Verfassung^ schütz Linksextremistische Bestrebungen bericht Rechtsextremistische Bestrebungen Sicherheitsgefährdend und extremistische 1987 Bestrebungen von Ausländern Spionageabwehr ISSN: 0177-0357 1 Inhaltsverzeichnis Seite 11 Sachwortregister Seite 189 Herausgeber: Der Bundesminister des Innern, Graurheindorfer Straße 198, 5300 Bonn 1, Juni 1988 Herstellung: Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh ISSN: 0177-0357 Vorwort des Bundesministers des Innern Die Väter unseres Grundgesetzes haben aus dem Schicksal der Weimarer Republik Lehren gezogen: Geprägt von dem Gedanken, daß in Deutschland eine freiheitliche Demokratie nicht noch einmal in einer Diktatur enden darf, haben sie bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland die neue Staatsordnung als eine streitbare, wehrhafte Demokratie ausgestaltet. Unserem freiheitlichen Rechtsstaat wurde ein Instrumentarium an die Hand gegeben, durch das die Wiederholung einer solchen Entwicklung ausgeschlossen werden soll. Die Bundesregierung sieht in dem Verfassungsauftrag, die Demokratie gegen deren Feinde zu verteidigen, eine wichtige Aufgabe und ist bereit, die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus von links wie von rechts auch offensiv zu führen. In Übereinstimmung mit allen früheren Bundesregierungen und den Regierungen in den Ländern baut sie dabei in erster Linie auf die Überzeugungskraft der geistig-politischen Auseinandersetzung, der sie grundsätzlich Vorrang vor möglichen administrativen und gerichtlichen Maßnahmen gegen extremistische Gegner der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einräumt. Die bereits 1974 von der Innenministerkonferenz verabschiedete Konzeption "Verfassungsschutz durch Aufklärung" folgt der Einsicht, daß eine freiheitliche demokratische Gesellschaft ihren Gegnern nicht das Feld widerstandslos überlassen darf und des- 4 Vorwort des Bundesministers des Innern halb der Kampf gegen die Verfassungsfeinde bereits im Vorfeld der Gefahr beginnen und von den Bürgern aktiv mitgetragen werden muß. Die Erhaltung des demokratischen Rechtsstaats obliegt nicht allein den staatlichen Behörden; sie ist Aufgabe aller Bürger. Ihre Bereitschaft, sich mit unserer Verfassungsordnung zu identifizieren, an ihrer Bewahrung aktiv mitzuwirken und den Gegnern der freiheitlichen Demokratie entschlossen entgegenzutreten, ist der beste und wirksamste Verfassungsschutz. Die gewollte Einbeziehung des Bürgers in die Auseinandersetzung mit dem politischen Extremismus setzt voraus, daß der Öffentlichkeit in sachlicher Form die notwendigen Informationen vermittelt werden, die es jedermann ermöglichen, sich selbst ein Urteil über die Gefahren zu bilden, die unserem Rechtsstaat durch verfassungsfeindliche Kräfte drohen. Nur der informierte Bürger ist für die notwendige und gewollte politische Auseinandersetzung gewappnet. Nur der informierte Bürger erkennt auch die von extremistischen Kräften angestrebte propagandistische Irreführung sowie die Versuche politisch-extremistischer Einflußnahme. Einer Aufklärung hierüber bedarf es auch deshalb, weil Verfassungsgegner ihre wahren Ziele häufig verschleiern und nicht selten durch Scheinbekenntnisse zum Grundgesetz und durch Umwertung von Verfassungsnormen, politischen und juristischen Begriffen als vermeintliche Verfechter demokratischer Prinzipien auftreten. Die orthodoxen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland bieten hierfür anschauliche Beispiele. Ein Beitrag zur Aufklärung der Bürger über die unserer Verfassungsordnung drohenden Gefahren und damit ein Teil praktizierter wehrhafter Demokratie ist der jährliche Verfassungsschutzbericht des Bundesministers des Innern. Der vorliegende Bericht faßt die Ergebnisse der Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahre 1987 zusammen; er informiert über die Aktivitäten und Ziele extremistischer und sicherheitsgefährdender Organisationen sowie über die nachrichtendienstliche Tätigkeit fremder Mächte; er analysiert und bewertet die Entwicklung und Zusammenhänge. Der Bericht kann keinen erschöpfenden Überblick geben; er unterrichtet aber über die wesentlichen Erkenntnisse. Er ist als Orientierungshilfe für die politische Auseinandersetzung, nicht als eine abschließende juristische Würdigung zu verstehen. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der von verfassungsfeindlichen Kräften beeinflußten Organisationen. Die Erwähnung einer Organisation im Bericht allein läßt noch keine Rückschlüsse auf die Verfassungstreue der einzelnen Mitglieder solcher Vereinigungen zu. Dr. Friedrich Zimmermann 5 Allgemeine Erfahrungen I. Linksextremistische Bestrebungen Das Gefüge des organisierten Linksextremismus hat sich im Jahre 1987 kaum verändert. Die Gesamtzahl der Mitglieder ist geringfügig zurückgegangen. Um ihren Fernzielen, der Beseitigung der freiheitlichen Demokratie und der Errichtung einer sozialistischkommunistischen Herrschaft oder der Anarchie, näher zu kommen, griffen Linksextremisten zu ihrer Agitation und in Aufrufen zur Aktion wiederum tagespolitische Themen auf. Insbesondere die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) sucht getreu marxistisch-leninistischer Strategie die Zusammenarbeit mit nichtkommunistischen Kräften, um sich eine "Massenbasis" für ihre verfassungsfeindlichen Ziele zu verschaffen und damit zu größerem politischem Einfluß zu gelangen, als es ihr angesichts eigener Mitgliederzahlen und eines geringen Wählerpotentials aus eigener Kraft möglich wäre. Im Interesse einer "größtmöglichen Bündnisbreite" übernehmen Kommunisten Thesen und Forderungen, die auch von Demokraten vertreten werden, deren Durchsetzung jedoch in jedem Falle - das ist für sie entscheidend - die eigene Position verbessern muß. Auch die übrigen Linksextremisten blieben bündnisfähig und stießen dabei auf weniger Vorbehalte; bei Aktionsbündnissen mit demokratischer Beteiligung wurden wiederholt selbst militante "Autonome" akzeptiert. Insgesamt fehlte den Linksextremisten 1987 ein überragendes "Reizthema"; die Kampagne gegen die Volkszählung ebbte mit Beginn der Zählung im Mai rasch ab. Die Zahl der linksextremistischen Gewaltaktionen und Terrorakte ging 1987 erheblich zurück. Die kriminelle Energie militanter Linksextremisten stieg dagegen an: Erstmals wurde aus ihren Reihen bei einer Protestaktion scharf geschossen; zwei Polizeibeamte wurden dabei am Frankfurter Flughafen getötet. 1. Moskauorientierte Kommunisten Die orthodoxen, d.h. moskauorientierten Kommunisten bilden nach wie vor die größte und handlungsfähigste Gruppierung im deutschen Linksextremismus. Die "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) und die "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) stützen sich unverändert auf ihre offen kommunistischen Nebenorganisationen und auf etwa 50 beeinflußte Vereinigungen, bei denen die kommunistische Steuerung zum Teil getarnt wird. Beide Parteien werden von der "Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands" (SED) der DDR angeleitet und mit Millionenbeträgen unterstützt. Sie folgen unverändert den politischen Vorgaben dieser "Bruderpartei" und übernehmen auch deren distanzierende Interpretation des neuen Kurses der "Kommu- 6 Allgemeine Erfahrungen nistischen Partei der Sowjetunion" (KPdSU). Die Vorgänge in der Sowjetunion trugen wesentlich dazu bei, daß die DKP in eine parteiinterne Krise geriet, die jedoch die Aktionsfähigkeit der Partei nach außen nur wenig beeinträchtigte. 2. "Neue Linke" Innerhalb der sog. "Neuen Linken" - d. h. derjenigen Linksextremisten, die nicht dem moskauorientierten Kommunismus zuzurechnen sind - blieb die ideologische und organisatorische Aufsplitterung erhalten. Die kommunistischen Bünde und ParteiAufbauorganisationen der "Neuen Linken" stagnierten. Dagegen fand die "Marxistische Gruppe" (MG) an zahlreichen Hochschulen weitere Anhänger. Zuwachs hatten auch anarchistische Gruppen und autonome Zusammenschlüsse. Die "Autonomen" waren für die Mehrzahl der Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund verantwortlich. 3. Terrorismus Die Zahl der Brandund Sprengstoffanschläge linksterroristischer Gruppierungen ist 1987 mit 177 erstmals seit 1984 deutlich gesunken (1986: 318; 1985: 221; 1984: 148). Die "Rote-Armee-Fraktion" (RAF) hat im Berichtszeitraum keine Terrorakte verübt. Ihr "Kommandobereich" dürfte jedoch bei einer personellen Stärke von nach wie vor 15 bis 20 Personen jederzeit in der Lage sein, selbst schwerste Terrorakte durchzuführen. Auch die "Militanten der RAF" und das übrige engere RAF-Umfeld, dem derzeit etwa 250 Personen angehören, haben 1987 keine terroristischen Gewalttaten verübt. Dagegen setzten sie ihre propagandistischen Aktivitäten, vor allem im Zusammenhang mit der Forderung nach Zusammenlegung ihrer "Inhaftierten", der Situation im Nahen Osten und dem "10. Jahrestag" der "Stammheim-Ereignisse" (Selbstmorde von Gudrun ENSSLIN, Andreas BAADER und Jan-Carl RASPE) mit erheblichem Arbeitsaufwand fort. Den "Revolutionären Zellen" (RZ) und ihrer autonomen Frauengruppe "Rote Zora" waren 22 verübte Brandund Sprengstoffanschläge, vornehmlich gegen Wirtschaftsunternehmen und Ausländerbehörden zuzurechnen. Mit dem Schußwaffenanschlag auf einen Richter am Bundesverwaltungsgericht in Berlin - dem vierten Anschlag dieser Art seit 1978 - unterstrichen sie erneut ihre Angriffsbereitschaft auch gegen Menschen. II. Rechtsextremistische Bestrebungen Eine einheitliche und systematische Ideologie der Rechtsextremisten gibt es nicht. Einig sind sich Rechtsextremisten allerdings in ihrem Streben nach totalitären oder autoritären Staatsformen. Sie Allgemeine Erfahrungen 7 lehnen die repräsentative parlamentarische Demokratie ab und treten für die Einengung von Individualrechten ein. Triebfeder für rechtsextremistische Bestrebungen ist immer ein rassistisch verstandener Nationalismus. Nicht die Gemeinsamkeiten der Geschichte, der Kultur und der Sprache bestimmen in der Vorstellung von Rechtsextremisten die Volkszugehörigkeit, sondern die gemeinsame Abstammung. Dies führt zu aggressiver Feindlichkeit gegen Ausländer und Juden. Die Neonazis unter den Rechtsextremisten streben einen der NSIdeologie entsprechenden Staat an. Soweit sie in HITLER ihr Leitbild sehen, ist das "Dritte Reich" das Wunschbild ihrer Staatsvorstellungen. Die "Nationalrevolutionäre" unter den Neonazis, die sich auf die Brüder STRASSER und deren linksnationalistische Aktivitäten in der Weimarer Republik berufen, lehnen dagegen HITLER als politische Leitfigur ab. Die "Nationaldemokraten" kleiden ihre völkisch-kollektivistischen Systemvorstellungen in Begriffe wie "Volksgemeinschaft" und "Volksganzes" ein, wobei sie - wie dies auch die "NationalFreiheitlichen" tun - keinen Zweifel daran lassen, daß sie trotz aller Wortbekenntnisse zum Grundgesetz angebliche Interessen der Volksgesamtheit über die Freiheitsrechte des Individuums setzen. 1987 brachte den Rechtsextremisten einen deutlichen Mitgliederzuwachs und einen Sitz in einem deutschen Landesparlament. Diese Erfolge gehen im wesentlichen auf das Konto der "National-Freiheitlichen" um Dr. FREY und deren neue Partei "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU - Liste D). Die Gesamtzahl rechtsextremistischer Organisationen war dagegen rückläufig. Ähnlich wie bei der NPD, der Hauptorganisation der Nationaldemokraten, stieg bei den Neonazis die Mitgliederzahl nur leicht. Die meisten Gewaltakte gingen von Neonazis aus, unter denen die von Angehörigen der sog. "Bewegung" unterwanderte und gesteuerte "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) und die "Nationalistische Front" (NF) die tonangebenden Organisationen sind. Spektakuläre Aktionen mit einer Reihe von Gewaltakten löste im rechtsextremistischen Lager der Selbstmord des - nunmehr erst recht als Märtyrer und Symbolfigur verehrten - Rudolf HESS aus. Steigende Tendenz hatten die handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten, zumeist Neonazis, und politischen Gegnern. Häufiger gehen jetzt auch die Rechtsextremisten mit Gewalt gegen ihre Gegner vor. Versuche, Skinheads in die neonazistische politische Arbeit einzubinden, scheiterten überwiegend, obwohl sich der Anteil der Rechtsextremisten unter den Skinheads erhöhte. 8 Allgemeine Erfahrungen III. Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern Die ganz überwiegende Zahl der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden 4,6 Millionen Ausländer verhält sich gesetzestreu und betätigte sich auch 1987 politisch nicht extremistisch. Eine Reihe ausländischer Extremisten beeinträchtigte aber wie in den Vorjahren die innere Sicherheit und gefährdete durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen außenpolitische Belange. Die meisten gehörten den extremistischen Ausländergruppen in der Bundesrepublik an, in denen rund 108.600 (3,1%) der über 16 Jahre alten Ausländer organisiert sind. Sicherheitsgefährdende Aktionen verübten aber auch Ausländer, die eigens dazu in das Bundesgebiet einreisten. Die Aktivitäten ausländischer Extremisten bezogen ihre Ursachen vor allem aus den Konfliktund Krisensituationen ihrer Herkunftsländer. Sie richteten sich aber auch gegen die Politik der Bundesrepublik Deutschland und anderer westeuropäischer Staaten. Die Zahl der vollendeten und versuchten Terrorakte und sonstigen schweren Gewalttaten ausländischer Extremisten stieg gegenüber dem Vorjahr von 10 auf 26 an. Dabei kamen 5 Menschen ums Leben. Auch die Zahlen anderer Gewaltaktionen, wie Körperverletzungen, Hausfriedensbruch unter Gewaltanwendung und Erpressungen, stiegen deutlich. Insgesamt erhöhte sich die Zahl der politisch motivierten Gewaltaktionen auf 123 (1986:70). Die größten Gefahren durch Ausländer für die innere Sicherheit gingen von hier lebenden Kurden türkischer Staatsangehörigkeit aus. Die zunehmenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern rivalisierender kurdischer Extremistengruppen führten zu Mordund Brandanschlägen, sie forderten zwei Todesopfer und mehrere Verletzte. Die mit Abstand aktivste und militanteste Kurdenorganisation blieb vor allem die in Teilen des türkischen Staatsgebietes offen terroristisch operierende orthodoxkommunistische "Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK). Proiranische schiitische Extremisten gefährdeten aus dem arabischen Raum heraus die innere Sicherheit in unserem Land. Zwei mutmaßliche Mitglieder der proiranischen Terror-Organisation HIZB ALLAH wurden bei oder nach dem Einschmuggeln von hochexplosivem Flüssigsprengstoff in der Bundesrepublik festgenommen. Um sie freizupressen, wurden in Beirut daraufhin zwei deutsche Staatsangehörige entführt, von denen bei Jahresende erst einer wieder freigelassen war. Wahrscheinlich iranische Extremisten verübten zwei Morde an iranischen Oppositionellen. Dagegen und auch angesichts zahlreicher Androhungen von Gewalt verblaßte in diesem Bereich der zahlenmäßige Rückgang der Gewaltaktionen im Jahre 1987 auf 7 (1986: 12). Allgemeine Erfahrungen 9 Einen schweren Bombenanschlag verübten - vermutlich eigens zu diesem Zweck ins Bundesgebiet eingereiste - irische Extremisten auf ein Kasino der britischen Rheinarmee in Mönchengladbach. 31 Personen wurden verletzt. Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der türkischen "Neuen Linken" forderten ein Todesopfer. Im übrigen waren türkische Linksextremisten verantwortlich für Besetzungsaktionen, Brandanschläge und Sachbeschädigungen vor allem gegen türkische Banken und Büros der "Turkish Airlines". Die Spaltung der extrem-nationalistischen "Föderation der türkischdemokratischen Idealistenvereine in Europa e.V." (ADÜTDF) hemmte deren Entwicklung, während der islamisch-extremistische "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V., Köln" durch zunehmende aggressive Propaganda gegen die gegenwärtige türkische Staatsform auf sich aufmerksam machte. IV. Spionageabwehr Aufgrund ihrer politischen Lage ist die Bundesrepublik Deutschland seit vielen Jahren ein Hauptangriffsziel der Nachrichtendienste der Staaten des Warschauer Paktes. Äußerungen maßgeblicher und zuständiger Persönlichkeiten der DDR aus den letzten Jahren lassen - dies galt für die vergangenen Jahre und gilt auch, wie zu vermuten ist, für das laufende Jahr und die weitere Zukunft - eine aggressive Strategie der Ausforschungsaktivitäten der Geheimdienste der Warschauer-PaktStaaten mit dem Hauptoperationsgebiet Bundesrepublik Deutschland prognostizieren. Dementsprechend verzeichnete die Spionageabwehr auch im Jahre 1987 eine anhaltende Bedrohung unseres Landes durch gegnerische Nachrichtendienste. Alleine schon die im Berichtszeitraum bekanntgewordenen Werbungen und Werbungsversuche, mit denen die gegnerischen Nachrichtendienste eine Erweiterung ihres Agentenpotentials in der Bundesrepublik Deutschland anstrebten, zeigten eine im Vergleich zu den Vorjahren ungebrochene Intensität der Ausforschungsbemühungen. Wiederum waren die Nachrichtendienste der DDR Hauptträger der gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten. Die festgestellten Spionageaufträge betrafen ein breites Spektrum von Zielobjekten im politischen, militärischen und wirtschaftlichtechnologischen Bereich und ließen ein umfassendes Interesse an der Gewinnung nachrichtendienstlicher Informationen erkennen. Dies machten auch die zahlreichen Festnahmen des vergangenen Jahres und die hierbei gewonnenen Erkenntnisse deutlich. Von den am 11. November 1987 durch das Bundeskabinett verabschiedeten und am 1. Mai 1988 in Kraft tretenden neuen "Richtlinien für die Sicherheitsüberprüfung von Personen im Rahmen des 10 Allgemeine Erfahrungen Geheimschutzes" (Sicherheitsrichtlinien) wird eine Verbesserung der präventiven Spionageabwehr erwartet. Ziel des Geheimschutzes ist es, mit vorbeugenden Maßnahmen, darunter Sicherheitsüberprüfungen von Personen sowie technische und organisatorische Sicherheitsvorkehrungen, der anhaltenden Ausspähung durch gegnerische Nachrichtendienste entgegenzutreten und deren Wirkungsmöglichkeiten einzuschränken. Die neuen Sicherheitsrichtlinien tragen den vom Bundesverfassungsgericht im Urteil zum Volkszählungsgesetz aufgestellten Grundsätzen Rechnung, indem sie durch detaillierte Regelungen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheitsinteressen und den Interessen des Datenschutzes herstellen. Dadurch, daß sie die bei der Abwehr der Spionageaktivitäten kommunistischer Staaten in den letzten Jahren gewonnenen zusätzlichen Erfahrungen einbezogen haben, lassen sie entscheidende Verbesserungen für den personellen Geheimschutz erhoffen. Inhaltsverzeichnis Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 20 1. Organisationen und Mitgliederstand 20 2. Verlage und Vertriebsdienste 21 3. Periodische Publikationen 21 4. Linksextremisten im öffentlichen Dienst 21 5. Linksextremistische Einflüsse in Studentenvertretungen . . . . 22 IL Orthodoxe (moskauorientierte) Kommunisten 22 1. Politische und organisatorische Entwicklung 22 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 22 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort 22 1.1.2 Parteikrise 24 1.1.3 Organisation und Finanzierung 25 1.1.4 SZhulung der DKP-Mitglieder 25 1.1.5 Parteipresse 26 1.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) mit Nebenund beeinflußten Organisationen 27 1.3 Nebenorganisationen der DKP 27 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) 28 1.3.2 "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) 29 1.3.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) . . . 30 1.4 Kommunistisch beeinflußte Organisationen 30 1.4.1 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) 30 1.4.2 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) 31 1.4.3 "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) 32 1.4.4 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) 32 1.4.5 "Die Friedensliste" 32 1.4.6 "Demokratische Fraueninitiative" (DFI) 33 1.4.7 "Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) e.V."(VDJ) . . 33 12 Inhaltsverzeichnis 1.4.8 "Antiimperialistisches Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK) 33 2. Bündnispolitik 34 2.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten 35 2.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften . . . . 36 2.3 Einflußnahme auf die "Friedensbewegung" 36 2.4 Beteiligung an der Kampagne zum Boykott der Volkszählung . 39 2.5 Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst 40 2.6 "Antifaschismus"-Kampagne 41 2.7 "Antiimperialistische Solidarität" 41 3. Betriebsarbeit 42 4. Jugend-, Kinderund Studentenarbeit 43 4.1 Jugend 43 4.2 Kinder 45 4.3 Studenten 45 5. "Ideologischer Kampf" 47 5.1 Für diesen Kampf verfügt die DKP über bewährte Einrichtungen 47 5.2 "Kulturarbeit" 48 6. Teilnahme an Wahlen 49 6.1 Bundestagswahl und Wahldiskussion 49 6.2 Landtagsund Kommunalwahlen 49 6.3 Mandate in Kommunalvertretungen 50 III. SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland 50 1. Anleitung und Unterstützung der DKP 50 2. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen 51 3. Funktionärsund Delegationsreisen in die DDR und DDR-"Reisekader" 52 IV. "Neue Linke" 52 1. Politischer Standort und Entwicklung 52 2. Organisationen und Gruppierungen 53 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen 53 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD). . . 53 2.1.2 "Kommunistischer Bund" (KB) 54 2.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) 55 2.1.4 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) 55 2.1.5 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) 55 2.1.6 Trotzkistische Gruppen 56 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) 57 2.1.8 "Sozialistisches Büro" (SB) 57 2.2 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre 57 2.2.1 "Autonome" 57 2.2.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" 62 Inhaltsverzeichnis 13 2.2.3 "Anarcho-syndikalistische" und "anarcho-kommunistische" Gruppen 63 3. Aktionsfelder 64 3.1 Beteiligung an der Kampagne zum Boykott der Volkszählung . 64 3.2 Einflußversuche auf Betriebs-und Gewerkschaftsarbeit . . . . 64 3.3 "Dritte Welt Solidarität" und "AntiImperialismusarbeit" . . 65 3.4 Beteiligung am Widerstand gegen die Nutzung der Kernenergie und gegen andere technische Großprojekte 66 3.5 "Antimilitarismus-und Friedensarbeit" 66 3.6 Kampf um "Freiräume" 67 3.7 "Antifaschismusarbeit" 68 3.8 Tätigkeit an Hochschulen 69 V. Verbindungen zu ausländischen Linksextremisten 70 1. Moskauorientierte Kommunisten und deren Umfeld 70 1.1 DKPundSEW 70 1.2 Nebenorganisationen 70 1.3 Orthodox-kommunistisch beeinflußte Organisationen 70 2. "Neue Linke" 71 VI. Deutscher linksextremistischer Terrorismus 72 1. Entwicklung der Terroraktionen 72 2. "Rote-Armee-Fraktion" (RAF) 74 2.1 "Kommandobereich" und "Militante" 74 2.2 Umfeld der "Roten-Armee-Fraktion" 74 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" 76 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen 79 5. Internationale Verflechtungen 80 6. Strafverfahren und einzelne Exekutivmaßnahmen 81 6.1 Anklagen 81 6.2 Verurteilungen 81 6.3 Besondere Exekutivmaßnahmen 82 VII. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund . . . 82 1. Übersicht in Zahlen 82 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten . . . . 83 3. Staatliche Maßnahmen gegen Linksextremisten 84 3.1 Verurteilungen (Überblick) 84 3.2. Anklagen 84 VIII. Dokumentation 85 IX. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 89 14 Inhaltsverzeichnis Rechtsextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 98 1. Organisationen und Mitgliederstand 98 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste . . . . 98 3. Periodische Publikationen 98 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst 99 II. Neuer Nationalsozialismus/Neonazismus 99 1. Zielsetzung 99 2. Zahlen 100 3. Neonazistische Gruppen 100 3.1 "Die Bewegung" 100 3.2 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) 101 3.3 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) 104 3.4 "Nationalistische Front" (NF) 104 3.5 "Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände/ Völkischer Bund" (ANV/VB) 106 3.6 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslands-und Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) 106 3.7 Neonazizentrum um Ernst TAG 107 3.8 Neonazikreis um Curt MÜLLER 108 3.9 "Bürger-und Bauerninitiative e. V." (BBI) 108 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e.V." (DBI) 109 3.11 Agitationskampagne nach dem Tod von HESS 109 HI. "Nationaldemokraten" 110 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 110 1.1 Zielsetzung 110 1.2 Mitgliederentwicklung und Finanzen 111 1.3 Aktivitäten 111 1.4 Beteiligung an Wahlen 112 2. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 113 2.1 Mitgliederentwicklung 113 2.2 Aktivitäten 114 3. "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) 114 IV. "National-Freiheitliche" 114 1. Zielsetzung 114 2. "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU - Liste D) 116 3. "Deutsche Volksunion e.V." (DVU) 117 4. Verlage 118 V. Sonstige rechtsextremistische Gruppen 118 1. "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) 118 2. "Die Deutsche Freiheitsbewegung e.V." (DDF) 118 Inhaltsverzeichnis 15 3. "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung" (GfbAEV) 119 4. "Freundeskreis Ulrich von HUTTEN e.V." 119 5. "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA) 119 VI. Jugendgruppen 119 1. Überblick 119 2. Jugendliche Randgruppen 120 3. "Wiking-Jugend" (WJ) 120 VII. Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste 121 1. Zeitungs-und Schriftenverlage 121 2. Buchverlage und Vertriebsdienste 121 VIII. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus 122 1. "Europäische Bewegung" 122 2. Belgien 122 3. Österreich 123 4. Schweiz 123 5. Spanien 124 6. Nordamerika 124 7. Frankreich 124 IX. Deutscher rechtsextremistischer Terrorismus 125 1. Anschläge 125 2. Ermittlungsverfahren gegen terrorverdächtige Neonazis . . . . 126 3. Verurteilungen 126 4. Gewalt zwischen Links-und Rechtsextremisten 127 X. Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund . . 128 1. Überblick 128 2. Gewaltaktionen und Gewaltandrohungen 128 XI. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten 129 1. Verurteilungen 129 2. Anklagen 129 XII. Dokumentation 130 XIII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse . . 131 Sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Ausländern I. Übersicht in Zahlen 136 1. Überblick 136 2. Organisationen 137 16 Inhaltsverzeichnis 3. Mitglieder 137 4. Publizistik 138 5. Gewaltaktionen 138 II. Mitgliederentwicklung und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 140 1. Kurden 140 1.1 Mitgliederentwicklung 140 1.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 140 2. Araber 143 2.1 Mitgliederentwicklung 143 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 143 2.3 Vorbereitung und Durchführung von Gewaltakten 143 3. Iraner 144 3.1 Mitgliederentwicklung 144 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 144 3.2.1 Anhänger der iranischen Regierung 145 3.2.2 Gegner der iranischen Regierung 145 4. Iren/Nordiren 147 5. Türken 148 5.1 Mitgliederentwicklung 148 5.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 149 5.2.1 "Neue Linke" 149 5.2.2 Gruppen der "Neuen Linken" mit besonderer Bereitschaft zur Gewaltanwendung 150 5.2.3 Orthodoxe Kommunisten 151 5.2.4 Islamische Extremisten 152 5.2.5 Extreme Nationalisten 152 6. Jugoslawen 153 6.1 Mitgliederentwicklung 153 6.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 153 7. Tamilen 154 7.1 Mitgliederentwicklung 154 7.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte 154 III. Dokumentation 155 IV. Übersicht über erwähnenswerte extremistische Organisationen von Ausländern, deren Nebenund beeinflußte Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse 156 Inhaltsverzeichnis 17 Spionageabwehr 1. Spionageabwehr, ein notwendiger Schutz 162 2. Kontaktanlässe / Werbungsmethoden 163 2.1 Nachrichtendienstliche Ansprachen von Personen mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland 164 2.2 Nachrichtendienstliche Ansprachen von Personen mit Wohnsitz im kommunistischen Machtbereich 168 3. Zielrichtungen / Zielobjekte 170 3.1 Politische Spionage / nachrichtendienstliche Ausspähung von Emigranten 170 3.2 Wirtschaftsund Wissenschaftsspionage / nachrichtendienstlicher Einsatz von Austauschwissenschaftlern 174 3.3 Militärspionage 177 4. Legale Residenturen 179 4.1 Auftrag und Gliederung der Legalen Residenturen 179 4.2 Aufklärungsschwerpunkt Politik 180 4.3 Werbungsschwerpunkt Wissenschaft und Technik 181 4.4 Werbungsschwerpunkt Perspektivagenten 182 4.5 Hauptamtliche Führungsoffiziere und Kooptierte 182 5. Festnahmen und Verurteilungen 184 Abkürzungsverzeichnis 185 Sachwortregister 189 WK *gjfl 20 Linksextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Zahl der LinksDie Zahl der linksextremistischen Parteien und sonstigen Organiextremisten ging sationen und die Gesamtzahl ihrer Mitglieder hat sich 1987 nur geringfügig zurück geringfügig geändert. Die moskauorientierte "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) konnte die Mitgliedergewinne aus der im Vorjahr geführten Werbekampagne nicht halten. Mitgliederverluste hatten auch kommunistisch beeinflußte Organisationen. Bei den Gruppen der "Neuen Linken" dagegen hatten anarchistische und undogmatische sozial-revolutionäre Gruppierungen weiteren Zulauf. Auch die Mitgliederzahl einzelner revolutionärmarxistischer Organisationen hat sich erhöht. 1985 1986 1987 Organisation Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Zahl Mitglieder Orthodoxe Kommunisten Kernorganisationen 2 44.500 2 46.000 2 42.500 Nebenorganisationen 13 28.000 13 28.000 13 28.000 beeinflußte Organisatio51 66.500 53 64.000 54 60.500 nen* "Neue Linke" Revolutionäre Marxisten Kernorganisationen 22 5.700 24 6.100 27 6.100 Nebenorganisationen 11 700 9 600 10 500 beeinflußte Organisatio13 2.000 11 1.100 11 1.200 nen* Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre** 58 2.800 63 3.000 65 4.300 Summe 170 81.700 68.500 175 83.700 65.100 182 81.400 61.700 Nach Abzug von Mehrca. ca. ca. ca. ca. ca. fachmitgliedschaften und 61.500 51.500 63.000 49.000 62.000 46.000 Kinderorganisationen * Da den beeinflußten Organisationen auch Mitglieder angehören, die keine Kommunisten sind, wurden die Mitgliederzahlen in einer eigenen Spalte aufgeführt. * Erfaßt sind nur Gruppen, die festere Strukturen aufweisen und über einen längeren Zeitraum aktiv waren. Den losen, statistisch nicht berücksichtigten Zusammenschlüssen dieser Szene sind schätzungsweise 6.000 Personen zuzurechnen. Die vorstehende Übersicht gibt das organisatorische Gefüge des Linksextremismus in der Bundesrepublik Deutschland nur in großen Zügen wieder. Die zahlenmäßig nicht überschaubaren Sekundärorganisationen und nur örtlich tätigen Kleingruppen sind nicht berücksichtigt. Linksextremistische Bestrebungen 21 2. Verlage und Vertriebsdienste Für die Verbreitung linksextremistischer Zeitungen, Zeitschriften und Bücher waren 1987 wieder mehr als 100 Verlage und Vertriebsdienste tätig. Die DKP hat ihr Verlagsnetz weiter gestrafft. 1985 1986 1987 Zeitungs-, Zeitschriftenu. Buchverlage 46 43 36 Vertriebsdienste/Buchläden 71 70 68 Summe 117 113 104 3. Periodische Publikationen Linksextremisten und die von ihnen beeinflußten Organisationen gaben 1987 zusammen mehr als 1.500 verschiedene periodische Schriften mit einer Jahresgesamtauflage von mehr als 40 Mio. Exemplaren heraus. Davon kamen mehr als 36 Mio. (1986: etwa 34 Mio.) aus dem Bereich der moskauorientierten Kommunisten; die Zentralorgane der beiden kommunistischen Parteien DKP und SEW erscheinen als Tageszeitungen mit zusammen mehr als 35.000 Exemplaren. Die periodischen Schriften der "Neuen Linken" erreichten eine Jahresauflage von mehr als 4 Mio. Exemplaren. 4. Linksextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1987 waren den Verfassungsschutzbehörden 2.104 (1986: Weiter hohe Dunkel 2.218) Linksextremisten im öffentlichen Dienst bekannt. Die Zahl ziffer bei Linksextremisten im der tatsächlich dort beschäftigten Linksextremisten ist wahröffentlichen Dienst scheinlich erheblich größer; nach Anhaltspunkten aus einzelnen linksextremistischen Organisationen vermutlich mehr als doppelt so hoch. Viele Gruppen vermeiden es, ihre im öffentlichen Dienst beschäftigten Mitglieder für Aufgaben einzusetzen, bei denen diese Mitgliedschaft offengelegt werden müßte. Von den erkannten 2.104 Linksextremisten stehen 930 in einem Beamtenverhältnis bei Bund, Ländern oder Gemeinden oder sind Zeitsoldaten bei der Bundeswehr; 1.174 sind als Angestellte oder Arbeiter beschäftigt. 1.567 der erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst sind Mitglieder der DKP oder der SEW; 50 gehören einer DKPoder SEW-Nebenorganisation an; weitere 94 sind in einer kommunistisch beeinflußten Organisation* aktiv. 393 sind Mitglieder von Gruppen der "Neuen Linken". * Mitglieder von linksextremistisch beeinflußten Organisationen wurden nur bei eigenem linksextremistischem Verhalten erfaßt. 22 Linksextremistische Bestrebungen Von den 229 erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst des Bundes sind 126 bei der Bundespost, 53 bei der Bundesbahn tätig, meist in untergeordneten Funktionen. Von den 1.341 erkannten Linksextremisten im öffentlichen Dienst der Länder sind 751 als Lehrer tätig; 109 Personen gehören zum wissenschaftlichen Personal an Hochschulen. 