 genannten sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem AusBehörden und über die Vorgänge von besonderer scheiden aus der Parlamentarischen KontrollkomBedeutung. Die Entwürfe der jährlichen Wirtmission. Satz 1 gilt nicht für die Bewertung aktueller schaftspläne der Dienste werden der Kommission Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln zur Mitberatung überwiesen. Die Bundesregieder anwesenden Mitglieder der Parlamentarirung unterrichtet die Kommission auf deren Verschen Kontrollkommission ihr vorherige Zustimlangen über den Vollzug der Wirtschaftspläne im mung erteilt. Haushaltsjahr. (2) Die Parlamentarische Kontrollkommission (2) Die Bundesregierung kann die Unterrichtung tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. über einzelne Vorgänge nur verweigern, wenn dies Sie gibt sich eine Geschäftsordnung. aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugan(3) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die ges notwendig ist. Lehnt die Bundesregierung Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkomunter Berufung auf Satz 1 eine Unterrichtung ab, so mission verlangen. hat der für den betroffenen Nachrichtendienst zuständige Bundesminister (SS 2 Abs. 1 Satz 2 (4) Die Parlamentarische Kontrollkommission BVerfSchG, SS 1 Abs. 1 Satz 1 MADG) und, soweit der übt ihre Tätigkeit auch über das Ende einer WahlBundesnachrichtendienst betroffen ist, der Chef periode des Deutschen Bundestages solange aus, des Bundeskanzleramtes (SS 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG) bis der nachfolgende Bundestag gemäß SS 4 entdies der Parlamentarischen Kontrollkommission schieden hat. auf deren Wunsch zu begründen. SS 6 Die Parlamentarische Kontrollkommission erSS 3 stattet dem Deutschen Bundestag in der Mitte und Die politische Verantwortung der Bundesregieam Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über ihre rung für die in SS 1 genannten Behörden bleibt bisherige Kontrolltätigkeit. Dabei sind die Grundunberührt. sätze des SS 5 Abs. 1 zu beachten.