5. Linksextremistische Einflüsse in Studentenvertretungen Anteil linksextremiDer Anteil linksextremistischer Gruppen in den studentischen stischer Gruppen in Selbstverwaltungsorganen ist 1987 gegenüber dem Vorjahr gestiestudentischen Selbstgen ; der Anteil von Vertretern dieser Gruppierungen in den Stuverwaltungseinrichtungen nahm zu dentenparlamenten stieg von 26,5% auf fast 34%; in den Allgemeinen Studentenausschüssen stieg ihr Anteil von 28% auf über 38%. Zugewinne erzielten insbesondere Gruppierungen der "Neuen Linken". Sie nahmen am Jahresende 14% der Sitze in den Studentenparlamenten ein und 18% der Sitze in den Allgemeinen Studentenausschüssen. Der orthodox-kommunistische "Marxistische Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) und der "Sozialistische Hochschulbund" (SHB), dessen Strategie und Taktik mit Vorstellungen der moskauorientierten Kommunisten weitgehend übereinstimmen, arbeiteten wieder eng zusammen. IL Orthodoxe (moskauorientierte) Kommunisten 1. Politische und organisatorische Entwicklung 1.1 "Deutsche Kommunistische Partei" (DKP) 1.1.1 Ideologisch-politischer Standort Die DKP vertritt in der Bundesrepublik Deutschland den orthodoxen, d.h. von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion beDKP sieht sich stimmten Kommunismus. Dabei sieht sie sich in der Tradition der in der Tradition der 1956 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig verboverbotenen KPD tenen "Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD)1 Grundsätzlich sieht die DKP in den Ländern des "realen Sozialismus" - vor allem der DDR - ein Vorbild; der Blick dorthin bedeute für die Kommunisten der Bundesrepublik Deutschland immer auch einen Blick in die eigene Zukunft 2 . Als marxistisch-leninistische "Partei neuen Typus" duldet die DKP in ihren Reihen keinen Pluralismus, kein Nebeneinander unterschiedlicher politischer Meinungen3. Denn im Unterschied zu demokratischen Parteien nimmt sie für sich in Anspruch, eine Linksextremistische Bestrebungen 23 wissenschaftlich abgesicherte Theorie zu besitzen und damit die Gesetzmäßigkeiten der objektiven Entwicklung zu kennen. Der Marxismus-Leninismus ist für sie nicht bloße Theorie, sondern Anleitung zum Handeln. Auf neue Akzente in der sowjetischen Politik - gekennzeichnet mit den Schlagworten "Glasnost" (Öffentlichkeit) und "Perestrojka" (Umgestaltung) - reagierte die DKP-Führung zwiespältig: Einerseits will sie den "Rückenwind aus Moskau"4 für ihre Sozialismuspropaganda und Bündnispolitik nutzen. Andererseits mochte sie daraus nur zögernd Konsequenzen für die eigene Arbeit ziehen und verhielt sich ähnlich reserviert wie die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) der DDR, zu der sie seit jeher besondere Beziehungen unterhält (vgl. Kap. III); deshalb meint sie, es könne kein schematisches Übertragen der gegenwärtigen sowjetischen Praxis geben5. Sowjetische Selbstkritik über Fehlentwicklungen und Stagnationserscheinungen in der Vergangenheit stellte das blinde Vertrauen vieler DKP-Mitglieder in die KPdSU auf die Probe. Selbst führende DKP-Funktionäre räumten "an den Nerv" gehende Enttäuschungen ein6. Ziel der DKP ist die revolutionäre Beseitigung der freiheitlichen DKP für revolutiodemokratischen Grundordnung. An die Stelle der freiheitlichen näre Beseitigung Demokratie soll nach dem Willen der DKP eine sozialistische Geder freiheitlichen sellschaftsordnung treten, gekennzeichnet insbesondere durch die demokratischen Grundordnung "politische Macht des arbeitenden Volkes"7 (in der Sprache der Kommunisten gleichbedeutend mit "Diktatur des Proletariats"). Das politische System einer solchen Gesellschaft, die "sozialistische Demokratie", wird wie folgt charakterisiert: "Sie hat die Beschränkung der Demokratie für die Bourgeoisie zur Voraussetzung und ist kein linearer Prozeß der einfach immer weiteren Ausdehnung der bürgerlich-demokratischen Rechte. Der Staat ist immer Instrument der Klassenherrschaft: Im Kapitalismus als Diktatur der Bourgeoisie, im Sozialismus als Diktatur des Proletariats. Demokratie ist immer klassenbedingt, nie klassenneutral für den Menschen schlechthin." (Lutz LOHBERG, Friedensbewegung und blockübergreifende Strategien, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt/M., 1985, S.92f.) Die DKP weiß, daß die Revolution, die "sozialistische Umwälzung", nicht aktuell erreichbar ist8; ihre revolutionäre Strategie sieht deshalb mehrere Etappen vor: zunächst eine "Wende zu sozialem und demokratischem Fortschritt"; dann eine "antimonopolistische Demokratie", die der Leninschen "revolutionär-demokratischen Diktatur", einer Vorstufe der "Diktatur des Proletariats", entspricht. Nach dem Leninschen Grundsatz der Einheit von Strategie und Taktik verfolgt die DKP ihre Nahziele und scheinbar demokratischen Tagesziele stets mit dem Blick auf ihr - verfassungsfeindliches - Endziel: 24 Linksextremistische Bestrebungen "Niemals dürfen wir, auch bei ganz aktuellen Entscheidungen, das entscheidende Merkmal übersehen oder mißachten, das uns von allen anderen Parteien unterscheidet, nämlich in der Tagespolitik das sozialistische Ziel nicht preiszugeben, immer die Klassenund Machtfrage zu sehen." ("Unsere Zeit" [UZ] vom 10. 2. 1987) DKP für "revolutioNach wie vor bejaht die DKP die "revolutionäre Gewalt"; sie näre Gewalt" schließt dabei selbst den bewaffneten Kampf nicht grundsätzlich aus9, hofft aber, ohne Bürgerkrieg die Macht ergreifen zu können. Bei tagespolitischen Auseinandersetzungen bevorzugt die DKP aus taktischen Erwägungen "legale Kampfformen". Sie zeigte sich aber auch 1987 zu illegalen Aktionen bereit, wenn sie ihr zweckmäßig und vermittelbar erschienen. In solchen Fällen riefen orthodoxe Kommunisten dazu auf, geltendes Recht zu brechen, beteiligten sich an Blockaden und Besetzungen, verübten Sachbeschädigungen und störten Veranstaltungen. Um ihre verfassungsfeindlichen Ziele zu verschleiern, setzte die DKP ihre Umwertungstaktik fort: Sie gibt vor, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen. Dazu unterschiebt sie dessen Normen teilweise eine andere Bedeutung, um ihre verfassungsfeindlichen Ziele verfassungskonform erscheinen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht nannte diese - kommunistische - Taktik im KPD-Verbotsurteil eine "Perversion"10. In ständiger Rechtsprechung - zuletzt das Bundesverwaltungsgericht am 20. Januar 1987" - wird festgestellt, daß die Zielsetzung der DKP mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren ist. 1.1.2 Parteikrise DKP erlebt innerDie DKP ist 1987 in ihre bisher größte innerparteiliche Krise geparteiliche Krise r a t e n . Selbst ihr Vorsitzender Herbert MIES sprach von "bedenklichen Erscheinungen"12. Eine Ausarbeitung des DKP-Bezirkssekretariats Hamburg zum "krisenhaften Zustand der Partei" fand an der Basis Zustimmung. Dieses "Hamburger Papier" stellt als Krisensymptome fest: Verunsicherung durch die Veränderungen in der Sowjetunion, fehlende Durchschaubarkeit von Entscheidungen, verbreitete Unzufriedenheit, Zunahme der Parteiaustritte und deutlicher Vertrauensverlust der Parteiführung. Als Mittel dagegen wird eine "Demokratisierung der Partei" gefordert. Solche Kritik aus den eigenen Reihen hatte die Parteiführung noch nie hinnehmen müssen. Sie reagierte mit größerer Offenheit in den Parteipublikationen (vgl. Ziff. 1.1.5), aber auch mit repressiven Maßnahmen, u. a. mit Ausschlüssen. Gleichzeitig steckte sie die Grenzen für diese Kritik ab und verlangte, an den leninschen Organisationsprinzipien festzuhalten. Das war eine klare Absage an die Demokratisierungstendenz. Linksextremistische Bestrebungen 25 1.1.3 Organisation und Finanzierung Wegen anhaltender Mitgliederverluste dürften der DKP zum JahMitgliederzahlen der resende nur noch etwa 38.000 (1986: über 40.000) Personen angeDKP rückläufig hört haben - in mehr als 1.500 Grundorganisationen (etwa 450 Betriebsgruppen, etwa 1.000 Wohngebiets-, Ortsoder Stadtteilgruppen, etwa 100 Hochschulgruppen), die in nahezu 200 Kreisorganisationen zusammengefaßt sind. Diesen sind 12 Bezirksorganisationen übergeordnet. Für das Jahr 1986 hat die DKP Einnahmen von insgesamt 22,9 Millionen DM öffentlich ausgewiesen13. Diese reichen nicht einmal für den aufwendigen Apparat aus, der u. a. mehrere hundert hauptamtliche Funktionäre und Hilfskräfte, die Parteizentrale in Düsseldorf und die "Vertretung des Parteivorstandes" in Bonn mit mindestens 13 Abteilungen sowie Büros und Kraftfahrzeuge der Bezirksund Kreisorganisationen umfaßt. Außerdem sind Millionenbeträge erforderlich, um Großveranstaltungen, Kampagnen und sonstige Agitation sowie die Nebenorganisationen zu finanzieren und beeinflußte Vereinigungen zu unterstützen. Für diese Aufwendungen sind ihr auch 1987 wieder mehr als 65 Millionen DM konspirativ aus der DDR zugeflossen. Zusätzlich Der DKP fließen kommen ihr in der DDR erhebliche Dienstleistungen zugute, z. B. weiterhin erhebliche die Kaderschulung, Delegations-Betreuung, Krankenhausund Geldmittel aus der DDR zu Kuraufenthalte für DKP-Funktionäre. 1.1.4 Schulung der DKP-Mitglieder Grundlage der Schulung blieben die zweimonatlichen Bildungsabende der Parteigruppen. Die "Marxistischen Betriebsarbeiterschulen" unterwiesen wie bisher Parteimitglieder aus Betrieben. Einzelne Bezirke boten ein Frauenfernstudium an. Die parteieigene "Karl-Liebknecht-Schule" mit Internat in Leverkusen schulte rund 900 Parteimitglieder in einund zweiwöchigen Grundund Speziallehrgängen (u. a. zur Kommunalund Hochschulpolitik sowie für Kleinzeitungsredakteure). Etwa 300 DKPFunktionäre besuchten Dreimonatsund Jahresschulungen an der eigens für die DKP in Berlin (Ost) eingerichteten "SED-Parteischule Franz Mehring" sowie am "Institut für Gesellschaftswissenschaften" beim ZK der KPdSU in Moskau. Funktionäre der "Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend" (SDAJ), des "Marxistischen Studentinnenund Studentenbundes Spartakus" (MSB) und der "Jungen Pioniere" wurden an der FDJ-"Jugendhochschule Wilhelm Pieck" in der DDR und an der "Hochschule des Leninschen Komsomol" (Jugendorganisation der KPdSU) in Moskau ausgebildet. 26 Linksextremistische Bestrebungen MIGAZIN 1.1.5 Parteipresse Die DKP-Presse, an der Spitze das täglich erscheinende Zentralorgan "Unsere Zeit" (UZ), zeigte ein größeres Maß an Offenheit und veröffentlichte mehr kritische Leserbriefe und Diskussionsbeiträge als in früheren Jahren. Der Chefredakteur der UZ, Georg Auflage des DKPPOLIKEIT (Mitglied des DKP-Präsidiums), stellte der gesunkeZentralorgans sinkt nen Auflage Erfolge gegenüber: Der UZ gelinge es im wachsenweiter den Maße, nichtkommunistische Gewerkschaftsfunktionäre, Sozialdemokraten, Grüne, Christen, Wissenschaftler, Künstler, Sportler als Interviewpartner zu gewinnen14. Das 7. "UZ-Pressefest - Volksfest der DKP" vom 11. bis 13. September in Duisburg sei mit mehr als 300.000 Besuchern ein massenwirksames Ereignis gewesen15. Neue "DKP-InforSeit dem Spätsommer dokumentieren neue "DKP-Informatiomationen" herausnen" die innerparteiliche Diskussion. Neben den zentralen Publigegeben kationen erschienen etwa 320 Betriebszeitungen sowie etwa 380 sonstige Kleinzeitungen der DKP-Gliederungen mit Einzelauflagen von mehreren hundert bis zu hunderttausend Exemplaren.* Besondere Bedeutung für die kommunistische Pressearbeit behielt die "Progress Presse Agentur" (PPA) unter ihrem Chefredakteur Eberhard WEBER (ehemaliger DKP-Pressesprecher). In der PPA-Zentrale in Düsseldorf und den vier PPA-Büros arbeiten etwa 15 Journalisten. " Weitere Publikationen vgl. Kap. VIII m ^^^^--^^^^-Linksextremistische Bestrebungen 27 1.2 "Sozialistische Einheitspartei Westberlins" (SEW) mit Nebenund beeinflußten Organisationen Die SEW repräsentiert - in enger Anbindung an die SED der DDR - den orthodoxen Kommunismus in Berlin (West). Auf "Glasnost" und "Perestrojka" in der Sowjetunion reagierte die SEW-Führung zunächst abwartend. Dies führte an der Parteibasis zu Ratlosigkeit und Unsicherheit, jedoch zu keinem merklichen Mitgliederverlust. Kritik - aber auch Selbstkritik - an der zögernden Haltung der Parteiführung und einer unzureichenden InforVIII. Parteitag mationspolitik wurde auf dem VIII. Parteitag (15. bis 17. Mai) der SEW laut. Der SEW-Vorsitzende Horst SCHMITT mußte bei seiner Wiederwahl mit mehr als 6% für orthodox-kommunistische Parteien ungewöhnlich viele Gegenstimmen hinnehmen (1984: 1 Gegenstimme). Mittelpunkt der politischen Arbeit der SEW, ihrer Nebenorganisationen und der von ihr beeinflußten Gruppen (Vorfeldorganisationen) blieb der sog. "Friedenskampf", in dem sie vorbehaltlos die sowjetische Politik unterstützten. Dabei konnte die Partei wieder auf zahlreiche von ihr oder ihren Nebenorganisationen initiierte "Friedensinitiativen" zurückgreifen. Das Thema "Frieden" verknüpfte sie 1987 mit dem Thema "750-Jahr-Feier Berlins". Einen weiteren Schwerpunkt bildeten auch die Aktionen gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung in Berlin (West) ("Weißer Kreis"), bei denen die SEW-beeinflußte "Berliner Mietergemeinschaft e.V." besonders hervortrat. Die "Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten Westberlin" (ADS Westberlin), deren Mitglieder zumeist auch den SEW-Hochschulgruppen angehören, agitierte gegen das novellierte Hochschulgesetz. Ihre 4. Delegiertenkonferenz (17./18. Oktober) bestätigte Michael RUMP (Mitglied des SEW-Parteivorstandes) als Vorsitzenden. Die SEW-Jugendorganisation "Sozialistischer Jugendverband Karl Liebknecht" (SJV Karl Liebknecht), deren Vorsitzender Ralf DERWENSKUS dem "Büro" des SEW-Parteivorstandes angehört, organisierte wieder Ferienreisen in die DDR. Im Juli entsandte sie einen "Freundschaftszug" in die CSSR. 1.3 Nebenorganisationen der DKP Auch 1987 setzte die DKP für ihre politische Arbeit eine Reihe von Nebenorganisationen ein. Diese sind zwar formell selbständig und haben eigene Satzungen und Führungsgremien. Sie bekennen sich jedoch zum Marxismus-Leninismus und zur führenden Rolle der DKP, mit der sie personell verflochten sind. Die wichtigsten dieser Organisationen sind die drei kommunistischen Jugendverbände. Sie unterhalten vielfältige Verbindungen zu ausländischen "Bruderverbänden" und enge, besondere Beziehungen zur "Freien Deutschen Jugend" (FDJ) der DDR. Als "Kaderreserven" der DKP wollen sie ihre Mitglieder ideologisch indok- 28 Linksextremistische Bestrebungen trinieren; dazu dient ihnen auch die zentrale kommunistische "Jugendbildungsstätte Burg Wahrberg" (Aurach/Krs. Ansbach)16. 1.3.1 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) Die SDAJ bezeichnet sich als "revolutionärer Arbeiterjugendverband" und "kämpft" gemeinsam mit der DKP für eine von "Ausbeutung und Unterdrückung befreite sozialistische GesellSD AJ sieht wie schaft"17; ein Vorbild dafür sieht sie in der DDR18. Die Bundesdie K P r.j , i e D D R Vorsitzende Birgit RADOW ist Mitglied des DKP-Präsidiums; die Vorsitzenden der 12 SDAJ-Landesverbände gehören in der Regel den DKP-Bezirksvorständen an. Der SDAJ-Vorstand kritisierte die vielfach langweilige, unbeständige Gruppenarbeit und fehlende Mitgliederwerbung19. Deshalb begann die SDAJ eine neue "Festivalkampagne" (bis zum 6. "Festival der Jugend" im Juni 1988), bei der Mitglieder geworben und die Mitarbeit in der Schülerund Arbeiterjugendbewegung verstärkt werden sollen. Neben ihren Sprachrohren "elan - Das Jugendmagazin" und "Jugendpolitische Blätter" verbreitete die SDAJ eine Vielzahl von Kleinzeitungen, meist unregelmäßig und in geringer Auflage. Vierteljährlich zu den Einberufungsterminen der Bundeswehr ga- Linksextremistische Bestrebungen 29 ben "elan"-Redakteure und Bundeswehrsoldaten die Schrift "Rührt Euch - Zeitung für Soldaten" heraus. Seit 1986 besteht eine "elan-Mailbox" für Computer; mehrmals erschien dazu ein "elan-Computer-Info". 1.3.2 "Marxistischer Studentinnenund Studentenbund Spartakus" (MSB) Der MSB sieht sich als revolutionäre Studentenorganisation und MSB ist enger als enger "Kampfgefährte" der DKP, mit der ihn das gemeinsame "Kampfgefährte" sozialistische Ziel und die revolutionäre Strategie verbinden20. Im Unterschied zu DKP und SDAJ begrüßten weite Teile des MSB den neuen Kurs der KPdSU vorbehaltlos: Der Sozialismus sei wieder in der Offensive; die sowjetischen Impulse müßten für die eigene Erneuerung zu einem "Verband des Neuen Denkens" genutzt werden21. Der neue Bundesvorsitzende Thomas RIECKE gehört wie seine beiden Stellvertreter und zahlreiche weitere MSB-Funktionäre der DKP an. Der MSB ist nach wie vor der größte, handlungsfähigste linksextremistische Studentenverband. Ihm sollen - wie der MSB propagandistisch herausstellte - auch Mitglieder der GRÜNEN und der SPD angehören. Neben dem MSB-Organ "rote blätter" erscheint seit Ende 1987 als Diskussionsforum des MSB die Zeitung "avanti". 30 Linksextremistische Bestrebungen 1.3.3 "Junge Pioniere - Sozialistische Kinderorganisation" (JP) Die JP betonten auch 1987, daß sie mit der DKP eng verbunden seien und sich für die gemeinsamen Ziele einsetzen.22 JP Rekrutierungsfeld Die bei den JP organisierten Kinder sollen unmittelbar nach ihrer für DKP und SDAJ Pionierzeit Mitglieder der SDAJ werden23. DKP und SDAJ unterstützten die JP vielfach, z. B. bei der Kinderferienaktion und den Pfingstcamps. Der JP-Vorsitzende Gerd HERTEL ist Mitglied des DKP-Parteivorstandes und gehört - wie seine Stellvertreterin - dem geschäftsführenden SDAJ-Bundesvorstand an. 1.4 Kommunistisch beeinflußte Organisationen Seit jeher stützen sich Kommunisten bei ihrer "Massenarbeit" und Bündnispolitik auch auf anders benannte Organisationen, deren kommunistische Steuerung oder Beeinflussung sie tarnen. Diese Organisationen sind von Kommunisten gegründet oder unterwandert worden; sie stellen sich nach außen als unabhängig dar, werden aber tatsächlich erheblich kommunistisch beeinflußt: Entscheidende Funktionen, vor allem im organisatorischen (hauptamtlichen) Bereich, sind mit prokommunistischen oder kommunistischen Funktionären besetzt; dagegen besteht die Mehrzahl der Mitglieder sehr oft aus Nichtkommunisten. Diese Organisationen treten meist für Forderungen ein, die mit kommunistischen Nahzielen übereinstimmen, isoliert betrachtet jedoch nicht als extremistisch erscheinen. So gelingt es diesen Organisationen immer wieder, Bündnispartner auch unter Demokraten zu gewinnen und damit Vorbehalte gegenüber Kommunisten und den von diesen angestrebten eigentlichen - verfassungsfeindlichen - Zielen abzubauen. Von den nach wie vor etwa 50 DKP-beeinflußten Organisationen traten 1987 folgende 8 besonders hervor.* 1.4.1 "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (VVN-BdA) Die "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten" (WN-BdA) wird unverändert von Kommunisten beherrscht. Etwa zwei Drittel der Mitglieder des neuen Bundesvorstandes (früher Präsidium) ebenso wie des neuen Präsidiums (bisher geschäftsführendes Präsidium) sind Kommunisten. Der Generalsekretär Kurt ERLEBACH ist Mitglied des DKP-Parteivorstandes; auch die anderen hauptamtlichen Funktionäre des Sekretariats gehören - mit einer Ausnahme - der DKP an. Vordergründiger Arbeitsschwerpunkt der WN-BdA blieb der Kampf um "antifaschistische Aktionseinheit" und gegen "Antikommunismus"24. Sie wirkte bei zahlreichen Bündnissen und Kampagnen mit, und zwar nicht nur beim "Antifaschismuskampf", son- * Publikationen vgl. Kap. VIII Linksextremistische Bestrebungen 31 antifaschistische ^s/IM 1987 rundschau Mitgliederzeitschrift der WN - Bund der Antifaschisten 1 Buchenwald 1 1 Hasselbach 1 .1 K rganisierter Antifaschismus 1945 bis beute RÖDERBERG dem auch in anderen Aktionsfeldern der DKP. Beispielhaft dafür ist die Kampagne gegen die Volkszählung, bei der die Vereinigung Vergleiche mit der NS-Zeit anstellte25. Die WN-BdA stellte VVN-BdA sieht nach den Veranstaltungen zu ihrem 40jährigen Bestehen fest: sich zunehmend akzeptiert "Wir haben in unserer Bündnispolitik einen Durchbruch erzielt"26. Dabei verwies sie u.a. auf das Auftreten und die Unterstützung von bekannten Demokraten und Gewerkschaftern und auf die Mitgliedschaft einer Bundestagsabgeordneten der GRÜNEN in ihrem Bundesvorstand27. 1.4.2 "Deutsche Friedens-Union" (DFU) Die "Deutsche Friedens-Union" (DFU) behielt ihre herausraDFU koordiniert gende Rolle in der "Volksfront"-Politik der DKP: Sie wirkte initikommunistische ierend und koordinierend beim sog. "Friedenskampf" (vgl. Ziff. Bündniskampagnen 2.3), bei der Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst (vgl. Ziff. 2.5) und den Aktivitäten gegen die Volkszählung (vgl. Ziff. 2.4)28. Dabei bemühte sie sich, vor allem in "bürgerlichen" Kreisen und unter Christen kommunistische Nahziele zu propagieren und antikommunistische Einstellung abzubauen. Die DFU verfügt dazu über einen aufwendigen und effektiv arbeitenden Apparat von hauptamtlichen Funktionären, darunter zahlreiche Kommunisten. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz attestierte der DFU eine ablehnende Haltung gegenüber der Verfassungsordnung der 32 Linksextremistische Bestrebungen Bundesrepublik Deutschland und eine programmatische und praktisch-politische Nähe zur DKP29. 1.4.3 "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" (KFAZ) KFAZ Instrument Das "Komitee für Frieden, Abrüstung und Zusammenarbeit" des kommunistischen (KFAZ) blieb ein wichtiges bündnispolitisches Instrument des sog. "Friedenskommunistischen "Friedenskampfes". Die Hälfte der Mitglieder kampfes" seines zentralen Leitungsgremiums ("Büro") gehört dem sowjetisch gesteuerten "Weltfriedensrat" (WFR, vgl. Kap. V, Ziff. 1.3) an, darunter der Sprecher Achim MASKE und Martha BUSCHMANN (DKP-Präsidiumsmitglied). Mit Veranstaltungen, Publikationen und mit großem organisatorischem und personellem Einsatz beeinflußte das KFAZ wieder Aktionsplanung und Positionsbestimmung der "Friedensbewegung". In deren bundesweiten "Koordinierungsausschuß" (KA) und dessen "Geschäftsführung" (Sitz: Bonn) ist das KFAZ u.a. durch MASKE und einen weiteren Mitarbeiter vertreten. Durch regelmäßige Präsenz bei den Sitzungen der Geschäftsführung des KA sicherte sich das KFAZ seinen Einfluß auf Planungen und Beschlüsse der organisierten "Friedensbewegung". 1.4.4 "Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) In der "Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner" (DFG-VK) waren auch 1987 entscheidende Positionen mit Kommunisten und Mitgliedern anderer Vorfeldorganisationen besetzt. So gehören zu den sieben Personen des neuen Bundessprecherkreises (anstelle des bisherigen Bundesvorstandes) die DKP-Mitglieder Michael GEMS (Bundesgeschäftsführer) und Gregor WITT sowie zwei Mitglieder anderer DKP-beeinKommunistischer flußter Organisationen. In den Gliederungen des Verbandes blieb Einfluß in der der kommunistische Einfluß unterschiedlich; teilweise war er unDFG-VK untererheblich. Wiederholt kritisierten einzelne Gliederungen und Mitschiedlich stark glieder den Einfluß der DKP auf den Bundesverband30, ohne ihn jedoch zurückdrängen zu können. Die DFG-VK ist nach wie vor im Koordinierungsausschuß (KA) und dessen Geschäftsführung vertreten. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen Vorbereitung und Durchführung des internationalen "Olof-Palme-Friedensmarsches für einen atomwaffenfreien Korridor" (29. August bis 19. September). 1.4.5 "Die Friedensliste" Das Personenund Wahlbündnis "Die Friedensliste" wird nach wie vor von Kommunisten dominiert. Zwei Drittel der Mitglieder des Bundesvorstandes gehören der DKP oder ihren Vorfeldorganisationen an, darunter Uwe KNICKREHM (Mitglied des DKPParteivorstandes) und Horst TRAPP (Mitglied des DFU-Bundes- Linksextremistische Bestrebungen 33 Vorstandes). Bei der Bundestagswahl am 25. Januar hatte die DKP zugunsten der "Friedensliste" auf eine Teilnahme verzichtet. Diese stellte lediglich Direktkandidaten auf - mindestens 40% davon aus den Reihen der DKP, weitere 30% aus deren Vorfeldorganisationen - und empfahl, mit der Zweitstimme SPD oder GRÜNE zu wählen. Die Kandidaten der "Friedensliste" erhielten zusammen 188.602 Stimmen ( = 0,5%). Nach der Wahl begann im Bündnis eine z. T. kontroverse Diskus"Friedensliste" dission über die künftige Konzeption31; die DKP sprach sich dafür kutiert zukünftige aus, die "Friedensliste" weiterzuentwickeln. Konzeption 1.4.6 "Demokratische Fraueninitiative" (DFI) Die "Demokratische Fraueninitiative " (DFI) besteht aus etwa 100 Gruppen ohne feste Mitgliedschaft. Die sechs Frauen der "Bundesgeschäftsstelle" gehören entweder Bundesgeschäftsder DKP oder einer ihrer Vorfeldorganisationen an. Erneut beteistelle der DFI ligte sich die DFI mit frauenspezifischen Parolen (z.B. gegen personell stark von Kommunisten Wehrdienst für Frauen) an Kampagnen, die auch von Kommunibeeinflußt sten gefördert wurden. Aufzunehmende Schwierigkeiten stieß die Bündnisarbeit der DFI; die seit Jahren übliche zentrale "Aktion Muttertag" fand mangels Unterstützung durch andere Gruppen - so die DFI - nicht mehr statt. 1.4.7 "Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) e.V." (VDJ) Die "Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) e.V." (VDJ) wurde 1972 auf Betreiben der DKP gegründet. In ihrem Vorstand arbeiten seit Jahren Mitglieder der DKP und anderer Vorfeldorganisationen mit. Die Vereinigung ist eine Sektion der sowjetisch gesteuerten "Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen" (IVDJ). Ein Schwerpunkt ihrer Aktivitäten lag in der KamVDJ aktiv in der pagne gegen die Volkszählung (vgl. Ziff. 2.4). Kampagne gegen die Volkszählung 1.4.8 "Antiimperialistisches Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK) Im "Antiimperialistischen Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK) arbeiten kommunistische Organisationen und Einzelpersonen mit demokratischen Kräften zusammen. Die laufenden Geschäfte besorgt ein DKP-Mitglied; der Sprecher ist Mitglied des "Weltfriedensrates". Das ASK propagierte auch 1987 die Solidarität mit Regierungen und "Widerstandsbewegungen" in der dritten Welt, die der kommunistischen Ideologie nahestehen, und veranstaltete Aktionen zu ihren Gunsten (vgl. Ziff. 2.7). Das Komitee blieb mit dem "Antiimperialistischen Informationsbulletin" (AIB) eng verbunden; die Hälfte von dessen Herausgebern sind Funktionäre kommunistischer Organisationen. 34 Linksextremistische Bestrebungen 2. BUndnispolitik DKP milit BündnisFür die DKP besitzt das Erreichen einer "Massenbasis" eine zenpolitik zentrale trale strategische Bedeutung. Deshalb strebt sie Bündnisse mit strategische nichtkommunistischen Kräften an: Bedeutung zu - die "Aktionseinheit der Arbeiterklasse", d. h. die Zusammenarbeit vor allem mit Sozialdemokraten und Gewerkschaftern (vgl. Ziff. 2.1 und 2.2) - das "breite antimonopolistische Bündnis", auch "demokratisches Bündnis" genannt; aufbauend auf der "Aktionseinheit" sollen bäuerliche und bürgerliche Kreise bis hin zu mittleren Unternehmern sowie auch Intellektuelle einbezogen werden; - im sog. "Friedenskampf" die "Koalition des Friedens und der Vernunft" aller am Frieden interessierten Kräfte, einschließlich "realistisch denkender" groß-bürgerlicher Kreise. Bündnispartner sucht die DKP im Kampf für vorgeblich gemeinsame Tagesanliegen zu gewinnen. Dazu propagiert sie Forderungen, von denen sie annimmt, sie würden auf breite Zustimmung auch bei Nichtkommunisten stoßen und - das ist die entscheidende Bedingung - ihre Durchsetzung würde die kommunistischen Positionen verbessern. Demokratische "Bündnispartner" nehmen dabei häufig nicht wahr, daß "Bündnislosungen" - wie z. B. "für Frieden", "für sozialen Fortschritt" - für Kommunisten eine ganz andere Bedeutung haben als für sie selber: Nach kommunistischer Auffassung garantiert letztlich nur der Sozialismus Frieden und Fortschritt. Deshalb bedeutet für Kommunisten der Kampf für "Frieden und Fortschritt" in Wirklichkeit, für den Sozialismus kommunistischer Prägung zu kämpfen. Das wichtigste publizistische "Bündnisorgan" der DKP erscheint seit September unter dem Namen "Volkszeitung" (zuvor: "Deutsche Volkszeitung/die tat"); mindestens zwei Drittel der Redakteure - darunter der Chefredakteur und seine Stellvertreterin - sind Mitglieder kommunistischer Kernoder NebenorganisatioDKP stellt größeren nen. Auch 1987 zog die DKP - teilweise mit Recht - eine positive politischen HandBilanz ihrer Bündnispolitik: Der politische Handlungsspielraum lungsspielraum fest der Partei sei größer geworden, ihr moralisches Ansehen gewachsen32; das positive Image der sowjetischen Politik unter GORBATSCHOW schaffe für die Bündnispolitik neue Möglichkeiten33: "Noch nie seit Bestehen der DKP waren die objektiven Bedingungen unseres Wirkens und war der politische Einfluß von... Kommunisten in der Bundesrepublik so günstig bzw. so groß wie heute, was man insbesondere im Bereich der Friedensbewegung und der Gewerkschaften und in den Betrieben erkennen kann." ("Marxistische Blätter" Nr. 11/1987, S. 55) Linksextremistische Bestrebungen 35 Gleichzeitig räumte die DKP in Anerkennung der Realitäten aber ein, daß sich ihre bündnispolitischen Erfolge bisher nicht bei Wahlen und bei der Mitgliederwerbung niedergeschlagen haben. 2.1 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten Vorrangiges Ziel kommunistischer "Aktionseinheitspolitik" ist die Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten. Grundlage dafür sieht die DKP in gemeinsamen "antimonopolistischen" Anliegen und dem Kampf gegen den gleichen "Klassengegner"34; wenn auch die "Systemfrage"35 DKP und SPD trenne, so gebe es doch einen großen Vorrat an Gemeinsamkeiten36. Die DKP glaubt, ihrem Ziel 1987 einen weiteren Schritt näher geDKP sieht kommen und bei Sozialdemokraten auf weniger Vorbehalte gestoFortschritte bei ßen zu sein; sie verwies u.a. auf angeblich erste "offizielle" Kon"Aktionseinheit" mit Sozialdemokraten takte von DKP und SPD, in der Regel auf unterer Ebene37. Für 1988 gab sie die Parole aus: "Auf diesem Wege weiter: ran an Sozialdemokraten - für Aktionseinheit!"38 Nach der Veröffentlichung des Arbeitspapiers der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und der Grundwertekommission der SPD "Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit" am 27. August sprach die DKP von zusätzlichem Spielraum und langfristig verbesserten Bedingungen für die "Aktionseinheit"39. Äußerungen aus der SPD, die DKP könne innenpolitisch kein Partner von Aktionsbündnissen sein, gehen nach ihrer Meinung an der Realität vorbei. Gefordert seien derzeit nicht spektakuläre Kontakte auf der Ebene der Parteiführungen ("Aktionseinheit von oben"), sondern die Fortsetzung der alltäglichen Zusammenarbeit ("Aktionseinheit von unten"), z. B. in DKP fordert Betrieben, Gewerkschaften und in der "Friedensbewegung"40. "Aktionseinheit Die Themen "Frieden", "Kampf gegen Berufsverbote", "Antifavon unten" schismus" und "Internationale Solidarität" boten auch 1987 Anlaß zu Aufrufen und zu zahlreichen örtlichen, regionalen und bundesweiten Bündnissen, in deren Gremien Kommunisten und Mitglieder der SPD gleichberechtigt mitwirkten. Ein schon traditionelles Feld der "Aktionseinheitspolitik" bilden die "Ostermärsche", bei denen seit Jahren neben hochrangigen Vertretern der DKP auch Repräsentanten der SPD als Redner auftreten. Die kommunistische Presse, vor allem das DKP-Zentralorgan "Unsere Zeit" (vgl. Ziff. 1.1.5) veröffentlichte wieder Interviews mit bekannten Sozialdemokraten. Mehrere kommunistisch beeinflußte Organisationen (WN-BdA, KFAZ, "Arbeitsausschuß" der Initiative "Weg mit den Berufsverboten") lassen in ihren Leitungsgremien weiterhin einzelne Mitglieder der SPD mitarbeiten, um so den Anschein der Überparteilichkeit zu erwecken. Der "Sozialistische Hochschulbund" (SHB) unterstützte auch SHB unterstützt 1987 die kommunistische Politik der "Aktionseinheit". Er be"Aktionseinheit" zeichnet sich als sozialdemokratische Organisation, die auf marxistischer Grundlage arbeite41, seine Mitglieder seien überwiegend 36 Linksextremistische Bestrebungen in der SPD organisiert42. Der SHB will um die SPD und in der SPD für eine Entwicklung zum Sozialismus kämpfen43. Dabei sind das marxistische Grundverständnis, Nahziele, politische Perspektiven und Taktik des SHB kaum von denen orthodoxer Kommunisten zu unterscheiden. 2.2 Bemühungen um "Aktionseinheit" mit Gewerkschaften Die Taktik der orthodoxen Kommunisten gegenüber den Gewerkschaften hat sich nicht verändert: Nach außen treten sie daMoskauorientierte für ein, die Gewerkschaften zu stärken44, zugleich bemühen sie Kommunisten wollen sich, ihren Einfluß mit dem Ziel zu erweitern45, die GewerkschafGewerkschaften als "Transmissionsten langfristig in Werkzeuge ("Transmissionsriemen") kommuniriemen" nutzen stischer Politik umzuwandeln. Die DKP forderte deshalb eine stärkere Ausrichtung der Gewerkschaften auf klassenkämpferische Positionen und polemisierte scharf gegen eine Politik der Sozialpartnerschaft46. Entsprechend den Weisungen der Partei leisteten auch 1987 DKP-Mitglieder in beträchtlichem Umfange kommunistische Gewerkschaftsarbeit: Etwa drei Viertel der Parteimitglieder sind in DGB-Gewerkschaften organisiert. In obersten Gewerkschaftsgremien sind Kommunisten weiterhin nur vereinzelt vertreten; in einigen nachgeordneten Gewerkschaftsgliederungen ist ihr Anteil jedoch nicht unwesentlich, insbesondere in der IG Druck und Papier sowie der dieser angehörenden Deutschen JournalistenUnion (dju), dem Kern der neuen IG Medien (Druck und Papier, Publizistik und Kunst); bei dieser begrüßte die DKP "antimonopolistische" Forderungen47. Im Bundesvorstand des "Ausschusses junger Lehrer und Erzieher", einem Bundesgremium der GEW, dominieren wie bisher ehemalige Mitglieder kommunistischer Jugendund Studentenverbände. In ihrer Agitation hob die DKP besonders hervor, daß Gewerkschaftsfunktionäre auf DKP-Veranstaltungen auftraten, der UZ Interviews gaben und bei der praktischen "Massenarbeit" Kommunisten als gleichberechtigt akzeptierten48. Auch 1987 unterstützte die "Nachrichten-Verlags-GmbH", Frankfurt/M., die kommunistische Gewerkschaftsarbeit mit Publikationen, darunter der Monatsschrift "NACHRICHTEN zur Wirtschaftsund Sozialpolitik". Deren Herausgeber und Redakteure gehören mehrheitlich der DKP an und haben z.T. auch Funktionen in den Gewerkschaften. 2.3 Einflußnahme auf die "Friedensbewegung" Der sog. "Friedenskampf" bildete auch 1987 einen Schwerpunkt kommunistischer Aktivitäten. Die DKP hielt sich dabei an die Vorgaben von KPdSU und SED und trat mit ihren Vorfeldorganisationen nachdrücklich für die sowjetischen Abrüstungsvorschläge ein. Ihr Einsatz wurde von der KPdSU honoriert: Im September erhielt der DKP-Vorsitzende MIES den "Lenin-Friedenspreis". Linksextremistische Bestrebungen 37 Die orthodoxen Kommunisten blieben in der "FriedensbeweKommunisten in den gung" eine Minderheit. Das "DKP-Spektrum" war jedoch in den Entscheidungsgremien der "FrieArbeitsgremien und auf "Aktionsund Strategiekonferenzen" densbewegung" nach dieser Bewegung wieder deutlich überrepräsentiert; durch stänwie vor deutlich überdige Anwesenheit, einheitliches und geschicktes Vorgehen konnte repräsentiert es viele seiner Vorstellungen durchsetzen. Auch 1987 waren orthodoxe Kommunisten über die SDAJ, das KFAZ, die DFG-VK, die WN-BdA und die "Vereinigten Deutschen Studentenschaften" (VDS) im bundesweiten "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung" (KA) mit Sitz in Bonn (etwa 30 Mitgliedsorganisationen) vertreten. Obwohl die DKP offiziell dem KA nicht angehört, beteiligt sich nach wie vor ein Funktionär ihres Parteivorstandes maßgeblich an den Beratungen. Mitglieder der Partei und ihrer Vorfeldorganisationen arbeiteten wieder besonders eifrig bei der "Geschäftsführung" und im "Büro" des KA sowie bei Publikationen mit. Der übermäßig starke Einfluß des DKP-Spektrums im KA wurde von Teilen der "Friedensbewegung" zwar kritisiert, jedoch nicht eingeschränkt. Um den Abschwung der "Friedensbewegung" aufzuhalten, setzten sich die DKP und ihr Umfeld nachdrücklich für die "Großdemonstration" des KA am 13. Juni in Bonn ein, die zeitgleich mit dem Deutschlandbesuch des amerikanischen Präsidenten stattfand. Zahlreiche Linksextremisten waren so auch unter den ca. 50.000 Demonstranten (Veranstalterangabe: 110.000). Die DKP und ihre Vorfeldorganisationen waren wiederum maßgeblich an den "Ostermärschen" (100.000 Teilnehmer, Veranstalterangabe: 350.000) beteiligt. Die bundesweite "Informationsstelle Ostermarsch '87" befand sich - wie in den Vorjahren - in der DFU-Landesgeschäftsstelle Hessen; Achim MASKE (vgl. Ziff. 1.4) trat als "Sprecher" auf. Kommunisten und Funktionäre DKP-beeinflußter Organisationen wirkten auch in den regionalen "Ostermarsch"-Gremien in entscheidenden Positionen. Führende DKP-Funktionäre sprachen neben Vertretern demokratischer Organisationen auf zahlreichen Kundgebungen. Rückblikkend stellte die DKP fest: "Ohne das Wirken der DKP, ohne ihre gerade in kleinen GeDKP sieht sich als meinden aufopferungsvolle Rolle, ohne das Wirken unserer Rückgrat der "OsterPartei und einzelner Genossen gäbe es natürlich diese und solmarschbewegung" che Ostermärsche nicht. Die DKP ist das Rückgrat der Bewegung." (Schreiben des DKP-Bezirksvorstandes Bremen/Niedersachsen-Nord an die "Friedensverantwortlichen und Bündnissekretäre" vom Mai 1987). Die DFU-gesteuerte "Krefelder Initiative" (KI) blieb Sprachrohr und Interpret DKP-genehmer "Friedenspolitik". Sie diente wiederum als Sammelbecken für "berufsspezifische Friedensinitiati- 38 Linksextremistische Bestrebungen Be historische Chance nutzen! Jetzt Raketen raus! wjetunton reduziert ihre Raketen in Asien auf 100 GefeeMskopfe; Shing II und Cruise-Missiles stationiert wurden. ebenso viele verbleiben in den USA. ..Die UdSSR ist bereit, sofort Verhandlungen über den Abbau und die ir Dach und Fach s Breite Zustimmung Widerstand ven". Für die Kl betreute vor allem der kommunistische "Friedens"-Funktionär Reiner BRAUN (DKP) diese Initiativen. Er unterhielt dabei besonders enge Verbindungen zur "Naturwissenschaftler-Initiative: Verantwortung für den Frieden". Das DKPSpektrum bietet den Mitgliedern solcher "berufsspezifischer" Initiativen - überwiegend sind das Nichtextremisten - organisatorische Unterstützung, die teils als notwendig entgegengenommen, teils geduldet wird. So stellte die DFU ihre Organisationskraft der Initiative "Sportler und Sportlerinnen für den Frieden" bei ihrer "Friedensstafette" im Juni 1987 zur Verfügung. In der DFU-Bundesgeschäftsstelle befand sich ein "Organisationsbüro" der Stafette, die DFU-Landesgeschäftsstellen in Hamburg und Stuttgart leistesten ebenfalls Hilfestellung. Linksextremistische Bestrebungen 39 Nach der Unterzeichnung des sowjetisch-amerikanischen Abkommens über die Abschaffung der atomaren Mittelstreckenraketen verstärkte die DKP ihre Bemühungen, die "Friedensbewegung" zusammenzuhalten und ihr neue Aufgaben zuzuweisen. DKP-Mitglieder wurden angehalten, noch eifriger in berufsspeziDKP will Mitarbeit fischen Initiativen und in den Gremien der "Friedensbewegung" in "berufsspezifischen" Friedensmitzuarbeiten - denn sonst verlöre die Partei ihr bisher erfolginitiativen verstärken reichstes bündnispolitisches Aktionsfeld. 2.4 Beteiligung an der Kampagne zum Boykott der Volkszählung Gestützt auf ihre "Apparate" und mit großem publizistischem Einsatz versuchten die DKP und ihre Vorfeldorganisationen, eine führende Rolle beim Kampf gegen die Volkszählung zu übernehmen und einen Volkszählungsboykott (VoBo) durchzusetzen. Kommunisten arbeiteten in VoBo-Initiativen mit. Die WN-BdA behauptete, Parallelen zur totalen Erfassung in der NS-Zeit zu erkennen. Die VDJ veranstaltete Anfang Mai mit Vertretern von VoBo-Initiativen einen "bundesweiten juristischen Ratschlag" über "Volkszählung '87 - mitmachen - mogeln - boykottieren?"; dabei versuchte sie, den Widerstand gegen die Volkszählung juristisch zu rechtfertigen, und bot den Boykotteuren ihre Unterstützung an49. Nach der Volkszählung im Mai agitierte das DKP-Spektrum für Solidarität mit "kriminalisierten" Verweigerern. Gegen die totale Erfassung Volkszählung: Nein! 40 Linksextremistische Bestrebungen STUDanHwsun. "KL ". Am, 2.50 UM 2.5 Kampagne gegen Maßnahmen zur Fernhaltung von Verfassungsfeinden aus dem öffentlichen Dienst Die bundesweite Initiative "Weg mit den Berufsverboten" (Sitz Hamburg) organisierte 1987 wie in den Vorjahren Proteste im Inund Ausland gegen staatliche Maßnahmen zur Fernhaltung orthodoxer Kommunisten aus dem öffentlichen Dienst. Die Initiative (Sprecher: Horst BETHGE, Mitglied des Direktoriums der DFU) wird entscheidend von der DFU getragen (vgl. Ziff. 1.4); im "Arbeitsausschuß" stellen Mitglieder der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen eine deutliche Mehrheit. Die Initiative verbreitete regelmäßig Rundbriefe und Auslandsinformationen. Im "Presseund Informationsdienst" des "ArbeitsAgitation gegen ausschusses" wurde ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als Fernhaltung von "Gipfel an antidemokratischer Verlogenheit" diffamiert und den Kommunisten aus dem öffentlichen Richtern vorgeworfen, sich auf der "Traditionslinie der Nazi-JuDienst stiz" zu bewegen50. Die Initiative arbeitete mit den rund 300 örtlichen Initiativen und mit den ausländischen "Komitees gegen die Berufsverbote in der BRD" zusammen. Vertreter der Initiative und einige wenige von staatlichen Maßnahmen Betroffene suchten auch internationale Gremien (z. B. Fraktionen des Europaparlaments) in die Kampagne einzubeziehen. Als großen Erfolg verbuchte die DKP den mit 2:1 Stimmen ergangenen Bericht eines Untersuchungsausschusses der "Internationalen Arbeitsorganisation" (ILO), der im Februar 1987 veröffentlicht wurde; das Verfahren war auf Betreiben Linksextremistische Bestrebungen 41 des sowjetisch gesteuerten "Weltgewerkschaftsbundes" (WGB) zustande gekommen. 2.6 "Antifaschismus"-Kampagne Ein wesentliches Ziel der kommunistischen "AntifaschismusKampagne" ist es, das antitotalitäre, gleichermaßen gegen rechtswie linksextremistische Bestrebungen gerichtete DemokratieverKommunismus soll ständnis des Grundgesetzes auf einen nur "antifaschistischen" hoffähig gemacht werden Gehalt zu reduzieren und damit den Kommunismus hoffähig zu machen. Die DKP-beherrschte WN-BdA, für die DKP unentbehrlicher Träger des "Antifaschismuskampfes"51, bemühte sich wiederum, breite "antifaschistische" Bündnisse zu bilden, bestehende zu festigen52 und ein "antifaschistisches Klima" zu schaffen. Sie initiierte zahlreiche Aktionen gegen das Auftreten tatsächlicher oder vermeintlicher Rechtsextremisten. Träger der Aktionen waren zumeist Bündnisse, in denen die Kommunisten und auch Gruppen der "Neuen Linken" mit Vertretern demokratischer Parteien und Gewerkschaften zusammenarbeiteten. Kommunisten befürworteten oder rechtfertigten dabei auch gewaltsame Vorgehensweisen. 2.7 "Antiimperialistische Solidarität" Auch 1987 unterstützten Kommunisten materiell und agitatorisch ihnen ideologisch nahestehende Regierungen und "Widerstands- 42 Linksextremistische Bestrebungen bewegungen" in der dritten Welt. Anhänger der DKP arbeiten in zahlreichen "Solidaritätsinitiativen" mit. Eines ihrer Ziele ist dabei, diese nach der marxistisch-leninistischen ImperialismusTheorie auszurichten53 und westliche Demokratien als imperialistisch und aggressiv zu verleumden. Wichtigste "antiimperialistische" Bündnisorganisationen der DKP blieben das "Antiimperialistische Solidaritätskomitee für Afrika, Asien und Lateinamerika" (ASK) (vgl. Ziff. 1.4) und die "Freundschaftsgesellschaft Bundesrepublik Deutschland - Kuba e.V.". Einen Schwerpunkt der kommunistischen "Solidaritätsarbeit" bildete die Unterstützung chilenischer Kommunisten. Wie in den vergangenen Jahren förderten die orthodoxen Kommunisten mit Spenden und als Arbeitsbrigadisten die "Revolution in Nicaragua" ; eine Spendenaktion des ASK erbrachte 700.000 DM. Die Solidarität mit dem Widerstand im südlichen Afrika, insbesondere mit dem kommunistisch beeinflußten "Afrikanischen Nationalkongreß" (ANC), wurde u. a. durch die Spendenaktion für einen "Freiheitssender Mandela" fortgesetzt; an dieser Aktion war vor allem die SDAJ beteiligt. 3. Betriebsarbeit Die DKP sah auch 1987 in den Betrieben eines ihrer wesentlichen "Kampffelder". Trotz Änderungen in der Struktur der Arbeiter- Linksextremistische Bestrebungen 43 klasse müßten die Arbeiter in den Großbetrieben der materiellen Produktion Hauptadressaten kommunistischer Politik bleiben54: "Dabei ist es für uns immer von Bedeutung, den Blick auf jene Arbeiter und Angestellten zu richten, die sozusagen an den entscheidenden Hebeln sitzen, wenn es darum geht, daß alle Räder stillstehen müssen." (UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 19. 11. 1987, S. 37) Die DKP behauptete, ihre Betriebsarbeit habe einige Erfolge geDKP behauptet zeitigt. So will sie bei den Betriebsratswahlen 1987 einen beträchtErfolge in ihrer "Betriebsarbeit" lichen Zuwachs an Mandaten erreicht haben55; sie verwies auch auf die Zahl ihrer Betriebsgruppen, die auf etwa 450 (1986: 400) angestiegen ist. Die Zahl der DKP-Betriebszeitungen - mit Einzelauflagen bis zu mehreren tausend Exemplaren - ging jedoch auf etwa 320 (1986: 340) zurück. 4. Jugend-, Kinderund Studentenarbeit Das Bemühen um Einfluß auf die junge Generation bildete auch 1987 einen Schwerpunkt kommunistischer Aktivitäten. Dabei versuchte die DKP, sich als interessanter, zuverlässiger Partner der Jugend darzustellen. Sie will bei jungen Menschen auf ein unbefangeneres und positiveres Verhältnis zu Kommunisten und auf "fortschrittliche" Positionen gestoßen sein56. Die Parteigliederungen wurden mehrfach angehalten, SDAJ und MSB sowie "Junge Pioniere" zu unterstützen. 4.1 Jugend Die SDAJ agitierte 1987 erneut mit spektakulären AktionsforSpektakuläre men: Verleihungen von "Orden" und "Urkunden" an "JugendAktionen der SDAJ feinde", Besetzungen und Störungen von Veranstaltungen politischer Gegner. Bis zur Bundestagswahl am 25. Januar lief die SDAJ-Kampagne "Stoppt die Jugendfeinde". Dabei wurden "Kohl-freie Zonen" ausgerufen, CDU-Büros zugenagelt, CDUPlakate beschädigt und CDU-Veranstaltungen gestört. Die SDAJ rühmte sich: "Die Aktion war ein toller Erfolg"57. Die SDAJ blieb im sog. "Friedenskampf" engagiert; sie setzte ihre Mitarbeit im "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung" fort und beteiligte sich an den Aktionen der "Friedensbewegung". Als eines ihrer Markenzeichen nannte die SDAJ die "antimilitaristische Haltung"58. Mit Flugschriften und der Publikation "Rührt Euch" warb sie unter Soldaten für die Mitarbeit in den fast 20 "Soldaten-Friedensinitiativen" und "Arbeitskreisen Demokratischer Soldaten" (ADS). Junge Kommunisten und von ihnen beeinflußte örtliche Initiativen führten mehr als 160 Störaktionen gegen die Bundeswehr (Mahnwachen, Behinderungen von 44 Linksextremistische Bestrebungen Rekrutengelöbnissen, Agitation mit Flugblättern) durch; sie waren ferner - häufig im Bündnis mit anderen linksextremistischen Kräften - an mehr als 500 (1986: über 800) weiteren Aktionen gegen die Bundeswehr beteiligt. Besondere Bedeutung maß die SDAJ wiederum der Betriebsarbeit zu. Sie forderte von ihren Mitgliedern, bei Wahlen zu Betriebsräten und Jugendvertretungen zu kandidieren und in der Gewerkschaftsjugend aktiv zu werden; ihre - nach eigenen Angaben mehr als 200 - Betriebsgruppen bezeichnete sie als Rückgrat des Verbandes59. Über ein Drittel der 757 Delegierten zum 9. SDAJ-Bundeskongreß sollen in betriebliche und gewerkschaftliche Funktionen gewählt worden sein60. In den Schulen sah die SDAJ ein Handlungsfeld von zunehmender Bedeutung61. Sie behauptete, über etwa 250 Schulgruppen zu SDAJ aktiv bei verfügen, und erklärte, sie habe die Schülerproteste gegen die ReSchülerprotesten form der Sekundarstufe II und der Abiturprüfung mitorganisiert; SDAJ-Mitglieder hätten in Schülervertretungen und SchulstreikKomitees mitgearbeitet62. In der "Bundesschülervertretung" (BSV) und in "Landesschülervertretungen" (LSV) sind nach wie vor SDAJ-Mitglieder tätig. Bei ihren Bündnisbemühungen stieß die SDAJ auch 1987 kaum auf Schwierigkeiten. So sprachen z. B. auf ihrem 9. Bundeskongreß u.a. Vertreter der "Deutschen Jungdemokraten" und der "Naturfreundejugend Deutschlands" (NFJD) Grußworte. In der NFJD wirken seit langem auf allen Ebenen kommunistische Linksextremistische Bestrebungen 45 Funktionäre mit. Die Bundesjugendleiterin der NFJD äußerte im März, die Naturfreunde hätten die Spaltung der Arbeiterbewegung nicht mitvollzogen; sie seien stolz, daß in ihrem Verband Kommunisten und Sozialdemokraten zusammenarbeiten63. Dagegen wurde ein Antrag der SDAJ auf Aufnahme in den "Deutschen Bundesjugendring" erneut abgelehnt; die SDAJ gehört aber nach wie vor den Landesjugendringen Hamburg, Bremen und Saarland sowie etwa 40 Stadtund Kreisjugendringen an. Bei ihrer Freizeitarbeit veranstalteten die SDAJ-Landesverbände 11 "Pfingstcamps", an denen über 4.000 Jugendliche teilgenommen haben64. Der kommunistisch beeinflußte Motorradclub "Kuhle Wampe" (etwa 1.000 Mitglieder) setzte seine Versuche fort, motorradbegeisterte Jugendliche für kommunistische Nahziele (z. B. "Antifaschismusarbeit") zu gewinnen. Die SDAJ begann bereits mit Vorbereitungen für die 13. Weltfestspiele der Jugend und Studenten (Sommer 1989 in Nord-Korea); sie tritt dafür ein, daß möglichst viele Jugendverbände aus der Bundesrepublik Deutschland ihre Teilnahme melden65. 4.2 Kinder Angeleitet und unterstützt von DKP und SDAJ bemühten sich die JP mißbrauchen "Jungen Pioniere" (JP) vor allem um 6- bis 14jährige Kinder. Mit Kinder für kommukindgerechten Mitteln - Sport, Spiele, Feste - versuchten sie, die nistische Ziele Kinder für eine kommunistische Zukunft zu begeistern und für den Eintritt in die JP zu gewinnen. Über die Kinder will die DKP auch mit den Eltern in ein politisches Gespräch kommen. Wiederum setzten die JP Kinder für politische Aktionen ein. Die JP veranstalteten mit Unterstützung der DKP und der SDAJ etwa 40 Pfingstcamps für angeblich über 3.000 Kinder66. Im Sommer organisierten DKP und JP wieder gemeinsam Ferienreisen für Kinder in die DDR. Dabei sollen die Kinder den Sozialismus entdecken67. Die Beteiligung an den Reisen war trotz niedriger Eigenkosten offensichtlich unbefriedigend für die DKP; wie in den Jahren zuvor wurde keine Gesamtangabe gemacht (zuletzt 1985: 4.000). 4.3 Studenten Die DKP hob auch 1987 die Bedeutung ihrer Arbeit an den Hochschulen hervor: Ihre "Grundorganisationen" an den Hochschulen, die DKP-Hochschulgruppen und der studentische "Massenverband" MSB Spartakus, seien ein Zeichen für die Stärke der Partei in der Intelligenz68. Die etwa 100 DKP-Hochschulgruppen - ihnen gehören jeweils die an einer Hochschule studierenden und beschäftigten DKPMitglieder an - hatten auch 1987 den MSB anzuleiten und zu unterstützen. Der MSB hielt an seinem Konzept der "gewerkschaftlich orientierten Politik" fest: Er gab sich als Vertreter studentischer Inter- 46 Linksextremistische Bestrebungen MSB unverändert in essen aus und propagierte die Zusammenarbeit der Studentenbeenger "Aktionswegung mit der Arbeiterklasse und ihren Gewerkschaften69. Dag^g 1 * bei wirkte er unverändert in enger "Aktionseinheit" mit dem SHB zusammen. Zugleich verwies der MSB auch aufnach seiner Einschätzung - inhaltliche Gemeinsamkeiten mit Jungsozialisten (Juso)-Hochschulgruppen und die "sehr konstruktive" Arbeit mit den "Radikaldemokratischen Studentengruppen" (RSG)70. In den studentischen Vertretungen an den Hochschulen und im studentischen Dachverband "Vereinigte Deutsche Studentenschaften" (VDS) konnte der MSB seine einflußreiche Stellung halten. MSB und SHB beeinflussen über die Allgemeinen Studentenausschüsse, an denen sie beteiligt sind, den "Zentralrat" der VDS. Wegen der dominierenden Rolle von MSB und SHB im "Zentralrat" hatten sich die Juso-Hochschulgruppen zeitweilig Linksextremistische Bestrebungen 47 aus der VDS-Vorstandsarbeit zurückgezogen. Dem "Koordinierungsausschuß" der VDS, der an die Stelle des Vorstandes getreten ist, gehörten am Jahresende an: je ein Vertreter des MSB, des SHB, der "Basisgruppen" (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.8), der Juso-Hochschulgruppen, der "Unabhängigen" und der RSG. Der MSB wirkte aktiv am kommunistischen "Friedenskampf" mit. Ein Mitglied des MSB-Bundesvorstandes vertrat die VDS im "Koordinierungsausschuß der Friedensbewegung", dem der MSB offiziell nicht angehört. 5. "Ideologischer Kampf" Die DKP hat sich zum Ziel gesetzt, ein "Mehr an sozialistischer Propaganda"71 zu leisten, um das Klassenbewußtsein der Arbeiter zu stärken und den ideologischen Einfluß der "Bourgeoisie" - "Sozialismusvor allem "Antikommunismus" und "Antisowjetismus" - zupropaganda"" rückzudrängen. "Friedliche Koexistenz" zwischen Staaten unterzurückdrängen schiedlicher Gesellschaftsordnung führt - nach Ansicht der Kommunisten - zu einer Verschärfung des ideologischen Kampfes. 5.1 Für diesen Kampf verfügt die DKP über bewährte Einrichtungen: Das "Institut für Marxistische Studien und Forschungen e.V." (IMSF) in Frankfurt/M. ist das "wissenschaftliche" Institut der DKP und soll den Einfluß des Marxismus-Leninismus in der Bundesrepublik Deutschland stärken72. Neben der Fertigung von Analysen zu Gegenwartsfragen unter marxistisch-leninistischen Vorzeichen veranstaltete es Tagungen, Diskussionen und Arbeitskreise, z. T. erneut unter Mitwirkung von Funktionären der SPD, Gewerkschaftern, Mitgliedern der GRÜNEN und Anhängern der "Neuen Linken". Die DKP sah darin ein Zeichen für eine gestiegene Anerkennung des Instituts73. Der "Marx-Engels-Stiftung e.V." in Wuppertal ist das "MarxEngels-Zentrum" der DKP mit einer Bibliothek und einer vom "Deutschen Museum für Geschichte" der DDR überlassenen Ausstellung über Marx und Engels angeschlossen. Die "MarxEngels-Stiftung" richtete auch 1987 Konferenzen, Symposien und Vorträge aus. Die "Marxistische Arbeiterbildung - Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus" (MAB) soll vornehmlich unter Arbeitern marxistisches Grundwissen verbreiten und antikommunistische Vorbehalte abbauen74. Etwa 30 örtliche MAB-Gemeinschaften waren aktiv, ein Teil von ihnen unter dem Namen "Marxistische Abend-/Arbeiterschule" (MASCH). Die Firma "Plambeck & Co Druck und Verlag GmbH", Neuss, druckte und verlegte fast alle Publikationen der DKP, ihrer Nebenund mehrerer ihrer beeinflußten Organisationen, einschließlich des Agitationsmaterials für große Kampagnen. Verluste bei diesen Publikationen kann Plambeck mit den hohen Gewinnen 48 Linksextremistische Bestrebungen auffangen, die ihr aus dem Anzeigengeschäft des "messemagazins international" (- mmi - zu zehn Messen in sozialistischen Ländern) zufließen. Ähnliche Gewinne erhofft sich der Verlag mit der neuen russischsprachigen Zeitschrift "TNTP* Technical Trends", die auf Messen des Ostblocks angeboten wird. Vorrangig bundesdeutsche Firmen erhalten hier gegen hohe Anzeigenpreise Gelegenheit zur Darstellung ihres Technologieangebotes. Anfang 1988 übernahm die neue Firma " W G - Verlagsund Vertriebsgesellschaft m.b.H.", eine Plambeck-Tochter, die verlegerische Betreuung sowie die Abonnentenverwaltung der Zeitungen und Zeitschriften der Firma. Zu den kommunistisch gesteuerten Verlagen gehören weiter u. a.: - der "Pahl-Rugenstein-Verlag" (Köln) mit Literatur zur Förderung der Bündnispolitik, darunter die "Blätter für deutsche und internationale Politik"; zu seinen Autoren zählen zahlreiche Kommunisten und Funktionäre kommunistisch beeinflußter Organisationen; - die "Nachrichten-Verlags-GmbH" (Frankfurt/M., vgl. Ziff. 2.2) mit gewerkschaftsbezogenen Publikationen; - die "Brücken-Verlags GmbH" (Düsseldorf) mit einem umfangreichen Büchersortiment aus der UdSSR, der DDR und anderen kommunistischen Staaten; Zweigstellen des Verlages sind die etwa 20 "collectiv"-Buchhandlungen. 5.2 "Kulturarbeit" Orthodoxe KommuOrthodoxe Kommunisten nutzen seit jeher Kunst und Kultur als nisten begreifen Waffe im Klassenkampf. So verwies die DKP ihre Mitglieder darKultur als Waffe im Klassenkampf auf, Kulturpolitik sei kein nachgeordnetes Feld des Klassenkampfes oder eine Spezialistenaufgabe; sie müsse auch als Mittel der Bündnispolitik begriffen werden75. Das Thema "Kultur und Handeln" stand eigens auf dem Lehrplan für die DKP-Bildungsabende im Frühsommer. Bei ihrer "Kulturarbeit" konnte sich die DKP auch weiterhin auf parteinahe Verlage und Firmen stützen, deren Ausstrahlung weit über die Anhängerschaft der Partei hinausgeht; hierzu gehören: - der Musikverlag "plane GmbH", Dortmund, dessen Geschäftsführung seit Jahren von Kommunisten bestimmt wird; er vermittelt Künstler, produziert und vertreibt Schallplatten, Musikkassetten sowie Compact-Discs und gibt die Vierteljahreszeitschrift "Eiserne Lerche - Hefte für eine demokratische Musikkultur" heraus (verantwortlicher Redakteur ist ein Mitarbeiter beim DKP-Parteivorstand); - die Firma "UNIDOC Film GmbH", Dortmund, deren Geschäftsführer der DKP angehört; die Firma will mit ihren Filmen und Videos "aktuelle Bedürfnisse der Friedensinitiativen" und der "Genossen in der Partei und in der SDAJ" abdecken; * TNTP = "Tendenzen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts" Linksextremistische Bestrebungen 49 - der "Damnitz-Verlag", bis zum Jahresende eine Abteilung der "Plambeck & Co Druck und Verlag GmbH"; dort erschien die Vierteljahreszeitschrift "tendenzen - Zeitschrift für engagierte Kunst" (verantwortlicher Redakteur ist ein DKP-Mitglied), die ab Januar 1988 vom "Pahl-Rugenstein-Verlag" übernommen wurde; die Zeitschrift "kürbiskern - Literatur, Kritik, Klassenkampf" hat ihr Erscheinen Ende 1987 eingestellt. Erneut nutzte die DKP die Anziehungskraft kommunistischer und von ihr als "fortschrittlich" bezeichneter Künstler für ihre politische Arbeit; dabei konnte sie aufzahlreiche Liedermacher und Kabarettisten, Songund Agitationsgruppen sowie Mitglieder des Verbandes "Arbeiterfotografie" zurückgreifen. Höhepunkte kommunistischer "Kulturarbeit" waren 1987 die kulturellen Rahmenprogramme von Veranstaltungen zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution, die traditionellen "DKP-Arbeiterkonzerte" und "Theatertage für Arbeiter" sowie das 7. "UZ-Pressefest - Volksfest der DKP". 6. Teilnahme an Wahlen 6.1 Bundestagswahl und Wahldiskussion Zur Bundestagswahl am 25. Januar kandidierte die DKP im Rahmen der von ihr gesteuerten "Friedensliste", die nur mit Direktkandidaten antrat, und rief dazu auf, mit der entscheidenden Zweitstimme SPD oder DIE GRÜNEN zu wählen. 188.602 Wähler (0,5%) gaben den Kandidaten der "Friedensliste" ihre Erststimme. Ende Januar leitete der Parteivorstand (PV) die partei-öffentliche Diskussion über Diskussion "Wie weiter nach der Bundestagswahl?" ein. Dazu "Wahlpolitik" druckte die UZ eine Vielzahl von - teils sehr kritischen - Beiträgen. Mitte April beendete der PV die Debatte mit einer "Entschließung zur Wahlpolitik". Darin heißt es, die DKP überschätze den "bürgerlichen Parlamentarismus" nicht, wolle die Parlamente jedoch als Tribüne für Klassenauseinandersetzungen nutzen. Eigenkandidaturen und Wahlbündnisse seien die Hauptformen der Wahlbeteiligung von Kommunisten; Aufrufe zur Wahl anderer Parteien könnten keine Grundlage für eine längerfristige Wahlpolitik sein. 6.2 Landtagsund Kommunalwahlen Bei den Landtagswahlen in Hessen (5. April), Rheinland-Pfalz (17. Mai) und Schleswig-Holstein (13. September) sowie der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft (13. September) kandidierte die DKP flächendeckend mit eigenen Kandidaten und/oder Listen. Sie erhielt lediglich 0,1 bis 0,5% der Stimmen, in zwei Ländern geringfügig mehr als bei den vorhergehenden Wahlen. Bei der Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft (17. Mai) trat die DKP-gesteuerte "Friedensliste Hamburg - Liste für Frieden, Ar- 50 Linksextremistische Bestrebungen beiterrechte, Demokratie" an; auf sie entfielen 0,3% der Stimmen. Die "Friedensliste" kandidierte auch zu 4 der 7 Bezirksversammlungen in Hamburg mit Ergebnissen zwischen 0,3 und 0,5% der Stimmen. Auf die DKP-Liste zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven entfielen 0,45% der Stimmen. 6.3 Mandate in Kommunalvertretungen Ende 1987 waren 101 DKP-Mitglieder als Mandatsträger in 51 Kreis-, Stadtund Gemeindevertretungen sowie 18 DKP-Mitglieder als Mandatsträger in 17 Bezirksoder Ortsbeiräten bekannt. Ein kleinerer Teil von ihnen gelangte über Bündnislisten in die Kommunalvertretungen. III. SED-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik Deutschland SED-"Westarbeit" Die "Sozialistische Einheitspartei Deutschlands" (SED) der dient kommunistiDDR entwickelte auch 1987 vielfältige Aktivitäten, um die politischer Beeinflussung der Bundesrepublik sche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland im komDeutschland munistischen Sinne zu beeinflussen. Diese "Westarbeit" führte die SED entweder verdeckt durch oder gab sie - da besondere Beziehungen zwischen beiden Staaten in Deutschland geleugnet werden - als internationale Zusammenarbeit im Rahmen der friedlichen Koexistenz aus. Angeleitet und kontrolliert wird die "Westarbeit" der gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen der DDR von der Abteilung "Internationale Politik und Wirtschaft" des Zentralkomitees der SED. 1. Anleitung und Unterstützung der DKP D KP-Vorsitzender SED und DKP bekräftigten wiederholt ihre besonderen BezieMIES mehrfach von hungen. Während seines Besuchs in der Bundesrepublik DeutschHONECKER empfangen land im September versicherte SED-Generalsekretär Erich HONECKER dem DKP-Vorsitzenden Herbert MIES, "... daß die Kommunisten der DDR voller Hochachtung und Klassensolidarität mit dem Kampf der DKP für Frieden, für soziale und demokratische Rechte der Werktätigen verbunden sind". ("Neues Deutschland" vom 9. 9. 1987) Bei einem weiteren Treffen der beiden Parteiführer im Dezember in Berlin (Ost) erklärte MIES, "die traditionellen brüderlichen Beziehungen" zur SED seien eine große Hilfe und Unterstützung für die DKP76. Anleitung und Kontrolle der DKP sowie deren erhebliche mate- Linksextremistische Bestrebungen 51 rielle Unterstützung (vgl. Kap. II, Ziff. 1.1.4) erfolgen weitgehend konspirativ. Die Parteiführungen legen den Rahmen für die Zusammenarbeit fest; Einzelheiten (z. B. über Delegationsreisen und Entsendung von "Reisekadern") werden zwischen den jeweiligen Bezirksorganisationen vereinbart. Häufige "Arbeitsgespräche" auf verschiedenen Ebenen und die Aufbewahrung wichtiger DKP-Unterlagen (u. a. der Kaderunterlagen) in der DDR ermöglichen der SED eine lückenlose Kontrolle über ihre "Bruderpartei". 2. "Westarbeit" anderer DDR-Institutionen Unter Führung der SED sind "Massenorganisationen" und anAuch FDJ und IPW Sl d m a e r dere Einrichtungen der DDR bei der "Westarbeit" eingesetzt, " . z. B. die "Freie Deutsche Jugend" (FDJ) und das "Institut für Internationale Politik und Wirtschaft der DDR" (IPW) in Berlin (Ost). Die FDJ bemüht sich, vor allem ihre "Bruderorganisationen" - SDAJ, MSB und JP - "solidarisch" zu unterstützen; daneben versucht sie aber auch, nichtextremistische Jugendverbände zu beeinflussen. Die Zusammenarbeit zwischen FDJ und ihren "Bruderorganisationen" erfolgt in ähnlichen Formen wie die zwischen SED und DKP und umfaßt u.a. periodische Arbeitspläne, Anleitungsgespräche und Delegationsaustausch. Wie in den vergangenen Jahren nahmen SDAJund MSB-Mitglieder - neben Vertretern einzelner demokratischer Jugendverbände aus der Bundesrepublik Deutschland - an "Freundschaftslagern" und anderen Veranstaltungen der FDJ teil. Die FDJ betreute wieder die Kinderferienaktionen der JP (vgl. Kap. II, Ziff. 4.2). Das IPW, das eng mit der gleichnamigen ZK-Abteilung zusammenarbeitet, entsandte zahlreiche Mitarbeiter zu wissenschaftlichen Veranstaltungen in die Bundesrepublik Deutschland; die dabei gewonnenen Erkenntnisse und Kontakte nutzt auch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR. Erhebliche Unterstützung erhielten die Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland durch die kulturelle "Westarbeit": Z.T. namhafte Theater-, Musikund Kleinkunstensembles sowie Rockund Gesangsgruppen aus der DDR traten bei Veranstaltungen der DKP und ihrer Vorfeldorganisationen auf. Der Minister für Kultur der DDR, Hans-Joachim HOFFMANN, erläuterte: "Wir können die Klassenkämpfe nicht mehr mit den Waffen herkömmlicher Art austragen. Wir müssen neue Felder der Auseinandersetzung suchen... Insofern sind solche Kulturaktivitäten eine ganz interessante, andersartige Transportmöglichkeit von Gedanken, Ideen, daß sich Menschen treffen, die Zusammenhänge erkennen, usw." (UZ vom 13. 5. 1987) 52 Linksextremistische Bestrebungen 3. Funktionärsund Delegationsreisen in die DDR und DDR-"Reisekader" Die DKP, ihre Nebenund von ihr beeinflußten Organisationen entsandten wieder zahlreiche Funktionäre und mehr als 600 Delegationen mit nahezu 10.000 Teilnehmern in die DDR. Diese Reisen dienen der Anleitung und ideologischen Festigung der Mitglieder; mitreisende Sympathisanten sollen vom "realen Sozialismus" überzeugt und für die DKP geworben werden. Auch 1987 reisten im Rahmen der SED-"Westarbeit" zahlreiche Funktionäre der DDR mit politischem Auftrag in das Bundesgebiet ein. Diese "Reisekader" werden für ihre Einsätze besonders geschult und haben nach ihrer Rückkehr eingehende Berichte für SED und MfS über Reiseverlauf und Kontaktpersonen zu fertigen. IV. "Neue Linke" 1. Politischer Standort und Entwicklung Zwei "Lager" der Für den Umsturz der bestehenden Staatsund Gesellschaftsord"Neuen Linken": nung kämpfen außer den moskauorientierten Kommunisten auch "Revolutionäre Marxisten" und die Gruppen, Parteien und sonstigen Zusammenschlüsse der "Anarchisten" "Neuen Linken". Diese folgen unterschiedlichen ideologischen Richtungen. Marxistisch-leninistische Parteien und Bünde, trotzkistische und andere revolutionär-marxistische Gruppen propagieren - wie die DKP - den Klassenkampf, der in die Revolution einmünden und über die "Diktatur des Proletariats" zum Kommunismus führen soll. Mißstände in den Ländern des "realen Sozialismus" interpretieren sie meist als Folge von Abweichungen, von Verrat am Marxismus-Leninismus und Rückfall in neokapitalistische Verhältnisse. Anarchisten wollen die staatliche und gesellschaftliche Ordnung, die sie als Herrschaftsund Unterdrückungsordnung bezeichnen, gewaltsam zerschlagen oder schrittweise zersetzen. Als Ziel propagieren sie eine "herrschaftslose" Gesellschaft, die Anarchie. Einige Gruppen verfolgen Sozialrevolutionäre Konzepte unter Rückgriff auf marxistische und auch auf anarchistische Ansätze. Die meisten Organisationen sind zu Aktionsbündnissen sowohl untereinander als auch mit den moskauorientierten Kommunisten und mit demokratischen Kräften bereit. Erneut forderten und gebrauchten Gruppen der "Neuen Linken" Gewalt, um ihren Zielen näher zu kommen. Einzelne schreckten Linksextremistische Bestrebungen 53 auch vor schweren Straftaten - öffentlichen gewalttätigen AktioGewaltbereitschaft nen, Sprengstoffanschlägen, Brandstiftungen, gefährlichen Körunter Anhängern der "Neuen Linken" perverletzungen und auch Mord - nicht zurück. stieg an Erstmals wurde von Linksextremisten im Verlauf einer öffentlichen Protestaktion am Rhein-Main-Flughafen bei Frankfurt/ Main auf Polizeibeamte scharf geschossen; dabei wurden zwei Polizeibeamte getötet, zwei weitere schwer verletzt. Die Kräfteverhältnisse innerhalb der "Neuen Linken" haben sich 1987 geringfügig verschoben. Mitgliederverluste gab es bei einzelnen revolutionär-marxistischen Gruppen, insbesondere bei kommunistischen Bünden und Partei-Aufbauorganisationen (KGruppen). Dagegen wuchs die Anhängerschaft der anarchistiZahl der Anhänger schen und sonstigen Sozialrevolutionären Zusammenschlüsse; anarchistischer und autonomer Gruppen dazu gehören auch die autonomen Gruppen. nahm zu Die "Neue Linke" verfügte auch im Berichtsjahr über breite publizistische Möglichkeiten. Revolutionäre Marxisten und Anarchisten gaben wieder mehr als 200 verschiedene periodische Schriften mit einer Jahresgesamtauflage von mehr als 4 Millionen Exemplaren heraus. 1987 wurden, wie im Vorjahr, drei von Linksextremisten betriebene Schwarzsender bekannt. 2. Organisationen und Gruppierungen 2.1 Revolutionär-marxistische Gruppen Die kommunistischen Bünde, Parteien und Partei-Aufbauorganisationen der "Neuen Linken" (K-Gruppen) sowie die trotzkistischen und eine Reihe weiterer Gruppierungen, die von marxistischen Theorieansätzen ausgehen, streben revolutionäre Umwälzungen an. 2.1.1 "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) Die 1982 gegründete MLPD blieb die mitgliederstärkste K- MLPD bleibt Gruppe (wie im Vorjahr 1300). Sie bekennt sich zu den Lehren stärkste K-Gruppe von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao Tse-tung. Mao habe mit seiner Idee der "Großen proletarischen Kulturrevolution" den Klassenkampf im Sozialismus auf seine höchste Stufe entwikkelt77. Heute seien China und die UdSSR nur noch dem Namen nach sozialistisch; der Sozialismus sei dort zerschlagen und der Kapitalismus restauriert78. Die MLPD sieht sich als die einzige marxistisch-leninistische Partei in der Bundesrepublik Deutschland79. Heftige Angriffe richtete sie wieder gegen die DKP; diese habe den Marxismus-Leninismus bereits bei ihrer Gründung verraten80 und stehe heute vor dem ideologischen und politischen Bankrott81. Enttäuschten DKP-Mitgliedern empfahl sich die MLPD als Alternative. Als einzige Organisation der "Neuen Linken" beteiligte sie sich an der Bundestagswahl und auch an der Bürgerschafts- 54 Linksextremistische Bestrebungen 11. Dttrmbrr 1917/ Ig. J . h . ( > n , Nr. 50 Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Spendet Rote Fahne für die Rote fahrte d N ZK UM HLPO Konto Nf. 210 3331 02 BLZ: 300 700 SO DautMlM O M * Zentralorgan der Marxistisch-Leninistischen Hedikliun: JJtH) I " 1 3 4 , T u - I f u h 10.11 Partei Deutschlands --rM-fcflm MLPD.orUcnllttt Solidaritätswelli Solidarität mit dem Kampf stärkt Stahlarbeiter der Kruppianer Famiund a gab einige VtrkfzH. lien. aeweri"tMflfl ve 3111* ; i i?S^rrS=i "] Kolkfcn die der Solidiricli mit * Veranstaltung 0 Krupp 1000 M.Ulk. * Entlassungen nicht nur bei Stahl MLPD beteiligte sich wähl in Bremen. Trotz der schlechten Wahlergebnisse (13.422 als einzige OrganisaZweitstimmen bei der Bundestagswahl, 200 Stimmen bei der Bretion der "Neuen Linmer Bürgerschaftswahl) sprach die MLPD von Erfolgen: Der ken" an der Bundestagswahl Wahlkampf habe sie ideologisch, politisch und organisatorisch gestärkt82. Im Mai eröffnete die MLPD in Gelsenkirchen ein Schulungszentrum. Ihr "Pfingst-Jugendtreffen" und ihre Veranstaltung in Düsseldorf zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution besuchten jeweils mehr als 2.500 Personen. Die Zahl der MLPD-Betriebszellen - Schwerpunkt Stahlindustrie - stieg auf etwa 40. MLPD-Mitglieder waren weiterhin an der Herausgabe von etwa 70 Betriebszeitungen beteiligt; das Blatt für die Stahlwerker in Rheinhausen erschien während der Streiks und Blockaden täglich. Unzufrieden blieb die MLPD mit ihrer Arbeit unter Jugendlichen und Studenten. 2.1.2 "Kommunistischer Bund" (KB) Der 1971 gegründete KB will "revolutionäre Politik" auf der KB forderte "KonGrundlage des "Marxismus-Leninismus" entwickeln. Er forderte frontation mit dem "Konfrontation mit dem Staat"83 und die Abschaffung der "kapiStaat" talistischen Republik"84. Einzelne KB-Mitglieder meinten dazu, Gorbatschows Ideen könnten einen "Neuanlauf kommunistischer Diskussion und Organisation" auch in der Bundesrepublik Deutschland bewirken. Mao Tse-tungs Aufruf zur Rebellion gegen alle knechtenden Produktionsund Herrschaftsverhältnisse, der beim KB nicht vergessen sei85, und der aktualisierte "Anti-Stalinismus" in der Sowjetunion müßten in Theorie und Praxis zu- Linksextremistische Bestrebungen 55 sammengeführt werden. Dies könne eine wichtige Aufgabe des KB werden. KB-Mitglieder wirkten auch 1987 wieder als Initiatoren und Organisatoren in zahlreichen Aktionsbündnissen, u.a. der "AntiAKW-Bewegung" und der "Friedensbewegung". Sie wandten sich dort gegen die "Ausgrenzung von Militanz"86. Einzelne KBMitglieder bekleideten weiterhin herausgehobene Positionen bei den GRÜNEN. 2.1.3 "Bund Westdeutscher Kommunisten" (BWK) ß Der BWK, 1980 bei einer Spaltung des damaligen "KommunistiWK schwächer sehen Bundes Westdeutschland" (KBW) entstanden, wurde schwächer. Der BWK propagiert die "proletarische Parteibildung" und als Weg dazu eine "Volksfrontund Einheitsfrontpolitik". Er bemühte sich um Bündnisse mit anderen "antifaschistischen", "antimilitaristischen" und "antiimperialistischen" Organisationen87 und organisierte - auch für Nichtmitglieder - Arbeitsgemeinschaften zu zahlreichen Politikfeldern, z.B. "Stahlund Metallindustrie", "Medien", "Jugend", "Militär", "Gefängnisse", "Gesundheitspolitik". Der BWK unterhält drucktechnische Einrichtungen und ein Datenfernübertragungssystem mit etwa 100 Kontaktstellen. Als Träger dieses Apparates tritt eine "Gesellschaft für Nachrichtenerfassung und Nachrichtenverbreitung, Verlagsgesellschaft Politische Berichte mbH" mit Niederlassungen in 5 Bundesländern und in Berlin (West) auf. Im Vorstand der von der KPD/ML gegründeten "Volksfront gegen Reaktion, Faschismus und Krieg" (VOLKSFRONT) halten BWK-Mitglieder einflußreiche Positionen. Die 1986 begonnenen Gespräche mit der "Vereinigten Sozialistischen Partei" (VSP) über einen Zusammenschluß wurden fortgeführt, brachten aber noch keine konkreten Ergebnisse. 2.1.4 "Vereinigte Sozialistische Partei" (VSP) Die 1986 durch Zusammenschluß der "Kommunistischen Partei Deutschlands (Marxisten/Leninisten)" (KPD) und der trotzkistischen "Gruppe Internationale Marxisten" (GIM) entstandene VSP sieht sich als "kleine sozialistische revolutionäre Partei"; sie will - gestützt auf die marxistische Theorie - zum Aufbau einer "revolutionären Massenpartei" beitragen88. Die neue Organisation blieb ohne besondere Ausstrahlung; die I"rstdegrahiubneg0ndere Zahl der Mitglieder ging zurück. Trotz der internen Schwierigkeiten verhandelte die VSP mit dem BWK und sprach auch mit den "Demokratischen Sozialisten" über einen möglichen Zusammenschluß. 2.1.5 "Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD" (AB) Der AB, eine marxistisch-leninistische Kaderorganisation, hat seinen organisatorischen Schwerpunkt in Bayern. Einzelne Stütz- 56 Linksextremistische Bestrebungen punkte existieren in Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg und Berlin (West). Der AB sieht sich selbst als älteste und einzige "Organisation für den Kommunismus" in der Bundesrepublik Deutschland und will 1988, im 20. Jahr nach seiner Gründung, seine geringe Mitgliederzahl durch einen mehrmonatigen Propagandafeldzug verdoppeln. Er hält eine ökonomische und politische Umwälzung für notwendig. 2.1.6 Trotzkistische Gruppen Die Zahl der trotzkistischen Zusammenschlüsse hat sich durch Spaltung und Neugründungen auf 15 (Vorjahr: 12) mit zusammen etwa 500 Mitgliedern (1986: etwa 450) erhöht. Die meisten dieser Gruppen und Zirkel sind als "nationale deutsche Sektionen" einer der konkurrierenden Richtungen des internationalen Trotzkismus angeschlossen. Sie werben, ähnlich wie die K-Gruppen, für den Aufbau der "proletarischen Partei"89 und fordern die "Zerschlagung des bürgerlichen Staates"90; dies sei jedoch nur durch die "permanente Revolution"91 im "Weltmaßstab"92 möglich. Nach dem Umsturz müsse die "Diktatur des Proletariats" in Trotzkisten empfehForm von "Rätesystemen"93 ausgeübt werden. Ihren Mitgliedern len verdeckte Mitempfehlen die Trotzkisten oft "entristische" politische Arbeit: die arbeit in anderen verdeckte Mitarbeit in anderen Organisationen, vor allem in den Organisationen Gewerkschaften, der SPD oder den GRÜNEN, um dort revolutionär-sozialistische Strömungen zu entwickeln. Nach außen hin beschränken sich die meisten Gruppen, wie die "Internationale Sozialistische Arbeiterorganisation" (ISA), die "Internationale Kommunistische Strömung" (IKS), die "Sozialistische Arbeitergruppe" (SAG) sowie der "Bund Sozialistischer Arbeiter" (BSA) auf die Verbreitung von Flugschriften und Broschüren. Einzelne trotzkistische Zusammenschlüsse gruppieren sich um Monatsschriften, z. B. "VORAN - zur sozialistischen Demokratie" oder um vierteljährlich erscheinende Publikationen, z.B. "Horizonte". 2.1.7 "Marxistische Gruppe" (MG) Die zu Beginn der 70er Jahre in Bayern entstandene MG will kommunistische Politik mit "durch und durch destruktiver Kritik aller bestehenden Verhältnisse" betreiben94. Die Arbeiterklasse, das eigentliche revolutionäre Subjekt, werde - so die MG - ihrer Aufgabe nicht gerecht, sei sich ihrer nicht einmal ausreichend bewußt, sondern trage noch dazu bei, daß der Kapitalismus funktioniere95. Daher seien Aufklärung und Nachhilfeunterricht in "Illoyalität" erforderlich96. Dazu wandte sich die MG auch 1987 vor allem an Studenten und Angehörige akademischer Berufe. Die MG will IntellekIntellektuellen hätten eine Brückenfunktion gegenüber dem Protuellen "richtiges letariat. Ihnen müsse dafür zunächst "richtiges Denken" - die Denken" vermitteln "Gründe fürs Dagegensein"97, der Standpunkt des Marxismus - vermittelt werden. Solche "Aufklärung" beschränkt die MG auf Linksextremistische Bestrebungen 57 meist zynisch formulierte Kritik aller anderen politischen Konzeptionen. Präzise Erklärungen über die eigenen Ziele werden vermieden. Nach wie vor schirmt die MG ihr Verbandsleben ab und verlangt von Mitgliedern und "Sympathisanten" strenge Disziplin und große Aktivität. Die Zahl der Mitglieder stieg weiter an (1.800, 1986:1.700). Zu den regelmäßig stattfindenden "Sympathisantenplena", "Teach-ins", Arbeitskreisen und sonstigen Schulungsveranstaltungen kamen wieder mehrere tausend Personen. Der organisatorische Schwerpunkt der MG blieb in Bayern; Stützpunkte oder Ortsgruppen existieren in nahezu allen Hochschulorten. Ihre publizistische Arbeit betreibt die MG zentral über den "Verein zur Förderung des studentischen Pressewesens e.V.", die "MHB Gesellschaft für Druck und Vertrieb wissenschaftlicher Literatur mbH" und die "Resultate - Gesellschaft für Druck und Verlag wissenschaftlicher Literatur GmbH", alle mit Sitz in München. 2.1.8 "Sozialistisches Büro" (SB) Das "Sozialistische Büro" festigte sich. Seine zahlreichen Publikationen boten sich als Diskussionsforen für Sozialrevolutionäre Theorie und Praxis an; SB-Mitglieder forderten die Entwicklung politischer Handlungsspielräume "jenseits von Parlament" und von "bewaffnetem Kampf"98. 2.2 Anarchisten und sonstige Sozialrevolutionäre Das Interesse an der Diskussion und Verwirklichung anarchistiAnarchistische scher Konzepte nahm 1987 zu; anarchistische Theoriezirkel und Zusammenschlüsse und autonome Zusammenschlüsse hatten weiteren Zulauf. Auch die AnhängerGruppen haben schaft der autonomen Gruppen hat sich vergrößert. An den "Liweiteren Zulauf bertären Tagen" vom 16. bis 20. April in Frankfurt/M., einem bundesweiten Treffen von Anarchisten und Sozialrevolutionären, beteiligten sich bis zu 2.000 Personen. Die meisten Anarchisten lehnen die Entwicklung fester, gruppenübergreifender Strukturen ab. In vielen Städten entstanden jedoch "Libertäre Zentren" als Treffpunkte für politische Veranstaltungen und als Informationsstellen für die "Szene". Überregionale Bedeutung als Informationsund Diskussionsforum libertärer und autonomer Gruppen hatten weiterhin Publikationen wie "Schwarzer Faden" (Grafenau), "freiraum" (München), "AKTION" (Frankfurt/M.), "SABOT" (Hamburg), "UNZERTRENNLICH" (Berlin) und die als "Zeitung aus dem Untergrund" erscheinende Schrift "radikal". 2.2.1 "Autonome" Seit Beginn der 80er Jahre haben sich in zahlreichen Städten im Bundesgebiet und in Berlin (West) autonome Gruppen gebildet. Ihnen gehören mehr als 2.000 Personen an. 58 Linksextremistische Bestrebungen Anmerkung: Die Angehörigen dieser Gruppen werden im folgenden als >Autonome< bezeichnet. Die autonomen Gruppen verfügen weder über feste organisatorische Gliederungen noch über ein einheitliches ideologisches Konzept. Sie wollen "autonom" sein, d. h., unabhängig von fremden Einflüssen ihre Vorstellungen verwirklichen. Das gilt besonders gegenüber dem Staat und gegenüber dessen Gesetzen und Einrichtungen. Autonome bezeichnen die bestehende Gesellschaftsund Wirtschaftsordnung als ein ausbeuterisches System, das abgeschafft werden muß. Für den Kampf gegen dieses System halten sie Gesetzesverletzungen bis hin zum "militanten Kampf" für geeignete und gebotene Mittel. "Autonome" hassen Inhaltlich stimmen die unterschiedlichen autonomen Gruppen in den Staat und lehnen der grundsätzlichen haßerfüllten Ablehnung des Staates und der alle gesellschaftbedingungslosen Ablehnung aller wirtschaftlichen und geselllichen und wirtschaftlichen "Zwänge" ab schaftlichen "Zwänge" überein. Hier werden anarchistische Grundvorstellungen vermischt mit marxistischen Positionen sichtbar. Autonome fallen durch eine fast einheitliche schwarze Kleidung auf. Sie treten bei Kundgebungen und Demonstrationen häufig blockweise auf. Die militanten Autonomen vermummen sich dabei oft, vor allem mit den sogenannten Haßkappen: schwarze Masken, die nur die Augen freilassen. Vor allem diese Maskierung trägt dazu bei, das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den militanten Autonomen zu stärken und deren Aggressivität zu steigern. Soweit Autonome überhaupt kurzfristig Konzepte entwerfen, berücksichtigen sie auch verschwommene nihilistische Vorstellungen. Neuerdings können im zunehmenden Maße auch revolutionär-marxistische Vorstellungen und Zielsetzungen festgestellt werden. "Autonome" besitzen Ein gemeinsames Kampfprogramm haben Autonome nicht. So ist kein gemeinsames die autonome Bewegung auch in verschiedene Strömungen und Kampfprogramm Stoßrichtungen zerfasert. Seit Jahren führt die autonome Szene Perspektivund Strategiediskussionen. Autonome protestieren aber auch handgreiflich gegen Staat und Gesellschaft. Der Haß gegen Staat und Gesellschaft artikuliert sich unterschiedlich: Manche Autonome scheinen sich damit zu begnügen, soviel wie möglich "platt machen zu wollen". Andere konzentrieren sich kurzfristig auf regionale Bewegungen, die einen Protest in bestimmten Teilbereichen ausdrücken wollen. Es sind oft kurzlebige örtliche Widerstandskämpfe mit dem Ziel "das-Ding-muß-weg/ darf-nicht-gebaut-werden"99. Angesichts der auch von Autonomen durchaus erkannten Frucht"Autonome" wollen losigkeit ihrer Bemühungen ergeben sich im zunehmenden Maße zunehmend von kurzAnsätze zu einer Ideologisierung, die eine "revolutionäre Politik" lebiger Revolte zu revolutionärer verfolgt. Man will weg von einer kurzatmigen Revolte und mittelPolitik kommen bis langfristig einen revolutionären Prozeß in Gang setzen. Um Linksextremistische Bestrebungen 59 die geeignete Massenbasis dafür zu haben, propagieren Autonome in Flugschriften und "Szeneblättern" eine stärkere soziale Verankerung der Kämpfe. Unter Rückgriff auf marxistische Ansätze fordern sie, daß sich die autonome Militanz als Ausdruck des Veränderungswillens der unterdrückten Klasse stets eindeutig gegen Kapitalismus und Imperialismus wenden müsse100. Autonome schlagen dann den Bogen von den Problemen des täglichen Lebens - sie sprechen vom Kampf gegen Maloche und Schule, gegen Sozialund Arbeitsämter - hin zu den übergeordneten Weltproblemen. Der Tageskampf muß nach ihrer Meinung mit AntiNATO-, Anti-AKW-, Südafrikaund Mittelamerikafights101 zu- 60 Linksextremistische Bestrebungen sammen geführt werden. Sie wollen also das kapitalistische System "gesamtgesellschaftlich" angreifen. Hilfe für die Verwirklichung solcher sozialrevolutionärer Anliegen suchten diese Autonomen bei Arbeitslosen, Leiharbeitern oder Jobbern. Ihr Versuch, diese neuen "Entgarantierten"102, wie sie von ihnen bezeichnet werden, für gemeinsame direkte Aktionen zu gewinnen, schlugen jedoch fehl. Geradezu als lebenswichtig für ihr Streben nach Unabhängigkeit sehen die Autonomen den Besitz von Häusern und anderen "autonomen Zentren" an. Nur hier glauben sie, die notwendigen Freiräume für ihr selbstbestimmtes Leben zu finden, um so in der Lage zu sein, eine eigene Linksextremistische Bestrebungen 61 Nach dem Tod von zwei Polizisten an der Startbahn West "Gegengewalt läuft Gefahr, zu Gewalt zu werden, wo die Brutalität der Polizei das Gesetz des Handelns bestimmt, wo ohnmächtige Wut überlegene Rationalität ablöst, wo der paramilitärische Einsatz der Polizei mit paramilitärischen Mitteln beantwortet wird." Ulrike Meinhot, Konkret Mai 1968 Veranstaltung: Autonome Frankfurt DO. 19.11.1987 Linke Liste Uni Ffm. B Uni Hörsaal VI ' g e s e n F |u 9 na tanerweiterung Libertäres Zentrum 20.00 Uhr Autonome Liste FH. Ffm. "Kultur von unten" zu entwickeln und eine revolutionäre Gegenmacht103 zu organisieren. Hausbesetzungen wurden deshalb auch im vergangenen Jahr fast durchweg von Autonomen durchgeführt oder zumindest mitorganisiert. Die Autonomen fühlen sich - verständlicherweise - von der staatlichen Gewalt am meisten behindert. Fast weinerlich beklagen sie, daß der Staat die Bemühungen, Massenmilitanz zu entwickeln, verhindert hat. Längst nicht von allen Autonomen wird das Ausweichen in militante Einzelaktionen, wie Brandanschläge, Zerstö- 62 Linksextremistische Bestrebungen rung von Strommasten, als Ersatz angesehen. Selbstkritisch wird vermerkt, daß solche Sabotageaktionen für viele Gruppen nicht mehr Ausdruck der Stärke seien, sondern nur das letzte Mittel, überhaupt noch wirksam agieren zu können104. Unterschiedliche Auffassungen zwischen den verschiedenen autonomen Gruppen wurden sichtbar, als bei einer Protestaktion am 2. November an der Startbahn West des Frankfurter Flughafens erstmals aus ihren Reihen mit einer Pistole auf Polizeibeamte "Autonome" reagiegeschossen wurde. Zwei Beamte wurden tödlich getroffen, zwei ren auf Erschießung weitere schwer verletzt (vgl. Kap. VI. Ziff. 1). Die Anhänger der von zwei Polizeiautonomen Gruppen reagierten zwiespältig: Einige zeigten sich beamten zwiespältig erschrocken und verurteilten die Tat; sie erklärten, daß der Weg zu einer freien Gesellschaft nicht mit Leichen gepflastert sein könne. Im Gegensatz dazu gab es auch eine Reihe von Autonomen, die z.T. mit menschenverachtenden Parolen ("Zwei voll Blei - bleibts dabei?")105 die Todesschüsse begrüßten. Die Mehrzahl der Autonomen verhielt sich ebenso wie die meisten anderen Gruppen der "Neuen Linken": Sie bezeichneten die Schüsse als taktisch oder als politisch falsch. Es fehle der Bezug zu Ziel und Vorstellungen gegenwärtiger autonomer Politik; es sei kein Bezug zum Stand der Klassenauseinandersetzung106 in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden. Der Gebrauch von Schußwaffen bei Demonstrationen sei derzeit unsinnig - es herrsche hier kein Bürgerkrieg. Überwiegend war man sich aber darin einig, daß eine "revolutionäre Perspektive" auch die bewaffnete Gewalt mit einschließe. Unter diesen Umständen kann nicht ausgeschlossen werden, daß zumindest Einzeltäter aus dem Bereich der Autonomen auch weiterhin zu Schußwaffen greifen werden. 2.2.2 Anarchistische "Gewaltfreie Aktionsgruppen" Anarchistische "GeRund 70 "Aktionsgruppen", die sich zur anarchistischen "Graswaltfreie Aktionswurzelbewegung" zählen, wollen den "staatlichen Herrschaftsgruppen" wollen den und den Gewaltapparat" durch "direkte gewaltfreie Aktionen", Staat zerstören durch "massenhaften zivilen Ungehorsam" lahmen und schließlich zerstören. Ziel der gewaltfreien Revolution ("Graswurzelrevolution") sei eine dezentralisierte, basisdemokratische Gesellschaft mit einer selbstverwalteten, sozialistischen Wirtschaft107. Zu den angeblich gewaltfreien Kampfformen des "Zivilen Ungehorsams" gehören aber auch Besetzungen, Blockaden, Sabotage und andere Sachbeschädigungen. Ziviler Ungehorsam bezwecke nicht die Korrektur der Fehler des Staates, sei niemals staatstragend, sondern müsse die Herrschaftspositionen durch Zwang von unten her abbauen108. Koordinierungsund Servicestelle ist die "Föderation Gewaltfreier Aktionsgruppen" (FöGA), die u. a. zu den Behinderungsaktionen gegen die NATO-Stabsrahmenübung WINTEX-CIMEX im Frühjahr mobilisierte. Linksextremistische Bestrebungen 63 2.2.3 "Anarcho-syndikalistische" und "anarcho-kommunistische" Gruppen Die anarcho-syndikalistische "Freie Arbeiter-Union" (FAU) sah sich auch 1987 als Keimzelle einer "breiten sozial-revolutionären Bewegung"109 für eine "herrschaftslose, ausbeutungsfreie, auf Selbstverwaltung begründete Gesellschaft""0. Die bundesweit mehr als 20 FAU-Gruppen propagierten als ihre Prinzipien: "Antistaatlichkeit, Antiparlamentarismus, Antimilitarismus"; geeignete Kampfform sei die vermittelbare direkte Aktion111. Dazu zählen sie Fabrikbesetzungen, Boykott, Streiks, Sabotageaktionen und "massenhafte" Übertretung von Gesetzen112. Die Betriebe seien der Hauptansatzpunkt für die Revolution. Die FAU blieb der anarcho-syndikalistischen "Internationalen Arbeiter-Assoziation" (IAA) angeschlossen. Anarcho-kommunistische Gruppen, wie die "Freie Arbeiter Union/Rätekommunisten" (FAU/R) in Hamburg, die "Freie Arbeiter-Union (Anarchisten)" (FAU-HD -A-) in Heidelberg, die "Anarchistische Arbeiter-Union" (AAU) mit Sitz in München Anarcho-Kommu niund die "Proletarische Aktion" (PA) in Berlin wollen sich nicht sten propagieren gewaltsame Zerschlaauf vermittelbare "direkte Aktionen" beschränken; sie propagiegung des "Systems" ren die gewaltsame Zerschlagung des verhaßten kapitalistischen Staates. UNSERE SACHE IST DIE SACHE DES VOIKES, DER AMBEN,"Et FIIESS"AHMR1EITE"I"NEN, "El ARBEITS; [OSSEN, Of" GEFANGENEN, DER LEHRUNGE, DER UNTERSTEN MASSEN HIER UND DER BEFREIUNGSBEWEGUNGEN DER DRITTEN WEIT" 64 Linksextremistische Bestrebungen 3. Aktionsfelder Ein dominierendes Aktionsfeld hatte die "Neue Linke" 1987 nicht. Nur an der Kampagne gegen die Volkszählung beteiligten sich im Frühjahr kurze Zeit alle Organisationen. 3.1 Beteiligung an der Kampagne zum Boykott der Volkszählung Gegen die Volkszählung agitierten revolutionäre Marxisten und Anarchisten mit gleicher Intensität. Volkszählung ar B eitslosigkeit sO zialabbau as Y lantenhetze renten Klau wohnungsnOt umweltzerslörung aufrüsTung Keine Daten für diese/Taten! leseiiaier 5pP Vereinigte SozUUiitiiche Partei "VolkszählungsboyDie meisten Gruppen der "Neuen Linken" riefen dazu auf, jeglikott" vorübergehend che Mitwirkung an der Zählung zu verweigern; einzelne fordergemeinsames Aktionsfeld der ten, die Zählung auch mit Gewalt zu behindern. So wurden Zäh"Neuen Linken" ler bedroht und tätlich angegriffen, Volkszählungsbögen entwendet und zerstört. Einwohnermeldestellen, statistische Ämter und Erhebungsstellen für die Zählung waren Ziel von Sachbeschädigung, Brandstiftung und vereinzelt auch von Sprengstoffanschlägen (vgl. Kap. VI, Ziff. 1). Als sich mit Beginn der Volkszählung abzeichnete, daß die Boykottaufrufe kaum befolgt wurden, ebbte die Kampagne ab. 3.2 Einflußversuche auf Betriebsund Gewerkschaftsarbeit Revolutionär-marxistische Gruppen sahen vor allem in der Agitation vor und in Betrieben und der Mitarbeit in Gewerkschaften einen Schwerpunkt ihrer "revolutionären Kleinarbeit zur Gewin- Linksextremistische Bestrebungen 65 nung der Arbeiterklasse für den Sozialismus". Die K-Gruppen nutzten dabei z. B. die Besorgnisse vor Stillegung weiterer Stahlwerke im Ruhrgebiet als Anknüpfungspunkt. 3.3 "Dritte Welt Solidarität" und "Anti-Imperialismusarbeit" K-Gruppen, Trotzkisten und undogmatische sozial-revolutionäre Gruppierungen betrachteten 1987 die Solidarität mit von ihnen als "Befreiungsbewegungen" bezeichneten Gruppierungen und mit revolutionären Entwicklungen in der dritten Welt als ein wichtiges Arbeitsfeld. Einige von ihnen unterhalten Kontakte zu Guerilla-Organisationen in Lateinamerika; einzelne ihrer Mitglieder fuhren als Arbeitsbrigadisten nach Nicaragua. Viele solidarisierten sich mit dem Kampf der Palästinenser gegen den Staat Israel, den sie als "Brückenkopf des Imperialismus im Nahen Osten" diffamierten. Bereits im Frühjahr begannen Gruppen der "Neuen Linken" gegen die geplante Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank im September 1988 in Berlin (West) zu agitieren. Sie verunglimpfen den IWF als Instrument zur "imperialistischen Weltherrschaft" und wollen das Treffen verhindern, mindestens aber stören. Im Juni nutzten Teile der "Neuen Linken" den Besuch des amerikanischen Präsidenten in Berlin (West) zu Aktionen gegen die "imperialistische US-Politik". Bei der Vorbereitung einer De- 66 Linksextremistische Bestrebungen monstration am 11. Juni: "Wir sagen nein zu Reagans Politik" arbeiteten Anhänger des KB und "Autonome" mit Vertretern der SEW und deren Vorfeldorganisationen sowie mit zahlreichen demokratischen Gruppen zusammen. Im Demonstrationszug (etwa 25.000 Teilnehmer) marschierten "Autonome", Personen aus dem linksterroristischen Umfeld und andere militante Linksextremisten in einem geschlossenen "revolutionären Block" (etwa 1.500 meist vermummte Personen) (vgl. Kap. VI, Ziff. 2.2). Nach der Schlußkundgebung zertrümmerten sie Schaufensterscheiben und demolierten Fahrzeuge. Polizeibeamte wurden mit Steinen beworfen und mit Stahlkugeln aus Zwillen beschossen. 3.4 Beteiligung am Widerstand gegen die Nutzung der Kernenergie und gegen andere technische Großprojekte Die Beteiligung der "Neuen Linken" an den Aktionen der "AntiAKW-Bewegung" nahm ab. Die Zahl der Anschläge auf Strommasten ging um nahezu die Hälfte zurück (vgl. Kap. VI, Ziff. 4). WAA wiederum zenZentrales Thema blieb zunächst der Widerstand gegen den Bau trales Aktionsthema der Wiederaufarbeitungsanlage für Kernbrennstoffe (WAA) in Wackersdorf/Bayern. In der zweiten Jahreshälfte konzentrierten sich, vor allem in Norddeutschland, viele Gruppen auf die Ausspähung und Behinderung von Atommüll-Transporten. Mitglieder des KB, "Graswurzler" und "Autonome" arbeiteten auch im Trägerkreis für die "Herbstaktionen" gegen die WAA (8. bis 10. Oktober) mit. Kräfte der "Neuen Linken" beteiligten sich an verschiedenen Protestaktionen im Raum SchwandorfWackersdorf und griffen dabei auch Polizeibeamte an. Die linksextremistische Agitation gegen die Gefahren moderner Großtechnik ist vordergründige Taktik. Damit sollen Ängste und Betroffenheit in der Bevölkerung geschürt, in Unmut über die parlamentarische Demokratie und schließlich in "Widerstand gegen das System" umgesetzt werden. Linksextremistischer Protest richtete sich daher auch wieder gegen andere technische Großprojekte, z. B. den Bau von Schnellbahntrassen der Bundesbahn und, wie schon seit Jahren, gegen die Startbahn 18 West des Frankfurter Flughafens. Wie schon (Ziff. 2.2.1) erwähnt, eskalierte dort die Gewalt der Linksextremisten bis zur Ermordung von zwei Polizeibeamten. 3.5 "Antimilitarismusund Friedensarbeit" Interesse der "Neuen Das Interesse der "Neuen Linken" an den Aktionen der "FrieLinken" an der densbewegung" ging 1987 weiter zurück. Im Frühjahr riefen die "Friedensbewegung" anarchistische FöGA und die "Bundeskonferenz Unabhängiger ging weiter zurück Friedensgruppen" (BUF) - in deren Trägerkreis Kräfte der "Neuen Linken" maßgeblich mitarbeiten - zu Störaktionen gegen die NATO-Stabsrahmenübung WINTEX/CIMEX auf. Es beteiligten sich aber nur einige hundert Personen. Auch die Mobilisierung der "Neuen Linken" zu der "Großdemonstration" der Linksextremistische Bestrebungen 67 "Friedensbewegung" am 13. Juni in Bonn blieb gering. Zum Jahresende stellte die FöGA ihre Mitarbeit im BUF-Trägerkreis ein. Langjährige Mitglieder des Trägerkreises empfahlen die Auflösung des BUF-Zusammenhangs. Auch die 1984 von Gruppen der "Neuen Linken" begonnene Kampagne "Kein Frieden mit der NATO - Raus aus der NATO" konnte sich nicht weiter ausbreiten. Die Zahl der Störaktionen gegen die Bundeswehr (Blockaden, Behinderungen bei Rekrutengelöbnissen etc.) ging auf etwa 60 (1986: etwa 80) zurück. In Aktionsbündnissen mit anderen Gruppen, oft auch mit moskauorientierten Kommunisten, waren Kräfte der "Neuen Linken" an etwa hundert weiteren (Vorjahr: etwa 800) Störaktionen gegen die Bundeswehr beteiligt. Unverändert hoch (etwa 500) blieb die Zahl der Störaktionen mit linksextremistischer Beteiligung gegen ausländische NATO-Streitkräfte, insbesondere gegen militärische Einrichtungen der USA. Vor allem Anhänger "Gewaltfreier Aktionsgruppen" blockierten wieder Raketenstandorte der USStreitkräfte. 3.6 Kampf um "Freiräume" Militante "Autonome" und andere gewaltbereite Gruppierungen der "Neuen Linken" versuchten auch 1987 wieder, ihre "Freiräume" für "selbstbestimmtes Leben", ihre von der "bürgerlichen Rechtsordnung" befreiten Refugien, gewaltsam zu verteidigen und möglichst noch auszuweiten. Durchsuchungen und andere Maßnahmen der Strafverfolgung in besetzten Häusern, Kontrollen der Polizei bei "Straßenfesten", in "Szenetreffs" etc. bezeichneten sie als Provokation, die militant 68 Linksextremistische Bestrebungen zurückgewiesen werden müsse. Räumungen besetzter Häuser wurden mit "Rachezügen", mit Sachbeschädigungen, Plünderungen und Brandstiftung beantwortet. In mehreren Städten, u. a. in Berlin, Freiburg, Braunschweig und Hamburg, kam es zu Krawallen, bei denen Anhänger autonomer Gruppierungen, unterstützt von unpolitischen jugendlichen Randalierern, Straßen unpassierbar machten, die anrückende Polizei, bisweilen auch die Feuerwehr, mit Steinen, Stahlkugeln und Feuerwerkskörpern angriffen "Autonome" und und schwere Straftaten verübten. "Autonome" und "Häuser"Häuserkämpfer" kämpfer" im ganzen Bundesgebiet solidarisierten sich mit den solidarisierten sich mit den Bewohnern Bewohnern besetzter Häuser in der Hamburger Hafenstraße. Als besetzter Häuser in die Besetzer in Hamburg im Herbst einen Pachtvertrag zunächst der Hamburger nicht abschließen wollten und zur gewaltsamen "Verteidigung" Hafenstraße der Häuser rüsteten, reisten viele auswärtige Militante zur Unterstützung an; sie halfen, die Objekte zu befestigen und Straßenbarrikaden zu bauen. Bei einem Protestumzug in Hamburg am 31. Oktober (insgesamt etwa 4.500 Teilnehmer) demonstrierten etwa 1.500 meist vermummte, mit Lederjacken und Sturzhelmen ausgerüstete Personen ihre "Kampfbereitschaft". 3.7 "Antifaschismusarbeit" Der B WK, die VOLKSFRONT und in Norddeutschland auch autonome Gruppen agitierten wieder gegen behauptete neofaschistische Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland: Faschismus sei integraler Bestandteil des Kapitalismus; antifaschistischer Kampf müsse daher antikapitalistisch sein und sich gegen diesen Staat richten. Autonome "Antifa-Gruppen" forderten und Linksextremistische Bestrebungen 69 praktizierten "offensive Gewalt" und "gezielte Angriffe gegen "Antifa-Gruppen" Neonazis". Die Zahl der Brandanschläge gegen Objekte (Wohfordern "gezielte Angriffe gegen nungen, Versammlungsräume usw.), die von Rechtsextremisten Neonazis" benutzt wurden, stieg erheblich an (vgl. Kap. VI, Ziff. 1). 3.8 Tätigkeit an Hochschulen Von den revolutionär-marxistischen Organisationen der "Neuen Linken" entfaltete an Hochschulen nur die "Marxistische Gruppe" nennenswerte Aktivitäten. Sie kandidierte erneut in Bayern bei Studentenwahlen; MG-Mitglieder gelangten in München und Erlangen in die studentischen Konvente. Anarchistische und sonstige sozial-revolutionäre Gruppierungen betätigten sich auch 1987 an Hochschulen. Auf solche Zusammenschlüsse entfielen bei den Wahlen zu Studentenparlamenten nahezu 14% (1986: etwa 8%) der Sitze. Die 1986 gegründete "Föderation anarchistischer Schüler und Studenten" (FASS) konnte ihr Netz von Gruppen und Kontaktstellen auf 14 Hochschulorte ausweiten. Die "Basisgruppenfraktion" in den VDS - ein Zusammenschluß von Hochschulgruppen des "grünalternativen, undogmatisch-sozialistischen, autonomen und basisdemokratischen Spektrums" - beteiligte sich 1987 erstmals wieder an der Vorstandsarbeit der VDS (vgl. Kap. II, Ziff. 4.3). *70 Linksextremistische Bestrebungen V. Verbindungen zu ausländischen Linksextremisten 1. Moskauorientierte Kommunisten und deren Umfeld 1.1 DKP und SEW DKP und SEW unDKP und SEW unterhielten auch 1987 Kontakte zu zahlreichen terhalten zahlreiche ausländischen kommunistischen Organisationen, vor allem zu reKontakte zu "Bruderparteien" gierenden "Bruderparteien". Sie beteiligten sich an internationalen kommunistischen Treffen und waren Gäste der Festveranstaltungen zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution Anfang November in Moskau. Die DKP organisierte Beratungen mit Vertretern kommunistischer Parteien Europas zur Ökologiepolitik und zu Problemen der Stahlindustrie. Vom 19. Juni bis zum 4. Juli reiste der "5. Arbeiterzug" der DKP in die Sowjetunion (ca. 300 Teilnehmer, nach Angaben der DKP auch Mitglieder der SPD, der GRÜNEN und Parteilose"3. Während der DKP-"Woche des realen Sozialismus" vom 22. Oktober bis 7. November sprachen mehr als 20 sowjetische Referenten auf etwa 150 Veranstaltungen. 1.2 Nebenorganisationen SDAJ und MSB empfingen auf ihren Bundeskongressen Vertreter von über 40 ausländischen kommunistischen Jugendund fast 20 Studentenorganisationen; sie entsandten Funktionäre zu Kongressen ihrer "Bruderverbände" im Ausland. Gemeinsam mit dem Leninschen Komsomol (Jugendorganisation der KPdSU) organisierte die SDAJ einen "Freundschaftszug" in die UdSSR (etwa 200 Teilnehmer). Aufzahlreichen Veranstaltungen der SDAJ zum 70. Jahrestag der Oktoberrevolution informierten Funktionäre des Komsomol über die Sowjetunion. Seit Jahren stellt die SDAJ den Schatzmeister im sowjetisch gesteuerten "Weltbund der Demokratischen Jugend" (WBDJ), dem auch der MSB angehört. Die JP sind weiterhin Mitglied in der "Weltkinderorganisation CIMEA" (Comite International des Mouvements d'Enfants et Adolescents), einer "Zweigorganisation" des WBDJ. 1.3 Orthodox-kommunistisch beeinf lußte Organisationen Netz von "FrontorgaFast alle größeren DKP-beeinflußten Organisationen arbeiten nisationen" untermit den sowjetisch gesteuerten internationalen Tarnorganisatiostützt die sowjetische Außenpolitik nen ("Frontorganisationen") zusammen. Die größte "Frontorganisation" ist der "Weltfriedensrat" (WFR) mit Sitz in Helsinki (Präsident: Romesh CHANDRA, Mitglied des Politbüros der KP Indiens). Zum Präsidium des WFR gehören auch fünf Personen aus der Bundesrepublik Deutschland, Linksextremistische Bestrebungen 71 darunter als Vizepräsidentin Martha BUSCHMANN (Mitglied des DKP-Präsidiums). Die WN-BdA und die DFU sind dem WFR korporativ angeschlossen; die DFG-VK entsendet einen Vertreter. Als "Filiale" des WFR in der Bundesrepublik Deutschland ist das KFAZ anzusehen. Eine enge Zusammenarbeit besteht auch zwischen der "Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer" (FIR) und der WN-BdA, der "Internationalen Demokratischen Frauenföderation" (IDFF) und der DFI, der "Weltföderation der Wissenschaftler" (WFW) und dem DKP-beeinflußten "Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler e. V." (BdWi) sowie der "Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen" (IVDJ) und der VDJ. 2. "Neue Linke" Auch zahlreiche Gruppen der "Neuen Linken" verfügen über Kontakte zu Linksextremisten im Ausland. Die trotzkistischen Organisationen arbeiten eng mit den anderen nationalen Sektionen der IV. Internationale, insbesondere in Großbritannien, Frankreich und Belgien, zusammen; einige Gruppen werden vom Ausland her angeleitet. K-Gruppen luden 1987 ihre ausländischen "Bruderorganisationen" zu ihren Parteitagen und Delegiertenkonferenzen ein und entsandten eigene Mitglieder zu Arbeitstreffen und zu internationalen Jugendcamps. Zum Anarchisten-Kongreß "Libertäre Tage" im April in Frankfurt kamen auch Vertreter anarchistischer Gruppen aus Österreich, der Schweiz und Italien. Autonome und andere Sozialrevolutionäre Gruppierungen fanden wieder Unterstützung bei Gleichgesinnten in den Niederlanden und Dänemark. 72 Linksextremistische Bestrebungen VI. Deutscher linksextremistischer Terrorismus* 1. Entwicklung der Terroraktionen Zahl der Terrorakte Die Zahl der Terrorakte**, die von deutschen linksextremistirückläufig schen Gewalttätern 1987 begangen wurden oder ihnen nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand zuzurechnen sind, ist nach einem stetigen Anstieg in den letzten Jahren erstmals wieder gesunken (1984: 148; 1985: 221; 1986: 318)***. Die heimtückischen Morde an zwei Polizeibeamten, vier Schwerverletzte (zwei davon durch Schußwaffeneinwirkung) - erstmals wurde aus einer Demonstration heraus geschossen-, elf durch Störereinwirkungen leicht verletzte Polizeibeamte an der Frankfurter Startbahn West, eine weitere gefährliche Körperverletzung (Schüsse in die Beine), 28 Sprengstoffund 149 Brandanschläge zeigen die weiterbestehende Gewaltbereitschaft****. Hinzugezählt werden müssen erstmals aufgrund der Erweiterung des Straftatenkataloges des SS 129a StGB durch das "Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus" vom 5. Dezember 1986 179 Taten (u.a. gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr; Zerstörungen an öffentlichen Versorgungsbetrieben, Einrichtungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung und wichtigen technischen Arbeitsmitteln), die bisher unter den sonstigen Gewalttaten erfaßt wurden (vgl. Kap. VII). In mehreren Fällen konnten die mutmaßSachschäden steigen lichen Täter festgenommen werden. Die Höhe der verursachten stark an wirtschaftlichen Schäden stieg jedoch - wegen einiger besonders schwerwiegender Fälle - stark an. Nach Begehungsart und Täterkreis lassen sich die Anschläge des Jahres 1987 wie folgt aufschlüsseln (Vergleichszahlen 1986 in Klammern): * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. '":' Terrorakte sind Anschläge, d. h. schwerwiegende Straftaten, wie sie insbesondere in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) und andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen, sofern diese Taten gezielt im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes für politische Ziele begangen werden. Nicht hierunter fallen Anschläge, die spontan, etwa aus gewalttätig verlaufenen Demonstrationsveranstaltungen heraus, durchgeführt werden. *** Die Zahlenangaben beruhen auf Erhebungen des Bundeskriminalamtes über politisch motivierte Gewaltkriminalität. **** Zu den Morden an den zwei Polizeibeamten im Zusammenhang mit einer gewalttätigen Demonstration an der Startbahn West des Frankfurter Flughafens am 2. November 1987 vgl. Kap. IV, Ziff. 2.2.1. Linksextremistische Bestrebungen 73 BrandSprengstoffMorde sonstige insgeanschläge anschläge Opfer Straftaten samt "Rote-Armee-Fraktion" : 0(0) 0 (0) 0(3) 0(0) 0 (3) Militante RAF-Anhänger: 0 (5) 0(12) 0(0) 0(0) 0(17) "Revolutionäre Zellen" / "Rote Zora": 17 (6) 5(10) 0(0) 1*(1) 23(17) sonstige Gruppen/ Einzeltäter: 132(244**) 23(38**) 2(0) 149**(0) 306** (282) Summe: 149(255**) 28(60**) 2(3) 150**(1) 329** (319) Wenn auch Mordtaten der bekannten Terrororganisationen im Jahre 1987 nicht zu verzeichnen waren, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Bereitschaft und Fähigkeit zur Gewaltanwendung bis hin zur Durchführung schwerster terroristischer Bereitschaft zur Anschläge innerhalb der "revolutionären Linken" unvermindert Gewaltanwendung anhält. hält unverändert an Die Terrorakte sollen die grundsätzlich feindselige Haltung der Täter gegenüber dem bestehenden politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gefüge in der Bundesrepublik Deutschland ausdrükken und der Bevölkerung die Entwicklung eines vorrevolutionären Klimas vorspiegeln. Thematisch nahm auch 1987 - obwohl "Angriffsziele": gegenüber dem Vorjahr in deutlich vermindertem Ausmaß - der Kerntechnologie "Kampf" gegen die Kerntechnologie mit allein 38 Brandund weiterhin im Mittelpunkt Sprengstoffanschlägen den breitesten Raum ein (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.4). Militante Kernkraftgegner aus dem anarchistischen und autonomen Spektrum konzentrierten ihre Anschläge (insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau der WAA in Wackersdorf) auf Gebäude, Gerät und Material hieran beteiligter Bauunternehmen sowie auf Einrichtungen der Energieversorgung (Strommasten und Umspannwerke). Damit hofften die Täter, die - wie sie es nennen - "Infrastruktur" der deutschen "Atommafia" entscheidend zu treffen. Des weiteren verübten sie mittels Bränden und Sprengsätzen Anschläge auf das Gebäude eines Konzerns und auf mehrere Banken, die sie als die "finanziellen Hintermänner" des "Atomprogramms" vermuten. Im Zusammenhang mit der (geplanten) Räumung bzw. Sanierung besetzter Häuser in mehreren deutschen Städten, insbesondere mit den zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Hamburger Hafenstraße, waren erneut Geldinstitute bundesweit ein bevorzugtes Angriffsziel (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.6). Der Protest gegen die Volkszählung wurde auch mit terroristischen Mitteln vorgetragen (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.1). Es kam zu 11 Sprengstoffund Brandanschlägen, vorwiegend gegen Volkszählungsbüros. Schußwaffenanschlag in Berlin Abweichungen in der Zählweise zum Vorjahr bedingt durch Gesetzesänderung SS 129a StGB - 60 Eingriffe in den Bahnverkehr - 89 Anschläge auf Einrichtungen der Energiewirtschaft sowie Störungen öffentlicher Betriebe 74 Linksextremistische Bestrebungen Die Zahl der Anschläge auf Versammlungsräume von Rechtsextremisten, deren Fahrzeuge, Verlage und Druckereien erhöhte sich (21; 1986: 12; vgl. Kap. IV, Ziff. 3.7). Ferner waren wieder Fahrzeuge und Gebäude der Polizei ein herausragendes Ziel der Anschläge linksterroristischer Gewalttäter. Die Zahl der gegen militärische Einrichtungen verübten Taten blieb dagegen erstmals gering. Zeitlich häuften sich die Terrorakte im April (Jahrestag des ReakRegionale Anschlagstorunfalls von Tschernobyl), im Juni (Volkszählung) und im Auschwerpunkte: gust (Anschlagsserie der "Roten Zora"; vgl. Ziff. 3). Regional Berlin, NordrheinWestfalen, Bayern wurden in Berlin, u.a. im Rahmen der Proteste gegen die "750-Jahr-Feier" und den Besuch des US-Präsidenten (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.3), die meisten Gewalttaten verübt (36 Fälle); es folgen Nordrhein-Westfalen (33), Bayern (32), Baden-Württemberg (22) und Niedersachsen (20). 2. "Rote-Armee-Fraktion" (RAF) 2.1 "Kommandobereich" und "Militante" RAF verübt keine Weder der "Kommandobereich" der "Roten-Armee-Fraktion" Anschläge noch die Personen aus dem RAF-Umfeld, die gelegentlich als "Militante der RAF" in Erscheinung getreten sind (1986 neun Sprengstoffanschläge "Kämpfender Einheiten"), haben 1987 terroristische Gewalttaten begangen. Ebenso enthielten sie sich jeglicher grundsätzlicher Erklärungen. Die von "Militanten der RAF" als Sprachrohr benutzte Untergrundschrift "Zusammen Kämpfen" erschien nur mit einer Ausgabe im Januar und einer Sondernummer im Dezember (1986 je 4). Darin wurden mit einer Ausnahme lediglich bereits veröffentlichte Texte und Taterklärungen auch ausländischer terroristischer Gruppierungen wiederholt. Trotz dieser äußerlichen Inaktivität ist zu befürchten, daß die Gefährdung hält an "Rote-Armee-Fraktion", vor allem ihr 15 bis 20 Personen zählender "Kommandobereich", auch künftig schwerste terroristische Gewalttaten durchführen kann. 2.2 Umfeld der "Roten-Armee-Fraktion" Umfeld betreibt Das Umfeld der "Roten-Armee-Fraktion", insbesondere das auf Häftlingsbetreuung etwa 250 Anhänger angewachsene engere RAF-Umfeld, befaßte sich 1987 schwerpunktmäßig mit den schon traditionellen Aufgabenbereichen der "Häftlingsbetreuung" und "Öffentlichkeitsarbeit". Durch rege Besuchsund Briefkontakte sowie Prozeßbesuche "betreuten" Angehörige des RAF-Umfeldes - oder bei angeordneten Besuchseinschränkungen auch hierfür gewonnene Drittpersonen - die inhaftierten (mutmaßlichen und verurteilten) RAFTerroristen und -Unterstützer. Die "Häftlingsbetreuung" ist keine rein humanitäre Tätigkeit; sie soll vorwiegend die Inhaftier- Linksextremistische Bestrebungen 75 ten in ihrer politischen Haltung bestärken und sie ermutigen, den "Kampf" auch aus den Haftanstalten heraus fortzusetzen. Außerdem dient sie auch der Kommunikation zwischen den verschiedenen Ebenen der RAF; teilweise werden so Nachrichten konspirativ übermittelt. Die inhaftierten RAF-Terroristen ihrerseits benutzen Besuche und Korrespondenzen, um Kontaktpersonen in ihrem Sinne zu indoktrinieren. In der Öffentlichkeitsarbeit des RAF-Umfeldes nahm die sog. Zu"Zusammenlegungssammenlegungs-Kampagne einen breiten Raum ein. Die ZusamKampagne" menlegung der Häftlinge in "interaktionsfähigen Gruppen", die Anerkennung eines Kriegsgefangenenstatus und die Anwendung der "Mindestgarantien der Genfer Konvention" sind wie die Aufhebung einer angeblichen Kommunikationssperre seit jeher vorrangige "Kampfziele" der inhaftierten RAF-Terroristen. Diese Forderungen erscheinen auch häufig als Schlußparolen von Anschlagserklärungen. Das RAF-Umfeld unterstützte diese Forderungen u. a. durch Flugschriften sowie Propagandaund Werbeveranstaltungen. Die Bemühungen des RAF-Umfeldes, die übrige Annäherung an extremistische Linke in ihre Ziele einzubinden, sind auch 1987 "Autonome" bisher weitgehend erfolglos geblieben. Dies hat nach der Anschlagsserie nicht gelungen des Jahres 1986 zu einer umfassenden "Strukturdiskussion" im Unterstützerbereich der RAF geführt, die noch nicht abgeschlossen ist. Für den 10. Jahrestag der Selbsttötung der RAF-Mitglieder BAADER, ENSSLIN und RASPE (18. Oktober 1977) versuchte das RAF-Umfeld gemeinsam mit autonomen und anderen Sozialrevolutionären Gruppierungen eine Großdemonstration in Stuttgart vorzubereiten. Es gelang den beteiligten Gruppen jedoch nicht, sich auf einheitliche Ziele und einen gemeinsamen Aufruf zu einigen. Zur Demonstration am 17. Oktober kamen schließlich nur zwischen 500 und 1000 Personen. Bei Kontrollen konnte die Polizei zahlreiche gefährliche Gegenstände wie Beile und Schlagstöcke beschlagnahmen. Weil die Teilnehmer sich mehrheitlich weigerten, ihre Vermummung abzulegen, löste die Polizei den Aufzug auf. Personen aus dem RAF-Umfeld beteiligten sich u. a. gemeinsam Anhänger der RAF mit militanten Autonomen an gewalttätigen Ausschreitungen am beteiligten sich an 1. Mai in Berlin (West), den Protestaktionen gegen die 750-Jahrgewalttätigen Auseinandersetzungen Feier Berlins und gegen den Besuch des US-Präsidenten im Juni (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.3) sowie den Auseinandersetzungen um besetzte Häuser (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.6). Insbesondere in Hamburg versuchten sie, Bewohner der Hafenstraße aus dem autonomen Spektrum für ihre Vorstellung von einer "antiimperialistischen Front" zu gewinnen. Hierunter verstehen sie ein von der RAF dominiertes Bündnis aller "revolutionären Kräfte". Als Partner für ein solches Bündnis kommen nach diesen Vorstellungen im Inland vor allem Personen aus gewaltbereiten anarchistischen und autonomen Kreisen, aber auch hier lebende gewaltorientierte aus- 76 Linksextremistische Bestrebungen ländische Linksextremisten in Frage. So beteiligten sich RAF-Anhänger auffallend häufig an Veranstaltungen, die von extremistischen Ausländergruppen initiiert wurden oder sich mit Problemen in ausländischen Staaten beschäftigten. Nahost-Kampagne Deutlich gewachsen ist das Interesse der RAF-Anhänger an der Situation der Palästinenser im Nahen Osten. Viele ihrer Veranstaltungen galten diesem Thema. Sie wollen dadurch nicht nur die Solidarität mit dem "palästinensischen Befreiungskampf" fördern, sondern durch die Beschäftigung mit dieser Kampfführung auch den eigenen "Widerstand" stärken. Als verbindendes Element sehen sie dabei den gemeinsamen Feind (USA und Westeuropa)114. Die durch Flugblätter und Broschüren hierfür angestrebte Publizität wurde bislang jedoch nur in Einzelbereichen erreicht. Schwerpunktthema Bereits seit dem Sommer befaßt sich das RAF-Umfeld - wie auch 1988: Internationaler andere linksextremistische Gruppen - eingehend mit dem für Währungsfonds September 1988 in Berlin (West) geplanten Kongreß des IWF und (IWF) der Weltbank, den sie verhindern oder zumindest stören wollen. Die vielfältigen Diskussionen und Initiativen dazu lassen erwarten, daß der Kongreß auch im RAF-Umfeld zu einem Schwerpunktthema für 1988 wird. 3. "Revolutionäre Zellen" (RZ) und "Rote Zora" RZ-Anschläge Die RZ, ihre autonome Frauengruppe "Rote Zora" und RZnahmen zu Nachahmergruppen haben 1987 mit 5 Sprengstoffund 17 Brandanschlägen sowie einer schweren Körperverletzung (Schüsse in die Beine) ihre terroristischen Aktivitäten im Vergleich zum Vorjahr (insgesamt 17 Anschläge) verstärkt. Zehn Anschläge wurden allein von der "Roten Zora" verübt (1986: 3). Anschlagsserie zur 3.1 Die RZ setzten 1987 vorrangig ihre mit der Flüchtlingsund "Asylantenpolitik" Asylantenproblematik verknüpfte Anschlagsserie fort: - Am 6. Februar verübten sie einen Sprengstoffanschlag auf die "Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber" (ZSA) in Berlin (West); - am 1. September schössen Mitglieder einer RZ in Berlin (West) dem Vorsitzenden Richter des für Asylangelegenheiten zuständigen Senats am Bundesverwaltungsgericht in die Beine; - am 5. September setzte eine RZ eine Außenstelle des "Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge" in Dortmund in Brand; der Aktenbestand wurde fast völlig vernichtet. Damit ist die Gesamtzahl der zu diesem Thema verübten Terrorakte auf 13 angestiegen. Die Taten fügen sich in die von den RZ seit 1973 verfolgte Strategie ein. Durch das Aufgreifen aktueller, in der Öffentlichkeit dis- Linksextremistische Bestrebungen 77 kurierter Themen wollen sie Anhänger gewinnen für ihr Ziel: eine von einer "sozialen Bewegung" getragene Revolution. In der Asylund Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland glauben sie Ansatzpunkte für die Aktivierung eines vermeintliRZ wollen "revoluchen revolutionären Potentials zu sehen. Ein Brandanschlag auf tionäres Potential" die "Zentralstelle für Asylbewerber" in Berlin (West) am 7. Juli, aktivieren zu dem sich "Revolutionäre Viren - Jugendorganisation der RZ" bekannten, und die Anschläge sogenannter Resonanz-RZ (vgl. Ziff. 3.2) belegen, daß militante Täter aus den örtlichen autonomen und anderen Gruppierungen der "Neuen Linken" diese Vorstellung übernehmen und umsetzen. Hierin liegt eine von den "Revolutionären Zellen" ausgehende weitere Gefahr für die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Die erneute "Knieschußaktion" in Berlin läßt eine noch größere Erneute "KnieschußGewaltbereitschaft zumindest von Teilen der RZ erkennen. Sie aktion" in Berlin gleicht dem am 28. Oktober 1986 ebenfalls in Berlin verübten Anschlag auf den Leiter der dortigen Ausländerbehörde und dem Attentat auf einen Berliner Rechtsanwalt am 31. Mai 1978. Diese Anschläge gehen über die sonstige Praxis der RZ hinaus. Die umfangreiche Begründung zum Anschlag auf den Bundesverwaltungsrichter zeigt, daß die Täter deshalb in besonderem Maße um "Vermittelbarkeit" der Tat bemüht sind. Sie erklärten, sie hätten den Richter lediglich verletzen und politisch brandmarken wollen. Mordanschläge dagegen, zumal an bloßen "Funktionsträgern" wie etwa an dem Bonner Diplomaten von BRAUNMÜHL im Oktober 1986 durch Angehörige der RAF seien nicht vermittelAbgrenzung zur RAF bar und somit kontraproduktiv. Für die RZ kämen Mordanschläge zum gegenwärtigen Zeitpunkt ("vorrevolutionäre Phase") nicht in Frage"5. 3.2 Sogenannte Nachahmeroder Resonanz-RZ sind Gruppen RZ-Nachahmer aus autonomen Kreisen, die das militante Konzept der RZ bejaweiter aktiv hen und sich in ihren Taterklärungen an die Argumentation der RZ anlehnen. Sie verübten 1987 u.a. im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den Bau der WAA in Wackersdorf (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.4) mehrere Brandanschläge auf eine Baufirma in Berlin (7. März), Einrichtungen der Energieversorgung (Umspannwerke) bei Kelsterbach in Hessen (17. Juni), bei Wakkersdorf (18. September) und in Rüsselsheim in Hessen (10. Oktober) sowie einen Sprengstoffanschlag auf ein Gebäude der Firma BOSCH-SIEMENS in München (28. Juli). Die Täter bezeichneten ihre Aktionen als Sabotage am deutschen Kerntechnologieprogramm, für das neben den Energiekonzernen auch der Bau der WAA von zentraler Bedeutung sei. 3.3 Die eigenständige Frauengruppe der RZ "Rote Zora" trat Anschlagsserie der 1987 mit einem versuchten Sprengstoffanschlag auf das Beklei"Roten Zora" zur dungsunternehmen ADLER am 20./21. Juni in Haibach und am "Frauenausbeutung" 78 Linksextremistische Bestrebungen 15. August mit in neun Städten des Bundesgebietes fast zeitgleich durchgeführten oder versuchten Brandanschlägen auf Filialen dieses Unternehmens besonders hervor. Einen weiteren Brandanschlag auf einen Bekleidungsmarkt von ADLER verübte am 11. September in Berlin eine zuvor unbekannte Gruppe "die Amazonen", die sich als Schwestern der "Roten Zora" bezeichnete. Als Anlaß für diese Anschläge wurde der Arbeitskampf von Frauen in verschiedenen Produktionsstätten des Unternehmens in Südkorea und Sri Lanka angegeben"6. Eine weitere Anknüpfung an diese Thematik findet sich in der Erklärung der "Revolutionären Zellen" zu einem Brandanschlag auf ein Auslieferungslager der REWE-Handelskette in Wesel am 1. November, bei dem 29 schwere Lkw - viele davon total - zerstört und Schäden in Höhe von rund 4 Millionen DM verursacht Linksextremistische Bestrebungen 79 wurden. Die Täter versuchten dabei, eine Verknüpfung zwischen dem Vertrieb von angeblich aus Südafrika stammenden Lebensmitteln und der Ausbeutung von Frauen auf südafrikanischen Plantagen herzustellen117. 4. Terroristische Aktivitäten sonstiger Gruppen Sonstige Gruppen und Einzeltäter aus dem militanten autonomen Terroristische Kleinund anarchistischen Spektrum verübten 1987 fast 90% der linksexgruppen als Urheber der meisten Terrortremistisch motivierten Terroranschläge (23 Sprengstoff und 132 akte Brandanschläge); hinzu kommen 60 Eingriffe in den Bahnverkehr und 89 Anschläge auf Einrichtungen der Energiewirtschaft (z. B. Anschläge auf Strommasten) sowie Störungen sonstiger öffentlicher Betriebe. An der Frankfurter Startbahn West wurde erstmals aus einer Demonstration heraus auf Polizeibeamte geschossen - zwei Polizeibeamte wurden getötet, vier weitere schwer verletzt (davon zwei durch Schüsse). Die Täter der Anschläge und Morde sehen hierin Akte "revolutionärer Gegengewalt", die sie ihrem Ziel einer "herrschaftsfreien" Gesellschaft näher bringen sollen. Häufig werden die Täter auch von Haßund Rachegefühlen gegenüber dem "System" angetrieBevorzugtes "Anben. Wieder war die Kernenergie, wenn auch geringer als im Vorgriffsziel" : Kernjahr (1986 gab es mehr als 150 Anschläge auf Strommasten), das kraftindustrie besondere Reizthema. Weitere Anlässe für eine Vielzahl von terroristischen Gewalttaten waren der Besuch des US-Präsidenten REAGAN, die Volkszählung und die Auseinandersetzung um die Hamburger Hafenstraße (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.1, 3.3, 3.4, 3.6). Bei der Ausführung und Begründung ihrer Brandund SprengMilitante "Autostoffanschläge orientieren sich die militanten "Autonomen" weitnome" orientieren gehend am Vorbild der "Revolutionären Zellen". Zum Teil erreisich vorwiegend an chen sie auch deren Gefährlichkeit, wie die beiden Sprengstoffanden RZ schläge auf Gebäude der Stadtverwaltungen in Leverkusen und Oberhausen im Zusammenhang mit der Volkszählung im März zeigen. Diese Gewalttäter treten in ihren Selbstbezichtigungen unter Namen wie "Autonome Zellen" auf oder verwenden teils martialisch klingende, teils vermeintlich witzige Phantasiebezeichnungen wie z.B. "Autonome Feuerwerker", "Autonome Abrißgemeinschaft für Potemkinsche Dörfer" oder "Lowtechniker im Widerstand". Offensichtlich wollen sie hiermit in der "Szene" Neugierde erwecken, um auf die Beweggründe ihrer kriminellen Handlungen aufmerksam zu machen. So nannten sich die Täter eines Brandanschlages auf die Lagerhalle einer Baufirma in Mörfelden-Waldorf am 11. April "Revolutionäre Osterhasen". Die Firma sei als führendes Mitglied der "Baumafia" am Bau der Startbahn West in Frankfurt, der WAA in Wackersdorf und von Kernkraftwerken beteiligt. 80 Linksextremistische Bestrebungen 5. Internationale Verflechtungen Keine "antiimperialiDie Bemühungen der "Roten-Armee-Fraktion" und ihres Umfelstische Front in Westdes um Fortschritte bei der Realisierung einer "antiimperialistieuropa" schen Front in Westeuropa" haben 1987 einen schweren Rückschlag erlitten. Die Festnahme der vier führenden Mitglieder der französischen Terrorgruppe "Action Directe" (AD) am 21. Februar in der Nähe von Orleans hat die Grundlage der angestrebten "westeuropäischen Front" - die Achse RAF/AD - in ihrem Kern getroffen. Der internationalistisch ausgerichtete Flügel der AD hat seither keine terroristischen Aktionen mehr durchgeführt. Es ist auch nicht erkennbar, daß noch Angehörige dieses Flügels in Frankreich in der Illegalität operieren. Somit scheint dieser bisher einzige wirkliche Bündnispartner der RAF in Westeuropa zumindest vorerst ausgefallen zu sein. RAF weiter auf der Dennoch zeigen zahlreiche Unterlagen, daß insbesondere das Suche nach BündnisUmfeld der RAF den Kontakt mit potentiellen Bündnispartnern partnern in Westeuropa sucht oder fortsetzt. Dies gilt auch für Anhänger und inhaftierte Mitglieder der spanischen Terrororganisation GRAPO (Antifaschistisches Kommando 1. Oktober), obwohl gerade mit dieser Gruppe in wichtigen ideologischen und organisatorischen Fragen grundlegende Meinungsunterschiede bestehen. So veröffentlichte die niederländische Schrift "De Knipselkrant" eine Ausarbeitung einiger Häftlinge aus der GRAPO unter der Überschrift "Zwei unvereinbare Linien innerhalb der europäischen revolutionären Bewegung". Der RAF wird darin u.a. vorgeworfen, sie besitze kein kommunistisches Programm und ihre Ziele stimmten mit Klassenpositionen bedeutender Teile des Kleinbürgertums überein. Vor allem fehlten ihr ein fester leninistischer Geist und die Fähigkeit, eine Partei aufzubauen"8. Trotz dieser Kritik gab es aber auch 1987 vielfältige Kontakte zwischen RAF und GRAPO, die zeigen, daß auf beiden Seiten ein starkes Interesse an einem Zusammenwirken besteht. Mehr und mehr kommt die RAF mit der italienischen Terrororganisation "Rote Brigaden" in einen Dialog. Dies bestätigte zuletzt die in "Zusammen Kämpfen" (vgl. Ziff. 2.1) nochmals veröffentlichte "Kommandoerklärung" der "Roten Brigaden" zum Raubüberfall auf einen Geldtransport in Rom am 17. Februar. Darin bezeichnen sie die "Kämpfende Praxis von RAF und AD für die Entwicklung der Front" als die politische Grundlage für die angestrebte "antiimperialistische Front in Westeuropa". Dennoch bestehen die grundlegenden ideologischen Differenzen zwischen RAF und "Roten Brigaden" fort, die einer engeren Zusammenarbeit der beiden Gruppen zumindest bisher entgegenstanden. "De Knipselkrant" Aus den Niederlanden wurde der RAF und anderen deutschen unterstützt "antiterroristischen Gruppierungen durch die periodisch erscheinende imperialistischen Schrift "De Knipselkrant" wiederholt publizistische Hilfe zuteil. Kampf" der RAF Die Herausgeber verstehen das Blatt als Diskussionsforum für Linksextremistische Bestrebungen 81 den "bewaffneten Kampf". Sie wollen die Entwicklung einer "revolutionären Politik in Westeuropa" stärken und die "Politik der Guerilla und des antiimperialistischen Widerstandes transportieren". Der große Anteil von deutschen Beiträgen belegt die starke Ausrichtung der Schrift auf das hiesige militante/terroristische Spektrum. Umgekehrt nutzt dieses zunehmend die Möglichkeit, mittels "Knipselkrant" eigene Erklärungen grenzüberschreitend zu verbreiten. 6. Strafverfahren und einzelne Exekutivmaßnahmen 6.1 Anklagen Am 1. September begann vor dem Oberlandesgericht Stuttgart die Strafverfahren gegen Hauptverhandlung gegen Eva Sybille HAULE-FRIMPONG, mutmaßliche Luitgard HORNSTEIN und Christian KLUTH wegen Verdachts Mitglieder der RAF der Mitgliedschaft in der terroristischen Vereinigung "Rote-Armee-Fraktion" und anderer Delikte. HAULE-FRIMPONG wird dem "Kommandobereich" der RAF zugerechnet; KLUTH und HORNSTEIN sind verdächtig, den "Militanten der RAF" angehört und sich 1986 mit zwei weiteren Personen aus Düsseldorf an einem Sprengstoffanschlag beteiligt zu haben. Wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erhob der Generalbundesanwalt am 11. Mai vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Anklage gegen vier mutmaßliche "Militante der RAF" aus Duisburg. Ihnen wird die Verübung eines Sprengstoffanschlages zur Last gelegt. Zwei von ihnen sollen zudem die Lebensumstände des Leiters eines Institutes ausgeforscht haben, auf das ebenfalls ein Sprengstoffanschlag verübt worden war. 6.2 Verurteilungen Am 5. März verurteilte das Oberlandesgericht Frankfurt Ingrid BARABASS wegen Mitgliedschaft in der RAF zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten sowie Mareile SCHMEGNER wegen Unterstützung der RAF zu einer solchen von drei Jahren und zehn Monaten. Beide waren im Zusammenhang mit der Entdeckung einer "konspirativen Wohnung" der RAF in Offenbach 1985 festgenommen worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Am 16. März verurteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf Rolf Rolf Klemens Klemens WAGNER erneut wegen Beteiligung an der Entführung WAGNER erneut und Ermordung von Dr. SCHLEYER im Jahre 1977 zu lebenslanverurteilt ger Haft. Die frühere Verurteilung aus dem Jahre 1985 war vom Bundesgerichtshof wegen Verwertung unzulässiger Beweismittel aufgehoben worden. Am 6. November 1987 verurteilte das Bayerische Oberste Landesgericht in München zwei dem militanten autonomen Spektrum 82 Linksextremistische Bestrebungen angehörende Personen u. a. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, versuchter Brandstiftung und Sachbeschädigung zu sechs Jahren Freiheitsstrafe bzw. einem Jahr Jugendstrafe auf Bewährung. Sie hatten u. a. am 14. April einen Brandanschlag auf das Gebäude der Bezirksregierung von Schwaben verübt. 6.3 Besondere Exekutivmaßnahmen Haftbefehle gegen Nach umfangreichen Ermittlungen wurden am 18. Dezember Mitglieder der RZ bundesweit Wohnungen und Arbeitsstätten von mutmaßlichen und der "Roten Zora" Mitgliedern der "Revolutionären Zellen" und insbesondere der "Roten Zora" durchsucht. Dabei wurden Beweismittel sichergestellt und zwei Frauen festgenommen. Gegen vier weitere - noch flüchtige - Personen wurden Haftbefehle erlassen. VII. Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 1. Übersicht in Zahlen Zahl der GesetzesverDie Gesamtzahl der Gewalttaten und sonstigen Gesetzesverletletzungen von Linkszungen*, bei denen Linksextremisten als Täter oder Tatbeteiligte extremisten nimmt ab bekanntgeworden sind, ist 1987 zurückgegangen. Auch die Zahl der terroristischen Gewalttaten blieb geringer als im Vorjahr. Wieder begingen Linksextremisten gefährliche Körperverletzungen, Sprengstoffanschläge, Brandstiftungen und Zerstörungen an Sachen mit Schäden in Millionenhöhe. Erstmals wurde bei einer Protestaktion mit linksextremistischer/-terroristischer Beteiligung auf die Polizei scharf geschossen. Zwei Polizeibeamte wurden getötet (vgl. Kap. VI, Ziff. 1 und 4). * Jede gewaltsame Aktion und jede sonstige Gesetzesverletzung wurde nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand oder von mehreren Tätern gemeinsam begangen wurde. Linksextremistische Bestrebungen 83 1986 1987 Morde (Opfer) 3 2 Sprengstoffanschläge 60 28 Brandanschläge* 395 210 Aktionen mit Körperverletzungen 155 133 Raubüberfälle/ Diebstähle 2 2 Landfriedensbruch und Widerstandshandlungen 139 98 Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Luftoder Straßenverkehr 153 99 Sachbeschädigung mit Gewaltanwendung 995 925 Gewalttaten insgesamt: 1.902 1.497 Gewaltandrohungen 97 100 Sonstige Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Hintergrund 240 258 Gesamt: 2.239 1.855 2. Schwerpunkte und Ziele linksextremistischer Straftaten Bei den im Berichtsjahr gezählten Körperverletzungen wurden mehr als 600 Personen (1986: mehr als 800), darunter mehr als 500 Beamte der Polizei (1986: mehr als 750) verletzt. Die Zahl der gefährlichen Eingriffe in Verkehrsanlagen und Transportmittel ist geringfügig zurückgegangen. Die meisten Aktionen (76) richteten sich gegen Einrichtungen der Bundesbahn. Sie standen in Zusammenhang mit Protesten gegen kerntechnische Anlagen und gegen militärische Transporte. Kaum verringert hat sich die Zahl der Sachbeschädigungen - Farbsprühaktionen nicht mitgerechnet - an Banken, Bürogebäuden und Warenhäusern (mehr als 400) und an Polizeifahrzeugen und Polizeidienststellen (mehr als 260). Mehr als 80 (1986: mehr als 150) Beschädigungen an Strommasten - durch Sprengstoff, Ansägen der Verstrebungen oder Lockern der Verschraubung - wurden bekannt ; wieder verbreiteten Linksextremisten zu vielen dieser Aktionen Taterklärungen. Zu den 258 bekanntgewordenen sonstigen Gesetzesverletzungen gehören insbesondere Hausfriedensbrüche, Beleidigungen, Fälschungen amtlicher Schreiben und Verstöße gegen das Waffengesetz. Die zahlreichen Farbsprühund Schmieraktionen mit linksextremistischen Parolen, Symbolen und Emblemen wurden nicht mitgezählt, weil darüber kein vollständiger Überblick zu erlangen ist. * Umfaßt Brandstiftungen und alle Sachbeschädigungen unter Einsatz von Brandmitteln. 84 Linksextremistische Bestrebungen 3. Staatliche Maßnahmen gegen Linksextremisten 3.1 Verurteilungen (Überblick)* 1986 1987 insgesamt :654 450 davon: 20 18 Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr, 12(1986:12) ohne Bewährung 26 30 Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, 2 (1986:2) ohne Bewährung) 421 249 Geldstrafen 4 Jugendstrafen mit Bewährung 187 149 Geldbußen, Verwarnungen, Arbeitsauflagen, Arreste und sonstige Schuldsprüche 3.2 Anklagen: Insgesamt 352 (1986:255) Über die Zahl der gegen Linksextremisten ergangenen Durchsuchungen und Beschlagnahmeanordnungen liegen keine exakten Erhebungen vor. * Erfaßt wurden nur erstinstanzliche Urteile, die im Berichtsjahr ergangen sind, unabhängig vom Eintritt der Rechtskraft. Die Zahl der Urteile dürfte insgesamt höher liegen, da erfahrungsgemäß viele Verurteilungen erst erhebliche Zeit nach Erstellung des Verfassungsschutzberichtes bekannt werden. Die Vergleichszahlen für 1986 wurden entsprechend fortgeschrieben. Linksextremistische Bestrebungen 85 VIII. Dokumentation 1. Vgl. DKP-Zentralorgan "Unden bewaffneten Kampf und sere Zeit" (UZ) vom 4. 11. in diesem Kampf. Anderer1987; UZ-Eigenbeilage zur seits hat dieses Zeitalter keiUZ vom 19.11.1987, S. 35: nesfalls die Notwendigkeit "Wir stehen in der Tradition aufgehoben, der Reaktion der 1918 gegründeten KPD, und Konterrevolution dort, die sich im Zuge ihrer Entwo sie mit Gewalt versuchen, wicklung zur Massenpartei die demokratischen und sodie von Lenin entwickelte zialistischen ErrungenschafKonzeption der Partei neuen ten des Volkes zu beseitigen Typus bewußt angeeignet hat und den geschichtlichen Fort(...). Dabei handelt es sich schritt umzukehren, eine Abkeineswegs um immer gleifuhr zu erteilen. (...) Das verche, sondern um wechselnde antwortungsbewußte und zuKampfbedingungen, legale gleich entschlossene Handeln wie illegale." der Sandinisten in Nicaragua Der DKP-Vorsitzende Herist ein anschauliches Beispiel bert MIES bekleidete in der für die Beachtung der ErforKPD - während der Legalität dernisse des Nuklearzeitalund der Illegalität - leitende ters im bewaffneten revolutioFunktionen. Die DKP skiznären Kampf." zierte seinen Werdegang mit 10. BVerfGE Bd. 5, S. 323 f. den Worten: 11. BVerwG vom 20. Januar "Auf dem Hamburger Partei1987,AzlD114.85 tag der KPD 1954 wurde H. 12. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom Mies in den Parteivorstand 2.9.1987, S. 30 der KPD gewählt. Nach dem 13. Bundestagsdrucksache Verbot der KPD im Jahre 11/977 vom 16.10.1987 1956 wirkte er innerund au14. Vgl. "Probleme des Friedens ßerhalb der Bundesrepuund des Sozialismus" Nr. blik.. . als Kandidat des Polit9/1987, S. 1294 büros und Sekretär des Zen15. Ebenda tralkomitees der KPD für die 16. Die "Jugendbildungsstätte Aufhebung des KPD-VerBurg Wahrberg" wurde 1977 bots" (8. Parteitag der DKP, mit materieller Unterstützung Mai 1986 in Hamburg, Inforder "Freien Deutschen Jumation Nr. 82). gend" (FDJ) der DDR einge2. "Marxistische Blätter" Nr. richtet. Der Eigentümer der 10/1987,S.18 "Burg Wahrberg" ist Mit3. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom glied der DKP. Auf der Burg 19.11.1987, S. 34 sind zumindest fünf Personen 4. "Marxistische Blätter" Nr. ständig beschäftigt, darunter 10/1987,S.62 der Leiter und der Geschäfts5. Z.B. UZ vom 20. 5.1987 führer der "Jugendbildungs6. "Marxistische Blätter" Nr. stätte" ; ein Teil der Referen11/1987, S. 56 ten kommt von auswärts. 7. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 17. Referat des Bundesvorstan19.11.1987, S. 52 des an den 9. Bundeskongreß 8. UZ vom 21.10.1987 der SDAJ, S. 26; Diskussions9. "Marxistische Blätter" Nr. papier zur Vorbereitung des 10/1987, S. 57: "Das nukleare 9. Bundeskongresses, S. 4 und Zeitalter erfordert... von den 1 revolutionären Kräften ein 18. Referat des Bundesvorstanäußerst sorgfältiges und verdes an den 9. Bundeskongreß, antwortungsbewußtes AbwäS. 16 gen bei Entscheidungen über 19. "Unruhe - Begeisterung - 86 Linksextremistische Bestrebungen Überzeugung - Die SDAJ schaftspolitik initiativ im muß stärker werden, ThesenSinne einer fortschrittlichen papier der SDAJ-EntwickPolitik gearbeitet zu haben lung", S. 11 und vieles mehr." 20. Referat des Bundesvorstan29. OVG Koblenz, Urt. vom 14. des an den 10. Bundeskon10.1987-2 A 55/86 greß des MSB, S. 29 30. Vgl. "südwest-kontakte", 21. Referat des Bundesvorstanhrsg. vom Landesverband Bades an den 10. Bundeskonden-Württemberg der DFGgreß des MSB, S. 7; 1. BilVK Nr. 3/1987; "Gruppendungsthema des MSB, Somrundbrief" Nr. 3/1987 des mersemester 1987, Neues Landesverbandes Bayern der Denken Perestrojka, GlasDFG-VK; Offener Brief der nost, hrsg. vom MSB-BundesDFG-VK-Gruppe Gammervorstand, S. 18 tingen an den DFG-VK-Bun22. 6. Bundeskongreß der Jungen desgeschäftsführer, zit. in Pioniere, 5./6. Dezember "südwest-intem", hrsg. vom 1987, Dortmund, Anträge Landesverband Baden-Würt23. Ebenda temberg der DFG-VK, Nr. 24. Entwurf des "Orientierungs3/1987: und Aktionsprogrammes der "Wir können dem VerfasWN-Bund der Antifaschisungsschutz nicht mehr länsten" ger guten Gewissens wider25. WN-BdA-Pressedienst vom sprechen, wenn er sagt, der 19.2.1987 Bundesverband der DFG-VK 26. "antifaschistische rundsei kommunistisch beeinschau" (ar) Nr. 3/1987, S. 6 flußt. Ganz offensichtlich 27. ar Nr. 3/1987, S. 6; "Deutkönnen in diesem Verband sche Volkszeitung/die tat" wesentliche Entscheidungen vom 5. 6. 1987, S. 9; "Infornicht gegen den Willen der mationen" der VVN-BdA DKP getroffen werden." Saar, April 1987: "Ausdruck 31. Ehemalige Bundessprecherin für ein geändertes Klima geder "Friedensliste", Mechtild genüber unserer Organisation JANSEN (u.a. Mitglied des ist auch die Tatsache, daß zu "Büros" des KFAZ und des dieser Konferenz der W N - sowjetisch gesteuerten WFR), BdA nicht nur DKP und Friezit. in "Rundbrief" Nr. 37, densliste, sondern auch Juli 1987, S. 15: Grüne und SPD durch Spen"In der Friedensliste versuden und Anzeigen in der Dechen absolut ungleiche Beteilegiertenmappe ihre Solidariligte miteinander zu kooperietät mit unserer Sache bekunren, eine mit großem Apparat det und zum Gelingen der ausgestattete Partei und eine Konferenz beigetragen haReihe von Einzelpersonen ben." aus unterschiedlichen Grup28. "DFU-Info" des Landesverpierungen nebst der DFÜ. bandes Hamburg, September (...) Sehr leicht degeneriert 1987: "Die DFU ist seit vieBündnispolitik dazu, einige len Jahren aktiv und gestalhübsche Girlanden um die eitend in den verschiedenen Begentlich organisierenden reichen der außerparlamentaKreise herumzulegen und sie rischen Bewegungen tätig. Es zur machtlosen, bloßen gehört zu den herausragenZierde verkommen zu lassen. den Ergebnissen unserer Ar(...) Die gegebenen Konstelbeit, daß es uns gelungen ist, lationen führten dann auch die Friedensbewegung mitzu den absurden Erscheinunentwickelt zu haben, den gen, daß die DKP zu wesentKampf gegen Berufsverbote lichen Teilen die Arbeit tramit Erfolg zu führen, in der gen, sich dabei aber tendenBildungsund Gewerkziell wegen ihres Überge- wichts verleugnen mußte..." Verfolgten des Naziregimes 32. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom in Niedersachsen - 40 Jahre 4.2.1987, S. 7 f. antifaschistischer Kampf", 33. Willi GERNS, Die Umgestalhrsg. vom WN-BdA-Landestung in der Sowjetunion und vorstand Niedersachsen, Mai die DKP, Broschürenreihe 1987 "Standpunkt" Nr. 1/1987, 52. Entwurf des "Orientierungshrsg. vom Parteivorstand der und Aktionsprogrammes der DKP, S. 9 WN-Bund der Antifaschi34. UZ vom 25.11.1987 sten" 35. UZ vom 10.2. und 16.6.1987 53. UZ vom 27.11.1986 36. UZ vom 16.6.1987 54. U. a. UZ-Eigenbeilage zur UZ 37. Vgl. u.a. UZ vom 10.2. 1987; vom 19.11.1987, S. 36 f. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 55. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 4. 2. 1987, S. 7 und 20; "pra19.11.1987, S. 40 xis" Nr. 5/1986, S. 7 56. Thesen des 8. Parteitages der 38. "Richtlinien zur DurchfühDKP, hrsg. vom Parteivorrung der Jahreshauptverstand der DKP Mai 1986, S. sammlungen der Grundorga108 f. nisationen der DKP im Jahre 57. "elan" Nr. 3/1987, S. 34 1988" 58. PPA-Tagesdienst vom 22724. 39. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom 8.1987 2.9.1987, S. 13 f. 59. "Beschlossene Anträge", 9. 40. UZ vom 29. 8. und 25. 11. Bundeskongreß der SDAJ, 1987 hrsg. vom SDAJ-Bundesvor41. Rechenschaftsbericht zur 28. stand, S. 30 und 7 ordentlichen Bundesdelegier60. Kongreß-Info Nr. 4 tenkonferenz des SHB (2. - 4. 61. "Jugendpolitische Blätter" 10.1987 in Oldenburg), S. 1 Nr. 11/1987, S. 9 42. Ebenda, S. 17 62. Referat des Bundesvorstan43. "Bildungsarbeit", hrsg. vom des an den 9. Bundeskongreß SHB-Bundesvorstand 1987, der SDAJ, S. 9 f. S.21 63. "bulletin - Panorama DDR, 44. UZ-Eigenbeilage zur UZ vom Informationen aus der DDR, 19.11.1987, S. 13 f. Internationales Friedensse45. Ebenda, S. 43 minar der Jugend in Berlin 46. "Marxistische Blätter" Nr. vom 23. bis 27. März 1987", 5/1987, S. 14ff. und Nr. Teil II, S. 3 11/1987, S. 50; "NACH64. Vgl. UZ vom 9.6.1987 RICHTEN zur Wirtschafts65. "Beschlossene Anträge", und Sozialpolitik" Nr. a.a.O.,S.48 7/1987, S. 25; UZ-Eigenbei66. Pionierleiter-Info, Juli/Aulage zur UZ vom 2. 9. 1987, S. gust 1987 19 67. UZ vom 8.12.1987 47. "Probleme des Friedens und 68. "praxis" Nr. 3/87, S. 11 des Sozialismus" Nr. 9/1987, 69. MSB-Info Nr. 1 zur 12. VDS5. 1264 MV, Frühjahr 1987, S. 10 48. Vgl. "Marxistische Blätter" 70. Referat des BundesvorstanNr. 5/1987, S. 20; UZ vom 21. des an den 10. Bundeskon12. 1987; UZ-Eigenbeilage greß des MSB, S. 46 zur UZ vom 19.11.1987, S. 46 71. UZvom2.10.1987 49. Abschlußerklärung des bun72. Vgl. "Probleme des Friedens desweiten Ratschlages der und des Sozialismus" Nr. VDJ zur Volkszählung '87 in: 6/1987, S. 826 ff. VDJ-Forum Nr. 2/1987, S. 12 73. Vgl. UZ vom 22.5.1987 50. "Presseund Informations74. UZ vom 6.4.1987 dienst" der Initiative "Weg 75. UZ vom 3. 6. 1987; "Denkzetmit den Berufsverboten" Nr. tel", hrsg. vom DKP-Bezirks3/1987 vom 21.1.1987 vorstand Hessen, März/April 51. "40 Jahre Vereinigung der 1987, S. 18 88 Linksextremistische Bestrebungen 76. "Neues Deutschland" vom 98. "links-Sozialistische Zei22.12.1987 tung" Nr. 213, Dezember 77. "Rote Fahne" vom 7. 11. 1987 1987 99. "radikal info" Nr. 1, März 78. "Rote Fahne" vom 19. 9. und 1983 24.10.1987 100. Erklärung Düsseldorfer Au79. "Rote Fahne", Zentralorgan tonomer zu den Schüssen in der MLPD, vom 7.11.1987 Frankfurt, in De Knipsel80. "Rote Fahne" vom 26. 9. krant, Nr. 1, Januar 1988 1987 101. Flugblatt, April 1987 81. "Rote Fahne" vom 19. 9. und 102. "freiraum" - Anarchistische 3.10.1987 Zeitschrift, Nr. 19, Herbst 82. "Rote Fahne" vom 20. 6. und 1987 19.9.1987 103. Flugblattaufruf zum 1. Mai, 83. KB-Organ "Arbeiterkampf" Wuppertal Nr. 280 104. Thesenpapier Frankfurter 84. "Organistions-BULLETIN" Autonomer zu den Libertären Nr. 48, April 1987 Tagen, April 1987 85. "Arbeiterkampf" Nr. 284 105. Wandparole in Bonn gegenvom 29.6.1987 über dem Polizeipräsidium, 86. "Arbeiterkampf" Nr. 282 November 1987 vom 4. 5. 1987; "Organisa106. Flugblatt Autonomer aus Bertions-BULLETIN" Nr. 49, lin, November 1987 Mai 1987 107. gwr. Nr. 116 vom Juli 1987, 87. Statut des BWK in "Politi"Prinzipienerklärung" sche Berichte", Sonderaus108. Ziviler Ungehorsam Nr. gabe zur 7. ordentlichen Bun3/1987 (Sommer) desdelegiertenkonferenz, Fe109. "direkte aktion" Nr. 62, bruar 1987 März/April 1987 88. VSP: Programm, Statut, 110. "direkte aktion" Nr. 66, DeSelbstverständnis, Oktober zember 1987 1986 111. Ebenda 89. "Arbeitermacht", Organ der 112. "direkte aktion" Nr. 62, Gruppe "Arbeitermacht" Nr. März/April 1987 8, Winter 1987, 113. UZ vom 20.6. und 6. 7. 1987 "Klassenkampf" Nr. 52 vom 114. "Zusammen Kämpfen" Nr. 9 August/September 1987 (Januar 1987) 90. "Arbeitermacht" Nr. 8, S. 18 115. "Warum wir dem Vorsitzenu. Plattform der IKS, S. 8 den Richter des Asylsenats 91. "Arbeitermacht" Nr. 8, Plattam Bundesverwaltungsgeform der IKS richt Günter KORBMA92. "Weltrevolution" Nr. 28 vom CHER in die Knie geschos9.10. 87 Plattform der IKS sen haben" (Taterklärung der 93. "Arbeitermacht" Nr. 8, S. 15; RZ) "Klassenkampf" Nr. 52, S. 116. "Adler flambiert" und 14; Plattform der IKS, S. 13 "Frauenstreik in Südkorea" 94. Interview in Uni-Stadtzeitung (Taterklärungen der "Roten (USZ), München, November Zora") 1987 117. "Auch REWE verdient an der 95. Uni-Stadtzeitung (USZ), NoUnterdrückung der schwarvember 1987 zen Frauen" (Taterklärung 96. Flugblatt, Juli 1987 der RZ) 97. Hamburger Hochschulzei118. "De Knipselkrant" Nr. tung, 14. April 1987 9/1987 Linksextremistische Bestrebungen 89 IX. Übersicht über die wichtigsten linksextremistischen und linksextremistisch beeinflußten Organisationen sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z. T. geschätzt) 1. Orthodoxe Kommunisten 1.1. Deutsche Kommunistische 38.000 (mehr als Unsere Zeit (UZ) Partei (DKP) 40.000) - sechsmal wöchentlich - (12 Bezirksorganisationen, (Tagesausgabe: unter 23.000 ca. 200 Kreisorganisationen, [24.000]) mehr als 1.500 Grundorgani(Wochenendausgabe: sationen) 44.000 [46.000]) - Düsseldorf - Marxistische Blätter -elfmaljährlich-7.300(8.000)DKP-Informationen - seit September 1987 mit bisher sieben Ausgaben - - 10.000 - DKP-Pressedienst - unregelmäßig - infodienst - Informationsdienst für DKP-Betriebszeitungen, Wohngebietsund Hochschulzeitungen - unregelmäßig - - 2.000 (2.000) - praxis - Erfahrungen aus dem Leben und der Arbeit der Partei - zweimonatlich - -7.500(7.000)Nebenorganisationen: Sozialistische Deutsche unter 15.000 (15.000) elan - Das Jugendmagazin Arbeiterjugend (SDAJ) - monatlich - (12 Landesverbände, 113 -unter 19.000 (26.000)Kreisverbände, ca. 1.000 Gruppen - Orts-, Stadtteil-, Jugendpolitische Blätter Schul-, Betriebsgruppen -) - monatlich - - Dortmund - -2.500(2.500)Marxistischer Studentinnen6.000 (6.000) rote blätter und Studentenbund Sparta- - monatlich - kus (MSB) -11.500(15.000)(15 Ortsverbände mit über 200 Ortsgruppen) avanti - Bonn - - zweimonatlich - 90 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z. T. geschätzt) Junge Pioniere - Sozialisti4.000 (4.000) pionier sche Kinderorganisation (JP) - monatlich - (12 Landesverbände, Kreis-5.000(6.000)verbände, Pioniergruppen) - Dortmund - Pionierleiter-Info - monatlich - Institut für Marxistische StuMarxistische Studien - Jahrbuch dien und Forschungen e.V. des IMSF (IMSF) - zweimal jährlich - - Frankfurt/Main - Informationsberichte des IMSF - unregelmäßig - Marx-Engels-Stiftung e. V. - Wuppertal - Marxistische Arbeiterbildung - Vereinigung zur Verbreitung des wissenschaftlichen Sozialismus (MAB) (30 örtliche MAB-Gemeinschaften, z. T. als Marxistische Abendbzw. Arbeiterschulen - MASCH -) - Wuppertal - beeinf lußte Organisationen: Vereinigung der Verfolgten 14.000 (13.500) antifaschistische rundschau des Naziregimes - Bund der - monatlich - Antifaschisten (WN-BdA) -12.000(12.000)(10 Landesvereinigungen, antifaschistischer informationsKreisund Ortsvereinigunund Pressedienst gen) - zehnmal jährlich - - Frankfurt/Main - Deutsche Friedens-Union 1.000 (1.000) Abrüstungs-Info (DFU) - monatlich - (10 Landesverbände, Be- - 4.000 (4.000) - zirksund Ortsverbände) info demokratie - Argumente - -KölnDokumente - Informationen - unregelmäßig - Komitee für Frieden, AbrüFriedensjournal stung und Zusammenarbeit - sechsmal jährlich - (KFAZ) Friedensschnelldienst (arbeitet mit "Hunderten" örtlicher Komitees und In- - vierzehntäglich - itiativen zusammen) - Köln - Linksextremistische Bestrebungen 91 Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z. T. geschätzt) Deutsche Friedensgesell11.000 (12.000) Zivil Courage schaft - Vereinigte Kriegs- - vierteljährlich - dienstgegner (DFG-VK) -10.000(11.000)(9 Landesverbände, ca. 160 Ortsgruppen) - Velbert - Die Friedensliste 1.500 (1.500) Rundbrief - Bonn - - unregelmäßig - Demokratische FraueninitiaWir Frauen tive (DFI) (ca. 100 örtliche - zweimonatlich - Frauengruppen ohne feste -4.500(3.500)Mitgliedschaft) - Essen - Wir Frauen (Jahreskalender) -50.000(50.000)Vereinigung Demokratischer 1.000 (1.200) VDJ-Forum Juristinnen und Juristen in - vierteljährlich - der Bundesrepublik -1.300(1.000)Deutschland und Berlin (West)e.V.(VDJ) (26 Regionalgruppen) - Frankfurt/Main - Antiimperialistisches SolidaAntiimperialistisches Informaritätskomitee für tionsbulletin (AIB) Afrika, Asien und Latein- - monatlich - amerika (ASK) -5.000(5.000)- - Frankfurt/Main - Initiative Weg mit den BeRundbrief rufsverboten (Arbeitsausfür alle Bürgerinitiativen, Koschuß) mitees und Organisationen, die (koordiniert die Tätigkeit gegen "Berufsverbote in der BRD von ca. 300 örtlichen Initiatikämpfen" ven) - unregelmäßig - - Hamburg - -1.800(1.800)Bund demokratischer Wisetwa 1.500 (1.600) Informationsdienst Wissenschaft senschaftlerinnen und Wisund Frieden senschaftler e.V. (BdWi) - zweimonatlich - (32 regionale Sektionen) -etwa 1.000 (1.500)- - Marburg/Lahn - Forum Wissenschaft - vierteljährlich - -über 2.000 (2.000)1.2. Sozialistische Einheitspartei 4.500 (4.500) Die Wahrheit Westberlins (SEW) - sechsmal wöchentlich * (12 Kreisverbände, ca. 170 -13.000(13.000)Betriebsund Wohngebietsgruppen) Konsequent - Berlin (West) - - viermal jährlich - -2.500(2.500)- 92 Linksextremistische Bestrebungen ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^ Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z.T. geschätzt) Nebenorganisa tionen: Sozialistischer Jugendver600 (600) Signal - Sozialistische Jugendband Karl Liebknecht schrift (SJV Karl Liebknecht) - monatlich - (12 Kreisverbände; einge200 (200) -1.000(1.000)gliedert: Pionierorganisation Karl Liebknecht) - Berlin (West) - Aktionsgemeinschaft von 300 (400) ads-info Demokraten und Sozialisten - zweimonatlich - Westberlin (ADS-Westberlin) - Berlin (West) - Vorfeldorganisationen: Demokratischer Frauenbund 600 (600) Im Blickpunkt der Berlinerin Berlin (DFB) - monatlich - - Berlin (West) - -600(600)Gesellschaft für Deutsch500 (500) DSF-Journal Sowjetische Freundschaft - vierteljährlich - Westberlin (DSFW) -1.200 (1-200)- - Berlin (West) - Vereinigung der Verfolgten 500 (500) antifaschistisches Magazin des Naziregimes Westberlin/ Der Mahnruf Verband der Antifaschisten - vierteljährlich - (WN-Westberlin/VdA) - 2.000 (2.000) - - Berlin (West) - Berliner Mietergemeinschaft 8.000 (8.000) Mieterecho e.V. - zweimonatlich - - Berlin (West) - -8.000(6.000)2. Sonstige Organisationen und Publikationen Sozialistischer Hochschul2.000 (2.000) frontal bund (SHB) - zweimonatlich - (Landesverbände, -7.800(8.600)Ortsgruppen) - Bonn - Krefelder Initiative ZUR INFORMATION - Köln - - unregelmäßig - Volkszeitung - Deutsche Volkszeitung/die tat - wöchentlich - -40.000(26.000)- Linksextremistische Bestrebungen 93 Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z.T. geschätzt) NACHRICHTEN zur Wirtschaftsund Sozialpolitik - monatlich - -7.000(7.000)3. "Neue Linke" Anarchistische ArbeiterUnion (AAU) - München - Arbeiterbund für den Wie300 (300) Kommunistische Arbeiterzeitung deraufbau der KPD (AB) - unregelmäßig - - München - -1.200(1.200)Nebenorganisationen: Kommunistischer Hochschulbund (KHB) Initiative zur Vereinigung Kämpfende Jugend der revolutionären Jugend - unregelmäßig - Autonome Gruppen mehr als u. a. SABOT, UNZERTRENN2.000 LICH, radikal - unregelmäßig erscheinende " Szene"-blätter - Bund Sozialistischer zusammen neue Arbeiterpresse Arbeiter (BSA) 150 (150) - wöchentlich - - Essen - und Nebenorganisation: Sozialistischer Jugendbund (SJB) - Essen - Bund Westdeutscher Kom300 (400) Politische Berichte munisten (BWK) - vierzehntäglich - (8. Landesverbände) -1.300(1.300)- - Köln - beeinflußte Organisation: Volksfront gegen Reaktion, 700 (600) Antifaschistische Nachrichten Faschismus und Krieg - vierzehntäglich - (VOLKSFRONT) -700(600)- - Köln - 94 Linksextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z. T. geschätzt) Föderation Gewaltfreier Ak700 (800) graswurzelrevolution - für eine tionsgruppen (FöGA) gewaltfreie herrschaftslose (Koordinierungsund SerGesellschaft vice-Stelle der anarchisti- - zehn Ausgaben jährlich - schen "Graswurzelbewe- - 2.500 (4.000) - gung" mit ca. 70 "Gewaltfreien Aktionsgruppen" und "Kollektiven") Freie Arbeiter-Union (FAU) 200 (200) direkte aktion (ca. 20 örtliche Gruppen) - zweimonatlich - -KölnFreie Arbeiter-Union (AnarFanal chisten) (FAU-HD-A) - vierteljährlich - - Heidelberg - Freie Arbeiter-Union (RäteALLES WIRD GUT kommunisten) (FAU/R) - unregelmäßig - - Hamburg - Internationale KommunistiWeltrevolution sche Strömung (IKS) - unregelmäßig - - Köln - Internationale Sozialistische Sozialistische Arbeiterzeitung Arbeiterorganisation (ISA) - vierzehntäglich - - Köln - Kommunistischer Bund über 400 (400) Arbeiterkampf (KB) - monatlich - (Landesverbände) -4.800(4.800)- - Hamburg - Kommunistische Partei Roter Morgen Deutschlands (Marxisten/ (2 Ausgaben) Leninisten) (KPD) - monatlich/zweimonatlich - (3 rivalisierende Gruppen) Marxistische Gruppe (MG) 1.800 (1.700) MSZ-Marxistische Streitund - München - Zeitschrift - Gegen die Kosten der Freiheit - monatlich - -12.000(10.000)Marxistische Arbeiterzeitung (mehr als 13 verschiedene Ausgaben) - unregelmäßig - -bis zu 10.000 (10.000)- Linksextremistische Bestrebungen 95 Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen [1986]1987 (1986) z.T. geschätzt) Marxistische Hochschulzeitungen (etwa 20 verschiedene Ausgaben) - unregelmäßig - -bis zu 14.000 (15.000) - Marxistische Schulzeitungen (etwa 10 verschiedene Ausgaben) - unregelmäßig - -bis zu 2.000 (2.000)Marxistisch-Leninistische 1.300 (1.300) Rote Fahne Partei Deutschlands - wöchentlich - (MLPD) -10.000(10.000)(16 Parteibezirke, über 100 Lernen und Kämpfen (luk) Ortsgruppen und Stützpunkte) - monatlich - - Essen - -1.500(1.500)Nebenorganisationen: zusammen Arbeiterjugendverband/ 300 (300) Rebell Marxisten-Leninisten (AJV/ - neun Ausgaben jährlich - ML) (mit der Kinderorganisation Rotfüchse) Marxistisch-Leninistischer Roter Pfeil Schülerund Studentenver- - acht Ausgaben jährlich - band (MLSV) Marxistisch-Leninistischer Arbeiter und Bauern Bund Intellektueller (MLBI) - vierteljährlich - Proletarische Aktion (PA) PARTISAN - unregelmäßig - Sozialistische ArbeiterKlassenkampf gruppe (SAG) - monatlich - - Hannover - Vereinigte Sozialistische 500 (600) Sozialistische Zeitung Partei (VSP) - vierzehntäglich - (Landesverbände, Ortsgrup-2.400(2.800)pen, Zellen) - Köln - *L ,^a^-- * i 4H * * ^H |fl Rechtsextremistische Bestrebungen yfr H f? 4 98 Rechtsextremistische Bestrebungen I. Übersicht in Zahlen 1. Organisationen und Mitgliederstand Ende 1987 gab es in der Bundesrepublik Deutschland 69 (1986: 73) rechtsextremistische Organisationen. Ihnen gehörten - nach Abzug der Mehrfachmitgliedschaften - rund 25.200 Personen als Mitglieder an; das sind rund 3.100 Personen mehr als Ende 1986 (22.100). Nach Jahren der Stagnation haben somit die rechtsextremistischen Organisationen einen Mitgliederzuwachs von 14% erzielt. Bei der Zahl der rechtsextremistischen Organisationen war ein leichter Rückgang festzustellen: Die Zahl der erkannten neonazistischen Gruppen sank 1987 von 23 auf 20, der nationaldemokratischen Organisationen von 6 auf 5 und der sonstigen rechtsextremistischen Vereinigungen von 42 auf 41. Lediglich das Lager der "National-Freiheitlichen" erweiterte sich um eine Organisation durch die Gründung der "Deutschen Volksunion - Liste D" (DVU - Liste D) auf 3 Organisationen. Beachtlicher ZugeDen größten Mitgliederzuwachs wiesen die "National-Freiheitliwinn an Mitgliedern chen" auf, denen jetzt insgesamt 15.100 Mitglieder angehören bei den "NationalFreiheitlichen" (1986: 12.100)*. Leichte Zugewinne erzielten die nationaldemokratischen Organisationen, die nunmehr 7.000 Mitglieder (1986: 6.800) haben, während die Zahl der Mitgliedschaften in neonazistischen Gruppen von 1.500 auf 2.100 stieg. Die tatsächliche Zahl von Neonazis hat sich dabei von 1.460 auf 1.520 erhöht. Die Mitgliederzahl der sonstigen rechtsextremistischen Vereinigungen stagnierte mit leichter Abwärtstendenz bei 3.100 (1986: 3.150). 2. Organisationsunabhängige Verlage und Vertriebsdienste Die Zahl der rechtsextremistischen organisationsunabhängigen Verlage und Vertriebsdienste sank 1987 auf 42 (1986: 47). Diese setzten sich zusammen aus 9 Buchverlagen (1986: 10), 18 Zeitungsund Schriftenverlagen (1986: 19) sowie 15 Vertriebsdiensten (1986: 18). 3. Periodische Publikationen Rechtsextremistische Die Gesamtzahl der rechtsextremistischen Publikationen sank um Publikationen konn- 6 auf 86; davon erscheinen 62 mindestens viermal im Jahr. Diese ten Auflage steigern 62 Publikationen weisen für 1987 eine tatsächliche Gesamtauflage von 9.275.600 auf; das bedeutet gegenüber 1986 eine Auflagensteigerung von 14%. * Dr. FREY gibt dazu höhere Zahlen an, vgl. Übersicht 132, 133 Rechtsextremistische Bestrebungen 99 4. Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst Ende 1987 waren den Verfassungsschutzbehörden 234 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst bekannt (1986: 224). Von ihnen gehörten 106 der NPD an (1986: 114), die anderen verteilten sich auf verschiedene andere rechtsextremistische Organisationen. Die auf Bundesebene beschäftigten 106 Rechtsextremisten (1986: 96) sind bei nachgeordneten Behörden tätig. 37 von ihnen sind bei der Deutschen Bundespost und 19 bei der Deutschen Bundesbahn - überwiegend in mittleren Positionen - beschäftigt. Der Bundeswehr gehören 40 an: 26 als Zeitoder Berufssoldaten, 14 als Zivilbedienstete. Von den 86 auf Landesebene beschäftigten Rechtsextremisten (1986: 85) sind an Schulen und Hochschulen 33, in der Justiz 8, in der Finanzverwaltung 7, bei der Polizei 9 und in anderen Verwaltungsbereichen 29 tätig. Von den 234 Rechtsextremisten im öffentlichen Dienst sind 129 Beamte, 26 Soldaten, 46 Angestellte und 33 Arbeiter. Unter den 155 Beamten und Soldaten gehören 24, also rd. 15%, dem höheren Dienst bzw. den vergleichbaren Dienstgraden an. IL Neuer Nationalsozialismus/Neonazismus 1. Zielsetzung Die Neonazis unter den Rechtsextremisten streben einen vom Neonazis streben toFührerprinzip und dem Grundsatz rassischer Auslese bestimmten talitären und elitären Führerstaat an totalitären großdeutschen Staat nach der Ideologie und dem Programm der ehemaligen Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) an: "Wir sind eine Kampfgemeinschaft, die ihre Reihen allen Nationalsozialisten öffnet, die sich zu Idee, Partei und Führer bekennen und bereit sind zu gehorchen, um siegen zu können - und Sieg bedeutet zunächst einmal, eine politische Lage zu schaffen, in der die NSDAP neu gegründet werden kann." ("Die Neue Front" - KÜHNEN-Flügel Nr. 41, S. 3) Bis 1982 waren Adolf HITLER und das "Dritte Reich" die unbestrittenen Leitbilder aller Neonazis. Seitdem empfinden sich zunehmend mehr Neonazis als "Nationalrevolutionäre" in der "NationalrevolutioNachfolge der Brüder STRASSER*. Sie kritisieren HITLER und näre" lehnen HITLER als Vorbild ab werfen ihm vor, er habe den Nationalsozialismus verbürgerlicht. * Die Brüder STRASSER repräsentierten in der Frühzeit des Nationalsozialismus den linken Flügel der NSDAR Gregor STRASSER wurde 1934 auf Befehl HITLERS anläßlich des sogenannten "RÖHM-Putsches" ermordet. Dr. Otto STRASSER, der Führer der "Schwarzen Front", hatte sich 1933 nach Kanada absetzen können. 100 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. Zahlen Zahl der Neonazis Von den rd. 1.520 Neonazis sind ungefähr 1.380 (1986: 1.210) in steigt leicht, ihre den neonazistischen Gruppen organisiert. Nur noch etwa 140 Gewaltbereitschaft hält an Neonazis (1986: 250) besitzen keine erkennbaren Gruppenbindungen. Eine nicht unerhebliche Anzahl von Einzelaktivisten hat sich somit inzwischen einer entsprechenden Organisation angeschlossen. Etwa 200 Neonazis sind als militant zu bezeichnen. Es handelt sich um Aktivisten, die in den letzten Jahren selbst Gewalttaten durchgeführt oder sich an solchen beteiligt haben, oder im illegalen Besitz von Waffen, Munition oder Sprengstoff waren.* 3. Neonazistische Gruppen 3.1 "Die Bewegung" "Die Bewegung" will Die von ihren eigenen Anhängern als "Gesinnungsgemeinschaft" NSDAP neu gründen bezeichnete und inzwischen auf etwa 500 Mitglieder angewachsene "Bewegung" verfolgt langfristig das Ziel, die NSDAP als politische Partei in der Bundesrepublik Deutschland neu zu gründen. Sie ist aus einem neonazistischen Aktivistenkreis hervorgegangen, der sich in der Tradition der 1983 verbotenen "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten" (ANS/NA) sieht. Die Gruppierung setzt sich maßgeblich aus ehemaligen ANS/NA-Mitgliedern zusammen. "Die Bewegung" ist "Die Bewegung" ist seit 1986 in zwei etwa gleichstarke Flügel gewegen Homosexuelspalten: len-Kampagne in zwei Flügel gespalten - Der eine bildete sich um den bis 1. März 1988 in Strafhaft einsitzenden Michael KÜHNEN (32), ehemaliger Organisationsleiter der ANS/NA, und seinen Stellvertreter Thomas BREHL (30), die zeitweise die "Bewegung" verlassen hatten. Inzwischen tritt auch der Hamburger Neonazi Christian WORCH (31) mit Billigung KÜHNENS als Führungsfigur dieses Flügels auf. - Der zweite Flügel wird von den Neonazis Jürgen MOSLER (32) und Volker HEIDEL (33) angeführt. Beide Flügel lieferten sich heftige und polemische Auseinandersetzungen über Homosexualität und die damit verbundene Frage nach der Qualifikation von Führungskräften. Äußeres Zeichen dieses Zerwürfnisses ist die Herausgabe zweier konkurrierender Monatsschriften, die sich beide "Die Neue Front" nennen. Beide Gruppen führten regionale und bundesweite Veranstaltungen durch, an denen z.T. über 100 Personen teilnahmen. KÜHNEN-BroIm Spätherbst tauchte in Neonazikreisen der zweite Band der von schüre in den USA KÜHNEN während seiner Strafhaft von 1978 bis 1982 verfaßten herausgegeben * Darüber hinaus kennen die Sicherheitsbehörden noch 18 militante Rechtsextremisten, die nicht den Neonazis, sondern anderen rechtsextremistischen Gruppen, wie z. B. den "Jungen Nationaldemokraten" oder der "Wiking-Jugend", angehören. Rechtsextremistische Bestrebungen 101 Die neue Ftont Publikation öce nationalen tDiöerftanöes Stott ertte S A Mai 1987 Schrift "Die zweite Revolution" mit dem Untertitel "Der Volksstaat" auf; der erste Band mit dem Untertitel "Glaube und Kampf" war im Frühjahr bekanntgeworden. KÜHNEN propagiert im zweiten Band eine "arische Völkergemeinschaft" in einem von der NSDAP und der SA als der "bewaffneten Eliteeinheit" geführten "europäischen Reich" unter der Dominanz eines nationalsozialistischen Deutschlands auf dem Fundament von Antizionismus, Antikommunismus und Antikapitalismus.' 3.2 "Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei" (FAP) Die derzeit etwa 500 Mitglieder umfassende FAP ist weitgehend FAP von der "Bewevon der "Bewegung" unterwandert und gesteuert; der größte Teil gung" unterwandert ihrer derzeitigen Mitglieder sind Aktivisten der "Bewegung". Die FAP verfügt über - z. T. noch untergliederte - Landesverbände in Nordrhein-Westfalen (Schwerpunkt mit rund 180 Mitgliedern), Schwerpunkt der Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Bremen und Baden-WürttemFAP in Nordrheinberg; daneben existieren mehrere Kreisverbände in Bayern und Westfalen Schleswig-Holstein. Die Untergliederungen auf Kreisebene sind oft nur kurzlebige Zusammenschlüsse weniger Personen. Die FAP lehnt in ihrem tatsächlichen Verhalten - ein eigentliches "Parteiprogramm" existiert nicht - ebenso wie die hinter ihr stehende "Bewegung" die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Sie bekämpfte auch 1987 die angebliche "Überfremdung" des deutschen Volkes durch "fremdrassige" Ausländer: 102 Rechtsextremistische Bestrebungen "In Niedersachsen wurden seit dem 1. 9. 1986 auf über 10 Asylantenlager Anschläge verübt. Einen deutlicheren Hinweis auf den wachsenden Haß unseres Volkes auf die Systempolitiker, die noch mehr Fremdrassige nach Deutschland locken wollen, gibt es im Moment nicht." ("FAP-Nachrichten", 7/87, S. 3) Neben vielen Flugblatt-, Schmierund Klebeaktionen, zahlreichen Zusammenkünften mit teilweise über 100 Teilnehmern, provozierenden Märschen u.a. durch Dortmund, Witten, Hamburg, Bonn, Duisburg traten FAP-Angehörige 1987 vermehrt durch miZunahme von mililitantes und strafrechtlich relevantes Verhalten hervor. Eine tanten Handlungen Reihe von Gewalttaten richtete sich gegen Ausländer. Auseinandurch FAP-Aktividersetzungen mit politischen Gegnern wurden nicht nur in Kauf sten genommen, sondern bewußt gesucht. 266 Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund hatten Bezug zur FAP. In vielen Fällen wurden FAP-Aktivisten als Täter ermittelt. 26 dieser der FAP zurechenbaren Gesetzesverletzungen waren Gewalttaten (z.B. Brandanschläge, Überfälle, Körperverletzungen, schwere Sachbeschädigungen), 15 Gewaltandrohungen und 186 Propagandadelikte (z.B. Schmier-, Klebe-, FAP-Aktivisten als Plakat-, Flugblattaktionen oder sonstige Veröffentlichungen). Bei mutmaßliche Straf113 dieser Taten konnten 327 Personen als mutmaßliche Täter ertäter ermittelt mittelt werden. In Nordrhein-Westfalen wurden allein 44% der im gesamten Bundesgebiet erfaßten Gesetzesverletzungen mit FAPHintergrund begangen. rvampiDiüu aer rreinemicnen ueutscnen ArDenerpartet WBBSB gegen Deutschland geht weiter! Tausenden. Zignusei Said schon werdei Haben wir Deutschen wrfROe Gründen. Unter ihnen sind Rebellen und Re"oluiier. Werden sie ihre Bomben nun in unseren Städten werfen. wo ihnen zuhause der Boden unter den Füllen zu nein geworden WIR HABEN IHNEN DEN KLEINEN FINGE" Eine Schwarze wurde im Urwald von A r t - GEREICHT - genossen a i t unvorstellbarer Grausaefcelt m NW GREIFEN SIE MACH DER GANZEN HAW ! g e f o l t e r t und gelynchtDiese schwer*- a f n k a n i s t b e n Zustande "erden auch h i e r FAP Die große Mehrheit unseres Volkes w i l l : e i n t r e t e n , wenn n i c h t schnellstens total" AuslanderrOckfUhrung die I n Gang SCHLUSS DAMIT - AUSLANDES RAUS ! ' ! Postfach 2702 4400 Münster 1 "Als Asylantenjunge nehm ich immer nur deutsche Mädchen mit aufs Zimmer!" Rechtsextremistische Bestrebungen 103 RUDOLF HESS VON DEN ALLIIERTEN ERMORDET ! FAP Rhein-Westfalen Postfach 2702 4400 Münster 1 Die FAP nahm an der Bundestagswahl am 25. Januar mit einer Landesliste (in Bremen) und mit Direktkandidaten in zwei WahlFAP bei Wahlen kreisen sowie an der Bürgerschaftswahl in Bremen am 13. Sepchancenlos tember ohne Erfolg teil. Ihre Absicht, sich auch an den Landtagswahlen in Hessen (5. April) und Schleswig-Holstein (13. September) zu beteiligen, scheiterte bereits an dem Fehlen der erforderlichen Unterschriften von Wahlunterstützern. 104 Rechtsextremistische Bestrebungen RASSENMISCHUNG c,deg ^VÖLKERMORD m: FAP Rhein-Westfalen Postfach 2702 4400 Münster 1 3.3 "Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e. V." (HNG) Die HNG blieb trotz eines leichten Mitgliederrückganges eine Anlaufstelle für Gesinnungsgenossen aus allen Bereichen des Neonazismus. NACHRICHTEN Nr. 86 Juli 1987 und deren Angehörige e.V.(HNG). im Sinne des Pressegesetzes: Rechtsextremistische Bestrebungen 105 Die Zahl der von der HNG 1987 unterstützten "politischen GeHNG unterstützt fangenen" sank von 21 im Januar auf 16 im November.2 Häftlinge Nach wie vor bekundet die HNG Verständnis für die Taten der inhaftierten Gesinnungsgenossen. Sie ist um deren Wiedereingliederung in die neonazistische Szene bemüht und druckt kommentarlos in den "Nachrichten der HNG" Beiträge von NS-Aktivisten ab, in denen immer wieder die Bundesrepublik Deutschland als "Gesinnungsdiktatur" verunglimpft wird.3 Schriftleiter der monatlich erscheinenden "Nachrichten der HNG" ist nach wie vor der stellvertretende Organisationsleiter der "Bewegung" (MOSLER-Flügel) und FAP-Funktionär Volker HEIDEL. Die engen personellen Verflechtungen mit Angehörigen der FAP "Die Bewegung" bzw. der "Bewegung" führten dazu, daß auch die HNG von den steht auch hinter Auseinandersetzungen um die Person KÜHNENS nicht verder HNG schont blieb. 3.4 "Nationalistische Front" (NF) Die im November 1985 gegründete NF hat mit ihren etwa 80 MitNF nur regional aktiv gliedern außer in Bielefeld bisher nur in Berlin und Bremen Fuß fassen können. Die führende Rolle in der NF spielt die Bielefelder Gruppe, deren Leiter Meinolf SCHÖNBORN (32) seit Dezember auch die Gesamtorganisation führt. Die Straße vor der "NF-Zentrale" in Bielefeld war 1987 Schauplatz zahlreicher Konfrontationen mit politischen Gegnern. DaNF offenbart bei konnte eine steigende Gewaltbereitschaft der NF-Aktivisten steigende Gewaltbereitschaft festgestellt werden, die häufig von weit her angereist waren, um ihr "Zentrum" zu verteidigen. Die NF hat sich zum Ziel gesetzt, die nationalrevolutionären Vorstellungen der Brüder STRASSER (vgl. Ziffer 1) zu verwirklichen. Dazu bedarf es nach Auffassung ihrer Führung einer "antiimperialistischen Kulturund antikapitalistischen Sozialrevolution" sowie einer gesamtdeutschen Neutralität. Zur Bewahrung der Volksidentität und der Wesensart der deutschen Nation im eigenen Volksraum will die NF gegen weitere "fremdvölkische Einwanderung und für die Heimführung der Ausländer" kämpfen. Die NF setzt sich ein "für ein biologisch gesundes Volk mit gesundem Nachwuchs". (Grundsatzprogramm, Ziff. 3 und 8) In der Agitation der NF tritt auch ein aggressiver Antizionismus zutage.4 106 Rechtsextremistische Bestrebungen 3.5 "Arbeitsgemeinschaft Nationaler Verbände/Völkischer Bund" (ANV/VB) Die ANV/VB verfolgt das Ziel, Deutschland von angeblichen USund fremdrassigen Einflüssen zu befreien. Sie begann am 21. ANV/VB leitet zu März eine unter dem Motto "Kampf den Dunkelmännern" stekonspirativem hende Seminarreihe. In der ersten Veranstaltung wurden die TeilVerhalten an nehmer über die angebliche Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden informiert und zu konspirativem Verhalten angeleitet. Ein weiteres Seminar hatte das Thema "Die Freimaurerei - Dunkelmänner in Politik und Wirtschaft". Durch die Festnahme ihres Leiters Peter NAUMANN (35) am 6. Oktober erlitt die ANV/VB einen empfindlichen Rückschlag; sie führte seitdem keine Veranstaltungen mehr durch (im übrigen vgl. Kap. IX, Ziff. 2). finft hommt Der Tag Der Roche! 3.6 "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) NSDAP-AO bezieht Die NSDAP-AO verfügt über eine Vielzahl von meist nur aus EinPropagandamaterial zelpersonen bestehenden "Stützpunkten" im gesamten Bundesweiterhin aus den gebiet. Ihr Propagandamaterial bezieht sie von dem US-Bürger USA Gary Rex LAUCK (34), der in Lincoln/Nebraska die "Propagandazentrale" führt. Von dort kommen die Aufkleber, Handzettel, Plakate und Flugblätter mit Parolen wie "Ausländer raus", "Rotfront verrecke" oder "Kauft nicht bei Juden" sowie die zweimonatlich erscheinende Zeitung "NS-Kampfruf", die aggressiv ras- Rechtsextremistische Bestrebungen 107 KAUFT NICHT BEI JUDEN! NSDAP-AO Box 6414, Lincoln, NE 68506 USA NS-VERBOT AUFHEBEN! NSDAP-AO Box 6414, Lincoln. NE 68506 USA sistisch ist und "Juden, Neger, die Asiaten und die Mischlinge" als "Ungeziefer" bezeichnet, zum Versand. NSDAP-AO-Aktivisten stehen häufig auch hinter anonymen Drohschreiben oder -anrufen.5 77 Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund hatten 1987 Bezug zur NSDAP-AO. 3.7 Neonazizentrum um Ernst TAG Der NS-Aktivist Ernst TAG (41)* aus Ludwigshafen am Rhein NS-Aktivist TAG mit hat sich bemüht, durch die Herausgabe seiner Monatsschrift wenig Resonanz "Der Schulungsbrief" und durch Flugblattaktionen eine Führungsrolle innerhalb der NS-Szene zu erreichen. Sein in "RudolfHeß-Haus" umbenanntes Anwesen in Weidenthal (Kreis Bad Dürkheim) sollte ein "Zentrum des NS-Gedankens" werden. TAG verfügte aber nur über einen kleinen Anhängerkreis. * Das Landgericht Gießen verurteilte am 15. März 1988 den Neonazi Ernst TAG (41) wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung, Hehlerei und Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß TAG sein als "Nationales Zentrum" bezeichnetes Anwesen in Weidenthal teilweise mit Geldern finanziert habe, die der NS-Aktivist Markus MÖSSLE (25) bei zwei Banküberfällen erbeutet hatte. TAG habe dies gewußt und außerdem für einen weiteren Banküberfall MÖSSLE eine Maschinenpistole zur Verfügung gestellt. 108 Rechtsextremistische Bestrebungen Nach seinem Ausschluß aus der HNG wegen seiner Angriffe auf KÜHNEN gründete er im Juni mit wenig Resonanz ein "Internationales Hilfskomitee für nationale politische Verfolgte und deren Angehörige" (IHV) als Konkurrenzorganisation zur HNG. 3.8 Neonazikreis um Curt MÜLLER Anlaufstelle in Das Anwesen der Eheleute Curt und Ursula MÜLLER (57/54) in Mainz verliert an Mainz-Gonsenheim diente 1987 wie in den Vorjahren inund ausländischen Neonazis als Anlaufund Versammlungsstätte. Am 19./20. April (zum Geburtstag HITLERs) und am 20./21. Juni (zur Sommersonnenwende) fanden auf dem Grundstück jeweils Treffen von bis zu 120 Personen statt. Die gegenüber den vergangenen Jahren bedeutend geringere Teilnehmerzahl ist vermutlich ebenfalls auf die Spaltung der "Bewegung" zurückzuführen, der der größte Teil der Besucher angehört. 3.9 "Bürgerund Baueminitiative e. V." (BBI) BBI nur noch publiziDie Aktivitäten der BBI sind 1987 weiter zurückgegangen; es fanstisch tätig d e n keine "Freundestreffen" mehr statt. Die politische Arbeit der BBI geht ausschließlich von dem Agrarjournalisten Thies CHRISTOPHERSEN (69) aus, der seit Jahren zu den maßgeblichen Leugnern des Völkermordes an Juden im "Dritten Reich" gehört.6 1986 setzte sich CHRISTOPHERSEN nach Dänemark ab, um Rechtsextremistische Bestrebungen 109 der Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland zu entgehen. Seit 1987 wird seine Publikation "Die Bauernschaft" vom Verlag ("Nordland Forlag") des dänischen Neonaziführers Povl RIIS-KNUDSEN (38) in Aalborg herausgegeben. 3.10 "Deutsche Bürgerinitiative e. V." (DBI) Die Aktivitäten der DBI erschöpften sich in wenigen "Freundestreffen", die von Gertraud ROEDER (48) auf dem sogenannten "Reichshof" bei Schwarzenborn (Schwalm-Eder-Kreis) durchgeführt werden. Ihr Mann Manfred ROEDER (58), der Gründer und langjährige ROEDER agitiert Leiter der DBI, 1982 als Rädelsführer der terroristischen Vereininach wie vor aus der gung "Deutsche Aktionsgruppen" zu 13 Jahren Freiheitsstrafe Haft heraus verurteilt, setzte mit in der Haft verfaßten Publikationen seine Versuche fort, auf seine Gesinnungsgenossen politisch einzuwirken. 3.11 Agitationskampagne nach dem Tod von HESS Auf den Selbstmord des von den Rechtsextremisten als Märtyrer Der Selbstmord von verehrten Rudolf HESS am 17. August reagierten vor allem NeoHESS veranlaßt nazis mit zahlreichen z. T. spektakulären Aktionen. Nahezu im geNeonazis zu spektakulären Auftritten samten Bundesgebiet kam es zu Schmierereien, Flugblattverteilungen, Artikeln in rechtsextremistischen Zeitungen und anonymen oder Pseudonymen Drohund Schmähschreiben und sogar zu einigen Brandanschlägen. Weitverbreitet fand sich die Parole "Rache für Rudolf HESS". Vom 22. bis 26. August demonstrierten trotz eines behördlichen Verbots Neonazis in und um Wunsiedel, auf dessen Friedhof sie die Beisetzung von HESS erwarteten. Die Polizei räumte am 26. August den Friedhofsbereich und nahm 84 Personen vorläufig fest. HO Rechtsextremistische Bestrebungen III. "Nationaldemokraten" 1. "Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD) 1.1 Zielsetzung Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigte mit Urteil vom 27. Januar die Entlassung des stellvertretenden Vorsitzenden, Bundesgeschäftsführers und baden-württembergischen Landesvorsitzenden der NPD, Jürgen SCHÜTZINGER (34), aus dem Polizeidienst. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, die NPD verfolge VGH Baden-Würtverfassungsfeindliche Ziele. Diese ergeben sich aus der Diffamietemberg : NPD verrung der demokratischen Parteien und der Mißachtung oberster folgt verfassungsVerfassungsgrundsätze, insbesondere der parlamentarischen Defeindliche Ziele mokratie, des Mehrparteiensystems und der Volkssouveränität.7 Wie in den Vorjahren polemisierte die NPD, die sich ansonsten eher vorsichtig artikulierte, in ihrem Parteiorgan "Deutsche Stimme" (DSt) heftig gegen Ausländer und Asylanten. Schlagzeilen wie die folgenden beherrschten das Blatt: Rechtsextremistische Bestrebungen 111 STOPP DEUTSCHLAND DEN DEUTSCHEN NATIONALDEMOKRATEN rstand. Rotestrafle 4 7000 Stuttgart 1 "Millionen fordern Ausländerstopp" Ausländerfeindlich "Asylanten verfolgen Deutsche" keit der NPD "Wir wollen Deutschland bleiben und nicht Ausländer-Land werden!" " Asylantenschwemme". (DSt 2/87, S. 1, 5, 10) rv" I Zur Politik Gorbatschows Berlin-Hauptstadt gestern und morgen! i DEUtSCHEELSTHmm ti.mnmm.inmim EMMtpma-tSODH MM Es gibt nur ein Deutschland! Geteilt - wie lange noch? 112 Rechtsextremistische Bestrebungen 1.2 Mitgliederentwicklung und Finanzen Mitgliederzahl steigt Nach Jahren der Stagnation stieg 1987 die Mitgliederzahl der leicht/Finanzlage NPD von rund 6.100 auf etwas über 6.200. Aufgrund der Wahlverbessert kampfkostenerstattung aus der Bundestagswahl 1987, in deren Genuß die Partei aufgrund ihrer über 0,5% liegenden Stimmenzahl gelangte, konnte die NPD ihre finanzielle Situation weiter verbessern. 1.3 Aktivitäten Auf dem Bundesparteitag vom 13. bis 15. November in Uehlfeld und Höchstadt an der Aisch (beide Orte in der Nähe von Erlangen) wurden ein neues Parteiprogramm verabschiedet und Martin MUSSGNUG (51) wieder zum Parteivorsitzenden gewählt. In Höchstadt demonstrierten rund 3.000 Personen gegen die NPD; zwei Parteitagsteilnehmer wurden dabei verletzt, einige Pkw beschädigt. Auch bei einer Reihe anderer Veranstaltungen der NPD kam es zu teilweise gewaltsamen Störungen oder zu Gegendemonstrationen durch politische Gegner. So führten Veranstaltungen der NPD in Wuppertal und in St. Wendel um den 17. Juni zu Blockaden, Sachbeschädigungen und tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Nationaldemokraten und Gegendemonstranten. Das traditionelle "Deutschlandtreffen" der NPD, das diesmal aus Anlaß der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz stattfand, konnte in Neustadt a.d.W. auch diesmal wieder nur als geschlossene Veranstaltung durchgeführt werden. Zeit und Ort des Landesparteitags der baden-württembergischen NPD mußten wegen zu befürchtender Störungen mehrfach geändert werden. 1.4 Beteiligung an Wahlen Die NPD beteiligte sich weder an der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft noch an den Landtagswahlen in Hessen und in Schleswig-Holstein. Bei der Wahl der Bremischen Bürgerschaft am 13. September unterstützte sie die "Deutsche Volksunion - Liste D" des Münchener Verlegers und Vorsitzenden der "Deutschen Volksunion", Dr. Gerhard FREY. 1.4.1 Bei der Bundestagswahl am 25. Januar kandidierte die NPD in 172 der 248 Wahlkreise und mit 10 Landeslisten; sie erreichte Wählerzahl 227.054 Zweitstimmen ( = 0,6%). Damit konnte sie ihre Wählerverdoppelt zahl gegenüber der Bundestagswahl 1983 (91.095 Zweitstimmen = 0,23%) mehr als verdoppeln. Weil auf die Partei mehr als 0,5% der Zweitstimmen entfielen, erhielt sie Wahlkampfkostenerstattung in Höhe von rund 1,3 Millionen DM. WahlkampfIm Wahlkampf forderte die NPD die deutsche Wiedervereiniunterstützung gung in "gesamtdeutscher Neutralität". Dr. FREY unterstützte in durch Dr. FREY seinen Wochenblättern den Wahlkampf der NPD. 1.4.2 Bei der Landtags wähl in Rheinland-Pfalz am 17. Mai trat die NPD in sämtlichen vier Wahlkreisen an; sie erreichte 18.227 Stirn- Rechtsextremistische Bestrebungen 113 men = 0,8% und konnte damit ihr Ergebnis gegenüber der Bundestagswahl vom 25. Januar geringfügig verbessern. 1.4.3 Bei der Oberbürgermeisterwahl in Villingen-Schwenningen am 4. Oktober erhielt Jürgen SCHÜTZINGER (vgl. Ziffer 1.1) als Kandidat der NPD 2.266 Stimmen - 6,6%. Dr. FREY hatte in seinen Wochenblättern für SCHÜTZINGER geworben, weil er sich "selbstlos für die berechtigten Anliegen seiner... Mitbürger" einsetze und sich "trotz Berufsverbot..., Hetze und Terror nicht unterkriegen" lasse.8 1.4.4 Für die Wahl zum Oberbürgermeister in Tuttlingen am 29. MUSSGNUG erhält November kandidierte Martin MUSSGNUG, der von der "Deut15% der Stimmen bei Oberbürgermeisterschen Volksunion - Liste D" unterstützt wurde. Er erhielt 2.122 wahl in Tuttlingen Stimmen = 15%. MUSSGNUG bezeichnete das Ergebnis als ein "Signal für die Nationaldemokraten". 2. "Junge Nationaldemokraten" (JN) 2.1 Mitgliederentwicklung Die JN konnten ihre Mitgliederzahl von rund 600 auf etwa 750 Mitgliederzahl der steigern. JN nimmt zu flGIT' höffi 114 Rechtsextremistische Bestrebungen 2.2 Aktivitäten Am 13. Juni gründeten die JN in Beckingen-Erbringen (Kreis Merzig-Wadern) den Landesverband Saar. Landesvorsitzender wurde Erhard HÜBSCHEN (20). Neuer Vorsitzender Am 12. und 13. September wählten die JN auf ihrem Bundeskonfür JN greß in Dillingen (Kreis Saarlouis) Karl-Heinz SENDBÜHLER (30), den Bundesvorsitzenden des "Nationaldemokratischen Hochschulbundes" (NHB), zu ihrem neuen Bundesvorsitzenden. Der Kongreß stand unter dem Motto "Deutsch ist Trumpf". 3. "Nationaldemokratischer Hochschulbund" (NHB) Der von SENDBÜHLER geführte NHB entfaltete 1987 keine öffentlich bemerkbaren Aktivitäten. Seine Zeitschrift "NHB-Report" konnte offenbar aus finanziellen und personellen Gründen nicht mehr erscheinen. IV. "National-Freiheitliche" 1. Zielsetzung 1.1 Die "national-freiheitlichen" Organisationen setzten vor allem über die Wochenblätter des Münchener Verlegers Dr. GerAsylanten, Kriegshard FREY (54) ihre Anti-Asylanten-Kampagne fort. Mit Schlagschuld und Umerziezeilen wie "Asylanten kassieren Milliarden - so wird deutsches hung sind DauerGeld verschwendet"9, "Scheinasylanten betrügen Deutschland - themen bei Dr. FREY Wie groß der Schaden wirklich ist"10 und "Asylanten als Brandstifter"" versuchten "Deutsche National-Zeitung" (DNZ) und "Deutscher Anzeiger" (DA) Stimmung gegen Asylbewerber und Asylanten zu machen. Auch das Bestreiten der deutschen Schuld am 2. Weltkrieg und das "Umerziehungs"-Syndrom sind nach wie vor feste Bestandteile der Agitation der "national-freiheitlichen" Blätter: "So griff man sehr frühzeitig... zu dem teuflischen Mittel einer regelrechten Charakterwäsche durch ausgeklügelte Maßnahmen der Umerziehung ganzer heranwachsender Generationen." (DWZ 1/2/87, S. 1) 1.2 Nach dem Tod von Rudolf HESS waren die Blätter der "National-Freiheitlichen" die publizistischen Sprachrohre der daran Dr. FREY verbreitet anknüpfenden Agitationskampagne. Sie verbreiteten die Mordlegende zu Märtyreragitation und stützten die Mordlegende. Die DNZ ziHESS tierte den britischen Schriftsteller David IRVING (49), der von Dr. FREY häufig bei Vortragsveranstaltungen präsentiert wird, mit den Worten: Rechtsextremistische Bestrebungen 115 Hat der Terror bereits gesiegt? So kapituliert der Staat / s.3 National-Zeitung KSSSST 1 .,"";"-". rreihettlk*" unabhängig" Überparteilich PS=~"\PSÄ7S '**"*"' Der Plan zur Ausrottung der Deutschen Warum klagt Weizsäcker Verheimlichte Dokumente entdeckt das eigene Volk an? acaasHäsat sgiaxssui iSssSSSs pISSHt S s r f i g : SriglSS m "Es ist nicht auszuschließen, daß er von fremder Hand erwürgt worden ist: Entweder von einem Wohlwollenden, der ihm den Gnadentod geben wollte, oder von einem Amerikaner, der durch die Holocaust-Sendungen aufgeputscht worden ist." (DNZ 36/87, S. 5) Die von IRVING geäußerten Zweifel an HESS' Selbstmord werden von vielen deutschen Rechtsextremisten geteilt. Wie glaubwürdig ist GorbatSChOW?/Kommunlsmus in der Zerreißprobe (Seite 3) Deutffi)eIöorf)En3eitung _ 2".J"hrn"naNr. H PrM Z - DM; Ommfcfl " . - OS FOR NATIONALE POLITIK * KULTUR UND WIRTSCHAFT*""" Ist die Umerziehung gescheitert? Wie die Sieger das deutsche Volk ändern wollten 2MWM *enbetUiM und ilhrrhaupl "lirHjphftf -- w r " * t H.lm'irildB tjtt * * den LMrpUnn "MndMa und Hin T m i n l l l i l . i a enen IhJ lane Zu--mmonhenf. ob d w d k m ll> MH im esWutrl heben ek ihr* KohieBn m Bll- S S " a s s s ===S=S = R f S Ä Ä 116 Rechtsextremistische Bestrebungen "Bringt alle Deutschen um!" Ilja Ehrenburgs Mordaufrufe / s.4 Deutscher Anzeiger SSÄSBXr"" Freiheitliche Wochenxeftuns aaa---saa R 2"? c Rudolf HeB: Ende der Tragödie? ln Was will Honecker wirklich? W-"lch """"""au ereiflnet 2. "Deutsche Volksunion - Liste D" (DVU - Liste D) 2.1 Am 5. März wurde in München auf Initiative Dr.FREYs eine von der NPD unterstützte "neue Rechtspartei" gegründet: Die DVU - Liste D ("D" steht für Deutschland). Die neue Partei ging aus einer von FREY im November 1986 gegründeten "Deutschen Liste" hervor, die in der Folgezeit zweimal umbenannt wurde, zuerst in "Deutsche Volksliste", dann in "Deutsche Volksunion - Liste D".12 Gegenseitige NPD und DVU, die bis 1986 miteinander in Konkurrenz standen, Unterstützung wollen künftig unter gegenseitiger Unterstützung je nach Bedarf als NPD oder als DVU - Liste D in die Wahlkämpfe gehen, obwohl viele Nationaldemokraten, insbesondere innerhalb der JN, die Annäherung an Dr. FREY vehement ablehnen. DVU - Liste D 2.2 Die DVU - Liste D trat 1987 als Wahlbündnis von DVU und Wahlbündnis von NPD bei der Bürgerschaftswahl in Bremen am 13. September an. DVU und NPD Neben den von der DVU gestellten Kandidaten waren mehrere NPD-Funktionäre auf den Listen der neuen Partei vertreten. 2.3 Die DVU - Liste D führte einen sehr aufwendigen Wahlkampf, der von Dr. FREY angeblich mit 2 Millionen DM finanziert wurde. Insbesondere durch Verteilung von Wahlzeitungen und anderen Postsendungen an alle Bremer Haushalte wurden die Wähler intensiv angesprochen. Aus Furcht vor Störungen der Wahlveranstaltungen durch politische Gegner verzichtete die Partei auf jeden Kontakt ihrer Repräsentanten mit dem Wähler, insbesondere auf öffentliche Versammlungen; die Kandidaten wur- Rechtsextremistische Bestrebungen 117 den erst in der letzten Phase des Wahlkampfs in einer Wahlzeitung vorgestellt. Die DVU - Liste D erhielt im Land Bremen insgesamt 13.299 Stimmen = 3,41%. Im Wahlbereich Bremen erreichte sie 9.596 Stimmen = 2,99%, in Bremerhaven 3.703 Stimmen - Rechtsextremist 5,4%. Da sie somit in einem der beiden Wahlbereiche mehr als 5% Bürgerschaftsder Stimmen erzielte, gelang ihrem Spitzenkandidaten, dem abgeordneter in Bremen Schiffsingenieur Hans ALTERMANN (62), der Einzug in die Bürgerschaft. Bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung in Bremerhaven erhielt sie 3.637 Stimmen = 5,31% und 2 Mandate. Mit der Wahl ALTERMANNs ist es einem Kandidaten einer rechtsextremistischen Partei erstmals seit dem Ende der 60er Jahre wieder gelungen, ein Landtagsmandat zu erringen. Aufgrund des Wahlergebnisses hat die DVU - Liste D nach Erfüllung der formellen Bedingungen auch Anspruch auf Wahlkampfkostenerstattung. 2.4 Die DVU - Liste D zählt derzeit über 2.500 Mitglieder (Dr. FREY gab die Mitgliederzahl im September mit mehr als 6.000 an). 3. "Deutsche Volksunion e. V." (DVU) 3.1 Die DVU unter ihrem Vorsitzenden Dr. FREY ist mit über DVU weiterhin 12.000 Mitgliedern weiterhin die größte rechtsextremistische Vergrößte rechtsextremieinigung. Ihre Aktivitäten blieben 1987 hinter denen des Vorjahstische Vereinigung res zurück, weil Dr. FREY den Schwerpunkt seiner Aktivitäten auf die neugegründete Partei DVU - Liste D verlegte. 3.2 Seine traditionell guten Verbindungen zu österreichischen Annäherung zwischen und Südtiroler Nationalisten versuchte Dr. FREY durch KonDVU und der franzötakte zu dem Führer der französischen rechtsextremistischen Parsischen "Front National" tei "Front National" (FN), Jean Marie LE PEN (59), zu erweitern. LE PEN gab mehrere Interviews in den Zeitungen Dr. FREYs. 3.3 Vor ca. 2.000 Teilnehmern vergab Dr. FREY am 15. August in DVU-Preis an SüdPassau den mit 20.000 DM dotierten "Andreas-Hofer-Preis" an tirol-Separatisten den Funktionär des separatistischen "Südtiroler Heimatbundes" vergeben Paul PICHLER. In der Laudatio wurde PICHLER als Angehöriger des "Südtirol-Widerstandes" vorgestellt, den auch "politische Haft und Folter" nicht hätten beugen können. Zu einer Demonstration gegen die Veranstaltung in Passau hatten sich rd. 1.000 Teilnehmer versammelt. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei wurden mehrere Personen vorläufig festgenommen. 118 Rechtsextremistische Bestrebungen 4. Verlage Der "Druckschriftenund Zeitungsverlag" (DSZ-Verlag) Dr. FREYs gab wiederum die drei größten rechtsextremistischen Wochenzeitungen DNZ, DA und DWZ heraus. Die "Freiheitliche Zeitungsverlag GmbH" (FZ-Verlag), die der Ehefrau Dr. FREYs gehört, rief in der zweiten Jahreshälfte zum Kauf eines neuen sog. Enthüllungsbuches "Verheimlichte Dokumente - Was den Deutschen verschwiegen wird" auf. V. Sonstige rechtsextremistische Gruppen Bei sonstigen rechtsextremistischen Gruppen handelt es sich zumeist um Kleinund Kleinstgruppen. Die folgenden sind erwähnenswert: 1. "Gesellschaft für Freie Publizistik" (GFP) GFP größte rechtsDie GFP blieb die größte rechtsextremistische Kulturvereinigung. extremistische KulSie führte 1987 drei überregionale Treffen durch, an denen jeweils turvereinigung zwischen 100 und 200 Personen teilnahmen. Am 18. Januar beging sie in Berlin unter organisatorischer und personeller Beteiligung des dortigen Landesverbandes der NPD den 116. Jahrestag der Reichsgründung 1871. GFP unterhält enge Am 23. Mai hielt sie in Balingen eine Veranstaltung unter dem Kontakte zur NPD Motto "175 Jahre Kampf um Deutschlands Einheit" ab, bei der u.a. der stellvertretende Landesvorsitzende der Berliner NPD, Thomas SALOMON (35), als Redner auftrat. Ihren Jahreskongreß13 führte die GFP vom 23. bis 25. Oktober in Kassel durch. Dort sprachen u.a. der ehemalige Landesvorsitzende der NPD Nordrhein-Westfalens, Udo WALENDY (60), und der ehemalige "Chef-Ideologe" der NPD, Dr. Rolf KOSIEK (53). 2. "Die Deutsche Freiheitsbewegung e. V." (DDF) REMER als Agitator Die DDF zählt zu den Randgruppen des Rechtsextremismus. rechtsextremistischen Gründer und Vorsitzender ist Otto-Ernst REMER (75)*, der nach Gedankengutes * REMER war als Kommandeur des Berliner Wachregiments an der Niederschlagung des Aufstandes vom 20. Juli 1944 gegen HITLER maßgeblich beteiligt. Nach dem Krieg war er Gründungsmitglied und Zweiter Vorsitzender der 1952 vom Bundesverfassungsgericht verbotenen "Sozialistischen Reichspartei" (SRP). Rechtsextremistische Bestrebungen 119 wie vor NS-Verbrechen leugnet und das "Dritte Reich" verharmlost. 3. "Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung" (GfbAEV) In Flugblättern dieser Gruppierung werden rassistische, insbeAnthropologiesondere ausländerfeindliche Thesen vertreten. So wird z.B. in Gesellschaft vertritt Frageform unterstellt, daß zahlreiche Krankheiten wie z. B. Turassistische Thesen berkulose, Schizophrenie und Krebs durch "Rassenmischung" verstärkt aufträten, so daß hierdurch die Erbqualität der Bevölkerung verschlechtert werde. 4. "Freundeskreis Ulrich von HUTTEN e. V." Für den deutsch-österreichischen "Freundeskreis Ulrich von Hutten-FreundesHUTTEN e. V." war der Tod von HESS, dem eine ganze Ausgabe kreis glorifiziert der Publikation "Huttenbriefe" gewidmet wurde, das am meisten HESS herausgestellte Ereignis des Jahres. HESS sei ein "Monument menschlicher Größe", das der deutschen Jugend ein "leuchtendes Vorbild" sei.14 5. "Hamburger Liste für Ausländerstopp" (HLA) Die 1982 von der NPD gegründete, auf Hamburg begrenzte HLA trat am 17. Mai bei den Bürgerschaftsund Kommunalwahlen an und erzielte für die Bürgerschaft 3.825 Stimmen = 0,4%. Bei den Wahlen zu den einzelnen Bezirksvertretungen erhielt sie insgesamt 6.022 Stimmen = 0,6%, wobei sie in Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil die höchsten Stimmenanteile errang. VL Jugendgruppen 1. Überblick Ende 1987 waren wie im Vorjahr 8 rechtsextremistische JugendLeichter Mitgliederund Studentengruppen bekannt. Ihre Mitgliederzahl stieg von zuwachs bei rechtsextremistischen insgesamt rund 1.150 auf rund 1.300. Neben den JN hat nur die Jugendgruppen "Wiking-Jugend" (WJ) eine gewisse Bedeutung. Die "Führer" der nationalistischen Jugendgruppen sind durch- 120 Rechtsextremistische Bestrebungen weg überzeugte Rechtsextremisten. Dies gilt jedoch nicht für alle Mitglieder, die z.T. noch im Kindesalter sind. Viele dieser Jugendlichen fühlen sich weniger von der rechtsextremistischen Ideologie und Propaganda als vielmehr von der erwarteten Kameradschaft, den körperlichen Anforderungen und der Lagerfeuerromantik angezogen. Diese Gruppen setzen die genannten Mittel als Lockmittel ein, um Jugendliche an sich heranziehen und dann politisch indoktrinieren zu können. 2. Jugendliche Randgruppen Die in den Vorjahren unternommenen Versuche rechtsextremistischer Organisationen, Angehörige der Skinhead-Szene zur Mitarbeit zu bewegen, blieben auch 1987 überwiegend erfolglos. Grund dafür dürften die Disziplinlosigkeit und die Suche der Skinheads nach "Randale" sein. Lediglich in Berlin gibt es unter der Führung von Andreas POHL (27) eine Teilgruppe der neonazistischen "Nationalistischen Front" (NF), die überwiegend aus Skinheads besteht (siehe oben Kap. II, Ziff. 3.4). Dennoch hat sich die Zahl der in und am Rande von neonazistischen Gruppen agierenden Skinheads im Jahre 1987 von etwa 200 auf rund 250 erhöht. Neben Schmierund Klebeaktionen und dem Verteilen von neonazistischem Werbematerial fielen vor allem rassistische Verhaltensweisen auf. 3. "Wiking-Jugend" (WJ) Interner Zwist spaltet In der WJ stand das Jahr 1987 im Zeichen interner Auseinandersetzungen. Bei der Neuwahl der Bundesführung setzte sich am 8. Juni der bisherige Bundesführer Wolfgang NAHRATH (58) gegen den ehemaligen WJ-Bundesfahrtenführer Rudi WITTIG (28) durch. WITTIG hatte sich insbesondere gegen eine Zusammenarbeit der WJ mit der neonazistischen FAP ausgesprochen. Die internen Auseinandersetzungen gipfelten im September in der Abspaltung des Personenkreises um WITTIG und der Gründung der beiden Gruppierungen "Arbeitskreis Junge Familie" unter der Leitung des ehemaligen WJ-Gauführers von Rhein-Westfalen, Reiner SCHMITZ (29), und "Sturmvogel - Deutscher Jugendbund" unter Führung von WITTIG. WJ arbeitet mit NeoDie WJ arbeitet weiterhin mit Neonazis zusammen. Am Pfingstlanazis zusammen g e r 1937 nahmen neben FAP-Aktivisten auch "Kameraden" der NF teil. Auch zu den für Silvester 1987 an der innerdeutschen Grenze in der Rhön geplanten "Mahnfeuern" der WJ waren wieder Neonazis angereist. Durch exekutive Maßnahmen der zuständigen örtlichen Behörden konnte erreicht werden, daß das Vorhaben auf eine Kleinveranstaltung in Fladungen beschränkt wurde. Rechtsextremistische Bestrebungen 121 VII. Rechtsextremistische Verlage und Vertriebsdienste Die rechtsextremistischen organisationsunabhängigen Verlage und Vertriebsdienste vertrieben auch 1987 beträchtliche Mengen rechtsextremistischer Druckerzeugnisse. 1. Zeitungsund Schriftenverlage Zu den thematischen Schwerpunkten der rechtsextremistischen Publizistik zählen nach wie vor das Leugnen oder Verharmlosen der NS-Verbrechen, das Bestreiten der deutschen Kriegsschuld, die Verherrlichung Adolf HITLERs und seines Stellvertreters Rudolf HESS sowie die Veröffentlichung von Artikeln mit antisemitischem oder ausländerfeindlichem Inhalt. Erwähnenswert sind außer den "national-freiheitlichen" Wochenblättern (vgl. Kap. IV) die vom "Türmer-Verlag" herausgegebenen "Deutschen Monatshefte" (DM), die Monatsschrift "Nation Europa" (NE) vom gleichnamigen Verlag, das vom Verlag "Diagnosen GdbR" im Stil eines Nachrichtenmagazins herausgegebene Monatsblatt "CODE" - früher "Diagnosen" - sowie die im "Grabert-Verlag" erscheinende Vierteljahresschrift "Deutschland in Geschichte und Gegenwart" (DGG). 2. Buchverlage und Vertriebsdienste Die Zahl der organisationsunabhängigen Buchverlage und Vertriebsdienste, die rechtsextremistische Literatur anbieten, sank 1987 auf 24 (1986: 27). Neben rechtsextremistischer Literatur offerieren einige Vertriebsdienste auch Filme, Videobänder, Schallplatten und Kassetten mit Aufzeichnungen von Veranstaltungen und Reden aus dem "Dritten Reich". Auch Computerdisketten mit antisemitischen und ausländerfeindlichen "Spielen" befinden sich seit Monaten auf dem rechtsextremistischen Vertriebsmarkt. 122 Rechtsextremistische Bestrebungen VIII. Verbindungen zum ausländischen Rechtsextremismus I. "Europäische Bewegung" Führungsprobleme in Die "Europäische Bewegung" (EB), ein Funktionärsgremium der neonazistischen von Neonazis aus westeuropäischen Ländern, geriet in den Sog EB der seit Mitte 1986 in Neonazikreisen zum Teil heftig geführten Auseinandersetzungen über die Homosexuellenfrage (vgl. Kap. II, Ziff. 3.1). Nachdem der französische Neonazi Michel CAIGNET (33), der sich zur Homosexualität bekannt hatte, bereits 1986 seiner Ämter enthoben worden war, wandte sich die EB auch von KÜHNEN ab und erkannte MOSLER als deutschen Repräsentanten in der EB an. Der von MOSLER geführte Flügel der "Bewegung" richtete im März in Oberbayern das "4. Führerthing" aus, an dem führende NS-Aktivisten aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Dänemark teilnahmen. Die Teilnehmer wählten den dänischen Neonazi Povl RIIS-KNUDSEN (38), Leiter der "Danmarks Nationalsocialistiske Bevaegelse" (DNSB) mit mehreren hundert Mitgliedern, zum Generalsekretär der EB. Dieser führte Ende September ein weiteres "Führerthing" in Dänemark durch. RIIS-KNUDSEN unterhält auch enge Verbindungen zu dem deutschen Neonazi CHRISTOPHERSEN (vgl. Kap. II, Ziff. 3.9). 2. Belgien Anfang April fanden sich etwa 250 Neonazis aus Belgien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und der Bundesrepublik Deutschland in der Nähe von Antwerpen zu einem "Europäischen Kongreß" zusammen, zu dem Angehörige des ehemaligen "Euroring", eine von "Vlaamse Militanten Orde" (VMO) eingeladen hatten. Unter der Belgien ausgehende Bezeichnung "Euroring" soll eine Aktionsgemeinschaft aus Sammlungsinitiative gleichgesinnten europäischen Gruppen entstehen, die "für ein für Neonazis freies und weißes Europa kämpft". Die "Ijzerbedevaart", eine alljährlich in Diksmuide/Belgien im Sommer veranstaltete flämische Gedenkfeier für die Toten der Weltkriege, wurde auch 1987 von westeuropäischen Rechtsextremisten zum Anlaß genommen, sich im Umfeld dieser Großveranstaltung zu treffen. Wiederum RechtsUnter den etwa 100 deutschen Teilnehmern überwogen die Anextremistentreffen hänger der NPD/JN, die seit Jahren enge Beziehungen zur flämianläßlich der "Ijzerschen rechtsextremistischen Organisation "Voorpost" unterhalbedevaart" ten. Am Vortag der Ijzerbedevaart kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit belgischen Sicherheitskräften; zahlreiche Rechtsextremisten, darunter etwa 15 deutsche, wurden vorläufig festgenommen. Rechtsextremistische Bestrebungen 123 3. Österreich Die Beziehungen zwischen deutschen und österreichischen Rechtsextremisten sind traditionell eng. Im August nahmen wieder zahlreiche österreichische Sympathisanten an der jährlich stattfindenden Großveranstaltung der "Deutschen Volksunion" (DVU) in Passau teil. Österreichische Neonazis belieferten wiederum deutsche GesinNeonazistisches Pronungsgenossen mit neonazistischen Propagandaschriften. Eine pagandamaterial aus solche Schrift ist z.B. der monatlich erscheinende "SIEG-AJÖsterreich Presse-Dienst" des Österreichers Walter OCHENSBERGER (46). 4. Schweiz Die in Lausanne ansässige internationale neonazistische "Europäische Neu-Ordnung" (ENO) führte im April in Barcelona ihre "18. Versammlung" durch. Die ENO beklagte angebliche Fälle ENO entwickelt von "Unterdrückung" oder "Terror gegen die Nationalen Oppoeuropaweite sitionen" und nannte als Beispiele die deutschen Neonazis Initiativen CHRISTOPHERSEN und KÜHNEN. 124 Rechtsextremistische Bestrebungen 5. Spanien Der "Circulo Espanol de Amigos de Europa" (CEDADE) mit dem Sitz in Barcelona unterhielt wie in den Vorjahren Kontakte Propagandazentrale zu deutschen Rechtsextremisten, insbesondere auch zu Neonazis. CEDADE Mit seiner gleichnamigen Monatsschrift betrieb er nationalsozialistische Propaganda. 6. Nordamerika NazipropagandaÜber neonazistische Propagandazentren in Nordamerika beziematerial aus den hen deutsche Neonazis in großen Mengen Agitationsmaterial. USA Wichtigster Lieferant blieb der "Propagandaleiter" der "Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei - Auslandsund Aufbauorganisation" (NSDAP-AO) (vgl. Kap. II, Ziff. 3.6), Gary Rex LAUCK, in Lincoln/Nebraska, der u.a. ausländerfeindliche und antisemitische Klebezettel, Flugblätter, Plakate sowie Fahnen, NS-Abzeichen, Armbinden, Kassetten und Bücher anbietet. Seine Schrift "NS-Kampfruf" erschien wieder zweimonatlich. LAUCK gab zudem die beiden Teile des von KÜHNEN verfaßten Buches "Die Zweite Revolution" heraus (vgl. Kap. II, Ziff. 3. 1). Der amerikanische Neonazi Matt KOEHL (42) aus Milwaukee/ Wisconsin, Leiter der "New Order" und "World Union of National Socialists" (WUNS), vertreibt über seinen Verlag "NS-Publications" Bücher und Videokassetten u.a. bekannter deutscher Rechtsextremisten, wie Wilhelm STÄGLICH und CHRISTOPHERSEN. Deutscher Neonazi Auch der in Toronto/Kanada lebende deutsche Neonazi und Inagitiert aus Kanada haber des Verlages "Samisdat Publishers Ltd.", Ernst ZÜNDEL (48), versorgt seine Gesinnungsgenossen in Europa weiterhin mit neonazistischem Propagandamaterial, in dem er gegen die von ihm so bezeichneten "Lügen der Geschichtsverfälschungen des Zionismus" agitiert. 7. Frankreich Die Interessen deutscher Rechtsextremisten konzentrierten sich 1987 auf die Verbindungsaufnahme zur "Front National" (FN) von Jean-Marie LE PEN (59) (vgl. Kap. IV, Ziff. 3.2). Rechtsextremistische Bestrebungen 125 IX. Deutscher rechtsextremistischer Terrorismus* 1. Anschläge 1987 wurden acht Brandanschläge begangen, bei denen eine Acht Brandanschläge rechtsterroristische Motivation angenommen werden kann. Dafür aus vermutlich rechtsextremistischen sprechen die Begleitumstände (Selbstbezichtigungen, HinterlasBeweggründen sen von rechtsextremistischem Propagandamaterial), vor allem aber die Auswahl der Zielobjekte. Eine Gruppe "Freies Deutschland" bezichtigte sich des Brandanschlags am 6. Januar auf die Asylantenunterkunft in Gronau. "Werwölfe" nahmen einen Anschlag auf mehrere US-Fahrzeuge in einem amerikanischen Kasernenbzw. Wohnbereich am 18. August in Frankfurt als Vergeltung "für die an Rudolf HESS praktizierte Besatzerwillkür" auf sich. In der Nacht zum 29. Mai brannte infolge eines Anschlages das DKP-Büro in Gelsenkirchen aus; die Tatumstände sprechen für die Urheberschaft von Rechtsextremisten. Am 18. August legten ebenfalls unbekannte Täter in Düsseldorf einen Brand am Jugendheim der "Falken" und schmierten Parolen wie "Rache für Rudolf HESS". Ein weiterer Brandanschlag am 19. August in Frankfurt richtete sich gegen den PKW einer französischen Firma. Die Ermittlungsbehörden nehmen bei dieser Tat wegen der gleichen Selbstbezichtigung einen Tatzusammenhang mit dem obengenannten Anschlag auf US-Fahrzeuge an. Mehrere Skinheads warfen am 14. März zwei Molotow-Cocktails gegen ein Asylantenwohnheim in Hanau und sprühten ausländerfeindliche Parolen an die Hauswand. Eine Person aus diesem Täterkreis setzte mit anderen Skinheads zwei Tage später vor dem Büro der Kreistagsfraktion der GRÜNEN einen PKW in Brand. Darüber hinaus wurden 1987 noch weitere ungeklärte Brandanschläge bekannt, bei denen wegen der Tatausführung oder der Anschlagsziele rassistisch motivierte Ausländerfeindlichkeit zumindest mit ursächlich gewesen sein kann. Am 20. August wurden zwei Neonazis festgenommen, nachdem sie die Materialien für eine Sprengund Brandvorrichtung in einem Schließfach des Frankfurter Hauptbahnhofs deponiert hatten. Gewaltbereitschaft bei Rechtsextremisten, insbesondere NeonaGroße Waffen-, zis, signalisieren auch Funde an Waffen, Munition und SprengMunitionsund mitteln, die bei diesem Personenkreis bei polizeilichen DurchsuSprengmittelfunde chungen gemacht wurden. * Terrorismus ist der nachhaltig geführte Kampf für politische Ziele, die mit Hilfe von Anschlägen auf Leib, Leben und Eigentum anderer Menschen durchgesetzt werden sollen, insbesondere durch schwere Straftaten, wie sie in SS 129a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff), oder durch andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen. 126 Rechtsextremistische Bestrebungen 2. Ermittlungsverfahren gegen terrorverdächtige Neonazis GeneralbundesAm 6. Oktober stellte die Polizei im Rahmen von Hausdurchsuanwalt ermittelt gechungen bei den Neonazis Peter NAUMANN (35), Bernhard gen Neonazigruppe ARCHNER (27) und zwei weiteren Gesinnungsgenossen Sprengstoff und Chemikalien, aufgezeichnete Informationen über Sendeund Strommasten (u. a. in Südtirol) sowie über Gedenkstätten und DDR-Grenzanlagen, für Zeitzünder geeignete Quarzwecker, Funkgeräte und Bilddokumente über das ehemalige Militärgefängnis in Berlin-Spandau sicher. Tags darauf ergingen gegen NAUMANN und ARCHNER Haftbefehle. Der Generalbundesanwalt ermittelte gegen sie u.a. wegen des Verdachts, im November 1979 einen Sprengstoffanschlag auf die DDR-Grenzanlagen bei Fulda verübt zu haben*. NAUMANN werden darüber hinaus weitere Sprengstoffverbrechen zur Last gelegt. So soll er für zwei Anschläge im Januar 1979 auf Sendeanlagen bei Koblenz und bei Nottuln/Kreis Coesfeld (Sachschaden etwa 600.000 DM) verantwortlich sein. Hierdurch sollte die Ausstrahlung der Fernsehsendung "Endlösung", die der Fernsehserie "Holocaust" vorausging, gestört werden. Des weiteren wird NAUMANN vorgeworfen, 1982 die Gründung einer terroristischen Vereinigung versucht und geplant zu haben, einen Sprengstoffanschlag auf das alliierte Militärgefängnis in Berlin-Spandau zu verüben und dabei britische Wachsoldaten zu töten. Mit dieser Aktion sollte auf das Schicksal des damals in Berlin-Spandau einsitzenden HESS aufmerksam gemacht werden. NAUMANN war jahrelang Mitglied und Funktionär der NPD und der JN. 1985 hatte er u. a. mit Unterstützung von ARCHNER die ANV/VB (vgl. Kap. II, Ziff 3.5) gegründet. 3. Verurteilungen lOVi Jahre Freiheits3.1 Das Oberlandesgericht Frankfurt verurteilte am 27. Oktober strafe für Rechtsden Rechtsterroristen Odfried HEPP (29) wegen versuchten Morterrorist HEPP des, Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag und vier Banküberfällen zu zehneinhalb Jahren Haft. Das Urteil ist rechtskräftig. HEPP gehörte der Terrorgruppe um den Frankfurter Neonazi Walther KEXEL an, die 1982 u.a. drei Sprengstoff anschlage auf US-Soldaten und fünf Raubüberfälle auf Banken mit einer Gesamtbeute von 650.000 DM begangen hatte. KEXEL und vier weitere Gruppenmitglieder waren im Februar 1983 festgenommen und im März 1985 zu Freiheitsstrafen von fünf bis 14 Jahren verurteilt worden. KEXEL hatte in der Nacht nach dem Urteil Selbstmord begangen. * Das Verfahren ist inzwischen eingestellt worden. Rechtsextremistische Bestrebungen 127 HEPP, der sich damals seiner Verhaftung durch die Flucht entziehen konnte, schloß sich der palästinensischen Terrororganisation "Palestine Liberation Front" (PLF) an und operierte in deren Auftrag hauptsächlich in Südeuropa und Frankreich. 1985 wurde er im Rahmen von Exekutivmaßnahmen gegen illegale Waffengeschäfte der PLF in Paris festgenommen und dort wegen Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Vereinigung und der Verwendung gefälschter Ausweispapiere zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Am 29. Januar 1987 wurde er an die Bundesrepublik Deutschland ausgeliefert. 3.2 Das Landgericht Gießen verurteilte den NS-Aktivisten Mar9Vi Jahre Freiheitskus MÖSSLE (24) am 13. März wegen mehrerer Banküberfälle zu strafe für Neonazi MÖSSLE einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten; das Urteil ist rechtskräftig. Bereits am 30. April 1985 war MÖSSLE wegen eines bewaffneten Banküberfalls zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die Beute betrug insgesamt ca. 83.000 DM. Der frühere Jura-Student MÖSSLE gehörte etwa vier Jahre lang der NPD an. 1984 kandidierte er bei der Landtagswahl in BadenWürttemberg für die FAP; im gleichen Jahr schloß er sich der Gruppe um den Neonazi TAG an (vgl. Kap. II, Ziff. 3.7). 4. Gewalt zwischen Linksund Rechtsextremisten 1987 kam es zunehmend zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Linksund Rechtsextremisten. In den meisten dieser Fälle gingen die Gewalthandlungen von Linksextremisten aus. So wurde z. B. das Bielefelder Zentrum der neonazistischen NF Bielefelder (vgl. Kap. II, Ziff. 3.4) wiederholt zum Schauplatz von zum Teil "Zentrum" der NF Beispiel für gewalttätigen Demonstrationen und Auseinandersetzungen zwiGewalteskalation schen z.T. vermummten Linksund Rechtsextremisten, die den Einsatz starker Polizeikräfte erforderten. Dabei wurden auf beiden Seiten Waffen und waffenähnliche Gegenstände sichergestellt. Die Angriffe von Linksauf Rechtsextremisten bergen - wie die Erfahrung zeigt - die Gefahr von eskalierenden Reaktionen in sich. Dies hat inzwischen auch zu Gewaltaktionen von Rechtsextremisten gegen "linke Objekte" geführt, wie z. B. den folgenden: - Nach einem Angriff politischer Gegner mit Flaschenwürfen und Leuchtkugelbeschuß gegen eine Marschkolonne der FAP am 17. Januar in Bremen gingen die Neonazis zum Angriff über. Einige Personen wurden verletzt. Anschließend wurde am Landesbüro der WN-BdA die Fensterfront zerstört. - FAP-Anhänger überfielen am 21. September ein DKP-Büro in Essen. Sie zerstörten einen Teil der Einrichtung und mißhandelten einen Besucher. 128 Rechtsextremistische Bestrebungen X. Gesetzesverletzungen mit rechtsextremistischem Hintergrund 1. Überblick 1987 wurden 1.447 Gesetzesverletzungen* mit rechtsextremistischem Bezug (1986: 1.281), davon 76 Gewaltakte (1986: 71) erfaßt. 1986 1987 Sprengstoffanschläge 1 0 Brandanschläge 4 8 Körperverletzungen 41 38 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung 25 30 Gewaltandrohungen 134 115 Propagandadelikte, die den Tatbestand der SSSS8614, 86a StGB erfüllen (u. a. Schmier-, Klebe-, Plakatund Flugblattaktionen) 695 1.055 Sonstige Gesetzesverletzungen 381 201 Insgesamt 1.281 1.447 2. Gewaltaktionen und Gewaltandrohungen Über Brandanschläge wird in Kapitel IX berichtet. Die 1987 festgestellten 38 Körperverletzungen mit rechtsextremistischem Bezug richteten sich in 10 Fällen gegen Asylbewerber oder sonstige Ausländer. Die 30 Sachbeschädigungen mit erheblicher Gewaltanwendung richteten sich gegen jüdische Einrichtungen und Gedenkstätten (8 Fälle), gegen Objekte des politischen Gegners (10 Fälle) sowie gegen öffentliche Anlagen und Bauten. * Gesetzesverletzungen in diesem Sinne sind Straftaten, einschließlich strafbarer Versuchshandlungen und Ordnungswidrigkeiten, z.B. Terrorakte, Gewaltandrohungen, der unberechtigte Besitz von Waffen, Munition und Sprengstoff, das Verbreiten von Propagandamitteln und das Verwenden von Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen gem. den SSSS 86, Abs. 1 Nr. 4, 86a StGB. Dabei wurde - wie in den Vorjahren - jede Gesetzesverletzung nur einmal gezählt, auch wenn sie aus mehreren Einzeltaten bestand, mehrere Straftatbestände erfüllte, mehrere Handlungen umfaßte oder von mehreren Tätern gemeinschaftlich begangen wurde. Ein Vergleich der Gesamtzahl mit der Zahl der Gesetzesverletzungen mit linksextremistischem Bezug ist nur teilweise möglich, weil den SSSS 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a StGB, die sich gegen nationalsozialistische Propaganda wenden, keine ebenso weitgehenden Strafvorschriften im Bereich des Linksextremismus entsprechen. Rechtsextremistische Bestrebungen 129 Von den 115 im Berichtsjahr bekanntgewordenen Gewaltandrohungen richteten sich 34 (ca. 30%; 1986: 42,5%) gegen ausländische Personen und Objekte. In 31 Fällen (27%) richteten sich die Drohungen, zumeist begleitet von Beleidigungen und Verunglimpfungen, gegen jüdische Personen und Objekte. XI. Staatliche Maßnahmen gegen Rechtsextremisten 1. Verurteilungen Eine Gliederung der Verurteilungen nach dem Strafmaß ergibt folgendes Bild (in Klammern die Zahlen des Vorjahres): 12 (20) Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr, davon 6(14) ohne Bewährung; 19 (36) Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, davon 8 (8) ohne Bewährung; 31 (35) Geldstrafen; 29 (22) sonstige Schuldsprüche, wie Verwarnungen mit Strafvorbehalt, Geldbußen, Arbeitsauflagen, Arreste Von den insgesamt 91 (113) im Jahre 1987 ergangenen Verurteilungen wurden 51 (77) in diesem Jahr rechtskräftig. 2. Anklagen 1987 wurde gegen 143 (182) Personen Anklage erhoben. 130 Rechtsextremistische Bestrebungen XII. Dokumentation 1. "Die zweite Revolution" Band Opfer einer Ausrottungspolitik 2,S. 11 ff. gewesen sind, insbesondere 2. "Nachrichten der HNG", unter Zuhilfenahme angebli90/87,S.19 cher Gaskammern." ("Die 3. "Nachrichten der HNG", Bauernschaft", 1/87, S. 16 f.) 90/87, S. 7 7. VHG Baden-Württemberg, Ur4. "Wie lange noch sieht die Welt teil vom 27. Januar 1987, Az. 4 ruhig zu, wie die zionistischen S681/84 Verbrecher Israels die Völker8. "Deutsche National-Zeitung" rechte mißachten". ("Volks-DNZ-41/87,8.10 kampf", 2/87, S. 12). Im Na9. DNZ 10/87 S. 1 hen Osten könne es nur Frie10. "Deutscher Anzeiger" - DA - den geben, "wenn der Un23/87 S.l rechtsstaat Israel endgültig be11. DA 29/87 S.l seitigt ist". ("Volkskampf", 12. Presseerklärung Dr. FREYs 2/87, S. 12) vom 6.3.87, S. 2 5. Nach der Beschädigung einer 13. 1987 erschien das Protokoll Gedenktafel auf dem russides Kongresses aus dem Jahre schen Friedhof in Hemer rich1986. Es enthält Passagen wie tete die "NSDAP-Auslandsordie folgende: "Die Auschwitzganisation, Lincoln, USA, Belüge gebar, und, weil Unrecht reich Deutschland, Gau NRW fortzeugend Unrecht gebiert, - MK" Drohungen an eine Tadie Auschwitzlüge gebar Lüggeszeitung: "Weitere Aktionen ner wie Waldheim und gebiert in Hemer folgen... jetzt aber fortwährend Bußprediger und mit härteren Mitteln... und Büßer und Anpaßler und verausschließlich gegen Linksradammt ein ganzes Volk seit dikale". über vierzig Jahren zum Da6. "Es wird immer schwieriger, sein im Nessoshemd." (Konden wahnwitzigen Glauben greß-Protokoll 1986, S. 22) aufrechtzuerhalten, daß die Ju14. "Huttenbriefe",4/87,S.3 den ausgerottet wurden oder Rechtsextremistische Bestrebungen 131 XIII. Übersicht über erwähnenswerte rechtsextremistische Organisationen und Verlage sowie deren wesentliche Presseerzeugnisse Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen) 1987 (1986) 1. Neonazistische Organisationen Arbeitsgemeinschaft Natio25 naler Verbände/Völkischer Bund(ANV/VB) (Wiesbaden) Bürgerund Bauerninitiative 100 (100) Die Bauernschaft e.V.(BBI) - vierteljährlich - (Hannover) (rd. 4000) Deutsche Bürgerinitiative 120 (120) Der Fackelträger - unregelmäe.V. (DBI) ßig - ; Deutsche Bürgerinitiative * (Schwarzenborn/Knüll) weltweit - zweimonatlich - ; Deutscher Jahrweiser - vierteljährlich - (zusammen einige Tausend) Die Bewegung 500 Die Neue Front auch: Gesinnungsgemein(KÜHNEN-Gruppe) schaft der Neuen - monatlich - Front oder Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf HITLERS (KAH) mit Nebenbzw. Vorfeldorganisationen der Kühnengruppe: - Antizionistische Die Neue Front Aktion (MOSLER-Gruppe) - Antikommunisti- - unregelmäßig - sches Aktionsbündnis - Volksbewegung gegen Überfremdung - Aktion Lebensschutz Freiheitliche Deutsche 500 (400) Deutscher Beobachter Arbeiterpartei (FAP) - monatlich - (Herausgeber M. SWIERCZEK, München) 132 Rechtsextremistische Bestrebungen Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen) 1987 (1986) Deutscher Standpunkt - monatlich - (Herausgeber M. PAPE, Stuttgart) Die Fackel - monatlich - FAP-Nachrichten - unregelmäßig - (hrsg. vom Landesverband NW) Hilfsorganisation 220 (250) Nachrichten der HNG für nationale politische Ge- - monatlich - fangene und deren Angehörige e.V. (HNG) (Frankfurt) Nationalistische Front (NF) 80 (50) Hetzer (Bielefeld) - unregelmäßig - Neonazikreis um Curt MÜLLER (Mainz) Neonazizentrum Ernst TAG Grüne Aktion Deutschland Bezeichnung auch: (GAD) Aktion Sauberes (Schulungsbriefe) Deutschland (Ludwigshafen/Rhein und Weidenthal/Pfalz) NSDAP-Auslandsund AufNS-Kampfruf bauorganisation (NSDAP- - vierteljährlich - AO) (einige Tausend) 2. "Nationaldemokratische" Organisationen Nationaldemokratische Par6.200 (6.100) Deutsche Stimme tei Deutschlands (NPD) - monatlich - (über 150.000) Junge Nationaldemokraten 750 (600) Junge Stimme (JN) - unregelmäßig - (über 1.000) 3. "National-Freiheitliche" Organisationen Deutsche Volksunion - über Liste D(DVU-ListeD) 2.500* (München) Deutsche Volksunion e. V über über Deutscher Anzeiger (DA) (DVU) 12.500** 12.000*** -wöchentlich(München) * Lt. Angaben von Dr. FREY: 6.000 ** Lt. Angaben von Dr. FREY: mehr als 16.000 "** Lt. Angaben von Dr. FREY: 16.000 Rechtsextremistische Bestrebungen 133 Organisation Mitglieder Publikationen (einschl. Sitz) (z. T. geschätzt) (einschl. Erscheinungsweise und Auflagen) 1987 (1986) einschließlich: - Aktion Deutsche Einheit (AKON) - Aktion Deutsches Radio und Fernsehen - Deutscher Schutzbund für Volk und Kultur - Initiative für Ausländerbegrenzung (I. f. A.) - Volksbewegung für Generalamnestie (VOGA) Druckschriftenund ZeiDeutsche National-Zeitung tungsverlag GmbH (DNZ) - wöchentlich - (DSZ-Verlag) Deutsche Wochen-Zeitung (München) (DWZ) - wöchentlich - (DA, DNZ und DWZ zusammen rd. 110.000) 4. Sonstige Organisationen Die Deutsche Freiheitsbewe130 Der Bismarck-Deutsche gung e. V. (DDF) - Der Bis(mehrere Tausend) marckdeutsche (Bad Booklet) Freundeskreis Ulrich von einige (einige Huttenbriefe für Volkstum, KulHutten e.V. Hundert Hundert) tur, Wahrheit und Recht (Starnberg) - zweimonatlich - Gesellschaft für biologische Neue Anthropologie Anthropologie, Eugenik und - vierteljährlich - Verhaltensforschung (über 1.000) (GfbAEV) (Ellerau) Gesellschaft für Freie einige (einige Das freie Forum Publizistik (GFP) Hundert Hundert) - vierteljährlich - Wiking-Jugend (WJ) 400 (400) Wikinger - vierteljährlich - (Stolberg) (mehrere Hundert) 5. Verlage Grabert-Verlag Deutschland in Geschichte und (Tübingen) Gegenwart (DGG) - vierteljährlich - (3.000) Nation Europa-Verlag Nation Europa (Coburg) -monatlich-(10.000) Türmer-Verlag Deutsche Monatshefte (DM) (Berg am Starnberger See) - monatlich - (5.000) Verlag Diagnosen GdbR CODE - monatlich - (Leonberg) (einige Tausend) * ' *. &fcm t!' , * *"" * ' H.' "i ^ 1 -f^- ' * '' t ESü-^ 5 iB: ji r S ^ i % : . : * * " " ; #.f k'"f. - * ft ** " ^ * r fc -. > * ' [' tv **">. f-i ***' ÜE2 i (. M 3 . 3 1'm * * , * t-v * * * .?" "*: v j ' . ' ... , -" - * - 1 f * * ':*'.' * , * - r ' * * ' (tm) I , . * % * * * * * / . * : ,:.'.._ V : l"y &** J 0 T P ? * * *""** * i * * * . < * . * * - ~ ... *% . i 1 1 w . .*' -t: * , * * * * . " * ' ' . * ' ' . ' . - ^ ; THB^^*^"* 3 * * " ^ * '** * * * " * " * -- . ^ - -, .-"1--"TT;^ "' ^J !SSfi?SK^telSI*' " 1 . . *"* \ Sicherheitsgefahrden I V miii"Ai&iimimiT* * < * 0aym *" W. .mm'" .-.**c-rf- _ 136 Sicherheitsgefährdende und extremistische I. Übersicht in Zahlen 1. Überblick Anteil extremistiDer Anteil der im Bundesgebiet lebenden Ausländer über 16 scher Ausländer an Jahre, der extremistischen Vereinigungen* angehört, an der entausländischer Wohnbevölkerung sinkt sprechenden Gesamtzahl von Ausländern nahm mit schätzungsleicht weise 3,1% gegenüber dem Vorjahr (3,4%) leicht ab. Die ausländische Wohnbevölkerung nahm dabei geringfügig zu. Tabelle 1: Vergleichszahlen der ausländischen Wohnbevölkerung, Ausländer über 16 Jahre und Mitglieder extremistischer bzw. extremistisch beeinflußter Organisationen (Vergleichszahlen 1986 in Klammern). StaatsWohnAusländer Mitglieder extremistischer angehörigkeit bevölkerung über bzw. extremistisch beeinbzw. Volks16 Jahre flußter Organisationen zugehörigkeit über 16 Jahre Kurden*** _ _ 2.400 -- _** (-) (-) (2.690) = (-) Araber 142.600 97.400 3.300 m 3.4% (138.700) (95.800) (3.295) = (3,4%) Iraner 75.000 61.700 2.850 = 4.6% (67.700) (56.000) (2.930) = (5,2%) Türken 1.450.400 980.100 39.950 = 4,1% (1.425.000) (953.000) (44.260) = (4,6%) Jugoslawen 591.400 465.600 950 = 0,2% (591.000) (462.000) (970) = (0,2%) Tamilen*** - - 200 = - (-) (-) (200) = (-) Sonstige**** 2.275.900 1.916.600 58.950 = 3,1% (2.264.600) (1.903.200) (62.595) - (3,3%) Ingesamt 4.535.300 3.521.400 108.600 3,1% (4.480.000) (3.463.500) (116.940) (3,4%) Darunter werden hier solche Organisationen der im Bundesgebiet lebenden Ausländer verstanden, deren Bestrebungen sich im Sinne von SS 3 Abs. 1 VerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder - aus politischen Motiven - gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder die durch Anwendung von Gewalt oder hierauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Anteil an der ausländischen Wohnbevölkerung über 16 Jahre. Zu den Kurden, die in verschiedenen Staaten beheimatet sind, und den Tamilen liegen keine Zahlen zur ausländischen Wohnbevölkerung und zu Ausländern über 16 Jahre vor. Sonstige: Armenier, Äthiopier, Afghanen, Bulgaren, Chilenen, Griechen, Inder, Italiener, Pakistani, Portugiesen, Spanier, Vietnamesen und Organisationen mit national gemischter Mitgliedschaft. Bestrebungen von Ausländern 137 2. Organisationen Auch die Zahl der Organisationen ausländischer Extremisten und Anzahl der Organisader von ihnen beeinflußten und im Bundesgebiet aktiven Vereinitionen ausländischer Extremisten nimmt gungen nahm ab. Den Behörden für Verfassungsschutz waren ab Ende 1987 insgesamt 105 Organisationen (1986: 118) bekannt, die nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger als extremistisch einzuschätzen sind. Tabelle 2: Anzahl der im Bundesgebiet aktiven extremistischen und extremistisch beeinflußten Ausländervereinigungen nach ihrem politisch-ideologischen Standort (Vergleichszahlen 1986 in Klammern) StaatsanOrthodox"Neue* Rechts-1" Extrem-*** Islamisch**** Insgesamt gehörigkommuniLinke" u. extreminationaextremikeit bzw. stische sozialstische listische stische VolkszugeGruppen revoluGruppen Gruppen Gruppen hörigkeit tionäre Gruppen Kurden 8 (9) 3 (3) -(-) - (-) - (-) 11 (12) Araber 2 (4) 14 (13) -(-) - (-) 4 (3) 20 (20) Iraner 3 (3) 6 (9) K-) - (O 1 O) 11 (14) Türken 6 (6) 5 (5) -(-) 1 (1) 4 (3) 16 (15) Jugoslawen - (-) 2 (2) -(-) 5 (6) - (") 7 (8) Tamilen - (-) 1 (1) -(-) - (-) - (") 1 (1) Sonstige 18(19) 13 (22) 2(1) 3 (4) 3 (3) 39 (49) Insgesamt 37(41) 44(54) 3(1) 9(12) 12(10) 105(118) 3. Mitglieder Die Gesamtmitgliederstärke der Gruppen ausländischer ExtremiMitgliederzahlen der sten nahm 1987 um etwa 8.300 Personen ab. Von den 108.600 Organisationen ausländischer Extre(1986: 116.940) Mitgliedern und Anhängern ausländischer Extremisten rückläufig mistengruppen gehörten 54.200 (1986: 58.840) orthodox-kommunistischen Gruppen und 19.100 (1986: 22.750) Vereinigungen der "Neuen Linken", d.h. insgesamt 73.300 linksextremistischen Gruppen an. Die Mitgliederverluste vollzogen sich insbesondere im Bereich der türkischen Linksextremisten, deren Stärke gegenüber dem Vorjahr um etwa 4.300 Personen abnahm. Die Anhän- * Zur "Neuen Linken" werden hier solche linksextremistischen Gruppen gezählt, die den orthodoxen, moskauorientierten Kommunismus ablehnen, einschließlich der Gruppen mit Sozialrevolutionär-nationalistischer Einstellung. ** Unter rechtsextremistischen Gruppen werden hier die ausländischen Vereinigungen verstanden, die demokratische freiheitliche Grundwerte aus nationalistischen Gründen ablehnen und bekämpfen. *** Extrem-nationalistische Gruppen sind Vereinigungen, die nationalistische Ziele in aktiv-kämpferischer, aggressiver Haltung verfolgen. **** Islamisch-extremistische Gruppen sind Vereinigungen, die auf revolutionärem Weg ein islamisch-fundamentalistisches theokratisches Staatswesen erzwingen wollen. 138 Sicherheitsgefährdende und extremistische gerschaft extrem-nationalistischer Vereinigungen nahm ebenfalls ab; sie umfaßt jetzt 11.600 Mitglieder (1986: 13.050). Dagegen steigerten die rechtsextremistischen Gruppen die Zahl ihrer Mitglieder von 2.000 auf 3.400. Die islamisch-extremistischen Gruppen zählten wie im Vorjahr 20.300 Mitglieder. 4. Publizistik Zahl der PublikatioDie Zahl der im Bundesgebiet verbreiteten periodischen Schriften nen ausländischer von Organisationen ausländischer Extremisten sank 1987 geringExtremistenorganisationen nimmt fügig von 218 auf 213; hiervon werden 190 im Ausland gedruckt. geringfügig ab 76,5% der Schriften verbreiteten linksextremistisches Gedankengut, davon mehr als die Hälfte die Agitation der "Neuen Linken". Die restlichen 23,5% waren rechtsextremistisch bzw. extrem-nationalistisch oder islamisch-extremistisch ausgerichtet. 5. Gewaltaktionen Tabelle 3 Übersicht zu politisch motivierten Gewaltaktionen von Ausländern im Bundesgebiet 1987 (Vergleichszahlen 1986 in Klammern)* Terrorakte** und ausgeführte bzw. angedrohte Insgesamt andere schwere versuchte oder GewaltGewaltakte vorbereitete aktionen Gewaltaktionen Tötungsdelikte 8 (3) 6 (4) 14 (7) Sprengstoffanschläge 2 (3) 9(17) 11(20) Brandanschläge 16 (4) - (") 16 (4) Menschenraub u. ä. - (-) 1 (2) 1 (2) Zwischensumme 26(10) 16(23) 42(33) Sonstige Gewaltakte Körperverletzungen 24(23) - (-) 24(23) Sachbeschädigungen 7 (7) - (-) 7 (7) Verstöße gegen das VersammlG, Hausfrie66(30) - (-) 66(30) densbruch u.a. Insgesamt 123(70) 16(23) 139(93) * In der Übersicht ist jede gewaltsame Aktion und sonstige Gesetzesverletzung nur einmal gezählt. Sind z. B. während einer Demonstration mehrere Körperverletzungen eingetreten, erscheinen sie nur als eine Gewalttat in der Rubrik Körperverletzungen. Sind im Verlauf einer Aktion mehrere der in den Rubriken genannten Gesetzesverletzungen (z.B. Körperverletzung und gleichzeitig Sachbeschädigung) eingetreten, so wurde die Aktion nur in der Rubrik des schwerwiegenderen Verstoßes aufgenommen. ** s. S. 139. Bestrebungen von Ausländern 139 Die Gewaltaktionen ausländischer Extremisten im Bundesgebiet Gewaltaktionen sind mit insgesamt 123 im Vergleich zum Vorjahr (70) erheblich ausländischer Extreangestiegen. Dabei wurden fünf Personen getötet (1986: 4) und misten nehmen erheblich zu über 70 verletzt (1986: 250). Etwa die Hälfte der versuchten und vollendeten Tötungsdelikte hatte ihre Ursache im gewaltsam ausgetragenen Konkurrenzkampf von Organisationen extremistischer Kurden; dabei wurden zwei Personen getötet. Wahrscheinlich iranische Extremisten ermordeten zwei iranische Oppositionelle. Gewaltsame Auseinandersetzungen unter Anhängern der türkischen "Neuen Linken" forderten ein Todesopfer. Die erhebliche Zunahme der Brandanschläge vollzog sich weitgehend im Bereich des kurdischen und türkischen Extremismus. Die große Anzahl von Hausfriedensbruchsdelikten geht insbesondere auf Aktivitäten wiederum der kurdischen Extremisten zurück. Besonders zu erwähnen ist der schwere Bombenanschlag irischer Terroristen auf ein Kasino im Hauptquartier der britischen Rheinarmee in Mönchengladbach-Rheindahlen, der 31 Verletzte forderte. Die Festnahme von zwei proiranischen schiitischen Extremisten aus dem Libanon, die hochexplosiven Flüssigsprengstoff bei sich führten, belegte erneut die Gefährlichkeit des schiitischen Extremismus. Das zeigte sich zusätzlich, als zwei deutsche Staatsangehörige in Beirut von dort ansässigen Terroristen entführt wurden, um die Festgenommenen freizupressen. Vorwiegend extremistische Iraner, Kurden und Türken drohten in 16 Fällen Mord und Sprengstoffanschläge sowie Entführungen an. Terrorakte sind Anschläge, d. h. schwerwiegende Straftaten, wie sie insbesondere in SS 129 a Abs. 1 des Strafgesetzbuches genannt sind (vor allem: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Brandstiftung, Herbeiführung einer Explosion durch Sprengstoff) und andere Gewalttaten, die der Vorbereitung solcher Straftaten dienen, sofern diese Taten gezielt im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes für politische Ziele begangen werden. Nicht hierunter fallen Anschläge, die spontan, etwa aus gewalttätig verlaufenden Demonstrationsveranstaltungen heraus, durchgeführt werden. 140 Sicherheitsgefährdende und extremistische II. Mitgliederentwicklung* und Aktionsschwerpunkte einzelner Ausländergruppen 1. Kurden 1.1 Mitgliederentwicklung KernNebenBeeinflußte Insgesamt Organisationen Organisationen Organisationen 1987(1986) 1.250 1.150 2.400(2.690) 1.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte PKK ist nach wie vor Die orthodox-kommunistische "Arbeiterpartei Kurdistans" die aktivste und mili(PKK) blieb auch 1987 die mit Abstand aktivste und militanteste tanteste kurdische Extremistengruppe Vereinigung extremistischer Kurden. In der Türkei operiert die PKK offen terroristisch. Sie verfügt mit der "Nationalen Befreiungsfront Kurdistans" (ERNK) über eine eigene Propagandaorganisation. Als die Kampfeinheit der PKK, die "Volksbefreiungsarmee Kurdistans" (ARGK), im Januar 1987 in einem Dorf der südöstlichen Türkei 31 Menschen erschoß, kommentierte das die Europavertretung der ERNK wie folgt: "Ein aus 80 Mann bestehendes ARGK-Guerillakommando hat am Abend des 20. Juni in einigen Dörfern in der Provinz Ömerli bei Mardin einige militärische Aktionen verwirklicht und einige an das Volk gerichtete Versammlungen abgehalten. Unsere Bewegung hat von Beginn an das Mihzenbandentum als einen Teil der militärischen Existenz des türkischen Kolonialismus in Kurdistan betrachtet und dieses zum Ziel seiner Aktionen erklärt. Wir führen mit der Unterstützung unseres Volkes einen Krieg mit den Kampftaktiken der Guerilla".1 Propagandistische Unterstützung erhielt die PKK von den "Kurdistan-Komitees" in Köln und mehreren europäischen Ländern; Zentrale dieser Organisationen ist das "Comite du Kurdistan" in Paris. Massiv propagandistisch unterstützt wurde die PKK wie in den Vorjahren auch von der "Föderation der patriotischen Arbeiterund Kulturvereinigungen aus Kurdistan in der BRD e.V." (FEYKA-Kurdistan). Diese bezeichnete den Befreiungskampf unter Führung der PKK als legitim, weil die Freiheit des kurdischen Volkes nur durch den bewaffneten Kampf erreicht * Die Zahlenangaben beruhen auf Schätzungen, Veränderungen der Mitgliederzahlen gegenüber dem Vorjahr können auch auf neuere Erkenntnisse zurückzuführen sein, bedeuten daher nicht immer einen tatsächlichen Mitgliederzuwachs bzw. Mitgliederverlust. Bestrebungen von Ausländern 141 2 werden könne . Auch die Publikationen der PKK selbst enthielten regelmäßig Aufrufe zur Gewalt. Seit etwa Anfang 1987 nimmt die PKK das Alleinvertretungsrecht PKK nimmt Alleinfür alle Kurden in Anspruch. Der PKK-Generalsekretär Abdulvertretungsrecht für alle Kurden in lah ÖCALAN warnte in diesem Zusammenhang "Kollaborateure Anspruch (mit der türkischen Regierung)" vor einer ihnen drohenden Liquidation3. Seit März kam es - wohl infolge dieses AlleinvertretungsanSchwere Gewalttaten spruchs - in Kreisen kurdischer Extremisten im Bundesgebiet zu und tätliche Auseinandersetzungen in einer Reihe von Gewalttaten bzw. tätlichen AuseinandersetzunKreisen kurdischer gen zwischen konkurrierenden kurdischen Gruppen. Dabei Extremisten wurde am 7. März der PKK-Funktionär Ahmet AYDIN während einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Anhängern seiner Organisation und Angehörigen der die Gewalttätigkeiten der PKK ablehnenden orthodox-kommunistischen "Föderation der Arbeitervereine aus Kurdistan in der Bundesrepublik Deutschland und Westberlin e.V." (KOMKAR) in München erschossen. Am 13./14. März wurden Brandanschläge auf Vereinsbüros der KOMKAR in Köln, Duisburg und Nürnberg verübt; ein weiterer erfolgte am 25. März in Hamburg. Unbekannte Täter erschossen am 3. Mai in Hannover den KOMKAR-Funktionär Ramazan ADIGÜZEL; eine Passantin erlitt einen lebensgefährlichen Bauchschuß. KOMKAR-Sprecher erklärten dazu, der Getötete habe wiederholt Morddrohungen der PKK erhalten. Ziele von Protestaktionen der PKK und anderer kurdischer ExtrePKK-Anhänger und misten waren auch ausländische Einrichtungen im Bundesgebiet: andere kurdische Extremisten führen Mutmaßliche Anhänger der PKK drangen am 17. Februar in die zahlreiche "Besetschwedische Botschaft in Bonn ein und protestierten gegen die zungsaktionen" Inhaftierung von acht Kurden in Schweden. Anhänger der PKK durch und Kurden unbekannter Organisationszugehörigkeit besetzten im März aus Protest gegen die Zwangsumsiedlung kurdischer Dörfer in die Westtürkei sowie militärische Maßnahmen der türkischen Regierung gegen kurdische Widerstandsgruppen bundesAHMET AYDIN - 1.1.1950 Kurdistan Bagimsizlik ve özgurluk Mücadelesinde Fasist Türk Sömiirgeciliginin ve Emperyalizmin isbirlikcisi Hain-Usak Taktmi Tarafindan 7.3.1987de MUnih'de Katledildil Anisi Tum Halkimiza Yol Göstericidir! ERNK 142 Sicherheitsgefährdende und extremistische weit türkische Reisebüros und Einrichtungen von "Turkish Airlines". PKK-Anhänger demonstrierten am 22. Mai in den Schweizer Generalkonsulaten in Berlin und Stuttgart; Anlaß waren Wohnungsund Hausdurchsuchungen, die die Schweizer Polizei einige Tage zuvor bei Kurden vorgenommen hatte; dabei waren mehrere Kurden festgenommen worden. Bundesweite HausIm Zusammenhang mit dem Verschwinden eines PKK-Angehöridurchsuchungen bei gen durchsuchte die Polizei am 27. Juli in Köln fünf Wohnungen PKK-Angehörigen von PKK-Anhängern. Dabei wurden Bargeld in verschiedenen Währungen im Gesamtwert von etwa 700.000 DM sowie zahlreiche Werkzeuge und Unterlagen zur Herstellung falscher Personalpapiere sichergestellt. Diese polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen und solche am 4. August im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwaltes (GBA) wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung im Umfeld von PKK, ERNK und ARGK lösten eine Welle von Protestaktionen aus, die sich bis in den November hinzog. In zahlreichen Orten in ganz Europa besetzten PKK-Anhänger - teilweise verbunden mit gewaltsamen Handlungen - deutsche Einrichtungen. Betroffen waren in erster Linie Zeitungsverlage, Rundfunkanstalten, diplomatische Vertretungen und Büros der LUFTHANSA. Das sichergestellte Geld wurde am 11. November einer Beauftragten des "Comite du Kurdistan" (Paris) aus Rechtsgründen wieder ausgehändigt. PKK und die sie Der PKK und den sie unterstützenden Organisationen gelang es unterstützenden auch 1987, ihre Anhängerschaft für Großveranstaltungen zu moOrganisationen veranstalten mehrere bilisieren. In Hannover, Bocholt, Köln und Nürnberg erschienen Großkundgebungen bei solchen Kundgebungen jeweils zwischen 2.000 und 3.000 Personen. Die Veranstaltungen richteten sich vor allem gegen die türkische Regierung, insbesondere Luftangriffe der türkischen Streitkräfte auf kurdische Dörfer, aber auch gegen Maßnahmen der deutschen Polizei gegen Kurden. Auf einer Veranstaltung der FEYKA-Kurdistan in Bonn protestierten etwa 900 Personen gegen die polizeilichen Durchsuchungsmaßnahmen sowie die Sicherstellung der 700.000 DM. Auch die KOMKAR trat mehrmals mit Kundgebungen an die Öffentlichkeit, auf denen ihre Anhänger gegen die Zwangsumsiedlung kurdischer Dörfer in die Westtürkei demonstrierten. Die KOMKAR protestierte bei einer Demonstration in Hannover mit rd. 1.000 Teilnehmern auch gegen die PKK, die sie für die Ermordung des KOMKAR-Funktionärs Ramazan ADIGÜZEL verantwortlich macht. Unter massivem Polizeischutz führte die KOMKAR am 20./21. Juni in Düsseldorf ihren 9. Bundeskongreß durch. An der Veranstaltung nahmen etwa 400 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet teil, darunter auch Vertreter deutscher linksextremistischer Organisationen. Anläßlich des 7. Bundeskongresses der DKP-Nebenorganisation ;en von Ausländern 143 "Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend" (SDAJ) am 2./3. Mai KOMKAR in Frankfurt/M. erklärte sich der Bundesvorstand der KOMKAR mit deutschen orthodoxen mit der SDAJ solidarisch. Die KOMKAR unterstütze die Arbeit Kommunisten der SDAJ und hoffe künftig auf bessere Beziehungen. solidarisch 2. Araber 2.1 Mitgliederentwicklung KernNebenBeeinflußte Insgesamt organisationen organisationen Organisationen 1987(1986) 3.000 150 150 3.300(3.295) 2.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte Den Zweiggruppen der in der Bundesrepublik Deutschland verPalästinensische tretenen palästinensischen Widerstandsgruppen gelang es auch Organisationen 1987 nicht, ihre Anhänger zu verstärkter Beteiligung an politiim Bundesgebiet entwickeln nur schen Aktivitäten zu veranlassen. Die bedeutendste palästinensigeringe Aktivitäten sche Organisation, die von Yassir ARAFAT geführte FATAH, zeigte sich nicht in der Lage, die Wiederannäherung der wichtigsten Palästinenserorganisationen in der "Palästinensischen Befreiungsorganisation" (PLO), die auf der 18. Tagung des "Palästinensischen Nationalrats" (PNC) stattgefunden hatte, hier in politisches Engagement der Mitglieder umzusetzen. Die meisten Veranstaltungen der Zweiggruppen palästinensischer Widerstandsorganisationen im Bundesgebiet befaßten sich mit der zeitweiligen Belagerung der Palästinenserlager im Libanon durch die schiitischen AMAL-Milizen und mit der Haltung der syrischen Regierung gegenüber den Palästinensern. PLO-Anhänger demonstrierten zu diesen Themen am 18. und 21. Februar in mehreren Großstädten; die "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP) führte am 7. März in Düsseldorf eine Informationsveranstaltung durch. Die Situation der hauptsächlich von der FATAH beeinflußten Organisationen "Palästinensischer Arbeiterverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin" (PAV) und "Palästinensischer Studentenverband in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin e.V." (PSV) war auch 1987 vom mangelnden Interesse der Mitglieder an der politischen Arbeit geprägt. 2.3 Vorbereitung und Durchführung von Gewalttaten 1987 wurden in mehreren westeuropäischen Ländern Vorbereitungen proiranischer schiitischer Terroristen für Anschläge aufgedeckt. Die Bundesrepublik Deutschland war durch den Fall HAMADI besonders betroffen: Am 13. Januar konnte auf dem Flughafen Frankfurt/M. der aus Beirut eingereiste Libanese Mo- 144 Sicherheitsgefährdende und extremistische hamad Ali HAMADI festgenommen werden. Er war im Besitz von neun Litern des Flüssigsprengstoffs Methylnitrat, abgefüllt in drei Flaschen einer libanesischen Weinmarke. HAMADI wurde von US-amerikanischen Zeugen als einer der beiden Luftpiraten identifiziert, die am 14. Juni 1985 ein US-Verkehrsflugzeug nach Beirut entführt, einen US-Passagier ermordet und einen Teil der Passagiere etwa zwei Wochen als Geiseln festgehalten hatten. Die Entführung des Verkehrsflugzeuges war bereits damals der proiranischen schiitisch-extremistischen "Hizb Allah" (Partei Gottes) zugeschrieben worden. Gegen Mohamad Ali HAMADI bestand wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Flugzeugentführung ein internationaler Haftbefehl; nach der Verhaftung HAMADIs in Frankfurt/M. beantragten die USA dessen Auslieferung. Die weiteren Ermittlungen führten am 27. Januar zur Entdeckung eines Sprengstoffversteckes im Saarland, in dem sich u. a. weiterer Flüssigsprengstoff und elektrische Sprengzünder befanden. In die Bundesrepublik Deutschland verbracht hatten diesen Flüssigsprengstoff vermutlich Mohamad Ali HAMADI bei einer früheren Einreise am 2. Januar sowie dessen Bruder Abbas Ali HAMADI, als er am 13. Januar ebenfalls von Beirut über Frankfurt/M. einreiste und im Gegensatz zu Mohamad Ali die Zollkontrolle ungehindert passieren konnte. Über den Verwendungszweck des Sprengstoffs ist bislang nichts Sicheres bekannt. Gegen Abbas Ali HAMADI erging ebenfalls Haftbefehl; er wurde am 26. Januar bei einer erneuten Einreise in Frankfurt/M. festgenommen. Ende März und Ende April wurden in Frankreich mehrere Araber als Angehörige eines der "Hizb Allah" zugerechneten Terroristennetzes verhaftet. Die Polizei fand bei ihnen u. a. zwölf Liter Methylnitrat. Der Flüssigsprengstoff war in den gleichen Flaschen abgefüllt, wie sie auch bei den HAMADI-Brüdern gefunden worden waren. Der Anführer der Terrorgruppe in Frankreich verfügte über Kontakte zu Mohamad Ali HAMADI. 3. Iraner 3.1 Mitgliederentwicklung KernNebenBeeinflußte Insgesamt organisationen organisationen Organisationen 1987(1986) 1.150 50 1.650 2.850(2.930) 3.2 Organisationen und Aktionsschwerpunkte Iranische extremistische Organisationen entwickelten 1987 erneut sehr vielfältige Aktivitäten zur Verfolgung ihrer Ziele. Iranische Extremisten traten im Rahmen von Versammlungen, Demonstra- Bestrebungen von Ausländern 145 tionen und Mahnwachen, mit Zeitungen und Flugschriften sowie Zahl der Gewaltmit Informationsständen an die Öffentlichkeit. Die Zahl der von aktionen iranischer ihnen verübten Gewaltaktionen sank von zwölf im Vorjahr auf Extremisten nimmt ab sieben, darunter ein Brandanschlag auf die Wohnung eines iranischen Künstlers am 6. März in Hamburg. Der vorwiegend bei Veranstaltungen iranischer linksextremistischer Organisationen auftretende Künstler erhielt vor und nach dem Anschlag Drohbriefe und -anrufe, in denen er aufgefordert wurde, seine Tätigkeit gegen die iranische Regierung einzustellen. Noch nicht völlig geklärt sind bislang die Hintergründe der Ermordung von zwei oppositionellen Iranern: Am 16. Januar wurde in Hamburg der ehemalige Pilot des iranischen Parlamentspräsidenten RAFSANJANI, Ali Akbar MOHAMMADI, von zwei unbekannten Tätern erschossen. MOHAMMADI war im Sommer 1986 unter aufsehenerregenden Umständen mit seinem Flugzeug in den Irak geflohen und hatte sich Ende des Jahres in Hamburg niedergelassen. Zwei Tage vor dem Mord hatte der Anwalt MOHAMMADIs einen anonymen Anruf erhalten, demzufolge ein iranisches Kommando MOHAMMADI verfolge und dieser die Bundesrepublik Deutschland nicht lebend verlassen werde. Ein anderer iranischer Oppositioneller verschwand am 19. Mai auf dem Weg von München nach Wien; er wurde am 12. Juli in Wien ermordet aufgefunden. Iranische Linksextremisten machten KHOMEINI-Anhänger für diese Tat verantwortlich. Während die Fälle der Anwendung von Gewalt zurückgingen, Zahlreiche Gewaltkam es 1987 zu einer Vielzahl von Gewaltandrohungen durch iraandrohungen durch nische Extremisten. Anhänger des Ayatollah KHOMEINI drohiranische Extremisten ten z.B. im Anschluß an die Fernsehsendung "Rudis TagesShow" am 15. Februar, in der Rudi Carrell einen satirischen Sketch über KHOMEINI zeigte, mehrfach Bombenanschläge an. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen iranischen Pilgern und der saudiarabischen Polizei am 31. Juli in Mekka, in deren Verlauf etwa 400 Personen getötet worden waren, erhielten u.a. Presseverlage und Journalisten in der Bundesrepublik Deutschland Drohbriefe, weil sie angeblich über die Vorfälle falsch berichtet hätten. Der Schließung des iranischen Konsulats in Berlin durch Anordnung der Alliierten Kommandantur am 8. August folgte eine Bombendrohung gegen US-Einrichtungen. 3.2.1 Anhänger der iranischen Regierung Die islamisch-extremistische "Union Islamischer Studentenvereine in Europa" (U.I.S.A.) vertritt als einzige iranische Organisation in Deutschland die religiös-politischen Ziele der Islamischen Republik Iran. Die von ihr 1987 veranstalteten Demonstrationen fanden keinen großen Zulauf. 3.2.2 Gegner der iranischen Regierung 3.2.2.1 Die von den "Volksmojahedin Iran" beeinflußte "Irani- 146 Sicherheitsgefährdende und extremistische FREIHEIT FÜRUlRAN I der V O U S . H K I J . I I * . ! " ! Inn .te. Uktoaet IWT Die Volksmodjahedin enthüllen Zangen-Offensive einer NI.A-Bri|wle Einzelheiten über Raketenangriffe des Hunderte Khomeini-Regimes im Persischen Golf Regimeagenten tot Rnknmdjuu Muter "ten RnkelentnfrilTen der (inrdklen Nach don dritt" Raketenantnff d a fehort. DieM Brigade sowie eine weitere oder verletzt, 13 Khoroemj-rUpma ten* Kuwait innerhalb einer Wo"*" enthäute die Votkunodjar"neu aufgeuelhe Raketenanilleriebrigade (die 36. AMcf-Briiade) lind zur Zeit auf der gefangengenommen dhiOiMiiminiilinillnHlllli InfOriMHalbintd Fao stationiert. Sic werden von donilarr ' Dcrachschan. einem engen Venraulen 2 *h-hlifr Kommandeure mmler die"" Regim Rafsandianu. kommandien. Dcrachden Tölen ktentilhierl MSV findet wachsehe Moslemische Studenten-Vereinigung Bundesrepublik sende Resonanz Deutschland e.V." (MSV) fand 1987 wachsende Resonanz bei bei Gegnern der iranischen Gegnern der iranischen Regierung. Dies zeigen nicht zuletzt die Regierung erheblich gestiegenen Teilnehmerzahlen bei Großdemonstrationen der MSV. So beteiligten sich im Februar und Juni jeweils 4.000 bis 5.000 MSV-Anhänger an Protestdemonstrationen in Bonn gegen das KHOMEINI-Regime. Die "Volksmojahedin Iran" gründeten am 20. Juni eine "Nationale Befreiungsarmee". Der Volksmojahedin-Vorsitzende Massoud RAJAVI rief aus diesem Anlaß seine Anhänger in der Bundesrepublik Deutschland zum Kampf gegen das KHOMEINI-Regime auf4. Anhänger der Anhänger der international tätigen "Organisation der iranischen O.I.P.F.G. Studenten in der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin, entwickeln erneut Sympathisanten der Volksfedayin Guerilla Iran (Ashraf DEGewaltaktivitäten GHANI-Anhänger)" (O.I.P.F.G.) besetzten am 28. Januar das Büro einer Menschenrechtsorganisation in Göttingen. Neun O.I.P.F.G.-Anhänger stürmten am 10. September das Stationsbüro der Fluggesellschaft "Iran Air" auf dem Flughafen Frankfurt/M., demolierten die Einrichtung und schlugen und fesselten den Stationsleiter. Etwa zeitgleich verübten Iraner in Oslo eine Besetzungsaktion; eine weitere in Paris scheiterte. Etwa 900 Sympathisanten der iranischen "Neuen Linken", darunter vorwiegend Anhänger der O.I.P.F.G., demonstrierten am 24. Oktober in Köln u.a. gegen den iranisch-irakischen Krieg. Aktivitäten der 3.2.2.2 Die Aktivitäten der orthodox-kommunistischen iraniorthodox-kommuschen Organisationen gingen 1987 deutlich zurück. Die 1986 vollnistischen iranischen Organisationen zogene Spaltung der TUDEH-Partei und die damit nach wie vor gehen deutlich verbundenen internen Schwierigkeiten behinderten ersichtlich zurück die Öffentlichkeitsarbeit der Partei. Die von der TUDEH-Partei abgesplitterte Gruppe "Kämpfende TUDEHies in West-Berlin" verbreitete mehrere Ausgaben ihres neuen Publikationsorgans "Pajwak" (Echo), in dem sie zur Gründung einer von der TU- Bestrebungen von Ausländern 147 DEH-Partei unabhängigen einheitlich kommunistischen Partei aufrief. Die von der TUDEH-Partei beeinflußte "Organisation iranischer Studenten, Sympathisanten der Organisation der Volksfedayin (Mehrheit)" (O.I.S.) veranstaltete am 6. März in Köln anläßlich des 16. Jahrestages ihrer Gründung eine Festkundgebung, an der etwa 500 Personen teilnahmen. Dabei wurden gegen Ayatollah KHOMEINI und den iranisch-irakischen Krieg gerichtete Flugschriften verteilt. Gemeinsam mit der TUDEH-Partei führte die O.I.S. am 26727. Juni in München eine Hungerstreikaktion durch. Im übrigen beschränkten sich ihre Aktivitäten auf die Herausgabe von Publikationen. TUDEHBULLETIN